ie g . En . U 8 kr 90 W = nz u vr 5 ae er TERN ET tät gen oe 4 A N BR? mir 5 UN. 97 Arch i v des Vereins f ü r liebenbürgilche Landeskunde. e 0 . &. * ch, 2 8 75 I. Band. I. ER DIR äh 54 nn | In, — Dieſes Archiv ſchließt ſich an das von H. Prof. J. K. Schuller herausgegebene „Archiv für die Kennt⸗ niß von Siebenbürgens Vorzeit u. Gegenwart“ und wird auch die Fortſetzung der in dem letztern abgebro⸗ chenen Aufſätze enthalten. Hermannſtadt, 1813. Verlag des Vereins. Gedr. bei Georg v. Cloſius. — Ar ch i v des Vereins für ſieben bür giſche Landeskunde, I. Band. I. Meft. „Dee / Hermannſtadt, 1843. Verlag des Vereins. Gedr, bei Georg v. Closius. 37 424 2 Si * N „ 5 | 5 N * 4 8 * ve Aigen Ar 6 han 5 10 Mir * 9 Vorwort. In den Statuten des Vereins fuͤr fiebenbürgi- ſche Landeskunde iſt in den 8 8 und 9 beſchloſ⸗ ſen worden, deſſen literaͤriſche Thaͤtigkeit vor dem Publikum durch die Herausgabe einer Zeitſchrift unter dem Titel: „Archiv für ſiebenbuͤr— giſche Landeskunde“ zu beurkunden, und die Redaction und wirkliche Herausgabe dieſer Zeitſchrift wurde dem Vereins-Ausſchuße uͤber⸗ tragen. Der Ausſchuß erfuͤllt dieſe Pflicht, indem derſelbe hiemit das erſte Heft der erwaͤhnten Zeit— ſchrift dem Publikum uͤbergibt und hofft durch zahlreiche, zur oͤffentlichen Mittheilung geeignete Beitraͤge zur raſchen Fortſetzung der Herausgabe dieſer Zeitſchrift befaͤhigt zu werden. Dieſelbe ſchließt ſich übrigens, der Tendenz und aͤuſſern Ausſtattung nach, dem durch das allgemein verehrte Mitglied des Vereins, Hrn. Prof. J. K. Schuller begonnenen „Archive zur Kenntniß von Siebenbuͤrgens Vorzeit und Ge— genwart“ an, und wird auch die Fortſetzung der in der letzt erwähnten Zeitſchrift begonnenen Aus— arbeitungen liefern. Man glaubt hierauf die Ab- nehmer des Vereinsarchivs aufmerkſam machen zu muͤſſen, um auf die Anſchaffung des mit dem ſelben ein Ganzes bildenden Schuller'ſchen Ars chivs den Bedacht zu nehmen, — —— I. Ueber einige wünſchenswerthe naturwiſſenſchaftliche Unterſuchungen in Siebenbürgen. Bei dem lebhaften Aufſchwunge der Naturwiſſenſchaf— ten in den letzten Jahrzehnden und der außerordentlichen Thaͤtigkeit, welche jetzt auf allen ihren Gebieten herrſcht, iſt es wohl an der Zeit, daß auch wir Siebenbürger uns jenem Fortſchritt anſchließen, an welchem wir Maͤn⸗ ner aller gebildeten Voͤlker Theil nehmen ſehn. An der Zeit iſt es, daß wir, benützend die Ergebniſſe ſo zahl— reicher vortrefflicher Forſchungen, unſer ſchoͤnes Heimat— land mit der Fackel der Naturkunde beleuchten und ſo eine ſeiner wichtigſten Seiten uns und unſeren Zeitge— noſſen bekannt machen. Es ſcheint mir die Zeit hiezu gekommen, da dieſe unſere Geſellſchaft auf eine zweck— äßige Weiſe unſere wiſſenſchaftlichen Kräfte zu verei— nigen verſpricht und wenn Unterſuchungen irgend einer Art vereinigte Thätigkeit fodern, fo find es die natur— wiſſenſchaftlichen, verſprechen aber auch unter ſolchen Umftänden die ſchoͤnſte uͤberraſchendſte Ausbeute. Damit wir gleich vorläufig über die bei naturwiſ— ſenſchaftlichen Unterſuchungen über unſer Vaterland hauptſaͤchlich zu beruͤckſichtigenden Punkte ins Reine Fon, men, bin ich fo frei, die wichtigſten derſelben aufzufüh— 1 2 ren und denſelben einige Andeutungen beizufuͤgen über die Art ſie anzuſtellen und aus ihnen Ergebniſſe zu fin— den. Dabei kann natuͤrlich nicht meine Abſicht ſein, die— ſe umfaſſenden Gegenſtaͤnde erſchöpfend zu behandeln, ſondern ich muß mich auf kurze Umriſſe beſchraͤnken und erbitte mir auch fuͤr dieſe ſchonende Nachſicht von Seiten dieſer hochgeehrten Verſammlung und bemerke noch, daß ich Alles unberührt laſſen werde, was keine oder nur eine entfernte Beziehung zur Vaterlandskunde hat. Um eine leichte Ueberſicht über unſere Aufgabe zu erhalten, wollen wir ſie betrachten in Beziehung auf I. Naturgeſchichte, II. Meteorologie und III. Heilkunde. I. Naturgeſchichte. 1. Thierkunde. Während die Thiere ſelbſt klei⸗ ner Laͤnder in beſondern Werken beſchrieben und dadurch und durch Sammlungen derſelben in vielen Gegenden unſeres Erdtheiles haͤufige Gelegenheiten zur Belehrung geboten werden, haben wir an ſolchen Unternehmungen noch immer Mangel: höchſtens find die duͤrftigſten Ans faͤnge gemacht — oder hat man von anderen Nichts gehoͤrt. Wie ſchwierig es bei ſo bewandten Umſtaͤnden uns Inlaͤndern werden muͤſſe, die thieriſche Bevoͤlkerung unſeres Landes kennen zu lernen, weiß Jeder, der es verſucht hat, in der Thierkunde ſich umzuſehen. Wenn auch nicht ſogleich eine vollſtaͤndige Fauna Siebenbuͤr— gens ans Licht gebracht werden kann, ſo wuͤrde es doch nicht übergroße Schwierigkeiten haben, Vorarbeiten zu derſelben zu Stande zu bringen, wenn Mehre zu eis nem ſolchen Zwecke ſich vereinigten und Jeder für eine 3 gewiſſe Abtheilung des Thierrelchs ſammelte und das Geſammelte wiſſenſchaftlich beſchriebe, oder wenigſtens in Beziehung auf die Beſchreibung auf bekannte Werke (z. B. Euvier) verwieſe. So koͤnnte man in hoͤchſtens einem Jahrzehend auch die einheimiſchen Thiere verzeich— nen, wie Baumgarten allein die meiſten unſerer Gewaͤch— ſe verzeichnet hat und dann würde der Freund dieſer Seite der belebten Natur ſich bald in der vaterlaͤndi— ſchen Thierwelt zurechtfinden und mit viel leichterer Muͤ— he die Luͤcken ergänzen, als die erwähnten Vorarbeiten geliefert wurden. Bald konnte dann eine Ueberſicht über alle unſere Thiere erlangt werden und es wuͤrde ſich zei— gen, daß unſer Vaterland in Beziehung auf feine Thier— belebung von den weſteuropäiſchen Thieren wahrſchein— lich abweicht, da es dem großen Nachbarerdtheil ſchon ziemlich genaͤhert iſt und daher bedeutende Wichtigkeit hat als zweiter Punkt naturwiſſenſchaftlicher Unterſu— chungen im oͤſtlichen Europa. Möglich, daß auch inner, halb unſeres Hochlandes noch irgend eine bisher unbe— kannte Thierart ihre Heimat hat. 2. Die Gewaͤchskunde Siebenburgens hat durch Baumgarten ſchon eine umfaſſende Bearbeitung gefun— den. Wie viele Glut der Sonne dieſer Greis erduldet, wie oft er ſchwindelnde Höhen erſtiegen, und wie haufig er umſonſt die Fluren durchſtrichen, wird Jedem klar fein, der die Größe der Arbeit kennt, die er ausgeführt. Und dazu noch, wie viele andere Schwierigkeiten muß— te er überwinden der unuberwindliche Forſcher, welchen Deutſchland gleichſam hergeſendet, damit er uns mit der Leuchte deutſcher Wiſſenſchaft in der Hand zeige, wie viel des Schönen aus dem Gewaͤchsreich unſer Vater, land umfaſſe! Dank ſei ihm geſagt, denn wir arme Siebenbürger Deutſche werden ihm wohl keine Denk, ſaͤule ſetzen, hoͤchſtens ihm an ſeinem Grabe eine Thraͤ— ne der Hochachtung darbringen. Aber mit dem, was er 1 7 4 gethan, ift das Werk nicht vollbracht; es iſt uns noch der Arbeit genug geblieben. Zunaͤchſt iſt es wuͤnſchenswerth alle Theile unſers Landes nochmals genauer zu durchſuchen, um zu dem bald erſcheinenden 4. Band der Stirpes noch Nachtraͤge zu liefern, und ſo dem kuͤnftigen Kenner der Gewaͤchſe die Mühe zu erleichtern durch eine vollſtaͤndige Aufzaͤh— lung der unſerm Vaterland angehoͤrigen. So konnte man in wenigen Jahren die Zahl der Pflanzenarten Siebenbuͤrgens mit ziemlicher Sicherheit beſtimmen, was in Vergleichung mit andern wohl durchforſchten Ländern von Bedeutung iſt. Ferner ließe ſich dann auch das Verhaͤltniß der verhüllt — zu den offenbluͤhenden Pflanzen angeben, die Zahl der einſamlappigen im Ver— gleich zu den zweiſamlappigen, und das Verhaͤltniß, in welchem dieſe oder jene Familie des Gewaͤchsreiches zu den uͤbrigen in unſerm Vaterlande ſteht. Daß dieſe von dem großen Humboldt zuerſt angeſtellten und dann von andern Naturforſchern weiter ausgedehnten Unterſuchun— gen auf die Beſchaffenheit unſers hierlaͤndiſchen Him— melsſtriches großes Licht werfen werden, iſt ohne Air derrede klar. Wie an zuverlaͤßigen Meſſungen unſerer Hoͤhen, ſo und mehr noch fehlt es uns an Beobachtungen über das Verhalten der Pflanzenbekleidung des Bodens in ver— ſchiedenen Höhen. Dieſe in unſerm Jahrhundert begon— nenen und nun ſchon uͤber viele Laͤnder ausgedehnten Un— terſuchungen find überaus anziehend, da fie das Verhaͤlt— niß, in welchem die Pflanzen zu der Luftwaͤrme ſtehen, beſonders deutlich machen, und für den Gebirgsreiſenden eine neue Menge von Beobachtungen darbieten. Von den kanariſchen Inſeln reichen die hieher einfchlagenden Uns | terſuchungen ſchon zu den Apenninen, den Alpen, Hoch— karpaten und dem Kaukaſus. Das Siebenbuͤrgiſche Hoch⸗ 5 und Gebirgsland wuͤrde zwiſchen den Alpen und dem letztgenannten Gebirg das paſſende Verbindungsglied ſein, und in demſelben angeſtellte Beobachtungen dieſer Art wahrſcheinlich neues Licht werfen auf dieſen von den geiſtvollſten Naturforſchern unſerer Zeit verfolgten Ge— genſtand. Gleich wichtig find Beſtimmungen der Höhe, bis zu welcher erfolgreicher Fruchtbau im Großen ſteigt, mit Angabe der einzelnen Fruchtarten. Damit haͤngt zuſammen die Meſſung der Höhen, in welchen noch ans gebaute Baumarten und Weinreben vorkommen. Dieſe Beſtimmungen ſind deshalb noch von beſonderer Bedeu— tung, da man aus der ziemlich unter gleicher Breite mit Siebenbuͤrgen liegenden Schweiz zahlreiche ſehr ge— naue über dieſelben Verhaͤltniſſe beſitzt und eine Verglei— chung beider Lander in dieſer Beziehung von Bedeutung fein kann für die bekannte Wahrnehmung der Ungleich— heit des Himmelsſtriches mit fortſchreitender Länge. Hoͤchſt merkwürdig und erſt in der letzten Zeit durch Beobachtungen dargethan, iſt die Abhaͤngigkeit vieler Gewaͤchsarten von dem Boden und man bezeichnet ſchon jetzt Kalkpflanzen u. ſ. w. — Dieſe Unterſuchungen ſind erſt im Entſtehen und es waͤre ſehr wuͤnſchenswerth, daß zur Dervollitändigung der Lehre von dem Einfluß der Gebirgs⸗ und Erdarten auf die Gewaͤchſe auch uns ſer Land Beitraͤge liefere. Hieher gehören ferner Aufzeichnungen über die Zeit des Bluͤthebeginns gewohnlicher Gewaͤchſe in verſchiede— nen Gegenden unſers Landes, wodurch wir merkwuͤrdi— ge Aufſchluͤſſe erhalten würden über die Verſchiedenheit der Wärme innerhalb unferes Landes und derſelben von der anderer Laͤnder. Daß dieſe auf die Zeit der Pflan— zenbluͤte beſonders bedingend einwirkt, geht aus allen 6 hieher gehörigen Unterſuchungen hervor; ich will nur ans führen, daß (nach Unger) in dem faſt unter gleicher Breite aber 900 F. tiefer liegenden Salzburg die Bluͤ— tezeit von Daphne mezereum 15 Tage Viola odorata 29 Fragaria vesca 25 „ Anemone hepatica 40 Tage fpäter fallt als in Kitzbüchel. Beobachtungen dieſer Art verdienen beſon— ders aus dem Grunde, weil ſie ziemlich neu und ſpar— ſam angeſtellt ſind, auch bei uns gemacht zu werden, denn nur aus vielen einzelnen Thatſachen kann eine rich— tige Einſicht in die Naturverhaͤltniſſe hervorgehen. Auf aͤhnliche Weiſe wie die Bluͤtenentwickelung wird auch die Fruchtreife von der Waͤrme der Sommer und einzelner Monate bedingt. Sie verdient daher ebens falls aufgezeichnet zu werden, um aus einer mehrjaͤhri— gen Beobachtungsreihe das Verhaͤltniß zwiſchen dem Eintreten derſelben und der Jahreswaͤrme zu ermitteln. Es iſt unſtreitig eine merkwuͤrdige Erſcheinung, daß die Berberitze in manchen Gegenden des Landes un— vollkommene d. h. kernloſe Samen trägt und der— ſelbe Strauch in andere Gegenden verſetzt bald — wie man ſich ausdrückt — ausartet, oder vollſtaͤndige Fruͤch— te liefert. So viel mir bekannt, hat noch Niemand die Urſache dieſer Mißbildung aufgefunden; es iſt alſo wuͤn— ſchenswerth, daß einige Freunde des Gewaͤchsreiches derſelben nachſpürten. Namentlich dürfte genaue Beob— achtung der Blute jener beiden, aber an demſelben Or— te erzogenen Straͤuche und der Befruchtung derſelben zu guͤnſtigen Ergebniſſen führen, 3. Oryktognoſie. In dieſer Beziehung wäre bes ſonders ein umfaſſendes Verzeichniß aller wichtigeren Fundorte der haͤufigeren und beſonders auch der ſelte— 7 nern Steinarten von dem größten Nutzen für jeden mit Rückſicht auf die Naturwiſſenſchaften Reiſenden. An wie Vielem des Schönen und Merkwuͤrdigem geht er fo vor— über, waͤhrend er mit einem guten Verzeichniß der ans gedeuteten Art ausgeruͤſtet häufige Gelegenheit hätte, die Sammlung einzelner und der öffentlichen Anſtalten mit vaterlaͤndiſchen Stuͤcken zu bereichern. Gar Manches hieher Gehöriges iſt ſchon gedruckt, Anderes aus man— chen Sammlungen leicht aufzufinden; das müßte nun mit zahlreichen Zuſaͤtzen zuſammengeſtellt werden aber — mit Anwendung heutzutage gebraͤuchlicher (doch nicht Mohsſcher) Namen. So viel als möglich müßten auch die Gebirgsarten, in denen ſich die einfachen Geſteine finden, ihre Größe, Haͤufigkeit u. dgl. an dem Orte angegeben und dieſer etwas genauer bezeichnet werden, als man es meiſt findet. — a Wahrſcheinlich birgt der Schooß unſeres Lan— des noch irgend ein bis jetzt nicht bekanntes Ge⸗ ſtein, oder kommen manche der bekannten hier in neu— en Verhaͤltniſſen vor. Forſchen wir ſelbſt nach dieſen mit ziemlicher Gewißheit zu erwartenden Merkwürdigkeiten unſeres Landes, damit ſie nicht — wie vor Zeiten mit dem Tellur der. Fall war — von Auslaͤndern aufgefun— den und uns — mitgetheilt werden! Ä 4. Die Geognoſie bietet ein für die Barerlandss kunde reicheres Feld der Unterſuchungen dar, da fie in unſeren Zeiten auſſerordentlich an Umfang und Sicher— heit gewonnen. Auch hier muß ich die obige Klage wies derholen, nur in höherem Maße, denn was in dieſer Beziehung für die Kenntniß unſeres Vaterlandes gefche, hen, haben nur Auslaͤnder geleiſtet und nirgend wird in Verbindung mit dieſem Zweige der Naturkunde eines Inlaͤnders Name ſonderlich genannt — es ſei denn in der letzten Zeit. 8 Vor allem dieſem muß eine geognoſtiſche Karte des Landes kaͤuflich dargeſtellt werden, damit Anfaͤnger in Unterſuchungen dieſer Art irgend einen Anhalt haben auf ihren Wanderungen und ſchon voraus zu denſelben ſich Gegenden waͤhlen koͤnnen, welche mehr einfache Ders haͤltniſſe darbieten. So wird dann, wenn ſie das, was ſie ſelbſt wahrgenommen aufzeichnen, in Kurzem Stoff geſammelt werden zur Berichtigung jener Karte. — Be— ſondere Aufmerkſamkeit verdienen folgende hieher gehoͤri⸗ ge Unterſuchungen. Zur Erweiterung und Beſtaͤtigung der aufgeſtellten Lehre von den Thaͤlern iſt es noͤthig, manche unſerer das terlaͤndiſchen zu durchforſchen. Zunaͤchſt find die Urſachen zu ermitteln, welche ihnen mahrfcheinlicher Weiſe den Urſprung gaben und zu erforſchen, ob dieſe mehr allmaͤ— lig oder ploͤtzlich wirkten. Daß unſer Vaterland manche merkwuͤrdige hieher gehoͤrige Oertlichkeiten darbiete, iſt uns allen bekannt; ich erinnere blos an die Thordaer Spalte, das Altthal beim rothen Thurm und weiter hinauf, wo es in gleicher Richtung mit dem Gebirg ſich erſtreckt. Namentlich iſt die Frage zu unterſuchen, ob manche Thaler entſtanden find durch Ausfüllungen von Seen, wie augenſcheinlich manche Theile des Rhein- und höchſtwahrſcheinlich auch des Altthales. Fernere Geſichts— punkte in dieſer Beziehung ſind die Unterſchiede zwiſchen Längen- und (den merkwuͤrdigen) Querthalern, die bek— kenartigen Erweiterungen vieler Thaͤler an manchen Stel— len, die größere oder geringere Steilheit der Thalwän— de, die Bodenbeſchaffenheit, Hoͤhe und Neigung der Thalſohle, die Muhren, der Lauf der Gewaͤſſer durch die Thaͤler, ihr Himmelsſtrich und Anderes. Die auf manchen unſerer hoͤchſten Gebirge liegen bleibenden Schnee- und Eismaſſen verdienen auch eine genauere Unterſuchung in Beziehung auf ihre Lage, Hör 9 — — he, Ausdehnung in verſchiedenen Jahren, 2 Einfluß auf das Gedeihen der Gewaͤchſe in ihrer Naͤhe, ihre Mächtigkeit, innere Beſchaffenheit u. dgl. Sie würden wohl einige Schlüße geſtatten über die etwaige Höhe der Schneegraͤnze in unſerem Lande. Agaſſiz hat bekanntlich in der letzten Zeit die Auf— merkſamkeit der Forſcher aufs Neue in hohem Maße auf die Glaͤtſcher gerichtet und die Anſicht aufgeſtellt, daß der früheren hohen Wärme der Erde eine überaus hefti— ge Kälte gefolgt und die Glaͤtſcherdecke über einen gro— ßen Theil der Erde ausgedehnt worden ſei. Genaue und umſichtige Unterſuchungen unſerer Gebirge in Beziehung auf die etwa auch in ihnen vorhandenen Spuren ehema— liger Glaͤtſcher und Abreibungen der Felſen durch ſie ſind von großer Wichtigkeit und duͤrften jene ſcharfſinnige Anſicht nicht wenig unterſtuͤtzen. Mit derſelben ſteht in Verbindung die Zerſtreuung von Gebirgsbloͤcken uͤber mehr oder minder entfernte Gegenden, welche auch noch der Unterſuchung warten. Die Quellen muͤſſen die Aufmerkſamkeit des Ge— birgforſchers in nicht geringem Maß in Anſpruch neh— men. Merkwuuͤrdige Verhaͤltniſſe derſelben find ihre groͤ— ßere oder geringere Zahl und ihr verſchiedener Waſſer— reichthum je nach den Geſteinen, aus denen fie entfprins gen, ihre Ergiebigkeit im Verhaͤltniß zu den Jahreszei— ten, das zeitweiſe Verſiegen mancher, ihre Abhaͤngigkeit von dichterer Pflanzenbedeckung des hoͤher liegenden Bo— dens, das Verſinken einiger und ihr Wiederaustritt an andern Stellen. Auſſerdem verdient die Waͤrme der ſo— genannten kalten Quellen eine anhaltende Beobachtung, da ſie weſentlich von der Waͤrme des Himmelsſtriches abzuhangen ſcheint, und in unſeren Gegenden wahrſchein— lich in Kurzem die Mittelwaͤrme der Oerter ihres Ur— ſprungs geben dürfte. Nur müffen zu dieſem Ende mehre 10 unter verſchiedenen Verhaͤltniſſen entſpringende Quellen beobachtet und muß namentlich darauf Ruͤckſicht genom— men werden, ob die Quellen reich find an ungewoͤhnli— cheren Beſtandtheilen, in welchem Falle fie gewöhnlich etwas waͤrmer ſind als die reinen Waſſers. Beſonders find auch die Beſtandtheile vieler Quel— len unſeres Vaterlandes noch viel zu wenig unterſucht worden. Daß ſie es in hohem Maße verdienen, gibt Jeder zu, denn die heilkraͤftigen Wirkungen vieler unſe— rer Quellen find allgemein bekannt. Und wie viel bes ruͤhmter würden fo manche von ihnen fein, wenn ſo— wohl ihre Beſtandtheile genauer bekannt, als Aerzte in ihrer Naͤhe bemüht waͤren, ihre Kraͤfte und Wirkungen zu ermitteln! Dann würden wohl noch zahlreiche unſerer Quellen zu Ehren kommen, welche jetzt vielleicht in ent, legenen maleriſchen Thälern vergebens ihre Heilkraft vers ſtroͤmen. Daß im Gefolge jener genaueren Unterſuchun— gen auch zweckmaͤßigere Einrichtungen bei den Baͤdern getroffen und dadurch die Faͤlle der Geneſung vervielfaͤl— tigt werden dürften, iſt mit Sicherheit zu erwarten. Die zahlreichen Salzquellen unſeres Landes verdie, nen ſchon deswegen eine genauere Unterſuchung, weil ſie gute Fingerzeige geben uͤber die Anweſenheit und Richtung der vorhandenen Salzmaſſen. Gar manche von ihnen, namentlich auch die mit Salz geſaͤttigten Waſſer vieler eingeſtürzten Salzgruben unſeres Vaterlandes, find ohne Zweifel geeignet zu Soolbaͤdern (und der mit Salz geſchwaͤngerte ſchwarze Thon, der dasſelbe meiſt begleitet, vielleicht zu Schlammbaͤdern), weshalb ihnen auch von den Aerzten Aufmerkſamkeit zu ſchenken waͤre, da der heilſame Einfluß der Salzbaͤder auf den menſch— lichen Leib anerkannt iſt. — Bei den vielen vulkaniſchen Geſteinen in unſerem Vaterland iſt zu vermuthen, daß vielleicht auch an anderen Orten als zu Al-Gyogy und Kiſch—⸗ 11 Kaldıy (Huny. Com.) warme Quellen fich finden dürf— ten. Es wuͤrde von Wichtigkeit ſein, ſolche Faͤlle anzu— geben und die Verhaͤltniſſe, unter denen unſere warmen Quellen entſpringen, genau zu unterſuchen. Dasſelbe verdienen die vorhandenen Erdölquellen und die Abſaͤtze mancher anderen Quellen unſeres Vaterlandes. In Verbindung mit dieſen Forſchungen ſtehen an— dere über den Lauf, die Betten, das Gefälle und die Wirkung unſerer Flüße auf das anliegende Erdreich. Bes ſonders wichtig ſcheint mir eine Beſtimmung der Waſſer— menge, welche die drei bedeutendſten Fluͤße unſeres Lanz des aus demſelben hinausführen. Dadurch erhielte man — nach Daltons Vorgang — eine ziemlich zuverlaͤßige Angabe über alles im Lande jährlich herabgefallene Waſ— ſer, nach Abzug des durch Verdunſtung u. ſ. w. wieder verloren gegangenen, deſſen Menge ebenfalls mit ziemlicher Sicherheit beſtimmt werden kann. Eben fo wenig als zahlreiche andere Naturverhaͤlt— niſſe unſerer Heimat find ihre wenigen Seen und Sim, pfe unterſucht. Naͤheres uͤber die Seen unſerer Gebirge zu erfahren, waͤre wünſchenswerth; daraus wuͤrde un— zweifelhaft hervorgehen, daß ſie mit denen der Hochkar— paten nicht verglichen werden koͤnnen. Genauere Unterſu— chungen der Sümpfe werden unter anderen lehren, daß Siebenbürgen, wie an vielen andern Naturgaben, fo auch an Torf reich iſt, welcher in unſeren Zeiten ſchon beachtet zu werden verdient. Die Hoͤhlen unſrer Gebirge ſind, obwohl zum Theil öfter beſchrieben, doch noch nicht wiſſenſchaftlich darge— ſtellt worden. Behufs ſolcher Beſchreibungen muß be— ruͤckſichtigt werden das Geſtein, in welchem die Höhlen ſich finden, ihre Lage, Richtung, Ausdehnung, Ge— ſtalt, Wärme, Waſſermenge, Verſteinerungen u. dgl. 12 Zu den in unferen Zeiten fo häufigen Unterſuchun⸗ gen von Gegenden, welche ehmals Herde unterirdifcher Feuerthaͤtigkeit waren, duͤrften in unſerem Lande manche ergänzende Thatſachen aufgefunden werden koͤn— nen, da bekanntlich alle unſere Gebirge ſehr reich ſind an Spuren jener Thaͤtigkeit. Zu dieſen gehoͤren manche Felsarten, viele an Kohlenſaͤure reiche Quellen, Schwe— felvorkommniſſe und Anderes. Zu erforſchen waͤren in dieſen Beziehungen etwaige ausgebrannte Feuerberge, ihre Auswurfſchluͤnde, die Aenderungen, welche anſte— hende Geſteine durch Auswuͤrfe oder Erſchuͤtterungen ſo— wohl in Beziehung auf ihre Beſchaffenheit als ihre Las ge erlitten, die Zeiten, in welchen die Ausbruͤche — na— mentlich die lezten — erfolgten u. ſ. w. Die Anſicht, daß viele Geſteine durch Empordringen aus der Tiefe ihre jetzigen Stellungen eingenommen, würden ohne Zweifel durch Unterſuchungen unſerer Baſaltfelſen neue Beſtaͤtigungen erhalten. Kurz, dieſes Feld iſt ein ſehr reiches für genaue und umfaſſende Beobachtungen. Die merkwürdigen Geſteine Trachyt, Lava, Bimſtein, Pors fyr, u. a. bieten denkwürdige Verhaͤltniſſe in Menge dar. In der engſten Verbindung mit dieſen Gegenſtaͤn— den ſteht die Anſicht, daß die Gebirge theils durch in— nere Kräfte zu ihrer jetzigen Höhe emporgehoben, theils ganz aus der unbekannten Tiefe der Erde uͤber die Ober— flaͤche derſelben emporgetrieben worden. Sie iſt noch ziemlich neu und dürfte auch in Siebenbürgen merkwür— dige Beſtaͤtigungen in großer Zahl finden, da ſie un— mittelbar der Natur abgelauſcht zu ſein ſcheint. Solche Unterſuchungen werden am beſten die in aͤltern Schriften hie und da anzutreffende Anſicht widerlegen, nach wel— cher Siebenbürgen in früheren Zeiten ein von hohem Gebirgswall vollig umſchloſſenes Binnenmeer war. Die Gebirgskunde — auf der Stufe, die ſie jetzt erreicht hat — ſtellt ſolche Anſichten als der Natur widerſtrei— 13 tend dar und zeigt vielmehr, daß diejenigen Felsarten, welche man fruͤher Urgeſteine nannte, wenigſtens wie ſie an der Oberfläche der Erde erfiheinen, jünger find als die meiſten Geſteinſchichten. Mit allem Recht wenden in unſeren Tagen die ſcharfſinnigſten Naturforſcher großen Fleiß auf die Un— terſuchung der Verſteinerungen, welche nicht nur uͤber die Belebung der Erde in unbeſtimmbar fruͤhen Zeiten großes Licht verbreitet, ſondern auch die Erkennung der Gebirgsarten und Erforſchung ihrer Verhaͤltniſſe in ho— hem Maße unterſtuützt. Auch Siebenbürgen iſt reich an Reſten verſchiedener Gewaͤchſe und Thiere der Vorzeit, welche die Erde zwiſchen ihren maͤchtigen Steinblaͤttern treu aufbewahrt hat. Allein von ihnen ſind noch meiſt nur die auffallenderen geſammelt, ohne daß gruͤndlichere Thaͤ⸗ tigkeit daran gewendet waͤre. Dieſes iſt aber bei einem ſo umfaſſenden als anziehenden Gegenſtand vorzugsweiſe zu wünfchen. Namentlich muͤſſen wenigſtens an einem Or— te alle vorhandenen Verſteinerungen in hinreichender Zahl geſammelt werden, damit daſelbſt die künftigen Unter— ſucher ihrer Verhaͤltniſſe in der Natur ſich hinreichend vorbereiten koͤnnen und aufmerkſam werden auf wichtige; re Vorkommniſſe. Zu den beſonders in den letzten Jahren genauer an— geſtellten Beobachtungen gehören auch Beſtimmungen der Erdwärme in verſchiedenen Tiefen, welche gelehrt has ben, daß die Wärme der Luft in größere Tiefen nur ſehr allmaͤlig dringt und in der Tiefe von 80 bis 100 Fuß einer andern Waͤrme begegnet, welche dem Erdball ſelbſt angehört und mit wachſender Tiefe ſtaͤtig zunimmt. Die Ergebniſſe der Beobachtungen ſind hochſt verſchie— den und es wäre zur Beſtaͤtigung und Vervollſtaͤndigung der aus denſelben gezogenen Schlüße zweckmaͤßig, auch in unſerem Lande aͤhnliche Beſtimmungen zu machen, 14 damit es ſich auch in dieſer Beziehung anreihe an die naturwiſſenſchaftlich erforſchten Laͤnder des übrigen Europa. Hieran ſchließen ſich einige Bemerkungen uͤber den Magnetismus der Erde. Dieſe eigenthuͤmliche unſerem Geſtirn inwohnende Kraft hat beſonders in unſerem Jahrhundert die Aufmerkſamkeit von Naturforſchern ſo— wohl als Regierungen in einem Maß erregt, wie wohl wenige Naturgegenſtaͤnde. Beſonders geſchah dieſes durch die großen Deutſchen Humboldt und Gauß und es hat ſich ſeit 1854 ein ſehr weit verbreiteter Verein gebildet, um moöͤglichſt genaue magnetiſche Beobachtungen anzu— ſtellen. Sie geſchehen an zum Theil weit von einander entlegenen Orten und es iſt ſehr zu wuͤnſchen, daß auch unſer Vaterland an dieſem bisher noch einzigen Unter— ſuchungswerke Antheil nehme. Die Beobachtungen fin— den ſtatt von Abends 10 Uhr an den lezten Freitagen in den Monaten Februar, Mai, Auguſt und November je 24 Stunden alle 5 Min. und außerdem alle 2 Stun— den. Eine ausführliche Anleitung zu dieſen wichtigen Ber obachtungen gibt Gauß im 1. Band der „Reſultate aus den Beobachtungen des magnetiſchen Vereins“ Göoͤttin⸗ gen 1857. Naͤchſt ſolchen allgemeineren Unterſuchungen der geognoſtiſchen Verhaͤltniſſe des Landes verdienen noch manche andere angeſtellt zu werden, theils um die ſchon vorhandenen Aufſchluͤße zu erweitern, theils um uber die einzelnen Gegenſtaͤnde der Gebirgskunde neue Aufklaͤ— rungen zu geben. Unter dieſen ſind beſonders die von den heutigen Erdforſchern ſo genau unterſuchten jüngeren Bildungen bei uns noch gar nicht der Aufmerkſamkeit gewürdigt worden und fie find hoͤchſt wichtig, da fie zum Theil durch noch thätige Kräfte entſtanden find und manche Schluͤße geſtatten auf die frühere Geſchichte der nz 15 Erde überhaupt. Die Verhaͤltniſſe des Steinſalzes, der Kohlen und der verſchiedenen Vorkommen der Metalle gewaͤhren auch jetzt noch reichen Stoff zu neuen Unterſu— chungen. Namentlich dürfte in Beziehung auf das Gold bei uns noch Manches zu leiſten ſein, was vielleicht die Anſicht von der Aehnlichkeit der meiſten Lagerſtaͤtten die— ſes Metalles weiter beftärigen dürfte. Das gegenſeitige Alterverhaͤltniß verſchiedener Gebirgsarten, ihre Durch— ſetzung, ihr Uebereinandergefloſſenſein, fo wie die Ders haͤltniſſe der bei uns fo verbreiteten Kalkſteine, Sands ſteine, Glimmer- und Thonſchiefer u. ſ. w. ſind eben ſo viele Aufgaben fuͤr unſere Naturfreunde. II. Die Meteorologie iſt einer der jüngften Zweige der Naturwiſſenſchaften, aber in Kurzem zu großer Sicherheit und Ausdehnung gediehen durch zahlreiche Beobachtungen in den verſchie— denſten Laͤndern. Von ihr gilt es ganz beſonders, daß gewiſſe allgemeine Schlüße eine viel größere Sicherheit erlangen, je mehr einzelne Thatſachen ihnen zu Grunde liegen. Daher iſt es beſonders wunſchenswerth, die hie— her gehoͤrigen Beobachtungen moͤglichſt zu vervielfaͤltigen. Da iſt es nun wieder Siebenbürgen, deſſen in dieſen Beziehungen faſt in keinem Werk erwähnt wird. Auf— forderungen genug, die ſo anziehenden Gegenſtaͤnde dieſes Theils der Naturkunde in unſerem Lande an möglichft vielen Orten genau zu verfolgen. Was die meteorologi— ſchen Beobachtungen beſonders empfiehlt, iſt, daß viele von ihnen nur ſehr wenige Zeit in Anſpruch nehmen und nur Ausdauer fodern, da ſie einen deſto hoͤheren Werth haben, je länger der Zeitraum iſt, über den fie ſich ers ſtrecken. 1. Die Wärme wird von allen Vorwürfen der Mes teorologie wohl am haͤufigſten beobachtet. Die dazu dies 16 nenden Waͤrmemeſſer müffen von folcher Länge fein, daß daran Fünftel Calfo auch Zehntel) genau abzuleſen find und muͤſſen an ſchlechte Waͤrmeleiter im Schatten aufs gehaͤngt werden. Man kommt der Mittelwaͤrme eines Tages ſehr nahe, wenn man Morgens 7, Nachmittags 2 und 9 Uhr beobachtet, die zu lezterer Zeit erhaltene Zahl verdoppelt und das Ganze durch 4 theilt. Ganz gleich iſt das Verfahren, um die Waͤrme eines Mona— tes oder Jahres zu finden. Hoͤchſt wuͤnſchenswerth iſt es, ſolche Beobachtungen längere Zeit hindurch fortzuſetzen, namentlich aber fie in Orten von ungleicher Seehöhe anzuſtellen, damit das Verhaͤltniß ſich herausſtelle, in welchem die Wärme mit der Höhe abnimmt. Wichtig iſt es ferner, mit den Beobachtungen der Waͤrme auch an— dere zu verbinden (vergl. weiter unten), um den Einfluß verſchiedener Urſachen auf dieſelbe zu ermitteln. 2. Von dieſen ſind die Winde ſehr wichtig, deren Richtung durch die Windfahne beſtimmt wird. Je nach der Lage und Geſtaltung der Oberflaͤche eines Landes werden dieſe oder jene Winde haͤufiger ſein und danach aͤndern ſich oft Waͤrme und Witterung. In unſerem Lande ſcheinen die Winde aus W. (mit ihren Abwei— chungen nach SW. und beſonders nach NW.) ſo wie in den meiſten Theilen von Europa die vorherrſchenden zu fein. Doch muͤſſen darüber noch zahlreiche Beobachtun— gen gemacht werden, durch welche wahrſcheinlich auch die Erfahrung von einem regelmaͤßigen Umſpringen des Windes von Oſten gegen S. und W. und ſo fort auch bei uns Beſtaͤtigung finden dürfte. 3. Zu den meteorologiſchen Beobachtungen gehoͤrt ferner die Beſtimmung der Luftfeuchtigkeit, der Menge von Dünften, welche ſich von einer beſtimmten Ober; fläche entwickeln und des Thau's, der auf dieſelbe faͤllt. Dieſer hat gleichen Urſprung mit dem Regen, Schnee 17 u. dgl. Ueber dieſelben, wie auch über die fie erzeugen⸗ den Nebel und Wolken ſind noch manche Thatſachen aufzuſuchen. Eine vorzügliche Wichtigkeit hat von die, fen die Beſtimmung der Menge des herabfallenden Schnee— und Regenwaſſers in verſchiedenen Gegenden und Höhen. Dieſe Beobachtungen können füglic mit den vorhin ge, nannten verbunden werden und fo Aufſchluße geben über den Einfluß der Waͤrme und Windesrichtung auf die Menge des Niederſchlags und dieſer auf die Witterung, Fruchtbarkeit u. ſ. w. 4. Sehr üblich iſt ferner die Meſſung des Luftdruk⸗ kes durch das Barometer. Auch was in dieſer Beziehung in unſerem Lande geſchehen, dürfte für unzuverlaͤßig gelten, da ſowohl die Werkzeuge meiſt unrichtig, als die gewöhnlichiten an ſolche Beobachtungen zu ſtellenden Forderungen nicht berüͤckſichtigt worden find. Sollen als fo künftige Beobachtungen dieſer Art für die Landes, kunde und die Wiſſenſchaft Werth haben, fo müſſen die Barometer moͤglichſt zuverlaͤßig, mit einander vergli— chen und mit Nonien verſehen ſein, damit auch kleine Theile einer Linie abgeleſen werden köͤnnen. Sodann muß jeder Stand auf den Gefrierpunkt berechnet, je— desmal genau aufgezeichnet und aus den verſchiedenen Höhen der Säule ein genauer Durchſchnitt gezogen werden. Auf ſolche Art erſt werden wir in etlichen Jah— ren Thatſachen erhalten zur Beſtimmung der Schwan— kungen in der Schwere der Luft, welche zu kennen für die Lehre von den Winden, der Witterung u. dgl. ſehr wichtig iſt. Doch die Barometerbeobachtungen ſind auch dadurch ſehr wichtig, daß ſie dazu dienen, die Hoͤhe verſchiedener Orte über dem Meere mit großer Sicher heit zu beſtimmen. Ihr Mangel iſt die Haupturſache da— von, daß wir noch keine zuverlaͤßigen Angaben der Hoͤ— he unſerer Berge und Thaler beſitzen, da ohne fie nur die relative Höhe der Oertlichkeiten beſtimmt werden 2 18 kann. Es iſt daher zu wünſchen, daß an moͤglichſt dies len und in verſchiedenen Theilen des Landes gelegenen Orten der Luftdruck auf zweckmaͤßige Weiſe beobachtet werde, damit Reiſende in den Stand geſetzt werden, leichter Höhenbeſtimmungen anzuſtellen, welche bekannt— lich für die Kenntniß der Geſtaltung eines Landes un— entbehrlich ſind. 5. Mit den bisher genannten Beobachtungen kon— nen verbunden oder auch abgeſondert aufgezeichnet wer— den Bemerkungen über den Gang der Witterung, die allgemeine Beſchaffenheit der Monate, Jahreszeiten und Jahrgaͤnge. Die Ergebniſſe mit andern, namentlich aus weſtlicher und öͤſtlicher gelegenen Ländern, zu verglei— chen, iſt für die Meteorologie von großem Werth. Aus ßerdem verdienten wohl auch ältere Aufzeichnungen der Witterung geſammelt und durch den Druck bekannt ge— macht zu werden, da fie oft ſicherere Schluße auf den Himmelsſtrich des Landes geſtatten, als Beobachtungen, die ſich über wenige Jahre erſtrecken. 6. Die Zahl und nähere Beſchaffenheit der Gewit— ter wird haͤufig aufgezeichnet, namentlich auch ihr Ver— haͤltniß zu den Monaten und Jahreszeiten. Hiezu kon— nen noch kommen Beobachtungen über das Wetterleuch— ten, Blitzröhren, die Wirkung von Blitzableitern u. dgl. Eben ſo verdient der Hagel genaue Beobach— tung; insbeſondere feine Größe, Tageszeit, die Rich— tung der Hagelwetter und die Groͤßen der begleitenden Luftwaͤrme und Schwere. - 7. Zu den bei uns noch voͤllig unbeachteten Natur— erſcheinungen gehört das Herabfallen verſchiedener Ges genſtaͤnde aus der Luft, als Fruͤchte, Thiere u. ſ. w. Von vorzüglicher Bedeutung ſind unter denſelben die von Zeit zu Zeit herabfallenden Steine raͤthſelhaften Ur⸗ 19 ſprungs. Es iſt nicht zu bezweifeln, daß dergleichen Ereigniſſe auch in unſerem Lande Statt finden werden. Je mehr genaue Beobachtungen über dieſelben und ihre Nebenumſtaͤnde bekannt werden, deſto näher wird man einer genügenden Löſung der anziehenden Frage über den Urſprung jener merkwürdigen Steine kommen. III. Heilkunde. So umfaſſend ihr Gebiet iſt, ſo muß ich mich aus einleuchtenden Gründen auf wenige Andeutungen be— ſchraͤnken. Daß in derſelben noch Vieles dunkel ſei, iſt allgemein bekannt. Es wäre daher von Bedeutung für die Wiſſenſchaft, wenn die inländifchen Aerzte ihre Bes obachtungen mittheilen, genaue Angaben uͤber die in verſchiedenen Gegenden und Jahren herrſchenden Krank heiten, die Gefaͤhrlichkeit derſelben und die Zahl der durch ſie bewirkten Todesfaͤlle bekannt machen würden. So koͤnnte wahrſcheinlich der Einfluß der Witterung, Umgebung, Lage, des Bodens, der Bewaͤſſerung u. ſ. w. auf den Geſundheitszuſtand uberhaupt, und namentlich auf gewiſſe körperliche Eigenthümlichkeiten und Krank- heiten beſtimmter nachgewieſen werden und auch unſer Land ſchoͤne Beiträge liefern zu der Lehre von der Bes ziehung zwiſchen Land, Beſchaͤftigung, Lebensart und dem herrſchenden Geſundheitszuſtand. Merkwürdig iſt auch das Verhaͤltniß zwiſchen der Zahl der Selbſtmorde und den anderen Todesfaͤllen, namentlich in gewiſſen Monaten und die hierher gehoͤrigen Thatſachen verdienen geſammelt und veröffentlicht zu werden. Eben fo merk— wuͤrdig iſt das Verhaͤltniß der Todesfaͤlle nach den Ge— ſchlechtern und in einzelnen Lebensaltern, woruͤber wir noch Mittheilungen erwarten muͤſſen. Das find in Kurze die meinem Urtheile zufolge wichtigſten naturwiſſenſchaftlichen Beobachtungen, welche 2 * 20 in engerer Beziehung zu unſerem Vaterlande ſtehen. Ich habe manche übergangen, da es meine Abſicht Feines, wegs fein kann, jenes weite Gebiet auch nur andeu— tungsweiſe zu erſchöpfen und die meiſten nur kurzer aus gedeutet, damit dieſer Vortrag nicht allzu viele Zeit in Anſpruch nehme und weil diejenigen, welche fie unters” nehmen wollen, doch nach genaueren Anweiſungen zu denſelben ſih umſehen müſſen. Zum Schluße mache ich "nochmals auf die große Wichtigkeit der meiſten jener Unterſuchungen aufmerkſam, welche, zweckmaͤßig ange— ſtellt, uns eine — ich möchte fait ſagen — neue Seite unſeres Vaterlandes vor Augen führen werden. Möge Niemand vor der Menge und dem Umfang auch ſchon der angeführten Forſchungen zurückſchrecken, denn was wenigen und vereinzelten Kraͤften unmöglich, das kann vereintes Streben Vieler oft erreichen! Und ſo will ich mit anderen Freunden der Vaterlandskunde mich der frohen Hoffnung überlaffen, daß ſowohl die jetzige für unſer Volk fo bedeutſame Zeit als dieſe unſere ſchoͤne Vereinigung mit beitragen werden, den naturwiſſen⸗ ſchaftlichen Forſchungen zahlreiche neue Freunde zu er— werben und daß dieſe uns bald mit Loͤſungen mancher oben angedeuteten Aufgaben erfreuen werden. ö N 21 II. Beiträge zur Feſchichte Siebenbürgens, vom Tode König Andreas III bis zum Jahre 1310. Von G. D. Teutſch. Da⸗ 14. Jahrhundert begann für Ungarn unheildro⸗ hend. Im Juni 1301 ſtarb mit Koͤnig Andreas III der letzte Sproſſe des maͤnnlich-arpadiſchen Stammes. Das Geſchlecht, das 500 Jahre lang dem Reiche die Könige gegeben, in einigen hervorragenden Maͤnnern weithin ge— glaͤnzt, die Ungarn aus dem Heidenthum dem chriſtli— chen Glauben und damit der Sittigung zugewandt und aus einer wilden Reiterhorde ein Volk geſchaffen, aber dagegen auch in vielen ſeiner Glieder ſich mit Bruder— mord und Buͤrgerblut beladen, brachte ſelbſt in ſeinem Untergange noch dem Lande Verderben. Koͤnig Andreas ſtarb namlich, obgleich zweimal vermaͤhlt, ohne e An das königliche Erbe machten viele Bewerber An— ſpruch und ſtuͤrzten das Reich dadurch in achtjaͤhrige Spaltung. Dienn ſofort theilte ſich dasſelbe in zwei Parteien. Schon nach dem Tode Ladislaus IV (1290) hatte Pabſt Nikolaus IV Verſuche gemacht, den Thron nach ſei⸗ nem Willen zu beſetzen, indem das Reich vom roͤmiſchen Stuhle abhängig ſei.“) Das Unternehmen ſcheiterte as I) Katona: Histor. critica VI, 1047. Fejer: Codex diplom, Hungariae VI, 1,81. 83. — — ber an dem freien Sinne der Ungarn, die, geiftlis che und weltliche Große mit wenigen Ausnahmen eins traͤchtig, ſogleich nach Ladislaus Tod Andreas kroͤn— ten.) Nikolaus wollte den Enkel König Stephans IV von mütterlicher Seite, Karl Martell aus dem franzoͤ— ſiſchen Koͤnigsgeſchlechte Anjou auf den Thron ſetzen, weil man von einem Gliede des Hauſes, das Neapel als pabſtliches Lehen genommen hatte, leichter die Anerfens nung römifcher Oberherrlichkeit auch über Ungarn hoffen konnte. Das erſte Mißlingen ſchreckte nicht von weitern Verſuchen ab. Bonifacius VIII gewann den an das Graner Erzbisthum gewaͤhlten Gregor.?) Dieſer und mehrere Großen baten den Pabſt um einen andern Kö⸗ nig, der ſofort mit zwei Legaten in der Perſon Karl Roberts, des Sohnes des geſtorbenen Karl Martell, geſchickt und von Gregor gekroͤnt wurde. Die ungari— ſche Geiſtlichkeit kaͤmpfte ruͤhmlich gegen dieſe Anma— ßung; König Andreas aber ſtarb bald darauf in Ofen. Die Parteiung im Lande wurde durch den Tod des Königs vergrößert. Die Gewaltigſten im Reiche, der Palatin mit vielen andern Großen hingen am Kinde Karl, wohl nur um die eigene Macht zu vermehren.“) Dagegen waren die Andern entſchloſſen, Alles gegen den paͤbſtlichen Schü ling einzufegen.s) Der Schatzmeiſter 2) Thwroz: Chron. Hung. in Schwandtners: Scriptores etc. T. I. cap. 82. 3) Doch beſtatigte er ihn nicht in dem Erzbisthume, wohl um der Treue des Ueberläufers fiderer zu fein; „te.. ex diversis Consideratio- nibus procuratorem Strigoniensis ecclesiae us que ad se- dis apostolicae beneplacitum duximus ordinandum.“ Fejer VI, 2, 224. 4) Thivroz cap. 84. „Carolo puero adhaeserunt et eum regem nomi- nabant, verbo sed non facto,“ 5) Ottokar Horneck in Peta: Script. rer. austriac. t. 3. cap. 723. * „E daz ymmer geſchah, Daz man den Papſt dargeben fach 23 des verſtorbenen Königs und die Mehrzahl der hohen Geiſtlichkeit Ungarns war auf dieſer Seite. Boten wur— den nach Böhmen geſchickt, König Wenzel einzuladen, des ungariſchen Reiches Thron zu beſteigen, einmal weil er als Enkel König Belas der natürliche Erbe ſei, dann damit nicht des Landes Freiheit durch die Annahme eis nes vom Pabſt geſetzten Königs gefährdet werde. Wen— zel aber ſchlug die Krone aus,) empfahl jedoch den Ger ſandten feinen Sohn, auf den er alle feine Rechte übers trage. Dieſe nahmen den Antrag willig an, ſchwuren dem jungen Wenzel Treue und führten je unter Lob⸗ geſaͤngen nach Stuhlweißenburg, wo der Erzbiſchof von Ainen Chunig nach ſeinem Muet, E wollten ſy jr Pluet Darumb vergieſßen.“ 6) Die Räthe waren der Anſicht: „Daz Ungerlandt iſt weit, Ob ain Chunig alle Zeit Selten ſtille läg Vnd nur Vmbreytens phlaͤg, So hiet er dennoch viel zu ſchaffen Mit Layen vnd mit Pfaffen Daß er daſßelb Chunigreich Verrichtet ordenleich. Zu dieſer Arbeit Pflicht Habt Ir Ew gerenet nicht Daß Ew mit reyten ſo ſey gach.“ — Da wurde auch Wenzel der Meinung: „Obs ichs fo gerne haͤle Vnd den Ungern vorftäle Wie gerayſig ich wär, So iſts an mir ſcheinbär Daz ich dazu nicht pin gezogen, Daz ich mit dem Pogen Nach der Ungern Sit Sechs Raſt aines Tages rit Bnd mich noch je ungeſprechen. O. Horn. C. 723. 24 Kolotſcha ihn kroͤnte, wahrend Karl ſich nach Dalma⸗ tien zurückzog (Aug. 1501.) Doch erhielt Wenzel das durch nur geringe koͤnigliche Gewalt. Gefaͤlle, Einkuͤnf— te, Schloͤſſer waren in den Haͤnden der Großen, die theils an ihm, theils an ſeinem Gegner hielten, beiden aber außer dem königlichen Namen wenig ließen.“) Auch war ſeine Macht von kurzer Dauer. Wenzel von Böhmen, als er die Unſicherheit der ungariſchen Zuftände gewahr wurde und die Partei feines Sohnes durch den Tod einiger Anhänger und den Verrath ande— rer ſchwaͤcher ſah, fuͤrchtete fuͤr das Leben desſelben, da die Karolingiſche Partei ſogar Ofen bedrohte,?) zog deshalb mit einem Heere nach Ungarn und fuͤhrte den königlichen Sohn mit Krone und Reichskleinodien nach Böhmen zurück (1504). Karl, durch paͤbſtlichen Spruch foͤrmlich zu Ungarns König ernannt,) fing an die Hoff— nung eines glücklichen Ausganges zu gewinnen. Daß Siebenbuͤrgen, eine ſo wichtige Provinz des ungariſchen Reiches, in dieſen Wirren nicht theilnahm— los geblieben ſei, iſt an ſich ſelbſt klar, ſchwer aber, bei dem Mangel zweifelloſer Nachrichten aus jener Zeit, ſicher auszumitteln, auf welcher Seite es geſtanden. Wie das Nachbarland Ungarn ſcheint es ſelbſt in zwei Parteien getheilt geweſen zu ſein. Der Biſchof von Wei— ßenburg, Petrus und die Woewoden Petrus und Lau— rentius hingen urkundlichen Zeugniſſen zufolge im J. 1504 an König Karl; ue) ob dies auch früher und mit allen Adeligen der Fall geweſen ſei, iſt wenigſtens zweifel— 7) „Una pars regni Carolum, altera Ladislaum (b. i. Wenzel'n) regem appellabant, sed non re vel effectu regiminis, seu potestatis.“ Thwr. 8) Fejer VIII, I, 115. — 9) Fejer VIII, 1,121. 10) Fejer VIII, I, 160. Vgl. Engel: Geſchichte des ungriſchen Reichs 1, 481. — — haft, da ein Jahr vorher Gregorius, der Verweſer des Graner Erzbißthums und Stephan, Erzbiſchof in Ko, lotſcha den Adel des Landes ernſt auffordern, alle Be— denklichkeiten, die er bis jetzt unnützer Weiſe gehegt, fortan bei Seite zu ſetzen und dem König Karl zu ge— horchen.) Ob dieſes die Sachſen gethan, muß mit großer Wahrſcheinlichkeit verneint werden. Wenigſtens hielten fie in der Folge offen an König Otto. Auch mögen wohl die vielen Streitigkeiten, die ſie grade zu dieſer Zeit mit dem Biſchofe hatten, nicht dazu beige— tragen haben, ſie für die Partei, der er anhing, zu gewinnen. Der innere Zuſtand des zwieſpaͤltigen Landes mag von dem des Nachbarreiches, Ungarn, wenig verſchieden geweſen fein.) Schon lange war hier, in der vom Mittelpunkte der Verwaltung ſo entfernten Provinz, bei der Nachlaͤßigkeit der Herrſcher, oder dem Mangel an Kraft, ihren Geboten Achtung zu verſchaffen, Geſetz— loſigkeit und wilde Selbſthuͤlfe herrſchend geworden. So II) Fejer VIII, 1,133. „. . remotis omnibus dubietatibus, quas hac- tenus vos inutiliter detinuerint, corde fideli domino vestro regi Carolo obedire debeatis.“ 12) Ottokar Horneck ſagt darüber: 7 „In dem Land vberal Was von dem Irſal Weder Frid noh gericht. Wer ſich zu ainem Chunig phlicht Mit Dienſt und mit Suen, Was der mocht getuen Dem andern zu Widerdries Durch nicht er daz lies.“ — Nach ihm mißfällt übrigens den „Sybenbürgern Allen“ (d. h. den Sachſen; ſ. Anm. 27.) König Wen⸗ zels Wahl und ſie ſchicken zu dem Heere, das die Krone von Böhmen zurückbringen ſoll 16,000 Mann, „dy Zagheit waer enpar.“ 26 hatten noch unter Ladislaus Regierung (1277) Biſchof und einige Domherrn in Weißenburg den Grafen Ar lardus von Salzburg ermorden laſſen, worauf ſein Sohn Johann mit Freunden und Genoſſen nach Weißenburg ſtuͤrmte, die ſchuldigen Domherrn erſchlug, die Kirche mit vielem Volk darin verbrannte, die hei— ligen Geraͤthe zerftörte n:) und, überhaupt alfo wuͤſtete, daß bis in ſpaͤte Zeiten herab das Capitel keine ſtaͤrkere Verwuͤnſchung treffen konnte, als daß doch die Zeiten Johanns, des Sohnes Alardi, fuͤr es wiederkehren möchten.“) Der Biſchof ſelbſt ſtoͤrte den Landfrieden. Die Bewohner feines Dorfes Tusnad überfielen 1282 das dem Grafen Stephanus gehoͤrige Dorf Gyod, zer— ſtörten es und zwangen die Einwohner deſſelben, den verwuͤſteten Ort zu verlaſſen und ſich in das bifchöfliche Tusnad zu ſetzen.““) So traurig waren die Verhaͤlt— niſſe des Landes, welches ſelbſt der Woewode, ſtatt es zu beruhigen, noch mehr verwirrte, «) daß König Andreas gleich im erſten Jahre ſeiner Regierung nach Sieben⸗ bürgen kommen mußte und hier zur Wiederher— ſtellung des guten Zuſtandes den erſten be— kannten Landtag hielt.) Daß nach ſolchen Vorgaͤngen jetzt, wo die koͤnig— liche Macht ganz im Staube lag, Habſucht und alle boͤſen Leidenſchaften freies Spiel gehabt, kann nicht be— zweifelt werden. Auch klagt in der That der Archidiako— nus des Siebenbürger Bißthums beim Pabſt Bonifa— 13) „Collectanea vaticanae bibliothecae;“ handſchriftliches Werk in der Gr. Batthyaniſchen Bücherſammlung in Karlsburg, fol. 128. — Vgl. auch Eder ad Felmer p. 21, 89; ad Schesaeum p. 215; Kemeny Notit. capit. Albens. I, 22. Fejer VII, 2, 66, 2005 V, 3, 118. 14) „Ex archivo capituli Albens. Trans. exscripta;“ codex manuscr. derſelben Sammlung, 1, 79. 15) Fejer V, 3, 141. — 16) Eder ad Felmer. p. 23. — 17) Fe, er VI, 1,118. _ 27 eius VIII über den Schaden, den die Kirche durch Eingriffe der Weltlichen in ihre Rechte und Güter erlit, ten habe, worauf derſelbe dem Erzbiſchof von Kolotſcha befiehlt, den frühern Stand durch geiſtliche Zwangs- mittel herzuſtellen. ) Ob das Mittel die gewünſchte Wirkung gehabt, leſen wir nirgends. Wahr iſt es jedoch, die früher fo ſchreckliche Waffe des Bannes hatte viel von ihrer Furcht barkeit verloren. Nicolaus, Biſchof von Oſtia, Geſand— ter des Pabſtes in Ungarn, hatte von Ofen nach ver— geblichen Bemühungen es auf Karls Seite zu bringen, weichen muͤſſen. Da belegte er die ungehorſame Stadt, die ſich noch dazu hartnaͤckig weigerte, die Anſpruͤche des Ofner Capitels an einige Donauzölle anzuerkennen, 9) mit dem Kirchenfluche. Petermann, der von Wenzel einge— ſetzte Richter fand jedoch bald Geiſtliche, die dem Ban— ne zum Trotze Meſſe laſen und Gottesdienſt hielten, ja Böſes mit Boͤſem vergeltend, vor dem verſammelten Volk, bei brennenden Kerzen, den Pabſt, die Erzbiſchö— fe des Reichs und die gehorſamen Prieſter in den Bann thaten.⸗ e) Länger als neun Jahre blieb Ofen ungebeng— ten Sinnes außer der Gemeinſchaft der katholiſchen Kir— che.) — Auch Siebenbuͤrgen, wie wir ſpaͤter ſehen werden, kümmerte ſich nicht mehr viel um den Fluch von Rom. Schon Johann von Salzburg, der um ſei— ner That in Weißenburg willen in den Bann gethan 18) Fejer VIII, I, 137. — 19) Fejer VI, 2, 319. In, 1, 138. 20) Thwr. cap. 86. Wenige Jahre ſpäter finden wir dieſelbe Erſcheinung in deutſchen Städten. In dem Kampf Kön. Ludwig des Baiern gegen die Anmaßungen P. Joh. XXII warfen die Straßburger einen Geiſtli⸗ chen, der die Bannbulle und das päbſtliche Urtheil verbreiten wollte in den Rhein, während Regensburg die Dominikaner ſo lang hungern ließ, bis ſie Meſſe laſen und für Kön. Ludwig beteten. Kortum. Geſch. des Mittelalt. 11, 310. ö 21) Fe, er VIII, 1, 326. 28 worden war, hatte nicht ſehr geeilt, ſich von demſelben zu loͤſen.. ) Solche Folgen hatte die ſtreitige Koͤnigswahl dem Lande bereitet. Und ſie endigten leider nicht mit Wen— zel's Entfernung. Unerſchuͤttert durch dieſelbe riefen Karl's Gegner, Iwan von Guͤſſingen mit Johann und Heinrich von Guͤnz an der Spitze, den Enkel Bela's IV Herzog Otto von Baiern an das Königthum (1505). Dieſer, ein tapferer, kriegeriſcher Mann, ſchon fruͤher mit Wenzel verbuͤndet, erhielt von dieſem Krone und Reichskleinodien, zog damit unter den Nachſtellungen Rudolfs von Oeſterreich und ungluͤckverkuͤndenden Zeis chen nach Ungarn und wurde von dem Veſprimer und Cſanader Biſchof in Stuhlweiſſenburg gekroͤnt. Mit der heiligen Krone auf dem Haupte und angethan mit dem Mantel Stephans zeigte er ſich darauf dem zahlreich ver— ſammelten Volke in Ofen als rechtmäßigen König. Doch damit war der Thron noch nicht geſichert. Die fortwaͤh— renden Bemühungen des Pabſtes hatten die Zahl der Anhänger Karls vermehrt. König Albrecht von Deutſch— land, Rudolf von Oeſterreich waren ſeine Bundesgenoſ— ſen. Ottos Sache dagegen, da er bei den innern Wir— ren in Böhmen auf ſich allein angewieſen war, und ſelbſt der eigenen Partei nicht recht traute, die ihm auch bald, weil er die Krone nicht ihrer Verwahrung übers ließ, im Herzen zu grollen begann, trug von allem An— fang an die Keime eines unglücklichen Ausgangs in ſich.») Von allen feinen Anhängern mögen die Sach— fen in Siebenbürgen die aufrichtigſten geweſen ſein. 22) Collect. vatic. bibl., fol. 128. 23) Selbſt Iwan von Güſſingen ruft Otto'n, nach Ottok. Horneck, nur darum an das Königthum, um die Krone wieder nach Ungarn zu be⸗ kommen. FFF 29 Wenig mehr als ein Jahrhundert im Lande, treten dieſe ſchon mit ſolcher Bedeutung in der ungrifchen Ges ſchichte auf und üben einen ſolchen Einfluß auf die Ges ſtaltung ſeiner Innerverhaͤltniſſe aus, daß wir nicht um⸗ hin können, uns einen hohen Begriff ihrer Macht und Wehrhaftigkeit zu bilden. Erhielt doch ſchon Andreas III in den Streitigkeiten mit Karl Martell den Rath, wenn ihm an glücklichem Ausgange liege, ſich des Beiſtandes des ungriſchen Adels, der Kumaner und der Sachſen zu verſichern.:«) Viele der letzteren, durch großen Laͤn— derbeſitz ſtark, werden dem ungriſchen Adel gleichgeſtellt und zu denſelben Leiſtungen, wie dieſer, gegen die Kro ne verpflichtet.?) Und auf dem Reichstage, der im Jahre 1292 dem Oheim des Koͤnigs, Herzog Albert, das Landesbürgerrecht ertheilte, fo wie auf dem, der im Jahr 1298 das dem Untergange nahe Land wieder kraͤftigen ſollte, ſaßen neben Praͤlaten und Adeligen auch Abgeordnete der Sachſen.⸗«) Selbſt Otto well, te ſich nach O. Hornecks Bericht nicht Frönen laſſen, bis er nicht der Treue der „Sybenburger“ gewiß waͤ— re”) Sofort zog einer der Biſchoͤfe hin und forderte ſie auf zum Beitritt. Sie weigerten ihn nicht. Den ſtammver wandten Fuͤrſten zogen fie (wie auch in der Folge immer) mit Recht jedem andern vor. Die Hermannftädter Grafen Gombolinus und Nikolaus Blas vus gingen mit anſehnlicher Geſandtſchaft nach Ofen, huldigten dem neuen König und luden ihn ein, in ihre 24) Engel: Geſchichte des ungr. Reichs 1, 456. 25) Fejer VII, 2, 139. — 26) Fejer VI, 2, 130; VII, 5, 502. 27) unter dieſem Namen begreift Ott. Horn. ohne Zweifel die Sach⸗ ſen. Der andere Theil des Landes heißt bei ihm ſtets „Vber⸗Walt;“ — der Woiv. Ladislaus iſt Herzog von Vber-Walt, „genannt vngriſchen Lazla Baybath. — Auch Aeneas Piecolomini ſagt: „Teutones (Trans- silvani) viri fortes et bello exercitati, a VII civitatibus, quas in- habitant, Siebenburgenses patrio sermone appellati.“ Scri- ptor. rerum germanicar.; ex bibl. Marqu. Freh. II, 41. .80 Heimath zu kommen, damit fie ihn da als ihren Herrn eh⸗ ren könnten.) Otto folgte dem Rufe. Zu Anfang des Jahres 1506 verließ er Ofen und beſuchte über Biſtriz, wo ihn abermals Einladungsſchreiben trafen, die Her— mannſtaͤdter Kolonie. Die Beſtaͤtigung des Freibriefes der Abtei Kerz, ») der, von Herzog Stephan 1264 ausgeſtellt, ihre Beſitzungen von der Woewodalbewir— thung befreit und ihren Verband mit der Hermannſtaͤd— ter Anſiedlung ſichert, iſt ein bleibendes Denkmal ſaͤch— ſiſcher Anhaͤnglichkeit an Otto und da fie aller Wahr— ſcheinlichkeit nach an Ort und Stelle ausgeſtellt iſt, auch ſeiner Anweſenheit im Lande. Was ſich wohl an dieſe nach den damaligen Verhaͤltniſſen und den Sitten der Zeit noch weiter in koͤniglichen Vergabungen von Rech— ten und Freiheiten angeſchloſſen haben mag, leſen wir nirgends, wohl aber von dem Jubel und den Freuden— bezeugungen, womit die Sachſen den deut ſchen Koͤ— nig empfingen, ) den als er das Land verließ eine bes deutende Macht derſelben begleitete. — Nur die Klauſen— burger Anſiedlung ſcheint ſchon zu dieſer Zeit auf Karls Seite geftanden zu fein. Wenigſtens deuten die Lobſprüͤ— che, mit denen der Freibrief von 1516 ihre Treue rühmt, 28) Ottokar Horneck cap. 761. — Collectan. vatic. bibl. f. 146 ff. Vgl. aus derſelben Quelle entnommen Fejér VIII, 5, 48. 20) Fejer VIII, 1,197; „IV Idus Aprilis“ in „ Tabularium Nation. Sa- son.“ Cod. manuscript: der Batthyan. Bücherei. 30) „Mit Worten und mit Gepären Erzaigeten ſy jm do, Daß ſy warn vro Seiner Chunft dahin, Grosleich erten ſy jn Mit gewden und mit ſchallen Frewten ſy ſich alle Daz jn Gott noch pey ihre Leben Ainen teutſchen Chunig hat geben. Ott. Horn. C. 764, 31 auf alte Anhaͤnglichkeit hin.“) Auch in der noͤrdlichen deutſchen Anſiedlung ſcheint Karl frühe Anhänger gehabt zu haben, wenn anders die Vergabung Pettendorfs (Al- so-Borgo) an Johann von Biſtriz im Jahr 1511 nicht nur der Lohn für ſpaͤtern Uebergang iſt.“) Die Reiſe des Königs aus dem Sachſenlande mag in die Hälfte des Jahres 1506 fallen, da eine feiner Urkunden vom Herbſtmonde in Ofen ausgeſtellt iſt.“ “) Auf dieſer Rüͤckreiſe brachte ihm der mächtige Woewode von Siebenbürgen, Ladislaus, feine Huldigung dar. Otto ſaß eben in ſeinem Zelte, als Ladislaus zu Pferde mit einem kleinen Gefolge angeſprengt kam. Der König, als er ihn ſah, ging ihm entgegen, hob den vor ihm Niederfallenden gütig auf und reichte ihm Hand und Mund zum Gruße. Ladislaus, hoch vergnügt über fols chen Empfang, ſprach laut ſeine Freude aus, den Tag geſehen zu haben, an dem des Reiches rechter Erbe die ungriſche Erde betreten und ſchwur, von Otto in ſeiner Wurde beſtaͤtigt, mehr als einen Eid, ihm, feinem rechten Herrn, treu zu bleiben, ſo lange er lebe. Durch den aufrichtigen Beitritt dieſes Mannes waͤ—⸗ re Otto's Sache leicht die maͤchtige geworden. Schon als Woewode von Siebenbürgen Reichsbaron und an der Spitze eines eigenen Banderiums, hatte er außer 31) „. - attendentes fidelitates praedictorum hospitum et Saxo- num nostrorum (de Culusvär), quas nobis multa fidelitate suorum laborum , non solum res et bona ipsorum, imo etiam per- sonas ipsorum fortuitis casibus, imo certis periculis exponendo, verum etiam plurimas mortes et caedes hominum perpatiendo, su- premae fidelitatis indicio, impendere curaverunt a praesertim no- vissime istis temporibus contra nostras aemulos procedendo“ fagt Karl in dem genannten Freibrief. „Privilegia Claudiopol.“ cod. manusc. in der Batthy. Büderf, in Karlsb. p. 117. 32) Fejer VIII, 1, 303; 539. — 33) Fejer VIIl, 1, 199, 32 der mit jenem Amte gewöhnlich vereinigten Grafenwuͤr⸗ de des Solnoker Komitats auch jene uber die Sekler, vielleicht fruher auch die uͤber die Hermannſtaͤdter Pro⸗ vinz an ſich geriſſen und mit den Silberwerken in Rod⸗ na viele andere koͤnigliche Gefaͤlle an ſich gebracht. Sein Bruder und ſpaͤter fein Sohn waren dazu die Biſchoͤfe des Landes und als der Erzbiſchof von Kolotſcha im Jahre 1506 jenem befahl, den Woewoden wegen Nichts anerfennung König Karls mit dem Banne und fein Ges biet mit dem Bannfluche zu belegen, weigerte er ſich das Gebot gegen den Bruder zu vollziehen.“) Unter dies fen Verhaͤltniſſen, wo die Zerriſſenheit des Reichs fol chen Verſuchen nur zu günſtig war und bei der großen Schwaͤche der Koͤniglichen Macht nicht das Recht, nur die Gewalt galt, ſcheint Ladislaus den Plan zur Er— ringung der Selbſtſtaͤndigkeit und fürſtlichen Würde ges faßt zu haben. Wenigſtens findet dieſe Annahme in feinem ſpaͤtern Betragen vollkommene Beſtätigung und deutet die gewaltſame Vereinigung aller hohen, einfluß⸗ reichen Stellen des Landes in ſeiner Perſon auf nichts Geringeres hin. Auch finden wir ihn in allen Kronſtrei— tigkeiten nie als Anhänger weder des Einen noch des Andern genannt und die Woewoden des Landes, die auf jedes Königs Seite urkundlich als deren Anhänger ers ſcheinen, mögen wohl von ihnen zu der hohen Würde ernannt worden ſein, aber ſchwerlich einige mit ihr ver— bundene Macht beſeſſen haben.““) Noch in Ofen, vor Ottos Beſuch des Sachfen- landes in Siebenbürgen, hatten feine Anhänger ihm 4 — 34) Fejer VI, 1, 203. 35) „Ladislaus Vaivoda . . potentiam habet, defendendi omnes Trans- silvanos in bono et etiam impediendi “ ſchreibt Georgius plebanıs | in Cibinio 1309. Collectan. vatican. bibl., f. 122. Vgl. Fejer VIII, 1, 122. wo zwei Woewoden dem König Karl in demſelben Jahr Treue ſchwören, in dem Ladislaus den König Otto gefangen nimmt. I | 33 gerathen, fich den Woewoden Ladislaus, einen Mann, „dem große Gewalt unterthan wäre, durch die Hei⸗ rath feiner Tochter näher zu verbinden und der König hatte ſich nicht abgeneigt gezeigt. Doch die Sachſen atten eifrig dagegen geſprochen. Zwar des Woewoden Macht und ſeiner Tochter Schönheit hatten ſie zugege— ben, den König aber ernſt vor Liſt und Betrug gewarnt, da jener der ungetreueſte Mann ſei, den man in ganz Ungarn finde. Wenn er auf eine ſeiner Burgen ſich wa— ge, fo ſei er verloren; uberhaupt nur fo lang er unter ihnen weile ſicher vor Argliſt und geſchützt vor jeder Ge⸗ waltthat.“ «) Jetzt brachten des Königs Anhänger die Rede wieder auf jene Vermaͤhlung. Ladislaus gab mit allen Zeichen der Freude, doch im Herzen anders ge— ſinnt, *) feine Zuſtimmung und lud den König auf feis ne Burg. Der aber, der empfangenen Warnung einge⸗ denk, weigerte ſich zu folgen und ſetzte ſeine Reiſe fort indem er urkundlichen Zeugniſſen zufolge im Herbſtmonde des Jahres in Ofen war. Doch immer mehr und mehr neigte ſich Ottos Stern dem Untergange. Wenzel von Böhmen war er⸗ mordet worden; Rudolph von Oeſterreich und Heinrich von Kaͤrnthen ſtritten um das Reich. Und als Otto den letztern beguünſtigte, ſchickte Rudolphs Vater, Albrecht, ſeine ſtreitbaren Scharen nach Ungarn und ließ das Land weit und breit verwuͤſten. Da mahnten immer dringender Koͤnig Ottos Anhaͤnger, ſeiner Sache durch die Vermählung mit Ladislaus Tochter neuen Auf— 3 36) Ottokar Horneck cap. 764. 37) Das 765. Capitel O. Horneck's „ das dieſe Thatſachen erzählt, führt daher die Ueberſchrift: „Hertzog Ladislaus von Vber-Walt empfanget von König Ottone das Lehen über ſein Lant und gelobet ihm falſch⸗ lich ſeine einzige Tochter zur Ehe zu geben. — Der Ungarn alte Ge wonhait. “ 34 ſchwung zu geben.“) Biſchof Petrus von Siebenbuͤr⸗ gen, des Woewoden Bruder, und viele Andre, doch Kei— ner mehr ihm aufrichtig zugethan, drangen fortwaͤh— rend in ihn, ſich ihrem Willen zu fuͤgen. Wie koͤnnten, ſprachen fie, die Ungarn ihn als König erkennen, wenn er ſo offenbar Mißtrauen gegen ſie zeige. Der Sachſen Macht, auf die er, wie das allgemeine Geruͤcht gehe, als auf feine Grundfeſte baue, würde ihm wenig helfen gegen des Volkes Unwillen. Nie ſei noch ein Mann „deutſcher Zunge und Art“ von jenen allein dem Lande zum Konig geſetzt worden. — Als Otto ſolchen Ernſt ſah und die Biſchoͤfe, Petrus an der Spitze, unter wies derhohlten Verſicherungen der Treue, ihm gelobten, ihn nicht auf des Woewoden, fondern des fiebenbürgifchen Biſchofs Gebiet zur Vermaͤhlung zu führen: fo entſchloß er ſich endlich, in Erinnerung an die vielgeruͤhmte 38) Der Woewode hatte ihm bei ihrer Zuſammenkunft verſprochen: „Herr Ich gib dir Dy allerſchoniſten Magt » Ich hab nicht Chindes, man ſew ain Ze mein Lebtägen N La mich weſen in Gemach Vnd ſo ich ſterb danach, So gefellet dich an Mer Lanndes, daß Ich han Vnd dein Weib mein Chind Denn aller Payr Lant ſynd, Das ſcholl Herre mein Deiner Chint Erb ſeyn Dieweil ich aber das Leben han, So wil Ich zehen tawſent Man, Dy man wol perait hat, Dir füern, wo dein Wille ſtat. Dazu Ich dir pehalt In meiner Gewalt Ain ſchon varet Guet Des ſich gefrewet dein Muet.“ O. Horneck cap. 705. 35 Schönheit der Woewodentochter und überzeugt, daß in dieſen Wirren ihn menfchliche Hilfe doch nicht, ſondern nur die Hand der Vorſehung bewahren könne, den Zug anzutreten. Umſonſt warnten die, ſeinem Willen zufol— ge, zurückbleibenden Sachſen. „Das kann jetzt nicht anders ſein,“ entgegnete Otto, „Ehre, Gut und Leben muß ich nun an ihre Treue laſſen“ und trat ſo willen— los, von ſeinem Geſchicke gleichſam gezwungen, die un— glückliche Reife an; :») (Mai 1507). Was die Sachſen gefürchtet, ging bald in trauri— ge Erfüllung. Voll Freude über das Gelingen ihres Werkes ritten Biſchof Petrus und die uͤbrigen Rathge— ber mit dem Könige fort und erzaͤhlten ihm viel Schoͤ— nes, das ihn alles bei Ladislaus erwarte. Aber ſtatt „zu des Biſchofs Kreiſen“ führten fie ihn auf wilden Wegen zu der Burg des Woewoden. Weinend klagten Ottos Diener dieſem den entdeckten Verrath. Von Freunden ferne mußte er ſchweigend ſich dem Geſchicke fügen und unthaͤtig zuſehen, wie die geiſtlichen Begleiter ſich all— maͤhlig verloren.“) So gelangte man an die feſte Burg des Woewoden. „Hier habt ihr,“ ſprachen da die wer nigen Herrn, die noch bei Otto waren, zum entgegen- kommenden Ladislaus, „den König Otto; thut ihm, wie ihm gebuͤhret“ und ſprengten fort.“) Kurze Zeit darauf ward Benediktus (Beke), einer der erſten Be— gleiter Ottos auf dieſem Zuge, von Koͤnig Karl, deſſen heimlicher Anhaͤnger er wahrſcheinlich ſeit lange gewe— ſen, ſeiner „vielen treuen Dienſte wegen mit Laͤndereien 3 * 30) O. Horneck cap. 767. 40) Chronicon Budense. Edid. 1. Podhradezky, p. 231; Katona VIII, 113. Vergl. Fejer VIII, 1, 219. 41) „Daß ſew der Tewſel noch drum hab,“ wünſcht ihnen Ottok. Hor⸗ neck dafür. 42) O. Horneck cap. 768. 36 belohnt. ) Auch Kaiſer Albrecht, der, obwohl im Bunde mit Karl, doch heimlich für feine Söhne nach dem Reiche ſtrebte und daher jedes Mitbewerbers Feind war, hatte zur Gefangennahme Otto's mitgewirkt“) und daß Biſchof Petrus vor allen Andern den König verrathen habe, war allgemeine Ueberzeugung der Sach- ſene “) Auf der feſten Burg des Woewoden (vielleicht De— va, das nach den Coll. vat. bibl. der gewohnliche Auf— enthaltsort deſſelben geweſen zu fein ſcheint) wurde Ot— to ſofort in enge Haft geſetzt, dabei aber die erſten Ta— ge weiter nicht unwürdig behandelt. Den Woewoden ſelbſt hielt gerechte Schaam ab, vor dem Angeſicht des ſchmachvoll Verrathenen zu erſcheinen. Bald aber wur— de Ottos Gefolge, drei deutſche Knechte ausgenommen, von der Burg entlaſſen und dem König bedeutet, wenn Freiheit und Leben ihm lieb ſei, Krone und Reichsklein— odien herauszugeben. Ladislaus mochte waͤhnen, daß der Beſitz derſelben ihm die königliche Gewalt, die er that— ſaͤchlich ſchon beſaß, rechtlich ſichern und heiligen werde. Daher wandte er, als Otto das Geforderte mweigers te, Zwangsmaßregeln an. Fuße und Hände des Koͤ— nigs wurden in Feſſeln geſchlagen und die ſchmach- und ſchmerzvolle Behandlung ſo lange fortgeſetzt, bis er, die Freiheit der, wie er mehr und mehr einſah, ihm doch nutzloſen Krone vorziehend, dieſe an Ladislaus aus— lieferte. Der Gefangenſchaft,“«) nach Ott. Horneck durch die Verwendung der ihm verwandten Könige von Ser— 43) Fejer VIII, 1, 226. Vgl. VIII, 1, 219. 44) Katona VIII, III. 45) Collectan. vatic. bibl. f. 129 und an mehren andern Stellen. Aus derſelben Quelle, doch mit unrichtiger Note, auch Fejer VIII, 5, 48. 46) O. Horneck ſetzt ſie auf „4 Wochen oder mehr,“ Andere verlängern ſie über ein Jahr. S. Katona VIII, III. 37 vien und Bulgarien, nach Andern durch die Hülfe Ems richs von Sereny, oder der eigenen Gemahlin des Woe— woden, oder endlich durch Erlegung einer bedeutenden Geldſumme ledig,“) kehrte Otto auf Umwegen unter mannigfachen Abentheuren nach Baiern zurück, heira— thete Herz. Heinrich's von Glogau Tochter und führte bis zu ſeinem Tode 1512 den Titel eines ungriſchen Koͤnigs,“ ) ohne jedoch weitere, thatſäaͤchliche Verſuche zur Beſitznahme des Reiches zu machen. Damit war Karl von dem gefaͤhrlichſten Gegner befreit. Auch Kaiſer Albrecht, anderwaͤrts vielfach be— ſchaͤftigt, konnte den ſeit einiger Zeit offen ausgeſproche— nen Plan, Ungarn als erledigtes Reichslehen einzuziehen, nicht kraͤftig genug verfolgen und ſtarb dazu bald. Pabſt Clemens W beitätigte Karl'n aufs neue in feiner Wuͤr— de und mahnte, nicht ohne Erfolg,“) unter Androh— ung des Bannes von fernerm Widerſtande ab. Cardinal Gentilis wurde zu nachdruͤcklicherer Unterſtüzung nach Ungarn geſandt und kam im November 1508 mit Karl nach Ofen, das inzwiſchen durch den aus der boͤhmiſchen Haft frei gewordenen früͤhern Richter, Ladislaus für dieſen gewonnen worden war (1507). Petermann, der von Wenzel eingeſetzte Richter, hatte in dem naͤchtlichen Ueberfall kaum das nackte Leben retten koͤnnen; andere Anhaͤnger Ottos waren von Pferden zu Tode geſchleift worden, waͤhrend die dem paͤbſtlichen Banne ungehor— ſamen Prieſter in den dunkeln Kerkern des Graner Erz— biſchofs traurigen Tod ſtarben.“s) Immer mehr und mehr traten die wichtigern Gegner Karls von der von 47) Eder ad Felm. p. 27. Annales gentis Boicae I, 70% 45) Monumenta boica. Edid. academia scientiarum Maximilianea; U 217, 400; IV, 162; V, 383 VI, 374. 49) Fejer VIII, 1, 221. 50) Thwr. cap. 83. 38 Otto ſelbſt verlaffenen Sache zu jenem über. In feierli⸗ cher Reichsverſammlung! ) mahnte hierauf Kardinal Gentilis, ernſt auf das durch die Zwietracht entſtandene Ungluͤck des Reiches hinweiſend, den von der roͤmiſchen Kirche gegebenen Koͤnig, wie althergebrachtes Recht es erfordere, ohne Weigern anzunehmen. Da unterbrach den Redner das laute Murren der Verſammlung, die eine ſolche, die Freiheit des Landes gaͤnzlich vernichtende Befugniß dem Pabſte gradezu abſprach, ſo daß der Car— dinal ſich begnügen mußte, den vom Volke frei ge— waͤhlten Karl im Namen des Pabſtes bloß zu beſtaͤ— tigen. Die neue Krönung im folgenden Jahre (1509) ſollte dem König den Thron und dem Reiche endlich die Ruhe ſichern. Daß die Sachſen zu dieſer Zeit mit unter den Anhaͤngern Karl's geweſen ſeien, unterliegt wohl keinem Zweifel. Die Gefangennahme Otto's, ſein ſpaͤteres Ver— laſſen des Reichs, der Uebertritt der meiſten ſeiner An— haͤnger, Ofens Schickſal, auf die vielleicht nahen ſaͤch— ſiſchen Hülfstruppen Ottos um ſo tiefer wirkend, des Pabſtes Bemühungen: — Alles mag dazu beigetragen haben, fie für Karl zu gewinnen. Weder gleichzeitige Schriftſteller, noch urkundliche Zeugniſſe derſelben Zeit ſprechen von fernerm Widerſtande, wohl ein nicht un— wichtiger Beweis, daß ſie nicht mehr gegen Karl ge— weſen. Sie ſelbſt weiſen im Jahr 1509 in einem Rechts— ſtreit mit dem Weißenburger Capitel vor dem Cardinal Gentilis die Beſchuldigung, Gegner Karl's zu ſein mit Unwillen von ſich und erklaͤren warm ihre Anhaͤnglich— keit an ihn. ⸗) Deſto offener liegt des Woewoden Las 51) Fejer VI, 1, 264. 52) Collectan. vat. biblioth. f. 131. — Einzelne festen freilich den Widerſtand noch fort und vielleicht findet gar zwiſchen dem ſpätern Aufſtande der Sachſen gegen Karl und dieſen erſten Kämpfen gegen 39 dislaus Ungehorſam zu Tage. Obwohl er durch feine Abgeordneten dem König gehuldigt hatte, fo weigerte er doch hartnaͤckig die Herausgabe der Krone und Karl mußte 1509 in Ermangelung derſelben mit einer neu verfertigten und geweihten gefrönt werden, da die Recht— maͤßigkeit eines Koͤnigs nicht von einer ſo gebrechlichen Sache, wie einer Krone, abhängen koͤnne. Ladislaus aber wurde von Gentilis wiederhohlt zur Zurüͤckſtellung gemahnt und als er nicht gehorchte, ja dem diesfalſigen Verbote des Cardinals wie zum Hohne, ſeine Tochter dem ketzeriſchen Sohne des ſerviſchen Königs vermaͤhlte, feierlich gebannt und ſein Gebiet mit dem Interdicte be— legt. 2) Wie wenig das Mittel gewirkt habe, zeigt das Schreiben des Siebenbuͤrgiſchen Biſchofs Benedictus (des Sohnes des Woewoden) an Gentilis, daß weder Welt⸗ noch Ordensgeiſtliche Bann und Interdiet achte— ten, ſondern wie zu jeder andern Zeit Gottesdienſt hiel— ten, worauf derſelbe, da Benedict ſelbſt zur ſtrengern Befolgung des Kirchenfluchs nichts gethan zu haben ge— ſteht, das Weißenburger Capitel für ſeine Beachtung ſo lange zu ſorgen verpflichtet, bis Ladislaus die Krone zurückſtelle.“) Den Bemühungen des Palatins und des Graner Erzbiſchofs zufolge hatte der Woewode naͤmlich im April 1510 Karl'n endlich perfünfich als König ans erkannt, die Krone bis Ende Juni zurückzuſtellen ver— fprochen und die Zuruͤckgabe aller von Foniglicher Verga— ihn ein innerer Zuſammenhang Statt. Eine ſolche Anſicht fcheint we⸗ nigſtens eine Urkunde zu begünſtigen, in der König Karl possessionem Lodomateluke, in distrietu Zebeniensi existentem, durch Hochver⸗ rath verloren von den Beſitzern Paulus und feinen Sippen, „qui a toto eo tempore, quo in regnum nostrum Hunga- riae..intravimus,.. adversus nostram processerunt Ma- jestatem incessanter “ einigen Adeligen von Hydegviz ſchenkt. A. d. 1326. (Aus der Urſchrift in der Kirchenlade in Stolzenburg.) 53) Fej er VIN, 5, 64. 54) Fejer VI, 1, 381. 40 bung abhängigen Gefälle und Aemter des Landes, die er widerrechtlich an ſich geriſſen, eidlich gelobt. ) Auch wurde in der That die Krone jetzt zurückgegeben und Karl, damit jeder Zweifel an ſeiner Rechtmaͤßigkeit ſchwinde, mit derſelben in Stuhlweißenburg im Auguſt 1510, zum drittenmal, gekrönt.“) Hiemit war denn Karl König in Ungarn. Denn obwohl das Reich auch jetzt noch nicht ganz in ſeinem Gehorſam und beruhigt war, wie denn, zum Beiſpiel, Matthaͤus von Trentſchin noch Jahre lang den Widerſtand fortſetzte, fo hing doch die über gr o— ße Mehrheit des Volkes jetzt an ihm und er war durch des Cardinal Gentilis kluge Anerkennung der in dieſem Falle ja doch nur wenig mehr, als ſcheinbaren Wahlfreiheit des ungriſchen Adels, ſo wie durch die letz— te Krönung, vom Lande anerkannter, volks— thümlicher Konig. Die Lage Ungarns aber bis zu dieſer Zeit war uns ter den Graͤueln des von beiden Seiten mit Erbitterung geführten Buͤrgerkrieges die traurigſte. Städte und Doͤr— fer ſanken in Aſche unter der Wuth der eigenen Söhne. Weder Geweihtes noch Ungeweihtes verſchonte der ge genſeitige Haß. Unbegraben lagen bei dem Gehorſam mancher Prieſter gegen den Kirchenfluch an vielen Orten die Leichname. Die häufigen Bannfluͤche loͤſten alle Ban— de der Treue und öffneten dem Verrath ein weites Feld. Vater und Sohn ſtanden auf feindlichen Seiten einan— der in der Schlachtreihe gegenüber und vergoßen für die entgegengeſetzte Sache ihr Blut. Straflos unterdruͤckte jeder, der den Willen und die Macht dazu beſaß, den Schwachen. Handel, Wohlſtand und die Kuͤnſte des 55) Fejer VII, 1, 389. 56) Thwroz cap. 89. — 3 — 41 Friedens flohen aus dem unglücklichen Lande. ) Ge- wiß — es bedurfte Männer, wie Karl und deſſen gro, ßer Sohn waren, um die Wunden der traurigen Zeit zu heilen. Nicht erfreulicher ſehen wir die Lage Sieben; bürgens in dieſem Zeitraum. Außer den Parteiungen fir die Könige und Gegenkoͤnige verwirrten das Land noch der Ehrgeiz und die felbitfüchtigen Beſtrebungen des Woewoden Ladislaus, deſſen Ringen nach ſelbſtherr— licher Gewalt in dieſen Wirren durchaus nicht zu ver— kennen iſt. So trennte er widerrechtlich die Mediaſcher, Schelker und Birthelmer von der Hermannſtaͤdter Kolo— nie, mit der ſie ſeit dem andreaniſchen Freibriefe ver— einigt geweſen, ) weil ihm über getheilte Kräfte die Herrſchaft zu erringen leichter dunken mochte. Auf die ſchwere Klage der Genannten ſtellte zwar Karl im Jahr 1515 die alte Einigung urkundlich wieder her,) ohne daß ſie jedoch thatſaͤchlich ausgeführt wurde, da die wenig ſpaͤtere Verordnung deſſelben Königs, die den Mediaſchern und Schelkern auf ihre Bitte die Hee— 57) Vgl. Katona VIN, 213, 246. Thwr. cap. 89. Eder ad Felm. p. 31. 58) „.. universus populus, incipiens a Varos usque in Bo- ralth, cum terra Siculorum terrae Sebus et terra Daraus unns sit populus.“ Auch bitten fie (in der Eder ad Felm. pag. 27 angeführten Vereinigungsurkunde Karls) ausdrücklich, der König mö⸗ ge „ipsos eorum pristinae libertati restituere in integrum et com- munitati Saxonum de Cibinio, cum qua et prius unum fuerant, unire et combinare.“ Vgl. S. Quartalſchr. VI, 254. 59) „Nos (Carolus) .. .. eosdem Saxones de Megyes, de Selk et de Berethalm et de ad eosdem pertinentibus in pristinae liberta- tis eorundem praerogativam restituentes, in nomine Domini ei- dem communitati Saxonum de Cibinio, a quolibet illicito deten- tore auferentes eosdem — des Woewoden Sohn, Ladislaus, hatte fie bis dahin unterdrückt gehalten — duximus uniendos.“ .. . . An. Domini 1315, Ido ydus Augusti. 42 resfolge und die Pflicht der königlichen Bewirthung ges gen jaͤhrliche 400 Mark Silber erlaͤßt und im Rechts— verfahren denſelben die Freiheiten der Hermannſtädter Sachſen zuſichert,se) fo wie die in der Folge haͤufig vorkommende geſchichtliche Thatſache, daß die Media— ſcher unter eigenen Grafen ſtehn, von einer gänzlichen Trennung beider Gemeinweſen zeigt. Erſt unter Mat— thias leſen wir wieder von den vereinigten „ſieben und zwei Stühlen,“ obwohl auch da die Vereinigung nicht ſo innig iſt, daß die beiden Kolonien nicht noch in man— cher Beziehung getrennt erſcheinen ſollten. Wie in die Rechte der Hermannſtaͤdter, ſo hatte auch in die der nördlichen deutſchen Kolonie Ladislaus ſich Eingriffe er— laubt. Die Silberwerke der „reichen Rodna“ waren in ſeiner Gewalt und wurden mit vielen andern koͤniglichen Gefallen erſt 1510 an Karl zurückgegeben. Ueberhaupt finden wir überall im Lande vielfache Spuren des vom Woewoden verletzten Rechtes. Die Beſitzungen der Ab— tei Egreſch hatte er für ſich eingezogen.?) Die Burg Cicho wurde von den Vögten noch für feine Söhne bes fest gehalten und kam erſt 1521 in die Haͤnde des Kos nigs, wofür der Vogt, der fie übergab, reichen Lohn an Land und Leuten erhielt, nebſt Verzeihung für Raub, Mord und jede Verwuͤſtung, die er mit der Beſatzung bei der Vertheidigung des Schloſſes verübt.“) So ſpaͤt kehrten einzelne Theile des Landes zum Gehorſam gegen Karl zurück. Ja die Schwarzburg bei Zeiden im Burzenlande kam erſt 1551, und auch da nicht durch Uebergabe ihres rechtmaͤßigen Beſitzers, des maͤchtigen Salomon von Kronſtadt, ſondern, wie es ſcheint durch Verrath, in die Gewalt Karls.) ö 60) Fejer Vin, 2, 160. 61) Fejer Vill, 4, 630. 62) Fejer VI, 2, 200, 316. 63) Fejer Vill, 3, 527, Johann und Jakob die Söhne Nicolai Magni de 43 Daß unter ſolchen Verhaͤltniſſen öffentliche Ruhe und Sicherheit, die Grundbedingungen alles Wohlſtan— des und Voͤlkerglückes dem Lande fehlen mußten, iſt an ſich ſelbſt klar. Von vielfachen Verletzungen des Rechtes und Eigenthums berichten die urkundlichen Zeug— niſſe der Zeit und Karl hatte in der Folge oft die Un— gerechtigkeiten der Vergangenheit gut zu machen, wie er denn unter anderm im J. 1315 dem Seklergrafen Ste— phan die vom Woewoden Ladislaus ihm entriſſenen Be— ſitzungen und Goldwerke zurückſtellte. “) Lange Zeit litt das Weißenburger Bißthum, bis zum Jahr 1307 von den Sachſen König Ottos wegen viel gedränat und ges aͤngſtigt, an dem in dieſen Wirren durch Raub und Verwuͤſtung ihm häufig zugefuͤgten Schaden in Gütern und Einfünften.ss) Auch die Klagen der Sachſen von Klauſenburgs⸗) im Jahre 1316, daß fie durch der un, friedlichen Zeiten Unbill ihre alten Freiheiten gaͤnzlich verloren hätten, weiſen gewiß auf dieſe Periode zurüͤk. Jedes Recht wich in derſelben bei der allgemeinen Ge— ſetzloſigkeit dem Willen des Stärfern. Adelige er niedrigten ſich ſogar zu Weglagerern. An gelege- nen Plaͤtzen erbauten fie feſte Thuͤrme und Warten und ſchaͤdigteu von da den voruͤberziehenden Wandrer, bis die Sachſen mit gewaffneter Hand die Raubneſter brachen und die Sicherheit der Straße wiederherſtellten. ) Rosnou, bie das Schloß übergaben, erhalten dafür alle Beſitzungen des Kronſtädters „ubiounque in Districtu de Brass ou ac intra Transsilvaniam“ dieſelben gelegen ſeien. 64) Fejer VIII, 1, 556. 65) Callectan. vatic. bibl. — Fejer VIN, 1, 413. 66) „ . . quod . . . per impacati temporis discrimina a via liberta- tum suarum deteriorati cecidissent.“ Privileg. Claudiopol. p. 117. 67) „Theotonici de partibus illis (Transsilv.) destruxerunt turres et fortalitia quorundam nobilium de partibus illis, quae impediebant bonum statum et pacem provineiae — vielleicht und nicht un⸗ wahrſcheinlich in der engern Bedeutung des Sachſenlandes, wie 44 Eine andere Quelle vielfacher Wirren für das Land waren die kirchlichen Verhaͤltniſſe eines Theils der Sachſen zu dem Biſchof von Siebenbürgen. Zwar hats te Bela III fie die deutſchen Anſiedler, um ihre Selbſt— ſtaͤndigkeit auch in dieſer Hinſicht zu wahren, die Her— mannſtaͤdter Probſtei errichtet, doch, unfolgerichtig ge— nug, in dem baldigen Streite über die Ausdehnung des Sprengels nur einen Theil desſelben ihr untergeordnet. 62) Fortan finden wir ſtete Streitigkeiten zwiſchen dem Biſchofe und den feiner geiſtlichen Oberaufſicht unterwor— fenen Sachſen. Wie bald dieſe begonnen beweiſt der be— kannte Vergleich des „Mühlbacher Decanats“ mit dem Siebenbürgiſchen Domcapitel im Jahre 1205 8) Ja kurze Zeit ſpaͤter ſehen wir den Biſchof fogar über das Burzenlaͤnder Decanat hoheitliche Rechte anſprechen.“ e) Bei der damaligen Armuth des Bißthums, das nach der Klage ſeines Biſchofs im Jahr 1256 nicht einmal zum Unterhalt der Domherrn hinreichende Einfünfte beſaß, vn) mochte der fette Zehnten des Sachſenlandes gar zu lockend ſein und reizte der Wohlſtand ſeiner noch oft in derſelben Handſchrift. — et hoc facto extunc fecerunt proclamari, quod omnes libere et secure irent, redirent et sta- rent per totam illam provinciam et sic postea securitas vi- guit.“ Coll. vat. bibl. f. 149. Auch die Beſitzungen der Abtei Egreſch empfahl Karl dem Schutze der Sachſen. Fejer VII, 4, 630. 68) Schlözer p. 26. — Schuller: Umeiffe und kritiſche Studien zur Ge: ſchichte von Siebenb. p. 95. 79) Fejer 11, 421. 70) Ex regest. litter. apostolicar. Gregorii papae IX, a. nono, ep. 271 in der Batthyaniſchen Bücherſammlung in Karlsburg. 71) „Pro eo frequenter ultrasilvanam ecclesiam debito canonicorum obsequio defraudari contingit, quia, ea ipsorum nequeunte neces- sitatibus providere, iidem ab altaris, de quo non possunt vivere, se subtrahunt debita servitute, “ Ex regest. litter. apostol. Ale- xandri pp. IV, a. Ill, epist. 262 in derſelben Sammlung. Vgl. Schule ler: Archiv 1, 68. 45 Pfarrer ſtets zu neuen Steuern.) So machte das Domcapitel 1282 auf den Zehnten des Mediaſcher Des canats, der von Rechtswegen ihm gehöre, Anſpruch und ließ nur auf die vielen Bitten der betroffenen Prieſter denſelben drei Quarten gegen die jaͤhrliche Abgabe von vierzig Mark Silber, die dazu bei verſaͤumtem Zahltage doppelt erlegt werden ſollte.“ ) Nicht ſo bereitwillig fuͤg— ten ſich andere Theile des Bißthums ähnlichen Forder— ungen. Die Pfarrer, die jetzt die Zeckeſcher Surrogatie, das Unterwaͤlder, das Kaisder, das Koßder, das Laß— ler, das Bogeſchdorfer und das Bolkatſcher Capitel bil— den,“) verſagten dem Domcapitel am Anfang des 14. Jahrhunderts die Zehnten, Steuern und andere vielna— migen Abgaben, die daſſelbe rechtlich beziehen zu koͤn— nen meinte und vielleicht bis dahin theilweiſe auch bezo— gen hatte. Die Weigerung war um fo gefährlicher, da ſie zugleich den Zorn des uͤbermaͤchtigen Woewoden La— dislaus reizte, der für feinen, nach dem Tode des Bis ſchofs Petrus an das Bißthum gewaͤhlten Sohn Bene— diet, die biſchoͤflichen Einkünfte und Güter verwaltete und daher alle Forderungen des Domcapitels in partei— iſchen Schutz nahm.“) Doch zagten die ſaͤchſiſchen 72) Die Pfarre in Mühlbach z. B. trug zu dieſer Zeit jährlich 40 Mark, eben ſoviel die in Kelling und Groß⸗Pold, die in Burgberg 30 Mark, die in Petersdorf 28 Mark, die in Reichenau 4 Mark, Fejer VIll, 2, 124. 73) Fejer V, 3, 191. Széréday: Notit. capit. albensis. p. 12. 74) Capitulo seu decanatus — beide Ausdrücke gleich häufig — de Se- bus, de Spring, de Kyzd, de Kozd, de Crys, de majori Ku- kullo et de minori Kukullo. Die beiden leztern heißen bisweilen auch Archidiaconatus. Collectan, vat. bibl. Vgl. Eder ad Felm. 90. 75) „Ipse enim Ladislaus est vir potens et quasi pars principalis contra dictos plebanos, eo quod filius suus est postulatus eccle- siae Transsilvaniae, ratione cujus cuncta bona episcopalia possi- det, et tamquam caput membra suum, sic ipsum capitulum fer- venter fovent.“ Collect. vat. bibl.; fol. 123. 46 Pfarrer nicht. Im Februar 1508 legten ſie eine feierli⸗ che Verwahrung ihrer Freiheiten und Berufung nach Rom vor dem Domcapitel ein. Dieſes aber erkannte die Gultigkeit ſolches Rechtsmittels nicht an, ſchmaͤhte, mißhandelte die Abgeordneten und wollte ſie gefaͤnglich feſthalten. In ſchneller Flucht retteten ſie ſich jedoch, kehrten aber bald, geführt von Berthold, Pfarrer in Kelling, mit einem großen Gefolge Bewaffneter, Reis ter und Fußgänger, Prieſter und Laien nach Weißen⸗ burg zurück, beſetzten die Domkirche und uͤbten in Wort und That unmilde Vergeltung an den Domherrn aus.““) Die Unterſuchung und richterliche Entſcheidung des Streites kam vor den paͤbſtlichen Geſandten, den Car— dinal Gentilis. Dieſer forderte im Jahr 1509 die ge— nannten ſieben ſaͤchſiſchen Capitel zur Verantwortung nach Ofen.) Der Woewode Ladislaus verweigerte jedoch den Abgeordneten den Durchzug durch fein Ger biet und ſchrieb auf die Verwendung der Hermannſtaͤd— ter Provinz drohend zurück mit der Mahnung an die Pfarrer, endlich vom Widerſtand gegen das Domcapi⸗ tel abzuſtehen, damit nicht die Sache fuͤr ſie durch ſeine Dazwiſchenkunft noch ſchlechter endige.“ ?) Nicht einge— ſchüchtert dadurch wollten die Vorgeladenen dennoch die Abgeordneten zum Kardinal ſchicken, als die Hermann— 76) Vgl. Eder ad Felm. p. 99. Die Darſtellung des Ereigniſſes von bei⸗ den Parteien ſ. unten II. Das Domkapitel klagte ſpäter die VII ſäch⸗ ſiſchen Capitel, die alle Antheil an der That haben ſollten, wegen derſelben bei Cardinal Gentilis an und forderte 1000 Mark Schaden⸗ erſatz. Collectan. f. 156. Die Entſcheidung fehlt jedoch leider. 77) Fejer VIII, 5, 41. Collectan. vat. bibl. f. 114, deren Inhalt vom 114 bis zum 150 Blatte eben dieſe Streitſache iſt. Gedruckt befindet ſich dieſelbe in Batthyani's: Leges eccles. im 2. Bde. Die vorliegen: de Abhandlung beruft ſich ſtets auf die „Collect,,“ da dem Verfaſ⸗ ſer das Druckwerk nicht zu Gebote ſtand. 78) Collectan. f. 118. Tuch Fejer VIII, 5, 51. 47 ſtaͤdter Grafen Gombolinus und Nicolaus Blavus von dem Vorſatz abmahnten, damit nicht vielleicht durch die Gefangennahme derſelben der Friede zwiſchen den Sach— fen und dem Woewoden geſtoͤrt würde.“») Der Anwald des Domcapitels aber forderte bei der Nichterſcheinung der Gegner zur Strafe ihres Ungehorſams und ihrer Halsſtarrigkeit Bann und Interdict gegen fie und ſchon ſollte der Forderung willfahrt werden, als der Domini— Fanermönch Heinrich von Hermannſtadt noch zur rechten Zeit erſchien und im Namen der ſieben Capitel die Ent— ſchuldigung der Nichterſcheinung geſetzlicher Hinderniſſe wegen vorlegte. Der nochmaligen Vorladung der ſieben Capitel, nachdem die Wahrheit des Vorgebrachten durch die Unterſuchung des Dominikaneranwaldes Chriſtian von Biſtritz, des Franziskanermönches Petrus von Broos und des Stolzenburger Pfarres Reinhold anerkannt wor— den war,») widerſetzte ſich Ladislaus nicht, ja er erklaͤrte, den Umſtaͤnden nachgebend, daß es nie ſeine Abſicht geweſen, die ſaͤchſiſchen Pfarrer von der Reiſe zum Kardinal abzuhalten. So wurde denn die Streitſa— che von dem letzten April 1509 an vor Philipp de Sar— dinea, den der Kardinal mit der Unterſuchung beauf— tragt hatte, unter vielen Abſchweifungen und noch mehr gegenſeitigen Beſchuldigungen und Anklagen geführt.?!) Wie ſie geendigt, iſt leider unbekannt. Die richterliche Entſcheidung fehlt in unſerer Quelle und mag wohl mit vielem anderm, das Leben der Sachſen betreffenden in 79) Collectan. vatic. biblioth., fol. 127; Fejer VIII, 5, 47. mit der un⸗ richtigen Unterſchrift Ve Nonas Decembr. 1309, da das Schreiben den 15. Mai deſſelben Jahres vorgezeigt wird. 80) Fejer VIII, 5, 41. 81) Der Bevollmächtigte des Domkapitels war Sanctus, Archidiaconus de Kavazna mit dem Anwald Philipp de Cinzulo; die Partei der ſächſiſchen Capitel vertrat Berthold, Pfarrer in Kelling und Dechant des Unterwälder Capitels mit dem Anwald Wagnolus de Mevanea. 48 den reichen Schaͤtzen der Vaticaniſchen Sammlungen verborgen liegen. Vielleicht gewann das Domcapitel; tes nigſtens ſcheint der ebenfalls 1509 von demſelben eigens und allein gegen das Unterwälder Capitel bei Philipp de Sardinea anhängig gemachte, doch von ihm wegen erwieſener Appelation nach Rom nicht angenommene Proceß uͤber die in dem Vertrag des Jahres 1205 feſt— geſetzte Abgabe der Pfarrer von einer Mark Silber von je ſechzig Hofen, ?-) zu feinen Gunſten entſchieden wor— den zu fein, da wir daſſelbe ſpaͤter im Beſitz der Abgas be finden, bis ſie im Jahr 1330 gegen eine jaͤhrliche Abſchlagsſumme von 52 Mark vertauſcht ward.) Viel⸗ leicht kam es auch gar nicht zur Spruchfaͤllung; wenigſtens fehlt es nicht an Beiſpielen, daß vor Legaten anhaͤngig gemachte Streitſachen, ihrer Abreiſe oder ſonſtigen Ges ſchaͤfte wegen nicht zum Endurtheile gediehen find. Wie aber immerhin der Ausgang geweſen ſei: voͤlliger, dau— ernder Friede iſt nicht zu Stande gekommen, indem uns die Folgezeit beide Parteien derſelben Urſache wegen noch gar oft ſtreitend vorführt.“) Auch die unter dem Hermannſtaͤdter Probſt ſtehenden Kirchen waren übri— gens theilweiſe nicht ohne Bedruckung, da der Pfarrer von Hermannſtadt 1521 über alte Rechtsverletzungen ſchwere Klage fuhrt.“) 82) „De sexaginta fumis, oder focis.“ 83) Fejer VIII, 3, 473. 84) Doch mußte der Siebenbürgiſche Biſchof dem Kardinal an Verpflegungs⸗ geldern (pro suis procurationibus) 953 Mark Silber zahlen, die erſt lange nach dem Tode deſſelben ganz abgetragen wurden. S. die Rech⸗ nungen in Fejer VIII, 2, 134, vollſtändiger in der Batthyan. Bü⸗ cherſammlung. — Vgl. auch Fejer VIII, 1, 402. — Wegen der theil⸗ weiſe hiedurch bewirkten großen Armuth des Bisthums legt Biſchof Benedict 1311 Verwahrung gegen jede weitere Beſteurung ein. Fejer VIII, 1, 412. 85) Fejer VIII, 2, 300. Eder ad Felmer. 91. 49 Trotz dieſer vielfachen innern Wirren und Bedraͤng⸗ niſſe, ja vielleicht grade durch dieſelben veranlaßt, ſehen wir die Innerverhaͤltniſſe der Sachſen und namentlich der Hermannftädter Provinz in lebendigem Fortſchritte begriffen. Die Anfänge der Stuhlsbildung ge hen urkundlichen Zeugniſſen zufolge auf dieſe Zeiten zus rück und ſtehen als eine merkwürdige Offenbarung des das Mittelalter charakteriſierenden Geiſtes da, der, im Gegenſatze der neuern Zeit, dem Willen des einzelnen Bürgers angemeſſenen Spielraum laſſend, bei der Ders dorbenheit der damaligen ſtaatlichen Einrichtungen üͤ— berall die Bildung vielfacher Vereine und Koͤrperſchaften des Krieges ſowohl als des Friedens hervorrief. — Doch wie auf vielen andern Punkten des ſaͤchſiſchen Lebens, fo und faſt noch mehr liegt auf dieſer Stelle tiefes Dun⸗ kel. Welches der erſte Anſtoß zur neuen Entwicklung ge— weſen; woher es gekommen, daß ſtatt der neuen Ein⸗ theilung des Landes nicht die ſchon vorhandene kirchliche auch zu den bürgerlich- politiſchen Zwecken beibehalten worden ſei; ob und in wie weit die Verſchiedenheit der Einwanderer nach Abſtammung und Rechtsgewohnhei— ten, fo wie die vor dem andreaniſchen Freibrief beftes hende Eintheilung in Gaue, (Grafſchaften, comita- tus) auf die neue Bildung Einfluß gehabt habe; wel— ches derſelben anfaͤngliche Verwaltung und Verfaſſung geweſen: — dieſe und viele andere nicht minder anzie⸗ hende Fragen kann die ſiebenbuͤrgiſch- ſaͤchſiſche Ges ſchichts Forſchung auf ihrem heutigen Standpunkte wohl aufſtellen, doch größtentheils nur ſehr ungenügend beant— worten. Denn Alles, was ſie jetzt thun kann, iſt, aus der Vergleichung aͤhnlicher fremder Zuſtaͤnde und den der Natur der Sache nach ſpaͤtern — auch weil unver— öffentlichten, leider ſeltenen — heimatlichen Urkunden verſuchsweiſe das Dunkel, das uͤber der Entſtehung der Stühle ruht, aufzuhellen, ohne dabei das Geſagte als das unumſtoßlich und allein Wahre hin— 4 50 zuſtellen, oder die ausgeſprochene Annahme weiterer Be⸗ lehrung und Fortbildung hartnaͤckig zu verſchließen. Waͤchſt doch von Tag zu Tag die frohe Hoffnung mehr, daß eine vielleicht nicht mehr gar ferne Zukunft, ge— ſtüzt auf Vergleichung namentlich deutſcher Verhaͤltniſſe und vollſtaͤndige urkundliche Kenntniß des färhfifchen Lebens — die eine aufgeklaͤrte Gegenwart nicht mehr ängitlich hindern wird — über dieſen und viele ans dere Gegenſtaͤnde helleres, lehrreiches Licht verbreiten werde! Bekanntlich erſcheint die Hermannſtaͤdter Provinz vor dem andreaniſchen Freibriefe in mehrere einzelne Gaue (comitatus) geſchieden, die von einander getrenn— te, fuͤr ſich beſtehende Gemeinweſen ausmachten, und außer der gleichen Abſtammung, der gleichen Sprache, dem gleichen Zwecke ihrer Anſiedlung, den ähnlichen Rechtsgewohnheiten und demſelben Glauben nichts Ge— meinſchaftliches hatten. Denn ſo wie einzelne Haufen von Anſiedlern nach und nach im Lande erſchienen, fo mod)» ten ſie ſich da, wo ihnen der Fluß, oder der Wald, o— der ſonſt des Ortes Bequemlichkeit gefiel, den feſten Wohnſitz waͤhlen und je nach ihrer Größe in einem oder mehr Doͤrfern ſich niederlaſſen. Naͤhere Graͤnzen ſammt den Rechten und Pflichten der Anſiedlung enthielt dann wohl der ſchriftlich aufgeſetzte Vertrag mit dem König. Alle dieſe einzelnen Gaue — comitatus — mit Inbegriff der Mediaſcher Anſiedlung, von Broos bis Draas, de— ren ſuͤdliche und noͤrdliche Grenzen eben wegen voraus— geſetzter Bekanntſchaft nach den einzelnen Freibriefen nicht angegeben worden ſein mögen, vereinigt zu groͤße— rer Kraͤftigung gegen innere und aͤußere Unterdrücker König Andreas II im Jahre 1224 zu einem großen Gemeinweſen. Die neue Einrichtung beitand faſt ein Jahrhundert lang. Da mochten in den Wirren vor und nach dem Tode König Andreas III, wo man bei 51 der allgemeinen Rechtsloſigkeit auf die eigene Hülfe ans gewieſen war, wohl auch die ſeit dem Mongoleneinfall gewachſene Volksmenge eine Vermehrung der Mittel— punkte der Verwaltung und namentlich der Rechtspflege fordern. So bildeten ſich, am früheſten vielleicht in den von Hermannſtadt entfernteſten Theilen kleinere Kreiſe zu jenen Behufen, ohne dadurch aus dem Verbande und der Einheit der Provinz herauszutreten, deren gemein— heitliche Angelegenheiten und wichtigere Rechtsfaͤlle viel— mehr auch fortan auf allgemeinen Tagfahrten berathen und entſchieden wurden: auf aͤhnliche Weiſe, wenn Kleines mit Großem zu vergleichen erlaubt iſt, wie zu derſelben Zeit in Hochalemannien die drei Thalgemeinden Schwyz, Uri und Unterwalden ſich gegen drohende Rechtsverletzung verbanden, ohne deswegen aus dem Ver— bande des deutſchen Reichs herauszutreten. — Bei der Mediaſcher Anſiedlung mochte vielleicht ihre gewaltſame Losreiſſung von der Hermannftädter Provinz den erſten Anſtoß zu freierer, ſelbſtſtaͤndigerer Geſtaltung der ein— zelnen Theile geben, oder die ſchon begonnene noch mehr befeſtigen. — So erſcheint im J. 1502 die „Geſammtheit der Gaugenoſſen des Hermannſtaͤdter Stuhles und der zu dieſen Gehoͤrigen, “ ) und in demſelben Jahre bereits auch der „sedes Nagy Sink.“ 6 Im J. 1309 wird wiederhohlt der Hermannſtädter Stuhl und die Ges ſammtheit deſſelben erwähnt.?) Die Beſtaͤtigung des Andreaniſchen Freibriefs durch Karl im J. 1517 gilt ausdrücklich der „Geſammtheit der Sachſen von Her— mannſtadt und der zum Hermannſtaͤdter Stuhle Ge— hörigen.“ ) Ein Jahr ſpaͤter erſchienen die Stühle 4 * 86) Schuller Archiv 1, 281. — 861) S. Quartalſchr. VI, 6, 248. 87) Collect. Vat. bibl. 88) „.. pro tota uuiversitate Saxonum de Cibinio et ad sedem Ci- 52 Mediaſch und Schelken, se) 1357 abermals die Stüh, le Hermannſtadt und Mediaſch, ſammt Schäßburg und Reps 32) Leſchkirch wird 1351 genannt.?) Der Aus⸗ druck der „ſieben Stuͤhle“ wird erſt in der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts gebräuchlich und von da an zur Bezeichnung der Hermannſtaͤdter Pro— vinz ſtehende Formel.“ ) Nach welchem Vorbilde ſich die neue Einrichtung geſtaltet habe, mag ſchwer mit Sicherheit zu entſcheiden ſein. Der Menſchengeiſt bringt uͤberall bei gleichen Ur— ſachen gleiche Wirkungen hervor, ohne daß das Spaͤte— re immer bloße Nachahmung des Fruͤhern fein müßte. In den deutſchen Rechtsinſtitutionen laſſen ſich aͤhnliche Bildungen nachweiſen, 1“) waͤhrend Sache und Name ſich auch im nahen Seklerlande finden. biniensem pertinentibus.“ Schlözer S. 532 fest ungeachtet des Aus⸗ drucks sede ss die Stuhlsbildung in fpätere Zeiten. Doch auch in der Folge bei unzweifelhaftem Beſtehen der Stühle, leſen wir bisweilen ähnliche Ausdrücke, wie den angeführten der Beſtätigung Karl's — ſo 1342 „universitas provincialium sedis Cibinii et ad eosdem perti- nentes ,“ 1351 „eives et hospites de Cibinio ac ad eandem perti- nentes — und vor der Eintheilung in Stühle war ja der diplomatiſche Name comitatus Cibiniensis. Andr. Freibrief; Fejer VII, 1, 294. Der Beſtand der Stühle zu dieſer Zeit erhellt übrigens auch aus dem Freibrief der Abtei Kerz 13223 Fejer VIII, 2, 328. 881) Fejer VIII, 2, 160. 89) S. unten die Urkunde J. 90) Reſchner im Archiv 1, 291. 91) Zum erftenmal 1359 „nos provinciales VI sedium partium Transsilvanarum, Fejer IX, 3, 75; 1340 heißen fie noch „universi provinciales sedis Cibiniensis ac universi provinciales aliarum se- dium ad eosdem provinciales Cibinienses pertinentes , “ 1349 „se- \ niores ac viri providi sedis Cibiniensis et aliarum sedium.“ Bat: thyaniſche Bücherei. 91 9 Vgl. Eder ad Sches. p. 292. 53 Die anfaͤngliche Verwaltung und innere Einrich— tung der Stühle kann natürlich nur annaͤherungsweiſe beſtimmt werden. Je einfacher, in der Rechtspflege nen den altdeutſchen Gaudingen ähnlich, man ſich dieſelbe denkt, deſto naͤher wird man der Wahrheit kommen. Bevorrechtete Staͤdte im heutigen Sinne des Wortes gab es damals nicht, obwohl der Natur der Sache nach gewiſſe Ortſchaften, durch Urſprung, Lage und Wohl— ſtand begünſtigt, Vorzüge vor andern bewahren und geltend machen mochten.“) Auch die vielfache Gliede— rung der Beamten in Bürgermeiſter, Koͤnigsrichter und Stuhlsrichter an der Spitze der Stühle iſt ſpaͤtern Ur— ſprungs und faſt das ganze vierzehnte Jahrhundert hin— durch ſind die allgemeinen Verſammlungen der Her— mannſtaͤdter Provinz ſtets nur von den Richtern, Aelte— ſten und Geſchwornen der einzelnen Dörfer beſucht. ) Dieſe ſind es auch, die ſpaͤtern urkundlichen Andeutun— gen zufolge in den einzelnen Stuͤhlen jaͤhrlich viermal, nach deutſcher Sitte oͤffentlich, unter freiem Himmel, wo Jedem der Zugang offen und, den Meiſten wenig— 92) 1223 villa Hermanni; 1283 villa Medies; 1292 villa Cibiniensis; 1322 villa Cibiniensis; 1370 civitas Cibiniensis (Fejer), wo⸗ gegen noch 1400 oppidum Cibin. in einem Schreiben des Siebenbür⸗ giſchen Biſchofs in der Batthyan. Bücherſammlung. 93) Zwar erſcheinen 1374 auch Königs richter von Hermannſtadt, Mühlbach und Schenk, fo wie ein Bürger meiſter von Hermanns ſtadt ( Fejer IX, 4, 653.), doch 1376 wieder nur „seniores, judi- ces, consules, cives (beides Ausdrücke für Mitglieder des Gemeinde⸗ raths) et provinciales universi de VIl sedibus terrae Transsilva- nae “ (Fejer IX, 5, 131), 1379 „seniores, judices et jurati . . septem sedium“ (Fejer IX, 5, 314), 1389 „judices, seniores, cives ac provincialium universitas de septem sedibus provin- eiae Cibiniensis partis Transsilvanae “ (in der Batthyan. Bücherſ. Vgl. auch Eder ad Felm, p. 2.) Stätig kemmen Bürger: meiſter, Königsrichter und Stuhlsrichter in ſächſiſchen Urkunden erſt ſeit dem Anfang des 15. Jahrhunderts vor. 54 ſtens, auch die Mitwirkung geſtattet war, zuſammentra— ten, das Gemeinwohl beriethen, die Rechtspflege hands habten und, wohl unter des Hermannſtaͤdter Grafen Vorſitz, den Blutbann hegten.“ ) Doch von eben dieſer Menſchenklaſſe, die die Be— ſtimmung und Verpflichtung hatte, des Volkes Freiheit zu wahren, ging der gefaͤhrlichſte Angriff auf dieſelbe aus. Von den erſten Anfaͤngen des ſaͤchſiſchen Lebens ſe— hen wir die an der Spitze der einzelnen Volksgemeinden ſtehenden Richter unablaͤßig und gewöhnlich nicht ohne Erfolg bemüht, dieſe Wuͤrde in ihrem Haufe erblich zu machen. Der ſcheinbare Widerſpruch, wie in einem Gemeinweſen, das auf Freiheit und Gleichheit aller ſeiner Glieder beruhte, ein ſolches Streben nicht an dem geſunden Volksſinne den unbeſiegbaren Gegner gefunden, verſchwindet bei naͤherer Betrachtung. Schon unter den erſten Anſiedlern mußte es Geſchlechter geben, die, beguͤterter, als die andern, auch größere Strecken des wüͤſten Landes zur Bebauung übernahmen. Ausge— dehnter Grundbeſitz aber hat von jeher bedeutenden Einfluß auf die offentlichen Angelegenheiten begruͤndet. Dem wohlhabenden Eigenthümer größerer Landſtrecken ward es leicht, ſich durch Rath und Handlung in der Gemeinde geltend zu machen und in Zeiten der Noth durch Opfer, die den Andern groß ſchienen, weil ſie das Maaß der eigenen Kraͤfte uͤberſchritten, dem Ge— meinweſen nuͤtzlich zu werden. So mochte das verdien— te Vertrauen des Volkes fie zur Richterwuͤrde erheben. Was aber der Vater gewonnen hatte, das erbte der Sohn. Mit dem Vermoͤgen jenes ſchien in den Augen des Volkes auch die Weisheit und Erfahrung desſelben — 94) Vgl. Fejer IX, 5, 131, 314. Eder ad Felm. 79. — In Deutſchland wurde das Grafengericht zu dieſer Zeit alle achtzehn Wochen gehalten. Eichhorn: Deutſche Staats- und Rechtsgeſch. II, 446. a 55 — — auf dieſen überzugehen. Auch mochte es leichter erſchei— nen, dem zu gehorchen, deſſen Vaͤter man ſchon als Leiter und Führer zu ſehen gewohnt geweſen war. So verſchaffte der Glanz und Ruhm der Vorfahren den Nachkommen anfangs durch den freien Willen der Gemeinden die höchite Gewalt, bis fie endlich, durch das Gluͤck ſtolz, durch Verbindung mit gleichen, bis— weilen auch ungariſchen Geſchlechtern und oft großes Beſitzthum haufig ſelbſt auf dem adeligen Boden übers maͤchtig, anfingen, dieſe als ihre Erbſchaft zu betrach— ten, die an ihrer Perſon, an ihrer Wohnung hafte, und der thatſaͤchlich ausgeübten Adelsmacht und erblis chen Richterwuͤrde durch erſchlichene königliche Briefe rechtliche Geltung verſchafften.“?) Wenn auf dieſe Wei— ſe die meiſten Erbrichterſtellen durch ungeſetzliche An— maßung maͤchtiger Familien entſtanden, ſo hindert uns dagegen auf der andern Seite nichts, einzelne derſel— ben von allem Anfang her in den Innerverhaͤltniſſen der An— ſiedlung für rechtlich begründet zu halten, indem nach dem Kolonialrechte des Zeitalters oft die Gründer neuer Pflan— zungen, die im Namen derſelben mit dem Koͤnige, oder andern Eigenthümern unterhandelten, ſich die erbliche Richterwürde ausbedungen.“ ) So begegnen uns in der ſiebenbuͤrgiſch- ſaͤchſiſchen Geſchichte von der fruͤheſten Zeit an »?) Grafenhoͤfe und Erbgrafen, eine durch Reichthum und Einfluß ſo bedeutende Volksklaſſe, daß das Inauguraldiplom Koͤnig Andreas III vom Jahr 95) Vgl. Eder ad Felmer. 24, 251. Reschner: de praediis praediali- busque Audreani, p. II. - 96) S. Fejer V, 2, 598 und noch viele ähnliche Urkunden in demſelben Werke. Vgl. auch Schuller: Umriſſe ꝛc. p. 73. 97) Die Erbgrafſchaft von Salzburg ſchreibt ſich z. B. vom Jahr 1222 her. S. die Urkunde unter III. die Rechte und Pflichten des Amtes lehrt wohl am beſten eine, nähere Beſtimmungen eben über dieſe Erb: richterwürde zum Inhalt habende Urkunde des Königs Matthias vom Jahr 1465 in der Batthyan. Sammlung. 56 1291 fie dem Adel des ungariſchen Reiches gleichgeſtellt und „die güterbefitzenden und nach der Weiſe der Adeligen lebenden Siebenbür— ger Sachſen“ mit gleichen Verpflichtungen wie je— nen belegt.“) Doch galt dieſes nur von ihnen als Grundbeſitzern auf dem adeligen Boden, als welche ſie natürlich alle damit verknuͤpften Rechte und Pflichten beſaßen, während fie als Sachſen nicht über dem ſaͤchſiſchen Geſetze ſtanden, ſondern wie jeder Andere demſelben in allen Stuͤcken gehorchen mußten.? ?) Freis lich war es nicht immer ſo, wie es ſein ſollte. Sit— te und Geſetz wurden oft verhoͤhnt von dem Trotz und dem Uebermuthe dieſes „ſaͤchſiſchen Adels,“ der ſeinen Standesgenoſſen der Zeit in allen Laͤndern gleich, ſeine Macht oft zur Unterdrückung des Volkes mißbrauchte und ſich in roher Anmaßung fremder Rechte gefiel. — Daß eine Periode innerer Verwirrung, wie dieſelbe am Anfang des vierzehnten Jahrhunderts Siebenbürgen heimſuchte, von ſolchen Thaten und Verſuchen nicht frei geblieben ſei, laͤßt ſich ſchon voraus vermuthen und 98) Fejer VII, 2, 139. 99) Vgl. z. B. den dreizehnten Artikel des Andreaniſchen Inauguraldi— ploms mit dem vierten des Andrean. Freibriefs und dazu Eder ad Felm. 24, — König Wladislaus befiehlt noch 1491 „ut nobiles Sa- xones coram eorum judicibus competentibus conveniant“ und J⸗ ſabella 1543 „ut nobiles bona inter Saxones habentes secundum connumerationem inter Saxones contribuant.“ National Archiv. — Den Widerſtreit der Pflichten, der aus dieſer, unter Adel und Sach— ſen durch Beſitz erworbenen Stellung hervorging, mußten oft königliche Entſcheidungen löſen. So entbindet König Ludwig II den Petrus Tho— biaſſy de Etzel und ſeine Nachkommen von der perſönlichen Heeres— folge unter den Adeligen, weil ſie dieſelbe Pflicht auch als Erbrichter unter den Sachſen zu erfüllen hätten; „in medium autem nobilium ratione bonorum suorum gentes aut pecunias dent et contribuant.“ D. Quinque ecclesiis, die Dominica prox. post festum b. Fran- oisci 1521, Batthyan. Bücherſamml. f 57 — — wird durch mehrfache urkundliche Andeutungen zur Ge— wißheit erhoben. — Wie an der Spitze der einzelnen Gemeinweſen der Regel nach der frei vom Volke gewählte Richter ſtand, fo an der Spitze der ganzen Provinz der vom König geſetzte Graf.) Im Jahr 1309 bekleideten ſchon ſeit geraumer Zeit Gombolinus und Nicolaus Blavus dieſe Würde, ) fo daß der Ausdruck comitatus de Seybuno, deſſen Zurückſtellung der Woewode Ladislaus 1310 dem Koͤnig Karl gelobt, ſchwerlich die Hermann— ſtaͤdter Grafenſtelle bezeichnet, oder auf frühere gewalt— thaͤtige Beſitznahme derſelben deutet. Wie jene Maͤn— ner bei der damaligen Verwirrung zum Amte gekom— men, mag ſchwer zu entſcheiden ſein; daß ſie eine Zeit lang an Otto gehalten, iſt oben erwähnt. Das Auffal— lende der doppelten Beſetzung erſcheint in der Folge wie— der „) und erzeugt dadurch die Gewißheit, daß das Hermannſtaͤdter Grafenamt, wie das des Woewoden und 100) „5. . quem nos eis loco et tempore constituemus.“ Vgl. Eder ad Schesaeum 234, ad Felm. 233, [dem der Ruhm gebührt, der erfte dieſen Gegenſtand aufgeklärt zu haben. — Auch den deutſchen Reichsſtädten feste der König, den niederländiſchen Kolonien im noͤrd⸗ lichen Deutſchland der Erzbiſchof den Vogt, bis in der Folge beide, wie die Sachſen das Recht ſelbſt erhielten. S. in Hüllmanns Ge ſchichte des urſprungs der Stände, 2. Aufl. den Abſchnitt: Königli⸗ che, biſchöfliche und bürgerſchaftliche Behörden in den ältern Städten 5 Werſebe: Niederl. Kol. 1, 163. 101) Collect. vat. bibl. f. 120. „Nos Gombolinus et Nicolaus, comi- tes Cibinienses atque universitas ejusdem ;“ f. 127 „nos Gom- bolinus, Nicolaus comites sedis Cibiniensis atque universi- tas ejusdem ;“ f. 132 % itterae dictorum comitum et universita- tis Cibiniensis,“ f. 146 „Gombolinus et Nicolaus Blavus comites de Cibinio“ und noch oft in ähnlichen Ausdrücken. Vgl. Fejer VIN, 5, 47. 102) Eder ad Schesaeum 238. 58 Vicewoewoden bisweilen zwei Maͤnnern zugleich uͤbertra— gen geweſen ſei. Nicht unwahrſcheinlich iſt es auf dieſe Weiſe, daß die, kurze Zeit ſpaͤter die Beſtaͤtigung des Andreaniſchen Freibriefs bei Koͤnig Karl anſuchenden „Grafen“ Blafunz und Henning beide Ober-oder Koͤnigsgrafen ihres Volkes geweſen ſeien. Eigener Grafen erfreute ſich uͤbrigens zu dieſer Zeit nur die Hermannſtaͤdter Provinz; die ſowohl durch ihre räumliche Ausdehnung, als auch durch vertragsmaͤ— ßig erworbene Rechtslage die ſelbſtaͤndigſte und innerlich wie außerlich kraͤftigſte der deutſchen Anſiedlungen im Lande war und daher mit Recht der Stamm wurde, in den alle übrigen als kleinere Zweige einwuchſen. 8) Die Kronſtaͤdter und Mediaſcher Grafenwüurde finden wir noch in viel ſpaͤterer Zeit gewöhnlich den Sekler— grafen übertragen und die Biſtritzer wurden erſt 1554 von der Woewodalgerichtsbarkeit befreit, n» ?) der auch das durch ſeine Schenkung an den Siebenbuͤrgiſchen Bi— ſchof in ſeinem Entwickelungsgange vielfach aufgehalte— ne Klauſenburg noch lange unterworfen blieb. ss) Nicht einmal fein Siegel erhielt jetzt noch öffentliche Anerken— nung und Gultigkeit. nes) Auch Winz und Burgberg, 103) Die es nicht gethan, find meiſt zu Grunde gegangen, wie Chrapun— dorf u. a. 104) Eder ad Schesaeum p. 226, ad Felm. p. 34, 105) Fejer IX, 5, 257. 106) Erſt Ludwig auf die diesfalſige Klage der Klauſenb., befiehlt „ut iidem oi ves et hospites nostri de dicta Klusvär a modo et deinceps sub sigillo communitatis eorum, in quo imago trium turrium sculpta fore perhibetur, in quibuslibet factis et causis eorum propriis .. litteras procuratorias .. ad instar aliarum ci- vitatum nostrarum regalium emanari facere valeant atque possint, quibus quidem litteris procuratoriis in toto regno nostro fidem adhiberi volumus et commitimus. D. in Besztricia Transsilvana, II-do die f. Penthecostes 1377.“ 59 obgleich mit erfreulichen Anfängen einer freiern, ſelbſt— ſtaͤndigern Verfaſſung, ſtanden bis zu ihrer Vereini— gung mit der Hermannſtaͤdter Provinz ns) noch faſt ein Jahrhundert lang unter den Woewoden, waͤhrend die Anſiedlungen in Ehrapundorf, im Krako, in Deeſch und Thorenburg, obwohl der Aufſicht und Richterge— walt deſſelben ſchon ſeit geraumer Zeit entzogen 13) und ihre Rechte oft mit Eifer ſchirmend, doch in den Stuͤrmen der Folgezeit ihr Deutſchthum ebenfalls gaͤnz— lich verloren haben. Die nähere Entwicklung und Verfolgung alles die, ſes liegt außer den Grenzen dieſer Darſtellung. Vieles reifte ſchon Karls Regierung, noch mehr die ſeines Sohnes Ludwig und das Jahrhundert der Anjou, in dem der Handel und damit der Wohlſtand der Sachſen eine früher nie gekannte Größe erreichte, in dem zugleich das innere Leben friſch und kraͤftig, obwohl nicht ohne vielfache Reibung, auf dem naturgemaͤßen Wege ſich fortbildete, iſt wie der ungriſchen, ſo auch der ſieben— buͤrgiſch⸗ſaͤchſiſchen Geſchichte ſchoͤnſter Zeitraum. 107) Die Urkunde aus dem National Arch. N. 622, in der Batth. Bü⸗ cherſ. D. Budae in festo s. Philippi et Jacobi, a. D. 1393. 108) Schullers Archiv 1, 645 Eder: De initiis etc. 1725 ad Felm, 133. Fejer VI, 1, 105. Urkundliche Belege. I. Nos universitas provincialium sedis Cibinii et ad eos- dem pertinentes scire cupimus universos priorum no- titiam habituros, quod comes Johannes de Zegezvar nomine suo et aliorum ad ipsum pertinentes (!) coram nobis constitutus in nostra congregatione quasdam litte- ras privilegiales nobis ostendit cum instantia supplican- do, ut easdem litteras privilegiales exscriberemus et nostro sigillo provinciali roboraremus; quarum littera- rum privilegialium exstitit tenor talis: Nos as Wayvoda Transsilvanus et comes de Zonuk memoriae commendamus, tenore praesentium significantes, quibus expedit, universis, quod, cum Sa- lomon, Petrus et Nicolaus, filii Nicolai de Apoldia jux- ta continentiam aliarum litterarum nostrarum privilegia in congregatione nostra generali, feria quarta proxima post octavas beati Andreae apostoli celebrata, de facto possessionis Feiereghaz dictae, in comitatu Albensi exi- stentis, contra Johannem et Nicolaum, filios Nicolai ac Stephanum filium Stephani filiorum Wyche de Zeguzwar actione ipsorum proponere debuissent, volentes nos par- tibus justitia aequali respondere et eorum causas in brevi diseutione determinare, ad requisitionem de facto ejus- dem possessionis de universitate Saxonum comme- 61 — — taneorum ipsius possessionis Feiereghaz et aliorum in Kukullew faciendam ipsam causam prorogassemus, de- mumque a Jacobo judice Cibiniensi, Michaele de Enye- tino, Nicolao filio Bolobuch, Georgio de Weryzmarth, Reynaldo de Medyes, Petro de Kewruz, Ste- phano filio Arnoldi, Petro de Saruz, Daniele, Micha- ele, Nicolao et Petro filiis Wernheri de Kysd, Johan- ne et Petro filiis Stephani de Boda et Petro de Ka- ruth, senioribus sedium de Cibinio, de Me- dies, de Zeguzwar et Koz, nec non Hemiyns de Hezfolua caeterisque Saxonibus quam pluribus re- quisitionem inibi de eadem facto habuissemus, Saxones jam enumerati et tota communitas eorum statum et hu- manitatis fidei ipsorum (Wohl statum ex humanitatis fide ipsorum ) uniformiter nobis retulerunt eo modo: ut ipsa possessio Feireghaz Herrici Magni hominis infidelis, qui propter infidelitatis suae notam de jure amiserat, eujus non restat memoria, exstitisset et dominus Karu- lus illustris rex Ungariae praenominatis Nicolao et Ste- phano filiis Wyche pro eorum servitis fidelissimis, prout possessionem suae donationi de jure pertinentem condo- nasset. Unde nos auditis Saxonum seniorum et commu- nitatis praescriptorum attestationibus et perceptis hujus- modi causis inter partes praedictas sopitis penitus et sedatis saepius scriptam possessionem Feierghaz ipsis Johanni et Nicolao, filiis Nicolai ac Stephano, filio Stephani filiorum Wyche perpetuo jure haereditario commisimus possidendam, tenendam pariter et haben- dam. Datum in Kukulleuvar quinta feria proxima ante festum beati Thomae apostoli, a. d. 1337. Et nos quidem praetactas litteras privilegiales in omni sua parte considerantes esse justas et perfectas, de verbo ad verbum, ut superius patet, ipsas duximus 62 deseribendas et authentici nostri provincialis sigilli munimine concessimus communitas. Datum Cibinio pro- xima tertia feria post festum beati Michaelis Archan- geli, a. d. 1342. „Ex archivo capituli Albensis Transsilva- niae exscripta“ 1, 48 in der Batthyan. Bücherſ. in Karlsburg. II. Der Anwald des Domkapitels in dem Streite gegen die fächfifchen Pfarrer des Zehnten wegen behauptet: Litterae praedictorum Gobolini et Nicolai ac uni- versitatis Cibiniensis, ) tanquam rebellium sanctae ro- manae ecclesiae, domini legati et domini Caroli regis Ungarorum non faciunt fidem, nec eis est fides aliqua adhibenda, cum ipsi nitantur et nisi fuerint introducere in Regnum Hungariae Ottonem de Baveria pro rege dieti regni et ipsum in principio introduxerunt et mini- tantur eidem ecclesiae et capitulo, quia dicunt, ipsum Ottonem captum fuisse consilio et auxilio episcopi et capituli Transsilvaniae. Et ab hoc anno praeterito (h. e. 1308) de mense Februarii feria secunda post do- minicam Exurge eadem Cibiniensis universitas et cano- nici cum sacerdotibus deeanatus de Sebus manibus ar- matis ecclesiam beati Michaelis Traussilvanorum hosti- liter invadentes in clericos et sacerdotes ejusdem ec- 109) Das Schreiben ſteht auch in Fejer VII, 5, 47 und entſchuldigt die Nichterſcheinung der vorgeladenen ſächſiſchen Kapitel mit dem ihnen vom Woewoden verweigerten freien Durchzuge durch ſein Gebiet. 63 ——— elesiae manus violentes turpiter injecerunt, usque can- eellas et sacristiam ejusdem trudendo et fugando exer- tis gladiis et sagittis contra eos. Dagegen erwidert im Namen der Angeklagten Berthold Pfarrer in Kelling: Non obstat, quod dicitur, quod dicta universitas cum sacerdotibus decanatus de Zebus anno praeterito de mense Februarii hostiliter invaserunt ecclesiam beati Michaelis, quia ad hoc non fuit universitas praedicta, sed ita factum se habuit, quod quidam de dicta uni- versitate associaverunt quosdam plebanos, qui iverunt ad dominos canonicos Albenses causa appellandi ab eis ad sedem apostolicam propter quaedam gravamina et dum isti plebani legerent libellum appellationis coram dietis canonieis, ipsi canonici immaniter in ipsos ap- pellantes non sine magno contemtu apostolicae sedis et domini papae irruerunt, volentes eos nequiter captivare. Et tune dicti appellantes dictorum canonicorum nequi- tiam et violentiam atrocem per fugae subsidium et die- torum associantium adjutorium evadere satagerunt. In dem eigens dieſer Angelegenheit wegen in demſelben Jahre vor dem Kardinal Gentilis anhängig gemachten Pro— ceſſe gegen die ſächſiſchen Pfarrer klagt im Namen des Dom— capitels Philipp de Cingulo: Procuratores et nuntii dietorum capitulorum, vide- licet Bertholdus plebanus de Kelmik, item sacerdos de sub castro Petri, Andreas de Orbon et alii quam plu- res sacerdotes dicti capituli de Sebus de voluntate, li- 64 centia, mandato et consensu praedictorum septem ca- pitulorum anno praeterito et de mense Februarii inju- riose ac violenter hostiliter cum magna comitiva equi- tum, clericorum et laicorum armatorum ecclesiam beati Michaelis Transsilvaniae intraverunt, ostia praedictae ec- clesiae claudendo ac custodes ibidem ponendo et insul- tum fecerunt in canonicos ejusdem ecclesiae ad capitu- lum convocatos, percutiendo ac verberando quam plures clericos et beneficiatos ejusdem ecclesiae, fugando etiam et trudendo canonicos praedictos et alias ignominiose et turpiter transfugando ipsos usque in sacristiam ec- clesiae supradictae, quam injuriam nollet praedietum capitulum sustinuisse pro mille marcis fini argenti ad pondus Budense. Quare peto ego praedictus Philippus procuratorio nomine, quo supra eundem Bertoldum procuratorem, procuratorio nomine praedictorum in prae- dieta quantitate marcarum nomine injuriarum formaliter condemnari et compelli et condemnandum fore decerni et ad hoc propono actionem injuriarum civilem. Magnolus de Mevanea entgegnet im Namen der Ans geklagten: „me quidem, vel dictum dominum Bertoldum praefatum non debere nec posse cogi respondere .., eo quod dictum capitulum Albense dictam questionem sede Albensi vacante intentare non potest.“ — Die Ent⸗ ſcheidung, wie oben erwähnt, fehlt leider. Collectan. vatic. biblioth, Vgl. Fejer VII, 5, 48, III. Ferdinandus divina favente clementia electus Romano- rum imperator semper Augustus, ac Germaniae, Hun- gariae etc. rex, tibi, fideli nostro egregio Petro Hal- ler, judiei regio eivitatis nostrae Cibiniensis salutem et gratiae erga te nostrae caesareae continuum incremen- tum. Quoniam per nonnullos consiliarios nostros fideles exhibitae sunt et praesentatae litterae quondam divi o- lim Andreae II dieti Hierosolymitani, regis Hungariae, serenissimi praedecessoris nostri, felicis reminiscentiae , super nobilitatione domus gerebianae (tunc antiquitus Emerici Vizaknai, comitis Bistriciensis, nunc vero tuae) in oppido nostro Vizakna et comitatu Albensi partium nostrorum Transsilvanarum existentis habitae, privile- giales in pergameno patenter factae et sub sigillo ejus- dem Budae decimo tertio Calend. Junii in anno Domini 1222 tunc currentis, nunc vero dudum praeteritae (sic!) emanatae, vigore quarum idem dominus rex et praedecessor noster domum antelatam cum officio judi- catus regii Vizakniensis, juribus item ac judiciorum con- svetis processibus condecorasse ac donasse, ut et a de- Cimarum quarumlibet pensione ac ab omni onere civili et plebeo gratiose in perpetuum exemisse et nobilitasse dinoscebatur. Quas litteras easdem privilegiales nos quoque denuo pro tua per antelatos fideles consiliarios nostros supplicatione nobis humillime porrecta non solum conſirmamus, verum etiam ex gratia nostra caesarea in aliqua sui parte augmentandas duximus, prout easdem in omnibus articulis et punctis roboramus et confirma- 5 66 mus, ut et eandem ab omni censuum, taxarum et con- tributionum ac decimarum quarumlibet solutione , servi- tiorum quorumlibet exhibitione et ab hospitum conde- scensu clementer in perpetuum eximimus et nobilitamus praesentium vigore. In cujus rei memoriam firmitatem- que perpetuam praesentes litteras nostras secreti et authentici sigilli nostri, quo ut rex Hungariae utimur, munimine roboratos tibi Petro Haller haeredibus et po- steritatibus tuis universis dandas duximus et conce- dendas. Datum in civitate nostra Viennae Austriae die tertia mensis Augusti, a. d. 1559. Aus dem handſchriftlichen Werk der Batthyan. Bücherſ. „Miscellaneorum tomus quartus“ p. 392. III. Entwickelung der wichtigsten Grundsätze für die Erforſchung der rumuniſchen oder walachiſchen Sprache. Von dem durchdringenden Strahle gediegener For⸗ ſchung, welcher in unſerm Zeitalter die meiſten Spra⸗ chen Europas nach ihrem Urſprunge und Weſen beleuch— tet hat, iſt auf das walachiſche oder rumuniſche Idiom bisher kaum ein matter Schimmer gefallen. Die Ber hauptung, daß die Walachen oder Rumunen, wie ſie ſich ſelbſt nennen, lateiniſch reden, iſt zwar oft wieder— holt, jedoch niemals aus genügenden Gründen bewieſen worden „) wer aber an das Roͤmerthum dieſes Vol— kes nicht glauben mochte, der griff aus dem Sprach— ſchatze deſſelben einzelne Wörter auf und meinte dann wohl durch die kek ausgeſprochene Behauptung, ſie ſei ein Gemenge aus flavifcher und lateiniſcher Rede, die Sache abgethan zu haben und weiterer an ſich ſchon (ſo mochte man meinen) werthloſer Forſchung entbehren zu koͤnnen; als ob es ſich von ſelbſt verſtehe, daß an der 5 * 1) Eine genauere Würdigung jener Hypotheſe wird verſucht in: argumen- torum pro latinitate linguae Valachicae s. Rumuniae epicrisis. Scripsit J. C. Schuller. Cibinii 1831. 8. 68 untern Donau und am Pontus Euxinus nur von Ueberreſten der Römer und von flavifchen Staͤmmen die Rede ſein koͤnne. Gleichwohl hat, wofern mich nicht alles taͤuſcht, die Zergliederung gerade dieſer Sprache, außer dem allgemeinen Interreſſe ſprachlicher Unterſu— chungen, ein eigenthumliches Intereſſe für den denken— den Geſchichtsforſcher, und ich darf daher hoffen, daß jeder Beitrag zur wiſſenſchaftlichen Kenntniß derſelben nicht nur im Vaterlande, ſondern auch außer demſelben nicht unwillkommen ſein werde. Wo die ſchriftlichen Urkunden aufhoͤren, da bleibt ein einziges Mittel der Spur der Voͤlker nachzugehn, ihre fruͤhern Wohnſitze, ihre Beruͤhrung mit andern Voͤlkern, kurz ihr aͤlteſtes geſchichtliches Leben kennen zu lernen, — ihre Sprache. Denn als der unmittelbar⸗ ſte und lebendigſte Abdruck ſeiner geſammten geiſtigen Individualitaͤt wird ſie, wie dieſe, von jedem Volke unwillkuͤhrlich bewahrt, und, wenn auch durch Vermi— ſchung mit fremden Stämmen, ihre urfprüngliche Rein— heit ſich trubt: fo vermag doch beſonnene Scheidung die aͤlteſten Elemente von ſpaͤtern Zuſaͤtzen vielleicht noch zu trennen, und aus den noch übrigen Trümmern des zerſtoͤrten Sprachgebaͤudes die urſpruͤngliche Geſtalt deſ— ſelben zu errathen. Dann iſt auch, ſo meinen wir, die Fackel gefunden, welche uns die dunkle Vorzeit aufhel— let und jede Veraͤnderung jener urſprünglichen Form und Materie der Sprache mag vor dem Forſcher, wenn er ſie vorſichtig mit andern Thatſachen zu verbinden weiß, einen Lichtſtrahl auf die Schickſale des Volkes), welches ſie redet, werfen. Warum ſollten wir alſo von der Zergliederung der walachiſchen Sprache nicht weſentliche Aufſchlüße uͤber das Volk, in deſſen Munde ſie fortlebt, und deſſen ur— kundliche Geſchichte nicht weit zuruͤckgeht, und über feis- 69 ne fruͤheſten Schickſale, und bedeutende Beiträge zur völligen Aufhellung der Geſchichte des Europaifchen O⸗ ſtens hoffen dürfen? Die folgenden Unterſuchungen enthalten eine Ans zahl zum Theil ſyſtematiſch geordneter Vergleichungen rumuniſcher mit griechiſchen zumal aber mit Woͤrtern des germaniſchen Sprachſtammes. In wie weit ſie den e Beinamen beſonnener und vorurtheilsfreier ründlichkeit anſprechen können, darüber wird die Cri— tik der Männer vom Fache entſcheiden; vor aller Mit; theilung derſelben aber achte ich die Darlegung der vor— zuglichſten Grundfäge, welche mich dabei leiteten, für unbedingt nothwendig. Je befremdender nemlich eine bes reits früher von mir aufgeſtellte Behauptung einer Verwandtſchaft rumuniſcher und germaniſcher Sprach— formen) durch ihre Neuheit fein muß, und je mehr die Etymologie ſich durch eigne Verſchuldung den Ver— dacht willküͤhrlicher Machtſpruͤche und taͤndelnder Spie; lereien zugezogen hat: um ſo mehr iſt es Pflicht den eingeſchlagenen Weg nachzuweiſen und zu rechtferti— gen. Von ſelbſt wird ſich dabei die Gelegenheit dar— bieten, den neueſten von den Verfaſſern des in Ofen 1825 erſchienenen rumuniſchen Woͤrterbuches ?) gemach— ten Verſuch der Latiniſirung rumuniſcher Woͤrter nach Principien zu würdigen; die etymologiſchen Gewaltſtrei— che, wodurch ſie den Zweck zu erreichen gewaͤhnt, glau— be ich durch wortlich treu aus jenem Werke entlehnte Etymologien hinlaͤnglich bewieſen zu haben. 2) Vergl. Argumentorum eto. p. 34 ff. und die in demſelben Werkchen p. 78 ff. gegebenen Sprachproben. 3) Als die hauptſächlichſten Verfaſſer dieſes bei allen ſeinen Mängeln doch immer brauchbaren Werkes erſchienen: Klein, Kolosy und Peirus Major. Nach ihrem Plane wurde die durch den Tod derſelben unter⸗ brochene Arbeit von andern fortgeſetzt und vollendet. 70 Da jedes Wort die hoͤrbare Bezeichnung einer Vorſtellung, oder die Einheit von Laut und Begriff) iſt, ſo kann es durchaus nur ein Prineip beſonnener Wortvergleichung geben: Aehnlichkeit des toniſchen Zei— chens und der bezeichneten Vorſtellung in den vergliche— nen Sprachen. In dem Grade, als dieſe ſich findet, ſind zwei Woͤrter verwandt, ſei es nun, daß die Ver— wandtſchaft ihren Grund in der gemeinſamen Abſtam— mung mehrerer Volker habe, oder aber aus dem friedli⸗ chen oder feindlichen Verkehr derſelben hergeleitet werden müßte. So lange die Sprachvergleichung dieſem Grund— ſatze treu bleibt, iſt ſie eben ſo intereſſant, als ihre Un⸗ terſuchungen für den Geſchichtsforſcher den hoͤchſten Werth haben. Sie kann ihn aber verlaſſen und abge ſchmackt und laͤcherlich werden, indem ſie: 1) durch die Gleichheit oder Aehnlichkeit der Laute verlockt, eine Verwandtſchaft unter den dadurch bezeichneten Vorſtellungen vorausſetzt oder erdich— tet, welche entweder mit den allgemeinen Geſetzen menſchlicher Ideenbezeichnung oder mit der beſon— dern Weltanſicht eines Volkes im Widerſpruch ſteht.) 2) oder auf die Verwandtſchaft der bezeichneten Vorſtellungen geſtuͤtzt durch willkuͤhrliche Behand— 4) E. Ferd. Becker das Wort in ſeiner organiſchen Verwandlung. Frank⸗ furt a. M. 1833. S. 5 ff. 5) Aus dieſem Geſichtspunkte ſchon erſcheint die von dem Verfaſſer des Ofner Wörterbuches beliebte Ableitung des rum, slugge (altd. schalk, ſlav. slug) Knecht, von dem lateiniſchen exlugeo (, quod servi semper lugeant“) ebenſo abentheuerlich, als die Vergleichung von graebesk, eilen, mit dem lateiniſchen gravesco und viele andere Etymologien, welche der Altmeiſter Quintilian mit vollem Rechte foe-ı dissima pravorum ingeniorum ludibria nennen würde. 71 lung der Sprachzeichen eine Aehnlichkeit derſelben herauskünſtelt. Hieher gehört z. B. die Ableitung des rumuniſchen Kleäschte, Feuerzange von dem gleichs bedeutenden lateiniſchen forceps durch eine Reis he von Operationen, wobei dem lateiniſchen Wor⸗ te gar der Kopf (for) abgeſchlagen wird, um aus dem getrennten Rumpfe deſto bequemer ein neues Gebilde formen zu konnen,) ferner die Her: leitung des rumuniſchen Ketäne, Soldat, von dem griechiſchen Karas ſtechen, wobei die H. H. in ihrer Wuth alles zu romaniſiren, und, wo das durchaus nicht angehen wollte, wenigſtens über Hellas mit der Siebenhügelſtadt in Verbin— dung zu kommen, nicht einmal bemerken, daß ſie durch die gewagte Operation die Wurzel abge— ſchnitten, und das zu erklaͤrende Wort eigentlich von der Praͤpoſition Kærd ableiten. Etymologien dieſer Art, an denen das Ofner Woͤrterbuch ungemein reich iſt, haben blos den negativen Werth von Warnungstafeln, die man an Scheidewegen aufgeſtellt, um den Wanderer zurecht zu weiſen, und zeigen, wie ſehr der Menſch irre gehen kann, wenn er ſich in das Labyrinth des Sprachgewirres ohne die Fak— kel der Sprachphiloſophie hineinwaget, oder von dem taͤuſchenden Schimmer einer Lieblingshypotheſe geblen— det wird. Die ſo genannten grammatiſchen und etymo— logiſchen Figuren haben, wie dieß die ſcharfſinni— gen Unterſuchungen Grimms, Beckers, Schmitthen— ners) und anderer erwieſen haben, eben ſo gut all— 6) „Kleäschte, Feuerzange a lat, forceps detrita prima sy llaba, inter- jecta I ac p muta (sic?) in c, quod perfamiliare est Valachis. Diction. Budense p. 127. Das nahe engliſche clutch packen, faſſen. Griff, Klaue, wurde verſchmäht, weil es nicht römiſch iſt. 7) Vgl. vorzüglich C. F. Becker Organismus der Sprache. Frankf. a. M 1827. 8. C. TR gemeine Regeln, als es fefte Prineipien für die Bes zeichnung und Verknüpfung der menſchlichen Vorſtellun⸗ gen gibt. Denn die Sprache iſt nicht ein Werk zuͤgello⸗ ſer Willkuͤhr, ſondern ein organiſches Gebilde, nach ih— ren beiden Elementen, dem phonetifchen und logiſchen, in der Beſchaffenheit der menſchlichen Sprachorgane und in dem Weſen und den Geſetzen des Anſchauens und Denkens gegruͤndet. Einen unlaͤugbaren Beſtandtheil des geſammten ru⸗ muniſchen Sprachſchatzes bilden die darin vorhandenen la; teiniſchen und griechiſchen Woͤrter, und der Sprachfor— ſcher befindet ſich durch dieſen Umſtand in einer aͤhnli⸗ chen Lage mit dem Mathematiker, welcher aus gegebe— nen Größen den Werth unbekannter beſtimmen foll. So lange nehmlich das urſpruͤngliche Sprachelement dieſes Volkes nicht aufgefunden iſt, bleibt in der That außer dem ganz unwiſſenſchaftlichen Hin nnd Hertappen in dem Gewirre anderer Sprachen nichts uͤbrig, als daß wir aus der Form, welche griechiſche und lateiniſche Woͤrter in dem Munde desſelben angenommen haben, auf den Urſprung analoger Gebilde zurüͤckſchließen. Has ben wir z. B. die Verſtaͤrkung des Anlautes durch ein vorgeſetztes a aus den Wörtern afum lat. fumigare , apés gr. rig drücken, amyross riechen, beriechen, gr. kuproopz duften u. a. m. erkannt, fo berechtigt uns dieſe etymologiſche Thatſache auch bei dem rum. aléan Groll, viel eher an das ſchwed. leyne, island. leyne, occultatio oder das niederſaͤchſ. Iunen ſauer ſehen und die dahin gehoͤrende Wortreihe, als an das entfernte lat. alienus zu denken, und die Identität des walach. a- stup ſtopfen mit dem griechiſchen Zripw engl. stuff, C. F. Becker das Wort in feiner organiſchen Verwandlung. Frankf. a. M. 1833. 8. Fr. Schmitthenne: deutſche Etymologie. 1 Abtheilung. Darmſtadt 1833. 8. 73 stop, d. stoppen, stuppen, stopfen iſt nach Form und Begriff unbezweifelt. Und wenn nun das in der Sprache des Poͤbels anlautende i in dem rum. iscuole Schule, ebenſo wenig befremdet, als das anlautende & in der franz. Ecole, ſpan. escuela, fo iſt eben da⸗ durch auch die Vergleichung des rum. iscöade Spion mit dem gleichbedeutenden engliſchen scout mittellat. eschuta vollkommen gerechtfertigt. Bei der Vergleichung von Woͤrtern verſchiedener Sprachen dürfen wir ferner, ſobald unſer Zweck iſt, ihre Verwandtſchaft nachzuweiſen, nie das ganze vor; liegende Wort, ſondern immer nur ſeine Wurzel be— trachten. So wie nehmlich in der phyſiſchen Welt der allgemeine Charakter der Pflanzen bei aller Mannigfals tigkeit doch in jeder Art einer beſondern Gattung dem geubten Auge erkennbar iſt: fo nimmt die gleiche Wur⸗ zel verwandter Woͤrter in ſelbſtſtaͤndigen Sprachen zur Bezeichnung der verſchiedenen Modificationen des Grund— begriffes verſchiedene Geſtalten an, unter deren Hülle je— doch uͤberall die gemeinſame Grundlage hervorblickt. Vergleichen wir z. B. das engl. sleep ſchlaf-en, sleep-y ſchlaͤf-rig, sleep-ing ſchlaf-end, fo fällt uns bei aller Ungleichheit der Formen die Aehnlichkeit der Wurzel in beiden Wortreihen in die Augen, und die Endungen y, ing, en, rig, end, erſcheinen ſofort als Beſtandtheile, deren ſich die Sprache, um den Wurzelbegriff als Ver— bum, oder als adjectiviſch erkennbar zu machen, bedient, und die ſie eben deswegen auch vielen andern Wurzeln in gleicher Abſicht beifuget. So lange wir daher bei Vergleichung von Sprachen immer die ganzen Wortge— bilde ins Auge faſſen, ohne ſie in ihre Beſtandtheile zu zerlegen, und die Form von der Materie, die Erſchei— nung vom Weſen zu trennen, kann es nicht fehlen, daß ſich der geſuchte Freund neidiſch verbirgt und lächelnd 74 bemerkt, wie wir einen gleichgekleideten Fremden, als nahen Verwandten des Hauſes umarmen. Schwerlich hat dem Anſehn der Etymologie irgend etwas ſo ſehr geſchadet, als die Verkennung jenes eben fo nahe liegenden als einfachen Principes aller Sprach- vergleichung, und namentlich verdankt eine hoͤchſt bedeu— tende Anzahl der etymologiſchen Schnitzer des Ofner Wörterbuches ganz allein der Mißachtung dieſes Grund— ſatzes ihr Daſein.?) Ableitungen wie die des rum. de- renät zuͤgellos, (lat. defrenatus) vom lat. de; dem rum. réu ſchlimm und dem lat. natus koͤnnen nur als Folge ſolcher grober Vernachlaͤßigung begriffen und ges würdigt werden. Aber ſolches wurde beliebt, damit es ja nicht ſcheine, als ſey das koſtbare f der Wurzel fre- num, wie bei dem unachtſamern Englaͤnder in réin, ſo durch die Sorgloſigkeit eines Rumunen verloren ge— gangen. Es iſt mir in der That ſehr leid faſt bei jedem Schritte meiner etymologiſchen Eroͤrterungen als erklaͤr— ter Gegner der Pfſ. jenes in vielfacher Ruͤckſicht vers dienſtlichen Werkes auftreten zu muͤſſen. Allein theils laͤßt ſich jede Wahrheit durch die Verweiſung auf den gegenuͤberſtehenden Irrthum am beſten anſchaulich mas chen, — und wer mag es mir verargen, wenn ich die Belege desſelben von da entlehne, wo fie üppig wu— chern? — theils ſcheint es mir ſogar Pflicht das Ge— 8) In der That leiden die H. H. Vfſ. dieſes Werkes ſehr an der „grund⸗ „und ſteuerloſen, ſchwächlich und folgewidrig oder folgelos ſich in Buch—⸗ „ſtaben⸗ und Sylbenwürfelei oder Klanglauſcherei gefallenden, und mit „Verzweiflung ſich gleichſam friſtenden und rettenden Ableitungsſeu— che,“ um ihre Krankheit mit den treffenden Worten Adolph Wag⸗ ners in deſſen Ausgabe von Murray zum europ. Sprachenbau B. 1. zu characteriſiren. — . 75 webe von Selbſttaͤuſchungen, aus welchem jene Herren ihrem Volke ein roͤmiſches Gewand zuſammengeflickt haben, ſchonungslos zu zerſtören, da dieſer Wahn, glaube ſie ſtolz gemacht zu haben, und Ideen von alleiniger Legitimaͤt rumuniſcher Herrſchaft und rumu⸗ niſchen Beſitzes in Siebenbürgen ) zu naͤhren ſcheint, welche mit dem hiſtoriſchen Rechte und mit der Ein— tracht von Daciens Bewohnern gleich unvereinbar ſind. ) Ich bin kein Feind dieſes Volkes, ſondern des Irrthums, womit ihm einige ſeiner Leiter zu ſchmeicheln ſuchen, und dieſen will ich raſtlos be— kaͤmpfen, obwohl ich recht gut einſehe, daß es den Ders faſſern des Ofner Woͤrterbuches gar nicht an logiſcher Conſequenz fehlt, und es beifaͤllig loben muß, daß ſie ſelbſt die bedenklichſten Folgerungen aus ihrem erbettelten Principe mit maͤnnlicher Entſchloſſenheit machen. Sie wollen durchaus lateiniſch reden: ſo mußten ſie denn um jeden Preis nicht nur die Latinitaͤt ihrer Sprachwurzeln, ſondern, weil grade in dieſen die Individualitaͤt der la— teiniſchen Sprache liegt, jeder Form derſelben nachweiſen. Und nachdem es ihnen ſelbſt auf dieſem muͤhſamen Wege und durch Einſchmuggelung früherer nicht bekannter latei— niſcher Wörter an die Stelle laͤngſt eingebürgerter Sprach— formen nicht gelungen, ſich eine ausreichende Majoritaͤt für ihr Poſtulat zu verſchaffen, ſo blieb in der That eine 9) Vgl. beſonders das in jeder Hinſicht merkwürdige Geſpräch über den Urſprung der rumuniſchen Sprache vor dem Ofner Wörterbuche. Alle Sophiſtik und Paralogiſtik desſelben bezweckt den Beweis feines Lieb- lingsſatzes: Lingua (sc. Daco-Romana) est vetus illa Romana, quae ante correctionem linguae Italicae cum eadem una eadem- que fuit etc. . 10) Trajanus infinitam multitudinem Romanorum ex toto imperio Ro- mano h. e. ex universa Italia (sic??) in Daciam deduxit, ut omnium urbium pagorumque non solum incolae ‚ verum etiam do- mini essent. Diction. Budensis dial, de origine linguae rumunae p. 63. 76 — — Rettung des gefaͤhrlich darniederliegenden Römerthums bloß durch das draſtiſche Mittel übrig, wodurch fie ihren Ahnen zwei Sprachen, die rumuniſche für den Alltagsge— brauch und die claſſiſch — lateiniſche fuͤr Schriftſtellerge⸗ pränge aufbuͤrdeten, und den König Latinus fir den Vater der letzten,) ſich ſelbſt für Träger der erſtern viel altern erklaͤrten. Und dahin mußte es kommen, wenn Friede und Freundſchaft fein ſollte unter den ſtrei— tenden Partheien: im Saturniſchen Zeitalter fühnen fie ſich aus und reichen einander die Haͤnde und rufen: So wahr Latinus gelebt und Sprachen verbeſſert und Nor, terbücher geſchrieben, fo wahr iſt auch die rumuniſche Sprache lateiniſch! Bei dem Aufſuchen der Wurzeln rumuniſcher Woͤrter, welche dem Geſagten zufolge das erſte Geſchaͤft des rationellen Etymologen ſein muß, bietet ſich eine doppelte Erſcheinung dar: 1) Die Wurzel-) einer Reihe rumuniſcher Wort, bildungen findet ſich als ſelbſtſtaͤndiges Wort in der Sprache. So z. B. rum. murg ſchwarzgrau, engl. merk, ſchott. mirk, mark dunkel. murjitt, amurjitt Abenddaͤmmerung. murjeäschte es daͤmmert. tirg Markt, ſchwed. torg. 11) Geſtützt auf eine aus allen brauchbaren Ausgaben längſt ausgemerzte Stelle des Eutropius: Latino, qui Latinam Linguam correxit und auf Cicero's greulich mißverſtandenen Ausſpruch: aliud esse latine, aliud grammatice loqui. Vgl. hierüber Epicrisis etc. p. 55 ff. 12) Ich nehme hier den Begriff Wurzel in der weitern Bedeutung, weil dieſe, vielleicht philoſophiſch minder genau, für die bloße Neben: einanderſtellung von verwandten Sprachen ſo lange hinreicht, als nicht die gemeinſame Quelle derſelben geſucht wird. 4 77 rum. tirguesk marften. tirguirre der Handel. 2) Die Wurzel einer Reihe rumuniſcher Woͤrter fehlt in der Sprache als ſelbſtſtaͤndiges Wort, und muß daher analytiſch aus den vorhandenen abgeleiteten und zuſammengeſetzten Woͤrtern erkannt werden. So finden wir z. B. von dem rumuniſchen thik- keloss armſelig, elend, durch Scheidung der Ad— jectivendung oss die Wurzel in dem ſchott. thig, ſchwed. tigga betteln, ſchott. thiggar, ſchwed. tig- gare Bettler und die Grundbedeutung bettelhaft. Auf ähnliche Art rechtfertigt ſich die Vergleichung des rum. prig-uone, pritsche, pritschine Streit mit dem ſchott. prig ſtreiten, das rum. prokop- sesk Fortſchritte machen, mit dem gleichbedeutens den griech. Ilgoxsrrw u. ſ. w. In beiderlei Beziehung hat die rum. Sprache als Mengſprache, wofuͤr wir fie auch abgeſehen von hiſtori— ſchen Gründen ſchon deswegen erklaͤren muͤſſen, weil ſich offenbar eine bedeutende Anzahl griechiſcher und lateini⸗ ſcher Wörter in ihr befindet, *) Eigenthuͤmlichkeiten, deren genaue Beachtung für die Zergliederung derſelben ebenſo ſchlechterdings nothwendig genannt werden muß. Hieher rechne ich zuerſt die intereſſante Erſchei— nung, daß die Reihe von Wortbildungen, welche ſich auf eine gemeinfchaftliche Vorſtellung beziehen, ſich » Und zwar ift die Menge griechiſcher Wörter bedeutend größer, als die der lateiniſchen; eine bisher ganz überſehene Eigenheit dieſer Sprache, welche für die Erforſchung der Urgeſchichte des rum. Volkes von der höchſten Wichtigkeit ſein dürfte. Wir denken hiebei durchaus nicht an die unter Griechen lebenden Kuzzowlachen, ſondern vorzugsweiſe an diejenigen, welche in Siebenbürgen wohnen. 1 78 nicht, wie in unabhaͤngigen Sprachen, aus einer Wurzel entwickelt, ſondern oft durch fremdartige Gebilde unterbrochen wird. Vergleichen wir z. B. deutſch engl. rum. ſchneiden tally taĩu Schneider tailor sebou v. ungr. szabni ſchneiden oder Kroi- toriu von kroesk zu⸗ ſchneiden. Regen rain ploäe (pluvia) Regenbogen rainbow curcubeü Regenſchirm umbrella kont rinnen run curg Rinne groove scock fo fälle dieſer Unterſchied der engl. und rum. Sprache von der deutſchen ſogleich in die Augen, und wir be— greifen es, warum in dem rumuniſchen Sprachidiome manches Wort einſam und ohne Verwandte da ſteht, und uns wie ein verirrter Fremder anſpricht, ihm Hei— math und Stammesgenoſſen zu zeigen. Zugleich aber wird durch dieſe Erſcheinung uns auch der Reichthum deſſelben an Wurzeln, bei aller Begriffsarmuth minder befremdlich, indem es einleuchtet, daß viele einge— ſchobne Wörter auf Wurzeln zurückgeführt werden muͤſ— ſen, welche außer dem Gehiete der rumuniſchen Sprache liegen. Dieſer Reichthum an Wurzeln wird aber ferner noch dadurch vermehrt, daß nicht ſelten ein und daſſelbe Wort in Bedeutungen erſcheint, welche nach den Geſet— zen menſchlicher Ideenverbindungen nur auf eine hoͤchſt gezwungene Weiſe aus einer und derſelben Grundbedeu— tung entwickelt werden koͤnnen und eben deswegen auf verſchiedene Wurzel zuruͤckweiſen. .“) 4 —— 14) Vgl. die beigefügten Sprachproben. 79 Erſcheinungen dieſer Art, die ſich unter andern in der engliſchen Sprache ſo haͤufig wiederholen, gehören recht eigentlich zu dem buntſcheckigen Weſen einer Mengſpra⸗ che und finden ihre natürliche Erklaͤrung in der Zuſam— menſetzung derſelben aus Woͤrtern verſchiedener Idio— me, welche bei ungleicher Bedeutung toniſch gleich oder nahe verwandt ſind, und daher in ihrer neuen Heimath leicht in ein einziges Wort zuſammenfließen. So bedeu⸗ tet das engl. sound die Meerenge (Sund) und den Ton; iſt alſo offenbar mit sonus Ton durch fehlerhafte Auffaſſung des Wortes im Munde des Fremden ver— ſchmolzen. Aus demſelben Grunde gehort das rum. Wort url in der Bedeutung heulen zu dem onomatopoeti— ſchen lateiniſchen ululare, franz. hurler, ital. urlare, während es in ſeiner zweiten Bedeutung: niederreißen mit dem engl. hurl werfen, verglichen werden muß, fo wie in dem rum. waal Welle, Ungemach, Verdruß, auſſer dem frieſ. walla deutſch Welle, noch das engl. wail die Klage anklinget. Ebenſo natürlich in dem Weſen und Entftehen ei, ner Mengſprache begruͤndet iſt ferner auch die Eigen⸗ thuͤmlichkeit des rumuniſchen Idioms, daß ein Fremd» wort in demſelben nur ſelten mit allen Bedeutungen ſei— ner Heimath erſcheint; ſondern ſich auf die Bezeichnung der Vorſtellung, fir die es zunaͤchſt geborgt ward, be— ſchraͤnkt. So behält z. B. das rumuniſche kämete Zin⸗ fen von dem griech. zuuzron blos die abgeleitete Bedeu; tung: mühfam erworbenes Geld, während die übrigen: Mühe, Anſtrengung ſich nicht finden, und das rum. isk die Spitze, Hervorragung bleibt bei dieſer erſten edeutung des engl. pitch ſtehen, ohne die tropiſchen mitaufzunehmen. An dieſe Bemerkung, welche die Sprachforſcher warnt, ſich in der Vergleichung rumuniſcher Wörter mit 80 denen anderer Sprachen bei augenſcheinlicher Aehnlich⸗ keit der toniſchen Zeichen durch die theilweiſe Verſchie⸗ denheit der bezeichneten Vorſtellungen hindern zu laſſen, reiht ſich endlich von ſelbſt der fir den philoſophiſchen Geſchichtsſchreiber dieſes Volkes ſo ungemein wichtige Fall, wo ein fremdes Wort feine Bedeutungen nach. eis ner Ideenaſſociation entwickelt, welche von der Vorſtel— lungsweiſe des Volkes, aus deſſen Sprache daſſelbe ents lehnt wurde, bedeutend abweichet. Namentlich findet dieſes in der rumuniſchen Sprache nicht nur bei griechi— ſchen, ſondern ſelbſt bei vielen offenbar lateiniſchen Wör⸗ tern ſtatt, und grade in dieſer Abweichung von roͤmiſcher Denkweiſe glaubte ich einen nicht unbedeutenden Grund gegen das Römerthum dieſes Volkes zu finden. Wenn z. B. das rum. aflu (metathetiſch aus dem griech. N gebildet) aus der urfprünglichen Bedeutung: finden, noch als reflexives Zeitwort die Bedeutung: befinden entwik— kelt, ſo iſt aus der griechiſchen Sprache offenbar nur das Begriffszeichen mit ſeinem urſprünglichen Sinne entlehnt, wahrend die Begriffsentwickelung (man vgl. z. B. das franz. se trouver ſich finden, befinden) ganz germaniſch genannt werden muß. Aus dieſem Geſagten ergibt ſich als fernere Regel fir den rumuniſchen Sprachforſcher, daß er, um ein rumuniſches Wort vollſtaͤndig zu erklaͤren, nicht ſelten das Gebiet der Sprache, aus welcher dasſelbe genom— men worden, verlaffen und von dem feiner erſten Bedeu— tung nach ihm gleichen Worte einer andern Sprache und von ihrer Ideenaſſociation ausgehen muͤſſe. Es waͤre z. B. allerdings lächerlich den lateiniſchen Urſprung des rumuniſchen eum franz. comme beſtreiten zu wollen, aber ganz begreiflich wird uns das Wort erſt dadurch, daß wir es, ſo wie das franz. comme, ital. come als das aus der Fremde entlehnte Zeichen des deutſchen: wie engl. how anſehen und von dieſer, nicht aber vom lat. 81 cum ausgehen. Denn dieſes letztere iſt urſpruͤnglich Zeit. partikel, und die Reihe ſeiner Bedeutungen erſcheint daher in der Sprache da geſchloſſen, wo die bildliche Anwendung ihres urſprünglichen Sinnes nicht mehr natürlich und ungezwungen iſt. Dagegen iſt der Grund— begriff des rum. cum, franz. comme und des identis ſchen deutſchen wie, engl. how der der Gleichheit oder Aehnlichkeit, und die Bedeutungen des lat. und rum. cum ſtimmen daher nur in fo weit überein, als es gleichgültig iſt, ob ich etwas als gleichzeitig oder als gleich und ahnlich betrachte, waͤhrend fie überall ausein— ander gehen, wo von den beiden Grundbegriffen der Gleichzeitigkeit oder der Gleichheit nur einer angewandt werden kann. Das lat. scribe cum placet bedeutet die Gleichzeitigkeit (ſchreibe, wenn es gefaͤllt) das rum. serie cum plaache die Gleichheit des Schreibens mit dem Belieben des Schreibenden (ſchreibe, wie es ge— faͤlt) und wenn der Rumune, ſo wie der Franzoſe und Deutſche, eliptiſch die Unmoͤglichkeit eines gleich ſchoͤnen Gegenſtandes bezeichnend ſagen kann: cum i de | frumoss, comme il est beau, wie ſchoͤn iſt er! fo zeigt das Geſagte hinlaͤnglich, warum die woͤrtliche Ue— berſetzung dieſes Ausdruckes im lateiniſchen cum est formosus einen ganz verſchiedenen Sinn haben muß. | Iſt dieſe Anſicht, wie ich nicht zweifle, richtig, und iſt es überhaupt wahr, daß die Gleichheit der Ideen aſſociation in der Entwickelung der verſchiedenen Bedeu: tungen eines Wortes ein untruͤgliches Kennzeichen der innern Verwandtſchaft von Voͤlkern und Sprachen ges nannt werden muß, ſo folgt daraus in Beziehung auf rumuniſche Wortforſchung endlich noch der Grundſatz, | daß unter den Wörtern verſchiedener Sprachen, welche einem rumuniſchen Worte toniſch gleich nahe verwandt, dasjenige ihm am naͤchſten liegt, welches in feinem Ges brauche am meiſten damit uͤbereinſtimmt. So liegen 6 82 J. B. dem rum. chert das lat. certare und das deut⸗ ſche ſchelten, angelſ. scylden, engl. scold, lothring. chelté aus dem Grunde toniſch gleich nah, weil 1 und r in dieſer Sprache oft wechſeln, wie z. B. in cher, coelum u. a. m. Da aber das rum. chert activ und refleriv gebraucht wird, waͤhrend das lat. certare ein neutrum iſt, ſo iſt dieſes offenbar mit dem rum. Wort in einem entferntern Grade verwandt als jene. Dieſe Grundſaͤtze ſind es, welche mich bei der Analyſe rumuniſcher Wörter und ihrer Vergleichung mit germaniſchen Formen vorzüglich geleitet haben und deren ausführliche Darſtellung ich fir nöthig erachtete, um dem Vorwurfe etymologiſcher Traͤumereien oder gar fixer Ideen auszuweichen. Ich ſchließe fie mit der Bes merkung, daß ich die Verwandtſchaft rumuniſcher und germaniſcher Woͤrter ſchlechterdings nur als Thatſache betrachte, ohne daraus zuvoͤrderſt eine andere Folgerung zu machen, als daß dieſes Volk entweder ſelbſt dem ger— maniſchen Stamme angehöͤre, oder doch wenigſtens eben ſo gewiß lange Zeit mit germaniſchen Staͤmmen in Be— rührung geſtanden, als es mit Hellenen und Römern verkehrt hat. Welche von beiden Annahmen die richtige ſei, kann nur durch tiefer gehende geſchichtliche Unter— ſuchungen und durch umſichtige Zergliederung des Baues der Sprache ausgemittelt werden — das aber ſcheue ich mich nicht zu behaupten, daß ich eine Urgeſchichte der Rumunen, aus ihrer Sprache gefchöpft, nicht für uns moͤglich halte. Als Proben der Anwendung der eroͤrterten Grund— füge füge ich eine Reihe rumuniſcher Etymologien bei, zum Theil der bequemern Ueberſicht wegen ſyſtematiſch geordnet. Beſonders glaubte ich eine bedeutende Anzahl rumuniſcher Woͤrter, in denen Lautveraͤnderungen ſtatt finden, nach den einzelnen Arten derſelben zuſammen⸗ 83 ſtellen zu muͤſſen und habe dabei das vorzüglich von Ber; ker entwickelte Syſtem zum Grunde gelegt. Daß ich nicht alle ähnliche Wörter fremder Sprachen angeführt habe, wird der billige Leſer gerne entſchuldigen. Denn theils war es fir meinen nächiten Zweck die Verwandt— ſchaft germaniſcher und rumuniſcher Woͤrter darzuthun, hinreichend, ſo viele Vergleichungen anzuführen, als zur Beſtaͤtigung derſelben genügend erſcheinen, theils aber nöthigten mich in einigen Fallen, wo ich gerne mehr geben wollte, meine beſchraͤnkten lingviſtiſchen Kennt— niſſe und die unzureichenden Hilfsmittel meiner Biblio— thek zur Berufung auf das bekannte: ad impossibilia nemo obligatur. Die Orthographie der rumuniſchen Sprache iſt in der neuern Zeit beſonders durch die Vertauſchung der Cyrilliſchen mit lateiniſchen Buchſtaben ſchwankend. An der Spitze der Neuerer ſteht Petrus Major, deſſen orthographiſches Syſtem dem Ofner Worterbuche vor— gedruckt und in demſelben befolgt iſt. Von der ſonder— baren Grille befangen, durch die ſlaviſchen Charaktere werde die Latinitaͤt der rumuniſchen Sprachen verhüllt und verdunkelt, verwarfen ſie ihren Gebrauch und ſchaf— fen ſich eine Orthographie, wodurch ihr Wörterbuch den eigenen Sprachgenoſſen faſt ungenießbar geworden iſt. Aus Ruͤckſicht der allgemeinen Verſtaͤndlichkeit ſchreibe ich die rumuniſchen Woͤrter mit lat. Buchſtaben nach den Geſetzen ihrer Ausſprache im Deutſchen. Bloß in den Fallen, wo dieſe Zeichen nicht ausreichen, oder wie z. B. tsch am Anfang eines Wortes, das Auge, wenn ich ſo ſagen darf, beleidigen, habe ich von franz. und engl. Leſeregeln und willkuͤhrlichen Zeichen Gebrauch gemacht. 6 * 84 — — Die folgende Tabelle enthaͤlt die Anweiſung zur richtigen Ausſprache der aufgefuͤhrten Woͤrter nach der von mir gewaͤhlten Orthographie: en wie ein langes breites a mit kurz vorlautendem e, immer zugleich betont. a in Accentſylben immer lang, außer vor Doppelcons ſonanten. aw vor e wie aw im Engl. = lang a. Ei, iu, ie, io lang; beide Vocale ſchnell verbunden. e wenn es tonlos iſt, wie das franz. e muet. uo fließt in einen Miſchton zuſammen. ch wie engl. und fpan. ch = deutſch tſch. J wie das franz. J. ge am Ende, wie im franz. ſonſt, ſo wie gh, wie das g in geben. gi mit folgendem Vocale wie dſch, aber gelinder. h ſtark gehaucht, hh noch ſtaͤrker. s am Anfange der Woͤrter gewohnlich ſcharf. „ = das j, wie auch im engl. v. 2 nicht ſcharf. Der Accent in Zeitwoͤrtern auf esk, ez, iz und überall ſonſt, wo feine Stelle nicht bezeichnet iſt, auf der letzten; in Woͤrtern, die mit e ſchließen, auf der vorletzten Sylbe. 85 I. Organiſche Lautbildungen. 1. Verſtärkung des Anlautes. . Durch die Spiranten h, 3) » 8, W. ſchwed. aer, altd. aren Ernte, r. ware Sommer. frieſ. aesna, esna, r. hasne Nutzen, Lohn. goth. at, alemann. etthe, r. het ſehr, ſchott. haith als Ausdruck leichter Betheurung. lat. barrire, frieſ. baria, altd. baren, r. sber ſchreien. r. bich und sbich Peitſche. engl. big voll, ital. bica Garbenhaufen, altd. byg Holz⸗ haufen, ſchott. byke Schwarm, r. sbegg, Men⸗ ge, Fuͤlle. ſpan. cambiar, r. skimb wechſeln. engl. leave, d. klaffen, ſpalten, niederſ. klave, r. skleäfe geſpaltenes Stuck, Scheit. l. curtus, gr. Kur, r. skurt kurz. ungr. darab, r. drobb und sdrobb Klumpen. engl. drop, r. stropp Tropfen. engl. earn, altd. arnen ernten, erwerben, engl. earning erwerbend, r. härnik erwerbſam, betriebſam, tuͤchtig. lat. ecce, ital. ecco, r. yake ſiehe. gr. EvreAyr , mittelgr. Eurevyr, r. yéftin wohlfeil. gr. EpyoAaßor, r. hergoläge munter, thaͤtig. engl. feud, d. Fehde, it. sfido, r. sfade Streit, Wort— wechſel. 1) Ich ſchreibe ſtatt deſſen y und bitte dieſes wie J in deutſchen Wörtern zu leſen. S. die vorangeſchickte Tabelle. 86 engl. fret graben, eingraben, niederſ. frit, r. sfredel Bohrer. ſchwed. glop, r. sglobiu Toölpel. gr. immy rum. yape Stute. r. klise und sklise Speck. r. odine und hodine Raſt, Ruhe. engl. ooze, rum. yaaz Kanal, Abfluß. gr. Jobe, r. uréz, huréz Reis. lat. temperare, r. stémper mäßigen. lat. transmuto, r. stramutt vertauſchen, veraͤndern. engl. throb, r. sdrobesk ſtoßen. gr. rok (Stamm r) r. strüggur Weintraube. lat. turdus, r. sturz Droſſel. lat. ululare, mittellat. holulare, r. holelesk, olelesk heulen. Dem s nachgeſetzt erſcheint w und das verwandte f in Formen, wie: lat. sanctus, it. santo, r. swint heilig. r. siesk und sfiesk ſcheu machen. b. Durch Vocale. gr. BEvöos, ital. fondo, r. afünd Tiefe. angelfächf. efen, even, engl. even, r. aöve wahrhaftig. franz. ici, rum. aiche hier. lat. lenio, r. alin lindern. gr. Aayyao fliehen, ſchwed. lunk Lauf, r. alung laufen machen. gr. uesd e, lat. masticare, r. ameästek kauen, uns ter einander miſchen. r. myross und amyröss riechen. gr. ve, r. apes druͤcken. engl. prig naſeweis, r. aprigg lebhaft, munter. lat. prope, r. aprüope nahe. 5 gr. pris, puri, r. arippe, areäpe Flügel. 87 gr. suche, engl. stuff, stop, r. astüpp ſtopfen. lat. tot, r. atéta ſoviel. lat. tune, r. atünch dann. altd. masse, r. image Gemeindeweide. ſchott. ferly Ausdruck der Verachtung, r. oferlesk fpots ten, ſchimpfen. altd. glien glaͤnzen, ſehen, ſchott. glint gucken, r. oglin- de Spiegel. gr. K hölzerner Schopfen, r. oköll. Stall. engl. lack Mangel, ſchwed. olag Gebrechen, r. olögg lahm, gebrechlich. | ſchwed. maett Schneehaufen, r. ométt Schnee, in die Reihe des celt. mwyd, Feuchtigkeit, franz. moite naß, engl. mud Schlamm gehörig. altd. pyt traurig, pyten, r. obidd betruben. e. Durch Erweiterung des Anlautes zu einer eignen Sylbe. lat. altus, r. nalt, inält hoch. r. hrubbe und hurübbe Huͤtte. d. Schnur, r. schinörr. d. Schraube, holl. schroef, r. schiroff. d. Schrot, r. schirétt. engl. shrewd, r. schireäp muthwillig, wild. it. smalto, r. jumälz Schmalte. holl. truche Sarg, fihott. throch - stane Grabſtein, r. durch die den romaniſchen Sprachen eigne Erwei— terung des anlautenden s zu einer eignen Sylbe astrukk begraben, einfargen. ), — — 1) Beiſpiele von Reduplication mögen zweifelhaft ſcheinen. Bobotäse Drei⸗ köͤnigstag, führt wohl auf Gm, r. botesesk taufen; ob aber Kokuone Mädchen, reduplicative Form von 97%, altd, chuene Frau, wollen wir nicht entſcheiden. Das männliche Koköun hat auch dem Gebrauche nach feinen nächſten Verwandten in dem engl. cockney Stadtkind. 88 — — d. Durch einen liquiden Conſonanten. Das häufige Vorkommen griechiſcher Wörter in der rumuniſchen Sprache, und die darauf geſtützte Ver— muthung eines langen Verkehrs dieſes Volkes mit den Griechen ſpricht allerdings für die im Helleniſchen nicht ſeltene Verſtärkung des anlautenden Vocales durch m. Sicher find als Beleg mittelgr. Ayapos, r. magär Eſel und gr. Euvaxos, kuzzovlach. monöchu Caſtrat; gr. Ss; r. mille Erbarmen und die Doppelform miel und mnel, gr. , Lamm. Auch das befremdende imperät Gau— men bildete ſich aus palatum durch die Erweiterung des dem Conſönanten vorgeſchlagnen m zur eignen Syl— be. Ob aber moschie Grundſtück zu dem gleichbedeutenden altd. esche, in Nivernois osche, mittell. oschia, oder zu dem franz. mois, mas, engl. mease, messua- ge Haus mit Acker, gehoͤre, bleibt unentſchieden. 2. 1 Verſtärkung des Auslautes. a. Durch angeſetzte Conſonanten. d. Gruͤnſpan, r. krispant. engl. howl Geheul, r. holke Laͤrm. r. jeruesk und jerkuesk ſchuͤren. gr. »Auy, r. kleänghe Zweig, At. lat. Iora, r. Ijuriu, liurke d. Lauer, Lurke. r. modd, moddru, lat. modus, Art, Weiſe. engl. prop, r. proptesk ftügen. engl. rub, r. rebd dulden. gr. ue, engl. scorn, frieſ. skern, Er. skerne Koth. r. schketulle und schketulke Schachtel, scatula. alfgal. spara, engl. spear Schwert, Speer, r. speär- ke, ſiebenb. ſaͤchſ. sperki Degen. gr. PAyvo plaudern, r. fleänke Plaudertaſche. 89 — — b. Durch Vorſchlag von J, m, n, f, », b. l. October, r. Octömbrie , neben Octovrie. gr. vaßßeroy, r. simbete Sonnabend. d. Zebra, r. Zimbru. l. fuligo, r. funingene Ruß. gr. Azzew laͤrmen, Xu laͤrmend, r. langre Lärm. I. ligula, lingula, r. lingure Löffel. gr. e, r. munke Mühe. gr. rie, dan. brinda, r. aprind anzünden. altd. reda, r. rind Reihe. gr. ro, roi, r. pofte Verlangen. I. rata (se. pars) r. räfte Antheil, Gebühr. ſchwed. rae naß, gr. paww, r. revnesk naß machen. engl. ost, r. obschte Heer. 3. Lautwechſel. a; Wechſel der Vocale. Bedarf wegen ſeiner Gewöhn⸗ lichkeit keiner Belege. b; Wechſel der Conſoncknten. a; der Spiranten. langnedoc. barja, r. berfesk Mährchen erzählen. l. herba, fpan. hierba, r. yärbe Gras. franz. vite, r. yutte ſchnell. Hieher gehoͤrt vielleicht auch ſpan. soltero (von solita- rius) r. holteäriu, holteiu Hageſtolz. Vgl. gr. vs und aus Sau, Lrrck und septem, oͤrsg und super u. a. m. Becker das Wort S. 74 f. bz der liquiden 1, m, n, r, unter einander. l. arcanum, r. alkäme Geheimniß. I. armarium, r. almäriu Schrank. mittelgr. BzrıAıy, r. besseärike Kirche. fpan. bocadillo, r. buketurre Biſſen. 90 l. colostra, r. koreäste I. Corona, r. kununne neben curunne Krone. l. culus, r. kurr Hintere. gr. SauaAo, r. domolesk, dumeresk bändigen. gr. s, ſchwed. hinna, r. heine Kleid. gr. eres, mittelgr. u. neugr. sure, r. yeftin wohlfeil. J. fenestra, r. fereäste Fenſter. l. filum, r. firr Faden. J. formica, r. furnikke Ameiſe. engl. gin, ſchott. kinch, r. ghilz Schlinge. gr. yazyagıo, r. ghelghesk, ghelgheresk gurgeln. d. Keil z. B. Flachs, Hanf u. ſ. w. r. und ſaͤchſ. Keier. d. Kolkhahn, r. korkän Indianer. l. malva, r. nälve Malve. Frieſ. manna heurathen, manda, r. nunte Hochzeit. gr. 4e, l. mel, kuzzovlach. mniari, r. meäre Honig. gr. , I. malum, r. mer Apfel. ſchott. muckle hoch, r. méghure Gebirge. Oder iſt's das gr. 46 dgog hoher Berg. gr. Al, l. mora, r. muore Mühle. r. nefräme und mehräme Tüch. gr. vwros, r. mutte Rücken. l. nebulo, r. nebunn Schuft. > I. palus, niederf. pahl, r. pare Pfahl. gr. xc, r. peturre Blatt. l. populus, r. poporr Volk. I. pulex, r. püreche Floh. l. sal, r. sare Salz. f d. Schopfen, Schoppen, r. schoppru. l. secale, r. sekare Roggen. I. sentio, r. simzesk fühlen. l. serenus, r. seninn heiter. gr. oruäs, I. scala, r. skare Leiter. engl. swale abbrühen, niederſ. swelen ſchmauchen, ohne Flamme brennen, r. sware Dampf. engl. yield, r. yert vergeben. 91 — — cz der liquiden Conſananten mit ſtummen. Sicher ſind Faͤlle, wie gr. nendgziov, engl. mesaraic, r. besser&i Gekröſe. [. medulla, r. meduhhe Mark. r. pimnize und pivnize Keller. l. pugnus, r. pumnu Fauſt ob auch gr. wirog, r. pisme Haß u. a. dz Wechſel der ſtummen Conſonanten. &. Der gleichnamigen unter einander. l. aqua, goth. ahwa, r. ape Waſſer. ſchwed. begare, engl. beaker, r. pehär Becher. engl. bad, r. bet elend, arm. altd. bilid, pild, r. pilde Beiſpiel. engl. blast Windſtoß, Brauſen, bluster brauſen, to— ben, r. flustür Wind erregen. gr. PAyxdouer ſchreien, r. bleheesk belfern. engl. bolt, r. bold Bolzen, Stachel, boldesk ſtacheln. engl. bung, niederſ. bunge, r. punghe Beutel. l. carta, charta, r. herthie Papier. gr. XA, r. herak Pfahl. gr. XA, I. hiaseo, r. kask öffnen. | gr. Mo grüner Raſen, r. glie ausgeſchnittner Raſen. engl. club zahlen, gluobe Geldſtrafe. l. corbis, r. korfe Korb. goth. daddjan, ſchwed. daeggia fäugen, r. daike Saͤugamme. altgal. drago Fee, Nymphe, ſpan. drasgo Kobold, r. drak , kuzzovl. trak Teufel. l. faba, r. bobb Bohne. isl. fagur, goth. fageds Freude, r. bukkur freuen. gr. Od) Ng, r. pulle männliche Ruthe. gr. Ode, r. peschkulle lederner Sack. engl. file, altd. fille, r. pille Feile. 92 engl. flask, niederſ. flaske, r. ploske Flaſche, plo- skuone Heuſchober, auch d. Heuflaſche genannt. engl. flitter, flinter, ſchott. flinters, d. flinder, r. fleändure Fetzen, Lumpen. 5 altd. frosk, mittell. bruscus, r. bruoske Froſch. ital. focaccia, r. pogache Aſchenkuchen. goth. groba, r. gruope Grube, frieſ. grope, nieberf. gruppe, engl. groove, angelf. groepe. gr. xn Erdfihlund, in Franche comte goure Ab⸗ grund, r. gaure Loch, Höhle. gr. Alo, u,, engl. gasp, r. gaeffesk keuchen. engl. kittle, niederſ. kiddeln, r. ghiddelesk kitzeln. gr. Aryyas, NS Thal, r. Iunke Aue. l. lingua, r. limbe Zunge. gr. xd alles feſt oder ſteif geworden, r. pokosch fteif. ſchwed. paena Geld prägen, engl. penny, rum. ban Geld. fpan. parque, engl. park, r. berk Gebüſch, Waͤldchen. gr. Te Ungeheuer, auch wie das Adj. Teig von Schlangen gebraucht, r. belaur Schlange. niederſ. pietsche, mittelgr. Birze, Pierz, r. bich Peitſche. . gr. midog, mittelgr. Or, Brig engl. fat, ital. botte, r. butte Faß. ö gr. de, peyxw, r. rinkez wiehern, altd. ruensken. gr. büros Schmutz, r. ruffe ſchmutzige Waͤſche. d. Storch, engl. stork,, r. sterk. ſchott. strapan, strappin, r. sdraven ruͤſtig, ſtattlich. celt. tal, frief. til., r. dal Erhöhung, Hügel. engl. tap, niederſ. tappe, r. dopp Stopfen. goth. tharuh, r. dare darum. engl. vault, ital. volta, r. bolte Gewölbe. l. vesica, r. besikke Blaſe. 93 — — . Der ungleichnamigen unter einander. l. bisaccium, mittelgr. ανννν, M, r. dessage Querſack. gr. G νỹj, mittelgr. GN, r. blestem flus chen. d. Blech, r. pleff. engl. boisterous laͤrmend, r. boskorodesk plappern. l. bucephalus, r. düchipal. l. coxa, r. kuopse. engl. dast Sauerteig, r. dospesk Teig einſaͤuren, gaͤh⸗ ren. gr. dg, r. ghiävul Teufel. l. directus, rectus, r. derept gerade, recht. l. doctor, r. döftor Arzt. goth. dultsch Feſt, r. bulch Dult, Jahrmart. S. A⸗ del 7 Dult. gr. ddrzıns ſchattig, engl. dusky dunkel, r. döstine Schattenſeite. l. expecto r. astept warten. gr. &, r. öftike Hektik. l. factum, r. fäpte That. gr. Oceue Planke, Balken, ſpan. halca, r. halca Splitter, Stuͤck, engl. hulk Maſſe. l. ſanum, r. han Kapelle. engl. farset, r. parsek Schrank. franz. guarde, goth. wardo, engl. ward, r. warde ache. l. hepar (Stamm hepat), fpan. higado, r. fikat Le⸗ ber. engl. husk, r. huospe Hülfe. l. interrogo, r. entrebb fragen. gr. KHDagis perſiſcher Turban, r. kiwere hohe Müße. l. Iaboro, roman. lIuvear, r. lukkru arbeiten. l. lac (St. lact), r. lapte Milch. l. Iucta, r. lupte Kampf. 9 l. merx, r. märfe Waare. gr. h ,, wmxös, r. mikk, diminut. mitizell flein. r. möghile und movile Hügel, fihott. muckle hoch. gr. eO, I. nebula, r. negure Nebel. gr. wE (St. war) , l. nox (St. noct) r. nuopte Nacht. r. pelank und pelant neben pelan Planke. l. pectus, r. pept Bruſt. gr. reır2Ay, r. pekäle verſchmitzter Menſch. engl. scare, r. spar erſchrecken. engl. scant fparen, scanty, r. skumpu karg, geizig. ſchott. serimp eng machen, r. strimt, ital. strinto eng. engl. skep, r. stupp Bienenkorb. ſchwed. skrika, engl. screak, altd. schrecken, r. strigg ſchreien. gr. HE s, r. smerd, smerk abſcheulich. I. sputo, r. skuip, skupiu ſpucken. l. squama, r. skame Schuppe. gr. ruros, r. kyp Bild. 7. uebergang von Kehl: und Zungenlauten in Ziſchläute. gr. 2106, r. hagiu heilig. mitteigr. Gd, r. balte, ſpan. balsa Pfuͤtze, niederſ. balge Sumpfgegend. l. brachium, franz. bras, fpan. brazo, r. braze Arm. altd. bruch, brass, r. brusch Scholle. l. canna, cymba, d. Kahn, r. chinn. So lautet Kanal engl. channel. l. deus, gr. Geis, dor. vos, r. séu in dumneséu Herr Gott. l. dico, angelſ. syggan, r. sick ſagen. 1. dies, fpan. die, r. sie, siöa Tage. altd. fart, d. faerd Werk, r. sfersesk fertigen. d. Gallimathias, engl. gallimatia (ſpr. gallimeeschae) r. golomoch; golomoache. l. gelu, r. gier Froſt. 95 d. Gerte, engl. yard, r. juorde. goth. gudja, moenPpuregsg ra Azs, r. gotch Kirchen⸗ vorſteher, im mittelgr. mgesBuregss. gr. „gos, r. giurr Kreis. angelſ. hiord, altd. cort, churt, r. churde Herde. l. jugum, r. jugg Joch. l. iuro, r. jorr ſchwoͤren. gr. zzuu@ hitziges Fieber, r. chumme Peſt. gr. #89&0y, engl. cherry, r. cherase Kirſche. gr. ne, l. cera, r. chéare Wachs. gr. , r. chokan Hammer. gr. 40e (St. xorzd) geſtutzter Baum, r. kopach Baum. gr. zußy, altgal. kaf, chef Kopf, r. chéèaſe Hinter⸗ haupt, ſchott. chuffy dickköpfig. gr. N, d. Lende, engl. lees Gemeinwieſe, r. laz aus; gerottet Land. l. magister, engl. master, r. maeschter Meiſter. gr. uayevo, r. ame jesk betrugen, taͤuſchen. r. mink (munk) , engl. maunch, fr. manger, ſchwed. munken eſſen. l. radius, it. razzo, r. raze Strahl. gr. pryog, r. rèache Kälte. I. secula, altd. sichela, r. séachere Sichel. l. sedeo, engl. seat, r. schedd (imper. schess) ſitzen. engl. spoke, niederſ. specke, it. spiga, frieſ. spetze, r. spizze Speiche. l. terra, fpan. tierra, r. zare Land. l. urtica, r. urzikke Neſſel. engl. yell, yawl Angſtgeſchrei, r. jeälbe Trauer, Schmerz. engl. yap, ſchott. yap, engl. yabber plaudern, r. javre . F. Wechſel der Ziſchlaute unter einander. gr. Hal go, r. bochesk jammern. franz. bouche, ſpan. boca Mund, r. buse Lippe. 96 l. cepa, engl. chive, r. chape Zwiebel. l. cervus, r. cherb Hirſch. l. crispus, engl. crisp, walliſ. erych, r. krez, ſpan. riz kraus. l. decimae, franz. degma, r. dischme, fr. dimes Zehnten. l. duleis „ r. dulche ſuͤß. gr. dospeyss, r. duschman Feind. gr. 2gοe krumm, r. kerzecz krummen. l. lixivia, ſpan. lexia, fr. lessive, r. leschie Lauge. gr. xise¹j,, r. bizuesk trauen. gr. ger, l. russus, fr. rouge, r. roschu roth. fr. sac Plünderung, r. jaf Beute, engl. sack, r. je- kuesk plündern. l. scio, r. schtiu wiſſen. engl. scoff, gr. supeAiw, r. chufuluesk hoͤhnen, gr. G ⁰ N. engl. scald, r. solz Schuppe. l. sedeo, engl. seat, sit, r. schedd ſitzen. gr. egg brennend, engl. scar brennen, char verkoh⸗ len; r. jar Gluth. engl. search, it. cercare, fr. chercher, r. cherk ſuchen. a l. sex, fächf. sees, r. schéasse ſechs. engl. sheaf, angelf. sceaf, holl. schoov, r. jip Schaub. gr. G, l. sipho, r. schippot Röhrbrunnen. gr. oxaußss, r. jimb krumm, neben strimb. gr. eriurro, r. Chimtesk niederhucken. r. skimb und stimb wechſeln. gr. ee, plur. C r. scheäle Lenden. fr. und engl. sot, r. schodd lächerlich. engl. sting, r. jungg ſtechen. ſchwed. stunt, r. chont, chung verſtümmelt, altd. schande Verſtümmelung. 97 engl. stove, d. stube, r. sobbe Ofen. gr. sag, oryp Fett, Talg, r. sorr Speckſchwarte. 4. Umſtellung der Conſonanten (metathesis.) gr. & h, r. äflu finden. l. apertus, r. apriat offen, klar, deutlich. r. birgle und brigle Zügel. l. carpio, engl. carp, r. krap Karpfen. l. fermento gaͤhren machen, r. fremint kneten. l. formosus, r. frumoss ſchoͤn. engl. garden, it. giardino, r. gredinne Garten. gr. #ioxog, »pıxos, r. krugg Zirkel, Kreis. gr. merAos, veriuuz, Hulle, Decke, r. poplonn und pläpome Bettdecke. l. platanus, r. pältin Ahorn. niederſ. warf, engl. frape, r. brab, wrav Hügel. II. Unorganiſche Lautbildungen. 1. Verflachung. a; durch Uebergang der ſtarren Kehl- und Zungenlaute in die weichern Ziſchlaute ſ. p. b; durch Vertauſchung der härtern Kehle Zungen⸗ und Lip⸗ penlaute mit weichern ſ. p. ©; durch Uebergang der liquiden Conſonanten und der wei⸗ chen Lippenlaute in Vocale. . allium, r. aiu Knoblauch. angelſ. bala, engl. bale, r. baiu Qual. Gleiche Wur⸗ zel hat buole Krankheit. altd. balje, mittelgr. G, r. baie Grube. d. bube, bus, r. buékk bübifih. 98 J. balneum, r. baie Bad. l. clarus, it. chiaro, kiar klar. 1. folium, r. foie Blatt. 1. glacies, it. ghiaccio, r. ghiaze Eis. I. glans, (St. gland) r. ghinde Eichel. gr. ge, l. milium, r. méiu Hirſe, neben melaiu. I. lepus (St. lepor) r. yépure Haſe. gr. NS, Nelso, kuzzowl. Ns, r. yau nehmen, part. pr. lovat, luot. fr. paille, r. paie Stroh. d. Platz, it. piazza, r. piaz. 1. pullus, r. puiu Junges. 1. scamnum, r. skaun Bank. l. granum, r. griu Korn. 1. farina, r. feinne Mehl. gr. , l. salio, r. saiu fpringen. I. faber, r. faur Schmidt. l. gravis, r. greu ſchwer. engl. drove, ſchott. drave, r. sdroäe Haufen gr. veog, l. novus, r. noùe neu. I. novem, r. noäe neun. gr. bis, l. ovis, r. oäe Schaf. r. ovoss, engl. oats Hafer. l. pavo (St. pavon) r. paeunn Pfau. l. pluvia, r. plose Regen. l. scribo, r. skriu ſchreiben. l. sebum, r. seü Talg. franz. tailler, r. taiu ſchneiden. 2. Aus laſſung. a; der Verſtärkung des Anlautes. gr. aA og, r. näfure. gr. Dc e, mittelgr. Scko- e, r. daskul, skal, daskel Lehrer. gr. sgeb ve, r. regheesk rüͤlpſen. da- 99 l. extraneus, engl. stranger, r. strein fremd. l. homo, r. omm Menſch. engl. host, r. oaste Kriegsheer. l. humidus, r. umed feucht. I. ieiunium, fpan. ayuno, r. ajunn Faſten. gr. do Geſchrei, engl. huc, r. usk ſchreien. gr. Oe Ns, mittelgr. He og, r. foloss Nutzen. ungr. väros, r. orage Stadt. l. vapor, r. äbure neben vapure Dampf. anomal iſt l. Iinum, r. inn Flachs. r. telian Staliäner. h. Auslaſſungen im Innern des Wortes (syncope.) l. avellana, r. alunne Haſelnuß. gr. ag,, r. arvunne Handgeld. altbritt. cabul, l. caballus, r. kal Gaul. [. consocer, r. kuskru. l. eubitus, fpan. codo, r. kott Ellbogen. l. debitor, ſpan. deudor, r. detoriu Schuldner. l. dolor, r. dorr Sehnſucht. l. dorsum, fr. dos, r. doss Rüden. gr. Eoywos, r. Ermu wüſte. l. faber, r. faur Schmidt. gr. Yagos, Yapuz, r. graiu Stimme. l. humulus, r. hemeiu Hopfen. l. iuvencus, r. junk junger Stier. l. iuvenis, fr. jeune, r. junne jung. gr. #uNeo/Xopos zum Tanze auffordernd, r. keluschaer, herumwandernder, die umſtehenden Frauen und Maͤdchen zum Tanze auffordernder Taͤnzer. Das Gefchwäz der Ofner Etymologien von Collis und Salii iſt laͤcherlich. gr. xogwyög krumm, r. kernesk krummen. d. Mantel, it. mantello, fr. manteau, r. mantao. gr. rh, xi, l. bibo, r. bèu trinken. 7 100 gr. x Gras, monAoyzw Heu machen, r. pollog Heus ſchwaden. I. rubigo, r. rugimme Roſt. gr. oxerAdlo, r. jelesk winſeln, wehklagen. gr. spuuz, I. stragulum, r. straiu Decke. e; Auslaſſung der Endungen. Bedarf wegen des haͤufigen Vorkommens keiner be⸗ ſondern Belege. III. Analytiſche Zuruͤckfuͤhrung rumuniſcher Wörter auf ihre Wurzeln. amezesk ſchwindeln, gehört zu sd beraufchendes Ge— traͤnk, wesiraouz fich beraufchen. amuzesk hetzen, reizen, gr. aus zuͤrnen, goth. mods, engl. mood Zorn. asseämen gleich ähnlich) machen, zum goth. sama, engl. same derſelbe, sameness Gleichheit. bäsne Mährchen, gr. Ode ſchwatzen, niederſ. basen Maͤhrchen erzaͤhlen. heesk ein Kind pflegen, erziehen, hänge durch das mittelgr. ai nutrix mit dem gleichbedeutenden altfr. baille zuſammen. bentuesk necken, beleidigen, engl. banter ſpotten, ſchott. bandy unverſchaͤmt. bessne Finſterniß vom celt. bis ſchwarz, engl. bisson beesen blind, altd. becche Finſterniß. bobosch bunt, engl. bobbish nett, ſauber. bobuone Zauber, ſcheint mit dem engl. bob necken, ſpan. bobo Harlekin verwandt. buombe Beere. Das Merkmahl der Rundung iſt in der weit verbreiteten Wurzel hervorſtehend. So heißt im franz. bombé gerundet, engl. bombard Faß u. ſ. w. 101 bukkäte Speife, zum ſpan. boca, fr. bouche Mund, r. bukke Backe; fpan. bocado Mundvoll, Biſſen. chiga miga, engl. gewgaw (ſpr. guiga) Tändelei. daeinesk fingen, altd. diunan, doenen, onomatos poet. wie Tovog, tönen u. ſ. w. darde Lanze, gr. dogu, mittelgr. Jgd, franz. dard, eng. dart. desbrak auskleiden, Gegentheil des engl. brech anho— fen, wurzelt im gal. Hoca, engl. brech, altd. bruch Hoſen. deschel an den Lenden laͤhmen, von gr. Lende. deschirr zertheilen, fr. dechirer zerreißen, altd. sche- ren, angelf. sciran, engl. share theilen. Eben— dahin gehört das r. schiringhe Theil, engl. sha- ring das Theilhaben. desghiokk, destjik entkernen, vom gr. 26e Kern, oder beſſer von xixxog, r. gheoche Fruchthülſe, Schale. deskaimechesk ſich erholen, zum gr. KAανe Schwaͤ⸗ che, zuuerow krank ſeyn, altd. chumidi Krankheit. desrezesk entrunzeln, vom walliſ. rhych, gr. puric, Runzel, poco runzelig. dobbe Trommel, zum engl. dub, isl. dubban ſchlagen, rum. dobbor herunter ſchlagen. emblojesk maskiren. Die Wurzel dieſes dunkeln Wortes liegt in dem altd. bloje Vermummter, welches ſelbſt in wie weit die älteſte Art der Vermummung im Schwaͤrzen des Geſichtes beftand, zum angelſ. blaek, engl. black, niederſ. blak ſchwarz gehoͤren dürfte. emvez lehren, unterrichten, engl. wit Verſtand, altd. witz Wiſſenſchaft, wizzen bilden. enkaer am Kopfe packen vom gr. a0 , adoa Kopf. enschell uberliſten, wurzelt ohne Zweifel im engl. skill Geſchicklichkeit, ſchott. kelly liſtig. feäde Feuchtigkeit, durch das engl. wet, ſchott. weet Feuchtigkeit zum goth. wate Waſſer gehörig. 102 fet gebären, fetu Sohn, fate Tochter, ſchwed. foe- da zeugen, dän. foda gebären. fleure Plaudertaſche, gr. PAvxgös plauderhaft, engl. flirt plaudern. gat fertig machen, engl. get mit derſelben Grundbedeu— tung des Verſchaffens, Bereitens. glas, flav. glas Stimme, Laut, führt auf das gr. * klingen, ſchwed. glosa Wort, gr. YM οο Sprache. gemolesk, fächf. gaemeln, gameln ſchmeicheln, zum engl. game taͤndeln. grabe Eile, niederſ. gra, grade eilig. grap eggen, ſchott grape, graip wühlen, engl. gro- pe grübeln u. ſ. w. grije Kummer, Sorge, verwandt mit ſchott. greet, ſchwed. greta weinen. grunz Brocken, Bröcklein, gehört in die Reihe des engl. grind zermalmen, niederſ. grand Kies, grober Sand. gruose Schauder, Entſetzen, altd. graus, poln. groza. guggulesk liebfoſen, ſtreicheln, engl. guggle haͤtſcheln. gutte Schlagfluß, altd. gutte. Verwandt find das engl. gout und das franz. goutte. harz, ungr. hartz Krieg. Spuren dieſes ſelten gehoͤr— ten Wortes finden ſich im goth. hairus Schwert, ſchwed. haerja bekriegen, franz. harceleur, rum. herzelesk ſtreiten, fechten. jingage haikel, engl. junket verleckern. jogg wackeln, tanzen, ſpielen, engl. jog ruͤtteln, ſich ruckweis bewegen, ſchot. jaug ſpielen. kafer Dachſparren, ſchott. kaiber, kebar ſpan. cabrio. kilz Werg, ſchott. kelt grobes Zeug. kleddesk häufen, von ſchott, claud, altd. klood Haufe. kokkosch Hahn, onomatopoetiſch zum engl. cock, fr. coq, d. goegger Hahn, gr. xoxsazw kraͤhen. 103 — — kopill Kind, diminutive Form zum engl. cub gebüs ren, das Junge. kronzenesk knirſchend nagen, ſchott. crunch mit den Zaͤhnen zerbrechen. kraiu, ungr. kiräly König, gr. * eνον’ norguvoc. krempizze Hinderniß, zum engl. kramp hemmen, die Sperre, Einſchraͤnkung. . 25 kurve Hure iſt wohl das gr. K89%. So braucht auch der Deutſche fein: Dirne, haufig. kust Leben, altd. keist, ſchwed. gust. lazu Schlinge, engl. lace, lash Schnur, Strick. leäle Schmeichelname der Geliebten, das fr. loyal, ſchott. leal, leel treu. leäne Faulheit, engl. lown, loon, ſchott. Ioon, loun, meklenb. Ioennies fauler Bengel. leäk Arznei, angelſ. laec, goth. leik, lek, engl. leech, alemann. lachi Arzt, altd. lachin Arznei. lesne leicht, wohlfeil, gehoͤrt zum engl. lessen vers mindern. ' ludd einfältig, altengl. leude, lout, lowt, niederſ. laet, laed. Br wurzelt im niederſ. lullen ſaugen, lull feife. maike Mutter gehoͤrt zu dem alten mag, mage, ma- gen, maio Verwandſchaft, und hängt zunaͤchſt mit dem angelf. magas Eltern zuſammen. mal Meeresfüfte, Lehm, Thon, zu dem engl. mole Damm und dem verwandten angelſ. myl, engl. mould, niederf. mul, mull lockere Erde. mare groß, altd. mar, mehr, goth. meritha claritas. men führen, treiben, holl. mennen, frieſ. menna, fr. mener. menesk berrüben, zum altengl. mene, engl. moan, angelf. maenan betrauern, klagen. menz Füllen und menzat abgefpänt (altd. gespaent) von dem altd. manzon weibliche Bruſt, ſo wie 104 das deutſche Wort von dem gleichbedeutenden altd. spunne. ö mereu langſam, wurzelt im frief. mera hindern, ma- ra Verzug. mettur kehren vom engl. mud, ital. mota Schlamm, Koth, niederf. mudden, muddern vom Schlams me reinigen. meskare das Schimpfen, ſchott. miseaw Spottnamen geben, ſchimpfen, wohl verhunzt aus dem engl. miscall unrecht benennen. mirre Braͤutigam, mirasse Braut gehoͤren zu dem engl. marry, fr. marier heurathen. mitte Geſchenk. Dies uralte Wort findet ſich im gr. uofros Dank, pırIos Lohn, frieſ. mida, engl. meed, altd. mieti Geſchenk, Lohn. miz ze Katze, ſchwed. misse, d. mieke, mietz, mieze. moiischte Sumpf, Regenwetter, zum engl. moist, ſchott. moch feucht, naß. murg ſchwarzgrau, niederſ. mirk, engl. mark, merk, mirk dunkel. pale Haufen, engl. pile. pape engl. pap, d. Paͤppe, Kinderbrei, l. papare eſſen. pat Bett, goth. bad, altd. pett. pavize Schild, engl. pavice, if. pavese, fr. pavois. paze Acht, Hut, niederf. und ſiebenb. fächf. pass. pelesk ſchlagen, treffen, gr. 4 . Vgl. altengl. palt Schlag, pull Stoß. pendesk hüten, ‚gehört zu dem holl. panden pfaͤnden, deſſen Wurzel wohl in dem engl. pen (partic. pent) einſchließen liegt. Daher heißt der Flurſchuͤtz r. pendage, gemeind. der Pfaͤnder. perjoll Feuersbrunſt, zum engl. parch, gr. mugeeiw , rug b brennen. pinten Sporn, zum engl. pin Nadel, niederſ. pint Spitze. pischk BR engl. pinch, fpan. pizcar, fächf. paet- schen. 105 pisk Hervorragung, engl. peake, pitch. pissike Katze, engl. puss, holl. poese, niederf. pus- katze. plaiu Gebirgsweg, ſcheint verwandt mit dem engl. ply (ſpr. plei) fortſchreiten, Weg einſchlagen. plate Zahlung, gehört zu dem engl. plate, ſpan. pla- ta, Silber, engl. plates Silbergeld. Platten von Metall erſetzten in alten Zeiten die Stelle des ges praͤgten Geldes. Daher altſp. moneta da plata Plattengeld. plutte Platte. 5 pomane Erinnerung, Andenken, ſchwed. peminna ers innern. potere Aufruhr zum engl. pother Laͤrm, Getuͤmmel, putteron Aufwiegler. puffeesk ſchnauben, keuchen, neben kiffeesk, engl. puff, fr. bouffer, it. sbuffare. pupp füffen, gr. xonnννον, niederſ. pipen, pupen. Ge⸗ höre zu dem engl. pop Schmatz, ſchmatzen, ge— meind. Kuß, kuͤſſen. prim Bram, angelſ. brymme, engl. brim, ſlav. prim. prippe Eile, verwandt mit dem engl. prick antreiben, ſpornen. rane Wunde, altd. ronne, runs zum engl. run rinnen. reff, ungr. ref Elle gehört durch das ſchott. raip Meß⸗ ruthe zu dem d. Reff, welches verſchiedene Ausdeh⸗ nungen in die Laͤnge bedeutet. renesk, altd. reinen fegen, putzen, zum d. rein, ſchwed. ren. rentuesk unordentlich herumwerfen, zum fchott. randy unordentlich. renkach halbverſchnitten zum altd. raunen, ruenken verſchneiden, caſtriren. ret, ar rét, lappl. rete Wieſe, gemeind. rieth Vieh⸗ trift. 106 ne Fruchtbarkeit, ſchott. routh, rowth Ueberfluß, uͤlle. roësk, engl. rove ſchwaͤrmen. sap, engl. sap, fr. sapper, gr. oxZrrw graben. sbichesk trocknen, dörren. Die naͤchſten Verwandten find das weſtgoth. spika, niederſ. spaken, ſchwed. spika doͤrren, trocknen. schaghe Scherz, engl. joke, l. jocus zum holl. scha- ken, ſchaͤckern. scheaike Kahn, d. schauke, scheig, scheike klei⸗ nes Fahrzeug zum Fiſchfang. schmeäk a engl. smack, angelf. smaak, frief. smek. schopte Flüftern verwandt mit dem engl. soft ſacht, leiſe. schort Schandflecken, das engl. shard, sherd, d. Scharte in tropiſcher Bedeutung z. B. eine Schar— te auswetzen. sedesk pflanzen, engl. seed, niederſ. saden zu saad, engl. seed Pflanze. selage Wohnung zum goth. saljan wohnen, salithwa Wohnung. seräk arm, elend, angelf. sarig, altd. serag, zu dem angelſ. sarigan, goth. saurgan, engl. sorrow ſich kuͤmmern, ſorgen. sarikke zottiges Oberkleid, zu dem goth. saerk, angelf. syrk, engl. sark Hemd und dem engl. serge, fr. sarge, fpan. sarga Sarſche (ein wollenes Gewebe.) serindar vielleicht zum ſchott. sairin Almoſen. siriman armſelig, duͤrftig, ſchott. sornan. skale Nagelgeſchwür zum engl. scall Schorf, Grind. skap entwiſchen, engl. scapo, fpan. escapar franz. Echapper. 107 skitach munter, witzig, engl. skittisch unſtet, ſchott. skitt ſpotten, engl. skit Liſt. skutesk befreien zum ſchott. scowth Freiheit. skuttur ſchütteln, engl. schudder, altd. scutan, it. scuotere. slab ſchwach, kraftlos, in die Reihe des angelf. slaw, engl. slow faul, traͤge, das d. ſchlaff u. a. m. slatine ſumpfiger Ort zum engl. slade feuchte Ebne. smentinne Rahm, d. schmant, schmanten. smidde Blitzſtrahl, zum engl. smite ſchlagen, niederſ. smete Schlag. Auch der Deutſche braucht das Wort Schlag vom Blitzſtrahle. smuole Wagenſchmeer, niederſ. smullen ſchmieren, smulle Schweinfett. snopp Garbe zum snip ſchneiden, wie Garbe zu dem altd. kerfwa, garben gehört. spargh durchbrechen, ſchlagen u. ſ. w. trennen zum ſchwed. spiaelka, engl. spelt ſpalten, brechen. spel waſchen, niederf. speelen, d. ſpulen. sprinten flink, engl. sprunt, spruntly. spun ſagen, verweiſen, altd. spanen, spenen angelf. sponon bereden. stave Geſtuͤte, ſchott. sta, staw Stand fürs Vieh. steur anſtarren, engl. stare, d. ſtieren. stepinn Hausherr durch das alban. stapi Haus zum frieſ. stef, angelſ. stov, stowa Haus. stogh Kornſchober, ſchott. stouk, engl. stack. Vgl. das Deutſche Stock in Woͤrtern, wie Heuſtock u. a. strane Chor, engl. strain Lied. straize grobwollne Reiſetaſche, wahrſcheinlich zum ſchott. 55 grobe Leinwand, straitis grobwollnes eid. strikk zerſchlagen, verderben, zum engl. strike fihlas gen, ſchmettern. strekkur, gr. speuyouas durchſeihen. 108 strunne Saite, neben coärde, zum engl. strain ſpan⸗ nen, string Saite. Verwandt iſt das d. Strehne. strunchin, struchin, struchesk zerquetſchen, holl. schrantsen, engl. scranch zerbeißen. telk Auslegung, Erklaͤrung, Erlaͤuterung, engl. talk Geſpraͤch, holl. tolk Dolmetſch, niederſ. tolken dolmetſchen. f 109 IV. Ein Tranffumt Sigmund Vathori's mitgetheilt und erläutert von — — Nos Sigismundus Bathory de Somlyo, Vajvoda Transsylvaniae et Siculorum Comes etc. etc. Memo- riae commendamus tenore praesentium, signifi- cantes quibus expedit universis, quod Providi Circumspecti Urbanus Vargha, Petrus Ach, et Stephanus Gäl, jurati Cives oppidi Nostri Sa- zonicalis Veultz, in Sede Megyes existentis in suis et reliquorum universorum Civium et In- habitatorum ejusdem oppidi nominibus et per- sonis Nostram personaliter venientes in prae- sentiam exhibuerunt Nobis et praesentaverunt binas quasdam Litteras, unas quidem Judi- cum, Comitum, et Juratorum Consulum, univer- sorumque Civium et Seniorum Septem Sedium Saxonicalium Regni Nostri Transsylvaniae, Ci- binii, Dominica Invocavit, Anno Domini Mille- simo Quadringentesimo Secundo, quasdam Litte- ras Provincialium Terrae Megyes transumptive in se continentes; Alteras vero Capituli Eccle- siae Transsylvaniae Die Dominica proxima post octavas festi b. Georgy Martyris, Anno Domini Millesimo trecentesimo septuagesimo secundo, super metali Reambulatione Teritorii Oppidorum Samonicalium Bozna et Veultz, in charta perga- mena patenter confectas et emanatas, Sigillisque pendentibus roboratas, tenorum infrascriptorum, Supplicantes Nobis humillime ut Nos easdem Lit- teras, eo, quod nimia vetustate attritae jam fer- 110 me essent, transcribi et transsumi ac in trans- sumpto Litterarum Nostrarum eisdem suisque suc- cessoribus universis extradari ac emanari face- re dignaremur. Quarum Litterarum, et prima- rum quidem tenor talis est: Nos Judices, Comites et Jurati Consules, universi Cives et Seniores Septem Sedium Saxo- nicalium Transsylvaniae Memoriae commendantes significamus quibus expedit universis, Quod pro- vidus vir Comes Michael, filius Michaelis de Veultz, sua ac universorum hospitum de eadem in personis ad nostram accedens praesentiam, exhibuit nobis quasdam Litteras privilegiales Pro- vincialium Terrae Megjes petens nos cum Instan- tia debita, ut ipsas de verbo ad verbum audien- tes examinantes, et si legitime concessisse di- gnoscerentur, confirmantes, transseribi et in for- mam nostri Privilegi redigi facere dignaremur, quarum tenor est talis: Nos universi Provinciales terrae Megyes me- moriae commendantes tenore praesentium signifi- camus, quibus expedit, universis, Quod cum dis- sensionem ac discordiam inter duas Sedis nostrae villas, videlicet Velcz et Bazna, quae pro qua- dam sylva orta est, prout Rei causa nobis totali- ter nota est et manifesta, sedare concorditer et sopire nequivissemus, Comitem Andream Senio- rem de Prothia pro Decisione in Cibinium misi- mus, requirendo, quae pars dictarum villarum al- teri cedere deberet atque vinci; et quatuor Se- niores Sedis nostrae, videlicet Comes Petrus de Virthalm et Comes Richannus de villa Richvini, Comes Stephanus et Joannes villicus de villa Hetzelini in Cibinium fide sua mediante nuncia- 111 rent, et illos populos de Velz sua in causa ju- stificaverunt. Ipsi nempe Provinciales Cibinienses praesente dicto Comite Andrea de Prothia et Comite Demetrio de villa Richvini et Comite Roymaro de Nympz ipsam Causam discutiendam et discor- diam praedictam sopiendam ad praedictos qua- tuor Seniores simulque ad nos universos Provin- ciales, eo, quod ipsius Rei Causa melius nobis nota erat, remiserunt. Nos igitur universi prae- dieti super territorium praedictorum duarum villa- rum progredientes et trium dierum spatio ibidem perdurantes, illis populis Velz partem praemis- sae sylvae dijudicavimus juxta conscientiam no- stram de jure derivantem et usum et utilitatem ip- sorum perpetualiter pertinentem, incipientem in monte, qui Hochvarte dicitur a sinistris a decli- vis fluminis versus territorium villae Bonetis, us- que ad medium arundinis et ad arundinem liberam habere viam, ita, quod unus currus alteri cedere poterit in ipsam sylvam bene introeundi et exe- undi libere concessimus et plenam dedimus autorita- tem. Acta sunt haec praesentibus infrascriptis qua- tuor viris Comite Petro de Virthalm, Comite Rich- vinno de villa Richini, Comite Stephano et Joanne antiquo villico de villa Hetzelini et Petro, Judice Hungaricali Domini Regis et aliis multis idoneis et discretis et duo Comites Andreas de Prothia cum om- nibus Senioribus ejusdem villae, Comites de villa Hetzelini, Comes Petrus, filius Comitis Petri, Co- mes Petrus, filius Comitis Stephani cum omnibus Senioribus ejusdem villae, Comes Nicolaus cum omnibus Senioribus villae Valdhuttin, duo Comi- tes Nicolai cum omnibus Senioribus de Magno Kopsch, Comes Henningus cum omnibus Seniori- bus de villa Tobiae, et universi Seniores de Virt- halm, Comes Demetrius et duo Comites Joan- 112 nes, extuno Judices Provinciales, cum omnibus Senioribus de villa Richvini, Comes Jacobus cum omnibus Senioribus de villa Nymps, Comes Joan- nes cum omnibus Senioribus de Muschna , Comes Hentzmannus cum omnibus Senioribus de Visz- dorff et omnes Seniores de villa Spurbasi, Comes Joannes et omnes Seniores de Buzd, Comes Val- terus et omnes Seniores de villa Isopis, Comes Salamon et omnes Seniores de Bogacs, Comes Stephanus et omnes Seniores de Körtz, qui huie Ordinationi affuerunt, ut superius est praemissum et quicunque hujus ordinationis transgressor ex- stiterit in sententia Capituli, et Judicibus in quin- que Marchis obligabitur et est adstrictus. Ad ma- jorem hujus praemissae tenoris credulitatem ple- nioremque firmitatem praesentes fieri fecimus sub appensione Sigilli nostri munimine Terrae Med- wisch provinciali consignatas in robur perpetuae firmitatis. Data sunt haec pridie festi Purificatio- nis Mariae Virginis gloriosae. Anno Domini mil- lesimo trecentesimo quinquagesimo nono. — Nos enim petitionibus ejusdem Comitis annuentes, te- norem praedictarum Litterarum omni integritate debitoque processu pollentos (?) de verbo ad ver- bum transscribi fecimus, et pendentis Sigilli no- stri munimine roborari. Datum Cibinij Dominica Invocavit me etc. etc. Anno Domini Millesimo Quadringentesimo secundo. Alterarum vero Continentia sie se habet: Capitulum Ecclesiae Transsylvaniae omnibus | Christi fidelibus tam praesentibus, quam futuris, | praesens scriptum inspecturis, Salutem in omnium Salvatore. Ad universorum notitiam harum serie volumus pervenire, Quod nos Litteras Magnifici | | | | | 113 viri, Domini Emerici, Vajvodae Transsylvaniae et Comitis de Zonuk per ipsum nobis directas recepimus in haec verba: Discretis viris et hone- stis honor: Capitulo Ecclesiae Transsylvaniae, amicis suis honorandis, Emericus Vajvoda Trans- sylvaniae et Comes de Zonuk amicitiam paratam debito eum honore. Dicitur Nobis in personis universorum hospitum regalium de Bozna et de Veultz : Quod ipsi novarum metarum erectionibus praetaxatarum Possessionum regalium, imo ‚ab aliarum Possessionum distinctionibus plurimum in- digerent. Super quo vestram petimus amicitiam praesentibus diligenter, quatenus vestrum mitta- tis hominem pro testimonio fide dignum quo prae- sente Stephanus de Sylee vel Antonius de Balas- telke, seu Petrus filius Gregorii de eadem, aliis absentibus, homo noster ad facies memoratarum Possessionum Regalium Bazna et Veultz vocata- rum accedentibus vicinis et commetaneis earun- dem legitime inibi convocatis et praesentibus re- ambulet easdem per suas veras metas et antiquas, et ubi necesse fuerit novas metas juxta veteres erigendas, reambulatasque et ab aliorum posses- sionibus metalibus Distinctionibus separatas et distinetas relinquat eisdem populis regalibus eo Jure, quo ipsis dignoscitur, pertinere Jurium re- galium perpetuo possidendum, si per quempiam non fuerit contradietum; Contradictores vero si qui fuerint, citet eosdem contra ipsos populos regales in nostram praesentiam ad terminum com- petentem, rationem eontradietionis ipsorum reddi- turos. Et posthae seriem omnem praemissorum , prout fuerit opportunum, nobis in Vestris Litteris rescribatis. Datum in Torda, feria quiuta proxi- ma post Dominicam Misericordias Domini. Anno ejusdem Millesimo trecentesimo septuagesimo se- 8 114 eundo. Nos igitur justis et Juri consonis petitio- nibus ejusdem Domini Vajvodae ac Justitiae an- nuentibus (?) cum praedicto Petro, filio Gregory, homine suo, nostrum hominem, videlicet Domi- num Demetrium, Eeclesiae nostrae praedictae de choro Presbyterum, ad exsequenda praemissa du- ximus pro testimonio transmittendum; qui demum ad nos reversi nobis concorditer retulerunt, quod ipsi die dominica proxima post festum beati Georgy Martyris nunc praeteritum ad facies prae- dictarum villarum regalium, Baszua et Veultz vocatarum , vicinorum et Commetaneorum earun- dem universorum legitimis convocationibus factis et praesentibus pariter accedentibus, reambulassent easdem per suas veras metas et antiquas, novas juxta veteres in locis necessariis ordine infra- scripto erigentes, reambulatasque et ab aliorum Possessionibus vieinariis metalibus distinetionibus separatas, reliquissent praedietis populis regali- bus ipsarum duarum villarum, Boszua et Veultz vocatarun, eo jure, quo ipsis pertinuissent et debuissent pertinere, sub nomine regio perpetuo per eosdem possidendas, tenendas et habendas, nulla penitus contradictione ipsis in hac parte ap- parente. Metae autem, quibus eaedem duae villae regales, Bazua et Veultz vocatae, ab als vici- nariis Possessionibus et villis regalibus exstite- runt separatae et distinctae, ut iidem homines ip- sius Domini Vajvodae et noster nobis expresse- runt, hoc ordine protenduntur, quod prima meta inciperet supra montem Kopus vocatum, sylvo- sum, juxta quasdam metas villae praepositalis E- kemezew vocatae, penes quas unam novam me- tam, arborem Ilicis in medio persistentem, a pla- ga meridionali erexissent, abinde in descensu ip- sius montis Kopus penes viam, de eodem monte 115 descendentem, a parte villa Regalis Boiun voca- tae juxta quandam metam antiquam iterum duas metas novas ex utraque parte ipsius via elevas- sent, exinde super ipsam viam descenderent ad pratum Egheresrethe vocatum, veniretque juxta meatum rivuli Egerespatoka vocati, ubi ipsa via relinqueret dietam sylvam in monte Kopus existen- tem, et abhine tendente , perveniret ad quandam metam antiquam super eandem viam a parte dex- tra existentem, penes quam aliam metam novam erexissent, et inde saliendo ipsum Egerespatak transiret ad quasdam metas duas antiquas, juxta quas similiter unam metam novam elevassent, ibi- que vicinaretur cursus metarum earundem duarum villarum praedictae villae Boiun vocatae, dehine in quadam valle tenderet ad pratum Egheresrete vocatum, cujus recta medietas ad usum ejusdem villae Bojun et alia medietas ejusdem ipsi villae Bozna pertinuissent, et deberent pertinere, et ab- inde egrediens ipsum Potok infra decurrens in suo meatu usque quandam pontem, penes pisci- nam ejusdem villae Bajun persistentem, teneret metas ipsarum duarum villarum Regalium Bajon et Bozna vocatarum, easdem ab invicem separan- tes, ibique saliendo ipsum Egrespotok superius dietum pontem veniret et aliud potok de eadem villa Bozna egrediens, exinde pergeus iterum ad aliud potok Serlengh vocatum caderet, de quo ascenderet sursum ad quendam monticulum rotun- dum, ubi praedictae villae Regales Bojun, Bozna et Veultz vocatae ab invicem separarentur et metae ipsarum villarum regalium terminarer’ur, prout haec omnia praefatus homo ipsius Domini Emerici Vajvodae Transsylvani et dietum nostrum Testi- monium personaliter astantibus nobis consequen- ter retulerunt. Datum die dominica proxima post 8 * 116 octavas festi b. Georgy Martyris Anno Domini supradicto. Discretis viris, Praepositura dictae Eeclesiae nostrae vacante, Andrea Cantore, Pe- tro Custode, et Petro Archidiacono de Clus, Decano ipsius Ecclesiae nostrae existentibus. Nos igitur praemissa supplicatione Nobis mo- do, quo supra, porrecta, faventer exaudita et pro aequitate admissa, praescriptas utrasque Lit- teras nobis exhibitas praesentibus Litteris nostris de verbo ad verbum, prout propter nimiam vetus- tatis caliginem perlegi potuerunt, inseri et in- scribi facientes, memoratis civibus et universis in- habitatoribus praedicti oppidi nostri Veultz mo- dernis scilicet et futuris, Juriumque eorundem futura pro cautela necessariorum, sub Sigillo Nostro pendente et authentico extradandas duxi- mus et concedendas communi justitia et aequitate requirente. Datum in oppido Nostro Enyed die prima mensis Maji Anno Domini Millesimo Quin- gentesimo octogesimo octavo. Sigismundus Bathory de Somlyo. Volffgang Kovaehoezy, Cancellar. 117 Bemerkungen zu der vorhergehenden Urkunde. — — a Der eigentliche Gegenſtand der, in dem vorliegenden Tranſſumt enthaltenen beiden Urkunden iſt eine gewoͤhn— liche Grenzberichtigung zwiſchen zwei unbedeutenden Ort— ſchaften des Mediaſcher Stuhles, Baßen und Woltz, und nimmt daher das allgemeine Intereſſe wenig in Anſpruch; demungeachtet aber iſt dieſes ſchriftliche Denk— mal der Vorzeit ſehr lehrreich, da ſich viele wichtige Bemerkungen an den Inhalt desſelben anknüpfen, und einige interreſſante Folgerungen daraus herleiten laſſen, welche wir, ohne dabei eine ſyſtematiſche Ordnung zu beobachten, hier in der Reihe nachfolgen laſſen, wie ſie dem Leſer der Urkunde aufſtoßen müͤſſen: 1. Das am 1:ten Mai 1588 unter der Unterſchrift des Fürften Sigismund Bathori und des Kanzler Ko- vachoczy ausgefertigte Tranſſumt enthält zwei Urfuns den, nemlich: ein anderes Tranſſumt der ſaͤchſiſchen Univerſitaͤt vom Jahr 1402 über eine Entſcheidung der Mediaſcher Provinzialen in einem Feldmarksproceß zwi— ſchen Baßen und Wöltz vom Jahre 1559 und eine Bes ſcheinigung des Albenſer Capitels über eine, auf Anord— nung des Woewoden Emerich im Jahre 1572 vorge— nommene Herſtellung der Grenzmarken zwiſchen den ge— nannten beiden Ortſchaften. Sonderbar iſt es, daß in dieſer Streitigkeit im Jahr 1359 eine Entſcheidung auf Anordnung der ſaͤchſiſchen Univerſitaͤt gefällt wurde, dreizehn Jahre ſpaͤter aber die Herſtellung der Grenzen 118 nicht durch dieſelbe Univerſitaͤt, ſondern auf Anordnung des Woewoden durch einen, von demſelben ernannten Commiſſaͤr und einen Capitularen vorgenommen wurde. Allein es iſt bekannt, daß ſich die Woewoden gerne in die innern Angelegenheiten der Sachſen miſchten, und ſich zu Richtern ihrer Streitigkeiten aufwarfen, woruͤ— ber die Sachſen häufige Klagen zu erheben genöthigt wa— ren. Daß aber ſolche Schritte wirklich Eingriffe in die Rechte der Sachſen waren, beweiſen, außer dem Pri- vilegium Andreanum, auch mehrere von den Koͤnigen gefaͤllte Entſcheidungen. Im Privilegium Andreanum vom Jahre 1224 heißt es ausdruͤck— lich: Volumus et etiam firmiter praecipimus, qua- tenus ipsos nullus judicet, nisi Nos vel Comes Cibiniensis; — ein Decret des K. Ludwig I vom Jahr 1367 (im Hermannſtaͤdter Archiv Nro. 19) ſchreibt vor: Ne Cives Cibinienses judicio Comitatuum et Magnatum stare cogantur; — Kaiſer Sigismund in einem Mandat vom Jahr 1435 verbietet: Nullusque Vajvoda partium nostrarum Transsylvanicarum pro tempore constitutus quovis quaesito colore seu de quibuscunque judiciis judicialibus et reambu- lationibus metarum caeterisque juribus et jurisdi- ctionibus ipsorum Saxonum nostrorum intromitte- re ac in eorum libertatibus, praerogativis et in- dultis ipsos impedire et molestare debeat, audeat atque praesummat quovis modo; — K. Albert ber fiehlt im Jahr 1459 (Hermannſt. Archiv Nro. 83) ut Cives Cibinienses tantum coram Judicibus suis impetantur ; — K. Uladislaus II entſcheidet im Jahr 1514 (im Hermannſtaͤdt. Archiv Nro. 182) Saxones nonnisi in causis, factum jurium possessionariorum vel terrarum concernentibus, coram Nobilibus ju- re stare posse; alſo nur in Proceſſen, welche adeliche Guter betrafen, mußten die Sachſen ſich der fremden Gerichtsbarkeit unterwerfen. — Was aber die Grenz— 119 ſtreitigkeiten der Sachſen anbelangt, fo wurde auch noch in den, im Jahre 1585 durch K. Stephan Bathori beſtaͤttigten Statuten der Sachſen im 1. Buch, XI Ti. tel, 8. Punkt, ausdrücklich anerkannt: In privileglis Saxonum in Transsylvania cavetur, ne unquam lites, quae finium terminalium seu territoriorum causa inter Saxones emergunt, ultra Universitatis eorum forum judiciale provocentur, neve per ho- mines Vayvodales vel Protonotarios reambulentur et decidantur. — Daraus aber geht deutlich hervor, daß alle dergleichen Entſcheidungen der Wocwoden, fo viele auch vorkommen mögen, als bloße Anmaßungen derſelben zu betrachten ſind. 2. Die erſte Urkunde beweiſet deutlich, daß die Sachſen der zwei Stühle Mediaſch und Schelk ſchon im Jahre 1559 mit den Sachſen der ſieben Stühle in Ver— bindung ſtanden, und daß die erſtern ihre Proceſſe ſchon an die Uuiverſität der letztern appellirten; denn in der Entſcheidung der Mediaſcher Provincialen heißt es aus— drücklich: quod cum dissensionem ac discordiam — — sedare concorditer et sopire nequivisse- mus — — pro deeisione in Cibinium misimus; doch ſcheint die völlige Vereinigung erſt in der erſten Haͤlfte des folgenden Jahrhunderts vor ſich gegangen zu ſeyn. — (Siehe Eder observ. crit. ad Felmer Hist. p. 27 et 66, item Idem in Schaes. pag. 210.) 3. Die obige Beſtaͤttigungs Urkunde der ſaͤchſiſchen Univerſitaͤt vom J. 1402 faͤngt ſo an: Nos Judices, Comites et jurati Consules, universi Cives et Se- niores septem Sedium Saxonicalium Transsylva- niae; — Schon K. Carl erwähnt in einer, der Abtei Kerz ertheilten Urkunde vom Jahre 1522 die Commu- nitas Provincialium Cibiniensium (im Hermannſt. Archiv Nro. 16.) — In einer Urkunde vom Jahr 1559 120 heißen fich die Provincialen ſelbſt ganz kurz: Nos Pro- vinciales septem Sedium partium Transsylvanarum (daſelbſt Nro. 15 und in Eder Initia Saxonum.) — Eine Urkunde vom Jahr 1572 fängt alfo an: Senio- res omnium septem Sedium, worauf mehrere Comites namentlich genannt werden. (Hermannſt. Archiv Nro. 25.) — Eine andere Urkunde vom Jahr 1577 hat: Nos Seniores, Judices, Cives et Provineiales universi de septem Sedibus Provinciae Cibinien- sis (daſelbſt Nro. 36.) — Endlich in einer Urkunde vom Jahr 1452 werden im Anfang wieder mehrere Comites genannt, und dann folgt: ceterique Senio- res et Consules jurati septem Sedium Saxonicali- um partium Transsylvanarum (daſelbſt Nro. 66.) — Aus dieſem erhellet alfo, daß zu den Provineialen gezaͤhlt wurden: die Judices (Richter), Comites (Graͤfen), jurati Consules (die Rathsgeſchwornen oder Rathsherrn), universi Cives (wohl nicht alle, fon; dern nur die Wahlbuͤrger) et Seniores (die Aelteſten, Mitglieder der Altſchaft.) — Ebenſo werden auch in der Mediaſcher Urkunde vom Jahr 1559 als Provin- cialen die Comites ſaͤmmtlicher Stuhls-Ortſchaften namentlich angeführt, und nebenbei auch alle Senores und einige Willie: und Judices erwähnt. Zwei Entſcheidungen der Univerſitaͤt von den Jahren 1559 und 1589 welche Reichesdorf und Markt Schelken betreffen und dort vorfindig ſeyn ſollen, fangen alſo an: Nos Magistri Civium Judices, ceterique jurati Cives et Seniores Cibiniensis, Brassoviensis et Bistriciensis Civitatum, item septem et duarum Sedium nec non Universitatis Saxonum Transsylvanorum etc. Alſo nicht mehr Provinciales ſondern Universitas. Aus dieſen Urkun— den erhellet nebenbei auch, daß Hermannſtadt bei den ſieben Stuͤhlen nicht mitgezaͤhlt wurde; denn zuerſt wird 121 Hermannſtadt beſonders genannt und dann folgen noch die ſieben Stühle. In einer andern Urkunde vom Jah— re 1355, welche aber freilich leider nur in einer einfa— chen Abſchrift vorfindig iſt, Cim National Archiv Nro. 10) heißt es Provinciales sedis Cibiniensis ac ali- arum septem Sedium; alfo gehörten außer Hermann— ſtadt noch andere ſieben Stuͤhle zur Hermannſtaͤdter Provinz. 4. Aus dieſen und vielen andern Urkunden iſt nun zwar erſichtlich, daß die Comites eigentlich die Orts— vorſteher waren, welche nach dem freien Geiſt der ſaͤch— ſiſchen Verfaſſung wohl gewoͤhnlich frei gewählt worden ſeyn mögen. Aber wenigſtens ausnahmsweiſe ſcheinen doch die Comites an einigen Ortſchaften erblich gewor— den, und dadurch die hie und wieder vorkommenden Gerebionatus entſtanden zu fein, denn Comes hieß Graf, Graͤf, Greb, woraus endlich das ungariſche Gereb entſtand. In einer Urkunde vom Jahre 1364 ließt man: Comes vulgo Greb und in einer andern vom Jahre 1566 Comitibus Greb dietis (In der Urkundenſammlung des Herrn Hof-Seècretairs Lud vig v. Rosenfeld) und im Biſtritzer Diſtrikt werden die Dorfrichter auch heute noch Graͤfen genannt. — Solche erbliche Comites ſcheinen unter andern die Co- mites de Ruſfomonte, oder Greben von Rothberg ges geweſen zu ſeyn; denn in der, weiter oben citirten, Ur— kunde vom Jahre 1572 erſcheint unter den Senioren der ſieben Stühle ein Laurentius Comes de Ruffo- monte; derfelbe, oder vielleicht deſſen Sohn Comes Laurentius de Veresmorth führte 1411 Proceß wegen dem erblichen Beſitz einer Muͤhle in Rothberg, welcher ihm auch zugeſprochen wurde aber damals war er ſchon kein Ortsbeamter mehr, ſondern er war Judex Regius Sedis For! Ruthenorum und fein Sohn Petrus war Jude regius Sedis Luschkirch, 122 (im National Archiv N. 135) als welcher er auch noch in einer Urkunde vom Jahre 1452 erſcheint. (Ebenda— ſelbſt Nro. 66.) Daß übrigens die Comites einzelner Ortſchaften zugleich auch Judices Regii waren, iſt zwar bekannt, und auch in den erwaͤhnten beiden Ur— kunden von den Jahren 1411 und 1432 findet man den, ſchon in der vorhergehenden erſten Urkunde erwaͤhnten, Joannes Comes de Mergendal oder de valle ma- riae als Judeæ regius sedis Schencht, einen Comes Andreas de Stein als Judex regius Sedis Kozd und einen Comes Heidenricus de Alcina als Jude regius de Luschkirch; aber alle dieſe Ortſchaften la— gen im Umfang der betreffenden Kreiſe ſelbſt; Rothberg hingegen liegt im Hermannſtaͤdter Stuhl und die dorti— gen Comites waren, wie wir weiter oben ſehen, Koͤ— nigs⸗Richter des Reußmaͤrkter und Leſchkircher Stuh— les. Sonderbar iſt es, daß die obgenannten Hedericus de Olczona und Laurentius de Veresmarth in einer fpätern Urkunde vom Jahr 1440 (im Birthelmer Archiv) ohne den Titel Comes erſcheinen. — Solche erbliche Greben waren auch in Wizakna oder Salzburg bei Hermannſtadt, deren Haus ſchon im Jahr 1222 für adelich erklaͤrt und mit der Königsrichterwuͤrde belehnt wurde; wahrſcheinlich war dies auch die Veranlaſſung dazu, daß Salzburg in der Folge vom ſaͤchſiſchen Na— tionalkoͤrper abgeriſſen wurde. — Zu Anfang des XV. Jahrhunderts verlieh die Gemeinde Birthelm den Co- mitatum seu Gerebatum des Marktes dem Nicolaus und Georgius, Söhnen des Appa von Almakerek (wahrſcheinlich Stammvater der Apafi’fihen Familie) unter gewiſſen Bedingungen, aber 1440 ſtellt Nicolaus das Graͤfenamt der Gemeinde wieder zuruͤck. — Ferner war das Graͤfenamt (Officium Gerébség) in Hetzel— dorf, Mediaſcher Stuhles, erblich und der Wohnſitz der Graͤfen war eine adeliche Curia. Dieſe Graͤfſchaft wurde von Stephan und Sigismund Haller dem 123 Kanzler Simon Pechy verkauft muß aber fpäter an den Fiseus gefallen ſeyn; denn 1625 verkauft Fürſt Gabriel Bethlen das, zum Radnother Dominium ges hörige, Gerebhäs in Hetzeldorf der dortigen Gemeinde für 2000 fl., und nachdem im Jahr 1627 die Status tion vollzogen worden, ertheilt er derſelben im Jahr 1628 eine neue Urkunde, welche auf dem Landtag ne- mine contradicente publicirt wurde. Demungeachtet mußte aber die Gemeinde 1651 auch dem Simon Pe- chy noch 1700 fl. zahlen. — Auch in Nagy Kapus, Mediaſcher Stuhles, wollte der dortige Greb fein Amt in ſeiner Familie erblich machen; aber im Jahr 1474 wurde ein diesfaͤlliger Streit zu Gunſten der dortigen Gemeinde entſchieden. — 1555 verlieh K. Ferdinand dem Marktflecken Meſchen das ſchon ſeit vielen Jahren beſeſſene Graͤfen-Amt, mit dem Beiſatz, daß die Ein— wohner einen geeigneten Menſchen dazu waͤhlen ſollen; woraus zu ſchließen iſt, daß auch dort das Graͤfenamt einſt erblich geweſen ſeyn muͤſſe, weil ſonſt die Gemeinde keiner beſondern Schenkung darüber bedurft haͤtte. — Die meiſte Aehnlichkeit mit dieſen Erbgrafen hatten unſtrei— tig die Schultheiße, Seulteti, in Ungarn, welche ſich mit der Zeit nicht nur adeliche Rechte, ſondern auch die Herrſchaft über ihre Mitcoloniſten und Pflegebefohlenen anmaßten. (Siehe Schwartner, de Scultetiis quon- dam in Hungaria obviis und vergleiche: Eder Ob- servationes ad Felmer p. 251.) Die Sachſen hatten alſo vollkommen Recht, wenn ſie gegen die Erblichkeit der Grafen-Aemter ſtritten, und ſelbe auch da, wo ſie ſich eingeſchlichen hatte, auszurotten trachteten. 5. Doch nicht nur das Graͤfen-Amt einzelner Ort— ſchaften, ſondern auch das Graͤfen-Amt oder die Koͤ— nigsrichterwürde ganzer Stühle ſuchten ſich gewal— tige Familien anzumaßen oder wußten die Verleihung deſſelben zu erſchleichen. So erſcheint z. B. der ſchon 12 obenerwaͤhnte Joannes Comes de Mergendal oder de valle Mariae (Marienthal, Mergeln,) laut den, im Vor— hergehenden citirten, und auch laut der hier gelieferten er— ſten Urkunde im Jahre 1411 Koͤnigsrichter, im J. 1413 Stuhlsrichter, und Jahre 1432 wieder Koͤnigsrichter im Schenker Stuhl; nach der Hand aber ſcheint er, oder noch wahrſcheinlicher deſſen Sohn, im Jahre 1458 bei der Wahl des Koͤnigs Mathias deſſen Nebenbuhler unterſtützt und ſich dadurch deſſen Ungnade zugezogen zu haben, welches zur Folge hatte, daß ihm das Graͤ⸗ fen⸗ oder Königsrichter Amt des Schenker Suhls (Gerebatum sedis Senk; alſo waren Graf und Koͤ⸗ nigsrichter gleichbedeutend) entzogen und dem Georg Thobiasi verliehen wurde. Doch noch in demſelben Jahr wußte er ſich die Gnade des Koͤnigs wieder zu erwerben und den Befehl zu erwirken, daß Georg Thobiasi von dem ihm verliehenen Graͤfenamt entfernt und dieſe Stelle dem Johann von Mergendal zurückgeſtellt wer; den ſolle. (Im National Archiv Nro, 191.) Aber auch Georg Thobiasi ſcheint nicht geneigt geweſen zu ſeyn, das ihm verliehene Amt willig fahren zu laſſen und end— lich doch den Sturz feines Mitbewerbers bewirkt zu ha- ben; denn 1467 verlieh K. Mathias wieder ihm und deſſen Söhnen Ladislaus und Thobias die Schenker Köͤnigsrichterwuͤrde auf Lebenszeit. Indeſſen konnte ders ſelbe ſich auch diesmal ſeines erſchlichenen Gluͤckes nicht erfreuen, denn die Sachſen, eingedenk des ihnen durch das Privilegium Andreanum in den Worten: et ipsum populi eligant, qui melius videbitur ex- pedire, verliehenen freien Wahlrechtes, fuͤhrten Be— ſchwerde bei dem König, und dieſer erklaͤrte 1478 die Verleihung für nichtig, und geſtattete den Schenkern, wen immer zu ihrem Koͤnigsrichter zu wählen, nur nicht den Sohn des vorerwaͤhnten treuloſen Johann von Mer- gendal (im National Archiv Nro. 1317). 125 Aehnliche Umtriebe gegen die freie fächfifche Ber, faſſung und das, den Sachſen zuſtehende Wahlrecht gab es auch in andern Stühlen: 1459 verlieh derſelbe K. Mathias die Koöͤnigsrichterwürde des Leſchkircher Stuhles dem Niklas und Michael Gerendi, und wiewohl im Jahre 1561 dem Stuhl das freie Wahl— recht wieder gerichtlich zugeſprochen wurde, ſo war laut einem, in der Altzner Kirche befindlichen Denkmal noch 1585 Paul Gerendi Königsrichter des Altzner oder Leſchkircher Stuhles. — 1494 verlieh K. Vladis- lav II das Königsrichter Amt von Reps dem Mathias Pongracz, widerrief aber gleichfalls in der Folge dieſe Verleihung. — Nachdem einige Edelleute von Illye (Joannes filius Dionysii de Illye ac Bene- dictus frater ejusdem) das Königsrichter Amt des Stuhles Szäszväros an ſich geriſſen hatten, und die Sachſen der ſieben Stühle darüber Klage führten, fo befahl K. Vladislav I im Jahre 1441 die Rückſtellung deſſelben; aber bald entſtand eine neue Gefahr, denn die, aus der Walachei dahin verpflanzte, gewaltige Familie Olah trachtete ſich das Königsrichter Amt erb— lich zu machen. Der erſte aus dieſer Familie, welchem das obige Amt zu Theil wurde war Ladislaus; im Jahre 1464 waͤhlte der Stuhl deſſen Sohn Ma- thaeus; 1476 fihreiben die Szaszvaroscher den Her— mannſtädtern, fie wollten ſich einen Koͤnigsrichter wählen und ihnen denſelben vorſtellen, folglich ſcheint der obige Mathaeus geſtorben zu ſeyn; und 1495 war wirklich Stephan Croncz Königsrichter; (National Archiv Nro. 544), aber 1506 erſcheint laut einem alten Hermannſtaͤd— ter Protokoll ſchon wieder ein Stephan Olah, vielleicht ein Sohn des Mathaeus, in dieſem Amt; 1520 ver; lieh der ſchwache K. Ludvig dasſelbe dem Mathaeus Olah (Nobili de Szaszvaros) auf Lebenszeit, mit dem Beiſatz, daß er feinem alten Vater Stephan un; mittelbar folgen ſolle (im National Archiv Nro. 226) 126 und unter der Regierung des K. Ferdinand I war wirklich dieſer Mathaeus Olah, ein Bruder des Gras ner Erzbiſchofs Niklas Olah, Koͤnigsrichter daſelbſt, welches der Letztere in ſeiner Hungaria L. 1. C. 15. mit dem Beiſatz meldet, daß dieſe Wurde in feiner Fami— lie erblich ſey. Wenn aber dieſes Amt auch wirklich durch drei oder vier Generationen von Mitgliedern ſeiner Familie bekleidet wurde, ſo war dieſes waͤhrend obiger Zeit, wie wir geſehen, doch nicht ununterbrochen der Fall; auch mag dieß nicht vermög einem, der 3 Olah zuſtehenden Erbrecht, ſondern blos faktiſch ge— ſchehen ſeyn, und ſelbſt in der obigen, das freie Wahl— recht der Sachſen verletzenden Urkunde des K. Ludvig wurde dies Amt dem Mathaeus Olah nicht erblich, ſondern nur auf die Zeit feines Lebens verliehen; folg— lich war die erwaͤhnte Aeußerung des Erzbiſchofs auf jeden Fall nicht hinlaͤnglich begruͤndet. Indeſſen waͤre es intereſſant zu wiſſen: wer dem Mathaeus Olah, wel⸗ cher ſchon 1548 nicht mehr am Leben war, als Koͤnigs— richter von Szäszväros gefolgt ſey? — Doch mögen diesmal die vorhergehenden Andeutungen in Betreff der Erblichkeit der Aemter in der Mitte der färhfifchen Nation genügen. 6. Comes und Villicus ſcheinen gleichbedeutend geweſen zu ſeyn; denn nirgends erſcheint in der erſten Urkunde neben dem Comes auch ein Villicus; nur bei Hetzeldorf wird ein Comes Stephanus und ein Joan- nes antiquus villicus genannt, welches wahrſcheinlich des erſtern Vorgaͤnger im Amt geweſen ſeyn mag. Aber wer war wohl der Judex hungaricalis Domini Re- gis in Hetzeldorf? Uebrigens waren an mehreren Orten zu gleicher Zeit auch zwei Comites, wie aus der obigen Urkunde erſichtlich iſt. . nn 127 7. Zu jener Zeit waren bie Comites de villa Richvinni zugleich auch Judices Provinciales, das heißt vielleicht Koͤnigs- oder Stuhlsrichter. Dieſem zu Folge ſcheint es, daß damals Mediaſch noch nicht der Hauptort des gleichnamigen Stuhles geweſen, ſondern die Stuhls-Beamten abwechſelnd aus den einzelnen ver— ſchiedenen Ortſchaften gewaͤhlt worden ſeyen. Noch um das Jahr 1559 ſtritt Reichesdorf mit Mediaſch wegen der Gerichtsbarkeit, welcher Streit in dem beſagten Jahr durch die fachfifche Univerſitaͤt dahin entſchieden wurde, daß Civilſtreitigkeiten durch das Ortsgericht al— lein, Criminalfaͤlle hingegen nur in Gegenwart des Mediaſcher Koͤnigsrichters oder deſſen Stellvertreters entſchieden werden ſollen; die Appellation aber ſolle an die Geſchwornen der beiden Stuͤhle und den Mediaſcher Ma— giſtrat gehen. (Aus der von Heydendorfiſchen Samm— lung Bd. VIII S. 447.) — Nach Vereinigung der bei— den Stühle Mediaſch und Schelk, oder des obern und untern Stuhles wechſelte noch einige Zeit das Koͤnigs— richter Amt zwiſchen den beiden Stühlen, bis ſich ſelbe im Jahre 1555 in Gegenwart des Woewoden dahin ver— glichen, daß die Konigsrichterwürde in die Stadt Me diaſch Übertragen, dieſer Beamte aber alle Jahre durch die Geſchwornen der beiden Stühle und die Mediaſcher gewaͤhlt werden ſolle. (Ebendaſelbſt. S. 465) 8. In der Mediaſcher Urkunde von Jahre 1359 werden folgende Ortſchaften aufgezählt: Veults, Baz- na, Prothia (Prethay), Virthalm (Birthelm), vil- la Richvini (Reichesdorf), villa Hetzelini (Hetzel— dorf), Nympz (Nimeſch), Valdhuttin, Magna Kopsch (Groß-Kopifib), Villa Tobiae (Toppesdorf), Muschna, Viszdorf (Weißdorf, dermalen ein Pra— dium zwiſchen Groß-Kopiſch und Meſchen) Villa Spur- bas (unbekannt, vielleicht das heutige Faros, weiches fehlt) Busd, Villa Isopis (Eybesdorf), Bogäcs, 128 Körcz (Kirtſch). Merkwuͤrdig iſt, daß Mediaſch nicht erſcheint, welches doch damals ſchon der Hauptort des Stuhles geweſen ſeyn muß, da derſelbe deſſen Namen führte. Ferner fehlen noch folgende, dermalen zum Mer diaſcher Stuhle gehörige Ortſchaften: Markt-Schelken, Klein⸗Schelken, Frauendorf, Wurmloch, Arbegen, Klein- Kopiſch, Haſchagen, Schaal, Almen und Mor: diſch; ein deutlicher Beweiß, daß dieſe damals nicht zum Mediaſcher, ſondern zum Schelker Stuhle gehörten. 9. In der Urkunde des Albenſer Capitels vom Jahre 1572 heißen Woltz und Baßen Possessiones regales oder villae regales und die dortigen Einwoh⸗ ner hospites regales, (alſo Gaͤſte, nicht Untertha— nen) oder populi regales ; in der Urkunde der ſaͤch— ſiſchen Univerſitaͤt vom Jahre 1402 heißen dieſe Leute gleichfalls hospites; und in dem Transsumt des Fuͤrſten Bäthori vom Jahre 1588 werden die er— waͤhnten beiden Ortſchaften oppida Saxonicalia und ihre Bewohner univers Cives et Inhabitatores genannt. Dagegen heißt Woͤltz in einer Urkunde des K. Mathias vom Jahre 1471 und in der Beſtaͤttigung derſelben durch K. Vladislav: Villa nostra Saæoni- calis und die dortigen Einwohner universi populi el, » Jobagyiones. (In der v. Heydendorf ſchen Sammlung Bd. VIII. S. 455.) Man ſieht daraus, wie oft der Curialſtyl gewechſelt hat, und wie wenig auf ſolche Be— nennungen zu bauen iſt. 10. In der erſten Urkunde erſcheint eine Villa Bone- tis, in der zweiten Villa Bajun, worunter ohne Zwei— fel Bannesdorf zu verſtehen iſt; aber befremdend iſt es, daß ſie Villa regalis genannt wird, da doch dieſer Ort ſchon damals nicht zu dem Mediaſcher Stuhl gehört zu haben ſcheinet, weil er ſonſt in der Reihe der uͤbrigen Provincialen des Stuhles mitgezählt worden wäre. 129 11. In der eroͤfterten Capitularurkunde erfcheinen folgende zwei merkwürdige Stellen: eo jure, quo ip- sis dignoscitur pertinere qurium regalium perpe- tuo possidendum, und weiter unten eo jure quo ipsis pertinuissent et debuissent pertinere sub no- mine regio perpetuo per eosdem possidendas te- nendas et habendas ; und wenn diefe Stellen auch nichts weniger als klar und deutlich find, ſo ift doch daraus erſichtlich, daß die Sachſen ihren Boden Jure oder nomine regio erbeigenthüͤmlich beſitzen. 12. Die Univerſitaͤt nennt ihr Transsumt ein Privilegium, woraus erhellet, daß zu jener Zeit alle Urkunden mit dieſer Benennung belegt worden ſeyen. 15. Der in der Capitular Urkunde genannte Woe⸗ wode war Emericus Bebek oder Bubek, welcher die; fe Würde ſchon im Jahr 1569 bekleidete. 130 V. Zwei unedirte feltene römiſch⸗ daciſche Münzen. Dacien aus ſeinen Muͤnzen zu entwerfen und ein treues, wenn auch nur einigermaſſen anſchauliches Bild davon darzuſtellen, iſt eine Aufgabe wohl werth und wichtig genug, daß ein tuͤchtiger Archaͤolog und Numis⸗ matiker fie zu löfen freudige Hand anlegte. Und da bauptſächlich jene drei entferntern ſich begraͤnzenden Zeitz abſchnitte: Dacien als ſelbſtſtaͤndiges Königreich , als römiſche Provinz und bald nach feiner Preisgebung an die Barbaren, von faſt undurchdringlichem Dunkel um— ſchleiert find, fo muß hinſichts deſſen jede kleinſte Quel— le, welche geöffnet wird, und jeder ſchwache Lichtfunke, der einige Helle in dieſe Finſterniß zu bringen verſpricht, willkommen genannt werden. Ein erſter Anfang auf dem numismatiſchen Felde, wurde meines Wiſſens, noch im Jahre 1808 bei Ge— legenheit der Herausgabe einer Diſſertation: De Roma- norum in Dacia Coloniis — Ant. Joanne Filtsch — anfangsweife unter dem Namen: Dacia in numis an- tiquis, mit Gluck gemacht und durch den Druck zugleich bekannt gegeben. Dieſer kurze noch unvollſtaͤndige Ent— wurf, für welchen der Verfaſſer ihn ſelbſt erklaͤrt, gab die erſte Veranlaſſung zu dem Entſchluße, die Sache von neuem aufzunehmen und unter dem Titel: „Die antiken Münzen, eine Quelle der aͤltern Geſchichte Sie⸗ 131 benbuͤrgens“ etwas vollſtaͤndiger bearbeitet dem „Archive für Kenntniß von Siebenbürgens Vorzeit und Gegen, wart“ einzuverleiben, wovon bis jetzt in jener Zeitſchrift blos zwei abgeriſſene Stücke erſchienen ſind, ein Anfang und eine Fortſetzung, mit verſprochenem aber noch nicht erfolgtem Schluße. Einen kleinen Beitrag zu dieſer geſchichtlichen Schilderung Daciens aus antiken Münzen, mögen auch die auf der nachfolgenden Tafel abgebildeten zwei bronze— nen, wenig bekannten und nicht edirten Medaillons liefern. 1. Die mit zwei thurmaͤhnlichen Erhöhungen abges bildete Donaubruͤcke Trajans, über welche der mit der Strahlenkrone geſchmückte Imperator auf dem zweiraͤ— drigen Triumphwagen, den Zuͤgel in der Hand, ein Stiergeſpann im langſamen Gange lenkt und mit einer den Wagen begleitenden, gehelmten maͤnnlichen Figur. Der Avers ſtellt den ſchrecklichen Zeitpunkt dar, wo Decebalus, der von den Römern uͤberwundene und von allen Seiten total geſchlagene König der Dacier, unter dem Abhange einer, wie's ſcheint, in Flammen ſtehenden hohen Bergfeſtung in ſein eigenes Schwert ſich ſtuͤrzt. Die zackige Krone falle dem Hinſinkenden vom Haupte, waͤhrend ein geharniſchter und mit der Lanze bewaffneter Kriegsmann ein geſatteltes Roß am Zügel führend herbeiſchreitet und Augenzeuge von der Trauer— ſcene iſt. Ein zweiter gepanzerter Krieger geht an der linken Seite des Pferdes. Von unten, am linken Ran— de des Schauſtuͤckes, erhebt ſich ein langes Füllhorn und ſcheint feinen Segen auszuſchuͤtten gegen die Fer ſtung, über deren offenem Thore ein rom. Legionsadler aufgepflanzt iſt. Unter Allem ſtehen die Worte: OCUPATA. DACIA. 9 * 132 Eine ähnliche, der eben beſchriebenen faſt gleiche, jedoch auf beiden Seiten in vieler Hinſicht verſchiedene, Münze, iſt die nachfolgende zweite: 2. Die beinahe gleiche, mit Baſteien befeſtigte Dos naubrucke Trajans, über welche mit ungekroͤntem Haup⸗ te, auf dem Triumphwagen, den Zuͤgel in der Hand, der heldenmuͤthige Kaiſer ein Pferdgeſpann (biga) lenkt. Zuruͤck nahe beim Wagen ſchreitet eine gehelmte maͤnn⸗ liche Figur. Der linke Thurm oder Bruͤckenkopf führe die auf die Bezwingung des gewaltigen Rieſenſtromes ſich beziehende, vertical eingegrabene Inſchrift: IS TER. — — PERAT. (SVPERAT VS). Die Kehrſeite ſtellt den verhaͤngnißvollen Augen; blick des ſich ſelbſt entleibenden Daker Koͤnigs, Dece— balus, ganz gleich, wie auf der erſten Münze, dar; nur iſt die Feſtung — wahrſcheinlich des Königs Re— ſidenz — über welcher zwei roͤmiſche Legionsadler em— porgerichtet ſind, und unter welcher die verzweifelte That ausgeübt wird, nicht im Brande, wie's bei der vorſtehend beſchriebenen der Fall zu ſein ſcheint. Hinter dem Fallenden ſchreiten zwei mit Lanzen bewaffnete Kriegsmaͤnner zugleich mit zwei am Zügel hinter ſich führenden Roſſen herbei. Zwiſchen letztern kommt ein dritter mit Harniſch und Helm bekleideter Krieger. Das langgebogene Cornucopiaͤ ſchuͤttet hier, wie's ſcheint, auf die Goldbergwerke ſich beziehende Gegenſtaͤnde: Ham— mer und Schlaͤgel und Goldſtuͤcke u. dergl., auf die Stadt aus. Darunter wird die naͤmliche Inſchrift, wie auf der erſten Münze geleſen: OCVPATA DACIA. Dieſe Medaillons größter Gattung, von faſt 27 Zoll Breite im Durchmeſſer, 3 Zoll Dicke, und von Bronze, wurden zu verſchiedenen Zeiten und an zwei von einander ſehr entlegenen Orten unſeres Vaterlandes aus, 133 gegraben: die erſte welche in der Hunyader Geſpan— ſchaft, bei Deva, gefunden wurde, befindet ſich da— ſelbſt im Beſitz eines Arztes; die zweite ward im Ma— roſcher Stuhl, bei Gyalakuta, gefunden und iſt gegen— wärtig im Beſitz der verwittweten Frau Gubernialrärhin von Malom. Deva und Gyalakuta find zwei an der Trafanſtraße, oder wenigſtens nicht weit davon, gelegene Orte; letzteres, tief im Oſten Sieben⸗ bürgens, am rechten kleinen Kokelufer, in der Nähe von Nyaradto, wo Napoca, die römiſche Kolonie einſt ſtand, und durch welche die berühmte Kunſtſtraße über Jobagyfalva und Mikehaſa gegen die moldauiſchen Gebirgspäſſe, mit ihren gegen die kleine und große Kokel verzweigten Nebenäſten ſich erſtreckte; erſteres, Deva ( einft Singidava), nächſt der weſtlichen Landes gränze auf dem linken Maroſchufer, wo die große röm. Heerſtraße durch das herrliche Maroſchthal gegen Apulum, das jetzige Karlsburg, ſich hinzog. Dieſe großen und ſeltenen Schauftüce gehören in die Reihe Trajaniſcher Münzen vom Jahre 105 nach Ehr. Geb., wo in den Feldern Daciens die letz— ten entſcheidenden Treffen ſtattfanden, in dieſe Zeit, in welcher die zahlreichen Geldſtücke mit den bekann⸗ ten Aufſchriften: DANUVIUS — VICTA DACIA und DACIA CAPTA— geprägt wurden; fie find folglich als ein Nachtrag zu den „antiken Münzen im 1. Heft des erwähnten Archivs für die Kenntniß von Siebenbürgens Vorzeit u. ſew. anzuſehn. Wenn die vorliegende Beſchreibung nicht durch⸗ aus, wie der Beſchreiber wünſcht, treu und richtig ge— diehen fein dürfte, fo glaubt er einige Entſchuldigung da— rin zu finden, daß ihm nicht die Originalien der Me— daillons, ſondern von dem erſten nur ein undeutlicher Schwefel- und Bleiabguß, und von dem zweiten blos eine Handzeichnung zu Gebote geſtanden; hofft indeſſen, unterftüge durch freundſchaftliche mündliche Mittheilun. 134 gen geweſener Augenzeugen, die Hauptſache nicht ver— fehlt, und fuͤrchtet blos bei den Einzelnheiten vielleicht manchmal nicht das Rechte getroffen zu haben, zumal die vom Stempelſchneider mittelmaͤßig gehaltene Aus— führung der an ſich großartigen Gedanken keinen hohen Grad der Kunſt anſpricht. Die Sculptur dieſer merk— würdigen Medaillons kuͤndigt unleugbar ſich als ein Erſt— lingsproduckt aus Dacien an, wo Mars, der ſtuͤrmen— de Kriegsgott, noch nicht Platz gemacht den milden Kuͤnſten der Pallas. VI. Zur Beachtung für alle Freunde vaterlän⸗ viſcher Geographie. Die verdienſtlichen Forſchungen des Herrn A. K. in Betreff der theils abſoluten, theils verhaͤltnißmaͤßigen Hoͤhenbeſtimmungen in unſerm Vaterlande, und deſſen Mittheilungen über die dießfaͤlligen Reſultate in den letz— ten Nummern der Kronſtaͤdter Blaͤtter für Geiſt, Ge— müth eto, vom v. J. erregten in mir nicht blos den Wunſch, fondern auch die Hoffnung, daß es uns auf dem Wege fleißiger und moͤglichſt genauer Höhen Meſſun— gen mit der Zeit gelingen werde, die mittlere Hoͤhe un— ſers Vaterlandes nach A. v. Humboldts großartiger Is dee zu beſtimmen, und ich darf wohl nicht befürchten, etwas Ueberflüͤßiges zu thun, wenn ich diejenigen, wel— che ſich fuͤr die Sache intereſſiren, auf jene nur ohn— laͤngſt (18. Julius 1842) in der Sitzung der phyſika— liſch⸗ mathematiſchen Claſſe der Akademie zu Berlin von Humboldt vorgetragne Idee und Verfahrungsweiſe auf— merkſam mache. Die wenigen Bemerkungen, die ich in Bezug auf unſer Vaterland hinzuzufügen wünfche, wer— den erſt am Orte ſein, nachdem ich einen belehrenden Auszug im nothwendigen Zuſammenhange aus der in— tereſſanten laͤngern Abhandlung werde gegeben haben. „ A. v. Humboldts Verſuch die mittlere Höhe der Eon; tinente zu beſtimmen.“ (Auch in der Beilage zur All— gem. Zeitung Nro. 278 und 279 vom v. J. ganz abs gedruckt). „Unter den numeriſchen Elementen, von de— 136 —— ren genauen Eroͤrtrung die Fortſchritte der phyſiſchen Erdbeſchreibung abhaͤngen, gibt es eines, deſſen Beſtim— mung bisher faſt gar nicht verſucht worden iſt. Der Unglaube an die Moglichkeit einer ſolchen Beſtimmung iſt vielleicht die Haupturſache dieſer Vernachlaͤßigung ge— weſen. Die Erweitrung aber unſers orographiſchen Wiſ— ſens wie die Vervollkommnung der Karten großer Laͤn— derſtrecken hat mir den Muth gegeben, mich ſeit Jah— ren einer mühevollen, ſehr ſteril ſcheinenden Arbeit zu unterziehn, deren Zweck die genäherte Kenntniß der mittlern Hoͤhe der Continente, die Beſtimmung des Schwerpuncts ihres Volums ſei. Bei dieſem Gegen— ſtand wie bei vielen andern der Dimenſionen des Welt— baues, der wahrſcheinlichen Entfernung der Fixſterne, der mittlern Temperatur der Erdpole oder des ganzen Luftkreiſes im Meeresniveau, der Schaͤtzung der allge— meinen Bevoͤlkerung der Erde, kommt es darauf an, die Graͤnzzahlen zu erlangen, zwiſchen welche die Reſul— tate fallen müffen, von dem Bekannten aus einem ein— zigen Lande, z. B. von der genau geometriſch und auch hypſometriſch dargeſtellten Oberflache von Frankreich; allmaͤlig zu groͤßern Theilen von Europa und Amerika durch Analogien geleitet uüberzugehen und zugleich aber allen numeriſchen Angaben nachzuſpuren, die in neuern Zeiten, befonders für Inner, und Weſtaſien uns in fo erfreulicher Fülle zugekommen find, Aſtronomiſche Orts— beſtimmungen, um die Graͤnzen zwiſchen den Gebirgs— abfaͤllen und den Rändern der Ebnen bis zu 300 oder 400 Metres abſoluter Hoͤhe auszumitteln, ſind am ſorgfaͤltigſten zu ſammeln. Die Moͤglichkeit einer ſolchen Ergründung der Graͤnzen und der davon abhängigen Vergleichung des Flaͤcheninhalts der Ebnen und der Gebirgsgrund flachen habe ich früher in geo— gnoſtiſchen Unterſuchungen über Suͤdamerika gezeigt, wo die lange auf einer ungeheuren Gangſpalte mauerar— tig erhobne Cordillere der Andes und die Maſſenerhe⸗ 137 bungen der Parime und Braſiliens in allen äftern Kar— ten ſo unrichtig umgraͤnzt waren. Es iſt allgemeine Ten— denz der graphiſchen Darſtellungen, den Gebirgen mehr Breite zu geben, als ſie in der Wirklichkeit haben, ja, in den Ebnen die Plateauxr verſchiedner Ordnung mit einander zu vermengen. „Wenn man verſucht die mittlere Höhe der Conti— nentalerhebungen über dem jetzigen Niveau der Meere zu beſtimmen, ſo heißt das den Schwerpunet des Volums der Continente über den jetzigen Meeresſpie— gel auffinden — eine Unterſuchung, die ganz von der verſchieden iſt, ſtatt des centre de gravit& du volu- me (Schwerpunct des Volums) den Schwerpunct der Continentalmaſſe (centre de gravité des masses), aufzufinden „da der ſich uber dem Meere erhebende Theil der feſten Erdrinde keineswegs von homogener Dichtig— keit iſt, wie die Geognoſie und Pendelverſuche lehren. Der Gang der einfachen Rechnung iſt der: man be— trachtet jede Gebirgskette als ein dreifei« tiges horizontal liegendes Prisma. Die mittlere Höhe der Gebirgspäffe, welche die mittlere Hoͤhe des Gebirgsrückens be— ſtimmt, iſt die Höhe der Seltenkaute des liegenden dreiſeitigen Prisma's, ſenkrecht auf die Fläche gefällt, welche die Baſis der Gebirgskette ausmacht. Die Hochebnen (Plateaux) find als ſtehende Prismen ihrem Juhalte nach berechnet worden, Um ein europdifches Beiſpiel zu geben, erinnere ich, daß die Oberflaͤche von Frankreich 10,087 geographiſche Ouadratmeilen enthält, Nach Char— pentier beträgt die Grundfläche der Pyrenden 430 dieſer Quadratmeilen. Obgleich die mittlere Höhe des Kam— mes der Pyrenden 7500 Fuß betragt, fo babe ich doch eine kleinere Höhe angenommen wegen der Erofionen des liegenden Prisma's, welche die häufigen tiefen Quer⸗ 138 thaͤler als volum vermindernd bilden. Der Effect der Pyrenaͤen auf ganz Frankreich iſt nur 35 Metres oder 108 Fuß. Um dieſe Quantitaͤt naͤmlich wuͤrde die Nor— maloberflaͤche der Ebnen von ganz Frankreich, die ſich durch Vergleichung vieler genau gemeſſenen, wohlgele— genen, d. h. dem Centrum angehörigen Orte (Bourges, Chartres, Nevers, Tours u. ſ. w.) ergibt und 480 Fuß betraͤgt, erhöht werden. Die Rechnung, die ich mit Herrn Elie de Beaumont gemeinſchaftlich angeſtellt, er— gibt nun folgendes allgemeine Reſultat 1. Effect der Pyrenaͤeeeemn 2 . . 18 Toiſen 2. Die franzoͤſiſchen Alpen, der Jura und die Vogeſen, ihr gemeinſamer Effect 20 — 3. Gemeinſamer Effect der Plateaur des Li— mouſin, der Auvergne, der Ceven— nen, des Aveyron, Forez, Morvant und Cöte d'or 18 — Da nun die Normalhoͤhe der Ebnen von Frankreich und der weiteſten Erſtrek— kung . * 0 . * * . „ . . 80 3 ſo iſt die mittlere Hoͤhe von Frank— reich hoͤchſden sz. 156 Toiſen oder 816 Fuß. „Das ausſchließlich europaͤiſche Flachland, deſſen Normalhoͤhe man nicht über 60 Toiſen anſchlagen kann, hat, genau gemeſſen, neunmal den Flaͤcheninhalt von Frankreich. Die ungeheure Ausdehnung dieſer min— dern Region iſt die Urſache, warum die mittlere Con— tinentalhoͤhe von ganz Europa mit 170,000 geogr. Q Meilen um volle 30 Toiſen kleiner ausfaͤllt, als das Reſultat fir Frankreich. Ohne länger durch Zahlen ermuͤ— den zu wollen, füge ich nur die fr eine allgemeine geogno— 139 frische Anſicht nicht ganz unwichtige Betrachtung hinzu, daß Maſſenerhebungen von ganzen Laͤndern als Hocheb— nen einen ganz andern Effect auf Erhoͤhung der Schwer— punkte des Volums hervor bringen als Bergketten, wenn fie auch noch fo betraͤchtlich an Länge und Höhe find, Waͤh— rend die Pyrenaͤen auf ganz Europa kaum den Effect von einer Toiſe, des Alpenſyſtem, deſſen Grundflaͤche die der Pyrenäen fait viermal übertrifft, den Effect von 3 Toiſen hervor bringen, bewirkt die iberiſche Halbin— ſel mit ihrer compacten Plateaumaſſe von 300 Toiſen Hös he, einen Effect von 12 Toiſen. Das iberiſche Plateau wirkt demnach auf ganz Europa viermal ſo viel als das Alpenſyſtem. Das Reſultat der Berechnungen iſt meiſt ſo befremdend, daß es ſich aller Vorausbeſtimmung zu entziehn ſcheint.“ Humboldt verbreitet ſich nun ausführlicher ber A- ſien und gibt zuletzt die Schlußreſultate ſeiner ganzen Arbeiten, aus welchem ſich als merkwürdig ergibt, daß das von Laplace angegebene Maximum der mittlern Con— tinentalhoͤhe um zwei Drittel zu groß iſt, daß die ge— ringſten Höhen in unſrer Hemiſphaͤre den Continental— maſſen des Nordens zugehoͤren; daß fir Europa 105, für Nordamerika 117, fir Aſien, deſſen Intumescenz zwiſchen 28° und 40° Breite durch die mindernde Wir— kung des dritten Theiles vom ganzen Continent, des ſi— biriſchen Tieflandes, deſſen Normalhoͤhe kaum 40 Toiſen beträgt, compenſirt wird, 180, für Südamerika 177, für den ganz neuen Continent 146 Toiſen ſich ergeben und endlich fir die Höhe des Schwerpunctes des Dos lums aller Continentalmaſſen (Afrika, an das zu früh fein wurde ſich wagen, nicht eingerechnet) über dem heutigen Meeresſpiegel 157, 8 Toiſen, oder 507 Me— 140 tres. Man lieſt, ſagt er zuletzt, gewiſſermaßen in jenen Zahlen, in welchen Theilen unſrer Erdoberflaͤche der Vul— kanismus (die Reaction des Innern gegen das Aeußere) durch uralte Hebungen am kraͤftigſten gewirkt hat. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß dieſe Reſultate nicht der Schluß, ſondern nur der Anfang des großen Werkes ſeien, das Humboldt ſelbſt nur noch einen „Verſuch“ nennt, und zu dem auch nur einen Stein — hier faſt im buchſtaͤblichen Sinne des Wortes — zuzufuͤhren, ver— dienſtlich ſein muß. Wollen wir nun bei dem auch unter uns ſich immer maͤchtiger regenden Eifer, unſer Land in oro- und chorographiſcher und geognoſtiſcher Hinſicht zu erforſchen auf jene große Idee Humboldts eingehen und bei unfern Forſchungen uns von ihr leiten laſſen, fo wuͤr— den unſere Bemühungen in dieſer Hinſicht, nicht im Kleinlichen ſich verlierend auch einen großen Zweck verfolgen und wir haͤtten das doppelte Verdienſt, nicht nur dem Vaterlande einen materiellen Vortheil, ſondern auch der Wiſſenſchaft einen um ſo wichtigeren Dienſt zu erweiſen, da die Karpathen nach jener Idee und zu jenem Zwecke noch nicht erforſcht ſind. Wir duͤrfen uns da— durch nicht abſchrecken laſſen, daß wir etwa mit dem ganzen Karpathenſyſtem beginnen müßten. Unſer Das kerland bietet uns ſehon etwas fo ziemlich Abgeſchloſſenes für unſere dießfaͤlligen Bemühungen dar, behalten wir die Ehre derſelben unter uns und laſſen ſie nicht ins Ausland wandern, wie Aſien u. a. Daß dem geiſtrei— chen Naturforſcher Humboldt derartige Hoͤhenbeſtim— mungen auch von kleinern Partien zu ſeinem Zwecke boͤchſt willkommen ſeien, beweiſt der Umſtand, daß er Hrn. v. Hoff aufforderte, die mittlere Höhe feines hyp— ſometriſch vermeſſenen Landſtriches in und um Thuͤrin⸗ gen zu berechnen. Zur Darnachrichtung fuͤhre ich an, daß Hr. v. Hoff auf einer Landſtrecke von 224 geogr. Meilen die Hoͤhen von 1076 Punkten mit ſeltner 141 Genauigkeit gemeffen und demnach fait 5 Höhen auf je der U Meile beſtimmte, was freilich ſehr viel iſt, daß dagegen der Gebirgsrücken der Pyrenden nur aus 25 Paͤſſen berechnet wurde. Vereinte Kraͤfte könnten unſer Siebenbürgen, fo wie den es umgebenden Gebirgskranz, ſelbſt bis zu ſeinen Abfaͤllen in die Nachbarlaͤnder, wel— che zum Theil auch auf leichtere Art durch Analogien berechnet werden koͤnnten, nach der angeführten Idee und Methode berechnen. Wir zaͤhlen ſchon mehrere wak— kere Ingenieure im Lande; auch hat der loͤbl. Magiſtrat zu Schaͤßburg vortreffliche Inſtrumente, gewiß die ein— zigen im Lande, angeſchafft, die unter den Haͤnden des dortigen tüchtigen Kreisingenieurs gewiß nicht roſten wer⸗ den, von denen aber noch zu wuͤnſchen waͤre, daß ſie in ſo paſſenden Haͤnden auch fuͤr einen groͤßern Kreis verwendet wuͤrden, wozu freilich mehr Aufmunterung und Unterſtuͤtzung gehört, als man fie bis noch uns ter uns zu erfahren gewohnt iſt. Freilich find im Gans zen unſere Kraͤfte auch in dieſer Hinſicht noch ſchwach. Wir ermangeln der leitenden allgemeinen Idee, der ge— Bag feſten und gehoͤrig ausgedehnten wiſſenſchaftlichen aſis; unſer Wiſſen iſt noch zu ſehr unzuſammenhaͤn⸗ gendes Stuͤckwerk. Darum ſollten unſere kuͤnftigen An, genieure ihr Studium von einem hoͤhern Geſichtspunkte aus und in weiterer Ausdehnung betreiben; unſere Can— didaten der Theologie haben in Wien und im Ausland gute Gelegenheit, einen feſten Grund zu legen für ihr Studium der Naturwiſſenſchaften, womit ſie — abge— ſehn davon, daß kein Geiſtlicher, der auf wiſſenſchaft— liche Bildung Anſpruch machen will, dieſe Wiſſenſchaf— ten entrathen kann — ihrem Vaterlande einen weſentli— chen Nutzen leiſten konnen. Möchten fie beſonders mit der Geognoſie ſich befreunden, und durch eigne Anſchauung in den reichen Naturaliencabinetten, wie auch an der Hand einſichtsvoller Führer in der Natur ſelbſt ſich die Kennt— 142 niſſe verſchaffen, die wir uns hier, jener Grundlage er⸗ mangelnd, aus den beßten Büchern trotz aller Mühe und Plage nicht erwerben koͤnnen; moͤchten die, welche Berlin beſuchen, auch durch die Anweſenheit ſolcher Maͤnner, wie Humboldt, Ritter u. ſ. w. ſich noch mehr angefeuert fühlen zum Studium des größten und heilig⸗ ſten Buches — der Natur. A. Wellmann. 8 8 \ N * . * N Pa 4 i 9 * 1 * . . [2 - * 7 8 1 * Pr . * N 4 4 . 5 * 5 1 4 * 1 . . . 4 — P 4 — 4 N vis 9 a es 2 dr * 5 1 Bez * eee Wehe * Fr RW‘; . va: N 4 gen g i . we past 9 ER 3 5 al re Bar Ju halt. —0 — Ueber einige wünſchenswerthe naturwiſſenſchaftliche Unterſuchungen in Siebenbürgen. 8 Beiträge zur Geſchichte Siebenbürgens vom Tode König Andre— as III bis zum Jahre 1310. Von G. D. Teutſch. Entwickelung der wichtigſten Grundſätze für die erh © Sen ‚ber © inc Sprache. Von Prof. J Ein Trans Sigmund Bathori's mitgetheilt und erläutert von — — Zwei unedirte ſeltene römiſch-daciſche Münzen. (Met. Abbildung.) Zur Beachtung für alle Freunde vaterländiſcher Geographie. 5 Un. 97 des Vereins für ſiebenbuͤrgiſche ke F Dieſes Archiv ſchließt ſich an das von Hrn. Prof. J. K. Schuller herausgegebene „Archiv für die Kenntniß von Siebenbürgens Vorzeit und Gegenwart“ und enthält auch die Fortſetzung der in dem letztern abgebrochenen Auffäge. ze Hermannſtadt, 1844. Verlag des Vereins. Druck von Martin Edlen v. Hochmeiſter'ſchen Erben. (Theodor Steinhauſſen.) ET Ne e N 75 wi Aber ch i v des Vereins für fiebenbürgifche Tandes kunde. Hermannſtadt, 184A. Verlag des Vereins. Gedr. bei den v. Hochmeister'schen Erben. (Theodor Steinhaussen.) \ KEN" A * — n ’ — 7 A 17 is Jun 75 Ai 1 5 4 ee n * : Ni s 75 0 Me . ren e, * Vorwort. Der Ausſchuß des Vereins fuͤr ſiebenbuͤrgiſche Landeskunde uͤbergibt hiemit dem Publikum das zweite Heft des Vereins-Archives. Noch liegen hin⸗ reichende zur oͤffentlichen Mittheilung geeignete Bei⸗ träge vor, um das dritte Heft in kuͤrzeſter Zeit dem gegenwaͤrtigen folgen zu laſſen, mit welchem u der erſte Band gefchloffen wird. Die herannahende vierte General ae lung des Vereins wird ohne Zweifel eine neue Aernte gehaltreicher Beitraͤge liefern, und ſo die ununterbrochene Fortſetzung des Archives möglich machen. In dem Vorworte zum erſten Hefte wurde be— reits erinnert, daß die in dem Archive zur Kennt⸗ niß Siebenbuͤrgens von Herrn Profeſſor Schuller, an welches ſich das Vereins-Archib unmittelbar anſchließt, begonnenen Aufſaͤtze und Ausarbeitungen in der Zeitſchrift des Vereins vollendet und ergaͤnzt werden ſollen. Hiezu iſt nun in dem gegenwaͤrtigen Hefte der Anfang durch die zwei erſten Artikel des⸗ ſelben gemacht. Das naͤchſte Heft wird die Fort⸗ ſetzung der im zweiten Hefte des Schuller'ſchen Ar⸗ chibes begonnenen „Kritiſchen Beitraͤge zur Geſchichte des Hermannſtaͤdter Kapitels“ liefern. EReiſebericht über einen Theil der ſüdlichen Karpathen, welche Siebenbürgen von der kleinen Walachei trennen, aus dem Jahre 1838. (Schluß.) ——— Am folgenden Tag, den 2ten September, einem Sonntage, kam man noch Vormittag auf den Paß zu: rück. Bis zur Herbeibringung friſcher Pferde celebrirten die Reiſefertigen bei dem Dreißiger in Geſellſchaft der hier ellten ſämmtlichen Beamten und Beamtenfrauen das tagmal. Erwähnung verdient eine faſt ellenlange Lachs⸗ elle, welche die Tafel zierte. Die Forelle iſt in den klaren, ſteinigten Gewäſſern des Schylthals zu Hauſe. Beinahe jeder Hüttenbewohner hat fein Fiſchnetz und eine ſechs⸗ oder mehrzackige eiſerne Gabel mit langem Stiel zum Fang bei der Nacht. Das Eiſen hat die Breite und Dicke einer Männerhand; die Zacken find viereckig, gleich lange und eingekerbt. Mit dieſer Gabel, wird behauptet, — * Nachts vermittelſt einem Lichte, auf welches der un hinzieht, die größern Forellen geſtoßen und ergriffen. Auch im Flußbette ſelbſt ſind aller Orten Vorrichtungen zur Fiſcherei. Von beiden Flußufern legen die Fiſcher mit größern Steinen ins Waſſer Linien, welche dem Fluß ent⸗ lang ziehen und trichterartig ſich ſchließen, und wo ſie in die auf dieſe Weiſe eingeengten Fluthen geflochtene Köche 5 oder auf andere Art den Fang bewerkſtelligen. Die friſchen Pferde ſtanden fertig und jeder wählte ſich ſein Roß. Einen kleinen muthigen 1 5 erkor ſich Schullers Archiv II. 1. 1 fetten Dammerde beſteht, begränzt ein von Nord nach Süd mit Geräuſch hinſtrömendes Gewäſſer. Man kann es mit dem Auge nicht bemerken in der Finſterniß, die es um: hüllt; deſto lauter hört wan das widertönende Plätſchern ſeiner Wellen, bei der ſonſt herrſchenden Stille. Den dem Flußufer ſich Nahenden wehet eine feuchte, kalte Luft an, und ein unheimliches Grauen ergreift ihn beim ſchauerli— chen Anblick der ſchwarzen Nacht, welche von den labyrin— thiſchen Wölbungen, aus denen er rauſchet, und in die er ſtrömet, nimmer weichet. f Während man in den Vorhallen umherſpähend nicht nur die großartigen Umriſſe des erhabenen Naturgebäudes, ſondern auch das dazu vom großen Baumeiſter verwendete Material, den röthlichgeaderten Marmor, der zum Ueber— gangskalke zu gehören ſcheint, betrachtete, und das Geſtein mit dem geognoſtiſchen Hammer unterſuchte, hatte der grau— bärtige Walache, ein geſchäftiger Cicerone, vor der Höhle Holz zuſammengelegt, ein Feuer angemacht, und vom wei— ßen Birkenſtamme eine ſieben Schuh lange, fünf Zoll durchſchnittlich dicke Fackel — die der Länge nach einge— ſpalten und ſo zerſplittert ward, daß ſie jedoch ganz blieb — an dem einen Ende bald angezündet und ſodann durch heftiges hin und her Schwingen in der Luft eine ſtärkere Flamme erregt, als nur irgend eine Pechfackel geben kann. Inzwiſchen trug der Höhlenkundige auch eine Leiter herbei und ſetzte ſie an der linken Seite der großen Halle an ei— ne vom Boden drei Klaftern hohe Vertiefung, die Pforte zum obern Stockwerke. Hurtig, mit der brennenden Fa— ckel, erklimmte derſelbe die fünfzehn Sproſſen der Leiter. Bedächtig und behutſam ſtiegen ihm die Schauluſtigen nach. Ein weiter Raum öffnet ſich mit nicht hoher Decke, unter welcher jedoch ein erwachſener Menſch aufrecht und bequem gehen kann. Links ziehet, unmerklich abgedacht, mehrere hundert Schritte ſich die Weitung in die Länge, verzweigt und verliert ſich in kleinere Höhlungen. Rechts erſcheint der Boden der Höhlenverzweigung durchaus abgeſchnitten und längs dieſer Gränze gähnt der Abgrund. In der \ fi > dunkeln Tiefe vernimmt man mit Grauen das Rauſchen des Waſſers. Wehe dem, der einen unvorſichtigen Schritt über die verhängnißvolle Linie thut! Uebrigens dringt auf dieſem Platze, bei der Wahr— nehmung feiner trocknen Beſchaffenheit und feiner Unzu— gänglichkeit, wie von ſelbſt, ſich einem der Gedanken auf, daß derſelbe wohl einer von den Orten der Berghöhlen geweſen ſein könne, in welchen der daciſche König, Dece— balus, nach der Angabe der Geſchichte die königlichen Schätze, namentlich die Kleidungsſtücke und koſtbareſten Hausge— räthſchaften, vor den Römern verborgen hatte. Nach täu— ſchend künſtlicher Vermauerung der Thüre, die dazu führt, und zwar von demſelben Höhlenkalkſtein, wird man wohl uneingeweihet und unverrathen hier niemals eine ſo aus— gebreitete Räumlichkeit weder ſuchen noch ahnen. Nach genauer Durchforſchung des obern, verſteckten Theiles der Höhle, gings wieder an das ängſtliche Hinun⸗ terſteigen, aber mit gutem Erfolg. Der militäriſche Be— gleiter, der unterdeſſen bei den Pferden zurückgeblieben war, kam mit denſelben in die große Vorhalle, wo jeder auf ſein Roß ſich ſetzte und angerüſtet das Loſungszeichen, in das Innere der Csetate de Boale zu reiten, abwartete. Der Fackelträger gab das Signal zum Aufbruch, ging vor— aus, die Ritter folgten nach. Auf der Gränze des Tages und der Nacht, am kalten, ſchauerlichen Ufer des Flußes ſtand er ſtille, ſchwang wiederholt den kräftigen Birken— ſtamm, daß er Funken ſprühte und in hellen Flammen aufloderte. Und es entwich auf ferne Strecken den Feuer— flammen die Nacht, die wunderbarſten Geſtaltungen, ſo wie die auffallendſten Formen offenbarend. Der Führer ſchritt durchs Waſſer bis zum andern Ufer und ſchrie nachzufol⸗ gen: „haidats!“ aber die Roſſe weigerten ſich, der Pei— tſchenhiebe und Anſpornung ungeachtet, in den Fluß zu treten und ſcheuchten vielmehr zurück. Es ſchien ſich auch ihnen die Furcht Einiger von der Geſellſchaft, welchen ſich die Haare ſträubten und die Beine zitterten, mitgetheilt zu haben. In der That glaubte der mit ein wenig Einbil— * dungskraft Begabte ſich wie am Eingang und vorderſten Schlunde des Orkus. Und auch der Muthigere mußte ſich unwillkürlich an das Virgiliſche: „Hine via, Tartarei quae fert Acherontis ad undam‘* — erinnern ). End⸗ lich faßte der Führer, unwillig umkehrend, am Zügel einen Gaul und zog ihn mit Gewalt hinter ſich an das rechte Ufer. Dieſem folgten dann die andern freiwillig nach. Und es ging jetzt auf der ebenen mit Sand überſtreueten Bahn gut vorwärts. Der geſchäftige Fluß, welcher zur Linken in die Felſen ſich windet und verliert, und bald wieder aus Seitenſchluchten mit ſeinen glänzenden Wellen hervorrauſcht, die vom Fackelſchein wie magiſch erleuchteten Wölbungen und abwechſelnden Geſtalten, die empfindſame Kalte, die rückwärts, durch das Voraneilen des Lichtträgers, ſchnell wiederkehrende Finſterniß — Alles dieſes gewährt einen uns gewöhnlichen Anblick, und erregt eigene Gefühle. Und jetzt fand der zweite Uebergang über das Gewäſſer Statt. Auf der linken Flußſeite ritt nun ruhig und ſicher Einer hinter dem Andern. Als jedoch der Pfad um einen hervorſtehen— den Kalkfelſen in ſcharfem Winkel plötzlich umbog, der Fackelmann eilig in die Umbiegung ſchlüpfte, und die Mei- ſten ihm nach trottirten, ſchrie in der Ferne aus voller Kehle jämmerlich um Hilfe ein von der Geſellſchaft Zu— rückgebliebener. Auf den gehörten Angſtruf kehrte der vor— angeeilte Fackelträger wieder zurück und leuchtete dem Ab— getrennten auf den verlornen Pfad heran. Durch die plötz— liche Wendung der Bahn vom Licht abgeſchnitten und ſo— gleich in die dichteſte Finſterniß verſetzt, kehrte ſein Roß um, rannte an eine Felſenwand, wodurch am Kopfe Pferd und Reiter, Contuſionen empfingen, die jedoch der Letztere, als Andä.der der Hydropathie, an feinem Theile durch die Anwendung des kalten Waſſerbades in Bälde zu hei— len gedachte. Zum Drittenmal führte der Weg über den infernaliſchen Bach auf deſſen rechtes Ufer, an einen zwei Klaftern vom Boden erhöhten Seitenſchlund. In dieſen, *) Aeneid. VI. 294. 7 nachdem man von den Roſſen abſaß, erhob man ſich, und trat in eine hohe, ſenkrechte, thurmartige Höhlung, an de— ren Wänden gleichſam eine Art natürlicher Wendeltreppe hinanſchlangelte, welche dem Wißbegierigen es möglich macht bis hinauf zu klimmen. Einer von den Anweſenden un— ternahm es bis in den höchften Theil der Höhle zu ſtei— gen, ohne wieder herab zu kommen, indem er eine Oeff— nung fand, und aus der finſtern Unterwelt in die Ober— welt glücklich anlangend, den Zurückgelaſſenen, die doch in— deſſen ohne Säumniß auch aus der Höhle, den Fluß zum viertenmal durchſetzend, herausritten, von einer andern Seite entgegengehend und dieſelben an der Sonne willkommen hieß. Der Höhle niederſter Ausgang, von überhangenden, ſchroffen Felsklüften wild und rauh mit niederm Geſtrüppe und hohen Bäumen eingeengt, gewährt einen maleriſchen pitoresken Anblick. Den tiefſten und vielleicht intereſſanteſten Theil der Csetate de Boale einzugehn und zu durchforſchen, ſah man vor der Hand ſich genöthige zu unterlaſſen; nament- lich jenen von der großen Eingangshöhle rechts und auf— wärts, aus welchem der kryſtallhelle Bach hervorſtrömt. Dazu müßte man nothwendig beſſer abgerichtete Pferde haben, oder wenigſtens ſich entſchließen, zu Fuß die eiskal— ten Fluten des unterirdiſchen Gewäſſers zu durchwaten. Unter der Höhle, nicht weit am mehr erwähnten Flu— ße, hauſet in gewöhnlicher, mit Hof und Garten umgebe— ner Bauernhütte der höhlenkundige Walach, welchen die Weiterreiſenden für die Mühe und Dienſtfertigkeit, die ders ſelbe bewieſen, beſchenkten, und den Weg, von deſſen Woh— nung rechts, hinaufſteigend verfolgten. Dem hohen Kalk— gebirge, das ſchon tiefer unten beim Heraufkommen bemerkt wurde, war man jetzt ganz nahe, und erklimmte den von den roͤthlichweißen Kalkfelſen gegen Abend hinablaufenden Bergſattel, der die Waſſerſcheide zwiſchen dem Schyl- und Strellgebiet bildet. — 8 Archäologiſche Bemerkungen. Mit dem herrlichen Hatzeger Thal läuft faſt parallel das ihm gegen Mittag viel höher gelegene merkwürdige Schylthal. Merkwürdig, wie's ſich erwieſen und leicht da⸗ von ſich zu überzeugen iſt, nicht nur in naturhiſtoriſcher Betrachtung — (durch ſeine Talkſchiefer, Serpentine, Mar⸗ morarten, Kalkſteinhöhlen, Graphitlager, Steinkohlen, foßile Conchylien und Pflanzenabdrücke, Eiſen⸗ und Schwefelkieſe und ſogar Goldſpuren, aus den mikroſkopiſchen Unterſu⸗ chungen der Schylſchlamm- und Sandarten zu ſchließen) — ſondern auch ebenſo merkwürdig in alterthümlicher und ges ſchichtlicher Hinſicht. In der That bietet die Schylgegend dem Archäologen viel Intereſſantes, beſonders in Beziehung des zweiten trajaniſchen Feldzuges gegen die daciſche Dy— naſtie, dar. Es gibt inner den Gränzen der vaterländiſchen Gebirge dieſes Theils Stellen, wo ebenſo die topographi- ſchen Beſchreibungen der alten Hiſtoriker, nämlich des Pli⸗ nius und Dio, als auch die apollodoriſchen Basreliefs auf der berühmten, marmornen Trajanſäule zutreffen, und welche jene im Stein geformten Abbildungen in analogen Oertlichkeiten den antiquariſchen Forſcher hier auf den er: ſten Blick wieder finden und erkennen laſſen. Berichter⸗ ſtatter ward um ſo mehr von dem Schylterrain über⸗ raſcht, je mit größerer Vorliebe früher, und kurz vor dem Antritt der Gebirgsreiſe, er ſich mit dem Quellenſtudium der römiſch⸗daciſchen Geſchichte beſchäftigte; auch verſuchs⸗ weiſe einige monographiſche Arbeiten aus zufertigen *), und zu andern, ähnlichen Verſuchen Materialien zu ordnen ſich bemühte ); wobei denn alles hieher Bezügliche aufge: ſucht und erwogen, vorzüglich die alten Claſſiker und Ge⸗ ſchichtbücher nachgeſchlagen werden mußten. Und ſo für *) 3. B. die Peutinger. Tafel mit Beziehung auf Siebenbür⸗ bürgen; — Dacien in den antiken Münzen. ) 3. B. daciſche architectoniſche, artiſtiſche Denkmale, namentlich Trajans Brücke und Säule; — dann die daciſchen Inſchrif⸗ ten auf Gebäuden, Altären, Meilenfäulen, Grabſteinen u. dgl. Q die Sache angeregt und wie immer vorbereitet, trat der: ſelbe in dieſe Gegend, erſtieg die luftigen Höhen des ſo— genannten Vulkaner Gebirges, und ſuchte ſich im Geiſte, ſowohl von deſſen erhabenſten Punkten, als auch unten längs den Schylflüßen in jene alten Zeiten zu verſetzen. Auf der ſogenannten Peutingeriſchen Tafel ſind mit drei durch den Donauſtrom gezogenen Linien ebenſo viele. Flußübergänge bezeichnet, als einſt aus Unter-Möſien von Viminatium, bei Lederata, Faliatis und bei Egeta nach Dacien herübergeführt hatten. Der dritte und unterſte Weg trifft die Stelle, wo die große, ſteinerne Brücke ſtand. Die Anfänge der Feindſeligkeiten fanden unläugbar, wie beim erſten Feldzuge, ſo auch jetzt, an den beiden Ufern, im Angeſichte des Danubius Statt. Nach Vollendung des Wunderbaues der gigantiſchen Brücke, theilte ſich nothwen—⸗ dig das große römiſche Heer in drei Hauptcorps; deren erſtes den linken Flügel bildend, bei Lederata und Falia- tis über die Donau ſetzte und ſofort auf den jetzigen ſie— | | | benbürgiſchen Engpaß des ſogenannten Eiſernen-Thores anz rückte. Das zweite und dritte aber gingen über die ge: rühmte ſteinerne Brücke und theilten ſich. Ein Theil, der rechte Flügel, welchen unfehlbar der tapfere Luſius anführ— te, zog öſtlich unter den Gebirgen ſich nach dem ſieben— bürgiſchen, jetzt ſogenannten Rothenthurmer Paße hin. Das Centrum, mit den Prätorianern, welches der Kaiſer ſelbſt befehligte, rückte aus der Gegend der Brücke über Egeta, dem jetzigen Csernetz in der kleinen Walachei, gegen den vereinigten Schylfluß, wo dieſer in einem ſtarken Winkel ſich bricht, an demſelben hinauf bis an den Fuß des Ber— ges Vulkan, und erſtürmte deſſen Höhenzug, die jetzige natürliche Gränze zwiſchen Siebenbürgen und der kleinen Walachei, welche allerdings am ſtärkſten von den Daciern beſetzt, durch Holzverhaue und auf jede nur mögliche Weiſe befeſtigt und geſichert ſein mochte. Deſſen ungeachtet konnte der Durchbruch mit der römiſchen Hauptmacht hier zunächſt, wegen der Weitung und möglichen Zugänglichkeit des Ter— rains am erſten und erfolgreichſten bewerkſtelligt werden. 10 Und er ward auch bewerkſtelliget, obſchon, außer dem ver; zweifelten Widerſtande der Barbaren, die Höhe und das Steile der Plätze, wo die Angriffe geſchahen, noch immer unendliche Schwierigkeiten darboten. Mit faſt gleichen, von der Natur entgegengeſtellten Hinderniſſen hatten die beiden abgefertigten Heere zu kämpfen, welche den König von den zwei andern Seiten anzugreifen befehliget waren. Geſchla— gen am niedern Strande des Iſterſtromes, geworfen von den luftigen Höhen des Vulkaner Gebirges, flohen die Da— cier ohne Aufhalt bis in die tiefen Thalgründe hinab. Hier erſt längs den beiden Schylflüßen wieder Athem ſchöpfend, rafften ſie, die feſtungsähnlichen Sandſteinfelſen beſetzend, noch einmal die letzten Kräfte zuſammen; und jetzt galt der verzweifelte Kampf auf Leben und Tod. An die be— waldeten Urgebirge lehnen, wie ſchon erwähnt, ſich die Sand— ſteinbollwerke. Hier find die jähen Abhänge, wo die künſt— lichen auf der Trajanſäule gezeichneten Wurfmaſchinen und die Sichelwagen Gefahr und Verderben auf die Römer wälzten; dort die von den Feinden beſetzten kaum erſteig—⸗ lichen Naturfeſten, die von den Prätorianern erſtiegen und erobert wurden; hier ſieht man die Gebirgsengen, wo Lon— gin, einer von den geſchätzteſten Generalen Trajans, vom ſchlauen König überliſtet, in die Falle ging, und in der verhängnißvollen Gefangenſchaft den um ihn beſorgten Kai— ſer durch genommenes Gift aus aller Verlegenheit rieß; dort die verborgenen Gebirgsſchluchten, in welchen die ſie— genden Römer des Königs Schweſter gefangen nahmen. Während das hier geſchahe, und nun die äußerſten Linien, wo die Dacier ihre letzten Kräfte aufboten, durch— brochen und aufs Haupt geſchlagen wurden, drangen in— zwiſchen aus andern Richtungen die Heere des linken und rechten Flügels, mit dem Centrum ſich vereinigend, in das Herz Daciens. Die Niederlage ward allgemein. Die Noth und Verwirrung des Königs und feiner Anführer ſtieg aufs Höchſte. Und hier gilt, was Plinius, um den Dichter Cani— nius anzueifern, Trajans daciſchen, ſo viel Unglaubliches und doch unwiderruflich Wahres enthaltenden Krieg zu be— fingen, ſagt: Dices immissa terris nova flumina, no- vos pontes fluminibus iniectos, insessa castris mon- tium abrupta , pulsum regia, pulsum etiam vita re- gem nihil desperantem, Der Schyl ift einer von den auf der Trajanſäule vor— geſtellten Flüßen mit den bewaffneten, römiſchen Kriegern, welche durch die Fluten ſchreiten. Dieſe Gewäſſer müſſen ſchlechterdings durchſetzt werden, um die Angriffe auf die lange Reihe ſteiler, kaum erſteiglicher Feſten des Quader— ſandſteines, welche der Feind behauptete, zu erneuern. Dieſe natürlichen Bollwerke ziehen auf dem linken Ufer des wa— lachiſchen und auf dem rechten Ufer des ungriſchen Schyls von Abend nach Morgen in faſt ununterbrochener Reihe bis in die Nähe jenes bereits erwähnten und fernher ſicht— baren, kegelartigen Gebirges, das hier Potru genannt wird, und auf welchem, nach der Ausſage der Schylbewohner, weitläufige, alte Schanzen zu ſehen ſind. Auch ſcheint die Verzweigung des Muntſcheller Gebirges, namentlich die an deſſen Abhange erbaute Burg, Grediſchte, ſammt den an verſchiedenen anderen Abſätzen daſelbſt befindlichen Neben— feſtungen, wovon weiter unten Mehreres geſagt werden wird, ebenfo mit dem Hatzeger Thale, wie man ſich aus genfällig überzeugen kann, als auch mit dem Schylthal, im Zuſammenhang geftanden zu haben, und, nach dem er: ſtern für den König ſo unglücklich beendigten Kriege mit ben Römern, des Erſtern Aufenthaltsort geweſen zu ſein. Doch der dahin führende Weg und der Zugang zu den— ſelben ſind verſchwunden, und der Alterthumsforſcher, der vom Beginn des ungriſchen Schyls direct durch die nörd— lich gelegenen Gebirge dahin zu reiſen es wagen wollte, | wurde von den Schylbewohnern ernſtlich zurückgehalten und mit der Bemerkung, daß er ſich verirren und durch ſol— ches Wagniß großen Gefahren ausſetzen würde, abgeredet. De ſechzehn Jahrhunderte, die ſeitdem verfloſſen ſind, be— decken jeden Pfad, der dahin führt, und die in Ruinen verſunkenen Burgen ſelbſt mit hoher Waldung und rau— her, undurchdringlicher Wildniß. | Man verließ das Schylgebiet voll großer Erinnerun— gen an die Vorzeit, und kam über Bonitza, Krivadia, wo eine neue Straße, vom Vulkaner Paße nach Hatzeg und die Strellgegend hinführend, in der erſten Anlage be— zeichnet iſt, zu einer bedeutenden Erhabenheit hinan. Römiſcher Thurm. Neben der eben erwähnten Straße, die hier unweit Ris-Bär etwas fahrbarer wird, werden rechts alte, weit— läufige Erdwälle wahrgenommen, die jedoch wegen der dich— ten Hecken, welche ſie jetzt einſchließen, nicht überblickt wer— den können. Deſto ſichtbarer iſt am Ende der Schanzen ein über einem bedeutend ſich erhebenden Kalkfels aufge— bauter, alter, grauer Thurm, deſſen Bauart auf den er— ſten Blick ſein römiſches Alterthum verräth. Seine ganz iſolirte, hier in der Wildniß unerwartete Erſcheinung über— raſchte und lockte zugleich zur näheren Erforſchung. Man band, nicht ohne Schwierigkeit hier angelangt, die Reit— pferde an die nächſten Hecken, und kletterte durch eine vom Boden etwa fünf Schuh erhöhte, durch ausgebrochene Stei— ne erweiterte Oeffnung, welche eine von den ſchon aus der Ferne bemerkbaren ſechs Schießſcharten iſt, in den runden Thurm hinein. Der Umfang des runden Wachtthurmes — ein ſol— cher ſcheint er geweſen zu ſein — beträgt dreißig Klaftern, die Höhe ſieben, und die Dicke der Mauer eine Klafter. Der alte Zugang in die Feſte fand an der Nordſeite Statt. Die Thüre iſt über der Baſis des Mauerwerks mehr als Klafter hoch und kann nur mit Leitern erreicht werden, und das nicht ohne Gefahr hinab zu ſtürzen; denn der Raum die Leiter anzuſetzen iſt ſehr ſchmal, und nahe der ſchauerliche Abgrund. Die benannte Thüre iſt überwölbt mit ſtark gebrannten Ziegeln. Dieſelben meſſen zwanzig Zoll Länge, zwölf Zoll Breite, und vier Zoll Dicke. Durch die Grundmauer unter dem alten Eingange iſt eine Rinne be— merkbar, die das Waſſer, welches durch den Regen i innern Raum ſich ſammelte, ableitete; was denn zur Vermu— thung führt, daß der Thurm kein großes Dach, ſondern daß blos die innern Trotoirs ſchmale Bedeckung hatten. An der inwendigen Wandung läuft nämlich über den ſechs Schußlöchern ein erhöhter kreisförmiger Gang mit der Bruſt— mauer für die Mannſchaft zur Vertheidigung des Platzes mit Pfeil und Wurfſpies und zur Ueberwachung der gan— zen Umgegend. Der Blick vom erſtiegenen Thurmrand, welcher nach Weſten eine ungemein ſchöne Ausſicht bis tief in das Ha— tzeger Thal — gegen Klopotiva und Malomviz — und bis gegen die Felskämme der ſüdlichen Gränzgebirge be— herrſcht, wird von Nordoſt durch den nahen, Entſetzen er— regenden Abgrund zurück geſcheucht. In ungemeſſener Tiefe hat dort ein beträchtlicher Bach ſich eingegraben, der durch enge, hohe Kalkwände ſich wunderbar hindurch windend der Strell zufließt. Das angebaute Material des römiſchen Wachtthurmes beſteht aus größern, unbehauenen Marmorbruchſtücken, die dergeſtalt mit Kalkmörtel verbunden ſind, als ſei das Ganze aus einem einzigen Stücke. Durch ſeine Unzerſtörbarkeit bietet es daher den Zeiten und Atmoſphärilien bis jetzt Trotz. Der innere Boden der Baſtei iſt mit verſchieden— artigem, dichtem Strauchwerk, unter welchem die Blätter der Syringe bemerkt werden, überwachſen. Die Syringa vulgaris wächſt übrigens hier in der Umgebung auch auf andern Stellen häufig und wild. Dieſer Thurm und der Platz, auf welchem er ſteht, führt bei den Anwohnern den Namen Csetate Zsidovilor. Die unverſehns herbeigerückten Nachmittagsſtunden un: terbrachen die wiſſenſchaftliche Forſchung, hauptſächlich bei den jüngern Reiſenden. Stattgefundenes früheres Aufſtehen und unterbliebenes Frühſtücken hatte dieſelben auf den Ein— fall geführt, jetzt auch die Brotſäcke zu durchſuchen, wel— ches allgemeine Zuſtimmung erweckte. Gelagert auf den bemooſten Fels, und behaglich angelehnt an den claſſiſchen Wachtthurm, genoß man mit wahrhafter Labung, während * 24 durch ein frugales Mahl die Anforderung des Hungers geſtillt ward, die ſehr intereſſante Ausſicht in die Nähe, wo die Natur in großartiger, aber ſchauerlicher Geſtalt ſich zeigt, und in die lieblichere Entfernung, wo das angeblich ſchönſte ſiebenbürgiſche Thal mit vielen, doch armen Dör— fern überſäet, ſich ausbreitet, und überließ ſich den Erinne— rungen an jene Vorzeit, in der hier einmal ein regeres Le— ben und ein blühenderer Stand der Kultur und Civiliſation waltete, und überhaupt ſo Vieles anders war. Von dem Römerthurm führt die Straße zunächſt auf His - Bar (Klein⸗ Elephant) hinab. Nahe demſelben liegt Nagy -Bär (Groß-Elephant). Bär iſt in der ungriſchen Sprache die Benennung des Elephanten. Ueber Livadia zu Ponor, wo die Roſſe gewechſelt werden ſollten, angekommen, und in dem Edelhofe des H. von Ponori einquartirt, konnte der Reſt des Nachmittags noch benützt werden zu der Excurſion nach Ohaba Ponor, welches von dem bezogenen Quartier eine Stunde Wegs entlegen iſt, und woſelbſt am Berge über, dem Dorfe ver— ſchiedene Kalkhöhlen zu ſehen ſind, die theils aus Kalk— tuff, theils, und zwar die höchſt gelegenen, aus Uebergangss | kalk, der zugleich Spuren von Conchylien hier enthält, ber ſtehen. Von den letztern ſtellt eine bei dem Eingange ein ungemein hohes, für den Anblick ſehr ſchönes, doch weni— ger weites, altgothiſches Portal vor, dem, welches am In— tereſſanteſten iſt, ein klarer Bach entſtrömt. Die Strö— mung bildet im Innern der Wölbungen, die man mit dem Blicke bis tief hinein, und ſo weit das Tageslicht dringt, verfolgen kann, einen rauſchenden Fall. 8 Der mitanweſende Verehrer der Hydropathie, jeden Ortes dieſe Methode, ſo oft Zeit und Gelegenheit erlaub— ten, in Anwendung bringend, badete auch hier in der in— wendigen Höhle, in den tiefern Fluten des Baches, und gab vor durch das wohlthätige, kalte Waſſer von den durch Anrennen an die Seitenwände in der großen Höhle, Cse- tate de Boale, und durch den Fall von dem wild ge— wordenen Rappen am Paße Vulkan empfangenen Beſchä— digungen radical hergeſtellt zu ſein. 15 | | Unten in dem letztgenannten Flecken, nächſt einer Frucht: mühle, die von dem beträchtlichen, aus den Höhlen herun— terſtrömenden Bach getrieben wird, kommt am Fuße deſ— ſelben Berges ein mächtiges Lager verſteinerter Schnecken faſt unter den nämlichen Verhältniſſen, wie bei Szaszesor, dem Mühlbächer Stuhlsorte, und Kis Muntschel, vor; auch ſcheinen ſie zu denſelben Geſchlechtern und Arten zu gehören, wie jene ). Mit abgeſchlagenen Handſtücken verz ſehn, kehrte die Geſellſchaft nach Ponor zurück, übernach— N tete daſelbſt bequem und verließ am Aten September Mor: gens ganz vergnügt, auch friſche Roſſe reitend, den adeli— gen Hof des gaſtfreundlichen Beſitzers. Flüchtig, ohne lang irgend zu verweilen — die Ge— danken ganz auf das Muntſcheller Grediſchte gerichtet — wurde nun ein Theil des Hatzeger Thales, über Orlya Boldogfalva und den Marktflecken Hätzeg, durchzogen. Hinter dem letztern Orte, nach halbſtündigem, beſchwerli— chem Anſteigen, erreichte man den höchſten Punkt des Ber— ges, von dem man, beim Rückblick gegen Südweſt die große, von Vor- und Urgebirgen umſchloſſene ſchöne Flä— che, auf der einſt die daciſche Königsſtadt prangte, vor Augen hat. Von derſelben Höhe wird die Fernſicht gegen Nordoſt in das tiefere Strellgebiet, und auf dieſem Fluß hinab bis in die Maroſchgegenden beherrſcht. Man ließ ſich langſam eben ſo tief am Berg hinunter, als man hinan— geſtiegen war. Im Strellthal ſpornte man die Pferde, ritt rechts über den Fluß, und wendete ſich nach Olah - Bret- ten, um die Roſſe mit andern zu wechſeln. Das glückte indeſſen nicht. Statt dem Roßumtauſch, wurden zwei friſch gegrabene römiſche Inſchriften copirt. Die erſte iſt auf wei— ßem Marmor in Quadratform, gleichſam in einen Rahmen eingefaßt und eingegraben. Eine Seite des Viereckes be— trägt drei Schuh. Die zweite Inſchriftsplatte iſt von der— ſelben Steinart, jedoch laͤnglichter geformt. Dieſe Antiken gehören dem H. v. Bälint, und find vor vier Jahren in Vearhely in der Erde entdeckt und ausgegraben worden. Der noch unedirte Inhalt von beiden iſt folgender: *) Nerinea, Gosae u ſ. w. a. > % 16 M. CL. TI, FILIO. QVIRIN. FRONTONICO, LEG. AVG. PR. PR. TRIVM. DAC. ET. MOES, SVP. COMITI. DIVI VERI. AVG. DONAT. DONIS, MILIT. BELLO. ARMEN, ET. PART H. AB. IMP. ANT ONIN. AVG. ET, AD IVO. VERO. AVGVST, CORON. MVRAL. ITEM. VALAR. ITEM. CLASSIC. ITEM, AVREA, ITEM. HAST, PVRIS. III. ITEM. ‘ VEXILL. CVRATOR. OPER. LOCORVMQ. PVBLIC, LEG, LEG. MIN, LEG. LEG, XI. CL. PRAETORI, AEDILI. CVRVLI. ABACTIS. SENATVS, QVAESTORI. VRBANO. DECEM. VIRO, 1 ST. LTIBVS. IVDICANDIS. (Stantibus litibus) COL. VLP. TRAIAN. AVG. DAC. SARMIZ. PATRONO. FOBTISSIM. DVCI AMPLISSIM, PRAESIDI, Q. AXIO. Q. F. PAI--- EQ. R. LAVRENTI. LAVIIN CVRATOTORI. AD. POPVL. V-- TRAIANAE. ET. AVRELIAE - AECLANENSIS. PROC. AD. ALIM. PER. APVLIAM. CALABRIAM. LV. CANIAM. ET. BRV'TIOS. PROC, RAT. PRIV, PROV. MAVR. CAEsS. ITEM. PER. BELGICAM. ET. DVAS, GERMANIAS. PROC. PROV. DAC, APVL. BIS. VICE. PRAESIDIS. ORDO, COL. SARMIZ. METROPOL. PATRONO, 17 Da zu Olah - Brettye keine Hoffnung leuchtete an— dere Roſſe zu bekommen, und zugleich nach Wunſch ei— nen kürzeren, geradern Weg nach dem Muntſcheller Gre— diſchtie einſchlagen zu können, ſo war man gezwungen wei— reiten, bis Valya, welches man in der Nacht er— chte und ein armſeliges Quartier zu beziehen ſich genö— thigt ſahe. Ein von allen Seiten offener Schoppen bot ein luftiges Nachtlager dar, der aber noch immer der dum— fen Zimmerluft in der elenden Hütte vorzuziehen war. Das Beſte bei dem ſchlechten Lager iſt, daß es ein frü— heres Aufwachen zum eiligen Fortreiſen veranlaßt; welches hier der Fall war. Die ſpät Abends beſtellten Pferde wurden am fünf— ten September erwünſcht noch vor Sonnenaufgang her— beigebracht, ſo daß die Reiſe ohne Aufhalten vor ſich ge— hen konnte, und man über Kis - Oklos an den beträchtli— chen Waldbach Värosviz kam und an demſelben, oft auch PR ihn ſetzend, zwiſchen bewaldeten hohen Gebirgen, ei den Gewerbsanlagen und bewohnten Wirthſchaftsge— bäuden des neuen Gredistie Vormittag noch zeitig genug anlangte. Neues Gredistie. Nach einer bei dem Waldbeſorger zugebrachten Stun— de der Erholung, ſchritt man in Begleitung eines kundi— gen Führers mit geſpannter Erwartung zu den merkwür— digen Alterthümern des neuen, oder Fiskal Muntſcheller Gredistie “), und der wahrſcheinlich geweſenen zweiten Reſidenz des letzten daciſchen Königes. Die Gebirgsruinen konnte man binnen zwei Stunden kaum erreichen. Die Diſtanz von den Aerarialgebäuden am vereinigten Bach über fette Wieſen des bald engen, bald offenen Waldthales, bis an die am Fuße des Glim— merſchiefergebirges gelegene Bretterſägemühle zu durchſchrei— ) Dieſes Gebirge gehört zu den Hunyader Fiskalgütern. Schullers Archiv II. 1. 2 18 ten, fordert faſt eine und eine halbe Stunde. Der Ge— birgsgipfel Dialu Gredistie ſelbſt, ein hervorragender Aſt des Muntſcheller Gebirges, welcher die Hauptrudera trägt, und deſſen halbſtündige Erſteigung nicht wenig Mühe ko— ſtet, mißt eine Länge von drei Stunden, und die obere Breite, wo die größte geebnete Ausdehnung iſt, eine Stunde. Von beiden Seiten hat die Höhenfläche Gredistie jähe Abhänge von unüberwindlicher Steile, gegen Süd bis tieß hinab zum Gebirgsſtrom Raeu Alb, und gegen Nord bis eben fo tief auf den Waldbach Valya Alb, mit ſchauerli—⸗ chen Abgründen. Auf der linken Flußſeite des Raeu Alb umgeben den auf den Gredistier Ruinen Stehenden der Goyany und Rugete Styava, welche ſich über ihn erhe⸗ ben. Ebenſo ſteigt jenſeits am rechten Flußufer des Va- lya Alb der Muntſcheller Alpentheil, auch Mauerreſte eis ner Feſtung enthaltend, Namens Faule Albe, empor und übertrifft weit an Höhe den flachen Gipfel, auf dem die Hauptruinen zerſtreut liegen. Schon beim Hinanſteigen zu dieſen empfängt den mit der Steile des Abhanges Käm— pfenden wildes Geſträuch und Buchenwald, der an Dich— tigkeit und Höhe zunimmt bis zu den bemooſten Ruinen ſelbſt, deren hohes Alterthum ebenſo Ehrfurcht abnöthigt, als ihre ſonderbare Lage mitten in Urgebirgen auf Hoch— ebenen Verwunderung; und wo man, ſo weit der Blick reicht, nichts als Abgründe und Rieſenbuchen bemerkt, in welchen unheimliche Dämmerung und bange Todtenſtille herrſchen. Bei der Ankunft blieb man einige Minuten ſtehn in ſchweigende Betrachtung verſunken, wandelte ſodann mit eigenen Gefühlen forſchend durch die zweitauſendjährigen Ueberreſte der namenloſen Stadt. Der Burgort vom Muntſcheller Gredistie — um eine genauere Beſchreibung davon zu geben; die in den ſiebenb. Provinzialblättern 1. Bd. 3. Heft p. 249 iſt faſt zu kurz gediehen — hat eine gegen Mittag abgedachte, regelmä— ßige, beinahe cirkelrechte Form. Er beträgt im Umfang 1200 Schritte oder 560 Klaftern. Selb ſt jetzt noch, wo das Ganze wenig mehr, als ein großer Trümmerhaufen 19 iſt, gewahrt man mit Staunen die ſchön behauenen, ohne Mörtel künſtlich an einander gefügten Steine der Ring— mauern, die zwar hier und dort durchbrochen, und deren Beſtandtheile in Schutt begraben, häufig auch an der Ober— fläche zerſtreut umher liegen, oder an den Abhängen tief hinunter geſtürzt, doch größtentheils auch Klafter hoch, und darüber, in der urſprünglichen Lage und Zuſammenfügung erhalten worden ſind. Drei in den Ringmauern ausnehmbare Lücken können eben ſo viele Burgthore geweſen ſein. Eine Oeffnung ge— gen Mittag, von der nicht weit entfernt halbbegrabene Por— talſäulen liegen, führt fortwährend bei den anwohnenden Walachen den Namen des Thores, La Poarte. Die cu— biſch oder parallelopipediſch geſtalteten Maſſen der Ring— mauer beſtehen aus hartem Sandſtein — Grobkalk, viele foſſile Conchylien enthaltend — die cylinderförmigen vier Schuh langen, im Durchſchnitt 24 Schuh dicken Thor⸗ ſäulen aus Spenitporphir, welche ordnungslos umherlie— gen und von den Walachen aus den nächſten Dörfern Butz (Fäſſer) genannt werden. Auf einer von diefen Säu— len ſteht eine alte, hohe Buche, die, mit ihren Wurzeln dieſelbe umarmend, wie auf einem erhabenen Piedeſtal er— ſcheint. Der Schutt inner der Burg und außer derſelben beſteht aus einer mit Urfelsbruchſtücken, Mörtel, ganzen und zerbrochenen Vackſteinen, Mauer- und Hohlziegeln, Fragmenten von Urnen, irdenen Geſchirren und Waſſer⸗ röhren vermiſchten Erde. Schon außerhalb, doch nahe der Schloßmauer, be— merkt man ſüdöſtlich Ueberbleibſel eines kreisrunden, anti— ken Tempels. Der Kreis im Boden hat fünfzehn Klaf— tern Durchmeſſer. Die porphyrnen Grundlagen (Stylo— baten) der Säulen daran find wohlerhalten; aber die Sau— len ſelbſt verſchwunden, wahrſcheinlich im aufgehäuften Schutte vergraben und mit alten Buchen überwachſen. Auf hundert Schritte von den Tempelüberreſten entfernt, liegen zwei Altäre, deren erſter von dem mehr erwähnten Spenitporphir, und der zweite von weißem Marmor ger . 2* 20 arbeitet. Beide find ſchön, und ſehr einfach gefertigt, doch leider ohne Inſchriften. Am obern Theile dieſes Gebirgsabhanges, wo der Grund am meiſten durchgraben iſt, wurden im Frühling des Jahres 1804 unter der Dammerde von Sebeseler Eiſenwerksleuten gegen tauſend zerſtreute und wie hinge— ſäete Goldſtücke mit der Aufſchrift KO TAN) gefunden und in das Karlsburger Münzamt eingeliefert. Von der— ſelben Seite, noch ſüdöſtlicher, iſt auf eine Strecke der Boden feucht und ſumpfig, und es quillt an verſchiedenen Plätzen, obſchon nur kärglich, klares und ſchmackhaftes Waſſer hervor. Hinſichts einer Waſſerleitung, deren in den bereits an— geführten ſiebenbürgiſchen Provinzialblättern gedacht worden, ſind Spuren. Es finden ſich die Bruchſtücke von gebrann— ten irdenen Röhren, und mehrere an der Oberfläche liegende Quaderſteine mit rinnenartiger Aushohlung, in welche die Waſſerröhren eingeſetzt und zuſammen gekittet wurden, wel— ches nicht nur von den damaligen Künſtlern, ſondern auch von dem Unternehmungsgeiſte und der Mächtigkeit der Bürger von der unbekannten Stadt hohe Begriffe erreget. Unter der Schloßringmauer ſüͤdlich erblickt das Auge des Forſchers das mit Waſſerpflanzen überwachſene Becken eines mäßigen Teiches, deſſen Gewäſſer abgeleitet, indem der Damm, der es aufſchwellte, durchſchnitten ward. Aus dem zurück gebliebenen Sumpf fließt ein kleines Bächlein. Am Teichufer bemerkt man zwiſchen und neben größern Quaderſteinen verkohlte und mit ſchwarzer Erde vermiſchte ) Die Vorderſeite ſtellt einen Adler, mit der rechten Kralle einen Lorbeerkranz ergreifend, vor. Die Kehrſeite: KO TNN, und den zwiſchen zwei Lictoren ſtehenden Verfechter der re— publikaniſchen Partei, M. Brutus. Die Münze ward auf deſſen Befehl, nach Jul. Cäſars Ermordung — 44 vor Chr. — in einer griechiſchen Stadt, zu Koſon, in großer Menge ge— prägt. Die mittelmäßige Kunſt des weniger gelungenen Ty⸗ pus mag ihre Entſchuldigung mit dem Drange damaliger Zeitumſtände geltend machen. Fruchtkerne, von welchen ſich namentlich Weizen und Erb: fen deutlich auskennen. Von der Brotfrucht fällt der Blick auf einen nahen, mit Geſtrüpp überwachſenen, ſieben Schuh durchſchnittlich großen Mühlſtein von Trachitporphic , wel— che Gegenſtände hier natürlich an Fruchtmagazine und Mahlmühlen erinnern. Noch erkennt man an dieſer Seite des Schloſſes ſchwache Spuren des Fahrweges. Und in derſelben Richtung — etwa gegen 300 Klaftern entfernt — iſt der Boden ſehr hügelig und zeigt mehrere runde Ver— tiefungen, in denen große, behauene Steinplatten (von 3“ Länge 6“ Dicke und 9“ Breite) liegen. Von dem Bade, welches vor dreißig Jahren, wie es aus der angeführten Zeitſchrift erhellt, noch bedeutende Ru— dera zeigte, iſt außer der ſteinernen Badewanne nichts mehr vorhanden. Nur der von unberufenen Schatzgräbern aufgewühlte noch übrige moſaikähnliche Zementmörtel deu— tet den Platz an, wo das Tepidarium und die verſchiede— nen andern Abtheilungen der Badanſtalt geſtanden haben können. Die Waſchſchüßel beſteht aus demſelben ſchönen, dunkelrothen Syenitporphir, wie die Thorſäulenſtücke und Tempelſtylobaten; ſie hat vier Schuh Länge, drei Schuh Weite und eben ſo viel Höhe, eine ovale Form und iſt durchaus geſchliffen und polirt. Doch, ewig Schade! vom Zerſtörungsgeiſte blieb auch ſie nicht unverſchont. Zerſtreuet liegen von ihr große Stücke abgeſchlagen umher. Es iſt ſehr zu bedauern, daß die koſtbare, herrliche Schaale nicht in ihrer Unverſehrtheit von irgend einem unſerer Großen, für eine vaterländiſche Antikenſammlung, zur ſeltenen Zier— de derſelben und zum Beleg für die Wichtigkeit jener An— ſiedelung, hat gerettet werden können. Bemerkenswerth iſts, daß die Felsart des Labrums und eines Altares, ſo wie der Säulen und Tempelſtylobaten in dieſem Gebirge, welches aus Gneis- und Glimmerſchiefer beſteht, nicht zu Hauſe iſt, ſondern mit den maſſiven oder plutoniſchen Ge— bilden bei Deva und an dem Mardbſchfluß identiſch iſt. Die Steinart der ausgehauenen Quader ſcheint dem bei Klein-Enyed vorkommenden Kalk analog zu fein. 22 Es verdient endlich nicht unbeachtet zu bleiben, daß einige von den bearbeiteten Quaderſteinen, welche die Schloß— ringmauer bilden, ſo wie von den herunter geſtürzten und halbverſchütteten Monogramme und einzelne Buchſtaben enthalten; freilich alles von üppig wucherndem Mooſe be- deckt und blos dem geſchärften Auge des Forſchers noch bemerkbar. Mit Figuren und auffallenden Verzierungen verſehene Quaderſteine, deren es gegeben haben ſoll, ſind, wie der Begleiter behauptet, viele weggekommen. Ein ähn⸗ licher, von 14“ Höhe und 147 Breite, gleichfalls hier ges fundener, liegt unten bei dem Waldbeſorger im Magazin, woſelbſt er abgezeichnet ward. Die Schauſeite ſtellt, in halb erhabener Arbeit, einen gehelmten, bärtigen Kopf dar; über demſelben iſt innerhalb einer zierlichen Einfaſſung eine große Roſe, Sichel (daciſcher Säbel), Bogen und Pfeil angebracht. Die Züge der arabeskenartigen Umfaſſung, welche nicht beendigt erſcheinen, deuten auf ein abgebro⸗ chenes fehlendes Stück. Die Meißelarbeit iſt zwar etwas grob und leicht gehalten, zeigt jedoch von gewandter Künſt— lerhand. Außerdem iſt in dem nämlichen Magazin noch ein 40 bis 50 Pfund ſchwerer, eiſerner Würfel mit an den vier Ecken einer Fläche hervorgetriebenen Spitzen zum feſter Stehen, gleichfalls unter den Gredistier Ruinen ausgegraben. Die erwähnten Monogramme und einzelnen Buchſtaben, welche man in der Eile auf einzelnen Qua— derſteinen bemerken konnte, verrathen altgriechiſchen Ur— ſprung, und ſind folgende: | N N D » 0 2 A Von den unter dem — auch ſonſt ſehr häufig vor— kommenden — Namen, Gredistie, begriffenen Ruinen, finden ſich nicht nur auf dem waldreichen Fiskalgebirge Muntsel, ſondern auch auf der davon entferntern His- Okloser Berghöhle, Csate, fo wie auf andern unten ges nannten Gebirgsabhängen, Hochebenen und in Thalgrün⸗ den, und vorzüglich in dem ausgedehnten, waldigen Flecken Lunkäny zerſtreute Spuren von alten Wegen, aus Erde aufgeworfene Schanzen, Burgruinen, und mannigfaltige Trümmer enthaltender Schutt. Dieſe ſämmlichen, den Um⸗ fang von mehr als zwei geographiſchen Meilen in ſich ſchlie⸗ Zuſammenhang geſtanden zu ſein. Se Punkte, ſcheinen untereinander in einem nähern 4 Von einer nördlich vom Fiskal Gredistie gelegenen durch einen Abgrund getrennten erhöhtern Felsburg, Fa- cele Albe, iſt ſchon oben Erwähnung geſchehen. Von ihr abwärts, gegen Weſten, gibt die Erde, in der eine Stunde entfernten großen Thalwieſe, Valye Anyingesuluj (Anieschi), beim Nachgraben viele Bruchſtücke von Mauer: und Hohlziegel, und Trümmer von thönernen Gefäßen, und vor Allen auch einen Inſchriftſtein “). Die Inſchrift der altarförmigen Steinplatte, welche, als in Gredistie gebauet und in dieſer Gegend Schür⸗ fungen vorgenommen wurden, an der Sonnenlehne im Va- >?) Die Inſchrift ſammt Zeichnung und Ausmaaß, und einigen Erläuterungen hat Berichterftatter der Güte ſeines wackern, jungen Freundes Dan. Zekelius, damals Architect in V. or Hunyäd, zu verdanken. Kr — B & 24 Iye Anieschi, ohnweit dem Schutthaufen eines viereckigen Gebäudes gefunden ward, iſt folgende: VICTORIE AVG. PRO SA ..VTE. IMP. ANTONINI AVG... M.. SA. T. IVSTRIS VS LEGAvS PIVS. PR. PR. Der Inſcription erſter Theil ift wohl leicht zu leſen; deſto ſchwieriger deren zweiter. Vielleicht alfo: Victoriae. Augustae. Pro salute Imperatoris, Antonini, Magni, Sarmatici , Titus Iusirisus Legatus Augustalis Pius (?) Propraetore. Der Votivſtein ſcheint eine Art Muſchelkalk zu ſein, mißt in der Höhe 3“ — 21”, Breite 17 — 84“ und Dicke 6“. Beim Verfolg des vorhin bemerkten Baches erhebt gegen Weſten ſich der Csate, gegen deſſen Ende der Kul- mya Anieschi (einige ſprachen das letztere Wort auch Anyinyesuluj aus), an deſſen ſteiler Abendſeite der Kis- Okloser Inſaß die goldenen Lyſimacher ) fand. Noch *) Die Münzarten der dort entdeckten Schätze ſind nachfolgende: 1. Der gehelmte Kopf der Pallas auf der Vorderſeite. Auf der Kehrſeite: BATIAE QL ATZIMAXOT. Die Sie: gesgöttin ſtehend, in der Rechten einen Lorbeerkranz, in der Linken den Dreizack; im Felde ein Löwenkopf AV. „Der Kopf des Lyſimachus mit dem Diadem und einem Widderhorn. X BATIAEQT ATTIMAX OT. Die Pallas ſitzend, in der R. eine kleine Siegesgöttin, in der L. eine Lanze und zugleich auf den Schild geſtützt, im Felde verſchiedene Monogramme. AV. (AR. u. AE.) Die in dieſer Gegend gefundenen Schätze von Goldſtü⸗ cken beſtanden größtentheils aus dieſen und der oben in der Anmerkung beſchriebenen Münze, KO QN ; ſeltener fand ſich W 25 mehr gegen Welten, am Laufe deſſelben Baches, wenn die jähen Abhänge der Berge, Mutya und Seszu Popilor, erſtiegen, und man den Ort Virtoszy (Vurtopi) gewon- nen, und von hier über die Gebirge Kununy nach Kulmya Anieschi oder Aniesuluj zurückkehrend, gewahrt man an mehreren offenen Waſſerriſſen, und ſelbſt in den großen dichten Waldungen ſchön bearbeitete, ſeltene Steine, Trüm— mer von Ziegel und Urnen zerſtreut. Von Gredistie, vorzüglich vom Zuſammenfluße des Valya Alb und Raeu Alb, führt durch den Thalgrund über eine halbe Stunde der Weg abwärts, bis an den Fuß des obgedachten Kununy. Die Spuren der alten Straße, längs dem vereinigten Fluße, welcher zwiſchen den Gebirgen ſchon die Benennung Värosviz, Stadtfluß, führt, kann man bis zu den am Rande der Wälder ge— legenen Dörfern an verſchiedenen Stellen nachweiſen. Von dem Orte Kununy geht der bezeichnete Weg ſüdlich nach Lunkäny. Auch dieſer Flecken hat, wie geſagt, alte Zie— gel und Bruchſtücke antiker Gefäße. Vorzüglich verdient hier bemerkt zu werden, daß auf dem La Piatra Rosye, wo einerſeits ein großer Waldabhang, andererſeits eine Reihe ſchroffer Felſen, und von den umgebenden Gebirgen umraget, unter den Wurzeln alter rieſenmäßiger Buchen die Reſte einer dritten Feſtung begraben liegen. Ein einzi— ger, über den Gipfel von Mittag geführter Zugang deutet den alten Weg, und Spuren von Waſſerleitungen an. Gleich anfänglich beim Hinanſteigen zu derſelben bemerkt man den erhaltenen freien Theil einer Mauer, die aus Bruchſteinen mit Kalkmörtel unzerſtörbar zuſammen gefügt iſt. Ferner, von Nord gegen Oſt, wie auf dem Mun— tſcheller Gredistie, mehrmals — hier fünfmal — terraſ— ſenmäßig wiederholte, mit Fleiß planirte Strecken, deren niederſte zwanzig Klafter lang und zehn Klafter breit, und 3. darunter die Autonomünze: Ar TI. ATTIMAXEQNN. Apollofopf. K Ein Löwe. — Unbärtige Herkuleskopf X Die Victoria. — Ein Löwenkopf. X Eine Nehre. AE. III. 26 deren höchſte ſechzig Klafter lang und dreißig Klafter breit ſein mag. Dieſe Flächen ſind, wie die des Muntſcheller Gredistie, mit gleichen gehauenen Steinen, Mauer- und Hohlziegel, Urnen- und thönernen Geſchirrbruchſtücken über— ſäet; ſie verrathen überhaupt ſowohl in Betracht der Ana- logie der bearbeiteten Felsart, als der Anlegung und Con— figuration des Feſtungsbaues ſelbſt, unverkennbare gleichzei- tige Errichtung, einerlei ſtrategiſche Grundſätze und Regeln. Zwiſchen dem Lunkänyer Thalgrunde, dann der eben beſchriebenen Burgfeſte, und zwiſchen dem Fluße Väros- | viz, wird endlich eine ziemlich große Gebirgswieſe, auch Gredistie Eunkanyer Grediſchtie) genannt, und unter den Anwohnern von Geſchlecht zu Geſchlecht die Sage von hier in alten Zeiten gehaltenen volkreichen Jahrmärkten fortge— pflanzt. Die gleiche Sage beſteht auffallend genug von mehreren andern Gebirgsflächen dieſer ſiebenbürgiſchen, mit— tägigen Karpathenkette. So von der bereits oben erwähn- ten, nahe dem ungriſchen Schylthal gelegenen, von Gre distie drei bis vier deutſche Meilen entfernten Hochebene des rieſigen Potru, mit ſeinen weitläufigen Erdwällen und Schanzen. R Die bezeichneten Feſtungen waren, wie deren Ueber- reſte und Lagen es beweiſen, nach der alten Taktik unbe- zweifelt dergeſtalt angelegt, daß Facele Albe, gleich einer Citadelle, die zu nächſt gelegene Feſtung, Gredistie, mit dem Zugang am Fuße zu ihr beherrſchend, einen bedeu— N tenden Theil der entferntern am Varosviz gelegenen Dör⸗ fer beobachten, und ſelbſt den Lunkanyer Bezirk überbli- cken konnte; daß ferner von La Piatra Rosie, über das Thal und den Boſodoroder Bach hinweg, auf das Devaer | Schloß, und endlich vom Lunkanyer Gredistie ins Hatze- ger Thal, bis in die Umgebung von Szarmizegethusa, j die Ausſicht offen blieb, zur möglichen Unterhaltung der Communication und zur Ueberwachung und Anzeige feinds licher Einfälle. N | Römiſchen Urſprungs ift die Gebirgsfefte dieſes Gre- distie und der daran gränzenden Nachbarruinen auf keinen . ! 27 Fall, Die Römer pflegten weder in fo hohen Gebirgen ſich nieder zu laſſen und anzuſiedeln, noch ihre wohlbe— rechneten Colonien in fo beſchränkte, zurückgezogene Lagen zu verbergen. Sie liebten und wählten mäßige Erhöhun— | gen mit daran liegenden, von Strömen bewäſſerten und Hügelreihen umgränzten, freien Ebenen, und die, wenn gleich auch einerſeits von Hochgebirgen gedeckt, doch ande— er offene und freundliche Umgebung und Ausſicht dar— oten. Man muß nicht ohne Grund dieſe Pflanzungen in eine frühere Zeitperiode zurück ſetzen, und irgend einem da— eiſchen Dynaſten zuſchreiben, der von dieſen Gebirgen, auf welchen er in ſichern Burgen hauſte ), mit Heeresmacht herab durch die benachbarten Länder, im Winter oft bis über die Eisbrücke des Iſterſtromes plündernd ſtreifte, und im Flug mit Beute beladen zurück kehrte. Die Zeit der Erbauung der Bergſchlöſſer läßt indeſſen blos annäherungs— weiſe ſich beſtimmen. In den früheſten Zeiten wohnten die Daker (den Griechen: Geten), öſtlicher. Schon Hero— dot und Tucidides kennen die zwiſchen dem Hämus und den Iſterufern ſitzenden Geten **); welchen Sitz fie nicht tließen, bis fie durch die gegen die pontiſchen Seeſtädte teten Eroberungsplane des Macedoniſchen Philipp und feiner Nachfolger in das Gedränge kamen, und auf das linke Iſterufer mehr weſtlich ſich zurück zu ziehen genöthigt wurden. Der junge Alexander, deſſen ſchnell ausgeführten Angriff ſie bei dem Tode ſeines Vaters 336 vor Chriſtus durch Einfälle in die thraciſchen Provinzen der Griechen fi) zugezogen hatten, fand fie bereits auf dem linken Iſter— ufer. So 301 vor Chriſtus Alexanders Nachfolger, Lyſi— us. Dieſer ging über den großen Strom gegen die Geten, ward von ihrem Könige Dromichät in die Wälder und Bergengen verlockt, mit ſeinem Heere eingeſchloſſen, und gefangen; aber nach einer großmüthigen Behandlung von dem Getenkönig wieder entlaſſen. *) Flori L. IV. Cap. 12. P **) Herod. IV. 93. Thucyd, II. 96. Von dieſer Zeit an erreichte das gothiſche, oder, wie es ſpäter von den römiſchen Geſchichtſchreibern genannt wird, daciſche Königsthum, unter der Regierung des Dro— michät und Beröbiſt, ſo wie ſpäter unter Cotiſo und De— cebalus, ſeine höchſte Macht und Ausbreitung. Zwar drang von den Römern Curio bis an die daciſchen Wälder, wagte jedoch nicht weiter in ihre Dunkelheit zu gehen ). Es ges hört mit zu J. Cäſars großartigem Vornehmen, 44 v. Chr. gegen die Daker, welche Thracien und den Pontus ver— heerten, zu Felde zu ziehen *). Unter Octavian ward Das cien nicht ſowohl überwunden, als es vielmehr blos vor der Uebermacht zurück wich“). Früher und ſpäter kämpfte man mit abwechſelndem Glücke, ja öfter mit unglückli— chen als glücklichen Erfolgen **), bis auf den großen Bezwinger Daciens, Trajan. Vorzüglich erſtarkte die Macht der Daker und gediehe der Flor des Landes unter der ener— giſchen Leitung der zwei Erſtern, des Dromichäts und Bez. röbiſts, welche ſehr oft mit den macedoniſchen Herrſchern in Conflict kamen und ſich maßen, griechiſche Ueberläufer an ſich zogen und überhaupt in mannigfaltiger Berührung ſtanden, und ſelbſt Handlungsverkehr und Freundſchafts— bündniſſe ſchloßen. In dieſe Zeitperiode trifft daher noth— wendig die Erbauung jener oben beſchriebenen Bergſchlöſ— ſer und vielleicht die Errichtung der meiſten älteſten Bur— gen, von deren Menge noch Spuren, das heißt, an den höhern Abhängen und in den tiefern Gebirgsſchluchten der Karpathen in unſerm Vaterlande zu ſehen ſind, der vie— len kahlen Höhen und Waldkuppen nicht einmal zu ges denken, welche die Benennung einer Burg im ſiebenbür— giſchen Binnenlande tragen, ohne ſichtbare Burgreſte dar— zubieten. , Aus dem Geſagten erhellt, daß die Daker oder Ge— ten längſt ſchon mit Griechen und griechiſcher Baukunſt „) L. Flori rer. rom. Lib. III. Gap. 4. %) Svetonii J. Caesar. Cap. XLIV. * Flori L. IV. Gap. 12. %% Tacit. Hist. L. I. 2. L. III. 46. ug vertraut geweſen fein mußten; allein als rohe Krieger übers ließen ſie gern die Ausübung der Kunſt Fremden, den Griechen ſelbſt. Und fo muß man denn die Schlößer, de— ren Ueberreſte noch im Fiskal Grediſtie bewundert werden, griechiſchen Künſtlerhänden zuſchreiben, welches vor Allem die mit den oben bereits angeführten griechiſchen Buchſta— ben und Monogrammen bezeichneten, gehauenen Quader— ſteine zu beweiſen ſcheinen. Die in denſelben Ruinen gefundenen Schäße von Ly— ſimachiſchen Goldſtücken thun nur ſo viel dar, daß ſie bei den Daciern, welchen die Bergfeſten zugeeignet werden müſſen, gangbare Münzen waren, welche ſie, entweder durch Raub, oder nachbarlichen Verkehr, und vielleicht auch durch Tauſch gegen rohes, edles Metall, von den Thraciern und Griechen erhielten. Außerdem waren goldene Münzen von Philipp und Alexander, Silberſtücke von Maronea und Thaſos, ſo wie von andern Städten und Inſeln häufig im Umlauf. Die Stempel Philipps und der Autonom— münzen von Thaſos und einiger ähnlichen ahmten ſie vor— züglich gerne nach. Daher Silberſtücke von dieſer Gattung in Siebenbürgen eine Menge gegraben werden. Es war das eigenthümliche, im Lande ſelbſt geſchlagene Geld der Daker. Die Aufſchriften ihrer Münzen ließen ſie gewöhn— lich weg, oder verſetzten die kaum Buchſtaben ähnlichen Schriftzüge derſelben ſo, daß gar nichts herauszubringen iſt. So erſcheint auch die Sculptur des Typus der unter den Königen geprägten roh und unter aller Kritik. Gleiches gilt von den mit Lyſimachiſchen Münzen zu— gleich in großer Zahl gefundenen Goldftucen, mit der Auf— ſchrift „KOC N,“ deren Ausgrabung in dieſen Ruinen jedoch nicht ohne Wichtigkeit iſt, und vielleicht auch einige geſchichtliche Aufklärung verleihen dürfte. Das Bild und die Inſchrift der Goldſtücke deutet auf einen beſtimmten Zeitraum hin, der wenigſtens näher begränzt werden kann, und erinnert an nachbarliche Ereigniſſe, welche wegen nicht gar weiter Entfernung mit den daciſchen Angelegenheiten und den Inhabern jener Bergfeſten im Zuſammenhang geftanden fein mögen. Die Münze ward wie geſagt bald nach J. Cäſars Ermordung 44 v. Chr. auf Befehl des damaligen Statthalters von Macedonien, M. Brutus, in einer griechiſchen Stadt, zu Koſon, in großer Menge ge— prägt, und dann entweder hieher dem daciſchen Könige, dem damals beſonders Mächtigen, ein Buͤndniß mit ihm zu ſchließen oder zu erneuern, um Hilfstruppen gegen Anton und Octavian zu werben, geſchickt, oder als gute Beute nach der gewohnten Art von den Daciern eingeholt, und hieher in die hohen Gebirge in Verwahrung gebracht. Auch iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß der letzte daciſche König, nach dem Verluſte feiner Reſidenz, Szarmizege- # thusa, ſchon beim Friedenſchluß des erſten von Trajan ge— führten, für ihn ſo unglücklich geendigten Krieges, tiefer in die Gebirge ſich zurückziehend, hier das zweite königliche Hoflager aufſchlug, und einen Theil der erbeuteten oder angeerbten Schätze griechiſcher Münzen niedergelegt und vers graben, und im Drange der Umſtände dort zurück ließ, wo jetzt ſie zum Theil der Schooß der Erde wiedergibt. Dieſe Gebirgshöhen wurden zwar im zweiten daci— ſchen Feldzuge von den Römern erſtiegen, jedoch nur ſo lange, bis der Feind gedemüthiget, und die allgemeine Ru— he hergeſtellt, von den Siegern beſetzt gehalten; ſodann wieder geräumt, und die fruchtbaren Hügelreihen und la— chenden Fluren und Ebenen des innern Landes eingenom— men, welche die Römer, wie bekannt, den ſterilen, wilden Felſenhöhen und düſtern Waldgründen vorzogen. Auch die von den daciſchen Schlöſſern, welche bei den „fiegreichen Stürmen nicht geſchleift wurden, geriethen in der Folgezeit in Verfall. Und dieſer mußte nothwendig und ſo auffallen— der fein, je fröhlicher im Verlauf eines vollen Jahrhun- derts — des zweiten chriſtlichen — der Wohlſtand und Flor der neu angelegten römiſchen Colonien im Wachsthum be— griffen war. . Aber mit diefer Zeit hatte die römiſche Provinz auch ihren Glanzpunkt erreicht; Macht und Glück begannen zu ſinken. Der traurige Wechſel einer Reihe ſchlimmer Re⸗ genten, welche den kaiſerlichen Thron durch Unthaten ent würdigten, war von höchſt nachtheiligem Einfluß auf die Provinzen, und Veranlaſſung, daß von allen Seiten Feinde des Reichs ſich kühn erhoben. Auch Dacien ſahe von Rom aus ſich zu der Zeit vernachläßiget, ohne Schutz und Bei— ſtand den Anfällen der Barbaren bloß geſtellt, und daher die Nothwendigkeit verſetzt, ſich ſelbſt zu rathen und zu en ). Bei fo geſtalteten Umſtänden handelte, wie vor— aus zu ſehen war, es mehr ſelbſtändig, als abhängig von Rom, und verachtete **) wiederholt die Oberherrſchaft und Befehle derer, welche ſich ſelbſt durch verächtliche Thaten herabſetzten. N Durch öftere und plötzliche Ueberfälle lauernder Feinde ward das ebene Land heimgeſucht und ſehr unſicher; daher die alten, verlaſſenen Bergſchlöſſer wieder aufgeſucht, und in Landesgefahren die beſten Habſeligkeiten hingeflüchtet wurden. Dieſes ſcheint wenigſtens ein oben bezeichneter und in Valya Anieschi gegrabener, dem Caracalla von dem ihm ergebenen Proprätor T. Juſiriſus geſetzter Inſchrift— ſtein anzudeuten. S3 wiſchen den merkwürdigen, auf dem Muntſcheller Ges birge gelegenen Gredistier Ruinen, von welchen man ſich ſchwer trennen konnte, überraſchte die Nacht die Forſchen— den, und in der Finſterniß ziemlich ſpät kamen ſie durch n langen Thalgrund am vereinigten Waſſer des Raeu Ib und Valya Alb, mitunter über gefährliche Stege, bei Gewerbsanlagen müde und körperlich faſt ganz erſchöpft Doch durch zuvorkommenden freundlichen Empfang und ein gutes Nachtsquartier wohlthätig erquickt, konnte man am ſechſten September frühe die Rückreiſe mit mun— tern Roſſen antreten. An demſelben vereinigten Gebirgs— fluß Varosviz gings zwiſchen den waldbedeckten Höhen, oft auch durch das Waſſer reitend, hinab bis zu den unter dem Walde und am Fuße der Berge liegenden Dörfern: ) Dio Cass. 77. 16. **) Lamprid. in vita Gommodi. Ald. 32 Hodescht und Ludescht. Hier ließen die Reiſenden ih⸗ ren Begleiter, den Fluß, welcher links gegen Norden über Batsiara, Orestiora, Sereka, Bereny, Szäszväros , in den Maroſch mündet, und wendeten rechts über Sche- beschel nach Kudschir, einem militariſirten, zum erſten Walachen Gränz Infanterie-Regimente gehörenden Orte; mit einer deutſchen Schule, und einem ärariſchen Eiſen— hammerwerke. Vom Commandanten des Militärs, einem Hauptmann, wurden die Reiſenden dem anſäßigen, wie es ſchien, wohlhabenden, beweibten Corporalen, deſſen Hause haltung durch vorzügliche Ordnung und Reinlichkeit ſich aus zeichnete, anvertraut. Nach der in Kudschir auf das Beſte gefeierten letzten Nachtsſtation des unternommenen Ausfluges, beſichtigte man den ſiebenten September frühe noch das Hammerwerk mit vortrefflich eingerichtetem hydrauliſchem Gebläſe, zugleich die dabei von dem erſten Werksbeamten geſchmackvoll an- gelegten Gartenparthien, und beſchleunigte zu Wagen die Heimkehr um ſo raſcher, je mehr ſich unſerer der ſüße Ge— danken an die bald wieder zu begrüßenden zurück geblie— benen Lieben bemeiſterte. In Mühlbach und Reußmarkt, während die Vorſpannspferde gewechſelt wurden, beſuchte man ſchätzenswerthe Jugendfreunde. Doch ach, im letztern Orte betrübte den kurzen Freundſchaftsgenuß die herzzerrei— ßende Nachricht von dem plötzlichen Hinſcheiden eines der vorzüglichſten Hermannſtädter Capitels mitglieder, des beim ſiebenbürgiſchen ſächſiſchen Jägerbatallion geweſenen Feld— predigers und Pfarrers in Rothberg, S. Jac. Müller, eines Mannes von ungemeiner Beredſamkeit, Ideenreich— thum und Biederkeit. N Nach je längerem Verzug in Reußmarkt, wegen der Vorſpannsroſſe, welche der Fuhrmann von entlegener Weir | de brachte, ging es dann um ſo viel ſchneller vorwärts. Doch ſchon in der Nähe von Großpold ſchied man von den letzten Strahlen der Sonne und vom Tageslicht. Ei— ne ſternvolle Nacht breitete ſich aus und gewährte aus ihren Myriaden Welten entfernten Glanz und Helle, bis ER . * am öſtlichen Himmel das abnehmende Mondviertel über die Gebirge ſich erhob und auf die Fahrwege leuchtete. Bei Szetsel vorüber, durch Großau und Neppendorf eilend, kam man um Mitternacht in Hermannſtadt an, und er— reichte von hier, binnen zwanzig Minuten, in nordöſtlicher Richtung, das erſehnte Ziel, die freundliche Behauſung; woſelbſt über die glücklich beendigte fünfzehntägige Höhen— wanderung am frühen Morgen der Heimgekehrte hochver— gnügt nicht nur den durchforſchten ſichtbaren Gebirgstheil noch einmal mit den Blicken überflog, ſondern auch unwill— kürlich angelockt ward zu neuem Studium und Genuß des den Horizont von Oſten nach Süden und von Süden N en Weſten amphitheatraliſch begränzenden Karpathen⸗ 8. a erer — 5 Fr ** — ee” . Schullers Archiv II. 1. 3 * 34 Politiſcher Zuſtand f der Siebenbürger Sachſen unmittelbar vor der engern Vereinigung der drei ſtändiſchen Nationen. Eine Skizze von J. K. Eder. ) Vorwort des Einſenders. Neben dem Huldigungseid für Allerhöchſt Seine Mas jeſtät Kaiſer Ferdinand J., den alle hohe und niedere Beamten unſers Vaterlandes mit heiliger Feier und ernſter Rührung im abgewichenen Jahre 1838 abgelegt haben, wurde auch der Unionseid der drei ſtändiſchen Nationen *) Mitgetheilt von H. Johann Filtſch, Syndicus des Hermannz ſtädter Capitels und ev. Pfarrer in Schellenberg. Von den darin enthaltenen Beweisſtellen aus gleichzeitigen Urkunden ſind allerdings manche in andern Werken abgedruckt worden; den Leſern dürfte es aber ſehr willkommen ſein, ſie hier in ſyſtematiſcher Anordnung vereinigt zu finden. Darum gebe ich, wie dies ſchon die Pietät gegen den um die ſiebenbürgi— ſche Geſchichte hoch verdienten ſ. Abt Eder fordert, dieſe Skizze unverändert, und laſſe die darin enthaltenen Urkundenauszüge wörtlich abdrucken, anſtatt einer dem Leſer oft läſtigen Kürze halber hin und wieder auf andere Werke, wo ſich einzelnes bereits vorfindet, zu verweiſen. Anm. des Herausgebers. 35 den Beamten diefer drei Nationen abgenommen, weil diefe Vereinigung für eine der Hauptgrundlagen unſerer jetzigen vaterländiſchen Verfaſſung angeſehen werden muß, Dieſe Vereinigung, beinahe gleichzeitig mit der Einführung der Reformation in Siebenbürgen, hat nun bald 300 Jahre beſtanden, und jeder rechtſchaffene Verbündete freut ſich nicht nur der Rechte, die ihm aus dieſer engern Verbindung mit den ſtändiſchen Söhnen des Vaterlandes erwachſen, ſon— dern leiſtet freudig auch die Pflichten, die ihm dieſelbe auf— erlegt. Indeſſen iſt es dem denkenden Freunde ſeines Va— terlandes und feiner Nation auch nicht übel zu nehmen, wenn er auch einen Blick rückwärts, jenſeits der Unions— periode auf ſein Volk thut, und er außer dieſem Unions— intereſſe auch gegründete Antwort auf die Frage wünſcht: welche politiſche Stellung hatte mein Volk vor dieſer Union? mit welcher Bedeutenheit iſt es in dieſe Verbindung ein— getreten? Gewiß denkt daran wenigſtens der Geſchichtsfor— ſcher jedes Volkes und freut ſich in grauer Vorzeit ſchon den väterlichen Stamm in Ehre und Anſehn zu erblicken. In reichem Maße wird dieſe Freude dem Geſchichtsfor— ſcher der Unger und Szekler zu Theil; und in welcher po— litiſchen Stellung der Siebenbürger Sachſe feine Vorfah— ren vor der Vereinigung mit den beiden andern Nationen finde, darüber gibt einige Fingerzeige dieſe kleine Schrift, die der Herausgeber aus vorgefundenen ſchriftlichen Bemerkungen über dieſen Gegenſtand, bezeichnet mit den Buchſtaben J. K. E. mitgetheilt hat. Wer ſollte nicht in dieſen Anfangsbuch— aben, ſo wie noch viel mehr in den hier mitgetheilten Ur— kundenauszügen, den gelehrten Verfaſſer der vaterländiſchen erke: de initiis juribusque Saxonum in Transilva- nia; Breviarium juris Transilvanici ; Supplex libellus Valachorum , der Anmerkungen zum Felmer'ſchen Hand— buch der ſiebenbürgiſchen Geſchichte, ſo wie den Herausge— ber des Schesaeus und Simigianus entdecken? Aus voller Ueberzeugung, daß keine Früchte der Be— mühungen dieſes fleißigen und ſcharfſinnigen vaterländiſchen Geſchichtforſchers dem gelehrten ſiebenbürgiſchen Publikum 3 36 vorenthalten werden dürfen, werden auch dieſe Skizzen mitgetheilt, in der frohen Erwartung, daß gewiß mehrere Punkte derſelben unſre kenntnißreichen Mitbrüder entweder zur vollendeten Ausführung, oder auch zur Berichtigung der mitgetheilten Skizzen ermuntern möchten. 3 8 Einleitung. In den älteſten Denkmalen von den Siebenbürger Sachſen erſcheinen dieſelben faſt immer als Krieger. Ein Diplom des Königs Andreas des Zweiten von 1266 ent hält es ausdrücklich, daß ſie die Pflicht gehabt haben, in der Gränze zu wachen; die deutſchen Ritter, die das öde Burzenland erfochten und dann vom König Andreas er- halten haben, waren da ad custodiendum confinium, wie ſich ebenfalls Andreas in einem Diplom von 1212 ausdrückt, und es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß die kriegeri— ſchen Einrichtungen in Dörfern und Städten, deren Spu— ren noch heute in den Nachbarſchaften und Zünften übrig ſind, noch Ueberreſte der älteſten Verfaſſung ſind. Die Folge der Zeit hat außerordentliche Verwandlun— gen veranlaßt; auch ſind von ſpäteren Zeiten mehrere Ur— kunden vorhanden, aus deren Zuſammenſtellung wir uns ein richtiges Bild von dem politiſchen Zuſtand der Sach— ſen entwerfen können. Um die Halfte des ſechzehnten Jahrhunderts (1545 den 25. April) traten die Siebenbürger Sachſen mit dem ungriſchen Adel und den Szeklern in die engere Vereini— gung, welche auch jetzt noch beſteht (Approb. Const. P. III. lit. I.). Dieſe Vereinigung konnte nicht ohne Folgen in dem politiſchen Zuſtand der Sachſen ſein. Ein Bild von ihrem Zuſtande unmittelbar vor der Vereinigung iſt das einzige Mittel dieſe Folgen zu überſehen. Dies iſt der Grund, der mich hoffen macht, eine durch Urkunden der | Zn K, x 37 letzten hundert Jahre vor jener Vereinigung bewährte Skizze dieſes Bildes werde wenigſtens den Dank des Geſchicht— ſchreibers von Siebenbürgen verdienen, ich ſage wenig— ſtens des Geſchichtſchreibers, denn man nimmt ja auch in Gallerien ſo manche Skizze auf. Der Skizze Erſter Punkt. Die Siebenbürger Sachſen waren unmittelbar vor der Trennung Siebenbürgens von Ungarn und der darauf fol— genden engeren Vereinigung mit dem Adel und den Szek— lern ein eingentlicher Landesſtand der Ungariſchen Mo— narchie. Sie hatten Antheil 1. An der Wahl der Könige, 2. An Kriegserklärungen, Friedensſchlüßen u. f. w. wie die andern Stände. Beweiſe und Erläuterungen. Zu 1. Der König Ladislaus ſchreibt 1490 an die Hermann⸗ ſtädter, und dann wieder beſonders an die ſieben Stüh— le: Ex litteris Dominorum Praelatorum et Baro- num hujus regni nostri Hung. vobis cum prae- sentibus N clare cognoscere potestis qua- liter nos de vesira universorumque aliorum re— guicolarum nostrorum concordi et unanimi volun- tate in eorum Regem et Dominum elegerunt. Als es ſich 1491 darum handelte, ob auf den Fall des ohne männliche Erben erfolgten Hintrittes des Kö— niges Uladislaus die Ungariſche Monarchie auf Maris milian übergehen ſolle, wurden die Sachſen eben ſo wie der Waiwode, der Biſchof und die übrigen Stände um ihre Einwilligung angegangen, die ſie in eigenen Urkunden gegeben haben, deren Urſchriften im Wiener Hofarchive vorhanden ſind, die ich in einer andern Schrift abdrucken zu laſſen gedenke. Zu 2. 1454 wollte König Matthias den Türken den Krieg ankündigen; er ſagt dazu einen Landtag an, und die Siebenbürger Sachſen werden durch die Stände da— hin eingeladen: Fraternitates vestras hortamur, re- quirimus et quantum possumus rogamus, quate- nus juxta mandatum et literas praefati Domini nostri regis quatuor ex vobis, et quot ultra vo- lueritis, bonos viros ad praetactum quindecimum diem Budam cum pleno mandato mittere velitis, ut cum üllis et aliis fratribus nostris congre- gandis de facto praetacli generalis exercitus tractare et concludere valeamus. Eben fo befiehlt ihnen König Mathias felbft 1458 Bevollmächtigte auf den Landtag zu Szegedin zu ſchik⸗ ken, ad tractandum et coneludendum una vobis- cum et aliis fratribus vestris. Ubi vero aliud fa- eitis, ipsa negotia inconsummata manerent ad | damnum ejusdem regni non modicum. Uladislaus hatte 1491 mit dem Kaiſer den Frie— den geſchloſſen: quibus autem conditionibus (ſagt er in einem Schreiben an die Hermannſtädter) pacem ipsam pepigimus, necessarium putamus inter ce- teras regnicolas nostras etiam fidelitatibus vestris omnia comunicare. Hierauf beruft er fie auf den Landtag ſowohl um die Friedensbedingungen ihnen mit— zutheilen, als mit ihnen zu Rathe zu gehen de his quae ad bonum statum et ulteriorem quietem re— gni hujus conducere videbuntur. Der nämliche König beruft die Hermannſtädter 1505 auf den Landtag und fügt folgende Beweggründe der Berufung bei: Cum vos quoque de membro hujus regni sitis ejusque bonum et conservatio aeque vos ac alios regnicolas nostras concernat. Abermals ſchreibt Uladislaus 1510 an die fieben und zwei Stühle, ferner an die Städte Kronſtadt und Biſtritz, als auch das Burzenland, er wäre vom Pabſt aufgefordert worden zu einem Kriege wider die Türken. 39 Nos vero, ſagt er, qui nihil unquam in similibus magnis rebus communem salutem praecipue illi- us totius regni Hung. et omnium vestrum con- cernentibus absque vestro et ceterorum fidelium nostrorum consilio agere consvevimus, hucusque responsum extraximus et distulimus et nos ad ve- stram universalem deliberationem retulimus. Er befiehlt ihnen alfo, fie follten Bevollmächtigte nomine et in persona totius universitatis Saxonum auf den Landtag nach Gran ſchicken. Ludwig II. ſchreibt 1521 an die nämlichen Sach⸗ ſen: Er habe einen Landtag in Ofen zu halten be— ſchloſſen, um Anſtalten wider die Türken zu treffen. Cum autem, ſagt er, vos quoque sitis membrum hujus regni Hung. fidelitati vestrae harum serie rmissime mandamus, ut ad dietum festum Elisa- bet! nun oratores vestros quotquot vo- lueritis ad praedietum conventum Budam ad Ma- jestatem nostram mittere cum pleno mandato de- beatis, ut cum illis et aliis fidelibus nostris de ratione defensionis regnorum nostrorum ac ve- strum omnium tractare, consultare ac concludere possimus. Zweiter Punkt. Die Siebenbürger Sachſen gehörten zu dem vierten Landes ſtand der Ungariſchen Monarchie; jedoch mit dem Unterſchiede von den königlichen freien Städten Ungarns, daß die ſächſiſchen Stühle zuſammen für ein Corps ge— halten wurden. Beweiſe und Erläuterungen. Verböcz zählt nur die Praelatos, Barones und Nobi— les unter die Landesſtände; die Ausleger des Tripar— titums meinen, er habe die freien Städte unter die Nobiles gerechnet, weil jede für ſich einen Edelmann 40 gilt. Tirocinium Jur. Hung. Pars II. Tit. 4. In⸗ deſſen waren ſchon von ziemlich alten Zeiten her die freien Städte wie ein eigner Landesſtand, der auf dem Landtag Sitz und Stimme hatte. Im Decrete Ma⸗ thias II. von 1608 heißt es: Liberas eivitates quod concernit, ut eae quoque in suis privilegiis et numero Statuum et Ordinum conserventur , dignum judicant regnicolae, quorum nuncii ut inter regni- colas locum et vota habeant, dignum quoque censent regnicolae. Zu dieſem Stande gehörten die Siebenbürger Sachſen. In der oben angeführten Ber rufung der Hermannſtädter auf den Landtag von 1505 ſagt Uladislaus ausdrücklich: Nam ita ordinatum et conclusum est, ut etiam vos instar aliarum libe- rarum civitatum nosirarum nuncios et Concives vestros ad ipsam diaetam mittatis. In der eben» falls oben angeführten Einwilligung der ſächſiſchen Stüh- le zur Thronfolge Maximilians heißt es: Nos itaque qui de numero et collegio liberarum et aliarum civitalum ceterorumque Regnicolarum hujus regni Hung. sumus — — Tractatum hujusmodi in prae- senti diaeta seu conventu generali Regnicolarum super ea re indicto publice et solenniter acce- ptavimus. Jedoch finde ich einen Unterſchied. Die Ungerländi— ſchen Städte wurden einzeln berufen und ihre Abge— ſandten waren Bevollmächtigte einer einzelnen Stadt. Die ſächſiſchen Städte waren nicht blos als Städte, ſondern als Häupter der ganzen deutſchen Colonie in Siebenbürgen betrachtet. Uladislaus ſagt in der ſchon angeführten Berufung auf den Landtag 1510, die Sachſen ſollen Bevollmächtigte ſchicken totam Univer- - sitatem Saxonum repraesentantes. Ich habe ſehr viele Convocatorias der ungerländifchen Städte in Kaprinai Hungaria diplomatica und Rovachich ve- stigia Comitiorum geleſen, ohne daß mir fo etwas aufgeſtoßen wäre. Wohl aber finde ich in einer Ber 41 rufung der Stadt Barthfa auf einen Peſther Landtag etwas, das mit der Berufung der Siebenbürger Sach— ſen ſehr contraſtirt. Mathias ſchreibt an dieſe Stadt 1458: Praeterea mittere poteritis certos ex vo- bis cum pleno mandato ad Conventionem gene- ralem in civitate nostra Pestiensi tenendam, ut tandem accipere possitis ab eisdem ea, quae in eadem concludentur omni voto. Bei Kovächich S. 297. An die Siebenbürger Sachſen ſchreibt er bei weitem nicht ſo gleichgültig, wenn er ſie im nämlichen Jahre auf den Landtag beruft: er ſagt es gebe plura negotia regni, quae sine vobis et aliis fratribus vestris consummari non possent — Fidelitati Uni- versitatis et cujuslibet vestrum harum serie ir- miter committimus et mandamius quatenus sta- tim praefatos quatuor vel plures ex vobis notabi- liores prout vobis videbitur, cum plena facultate vestra ad tractandum et concludendum una vo- biscum et aliis fratribus vestris de et super prae- missis — mittere debeatis. Dritter Punkt. Siebenbürgen war in jener Zeit keine ſelbſtändige Provinz; ſie wurde durch Geſetze, die auf dem ungriſchen Landtag durch den König und die Landesftände der ganzen Monarchie gemacht wurden, regiert. Indeſſen wurden doch in Siebenbürgen von Zeit zu Zeit allgemeine ſogenannte Generalcongregationen des Adels, der Szekler und der Sachſen gehalten ), deren Beſtimmung gewöhn— lich waren: a. Bekanntmachung königlicher allgemeiner Befehle. ) Eine natürliche Vereinigung, veranlaßt durch die gemein⸗ ſchaftlichen Vaterlandsbedürfniſſe und wahrſcheinlich auch der Grund der engern politiſchen Bereinigung von 1545. f . 42 b. Freundſchaftliche Berathſchlagungen. c. Privatverträge zwiſchen den drei Partheien. Beweiſe und Erläuterungen. Ich habe zwar nicht in Urkunden des ſächſiſchen Na— tional⸗Archives, wohl aber in Urkunden des Weißenburger Capitels verſchiedene Spuren von derlei allgemeinen Con— gregationen der drei Nationen ſchon vom 14. Jahrhunderte gefunden, welche (de regis edieto) auf Befehl des Kö— nigs ſind gehalten worden; allein nirgends iſt eine Spur von Landesgeſetzen, die daſelbſt gemacht und dann dem Kö— nig zur Beſtätigung wären unterlegt worden. In dem Jahre 1470 ſchreibt Johann Pongratz, Sie— benbürgiſcher Waiwode, an die Hermannſtädter und die ſieben ſächſiſchen Stühle: Quia nos per regiam Serenitatem pro certis rebus et negotiis Sere- nitatis suae ad partes illas Transilvanas in me- dium Regnicolarum deputati sumus, ob hoc nos in Festo Nativitatis B. M. V. nune proxime ven- turo in Oppido Thorda generalem Regnicolarum statuimus celebrare congregationem; — vestris ergo Dilectionibus firmiter committimus et man- damus quatenus, acceptis praesentibus, quatuor ex vobis potiores eligere et in ipsam congre- gationem Regnicolarum audituros intimata re- giae Majestatis mittere debeatis. Ein anderer Sie— benbürgiſcher Waiwode, Petrus Comes de S. Georgio et de Bozyn ſchreibt an die nämlichen, er habe ein königliches Schreiben erhalten, um dieſes zu ſehen und zu vernehmen, (ad quas literas videndas et intelligendas) habe er einen allgemeinen Landtag (ge- neralem diaetam) zu halten beſchloſſen und dabei ſollten ſie erſcheinen im Jahre 1498. Im Jahr 1515 ſchreiben die Potiores Nobilium Transilvaniae, fie wollten mit dem Biſchofe in Sze- kely Väsärhely eine Congregation halten, die Szekler 43 würden auch dabei erſcheinen; dann fagen fie: Domi- nationes et Amicitias vestras etiam atque etiam rogamus, ut tum universorum Dominorum trium generum Siculorum, tum nostrae amicitiae ob contemplationem etiam Dominationes vestrae ad praemissum terminum in praefato loco Vä— särhely constitui velint et ibidem una cum prae- notato Reverendissimo Domino Episcopo com- muni consensu de hujus regni commodo et con- servatione commodius consulere et concludere valeamus. So fand ich auch bei Pray Hierarch. P. II. p. 275, einen Brief von 1529, in welchem Erwähnung geſchieht von einem, durch den Biſchof und Theſaurarius Gerendi gehaltenen Landtag der drei Siebenbürgiſchen Nationen, um Kriegsanſtalten wider den nach Polen geflüchteten Zapolya zu treffen. c. Hieher gehören folgende Verträge. Einer in Käpolna vom Jahr 1437. Er iſt abgedruckt bei Katona hist. er. R. Hung. T. XII. pag. 793. Ein anderer Vertrag abermals in Käpolna aus dem folgenden Jahr 1438. Iſt abgedruckt in den Noten zur Bittſchrift der Walachen S. 24.) In Mediaſch 1459. Iſt zum Theil abgedruckt in der Schrift vom Eigenthumsrecht der ſächſ. Nation in Siebenbürgen S. 63. Das Original iſt im Na: tionalarchive Nr. 206. In Schäßburg 1506. Im Nationalarchiv in einer alten Abſchrift Nr. 76. vorfindig. Bi Gegenſeitige Vertheidigung, ſowohl gegen auswär— tige Feinde, als gegen jede einzelne der Nationen in ihren vorigen Rechten gerichtete Kränkung, iſt der Hauptgegenſtand dieſer Verträge. ) Eders bekannte Schrift: Supplex libellus Valachorum , wo am angezeigten Orte die Schließung des Vertrages mit den Worten ausgedrückt iſt: inter se ipsos talem fece- rant unionem et fraternitatem. A. d. H. 414 Vierter Punkt. In Fällen, welche entweder kein Gegenſtand des Land⸗ tages waren, oder ſchleunige Abhilfe heiſchten, waren es nicht die Siebenbürgiſchen Waiwoden, oder die erwähnten Congregationen, bei denen die politiſchen Angelegenheiten der Sachſen vorkamen, ſondern unmittelbar der König. Der König a. gab oft unmittelbar ſeine Befehle an die Sachſen, b. berief nicht ſelten einige von den Sachſen zu fi ‚| oder g c. gab andern bedeutenden Männern den Auftrag, die Angelegenheiten der Sachſen in des Königs Namen zu ſchlichten, oder ihnen den königlichen Vefehl be— kannt zu machen. * Beweiſe und Erläuterungen. a. Die Archive der Sachſen ſind voll von königlichen Befehlen, welche unmittelbar an die Sachſen gerich- tet ſind. b. So beruft Uladislaus 1492 den Hermannſtädter Bür— germeiſter Georg Hecht zu ſich nach Ofen, um mit ihm über einige Angelegenheiten zu tractiren, und der nämliche König ſchreibt 1510 an die Hermann⸗ ſtädter und die ſieben ſächſiſchen Stühle: Constitue- ramus non prius quam ad diaetam proxime ven- turam ex vobis ad nos vocari facere, sed cer- tae res subito occurerunt, propter quas hane nostram mutare omnino oportuit voluntatem, quo etiam factum est, ut praesentiam aliquorum ex vobis praetermittere nequeamus. Quamobrem vo- lumus et fidelitati vestrae sub poena amissionis omnium bonorum vestrorum harum serie firmis- sime mandamus, quatenus statim, visis praesen- tibus, omni mora, omni cunctatione et diffieul- tate postpositis, cum magistro civium eum uno 45 vel duobus civibus suis itineri vos accingere, et ad Majestatem nostram quam festinatissime, cum sufficienti tamen ac pleno totius Cosulatus vestri mandato et auctoritate venire debeatis. Die Szekler hatten die Sachſen gekränkt; dieſe klag⸗ ten bei Hof. Der König Uladislaus ſchreibt ihnen 1491, er werde nach geendigtem Kriege den Waiwo— den ſchicken, cui jam informationem et plenam nostram facultatem el auctoritatem dedimus , ut vobis satisfaciat quod contenti eritis, Endlich verfpricht er ihnen, wenn es möglich fei, werde er ſelbſt nach Siebenbürgen kommen, et damna vestra rectificabimus. Im Jahre 1492 wurden die Sachſen durch Edel⸗ leute gekränkt. Uladislaus ſchreibt darüber an den Wai— woden Stephan Bathor: fidelitati vestrae harum serie committimus et mandamus , quatenus a mo— do deinceps praefatos universos Saxones no- stros in universis ipsorum bonis et rebus justis et legitimis contra praefatos nobiles defendere, tueri, protegere et defensare, indemnes con- servare, modis omnibus debeatis et teneamini nostra in persona ac auctoritate praesentibus vobis in hac parte plenarie attribula et justi- tia mediante, Um das Jahr 1508 klagten die Sachſen auch ger gen ihre Geiſtlichkeit über varias molestias. Der König ſchrieb in demſelben Jahre an die Geiſtlichkeit. Im Jahr 1491 wird der Biſchof Gereb, der Wai⸗ wode Drägffi und der Vicewaiwode Thelegdi von dem König geſchickt, um den Sachſen von Seite des Königes etwas bekannt zu machen. In nostris, ſind die Worte des Königes, et totius regni nostri re- bus et negotiis. Mit ähnlichen Aufträgen wurden von dem König an die Sachſen geſchickt in eben dem Jahre 1491 einige Hofleute, als: Georg de Kanysa und Franciscus de Zemeche; auch in den Jahren terſcheiden, um die ſcheinbaren Widerſprüche in den vor: handenen Urkunden zu heben. a Klagte ein Sachs Jemanden von einer andern Na: . Betraf aber der Rechtshandel eine adelige Grundbe— . Im Jahr 1511 verlangten die Edelleute und die . Klagte Jemand von einer andern Nation einen Sach— 46 1493 und 1494 erfolgen ſolche Sendungen an di Sachſen; in dem Jahr 1496 wird an fie der Bil ſchof Gabriel geſchickt. Fünfter Punkt. | In Rechtshändeln muß man verſchiedene Fälle un | In einem Rechtshandel, der zwifchen zwei Sachſen obwaltete, war der ſächſiſche Richter ihre Behörde un von dieſem ging die Appellation unmittelbar an de König. tion an, ſo ward der Proceß bei der eignen Behörd des Beklagten und alſo auch vor dem Waiwoden ge: führe. fen an, und der Rechtsſtreit betraf keine Grundbeſit— zung, ſo ward der Proceß vor dem ſächſiſchen Rich ter geführt, und die Appellation ging an den König ſitzung, fo ward er auf jeden Fall durch den Wai— woden entſchieden. Beweiſe und Erläuterungen. Dieſes von Andreas II. der deutſchen Colonie gege— bene oder beſtätigte Vorrecht iſt nicht einmal von den übrigen Nationen Siebenbürgens angefochten worden. Selbſt als man 1506 in Schäßburg bei dem Ver— trage der drei Nationen einen vermiſchten Rath ein— ſetzte, waren die Rechtshändel, welche ſich zwiſchen Leuten von einer Nation ergeben würden, den eignen sedibus judieiariis überlaſſen. Szekler, die Rechtshändel, die einer von ihnen wider c * 47 einen Sachſen anhängig gemacht hätte, ſollten an den Waiwoden appellirt werden können und ſie bedienten ſich dazu dieſes Beweiſes, wie Uladislaus in einem darüber ausgefertigten Diplome ſagt, daß diejenigen causae, quas Saxones contra Nobiles et Siculos habere solent, per viam appellationis in prae- sentiam Wayvodae deducuntur, Die Sachſen hatten dieß Recht von jeher; als es aber 1511 angefochten wurde, ſo mußten die Sachſen dem König in pleno Consilio cum Praelatis, Baroni- bus ac proceribus ceterisque assessoribus ihre Privilegien darüber vorlegen, und darauf erfolgte fol— gender Schluß: Quapropter nos de consilio eo- rundem Dominorum Praelatorum ac Baronum et Assessorum praefatos Saxones nostros in prae- dicta ipsorum libertate duximus relinquendos de- cernentes, ut a modo deinceps futuris perpe- tuis temporibus in his causis, quas praedicti Nobiles aut Siculi simul vel seorsim et divisim contra eosdem Saxones nostros vel alterum ipso- rum pro quacunque causa habuerint et appella- tio sequi debebit, talis appellatio non in prae- sentiam ipsius Wayvodae, pro tempore consti- tuti, sed in nostram praesentiam ac successo- rum nostrorum regni Hungariae semper fieri debeat. f In einem Befehle des Königes Ladislaus von 1453 an das Siebenbürger Capitel, die Sachſen in den Beſitz von Talmatſch zu ſetzen, heißt es: Contradi— etores vero, si qui fuerint, evocet ipsos con- ira annotatos nostros Saxones in praesentiam Wayvodarum partium nostrarum Transilvana— rum ad terminum competentem rationem contra— dictionis eorum reddituros, So ſagt auch König Uladislaus in einem Diplom von 1514, die Sachſen ſeien nicht verbunden, ſich vor dem Gericht des Adels zu ſtellen, nisi in eausis 48 factum jurium possessionariorum vel terrarum concernentibus. Will man ein Beiſpiel davon, ſo befindet ſich in dem Weiſſenburger Capitulararchive in Cista Capi- tuli Fasciculo 5. Nro. 11. ein Inſtrument, durch welches die Sachſen aus den ſieben Stühlen vor den Waiwoden citirt werden, wegen eines Proceſſes mit dem Albenſer Capitel über eine Poſſeſſion Bun, li— teralia instrumenta exhibituri, vom Jahr 1496. Ein anderer Fall, in welchem die Sachſen die Klä- ger waren, iſt in einer Urkunde des ſächſiſchen Na— tionalarchives von 1509 enthalten. Die Söhne des Nicolaus Gerendi hatten ſich der Poſſeſſion Peter- falva bemächtigt, obwohl dieſe den Hermannſtädtern verpfändet war; die Hermannſtädter klagen bei dem Waiwoden Petrus Com. de S. Georgio und dieſer trägt dem Koloſchmonoſtorer Convent auf, die erwähn⸗ ten Söhne des Nicolaus Gerendi ad octavas festi Epiphaniarum vor fein Gericht zu laden. T. C. Nro. 120. Sechſter Punkt. Was das Kriegsweſen betrifft, muß man allgemeine Feldzüge der Ungriſchen Monarchie von kleinen Befehdun⸗ gen an der Siebenbürgiſchen Gränze unterſcheiden. a. Bei einem allgemeinen Kriege der Monarchie wur— den die Sachſen nicht durch den Waiwoden, ſondern unmittelbar durch den König aufgeboten. b. Bei Befehdungen an der Siebenbürgiſchen Gränze wurden ſie zwar von dem Waiwoden aufgeboten, aber blos nach einem Vertrage, dem zu Folge der Adel, die Szekler, und die Sachſen verbunden waren, ſich bei feindlichen Einfällen wechſelſeitig zu unterſtützen. Beweiſe und Erläuterungen. a. Im Jahre 1491 ſchreibt Uladislaus an die ſieben Stühle, die Biſtritzer, und Burzenländer, er ſei bereits 2 mit dem Reichsheere wider Albert ausgezogen, die Bir) 9241 ini b. Sachſen ſollten uun ebenfalls, da ſie Reichsglieder waren (eum vos quoque de membro hujus regni sitis) zu Felde ziehen. Der König weiſet ſie daſelbſt freilich an den Siebenbürgiſchen Vicewaiwoden an. Juxta informationem Vieevaivodae illarum par- tium Transilvanarum, quo necesse ſuerit, pro- "fieisci debeatis; — allein das kann nichts mehr ber deuten, als daß der König ſeinen Operationsplan dem Vicewaiwoden mitgetheilt habe und die Sachſen ſollten ſich auch nach demſelben richten. Der Waiwode war diesmal nur der Kanal, durch den der königliche Be⸗ fehl an die Sachſen gekommen iſt, er war in dieſem Falle der vom König beſtellte Heerführer, ſo wie ein andermal Deutſche die Heerführer der ganzen Unga⸗ riſchen Armee waren. Von Stephan I. ſagt ſchon Thurotz: Totius autem exereitus sui principem et ducto- rem Vecellinum hospitem Alamanum genere praefeeit. So ſtand auch bei der Schlacht auf dem Kenyermezö unter der Regierung des Königes Mas thias die Sächſiſche Rotte von 600 Reitern unter ihrem Anführer Georg Hecht, unter dem Waiwoden Stephan Dathor und dem Temeſcher Grafen Paul Kiniſchi, nicht als unter dem Waiwoden und dem Te— meſcher Grafen, ſondern als unter dem oberſten Be— fehlshaber dieſer ganzen Armee. Als im 15ten Jahrhundert die Macht der Osmanen um ſich griff, war die Siebenbürgiſche Gränze oft unvermutheten feindlichen Einfällen ausgeſetzt. Schon 550 min 0) 19 \ 161 h de im Jahr 1437 ward alſo von den drei Nationen ein Vertrag gemacht, deſſen Hauptpunkt war, daß wenn eine derſelben bei einem feindlichen Einfall eine andere zu Hilfe rufen wird, die andere gleich den folgenden Tag aufbrechen und in der gröſten Eile kommen ſoll. Seit dieſem Vertrag, der in der Folge öfters erneuert wurde, kommen häufig Beiſpiele vor, daß die Sachſen von dem Waiwoden zum Krieg aufgefordert wurden, 4 Schullers Archiv II. 1. 50 hingegen aber muſte auch er Waiwode, wenn die Sachſen in Gefahr waren, mit ſeinem Heere ihnen zu Hilfe kommen. So ſchreibt 1469 der Waiwode 3 adgob em Pongraz an die Sachſen: Ecce egregium Juoannem de Rhede Vieevayvodam illac ad id de- putavimus — penes quem tempore nostro exer- ‘9 eitualiter-insurgatis,. nos contra prout ex inti- mationibus nostris certificati fuerimus, cum to- tis gentibus nostris in subsidium vestri et pro ine defensfone“ vestra aecedemus. Im Jahre 1497 fielen die Türken ee 0 a das Land; Georg Hecht ſammelte in der Eile fächfifche Truppen und hielt den Feind ſo lange auf, bis die a andern Nationen, die die Sachſen aufgefordert hat⸗ ten, zu Hilfe kommen konnten. Dies erzählt Uladis⸗ laus in einem Diplom von 1497 durch welches er den Georg Hecht zum miles auratus macht. mind | Siebenter Punkt. 0 Das Innere der öffentlichen Verwaltung bei den Sach— ſen war völlig frei von dem Einfluß des Waiwoden, als Waiwoden. Beiſpiele davon ſind: a. Die Beſtimmung und Einſammlung der Geldleiſtungen. b. Die Beſtellung der Aemter. c. Die Einführung der Hundertmannſchaft. Beweiſe und Erläuterungen. 17 al Es gibt in dem Nationalarchive ungemein viele Briefe der Könige an die Sachſen, aus welchen es erhellet, daß die Könige unmittelbar mit den Sachſen traktirt % haben wegen des Zinſes und anderer Geldleiſtungen. Ein andermal erhielt der Theſaurarius einen beſon— deren Auftrag dazu, z. B. Ludwig II. ſchreibt 1519 an die Sachſen; der Theſaurarius Benedietus de Bätyän werde (de nostra speciali commissione , 51 nostroque mandato) jemanden zu ihnen ſchicken um ihnen die königlichen Befehle wegen des verſproche— nen subsidii bekannt zu machen. Im Jahr 1494 ſchreibt auf Befehl des Koͤniges, Gabriel Polnar, electus Boznensis, an die Sachſen, fie ſollten von der Contribution (ex eontributione) niemanden ei— nen Heller geben, als dem neuen Theſaurarius Si— gismund Ernſt. Hieraus könnte man wohl ſchließen, daß es Leute gegeben habe, die ſich gern in die Ein— ſammlung der ſächſiſchen Contribution gemengt hät—⸗ ten, ohne dazu durch ihr Amt berechtigt zu ſein. Man wird in dieſer Vermuthung beſtärkt durch einen Be— fehl des Königs Uladislaus von 1497 an die Sach— ſen, ſie ſollten kein Geld dem Waiwoden, ſondern alles dem königlichen Beamten, den der König ſchik— ken wird, einliefern. Die Königsrichter der ſieben Stühle wurden von den Gemeinden gewählt, und wenn es hoch kam, vom Könige beſtätigt, ohne den geringſten Einfluß der Waiwoden. Post obitum Judicum in septem se- dibus , ſagt Mathias in einem Diplom von 1477, hi qui magis digai visi fuerint, cum nostro ta- men semper beneplacito,, eligantur. So ift nebft andern ähnlichen Beiſpielen noch die vom König Ula— dislaus 1490 ausgefertigte Beſtätigung der Wahl des Laurentius Kakas zum Comes der ſieben Stühle vor: handen. Die Waiwoden verſuchten freilich manchmal einen Eingriff in dieſes Vorrecht der Sachſen, aber dieſe klagten bei dem Könige und der Waiwode ward zu Recht gewieſen. So einen Verſuch machten die Waiwoden 1493 bei Beſtellung des Mühlbächer Kö— nigsrichters. Die Sachſen ließen ihre Klage darüber durch den Theſaurarius Lucas dem Könige vortragen, dieſer ſchreibt ihnen: Litteras vestras accepimus et intelleximus et in negotiis ipsis apud regiam Majestatem laboravimus, litterasque suae Maje- statis tam ex parte vigesimae quam etiam judi- 4* 52 catus civitatis Szäszsebes Dominis Vayvodis cum ‚ praesentibus ad vos delatas, ne videlicet se ad ipsas vigesimas et Judicatum praedietum aliquo pacto iatromittere debeant, impetravimus; qui si aliquo modo vobis rursus turbationi et impe- dimento esse vellet, significetus nobis, et nos apud regiam Majestatem rursum opera nostra non deterimus. Im Jahr 1494 maßten ſich der Wai⸗ wode, Ladislaus Losontz und der Waiwode Niko- laus Hagymaz an, den Sachſen zu befehlen, fie ſoll— ten dem Mathias Pongratz Gerebatum sedis Kö- halom, (das Grafen oder Königsrichteramt von Reps) übergeben. Die Sachſen klagten bei dem Könige Ula— dislaus, dieſer ſchreibt im nämlichen Jahre an die bei— den Waiwoden Drasfi und Losontz ſie ſollten die Sachſen in Judicatu Reps ungeſtört laſſen, bis der König ſelbſt komme und die Gerechtſame der Sachſen in Beſtellung dieſes Amtes wird einſehen können. Zus gleich ſchreibt er dies auch an die Sachſen. Ubi di- eitis quod Vayvodae nostri illarum partium con- tra jura et libertates per divos Reges concessa et per nos confirmata vos diversimode impugna- rent et de quodam Judicatu regio Köhalom vo- cato , se intromitterent, et per hoe libertatibus vestris derogaverent, vobis nune paueis respon- demus, quod super omnibus praemissis eum fi- deli nostro, magnifico Bartholomaeo Drag ffi Vaivoda nostro tractavimus eidemque commisi- mus, ut vos in juribus et libertatibus vestris conservare debeat. Mandamus itaque fidelitati vestrae harum serie firmissime, ut infra adven- tum dicti Vayvodae nostri in medium 'vestri, de his omnibus patientiam habere et ea omnia ae- quo animo tollerare debeatis. Wer hätte es ver: muthet, daß die Sachſen von eben dieſem Bartho- lomaeus Dragffi, der jetzt als königlicher Bevoll⸗ mächtigter das von 6555 andern Wadoden den Sachſen r 53 zugefügte Unrecht abſtellte, eine ähnliche Kränkung zu leiden gehabt hätten? Nach drei Jahren 1497 be⸗ fiehlt er den Sachſen das Grafenamt des Alzner Stuhles feinem Hausfreund (Familiaris) Jakob de Gerend zu überlaſſen. Die Sachſen gehorchten die: ſem Befehle keinesweges, um ſo weniger, da ſie bereits einen andern Jacob Musnai zu dieſem Amt gewählt und von dem Könige hatten beſtätigen laſſen; ſie klag⸗ ten auch noch bei dem Könige und dieſer ſchrieb fol— genden Brief: Uladislaus — fideli nostro magni- fico Bartholomaeo Drägffi Vayvodae partium regui nostri Transilvanorum Salutem et gratiam. Quia nos de consensu et ‚volunlate Saxonum nostrorum Judicatum nostrorum regium Sedis Olazona fideli nostro prudenti et eircumspecto Jacobo Musnai nuper contulimus, ideo iidem Saxones nostri valde moleste ferunt, et vehe- menter causantur de illo Jacobo Gerendi, quem vos in ipsum Judicatum contra ipsorum volun— tatem et in praejudicium privilegiorum et ju- rium suorum elegistis et locastis. Nos autem nolentes, ipsos Saxones nostros in eorum juribus et antiquis privilegiis in hac parte turbari „ man- damus fidelitati vestrae firmiter, quatenus acce- ptis praesentibus praefatum Jacobem Gerendi de honore ipsius Judicatus omnino removere, atque hune alterum , Jacobum videlicet Musnai in ipso Judicatu juæta collationem nostram el pro voluntale juribusque eorundem Saxonum nosirorum in ipso Judieatu tenere et conser- vare debeatis, Datum Budae 1402. Die Sachſen führten nach dem Beiſpiele anderer Städte die Hundertmannſchaft ohne irgend einen fremden Ein— fluß, am wenigſten mit einem Einfluß des Waiwo— den, bei ſich ein. Iatelleximus, ſagt Uladislaus in einem Schreiben an die Hermannſtädter von 1495, qualiter vos consvetudinem aliarum civitatum 4 54 hujus regni nostri sequentes e medio vestri cen- tum electos homines annuatim eligere eoepistis. Achter Punkt. Von dem Innern der politiſchen Verwaltung unter den Sachſen kann man ſich aus verſchiedenen Urkunden noch folgende Sätze abziehen: a. Die Sachſen hatten ihr eigenes, von den übrigen Nationen Siebenbürgens verſchiedenes Municipalges ſetzbuch. b Die ſieben Stühle waren auf das engſte mit einan— der verbunden, machten ein Corps aus. o. Hingen von der Univerſität der ſieben Stühle ab. d. Lieferten ihre Contribution nicht einzeln, ſondern zu— ſammen ein, ſo wie auch e. Die den Sachſen unterthänigen Ortſchaften. f. In Städten waren es zwar die Beamten, die die öffentlichen Geſchäfte beſorgten, aber mit Zuziehung der Bürgerſchaft. Beweiſe und Erläuterungen. a. Stephan V. ſagt in dem den Zipſer Sachſen 1271 ertheilten Diplome, er gebe ihnen auch folgendes Vor— recht, ut quis in Jure Nobilium nequeunt con- versari, proprio jure et lege perfruantur. Ich habe in der Schrift: de initiis Sax. Transilvano- rum hieraus gefolgert, daß die Siebenbürgiſch-Deut— ſche Colonie ſchon von alten Zeiten her wahrſcheinlich ihr eigenes Municipalgeſetz gehabt habe. Was aber die Periode von der ich gegenwärtig handle betrifft, iſt dieſes außer allem Zweifel. Der Hermannſtädter Königsrichter Valentin Frank von Frankenſtein be— richtet, daß zu ſeiner Zeit noch das handſchriftliche, aus dem Nürnbergiſchen, Magdeburgiſchen und Iglau— ſchen Rechte zuſammengeſetzte Werk vorhanden war 2 585 und jeder neugewählte Rathsverwandte den Eid auf daſſelbe ablegen mußte *). Auf dem letzten Blatte dieſes Werkes ſtanden folgende Worte: Hoc opus fecit fieri egregius Magister Thomas Altenber- ger, Magister civium et judex regius nee non eammerarius urbis Cibin. Anno Domini 1481 di- c eti sui offieii Magistri eivium anno nono, Ungr. Magaz. B. 1. S. 169. . Diefe Verbindung ging fo weit, daß die ſieben Stühle bei dem Proceſſe, der einem dieſer Stühle gemacht wurde, gemeinſchaftliche Sache machten. Der Schäß— burger Stuhl hatte 1496 mit dem Albenſer Capitel, wie ſchon oben erwähnt worden iſt, einen Proceß we— gen der possessio Bun, und doch werden nicht die Schäßburger allein, ſondern Magister eivium cete— rique cives civitatis Segesvariensis et septem sedes Saxonicales vor das Gericht des Waiwoden vorgeladen literalia instrumenta exhibituri. Die Szäszväroser machten hierüber um das Jahr 1491 einige Schwierigkeiten. Der König ſchreibt ihr nen mehrmal; endlich auch der Waiwode Stephan Bathor im Namen des Königes: ut in mediam Sa— xonum septem Sedium attendere, censusque da- re et jurisdictioni illorum parere debeant. Auch dieſes erhellet aus der eben angeführten Urkunde. Die Szäszväroser, heißt es, ſollen nh medium Sa- xonum septem Sedium census dare. Ferner zeigen ) Nicht nur Frankenſtein war fo glücklich dieſe merkwuͤrdige ſaͤchſiſche National- Antiquität zu ſehen, ſie hat ſich bis auf unſere Tage erhalten und befinden ſich gegenwärtig in unſrer B. Bruckenthal'ſchen Bücher- und Manuſfkriptenſammlung, würdig der Bekanntmachung ihres Inhaltes, ihrer Einrich— tung, ſo wie einzelner merkwürdigerer Stellen daraus durch die Feder eines ſachkundigen Gelehrten. Nur iſt es ſehr zu verwundern wie der fleißige, nach allem Merkwürdigen fo eiz 1 frig forſchende, mit den literariſchen Schätzen der Brückenthal⸗ ſchen Sammlungen beſonders vertraute Eder dieſe Hand- = * ſchrift nicht zu Geſichte bekam N 1% d. H. e + g 56 i 0 es die ſeit dem Jahre 1494 geführten, im National; archive vorhandenen Rechnungen der Hermannſtädter Burgermeiſter, daß die Contribution aus den Säch— ſiſchen Stühlen durch die Provinzial-Burgermeiſter und andere Beamte der Undeerſität iſt verwaltet wor— den. Um das Jahr 1494 weigerten ſich einige Ort⸗ ſchaften den Verfügungen derſelben in Geldlieferungen Folge zu leiſten, der König Uladislaus ſchreibt alſo in dieſem Jahre an die ſächſiſchen Stühle: Ex declaratione fidelis nostri prudentis et circum- specti Georgii Szabo, magistri eivium, suorum- que juratorum use lickimun, quod, cum ipsi ta- xas ordinarias a Civitatibus nostris Saxonicali- bus exigerent, non nullae Civitates ex vobis in hoc eisdem se se opponere tonsvevissent et eis- dem parere non vellent. Quare mandamus fideli- tati vestrae firmiter, ut a modo deinceps eisdem magistro eivium, suisque juratis in hujusmodi taxarum ordinariarum et extra ordinariarum ex- actionibus debitam obedientiam exhibere debea- tis, vosque ipsis aliquo pacto opponere non praesumatis. Im Jahr 1488 verbiethet der König Matthias den Contributionsſchreibern (dicatoribus) in die Ortſchaf— ſchaften welche zur Kerzer Abtei, zur Hermannſtädter und Schäßburger Kirche, zur Stadt Kronſtadt und zu der Kronſtädter Kirche gehörten, ferner nach Om— laſch und Talmatſch zur Connumeration zu kommen, weil dieſe Ortſchaften, ſagte er, in censuum nostro- rum solutione semper ipsos Saxones adjuvare et nunquam instar Jobagionum nobilium et alio- rum possessionatorum hominum taxam seu con- tributionem solvere consveverint. Die Repräſentanten der Bürgerſchaft waren, wie auch jetzt noch, die aus der Bürgerſchaft gewählten Hun⸗ dertmänner. Dieſe wurden nach dem Beiſpiele ans derer Städte in Hermannſtadt um das Jahr 1495 1 57 gewählt, wie ſchon oben iſt erwähnt worden. Der König Uladislaus ſagt davon in dem angeführten Di— plome: Quod cum ad magnam comoditatem et futuram vestram quietem , (es war bequemer und mit weniger Unordnung verbunden, die Meinung der Bürgerſchaft durch Repräſentanten als von jedem ein: zelnen Bürger einzuholen) kuturum cognoscimus ejusmodi electionem atque incoeptam Consvetu- dinem vestram probandam et etiam ratificandam duximus, probamusque et ratificamus per prae- sentes volentes et fidelitati firmiter committen- tes ut a modo in perpetuum ejusmodi electos homines singulis annis instar aliarum civitatum hujus regni nostri de medio vestri eligere et hac consvetudine semper uti et gaudere de- beatis 1495. Die ‚anfiken Sünzen, eine Quelle der aͤltern Geſchichte Siebenbuͤrgens. (Schluß.) XVI. Hoſtilianus. Hoſtilian, des Decius zweiter Sohn. — Einige hal- ten ihn für den Schwiegerſohn —, blieb, während Vater und Bruder gegen die Gothen zu Felde zogen und kämpf— ten, in Rom zurück. Und als beide, Vater und Sohn, in der Schlacht ihrem Schickſal unterlagen, ernannten der Se— nat und Trebonius Gallus, des Decius Nachfolger und geweſener Heerführer, aus Rückſicht der rühmlichen decia— niſchen Regierung, den Hoſtilian zum Mitregenten, ſeinen eigenen Sohn, Voluſian, zum Cäſar. Er ſtarb bald dar— auf, entweder durch Trebonians Hinterliſt oder an der da— mals graſſirenden Peſt. — Hoſtilians Münzen ſind theils mit CAES. theils mit AVG. bezeichnet, greifen demnach in zwei verſchiedene Regierungen: die Münzen, welche ihn Cäſar nennen, gehören noch in die Staatsverwaltung ſei— nes Vaters, und die mit dem Auguſtusnamen in Trebo— nians Regentſchaft. V. C. 1002. P. C. 240-250. CAESAR. PRINC. IVVENT. Hoſtilian muß es fein, der auf den mit CONCORDIA AVGG. und PIE TAS. AVGG. umſchriebenen ſchönen Mün⸗ zen des Decius als ungenanntes drittes männliches Bruſt— 4 un 4 1 59 bild erſcheint, indem auch eine Inſchrift *) und eine an- dere Münze **) den Herennius und Hoſtilian ausdrücklich auf dem naͤmlichen Marmor und auf einer und derſelben Münze als Gäfaren bezeichnen. V. C. 100. P. C. 251. AVGVS TVS. 1. C. VAL. HOST. M. QVIN TVS. C. Der bloße Kopf des Prinzen. PROVINCIA DACIA. AN. V. Eine weibliche Figur zwi— ſchen einem Adler und Lömen ſtehend; in der R. einen Zweig, in der L. einen Scepter haltend. K. 1. 2. C. VAL. HOST. M. QVINTVS. CAE. Der bloße Kopf des Cäſaren, übrigens mit dem Pal- lium bis auf die Schulter. PROVINCIA DACIA. AN. V. Derſelbe Typus. X. 2. 3. C. OVAL. OSTILIAN. AVG. (viel häufiger: C. OVAL. OSTIL. MES. COVINTVS, AVG.) i Hoſtilians Bild mit der Strahlenkrone. PROVINCIA. DACIA. AN. V. Eine weibliche Geſtalt ſtehend, in der R. eine Fahne mit V. und in der L. eine andere Fahne mit: XIII. Am Boden zur R. der einen Lorbeerkranz im Schnabel haltende Adler, und zur L. ein Löwe. 2. Bandur. Die Nummern 1 und 2 wurden im Anfange des Jahres, wenigſtens bevor noch Vater und Bruder im Go— thenkrieg umkamen, gepräget. Num. 3 gegen Ende dieſes Jahres, als ſchon Trebonius die Regierung übernommen und den Hoſtilian zum Mitregenten erklärt hatte. Auffallend iſt die Umſchrift des Bildes von der Avers. Doch kommt ſie, wie geſagt, öfters vor; zu oft, als daß ſie für ein Verſehn des Stempelſchnelders angeſehn wer— den koͤnnte; und rührt unfehlbar von einem griechiſchen Künſtler her, welcher nach ſeiner Weiſe ſchrieb, aber die lateiniſchen Buchſtaben beibehielt. Eckhel behauptet ***) ) Murator. 252. ) Spanhemius Tom. II. 256. e Lol. VII. p. 353. 33 60 dieſe Umſchrift auf Münzen von keinem andern Metalle, außer von Silber geſehen zu haben. Endlich kommt vom Hoſtilian, wahrſcheinlich durch Verwechslung der Stempel, noch eine Münze aus dem VII. Dae. Jahre vor, nachdem er ſchon früher nicht mehr war. XVII. Trebonianus Gallus. Voluſianus. Sein Vaterland iſt unbekannt. Unter Decius befeh⸗ ligte er im Gothenkriege, wie ſchon geſagt, einen Theil der Armee; früher noch verwaltete er die Statthalterſchaft in Möften. Nach dem Tode des in der Schlacht gefallenen Kaiſers und Kronprinzen ward er ſelbſt von den römiſchen Heeren zum Imperator ausgerufen, und auch wieder von ihnen, als er dem Gegenkaiſer Aemilian entgegen ging, ſammt feinem Sohne, Voluſian, bei Interamna umge- bracht. So ſtiegen und ſanken Vater und Sohn, Glück und Unglück mit einander theilend, nach zwei Jahren und vier Monaten, von der höchſten Stufe der Herrſchaft wieder herab, nicht ohne den allgemeinen Vorwurf mit den Go⸗ then unrühmlichen Frieden geſchloſſen, und ſorglos das Staatsruder geführt zu haben. V. C. 1004. P. C. 251. TR. P. COS. DES. II. RM. P. P. Decio Aug. III. Q. Herennio Etrusco Caes. Cos. V. Dac. Jahr. Dieſem Jahre entſprechen die folgenden dacifchen Go- lonial⸗Münzen des Trebonianus Gallus und Voluſianus. 1. IMP. C. G. VIB. TREB. GALLVS, AVG. Das Haupt des Gallus mit dem Lorbeerkranz. PROVINCIA, DACIA. AN. V. Eine bekleidete weibli⸗ che Figur zwiſchen dem Adler und Löwen ſtehend, in der R. einen Zweig, in der L. einen Scepter. R. 1. * 2. IMP. C. C. VIB. TREB. GALLO, Av G. Der Typus, wie oben. Die nämliche Avers. W. 1. | 3. IMP..C. C. VIB. VOLVSIANVS,. A. Das 61 3 Haupt mit der Lorbeerkrone. Die nämliche Avers. i . Dieſelbe Avers. PROVINCIA. DACIA. AN. V. Eine aufgerichtete Genta geſtalt mit langem Gewand und mit dem krummen daci— ſchen Sabel, neben einer in die Erde geſetzten und mit V. bezeichneten Fahne, darunter der Adler mit einem Kranz im Schnabel, in der L. die Fahne mit der Aufſchrift: XIII. unten ein gegen die Figur ſich bewegender Löwe. X. 1. B. M. Noch muß hier bemerkt werden, daß jener Fall, wo man ältere Stempel hervorzuſuchen und zu gebrauchen ge— nöthigt war, bei Voluſian, mit dem III. daciſchen Jahr (ſiehe die Hermannſtädter Gymnaſial Sammlung) zuerſt Statt fand. 4 V. C. 1005. P. C. 252. e eee. ee. Trebonius Aug. II., Volusiano Caes. Cos. VI. Dat. Jahr. g Obſchon im vorhergehenden Jahre Voluſt ian auf der daeiſchen Provinzialmünze als Auguſtus vorkommt, jo ward derſelbe doch erſt in dieſem dazu beſtimmt. 8. IMP. C. VIB. TRE B. GALLVS. AVG. Der EXMRBopf des Treb. Gallus uit dem Lorbeerkranz und dem Paludamentum bis auf die Bruſt. PROVINCIA DACIA. AN. VI. Eine weibliche Geſtalt mit langem Gewand, ſtehend zwiſchen dem, einen Lorbeer— a im Schnabel haltenden Adler und Löwen, mit der R. gestützt auf einer Lanze, worauf ein Chelstopf geſetzt it, in der 2, einen ee Ganz unten iſt das Jahr angeſetzt. ne An 6— „ * * 1 62 XVIII. Aemilianus. Aemilius Aemilianus, ein Mauritanier aus Afrika von geringem Herkommen, diente von Jugend auf in der römiſchen Armee und zeichnete ſich durch Tapferkeit derge— ſtalt aus, daß er über Pannonien die Präfectur erhielt, und während der ſorgloſen Staatsverwaltung des Treb. Gallus, die Gothen, die dieſe Provinzen an der Donau unaufhörlich beunruhigten und ungeſtört ausraubten, in ei⸗ ner großen Schlacht überwand. Man rief ihn im Auguſt 253 n. Chr. in Möſien zum Kaiſer aus. Die pannoni⸗ ſchen Legionen ſtimmten dabei mit ein. An Möſien und Pannonien ſchloßen ſich zugleich Aegearum und Gilicium. V. C. 1006. P. C. 255. TR PH NM, P. P. VII. Dac. Jahr. Sobald Treb. Gallus von jenen Vorfällen Nachricht erhielt, befehligte er den Valerian, mit den aus Gallien und Germanien zuſammengezogenen Kriegsvölkern, dieſe Unruhen zu dampfen und den Aemilian zum Gehorſam zu bringen. Aemilian kam ihm zuvor, brach ſchnell mit ſol— cher Heeresmacht in Italien ein, daß Treb. Gallus Trup- pen erſchracken, entmuthigt von ihm abfielen, ihn und ſeinen Sohn bei Interamna — wie oben geſagt — toͤd⸗ teten, und zugleich mit dem Senate auf Aemilians Seite traten. Allein die Kriegsvölker Valerians konnten es nicht ertragen, daß der herrſchen ſollte, wider welchen ſie die Waffen ergriffen hatten, und erhoben ihren eigenen Feld— herrn, Valerian, zum Imperator, welcher mit ſeiner Ar— mee nach Italien hineinrückte und Veranlaſſung gab, daß Aemilian ein gleiches Schickſal, wie auch fein Vorgänger erfuhr. Bei Spoletum, nach kaum vier monatlicher Regie— rung, tödteten ihn ſeine eigenen Leute. f In das letzte Viertel dieſes Jahres gehört Aemilians in Dacien geſchlagene und zugleich mit der Jahrzahl VII. unter die ſelten gefundenen Münzen: 1. IMP. C. M. AEMIL. AEMILIANVS, AVG. Aemilians Kopf mit dem Lorbeerkranz, übrigens mit dem Pallium bis auf die Schultern bekleidet. - PROVINCIA DACIA. Eine weibliche Geſtalt im vater⸗ landiſchen Gewande ſtehend, in der R. eine Fahne mit: V., in der L. eine zweite Fahne, worauf: XIII; auf der rechten Seite unten der Adler im Schnabel den Lorbeer⸗ kranz haltend, auf der L. ein Löwe, ganz unten: AN. VII. — X. 2. Band. 2. Wie 1. PROVINCIA DACIA, Eine Frauengeſtalt rechts ſchend, hält in der erhobenen Rechten ein daciſches Schwert, und in der L. eine Lanze; vor den Füßen rechts ein, Adler N links der Löwe, unten im Abſchnitt: AN. VII. — A 2. Band, 1 5. IMP. C. AEMILIANVS. AVG. Das Haupt mit dem Lorbeer. PROVINCIA DACIA. AN. VII. Eine militäriſche Figur, in der R. den Legionsadler, in der L. einen Scepter hal- tend, zu den Füßen der Adler und Löwe *). 4. Wie 3. Daſſelbe Epigraph. Eine ſtehende Figur, in der R. eine Sichel, in der L. eine Fahne, vor den Füßen hier der Lö— we, dort der Adler den Kranz im Schnabel haltend **). Die Angabe des Lorbeers am Imperatorkopfe ward dem Kupferſtiche, der bei Mediobarba auch über Aemilians Münzen geſetzt iſt, entnommen, und mag die fehlende Ty— pusbeſchreibung erſetzen. Man muß übrigens, größerer Ue⸗ berzeugung wegen, mit Eckheln wünſchen, auch in andern numismatiſchen Catalogen dieſe von Mediobarbus ange⸗ hne Münze beſchrieben zu ſehen. Verein V. C. 1007. P. G. 25 . RP. HI. P.., P. P. VIII. Dac. Jahr. 9 u „ Mediobarb. p. 364. Saal 1 2 2. f. 681. s) Eben daſelbſt. ö 101% 64 a Zu Anfang dieſes Jahres kommt die beizufügende in Dacien gefehlagene Münze , die auch nicht zu haufig ge⸗ funden wird, vor: 5. IMP. C. M. AEMIL, AEMILIANVS. A. 4 un Daß Haupt mit dem Lorbeerkranz. PROVINCIA DACIA. AN. VIII, Eine weibliche beklei⸗ dete Geſtalt zwiſchen dem Adler und dem Löwen ſtehend, in der R. einen Zweig, in der L. einen Scepter haltend. E. 1. M. C. 6. Wie 5. Daſſelbe Epigraph. Eine weibliche Figur Bank in jeder Hand eine Fahne haltend, mit den Aufſchriften: V. und XIII. Auf der Erde der Adler und Löwe. XIX. Valerianus. P. Lieinius Valerianus ſtammte aus einem edlen rö— miſchen Geſchlechte, befehligte Kriegsheere, verwaltete Ma— giſtratsaͤmter, beides mit vielem Ruhme. Seine vortreff— lichen Eigenſchaften, feine Redlichkeit, Klugheit und Be— ſcheidenheit, erwarben ihm dergeſtalt die Achtung und Liebe, daß, wie Decius die Cenſorſtelle dem Senate reſtaurirte, Eine Stimme ihn dazu ernannte. Bevor ihn noch ſchmückte der Purpur, ſchätzte man deſſelben ihn, vor allen Andern, würdig. Wie hoch indeſſen Trebellius Pollio *) und auch mehrere Andere ſeinen Werth anſchlagen, ſo urtheilen doch über ihn Andere anderes, und ziehen von dieſem ausge— zeichneten Lobe vieles ab, das namentlich der genannte Bio⸗ graph ihm ſpendet. Und wenn jener Valerians Staatsver- waltung mit dem Beifügen rühmet, daß er die ſchwereren Abgaben des Volkes gemildert, heilſame Geſetze gegeben und die verdienſtvollſten Männer begünſtigt und befördert habe, fo tadeln, dieſe . e an ns, Trebell. in Valeriano. p. 179. Ald 101577 1d ( | . und Thätigkeit, wodurch unter jeiner und des Sohnes Re— gierung dem Reiche unaufhoͤrliche Kämpfe entſtanden und jene lange Reihe von Unfällen; die blühendſten Provinzen dem Raube, ſogar Italien ungeſtraften Neckereien der Bar— baren ausgeſetzt, ihm ſelbſt endlich Gefangenſchaft und ſchwahliche Sklaverei veranlaßt wurden. — In dieſem ver— wirrten Zeitpunkte der ſichtbar ſinkenden römiſchen Macht, und der in demſelben Maße anwachſenden Kräfte nichtrö— miſcher Völker, ging auch Dacien, entweder ganz oder theil— weiſe, bald verloren, bald wurde es wieder behauptet. Erklärbar iſt daher mancher Widerſpruch auf Münzen in dem gegenwärtigen, ſo wie in den kurz vorhergehenden und bald nachfolgenden Jahren Daciens und der Regen— tenköpfe, mit welchen ſie vereinigt, ihren Regierungsab— ſchnitten nicht entſprechen. Es wurden in der Eile alte Kehrſeiten zu den neuen Adverſen genommen, und umge— kehrt. Man muß es als Folge tumultuariſcher Ereigniſſe jener Zeiten betrachten, wo dieſer Theil des Reichs, — die Donauprovinzen, — wie es aus der römiſchen Geſchichte der Kaiſer zu erſehen iſt — von den Barbaren am ärgften heimgeſucht, ausgeplündert, und verheert ward, und wo manchmal keine Ordnung und Geſetze mehr ſtatt fanden. Daß unter ſolchen Stürmen die neuen für die Gegenwart paſſenden Stempel oft in Verluſt geriethen, und man ge— nöthigt war die weggethanen alten hervorzuſuchen und zu benützen, ift aus den begangenen Fehlern der damit gepräg- ten Münzen ſelbſt erweislich. Denn kaum wird man bei allen dieſen Prägen das Jahr finden, welches zu den letz— tern des Kaiſerbildes gehört, mit dem es vereinigt iſt, ſon— dern gewöhnlich die frühern Jahre, zum offenbaren Be— weiſe, daß man beſeitigte alte Stempel wieder hervorſuchte und zum Geldſchlagen anwendete. So gibt es von Va— lerian Münzen mit dem V. und VI. daeiſchen Jahre, als er noch nicht regierte, ebenſo von Gallien mit dem VI., bezeichnet, welche demnach nur auf beſagte Weiſe entitan- den ſein können. 65 Vereins Archiv 2. 5 66 V. C. 1006. P. C. 253. TR. P. COS. DES. II. P. M. P. P. C. Vib. Volusiano Aug. II. M. Valerio Max. Cos. VII. Dae. Jahr. Valerian übernimmt mit dem Auguſtusnamen auch das Tribunat, und fürs folgende Jahr das deſignirte Con⸗ ſulat; erklärt ſeinen Sohn Gallienus zum Mitregenten. Aemilian rüſtet ſich zum Kriege wider Treb. Gallus, und Valerian wider den Aemilianus. Des letztern vier oben beſchriebene Münzen gehören in daſſelbe Jahr. V., , 19077 P. C. 254. e eee Dee Valeriano Aug. II. Gallieno Aug. Cos. VIII. Dae. Jahr. Der Kampf mit Aemilianus findet Statt. Dieſer kommt durch Hinterliſt ſeiner Soldaten, oder durch eine Krankheit ums Leben. Valerian und Gallien behaupten den Thron; beide bekleiden dieſes Jahr das Conſulat. Dieſem Jahre entſpricht die folgende in Dacien geſchla— gene Colonialmünze: 1. IMP. P. LICI. VALERIANVS AVG. Des Kai⸗ ſers Bild mit dem Lorbeerkranz. 5 PROVINGIA DACIA. AN. VIII. Eine ſtehende weib— liche Geſtalt in jeder der beiden Hände eine militäriſche Feldfahne haltend, von welchen die eine V. die andere XIII. aufgezeichnet enthält. Unten wie gewöhnlich, der Adler und Löwe. 2. Dieſelbe Adv. Die nämliche Aufſchrift. Eine ſtehende Figur mit beiden Händen eine Fahne haltend; vor den Füßen ein Gefange- ner mit links ſtehendem Löwen. N. 2. (Hermannſtaͤdter Gymn. Münzſamml.) V. C. 1008. P. G. 255. TR. P. III. COS. III. P. M. P. P. Valeriano Aug. III. Gallieno Aug. II. Cos. VIIII. Dac. Jahr. 67 Valerian ſieht ſich genöthigt, nachdem das vömifche Reich auf allen Seiten von immer mächtiger werdenden Feinden bedroht und beunruhigt wird, ſeinem Sohn, Gal— lien, die europäiſchen Heere zu übergeben, und ſich ſelbſt zu einem Feldzuge gegen die Perſer zu rüſten. Von dieſem Jahre hat man noch eine Provinzial— Münze von ihm, die letzte aus Dacien, mit AN. VIIII. 3. IMP. VALERIANVS. P. F. AVG. Valerians des ältern Kopf mit dem Lorbeerkranz. PROVIN CIA DACIA. ANNO VIEL, Eine zwiſchen dem Adler und Löwen ſtehende weibliche Figur, in der R. eine Kriegsfahne, in der L. das krumme daciſche Schwert. A. 1. M. C. In dieſem Jahre verwaltete Donatus, als Auguſtal⸗ legat, und Präfekt der V. macedoniſchen Legion, die Statt— halterſchaft von Dacien *). V. C. 1009. P. C. 256. IR. P. IV. COS, III. DES, IV. F. M. P, P. Val. Maximo II., Glabrione Cos. Die Franken und Alemannen brechen in Gallien, die Gothen, Carpen und Borani in Illyrien, ja ſelbſt in Ita⸗ lien verwüſtend ein. Wahrſcheinlich ging in dieſem Jahre auch Dacien ganz oder theilweiſe verloren. Doch iſt in dieſem Jahre noch eine daeiſche Münze geprägt, wie in der Folge ſich zeigen, wird. V. C. 1010. P. C. 252. TRP. V. COS, IV. P. M. P. P. Valeriano Aug. IV., Gallieno Aug. III. Cos. Außer andern, Krieg in Illyrien und Thracien, une ter dem Heerführer, Aurelian. ee 058, TR. P. We . P. M. P. P. Memmio Tusco, Basso Cos. Valerian tritt den Feldzug gegen den Sapor an, er— obert Meſopotamien und verwüſtet Antiochien. *) Schönwisner in romanor. iter per Pann. p. 231. 5* 68 e 101, P. 059. TR. P. VII. COS. IV. P. M. P. P. Aemiliano, Basso Cos. Valerians Krieg mit den Perſern, und feiner Gene- rale mit den Seythen, von welchen Bithynien, Moeſien und Thracien übel mitgenommen wurden. V. C. 1013. P. C. 260. TR. P. VIII. COS. IV. P. M. P. P. Cornelio Seculare II., Junio Donato Cos. Endlich trifft wahrſcheinlich in dieſes Jahr Valerians Gefangennehmung von den Perſern. Es wird dieſelbe zu den demüthigendſten Unfällen, welche das Römervolk je er⸗ litten hat, gerechnet. Wie ſchmachvoll und unwürdig Va⸗ lerian in dieſer Gefangenſchaft behandelt, wie er im kai— ſerlichen Schmuck mit Ketten belaſtet gleichſam im Triumph durch die Städte geführt, dem König Sapor, wenn der- ſelbe fein Roß beſtieg, zum Fußtritt dienen mußte, erzäh— len klagweiſe mehrere Geſchichtſchreiber n!). Am meiſten mochte bei dem großen Unglück es den Gefangenen ſchmer— zen, daß zum Nachfolger in der Staatsverwaltung einen Sohn er zurückließ, den der väterliche Unfall ſo wenig rührte, als wenn er ihn gar nichts anginge, und der we— der dieſe Schmach zu rächen, noch den Vater von den ſchweren Ketten zu befreien, Anſtalt traf. Zuletzt ſoll dem Greiſen noch beim Leben **) — Andere wollen dem ſchon Entſeelten — die Haut vom Körper abgezogen, in einem Tempel zur Schau aufgehangen worden ſein; und ſolches denen zum Schrecken und ewigen Schimpf, die bisher den ganzen Erdkreis mit Furcht und Schrecken erfüllten ***). 9) Trebellius in Valeriano. Capitolin. Galien. Ald. ) Agathias. uns) Vergl. Eckh. Vol. III. p. 378. oder Tillemont., den jener benügte. a 69 XX. Gallienus. Gallienus, ein Sohn Valerians, von deſſen erſter Ge— mahlin deren Namen nicht bekannt iſt, blieb allein regie— render Kaiſer nach ſeines Vaters Gefangennehmung, die in das Jahr 260 n. Chr. geſetzt wird. Die Begebenheiten vor dieſem Ereigniß ſind zwar ſchon bei Valerian, auch die Gallien betreffend, kurz und chronologiſch bemerkt wor— den, indeſſen müſſen noch einige daeiſche Münzen aus den frühern Jahren zuerſt angegeben, und zu den ihnen ent⸗ ſprechenden Jahren gebracht werden, und ſodann das wäh— rend der Alleinherrſchaft Geſchehene. Ä 1006. P. C. 253. TR. P. COS. DES. PM. P. P. VII. Dae. Jahr. 1. IMP. GALLIENVS PIVS AVG. Galliens Haupt mit dem Lorbeerkranz und Paludamentum bis zur Bruſt bekleidet. PROVINCIA DACIA. Eine weibliche Figur im vater⸗ ländiſchen Schmucke ſtehend, in der R. eine Feldfahne mit V., in der Linken eine andere Fahne mit XIII. bezeichnet. Rechts zu den Füßen der Adler mit dem Kranz im Schna⸗ bel, links der Loͤbe. Im Abſchnitte: AN. VII. Mit den Münzen Galliens von dem VI. dac. Jahre, das dem vorhergehenden 252 n. C. correſpondirt, und de— ren es allerdings gibt, hat es dieſelbe Bewandniß, wie mit dem oben ſchon angegebenen V. und VI. dac. J. Vale⸗ rians: beide waren noch nicht zum Kaiſerthron gelangt. V. C. 1007. P. C. 251. TR. FN II. 'COS. DES. II. P. M. P. Siehe dieſes Jahr bei dem Vater. 2. IMP. GALLIENVS, PIVS. AVG. Galliens Haupt ohne Bekränzung. PROVINCIA DACIA. AN VIII. Eine weibliche Figur zwiſchen dem Löwen und Adler ſtehend, und in beiden Hän- den eine Fahne haltend. X. 5. (Hermannſt. Gymn. Münzſ.) 70 V. C. 1008. P. C. 255. TR. F. HHG.“ II. P M. P. P. 1000. 250. 1010. 257. X. Dac. Jahr. Kriege mit den Franken, Alemannen und mit andern von allen Seiten aufgeregten europäiſchen Völkern. Errun- gene Siege Galliens durch den Heldenmuth des Kriegser— fahrenen galliſchen Statthalters Poſtumus, welchem Va— lerian feinen Sohn in jenen Kämpfen anvertraut hatte *); namentlich Siege über die Germanen, welches viele Mün— zen darthun, und auch über die abgefallenen Dacier, wel ches ein beſchriebener, die Ehrentitel Germanicus Maxi- mus und Dacicus. Max, mit dem III. Tribunate und III. Cos. (hier iſt, entweder bei der Zahl des Tribunats oder des Conſulats gefehlt indem das III. Trib. nur mit dem II. Conſulate, und das III. Conf. nur mit dem IV. Trib. ftattfinden kann) enthaltender Marmor begründet *). Im 256 Jahr n. C. konnte wohl Dacien nicht, wenigſtens der größere wichtigere Theil nicht, in Verluſt gerathen, oder mußte es zur Zeit ſchon wieder erobert worden ſein, als die aus dieſem Jahre vorkommenden dac. Colonialmünzen Galliens geſchlagen wurden, die zugleich die letzten find in dieſer Art; denn keine ſpätere Colonialmünze Daciens, aus der röm. Zeitperiode, iſt bis noch entdeckt worden. 3. IMP. GALLIENVS PIVS AVG. Der Kopf mit dem Lorbeerkranz. PROVINCIA. DACIA. AN. X. Eine ſtehende weibliche Geſtalt, welche in beiden Händen eine Kriegsfahne hält, welchen die Legionszahlen V. und XIII. angeſchrieben ſind. Am Boden der Adler und Löwe. X. 1. V. C. 1014 P. C. 261. TR. P. IX. COS. HII. DES. Ver. M. „PP, Gallieno Aug. IV. L. Petronio Tauro Volusiauo Cos. *) Vopiscus in Aureliano. ) Gruter. p. 275. 3. 4. 71 Nach der Zeit der Gefangennehmung ſeines Vaters froh, befreiet zu ſein von der Strenge des väterlichen Sit— tenrichters, führte Gallien vom Jahre 260 bis 268 n. C., nach dem Berichte der meiſten Geſchichtſchreiber, vorzüglich des Trebellius, nicht nur ein ſehr unthätiges Leben und die ſorgloſeſte Staatsverwaltung, ſondern ergab ſich auch allen Ausſchweifungen ſinnlicher Genüße — in wieferne ſol— ches erlaubten die drohenden Gefahren an den Gränzen des Reichs, und die innern Gährungen, welche die Befehlsha— ber der Legionen in den Provinzen, aus Verachtung dieſes Fürſten, erregten. In Gallien erhob ſich der tapfere Po— ſtumus, im Oriente der mächtige Odenatus. Bei jeder Armee entſtanden Meutereien und Gegenkaiſer, von welchen Regalianus und Aureolus, zwei gewaltige Kriegshelden, ſogar daeiſchen Urſprungs find. Regalianus wurde für ei— nen Abkömmling des Decebalus gehalten, und Aureolus ſoll urſprünglich ein Schafhirte geweſen ſein. C. 1021. P. C. 268. TR. P. XVI. COS. VII. P. M. P. P. Paterno II. Mariano Cos. Bei der Belagerung von Mediolanum, in deſſen Man⸗ ren er den Aureolus eingeſchloſſen hatte, wurde Gallienus im März dieſes Jahres und im 50. ſeines Alters, umge⸗ bracht, nachdem er 15 Jahre, — 7 vor, und 8 nach ſei— nes Vaters Gefangenſchaft, — regiert hatte, ohne kraͤftige Vorkehrung getroffen zu haben, ſeinen Vater aus der per— ſiſchen Sklaverei zu retten oder zu rächen, welches den Sohn tief erniedrigte. Die Geſchichte zählt ihn unter die böſen Kaiſer, wel— cher an Grauſamkeit und Härte einem Nero und an Uep— pigkeit und Wolluſt dem Heliogabalus gleich gekommen wäre. Die unter ihm herrſchende politiſche und morali— ſche Verwirrung vermehrten ſchwere Landplagen: Erder— ſchütterungen, wobei eine große Menge Volks mit ihren Wohnungen die geſpaltene Erde verſchlang, und ganze Städte verſanken; eine furchtbare Peſtſeuche entvölkerte Aegypten, Griechenland und Rom. 72 Noch beſitzen wir aus dieſem Zeitlaufe einige Mün⸗ zen, welche nicht ohne wichtige Beziehung auf Daeien ſind, indem ſie die in dieſer Provinz ſtationirten beiden Legio— nen betreffen, und von Eckhel unter die Numos Vagos, welche gewöhnlich kein chronologiſches Merkmal an ſich tragen, gerechnet werden. Doch läßt ſich aus der darauf ſechsmal wiederholten Pietät und Treue (VI. Pia VI. Fi- delis) dieſer Legionen ſchließen, daß dieſelben in jenen Zei— ten des durch Meutereien und Uſurpationen ſo ſehr zer— riſſenen römiſchen Reichs, ihrem legitimen Fürſten, dem Valerian und Gallien, beharrlich anhingen und gegen die aufgeſtandenen Gegenkaiſer — zu welchen im nahen Pan— nonien und nachbarlichen Möften Ingenuus, Regalianus, Aureolus und noch einige andere gehörten — tapfer ge— fochten haben; daher ihr Verdienſt hiemit, ihre Anhäng⸗ lichkeit noch mehr zu befeſtigen, anerkannt, belohnt und für die Zukunft ihnen ein rühmliches Denkmal geſtiftet wurde. Hier die Münzen ſelbſt: u. GALLIENVS AVG. Galliens Kopf mit der Strah— lenkrone. LEG. V. MAC. VI. P. (Sextum Pia) VI. F. (Sextum Fidelis). Die ſchreitende Viktoria; mit der R. reichet ſie einen Lorbeerkranz dar, vor den Füßen ſteht der Adler. AR. 5. Dieſelbe Adv. LEG. XIII. GEM. VI. P. VI. F. Die Siegesgöttin ge— hend mit der R. einen Lorbeerkranz darbringend, vor den Füßen der gewöhnliche Löwe. AR. 6. Die nämliche Adv. LEG. XIII. VI. P. VI. F. Die Viktoria ſtehend, hält in der erhobenen Rechten eine Krone, in der Linken einen Palmzweig, vor den Füßen der Löwe. AR. Mus. Caes. | Endlich iſt in dem oben belobten Anhange *) unter | Kaiſer Gallien noch eine ſilberne Münze nur mit der Rück⸗ ſeite: PROVINCIA DACIA. — Der Genius zwiſchen dem Adler und Löwen und ohne Advers, — angeſetzt worden, ) Von Joh. Filtſch. — 73 auf welche jeder andere xöm. Kaiſer aus derſelben Zeit mit gleichem Rechte Anſpruch machen kann. Wie nöthig waͤre hier die Quellenangabe? Hiemit hoͤren die unter Kaiſer Philipp, bent ältern, in unſerm Dacien mit den Jahreszahlen und zwar mit 1. begonnenen und ſofort geſchlagenen römischen Münzen auf. Behufs ihrer leichtern Ueberſicht wird es nicht überflüßig fein, bevor ich zu den letzten Regenten Daciens übergehe, die Tabelle aus Eckhel's Doctrina Num. *) beizufügen; zumal, da die Zahlen dieſer Münzen nicht wenig zur Auf— hellung der Chronologie der daeiſchen Geſchichte, freilich nur mit großer Vorſicht und Genauigkeit benützt, beitra= gen können. Jahre Daeiens, Wie ſie den Jahren, nach Roms Erbauung (V. C.) und Chriſti Geburt (P. C.) entſprechen: AN. I. PHILIPPVS V. G. 1000 P. C. 247 AN. II. PHILIPPVS — 1001 - 248 AN. III. PHILIPPVS. DECIVS (Mus. Caes.) VOLVSIANVS. AVG. a (Bandur) — 1002 — 249 AN. IIII. Decius - 1003 - 250 AN. V. Deeius, Gallus, Volusianus Aug. (Mus. Caes.) — 1004 - 251 AN. VI. Gallus (Bandur) Valerianus (Mus. Gars.) Gallienus (Banduri Neum) - 1005 - 252 AN. VII. Hostilianus Aug. (Vaill.) Aemilian (Vaill.) Gallienus (Vaill.) - 1006 — 253 AN. VIII. Aemilianus (Mus. Caes. Neumann, Arigoni) Valerianus (Mus. Gaes.) — 1007 — 254 AN. VIIII. Valerianus (Mus. Caes.) - 1008 — 255 AN. X. Gallienus (Mus. Caes.) - 1009 - 256 #) II. 10. 74 XXI. Claudius Gothicus. M. Aurelius Claudius, der ausgezeichneteſte Beſieger der Gothen, aus Dardanien oder Illyrien, — nach Eini— gen aus Daeien, — von unbedeutenden Aeltern abſtam⸗ mend, ſchwang ſich empor zur höchſten Würde des Staats durch ſeine außerordentliche Tapferkeit; er folgte dem Gal⸗ lien im März 268 n. C. in der Regierung. V. C. 1021. P. C. 268. TR. P. COS. DES. P. M. P. P. Paterno II., Mariniano Cos. Aureolus wird beſiegt und getödtet, und die ſchon in Italien eingefallenen Alemannen, nachdem er des Aureo— lus Truppen mit den ſeinigen vereinigt hatte, bei dem See Benacus auf das Haupt geſchlagen. C. 1022. P. C. 269. r needs, FP. M., F. . Claudio Aug. II., Paterno Cos. Nachdem er die Gothen, nicht weniger als 300,000, welche in Illyrien, Macedonien, plündernd eingefallen wa⸗ ren, in einer großen Schlacht überwunden und ihre Kriegs⸗ flotte von 2000 Segeln, vernichtet hatte, bekam er den Ehrennamen: Gothieus. V. C. 1025. P. C. 270. TRP. III., GOS, F. N. P. P. Antiochiano, Orsito Cos. Auch unter dem Hämus vernichtete Claudius ein gan⸗ zes gothiſches Heer; eine Auswahl der Ueberwundenen nahm er unter feine Fahnen; den Reſt zwang er zum An⸗ bauen des Feldes. Da aber die Peſt aller Orten wüthete, ward er ſelbſt ein Opfer derſelben. Er beglückte das rö— miſche Reich mit ſeinen vortrefflichen Herrſchertugenden nur kurze Zeit — wenig über zwei Jahre — und unter ihm fing die unter Gallien ſo ſehr geſunkene Macht Roms ſich wieder an zu erholen und zu dem vorigen Glanz zu erhe- ben. Die Geſchichte gibt ihm das ſchöne Zeugniß: alle Tu⸗ genden der beſſern Fürſten in ſich vereinigt zu haben. 75 XXII. L. Domitius Aurelianus. Aurelian, der letzte röͤmiſch daeiſche Oberherr und Beſchirmer unſeres Vaterlandes, zu Sirmium oder im ri— penſiſchen Dacien, von gemeinen unbekannten Aeltern ge— boren, ward um ſo bekannter und auch berühmter durch Kriegskunſt und einen Heldenmuth, der die Armee bewog ihn, nach dem Tode des Claudius, eben in feinem Geburtd- orte, zum Kaiſer auszurufen. Als ſolcher ging er nach Rom. C. 1023. P. C. 270. PR. P. COS. DES. P. M. P. P. Antiochiano, Orfito Cos. Sobald er in Rom die Staatsangelegenheiten glück— lich geordnet hatte, ſahe er ſich genöthiget neuerdings nach Pannonien zurückzukehren, weil die Gothen, der großen Nie— derlagen ungeachtet, wiederholte Einfälle zu wagen ſich er— kühnten. Aurelian griff fie an, und zwang fie zum Rück- zug und zur Flucht. Dann wendete er ſich gegen die Ale— mannen, welche in Italien eingefallen waren, und ſchlug ſie erſt nur mit abwechſelndem Glücke; doch rieb er ſie zuletzt beinahe auf, und befreite Rom von großer Gefahr; und auf der Rückkehr dahin von jenem Siege, ſchlug er noch im Vorbeigehn die über die Donau gegangenen Van— dalen aufs Haupt. 8 V. C. 102. P. C. 271. TR. P. COS. P. M. P. P. Aureliano Aug. Ceionio Virio Basso Il. Cos. In dieſem Jahr wurde die Mauer, welche Rom jetzt noch umſchließt, aufgebauet, nachdem die bisherigen Schutz— * immer ſchwächer zu werden anfingen. V. C. 1025. P. C. 272. TR. P. III. COS. P. M. P. P. Quieto, Voldumiano Cos. Feldzug gegen die morgenländifche Königin Zenobia. n des Kriegszuges durch Thracien, Sieg über die 7 76 Gothen, und Wiedereroberung Kleinaſiens; die überwun⸗ dene Zenobia wird in ihrer Reſidenz, Palmyra, einge⸗ ſchloſſen. VC. 1026. P. C, 273. TR. P. IV. COS. DES. IV. P. M., P., E. M. Cladio Tacito, Placidiano Cos. Die genannte Königin flüchtet aus Palmyra und wird auf der Flucht gefangen, ihre Stadt eingenommen und zer- ſtört. Aurelian legt die aſiatiſchen Angelegenheiten bei, dämpft den vom Firmus erregten ägyptiſchen Aufſtand und ſtiftet im Oſten allgemeine Ruhe, und wendet ſich nach Weſten, wo Tetricus über Gallien ſchon ſeit ſechs Jahren die Herrſchaft ſich anmaßte, jetzt ſich entweder freiwillig un⸗ terwarf oder überwunden ward. N Nachdem alſo Aurelian den von allen Seiten des rö- miſchen Reichs andringenden Feinden viele Schlachten ge= liefert, inſonderheit den Germanen und Gothen große Nie— derlagen beigebracht hatte, führte er, als Sieger des Orients und Oceidents, die mächtige Königin, Zenobia, und die bei- den Gegenkaiſer, Tetricus, (Vater uud Sohn) zu Rom im Triumphzug auf. V. C. 1027. P. C. 27. TR. P. V. COS: II. DES. Ill. P. M. P. P. Aureliano Aug. C. Julio Capitolino Cos. Der prächtige Tempel des Sonnengottes, an welchen er zur Ausſchmückung eine ungeheure Menge Goldes und koſtbarer Edelſteine verſchwendete, ward in dieſem Jahre zu Rom von Aurelian erbauet. Hierauf verließ er die Stadt, und ging nach Moeſien, wo er ein neues Dacien errichteie. Auf dieſes neue Dacien beziehet ſich die folgende Muͤnze: IMP. AVRELIANVS. AVG. Aurelis Haupt entwe— der mit dem Lorbeer oder mit der Strahlenkrone, auf den goldenen Münzen, mit dem Lorbeer auf X. 2. Strahlenkrone auf . 3. DACIA FELIX. Eine weibliche Geftalt ſtehend, in der R. einen Speer aufrecht haltend, mit einem auf der Spitze be— feftigten Eſelskopfe. K. 5. M. C. 77 Eine ähnliche Münze mit der hinzugeſetzten Erflärung kommt bei dem Kaiſer Decins Num. 7. vor. Rückſichtlich der Zeit, in welcher die große Veraͤnde— rung mit unſerm Dacien vorging, iſt fo viel in den Fur- zen Bemerkungen des Eutropius “) und Vopiscus **) an⸗ gegeben: daß in den letzten Jahren ſeiner Regierung Au— relian, der tapferſte Beſieger der Gothen, die Hoffnung, Dacien, — welches Trajan zu einer römiſchen Provinz umſchuf, — gegen die immer häufigern Anfälle der Bar— baren, und nachdem dieſe ſchon ganz Möſien und Illyrien verwüſtet, zu behaupten aufgab. Aurelian hob die mili— täriſche Beſatzung von da auf, führte fie heraus und ver— pflanzte die römischen Bürger aus den Städten und vom Lande zwiſchen die beiden Moeſien, zwiſchen das heutige Bosnien und Bulgarien, auf das linke Donaufer, nachdem die auf der rechten Donauſeite geweſene römiſch-daeiſche Provinz den Gothen und Barbaren preis gegeben wurde. — V. C. 1028. P. C. 275. R. F. M. 008, H. P. M PAR: Aureliano Aug. III. T. Nonio Marcellino Cos. , - Aurelian ward durch Hinterliſt des Freigelaſſenen Mne⸗ ſtheus, während dem Feldzuge gegen die Perſer, zwiſchen Byzanz und Perinth bei Cönophrurium, getödtet. ) Lib. 9. Cap. 15. ) In Aureliano pag. 213. Ald. Der Zollſtreit der Sadhfen | mit dem Großwardeiner Kapitel in dem letzten Viertel des 15ten Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Sachſengeſchichte jener Zeit. Von G. D. Teutſch. — — i I. f Wenige Zeiten bieten dem Geſchichtsforſcher ein fo 5 trauriges Bild der Innerverhältniſſe unſers Vaterlandes dar, als die der Regierung des Königs Matthias. Zwar zeichnet er ſich vor den Fürſten, welche ſeit dem Tode des großen Ludwig den Thron der Arpaden beſtiegen, durch Unternehmungsgeiſt und Thatkraft vortheilhaft aus und gewinnt dadurch, fo wie durch die große Unbedeutſamkeit feiner Nachfolger und den, freilich von Vielen übertriebe- nen Glanz ſeiner Regierung, gegenüber dem Unglück der Folgezeit, leicht das Urtheil des Betrachters: doch für das wahre und weſentliche Glück ſeines Reiches, ſeine Sicher— ſtellung gegen den drohendſten Feind, die naturgemäße Aus- bildung feiner Verfaſſung, für Bildung und Wohlſtand fer ner Bürger hat er wenig gethan. Die ſteten Kämpfe, in * 79 die ihn feine Vorliebe für kriegeriſchen Ruhm ſtürzte ), ließen ihm keine Zeit ſich nachhaltig mit den ſo verwirrten Innerverhältniſſen feines Reiches zu beſchäftigen und fo kam es, daß ſein Leben bei einer, in mancher Beziehung gewiß ausgezeichneten Perſönlichkeit für das Geſammtwohl ohne Segen vorüberging, ja durch den Gegenſatz zu des Nach—⸗ folgers übergroßer Schwäche unter dieſem unheilvoll nach— wirkte. Selbſt die von den Verehrern des einheimiſchen Herrſchers ſo oft begeiſtert erhobenen Siege über die weſt— lichen Nachbarn, die an dem Hofe entfaltete Pracht, die hohe Schule in Preßburg, die köſtlich ausgeſtattete Bücher- ſammlung in Ofen waren nur „der letzte Glanz der über Ungarn untergehenden Glücksſonne, ein ſchöner Herbftabend; nur die Höhen ſchimmerten noch im Licht ihrer Strahlen, was niedriger lag deckte ſchon Abenddämmerung, Vorbote trauriger, ſtürmiſcher Nacht.“ Den Ruhm ſeines Königs nach außen bezahlte das Reich theuer durch innere Schwä— che und Siebenbürgen insbeſondere zeigt unter feiner Res gierung eine faſt maßloſe Verwirrung und Unordnung. Die Wahrheit dieſer Behauptung bis in das Einzel— ſte nachzuweiſen, iſt hier nicht der Ort; ſie ſpricht ſich ſchon in den wenigen Erſcheinungen aus dem Leben der dama—⸗ ligen Zeit, die für die Feſtſtellung des Standpunktes zur Beurtheilung unſers Gegenſtandes hier näher vorzuführen nöthig ſein möchte, unwiderleglich aus. Der gefährlichſte damalige äußere Feind für Sicher: heit und Wohlſtand des Landes waren die Türken. Ihre häufigen Einfälle beraubten ganze große Gebietsſtrecken der Bewohner ). Matthias that ſo wenig zur Abwehr je⸗ ner wilden Horden, daß die drei Völker Siebenbürgens, von ihrem Könige verlaſſen, das einzige Heil in der Selbſt⸗ 1) „Nimirum eo fato Matthias natus erat. . ut nunquam sibi otium inveniret, bellum ex bello sereret, et ad extremum us- que vitae exitum plus voluptatis ex armis, quam pace cape- ret.“ Bonf. dec. IV., lib. III. damit übereinſtimmend ſagt der päpſtliche Geſandte von ihm: „martialis totus, nil nisi bellum On @ogitans,“* Prag: Annal. IV., 163. 2) Eder: Observat. eriticae. S. 197. * 3) Bruchſtücke in Schlözers: Kritiſchen Sammlungen S. 58. 148. vertheidigung fanden und ſchon im zweiten Jahre ſeiner Regierung die bekannte Einigung ſchloßen 3), die als öf— fentlicher Ausdruck des Geſammtwillens ein trauriges Zeug- niß der äußern Unſicherheit ſowohl, als der Auflöſung der Innerverhältniſſe iſt. Daß ein König, dem es an Kraft oder an Willen fehlte, ſeine Lande gegen feindliche Ein— fälle zu ſichern, ſchon hiedurch in der Achtung derſelben ſinken mußte, iſt leicht erklärlich. Noch mehr erregte je— doch Matthias den Unmuth des Adels durch feine vielen“ Kriege, durch öftere Willkühr und Strenge in Regierungs- maßregeln, durch häufige Auflagen und manches Andere, dem bisherigen Gebrauche und den Geſetzen Zuwiderlau-⸗ fende ). So kam es in Siebenbürgen zum unglücklichen Aufſtande des Jahres 1467, der obwohl von dem Könige ſchnell unterdrückt, die Verwirrung im Reiche vermehrte und in feinen Folgen auch auf dem Sachſenlande bis in ſpäte Zeiten herab ſchwer laſtete ). Ueberhaupt wurde dieſes außer den allgemeinen, das geſammte Land treffenden von vielfachen beſondern, aus ſeinen eigenthümlichen Ver— hältniſſen hervorgegangenen Wirren heimgeſucht. Die ſel-⸗“ ten ſo oft, als jetzt erſcheinende gewaltthätige Beſitznahme ſächſiſcher Landestheile durch Adelige ſowohl, als Sachſen ) die ſchweren, Biſtritz, Mühlbach und Broos treffenden Rechts- verletzungen, die nach langer Mühſal theilweiſe nur ange— wandter Strafengewalt wichen 7); die häufiger als je von den Walachen gewagten Angriffe auf ſächſiſches Eigen-“ thum s); dabei vielfache Gewaltthätigfeiten der Koͤnigsrichter N h 4) Vergl. Eders Observat. crit. S. 14 5) So durch die Flucht vieler Sachſen während dieſer Unruhen auf ungar. Landestheile, woher fie dann trotz k. Drohbriefe ſchwer zus rückgelaſſen wurden. Vgl. die Urkunden in „Tabularium nation. Saxon.“ einem handſchriftlichen Werke der Batthyan. Bücherf. in Karlsburg S. 375, 543. 6) S. die Urkunden des Königs Matthias aus d. Jahren 1459, 1468, 1475, 1476, in der Batth. Bücherſ. 7) Urkunben aus den Jahren 1458, 1459, 1478 ebendaſelbſt. Eder Observat. crit. S. 247, ad Sches. S. 247. 8) Urkunden aus den Jahren 1469, 1474, 1487 in der Batth. Bücherf- Eder: Observ. crit. S. 267. ad Sches. 298. 81 und oft innere Streitigkeiten der Sachſen unter ſich ſelbſt, beſonders das Anſtreben des geſunden Volksgeiſtes gegen die erbliche Richterwürde, die, obwohl theilweiſe von Mat— thias geſetzlich aufgehoben, doch oft noch zwiſchen mächti— gen Geſchlechtern Gegenſtand heißen Streites war ?): — dieſes alles zuſammen genommen ſtellt den Zuſtand des [Sachſenlandes gewiß nicht als einen wünſchenswerther Ruhe und Ordnung dar. Auch finden wir in der That eine fol- che Unſicherheit des Eigenthums, daß z. B. auf den Beſitz des Gutes „Rewken“ (Rakowitza) zu gleicher Zeit drei Par— teien Anſpruch machten, die alle die Rechtlichkeit ihrer For— derung mit königlichen Briefen bewieſen ). Rechnet man zu alle dieſem noch die Anſtrengungen in den vielen Krie— gen, zu denen die Sachſen damals ſo oft Mann für Mann aufgeboten wurden 1), die häufigen Lieferungen von Waf— fen und vielnamigem Kriegsbedarf 12), fo iſt es wahrlich leicht begreiflich, wie Matthias im Jahre 1469 den Sach- ſen der ſieben Stühle ihrer Armuth wegen den drit— ten Theil der Steuern erlaſſen mußte, ſowie er aus der— ſelben Urſache ſie einige Zeit früher den Klauſenburgern auf drei Jahre erlaſſen hatte 13). 5 Bei ſo vielfachen Bedrängniſſen, die während der Re— gierung des Königs Matthias in Feindeseinfall und innern Wirren auf dem Sachſenvolke laſteten, iſt es doch nicht an— ders möglich, als daß die Betrachtung ſeines Innerlebens, feiner Thaten, ſeines Entwicklungsganges einen, deutſchem Gemüthe wohlthätigen Eindruck hinterlaſſe. Denn nicht nur ſehen wir die Sachſen jener Tage trotz der ſturmbe— wegten Zeit und vieler heimiſchen Hemmniße auf dem na— turgemäßen Wege der Fortbildung ihres geſammten bür— 9) „Tab. nat. Sax.‘ S. 399. Schlözer S. 66. Urkunde von 1468 in der Batth. B. von 1477 in der Dorfslade von Gr. Kopiſch; Eder: Observ. erit. S. 3, 253, ad Sches. S. 236. 10) „Tabul. nat. Sax.““ S. 603. 110 „Tabul.““ S. 371, 459. Vgl. Eder: Observat. S. 200. 12) „Tabul.“ S. 467, 567. Eder: Observat. S. 202. 13) Eder: Observat. S. 196. „Privilegia Claudiop.“ handſchriſt⸗ liches Werk der Batthyan. Bücherei S. 34. | Vereins Archiv 2. 6 “ 82 gerlichen und kirchlichen Zuſtandes rüſtig fortſchreiten, ſon⸗ dern auch in dem ſtaatlichen Leben des ungariſchen Reichs eine höchſt bedeutende, des Zweckes ihrer Berufung, ihres Geiſtes und ihrer Kraft würdige Stellung einnehmen und] ihre mannigfachen Verdienſte um Land und Krone von dem Könige ſtets rühmend anerkannt. Dazu finden wir, eine in dem ſteten Kriegsgetümmel um ſo erfreulichere Erſchei⸗ nung, Gewerbs- und Handelsthätigkeit der Sachſen auf einer jo hohen Stufe, daß fie die gerechte Bewunderung. der Zeitgenoſſen erregen ). Den Grund zu dieſer, auff Leben und Wohlſtand des Volkes ſo bedeutend einwirken-⸗ den Entwicklung, hatte ſchon der Andreaniſche Frelbrie durch die den deutſchen Anſiedlern eingeräumte Zollfreiheit] gelegt ). Nicht minder günſtig war dem Aufblühen des Handels die Lage der neuen Heimath. Mitten unter ro⸗ hen Völkern, die erſt am Anfang der „Menſchwerdung“ ſtanden, und die Künſte des Friedens, Handel und Gewerbe, als des Mannes unwerth, verachteten, auch theilweiſe ſchon durch die ſtrenge Scheidung in Herren und Knechte die Grundbedingung jeder derartigen Entwicklung, Freiheit, vernichtet hatten, — mitten unter ſolchen Völkern war der Gewerbs⸗ und Handelsthätigkeit der Sachſen das weiteſte und glücklichſte Feld eröffnet. Dazu lagen ſie im Wege des damaligen Welthandels. Dieſer ging, da die Südſpitze Afrikas noch unentdeckt war, ein weſentlicher Landhandel, durch dieſe Gegenden, fo daß die Sachfen, auf der Grenze des Abend⸗ und Morgenlandes, durch ihre Lage eben fo ſehr, wie durch ihre innere Befähigung berufen waren, an dem Austauſch der Erzeugniſſe beider Welttheile den be⸗ deutendſten Antheil zu nehmen. In welch' hohem Maße dieſes beſonders ſeit dem Anfang der eh un des 14) Ranzanus Urtheil bei Eder; Observ. erit. &. 218 15) Freiheit von Zöllen iſt ein weſentlicher Beſtandiheil des mittel⸗ alterlichen Kolonialrechts in ungarn. „Statuimus, “ fagt König | Stephan 1271, „quod hospites nostri Jaurienses, nec in ipso foro, nec alias infra regni nostri limites de suis propriis me- eimoniis aliquod tributum solvere teneantur, more reg a- lium hospitum aliorum.‘ Fejer V, 1, 146. 23 ierzefm en Jahrhunderts der Fall geweſen, bezeugt die Geſchichte. In dem dreizehnten mochte die wirrvolle Re⸗ gierung des Königs Andreas, die auf den neuen Anſied⸗ lern um ſo ſchwerer laſtete, die Mongolenverwüſtung un⸗ ter ſelnem Sohne Bela, die die Fortſchritte des Landes ein halbes Jahrhundert lang lähmten, ſpäter die Kronſtreitig⸗ keiten nach dem letzten Könige aus dem arpadiſchen Haufe hindernd auf die ſächſiſche Handelsthaͤtigkeit eingewirkt ha⸗ ben. Deſto glänzender entfaltete ſie ſich unter Ludwig dem Großen, der mehr, als alle feine Vorgaͤnger den Sachſen in dieſer Beziehung kräftigen Schutz angedeihen ließ. Wie ausgebreitet der Handel derſelben zu dieſer Zeit ſchon ge⸗ weſen ſei, bezeugen viele Urkunden des Königs auf über⸗ raſchende Weiſe. So befiehlt er im Jahr 1351 allen zoll⸗ beſitzenden Pralaten, Baronen, Grafen, Adeligen und den Zöllnern derſelben, die Bürger und Anſiedler von Her⸗ mannſtadt und den mit ihr vereinigten Gebieten in alle Theile des Reiches alle Straßen, ob etz, das Meſeſchge⸗ birge, ob durch Wardein, oder nach Deva, mit all' ihren ö Waaren, nach Bezahlung der gerechten und wöhnlich Zolle, frei und ungehindert ziehen zu, laſſen ). So ge⸗ ſtattet er im J. 1358 den Bürgern und Anſiedlern von Kronſtadt freien Handelsweg bis an, die Donau 7) und ein Freibrief deſſelben vom Jahr 1367 ſpricht von Han⸗ delsreiſen der Kaufleute des Hermannſtadter Gaues nach Wien, Prag, Jadra und Venedig 3), während andere von ahnlichen nach Polen zeugen „), jo daß die Nachrichten 1 t unwahrſcheinlich ſind, nach welchen ſächſi ſche Erzeug⸗ niſſe nach Smyrna, nach Arabien gegangen, ja von Sach⸗ ſen ſelbſt bis nach Aegypten verführt 25) und daſelbſt ab⸗ a ſein ſollen. Eine weitſäüftige Auseinander- 16 9 IX. 1, 700 d. Fejer IX, IR 68801 nog nok eo 4005 . 4 arenen 20 55 5 Shit: des ungarischen Reichs. II. 151. Transsilvania, | durch dn Zeitſchriſt für Landeskunde 1, 68. — „Ich erblicke hier Bi durch Nacht und Nebel ein, Handelsrevier der Vorzeit, das eines 5 50 e ee a des, batten e ſein mug." Schis⸗ 3 g 578028 6 * “4 ſetzung der vielfachen Begünſtigungen des Handels der Sadje fen von Seiten der ungariſchen Könige 21), „damit die— ſelben, wie an Zahl, alſo auch an Treue zunehmen und dadurch nicht nur Siebenbürgens, ſondern auch des übri— gen Reiches Bewohnern Ehre erwachſe und Vortheil“ 22), iſt hier natürlich, ſo lockend auch die Gelegenheit winkt, nicht am Orte; es genügt unſerm Zwecke die geſchichtliche Thatſache, daß die Sachſen an dem damaligen Handel Un— garns den größten Antheil hatten, ihn nicht nur in dem Reiche ſelber (mit noch einigen deutſchen 25) Städten) am eifrigſten betrieben, ſondern auch die umliegenden Län— der mit ihren Waaren weit und breit beſuchten 25). Auf dieſe Weiſe erwarben ſie Bildung und Schätze, durch die ſie, nach der Könige Wort: „das Reich mit ausgezeichne— ten Städten und Dörfern nicht nur vermehrten, ſondern auch zierten“ und wurden die Bürger „auf die die Sicher— heit der Grenzen ſich wie auf erhabene Säulen“ ftüßte, Dieſer Wohlſtand des Volkes dauerte, obwohl immer ab— nehmend fort, auch als der Welthandel andere Wege ge— funden hatte und innere Zerrüttung am Marke des Yan- des zehrte, jo daß noch am Ende des 16ten Jahrhunderts Paul Markhaſi (wenn auch mit einiger Uebertreibung) am Hofe in Konſtantinopel ſagen konnte, ein einziger Hermann— ſtädter Schufter ſei im Stande der Pforte den jährlichen Tribut zu zahlen. Bei den vielen Begünſtigungen des ſächſiſchen Han— dels von Seiten Ludwigs iſt es auffallend, daß trotz des von ihm beſtätigten Andreaniſchen Freibriefs die Sachſen 21) Sogar an Beiſpielen auswärtiger Fürſten, die den ſächſiſchen Hans del begünſtigten, fehlt es nicht. Siehe unten im Anhange 1. 22) Fejer IX. 4, 61. 23) Von den Ungarn ſagt König Matthias felber: „In tria homi- num genera universa digeritur Hungaria; unum deo dica- tum, in religione versatur, alterum militiam, tertium agros „ cColit. Non vos diversarum litterarum studia, non variae ar- tes et. mercatura sollieitant.“ Bonf. dec. II. lib. 12. 24) Vgl. Alex. Bethlens: Grundlinien zur Kulturgeſchichte Sieben⸗ bürgens, beſonders in Rückſicht des Handels, in Hormayers Ar⸗ chiv für Geographie, Jahrg. 1822 ; Eder: De initiis S. 193. 85 ganz und gar nicht als zollfrei erſcheinen *). Auch be— klagen ſich dieſe nie über die Zahlung der gerechten Zölle, ſondern nur, daß dieſelben in willkürlicher, übermaͤßiger Groͤße von ihnen gefordert und ſie außerdem von den Zöll— nern auf vielfache Weiſe bedrückt würden 25). Faſt ſeit dem Anfang des 1dten Jahrhunderts finden wir in Fönig- lichen Briefen wieder den Grundſatz gänzlicher Zollfreiheit der Sachſen ausgeſprochen und den Zollbeſitzern deſſelben Befolgung anbefohlen. Als Grund dieſer Berechtigung wird von nun an mehr oder minder häufig der Andreaniſche Freibrief angeführt, eine für die Rechtslage der Sachſen ſo wichtige Erſcheinung, daß eines der erſten Zeugniſſe je— ner Art, vielleicht nicht gegen den Willen des Leſers, un— ten (Anhang 2.) ausführlich folgen mag. Leider aber iſt das geſchriebene Wort eine ſchwache Schutzwehr gegen Selbſtſucht und Gewaltthat. Die auf die Klagen der Sachſen auffallend häufiger werdenden Schutz— briefe der Könige gegen Zollbedrückungen ſind der deutlich— ſte Beweis ihrer Erfolgloſigkeit. An ſolchen Urkunden aber iſt keine Zeit reicher als die Regierung des Königs Mat— thias ). Daß gerade von biſchöflichen Seiten die Zoll— erhebungen am drückendſten waren 23), iſt kein ſehr gün⸗ ſtiges Zeugniß für den geiſtlichen Sinn der Herren. Unter den Rechtsſtreitigkeiten, die aus dieſen Bedrückungen her— vorgingen, iſt bei weitem der wichtigſte der mit dem War— deiner Kapitel geführte, der nicht nur durch die reichen Aufſchlüße, die er über die damalige ſächſiſche Gewerbs— und Handelsthätigkeit gibt, ſondern auch durch vielfache Be— leuchtung anderweiter Innerverhältniſſe der Sachſen aus— 25) So 1367: „Saxones de Scibinio et de ejus pertinentüs - - - - -- solutis eorum verisetconsvetis et Justis tributis in nullo debeatis molestare.“ Fejer IX. 4, 50. 26) Vgl. Fejer X. 1, 655. 27) S z. B. des Königs Dekret aus dem J. 1464, 15, 2, 3, das öte Dekr., Art. 35, im „Corpus juris Hung.“ und die den Sachſen in dieſer Beziehung ertheilten Freibriefe aus den J 1459 1467, 1476, 1477, 1480, 1481, 1488 und andere in der Batth Büch. 28) Auch mit dem ſiebenbürg. Biſchof finden wir die Sachſen in Zoll: ſtreitigkeiten vor dem König. „Tabul. nat. Sax.“ & 591. 36 führlichere Darſtellung um fo mehr verdient, da das We⸗ nige, was Eder in ſeinen geſchichtlichen Werken von ihm jagt 2), das Verlangen nach gründlicherer Kenntniß mehr erregt, als befriedigt. Gleichzeitige Schriftſteller erwähnen nichts von dieſem Ereigniſſe. Die Schlacht auf dem Brodt- felde, die Rüſtungen des Königs gegen ſeine vielnamigen Feinde boten Glänzenderes dar. Vom Unſcheinbaren, ob- wohl fo viel Wichtigern, vom innern Haushalt der Staa= ten finden wir ja bei den meiſten mittelalterlichen Geſchicht— ſchreibern nichts. II. Wardein gehört zu den älteſten Zollſtätten des un⸗ griſchen Reichs. An einer der belebteſten Handelsſtraßen des Landes entſprach die Lage der Stadt jenem Zwecke voll— kommen. Durch Schenkung König Emerichs kamen bereits am Anfang des 13ten Jahrhunderts (1203) zwei Drit- theile dieſes Zollertrages in den Beſitz des Wardeiner Dom— kapitels, und König Ludwig J. fügte das letzte Drittheil hinzu, als er nach ſeiner Thronbeſteigung im Jahr 1342 das Grab des heiligen Königs Ladislaus in Wardein be— ſuchte ). Biſchof und Kapitel ſollten, wie altherge— brachtes Recht es erfordern, die Zollgefälle jo theilen, daß jener zwei, dieſes einen Theil derſelben empfange. Die gro— ßen Meſſen der Stadt Wardein ſowohl, zu denen die Kauf— leute aus weiter Ferne zuſammenſtrömten, als auch die häu⸗ figen Durchgangszölle machten die beiden Vergabungen je— ner Könige zu Quellen ſehr reicher Einkünfte für Biſchof und Kapitel. Schon frühe erregten jedoch willkürlich hohe Zollſätze vielfach Unwillen und Beſchwerde *). Bei ſtets zuneh- 29) Eder: Observat. critic. S. 320 im Widerſpruch mit der Anmer⸗ kung zu Scheiaus S. 213. 30) „Tabul. nat. Saxon.“ S. 519. Pray: Specim. Hier. II. 173. 31) So forderte das Kapitel „juxta seriem et formam antiqui cu- jusdam registri de pellibus ovinis seu castratinis de singulis decem unum denarium, item de cute bovina unum denari- . * 87 mendem Uebel ſahen ſich die Kaufleute des Reiches, un— ter ihnen auch die Sachſen aus Siebenbürgen, gezwungen, die Klage vor den König zu bringen 2). Dieſer verſuchte den Streit auf gütlichem Wege beizulegen; doch das Ka— pitel, hartnäckig auf ſeinem vermeintlichen Rechte beharrend, wollte die beſtehenden hohen Zollſätze auch nicht im gering— ſten mindern. Da nahm der König, weil die dem Herr— ſcher obliegende Pflicht es gebiete, Streitigkeiten zu enden und ungerecht Unterdrückte zu ſchirmen, der Stadt Groß— wardein das Jahrmarktsrecht und verlieh es dem, für den Handel nicht minder bequem gelegenen Flecken Debrezin 3). Das Mittel, allerdings durchgreifend genug, wirkte. Der Trotz des Kapitels brach. „Die Domherrn,“ ſchreibt Kö— nig Matthias im folgenden Jahre *), „Ind endlich zur Beſinnung gekommen und haben verſprochen ſich dem Rechte zu fügen und jene Zollſätze, die wir mit unſern Prälaten und Baronen für billig anerkennen würden, anzunehmen.“ Deswegen ertheilt er der Stadt aufs neue das Jahrmarkts— recht, doch mit der Bedingung daß bis nach gefälltem Spru— che kein Zoll erhoben werde. Das Kapitel ſolle die ein— geführten Waaren in ein Verzeichniß aufnehmen, die Kauf— leute aber Bürgſchaft ſtellen, daß ſie dieſelben nach geen— digtem Rechtsſtreite den neuen Zollſätzen gemaͤß verzollen würden. Zugleich wurden die freien Städte auf den fuͤnf— zehnten Tag nach dem nächſten Feſte der Auferſtehung des um, de minoribus duabus similiter unum denarium, de qua- tuor cutibus vitulinis unum denarium““ u. ſ. w. „‚Privil- Clau- diop.““ S. 576. f 32) „Matthias. .. in causa inter honorabile capitulum eccle- siae Varadiensis ex una, ac inter circumspectos universos cives cunctarum liberarum civitatum nostrarum, tam intra ambitum hujus regni nostri Hungariae, quam etiam in par- tibus Transsilvanis ubilibet habitarum ex altera partibus na- tione tributi, in civitate Varadiensi per ipsum capitulum exigi soliti, coram nostra personali praesentia mota .... Budae II. die - a. d 1477, „Tabul. nat. Sax.“ S. 475. 33) Datum Budae Feria V-a prox. post F. visitationis gloriosae Virg. Mariae. A. d. 1477. S. die Urk. ovollitändig unter 3. 34) D. Posonii F. II-a prox. p. Deam Reminiscere, a. d. 1478. „Tabul. Nat. Saxon.“ S. 503. 88 Herrn nach Ofen geladen, damit daſelbſt vor ihren und des Kapitels Abgeordneten die Sache rechtskräftig entſchie— den würde. Am feſtgeſetzten Tage erſchienen im Namen der Sach— fen aus Siebenbürgen *) Benedikt Fleiſcher (Meszäros) ° aus Hermannſtadt, Johann Dobo aus Klauſenburg, Bar— tholomäus Chonkabonka aus Kronſtadt vor Michael Or— ßag de Guth, dem Palatin des ungriſchen Reiches, den Matthias zur Entſcheidung des Streites ernannt hatte. Sie legten zur Vertheidigung ihrer, durch des Kapitels Zoller— hebungen beeinträchtigten Rechte den Andreaniſchen Frei— brief beſtätigt von Karl, Ludwig, Maria, Siegmund, in einem Transſumt des Siebenbürgiſchen Kapitels vom Jahr 1428 vor, deſſen Satzungen: „kein Zöllner ſoll ſich un— terſtehen, ſie weder auf Hin- noch auf Rückreiſen zu belä— ſtigen“ 6), fo wie: „die Kaufleute derſelben ſollen in un— ſerm Reiche, wohin ſie immer mögen, frei und ohne Zoll— abgabe reiſen und zurückkehren“ gegen jede unrechtmäßige Zollbedrückung deutlich ſprechen. Dagegen erwiderten die Abgeordneten des Wardeiner Kapitels: obwohl die Bürger der königlichen freien Städte in Siebenbürgen laut des vorgebrachten, von König Andreas ausgeſtellten Freibriefes von allen Zöllen frei ſeien, ſo hätte doch das Wardeiner Kapitel in Folge der (ebenfalls vorgelegten) Vergabungen der Könige Emerich und Ludwig von Alters her das Zoll— recht in der genannten Stadt beſeſſen und jo wie alle Kauf— leute ohne Ausnahme ſich demſelben bis jetzt gefügt hät— ten, ſo müßten ſie von Rechtswegen ſich auch in Zu— kunft ihm unterwerfen. Nicht läugneten ſie, entgegneten die Abgeordneten der Sachſen, das Zollrecht des Wardeiner Kapitels; wohl aber ſprächen ſie ihm die, dem bisherigen Gebrauche ſowohl, als aller Billigkeit zuwiderlaufende Be— 35) - in eorum ac omnium aliorum civium „ hospitum et in- colarum liberarum civitatum Transsilvaniensium personis.** 36) Vgl. Schlözer S. 650. In einem Zollſtreit mit dem Siebenb. Biſchof (1486) beweifen die Sachfen ihre Freiheit von jener Ab⸗ gabe zum Theil auch mit diefer Stelle. f sy fugniß ab, die Zölle nach Belieben ſtets hoch und höher zu ſtellen. Dazu ſeien ſie, als „königliche Bürger“ Sie— benbürgens, von dem dritten Theile aller Zölle in dem ungriſchen Reiche Kraft der Andreaniſchen Handfeſte frei und forderten, wie Recht und Billigkeit es erheiſche, daß fortan in der Erhebung der beiden übrigen Theile der Will— für des Kapitels Schranken geſetzt würden *). Warum die Sachſen hier nur die Befreiung von ei— nem Drittheile der Zölle im ungriſchen Reiche anſprechen, da doch die Andreaniſche Handfeſte, auf welche ſie ſich ſtü— zen, von gänzlicher Zollfreiheit ſpricht, iſt ſchwer einzuſe— hen. Wahrſcheinlich jedoch iſt eine Begriffsverwirrung des Schreibers der Urkunde an der Dunkelheit Schuld. Von dem Wardeiner Kapitel nämlich konnten die Sachſen in der That nur von einem Drittheil der Zölle mit Recht Be— freiung fordern, da zwei Drittheile zur Zeit des Andrea— niſchen Freibriefes ſchon in dem Beſitze deſſelben waren und der König, da ihm über fremde Rechte keine Verfüͤ— gung zuſtand, natürlich nur die königlichen Zölle meinte, als er im Jahr 1224 die „überwaͤldiſchen deutſchen An— ſiedler“ von dieſer Art der Abgaben frei erklärte. Eben deswegen waren aber die Sachſen von jenem Theile, der durch Ludwigs Schenkung, alſo nach dem Andreaniſchen Freibriefe, an das Kapitel kam, frei, da der König, was ſeit mehr als hundert Jahren nicht mehr Eigenthum der Krone war, auch nicht verſchenken konnte. Der Schreiber der Urkunde, von dieſen Verhältniſſen nicht genau belehrt, 37) „Insuper ipsi cives regales partium Transsilvanarum a solu- tione seu exactione tertiae partis cunctorum tributorum, in hoe regno ubivis exigi solitorum, sic etiam tertiae partis ipsius tributi, in dieta civitate Varadini, qualitereunque ex- ipi soliti, vigore libertationis praenominati olim domini An- ae regis exemti haberentur et in futurum debeant esse absoluti. Unde ipsi in solutione, seu exactione dietorum tri- butorum, demta ipsa tertia parte eorundem tributorum, in qua scilicet se exemtos et liberatos fore agnoscunt, juxta re- gium mandatum limitationem solvendi congruentem rationique consonam et justitiae convenientem habere vellent.“ = 90 1 * trug den nur bei Wardein geltenden Fall, auf das ganze Reich über und veranlaßte dadurch jene offenbare Unrich— tigkeit. A Nach Anhörung der Klage, der Rede und Gegenrede der Parteien, nach Prüfung der vorgelegten Urkunden ſprach endlich der Palatin Michael Orßag de Guth das Urtheil: Die Befugniß des Wardeiner Kapitels, in Wardein von allen Kaufleuten gerechten Zoll zu erheben, ſei nach den vorgebrachten Freibriefen unbeſtreitbar, eben ſo klar aber auch die Freiheit der Sachſen von einem Drittheile jener Zölle, da daſſelbe erſt 118 Jahre ſpäter, als König An⸗ dreas ſie vollkommen Zollfrei geſprochen, in den Beſitz des Kapitels gekommen. Daher ſollten die Sachſen fortan nur zur Bezahlung jener zwei von König Emerich (1203) dem Kapitel vergabten Zolldrittheile verpflichtet, dieſes aber in der Erhebung deſſelben, die früher häufig die Grenzen des Rechts überſchritten, an die (dem Urtheil beigefügten) vom Palatine aufgeſtellten Zollſätze gebunden fein 38). Den Spruch des Palatins beſtätigte Matthias auf die von Benedikt Fleiſcher und Johannes Baccalaureus, Geſchworne aus Hermannſtadt, im Namen aller königlichen freien Städte Siebenbürgens vorgebrachte Bitte den 24ten Februar 1480 3). III. Der erzählte Rechtsſtreit der Sachſen iſt gewiß in mehrfacher Beziehung wichtig. Nicht nur zeigt er uns die Gewerbs⸗ und Handelsthätigkeit der Vorfahren auf ſo ho— her Stufe, wie fie zu der Zeit in Ungarn ſicher ſelten ans zutreffen „): ſondern wir fehen auch in demſelben alle 38) Das, „Budae die dicti quindecimi diei festi resurrectionis domini, a. c. 1478‘: erlaffene Urtheil ſ. ausführlich unter 4. 39) „Tabul. Nat. Sax.““ S. 507 aus dem ſächf. Nat. Archive une ter der Zahl 399. 5 40) Die Zollſätze des Palatins führen unter anderem auf: Flachs e Hanf, Wolle, Wachs, Honig, Wein, Salz, Eiſen, Vieh und Häut, vieler Art, Fiſche, Tücher, verſertigte Kleider, Hüte, Bogen Gürtel u. ſ. w. - a 7 4 1 5 91 Siebenbürger Deutſchen unter dem Schutze des Andreani— ſchen Freibriefs ſtehen und die ſiegreiche Vertheidigung ihr rer Rechte auf dieſen gründen. Nun gilt aber der genannte Freibrief erweislich nur den Sachſen der Her mannſtädter Provinz, d. i. der „ſieben Stühle,“ da die anfangs auch zu derſelben gehörigen Medwiſch und Schelken durch den Waiwoden Ladislaus widerrechtlich am Anfang des vier— zehnten Jahrhunderts von ihr losgeriſſen wurden +"). So ſprechen Ludwigs, Marias und Sigmunds Beſtätigungen ausdrücklich nur von den Sachſen der „ſieben Stühle.“ Wie kommen alſo, muß man fragen, die übrigen Deutſchen Siebenbürgens dazu, die Rechte und Freiheiten des An— dreanums auch für ſich anzuſprechen und die Anerkennung der Forderung vor dem höchſten Reichsgericht zu erhalten? Rechtliche Anſprüche darauf müſſen jedenfalls da geweſen ſein. Wir finden dieſelben in den ſpätern Freibriefen un— griſcher Könige, die den einzelnen deutſchen Gauen die Rechte der Hermannſtädter Provinz ertheilen und damit na— türlich auch die darunter begriffene Zollfreiheit. So Lud— wig den Biſtritzern 1366 2), Sigmund den Winzern 1399 „), den Klauſenburgern 1409 4), den Kronſtaͤd⸗ tern 1422 ). Ob aber gerade das Bewußtſein hievon die Genannten vermocht, ſich bei der Vertheidigung ihrer Zollfreiheit dem Wardeiner Kapitel gegenüber auf den An— dreaniſchen Freibrief zu berufen, iſt mehr als zweifelhaft, da z. B. die Klauſenburger in Zollſtreitigkeiten dieſer Zeit, ihren Sonderhandfeſten gemäß * 6), nur Befreiung von jenen 410 Eder: Observat. S. 27. S. Quortalſchrift VI., 254. 42) Schlözer S. 35. 43) „Tabul. Nat. Saxon.“ S. 823. 44) Eder: Observat. S. 83. Vgl. die 1444 erlaſſenen Urkunden Kö⸗ nig Wladislaus I. in „Privil. Claudiop.“ S. 83, 318. 45) Marienburg: Geographie von Sieb. II., 213. 46) König Karl im Freibriefe der Klauſenburger vom J. 1316: „Con- cessimus etiam eisdem hospitibus nostris, quod intra ter- % minos partium Transsilvanarum tam in civitati- N bus, quam etiam in aliis locis de mercibus et rebus ipsorum *. nullum tributum solvere tenebuntur.“ „Privil. Claudiop.** S. 117. ueber gollſtreitigkeiten Klauſenb. Vgl. „Privil. Claud.“ S. 97, 429. r ur * 1 AN. . d Abgaben in Siebenbürgen fordern und dabei doch wenige Jahre ſpäter behaupten, daß noch König Andreas II. ihr, damals nicht einmal beſtehendes Gemeinweſen von al— len Zollabgaben frei geſprochen habe +7). Leicht möglich iſt es daher, daß der damaligen Zeit die Anfänge der ſäch— ſiſchen Gemeinweſen und dieſen ſelbſt ihr Urſprung fo dun- kel waren, daß ihrer Ueberzeugung nach der Andreanifche Freibrief alle umfaßte und ſie in Folge deſſelben das Recht gänzlicher Zollbefreiung, das ſpätere Freibriefe ihnen un— zweifelhaft einräumen, unmittelbar auf jenen, doch aller— dings fälſchlich, gründeten. Der hohe Gerichtshof aber, der dieſen Streit entſchied, wußte viel zu wenig von dem Ur— ſprung und den beſtehenden Verhältniſſen dieſer deutſchen Gauen, als daß er jene Angabe, im Falle fie wirklich vor⸗ gebracht worden, in ihrer Ungültigkeit erkannt hätte, um ſo mehr da ſie durch den Ausdruck des Freibriefs ſelbſt: „Alle Siebenbürgiſchen deutſchen Anſiedler“ beſtätigt ſchien. Welcher von dieſen Fällen nun immerhin Statt ge— funden habe: wir ſehen die Sachſen, zu jener Zeit leider nicht immer in wünſchenswerther Eintracht „s), alle ver- einigt zu gegenſeitigem Schutze gegen die ungerechten Be— drückungen des Wardeiner Kapitels. Dies iſt eine um ſo erfreulichere Seite, die der Zollſtreit uns darbietet, da wir darin zugleich den Beweis einer bereits begonnenen mä— hern Einigung der einzelnen ſächſiſchen Gaue finden. Die Anfänge derſelben gehen, den bis jetzt bekannten That— ſachen zufolge, in die Regierung des Königs Matthias zu— 47) „Wladislaus . . Exponitur nobis in personis . .. judieis et juratorum caeterorumque civium et inhabitatorum civitatis nostrae Kolosväriensis, quod, quamvis ipsi exponentes, an- tiqua eorum libertatis praerogativa requirente, eisdem a di- vis regibus Hungariae.. . et signanter a serenissimis prin- eipibus Andrea et Ludovico . . concessis, a solutione quo- rumlibet tributorum, seu theloniorum per totum regnum no- strum Hungariae exemti sint. . (1497). „Privil. Claud.** S. 515. 48) Vgl. Eder: Observat. crit. S. 66, 215; Die Proteſtation des Burzenländer Kapitels vom J. 1420 im Archive deſſelben; das Schreiben des Waiwoden Stephan Bathori vom Jahr 1491 in „Tabul. nat. Sax. ©. 675. 93 rück „) und unſer Zollſtreit iſt mit eine jener Erſcheinun⸗ gen aus dem damaligen Leben der Sachſen, in denen die allmälige Fortbildung der urſprünglich getrennten deutſchen Gaue zu einem Volke ſichtbar zu Tage tritt. Die Mög— ner Anſiedlungen, in der Aehnlichkeit ihrer Rechte, in dem— E Zweck ihrer Berufung. Gefördert wurde ſie durch en glücklichen Umſtand, daß die ſieben Stühle für alle ſächſiſchen Gaue Oberhof wurden, ja dieſe ſelbſt endlich durch königliche Freibriefe das „Freithum“ jener erhielten. Sobald nun die trennende Schranke der, bei aller Aehn— lichkeit doch anfänglich mehr oder minder großen Rechts— ungleichheit gefallen, waren ſie dem Geiſte nach, innerlich, Ein Gemeinweſen und es mußte ihnen natürlich daran ge— legen ſein, zu nachdruͤcklicherer Wahrung ihrer Freiheiten auch äußerlich als ſolches zu erſcheinen. Daher ließen ſie den Andreaniſchen Freibrief im Jahr 1486 von Matthias für die Geſammthelt der Sachſen beſtätigen und traten be— reits in demſelben Jahrzehend Alle, obwohl ſeltener, auf allgemeinen Volkstagen zur Berathung des Geſammtwoh— les zuſammen ). Der Befehl deſſelben Königs, der 1475 den Sachſen der VII und II Stühle, — die vor Allen zu dieſer Zeit häufig vereint erſcheinen n) — den Burzenlän» dern und Biſtritzern eine gemeinſame Steuer von 10,000 Goldgulden auflegt, iſt ebenfalls ein Zeugniß einer gewiſ— ſen ſchon beſtehenden Vereinigung, nach welcher ſie wenig— ſtens in manchen Fällen als ein Ganzes angeſehen wur— den. Auch das Band, das den Hermannſtädter Gau und Klauſenburg umſchlang, wurde zu dieſer Zeit enger, indem Par die oberhöflich- richterliche Gewalt Biſtritz's über 3 lauſenburg auf hob und ſie bloß Hermannſtadt und den 49) Schon Ladislaus ſchreibt übrigens 1453 an die VII. und II. Stühle, 4 das Burzen and, Klauſendurn und Minz: „.. vos, qui semper 90 unum fuistis, esseque debetis indivisi ..“ Vgl. Schlözer S. 49. * 50) Eder: Observat. critic. S. 67. 1 5 Sogar zum Reichstage beruft Matthias 1458 die ſieben und zwei 4 Stühle vereint. S. die Abſchrift der im Nat. Archiv aufbewahr⸗ ten Urkunde in der Bruckenthal. Bücherei. Ana 2 BEZ - 94 ſieben Stühlen ließ 52). Ja wenn nicht das Gegentheil zu klar wäre, man könnte nach urkundlichen Ausdrücken jener Zeit auf eine gänzliche Einverleibung Klauſenburg's i in die ſieben Stühle nach der Weiſe von Winz und Burg⸗ berg denken *). Daß dieſe Stadt ſich deſſenungeachtet in der Folge vom ſächſiſchen Volkskörper trennte, dazu wirk⸗ 1 ten ohne Zweifel, außer dem ſchon frühe in ihren Manni erftarkten Ungarthume 5*), die ſpätern Streitigkeiten zwi⸗ i ſchen Ferdinand und Johann Zapolya, in denen die Sachs f ſen und Klauſenburg auf bee Seiten we bedeutend mit. Auf ſolche Weiſe bisweilen ſchon früher als eine Ein⸗ 4 heit angeſehen, was natürlich die Meinung von der Gül— 5 tigkeit des Andreaniſchen Freibriefs für Alle begünſtigte, vereinigten ſich die Deutſchen in Siebenbürgen, um mit ih⸗ rer Geſammtkraft den ungerechten Erpreſſungen des War— deiner Kapitels entgegen zu treten. Doch dauerte die Ein— tracht derſelben nicht lauge. Materielle Jutereſſen hatten fie verbunden und trennten ſie wieder. Die Koſten des Streites mit dem Wardeiner Kapitel hatten die Städte Hermannſtadt und Kronſtadt getragen. Nach Beendigung deſſelben weigerten ſich die Andern, den auf ſie fallenden Theil der Ausgaben zurückzuzahlen, ſo daß Matthias auf die Klagen jener beiden Städte ſich genöthigt ſah, allen Sachſen der ſieben und der zwei Stühle, des Kronſtädter und des Biſtritzer Diſtriktes ernſtlich zu befehlen, den Kron⸗ ſtädtern und Hermannſtädtern die in dem Zollſtreite gemach⸗ 52) D. Budae in festo b. Bartholomaei apost., a, d. 1481. 1 Claudiop.“ ©. 15. 53) Z. B. 1455 „Matthias . . Ex querelis fidelium nostrorum universorum, Saxonum VII et II sedium Saxonicalium par- tium regni nostri Transsilvanarum, potissimum eivium et inhabitatorum civitatis nostrae Kolo wien intelleximus.“ „Privil. Claud.“ S. 502. Bgl. Schlözer G 49,52, 7 OR 50 Bereits 1453. gab es in Klauſenburg eine „communitas Hunga- rice nationis,““ die in der „platea Hungaricali““ eine eigene, dem h. Petrus geweihte Kirche beſaß, an welcher der Stadtpfar⸗ rer einen „capellanum idoneum et ipsorum moribns aptum““ zu halten verpflichtet war. „Privil. Clan hen S. 368. 9 Eder ad Sches. S. i Indimmhur nd ni zan ur 95 ten Ausgaben, da eine gemeinſchaftliche Angelegenheit auf gemeinſchaftliche Koſten beſorgt werden müße, nach verhaͤlt— nißmaͤßiger Auftheilung zurück zu erſtatten °°). Ob der Befehl bei den Genannten den erwünſchten Erfolg gehabt, wiſſen wir nicht, wohl aber, daß wenige Jahre ſpäter ſich derſelbe Fall wiederholte. Denn als die Klauſenburger im Jahre 1497 die Entſcheidung des Kö— nigs Wladislaus vom Jahr 1492 in eben dieſer Wardei⸗ ner Zollangelegenheit abſchriftlich von Hermannſtadt ver— langten, verweigerten dieſe die Herausgabe des Urtheils, ö e jene nicht ihren Anforderungen verhaͤltnißmäßiger R ickerſtattung der von Hermannſtadt in dem Rechtsſtreite gemachten Ausgaben Genüge geleiſtet “e). IV. Der Zollſtreit hatte nämlich durch des Palatins Mi- chael Orßag de Guth Urtheilsſpruch ſein Ende nicht er— reicht. Das Kapitel konnte den daraus hervorgehenden be— deutenden Verluſt an feinen Einkünften nicht verſchmerzen. Schon in dem zweiten Jahre nach des Königs Matthias Tod erhob es bei Wladislaus Klage gegen die Sachſen in Siebenbürgen 57). Es habe nämlich König Matthias, bes hauptete das Kapitel, jenen Rechtsſtreit zwiſchen ihm und den genannten Sachſen nicht nach Recht und Gerechtigkeit, ſondern nach ſeiner Willkr durch den Palatin Michael Orßag entſcheiden laſſen. Dadurch ſei des Kapitels faft: a dreihundertjähriges Recht der Zollerhebung verletzt und in ſo enge Schranken eingeſchloſſen worden, daß die Zollge⸗ faͤlle, zu der Kirche großem Schaden, jetzt von ſehr gerin— uch 1 7 * N M ih oma 500 Patum Budae feria III. prox. ante Fest. mativitatis b. Jo- ars is baptistae; a. d. 1480. „Tab. nat. Sax,“ S. 531. 560 „Privil. Claud.“ S. 520. 7) „ „ Contra et adversus prudentes et eircumspectos judices, Jjuratos caeterosque cives eivitatum Cibiniensis, Kolosvärien- 1 Tut N 7 — 2 2 * — sis, Brassoviensis, Bistrieiensis, nee non oppidorum T hor- . da, Enyed, Alba- Gyula, Szäsz- Sebes , Segesvär, Megyes Caeterasque mercatöres et Saxones’ partium regni Transsil- vanarum.““ ger Bedeutung ſeien. Daher fordere es abermalige Auf- nahme des Rechtsſtreits, An dſche Unterſuchung und neues Urtheil. Der König gewährte die Bitte des Kapitels. Zugleich befahl er dem Konvente von Koloſchmonoſtor, mit dem kö⸗ niglichen Sendboten Paul de Harang einen ſeiner Abgeord— neten in die ſiebenbürgiſchen Städte zu ſchicken, um dieſe aufzufordern, wenn der König, wie er entſchloſſen, näch— ſtens nach Wardein komme, ſich daſelbſt zu ſtellen zu neuer Unterſuchung des alten Streites. Würde aber der König verhindert, in Wardein zu erſcheinen, ſo ſollten ſie in dem erſten Reichsgerichte, das nach Erlaß des Vorladungsſchrei— bens in Ofen, oder ſonſt wo gehalten würde, ſich vor dem Könige ſtellen, da im Falle ihrer Abweſenheit geſchehen würde, was das Recht erheiſche. Der Konvent von Ko— loſchmonoſtor gehorchte; die Sachſen wurden vorgeladen 58). Im Namen derſelben erſchienen in der Octave des dem heil. Erzengel Michael geweihten Feſtes in Ofen vor dem König Laurentius Hahn (Kakas) Königsrichter, Jakobus ſtädtiſcher Richter (eivium Cibiniensium jud ) und Jo- hann Sachs (Szäsz) Schreiber von Hermannſtadt, Bar— tholomäus Chonkabonka, Hann, Nikolaus Hermannſtädter eben) Geſchworner von Kronftadt, Johann Barthaffy, 580 Der mit Paul de Harang abgeordnete Fruder Martin berichtet: g „quod ipsi feria quinta proxima post festum beati Stanislai episcopi et martyris Sigismundum Printz de oppido Thor- da, eodem vero die Christophorum de Enyed, tandem vero feria sexta Michaelem de Alba Gyula, demum Sabbatho Franeiscum Szäsz dictum de Szäszsebes , postremo die domi- nico post praedietum festum b. Stanislai episcopi Georgium Csukas de Cibinio, item feria tertia Johannem de Brassovia, tandem feria quinta Michaelem Polnar de Segesvar, eodem vero die Matthiam Lotz dictum de Megyes, demum Sabba- tho semper post praedictum dominicum diem praenotati festi h. Stanislai episc. Johannem Thorm de Bistricia, postremo vero et ultimo die, feria III. proxima ante festum beati Ur- hani papae Benedictum Teremi de Kolosvär, terminis sci- ls Jicet post sese immediate consequentibus tunc afluturis, ad praenominatos magistrum civium, nec non judices ac jura- tos ac mercatores in praescriptis eivitatibns commorantes ac- cesserant, eosdem consimiliter in praefata causa de novo re- sponsuros . . . evocassent.“ „Priv. Claud“ 97 Geſchworner von Klauſenburg, und Martin Krethmar Raths⸗ mann von Biſtritz ). Zu gleicher Zeit hatten Ofen, Peſth, Kaſchau und Bartfeld im Namen aller freien Städte Uns garns Abgeordnete dahin geſandt, die mit neuer Unterſu⸗ chung zufrieden waren. Nicht jo die Sachſen. Sie ftüßten ſich auf das früher gefällte Urtheil, wollten von neuem Eingehen in die Streitſache nichts wiſſen und legten die Ent⸗ ſcheidung des Palatins Michael Orßag de Guth vor, die in ihrer Rechtskraft auch ferner gültig bleiben müße. b Dagegen wendete des Kapitels Anwald, Ladislaus von Solymos ein: daß dieſes Urtheil gegen den alten Ge—⸗ brauch und gegen die geſetzlichen Proteſtationen des Kapi⸗ tels gefällt worden ſei und daher keine rechtliche Verbind⸗ lichkeit habe. Zum Beweiſe ſeiner Behauptung legte er ſechs Urkunden vor, die theils die feierliche Verwahrung des Wardeiner Kapitels gegen die, durch den Spruch des Palatins Michael Orßag bewirkte Kränkung feiner Rechte, theils ältere und neuere Zeugniſſe des Biharer Komitats enthielten, denen zufolge jenes von Alters her im Beſitze der Wardeiner Zölle geweſen, deren Höhe ſich nach einem, ebenfalls mitgetheilten ulden Boeing des Oroder Ka⸗ ez richten müße. e eee 90 Auf die vorgelegten Urkunden des Anwaldes antwor⸗ | 5 die Sachſen: die Zeugniſſe der Biharer Geſpanſchaft könnten in der Entſcheidung des Palatins nichts ändern, da die Sitzungen, in denen ſie ausgestellt ſeien, nicht wie alte Reichsgewohnheit es erfordere in der beiden Parteien l abgehalten worden, weswegen jenen Zeugniſſen elber alle Rechtsgültigkeit abgehe. Was aber die Ver⸗ nn. des Kapitels anbefange ; fo könne ſolche Jeder jeder Sache einlegen, doch niit darin könnten dleſe das ui ale Urtheil entkräften Deen Unterſuchung⸗ bewir⸗ ken) wenn in dem frühern Rechtsgange Unziemliches vor⸗ gekoinmen. Nach e Wedel. hahe aber cht ——— — — 59) „ . in eorum ac ine rn Theutona En ru mai ve ilona dx on um septem eb duarum sedium Saxonicalium Zu tium Transtilvanarum nominibus et personis. ? x Vereins Archiv 2. nurn jeder ordemliche Richter, ſondern auch jeder Komitats⸗ begmte ſogar die Befugniß, in Zollſtreitigkeiten Recht zu ſprechen und übermäßige Zollſätze zu mindern. Wenn das Kapitel behaupte es habe immer gerechte Zölle erhoben, ſo ſprächen die vorgebrachten Urkunden ſelber dagegen, als die da feſtſetzten, „man ſolle von u allen Waaren, die einen Goldgulden Werthes betrügen, einen Pfennig, deren hun⸗ derte in einem Goldgul den ſeien, Zoll geben. Nun wiſſe aber Jeder, der den Handel der Sachſen kenne, daß auf dieſe Weiſe oft aͤvon einem einzigen Wagen zehn Gulden Zoll erhoben würden; es gebe aber Kaufleute unter ih⸗ nen, die bisweilen Waaren im Werthe von drei, oder vier: tauſend Gulden, ja noch mehr mit ſich führten 6) Di | % Das, Urtheil fiel, wie von der! Gerechtigkeit ihrer Sa— chenzu erwarten, zu Gunſten der Sachſen aus. Da es of⸗ fenbar ſei ) lauteten des Königs Spruch, daß das Kapitel in der Erhebung der Zölle Recht und Billigkeit überſchrit⸗ ten; da ferner kein vernünftiger Grund ſich finde, der die von dem ordentlichen Reichsrichterylodem Palatin Michael, Orßag de Guth erläſſene Entſcheidung rechtsungültig ma⸗ che ſo beſtätigegder König dieſelbe aufs neue, erkläre je⸗ den etwaigen Widerſpruch dagegen für nichtig und lege dem Kapitel in diefer Angelegenheit ewiges Stillſchweigen uam ) Tri wa nenne deen I ee Ob der Spruch des Königs den Streit wirklich ge⸗ endet und in diefer Beziehung dem Kapitel in der That ewiges Stillſchweigen auferlegt habe, iſt mindeſtens zwei⸗ felhaft, da wenige Jahre ſpäter (1497) Klauſenburg zur ae SR N LIE. 1 7 939 13 87 J Ue 7 HEN 500 % Quilibet enim, qui rerum mercimonialium . quantitatem „et numerum ‚novit,, va dub, potuit, metiri posset: sae- plus contigisset, uod e unoquoque curru res quascunque än valbre mille flofenorum deferente, decem florenes auri „idem capitulum contra‘ jus fasdue immoderata ahusione ert eg isset; forent autem tales mercatores, qui secundum mag is het minus quandeqdue res et mercimonia trium vel quatuor millium florenorum, aut etiam ultra deferre consvevissent. “ sviaPrivil: Claude“ Vgl. 1 Eder: Observat. crit S. 226. ( 6 Du Budàeg ꝗquinquagesimo die octavarum festi b. Michaelis Archang eli; ag d. 1492. Privik Claud: S. 6022. le nien. Een l 90 Vertheidigung feiner Rechte von den Hermannſtädtern eine beglaubigte Abſchrift jenes Urtheils forderte. Doch wie oft auch das Kapitel den Streit noch begonnen haben mag, wir ſind überzeugt, die Sachſen wichen von ihrem Rechte nicht. In dem Geiſte jenes Zeitalters achtete nämlich das Volkaſeine Rechte höher als, das Leben und die Könige ſelbſt, einſehend, daß ein Gemeinweſen, deſſen Beſtimmung Erhaltung der Krone ſei, vorzügliche Berückſichtigung ver⸗ diene, unterſtützten ess eifrig in der Beſchützung feiner Rechte. Darum befahl ſchon Ladislaus V. im Jahre 1453 und wiederholte König Matthias 1468, daß königliche, oder andere Urkunden, gegenwärtige und zukünftige, die ſächſi— ſchen Rechten, Freiheiten, Gewohnheiten Widerſprechendes enthielten, ungültig ſeien und dem Volke die Nichtbefol— gung derſelben nie werde zugerechnet werden 92). nie Ja ziamıvinn ernlaon endil ilido erinelstz si) da eit imo) endino „ide Fotis undi aii malt einliteis}o’ sin 21/0 rkundlicher Anhang. 0 110 Sine ii „einn iat Birne 171 Pop ımwtoils 1% endilenislr zie int D .rodilen bin W lei don ingen anus idle gi POF: e e reich, ze Steier, ze Kernden, ze Krain, Graf ze Tyrol ze. Bekennen, daz wir den erbarn umfern A — den Kaufleuten von der Hermanſtat in Ungern in ün⸗ 10 Landen und gerieten für allermenniklich onſer gelait 49 Fi i 121 a 11 a) NM 19 r „1 , fiherhait gege en haben ond geben auch wiſſentlich t dieſem Brieve vns auf die erſt künftigen Weihnachten — alſo daz ſie die, egene Zeit in unſern Land und gepiet mit Irn hab und Kaufmanſchafften ſicher gewandeln mü⸗ gen nach Irn notdurfften, angeverde. Davon emphelhen wir onſern lieben getreven allen vnſern Hauptleuten, Herrn, Rittern und Knechten, Phlegern, Burggraven, Richtern, Bürgern ond allen andern vnſern Amptleüten vnd Under⸗ tanen, den dis brief geczaiget wirdt und wellen ernſtlich, 62) Vgl. Schlözer S. 52; „Tabul. nat. Sax.“ rn 3 7 Er N N 18 — \ 100 daz fie die egene Kaufleuͤt dabey genczlich laſſen beleiben und In die egene zeit dawider kain Irrung noch beſwe—⸗ rung tun in dſamen weg, daz meinen wir ernſtlich. Mit urchund dis briwes. Geben ze Wienn, an ſand Oſwalts⸗ tag. Anno domini millesimo quadringentesimo primo. Aus der Bruckenthaliſchen eee Die Ur⸗ ſchrift im Nationalarchiv. Aehnliche Schutzbriefe fremder Herrſcher ine Haudels⸗ angelegenheiten finden ſich auch für deutſche Städte häufig. Vergl. Lacomblet: Urkundenbuch in die r des een 1, 265. 27 ö 8 2. Barbara, dei gratia Romanorum ae Hungariae etc. regina fidelibus nostris universis et singulis Prae- latis, Baronibus, Comitibus et Castelanis, Nobili- | bus eorumque offieialikus, item civitatibus et libe- ris villis, ipsarumque rectoribus, judieibus et vil- licis nostris, tributariis, tricesimatoribus, tam re- galibus, quam nostris reginalibus et aliorum quo- rumcunque intra ambitum regni nostri tam in terris, quam super aquis ubilibet constitutis et constituen- dis, praesentium notitiam habituris, salutem et gra- tiam. Ex querelosa significatione Ba nostrorum, | providorum et circumspectorum virorum Jacobi filii magistri eivium de Cibinio, nee non Michaelis dieti Hon de Segesvär, et Petri Buzar eivium nostrorum civitatum praedictarum, per eosdem in ipsorum ac universorum civium et hospitum de eisdem, item singulorum Saxonum septem sedium partium no- strarum Transsilvanensium personis nobis facta no- stra valde displicenter intellexit Serenitas, quod, li- cet universos Saxones, ipsorum scilicet praedeces- sores condam illustris princeps dominus Andre- as, dictorum regnorum Hungariae, Dalmatiae etc, rex, felicis recordationis, suis litteris mediantibus, in anno domioi millesimo ducentesimo vigesimo quarto confectis et emanatis, ubique in regno nostro Hun- gariae praedicto a solutione eujuslibet tributi ex gra- tia sua speciali exemerit, ipsas quoque, litteras An- dreae regis alii reges praeseripti regni Hungariae, ejusdem scilicet Andreae regis successores, nostri- que praedecessores confirmaverint, imo ut diecitur dominus Sigismundus rex, eonthoralis noster charis- simus confirmasset, iidemque eives ac Saxones de rebus et bonis ipsorum a tempore praefixo huc us- que in nullis tributorum loeis tributum solverint, sed ipsi et eorum quilibet praemissa libertate et exem- tione semper et omni tempore freti fuissent et ga- visi, vos tamen contra hujusmodi ipsorum jura ac libertates et gratiarum praerogativas ab ipsis et eo- rum rebus ac bonis in dictis tributorum loeis tribu- tum recepissetis recipereque praeteuderetis in futu- rum. Supplicarunt itaque praefati Jacobus, Michael et Petrus ipsorum ac aliorum quorum supra nomi- nibus Majestati nostrae humiliter et devote, ut ipsis superinde de condigno remedio providere dignare- mur et opportuno, Verum quia nos dietum tributum a praecitatis eivibus hospitibusque et Saxonibus eon- tra praescriptas eorum libertates per ‚vos recipere non velimus modo aliquali, ideo fidelitati vestrae fir- missime praecipimus et mandamus, quatenus a modo imposterum contra libertates et gratiarum praeroga- tivas dietorum civium et hospitum nee non caetero- > rum Saxonum, super eisdem vel alterum. ipsorum nullum tributum, seu aliquam tributariam exactio- nem exigere vel recipi facere ullatenus praesumma- tis vel ausi sitis modo aliquali. Secus non facturi. Alioquin commisimus et serie praesentium commiti- mus comitibus illorum comitatuum, in quo, vel in quibus hujusmodi mandatorum nostrorum transgres- sores reperirentur, ut ipsi eos vel eorum alterum, ‚eomperta prius praemissorum veritate, ad praemissa - 102 facienda, visis libertatis et gratiarum praerogativis eorundem ceivium et Saxonum , compellant et adstrin- gant, aequitate svadente. Prasenteßi quoque post lee ram semper reddi edicimus praesentanti. Datum Budae feria tertia proxima r ſestum divisionis apostolorum, anno domini 1415. ing meber Aus der im Nationalarchive unter der Zahl 16. befind⸗ lichen Urſchriſt in „Tabul. nat. Sax.“ S. 37. In einer der vorſtehenden faſt von Wort zu Wort gleichen Urkunde befiehlt daſſelbe aus demſelben e a in demſelben Jahr auch König een f 8. Nos Matthias, dei gratia rex Hungariae, Bo- hemiae ete. memoriae commendamus per praesentes, quod ortn nuper coram nobis differentia inter fide- les nostros honorabile capitulum ecelesiae Varadien- sis ab una ac eives et universos mercatores libera- rum eivitatum nostrarum, Budensis videlicet et Pe- stiensis ae Albensis, Posoniensis, Cassoviensis, Ci— biniensis, Brassoviensis, Colosvariensis; Bistricien- sis et Segesvar aliarumque liberarum eivitatum tam praetacti regni nostri Hungariae quam partium Trans- silvanarum parte ab altera super tributo in eivitate Varadiensi per dietum capitulum exigi solito, in eu- jus exactione praefati cives et mercatores se per ipsum capitulum nimium vexari et praeter mensuram debitae solutionis onerari lamentabantur, statueramus more pii et catholiei prineipis quaestionem ipsam inter partes pro eorum quietudine. ex eo maxime, quod de quantitate solutionis ipsius tributi ex par- tium produetis juribus nulla poterat haberi certitu- do, compositione arbitrativa vel limitatione ‘summa- ria complanare ; verum quia procuratores dieti ca- pituli, non parva dueti temeritate, adeo se diffiei- les in ea re reddiderunt, ut nullam compositionem nullamque limitationem et nullam prorsus pacis re- formationem nomine ipsius capituli admitteremt, vo- lentes: prout ex officio suscepti regiminis tevenur., injuste oppressos relevare et ſinem litibus impone- re, de consilio Praelatorum et. Baronum nostropum nobiseum in discussione causae existentium „,eom- mutationes rerum venalium, quae ante haec tempora in civitate Varadiensi. praefata fieri solebant „ qua- rumque occasione tributi ipsius exactio., Cupiditate eomite, de die ia ‚diem sine mensura et in graye eivitatum nostrarum praejudicium adaucta fuit,, de ipsa eivitate Varadiensi in oppidum, nimirum, Debreczen vocatum, locum utputa mercantiis et commutationi- bus rerum earundem venalium omni commoditate com- petentem "transferre deerevimus transtulimusque et transferimus, praesentium per vigorem, iahibentes nibilominus praefatis omnihus civibus et ‚mercatori- bus ‚praenarratarum liberarum civitatum nostrarum ac aliarum quarumeungque sub poena perpetuae iafi- delitatis et ablationis omnium rerum et.bonorum,suo- rum, eisque distriete, praecipiendo mandamus, qua- teuus a modo et deingeps; nullus, omaino eorundem eivium et mereatorum res suas commutandi vel ven- dendi causa in dictam civitatem Varadiensem deferre ad deponendum, aut inibi quoquo modo mercari au- deant, sed;omnino volumus et mandamus, quod hu— jusmodi depositam et, mercantias, omnes et singuli generaliter in, dieto oppido nostro Debreczen libere faciant et exerceant et nec secus facere praesum- mant poena sub praemissa. Quae omnia et singula ne aliquis per ignorantiam in errorem et contrachane nostram determinationem deveniat, volumus et man- damus per fora et alia loca publica ubilibet procla- mari. Praesentibus perlectis,‚exhibenti restitutis Da- tum Budae feria quinta proxima post festum visite- tionis gloriosae virgiais Mariae; Anno domini Kurz. „Privilegia Claudiop.““ S. 466. 5 104 4. ‚Michael geg de Guth regni Hüngariae Pala- tinus - - - licet saepe fati domini seu canoniei prae- attactae ecelesiae Varadiensis, prout ex praehibita- rum litterarum utrarumque partium praedictarum se- riebus: édocebamur, semper et ab antiquo a prae- dietorum divorum regum temporibus ex eorundem divorum regum donationibus et concessionibus in die- ta eorum -civitate Varadiensi tributum habuisse et ad tempus habere, a cunctis etiam Cujuscungue con- ditionis hominibus, mercatoribus scilicet et res ve- nales deferentibus tributum verum et justum exigi facere potuisse, demta tertia parte tributorum, a mereatoribus civibus scilicet et hospitibus ae inco- lis dietarum eivitatum regalium partium Transsilva- narum exigi debendorum, in qua quidem tertia parte omnium tributorum in hoc regno übivis exigi soli- torum vigore praeseriptarum litterarum praedieti condam Aedreae regis et libertationis ejusdem, eo quod ante collationem seu donationem ipsius ter- tiae partis tributorum, per praedietum olim domi- num Ludovieum regem in dicto anno domini 1542 memoratae ceclesiae Varadiensi factam , adhue ante annos centum ac decem et oeto per antelatum do- minum Andream regem praelibati eives regales par- tium Transsilvanarum ab omni tributaria exactione et solutione in hoc regno, prout ex ejusdem domini Andreae regis litterarum seriebus informabamur, ex- emti fuer unt et libertati, eosdem cives regabes ci- vitatum liberarum partium Transsilvanarum ab 'hu- jusmodi tertia parte omnium tributorum saepe fato- rum dominorum seu canonicorum saepe dietae ee— elesiae Varadiensis exemtos et libertatos esse pro- nunciamus ). Sed quia iidem domini de peer 63) Die unmittelbar folgenden Worte „nuncque et in futurum semper exigi facere posse reperiebantur manifeste, “ vielleicht nur ein Fehler der Abſchrift, ſind ſinnlos. 105 ipsius ecelesiae Varadiensis, prout praefato domino nostro regi ac tandem nobis et nonnullis dominis et diffinitoribus causae praemissae, in ipsius causae de- terminatione nobiscum existentibus videbatur, hujus- modi eorum tributum in eivitate ipsorum Varadiensi non omnino vero et justo modo, ut in aliis tributo- Br locis est consvetum, but eorum exigere so- liti esse cernebantur ; pes eo nos de speciali regio edicto, superinde nobis injuneto, assessorum etiam nostrorum sano ad id accedente consilio, in exaetio- ne seu solutione ipsius tributi infra seriptam limi- tationem duximus faciendam: quod singulas mercan- tias seu res mercatorum quorumeunque exactores tri- butorum 'singillatim examinare vel conspicere non habeant, sed de quibuseunque rebus mercimoniali- bus, quae vehuntur in curribus secundum exigen- tiam hujusmodi currus onerati, aut eurruum onera- torum tributa exigantur modo infraseripto et quod de una et eadem re qualicunque duplex seu duo tri- buta nullo modo exigantur. Item primo s) de curru pannis seu aliis mercantiis bene onerato exigatur Horenus unus, demtis tributis portarum, pro qui- bus exigatur florenus medius tam in eundo, quam redeundo de curru tamen onerato, de eurru vero va- cuo exigantur denarii quatuor ; item de curru uso- res deferente una particula usoris, vulgariter Sen- theng vocitata; item tempore nundinarum de eurri- bus piscium salsatorum unum piscem competentem, aliis vero temporibus unum denarium ; item de curru lodieibus onerato denarii viginti quinque; item de ourru ceparum duos denarios seu duo ligamina ce- parum; item de curru ferrum deferente quartam par- tem floreni et duo ferra furcata; item de eurruf fru. ges deferente denarii, quiaque; item de, euren lini vel canapi quatuor Rythas seu ligaturas, de minutis N tell 19 — e No 64) Vgl. Eder: est crit. ©. 220. nihil; item de curru: sales dueente sales duos; item de curru humili, vulgariter Homlo, denarii oeto; | item de singulis eurribus föni, graminum et eæau- lium singulum unum denarium; item de ecurru lanae denarii viginti quinque, de migutis autem in saceo magno denarius unus; item de petiis 65) griseorum pannorum denarius unus; item de duabns vestibus sareitis ), utputangriseis et aliis de pannis vilio- ribus factis; denarius unus; item de singulis equo- rum, cordis arcuum, pileis, areubus, sellis angu- steriis depietis, eingulis muliebribus et horum simi- libus, quae humeris seu dorso hominum deferuntur, a pondere unius hominis exigatur denarius unus; item de mastrueis pellium ferinarum denarii duo; item de pellicis 7) seu mastrucis agnellinis dena- rius unus; item de mastrucis mardurinis et varioli— nis denarii quatuor; item de singulis lodieibus ‚:hu- meris hominum portatis, denarius medius; item de minoribus lodieibus cherge duabus denarius medius; item de centum eutibus seu alantis vulgo bakbewr et gardowan agnellinis vel caprinis denarii quatuori; item de singulis decem pellibus ovinis seu castrati- nis singuli denarii: item de duabus eutibus bovia s denarius unus ; item de minoribus seilicet tribus de- narius unus; item de pellibus vitulinis oeto dena- rius unus z3 item de pellibus vulpinis et mardurinis congregatis centum in numero denarii« viginti ;,item de centenario eerae denarii sex; item de centenario sepi den. unus; item idria melis den. unus; item de caldaribus magnis den. unus; item de minoribus ealdaribus duobus den. unus; item de minimis qua- tuor modo simili den. unus; item de tunella vini 65) Petia, pecia: Fragmentum, frustum, membrum; petia car- nis, p. terrae. Dufresne: Glossarium ad scriptores mediae et in mae latinitatis. 66) Sarcitus ; vestis vel potius panni species. Dufresne. 67) ee pellicia: vestis a * pellibus factum. Du- resne N Y 107 den, quafuor ; item de singulis duobus bobus den. unus; item de pecudibus seu vaccis tribus den, unus; item de porcis duobus den. unus; item de lardis duobus den. unus; item de singulis equis venalibus: den, quatuor; de arietibus, seu castratinis cen- tum in numero denarii gultber, et sie secundum magis vel minus juxta numerum arietum et Gastrati- norum; item de cçapriolo seu cervulo denar. unus, Tributa autem omnium rerum pracmissarum exigun- tur a venditoribus tantum et non ab emtoribus. Em- tores semper liberi habeantur. Aus der in dem Natlonalarchiv unter der Zah 399 aufbewahrten Urſchriſt in „Tabul. nat. Sax.“ S. 507. U Nr uf g a Fin g e einiger Berge und Städte Siebenbuͤrgens. ———— — e Die Erhebungen unſerer Erdoberfläche fangen gegen- wärtig an mehr praktiſches als wiſſenſchaftliches Intereſſe zu gewinnen, weil die Ausmittlung derſelben für neu zu errichtende Straſſenzüge und Eiſenbahnen, dieſen beleben den Pulsadern materieller Kräfte, unentbehrlich geworden iſt. Die trigonometriſchen Landesvermeſſungen werden da— her auch wichtig fürs praktiſche Leben, und in Ungarn hat man bereits den Werth derſelben anerkannt, ungeachtet der vielen Hinderniſſe, die man ihnen bei der Ausführung an— fänglich in den Weg zu legen ſuchte, — weil unſere hu— mane Regierung keinen Anſtand nahm, die Reſultate die— ſer langwierigen und koſtſpieligen Arbeit dem Lande bei der beabſichtigten Regulirung der Donauufer und der Er— richtung von Eiſenbahnen zur Benützung zu überlaſſen. In Siebenbürgen dürfte es freilich noch lange dauern, bis von der trigonometriſchen Vermeſſung des Landes in dieſer Beziehung Gebrauch gemacht werden wird; indeſſen haben wir, abgeſehen davon, es doch nur dieſen äußerſt genauen Vermeſſungen zu danken, daß wir die vorzüglichſten Höhen des Landes kennen, und den höchſten Berg Siebenbürgens, der früher kaum dem Namen nach bekannt war, mit Be— ſtimmtheit angeben können. Ich habe dieſe Höhen im vo— rigen Jahre ſchon dem ſich dafür intereſſirenden Publikum in unſerer Zeitſchrift mitgetheilt, und zugleich geſagt, daß ich alle dieſe Angaben der Güte des Herrn Oberſtwacht— meiſters vom General-Quartiermeiſter- Stabe und k. k. Kämmerers Franz Freiherrn von Gorizzutti verdanke; da er die beſondere Freundſchaft für mich hatte, alle dieſe Höhen vorläufig zu berechnen, und mir das Reſultat ſeiner mühevollen Arbeit zu dieſem Behufe zu übergeben. Diefe vorläufige Berechnung differirt indeſſen nur ſehr we⸗ nig von einer noch genaueren dieſen Winter gemachten, da die Höhenrechnungen immer erſt für dieſe Jahreszeit, wo ohnehin nicht gemeſſen werden kann, aufgeſpart werden. Im Intereſſe der ſiebenbürgiſchen Landeskunde hat mich nun ebengenannter Herr nicht nur mit dieſen Berichtigungen der früheren, ſondern auch mit anderen Höhenangaben berei- chert, die ich hiemit öffentlich mittheilen will, und die um fo intereſſanter find, als fie ſich von Hermannſtadt bis . die Grenze der Cſik erſtrecken, und ſich nicht blos auf nige Berge beſchränken, r bene die der; worzüglie - ren Städte in ſich begreifen. 11231 Ich will demnach den Lauf bei Gebirge von Weſten nach Oſten verfolgen, und mit dem Berge Presbe begin- nen, der ſich bei Heltau erhebt, und mit einem trigonome⸗ triſchen Zeichen verſehen ift. Er ragt 922°,7 aud 5900 2 über die Meeresfläche empor. Der Szurul mehr öſtlich und gerade ſüdlic von Gierelsau mißt 12099 oder 72594. Nach der vorläu⸗ figen Berechnung des verfloſſenen Jahres wurde ſeine ab— ſolute Höhe von mir mit 1210 angegeben, was alſo nur einen Unterſchied von , Klafter macht. Frühere Baro⸗ metermeſſungen beſtimmten die abſolute Höhe dieses Ber⸗ ges mit 7122 überm Meer. Der Negoy, öſtlich vom eunub, ſteigt 1340⸗ ber 8040 über den Waſſerſpiegel des Meeres. Der Unterſchied gegen meine frühere Angabe ift nur 4°. Er gehört in die Reihe der Fogaraſcher Alpen und iſt am beſten zwiſchen Sköre und Arpäs zu ſehen. Er iſt der a Berg Siebenbürgens. Weiter öftlich von dieſem erhebt ſich be: nas Butianu zu einer Höhe von 1325% oder 7953/8. Er iſt am beſten von Arpäs aus wahrzunehmen, von welchem Orte er gerade ſüͤdlich liegt. 110 In derſelben Reihe der Fogaraſcher Alpen, aber noch weiter öſtlich ſteht der Vurfu Ourla, welcher 13084 oder 785046 hoch iſt. Von Sraimbatfalne iſt er am be⸗ im zu ſehen. 3 Von hieran ſenken ſich⸗ Die Alpen in Siebenbürgen, während ſie in der Walachei ſich mehr erheben, bis zum Königſteinn, der wieder 1183% oder 71017 hoch iſt. Er gehört zum Kronſtädter Diſtrikt und iſt am beſten zwi⸗ nen und Weidenbach ſichtba t. „Nicht weit von dieſem in öſtlicher Richtung; 3 fi ich der Butadın 1325%3 oder 79518 über den Waſſerſpie⸗ gel des adriatiſchen Meeres, — und iſt dacnet in Folge dieſer ganze genauen Berechnung nur um s Klaftern nie⸗ driger als der- Butisnu , folglich beinahe gleich hoch mit Berhjelben, ſo daß dieſe beiden Berge um den zweiten Rang ſtreiten. In ſeiner ganzen 0 iſt er zwiſchen Zei⸗ m und Weidenbach fühtbar.. Etwas nordöſtlich von dieſem ebenfalls im Kronſtäd⸗ Hi ‚Diikt befindet ſich der Schuler mit einer abſoluten Höhe von 953% oder 5723½ — und der Osulas bei Zaizon nur 10365, oder 6217 hoch. Beide ſind auf dem Wege nach Zaizon und auch auß vielen: andern. AI ten ſehr gut zu ſehen. Die Karpathenkette W hier eine kleine Kennung nach Norden, und bildet in ihrer fortgeſetzten Richtung die ſüdöſtliche Grenze von Siebenbürgen. Die Berge ſind, hier nicht mehr ſo hoch und verlieren den Alpencharakter ganz. Der Lakotza bei Zabola iſt nur 940%, der Csiſhanos 849° ‚7), der Musato 795%, der Nagy Sandor und Nebierz aber bei Estelnel im Hezdier e wider Ki „7 hoch. ih Einige 206 Abierhalh dieſer Gebirgelinte tea 5 wohl weniger, wie z. B. der Rukur bei Kleinſchenk, der nur 354%, — der Steinberg an der Grenze des Rep⸗ ſernund Schäßburger Stuhls, der ſich 399%, — der Värbegy bei Krizba im Kronſtädter Diſtrikt, welcher ſich 584%, — und der Bodokihauas bei Bodok im Sepsier gi ABl Mi mn 7 ARE A . 111 Stuhl, welcher ſich 629%, — ſo wie der Pilisketetei bei Bikfalva, ebenfalls in dieſem Stuhle gelegen, der ſich 646% über die Meeresfläche erhebt, — ſie charakteriſi— ren aber nichts deſtoweniger das Land, welches von ee Mittelgebirgen. durchzogen wird.“ Intereſſanter dürften aber die Höhenlagen einiger vnn vorzüglichſten Städte ſeiu, die ſich in der N wa Ge⸗ 3 befinden. Hermannſtadt ligt z. B. abs“, 8 ober‘ 137278, 2 Fogaraſch⸗ dagegen nur 226,8 oder 1360%8 hoch über der Meeresfläche, folglich um 2 Klaftern niederer als Hermannſtadt, was kaum zu glauben wäre, wenn dieſe Mit⸗ theilung nicht auf den ſicherſten Grundlagen beruhen würde. Zeiden im Kronſtädter Diſtritt liegt in einer abſo⸗ luten Höhe von 301% 4 oder 1808, der Eſtrich der Bar⸗ tholomäustirche von Krönſtadt aber in einer Hohe von 294%5 oder 17670. Die Steigung von hier bis zu dem Eſtrich der Domkirche beträgt ungefähr 12 Klaftern, und Kronſtadt ſelbſt liegt alſo 3065 oder 1839% über der eeresfläche; Hezdi Vasarhely dagegen nur 296,7 . 2 über dem Niveau des Meeres: . Alle diese Daten nun ſind, wie ich bereits erwahnte nicht durch mein Zuthun an das Tagaslicht gefördert work den, ich habe durchaus gar keinen Antheil daran, denn meine vorgenommenen Meſſungen mit dem Gindl'ſchen Hyp⸗ ſometer taugen gar nichts, und find überhaupt ganz un⸗ verläßlich; das fonſt“ fo ſiunreich verfertigte Inſtrument iſt nach der Aeußerung des Künſtlers felbſt in Zukunft blos für einen phyſikaliſchen Raritätenkaſten angewieſen. Das einzig Wahre bei geodätiſchen Höhenbeſtimmungen bleibt ein für allemal bis jetzt die trigonometriſche Vermeſſungs⸗ weiſe, denn ſie beruht auf dem unumſtößlichen Grundſatze, daß, wenn; von den Seiten und Winkeln eines Dreieckes drei Stücke. agengeboen ; fin; die andern drei Stücke durch die Rechnung gefunden werden müſſen. Es koͤmmt nur auf die Verläßlichkeit des Beobachters und des Inſtrumentes an, um die nachtheiligen Einflüße der Lichtſtrahlenbrechung 2 — und der Temperatur minder fehlbar zu machen, und ein beinahe mathematiſch richtiges Operat zu erhalten. Ein ſolches trigonometriſches Netz wird noch im Laufe dieſes Sommers über ganz Siebenbürgen gezogen fein, und man wird denn doch endlich einmal auf eine, allen Anforderun⸗ gen entſprechende Karte dieſes Landes hoffen können, was bis jetzt eine Unmöglichkeit war. Ja ſchon das Netz allein wird hinreichen, um uns eine richtige Vorſtellung von der Geſtalt, Lage und dem Flächeninhalt deſſelben machen zu können, während wir jetzt blos glauben mußten, was man uns vorgezeichnet hat. Ich habe nun von Sr. Hochgebo⸗ ren dem Herrn Major des k. k. Generalquartiermeiſter⸗ Stabes und Direktor der von Seite des geographiſchen In⸗ ſtituts in Wien zur Landesvermeſſung Siebenbürgens be⸗ ſtimmten Section, k. k. Kämmerer Franz Freiherrn von Gorizzutti das Verſprechen erhalten, daß er mir nach dieſer vollendeten Arbeit nicht nur die charakteriſtiſchen Hör henpunkte des ganzen Landes, ſondern auch deſſen wahren Flächeninhalt und geographiſche Lage mittheilen werde. Für Siebenbürgen und deſſen beſſere Landeskunde gewiß keine unwichtige Mittheilung, da die Angaben über, den Flächen⸗ raum bis jetzt nur zwiſchen 730 und 1110 Quadratmei⸗ len ſchwanken und die aſtronomiſche Lage auch noch lange nicht mit Sicherheit ausgemittelt iſt. Dieſe Bemühungen gehören aber keineswegs in das Bereich der Verpflichtun⸗ gen des Herrn Majors, ſondern geſchehen nur im Inter⸗ eſſe der Wiſſenſchaft und aus Vorliebe und wahrer Theil⸗ nahme für das ſchöne Land, das er: auf feinen. une gen in. alben. een Theilen kennen lernte. bene. 0 7. Juni 1843. Anton Gurs anne des e für: G khan. Ueber den Namen der Siebenbuͤrger „Sachſen.“ Von G. D. Teutſch. —— Wie ſo manche Stelle der altſäͤchſiſchen Geſchichte, ſo iſt auch der Urſprung unſers Volksnamens in tiefes Dun— kel gehüllt, welches einzelne Vermuthungen, wie geiſtreich auch manche derſelben fein mögen, bis jetzt doch nur in ge Dämmerung haben umwandeln können. Wenn die Zahl dieſer Meinungen gegenwärtig durch eine vermehrt wird, jo geſchieht es nicht, weil fie an die Stelle der frü— hern Ungewißheit vollkommene Sicherheit zu ſetzen wähnt, ſondern um durch Vorlegung einiger Stellen deutſcher Ge— ſchichtswerke, die der Forſchung über unſern Volksnamen einen neuen Weg zu zeigen ſcheinen, wenn möglich mit beizutragen zur endlichen Löſung der Frage: woher wir den Namen Sa chſen führen. rr Alle bisherigen Beantwortungen derſelben ſtimmen darin überein, daß dieſe Benennung unſerm Volke von Au⸗ ßen gekommen ſei“ Doch Schlözers Behauptung ), daß 1 111 ar K 512 1.2 N 6 ) Kritiſche Sammlungen, S. 172; „A. 933 kamen ihrer eder ung.) in der Schlacht bei Merſeburg 36,000 um. Ihre Schlächter wa⸗ ren met Sachſen. Wahrſcheinlich it ihnen ſeitdem diefer Na⸗ me fo fuechtbar und geläufig geworden, daß fie forthin alle Deut⸗ ſchen Sachſen nennen.“ In der Note dazu: „Auch bei den Fin⸗ nen, Sprach verwandten der Ungarn, heißen Deurſche Sachſen.“ Veereins Archiv 2. 1 ac Bi * 114 die Ungarn alle Deutſchen Sachſen genannt, iſt nichts als eine — mit vielfachen urkundlichen Thatſachen ſtreitende — Vermuthung und ſetzt die unerwieſene, in neuerer Zeit häufig geläugnete Verwandtſchaft jenes Volkes mit den Finnen voraus. Auch die Annahme ), daß der Name „Sachſen“ allgemeiner Koloniſtenname in Ungarn geweſen, läßt den Einwurf ungelöſ't, warum denn unſer Volk in den früheſten urkundlichen Zeugniſſen unter anderer Be— nennung erſcheine. Dazu kommen an andern Orten unter den Einwanderern in der That Sachſen als ſolche vor 5). Iſt es überhaupt nicht unwahrſcheinlich, daß ein Volk den Namen, mit dem es ſich ſelbſt nennt, von Andern erhal— ten? In Warnkönigs Flandriſcher Staats- und Rechtsge⸗ ſchichte liegt, wenn ich nicht irre, eine Andeutung der Mög- lichkeit, daß jene Siebenbürgiſchen Anſiedler den Namen Sachſen ſich ſelbſt gegeben. | In dem erften Theil jenes Werkes (S. 86, 90 «.) | lieſt man nämlich: „Es iſt außer Zweifel, daß der pagus Flandrensis aus dem ſchon von den Römern Zittus ga- zonicum genannten Küſtenland beſtand und ſpäter dieſer Name auf die ganze Grafſchaft übergetragen wurde. Als 2) Sie gründet ſich auf Bela IV. Worte von 1244: „Bela omnibus volumus fieri manifestum, quod nos terras Kez- telen et Suk - et terram Zela - cum omnibus suis attinen- tiis - Fratribus de domo Theutonica hospitalis sancte Marie - - - - duximus, conferendas, ita quod populi illue congre- gati, seu congregandi ea in omnibus gaudeant libertate, quam habent hospites domus Templi et hospitalis sancti Jo- hannis in regno nostro constituti. Exprimis volentes, quod eosdem populos nullus judieum praeter regiam personam, vel praeter illum, cui regalis Excellentia specialiter commise- rit, judicare praesummat. Sed omnes causas eorum villicus eorum discutiat - - - Ceterum firmiter inhibemus, quod nul- lus Baronum nostrorum super populos ad praedictas terras convenientes descensus audeat facere violentos - - - Ad haec concessimus eis, quod decimas suas tempore mensis in agris relinguere debeant more Sax onum aliorum. Fej er IV. 1. 313. b * f OR 3) 1231. Colomanus,.d. gr. rex et dux totius Slavoniae etc. quod nos hospitibus juxta castrum Walkow commorantibus , vide- licet Teutonicis, Saxonibus, Hungaris etc. Fejer III. 2. 237. 115 landern zuerſt einen allgemeinen Grafen hatte, war es ſehr ausgedehnt, von der Somme und der Aa an bis zum Ausfluß der Schelde, weſtlich, nördlich und öſtlich von die— m Fluß begrenzt, ſüdlich aber von Hennegau, Viroman— die und Bönlogen.” Nachdem der Verfaſſer als die älter ſten Einwohner Flanderns die Nervier, die Menapier und andere, deren Länder alle roͤmiſch geworden, genannt, fährt er fort: „Zu dieſen romaniſirten Völkern kamen im 4. und ten Jahrhundert eine Menge germaniſcher Anſiedler, theils herbeigerufen zur Grenzbewachung und zum Anbau brach liegender Ländereien, theils gewaltſame Einwanderer ſpevi— ſcher und noch mehr ſächſiſcher Abſtammung. Aus dieſen Einwanderungen erklärt ſich das Verdrängtwerden der ro— maniſchen Sprache durch ein niederdeutſches Idiom, welches, je mehr man ſich der Küſte nähert, der ſächſiſchen Mund⸗ art gleichkommt; die ſächſiſchen Anſiedler ſind es wohl, welche der Küfte ſchon frühe den Namen littus saxoni- eum zugezogen.“ „Drei Jahrhunderte ſpater, nachdem dieſe Gegend zum Mittelpunkt der fränfifchen Monarchie gehörte, verpflanzte Karl der Große viele Tauſende von Sachſen dahin; viele Orte an der ſüdlichen Grenze Flandern's waren ſonſt von ſächſiſchen Koloniſten bewohnt. Die Chronik von S. Denis macht alle Flamänder und Brabanter wegen Gleichheit der Sprache zu Sachſen, die Karl der Große in dieſe Länder verpflanzt habe. Guilmot hält alle Orte, die ſich auf oig- nes, ignies, unſer deutſches eigen endigen, für ſächſiſchen Urſprungs.“ Alſo hierüber Warnkönig. Auch manches Andere, na— mentlich was er über die Gebietseintheilung Flanderns ſagt, erinnert unwillkürlich an unſere heimiſchen Zuſtände. Jene hat naͤmlich das Eigenthümliche, daß die einzelnen abgegrenz— ten Gebietsſtrecken „Länder“ genannt werden. Wer gedenkt aber nicht, wenn er lieſt von dem „Land der Vreyen von Brügge, dem Land Wans, dem Land Alloſt“ an die volfs- thümliche Benennung einzelner Theile des Sachſenlandes, das Altland, Burzen land, das Land unter dem Walde . ö 8* . * 116 w. Waren als wie urkundlichen Zeugniſſen zufolge 181 anders anzunehmen, unter den deutſchen Einwande⸗ rern nach Siebenbürgen auch Flanderer, ſo war unter die— ſen, nach Warnkönigs Forſchungen, das ſächſiſche Element vorherrſchend. Doch auch in den Gegenden am Nieder- und Mittels rhein, die Siebenbürgen ebenfalls einen Theil ſeiner deut— ſchen Bewohner gegeben haben dürften, war es mächtig. Viele Tauſende des ſtreitbaren Sachſenvolks vertheilte Karl am Anfang des 9. Jahrhunderts unter die Franken jenſeits des Rheines. Eine Urkunde des Kölner Erzbiſchofs Herimann II. aus dem Jahre 1041 =) erwähnt ausdrücklich eines — in v. Spruner's ausgezeichnetem Atlas leider nicht vorkommen— den — Sachſengaues in der Nähe des Stromes. An denſel— ben grenzte Weſtphalen noch unter den Hohenſtaufen. Ja bis auf unſere Tage herab bot das Land zwiſchen der Lahn und der Lippe, wo eine Mark Winz ſich befindet, in ſeinen In⸗ nerverhältniſſen viele merkwürdige Vergleichungspunkte mit den unſers Volkes dar. Die Bevölkerung hat ſich da, wie ein kundiger Berichterſtatter (in der Beilage zu Nr. 131, 1841 der A. Z.) erzählt, frei zu erhalten gewußt von dem entfitt- lichenden Einfluß der Leibeigenſchaft und dem niederdrücken— den des Adels, und die Freien behaupten auf ihrem Erbe gleiche Rechte mit dieſem. ü Unter den flandriſchen ſowohl, als rheiniſchen Einwan— derern nach Siebenbürgen beſtand dieſemnach die Mehrzahl, aller Wahrſcheinlichkeit nach, aus ſächſiſchen Stammgenoſſen. Iſt aber dieſes der Fall, ſo dürfte die Behauptung nicht zu gewagt erſcheinen, daß in der Anſiedler Bewußtſein die Er- innerung an die alte Abſtammung gelebt habe und ſie in Folge derſelben ſich ſelbſt den Namen Sachſen beigelegt haͤt— ten. Daß dieſer ihnen von Außen gekommen, iſt um ſo un— wahrſcheinlicher, da erweislich der deutſche Name ihrer neuen Heimath ſelber von ihnen ausgegangen. 4 Lacomblet: Urkundenbuch für die Geſch. des Niederrheins 1, 110. =, 117 „ u. Doch wie bereits oben en c e Vermuthung be⸗ arf noch mehrfacher Beſtätigung, bis die Wahrſcheinlichkeit, die fie etwa enthält, zur Gewißheit wird. Fanden daher eh— renwerthe Mitglieder unſeres Vereines auf dem Wege ihrer geſchichtlichen Forſchungen, was die ausgeſprochene Anſicht näher begründe, oder widerlege, jo würde die Veröffentli— chung zur Löſung jener Frage erfreulich beitragen und zus gleich der Zweck dieſer Zeilen erreicht ſein. Das Echo am Koͤnigſtein. Das Echo, von den Griechen fo ſinnreich die Tochter der Luft und Erde genannt, iſt, als ſolches betrachtet, eine ſehr gewöhnliche Erſcheinung, und nur die Außerordentlich⸗ keit deſſelben kann Anſpruch auf Würdigung machen. Wir finden daher nur die merkwürdigſten Echos in den eneyklo⸗ pädiſchen Werken verzeichnet und beſchrieben. Ihre Anzahl iſt jedoch im Verhältniß zu dem überaus großen Raume, auf dem fie vertheilt find, nur ſehr gering, weil die ter- reſtriſchen Begünſtigungen zur Hervorbringung wirklich groß— artiger Echos ebenfalls nur ſehr ſelten angetroffen werden. Alles Seltene feſſelt aber die Aufmerkſamkeit und wird zu⸗ gleich merkwürdig, weil es ſelten iſt; — und eben deßhalb fand ich mich beſtimmt, dieſes in unſerer Nähe befindliche, bis jetzt noch ganz unbekannte und in der That ſeltene Echo auf der Spitze eines ſo hohen Berges der Oeffent— lichkeit zu übergeben, da es nicht nur für Naturfreunde und Naturforſcher ein höchſt intereſſanter Gegenſtand iſt, dem ſchwerlich noch ein zweiter in ganz Siebenbürgen an die Seite geſetzt werden kann, — ſondern weil es über— haupt unter allen bis jetzt bekannten Echos der Erde einen ehrenvollen Platz einnimmt, und folglich einen Schmuck mehr dieſes von der Natur ohnehin ſo ſehr bevorzugten Landes ausmacht. j * Die Ehre dieſer Entdeckung theile ich mit Sr. Hoch⸗ geboren dem k. k. Herrn Kämmerer und Major des öfter- reichiſchen Generalquartiermeiſter-Stabes, Franz Freiherrn von Gorizutti, Director der, für die Landesvermeſſung 4 von Siebenbürgen von Seite des geographiſchen Inſtituts in Wien beſtimmten Abtheilung, in deſſen Geſellſchaft ich die Spitze des Königfteind erſtieg, und auf welchen ich mich hiemit als meinen Gewährsmann berufe, falls meine that- ſächlichen Angaben von irgend Jemand in Zweifel gezogen werden ſollten. Ich bin weit entfernt, mich über die Natur eines Echo ins Detail einzulaſſen, da, wenn auch die Phyſiker über die Beſchaffenheit und Form der den Schall zurüdwerfen- den Körper noch nicht ganz im Klaren ſind, es doch kei— nem Zweifel mehr unterliegt, daß der Schall von irgend einem feſten und elaſtiſchen Körper ſo refleetirt werden müffe, daß ſich die Strahlen deſſelben vereinigen, und das fogenannte phonokamtiſche Centrum bilden, oder doch wenigſtens durch ihren parallelen Lauf einen, nach einem gewiſſen Zeitraume wieder hörbaren Wiederhall hervorbrin- gen können. Ungeachtet deſſen muß ich aber der verſchie— denen Arten der Echos in Kürze erwähnen und die vor— züglichſten derſelben nennen, weil eben daraus die Bedeu— tenheit des Königſteiner Echos reſultiren wird. Es gibt dreierlei Arten von Echos: a) einfache und mehrfache, d. i. ſolche, die nur einen W Laut oder eine Sylbe, — oder ſolche, welche dieſen Laut oder dieſelbe Sylbe mehrmal wiederholen; b) zwei⸗ oder mehrſylbige, je nachdem ſie zwei oder mehre Sylben wiederholen; und c) die aus beiden Arten zuſammengeſetzten, die mehre Sylben mehrmal wiederholen. Das einfache Echo iſt das allergewöhnlichſte, daher auch das unbeachtetſte; das mehrfache iſt dagegen ſchon ſeltener. Zu dem letzteren gehört z. B. das berühmte Echo der Villa Simonetta bei Mailand, welches einen Pi— ſtolenſchuß 56zigmal, und nach Bernoulli ſogar 60zigmal wiederholt.“ Die Luft muß aber ſehr ruhig fein, um die einzelnen Töne von einander unterſcheiden zu können. Es gibt dann auch ein ſiebzehnfaches zwiſchen Coblenz und Bingen, deſſen Caspar Barth gedenkt, — indeſſen ſoll es durch die Schieferbrüche bedeutend gelitten haben. Dieſes Echo iſt zugleich ein ſchräges, und hat viel Aehn— lichkeit mit dem zu Genetay bei Rouen, das in den Schrif— ten der Pariſer Akademie vom Jahre 1692 beſchrieben wird. Der Sprechende hört nemlich das Echo nicht, ſon— dern nur ſeinen eigenen Ruf, während die an beſtimmten Orten befindlichen Zuhörer die Laute des Echos bald nä— her und ſtärker, bald ferner und leiſer, einige von dieſer, andere von jener Seite, einfach und mehrfach hören. Eben⸗ ſo wird auch eines fünfzehnfachen bei Brüſſel, eines zwölffachen bei Verdun, und eines ſiebenfachen bei Cyzieus erwähnt. Donnernde Höhlen und Klüfte oder min⸗ der vielfache Echos ſind aber gar nichts Seltenes mehr, und man trift ſie zwiſchen Gebirgs- und Felſengruppen überall an. Viel intereſſanter ſind die mehrſylbigen Echos. Das merkwürdigſte der Art hat bis jetzt Johann Gottfried Ebel, als ſtatiſtiſcher und geologiſcher Schriftſteller be— kannt, zu Derenburg bei Magdeburg beobachtet, welches einen aus 27 Sylben beſtehenden Satz deutlich nachgeſpro— chen haben ſoll. Ich finde dieſer merkwürdigen Erſchei— nung nur in Marbachs phyſikaliſchem Lexicon erwähnt. Dieſem zunächſt ſteht das in dem Parke zu Woodſtock in der engliſchen Grafſchaft Orford entdeckte, von wel⸗ chem Plot bei Tage ſiebzehn, und bei Nacht, wo die Luft gewöhnlich ruhiger iſt, zwanzig Sylben wiederho- len hörte. In der Nähe der Benediktiner-Abtei zu Ti⸗ hany, am Plattenſee in Ungarn, wird ebenfalls eines aus— gezeichneten zwölfſylben Echos gedacht, welches aber nur ganz ſchwach nachklingen ſoll; — und dann noch ei— nes ſehr guten bei Smyrna in der Gegend wo der Tem— pel des Jupiter Acräus geftanden, welches nach Hacklan- der, dem beliebten Mitarbeiter der Europa, drei bis vier 121 j Worte deutlich nachſpricht. Der unbedeutenden mehrſilbi— gen Echos in künſtlichen Gebäuden, wie z. B. in dem Saale der Geheimniſſe in der Alhambra, und in einer Kirche Sieiliens, glaube ich gar nicht erwähnen zu müſſen, da ſie N nichts Großartiges an ſich haben. Ä Zu den außerordentlichſten Echos gehören aber uns ſtreitig die mehrfachen und mehrſylbigen zugleich. Eines ſolchen, wahrſcheinlich nur noch hiſtoriſchen Echos gedenkt z. B. Gaſſendi in ſeinen Anmerkungen über das zehnte Buch des Diogenes Laertius, und ſagt, daß Bois⸗ ſard bei dem Grabmale der Metella, Gemahlin des Craſſus, den erſten Vers der Aeneide: Arma virumque cano etc. achtmal wiederholen hörte; daſſelbe war alſo zugleich achtfach und fünfzehnſylbig. Aehnlich iſt das be— kannte Echo in den Adersbacher Felſen im bömiſchen Ries ſengebirge, welches dreifach ſiebenſylbig iſt, — und das zu Roſeneath in Schottland, welches acht bis zehn ; Trompetentöne, aber mit gedämpfter Kraft wiederholt. Nach kurzem Stillſchweigen vernimmt man eine andere noch ſchwaͤ— chere, und dann eine noch leiſere Wiederholung als die vor— gebende war; es iſt alſo ebenfalls mehrſylbig und mehr— fach zugleich. N Dies ſind nun ſo ziemlich alle bis jetzt bekannten Echo's von Bedeutung, — und wir wollen nach der mit ihnen im Fluge gemachten Bekanntſchaft nunmehr zu der Beſchreibung des unſrigen zurückkommen, uns aber vorerſt mit der Localität ein wenig vertraut machen. Der Königſtein, ſüdlich von Zernest im Kronſtädter Diſtrikte, erhebt ſich nach den genaueſten, dieſen Winter be deten Berechnungen des geographiſchen Inſtituts in Wien 7100 über den Meeresſpiegel. Er bildet einen Grat oder ſcharfkantigen, wunderlich zerriſſenen Felsrücken, deſſen Hauptzug von Süd nach Nord geht; die weſtliche und öſt— liche Seite iſt aus ſchroffen, ſchwindelndhohen Felswänden geformt. Auf ſeiner höchſten, meiſt ſehr beſchwerlich, ſtel— e aber auch ſehr gefährlich zuganglichen Spitze iſt im vorigen Sommer zum Behuf der Landesvermeſſung das 3 „ = — u — 122 E 1 trigonometriſche Zeichen in Form einer Steinpyramide er⸗ 5 baut worden. Nördlich von derſelben in einer mäßigen Entfernung erhebt ſich eine Felswand aus Kalkſtein über einen tiefen Abgrund beinahe zur gleichen Höhe, während 0 0 öſtlich und weſtlich die niederern Gebirge alle bewaldet find. Am 29. Auguſt v. J. langten wir nach einem mü⸗ hevollen Steigen ſchon Morgens um 8 Uhr 35 Minuten 1 bei dieſer Pyramide an; der Nordwind blies heftig und machte die Luft ſehr empfindlich, auch waren wir in feuchte Nebelwolken gehüllt, ſo daß an die zu machenden Beob— achtungen mit dem Theodoliten gar nicht zu denken war. Wir ſuchten uns durch Herumklettern an den Felswänden warm zu erhalten, die Zeit zu verkürzen, und auch den Un⸗ muth über das ſchlechte Wetter zu verſcheuchen. Plötzlich wurden wir durch einen Zuruf, der nach einer langen Pauſe unendlich verſtärkt wiedergegeben wurde, dieſes Echos ge⸗ wahr, und verwendeten nun unſere Zeit auf die Beobach- tung feiner intereſſanten Eigenſchaften. f Nach vielen äußerſt beſchwerlichen Veränderungen un— ſeres Standpunktes und reichlich angeſtellten Lungenproben hatten wir endlich ermittelt, daß der beſte Standpunkt des Sprechenden auf der Weſtſeite des Berges 43 Schritte, wenn man die Sprünge von Fels zu Fels überhaupt Schritte nennen kann, gerade unter der Pyramide ſei, und daß er ſich mit dem Geſichte nach Nordweſt etwas links von Zernest wenden müſſe, fo zwar, daß die Schallſtrah— len unmittelbar auf die bewaldeten Höhen und nicht auf die nördliche Felswand anſchlagen. Dies iſt ſehr nothwen— dig, weil dieſelben wahrſcheinlich von dem jenſeitigen Walde auf die Felswand, und von dieſer erſt zu dem Hörenden refleetirt werden müſſen, um den langen Zwiſchenraum von beinahe 14 Sekunden auszufüllen, bis ihr Wiederhall ver- nommen wird. Daß übrigens Wälder zur Hervorbringung von Echos am geeignetſten ſind, haben nicht nur vielfältige, Beobachtungen gelehrt, ſondern auch unſer altes deutſches Sprichwort „wie man in den Wald ruft, ſo ſchallt es her- aus“ müßte uns ſchon darauf führen. Derjenige aber, welcher dieſes Echo am ſtärkſten Hören will, muß ganz nahe bei der Pyramide mit dem Rücken gegen ihre Weſt⸗ ſeite gelehnt ſtehen. Aus den verſchiedenen Standpunkten nun iſt es erſichtlich, daß das phoniſche mit dem pho— nokamtiſchen Centrum nicht zuſammenfaͤllt, und daß das Ccho ſelbſt ein ſchräges iſt. Nach allen dieſen Verſu⸗ chen haben wir endlich gefunden, daß, wenn unten in der beſchriebenen Richtung fünfzehn Sylben mit etwas er- höhter Stimme geſprochen wurden, z. B. der ganze Satz: „Siebenbürgen iſt ein Land voll Naturmerk⸗ würdigkeiten“ — der oben Stehende jede Sylbe in un⸗ gemein verſtärktem Ton, wie etwa aus einem großen Sprach⸗ rohre, und äußerſt deutlich wiederholen hörte, waͤhrend der Sprechende die Wiederholung bei weitem nicht ſo gut ver— nahm. Da aber die feuchte Luft durch einen ſtarken Nord- wind ſehr bewegt war, und das Thermometer + 8, 62 U9nach R. ſtand, fo läßt ſich bei günſtigeren Temperatursverhält— niſſen vielleicht die Wiederholung eines noch mehrſylbige— ren Satzes, und höchſt wahrſcheinlich auch eine mehrfache deſſelben erwarten, da auf der entgegengeſetzten Abdachung wirklich ein mehrfaches Echo gehört wird, welches ſich nach langen Intervallen wiederholt. Ich wünſche demnach ſehr, daß ſich recht bald Liebhaber zur Beſteigung des König- ſteins, der ſchon wegen feiner wunderſamen Zerflüftung und prächtigen Rundſicht ſehr intereſſant iſt, finden, und bei günſtigeren Witterungsumſtänden ihre Beobachtungen anſtellen möchten. An Unterhaltung würde es ihnen dabei gewiß nicht fehlen, beſonders wenn ſie ſich mit einem die Trompete oder das Poſthorn blaſenden Individuum, oder mit einem tüchtigen Tenorfänger verſehen wollten, denn ſelbſt uns gewährten einige Takte aus Proch's Alpenhorn, und Kreutzer's Nachtlager, beſonders in den höhern Tonlagen, recht viel Vergnügen, und die Recitirung einiger Verſe aus Schiller's Taucher, worunter die Worte: „denn da un⸗ ten iſt's fürchterlich“ machten eine ſchauderhafte Wirkung. Ueberhaupt iſt es etwas Unheimliches auf einem fo einfa- men und verödetem Standpunkte aus tiefen Abgründen von 124 einem unſichtbaren Etwas angedonnert zu werden, wenn nur einigermaſſen die paſſenden Worte dazu gewählt werden. Das Echo vom Königſtein iſt alſo ein fünfzehn- ſylbiges und verdient gleich nach dem zu Woodſtock ein— gereiht zu werden, und iſt, ſelbſt bei den ungünſtigſten Witterungsverhältniſſen beobachtet, das dritte im Range unter allen bis jetzt bekannten mehrſylbigen Echos. Daß es aber überhaupt in einer Höhe von 7100“, — und daß der Wiederhall gegen den urſprünglichen Ton ungemein verſtärkt gehört wird, gibt ihm noch dazu einen ganz ei— genthümlichen, wahrhaft großartigen Charakter, und räumt ihm vielleicht den Vorzug vor allen mehrſylbigen Echos ein; — es kann demnach mit Fug und Recht zu den Sel- tenheiten des Landes gezählt werden, die einer öffentlichen Bekanntmachung werth ſind. Ich ſtelle es der Beurtheilung des löblichen Vereins anheim, ob vielleicht dieſe und noch ſo viele andere Na— turſeltenheiten Siebenbürgens in den jetzt ſo haufig erſchei— nenden eneyklopädiſchen Werken ihren Herausgebern nicht angezeigt, und überhaupt alle in derlei Büchern ſchon vor— kommende irrige Angaben in geographiſcher, ſtatiſtiſcher, oro⸗ und topographiſcher Hinſicht nicht berichtigt werden ſollten, damit bei neuen Auflagen darauf Rückſicht genom⸗ men werde. Dadurch wird ſich meiner Meinung nach der löbliche Verein nicht nur den Dank der betreffenden Ver⸗ leger von ſolchen koſtſpieligen Werken, ſondern auch den des Vaterlandes erwerben, weil auf ſolche Weiſe viel richtigere Begriffe von Siebenbürgen im deutſchen Mutterlande ver— breitet, und die lebhafteſten Sympathien für die entfernte Colonie nicht nur erhalten, ſondern auch geſteigert werden dürften, — was ihr gewiß nicht zum Nachtheile garkichen wird. 1 Kronſtadt am 3. Juni 1843. Anton Kurz, Ne des Vereins für Sieb, Landeskunde. Skizze von J. K. Eder . Die antiken Münzen, eine Quelle 12 ältern Geſchichte . bürgens (Schluß) Pr Der Zollſtreit der Sachſen mit dem Center r 2 in dem letzten Viertel des fünfzehnten Jahrhunderts. Ein Bei⸗ trag zur Sachſengeſchichte jener Zeit. Von G. D. Teutſ Höhenlage einiger Berge und Städte Siebenbürgens. Von Anton Kurz * + 2 9 Ueber den Namen der Siebenbürger Sachſen. Von G. O. zu Das Echo am Königſtein. Von Anton 1 7 x N EL VD ER SUNDIE 8 Eur. a Aus Ee = 25 u u — (RE — 259% 3 RE pe 2 2 8 3 0 8 NER 7 . 58 8 8 8 u 7 538 3 8 — a 2 2 8338 2 2 2 A — SSE 2 8 2 82 28 = S 2 8 8 2) = “2 — 5 E 2 2 ie * 2 — 2 8 = = * 2 = { 8282 2 ö 8 —— = = 2 2 = 5 SE = — ö 8 S — . 2 * — 687 8 u 2 > = a Hd g 5 2 ER 2 * 5 8 9 2 * . Re 8 * . = en 2 Us NENNE 2 —— 5 — EINER — — 8 8 @ 388 \ = 3 2 RR N De 4 N 9 W En | 7 n CR 2 OR REEL Dial SD SA OP — - s - ff Archiv des Vereins — für 1 ſiebenbürgiſche Landeskunde. * I. Van d. III. Heft. * — — . ... Hermannſtadt, 1845. Verlag des Vereins. Pruck von Zohann Gött in Kronſtadt. — 1 a Abhandlungen über Monumente, Steinschritten, Münzen und Atinerarien aus der Römerzeit ö mit beſonderer Hinſicht auf Dacien. Ein Beitrag zur Archäologie Siebenbürgens. ri III 2 5 Vorerinnerung. Wenn Siebenbürgen keiner Landes- und Völkergeſchichte nach dem jetzigen Standpuncte der hiſtoriographiſchen Wifs ſenſchaften ſich erfreuet, ſo mag es wohl ein hindernder Umſtand mit ſein, daß die dießfälligen einzelnen Nach— forſchungen nicht geſammelt und verglichen, die Fund— gruben nicht vollends geöffnet, und die geöffneten nicht Jedem zugänglich und ſo anwendbar ſind, um daraus für die Zuſammenſtellung einer Geſchichte leicht, ſicher und glücklich ſchöpfen zu können. Anfänge wurden ge— macht, und man kann ſich einiger wackern Vorgänger, auch unter den ſiebenbürgiſchen Gelehrten, rühmen; *) aber noch ſind Müheaufwand und kritiſcher Forſchergeiſt nöthig, noch iſt das Quellenſtudium beiweitem nicht been; digt. Es muß ſelbſt bei den vorliegenden Arbeiten noch ſo manches Unhaltbare befeſtigt, Ungründliches wegge— räumt, Manches aufgeſtellt und geſtaltet, und auch die Zahl dieſer verſuchsweiſen Elaborate, die ſo mannigfal— tiger Art ſind und ſein können, vermehret werden. Vorzüglich ſind der Aufſätze aus der ſo ſehr inte— reſſanten römiſchen Zeitperiode wahrlich nicht eben viele, des Stoffes eine große Menge, der hier meiſt noch des Hervorſuchens aus dem zweideutigen Dunkel der Ber: ) Soterius, Seiwert, Felmer, Eder u. a. 6 gangenheit, ſcharfer Prüfung und Sichtung, bedarf, wel: ches nicht das Werk eines Einzelnen ſein kann; mit ver— einter Kraft, wenn Etwas zu Stande kommen ſoll, muß Hand angelegt werden. Ehedem war es bekanntlich bei unſern Vorfahren Lieblingsſache, mit dem damals für ſie noch unerfindlichen Urſprunge und Untergange der Völker ſich abzumühen. Jetzt erſt, nachdem die Fackel der Geſchichtforſchung ſich höher geſchwungen und die alte Nacht durch hellere Strah— len verdrängt hat, wär's an der Zeit, auch an jene Ori- gines rerum et populorum zu denken und die geſchicht— lichen Unterſuchungen des Vaterlandes damit zu beginnen und auszuſchmücken. Nichts deſtoweniger dürfte es für den Hiſtoriographen Siebenbürgens rathſamer ſein, auch gegenwärtig noch, nicht die früheſte, ſondern eine ſpätere Zeitperiode, namentlich die römiſche zu wählen, um in derſelben mit möglichſter Umſicht anhebend, feſten Fuß zu faſſen, und dann von hieraus, ſichern Schrittes, hin⸗ auf in die älteſten, ich möchte ſagen herodotiſchen Zei- ten, und herab in die jüngern halb dämmerigen Jahr— hunderte des Mittelalters zu ſteigen. Um ſo mehr, da mit dem Emporſchwung der Römer, deren Angriffe und Eroberungen nach allen Richtungen ſtattfanden, erſt die Länder- und Völkerkunde auch in den untern und dieß— ſeitigen Donaugegenden erweitert wurde; und mit der Thronbeſteigung Trajans es vollends in unſerm Vater— lande begann zu tagen. Trajans daciſche Feldzüge — weniger die voraus⸗ gegangenen Unternehmungen J. Cäſars, Oetavians und ihrer Nachfolger — boten hinlängliche Gelegenheit, die Beſchaffenheit dieſes Landes und die Verſchiedenheit und den Charakter der daciſchen Völkerſtämme beſſer kennen zu lernen. Gelehrte Zeitgenoſſen benutzten die neuen Entdeckungen, zogen Erkundigungen aus dem Verkehr mit den bezwungenen Landesbewohnern, und fo entſtan⸗ den über unſere Gegenden mehrere geſchichtliche und geo: graphiſche Werke. Man zählt zu dieſen, außer Trajans eigenen Commentarien, “) nach Art J. Cäſars, die Schrif⸗ *) Priscianus lib. VI. Traianus in primo Dacicorum. 7 ten mehrerer berühmten Annaliſten, “) die ſämmtlich ſich beeiferten, des vielgeprieſenen Fürſten weiſe und helden— mäßige Thaten zu würdigen und, wie ſie es verdienten, zu verewigen. Caninius iſt in dieſer Hinſicht durch C. Plinius Secundus bekannt, **) und ſehr wahrſcheinlich iſt's, daß zu ihnen auch der vortreffliche Cornel. Tacitus gehörte, der, wie er ſich ſelbſt bei dem Beginn ſeiner Geſchichtbücher äußert, des vergötterten Nerva's Ober— herrſchaft, und Trajans Regierung, als einen reichhalti— gern angenehmen Stoff ruhig großer Ereigniſſe und Ein— richtungen, im Vergleich der vorausgegangenen wilden und ſtürmiſchen Auftritte, für ſeine alten Tage erwählte und gleichſam zum letzten ſtillen Lebensgenuß aufſparte. Dieſe für uns hochwichtigen Aufzeichnungen ſind, bis auf wenige Bruchſtücke und einzelne Namen, verloren und ein ſchmählicher Raub der Zeiten und der Barbarei geworden. Mit Recht beklagen wir daher, auch in Hinfiche unſeres Vaterlandes, den Verluſt der durch eigene Beob— achtung entſtaadenen Geſchichtswerke treuer Ohren- und Augenzeugen, die allerdings den glänzendſten Zeitpunct, den friſchen, jugendlichen Trieb der erſten Decennien von 170 Jahren (167), umfaßten, und in welchem ſo Vie— les, ſowohl bei der Veranlaſſung und Rüſtung zum zwei— maligen daeiſchen Heereszuge, als auch nach deſſen Bes endigung, der Aufzeichnung Werthes geſchah, während die neuen Pflanzſtädte gegründet, die Verwaltung der Provinz angeordnet, der Reichthum der Naturſchätze ent— hüllt, Kunſtſtraßen gezogen, Brücken, Waſſerleitungen, Tempel, öffentliche Verſammlungsgebäude u. a. m. ge— bauet und errichtet wurden. *) Fabretti de Columna Traiani, in Prooem. redet von mehr denn zehnen. Als ſolche werden von Lampridius in vita Alexandri Severi namentlich bezeichnet: Marius Maximus, Fabius Marcellinus, Aurelius Verus, Statius Valens. Auch Appian (lebte 170 n. C. ſchrieb Auxıxa, dis d Tpmmvos eAaprpuraro, Ed. Schweig- häuser III. p. 806. ) Ep. VIII. 4. ”**) Tacit. Mist. I, 1. 8 Die Einbuße dieſer Foftbaren Zeugniſſe von einem Trajan muß für uns deſto empfindlicher ſein, je ver— ſchonter vom Schickſale jene der Menſchheit zur Schande gereichenden Unthaten Nero's, Domitians, Heliogabal's geblieben, und je mehr man nun auf die ſkizzirten, dürf— tigen und verſtümmelten Berichte “) und auf Schriften aus viel ſpäterer Zeit, **) befchränft iſt. Doch hat die Alterthumskunde, dieſer Schlüſſel zu den Schätzen der weiſen Vorwelt, als Erſatz für jenen Verluſt, ein großes Feld geöffnet, auf dem ſich zu dieſem Behufe reiche Fund— gruben darbieten, und den Suchenden unterwartete Ent— deckungen überraſchen. Und was, bei gänzlichem Mangel der Annalen, für die ältere Geſchichte der Deutſchen in Siebenbürgen Diplomatik iſt, das leiſtet, vielleicht in einem größeren Umfange noch, bei den fehlenden und in Verluſt gekommenen gleichzeitigen Berichten aus der römiſchen Zeitperiode Daciens, die Archäologie. Denn, wie überall, ſo weit die römiſchen Adler vordrangen, und die Gränzen der Provinzen überſchatteten, ſo ſind auch in Siebenbürgen viele Spuren und die deutlichſten Anzeigen derſelben unverkennbar vorhanden. *) Ptolemäus, der Geograph, ſchrieb um's Jahr 140 nach Chriſtus eine allgemeine Erdbeſchreibung, die Dacien mitbegriff. Schlößer (allg. Welthiſt. 31. Th. S. 148. 176.) nennt ſie, wie ſie jetzt iſt, ein im Mittelalter durch Zuſätze und Aenderungen entſtelltes Werk. Doch zeigt Mannert (Geogr, der Griechen und Römer 1. Th. S. 174.), wie man, in der Art, wie Ptolom. fein Werk geordnet hat, das beſte Mittel beſitze, die von ſpäterer Hand verurſachten Fehler zu entdecken, und wie man dazu das achte Buch benützen könne. Vergl. Ptolem. Geogr. IV, 2.1, 23. VIII, 2. — Dio Caſſius Glaubwürdigkeit beruhet auf den beſſern oder minder guten Quel— len, aus welchen er ſchöpfte. Mit Commodus beginnt nach eige— nem Geſtändniſſe (B. 72. c. 4. 18.) er feine Geſchichte nicht mehr nach fremdem Zeugniſſe, ſondern nach eigenen Beobachtungen, aufzunehmen. Die vorkommenden großen Lücken in demſelben können durch den Epitomator Ziphilin (1080 n. c.) einigermaßen ergänzt werden. **) Hist. Augustae Scriptores (280 — 310 n. c.); Eutrop. (420 p. Chr.) 3 Procop. (540 p C.); Tzetzes, Zonaras (1130 p. C.) 9 Doch muß das ſiebenbürgiſche Alterthum, deſſen Be: deutung und Beziehung eigentlich im Lande ſelbſt erforſcht werden. Seinem Boden, ſeiner Stelle einmal entriſſen, und wohin immer verſetzt, verlieret es unendlich als Quelle für unſere Geſchichte an Wichtigkeit und Nutzen. Und welchen Schaden haben durch unzweckmäßige und unvor— ſichtige Anſtalten der Ausfuhr und Ueberbringung derſel— ben nach andern Orten die inländiſchen Alterthümer er— litten! Leider ſind aus dieſem Grunde, nicht nur durch die gereizte Roheit und den Unverſtand der armen An— wohner Viele vernichtet, ſondern auch ganze Schiffladun— gen ſolcher nnerſetzlichen Koſtbarkeiten von den Fluthen der Maroſch und Theiß verſchlungen worden. Ein italieni— ſcher Graf Arioſto unternahm, während der Regierung Karls des VI., die römiſchen Steinſchriften in Sieben— bürgen aufzuſuchen und zu ſammeln, und theils zu Lande, theils zu Waſſer nach Wien zu bringen. Die Walachen aus der Hunyader Geſpannſchaft, welchen das Verführen der Antiken nach Karlsburg als Herrndienſt aufgebürdet wurde, zerſchlugen dieſe ſeltenen Steine überall, wo ſie einen auffinden und habhaft werden konnten, um von der Frohnarbeit loszukommen; und foigar übel zu nehmen war ihnen dieß freilich nicht, da ſelbſt die Gewäſſer der Ma: roſch und Theis ſich ſträubten, dem Vaterlande fein Eigen: thum zu entreiſſen. Obſchon nun für den forſchenden Landesbewohner die in Siebenbürgen befindlichen und entdeckten archäolo— giſchen Schätze, weil ſie ihm zunächſt oft unmittelbaren Aufſchluß durch das Verhältniß ihrer Lage, durch das Anſchauen der Art und Weiſe des Auffindens und der Umgebung, für alte Geſchichte und Geographie geben, von beſonderm Intereſſe ſein müſſen, ſo darf er doch auch die vielen andern, mitunter großartigen Denkmale, welchen Namen ſie auch haben, und die in dem Umfange der ge— ſammten Römerwelt jene Epoche erzeugte, nicht unbeach— tet laſſen; ſie ſtehen, vorzüglich einige derſelben, mit unſern ſiebenbürgiſchen Ueberreſten in engem Zuſammenhange und können, vorſichtig und gehörig benützt, in der Finſterniß, die noch theilweiſe das alte Dacien umlagert, Licht, und bei dem vielen Ungewiſſen und Zweifelhaften hinſichtlich 10 alter Geographie und Topographie, mehr Gewißheit und Sicherheit verbreiten. Dem gefühlten Bedürfniſſe, daß, bevor Hand an die Ausarbeitung einer ſiebenbürgiſchen Geſchichte, vorzüglich der ältern Epochen, mit Erfolg gelegt werden kann, noch, wie geſagt, Manches zur Berichtigung der Vorarbeiten und zur Beendigung des Quellenſtudiums erforderlich iſt, zu begegnen, ſcheint es zweckmäßig und nothwendig, einige neue Unterſuchungen über jene Gegenſtände, die in beſon— derer Beziehung mit dem römiſch trajaniſchen Dacien ſtehen, mit Fleiß anzuſtellen. Als vorhandene ſichere Quellen ſind Behufs deſſen vor a höchſt bedeutungsvoll und ernſter Erwägung werth: 1) Architectoniſche und artiſtiſche Denkmale, unter welchen die Donaubrücke und die marmorne Trajansſäule den erſten Platz behaupten und eigentlich ganz hieher gehören. 2) Inſchriften auf Gebäuden, Altären, Meilen: | ſäulen, Grabſteinen und andern marmornen Tafeln, deren eine ſchöne Auswahl vorfindig iſt, und die von Zeit zu Zeit durch neue Entdek— kungen Zuwachs erhalten. 3) Die ungemein große Menge mannigfaltiger Münzen, welche theils mittelbar, theils unmit— telbar hieher gehören, indem dieſelben im Lande geprägt und zur Berichtigung der Chronologie, Geſchichte, Mythologie und dergl. dienen. Die militäriſche Reiſecharte, unter dem Namen der Peutingeriſchen Tafel. Eine beſondere Abhandlung verdient jeder der eben herausgehobenen vier archäologiſchen Gegenſtände. Der Aufſatz über die letztern mag zuerſt hier folgen, und zwar aus dreifachem Grunde: erſtlich da, meines Bedünkens, der Kreis der Unterſuchungen über die Itinerarien ſo ziem— lich geſchloſſen zu ſein ſcheint, und weiters ſchwerlich Neue— res von Bedeutung, außer der davon zu machenden An⸗ wendung auf die verſchiedenen Provinzen, hinzu kommen kann; zweitens, weil ſie eben Licht und Wegweiſung zu den noch nicht entdeckten verſunkenen Orten und ihren in 4 — 11 Ruinen begrabenen Colonien und Städten, woſelbſt die archäologiſchen Schätze — Waffen, Münzen, Gemmen, Inſchriften, Urnen, u. a. m. — liegen, gewähren kann und ſoll; drittens endlich dürfte ſie vielleicht, wenn gleich blos theilweiſe, dem inländiſchen Alterthumsfreunde, der von Bibliotheken entfernt den Ankauf des ganzen Werkes we— gen hohem Preiſe nicht beſtreiten kann, um ſo willkomme— ner ſein, je bälder ſie ihm ſelbſt in dieſer Geſtalt überreichet und er in den Stand geſetzt wird beſſer über ihren Werth oder Unwerth, in Hinſicht alter Geographie und Geſchichte überhaupt und inſonderheit Siebenbürgens zu urtheilen. Daß bei der Ausarbeitung nachſtehenden Aufſatzes als Hauptquellen namentlich Weſſelings treffliches Werk, “) von Scheyb's weitläuftigere Unterſuchungen, “) und ganz beſonders Mannerts Anſichten, wie er ſich in ſeiner Preis— ſchrift“ ) und in der Geographie der Griechen und Ro: mer ausſpricht, 7) benützt und befolgt worden find, muß hier ein für allemal bezeugt werden. Bei der Zuſammen— ſtellung der einzelnen Thatſachen ſind die Quellen und Schriftſteller an ihrem Orte angeführt, auf welche ſie ſich gründen, und, ſo weit eigene Erfahrung und Kräfte rei— chen, geprüft. *) Antonini Aug. Itiner. ) Tabula Peutingeriana edit. a Francisco Christoph de Scheyb. Viennae 1758. fol. % Res Traiani Imp. ad Danubium gestae etc. — Addita est Dis- sert, de Tab. Peuting. aetate. — 1793. +) Von Mannerts Geogr. der Griechen und Römer kenne ich leider nur den 4. Th. — 1820. 8. 1. Die Peutingeriſche Tafel mit besonderer Beziehung auf Siebenbürgen. Die Pergamentrolle der militäriſchen Reiſecharte, unter dem bekannten Namen der Peutingeriſchen Tafel, welche als ein höchſt ſeltenes Alterthum in der kaiſerlichen Bib— liothek in Wien aufbewahrt wird, verdankt ihre Entſte— hung dem römiſchen Zeitalter. Davon überzeugt ein Blick auf die Charte, in der das übermächtige Rom als Gens tralpunct erſcheint, von wo zwölf mit ihren Namen be— ſchriebene und nach römiſchen Millien abgetheilte Wege ſtrahlenförmig nach allen Weltgegenden hinauslaufen, nicht ohne deutliche Bezeichnung der verſchiedenen Orte und Städte, Berge und Flüſſe und der einzelnen Völker— ſtämme. Daß die Projectirung und erſte Ausfertigung der Mappe in Septimius Severus letzte Regierungsjahre (201 —211 n. C.) fällt, wird aus innern Gründen des Werkes erweislich und klar. Die ſpäter veranftaltete Copie des ſeverianiſchen Ori— ginals muß dagegen, nach der darin durchgängig beob— achteten kleinern Form der Schriftzüge, die nicht ihre urſprüngliche Art beibehielten, dem Ende des zwölften 13 oder dem Anfange des dreizehnten Jahrhunderts anheim Dacia, und Bewohner des Landes, Piti, Daei, Venedi. Nur von zwei Seiten können, nach der vorliegenden Charte, die Gränzen der römiſchen Provinz, Dacien, ge— geben werden. Im Süden die Donau oder der Iſter— ſtrom durchaus. In dem Norden die Amaxobii Sarmate, Lupiones Sarmate, Venadi Sarmate, Alpes Baſtarnice, Blaſtarni Dacpetoporiani. Dacia im Durchſchnitt, von Weſten nach Oſten, d. h. von Faliatis, auf dem Wege bis Poroliſſum, wenn man die hingeſetzten Zahlen ſum— mirt, die größte Länge, mit 311 Millien S 62 geogra⸗ ) Mannert. de Tab. Peut. aetate. ) Mannerts angezeigte Preisſchr. S. 101. 14 phiſche Meilen. Nicht fo leicht läßt ſich, nach der Tafel, die größte Weite von Süden nach Norden, angeben, in— dem die Straße, nach den großen Diſtanzen und Mei: lenzahlen zu ſchließen, nur nach vielen Umwegen die nörd— liche Richtung nimmt, das Land theilweiſe, und beſtimmt nicht direct, durchſchneidet, und ſchon bei Apulum endet. Genauer bezeichnet der Geograph Ptolemäus, 50 Jahre früher, die Ausdehnung der Provinz, und zwar mit folgenden Gränzen: gegen Welten, dem füdlichen Lauf der Theiß; gegen Norden, einem Theil der Kar— pathengebirge bis zur Wendung des Dnieſterfluſſes gegen den Pruth, in der Gegend von Chotyim; gegen Oſten dem Fluß Pruth bis zu ſeiner Mündung in den Iſter und einem Theil dieſes Stromes ſelbſt, wo er von Tſcherna— Woda bis Galatz gerade nordwärts ſteigt; und gegen Süden durchaus dem Donau- oder Itterſtrom. 27 Dieſe Gränzen faſſen von neuern uns jetzt wohlbe— kannten Ländern in ſich: 1) das ganze Temeswarer Bas nat; 2) Siebenbürgen nebſt der Bukovina und der ſüd⸗ lichen Spitze von Galizien; 3) die Moldau, ſo weit ſie dem Pruth weſtlich liegt; 4) die Walachei. Aus Unkunde der nördlichen und auch öſtlichen Landesſtriche, die ſie militäriſch beſetzt hielten, wenn ſie dieſelben gleich erobert hatten, ſchätzten die Römer den Umfang, mit 1,000000 Schritte = 200 geographiſchen Meilen, um ein Dritt— theil zu geringe. Die allgemeinen Völkernamen: Piti, Dage, Gete und Venadi, kommen in Dacien, wegen Mangel an Platz, erſt ſehr weit hinausgerückt auf der Peuting. Tafel vor. Die verſchiedenen kleinern Verzweigungen der Daker gibt Ptolemäus genau an.) | Am nördlichſten, ſagt er, wohnen, — auf der Weſt⸗ ſeite immer angefangen — die Anarti, dann die Tau⸗ riski, am öſtlichſten die Kiſtoboki. In der zweiten ſüdlichen Linie finden ſich: am weſt⸗ j lichſten die Prendaveſi, dann die Khatakenſi und endlich die Kakoenſi. — ) Ptolem. 0 Ptol. 15 In der dritten füdlichen Linie, die Biephi, Buri— denſi und Kotenſi. In der vierten die Albolenfi, Potulatenſi und Sinſſi. Somit wären, nach dieſer Angabe des Geographen, die Teuriski, die Khatakenſi, die Buridenſi, vielleicht auch die Potulatenſi zu den Urvölkerſtämmen Siebenbürgens zu rechnen, welche mit den römiſchen Pflanzvölkern zu— gleich das Land bewohnten. Am Südlichſten, alſo ſchon außerhalb Siebenbür— gens Gränzen, in der Nähe des Iſterſtroms, ſaßen die Soldenfü, Kiagiſi und Piaphigi. — Die Amicenſes und Picenſes — auf der Peuting. Tafel vielleicht die Piti? — vermuthlich auch noch Ueber— bleibſel der alten Landesbewohner, läßt Ammian ) gleich— falls in Dacien hauſen. Daeiens Berge, Flüſſe, Straßen und Orte. Von den dacifchen Bergen kommt im Nordoſten der einzige, aber bedeutend lange, über Apulum, Nopoca und über Poroliſſum fernweg reichende Gebirgszug auf der Peut. Tafel mit Alpes Blaſtarnice, Blaftarni und Dacs petoporiani, überſchrieben, vor. Wohl werden hierunter ſämmtliche Siebenbürgen nach allen Himmelsrichtungen einſchließende hohe Gebirge begriffen, die zugleich in ganz Dacien die vorzüglichſten ſind. Dieſe, Dacien im Norden gegen die ſarmatiſchen Völkerſtämme deckenden, waldreichen Felshöhen, die ſchon J. Cäſar, “) für die äußerſte öſtliche Fortſetzung des ae Gebirges anfieht, und die auch Strabo und linius kennen, ohne deren Namen anzugeben, bezeich— net der Geograph Ptolemäus mit dem ſich bis jetzt noch behauptenden Namen der Karpathen Gapaärng d pos. 7 Eine ganz öſtliche, lange Felſenkette, welche zwiſchen Siebenbürgen und der Walachei, mit ſchroffen Kämmen, ) Ammian XVM. 13. % Caesar de Bello Gall, IV. 13. “) ptolem. 16 ſich majeſtätiſch emporhebt, gibt Ammian mit dem Na— men: Serorum montes an * In dieſer nämlichen Himmelsrichtung findet ſich in Forbiers altem Atlas der Mans Peuce, des Ptol.“ ); Die: ſer könnte wohl der bei Kronſtadt aus dieſer Gebirgskette hervorragende Peuceſt, (Butſcheſcht) fein. Unter den auf der Taf. angegebenen Namen der Alpes Baſtarnice könnte man ſodann den ganzen nordöſtlichen Zug der Tſchicker und Györgyoer Gebirge begreifen. Beide Benennungen aber deuten auf die deutſchen Völkerſtämme der Baſtar— ner und die mit ihnen verbündeten Peueiner, welche al— lerdings in Dacien, um und in den öſtlichen Karpathen ihre Wohnplätze behaupteten. 2 Noch gedenkt Strabo ) bei Dacien, vorzüglich in politiſch-religiböſer Hinſicht, eines Berges, den die dama⸗ ligen Landesbewohner (die Geten oder Daken) für heilig achteten, und auch den Heiligen benannten. Den Berg, und den ihn umſtrömenden Fluß, bezeichnet der eben an— geführte Geograph mit dem gleichen Namen des Kogäo— num (Royarwvor). Wahrſcheinlich ſtand das Götzenheilig— thum auf deſſen anmuthiger, waldumgränzter Felſenhöhe, woſelbſt verborgen auch ſein Prieſter in geheimnißvoller Zurückgezogenheit lebte und waltete. Den bei Hermannſtadt ſüdlich hinter Heltau und Michelsberg vom kryſtallhellen Zodfluſſe umrauſchten, noch jetzt ſo genannten Götzenberg, der mit dem, Siebenbür— gen und die kleine Walachei trennenden, hohen Gebirgs— zuge im Zuſammenhange ſteht, könnte man wohl für Strabo's Kogäonum annehmen, wenn es erlaubt wäre hier Muthmaßungen Platz zu geben. Aus den ſteilen Höhen dieſer Gebirge entſpringt zwar eine Menge kleiner und größerer Flüſſe, welche Dacien bewäſſernd, ſämmtlich der Donau zuſtrömen; doch kom— men auf der Peut. Tafel nur fünfe, aus den angeführ— ten Baſtarner Alpen herab, von welchen der einzige und öſtlichſte, mit „Fl. Agalingus« überſchrieben iſt. Die *) Amm. XXVII., 5. ) Ptolem. web) Strabo VII, 298. 17 andern find gar nicht benannt,Zund es iſt kaum abzufehn, welche es von der großen Menge ſiebenbürgiſcher, ſchnell dahineilender Gewäſſer eigentlich ſein ſollen. Da der erſte Fluß — von Weſten angefangen — nächſt Salinä vorüberftrömt, fo könnte er für unſern Goldfluß bei Thorda, den Aranyos, gelten; der öſtlichere bei Napoca vorbeiflutende für den Nyaradfluß; die zwi— ſchen Optatiana und Cargiana, zwiſchen Cerſie und Po: roliſſum hindurchrauſchenden, für den Görgeny und die Biſtritz, oder auch für andere bis jetzt noch ſchwer zu errathende Nebenflüſſe. Der Agalingus, der den äußerſten Theil Daciens theils begränzt, theils ſchon außerhalb der Gränzen deſſelben fließt, mündet nicht in den Iſter, ſondern im Pontus Euxinus, und ſcheint nicht ſowohl den Pruth, als viel— mehr den Dnieſter vorzuſtellen. Seine Quelle ſtimmt für den erſtern, der Ausfluß für den letztern. Zu verwundern iſt es allerdings, daß die P. Tafel, außer dem problematiſchen Agalingus, keinen einzigen da— eifhen Fluß namentlich aufführt, da doch Herodot ſchon die vorzüglichſten derſelben kennt, und von der Maris der Agathyrſen an, viele Zuflüſſe des Iſter bis zum ſchwar⸗ zen Meere hinab, beſchreibt.) Der alte Name iſt in dem neuen unſeres Maroſch unverkennbar. Gleicherweiſe ſollte man durch die Aehnlichkeit der Benennung des At— las und Auras und Tibiſis geführt den Alt, die Ara— nyoſch und die Theis (Tibiscus) wiederfinden, wenn nicht der beſtimmte Lauf derſelben, nach Norden (Esovres npos Bopnv) widerſtritte. Unſer jetziger Alt- oder Oltfluß kann daher nur der Ararus oder Tiarantus ſein. Anonymus Ravennas — um auch aus dem Mittel: alter einen Geographen zu berückſichtigen — der, nach eigenem Geſtändniſſe viele Cosmographen ſeines Zeital— ters benützte, und ſelbſt den Archetypus der P. T., oder gar noch ein altes Exemplar des ſeverinianiſchen Itine— rars, vor Augen gehabt zu haben ſcheint, bezeichnet acht Flüſſe, unter dem Namen des Tyſia, des Tibiſia, des Drika, des Mariſia, des Arinc, des Gilpit, des Greſia *) Herodot. IV. 48. 49. Vereins-Acchi 1. B. III. 9. 8 18 und des Gränzfluſſes Flanteſis.) Doch wer iſt wohl im Stande dieſe ältern Bezeichnungen daeiſcher Flüſſe mit den jetzt bekannten, wenige ausgenommen, zu identificiren? Wie wenig indeſſen, hinſichtlich der alten Begränzung der Völkerſtämme und der Configuration der Berge und Flüſſe, die Tafel den Forſcher einerſeits befriedigt, von ſo großer Wichtigkeit, wie ſchon geſagt, könnte ſie anderer— ſeits zur Aufſuchung der alten Römerſtraßen und bei Be ſtimmung der einzelnen Etappenorte, der daeiſchen Flecken, Städte und Colonien ſein; zumal wenn bei ihren Beſtre— bungen die dießfälligen Forſcher nicht ſo ganz ſich ſelbſt überlaſſen blieben, der Privatfleiß mehr Anklang und Würdigung, und wenn auch nur einige patriotiſche Un⸗ terſtützung fände. | ; i Un „10 if Die alten Straßen führen zu den alten Orten hin, deren Zahl über fünfzig ſteigt, und, durch die von Ptos lemäus und von andern Schriftſtellern hin und wieder genannten Orte, noch beträchtlicher wird. Wo ſind nun jene mit Fleiß gebauten Römerwege? In Siebenbürgen ſind dieſelben, in wieferne ſie nicht in den mit ihnen zuſammentreffenden Strecken der neu ans gelegten Landſtraßen zugedeckt wurden, noch in manchen Theilen des Landes kenntlich, und unter dem Namen der Trajanſtraße ſelbſt bei dem Landvolke bekannt. Viel leich⸗ ter mochte man ſie indeſſen vor der in den verſchiedenen Kreiſen dieſer Provinz begonnenen Anlegung der jetzigen Kunſtſtraßen gefunden und ihre Spuren verfolgt haben. Schwieriger iſt die Sache jetzt; theils aus dem angege— benen Grunde, theils weil die Zeit und auch die Men⸗ ſchen täglich an ihrer Vernichtung arbeiten. Zamoscius und ſpätere ſiebenbürgiſche Gelehrte beobachteten dieſelben ſehr genau. Im Hunyader Comitate geht die Römerſtraße durch das ſogenannte Hatzeger Thal, aus Varhely theils weſt— lich nach dem Eiſernen Thore und durch dieſen Engpaß hinaus durchs Banat nach der Donau hinab, theils öſt— lich über Oſtrov und Orlya-Boldogfalva, das beſtimmte *) Ravennatis Anonymi Geographiae libri V. — Edit. Gronor. Ao 1722. in 8. — Pompon. Melae adnexae. pag. 771-- 1774 19 Thal ganz durchſchneidend, am linken Ufer längs der Strell, über Kis-Kaläny hinunter; dann wendet ſie ſich da, wo die Strell in den Maroſch mündet, nach dem Lauf des letztern hinauf bis Maros-Porto, Karlsburg, über den Aranyoſch, nach Thorda. Hier theilt fie ſich, und läuft einerſeits gegen Norden nach Klauſenburg und, vielleicht über Zilah und Somlyo, vielleicht über Banfy— Hunyad, nach Ungarn hinein, andererſeits kehrt ſie wie— der ſüdlich nach der Maroſchgegend, wo beſonders die Strecke im Maroſcher Stuhle, von Jobagyfalva bis Mik— haza ſich bis jetzt trefflich erhalten hatte, nun jedoch auch großentheils zerſtört ſein ſoll, indem man das mit Fleiß und Mühe zuſammengelegte Material, welches durch ſeine Feſtigkeit ſo vielen Jahrhunderten trotzte, auflockerte und zur Verbeſſerung neuer Wege benützte. Außerdem verdient auch ein Seitenzweig von der Römerſtraße bemerkt zu werden, der zwiſchen Mühlbach und dem Zekaſchbach, in der Richtung von Karlsburg, und zunächſt vom Mühlbacher Stuhlsorte Langendorf, nach dem Orte des nämlichen Stuhls, Reho, ſichtbar wird und dann durch die Puncte: Reußmarkt, Klein-Pold, Salzburg, Kleinſcheuern und Hermannſtadt, mit der Straße, welche bei dem Rothenthurme hereinkam, in Verbindung geſtanden zu haben ſcheint. Von dem Rothenthurm-Paſſe, an den Ufern des Altfluſſes, nächſt der Gränze Siebenbürgens, und beſon— ders von Rimnik ſtromabwärts, gegen die Donau, ſoll ſie mit Quaderſteinen gepflaſtert und, wie man mit vieler Beſtimmtheit verſichert, eine große Strecke noch gut erhal— ten, doch beinahe Schuh hoch von Erde bedeckt ſein. “) In der großen Homanniſchen, und auch in andern ältern Charten von Ungarn und Siebenbürgen, iſt ſie von dem erwähnten Orte bis an die Donau mit der Aufſchrift Via lapidea imperatoris Traiani deutlich angegeben, und zwar vier Stunden von dem Iſterufer in zwei Theile geſpalten. Jag Ferner habe ich ſelbſt im Altthale ſtromaufwärts, und zwar auf der linken Flußſeite, zwiſchen dem Repſer * Sulzers Geſchichte des transalpin. Daciens. 1. Bd. S. 215. 2 * 20 Stuhlsorte Galt (Ugra) und den Ober: Albenfer Orten Hidegkut und Heviz', auſſer andern Sehenswürdigkeiten auch Theile einer gepflaſterten alten Straße mir zeigen laſſen. Mehreres über das Detail hievon wird weiter unten, da im Verfolg der Straßen auf der P. Tafel eine derſelben uns wieder hieher zurückführt, vorkommen. Endlich ſind auch noch in dem großen Kockelthale römiſche Alterthümer mannichfaltiger Art, als Gemmen, Münzen, Waffen, Urnen, ſelbſt alte Schanzen, gar nichts Seltenes. Auf einer mit dichter Waldung überwachſenen Hochebene, zwiſchen Hetzeldorf und Tobsdorf, — Media⸗ ſcher Stuhlsortſchaften — findet ſich, nach Mittheilungen eines guten Freundes und Augenzeugen, ein förmliches nach alter Römerweiſe eingerichtetes, militäriſches Stand» lager. Hier, wo auf vorragenden, erhabenen Punkten die Eichen und Buchen dem Blicke die Ausſicht tief ins Kockelthal bis unter Mediaſch hinab und weit den Fluß über Eliſabethſtadt hinauf, öffnen, bemerkt man in gro⸗ ßer Entfernung aus den Hügelzügen im Oſten und We⸗ ſten hervorſtechende Kuppen, die einſt zu Wartbergen und militäriſchen Beobachtungen in jenen früheſten und auch ſpätern bedrängten Zeiten des Vaterlandes dienen moch⸗ ten. Und es müßten, wenn man einige Mühe und Auf⸗ merkſamkeit darauf verwenden, und an Ort und Stelle Nachforſchungen anſtellen wollte, auch in dieſem herrli- chen, von der Natur ſo ſehr begünſtigten Theile Sieben⸗ bürgens — von Szekely-Udvarhely an, über Schäß⸗ burg, Eliſabethſtadt, Mediaſch, Kleinſchelken, Donners⸗ markt bis Karlsburg, — Spuren der alten Straße ge⸗ funden werden. Doch wir wenden uns zu unſerer Reiſe⸗ charte ſelbſt, zur Peutingeriſchen Tafel. Auf derſelben führen, wie aus dem am Ende dieſer Abhandlung beigegebenen Segmente Taf. I. zu erſehen iſt, drei Hauptwege über den Iſterſtrom nach Dacien, die nämlichen auf welchen Trajan vorgedrungen war. In den meiſten jüngern Itinerarien werden die Anfangs: punkte bei dem Donauübergange, freilich mit veränder— ten, oft entſtellten Namen, angegeben; doch auch nur dieſe. Sie wurden erſt nach der Preisgebung Daciens von den Römern, einige in den letzten Zeiten Conſtan⸗ — \ Tr — — 21 tind des Großen, andere noch ſpäter, verfertigt, haben folglich auch keinen, oder nur inſoferne Bezug auf unſer Vaterland, in wie ferne ſie die, auf dem rechten Iſter— ufer liegenden Gränzorte, bei welchen die Uebergänge über den Strom nach Dacien ſtattfanden, enthalten.) Die erſte, 71 röm. Millien (= 14½ geogr. Meilen) lange, Straße führt, bei Gradiska in Servien über den Strom, das Temeswarer Banat von Südoſten nach Naordoſten durchſchneidend, nach Tibiscum. Alte Schan⸗ zen an den beiderſeitigen Ufern des Fluſſes deuten hier unverkennbar auf eine Schiffbrücke. Der Ort hieß Ad Pontes. ) Daß hier der Ort der Brücke war, beweiſt, auſſer den gegenüber liegenden Befeſtigungen, auch das utreffende Maß vom Margusfluß und von Viminatium is zur Stelle des Ueberganges. Die einzelnen Orte nach der Peuting. Tafel ſind folgende: Arcidava, 12 Mill. von der Brücke, bei Saszka oder Slatina, am Nerafluß. 5 Centum Putea, 12 Millien vom vorigen, bei Oravitza. Der Name deutet auf Bergwerke und die Menge von Schachten hin. Und gegenwärtig iſt hier das montaniſtiſche Werk noch in einem blühenden Zuſtande. Auch in Szaska und Neu-Moldava ſind unverkennbare Spuren des römiſchen Bergbaues. Bersovia, 12 Mill. vom vorigen, in der Umgebung von Karaſſova, am Fluſſe gleicher Benennung. Ahilis (Azizis) 12 Mill. vom vorigen, nahe bei den Quellen des Berſchovafluſſes. Dieſe letztern beiden Orte hat Priscian t) aus den verlornen Commentarien Tra⸗ jans über feinen daciſchen Feldzug erhalten: „inde Ber- zobim, deinde Aixi pervenimus.“ Sie zeigen, wie ſich Mannert erklärt, von der Genauigkeit der P. Tafel, und daß Trajan gerade auf dieſer Straße ſeinen erſten Dacifhen Feldzug unternahm und ausgeführt hat. ie Wesseling hat Antonini Aug. Itiner. — Itiner. Hierosolymi- tanum; und — IEPOKAEOTE ETNEAEMOS;, — edirt und erklärt. Y procop. ) Priscian. Lib, VI. in Putschii auet. Grammat, lat. p. 682. 22 Caput Bubali, 3 Millien vom vorigen, nahe den Quellen des Burgonisfluſſes, der in die Temes fällt, bei Brebul oder Volialant. 511 Tivisco, alſo auf der P. T. geſchrieben, und mit zwei beigeſetzten Thürmchen — Tibiscum nach Ptole⸗ mäus und auch nach einer an der Mündung der Biſtra in den Temes gefundenen Steinſchrift —, 10 Mill. vom vorigen, auf der Weſtſeite der eben erwähnten beiden Flüſſe bei dem heutigen Orte Cavaran, nördlich von Ca⸗ ranſchebeſch. Vorhandene Reſte römiſcher Schanzen, ) die daſelbſt gefundene Steinſchrift, mit MVN. TIB., das entſprechende Wegmaß, und die Abbildung an der Tras janſäule (Nr. 137), die nach der erſten bedeutenden Stadt der Daker einen Fluß hat, den die römiſchen Soldaten durchwaden mußten, ſetzen die Lage von Tiviscum ganz außer Zweifel. Und hier endet die erſte Römerſtraße, welche auf der P. T. die kürzeſte iſt. Die zweite Straße, welche durch das Temeſcher Banat führt, und bei Lukanitza, wo die Donau von mäch⸗ tigen Felſen eingeengt wird, anfängt, nähert ſich der öͤſt⸗ lichen Gränze Siebenbürgens noch mehr. Da hier, ſo wie bei Gradiska, zwei an beiden Ufern des Stromes einander gegenüber liegende verfallene Schanzen ſind, und auf der P. T. die zwölf Millien von Viminatium bis zum zweiten Orte des Ueberganges eintreffen, und ſich auf dieſer Seite durch das Gebirge überhaupt kein ans derer Weg findet, ſo muß man annehmen, daß hier der Punct des zweiten Ueberganges war, und der Ueber⸗ marſch oder die Ueberſchiffung eines Theiles der Legio— nen unter Trajan ſtattfand. Er heißt auf der P. Tafel: Faliatis, in der Notitia Imperii: Taliata, und im Itinerarium Antenini: Talia. Den Uebergang bezeich⸗ net die P. T. wie gewöhnlich, durch eine gezogene Linie. Die ſpätern Verfaſſer der Itinerarien können ihn nicht mehr anführen, weil Dacien der römiſchen Herrſchaft entriſſen war. Sie beſchränken ſich lediglich, wie bereits erwähnt, auf die Namen der Orte des rechten Donau— ufers; vom linken wiſſen ſie Nichts. ) Marsizlii Danubius II, Tab. I. VI. 23 | Von dieſer Brücke führt die Straße theils längs der Donau, theils an der Czerna, 20 Mill. = 4 geograph. Meilen, nach TDiierna, welches eine ſtarke Meile nordwärts von Alt⸗Orſchova, am Czernafluß lag und durch ſeine Rui— nen zu erkennen iſt. In den benachbarten Bädern von Mehadia findet ſich eine alte Steinſchrift, die den Na— men des Ortes Tierna deutlich angibt. Von hier führt die Straße 10 Mill. — 2 geogr. Meil. weiter vorwärts nach Meadia (Ad Media auf der P. T.). Sehr viele Ueberbleibſel von alten Mauern, Ziegeln, Inſchriften, ſelbſt von kleinen marmornen und bronzenen Bildſä ulen von den Göttern Hercules, Aeskulap und der Hy— giä, thun dar, daß die Römer hier ihren Aufenthalt hatten und die Kräfte des Bades kannten und benützten. Daß die nachfolgenden Orte weniger ſicher angege— ben werden können, erklärt ſelbſt Mannert; doch unter— läßt er nicht ihre, wenn auch nur ungefähre, Lage zu beſtimmen, da der Weg an der Temes nach Tibiscum führen müſſe. Praeterio (Praetorium), 14 Mill. von den Heil: bädern, bei Cornia. Ad Panonios, 9 Mill, vom vorigen, an der Bie— gung des Temes gegen Norden. Gaganis (Gaganä), 9 Mill. vom vorigen, bei. Flo: va, an der Temes. * Masclianis (Mascliana), 11 Mill. vom vorigen, ſüdlich vom Flecken Kürpa, an der Temes. Tiivisco (Tiviscum), 14 Mill. vom vorigen, bei dem bereits erwähnten Kavaran, in der Nähe des Zu: ſammenfluſſes der Temes und Biſtra. Hier vereinigen ſich die beiden Straßen, und die Fortſetzung erſtreckt ſich oſtlich nach dem eiſernen Thorpaſſe, und in unſer Sie: benbürgen. Agnavie, 14 Mill. von Tibiscum, bei Karſchina, an einem Nebenfluſſe, der ſich weiter nördlich mit der Biſtra vereinigt. Pons (Ponte auf der T.) Augusti, 8 Mill. vom vorigen, lag ohnfehlbar bei Bautzar oder Marga, in der Nähe des eiſernen Thores, am Uebergange des Biſtra— 24 fluſſes. Bei dieſem Engpaſſe find, außer den neuern Erd: wällen, die aus den Zeiten des letzten Türkenkrieges her— rühren, auch uralte Schanzen, welche noch Decebalus, wahrſcheinlich bei dem Anmarſche der Legionen des Kai⸗ ſers Trajans, zwiſchen dieſen ungeheuren Felswänden ſoll haben aufwerfen laſſen, bemerkbar. Jornandes meint wohl dieſen und den Rothenthur⸗ mer Gebirgspaß, wenn er anführt: „Dacia duos tantum accessus habet: unum per Pontes, alterum per Tabas“ nämlich Pons Augusti und die zwei letztern Sylben von Burridava.) Und jetzt gehet der Weg, in den Gränzen von Siebenbürgen, Direct auf die be— deutendſte daciſche Colonie, die geweſene Reſidenz des Daker Königs, Decebalus und ſeiner Vorfahren, nach Sarmategte (Sarmizegethusa), die auf der Charte mit dem Zeichen einer Hauptſtadt — den zwei Thürm⸗ chen und einem dieſe umſchließenden Waſſergraben, 15 Millien von der Pons Auguſti entfernt, angegeben iſt. Der Name auf der P. T. ſo wie beim Anon. Ravenn. (Sarmazege) erſcheint verfälſcht und muß richtiger, nach den auf Ort und Stelle ausgegrabenen Snferiptionen, Sarmizegethuſa, heißen. Nicht ungewöhnlich kommen in dieſen Steinſchriften, die man hier ſehr häufig gefunden hat, und noch fortwährend ausgräbt, zugleich die Benen⸗ nungen: Colonia Ulpia Traiana, Dacia, Augusta, Sarmiz, Metropolis, entweder alle zuſammen oder nur theilweiſe, vor. Genau bekannt iſt derzeit im äußerſten Weſten von Siebenbürgen, in dem fruchtbaren, mit Dör⸗ fern wie beſäeten Hatzeger Thale, bei dem unbedeuten⸗ den walachiſchen Flecken, Grediſtie (ungriſch Värhely), ihre Lage. In dieſem über 33 geographiſche Quadrat⸗ meilen großen, theils von mäßigen Bergreihen, theils von hohen und ſchroffen Urgebirgen umſchloſſenen Thale, lag ſie im Südweſten von den in derſelben Richtung aufgethürmten Felsmaſſen des Retyezat gedeckt, auf einer gegen Nordoſt abgedachten Fläche. Hier fiel die alte Koͤnigſtadt, und darüber erhob ſich, um tiefer zu ſinken, die Römerpflanzung empor. Roch iſt ein ) Jornandes Get. 12. 25 bedeutendes 1200 Klaftern im Umfange meſſendes, aus hohen, und theilweiſe noch ſtarken Wällen und Mauren, beſtehendes, Viereck, Csetate von den Walachen, Väros (Burg, Stadt) von den Ungarn genannt, vorhanden. Dieses, und die weit umher verbreiteten Trümmer von bemooften Mauern und Gewölben, emporragenden Rui⸗ nen eines Amphitheaters, Ueberreſten von Tempeln und großen Gebäuden, Spuren von Waſſerleitungen, zahl— reichen und kunſtvoll gefertigten Inſchriftſteinen, Säulen und Quadern, aus der Erde und aus dem Schutte ge— grabener Statuen ) und zierlichen Moſaikböden, ) laſſen eben ſo wenig die richtige Lage, als die Wichtig⸗ keit von Sarmizegethuſa und den Glanz der Hauptſtadt der römiſch⸗daciſchen Provinz verkennen. Die alte Straße geht zwiſchen dem erwähnten Am⸗ phitheater und der Nordſeite des genannten Quadrats hindurch über Oſtrov an dem hellrauſchenden Strellfluß hinab. Daß am Baue dieſer Straßen und öffentlichen Gebäude die Mannſchaft der Cohorten und Legionen thä— tigen Antheil nahmen, ſcheinen die vielen an den beſag⸗ ten Stellen mit dem Namen der Legion und Cohorte be: zeichneten Ziegeln zu beweiſen. Aus der Geſchichte weiß man, daß der ſieggekrönte Kaiſer Trajan bei feinem Ab: zug aus Dacien zwei Legionen, die dreizehnte (LEG. XIII. 6.) mit dem Beinamen Gemina, und fünfte (L. V. M.), die Macedoniſche, zur Beſatzung der eroberten Pro— vinz zurückließ. Und wenn man aus geſchichtlichen Nach⸗ richten davon Nichts wüßte, die Aufſchriften zahlreicher Marmore, die Stämpel noch zahlreicherer gebrannter Zie: geln, ſagen es. Noch mehr: dieſelben, aus der Straße und aus den Grundmauern herausgegrabenen Ziegel, be— ründen zugleich die Thatſache, daß die dreizehnte Legion cells in Sarmizegethuſa und im ganzen hatzeger Thale, e Apulum und in der Umgegend, ihr Standlager atte. ) Transſilvania 1. B. 2 Hft. S. 289. ) Abbildung von zwei Moſaiken, welche im Jahre 1823 zu Värhely im Hunyader Com. entdeckt wurden. 1825 fol. Trans. 1, 2. ©. 273. und der von Bedeus beſchriebene Moſaikboden. 20 Bemerkenswerth ſind, wegen ihrer ſonderbaren Na— men, die nicht weit von Grediſtie gelegenen zwei Flecken, Bärä-mare und Bärä- mike. Bära bedeutet nämlich in walachiſcher und ungriſcher Sprache einen Elephanten. Von Sarmizegethusa führt der Weg der P. T. nach Apula (Apulum, Karlsburg). Der Zwiſchenraum beträgt 53 Mill. = 10% geogr. Meilen, und geht folg⸗ lich gerade zum Ziele hin. Aber inzwiſchen ſind noch vier Orte. Der erſte längs der Strell. Ad Aquas, 14 Mill. von Sarmizegethusa, Auf: fallend iſt es, wie zu verſchiedenen Plätzen von verſchie⸗ denen Forſchern dieſes Aquä von unſerer Charte hinge⸗ ſtellt worden iſt. Griſelini glaubt daſſelbe im Temeſcher Banate, bei Mehadia, wieder zu finden, Fridwalsky bei Aranykut, unweit Klauſenburg, Tröſter und Timon zwiſchen Klauſenburg und Szamosuivar, Benkö bei Hé- viz, Sulzer in der Walachei, bei dem Kloſter Kurte Argiſch, am Fluſſe gleichen Namens, Pechy, der Major vom Genie-Corps, auf dem Muntſcheler Grediſtie und endlich Andere noch an andern Orten. Mannert aber) ſucht mit Recht dieſe Bäder zwiſchen Hatzeg und Vaida Hunyad, ob er gleich keinen Ort weiß, als Ausländer, der ſich in dieſer Gegend durch Heilwaſſer auszeichne. Sie ſind indeſſen wirklich da, im Strellthal und zwar bei Kis-Kaläny, die warmen Mineralquellen, und ſogar ein uraltes in Stein gehauenes Bad iſt noch vorhanden. Nahe dem ſteinernen oblongen iſt über einem Sumpfe ein hölzernes cirkelrundes Bad mit Bedachung, Gallerie und Nebengemach eingerichtet. Zur Bequemlichkeit der Badegäſte ſind nebenbei aus gleichem Materiale leichte Sommerwohnungen gezimmert. Grund und Badeanſtalt gehören der freiherrlichen Familie von Bornemiſſa. Das Hydata des Ptolemäus entſpricht mehr den warmen Quellen am rechten Maroſchufer, bei Al-Gyogy- | Und ſo kommt man von Aquae (K. Kaläny), nach 13 längs der Strell zurückgelegten Millien herab, in die offene Gegend des großen herrlichen Maroſchthales von *) Mannert Geogr. der Griech. u. Röm. Th. 4. 1 27 Petrae, auf der P. Tafel Petris, im Ablativ, wie gewöhnlich, das nothwendig am Fuße der vom nördlichen Maroſchufer ſchroff emporſteigenden Felsklüfte, entweder auf der rechten, zwiſchen Babolna und Nagy Räpold, oder auf der linken Stromſeite, zwiſchen Thordäas und Bäd, zu ſuchen iſt. In dieſer Gegend findet man oft, beſonders bei niederm Waſſerſtande, ſowohl in den Ufern, als auch im ſeichten Flußbette des hinſtrömenden Maroſch, mancherlei Gegenſtände altrömiſchen Urſprungs. Bermihera, 9 Mill. von Petrae, trifft in die Lage eee und dem Poſthauſe, bei dem Sibot- uſſe. - HBlandiana, 9 Mill. (1%, geogr. Meilen) vom voris gen, wäre nach dieſer Meilenangabe in der Nähe von Alvinz, wo den goldführenden Pinerbach der Maroſch verſchlingt, zu ſuchen. Und ſomit wären nur noch 8 Mill. 2 1% geogr. Meilen, übrig bis Karlsburg oder bis Apulum, welches von Maros porto bis Karlsburg, mit Einſchluß von beiden Orten, ſich ausbreitete. Daß Apulum, deſſen Lage durch die hier in der Erde und unter den Trümmern aufgefundene Menge gehauener Steine, Bildſäulen, Inſchriften auf Altären und Mars mortafeln, geſtämpelter Ziegel, *) irdener und bronzener häuslicher Geräthſchaften und durch eine unlängſt ent⸗ deckte Waſſerleitung, außer allem Zweifel geſetzt wird, die richtige Benennung ſei, bezeugen erſteres Ptolemäus“) und letzteres die eben erwähnten vielen Inſchriftſteine. Apulum (Apula auf der T.) hat, wie Sarmizege- thusa, die zwei Thuͤrme, gehörte, aus dem großen Ilm; fange und den ungemein häufigen, die alte Pracht ver: rathenden Ueberreſten zu urtheilen, zu den vorzüglichſten Colonien der Provinz, und führte auf einigen, aus dem Schutte gegrabenen Marmortafeln zugleich den Namen eines Municipiums. a Aus Apulum zieht ſich die Straße am rechten Ma: roſchufer hinauf und geht über den Aranyoſch nach Sa- linum (Thorda). Die Entfernung zwiſchen beiden Orten *) LLXII. 6. ) Prolem, 49% L. und 46”, Breite. 28 beträgt fieben geographifche Meilen. Auf der P. T. find nur 24 röm. Millien = 5%, geogr. Meil. Sicher hat der Abſchreiber, wie auch Mannert bemerkt, einen Ort mit der Zahl XII ausgelaſſen, und um ſo leichter, da dieſe Zahl öfter nach einander vorkommt. Den vergeſſenen Ort, Marcodava, ſetzt Ptolemäus zwiſchen beide und kann nicht irren, weil er ſeine Beſtimmungen von der nämlichen Straße entlehnt und fie hinter einander nordwärts ſtei⸗ gen läßt. Dadurch entſteht folgende Ordnung: ˖ Brucla, 12 Mill. von Apulum, der Mündung des, mit dem kleinen, ſchon vereinigten, großen Kockelfluſſes in den Maroſch gegenüber, bei Koslard. Marcodava bei Ptolemäus, in der P. T. ausgeblie⸗ ben, 12 Mill. vom vorigen, das in die Gegend von Mi- riszlo, wo ſich der Maroſchſtrom nordwärts wendet, traf. Salinae, auf der Taf., wie gewöhnlich im Ablativ, 12 Mill. vom vorigen, das jetzige Thorda oder Thoren⸗ burg, im Comitate gleichen Namens. Von der alten Rö⸗ merſtraße hat man hier die deutlichſten Spuren. Die römi⸗ ſchen Salzgruben, welche die Bewohner Daciens einmal ſo reichlich mit dem beſten kryſtallhellen Salze verſahen, ſtehen unter Waſſer. Aber noch gehören die jetzigen neuen Salzwerke, ſowohl in Hinſicht des Gehaltes, als auch des Reichthums, zu den vorzüglichſten des Landes. Grund⸗ mauern, beträchtliche Wälle und Schanzen der zerſtörten römiſchen Salzſtadt liegen bei Altthorenburg auf der An: höhe, und bilden ein ſchon aus der Ferne ſichtbares Vier— eck, an deſſen nördlicher Seite ſich, nach Sramosközi) bis über die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts ein gro— ßes ſteinernes Thor mit einer Minervenſtatue am Fronti⸗ ſpicium — aus dem Meduſenhaupt im Schilde der Göttin zu ſchließen — erhalten hatte. Ungemein viele römiſche Denkmäler: Urnen, Münzen von jedem Metalle, kleine bronzene Figuren von Göttern, Waffen, irdener und metallener Hausrath, wurden in dieſer Gegend gefunden, und werden fortwährend, doch nur zufällig, ausgegraben. Aber mancher alte ſeltene Stein, ſelbſt mit Basrelief und Inſchrift, wird im jetzigen Prätorialorte bei Privatgebäuden *) Wolfg, Bethlen hist. lib. VIII. S. 500 ff. Orig. Ausg. 29 angebaut oder vielmehr verbauet. Ferner zeigen einige, in bedeutender Tiefe neulich aufgefundene, mit Fleiß und Kunſt bearbeitete Felsmaſſen einer Waſſerleitung, vermit— telſt welcher man das herrliche Quellwaſſer aus der Nähe von Koppänd (eine Stunde von Thorenburg entfernt) benutzte, von der Kraft und dem Unternehmungsgeiſte Die; ſer Coloniſten. Zudem iſt bereits oben bei Sarmiz und Apulum von den Legionen die Rede geweſen, daß man durch die Steinſchriften und Ziegel, auch bei fonft fehlenden gefchicht: lichen Nachrichten, wiſſen könne, welche das alte Dacien beſetzt und wo die einzelnen das Standlager hatten. Das gilt auch von der Salzſtadt. Hier und in der Umgegend war die fünfte Legion mit dem Beinamen der Macedoni⸗ ſchen im Standlager, welches gegrabene Marmorn mit den ſolches bezeichnenden Inſchriften, und mit den Buchſtaben L. V. M. geſtämpelte Ziegel, darthun. Bemerkenswerth ſind endlich die bei Thorda in einem Weinberge entdeckten Grundmauern des Tempels, der dem Gotte Azizus für das Wohl des hohen Regentenhauſes: des Kaiſers Gallien, Valerian, der Cornelia Salonina und der fünften Legion, vom Präfecten derſelben, Dona⸗ tus, geweihet wurde. Die viereckige, längliche Marmor⸗ platte, welche man zwiſchen den Trümmern, (zugleich mit einigen bei Opfern gebräuchlichen Werkzeugen), ausgrub, hat die, bis auf ein zerſtörtes Stück von der Seite, wohl erhaltene Aufſchrift: DEO AZIZO BONO P — — TORL PRO SALVTE MDD — LIENI. AVGG. ET VALERIAN — ET CORNELIAE SALONINA. LEG. V. MAC. II. PIE. FID — DONATVS PRT F. LEG. EIUSD. TEMPLUM INCEPT. PERFECIT. Treffend ſcheint fie Johann Seivert zu leſen: Deo Azizo, Bono Pacatori, Pro Salute Magnae Domus Divinae: Gallieni Augusti, Germanici, Et Valeri- ani (Caesaris oder Augusti) Et Corneliae Saloninae Augustae (et) Legionis Quintae Macedonicae, Secun- sin 30 dae Pie, Fidelis, Donatus, Praefectus Legionis Eiusdem, Templum Inceptum Perfecit. 1% Unter dem Namen Azizus verehrten, nach Kaiſer Julianus (Apoſtata) Angabe, in ſeiner Hymne auf die Sonne, die Syrer den Mars. Der Tempelbau trifft in die Zeit der Alleinherrſchaft Galliens (260—268), nachdem Valerian in die perſiſche Gefangenſchaft gerathen, und die früher vorausgegangenen daciſchen Stürme durch glän⸗ zende Siege, wegen welchen ſich Gallien bekanntlich noch als Mitregent ſeines Vaters, Dacicus Maximus, nannte, gedämpft, Rahe und Wohlſtand des Landes wieder her⸗ geſtellt worden waren. — Darauf ſcheinen ſelbſt verſchie⸗ dene Münzen Galliens FORT. RED. — PAX FVND. PACATORI. ORBIS. zu deuten. — Und nun theilt ſich die alte Straße und wendet ſich wieder nach den Ebenen des Maroſchſtromes hin nag Patavissa, 12 Mill. von Salinae. Mannert ſetzt dieſen Ort von Maros-Uivär öſtlich bei der Mündung eines benachbarten Flüßchens, an die von Thorenburg nach Hermannſtadt laufende Straße. Nach Ulpian heißt er Patavicensium Vicus, ) erhielt durch Kaiſ. Sept. Se⸗ verus das Vorrecht einer Colonie. Von hier geht die Straße auf der P. T. nach und einiger Steinſchriften FF) bezeichnet. Mannert ſetzt, ſeine fruͤhere Ortsbeſtimmung zurücknehmend, Napoca bei der Mündung des Nyaradfluſſes in den Maroſch, ) Ungr. Magaz. S. 49. **) Ulpian. r) Sponii mise. antiquit. p. 168. 7) Ulpiam. f 11) Seiverti Inseriptiones. No. 155. p. 107. COL. N Ap 31 Zutreffen der Millienangabe der P. T., ſondern auch durch den Umſtand, daß die Tafel nahe bei Napoca einen Fluß ſetze, den man überfahren müſſe, und welches die⸗ ſelbe nicht ohne Urſache thut. Anonymus Ravennas, der unſtreitig, wie geſagt, aus ähnlichen Charten, vielleicht aus einem und demſel⸗ ben Exemplare ſeine geographiſchen Bücher compilirte, ſetzt zwiſchen Napoca und Blandiana noch einen dritten Ort, nämlich Macedonica.) Unter dem oben angeführten Karpathenzuge enthält die P. T., im Laufe der Straße, auch neben dem Ma⸗ roſch, noch folgende, aber ſchwer auszumittelnde und mit neuen zu identificirende, alte Ortſchaften: Optatiana, 16 Mill. von Napoca, bei dem Dorfe Gernyeszeg, in der Thordaer Geſpannſchaft. Largiana, 15 Mill. vom vorigen, nördlich von Szaszregen. 92 N Ceersie, 17 Mill. vom vorigen, in der Nähe von Re- meteszeg, im Jobagyfalvaer Bezirk des Maroſcher Stuhls. Poorolissum wird, als eine vierte und die letzte der wichtigern daciſchen Colonien, mit den zwei Thürmchen bezeichnet, noch vier röm. Millien öſtlicher von Cersie geſetzt, und lag wahrſcheinlich auch am Maroſch, in der Gegend, wo ſich die Wege vom Gyimeſcher nach andern benachbarten Päſſen durch das Gebirge aus der Moldau vereinigen. Die Mikehäzer noch ſehr kenntlichen Ueber⸗ bleibſel einer röm. Straße machen dieſes noch wahrſchein⸗ licher. Auf Steinſchriften kommt dieſer, auf der daciſchen Straße der Charte am entfernteſten angegebene Ort, bald als Civitas, bald als Municipium, bald als Co- lonia Paralisensium, ) vor. | Zu dieſen, auf der zweiten oder mittlern Haupt⸗ ſtraße der P. T. bemerklich gemachten Colonien und Or⸗ ten, werden noch andere Städte, deren Namen und Lage Ptolemäus bezeichnet, gezählt. Linxisis und Zurobara treffen unſtreitig ins Teme⸗ ſcher Banat und ſind an dem Laufe der Theis — jenes *) Ravenn. pag. 774. **) Seiv, Iuser. No. CX. 32 ſüdlich bei Becs, den Römerſchanzen gegenüber, dieſes nördlich beim Zuſammenfluſſe der Theis und Maroſch — zu ſuchen. ar Zu Siebenbürgen gehören: Singidava, welches Mannert in den Hunyader Co; mitat, an den Maroſch bei Dewa, ſetzt; dazu durch die Aehnlichkeit des Namens und mehrere daſelbſt gefundene Alterthümer bewogen, welche Graf Marſigli angibt, und unter die er beſonders die Spuren eines, aus Syenit⸗ porphyr gefertigten, alten Tempels, an dem Devaer Schloßberge, rechnet.) Andere ſuchen Singidava bei Kis-Enyed, wahrſcheinlich auch durch die gleichlautende Benennung des walachiſchen Namens Szingetyin, dazu veranlaßt. Bei Thorenburg theilte ſich, wie ſchon bemerkt, die alte Straße; ein Theil wendete ſich nach dem Laufe des Maroſch; der andere erſtreckte ſich von der Salzſtadt nördlich über Klauſenburg, längs dem Szamosfluß, über Szamos-Uivar und Dees, bis an die Gebirge. Ulpianum, Doricum und Rucconium treffen nach Ptolemäus in dieſe Gegend; jedoch wär's zu gewagt, nach ſeinen Angaben allein, da man ſonſtige Beweiſe, ſo viel ich weiß, noch keine hat, die Lage dieſer Orte anzugeben. Ebenſo unſicher kann man, nach ihm, bis nicht meh: rere Data und andere zutreffende Umſtände bei der Hand ſind, die vier folgenden Orte angeben: Ziridava ſetzt dieſer Geograph unter 49 ½ L. und 45 ½ nördlicher Breite; ſeine Lage wäre demnach ſüdlich von Apulum nicht fern von Mühlenbach zu ſuchen; und die Lage von = Zermizirga, unter 49½ L. und 46 ¼ B. ſüdöſtlich vom vorigen angegeben, trifft in die Ebene von Hermanns: ſtadt. Die Behauptung, daß in der Richtung zwiſchen Hermannſtadt und dem nächſten Stuhlsdorf, Hamersdorf, wirklich ein römiſcher Ort geweſen ſein mag, ſcheint nicht nur durch ſeine fruchtbare, zum Wohnorte ſo ſehr geeignete herrliche Umgebung, ſondern auch durch die vielen, hier ausgegrabenen, römifchen Alterthümer, zum Beifpiele: | ) Marsigli Danub. 33 Münzen, Waffen, Ziegeln, gehauene Steine, Gefäße, Urnen und dergl. noch mehr, unterſtützt zu werden. Tiriscum, 48 ½ L. 45 ½ B., weſtlich von Hers mannſtadt. Der Name hat viele Aehnlichkeit mit Tilisca, einem Gebirgsflecken, der im Hermannſtädter Filialſtuhle, Szeliſtye, zwei geograph. Meilen, gegen Weſten in einer Gebirgsſchlucht zwiſchen hohen Felſen, von Hermannſtadt entfernt liegt. Doch weiß man bis jetzt bei dieſem Orte von römiſchen Ueberbleibſeln Nichts, es ſei denn, daß man die Spuren davon Überſehen, oder daß fie ſchon durch die reißenden Gebirgsbäche zerſtört und gänzlich verwiſcht worden wären. Auch hat man in der That bis zur gegenwärtigen Zeit wenig danach geforſcht. Acmonia, 48 L. 45 Br. dürfte wohl gegen den Vulkanyer Paß, oder von dieſem etwas öſtlich, in der merkwürdigen, aber lange nicht genug durchforſchten Ge— gend des Fiskal. Muntſcheler Grediſtie, oberhalb Szasz- väros, zu ſuchen fein. Dieſer von Sarmiz, Deva und Vaida Hunyad 9, von Szaszvaros nur 7 Stunden, entfernte Gebirgstheil, — wozu noch die Alpe Czata, Va- lya und Kulmia Ariesuluy, der Ort Kununy und der weitläuftige Waldflecken Lunkäny gehören — ums faßt über zwei geogr. Quadratmeilen. Schanzen, Spu— ren von militäriſchen Standlagern, nach der Form der Wälle aus Erde zu ſchließen, und verſchiedene Feſtungs⸗ ruinen mit bedeutenden Mauerüberreſten, zu welchen Wege hinführen, nehmen die Berghöhen Facele Albe, Pia- tra Rossie, und Gredistie, ein. Ueber den ungemein ſteilen Abhängen bemerkt man mehrere mit Fleiß zube— reitete künſtliche Hochebenen, von 200 bis 1800 Qua⸗ dratklaftern Flächeninhalt, die terraſſenmäßig nach ein— einander ſich erheben und mit Trümmern von Mauer- und Hohlziegeln und gehauenen Steinen bedeckt ſind. Die letzt genannte Bergfeſte zeichnet ſich vor den andern aus; und zwar, nicht nur durch den größern Umfang der von gearbeiteten Quadern zuſammengefügten Ring— mauern, die theils noch vorhanden ſind, theils über die Bergabhänge ſtürzten, ſondern auch durch Ueberreſte eines runden Tempels, Aquäducts und Bades. Die zerſtreu— ten, künſtlich gefertigten Quadern und breiten Stein— Vereins-Ardiv 1. P. III. 9. 3 34 platten zum Zuſammenſetzen, hingeworfene porphyrene Thor⸗ oder Tempelſäulen, eine aus demſelben Spyenits porphyr vier Schuh lange und polirte ovale Badwanne, endlich die irdenen cylinderförmigen Röhren der Waſſer— leitung, welche 15 Zoll Durchmeſſer haben, in ausge— höhlte Steine gelegt und aneinander verküttet ſind, er— regen von dem ehemaligen Flor dieſer Pflanzung aller: dings hohe Begriffe. 8 Noch ſind hiebei zu erwähnen die wiederholter Weiſe, zwiſchen dieſen jetzt von dichten und hohen Buchenwäl— dern überſchatteten, mit Moos und Wurzeln überdeckten, Ruinen aufgefundenen griechiſchen Goldſtücke, deren Zahl, und nur der offiziell bekannten, ſich auf 1700 beläuft. Wie viele mögen von den anwohnenden Walachen ins— geheim durch Schleichwege über die Gebirgsgränze nach der Walachei verführt worden ſein! Einige dieſer ſchö— nen Goldſtücke, von dem reinſten Golde, führen KO DNN, andere BASIAEQE ATZIMAXOT, zur Aufſchrift. Einen größern Fiſchzug — über 40,000 Stücke, von der näm⸗ lichen Münzſorte, thaten, nach J azius, ) walachiſche Fiſcher in dem nahen Strellfluſſe. Mit dem Zuſatze dieſer, von Ptolemäus bezeichne— ten ſechs Orte mag es hier mit der zweiten längern oder mittelſten Straße auf der Peut. Tafel ihr Bewen⸗ den haben. Die längſte dritte und unterſte der römiſchen Haupt: ſtraßen, welche die Peut. Tafel vermittelſt einer, von Edeta über den Iſter gezogenen Linie wie bei den bei— den vorigen Uebergängen, angibt, und welche nach Da— eien führt, hebt unter den Donaufällen oberhalb Cledora, dem jetzigen Cladova, an. Hier, wo der Strom eine mäßige Breite hat und weniger reiſſend iſt, ließ mit dem Anfange des zweiten daciſchen. Feldzuges Trajan durch ſeinen Architekten Apollodor die große ſteinerne Brücke, mit hölzerner Decke, die einzige, welche dieſer Rieſenſtrom in ſeinen untern Theilen je trug, bauen, und führte dann zugleich über dieſelbe einen Theil ſeines Heeres, um mit deſto größerm Nachdruck und Beſonnenheit, zugleich auf *) Comm, reip. rom. L. XII. c. 1. 35 mehreren Seiten, auch von der Walachei aus, Die Dacier ie ihren Felſen angreifen zu können. Denn, nachdem für den Daker König der vorletzte Kriegszug mit den Römern ſo unglücklich endigte, daß ſelbſt des Reiches Hauptſtadt fiel, und fortwährend von den Eroberern beſetzt blieb, ſo verlegte Decebalus die zweite Reſidenz, von jener ent— fernt, tiefer gegen die Quellen der Schylflüße, zwiſchen ſchauerliche Bergſchluchten, und zog überhaupt ſeine Streit— kräfte in die unwegſamen und unwirthbaren, die Wala— chei von Siebenbürgen trennenden, Gebirge zuſammen, beſetzte alle ſteilen Berghöhen, und führte ſeinerſeits den Krieg, obſchon mit der äußerſten Kraftanſtrengung, je— doch mehr vertheidigungsweiſe und aus dem Hinterhalte, als kühn und, wie vorher, in offenem Felde. Das gab mit Veranlaſſung zum beſchleunigtern Bau dieſer Brücke, die von Allen, welche Nachricht davon geben, als ein underwerk menſchlicher Kunſt und als Beweis, daß in rajans Geiſte immer nur große Plane lagen, darge— ſtellt wird. Nur die bemooſeten Ruinen der Thürme und Brückenſchanzen, an beiden Ufern, und die Ueberreſte einiger, bei niedrigem Waſſerſtande in heißen Sommern ſichtbaren Pfeiler zeigen noch, zwiſchen dem Flecken Se— verin in der Nähe von Czernetz und dem rechten Do— nauufer, oberhalb Cladova, ihre unbezweifelte Lage. Die von dieſer Brücke beginnende längſte der drei daciſchen Straßen auf der Peut. Tafel läßt übrigens aus den beträchtlichen Zwiſchenräumen und großen Mei— lenzahlen, auf den Mangel an Orten dießſeits, auf die mindere Wichtigkeit der Orte, aus dem Nichtvorhanden— fein, der zwei Thürme, dem Zeichen der Wichtigkeit, und auf den weiten Umfang, aus der ganzen Länge, welche in 385 Millien = 75 geogr. Meilen beſteht, ſchließen. Da nun auch von den, in der P. T. bezeichneten, alten Orten kein einziger mit Sicherheit auf die neuen ückgeführt und bis noch nachgewieſen werden kann, ſo bleibe ſehr viel Spielraum, ſowohl bei Beſtimmung der jetzigen Lage derſelben, als auch der Richtung der gan— zen Straße, übrig. Doch findet eine dreifache Annahme, wie ſie ohngefähr auf den jetzigen neuen Charten erforſcht werden müſſe, ſtatt. Und zwar, immer von der Brücke — 36 angefangen, ging fle, entweder 1) mit halbkreisfoͤrmiger Biegung, in der weſtlichen Walachei, über Craiova und Brankovan, in der öſtlichen Walachei, über Rußwede, Tergoviſt, über den Törzburger oder Tömeſcher Paß, nach Siebenbürgen, auf Cronſtadt, Keszdiväsarhely, Csik-Szereda zu, wendete ſich, über einen Theil des ae ne nach Szekely-Udvarhely in das große kockelthal, nächſt Schäßburg, über Mediaſch, Kleinſchel⸗ ken bis Karlsburg; oder zog fie ſich dann Y erſt von der Brücke des linken Donauufers ſeitwärts hinauf an und in die Gebirge der kleinen Walachei bis Baja de Ra⸗ ma, Tergo Schyl, kam im Schylthal über Zinzeren oder Motru am Motrufluß, wo dieſer in die Schyl fällt, über Craiova und Sintian, herunter, wendete links aus dem Schylthale, bis zur Mündung des Oltfluſſes, und lief an deſſen rechtem Ufer, auf dem Römerwege — Calea Traia- nului — hinauf, erreichte vielleicht bei dem Kloſter Koſia, über den Pons Alitti, am öſtlichen Oltufer hinauf, nach erfüllten 50 geogr. Meilen, Siebenbürgen, kehrte ſich aus dem Oltthale, das ſie theilweiſe durchlief, wieder in das große Kockelthal, bis ſie ihr Ziel fand. Eine 3. Annahme ift endlich die von Mannert vors geſchlagene, der man bis noch beiftimmen muß, wiewohl mit einigen Abänderungen und Zuſätzen. Nach ihm führt die Straße von der vitlbeſprochenen Donaubrücke gegen Oſten durch die kleine Walachei, und von da wieder zurück nach Siebenbürgen. Die Orte fols gen hier nach ihren Ordnung aus der Peut. Tafel. Drubotis, 21 römiſche Millien oder 4 / geograph. Meilen von Edeta oder der Brücke; und Amutrium, 36 Millien (7½½ geograph. Meil) vom vorigen. Da nun nach dieſer Meilenbezeichnung, erſteres in die Nähe von Craiova am Schylfluſſe, und letzteres ſüdlich von Brankovan, etwas weſtlich vom Oltfluſſe an der Römerſtraße, treffen, und auch Ptolemäus dieſen zwei Orten, Druphegis und Amutrium, nach aſtronomiſcher Beſtimmung, dieſelbe Lage gibt, fo ſcheint wenigſtens die Richtung der Straße vom Anfang der Brücke auſſer Zweifel geſtellt zu ſein. Pelendova, 35 Mill. S 7 geogr. Meil. von Armutrium. Castra nova, 20 Mill. = 4 geogr. Meil. vom vorigen. 87 Romula, 70 Mill. = 14 geogr. Meil. vom vorigen: Acidava, 13 Mill. = 2% geogr. Meil. vom vorigen. Rusidava, 24 Mill. = 4½ geogr. Meil. vom vorigen. Pons Alitti (Aluti), 14 Mill. = 2¼ geogr. Meil. vom vorigen. Wer aus der Aehnlichkeit der alten Namen mit den neuen Ortsbenennungen, die verloſchenen Orte wiederzu— finden und zu beſtimmen ſich getraut und wagt, der dürfte wohl Amutrium, Pelendova, Castra Nova, Romula, Argidava und Rusidava, in den jetzt genau bekannten Orten der kleinen und großen Walachei: Motru, Plevic⸗ ſen, Craiova, Romitza, Ardgiſch und Rußwede, aufgefun— den zu haben wähnen; allein dieſe Namensähnlichkeit kann in keine Betrachtung kommen, da weder die gegebenen Meilenmaße der Peut. Tafel, noch die Gradenbezeichnung des Geographen Ptolemäus, ohne Abänderung und bedeus tende Verſetzungen, zutreffen. Die Lage des Pons Alutae iſt ſchwierig zu beſtim— men, muß nothwendig am Oltfluſſe geſucht werden und die ungefähre Richtung des Weges finden helfen. Direct von Süden nach Norden, am Altfluſſe, konnte der Weg; nicht gehn, die gegebenen Entfernungen von Amutrium, 176 röm. Mill. = 35 geogr. Meilen, ſind hiezu viel zu yo er mußte demnach die öſtliche Walachei durchziehen, konnte aber die Moldau nicht erreichen; denn hiezu ſind die Maße zu klein. Wenn der Pons Alutae ſüdlich unter dem Rothenthurm, unterhalb Kineen, wo man noch immer auf dem Wege nach Siebenbürgen den Oltfluß überfahren muß, angenommen wird, ſo ſcheinen der Annahme die zu: nächſt folgenden Orte zu entſprechen. Burridava, 13 Mill. = 2°, geogr. Meil. vom vo; rigen, auf der Gränze Siebenbürgens, bei der ſogenannten Puorta Romanulor, wo immer noch Ruinen alter Mauern und Wälle zu beobachten ſind. Hieher gehört auch, wie Mannert vermuthet, das ſchon oben angeführte Taba des Jornandes, welcher Vermuthung wir allerdings folgen müſſen, bis wir eines Beſſern, durch eigene Anſchauung, t werden. Von hier führt der Weg am nächften über Hermannſtadt, Mühlbach nach Apulum (Karlsburg); allein dazu ſind die Maße auf der P. T. wieder zu groß. Wohl konnte es, wie bereits erinnert, einen Nebenweg,, 38 einen abgekürzten Seitenzweig der Hauptſtraße hier geben; aber die Hauptſtraße ſelbſt durchlief mit Umwegen den öſtlichen und nördlichen Theil Siebenbürgens, und zwar zuerſt das Oltthal hinauf: Castra Tragana (Traiana), 12 Mill. = 2½ geo⸗ graph. Meil. von Burridava, zwiſchen Gierelsau und Szakadat. Arutela, 9 Mill. = 1% geogr. Meil. von Castra Traiana, zwiſchen Glimboaka und Kolun. Praetorio (Praetorium), 19 Mill. = 3% geogr. Meilen von Arutela, nächſt Fogaraſch, mehr flußauf⸗ wärts. | Ponte Vetere (Pons Vetus) bei Ravennas Be- tere, 9 Mill. = 1°, geogr. Meil. von Praetorium, zwiſchen dem Repſer Stuhlsorte Galt (Ugra) und dem Oberalbenſer Flecken, Hevisz. Taf. III. Daß an dieſer Stelle wirklich eine Brücke geſtanden habe, beweiſet ein, neulich von den Oltfluthen ausgewaſchener Brückenkopf, deſſen einzelne Seite fünf Klafter Längenmaß betrug, und. der bei niedrigem Waſſerſtande des Fluſſes ſichtbar wurde, nun aber, da er aus großen ſchönen Ziegeln gebauet war, von den Anwohnern abgetragen und feiner Beſtandtheile größtentheils beraubt worden iſt. Noch mehr Beweiſe für das einſt hier ſtattgefundene Daſein eines, von den Römern bewohnten, beträchtlichen Ortes, liefern ſowohl die hohen Wälle des regelmäßigen oblongen Vierecks, das 300 Schritte in der Länge und 200 Schritte in der Breite hat, dann die Ueberreſte von gepflaſterten Wegen, und die Fundamentalſpuren eines runden kleinen Tem⸗ pels, als auch weſtlich, dieſem auf der andern Flußſeite gegenüber, die Ueberbleibſel von Grundmauern einer, au der Anhöhe (der höchſten hinter dem Dorfe Galt), nicht weit von der galter evangeliſchen Kirche entfernt geftandes nen Feſtung, welche ein beiläufig 100 Schritte langes un 60 Schritte breites Viereck bildete, jetzt von Gärten eingt nommen und umſchloſſen iſt. Aeltere Bewohner dieſes Ortes erinnern ſich noch ein ſteinernes Portal dort ges ſehen zu haben, wovon einige Theile jetzt noch in de von Steinburgiſchen Ziergarten zu Reps aufbewahrt ſind. Zum Kirchbau mag wohl, der Nähe wegen, manchen 39 gehauene ſchöne Stein verwendet worden ſein. An einem äußern Pfeiler der eben bezeichneten Kirche wurde ein iemlich großes Marmorfragment, mit halb verwiſchter nſchrift, eingemauert, jedoch verkehrt, daher ſchwer zum . und nur folgendes noch mit Beſtimmtheit erkenn— ar: ZESCVLAP. C Noch wird man auf einen zweiten hier gegrabenen, dem Mare Aurel geweihten, und in dem ſchon erwähnten Garten in Reps aufgeſtellten, Inſchriftſtein aufmerkſam gemacht. Einen dritten, mit noch nicht geleſener Inſchrift, rub ein Hidegkuter auf feinem nächſt jenen römiſchen chanzen gelegenen Acker aus der Erde, ſetzte denſelben ſeinem verſtorbenen Weibe zum Grabſtein ſo tief wieder in die Erde, und vielleicht auch umgekehrt, daß man die Schrift, die er haben ſoll, gar nicht ſehen kann; auch ver— wehrt der rohe Eigenthümer dem archäologiſchen Freunde die Unterſuchung. Ueberhaupt ſollen angeblich von den Bewohnern der Nachbarorte, Galt, Hidegkut und Hevis, — . ihrer Wohngebäude, leider viele gehauene Steine, und einige mit Inſchriften, deren Inhalt man nicht aufzeichnete, verſenkt worden ſein. Außer dem Angegebenen, wurden theils unter dieſen alten Schanzen, theils in der nächſten Umgebung häufig römiſche und griechiſche Münzen, metallene Waffengat— tungen, Opfer⸗ und Ackergeräthſchaften, Bruchſtücke von Urnen und urnenähnlichen Gefäßen, und vor Allen eine bronzene Hand, die von einer coloſſalen ausgezeichneten Statue abbrach, und mit bewundernswürdiger Kunſt gear: beitet iſt, gefunden. Dieſes ſeltene Fragment wird gegen— wärtig im Baron Bruckenthaliſchen Antikenkabinete aufbe— wahrt. Der verſtümmelte Coloß ſelbſt liegt — und das iſt nicht unwahrſcheinlich — entweder in der Tiefe des Olt— bettes von den Wellen, oder irgend unter der Oberfläche 3 der Aecker begraben, wo ihn weder das Fiſchernetz, noch die Fflugſchar bis jetzt erreichte. Wer von Reps aus dieſe Gegend bereiſet, kann, von dem erhaben liegenden Galt hinüberblickend, beſon— ders vom Standpunkte der Dorfſchule, nicht ohne eine angenehme Ueberraſchung die, von den Wällen der Alu— ta bewäſſerte, ungemein ſchöne Pläne betrachten, welche einen Theil der großartigen Ebene des Fogaraſcher Dis ſtrikts in ſich faßt, und durch angränzende Bergreihen, vorzüglich den Zaidner Wald und mehrere Ortſchaften, ſich auszeichnet. Der Alterthumsfreund geht dann bis zum Altfluß hinab, läßt hinüber auf die öftlihe Stroms ſeite ſich ſchiffen, wandelt eine kleine Strecke ſüdöſtlich und beſteigt eine uferähnliche Erhöhung, die uranfänglich das Flußufer bildete, jedoch derzeit auch bei höchſtem Waſſerſtande von den Fluthen des Altes nicht mehr er— reicht werden mag, und betrachtet die ſich hier ſogleich dem Auge darſtellenden merkwürdigen Alterthümer, wo— von die III. Tafel einen Abriß liefert. a, Das ſächfiſche Dorf Galt; b, die mit einer Rings mauer umgebene evangeliſche Kirche; c, die Lage der Fes ſtung; d, neulicher Durchbruch des Fluſſes; deſſen Flus then auf der Galterſeite in e ein 40 Klaftern langes, gemauertes Ufer und den Brückenkopf k, ausgewaſchen hatten, jetzt waſſerfrei und von Sand und Letten übers ſchüttet; g, gegenwärtiger Lauf des Fluſſes; h, uferähns liche Erhöhung, von welcher das Lager etwa 300 Schritte entfernt iſt; i, die auf den vier Ecken erhöhten, mit Steinen und Ziegeln angefüllten, runden, baſteiartigen Schanzen des römiſchen Caſtrums; k, die Thore, deren Weite 20 Schritte hat; k 1 k, eine Straße durch das Lager, die von den Ackerbauenden je mehr und mehr geſchmälert und zerſtört wird; m, Aecker, welche die He: viſer anbauen; n, Grundmauern von einem runden al⸗ ten Tempel; o, p, Situation von Hidegkut und Hevis, die eine Viertelſtunde von dieſen Römerſchanzen entfernt gedacht werden muß. Noch iſt der letzte Theil der Straße übrig, der drei Orte hat, die nach der Art und Ordnung, wie ſie die Peuting. Tafel gibt, folgen. 11 Stenarum, nämlich Castra, (Capistenarum, Ra⸗ venn.), 44 Mill. = 8 ½ geogr. Meilen von dem Pons Vetus entfernt. Ein beträchtlicher Zwiſchenraum, worin ohne Zweifel mehrere Orte, die man freilich bis noch nicht weiß, ausgelaſſen fein müſſen. Jedenfalls muß dies ſer Reſt des Weges weſtlich gegen Karlsburg ſich hin— kehren, wenn übrigens die Meilenzahlen zureichen ſollen. Und zwar, über Reps, durch den Schäßburger Stuhl, Bodendorf, Deutſchkreutz, Deutſchkißd, Schäßburg, bis unter Eliſabetſtadt, reichen 8 / geogr. Meilen zu. Cedonie, 12 Mill. = 27/, geogr. Meil. von Stes narum, trifft in die Nähe von Mediaſch, zwiſchen Hetzel⸗ dorf und Tobsdorf. Dieſe Annahme wird mehr als wahr: ſcheinlich, wenn man die bereits oben angeführte ſichere Nachricht von einem römiſchen Lager berückſichtiget, deſ— ſen deutliche, aber dort im Walde unter hohen Eichen und Buchen verborgene, Ueberreſte entdeckt wurden. Auch kann die Benennung dieſes Ortes und des zwiſchen Nas poca und Optatiana gelegenen Macedonica des Raven— nas — falls dieſe Orte nicht einen und denſelben vor» ſtellen ſollen — nicht ganz ohne Bedeutung geweſen ſein. Der Name erinnert wenigſtens an die Macedoniſche Les gion, deren Cohorten nicht nur in Apulum und in Sa— inä im Standquartier lagen, ſondern auch die Linie von Salinum, Cedonie bis Pons Vetus beſetzt gehalten zu haben ſcheinen. Einigen, wenn gleich noch ſchwachen Be— weis hiefür liefert der in Galt auf dem ausgegrabenen Weihſtein mit verſtümmeltem Inhalte, wiederkommende Name des Präfecten der Macedoniſchen Legion, Dona— tus, des Götterfreundes, der dort dem Gotte Azizus, und ſeinem Regentenhauſe, hier dem Aeskulap und der Hygiea Votivtafeln ſetzt. Unter der Regierung des Kai— ſer Gallienus verwaltete im Jahre Chriſti 262 Junius Donatus das Conſulat; ob derſelbe indeſſen eine Perſon mit dem Präfecten der fünften Legion und dem Erbauer des aziziſchen Tempels geweſen iſt, bleibt noch bis zur Zeit unentſchieden. Endlich iſt in der Reihenfolge der letzte auf der Peu— ting. Tafel beſchriebene Ort, der weſtwarts am großen 42 Kockelfluſſe ſich nach und nach Apulum immermehr nd: hernden Straßen, zurück: Acidava (Sacidava beim Ravenn.) 24 röm. Mill. = 4°, geogr. Meil. von Cedonia und 14 Mill. = 2 ¼ geogr. Meil. von Apulum entlegen; muß wohl noch im großen Kockelthale ohnfern dem Zuſammenfluſſe der bei: den Kockeln, in der Gegend von Donersmarkt (Mono- ra), wo 1730 deſſen ehemaliger ſächſiſcher Pfarrer, Lau⸗ rentius Weidenfelder, verſchiedene römiſche Alterthümer, Urnen, Kriegszeichen und anderes mehr, entdeckte, ) ge⸗ ſucht werden. Zur leichtern Ueberſicht der Römerſtraßen und der alten Daciſchen, mit den jetzigen neuen identifis cirten Orten, wird die Taf. II. beigegeben. Noch könnten auf der Peutingeriſchen Tafel, bei der Beſtimmung der einzelnen Orte Daciſcher Straßen, meh; rere Anſichten und Meinungen älterer und neuerer Fors ſcher angeführt und überhaupt Manches vermuthungs⸗ weiſe geſagt werden, wenn nicht von der Achtung für die Wahrheit, dem letzten Ziel der Wiſſenſchaft, geboten würde, das unvollſtändig Erwieſene und ſelbſt das Wahr— ſcheinliche zurückzuhalten und ſo lange zu verſchweigen, bis daſſelbe, durch unternommene zweckmäßige Reiſen zu den in dieſer Hinſicht wenig bekannten Theilen Siebenbür⸗ gens, und aus wiederholter Autopſie, auf das Sichere und Gewiſſe erhoben worden iſt. 9) Selverts Nachr. S. 482. Siebenbürg. Quart. Schr. 5, 272. 272. * Erklärung der Tafeln. Tafel J. iſt der zehnte Theil von dem in der kaiſer⸗ lichen Bibliothek zu Wien aus elf zuſammen geleimten Pergamenthäuten beſtehende Archetypus der ſo genannten eutingeriſchen Tafel. Von Scheyb behauptet, daß daran Nichts fehle. Doch iſt eine ganze Pergamenthaut, und die erſte, welche Britanien, Hispanien und Mauritanien darſtellte, verloren. Noch hat fie eine Länge von 21 ¼ Fuß, und nur eine Breite von einem Fuße. Will man in dem vorliegenden Bruchſtücke die län⸗ gern Gebirgszüge mit röthlichbrauner, die kleinern Hügel⸗ reihen, Berge und Mauern mit gelber und dunkelgelber Farbe, die Flüſſe, Seen, Meere mit grünlicher, die grö⸗ Bern, durchſichtigen Buchſtaben, die ſämtlichen Wege und Dächer mit rother Farbe, coloriren, fo hat man theil⸗ weiſe eine beiläufige Vorſtellung von der alten, ehrwür⸗ digen ganzen Pergamentrolle. Um das vorliegende Segment nicht zu ſehr auszu⸗ dehnen, ließ man den oben auf der linken Donauſeite, am Uebergange derſelben, zu Dacien gehörenden Ort, Arcidava, weg. Lederata und Viminatium gehören ſchon zu Unter⸗Möſien, auf welches ſich das unter dem Fluſſe groß geſchriebene Inferior beziehet. Das durch—⸗ ſichtige ganz unten vorkommende große A iſt der letzte Buchſtabe von AFRICA. Auf dem linken untern Iſterufer ſind noch der Pro— vinz Dacien beizufügen: Goete, Dace, Venedi und Hos- tia fl. Daunbii. Nicht ausgeſchrieben erſcheinen: Dac- petoporiani, Fl. Agalingus und das größer geformte THRACIA. 14 Das Zerriſſene und Durchbrochene, fo wie es am dem abgezeichneten Stücke, beſonders an deſſen unterm Rande, bemerkbar iſt, rühret von den Schaben und Milben her, welche die fehlende erſte Membrane ganz, und auch die zweite am meiſten, als äußere zuſammen— hängende Theile der Rolle, zernagten. Taf. II. Das Trajaniſche Dacien, die jetzigen wohl⸗ bekannten Länder: das Temeſcher Banat, die Walachei, Siebenbürgen und einen Theil der Moldau umfaſſend, mit der Angabe ſeiner alten Straßen, Colonien und Orte. Taf. III. Die Situation von dem alten Pons Ve- tus. a die Lage des heutigen ſächſiſchen Dorfes, Galt. b Die mit einer Ringmauer umgebene evangeliſche Kirche. c Grundriß der Feſtung. d Neulicher Durchbruch des Altfluſſes, deſſen Fluthen auf der Galterſeite in e ein 40 Klafter langes, gemauertes Ufer und den Brückenkopf f ausgewaſchen hatten, jetzt waſſerfrei und von Sand und Letten überſchüttet. g Gegenwärtiger Lauf des Altfluſſes. h Uferähnliche Erhöhung, von welcher das Lager etwa 300 Schritte entlegen iſt. i Die auf den vier Ecken er⸗ habenen mit Steinen und Ziegel angefüllten runden, baſteiartigen, Schanzen und Wälle des unverkennbaren römiſchen Caſtrums. k Die Thore, deren Weite 20 Schritte hat. k 1 k eine Straße durch das Lager, die von den Ackerbauenden je mehr und mehr geſchmälert und zerſtört wird. m Aecker, welche die Heviſer anbauen. n. Grund⸗ mauern von einem runden alten Tempel. o p Lage von Hidegkut und Hevis, die eine Viertelſtunde von dieſen Römerſchanzen entfernt gedacht werden muß. Ueber das Verhältniß der sie benbürgisck · sůcksischen Sprüche. zu den niederſächſiſehen und niederrheiniſchen Dialecten. Es wird von Manchen für eine überflüſſige Arbeit angeſehen werden, daß ich es unternehme, über einen Gegenſtand zu ſchreiben, der ſchon an Herrn Profeſſor Carl Schuller einen kritiſchen Forſcher und tüchtigen Be— arbeiter gefunden hat; anmaßend ſogar wird es Man— chem erſcheinen, daß ich als ein homo novus auf dem Schauplatze unſerer ſiebenbürgiſch-deutſchen Literatur mich erkühne dem Gebäude meines hochverehrten Lehrers die Krone aufſetzen zu wollen. Doch, wie ich glaube, ſchon der Titel der vorliegenden Abhandlung weiſt alle Beſchul— digungen dieſer Art zurück. — Sie iſt nicht eine Forts ſetzung oder Vervollſtändigung des im erſten Heft des I. Bdes. des »Archivs« erſchienenen Schulleriſchen Auf— ſatzes, ſondern ein Seitenſtück zu demſelben. Wie Herr Prof. Schuller im berührten Aufſatze die ſieb.-ſächſiſche Sprache in ihrem Verhältniſſe zur hoch deut ſchen Sprache dargeſtellt hat, ſo habe ich es in der vorliegen— den Abhandlung verſucht dieſelbe auch in ihren Bezie— hungen zu den niederſächſiſchen und niederrheiniſchen Dia— 46 lekten zu entwickeln, und auf die Quelle hinzuweiſen, der ſie meiner vollkommenſten Ueberzeugung gemäß, entfloſſen iſt. — Es hat demnach meine Abhandlung, indem fie auf ſprachforſchlichem Wege, die Frage über den Urſprung der ſächſiſchen Nation zu löſen ſucht, zugleich auch eine geſchicht— liche Tendenz. — Ob ich hiebei zu einem ſichern Reſul— tate gelangt bin, mag der Leſer entſcheiden. Doch bevor ich meine eigne Meinung hierüber ausbreite, ſey es mir erlaubt, als Einleitung, die Anſichten älterer und neuerer Schriftſteller über dieſen Gegenſtand anzuführen. Was unſre früheren Vorfahren, nachdem einmal die letzte Erinnerung an die verlaſſenen Urſitze im Bewußtſein des Volkes erloſchen war, über ihre Abkunft dachten und hypotheſirten, iſt uns bei dem gänzlichen Mangel an ältern vaterländiſchen Scribenten völlig unbekannt. Bei den Schriftſtellern, die in der Zeit nach der Reformation auf— traten, finden wir die abentheuerlichſten Muthmaßungen über den Urſprung des Sachſenvolkes. Ohne von den, allein ſichern, urkundlichen Quellen, die oft ſogar ihren firen Ideen ärgerlich im Wege ſtanden, die geringſte Notiz zu nehmen, ſuchten die Meiſten den Urſprung ihres Volkes in dem Dunkel der vorarpadiſchen Zeit, und gleichwie es dem Nationalſtolze der Ungarn ſchmeichelte (und auch noch ſchmeichelt) ſich als die reinen Abkömmlinge der weltſtür— menden Hunnen zu betrachten, jo gefielen ſich die Sachſen in ihrer Lieblingsmeinung als unvermiſchte Söhne der Go; then oder (was ſie für identiſch hielten) der Geten, noch ältere Landeskinder als die Ungarn, mithin die eigentlichen Urbewohner Siebenbürgens zu ſein. In dieſem Sinne etymologiſirte ſelbſt der berühmte Nationalgraf Albert Huet in ſeiner auf dem Landtage zu Weißenburg im Jahre 1590 gehaltenen Rede; ihm iſt der Name „Sachſen« = Saken = Daken (Dacier) = Geten = Gothen. Beleg⸗ ftellen für das hohe Alterthum und den Kriegsruhm feiner Nation führt er aus Herodot, Strabo u. ſ. w. an. — (S. Miles Würgengel p. 154.) Ja um auf dieſem Steden: pferde deſto ungenirter reiten zu können, wagte es Lorenz Töppelt ſogar an dem Grundpfeiler der ganzen politiſchen Exiſtenz ſeines Volkes am andreaniſchen Freibriefe nach eignem Gutdünken zu meißeln und für »vocati« donati 47 zu ſetzen; ein error eritieus, der dem Verfaſſer deſſelben übel ablief; denn der öffentliche Widerruf, zu welchem er genöthigt wurde, grämte den eitlen Mann ſo ſehr, daß man dieſem Umſtande ſeinen bald darauf erfolgten Tod zuſchrieb. Am abentheuerlichſten jedoch etymologiſirte Tröſter um die Mitte des 17. Jahrhunderts; mit einem großen Auf— wande von Gelehrſamkeit bemühte ſich dieſer aus vorhan— denen Ortsbenennungen das Andenken an längſt verſchwun— dene Völkerſchaften heraufzubeſchwören; ſo leitet er den Namen des Dorfes Marpodt vom markomaniſchen Könige Marobodus, den des Dorfes Fred von der altdeutſchen Liebesgöttin Freya oder Frigga ab u. ſ. w. Von dieſem lächerlichen Irrthume eines Tröſter und Töppelt iſt man glücklicherweiſe ſchon längſt zurückgekom— men; wenngleich noch in unſern Tagen der unlängſt ver— ſtorbene gelehrte Katzendörfer Herr Pfarrer, Daniel Ha— ger ſein Katzendorf in »Kattendorf« taufte, und feine ehr— lichen Beichtkinder zu Nachkommen der alten Chatten oder Heſſen ſtämpeln wollte — eine Neuerung, die, wenn auch nicht ſo ſtaatsgefährlicher Natur als die Töppeltiſche, gleich— wohl einen Federkrieg erregte, der längere Zeit hindurch die Spalten der Kronſtädter „Blätter für Geiſt, Gemüth und Baterlandsfunde« anfüllte, bis endlich die Katten den Katzen das Feld räumen mußten. — Niemand müht ſich mehr in unſern Tagen damit ab, ſächſiſche Wörter zu rad— brechen um ihre Identität mit gothiſchen darzuthun; ob— gleich dem Sprachforſcher das Studium der gothiſchen Sprache, des älteſten Denkmals deutſcher Rede, auch zur Erklärung mancher Eigenthümlichkeiten unſers Dialects immer noch unentbehrlich bleibt. Ein genaueres Studium unſrer alten Urkunden führte bald auf die ausgemachte Thatſache, daß der Ruhm der Ureinwohnerſchaft den Sachſen nicht zukomme, und ſicherte dafür der Nation das weit ſtolzere Lob der ehrenvollen Einberufung ad retinendam coronam So wurde es denn zur zweifelloſen Gewißheit erhoben, daß die Sachſen unter dem ungariſchen Könige Geyza II. in der Mitte des 12. Jahrhunderts unter den vortheilhafteſten Bedingungen zur Urbarmachung und Vertheidigung der ſudöſtlichen Marz en des Reichs aus Deutſchland einberufen worden ſeien. 48 Aber aus welchem Theile Deutſchlands? — Dieſe Frage beſchäftigte nun die Geſchichtsforſcher, und noch iſt ſie von keinem mit hinlänglicher Beſtimmtheit gelöſt worden. Aus zwei unſrer älteſten Urkunden glaubte man den ſicheren Schluß machen zu können, daß die Sachſen urſprünglich Flamänder ſeien, und ſo wurde es bald eine Lieblingsidee, den Urſprung des ſächſiſchen Volkes in Flandern und Hols land zu ſuchen, und noch iſt unter meinen Landsleuten die Meinung ziemlich allgemein verbreitet, daß Sieb. Sachſen und Holländer ſich in ihren Mutterſprachen ohne große Schwierigkeit verſtehen könnten — Dieſe (wie ich bald nachweiſen werde) irrige Anſicht hat einen doppelten Grund. Der erſte beſteht darin, daß in zwei der älteſten Urs kunden die auf der damaligen »Einöde von Hermannſtadte angeſiedelten Coloniſten unter dem Namen Flandrenses erfcheinen. — Aber ſchon Schlötzer legt auf dieſe Benen⸗ nung kein großes Gewicht, denn der Ausdruck Flandren- ses wird im 12. Jahrhundert häufig als Bezeichnung deut⸗ ſcher Anſiedler überhaupt gebraucht, weil in der That die meiſten Coloniſten jener Zeit aus den Niederlanden aus— gingen. Es war der Name Flandrer beinahe ein nomen appellativum für Coloniſten geworden, ganz ſo wie heut zu Tage der Name Schwaben“ als allgemeine Bezeich⸗ nung deutſcher Coloniſten in Ungarn gebraucht wird. Auch ſpricht dafür, daß in den oben angeführten Urkunden der Ausdruck »Flandrenses« nichts anders bezeichnet als deutſche Coloniſten noch der Umſtand, daß in einer gleich⸗ zeitigen Urkunde (ſ. Schlötzers Urkundenbuch IV.) die Bes | wohner des desertum de Cibinio unter dem Namen Teutonici erſcheinen. Auch kann die Bezeichnung Flan- drenses ihre Entſtehung ſehr leicht dem Umſtande verdan⸗ ken, daß die nach Siebenbürgen berufenen Coloniſten, (wie ich tiefer unten zeigen werde) allerdings aus einer Gegend kamen, die in der Richtung nach Flandern zu liegt und ſtark in der Nähe dieſes Landes ſich befindet. Aber wenn wir es auch für unbezweifelte Thatſache gelten ließen: daß die erſten Einwandrer nach dem deser- tum de Cibinio Flamänder geweſen ſeien, ſo haben wir doch nicht die geringſte Berechtigung zur Annahme, daß auch die ſpätern und in andern Theilen des Landes ange: n ] M u ͤͤt . —: p vb) . . . %60.60ͤEñ⁰ͤiʃũ ²ʃ⁰ ] .ʃs . ä¹q ul w. TT EEE Be 49 ſiedelten Coloniſten alle aus Flandern gekommen ſeien. Mit Recht bemerkt in dieſer Beziehung Schlötzer, daß dieſe aus Gegenden gekommen ſein müſſen, wo man Wein- und Bergbau trieb, und von beiden verftanden Flamänder und Niederländer nichts. Der zweite Grund, auf den man die Behauptung des niederländiſchen Urſprungs der Sachſen ſtützt, iſt die Aehnlichkeit, welche die ſieb. ſächſiſche Sprache mit dem Holländiſchen und Flämiſchen aufzuweiſen hat: eine Aehn— lichkeit, die man ſich bei weitem größer dachte, als ſie in der That iſt. So lange die Sachſen mehr nur mit oberdeutſchen Stämmen, (und insbeſondere faſt nur mit Oeſterreich) in Berührung kamen, und von den nieder— ſächſiſchen Dialecten nichts wußten, mußte es ihnen aller— dings auffallen, als ſie zufälligerweiſe erfuhren, daß an den Ufern der Schelde und Maas ein Volk wohne, deſ— fen Sprache mit dem ſächſiſchen Dialecte gerade in ſol— chen Puncten übereinſtimme, durch welche ſich dieſer von allen ihnen bekannten Mundarten unterſchied. — Dahin gehört z. B. die (Schwächung) des b in w am Ende der Stammſylben, wie in leeven, rave für leben, Rabe; die Milderung des t in du. ſ. w. Aber dies ſind Eigenthümlichkeiten, die die holländiſche Sprache mit allen niederſächſiſchen Dialecten gemein hat, die ſich von Friesland bis über die Gränzen Pommerns über ganz Norddeutſchland ausbreiten. Dieſe Eigenthümlichkeiten finden ſich auch in den mit dem deutſchen verwandten nordiſchen Sprachen; ſie ſind von den Normännern nach Island, und von den Angelſachſen nach Britanien ver— pflanzt worden, und von da über den Ocean nach Ame— rika und den Inſeln der Südſee gewandert. Daher fin— det ſich auch in allen dieſen Sprachen viel Uebereinſtim— mendes mit der Sieb. Sächſiſchen; ohne daß man des— wegen an ſkandinaviſche und brittiſche Einwanderungen nach Siebenbürgen zu denken berechtigt wäre. — Jeden— falls aber hat die ſieb. ſächſiſche Sprache mit dem in ganz Norddeutſchland gangbaren niederſächſiſchen Dialecte (als deſſen bloßer Nebenzweig auch die holländiſche und flämiſche Sprache betrachtet werden muß) eine größere Aehnlichkeit, als mit der holländiſchen und flämiſchen Vereins-Archiv 1. P. III. g. . 30 Sprache ſelbſt. — Was ſich daher im Bau und Inhalt der ſächſiſchen Sprache Uebereinſtimmendes mit der hol ländiſchen findet, hat jene nicht erſt von dieſer aus der zweiten Hand erhalten, vielmehr verdanken beide dieſe übereinſtimmenden Beſtandtheile einer gemeinſchaftlichen Quelle: der niederſächſiſchen Sprache; und der Unter— ſchied zwiſchen beiden beſteht darin, daß die holländiſche Sprache ganz aus dieſer Quelle herausgefloſſen iſt, wäh— rend die ſieb. ſächſiſche außer ihrer größeren Annäherung an das Hochdeutſche, auch noch ganz charakteriſtiſche Eis genthümlichkeiten in ſich ſchließt, die ſowohl den ober— deutſchen als niederſächſiſchen Dialecten fremd ſind. Aus dem Vorangeſchickten erhellt, daß die allgemeine niederſächſiſche oder plattdeutſche Sprache ſich eher zu einer Vergleichung mit der ſieb. ſächſiſchen eignet, als die hol: ländiſche, da ja ohnehin die weſentlichen Merkmale des niederſächſiſchen Dialects ſich auch in der holländiſchen Sprache wiederfinden. — Die nachfolgende Vergleichung wird zwar des großen Schlözers Behauptung, daß die ſieb. ſächſiſche Sprache alles Charakteriſtiſche der ober: deutſchen und gar nichts von der niederdeutſchen Mund— art habe (ſiehe deſſen Kritiſche Sammlung ꝛc. S. 688. Anm. I.) keineswegs beſtätigen, aber ebenſo wenig wird ſie zu Gunſten derjenigen ausfallen, die unſre Mundart als einen bloßen Abdruck der plattdeutſchen betrachten wol— len, und auch den Namen „Sachſen«, welcher gewöhn— lich den Siebenbürger Deutſchen gegeben wird, auf die gerade Abſtammung dieſes Volkes von den alten Sach— ſen an der Elbe und Weſer beziehen. Doch laſſen wir nun die Sache ſelbſt ſprechen. Vergleichung des ſieb. ſächſiſchen Dialeetes mit dem Plattdeutſchen oder Niederſächſiſchen. Wenn wir die ſieb. ſächſiſche Sprache in ihrem Vers hältniß zur plattdeutſchen betrachten, fo finden wir bald, daß in Hinſicht der Vocaliſation zwiſchen beiden nur wenig Analoges und auch dies nur in vereinzelten Er— ſcheinungen ſich vorfindet. — Beſonders unterſcheiden ſich beide dadurch von einander, daß die plattdeutſche Sprache die Diphthonge ſo viel als möglich vermeidet, | 51 während die ſächſiſche fat aus jedem gedehnten Vocale einen Doppellaut macht. Wenn wir uns nun aber zur Betrachtung der Con— ſonanten wenden, ſo finden wir vor allem eine durch— greifende Uebereinſtimmung beider Dialecte darin, daß fie das b am Ende der Stammſylbe durchgehends in das weichere w verwandeln; eine Eigenthümlichkeit, die auch die holländiſche, flämiſche und engliſche Sprache von ihrer ſaſſiſchen Mutter geerbt haben. Beiſpiele hiefür ließen ſich in Menge anführen, doch werden folgende genügen: sterven, ſterben, ſ. ſ. sterwen; Lv Laub Luhwz le- ven, leben, leewen; kalv, Kalb, Kälw u. ſ. w. (Vgl. Schullers Archiv p. 109.) *) Eine zweite Verwandtſchaft beider Dialecte zeigt ſich in der Verwandlung des s in t. — Jedoch findet die Anwendung dieſer Regel in den plattdeutſchen Dialecten bei weitem häufiger ſtatt als im ſieb. Sächſiſchen; hier beſchränkt ſie ſich auf das Geſchlechtswort det das; die Partikel dat, daß; das perſönliche Fürwort et, es; die De- monstrativa dat, das, det dies; gent jenes; das Frage— wort wat, was; welt, welches; das Zahlwort ient, eins; und überhaupt auf die Bildung der Neutralendungen der Beiwörter, wenn dieſe ohne Hauptwörter ſtehn, ſo ſagt man z. B. e Klenet, ein Kleines; est grüsset, etwas großes; und im Vocativ, wo ein größerer Rachdruck auf dem Worte liegt, bleibt dieſe Neutralendung auch vor Hauptwörtern ſtehn z. B. läwet Mähdchen, liebes Mäds chen! garstiget Kengd, garſtiges Kind u. ſ. w. In allen übrigen Fällen bleibt die Neutralendung et (es) gänzlich aus, und man ſagt blos: e' lähv Mähdchen, e garstig Kengd u. ſ. w. (Vgl. Sch. A. p. 121 und Anm. 6.) Erlaubt auf dieſe Weiſe die ſieb. ſächſiſche Sprache die Verwandlung des s in t in ſehr beſchränktem Um: fange, ſo findet ſie hingegen in den niederſächſiſchen Dia— lecten im ausgedehnteſten Umfange ſtatt. Der Nieder— ſachſe kennt das hochdeutſche ß und fi fait gar nicht: das erſte verwandelt er durchgängig in t, das zweite theils ) Bei dem Niederſchreiben ſieb. ſächſiſcher Wörter habe ich die Ortho— graphie des Herrn Prof. C. Schuller befolgt, bei den Plattdeut— ſchen die des Reineke de Voss nach der Schelleriſchen Ausgabe. 4 * 52 in t, theils aber in tt, eine Eigenthümlichkeit, die auch in die holländiſche und engliſche Sprache übergegangen iſt. — So ſpricht man im Plattdeutſchen gror, wit, toriten, Water, Flyt, äten, laten, haten, slöt, Ft, weten, sluten, Mette u. ſ w. für groß, weiß, zerreißen, Waſſer, Fleiß, eſſen, laſſen, haſſen, Schloß, Fuß, wiſſen, ſchließen, Meſſe u. ſ. w. während der Sieb. Sachſe ſich hierin ganz dem Hochdeutſchen anſchließt und grüss, "weiss, zerreissen, Wasser, Fleiss, eessen, lossen u. ſ. w. ſpricht. — Das plattdeutſche ss, welches in einigen Wörtern, wie Wessel, Assel (Wieſel, Eſel) vorkommt, wird ganz weich ausgeſprochen und iſt die— ſer Mundart, die ſich fo ſehr durch ihre Weichheit aus⸗ zeichnet ganz eigenthümlich, da die hochdeutſche Sprache nach einem geſchärften Vokale nur das ſcharfe ff, und nie das gleichſam ſäuſelnde niederſächſiſche ss gebraucht, welches auch dem Sieb. Sachſen nicht fremd iſt, wie die Wörter Wissel, nisseln (Wieſel, näſeln) u. a. bezeugen. Eben dieſes Streben nach Weichheit hat dem t in der plattdeutſchen Sprache noch einen weiten Platz ein— geräumt, und zwar in einem Falle, wo die Anwendung deſſelben unſerm Dialecte durchaus fremd iſt, während ſie ſich durchgängig im Holländiſchen und Engliſchen wie— derfindet. Der Niederſachſe kann die harten Ziſchlaute nicht vertragen; deshalb vertauſcht er das hochdeutſche z und tz durchgängig mit dem geräuſchloſern t und tt. Er ſpricht alſo: Tal, ten, tein, Teken, Top, Tun, Tun- ge, Töverie, twar, twintig; Härt, stolt, kort, sit- ten, Katte u. f. w. für: Zahl, ziehen, zehn, Zeichen, Zopf, Zaun, Zunge, Zauberei, zwar, zwanzig, Herz, ſtolz, kurz, ſitzen, Katze u. ſ. w.; während in dieſen und allen übrigen Fällen der Sieb. Sachſe am z und tz treus lich feſthält. ) Eben dieſes Streben nach Weichheit, welches Nie; derſachſen antreibt, ſtatt des ihm unerträglichen Ziſchlau— tes, das geräuſchloſere t hören zu laſſen, veranlaßt ihn weiterhin, das hochdeutſche t in den meiſten Fällen in ) Die einzige Ausnahme hievon macht das Wörtchen: teschen zwi⸗ ſchen (nf. twishen, köllniſch töschen.) i 53 das mildere d zu verwandeln; und in dieſer Beziehung geht das Sieb. Sächſiſche dem Plattdeutſchen treulich zur Seite. Dieſe Lautſchwächung kommt in beiden Mund- arten ſowohl im Anfange als auch am Ende der Wort— ſtämme vor. Man vergleiche zur Veranſchaulichung die niederſächſiſchen Wörter don, thun; Dag, Tag; Deel, Theil, Der, Thier; driven, treiben; bäden, beten; bid- den, bitten; forbeden, verbieten u. ſ. w. mit den ſieb. ſächſiſchen Ausdrücken: dahn, Däg, Diel, Dähr, drei- wen, beeden, bidden, verbäden u. ſ. w. (Vgl. Sch. A. S. 109 nebſt Anm. 18.) Eine fernere Uebereinſtimmung beider Mundarten. finden wir in dem Beſtreben das ch jo viel als möglich zu vermeiden; daher verſchwindet es in beiden gänzlich, ſobald ein zum Stamme gehöriges s unmittelbar darauf folgt, z. B. niederſächſ. Vohs, ſieb. ſächſ. Fuss, Fuchs; nf. u. ſ. ſ. sees ſechs; nf. Flas, ſ. ſ. Fluos Flachs; ni. Waasen, |. ſ. wuossen, wachſen u. ſ. w. (Vgl. Sch. A. S. 110. 1.) Aber die plattdeutſche Sprache geht in ihrer Abnei— gung gegen dieſen Kehlhauch viel weiter als die Sieb. Sächſiſche, indem ſie ihn überall in das hauchloſe k, und wo unmittelbar ein t darauf folgt in g verwandelt, wäh— rend in dieſen Fällen unſere Mundart überall das hoch— deutſche ch beibehält.) Auch dieſe Eigenthümlichkeit theilt die niederſächſiſche Sprache mit ihren Tochterſprachen, der engliſchen holländischen u. ſ. w. und entfernt ſich das durch wieder bedeutend von ihrer ſiebenbürgiſchen Schwe— ſter, wie folgende Beiſpiele darthun mögen: nf. bleek, 775 ſ. ſ. bliech; bräken, brechen, breechen; Book, zuch, Bach; Buk, Bauch, Boch; floken, fluchen, fla- J Eine Ausnahme macht jedoch das Zeitwort säcken, ſuchen; und die Diminutivendung chen, welche nach f, w. s und 2: ken lau⸗ tet, z. B. Schöfken Schäfchen; Lewken Liebchen; Deschken Tiſchchen; Herzken u. ſ. w. Nach Vocalen jedoch und den übri- gen Conſonanten wird immer chen gebraucht, z. B. Hängdchen Hündchen; Blömchen Blümchen; Mährchen Mährchen u. ſ. w. plattdeutſch Hundeken, Blömeken, Mährken u. ſ. w. (Vgl. Sch. A. S. 110. 3.) 5A chen; kooken oder kaken, kochen, koochen; Rake, Rechen, Reechen; slyken, ſchleichen, schléchen; sprä- ken, ſprechen, spreechen; Teken, Zeichen, Ziechen; Tugt, Zucht, Zucht u. ſ. w. Zu den gemeinſamen Eigenheiten beider Dialecte läßt ſich noch die Regel anführen, daß im Auslaute der Wortſtämme das harte pf durchgängig in das mildere p übergeht, 3 B. nf. Appel, Apfel, ſ. ſ. Appel; stump, ſtumpf, stamp; Top, Zopf, Zoop; stoppen, ſtopfen, stappen u. ſ. w. (Val. Sch. A. S. 110 unten.) — Aber die plattdeutſche Sprache geht auch hierin viel wei— ter als die ſieb. ſächſiſche, indem fie nicht nur im Ans fange der Wörter des pk durchgängig in p verwandelt, (während im Sächſiſchen in dieſem Falle p mit dem häu— figern f abwechſelt), ſondern auch das einfache k und ff am Ende der Stammſylben durchgängig mit dem belieb— ten p vertauſcht, und fo auch hier ihren Widerwillen gegen die Adſpiration bewährt. Dieſe Eigenheit der ſaſ— ſiſchen Sprache, die ſie ebenfalls mit der holländiſchen und engliſchen gemein hat, iſt dem Idiome der Sieb. Sachſen ganz fremd, und vergrößert bedeutend die Kluft zwiſchen beiden Mundarten. Zur Vergleichung dienen folgende Beifpiele: nf. Ape, Affe, f. ſ. Aff’; döpen, taufen, duhfen; dep, tief, def; lopen, laufen, lufen; grypen, greifen, greifen; hopen, hoffen, hoffen; Höp, Haufe, Hufen; Leppel, Löffel, Loefel; Pape, Pfaffe, Faff; pipen, pfeifen, feifen; rapen, raffen, raffen; slapen, ſchlafen, schlofen; slipen, ſchleifen, schleifen; up, auf, af u. ſ. w. Noch eine Eigenthümlichkeit beider Dia lecte, die jedoch nicht durchgreifend iſt, finden wir darin, daß das g am Ende der Stammſylbe bisweilen verſchluckt wir d, wie in slän, ſchlagen, ſ. ſ. schlohn; sähde, ſagte, sohd u. ſ. w.“) Dieſe Verſchluckung findet ſich auch im Frieſiſchen, Hol— ländiſchen, Däniſchen und Schwediſchen. Im Siebenb. ) Eine dem obigen analoge Erſcheinung iſt, daß im Plattdeutſchen und Däniſchen das d zwiſchen zwei Vocalen, deren erſterer lang iſt, und nach 1, n, r ganz verſchluckt wird, wie in mo'er = moder Mutter; der olle, der alte; uner unter u. ſ. w. > Sächſiſchen ſcheint ſie häufiger vorzukommen als im Platt— deutſchen; im Engliſchen kann ſie durchgängig als Regel gelten, indem dieſe Sprache das gam Ende der Stamm— ſylben gar nicht kennt z. B. way, Weg; day Tag; lie lügen; say ſagen; fly fliegen; sail Segel; seal Siegel; nuil Nagel u. ſ. w. Dieß find ungefähr die Hauptpuncte, in welchen die ſieb, ſächſiſche Mundart mit den plattdeutſchen Dialecten uͤbereinſtimmt, und fo ſehr auch die erſtere in den ange; führten Abweichungen von der hochdeutſchen Sprache hin— ter der letztern zurückbleibt, ſo müßten wir doch bei der ſonſtigen Uebereinſtimmung, fo lange kein andrer bekann⸗ ter Dialect eine nähere Verwandtſchaft mit ihr aufzu— weiſen hätte, uns nothgedrungen fühlen, die Sprache der Sieb. Sachſen für eine Tochter der niederſächſiſchen an— zuſehn. — Daß die ſieb. ſächſiſche Sprache in ihrem Streben nach Weichheit weit hinter der Plattdeutſchen zurückgeblieben iſt, ließe ſich durch die mehr als wahrs ſcheinliche Annahme erklären, daß die hospites teuto- nici, welche im 12. und 13. Jahrhundert aus den Wäls dern und Sümpfen Ultraſilvaniens das blühende Land der Sachſen ſchufen, aus den verſchiedenſten Gegenden Deutſchlands eingewandert, auch verſchiedene, ſowohl ober— als niederdeutſche Dialecte mitgebracht hätten, aus denen ſodann, jedoch unter überwiegendem Einfluſſe niederſäch— ſiſcher Elemente, ſich im Laufe der Zeit nach und nach die jetzige Mundart der Sieb. Sachſen herausgebildet habe. Dieſe Annahme wird dadurch noch wahrſcheinlicher, daß ſich im Wortſchatze derſelben Idiotismen aus den verſchiedenſten Gegenden Deutſchlands vorfinden. Auch ließe ſich Vieles durch die fortwährende Einwirkung des Hochdeutſchen erklären, deſſen ſich die Sachſen von jeher als Schriftſprache bedienten; da zu einem ſolchen Range ihr Mutterdialect nie erhoben worden iſt, und bei dem geſunden nie überſpannten Sinn und der unauslöſchlichen Hinneigung unſers Volkes zum großen deutſchen Mutter⸗ lande nie und nimmermehr daran gedacht werden kann. Bei den angeführten Annahmen müßte dann aber u Gunſten derjenigen Erſcheinungen im Gebiete des fieb. ächſiſchen Dialects, für welche weder im Niederſächſiſchen 56 noch im Hoch- und Oberdeutſchen Analogieen ſich auf weiſen laſſen, eine neue Behauptung aufgeſtellt, und der Beweis dafür geführt werden, daß dieſe Beſonderheiten ſich aus dem abgeſchloſſenen Weſen unſrer Sprache nach und nach gebildet hätten, und ſo zu ſagen eigenthüm— liche krankhafte Auswüchſe ſeien, die ſich wie Pilze an dem auf fremden Boden verpflanzten ſich ſelbſt überlaſ— ſenen deutſchen Sprachſtamme erzeugt hätten; eine be— queme Anſicht für diejenigen, welche einen Sprachzweig oberflächlich betrachtend, ſich nicht die Mühe nehmen Ab— weichungen, die ihnen fremdartig klingen, auf Regeln zurückzuführen, und kurz und bündig das Weſen derſel— ben erklärt zu haben meinen, wenn fie ſagen: Es iſt ein verderbtes Deutfch.« Doch wie, wenn ſich in irgend einem Gaue der gro— ßen deutſchen Erde ſelbſt, ein Dialect erhalten hätte, dem die charakteriſtiſchen Züge des Niederſächſiſchen in eben dem Maße, und zugleich auch unter denſelben Einſchrän⸗ kungen aufgeprägt wären, wie der Sprache der Deut— ſchen in Siebenbürgen: ein Dialect, der überdieß noch eine Anzahl wichtiger Eigenthümlichkeiten derſelben, zu denen man in andern Dialecten vergebens nach einem Commentar ſucht, auf eine überraſchende Weiſe in ſich abſpiegelte; wie nun? — frage ich: wenn wirklich ein ſolcher Dialeet ſich vorfände, würde es alsdann nicht natürlich, und der Sache gemäß fein, alle fernern Dis— cuſſionen über die gothiſche, holländiſche oder niederſäch— ſche ꝛc. Abſtammung der Sieb. Sachſen fahren zu laſ— ſen, und die Quelle der ſächſiſchen Sprache, mithin die Urheimath der »Inelyta Natio Saxonica« in jene Ges genden zu ſetzen, aus denen jene verwandten Klänge uns entgegenſchallen? — Denn unbegreiflich wäre es jeden— falls, wie bei zwei, ſeit 700 Jahren weit von einander getrennten Stämmen, im Laufe der Zeit auf zufälligem Wege dieſelben mundartlichen Eigenthumlichkeiten ſich ent— wickelt hätten. Doch nun iſt es Zeit meine Leſer mit dieſem Dia— lecte bekannt zu machen. Es iſt derjenige, welcher im größten Theile der jetzigen preußiſchen Provinz Nieder: rhein in mannigfaltigen Schattirungen ſich vorfindet. 57 Die Marken des Gebietes in welchem er geſprochen wird, könnte man ungefahr durch die Städte Elberfeld, Cre— feld, Aachen, Trier, Coblenz, den Weſterwald und das Siebengebirge bezeichnen. An den verſchiedenen Gränzen geht er allmählig in das weſtphäliſche, holländiſche und allemaniſche über, und bildet ſo gewiſſermaßen eine Brücke zwiſchen dem Oberdeutſchen und Niederſächſiſchen. Waͤre es mir erlaubt, einen neuen Terminus in die Claſſifi— kation der deutſchen Dialecte einzuſchmuggeln, ſo möchte ich dieſen bei ſeinem nahen Zuſammenhange mit unſerm Dialecte den rheiniſch-ſiebenbürgiſchen nennen. Da Kölln ſo ziemlich in der Mitte des bezeichne— ten Gebietes liegt, und ich durch günſtige Umſtände in den Stand geſetzt worden bin, vorzüglich den Dialeet dieſer Stadt näher kennen zu lernen, ſo will ich den Köllner Dialect als Repräſentanten der niederrheiniſchen Mundarten, meiner Vergleichung zum Grunde legen, ob— gleich es leicht möglich iſt, daß in andern Bezirken des Niederrheins, und beſonders im Munde des Landvolkes, die Aehnlichkeit mit der ſieb. ſächſiſchen Sprache noch auffallender hervortreten dürfte. — Man vgl. in dieſer Beziehung die 184? in Aachen erſchienene kleine Samm⸗ lung »Klänge der Heimath.« Wir gehn nun alſo über zur Vergleichung des ſieb. ſächſiſchen Dialeetes mit dem Niederrheiniſchen. Zuerſt müſſen wir hier bemerken, daß dasjenige, was wir bei der Darſtellung des Verhältniſſes der nie— derſächſiſchen Sprache zur ſieb. ſächſiſchen über die letz— tere geſagt haben, ſich im Ganzen vollkommen auch auf den köllniſchen Dialeet anwenden läßt. Er ſchließt ſich in den angeführten Verhältniſſen ganz an das Siebenb. Sächſiſche an. — So finden wir auch hier den Ueber— gang des b in w. So ſind z. B. die köllniſchen Wör⸗ ter: Begrävness, Dev, leeven, gev, sterven, selver u. ſ. w. für Begräbniß, Dieb, leben, gib, fterben — den ſieb. ſächſiſchen Ausdrücken ganz gleichlautend. 38 So beſchränkt auch die Cölner Mundart die Ver— wandlung des s in t auf die oben angeführten im Sieb. Sächſiſchen gebräuchlichen Fälle. Daher ſagt der Kölner wohl: et, dat u. ſ. w., nicht aber (wie der Niederſachſe) laten, mot, Mate, Strate, weten u. ſ. w. für laſſen, muß, Maaß, Straße, wiſſen; vielmehr dem Sieb. Säch⸗ ſiſchen gleichlautend: lossen, moss, Mohss, Strohss, Wessen u. ſ. w. 5 Ebenſowenig als der Siebenbürger kennt der Cöl— ner die Verwandlung des 2 int; er ſpricht alſo gleich | Jenem: setzen, ze, zwor für ſitzen, zu, zwar; wäh⸗ rend der Niederſachſe »sitten, to, twar« ſpricht. Ebenſo wie im Sächſiſchen wird auch im Cölniſchen das t gerne in d verwandelt; beide Mundarten haben Dag, Deer, Desch, broden, roden für: Tag, Thier, Tiſch, braten, rathen u. ſ. w. Das ch verſchwindet auch im Cölniſchen vor s; wie in den Wörtern Büss Büchſe; Ohs Ochſe; wahsen wachſen; erleidet aber ſonſt nicht die Verwandlung in k, wie im Niederſächſiſchen, ſondern bleibt wie das Sieb. Sächſiſche in dieſer Beziehung dem Hochdeutſchen treu. — So wie im Sieb. Sächſiſchen wird auch im Kölniſchen das harte pk in ein bloßes p gemildert; während das reine kund ff unverändert bleibt. Die Verſchluckung des g endlich finden wir auch im Kölniſchen wieder, ſo in Rehn, schlohn für Regen, ſchlagen u. ſ. w. Schon dieſer Umſtand, daß beide Dia⸗ lecte ſowohl in ihrer Annäherung an die plattdeutſche Sprache, als auch in ihren Abweichungen von derſelben, immer gleichen Schritt halten, ſpricht ſtark für die ur— ſprüngliche Identität beider. — Dazu kommt aber noch manches Andere. In Hinſicht der Vocaliſation konnten wir oben zwiſchen dem Niederſächſiſchen und Siebenb. Sächſiſchen wenig Analoges finden; vergleichen wir hingegen die niederrheiniſchen Dialecte mit der Sprache der Siebenb. Deutſchen, ſo finden wir auch in dieſer Beziehung man— che intereſſante Uebereinſtimmungen. Dazu gehört: 59 1) Die Verwandlung des langen e in langes iz. B. Hochdeutſch Kolniſch u. Sied. Saäͤchſiſch. Schnee Schnie. Seele Siel. mehr mieh. weh wieh u. ſ. w. 2) Die Verwandlung des geſchärften i in ein ges ſchärftes e, wie in folgenden Beiſpielen: Hochdeutſch Köln. u. Sieb. Sächſiſch. Hochdeutſch Köln. u. Sieb. Saͤchſiſch. Blick Bleck nimm nemm bin ben picken pecken Biſchof . Beschof ſchicken schecken Chriſttag Chrestdag ſchlimm schlemm dick deck ſicher secher Tiſch Desch Silber Selver Diſtel Destel Sinn Senn in, im en, em ſitzen setzen flicken, flecken ſpitz spetz Hitze Hetz (t) Stich Stech Kinn Kenn ſtill stell mit met ſtricken strecken - u. f. w. Ebenſo lauten im Sieb. Sächſiſchen und Elberfeldi— ſchen auf gleiche Weiſe: drenken, trinken; geng, ging; sengen, ſingen; sprengen, ſpringen; Wenkter, Winter u. ſ. w. — im Crefeldiſchen und S. Sächſiſchen Fesch, Fiſch; gelengen, gelingen; schwemmen, ſchwimmen; sech, ſich u. ſ. w. 3) Die Verwandlung des langen a in ein gedehntes o, wie in folgenden Beiſpielen: Hochd. Köln. u. S. Süächſ. Hochd. Köln. u. S. Süchſ. Abend Ovend Kram Krohm Ader Oder Mahl Mohl blaſen blosen Nachbar Nohber Braten Broden Nachfrage Nohfrog da, damit do, domet Plage Plohg Drath Droht Pabſt Pohbs (t) gethan gedohn Rath Rohd 60 Hochd. Koln. u. S. Sächſ. Hochd. Koln. u. S. Saͤchſ. gab 790 ſchlafen schlohfen Haar ohr ſchlagen schlohn Jahr Johr ſtrafen strohfen ja joh Straße strohss klar klohr wahr wohru. ſw. 4) Der Uebergang des gedehnten o in ein gedehn— tes u. — Doch klingt dieſes u unter allen ſächſiſchen ſeundarten nur noch im Burzenländiſchen rein hervor; in den übrigen Gegenden wird es durch ein noch hinzu— tretendes i auf verſchiedene Weiſe modificirt, ſo daß es an einigen Orten wie ui, an andern wie ju und im Hermannſtädter Dialecte wie ü lautet. In dieſer letzten Geſtalt kommt es auch im Cölniſchen bisweilen vor, wie in Strüh, Stroh; Flüh, Floh; stüssen, ſtoßen u. ſ. w. Weit häufiger jedoch iſt die Anwendung des reinen u, ganz dem Burzenländiſchen entſprechend, wie in folgen den Beiſpielen: Hochd. Köln. u. Burzenl. Hochd. Koln. u. Burzenl Brodt Brut Loth Luht froh fruh Noth Nuht hoch huh roth ruht Lohn Luhn todt duhd su, esu ſo u. ſ. w. Wir wenden uns nun zu einer der wichtigſten Ei genthümlichkeiten beider Mundarten, die vor allen andern für die unmittelbare Verwandtſchaft derſelben ſpricht, da in keinem andern Dialecte eine ähnliche Erſcheinung ſich vorfindet; es iſt dies der häufige Gebrauch des ſogenann⸗ ten naſalen n, welches ſowohl im Sieb. Sächſiſchen als im Cölniſchen in folgenden Fällen vorkommt: 1) In Stammſylben, die im Hochdeutſchen auf ein ausgehen (vgl. Sch. A. S. 111. 1.) z. B. Hochdeutſch. Sieb. Sächſiſch. Kolniſch. fein feng ſing Leine Leng Linge mein meng ming | 4 | Hochdeutic. Sied. Sachſtſch. Kolniſch. Pein Peng Ping Schein Scheng Sching fein seng sing Wein Weng Wingu.f.w. 2) In Wortſtämmen, auf end, ind, und etc. z. B. Hochdeutſch. Sieb. Sächſiſch. Kölniſch. binden bengden bingen Ende Eng d Eng finden fengden fingen Grund Grangd ctrefeldiſch Gronk) Hände Hängd Häng hinten hengden hingenctrefhengen) und Hangd Hunk i Auer hangdert (frei, hongerd Mund Mangd Munkctref Monk) unten angden ref. ongen) unter angder unger Winter Wenkter (elberfeld. Wenkter) zähne Zängd Züng u. ſ. w. Die rheiniſchen Dialecte gehen in dieſer Hinſicht noch weiter als der ſieb. ſächſiſche, indem ſie die Zahnlaute d und t in dem eingeſchobnen Gaumenlaute ganz untergehen laſ— ſen; während dieſer eine Verſchluckung einzig und allein in den Wörtern: entzengen (entzünden, anzünden) und Monkel (Mantel) zuläßt. Ganz auf ähnliche Weiſe verhalten ſich beide Mund; arten zu einander in einer andern eben ſo auffallenden und keinem andern Dialecte bekannten Abweichung von der hoch— deutſchen Sprache. Dieſe Eigenthümlichkeit beſteht darin, daß im Siebenb. Sächſiſchen bei ſolchen Stammſylben in denen die Doppellaute au, ei und eu mit dem Schluß⸗ buchſtaben d oder t vorkommen, vor dieſe Zahnlaute in der Regel ein g oder k eingeſchoben, während im Cölni⸗ ſchen vor dieſem eingedrungenen Gaſte das t und d gänz⸗ lich verſchwindet.) Z. B. ) Im Sieb. Sächſiſchen iſt dies nur bei den Wörtern — Böggel (cölniſch Bückel) Beutel, und zecklich (cölniſch zicklich) zeit: lich, oft — der Fall. 62 Hochdeutſch. Sieb. Sächfiſch. Colniſch. heute höckt hück Kreide Krekt Krick Kraut Kröckt Kruck leiden legden liken Leute Löekt Lück läutet lockt Jukt Mahlzeit Mohlzeckt Mohlzick reiten regden, ricken Seite Seckt Sick Streit Streckt Strick weit weckt wick Zeit u. ſ. w. AZ .eckt u. ſ. w. Zick u. ſ. w. Obgleich in den angeführten Beiſpielen durch die Weg⸗ laſſung des Endbuchſtabens und die Verſchiedenheit der Vocaliſation die kölniſchen Beiſpiele den ſieb. ſächſiſchen et— was unähnlich werden, fo wird doch jedem aufmerkſamen Beobachter der Parallelismus unverkennbar ſein. Hier iſt nun, wie ich glaube, der paſſendſte Ort da⸗ für, einen Umſtand zu erläutern, bei welchem auf den erſten Anblick die ſieb. ſächſ. Sprache blos den Eingebungen der wun— derlichen Launen zu folgen ſcheint; und wo ihr Verhältniß zur hochdeutſchen Sprache ſich ohne Vergleichung mit an— dern Dialecten ſchlechterdings auf keine Regeln zurückfüh— ren läßt. — Es iſt dies die verſchiedne Modificirung, die der hochdeutſche Doppellaut ei im Sächſiſchen erleidet, deren Erörterung wir jedoch hier auf die ſo eben berührten Fälle beſchränken, wo ein Stammwort auf ein, eid oder eit ausgeht. — Bei weitem nicht alle Stammwörter auf ein erhalten im Sächſiſchen das naſale n, und ebenſo ver— ſchmähn viele auf eid und eit die ſonſt gewöhnliche Eins ſchaltung des Gaumenlautes. — Doch Beiſpiele werden hier deutlicher ſprechen. Wie kommt es alſo: daß die Wör- ter: mein, dein, Zeit, weit u. ſ. w. im Sieb. Säch⸗ ſiſchen meng, deng, Zeckt, weckt u. f. w. lauten, während man doch für Stein, Bein, Eid, breit: Stien, Bien, Ihd, brie d u. ſ. w. ſagt? Auf die Vermuthung, daß hier ein tieferer Grund, als bloße mundartliche Willkühr herrſche, müſſen wir ſchon 63 gerathen, ſobald wir die plattdeutſche Sprache und ihre Tochter die engliſche mit in die Vergleichung hineinziehn. Da lautet die erſte Wortreihe im Plattdeutſchen: myn, dyn, Tyd, wyd; und im Engliſchen mine, thine, time, wide u. ſ. w. — Die zweite dagegen im Plattdeutſchen: Steen, Been, Eed, Breed; und im Engliſchen: Stone, bone, oath, broad. — Zur fernern Vergleichung können noch folgende Beiſpiele dienen: Hochdeutſch. Plattdeutſch. Engliſch. Sieb. Säͤchſiſch. fein fyn fine feng Schein shyn shine Scheng Leine Lyne —— Leng allein alleen alone allien ein een one ien beide beede both biede. Da zwiſchen drei fo verſchiedenen feit uralten Zeiten von einander ganz unabhängigen Sprachzweigen ſich ein ſo conſequenter Parallelismus in der Bezeichnung für das hochdeutſche ei nachweiſen läßt, fo kann der Grund hiefür unmöglich ein blos zufälliger ſein, vielmehr muß die zwiefache Art und Weiſe, auf welche in allen dieſen drei Sprachen das ei ausgedrückt wird, ſchon auf einer der älten deutſchen Sprache eigenthümlichen Dupplicität dieſes Doppellautes beruhen. — Hiezu liefert uns nun das Gothiſche, als der einzige ſprachliche Ueberreſt aus der erſten Zeit des weltgeſchichtlichen Auftretens germa— niſcher Völker eine willkommene und intereſſante Erklä— rung. Der jetzige hochdeutſche Diphtong ei erſcheint näm— lich im Gothiſchen noch in einer zwiefachen Geſtalt als ei und ai. Im Plattdeutſchen, Engliſchen und Sieb. Säch— ſiſchen ſind die Nachwirkungen dieſes Unterſchiedes noch deutlich zu erkennen, während er im Hochdeutſchen — we— nige Ueberbleibſel, wie Laib (goth. Hlaif) abgerechnet — gänzlich verſchwunden iſt. Das ei der Gothen entſpricht dem gedehnten plattdeutſchen i (5), und dem langen eng; liſchen i (ſprich ei); das ai dagegen entſpricht dem platt— deutſchen gedehnten e und dem engliſchen o und oa. — Nur in denjenigen Wortſtämmen auf ein, welche auch im — 64 Gothiſchen den Diphtong ei haben, erhält im Sieb. Säch⸗ ſiſchen und Cölniſchen das n den Naſalton, und auch nur bei ſolchen Wortſtämmen erfolgt vor d und r die Einſchie— bung des Gaumenlautes; nie aber in den Fällen, wo dem hochdeutſchen ei, das gothiſche ai zum Grunde liegt, wel— ches im Sieb. Sächſiſchen durch ein langes i ausgedrückt wird, z. B. Gothiſch. Hochdeutſch. plattdeutſch. Engliſch Sb. Sächſiſch. mein meine myn mine meng thein dein dyn thine deng vein Wein Wyn wine Weng | sneithan ſchneiden snyden — — schnegden Stain Stein Steen Stone Stien hrain rein reen — — rien Aiths Eid Eed oath Ihd braid breit breed brood briet r Dies ſind ungefähr die wichtigſten Uebereinſtimmun— gen der niederrheiniſchen und ſieb. ſächſiſchen Mundart in phonetiſcher Hinſicht. Je größer dieſelben gewiß in den Augen jedes unbefangenen Leſers erſcheinen werden, um ſo weniger glaube meiner aufgeſtellten Behauptung ſchaden zu können, wenn ich der vollſtändigen Vergleichung wegen auch einiges anführe, wodurch ſich die cölniſche Mundart von der unſrigen entfernt. Dahin gehört: | 1) Die häufige Verſchluckung des t am Ende, wie in bedaach’ bedacht; beweg bewegt; Kos’ Koſt; Kuns’ Kunſt; Wessenschaf' Wiſſenſchaft u. ſ. w. 2) Die häufige Verſchluckung des r, beſonders vor d und t, z. B. Aa't Art; Aehns' Ernſt; Eede Erde; ge- leh't gelehrt; höh't hört; u. ſ w. Und nun wenden wir uns zu den Eigenthümlichkeiten beider Dialecte in grammatiſcher Hinſicht, wobei uns, da ſie hierin im Ganzen genommen genau an das Hochdeut— ſche ſich anſchließen, nur Weniges zu bemerken übrig bleibt. Hier fällt uns nun zuerſt die Uebereinſtimmung bei der in Hinſicht der Bildung der perſönlichen Fürwörter in 65 die Augen; man vergleiche nur die cölniſchen Formen: has er, se fie; et es; mer wir; eer ihr; üch euch; und das krefeldiſche oss uns — mit dem ſieb. ſächſiſchen: hee, sae (se), et, mer, ir (er) üch, oas u. ſ. w. Eben ſo finden wir auch die unbeſtimmten Fürwörter: ömest, nömest (Jemand, Niemand) wieder im Kölniſchen ümmes, nüm— mes; und im Elberfeldiſchen ömmes und nömmes. — Die Comparativform »mieh« für mehr findet ſich in beiden Dialecten. Was die Conjugation anbelangt, ſo findet eine auf— fallende Uebereinſtimmung beider darin ſtatt, daß ſowohl im Cöllniſchen als auch im Sächſiſchen die erſte Perſon des Präſens Ind. der Infinitivform gleich iſt, und alſo auf en ausgeht, z. B. ich rohden, ich rathe; ich hof- fen, ich hoffe u. ſ. w. Eine Ausnahme hievon machen blos diejenigen anomalen Zeitwörter, welche auch im Hochdeutſchen ſich bei der Bildung der Indicativform gar nicht nach dem Infinitiv richten; wie: ich moss, ich muß; ich well, ich will; ich ben, ich bin u. ſ. w. (Vgl. Sch. A. p. 122.) Außerdem finden ſich in beiden noch eine Menge uͤbereinſtimmender mundartlichen Formen, als: es iſt; sin ſ. ſ. sen, find; han, ſ. ſ. hun haben; gehat, ſ. f. gehuot gehabt; gang, f. ſ. gong gehe du! git, gibt; he kütt, er kommt; kutt kommt ihr! lot laßt! satz (t) ſetzte; sooch ſah; süch, f.f. säch ſiehe! ich woll, f.f. ich wuhl, ich wollte u. ſ. w. | Was endlich die Idiotismen beider Mundarten bes trifft, ſo wäre eine vollſtändige Aufzählung und Neben— einanderſtellung derſelben gewiß höchſt wünſchenswerth Rund lehrreich. — Da es aber beiden Dialecten bis noch an einem Idiotikon fehlt, fo muß ich mich, obgleich die Anzahl gemeinſchaftlicher Idiotismen wahrſcheinlich viel größer iſt, auf das wenige beſchränken, was mir auf mei— nem ſchnellen Durchfluge durch jene Gegenden zufälliger— weiſe aufgeſtoßen und aufgefallen iſt. — Dahin gehört: Bakes, ein Backhaus. Boer, ſ. ſ. Bier, der Eber (engl. Boar). blechen, zahlen. Böchel, f. ſ. Bächel, ein Hügel (Bühel). Vereins-Ardiv J. P. IM, 9. 5 66 Bungert, ſ. ſ. Bangert, ein Obſigarten (Baum— garten). | derr, |. |. duorr, dahin. drüch, ſ. ſ. dröch, trocken. Dürpel, Schwelle (Thürpfahl?) Erbeln, ſ. ſ. Eerpeln, Erdbeeren. 2 Geschlapps, ſeſ. Geschläbber, eine ſchlechte Brühe. Klöppel, ſ. ſ. Kleppel, Knüttel. ' kohren, ſ. ſ. kühren koſten, ſchmecken. krüddelich, kümmerlich, mißlich. Raum, ſ. ſ. Ruhm, Sahne. Selv, Salbei. Spörkel, ſ.ſ. Spirkel, Februar, ſtrenge Kälte (auch Glatteis). Stippen, f..f. Stoppen, Pfähle. töschen, ſ. ſ. teschen, zwiſchen. ‚söcken, f. ſ. secken, ſuchen. Wingert, ſ. ſ. Wengert, Weingarten. Menne ſ. ſ. Wolpern (Waldbeeren?) Heidel⸗ eeren. zicklieh, .. ſ. zecklich, oft u. ſ. w. Möchte doch durch das baldige Erſcheinen zweier verſprochenen und vielverſprechenden Werkchen: des köl— niſchen Idiotikons von Herrn Stadtrath de Noel, und des ſieb. ſächſiſchen Idiotikons von Herrn Prof. Schuller für die Vergleichung beider Dialecte ein größerer Raum gewonnen werden. Volksſagen und Sprichwörter können ſich unter Co— loniſten, die in ihrer neuen Heimath ein abgeſchloſſenes Ganzes bilden, und ihre Volksthümlichkeit gegen jede fremdartige Einmiſchung bewahren, ebenſo lange, als im Mutterlande erhalten. Intereſſant wäre es in dieſer Hin— ſicht unſre noch vorhandene Sagen, Volksmährchen und Sinnſprüche zu ſammeln, um zu zeigen, in wie weit auch aus dieſen Denkmälern der rein deutſche Charakter unſers Volkes ſich ausſpricht. Für den Zweck dieſer Abhandlung wird es indeſſen genügen ein paar eigen— thümliche kölniſche Sprüchwörter mitzutheilen, die ſich eben fo eigenthuͤmlich im Sächſiſchen wiederfinden. Z B. Koln. 67 Der Apreel Deit noch, wat hae wel S. Sächſ. Der Aprel Köln. Sächſ. Köln. Sächſ. Köln. Säͤchſ. Köln. Sächſ. Köln. Sächſ. Pi Sid]. Köln. Sächſ. Koln. Sächſ. Dreiwt de Kälwer en de Ställ. Mähzer Schnie Deiht dem Boore wieh Meerze’ schnie Diet dem Küren (Korn) wieh. Alles wessen mäht Kopping (Kopfpein). Alles wessen macht Hüwd wich. (Haupt- weh). Schwazbrut Mäht de Backe ruht Schwarzbrut Mächt de Backe ruht. Wat besser es, als en Lulis Dat nem met noh Huhs Wut besser es, als en Lous Dat nem met en't Hous. Hae höht de Flüh hosden, un süht et Gras walısen. Hee hürt de' Krippes naesen (den Krebs nieſen) und söckt det Gras wuossen. Hae es op de Arbeit, we der Hunk op de Klöppel Hee es af de Arbet, wae der Hangd af de Kleppel Ein Krohl (Krähe) peck’ der andere kein Aug us. Ihn Kroh peckt der änderer nichen Ug aus, Hae süht, we 'nen Obs op en nen Döhr. Hee söckt, wac en Kalı af en noa Dühr. J 68 Köln. Hae hät e Gesech, we nen Bich’spegel. Sächſ. Hee huot e Gesicht, wae e' Sängde- register. Köln. Hae hängt Alles an dae Domklok. Sächſ. He heht Alles un de grüss Klohk u. ſ. w. Dies ſind die Hauptgründe, auf welche ich meine Behauptung ſtütze, daß die Eigenheiten unſrer Mundart ſich nur aus der Vergleichung mit den niederrheiniſchen, (nicht niederländiſchen) Dias lecten erklären laſſenz und daß es am natür⸗ lichſten ſei, die urſprüngliche Heimath des ſieb. ſächſiſchen Volkes (oder doch der überwie— genden Maſſe deſſelben) in die Gegend der heutis gen preußiſchen Provinz Niederrhein zu ſetzen. Wohl weiß ich es nur zu gut, wie mangelhaft dieſer Verſuch iſt, und es bleibt mir zum Troſte nur das Bewußtſein, daß ich bei dem geringen mir zu Ge— bote ſtehenden Material und meinen unzureichenden phi⸗ lologiſchen Kenntniſſen, nichts Beſſeres habe leiſten kön⸗ nen. Indeſſen glaube ich doch den Sprach- und Ge⸗ ſchichtforſchern meines Vaterlandes einen Fingerzeig ges geben zu haben, bei deſſen Verfolgung ihren Forſchun⸗ gen über den Urſprung der Colonia Cibiniensis eine reichere Ausbeute erblühen wird, als wenn ſie im Nebel der vorarpadiſchen Zeit ſich herumtreiben, oder aber in den Moorgegenden Flanderns, an den langausgedehnten Küſten Niederſachſens und auf der angelſächſiſchen Inſel nach zerſtreuten Analogien ſuchen.) — Mögen geübs tere Philologen meine Vergleichungen erweitern und die noch vorhandenen Lücken ausfüllen; mögen Geſchichts— forſcher, durch meinen Verſuch aufmerkſam gemacht, die alten Chroniken und Archive des Rheinlandes durch⸗ ſuchen und vielleicht auf diplomatiſchem Wege die Ge— ſchichte der Geyſaiſchen Einberufungsperiode aufhellen; ) Aufgefundener Brief in Köln über die Auswanderung von 800 Familien nach Siebenbürgen. mögen endlich Rechtsgelehrte zwiſchen unſrer Municipal; verfaſſung, und den (wenn auch nur noch in Pergamen— ten vorhandenen) altdeutſchen Inſtitutionen jener Ge— genden Vergleichungen anſtellen: dann iſt der Zweck meiner Abhandlung vollkommen erreicht; und ich werde meinen größten Lohn darin finden, wenn vor größern Entdeckungen mein geringes Verdienſt ſpurlos ver— ſchwindet. Nicht Deutſchthümelei iſt es, was mich antreibt die Wiege meines Volkes grade an die Ufer des vielgeprie— ſenen Vater Rheins zu ſetzen; denn warum ſollte es nicht eben ſo ehrenvoll ſein dem gewerbfleißigen und freiheitsliebenden Volke der Fläminger und Holländer anzugehören, oder aber von Witekinds tapfern Kriegern abzuſtammen? — Sind wir doch Alle nur Zweige einer und derſelben deutſchen Ureiche! — Doch die Sprache iſt für die Abſtammung eines Volkes ein eben ſo ent— ſcheidendes und untrügliches Kennzeichen, als die Blüthe für die Claſſifikation einer Pflanze. Darum ſuchet die Quelle unſers Volkes nicht an der Yſſel und am Dol— lart, nicht in Albingien, und am wenigſten im heutigen Sachſen, denn die Meißniſche Mark war noch lange nicht germaniſirt, als ſchon in den gelichteten Wäldern Ultraſilvaniens ein neues Deutſchland ſeine ſchönſten Blüthen entfaltete. — Dort ſucht ſie, wo euch die fer— nen Klänge der Heimath wieder begrüßen; dort, wo an den herrlichen Ufern des Rheins und der Moſel in ehrfurchtgebietender Pracht die älteſten Denkmäler deut— ſcher Kunſt auf uns herniederſchauen, wo zuerſt das deutſche Bürgerthum über den Trümmern römiſcher Zwingburgen emporwuchs! Ich glaube meine Abhandlung nicht beſſer beſchlie— ßen zu können, als wenn ich denjenigen, die auf mei— ner Pilgerfahrt durch die rheiniſchen Gauen den unbe— kannten Fremdling in feinem Unternehmen; mit Rath und That unterftüßten, hiemit meinen innigſten Dank abſtatte. — Vor Allen gebührt dieſer dem hochgefeier— ten Herrn Profeſſor Moritz Arndt in Bonn; dem um die rheiniſche Sprachforſchung verdienten Herrn Stadt— rath de Noel in Köln, und meinem geliebten Freunde 70 Earl Denide in Düffeldorf. — Mögen auch dieſe Zei— len dazu dienen die Blicke unſrer Brüder jenſeits der Karpathen auf unſer Treiben und Wirken an den Gränzen abendländiſcher Cultur zu lenken! Möchte doch einmal zwiſchen dem alten Mutterlande und der ſieben— hundertjährigen faſt vergeſſenen, aber treu gebliebenen Tochter das Feſt des Wiedererkennens gefeiert werden. Am 3. Januar 1843. Friedrich Marienburg, Collaborator in Mühlbach. » »» Kritiſehe Beiträge zur Virchengeschichte des Hermannstädter Capitels in Siebenbürgen vor der Reformation I. Die Dechanten des Hermannſtädter Capitels vor der Reformation (Fortſetzung.) B. Ueber die Diözeſen, zu welchen die ſächſiſchen Capitet Siebenbürgens und namentlich das Hermannſtädter Capitel gehörte. Es iſt bekannt, daß Siebenbürgen vor der Reforma— tion nur ein Bisthum hatte, und es daher eigentlich auch nur eine Diözeſe, nämlich die Albenſer Diözefe, Dioecesis Albensis mit dem ausdrücklichen Zuſatze trans— silvana, oder auch transsilvanensis, in dieſem Lande gab. Zu dieſer Albenſer Didzefe gehörten nebſt einigen Archidigconaten des eigentlichen Ungarns, ausſchließlich und von allem Anbeginne, die ſämmtlichen ungriſchen Archi— diaconate des ſiebenbürger Waywodates oder der ung: riſchen Comitate Siebenbuͤrgens, wie auch die Archidia— conate des Szeklerlandes oder des Comitatus Sienlo- rum in Siebenbürgen. Die Decanate oder Capitula der ehemaligen drei oder vier kleinern ſächſiſchen Comi— tate oder Provinzen in Siebenbürgen, hätten nun wohl, 72 de jure wie es ſcheint, als partes Regni Hungariae transsilvanae, gleichfalls von allem Anbeginne und ſämmtlich unter die Siebenbürger Diözeſe gehören ſollen, — wie dieſes auch faſt alle bisherigen Schrift— ſteller unbedingt anzunehmen ſcheinen; — um ſo mehr, da ſich, wie geſagt, kein anderes Bisthum außer dem Albenſer im Lande vorfand. Allein de facto iſt Dieſes, wie es gleichfalls bekannt iſt, mit den ſächſiſchen De— canaten oder geiſtlichen Sprengeln des Landes nie der Fall geweſen; vielmehr findet man die ſächſiſchen Capitel von jeher in zwei Diözefen, nämlich in die bi: ſchöfliche Albenſer und in die erzbifhöflihe Graner Diözeſe getheilt. Zur erſtern gehörte allerdings die Mehr— zahl jener XVI ſächſiſchen Decanate, nämlich XIV; zur letztern aber nur II, nämlich das Hermannſtädter und Burzenländer Capitel. — Merkwürdig iſt bei dieſen zwei zuletzt genannten Capiteln dem Hermann— ſtädter und Burzenländer, nicht nur dieſer Umſtand, daß ſie von den übrigen ſächſiſchen Capiteln der Alben— ſer Diözeſe getrennt, unter der erzbiſchöflich Graner Diözeſe ſtanden; ſondern auch noch der ganz beſondere Umſtand, daß ſie vor der Reformation auch unter der Milkover Diözeſe vorkommen.) Dieſe Erſcheinung nun, daß die Sachſen allein unter den übrigen Nationen Siebenbürgens in zwei Diözeſen vor der Reformation getheilt waren, und daß namentlich das Hermanſtädter von den übrigen ſächſiſchen Capiteln getrennt und gleichſam iſolirt von ſeinen Stamm— ») Merkwürdig iſt bei dieſen zwei Capiteln auch noch der Umſtand, daß ſie ſo wie früher vor der Reformation, ſo auch ſpäter nach der Reformation, wenngleich unter eine und dieſelbe Superinten— dentur der Augsb. Confeſſions-Verwandten in Siebenbürgen, mit den Fübrigen ſächſiſchen Capiteln der ehemaligen Albenſer Diözeſe vereinigt, doch nie den Unterſchied beider Diözeſen gänzlich aufs gegeben haben, daß ſie vielmehr feit jener Transaction des ſächſi⸗ ſchen Clerus beider ehemaligen Diözeſen vom Jahr 1545, als die ſogenannte Altera pars Universitatis ecolesiasticae Baxonuin in Transsilvania, (wie fie in öffentlichen Schriften, früher jedoch häufiger als jetzt, genannt werden), noch immer einige abſonder⸗ liche Intereſſen in Anſehung alter Prärogative zu bewahren ſuchen. 73 genoſſen in einer andern Diözefe daſtand, hat vielen Gelehr— ten zu mancherlei intereſſanten geſchichtlichen Unterſuchun— gen Anlaß gegeben. — Vor allen Dingen aber hätten die Geſchichtsforſcher wohl die Frage ganz deutlich aufwer— fen ſollen: Wie — ſeit wann — und durch welche Ver— anlaſſung der ſächſiſche Clerus in jene zwei Diözefen, in die Albenſer und Graner oder Milkover Diözefe ges theilt worden und zerfallen ſei? — So nothwendig dieſe natürliche Frage dem Geſchichtsforſcher ſich von ſelbſt auf— dringen mußte; fo hat fie doch keiner fo beſtimmt aus⸗ geſprochen, und daher auch keiner ganz beſtimmt beant— wortet; vielmehr beſchränkt ſich Alles was in dieſer Hin— ſicht in der Literatur geleiſtet worden und geſchehen iſt, bloß auf einige Unterſuchungen über das Hermann— ſtädter (und Burzenländer) Capitel, und namentlich darüber: Wie und ſeit wann, daſſelbe unter den Mil— kover Biſchof, und wie und wann es unter den Erz biſchof von Gran gekommen ſei? — Ueber die übris gen ſächſiſchen Capitel des Landes aber, und beſonders darüber: wie und wann dieſe unter die Albenfer Diözeſe gekommen ſind, hat meines Wiſſens noch kein Geſchichtsforſcher Etwas geſchrieben. Hiſtoriſche Unterſuchungen alſo über das Milkover Bisthum und darüber: Wie und wann das Hermann— ſtädter Capitel unter den Milkover Biſchof und zu deſſen Diözeſe gekommen ſei? — haben, wie geſagt, meh— rere Schriftſteller beſonders des vorigen Jahrhunderts angeſtellt, und ihre Meinungen darüber in verſchiedenen Schriften ausgeſprochen. Unter dieſen zeichnet ſich beſon— ders Benkö aus, der über das Milkover Bisthum, und daher auch über die zu demſelben gerechneten ſächſiſchen Capitel, und namentlich auch über das Hermannſtädter Capitel, ein eig'nes Werk, ſeine Milkovia, geſchrieben hat, und in derſelben nicht nur die verſchiedenen Mei— nungen früherer Gelehrten ſorgfältig zu ſammeln, ſon— dern auch mit vielen Urkunden zu unterſtützen und den Gegenſtand möglichſt genügend zu erſchöpfen bemüht ges weſen iſt. Allein da Benkö's Unterſuchungen genau ges 74 nommen, faſt eben fo wenig genügend find, als die der frühern Gelehrten; ja ſogar ſeine Behauptungen, ſo wie er ſie aufgeſtellt und zu erhärten geſucht hat, durch⸗ aus nicht geeignet find, einen unparteiiſchen Forſcher zu befriedigen, wohl aber den ganzen Gegenſtand verdäch— tig zu machen; ſo weiß man in der That, wenn man auch gleich dem harten Urtheile des ſcharfſinnigen Schloͤ— zers über Benkö's Milkovia, nicht beipflichten will und nicht beipflichten kann, — 9) doch noch immer nicht- Ob, und in wie weit, die Geſchichte des Milkover Bis— thums mit der Geſchichte des Hermannſtädter Capitels jemals in irgend einem Zuſammenhange geſtanden, oder irgend einen Einfluß auf jene aufgeſtellte Diözeſenfrage gehabt habe oder nicht? Weil ich nun verſprochenermaßen dieſem Thema ſpä— ter eine eigne Abhandlung widmen will, in der ich mich weitläufiger über dieſen Gegenſtand verbreiten werde; ſo kann ich mich vor der Hand in keine tiefern Unter— ſuchungen über das Milkover Bisthum einlaſſen, und beſchränke mich hier einſtweilen in Anſehung dieſes Bis— thums und in Beziehung auf das Hermannſtädter Ca— pitel, ſo weit ihre beiderſeitige Geſchichte nämlich zuſam⸗ men hängen ſoll und kann, bloß auf folgende allgemeine Bemerkungen: a) Bemerke ich, daß zur Löſung jener Fragen: Seit wann das Hermannſtädter Capitel unter die Gerichtsbar— keit des Milkover Biſchofs und zur Milkover Diözeſe ges kommen, und alſo auch, wie man vermuthlich dadurch zei— gen will, jene zweierlei Diözeſen unter den Sachſen ent: ſtanden ſeien? — bei ſämmtlichen bisherigen mir bekann— ten Geſchichtsforſchern keine Antwort gefunden werden könne. Selbſt Benkö, der in den zwei Bänden ſeiner Mil— ) Dieſer Gelehrte iſt eben durch die Unterſuchungen Benkd's über das Milkover Bisthum, zu jenen auffallenden Behauptungen ge- leitet worden, in ſeinem Werke: Krit. Samml. S. 616. den Mil⸗ kover Biſchof für ein Unding, S. 618. das Milkover Bis⸗ thum für erdichtet. S. 508 für ein Unfactum und endlich S. 500 faft Alles, was Benkb in ſeiner Milkovia über das Mil⸗ kover Bisthum weitläuftig geſchrieben, für eine Fabel zu erklären. 75 kovia, trotz allen feinen Bemühungen, doch nicht im Stande war zu zeigen: Wo und wann das Milkover Bisthum geblühet, und wie und wann die Sachſen und nament— lich das Hermannſtädter Capitel unter den Milkover Bis ſchof gekommen und unter ihm geſtanden? — ſieht ſich genöthigt, nach allen ſeinen Forſchungen, in Anſehung je— ner Frage, doch endlich Milkovia I, pag. 92. not. 2. zu geſtehen; Quo tempore in primone adventu statim, aut aliquot postea annis, Inclita Natio Saxonica ad duas Episcopatuum Dioeceses, dispertita fue- sit, non habeo quod pro comperto adfirmare au- deam. — b) Ferner werde ich an feinem Orte zeigen: daß nies mals irgend ein ſächſiſches Capitel und namentlich das Hermannſtädter Capitel unter irgend einem Milkover Bi— ſchofe geſtanden habe und ſtehen konnte; und daß alfo in der Geſchichte dieſes Hermannſtädter Capitels davon auch nie die Rede ſein könne: Wie und ſeit wann, dieſes Ca— pitel unter einen Milkover Biſchof gekommen, und, wie und wann es wieder von ihm befreit wurde? c) So viel iſt jedoch endlich unſtreitig gewiß: daß es viele und zwar echte Urkunden aus den Zeiten vor der Reformation gibt, in denen das Hermannſtädter Ca— pitel und namentlich einige Orte und Eecleſien deſſelben ausdrücklich Dioecesis Milkoviensis genannt werden, und dieſer Art, theils miß verſtan dene, theils ſpäter auch gefliſſentlich entſtellte Urkunden, ſind es eben, die meh⸗ rere Schriftſteller verleiteten, das Milkover Bisthum mit der Kirchengeſchichte der Sachſen überhaupt und insbefon; dere mit der Geſchichte des Hermannſtädter Capitels in Verbindung zu ſetzen. — Da nun ſeit Benkös Zeiten kein fpäterer Schriftſteller mit der ältern Kirchengeſchichte des Hermannſtädter Capitels ausſchließlich ſich befaßt, und keiner die Milkover Angelegenheiten in Beziehung auf dieſes Capitel näher als Benfö beleuchtet, und alſo auch keiner in eine tiefere Unterſuchung darüber: Seit wann und in welcher Beziehung und warum jene Dioeceses Milkovienses, in jenen Urkunden vorfoms men? — ſich eingelaſſen hat; fo hat daher auch Niemand > bemerken können: daß die Geſchichte des Milkover Biss 1 76 thums eigentlich in keiner Verbindung mit der Geſchichte des Hermannſtädter Capitels geſtanden, und am allerwe— nigſten irgend einen Einfluß auf die Trennung der ſäch⸗ ſiſchen Capitel in zwei Diözeſen gehabt habe und haben konnte, indem dieſer Trennung, wie unten gezeigt werden ſoll, ganz andere Urſachen als das Milkover Bisthum zum Grunde liegen. 100 Eben ſo wie mit dem Milkover Bisthum verhält es ſich auch mit der Unterſuchung derjenigen Frage: Wie und ſeit wann das Hermannſtädter Capitel unter die Juris⸗ diction des Erzbiſchofs von Gran und alſo auch zur Graner Erzdiözeſe gekommen ſei? — Hierüber gibt es überhaupt dreierlei Meinungen. Diejenigen Geſchichts⸗ forſcher nämlich, welche den Milkover Biſchof zum Suf— fragan des Erzbiſchofs bei den Sachſen machen wollen, ſetzen den Anfang der erzbiſchöflichen Jurisdiction in einen und denſelben Zeitpunkt. Da aber für dieſe kein ſicherer Anfang gefunden werden kann, ſo läßt ſich auch für jene kein ſicherer Anfang hieraus beſtimmen. — Andere Schriftſteller behaupten: Mit dem Erlöſchen des Milkover Bisthums habe die erzbiſchöfliche Jurisdiction uber das Hermannſtädter Capitel begonnen. Da aber das Erlöſchen dieſes Bisthums eben ſo ungewiß wie ſein Entſtehen zweifelhaft, und ſein Fortbeſtand unter den Sachſen eine grundloſe Hypotheſe iſt; ſo beruhet auch dieſe Anſicht gleichfalls auf keiner feſten Baſis. — Noch andere Forſcher endlich, die den Milkover Biſchof ganz aus dem Spiele laſſen, ſuchen einzelne Jahrzahlen in Urkunden des XIII. Jahrhunderts auf, in denen zuerſt des Erzbiſchofs von Gran in Angelegenheiten des Her⸗ mannſtädter Capitels Erwähnung geſchieht, um den An— fang ſeiner Jurisdiction über die Sachſen zu finden. — Allein auch dafür und beſonders für die Entſtehung zweier Diözeſen unter den Sachſen, läßt ſich auch aus dieſen Ur⸗ kunden und den Unterſuchungen hierüber gleichfalls Nichts darthun und jene Frage alſo auch nicht beantworten; in⸗ dem jene Trennung der Diözeſen noch im XII. Jahrhun⸗ dert geſchehen iſt, und es mit der Jurisdietion des Erz⸗ 77 biſchofs von Gran, die er unbeftreitbar über das Her mannſtädter Capitel ausübte, eine ganz andere Be— wandtniß hat. (Vgl. Schullers Archiv J, 276.) Mit der Entſtehung der Hermannſtädter Prop— ſtei ſcheint es in der Kirchengeſchichte des Hermannſtädter Capitels endlich doch etwas heller werden zu wollen; denn nach der Anſicht neuerer Schriftſteller ſcheint durch die Stiftung dieſer Probſtei auch die Trennung des ſäch— ſiſchen Clerus in zwei Diözefen entſtanden zu fein. — Man kennt zwar allerdings ihren Stifter König Bela III. auch das Jahr ihrer Stiftung 1191; — man hat auch einige Urkunden über die erſten Schickſale dieſer Propſtei aufzuweiſen — aber plötzlich hören dann alle weitern Nachrichten von ihr auf einmal wieder auf, und man iſt genöthigt, will man doch etwas von ihren fernern Schick— ſalen ſagen, zu allerlei Hypotheſen ſeine Zuflucht zu neh— men. Viele der vorzüglichſten Geſchichtsforſcher haben auch über dieſe Propſtei ihre Meinungen ausgeſprochen, allein da ihre Anſichten gewöhnlich unbeſtimmt und ſchwankend ſind und inſonderheit, da die meiſten mehr oder weniger aus Mangel an gehörigen Daten für die Geſchichte des Hermannſtädter Capitels ſowohl, als auch aus Mangel an gehörigen Daten für die Geſchichte der Propſtei ſelbſt, den Hermannſtädter Propſt gewöhnlich mit dem Dechan— ten des Hermannſtädter Capitels, und dieſes Capitel wies der mit der Propſtei verwechſelt, oder das Hermanns ſtädter Capitel ſogar zur pröpſtiſchen Diözeſe und den Dechanten deſſelben zu einem Untergebenen des Propſtes gemacht haben u. dgl., ſo ſind dieſe Gegenſtände hiedurch dermaßen verwirrt worden, daß ſie bei dem bisherigen Mangel an anderweitigen Quellen jeden Forſcher ab— ſchrecken und hindern mußten, tiefer in die Geſchichte beider, des Hermannſtädter Capitels und der Propſtei einzudringen, und man daher auch heutzutage in der That noch immer nicht recht weiß, was man mit dieſer Her— mannſtädter Propſtei, ſo wie mit dem Milkover Bisthum unter den Sachſen eigentlich anfangen ſolle. — Darum will ich verſprochenermaßen auch eine eigne Abhandlung * 78 zur Geſchichte dieſer Propſtei zu feiner Zeit liefen, wo ich mich bemühen werde mehrere Materialien hiezu be— kannt zu machen, und nähere Aufſchlüſſe, als bisher ge— ſchehen, über ſie zu geben, und begnüge mich hier gegen die am meiſten angenommenen Meinungen einiger frü— hern Gelehrten nur Folgendes geſagt zu haben: daß a) Der Hermannſtädter Propſt und der Dechant des Hermannſtädter Capitels zwei ganz verſchiedene Perſonen und zwei ganz verſchiedene geiſtliche Würden ſind. — Daß b) das Hermannſtädter Capitel nicht das Dom ca— pitel der pröpſtiſchen Cathedrale ..) Sanetae Crucis (...) und die 24 Capitulares des gegen: wärtigen Hermannſtädter Capitels nie die 24 Ca no- nici jener pröpſtiſchen Cathedrale, und der Hermanns ſtädter Dechant nie der Decanus unter dergleichen Ca- nonicis waren; ſondern, daß das Hermannſtädter Ca— pitel etwas ganz anderes von jeher war und gegenwär— tig iſt, als ein Domcapitel irgend einer Cathedral— kirche und am allerwenigſten der Pröpſtiſchen. Mithin daß folglich c) Die Geſchichte des Hermannſtädter Capitels und die Geſchichte der Hermannſtädter Propſtei zwei ganz verſchiedene Gegenſtände betrifft. — Daß ferner d) König Bela III, der Stifter dieſer Propſtei, allerdings beabſichtigte: alle von Geyſa einberufenen Sachſen Siebenbürgens unter die Aufſicht des Propſtes zu ſtellen und bei der Stiftung derſelben auch wirklich geſtellet habe; demohngeachtet aber de facto nie irgend ein einzelnes ſächſiſches Capitel alſo auch namentlich das Hermannſtädter Capitelenie von den übrigen abge— ſondert unter der Gerichtsbarkeit des Propſtes geſtan— den und zur pröpſtiſchen Diözeſe jemals gehöret habe; und daß endlich e) Die Stiftung dieſer Propſtei, — wie ſchon aus gegenwärtiger Abhandlung zu erſehn ſein wird, — durch— aus nicht die Urſache der Trennung des ſächſiſchen Cle— rus in zwei Diözeſen war; wie mehrere Gelehrte, Die ich in der Geſchichte dieſer Propſtei namentlich anführen werde, dergleichen Behauptungen früher aufgeſtellt haben. 70 Mit dem bisher Geſagten glaube ich vor der Hand wenigſtens darauf aufmerkſam gemacht zu haben, daß die oben aufgeſtellte Frage: Seit wann, wie und auf welche Art nämlich unter den Sachſen zwei Diozeſen entſtanden ſind? — auf die Weiſe, wie es bisher in der Literatur geſchehen, durchaus nicht beantwortet wers den könne. Denn weder die Unterſuchungen uber das Milkover Bisthum, noch über die Zeit, in welcher der Erzbiſchof von Gran die Jurisdiction über das Her— mannſtädter Capitel überkommen haben ſoll, können zur Beantwortung jener Frage führen; indem weder der Milkover Biſchof, noch der Erzbiſchof von Gran, und am allerwenigſten der Propſt von Hermannſtadt die eigentliche Grundurſache ſind, daß das Hermannſtädter Capitel von den übrigen Capiteln getrennt, in einer bes ſondern Diözefe vor der Reformation erſcheint. — Ja ich behaupte: daß, wenn man dieſer Trennung der Sachſen in zwei Diözefen, auf die eigentliche Spur kommen will, alle Unterſuchungen über das Herman n⸗ ſtädter Capitel ſchlechterdings aufhören und wegfallen müſſen. Denn das Hermannſtädter Capitel iſt ſeit Konig Geyſa II. Zeiten bis auf dieſen Augenblick gewiſſermaßen immer in statu quo geblieben — das Hermannftädter Capitel hat in ſeinen Grundinſtitutionen ſeit König Gey— ſa II. eigentlich keine weſentliche Veränderung erlitten, und nicht das Hermannſtädter Capitel hat ſich von den übrigen ſächſiſchen Capiteln abgeſondert und zu einer eignen Diözeje gebildet, ſondern umgekehrt: Die übris en ſächſiſchen Capitel Siebenbürgens find nicht in ihrem statu geblieben, — mit den übrigen ſächſiſchen Capiteln des Landes iſt gleich anfänglich eine aufers rdentliche Veränderung vorgegangen — die übrü en Capitel ſind durch die Ereigniſſe der Zeit von der meinſchaft des Hermannftädter Stamm⸗Capitels in kirch⸗ licher Hinſicht losgeriſſen worden. — Man ſoll daher alſo auch nicht mehr fragen und darauf auch nicht mehr zu antworten ſuchen: Seit wann das Hermannftäds ter Capitel unter die Milkover oder Graner, oder unter welche andere Diözeſe immerhin gekommen ſei; ſondern man ſoll fragen: Wie, wann und auf welche Art und 80 Weiſe find die übrigen ſächſiſchen Capitel von der Gemeinſchaft mit dem Hermannſtädter getrennt worden? — Auf welche Weiſe find die übrigen Ca- pitel mit Ausnahme des einzigen Hermannſtädter Ca— pitels unter die Albenſer oder Siebenbürger Diözefe gekommen? — Nur durch die Beantwortung dieſer Frage, nur durch Unterſuchungen über dieſen Gegen— ſtand, kann auch jenes Problem der Entſtehung zweier Diözeſen unter den Sachſen Siebenbürgens gelöſet werden. Es muß allerdings befremden, wie unter den vie— len Geſchichtsforſchern, die hin und wieder für die alte Kirchengeſchichte der Sachſen ſo viele wichtige Daten geliefert haben, doch keiner auf den Gedanken gekom⸗ men iſt, die Frage: Wie? Wann? und auf welche Art und Weiſe die ſächſiſchen Capitel der Albenſer Dios zeſe unter den Siebenbürger Biſchof gekommen ſind? aufgeworfen und den Gegenſtand einer nähern Unter— ſuchung gewürdigt habe. Wäre dieſes früher geſchehen, ſo würde manches Licht über verſchiedene einzelne dunkle Punkte der Geſchichte bisher ſchon verbreitet, und nament— lich die Entſtehung zweier Diözeſen unter den Sachſen Siebenbürgens ſchon längſt bekannt worden ſein. — Da ich nun die Entſtehung zweier Diözeſen unter den Sach— ſen nirgends anders, als in der Vereinigung der meiſten ſächſiſchen Capitel mit der Albenſer Diözefe finden, und die Trennung des ſächſiſchen Clerus in zwei Diözeſen bloß dieſem Ereigniſſe zuſchreiben kann; jedoch aber, dieſe meine Behauptungen: — daß nämlich die ſächſiſchen Capitel, die vor der Reformation unter dem Albenſer Biſchofe ſtanden, eben ſo wenig als das Hermannſtädter Capitel urſprünglich und de jure zur Albenſer Diözefe gehörten, und eine zeitlang hindurch auch factiſch nicht unter ihr geſtanden, ſondern erſt fpäter dazu gekommen ſind, — allhier ohne einen zu weit ausholenden und zu viel umfaſſenden literäriſchen Apparat, wie aus dem fol— genden erhellen wird, unmöglich vollſtändig durchführen kann; ſo will ich daher auch nur die Reſultate mei⸗ ner antiquariſch-hiſtoriſchen Forſchungen hierüber liefern, und ſie zur Prüfung dem literäriſchen Publicum vorlegen. 81 Die Geſchichte Siebenbürgens und der jetzt darin lebenden Rationen, kann nur mit der Eroberung die— ſes Landes durch den erſten ungriſchen König Stephan den Heiligen vom Jahre 1002 anfangen; indem die— ſes Land erſt ſeit dieſer Zeit eine Provinz des ungri— ſchen Reiches wurde, und auch die jetzt darin lebenden Nationen höchſt wahrſcheinlich nur ſeit dieſer Zeit hier wohnen. — Wenn nun gleich dieſes Land in bürgerlicher Hinſicht nach den verſchiedenen Nationen, feinen Bewoh— nern, unter den mannigfaltigſten mittelalterlichen Inſti— tutionen, aus oft ganz heterogenen Beſtandtheilen zuſam— mengeſetzt war, die nie zuſammenſchmelzen und nie ein leichartiges Ganze werden konnten, und daher größten: cheils in faſt gar keiner politiſchen Verbindung mit ein— ander ſtanden, und alſo auch unter keinem gemeins ſchaftlichen weltlichen Oberhaupte außer dem König ſtehen konnten, — weswegen es auch in den Zei— ten der alten ungriſchen Könige fortwährend nur unter dem Namen Partes Regni Hungariae ultra — oder transsilvanae vorkömmt; — fo ftanden doch dieſe par- tes transsilvanae in kirchlicher Hinſicht faſt insge— ſammt alle unter einem und demſelben gemeinſchaft— lichen geiſtlichen Oberhaupte, dem Albenſer oder Siebenbürger Biſchofe, und es exiſtirte daher auch ſeit Stephan dem Heiligen, wie einige Gelehrte annehmen wollen, oder wie andere es wollen, ſeit Ladislaus dem Heiligen, auch nur ein Bisthum und nur eine Diözefe im Lande, unter welche, wie ſchon oft erwähnt worden, die ungriſchen und ſzekler Archidiaconate Siebenbürgens gehörten.) Die ſächſiſchen Decanate oder Capitel ) Wie Benfö in feiner Milkovia zwiſchen einem Archidiaconate und eeinem Decanate keinen Unterſchied machen, und das Szeklerland vor der Reformation durchgängig und wider alle Geſchichte, (ja 5 wider feine eigne Behauptung J. c. 1. S. 5.) in Decanate, * wie das Sachſenland, eingetheilt, und von Anbeginn unter die Milkover Diozeſe gehörig darſtellen konnte, wird nur dann bes „ greiflich, wenn man bedenkt: daß Benkö mit feiner Milfovia un: ter mehreren andern, beſonders den Hauptzweck hatte, durch die eigne Art und Weiſe ſeiner Darſtellungen und Behauptungen, und Vereins-Archiv 1. B. III. 9. 6 82 in Siebenbürgen, ſind zwar, wie geſagt, gleichfalls faſt alle (mit Ausnahme einzig zweier Capitel) unter dem Siebenbürger Biſchofe vor der Reformation geſtanden und hätten dem Anſcheine nach, als partes Regni trans- silvanae eigentlich ohne Ausnahme, alle und zwar von allem Anbeginn, wie die ungriſchen und Szekler Archidiaconate, unter der Gerichtsbarkeit des Sieben— die dabei gelieferten Urkunden über das Milkover Bisthum, vor allen Dingen die hunniſche Abkunft der Szekler wie immer⸗ hin, ja ſogar urkundlich beweiſen zu wollen. Schade daß ihm jedes Mittel hiezu erlaubt dünkte. — Warum aber das Alterthum nur zwei ſzekler Arhidiafonate: de Telegd und de Kyzdy, und zwar in der Albenſer Diözefe und nicht wie Benfd 1. o. II, 49 angibt, zehn Szekler Detanate unter der Milkover Diözeſe kennet, davon mag wohl die Urſache die fein, weil das Szekler⸗ land vielleicht vor der Reformation auch wirklich nur in dieſe zwei Archidiaconate eingetheilt war, von denen das erſte die nördliche und das zweite die ſüdliche Hälfte des Szeklerlandes in ſich ſchloß. — Ebenſo irrig iſt es, wenn Benkb 1. c. II, 201 das ſäch⸗ Kyzder (Keisder) Capitel der Hermannſtädter Provinz zu einem Archidiaconate machen, und in einer Urkunde von 1309 unter den Canonieis der Albenſer Eccleſie einen Archidiaconus dieſes Keisder Capitels finden will, da hier offenbar von dem Szekler Archidiakonate de Kyzdy die Rede iſt, fo wie überhaupt das Szek⸗ ler⸗Land nie in Decanate, und das Sachſenland nie in Archidia⸗ conate vor der Reformation eingetheilt war. — Im ganzen ſäch⸗ ſiſchen Clerus Siebenbürgens kömmt ein einziger Archidiaconus Ecclesiae Cibiniensis vor, welches der ſogenannte Stadtpredi⸗ ger in Hermannſtadt iſt, d. h. der Diaconus Primarius der acht Diaconen der evangeliſchen Pfarrkirche in Hermannſtadt (wie auch Benkö 1. c. S. 5 bemerkt); eine Würde, die, da fie in keinem mir bekannten alten Monumente vorkommt, wahrſcheinlich ſammt ihrem lateiniſchen Namen nur ſpätern Urſprungs und nur nach der Reformation entſtanden ſein mag. (Vor der Reformation hießen die ſpätern Diaconen: Presbiteri Capellani, und Georg Soterius d. ä. fängt in feinem Cibinium MS. das Verzeichniß der Hermannſtädter Diaconen, erſt mit dem Johannes Funccius im Jahr 1616 an.) Daß übrigens mehrere Plebane ſächſiſcher Eccleſien, beſonders der Albenſer Diözefe zugleich Archidiaconen verſchiedener Archidigconate des Bisthums waren, zeigen einige Urkunden. 83 bürger Biſchofs ſtehn und alſo auch von Rechts wegen zur Siebenbürger Diözeſe gehören ſollen. Dieſe Anſicht iſt allerdings beim erſten Anblicke die natürlichſte und wahrſcheinlichſte, die man nur immerhin haben konnte, und aus dieſer Urſache iſt es daher auch wohl begreiflich, wie es keinem Forſcher der ſächſiſchen Kirchengeſchichte jemals beigefallen iſt, dieſe vermeintliche Thatſache zu be— 1 oder dieſen Gegenſtand in irgend eine nähere nterſuchung zu ziehen, und darum eben hat man auch hierüber als über eine allgemein bekannte, oder viels mehr als allgemein bekannt vorausgeſetzte Wahrheit keine weitern Worte verlieren wollen. Allein dem iſt durchaus nicht alſo: Denn ſämmt⸗ liche Kirchſpiele der Geyſaiſchen Sachſen in Siebenbür— gen, mit ihren Capiteln oder Decanaten, gehörten als Colonien⸗Eccleſien unter die Zahl der ſogenannten exem— ten Ecclefien, die ihrer Natur nach in Ungarn nicht unter der Gerichtsbarkeit der Diözeſan-Prälaten ſtanden, ſondern eben von dieſen exempt waren. Dieſerwegen konnten auch die ſächſiſchen Kirchſpiele und Sprengel in Siebenbürgen als exemte Eccleſien weder urſprünglich und de jure unter den Albenſer Biſchof und zu ſeiner Diözeſe gehören, noch find fie de facto von Anbeginn unter dem Albenſer Biſchofe geſtanden; ſondern erſt ſpä— ter nach mancherlei Ereigniſſen, ein halbes Jahrhundert nach ihrer Entſtehung erſt unter den Siebenbürger Bi— ſchof gekommen. Dieſes nun, daß die geiſtlichen Sprengel und Eccle— ſien der Geyſaiſchen Sachſen in Siebenbürgen exemte und namentlich von der Albenſer Diözeſe eremte Eceleſien waren, erhellet im Allgemeinen aus folgen— den Thatſachen: Fürs erſte wurden die Colonien der Geyſaiſchen Sachſen in eine ſolche Länderſtrecke des ungriſchen Rei— ches gegründet, die damals eine menſchenleere Wüſte ein Desertum war, der man das ganze XII. Jahrhundert und vor der Conſtituirung der Hermannſtädter Provinz auch keinen andern Namen als Desertum Geysae geben konnte. Nun zeigt eben die Geſchichte der ausländiſchen Colonien in Ungarn, daß keine Wüſte, — da keine Seel— 6 * 84 ſorge darin ausgeübt werden konnte — zu irgend einer biſchöflichen Diözeſe gehörte; ſolche wüſte Strecken viel— mehr der freien Dispoſition des Königs in jeder, in weltlicher und geiſtlicher Hinſicht unbedingt anheim geſtellt waren. Was aber die Geyſaiſche Wüſte ins beſondere noch anbelangt, die deutſchen Coloniſten zur Bevölkerung vom Könige Geyſa II. angewieſen wurde, ſo lag dieſe damals nicht nur jenſeits allen bereits occupirten partibus Regni Hungariae, ſondern auch jenſeits der Albenſer Diözeſe. — Schon dieſerwe— gen alſo, daß die Sachſen ſich in eine Wüſte nieder— ließen, die noch zu keiner Diözeſe gehörte, konnte der Albenſer Biſchof eigentlich keine Diözeſen-Rechte gegen die Einwandrer in Anſpruch nehmen; und ſchon dieſer— wegen konnten dieſe Sachſen auch nicht unter den Biſchof gehören. — Geſetzt aber jene Wüſte, die König Geyſajenen deutſchen Pflanzvölkern, den Sachſen, einräumte, wäre aller Wahrſcheinlichkeit entgegen, dennoch als benachbarte Wüſte ſchon damals zur Albenſer Diözeſe gerechnet worden — was der Biſchof wie an ſeinem Orte gezeigt werden ſoll, wirklich einmal behauptet zu haben ſcheint, — geſetzt die Kirchſpiele der Sachſen wären alſo bei ihrem Entſtehen in die Albenſer Diözeſe gegründet worden; geſetzt ſie hät— ten demnach urſprünglich und von Anbeginn auch unter den Siebenbürger Biſchof gehöret; ſo iſt und bleibt es ſchlechterdings unbegreiflich und unerklärbar: Wie dieſe ſächſiſchen Kirchſpiele eigenthümliche, ſelbſt— ſtändige, von den Archidiaconaten des Bisthums durch: aus getrennte, und von dieſen ganz unabhängige geiſtliche Sprengel oder Decanate und Capitel bilden konnten, da ſie nothwendigerweiſe entweder den bereits vorhandenen Archidiaconaten des Bisthums hätten einverleibt, oder jedenfalls in neue Archidiaconate eingetheilt werden müſſen. Hievon aber iſt in der Ge— ſchichte durchaus keine Spur vorhanden und kann auch keine vorhanden ſein. Es erſcheinen vielmehr dieſe ſäch— ſiſchen Kirchſpiele als exemt von Anbeginn immer nur unter eigenen Decanaten und Capiteln, die in ihrer Grundverfaſſung, welche am gehörigen Ort entwickelt, werden ſoll, gar keine Aehnlichkeit mit den Archidiaco— f | 85 naten irgend eines ungrifchen Bisthums haben, und nie und nimmermehr hätten entſtehen können, wenn ſie von Anbeginn zur biſchöflichen Dibzeſe gehört hätten, und nicht von allem Anbeginn von ihr exemte Kreiſe gewe— fen wären. Fürs zweite hatten alle Kirchſpiele der Geyſar— ſchen Sachſen (Ecclesiae parochiales, liberae, exem- tae werden fie gewöhnlich und ausdrücklich in ſäch— ſiſchen Urkunden genannt), als exemte Eceleſien von Ans beginn ihre ganz beſondern Rechte. Ihre Plebane 5 wurden von ihren Parochianen gewählt, ſie allein bezogen den vollen Zehnden ihrer Gemeinden, und ſtan— den unmittelbar nur unter der Leitung ihrer von ihnen ſelbſt gewählten Dechanten u. ſ. w. — Dieſes Alles find Erſcheinungen, die gegen die damaligen Begriffe von Diözeſan⸗Rechten der Biſchöfe liefen und nur exemten Eccleſien geſtattet wurden. Nie hätten alſo derglei— chen Eccleſien unter den Sachſen in der Siebenbürger Diözefe entſtehen können, wenn ſie urſprünglich zu dieſer Diözeſe gehört hätten. — Ja nicht einmal die geiſtliche Oberaufſicht oder Inſpection über die ſächſiſchen Ee— clefien und Capitel, hatte und konnte der Albenſer Bis ſchof von Anbeginn haben. Denn wären Fürs dritte, die ſächſiſchen Kirchſpiele ſammt ihren Decanaten nicht exemt, fondern unter der ns fpeetion des Albenſer Biſchofs zu ſtehen, von Anbeginn beſtimmt geweſen; ſo hätte dieſer Biſchof die Prälatur über die Sachſen gleich Anfangs, bei ihrer Erſcheinung in Siebenbürgen, erhalten und auch die Gerichtsbarkeit über fie ausüben müſſen. So aber lehrt die Gefchichter daß die Sachſen nur nach mancherlei Ereigniſſen, unter den Albenſer Biſchof gekommen; daß dieſer ſich viele und große Mühe gab, dieſe Sachſen unter feine Gerichts: barkeit zu bringen; und daß es ihm nur ſpät, ein hal— bes Jahrhundert nach ihrer Einwanderung, erſt unter der Regierung K. Emerich's, nach bedeutenden Kim; pfen, nach entſcheidenden Vorkehrungen von Seiten des ungriſchen Königs dieſes jedenfalls zu verhindern, endlich doch gelang, durch langwierige Prozeſſe, und be— ſonders darauf erfolgte päbſtliche Entſcheidungen zu 86 Ende des XII. Jahrhunderts ſeinen Zweck zu erreichen. — Dieſes Alles wäre nie geſchehen und haͤtte ſich nie ereignen können, wenn dieſe Sachſen nicht urſprünglich vom Siebenbürger Biſchof exemt, ſondern unter ſeine Jurisdiction zu gehören, von Anbeginn beſtimmt gewe— ſen wären. Von dieſer urſprünglichen geiſtlichen Exemtion der ſächſiſchen Decanate und Kirchſpiele Siebenbürgens, haben aber, wie geſagt, die frühern Schriftſteller im Grunde niemals, oder höchſtens in einer andern und nicht in Beziehung auf die Entſtehung zweier verſchie⸗ denen Diözeſen unter den Sachſen Erwähnung gethan. Der einzige berühmte Schlötzer in ſeinen Kritiſchen Sammlungen, hat ſich daſelbſt — wo er von Seite 610 bis 630 über die geiſtlichen Angelegenheiten der Sach⸗ ſen ſich verbreitet — noch am meiſten darüber ausge— ſprochen. Allein auch was Schlözer hier ſagt, bedarf einer ſtarken Sichtung und ſcheint bloß eine glückliche aus dem Andreanum der Sachſen entnommene Conjectur zu ſein, die er daher auch nicht weiter zu verfolgen und gehörig auseinander zu ſetzen vermochte. Nach Schlözer hat dieſen Gegenſtand kein ſpäterer Forſcher beſprochen, da er doch für die Kirchengeſchichte der Siebenbürger Sachſen höchſt wichtig und für die Löſung der Dibzeſen— frage unumgänglich nöthig iſt. Wir wollen daher das⸗ jenige, was Schlözer hierüber ſagt, einer genauern Prüs fung unterziehn. Schlözer geht hier wie auch in andern Stücken aus Mangel an hinlänglichen Daten für die Kirchengeſchichte der Sachſen, in ſeinen Conjecturen et— was zu weit, wenn er nämlich S. 615 behauptet: Dem allem zufolge, wage ich nun den Satz: unter die Urrechte unſrer Deutſchen (in Siebenbürgen) ge: hört eines, das ausnehmend groß, jedoch für das Ge— deihen der Colonie beinahe unentbehrlich war, welches ſie aber ſich früh haben entreißen laſſen, und das ſie jetzt gänzlich vergeſſen zu haben ſcheinen — die geifts liche Unabhängigkeit von den inländiſchen Prälaten. 4 — So wie diefe Coloniſten von ganz eigner Art, 87 im Welt lichen von keinem Inländer, weder vom Waj— woden, noch vom Prälaten, ſondern bloß von ihrem ewählten Grafen abhingen; eben ſo ſtanden ſie auch im Geiſtlichen unter keinem inländiſchen Erz- oder Biſchof, ſondern blos unter ihren Dechanten; — — — dort war ihr unmittelbarer und einziger Ober-Herr der König; hier waren es König und Papſt.æ Das Uebrige ſind nicht hieher gehörige Ausfälle, die deutlich zeigen, daß Schlözer die Exemtion der Sachſen nicht im gehörigen Lichte aufgefaßt, und in die innern geiſtlichen Verhältniſſe der Sachſen nicht eingeweiht war. — Daher mag nur eine einzige Stelle S. 616, hier noch Platz finden. Beiden alſo, Wefts (den Hermannftädtern) und Oft; Coloniſten (den deutſchen Rittern des Burzenlandes) hatte urſprünglich weder ein Erzbiſchof von Gran, noch ein Erzbiſchof von Colocza, noch ein Biſchof von Siebenbürgen, und noch weniger ein (dama— liges) Unding, Biſchof von Milkov genannt, zu be fehlen. « — Bis hieher Schlöͤzer. So viel Wahres nun in dieſen gelehrten Aeußerun— gen Schlözers auch immerhin liegt, ſo iſt Vieles denn doch auch ganz irrig. Es iſt hier jedoch nicht der Ort einen weitläuftigen Commentar über Schlözern zu ſchrei— ben, auch nicht der Ort die Freiheiten der Siebenbürger Sachſen hier weitläuftig auseinander zu ſetzen; ſo viel aber iſt gewiß, daß dieſe Sachſen die Geyſa II. in das Land berufen hatte, jenes ihnen angewieſene Desertum Siebenbürgens zu bevölkern, dieſes nur unter der uner— läßlichen Bedingung thaten und unternahmen: in welt— licher Hinſicht unter keinem Reichsbarone, — hier war es zunächſt der benachbarte Waywode — und in geiſt— licher unter keinem Landes-Prälaten — hier war es zunächſt der benachbarte Albenſer Biſchof — ſondern blos und allein unter ihren eigenen nationalen ſelbſt⸗ gewählten geiſtlichen und weltlichen Obrigkeiten zu ſtehen, wie dieſes aus ihrem National- Privilegium dem Andreanum deutlich zu erſehen iſt. Daß dieſes Exemtionsrecht der Sachſen alſo ein Ur-Recht geweſen, iſt ganze rkchtig; daß es aber ein 88 ausnehmend großes, beinahe unentbehrliches Recht geweſen, wie Schlözer meint, iſt ganz irrig. Es war dieſes vielmehr ein ganz nothwendiges, ge— meines, zwar jetzt zum Theil vergeſſenes und verſchol— lenes, einſt aber in jenen Zeiten unendlicher Exemtio— nen ein allgemein bekanntes, allgemein für Coloniſten gültiges, allenthalben in Ungarn eingeführtes und die Co— lonien Ungarns eben charakteriſirendes Recht, wel ches die ausländiſchen Coloniſten dieſer Art jeder auch noch ſo unbedeutenden, kleinen Coloniengemeinde, die nach flämmiſchen Rechten vom XI— XIV. Jahrhunderte in Ungarn gegründet wurden, um ihre künftige Exiſtenz als Coloniſten ſich zu ſichern, und beſonders ihre Nationalität, Kultur und Sitten, auf ewige Zeiten, wie es hieß, rein und unvermifcht zu bewahren, ſich auszubedingen pfleg⸗ ten und ihnen auch unbedingt eingeräumt wurde; wie dieſes die verſchiedenen Coloniſten-Privilegien Ungarns, die beſonders der gelehrte Herr G. Fejer in feinem un: vergleichlichen Codex diplom. Hung. ſo zahlreich bekannt gemacht hat, zeigen. ) e) Ueber das Colonienweſen in Ungarn haben wir in der Literatur noch kein eigenes, umfaſſendes und ausführliches Werk aufzuweiſen. So tief eingreifend in die Organiſation des ungriſchen Staates die ſehr frühen Einwanderungen vieler ausländiſchen adeligen Fa— milien in Ungarn auch immerhin geweſen ſein mögen, wodurch wahrſcheinlich die Veranlaſſung zur Einführung des Lehnſyſtems auch in Ungarn gegeben wurde; — fo tief eingreifend in die Kul⸗ tur und Entwickelungsgeſchichte des ungriſchen Reiches die Einbes rufung ausländiſcher Kolonien nach Ungarn auch immerhin gewe⸗ ſen ſein möge, durch die das Municipal- und Städteweſen auch in Ungarn eingeführt wurde; ſo ſind doch dieſe Gegenſtände der ungriſchen Geſchichte, bisher weder von aus- noch von inlän— diſchen Gelehrten gehörig beachtet und gewürdigt; ja von Inlän⸗ dern oft gefliſſentlich übergangen und ſogar entſtellt worden, viel— leicht aber bloß deswegen, weil die Materialien dazu bisher noch nicht gehörig geſammelt waren. — Zwar fehlt es faſt in keinem Geſchichtswerke über Ungarn, an ſchätzbaren Andeutungen und Beis trägen hiezu, und es iſt allerdings beachtungswerth, was beſonders Wagner, Schlötzer, Schwartner, und viele andere darüber ſchon geſagt haben, jedoch iſt auch nicht zu leugnen, daß Unterſuchungen 89 Daß dieſes allgemeine der deutſchen und ar dern ausländiſchen Coloniſten Ungarns de jure et con- suetudine Begni faſt unbedingt geſtattete Exemtions⸗ Recht in geiſtlichen und weltlichen Dingen, auch die Geyſaiſchen Sachſen in Siebenbürgen als Colos niſten in Anſpruch nahmen, iſt ganz natürlich, und gar nichts auszeichnend Großes darin zu finden; ja ſie mußten es, beſtimmt durch ihre geographiſche Lage, an die äußerſten ſüdöſtlichen Grenzen des ungriſchen Reichs, den bits terſten Feinden des Reichs, den Cumanen entgegengeſtellt, um ſo mehr in Anſpruch nehmen, weil fie damals außers halb den bereits occupirten Ländern Ungarns, von den ungriſchen Comitaten unabhängig und getrennt, in einer Wüſte, ein eignes, rein deutſches Ländchen, gleichſam ein kleines neues Deutſchland im Südoſten Europas mit bierüber noch immer große Schwierigkeiten darbieten, indem ſich in neuen Zeiten die urſprünglichen Verhältniſſe aller ausländiſchen Colonien in Ungarn ſehr ſtark geändert haben, und es eigentlich nur jetzt in den neueſten Zeiten, nach der Erſcheinung des Fejer- ſchen Cod. dipl. erſt, endlich doch gewiſſermaßen möglich geworden iſt, etwas Ausführliches und Umfaſſendes über das einſtige Colo— nienweſen iu Ungarn verſuchsweiſe zu ſchreiben. Was insbeſondere die Geſchichte der Sachſen in Skeben— bürgen anbelangt, hat Schlözer ſich in feiner kritiſchen Samm⸗ f fung, um fie dadurch ein großes und bleibendes Verdienſt erwor— ben, daß er erſtlich die Geſchichte dieſer Sachſen als Geſchichte deutſcher Coloniſten in Ungarn auffaſſet, und zweitens, ihr nicht nur in der innern Geſchichte des ungriſchen Reiches, ſon⸗ dern auch im Allgemeinen in der Geſchichte aller deutſchen Colo⸗ nien des Mittelalters in Europa überhaupt, — unter denen dieſe Siebenbürger Sachſen, da ſie ihre alten Inſtitutionen, in jenem Geeiſte der deutſchen Colonien des Mittelalters, bis auf den heu— i tigen Tag, ſo viele Jahrhunderte und tiefbewegte Zeiten hindurch größtentheils noch immer erhalten haben, wahrſcheinlich eine Haupt⸗ rolle ſpielen dürften — die gehörige Stellung anzuweiſen vermocht hat. Schlözers genanntes Werk als Einleitung in die Gr ſchichte der Sachſen Siebenbürgens betrachtet iſt daher, wenn nicht "ein ganz vollendetes, doch jedenfalls ein unſchätzbares und unver: gleichliches Werk, das für jeden Inländer noch lange Zeiten hin: durch unerreichbar bleiben wird. 90 ihren zahlreichen Colonien ſtifteten. Außer ordentlich iſt bei dieſen Sachſen höchſtens nur der ganz einfache Umſtand: daß jene gemeinen Municipal; und Exemtions⸗ Rechte, die einzelne in Ungarn zerſtreute Colonien⸗Ge⸗ meinden erhielten, ſich hier nicht auf einzelne, nament⸗ lich angeführte Ortſchaften, wie in Ungarn, ſondern daß dieſe Municipal⸗Rechte einzelner Colonien⸗Gemeinden hier bei den Geyſaiſchen Sachſen in Siebenbürgen, auf ein ganzes Völkchen, auf ein ganzes mit vielen anein⸗ anderhängenden Colonien⸗Gemeinden beſetztes, in ſich ab⸗ geſchloſſenes Ländchen, auf das Sachſenland in Siebenbürgen ſich ausdehnten, und alſo dadurch in eis nem auch im Alterthume in der Geſchichte dieſer Art europäifchsdeutfcher Colonien ungewöhnlich großen, ims poſanten, und gewiſſermaßen beiſpielloſen Maßſtabe hier erſcheinen mußten. So wie alſo die einzelnen in Ungarn einſt zahllos zerſtreuten Colonien⸗Gemeinden urſprünglich, weder in weltlichen Dingen unter der betreffenden Comitats⸗ Gerichtsbarkeit und dem Palatine ſtehen konnten; ſon⸗ dern von dieſen befreiet ſein mußten, wofern ſie ihre Coloniſten⸗Rechte: unter ſelbſt gewählten Richtern zu ſtehen, behalten und nicht etwa in den Comitaten unters gehen und Unterthanen des Adels werden ſollten, — noch aber in ge iſt lichen Dingen, unter den betreffenden Ars chidiakonaten, und den Dibözeſen Biſchöfen ſtehen konnten; ſondern von dieſen exemt ſein mußten, wofern fie ihre Coloniſten⸗Rechte: unter ſelbſt gewählten Ple— banen zu ſtehen, behalten und nicht etwa in den bi⸗ ſchöflichen Diözeſen untergehn und ihre Zehnden verlieren ſollten. — Eben ſo iſt es auch in Siebenbürgen, damals einem Neulande, für jene Zeiten gar nichts Aufers ordentliches, daß dieſe Sachſen, — zumal da ſie weder in einem ungriſchen Comitate noch in einer ungri⸗ ſchen Diözeſe ſich niedergelaſſen hatten —, vom König Geyſa II. in weltlicher Hinſicht von der Gerichtsbarkeit des benachbarten Wajwoden, und in geiſtlicher Hinſicht von! der Jurisdiction des benachbarten Albenſer Biſchofs enthoben, an ihre ſelbſt gewählten geiſtlichen und weltlichen Obern ihres eignen Landes gewieſen wurden. 91 Daß aber endlich dieſe Geyſaiſchen Sachſen urſprüng⸗ lich unter gar keine geiſtliche Jurisdietion irgend eines Prälaten des ungriſchen Reiches de jure gehöret hät⸗ ten; ſondern unmittelbar nur unter den Pa pſt „ wie Schlözer ausdrücklich behauptet“), iſt ganz irrig. (Vgl. Schuller: Umriſſe S. 9 — 94 Not. 1.) Denn wenns ) Schlözer gehort auch unter diejenigen Schriftſteller, die den Her⸗ mannſtädter Propſt und den Hermannſtädter Dechanten und den Hermannftädter Pleban, fo wie die Hermannftädter Propſtei und das Hermannftädter Capitel und die Hermannſtädter Parrochie nicht deutlich von einander unterſcheiden. Bei dieſer Behauptung: daß die Sachſen Siebenbürgens in geiſtlichen Dingen urſprünglich nut unter den Papſt gehört hätten, dachte Schlözer wahrſcheinlich an die Hermannſtädter Propſtei, die im Jahr 1191 allerdings un⸗ mittelbar unter den Papſt geſtellt wurde und es auch eine Zeit lang blieb, bis ſie wie alle übrigen exemten Eccleſien Ungarns, auch unter den Graner Erzbiſchof kam. Daß die Hermannftädter Propſtei unter den Pabſt geſtellt wurde, hat feine guten Wege, und geht die Geſchichte der Sachſen ſehr wenig an, indem dieſe weder urſprünglich, noch in der Folge jemals unmittelbar un⸗ ter dem Papſte geſtanden ſind, vielmehr urſprünglich alle, und fpäter namentlich das Hermannſtädter Capitel, auch nach der Trennung beider Diözefen nur unter den Erzbiſchof von Gran gehörte. Warum aber hievon im Andreanum, woraus Schlözer feine Anſicht über die Exemtion der Sachſen ſchöpfte, Nichts ftes het, — wie auch in andern minder wichtigen Colonien-Privilegien gewöhnlich hievon (mit Ausnahme einiger wenigen) keine Erwäh— nung geſchiehet, — kömmt vielleicht daher: weil die Gehörigkeit der ausländiſchen Colonien in geiſtlichen Dingen unter den Erzbi— ſchof von Gran, von jeher eine unter mehreren andern ſolche be— kannte Sache war, die ſich, wie man zu ſagen pflegt, von ſelbſt verſteht, und als ein ſo allgemein bekanntes und ausgeübtes Ur⸗ recht keiner beſondern Erwähnung in einzelnen Fällen bedurfte. — Es iſt ewig Schade für die Geſchichte der ausländiſchen Colonien in Ungarn, die exemte Parochial⸗Eccleſien hatten, und daher unter dem Erzbiſchofe von Gran in Spiritualibus ftanden, daß wir kein namentliches Verzeichniß derſelben, beſonders aus dem XIII. Jahr- hundert, beſitzen. — Ein nicht geringes Licht würde jedoch ſchon die Viſitations⸗Urkunde des Graner Erzbisthums vom Jahr 1397 und eine andere päpſtliche Urkunde von 1400 (bei Fejer: Cod dipl. Tom. X. vol. II. pag. 506 sq. und 789 sq.) über dieſen 92 gleich dieſe Sachſen in weltlicher Hinſicht, wie auch Schlözer ganz richtig bemerkt, weder unter dem Waywo— den, noch unter dem Palatin ſtanden, ſo genoſſen ſie doch die Auszeichnung unmittelbar unter dem Kö⸗ nige als dem Regenten, und unter dem Schutze des Urs und Grundgeſetzes des ungriſchen Staates Decret. An- dreae II. a. 1222 Art. XIX. zu ſtehen. Und wenn ſie auch in geiſtlicher Hinſicht, als exemt von Anbeginn, unter den Siebenbürger Biſchof nicht gehören konnten, und auch nicht von Anbeginn unter ihm geſtanden ſind; ſo gehörten ſie doch unbeſtreitbar von Anbeginn, wie alle übrigen Colonien und Eccleſien des ungriſchen Reis ches, die von ihren Diözeſan-Prälaten exemt waren, de jure ecclesiastico Regni Hungariae communi allen damals dagegen erhobenen Widerſprüchen der Päpfte ohnerachtet, unmittelbar unter den Erzbiſchof von Gran als den Primas Regni Hungariae, (wel⸗ chen Titel er jedoch nur ſeit König Sigismund führet) und ſind auch von Anbeginn unter ihm ſo lange geſtan⸗ den, bis ſie ſpäter ſeiner Oberaufſicht durch den Papſt entriſſen, größtentheils unter die Jurisdiction des Alben; ſer Biſchofs kamen. Sie ſind alſo nicht, wie Schlözer J. c. 618 meint, erſt ſeit der Mongolen Verwüſtung (1242) unter den Graner Erzbiſchof gekommen, ſondern gehörten in geiſtlichen Dingen von allem Anbeginn nur einzig und allein unter dieſen oberſten Prälaten des Reiches. Gegenſtand verbreiten können, wenn beide Monumente nicht aus ſo ſpäten Zeiten und ſo unvollſtändig erſchienen wären. Beide reden noch immer von vielen auch damals im Bereiche ver— ſchiedener biſchöflicher Diözefen Ungarns noch vorhandenen Parochial⸗Eccleſien, die unter den Erzbiſchof von Gran gehörten. Obgleich zu dieſer Zeit der Viſitation vielleicht ſchon mehr als die Hälfte der ehemaligen zahllofen ausländiſchen Colonien-Gemeinden bereits ſchon eingegangen waren, müſſen doch zu Ende des XIV. Jahr— hunderts noch viele exiſtirt haben, da die Viſitatoren von einem eignen Verzeichniſſe derſelben ſprechen. Vielleicht befindet ſich noch immer ein ſolches Verzeichniß im Primatial-Archive! 93 Daß dieſe den Geyſaiſchen Sachſen in geiftlichen und weltlichen Dingen verliehene Exemtions-Rechte dem Siebenbürger Waywoden eben ſo wenig wie dem Alben— fer Biſchofe gefallen haben mögen, läßt ſich nicht nur leicht denken, ſondern auch geſchichtlich nachweiſen, indem die Geſchichte der Folgezeit lehrt: wie ſehr ſich dieſe beiden Reichsbaronen bemüheten, dieſen Sachſen ihr Ex— emtionsrecht ſtreitig zu machen, oder wenigſtens auf mancherlei Art und Weiſe zu ſchmälern und zu verleiden. In weltlichen Dingen haben die Könige Ungarns, ſo viel man weiß, dieſe Sachſen gegen die Waywoden — einige wenige von den Geſchichtsforſchern bis noch unerklärte Ausnahmen abgerechnet — immer in dieſen ihnen verliehenen Rechten zu ſchützen gewußt; doch in geiſtlichen Dingen vermochten ſie es beſonders gegen den damals mächtigern päpſtlichen Stuhl aus unzählig vielen Urſachen nicht immer. Den erſten Beweis hievon liefert der Umſtand: daß es ſchon im XII. Jahrhundert durch päpſtlichen Einfluß dem Siebenbürger Biſchofe gelang, den größten Theil dieſer Geyſaiſchen Sachſen Siebenbürgens unter ſeine Diözeſe und Gerichtsbarkeit zu bringen. — Um aber nun zu zeigen: wie es bei fo bewandten Umſtänden, trotz allen erwähnten und aus— einander geſetzten Exemtions-Rechten, welche im Allge— meinen alle ausländiſchen Coloniſten in Ungarn genoſſen und insbeſondere den Siebenbürger Sachſen vom Kö— nige Geyſa II. in einem größern Maaße zugeſtanden wurden, — wie trotz dem, daß dieſe Sachſen ſeit ihrer Einwanderung bereits ſchon eine geraume Zeit unter dem Erzbiſchofe von Gran ſtanden, unter den allein ſie auch urſprünglich gehörten, dennoch Diözeſen-Streitigkei— ten zwiſchen dem Albenſer Biſchof und den Geyſaiſchen Pflanzvölkern entſtehen konnten, — wie es, ſage ich, trotz dieſen Umſtänden und ſpäteren hindernden Ereig— niſſen, dem Albenſer Biſchofe, doch endlich gelang: den größten Theil der Geyſaiſchen Sachſen unter feine Did: zeſe zu bringen, — und wie eben dadurch, und in Folge deſſen, zweierlei Diözeſen unter den Sachſen Siebenbürgens entſtehen konnten, — um dieſes Alles zu zeigen, iſt es nothwendig zuerſt noch eine hiſtoriſche 94 Epifode »Ueber die erſte Niederlaſſung der Sachſen, in dem ihnen von König Geyſa verliehenen Desertum« hier einigermaßen vorauszuſchicken, indem die erſte Niederlaſſung der Sachſen in jenem Geyſaiſchen Deser- N 1 4 | tum eben zum Grunde oder wenigftens zum Bors wande der Trennung der Sachſen Siebenbürgens in zwei Diözeſen dienen mußte. — König Geyſa II. — regierte von 1141 — 11611 — war der erſte ungriſche König, der den großartigen Ges danken faßte, oder der erſte König, der den großartigen Verſuch machte, durch Einberufung zahlreicherer und zwar deutſcher Colonien, nicht nur, wie bisher ſeine Vorfahren gethan hatten, die einzelnen wüſten Strecken in den Comitaten Ungarns und Siebenbürgens beſetzen und ausfüllen zu laſſen; ſondern auch die ſüdöſtlichen ungemeſſenen Wüſten feines Reiches mit deutſchen Colo⸗ nien zu beſetzen und zu bevölkern, um dadurch eben den Beſitz derſelben der ungriſchen Krone bleibend zu ſichern. Denn fein weitläuftiges Reich dehnte ſich, nach der Bes ſiegung der Petſchenegen und Cumanen, durch König Stephan und Ladislaus die Heiligen, gewiſſermaßen über alle jene Länder auf der linken oder nördlichen Seite der Donau bis an das ſchwarze Meer hinaus, die von dieſen genannten und überwundenen Völkern beweidet wurden. Da aber dieſe weiten Gegenden, feit beinahe einem Jahr— tauſend, nach dem Abzuge der Römer aus Dacien, durch die wechſelweiſen Zerſtörungen der Völkerwanderungen, (die gewöhnlich durch dieſes Dacien führten,) verſchiede⸗ ner aufeinander folgender und ſich gegenſeitig verdrän⸗ gender und aufreibender wilder Nomaden, ganz verödet waren, und die Reſte der Petſchenegen und Cumaner endlich, die in dieſen Gegenden noch umher ſchweiften, gleich den Wilden in Amerika, keiner geregelten Beſpre— chung fähig waren, ſo konnten auch dieſe wüſten Länder fo wie ſpäter Amerika bloß durch hieher verpflanzte Colo— nien bevölkert und ihr Beſitz durch Colonien der Krone Ungarns geſichert werden. Auf dieſe Art und Weiſe ſind auch die ungriſchen Comitate Siebenbürgens, oder das Siebenbürger Waywodat unter den ungriſchen Köni— 9% gen des XI. Jahrhunderts entſtanden. Zu den Zeiten König Geyſa II. jedoch, alſo um die Mitte des XII. Jahrhunderts ſcheint das in der nördlichen Hälfte Sie— benbürgens liegende Waywodat, ſüdlich nicht weiter als bis an den Maroſchfluß gereicht zu haben, und der Hunyader und Kükülöer Comitat, die einzigen diesſeits der Maroſch, ſo wie die zerſtreuten Theile des Albenſer Comitats fpätern Urſprungs zu fein. Ob auch die Szek— ler in Oſten Siebenbürgens, die damals wahrſcheinlich an den Quellen des Maros, des Altfluſſes uud der beiden Kokeln wohnten, früher unter dem Könige Stephan dem Heiligen, wie mehrere Geſchichtsforſcher annehmen, oder aber erſt ſpäter und namentlich unter der Res Fun Stephan II. um das Jahr 1121 wie P. Palma. . 1. p. 100) annimmt, und alſo faſt gleichzeitig mit der Einwanderung der Geyſaiſchen Sachſen ſich der Krone Ungarns unterworfen haben, und damals der Co- itatus Siculorum in Siebenbürgen entſtanden ſei? — in noch immer ein hiſtoriſches Problem. Jedenfalls aber mußte zu Geyſas II. Zeiten der Süden des heutigen Siebenbürgens, namentlich die ſüdliche Strecke des Lan— des zwiſchen dem Maroſch- und dem Altfluſſe die erſte und nächſte noch unbeſetzte Wüſte (Deser- tum) geweſen ſein, welche eben dieſer König Geyſa II. auch zuerſt bevölkern wollte, und den einberufenen deutſchen Colonien zum neuen Vaterlande anwies, denn inſonderheit dieſer Theil des Landes iſt es, den die Sach— ſen von jeher bewohnt haben, wie es auch jetzt noch der Fall iſt. (Vergl. Schuller. Umriſſe. S. 62.) Wichtig für die Coloniſirung und Kirchengeſchichte der Sachſen iſt ferner noch die Frage: Welcher Theil dieſes bezeichneten Desertums unter Geyſa II. zuerſt mit deutſchen Colonien beſetzt und bevölkert wurde? — Unſtreitig find die ſogenannten Septem Sedes Saxoni- cales der nachmaligen Hermannſtädter Provinz (Pro- vinciae Cibiniensis) die in gerader Linie a Waras usque in Boralt, wie es im Andreanum der Sachſen heißt, an der ſüdlichen Grenze Siebenbürgens bis an den Altfluß und dann am linken oder nördlichen Ufer dieſes ) Palma (Car. Franc.) Notitia rerum Vngaricarum Pestini 1784. 96 Fluſſes hinauf bis an das Szeklerland hinreichten, die erſten deutſchen Kreiſe oder Stühle, wie ſie hier genannt werden, die in jenem Desertum entſtanden find. Sp ä— tern Urſprungs ſind diejenigen ſächſiſchen Colonien und Kreiſe, die von dieſen ſieben Stühlen nördlich an die beiden Kokeln und den Marsos reichten. (Vergl. Quart— Schrift V. S. 196 und 197 die Anmerkungen.) Warum aber dieſe Sachſen ihre erſten Colonien, die erſten Kreiſe, die ſie in jenem Desertum bildeten, nicht am Maros oder an den Kokeln, alſo im nördlichen Theile des ihnen von König Geyſa II. angewieſenen Desertums nämlich an den Grenzen des benachbarten bereits früher conſtituirten Waywodates angefangen haben, und dann weiter gegen Süden gegangen ſind? — welches auch weit natürlicher und zweckmäßiger geweſen zu ſein ſcheint, — dieſes mag aus verſchiedenen damals vielleicht hoͤchſt wichtigen Urſachen und Gründen geſchehen ſein, die aber heut zu Tage ſchwer zu beſtimmen ſein dürften. Entweder haben die erſten Coloniſten ſelbſt die Nothwendigkeit eingeſe⸗ hen, die äußerſten entfernteſten Grenzen ihres ihnen angewieſenen Landes gegen die Cumaner und Pet— ſchenegen zuerſt zu befeſtigen, um dann im Innern des Landes ſich deſto freier und ungehindert entfalten zu Fon: nen; oder aber forderte dieſes König Geyſa II. ausdrück⸗ lich von den erſten Einwanderern. Wie immerhin, je— denfalls iſt der Süden jenes Desertums die Septem Sedes Saxonicales, zuerſt, und dann der Norden desſelben mit deutſchen Colonien beſetzt worden. Am aller wichtigſten endlich für die Coloniſirungs— geſchichte des Geyſaiſchen Desertums, ſo wie für die Kirchengeſchichte der Sachſen und namentlich für die Lö— fung jener aufgeworfenen Dibzeſen-Frage, iſt es wohl zu ermitteln: Welche Stühle oder Kreiſe unter den Septem Sedibus Saxonicalibus ſich zuerſt während der Ne gierung König Geyſa II., und welche ſich ſpäter nach Geyſas Tode in jenem Desertum gebildet und conſtituirt haben? — Nimmt man an: daß die erſten Geyſaiſchen Coloniſten unmittelbar aus Deutſchland durch Schle— ſien nach Ungarn und über Zips an der Südſeite der Karpaten bis nach Siebenbürgen gekommen ſind, — wie 97 allerdings frühere und ſpätere Coloniſten, und nament— lich auch die Biſtritzer Sachſen, dieſen Weg gekommen ſein müſſen, wie dieſes ſchon mehrere Forſcher angedeu— tet haben, und dieſes auch viele übrig gebliebene Spuren von einſtigen deutſchen Colonien in genannter Strecke zeigen — fo iſt es höchft wahrſcheinlich, daß die er ſten Geyſaiſchen Einwanderer auf der in früheſten Zeiten üblichen Straße aus Ungarn nach Siebenbürgen durch den Meſſeſcher Grenzpaß in dem Zuge über Klau— ſenburg, Thorenburg, Enyed auf Weißenburg an den Maroſch kamen und hier über denſelben in das ihnen angewieſene Desertum überſiedelten. War dieſes nun der Fall, ſo müßte zuerſt der Mühlbächer Stuhl bevölkert worden ſein. — Da jedoch die Septem Sedes Saxonicales gewöhnlich von Weſten nach Oſten gezählt werden, nämlich nach den Worten des Andreanums: a Waras usque in Boralt, und der erſte oder der weſtlichſte alſo der Bröſer Stuhl iſt; ſo hegen die Ge— lehrten gewöhnlich die Meinung: nicht der Mühlbächer, ſondern der Bröſer Stuhl ſei der älteſte oder zuerſt unter den Septem Sedibus entſtandene Stuhl. Die Wahrſcheinlichkeit dieſer Annahme iſt groß und läßt ſich auch mit einigen anderweitigen Daten unterſtützen, und in neueſten Zeiten hat ſich D. I. L. in der Abhandlung: „Suäszväres mit feiner Umgebung geſchichtlich darge— ſtellt ) ganz beſtimmt und deutlich hierüber ausgeſpro— chen; unwahrſcheinlich iſt jedoch die Vermuthung des ge— lehrten Verfaſſers S. 237, daß die erſten Coloniſten nicht durch den nördlichen, ſondern durch den ſüd— lichen Theil Ungarns, an dem Moros aufwärts, in das Land gekommen und dieſerwegen den Bröſer Stuhl zuerſt gegründet hätten; indem ſich keine Spuren eines solchen Zuges durch zurückgebliebene deutſche Colonien aus jenen Zeiten in jenen Gegenden Ungarns nach— weiſen laſſen. — — —eq ) Dieſe Abhandlung befindet ſich in der: Tranſilvania, periodiſche Zeitſchrift für Landeskunde. Redigirt von Joſeph Benigni von a Mildenberg und Carl Neugeboren. 1. Band. Hermannftadt, 1835. 8., daſelbſt von Seite 236 — 252. Vereins-Archiv 1. P. III. 9. . 98 Nimmt man aber an, welches höchſt wahrſcheinlich iſt, daß König Geyſa II. den einberufenen Coloniſten die Verpflichtung auferlegt habe, zuerſt die äußerſten Grenzen des ihnen verliehenen Desertums alſo den Alt fluß und die ſüdlichen Grenzgebirge des Landes zu beſetzen; ſo iſt unſtreitig der Hermannſtädter Stuhl der erſte, und darum auch wahrſcheinlich der an geo— graphiſchem Umfange größte Stuhl unter den Septem Sedibus Saxoniealibus, der ſich zuerſt in jenem Gey⸗ ſaiſchen Desertum bildete. Denn dieſer Stuhl nimmt die ſüdliche Spitze jenes den deutſchen Coloniſten ange⸗ wieſenen Desertums ein, umfaſſet von einer Seite einen beträchtlichen Theil der ſüdlichen Grenzgebirge des Landes bis an den Altfluß und zieht ſich von der ans dern öſtlichen Seite eine ziemliche Strecke am rechten Ufer des Altfluſſes hinauf, welcher Fluß im XII. Jahr- hundert wahrſcheinlich als die Grenze der partium transsilvanarum betrachtet wurde ). ) Nach der Coloniſirung des Geyſaiſchen Desertums ſcheint der Alt⸗ fluß als die Grenze der partium transsilvanarum im XII. Jahr⸗ hundert betrachtet worden zu ſein; wie früher im XI. und im XII. Jahrhundert vor Geyſa II. vielleicht der Maroſch für die Grenze der damaligen partium traussilvanarum angeſehen wurde. — Nur dadurch läßt es ſich wahrſcheinlich erklären, warum die Bewohner der an den ſüdlichen Ufern des Altfluſſes liegenden Gegenden Siebenbürgens im gemeinen Sprachgebrauche ſich nicht als Bewohner Siebenbürgeus anzuſehen ſcheinen, indem ſie, ſobald ſie den Fuß über die Alt in das Sachſenland ſetzen, nach Sie benbürgen zu reiſen, vorgeben. Dieſe jenſeitigen Gegenden am ſüdlichen Ufer des Altfluſſes ſind der heutige Fogaraſcher und der Kronſtädter Diftriet, und ein beträchtlicher Theil der ſogenannten Häromszek, deren Bewohner in allen drei Sprachen, die fie reden, jenes Ausdruckes ſich zu bedienen gewohnt find; wahr ſcheinlich darum, weil ſie bei ihrer Niederlaſſung in dieſe Gegen— den im XIII. Jahrhundert jenſeits dem Alt, alſo jenſeits Sieben— bürgen ſich niederzulaſſen glaubten, und daher ihren Wohngegenden auch beſondere Ländernamen gaben. So nennt z. B. der Wa⸗ lache des Fogaraſcher Diſtricts denſelben die Tzara Oltului (das Altland), der Kronſtädter Sachſe feinen Diſtrict das Burzen— land; nur der Szekler hat keinen andern Namen als Härom- „ 99 Was aber den König hauptſächlich beſtümmt haben möge, jene Forderung: den Süden des Desertums zuerſt zu bevölkern, an die erſten Coloniſten zu ſtel— len, war vielleicht die damals höchſt nöthige Beſetzung des Altfluſſes und beſonders des ſpäter ſogenannten Ro— thenthurmer Paſſes. Es war dieſes nämlich der einzige Paß der aus dem benachbarten Cumaner und ee Lande (der jetzigen Walachei) von dieſer eite in das Desertum führte, und in der ſüdöſtlichſten Spitze des Hermannſtädter Stuhles liegt, und von jeher die Sicherheit der Beſitzungen Siebenbürgens gefährdet haben mag. Von der frühzeitigen Beſetzung dieſes Paſ— ſes, hing alſo damals vielleicht auch das ganze Gelingen der Coloniſirung des den Sachſen verliehenen Deser-- tums ab; mithin mußte nothwendiger Weiſe dieſer Theil des Desertums, wo der beſagte Paß am Altfluſſe hinab in das Cumaner und Petſcheneger Land, oder aus demſelben der Weg nach Siebenbürgen führte, zu— erſt beſetzt und bevölkert und daher auch der erſte Kreis der neuen Colonien hier gegründet werden, wel— ches, wie die Erfahrung lehret, eben der gegenwärtige Hermannſtädter Kreis und Stuhl iſt. Nimmt man endlich an, was leicht möglich und ſehr wahrſcheinlich iſt, daß die erſten Anſiedler in dem Geyſaiſchen Desertum ein Theil oder ein bedeutender Nach zug der Kreuzfahrer waren, die unter Kaiſer Conrad im Jahre 1147 durch Ungarn zogen, — wie überhaupt das Colonienweſen in Ungarn mit den damals Statt gefundenen Kreuzzügen in einer weit nähern Ver— bindung geſtanden, als man dieſes genau nachzuweiſen vor der Hand noch im Stande iſt, (Vergl. Schuller: Umriſſe 5. 66.) — und alſo dieſe erſten Coloniſten nicht uns mittelbar aus Deutſchland den zuvor beſchriebenen Weg durch den Meſſeſcher Paß gekommen ſind; ſondern vielmehr aus Bulgarien oder Griechenland, von ihrem Zuge in den Orient zurück berufen wurden; ſo iſt es szek (die drei Stühle, im Falle dieſer Name nicht auch ein eigner Landesname ſein ſollte? —) ſeinen erwähnten Wohngegen— den jenſeits des Altflußes gegeben. * 100 auch in dieſem Falle möglich und wahrſcheinlich, daß die erſten Coloniſten in zahlreichen Haufen entweder aus den Gegenden jenſeits der Donau umkehrend, etwa bei Nicopolis über die Donau geſetzt, oder aus Ungarn ſelbſt zu Schiffe auf der Donau herunter, bis an die Mündung des Altfluſſes gelangt, und am rechten Ufer des Altfluſſes hinauf durch die jetzige Walachei und den Rothenthurmer Paß hindurch in dieſes Land Sie— benbürgen gedrungen ſind, und in dieſem Falle daher um ſo wahrſcheinlicher zuerſt den jetzigen Hermann— ſtädter Kreis gebildet haben, der daher auch in die ſem Falle der erſte der Septem Sedium geweſen fein mußte). — Der zweite ſächſiſche Kreis der nach dem Her— mannſtädter entſtand iſt der heutige Leſchkircher, der dritte der heutige Großſchenker Stuhl, beide am nördlichen Ufer des Altfluſſes hinauf öſtlich vom Her— mannſtädter Stuhle gelegen, noch immer an der ent— fernteſten ſüdlichen Grenze des Geyſaiſchen Deser- tums. Auch dieſer Umſtand kann gleichfalls zum Be— weiſe dienen, daß König Geyſa wahrſcheinlich von den erſten deutſchen Coloniſten forderte: die äußerſten Grenzen des ihnen angewieſenen Desertums, alſo die rechten Ufer des Altfluſſes vom Rothenthurmer Paſſe an, bis zum Szeklerlande, zuerſt mit ihren Co— lonien zu beſetzen. Daß dieſe drei Stühle Hermann— ſtadt, Leſchkirch und Großſchenk nun aber wirklich die älteſten drei Stühle der Septem Sedium ſind, und ) Gehbriges Licht über dieſes Alles könnte freilich einzig und allein nur die Einberufungs: oder Schenkungs⸗Urkunde über das Deser- tum, welche König Geyſa II. den erſten deutſchen Einwanderern verliehen hat, gewähren, wenn dieſe Urkunde nicht ſchon längſt verloren gegangen wäre. An ihr hat die Geſchichte nicht nur der Sachſen, ſondern auch des übrigen Siebenbürgens einen großen Verluſt erlitten. Denn wenngleich die in derſelben den Sachſen verliehenen Rechte und Freiheiten im ſpätern Andreanum wiederholt find, fo fehlt doch mit ihr Vieles, was einen beträcht⸗ lichen Theil der ſiebenbürgiſchen Geſchichte und Geographie. des XII. Jahrhunderts erhellen könnte. ; 101 daß dieſe drei Stühle unmittelbar unter der Regierung König Geyſa II. entſtanden ſind, iſt ein ſicheres hiſtori— ſches Factum, deſſen Wahrheit eben die Kirchengeſchichte des Hermannſtädter Capitels urkundlich zu beweiſen im Stande iſt; indem einzig und allein nur dieſer Um— ſtand: daß dieſe drei Stühle die älteſten find und noch bei Lebzeiten Königs Geyſa II. ſich gebildet hatten, die Urſache war, daß fie nicht auch mit den übrigen ſächſiſchen Kreiſen des Desertums zur Albenſer Diözefe gezogen wurden; wie dieſes bald deutlicher gezeigt wer— den ſoll. — Dieſe drei Stühle alſo Hermannſtadt, Leſchkirch und Großſchenk, die vereinigt in kirchlicher Hinſicht von Anbeginn ſeit Geyſas Zeiten das Hermann— ſtädter Capitel bildeten, ſind alſo die erſten und frü— heſten Niederlaſſungen der Geyſaiſchen Sachſen in Sie— benbürgen, ſie ſind die älteſten Stühle der Septem Sedium und unmittelbar unter der Regierung König Geyſas II. etwa in den letzten fünfzehn Jahren ſeiner Regierung zuerſt in dem den Deutſchen angewieſenen ertum entſtanden; darum nennet ſie auch heutzu— tage noch, beſonders der Burzenländer, Sarkänyer und Fogaraſcher Sachſe: das alte Land!). Die übrigen vier Stühle der Septem Sedium ſind jünger als die zuvorgenannten drei, und nur nach ) Nicht Altland, wie es gewoͤhnlich in den geographiſchen Com pendien heißet, von dem Altfluſſe, an dem dieſe Stühle nämlich liegen, alſo benennet, — denn in dieſem Sinne nennt der Wa⸗ lache, wie in der vorhergehenden Anmerkung Seite 98 erwähnt worden, den Fogaraſcher Diſtrict das Altland Tzara Oltului — ſondern das alte Land, d. h. das alte Sachſenland im Gegenſatze des neuern fähfiihen Burzenlandes. Wenn da⸗ ber der Burzenländer dieſe Stühle bereiſet hat, fo ſagt er nicht: er komme aus dem Altlande (terra alutaua), ſondern aus- drücklich aus dem alten Lande (terra vetus). Dergleichen Re: densarten, von feinen Vorfahren ererbt, pflanzen ſich übrigens im Munde des gemeinen Mannes mechaniſch fort, ohne daß die Nach— 1 N kommen die Urſache davon wiſſen. So weiß auch der Burzen: länder gegenwärtig keinen Grund anzugeben, warum er das Sach— ſenland jenſeits des Altfluſſes das alte Land nennet. 102 dem Tode Geyſa II. entſtanden. Auch dieſes hiſtoriſche Factum lehret die Kirchengeſchichte des Hermannſtädter Capitels; indem bloß dieſer Umſtand die Möglichkeit herbeiführen konnte, daß ſie unter die Jurisdiction des Albenſer Biſchofs und feine Diöceſe kamen, wie auch dieſes in der Folge deutlich erhellen wird. — Von die— ſen zuletzt erwähnten vier jüngern Stühlen iſt der äl— teſte höchſt wahrſcheinlich der Repſer Stuhl, gleich— falls wie der Leſchkircher und Schenker Stuhl am nörd— lichen Ufer des Altfluſſes öſtlich vom Schenker Stuhle und weſtlich vom Szeklerlande, an das er grenzet, geles gen, der hier zugleich den Beſchluß der Septem Sedium am Altfluſſe gegen das Szeklerland machet und wohl aus dieſen Rückſichten gewöhnlich auch zum alten Lande gerechnet wird. — Nach dem Repſer Stuhle mögen dann die noch übrigen drei Stühle jener Septem Se- dium entftandan fein, die weſtlich von dem Hermanns ſtädter Stuhle an den ſüdlichen Grenzen Siebenbür— gens ſich hinziehen, nämlich der Reußmärkter, der Mühlbächer und endlich der Bröſer Stuhl, deren beide letztern bereits an den Maroſch, der nordweſtlichen Grenze des Geyſaiſchen Desertums zu liegen kamen; und wäre nicht inzwiſchen an der ſüdweſtlichen Spitze Siebenbürgens, im Flußgebiete der Strell, der weitläuf⸗ tige aus drei großen übereinander liegenden Baronien oder Castris regalibus: Hätzeg, Hunyad und Deva beſtehende Hunyader Comitat, damals der einzige diesſeits (am linken Ufer) des Maroſch befindliche un— griſche Comitat vielleicht gleichzeitig mit der erſten Ein— wanderung der Sachſen, entſtanden; fo würden die Sach— ſen wahrſcheinlich noch weiter weſtlich an dem linken oder ſüdlichen Ufer des Maroſch hinab, bis an die Grenze Ungarns ſich verbreitet haben. So aber blieb der Bros ſer Stuhl, angrenzend an den Hunyader Comitat, der weſtlichſte und letzte Stuhl der Septem Sedium, und die nachfolgenden deutſchen Colonien, die das De- sertum zu füllen kamen, mußten ſich nördlich von den Septem Sedibus an die beiden Kokelflüſſe und de noch übrigen Theil des Maroſch niederlaſſen. 8 103 So lange nun Diefe von K. Geyſa II. einberufenen Deutſchen am Altfluſſe entfernt vom Maroſch und vom Albenſer Biſchofe das Coloniſiren jenes ihnen ver; liehenen Desertums anfänglich betrieben, mag dieſer Biſchof ſie unbeachtet gelaſſen, und ſich in ihre kirchlichen Dinge nicht eingemiſcht haben. Vielleicht ſchien es noch zweifelhaft: ob die beabſichtigte Bevölkerung des weit; läuftigen Desertums gelingen werde. Auch hatte der Albenſer Biſchof keine Urſache dieſen neuen Coloniſten ihre vom Könige ertheilten Exemtionsrechte ſtreitig zu machen. Denn einzelne ausländiſche Colonien ſelbſt in den wüſten Strecken, den biſchöflichen Diözeſen des Reichs bereits einverleibter ungriſcher Comitate, zu verpflanzen, ihnen in bürgerlicher und kirchlicher Hinſicht beliebige Freiheiten zu ertheilen, und ſie von den Diözeſan-Prälaten zu eximiren, dazu hatten die Könige, wie die Erfahrung überall lehret, und oben oft geſagt worden, unbe⸗ ſchränkte Machtvollkommenheit; umſomehr hier in einer Wüſte, die urſprünglich zu keinem ungriſchen Comitate, und auch zu keiner, und alſo auch zur Albenſer Diö— zeſe nicht, gehörte, und welche nur durch deutſche Co— lonien erſt eine bleibende Pars Regni Hungariae transsilvana wurde”). Da nun aber das zweifelhafte Unternehmen König Geyſa II., jenes Desertum zu be— völkern, wirklich gelang, und unter Geyſa II. und ſeinen Nachfolgern auf dem ungriſchen Throne Stephan III., Ladislaus II., Stephan IV. und Bela III dieſes von Geyſa II. den Deutſchen verliehene Desertum ſich im— mer mehr und mehr mit deutſchen Colonien füllte, und dieſe ſich immer weiter darinnen ausbreiteten, ſo daß bereits unter Bela III. das Geyſaiſche Desertum ſchon ganz bevölkert war, und zwei Stühle (Mühlbach und — k ! u ů0+— ‚9 Daß das ungrifhe Reich und namentlich Siebenbürgen durch die ſäͤchſiſchen Kreiſe gleichſam erweitert worden und einen neuen Zuwachs erhalten, geſtehet auch König Mathias J. ausdrücklich in einer Urkunde vom Jahr 1468, (bei Eder: De Init. Jurib. prim. Saxon. transs. Comentatio. Viennae, 1793. 4. Daſelbſt S. 161 Note 103) in welcher er an die Sachſen ſchreibt: „Ur- bibus et villis egregiis regnum nostrum non so- lum ampliastis sed etiam deeorastis magnifice,“* 104 Broß) bereits den Maros fchon erreicht hatten, und ſich gleichſam bis an die Thore der neuen Reſidenz des ſie— benbürger Biſchofs Alba Gyulae ausdehnten, da mochte vielleicht der damalige Biſchof Andrianus, wahrſchein⸗ lich ein Italiener, (war von 1190 nach andern, doch ohne Grund behauptet, von 1181 — 1202 Biſchof) kei⸗ nen gleichgültigen Zuſchauer mehr abgeben wollen. Die Ausſicht, dieſe emſigen Ausländer unter ſeinen Hirten— ſtab zu bringen, mochte viel zu reizend geweſen ſein, um nicht Alles zu verſuchen und aufzubieten, ſeine Wünſche in Erfüllung zu bringen; an Vorwand, an Gründen ſowohl, als auch an Eifer und ernſtem Willen mag es ihm auch nicht gefehlt haben. — Was der Biſchof aber eigentlich gegen die deutſchen Coloniſten, um ſeine Abſicht zu erreichen, unternommen habe, läßt ſich jetzt, da die Geſchichte hievon gänzlich ſchweigt, nicht beſtimmt und namentlich angeben. Viel— leicht waren es ähnliche Zumuthungen, wie fie feine Nach— folger die Biſchöfe Wilhelm und Reynald im XIII. Jahrhundert gegen die deutſchen Ritter des Burzenlan— des geltend machen wollten. (Vergl. Schlözer Krit. Samml. p. 316, 323 und 613 — 14) Vielleicht und wahrſcheinlich fing dieſer Prälat ohne Umſtände an, ſich als den unbezweifelten Oberhirten als Episcopus trans- silvanus gegen dieſe eingewanderten Deutſchen zu be— nehmen, welches allerdings zu Reibungen zwiſchen dem Biſchofe und den Sachſen Veranlaſſung geben mußte, die dieſe nöthigten, ihre Beſchwerden gegen den Biſchof an den königlichen Hof gelangen zu laſſen und um Abhülfe zu flehen. So viel iſt jedenfalls gewiß: daß ſich unter der Regierung König Bela III. — regierte von 1173 bis 1196 — im Jahre 1190 zwiſchen dem neuen fiebenbürger Biſchof Adrian und den Geyſaiſchen Sachſen Diözefens Streitigkeiten entſponnen hatten, die am königlichen Hofe entſchieden werden mußten. Ein unumſtößlicher Beweis hievon iſt die Entſtehung der ſpäter fo genan'n ten Hermannſtädter Propſtei. Denn nie und nimmermehr wäre dieſe Propſtei unter den Geyſaiſchen Sachſen damals entſtanden, wenn keine Diözeſen-Strei⸗ tigkeiten mit dem Biſchofe Statt gefunden, und dieſe 105 die Entſtehung dieſer Propſtei nicht nothwendiger Weiſe hervorgerufen hätten. — Es befand ſich nämlich eben damals ein päpſtlicher Legat, Cardinal Gregorius de S. Apostolo in Ungarn und wahrſcheinlich am königli— chen Hofe, der ſich des Biſchofs ſeines Landsmannes thätig annahm und den römiſchen Hof gleichfalls ins Mittel zog. — Die Verhandlungen dieſes Streites ſind zwar unbekannt geblieben, nicht aber das Reſultat und die Folgen deſſelben, nämlich die Entſtehung der Hermannſtädter Propſtei. Denn dieſer Streit konnte, nachdem der päpſtliche Legat und der Papſt ſelbſt daran Theil nahmen, nicht anders als durch die Errich— tung oder Stiftung dieſer Propſtei beigelegt werden, wie ich dieſes in der eigentlichen Geſchichte dieſer Probſtei näher zu zeigen und den Hergang dieſes Streites zu ent— wickeln mich bemühen werde. Die Stiftung dieſer Prop— ſtei im Jahr 1191 iſt alſo nichts anders als eine noth— wendige Folge von Diözeſen-Streitigkeiten, die zwiſchen — Geyſaiſchen Sachſen und dem Albenſer Biſchofe Statt anden. Wohl weiß ich, daß dieſe meine Anſicht über die Entſtehung der Hermannſtädter Propſtei ganz neu er; ſcheinen muß, da dieſe Behauptung bisher noch kein Ge— ſchichtsforſcher aufgeſtellt hat, vielmehr faſt alle früheren Geſchichtsforſcher die Entſtehung dieſer Propſtei mehr oder weniger als die Folge eines beſondern kirchlichen Aufblühens der erſten deutſchen Einwanderer und als eine beſondere auszeichnende Begünſtigung der Re gierung, die ſie den Geyſaiſchen Sachſen dadurch angedei— hen ließ, angeſehen haben. Einige wenige und nament— lich die neueſten Geſchichtsforſcher geben zwar auch andere Urſachen an: Schlözer z. B. (krit. Samml. p. 616) ſcheint die Entſtehung der Propſtei für ein glückliches Ereigniß anzuſehen, wodurch wenigſtens die Weſt-Colo— niſten (2) (Hermannſtädter) dem ſiebenbürger Biſchofe entriffen worden wären. — v. Benigni!) ſagt: die Prä— poſitur wäre darum entſtanden, weil die beſitz- und 29 Benigni (J. H. v. Mildenberg) Unterhaltungen aus der Ge— ſchichte Siebenbürgens. 1. Band. 1840. 8. Daſelbſt S. 140. 106 herrenloſe Wüſte, die den Deutſchen angewieſen war, in kirchlicher Hinſicht zu keinem Sprengel gehört habe. — Ferner ebendaſelbſt S. 152 meint der gelehrte Verfaſſer: um die Hermannſtädter Colonie (2) auch in geiſtlicher Hinſicht von allem fremden Einfluſſe, außer dem könig— lichen, unabhängig zu machen. — In der neuern Ausgabe der: Grundverfaſſungen der Sachſen in Siebenbürgen“) S. 20 Note 1 heißt es: damit die Hermannſtädter Eolos nie (2 ſelbſt in geiſtlicher Hinſicht, durch die Errichtung der exemten Hermannſtädter Propſtei zu einem geſchloſ— ſenen politiſchen Körper konſtitutirt würde. — Hr. Pros feſſor Schuller“) ſieht die Stiftung dieſer Propſtei als die nothwendige Vollendung der kirchlichen Verfaſſung und Selbſtſtändigkeit der Stammcolonie derjenigen Flandren⸗ fer an, welche Geyſa in das Desertum Cibiniense (29) angeſiedelt hatte; — u. d. gl. Anſichten mehrere über die ich in der Geſchichte dieſer Propſtei weiter ſprechen werde. — Allein die Sache verhält ſich, wie ich glaube, ganz anders, denn die Stiftung der Hermannſtädter Propſtei iſt, wie geſagt, und wie an ſeinem Orte gezeigt werden ſoll, nichts anders, als das letzte Mittel, welches König Bela III. im Jahr 1191 zu ergreifen ſich genöthigt ſahe, um nicht nur ſämmtliche Geyſaiſche Sachſen in ihren Exemtions-Rechten gegen den Albenſer Biſchof zu ſchützen, ſondern auch zugleich um den Anforderungen des römis ſchen Stuhls zu genügen; ein Mittel zu deſſen Ergrei⸗ fung den König außer der gebietenden Nothwendigkeit wahrſcheinlich und hauptſächlich auch der für den Biſchof gewonnene Cardinal-Legat Gregorius aus tiefen politis ſchen Geünden, wie wir in der Folge ſehen werden, be— wogen hat. (Fortſetzung folgt.) e) Die Grundverfaſſungen der Sachſen in Siebenbürgen und ihre Schickſale. Ein Beitrag zur Geſchichte der Deutſchen außer Deutſchland. Zweite, mit Anmerkungen und Berichtigungen ver⸗ mehrte Auflage. Hermannſtadt, 1839. 8. Schuller (J. K.) umriſſe und kritiſche Studien zur Geſchichte von Siebenbürgen. Wit beſonderer Berückſichtigung der Geſchichte der deutſchen Coloniſten im Lande. Erſtes Heft. Hermannſtadt, 1840. 8. Daſelbſt §. 80 oder S. 93 — 95. 9 — Die Dech aute n des Hermannstüdter Cupitels. Der weiland Hochwürdige als Pro-⸗Dechant des H. E. W. Hermannſtädter Capitels im Jahr 1836 verſtorbene evangeliſche Stadtpfarrer Herr Johann Filtſch in Hermannſtadt hat ſich in feiner mehr als fünfzigjäh⸗ rigen Dienſtzeit nicht nur als Seelſorger und geiſtli— cher Beamte in ſeinem Berufe um Schule und Kirche, ſondern auch als Gelehrter und Schriftſteller hohe und bleibende Verdienſte um die Nachwelt erwor⸗ ben. Mit Uebergehung kleinerer literariſcher Aufläße beſonders zahlreicher Biographien verdienter Siebenbür⸗ er, deren Verfaſſer er ſelbſt iſt, hat die vaterländiſche Literatur dieſem ausgezeichneten Freunde und Beförde— rer der vaterländiſchen Geſchichte die Herausgabe mehrerer Werke zu verdanken, die in den Annalen der fiebenbürs giſchen Literatur einen bleibenden Werth für alle Zeiten behalten werden. Ihm vor allen Dingen haben wir nämlich: 1.ͥ.ů. Die ſiebenbürgiſche Quartalſchrift. VII Bände. Hermannſtadt, 1790 — 1801. 8.; 2. den 2. Band von Haner (G. J.) de Scripto- ribus rerum Hungaricarum et Transsiluanicarum. Cibinii, 1798. S.; 108 3. die ſiebenbürgiſchen Provinzialblätter. V Bände. Hermannſtadt, 1805 — 1824 8. zu verdanken. Schon durch die, trotz allen Hinderniſſen der Schriftſtellerei in Siebenbürgen, die er durch unermüdete Beharrlichkeit zu überwinden wußte, dennoch gelungene mit vieler Selbſt— aufopferung verbundene Herausgabe dieſer genannten Werke, hat der Verewigte allerdings ſeinen Patriotis— mus für Beförderung des Studiums vaterländiſcher Ge— ſchichte hinlänglich beurkundet. Nicht minder aber da— durch, daß er in Verbindung mit einigen angeſehenen und gelehrten Männern ſeiner Zeit, vielleicht der Haupt— beförderer und Vermittler des Schlözeriſchen Werkes: Kritiſche Sammlungen zur Geſchichte der Deutſchen in Siebenbürgen. Erſtes, zweites und drittes Stück. Göt— tingen, 1795 — 97. 8. war. Einige nähere dem litera— riſchen Publicum weniger bekannte Umſtände über die Entſtehung dieſes Schlözeriſchen Werkes findet man in Filtſchens Biographie von S. 25 — 31, die unter fols gendem Titel im Drucke erſchienen iſt: Rückblicke auf das Leben des Johann Filtſch, Hermannſtädter evange— liſchen Stadtpfarrers und Capitels-Prodechanten, mitge— theilt von deſſen älteſtem Sohne Johann Filtſch, Pfar— rer in Schellenberg. Hermannſtadt, 1837. 8. IV. und 64 Seiten. Es würde vielleicht ein Wunder geweſen ſein, wenn ſich im reichhaltigen literariſchen Nachlaſſe dieſes verdienten Mannes nicht auch ein »Verzeichniß der Dechanten des Hermannſtädter Capitels« vorgefunden hätte, und es hat ſich in der That auch ein ſolches vors gefunden, welches mir mittlerweile Seine Hochehrwürden Herr Johann Filtſch, gegenwärtiger Capitular-Syndicus und Pfarrer in Schellenberg mitzutheilen die Güte ge— habt hat. Der Titel iſt: Series chronologica Decano- rum Cibiniensis Capituli. Dieſes Verzeichniß iſt durch eine ähnliche Veranlaſſung wie die Abhandlung des So⸗ terius (Siehe Schullers Archiv. Band J. S. 270 Not. 3.) entftanden”). Da der Verfaſſer dieſes Verzeichniß der ) Es war von jeher Sitte, daß der jedesmalige Dechant des Hermann, ſtädter Capitels jede Capitular-Sitzung mit einem kurzen lateini- ſchen Gebete eröffnete und beſchloß. Nach dem Votum initiale — 109 Dechanten gleichfalls aus öffentlichen Monumenten ge— ſammelt hat, ſo werde ich dieſes Filtſchiſche Regiſter ebenſo wie die Seivertiſchen Notizen als eine neue Quelle für dieſes Thema in meinen Beiträgen fortan benützen. Die in meinem Verzeichniſſe Band I., von Seite 279 bis 296 Schullers Archiv namhaft gemachten Dechanten kommen auch im Filtſchiſchen Regiſter vor, jedoch mit dem Unterſchiede, daß z. B. Walbrunus unter dem Jahr 1322 und Nicolaus unter dem Jahr 1359 dar— innen fehlen, und Christianus vom Jahr 1349 Chri— stanus Mutsch genannt wird, welches aber nach Sei— vert ein anderer Cris Pfarrer in Kleinſcheurn und ein Dechant des XV. Jahrhunderts war, wie an ſeinem Orte geſagt werden ſoll. 1360 — 1363. Unbekannt. 1364. MARTINUs, Decannus Cybiniensis necnon plebanus in magno Horreo. Dieſes Pfarrers in Groß⸗Scheuern als Dechanten in dieſem Jahre erwähnt ſowohl Seivert Prov. Bl. II. 133, als auch das Filtſchiſche Regiſter. (Hieher gehört die Arkunde von 1364.) 1365 - 69. Unbekannt. Vielleicht derſelbe Martinus. 1370, MARTINUS, der Vorige. Unter dieſem Jahre erſcheint dieſer Dechant bei Seivert J. c. nicht, wohl aber bei Filtſch und Georg Soterius, in deſſen handſchriftlichen Werke: Cibinium ). Alt: kunde von 1370.) — eL— pflegte dann der Dechant eine bald kürzere, bald längere lateiniſche Rede über irgend einen das Capitel intereſſirenden Gegenſtand abzuleſen. Dieſe Sitte iſt noch immer nicht ganz abgekommen, und ich erwähne derſelben blos darum, weil auch das Filtſchiſche Verzeichniß der Hermannſtädter Dechanten ein Theil einer ſolchen Rede war, die der Verewigte als Dechant — er war es von 1809 bis 1817 — in der erſten Capitular-Sitzung des Jahres 1816 den 9. Jänner vorlas; in welcher Rede er die Dechanten des Hermann— ſtädter Capitels, ſo weit es möglich war ſie zu wiſſen, namentlich in ihrer chronologiſchen Folge dem Capitel bekannt machte. *) Ueber Georg Soterius d. ä. dieſen ausgezeichueten vaterländiſchen 110 1371. Wahrſcheinlich derſelbe. 1372. MARTINUS. Wird von Seivert 1. e. und Filtſch angeführt. (Urkunde von 1372.) 1373. Wahrſcheinlich derſelbe. 1374. MARTINUS. Daß Martinus auch in dieſem Jahre Dechant geweſen, ſchöpfe ich aus einer einfa⸗ chen Anmerkung, die ſich in einem Bande des ſäch— ſiſchen National-Protocolles befindet, welcher die Acta annorum 1651 57 enthält, woſelbſt pag. 14 der damalige Provinzial-Notarius (Johann Si- monius) wahrſcheinlich aus einer ihm vorliegenden mir aber unbekannten Urkunde dieſes Jahres Fol: gendes pro memoria auszog: „1374. Decanus Cibiniensis Martinus, Senator Joannes de Ci- binio.“ 1375 — 76. Unbekannt. 1377. THOMAS, Decanus Cibiniensis. In welcher Gemeinde des Hermannſtädter Capitels dieſer De— chant damals Pfarrer geweſen, läßt ſich aus der nachfolgenden Urkunde nicht erſehen, indem die weit⸗ läuftige einſt vollſtändige Adreſſe dieſes Briefes mit Ausnahme einiger wenigen Bruchſtücke faſt ganz unleſerlich geworden iſt, und dieſes Dechanten weder Gelehrten im erſten Viertel des vorigen Jahrhunderts (ſtarb als Pfarrer in Kreuz 1728) und ſeine literariſchen Leiſtungen für die Geſchichte und Geographie Siebenbürgens, haben früher J. Sei— vert: Nachrichten von ſiebenbürgiſchen Gelehrten und ihren Schrife ten, S. 419 — 423 und in neuerer Zeit Herr Profeſſor J. C. Schuller in der periodiſchen Zeitſchrift: Transſilvania, Band II., S. 198 — 221 zwei ſehr gediegene Aufſätze geliefert. In dem höchſt ſeltenen, mir bisher nur dem Namen nach bekannten hand— ſchriftlichen Werke dieſes Gelehrten über Hermannſtadt: Cibinium, deſſen Inhalt Seivert I. e. S. 421—422 ausführlich angibt, finde ich, durch Herrn Profeſſor Schuller darauf aufmerkſam gemacht, unter mehreren andern, auch ein Verzeichniß der Dechanten des Hermannſtädter Capitels. — Da jedoch Soterius ſein Ver— zeichniß erſt mit dieſem Dechanten Martinus im Jahr 1370 an⸗ fängt, und überhaupt vor der Reformation in Allem nur zwölf Dechanten kennt und namhaft macht, ſo werde ich dasſelbe blos bei den betreffenden Stellen anführen und benützen. 111 bei Seivert, noch bei Filtſch unter dieſem Jahre Erwähnung geſchieht. (Urkunde von 1377.) 1378 - 79. Unbekannt, vielleicht derſelbe. 1380. THOMAS, Decanus Cibiniensis Licentiatus in Jure Canonico. Wahrſcheinlich derſelbe. Nach Seivert Pr. Bl. II., 118 war er in dieſem und den folgenden, vielleicht auch in den frühern Jah— ren, Pleban zu Großau. Filtſch ſagt das näm⸗ liche und ſetzet noch hinzu: Vide Literas Deme- trii Archiepiscopi confirmationales in Archivo Capituli (Cibin.). Daß Thomas, der ſchon 1377 als Dechant vorkommt, erſt in dieſem Jahre 1380 vom Erzbiſchof von Gran in ſeiner Würde beſtätigt worden ſei, iſt höchſt unwahrſcheinlich, wahrſcheinli— cher aber, daß Filtſch jene Urkunde meint, deren Inhalt der gelehrte Ballmann in der Nachleſe zu den ſiebenbürgiſchen Annalen des vierzehnten Jahr— hunderts (Quart. Schr. VI., 334 — 35.) folgender⸗ maßen angibt: 21380. Der Erzbiſchof Demetrius von Gran überträgt die Verwaltung der biſchöfli— chen Geſchäfte in der ihm unmittelbar unterworfe— nen Hermannſtädtiſchen Diözeſe, d. in in dem Her: mannſtädter, Großſchenker und Leſchkircher Capitel dem Biſchof von Waradein und deſſelben Suffra— gan.“ Auch Ballmann behauptet in der Note r), dieſe Urkunde befinde ſich im Hermannſtädter Ca— pitulararchive. Allein dieſe Urkunde wird man ver— gebens am benannten Orte ſuchen, ja ſie exiſtirte wahrſcheinlich das ganze vorige Jahrhundert hindurch nicht mehr daſelbſt, wie dieſes ein altes beiläufig am Ende des XVII. oder Anfange des XVIII. Jahr— hunderts verfaßtes Verzeichniß der Urkunden des Hermannſtädter Capitels beweiſet, in welches dieſe Urkunde nicht aufgenommen worden iſt. — Wahr— ſcheinlich aber ſchöpften Ballmann und Filtſch dieſe Nachrichten aus dem handſchriftlichen Werke des gelehrten Georg Soterius: Cibinium, das nicht nur dieſes Dechanten unter dieſem Jahre gedenket, ſondern auch die Urkunde, die dieſes behauptet, da— ſelbſt Caput IX. enthält, und die ich, obgleich So— 112 terius ſie aus dem Originale abgeſchrieben hat, doch leider nur, ſo wie ſie ſich daſelbſt befindet, hier mittheilen kann. (Urkunde von 1380.) 1381 - 82. Vielleicht derſelbe. 1383. THOMAS, Decanus Cibiniensis et Plebanus Insulae maioris. Seivert I. e. und Filtſch erwäh⸗ nen deſſelben auch in dieſem Jahre. Dieſer Dechant Thomas ſcheint ein hochgeehrter und nicht nur im Be— reiche des Hermannſtädter Capitels, nicht nur in der Hermannſtädter Provinz, ſondern auch außer der: ſelben bei ſeinen übrigen Nationsgenoſſen angeſehe— ner Mann geweſen zu fein. — Denn er hatte in dies ſem Jahre nicht nur die Ehre an der Spitze einer Deputation der Hermannſtädter Provinz die Beſtä— tigung der Andreaniſchen Handveſte dieſer Provinz vom Jahr 1224 von der Königin Maria zu erbitten; ſondern erſcheint etwa ein Monat ſpäter abermals bei Hofe an der Spitze der Deputirten einer andern ſächſiſchen Provinz, nämlich der Mediaſcher Provinz, auch für dieſe Provinz, die damals mit der Her— mannſtädter Provinz in keiner nahen Verbindung ſtand, die Beſtätigung ihrer Caroliniſchen Handveſte von 1318 zu erwirken. (Urkunde von 1383.) 1384. THOMAS, derſelbe Decanus Cibiniensis. Un; ter dieſem Jahre kommt er weder bei Seivert, noch bei Filtſch vor. (Urkunde von 1384) 1385. Wahrſcheinlich derſelbe Thomas. Auf dieſes Jahr ſetzt Filtſch, jedoch fragweiſe, einen andern Dechan— ten, nämlich einen Nicolaus, Pfarrer in Freck, und beruft ſich auf die Urkunde, worin dieſer Dechant vom Demetrius, Erzbiſchofe von Gran, in ſeiner Würde beſtätigt wird. Da nun aber dieſe Urkunde keine Jahrszahl hat, Demetrius wahrſcheinlich zu Ende des folgenden Jahres 1386 ſtarb und Fejer eine Urkunde von dieſem letzten Jahre bekannt ge— macht hat, in welcher noch immer Thomas als Dechant erſcheint, ſo kann im Falle dieſe Urkunde das richtige Jahr hat, Nicolaus im Jahr 1385 noch nicht Dechant geweſen fein, ſondern wahrſchein⸗ lich derſeſbe Thomas. 113 1386. THOMAS derſelbe. Auch unter dieſem Jahre kömmt er weder bei Seivert noch bei Filtſch vor, (Urkunde von 1386.) a. In dieſem Jahre muß Thomas geſtorben und u ſeinem Nachfolger erwählt worden ſein: Bas ICOLAUS, Plebanus in Affrica. Dieſes Fre; cker Pfarrers als Dechanten gedenket, ſowohl Sei: vert 1. c. II., 217, als auch Filtſch, nur find fie beide, da die Beſtätigungs-Urkunde des Demetrius, Erzbiſchofes von Gran, wie geſagt, kein Jahr hat, unſchlüſſig, in welches Jahr ſie ſeine Amtsführung ſetzen ſollen. Filtſch ſetzt ſie, wie oben erwähnt, in das Jahr 1385? Seivert unbeſtimmt in die Zeit, in welcher Demetrius, (nach Pray Hie- rarch. I., 171) Erzbiſchof von Gran war, näm⸗ lich zwiſchen 1379 - 86. In Folge des zuvor Ge ſagten ſcheint aber das Jahr 1386 das richtigſte zu ſein, das man dieſer Beſtätigungs⸗Urkunde geben kann. (Urkunde von 1386.) b. 1387 — 90. Unbekannt. 1391. HERMANVS, Decanus Cibiniensis pleba- nus de Heltha. Im Filtſch. Reg. fehlt dieſer Dechant. Seivert I. c. III., 7 erwähnt zwar uns ter den Pfarrern von Heltau dieſes Herman bei den Jahren 1364 und 1372, daß dieſer Pleban aber 1391 auch Dechant geweſen, iſt ihm unbekannt geblieben. (Urkunde von 1391.) 1392 — 1400. Unbekannt. Die Seivertiſchen Verzeichniſſe erwähnen noch drei verſchiedene Pfarrer, die in dieſem XIV. Jahrhunderte Dechanten geweſen, deren Amtsführung jedoch auf keine beſtimmte Jahre geſetzt werden kann. 1. CHRISTIANUS, Pfarrer zu Kleinſcheuern, Seivert 1. c. II., 124, vor dem Nicolaus, der gleich— falls in dieſer Gemeinde Pfarrer und 1351 auch De— chant geweſen. Vor 1351 findet ſich allerdings ein De— chant Christianus im Jahr 1349, allein nicht als. Pfarrer von Klein-, ſondern von Groß ſcheuern. Möglicher Weiſe kann aber doch dieſer Christianus von Großſcheuern mit dem Christianus von Kleinſcheuern vereins-Archiv J. B. 111. 9. 8 11 _ eine und dieſelbe Perſon fein. Denn es findet ſich aller dings von 1337 — 48 unter den Dechanten eine Lücke, und der Fall iſt daher leicht möglich, daß Christianus, der 1349 in Großſcheuern Pfarrer war, früher in jener Zwiſchenzeit in Kleinſcheuern Pfarrer und da⸗ mals ſchon auch zugleich Dechant geweſen ſein kann. 2. ARNOLD VS, Pfarrer in Neppendorf, wird von Seivert J. c. II., 115 als Pfarrer in Neppendorf zugleich auch Dechant genannt. Seivert hat keine be⸗ ſtimmte Jahrzahl weder in Anſehung feines Pfarram— tes, noch in Anſehung ſeiner Dechantenwürde angeführt. — In der Urkunde von 1351 findet ſich wahrſcheinlich diefer Arnoldus als Plebanus in Villa Epponis, ob er aber vor dieſer Zeit, alſo in der erſten Hälfte des XIV. Jahrhunderts, Dechant geweſen, oder ſpäter in der zweiten Hälfte dieſes Jahrhunderts es geworden iſt, muß vor der Hand unentſchieden bleiben. 3. JOHANNES, Pfarrer zu Hammersdorf (Villa diui Humberti). Seivert J. c. II., 198. Sollte dies fer Johannes ſchon im XIV. Jahrhundert hier in Ham⸗ mersdorf Pfarrer und auch Dechant geweſen ſein, was aber noch unentſchieden iſt, fo kann er nur in der Zwi⸗ ſchenzeit von 1392 — 1400 es geweſen fein. 1364. Guis ordo rerum gestarum valde defacili ob in- becillitatem humane nature labitur a: memoria et recedit nisi serie literarum perhennetur Hinc est Quod nos MARTINVS desanus ceybiniensis necnon lebanus in magno,. Horreo ceterique confratres eapituli ejusdem significamus tenore presencium quibus expedit vniuersis quod dominus hermanus plebanus inhelta (in Helta) dominum petrum ple- banum de schellmberk (de Schellenberg) pro qui- busdam deeimis infra erectas metas populorum de helta prouenientibus videlicet inter aquam Schebs uocatam et stratam publicamque de eadem villa. dueit adciuitatem et alium locum qui Steynrech appellatur coram nobis ordine iudiciario eonuenit et diuersis racionibus ex utraque parte hincinde ventilatis. tandem dietus dominus hermanus pre- fatas decimas esse suas et ecelesie sue inhelta pro- babilibus raeionibus et literis patentibus non rasis- nec uiciatis sigillis pendentibus roboratis perma- nus discretorum Virorum sciliset domini Nicolai plebani de Villa epponis et domini Christani ple- bani de magno Horreo nec non aliorum confratrum Capituli Czybiniensis tempore decanatus eorundem existencium pro simili causa traditis euidentissime coaprobavit idcirco nos legentes et intelligentes pre- tactas literas ae Sententias secundum formam iuris per omnia esse latas easdem aprobamus et confir- mamus adiudicantes et consencientes sepenomina- tas decimas supradicto domino hermanne pronune 116 plebano in helta suisque successoribus ibidem iure perpetuo quiete possidendas antedicto domino petro plebano deschellmberk eiusque successoribus perpetuum silencium imponentes deeisdem. Hys itaque ordinatis et diffinitis tandem pretactus do- minus hermannus vtipius et discretus proxima feria secunda post natiuitatem beate virginis fra- ternitate iuxta consuetudinem nostram in Affrica celebrata studiosis precibus omnium confratrum inibi existeneium benigne condescendens sepe- dieto domino petro plebano deschellmberk dimi- dietatem deeimarum supradictarum nullo iure sed sula gracia pro tempore sue vite tantum pie con- cessit possidendam condicione tali interiecta si dietus dominus petrus acsui consangwinei et amici voluntatem et beneplacitum ipsius domini her- mani in omnibus plenarie observarent si vero ipse vel ipsi diuisim aut coniunctim seu quicun- que ipsorum ex parte secus fecerit vel fecerint et dicto domino herman contrarierint uerbo uel facto modoqualicunque extunc supra notatus do- minus hermanus pluriesnominatas decimas ad li- bitum suum sibi assumere ualebit et insuum ac ecclesie sue vsum conuertere integraliter et intoto qualibet condicione remota Postquam vero unus 'eorum viam carnis vniuerse ingressus fuerit dicte decime plenarie et indivisim ad ecelesiam parro- chialem inhelta perpetue pertinebunt occùsione qualibet seu auxilio Juris canonici vel civilis pe- nitus non obstante Vt igitur hec omnia firma permaneant et inconfulsa prenotato domino her- manno ac suis successoribus presentes literas no- stris sigillis pendentibus roboratas duximus con- cedendas. Datum Anno domini Me. CCC LX. III“ infesto exaltacionis sancte crucis. ez autographo, 117 1370. Odouicus, Dei gracia, Hungarie, Dalmatie, Croacie Rame, Servie, Gallicie, Lodomerie, Co- marie, Bulgarieque; Rex, Princeps Sallernitanus et Honoris montis, sancti Angeli, dominus, Om- nibus Christi fidelibus, tam presentibus, quam futuris, presencium noticiam habituris, Salutem in omnium saluatore, Gloria et honore, corona- tos, in terra principes, celestis altitudo consilii, tenens Imperium, inexcelsis, ideo, ad regni gu- bernacula prouexit, et eorum solium, subleuauit, ut votis suorum, fidelium, subditorum, quibus signanter, confinia, et finitime partes, regni, ve- lud (sic), sublimibus columpnis, fuleiuntur, et quorum, fidelitatis constanciam, experimento di- dicit et diuturna operum, efficacia, feliciter, com- probauit, aures sue excellencie, et apices sue pie- tatis, inclinet. Proinde aduniuersorum noticiam, harum serie volumus peruenire. Quod quia ve- nerabilis in Christo pater, dominus, Vyihelmus episcopus @Quinqueecclesiensis. Comes Capelle, et Secretarius Cancellarius, noster, fidelis, dilectus, et deuotus, nostre serenitatis, adeundo conspectum, esentibus, et adherentibus, Discreto viro, MAR- TINO Decano, Cibiniensi, Comitibus, Laurencio de Rufo monte, Johanne de Cibinio, Andre de Sebus, Henningo de Seng, 'Nicolao de Rupasz, Henrico de Alcyna, ae Jacobo, de Seguswar, nunciis et Ambassiatoribus, fidelium Saxonum, nostrorum, septem sedium parcium Transsilvana- rum, ad nostram directis, pereosdem, maiestatem, detexit, et lucide, declarauit, quod ijdem, fideles ones nostri, in construccione, et edificacione, Castri nostri, Lanchkron vocati, quod, nos in conſinibus dictarum parcium, proeo, vt populus, siue grex, nostro regimini, diuinitus commissus, precisis radicitus, diſſidencie vepribus, et dissi- diorum, amfractibus, subduetis, in puleritudine paeis sedeat, in fidueie, tabernaculis habiter, et 118 in requie, opulenta, conquiesscat, humanitate, con- silio, et industriosa virtute, eiusdem Domini epis- copi, fidelis nostri, fieri fecimus, Praesidio Christo in uocato, sollicitatorem, operis eiusdem Castri nostri ipsum Dominum episcopum, fidelem no- strum, de cuius fidelitatis constancia, indubie con- fidimus, in persona nostre maiestatis, constituendo, continuatis laboribus, virtüte eximia, non par- centes, rebus, ipsorum, et personis, adeo fideli- ter, sincere, et deuote, eoque, sollerter, quo ferũenter, laudabilia, opportüna, ymo, magis gratuita et necessaria exhibuissent obsequia, quod iam modica eiusdem Castri nostri pars foret im- perfecta, Ideo, nos, huiusmodi ipsorüm fidelium Saxonum nostrorum, fidelitates et seruicia, quas et que iidem, ad nos, et ad sacrum nostrum dya- dema, semper habuerunt, et habent de presenti, gratas, habentes, et accepta, Inpartieularem ipso- rum, preclarissimorum, serviciorum et laudedig- norum meritorum, eorum recompensam, inter- cessibile eciam supplicacione, eiusdem Domini episcopi, fidelis nostri, pro ipsis, erga liberalita- tem nostri culminis, accedente, huiusmodi spe- cialis gracie prerogatiuam, eisdem fidelibus Sa- xonibus fecimus, quod ipsi, amodo, in antea, ad ampliores labores, dicti Castri nostri, et seruicia impendenda, si aliqua Castro nostro in eodem, forent imperfecta, non coartentur, nec per ali- quem adstringantur. Item, quia dictum Castrum nostrum, non ad ipsorum fideliũm Saxonum no- strorum onus, et grauamen, sed magis ad ipsorum conseruationem, uberiorem, et tuicionem salubri- orem, construi fecimus, Eapropter pronunceimus et pollicemus, ut ipsos, contra eorum antiquam libertatem a predecessoribus nostris eis datam et pernos confirmatam, cui preiudicium generari no- lumus in hac parte, ad aliqua dicto Castro serui- cia éxliibenda, non artabimus, aut compellemus, temporis in processu, Incuius rei memoriam, fir- mitatemque perpetuam, presentes, concessimus, 119 Litteras nostras prfuilegiales, pendentis et aucten- tici, sigilli nostri, duplicis, munimine roboratas, Datum, permanus venerabilis in Christo patris, domini Ladislai episcopi wesprimiensis, Regina- lis, Cancellarij et Aule nostre, vicecancellarii, Dilecti et fidelis nostri, Anno Domini Me CCC“ LII“, Quarto Nonas Septembris, Regni autem nostri, Anno XX, non, venerabilibus in Christo pa- tribus et Dominis, Thoma Strigoniensi, Stephano Colocensi, Wgulyno Spalatensi, Nicolao Jadrensi, et Elya Ragusyensi, Archyepiscopis, Demetrio Waradiensi, Colomano Jauriensi, Mychaele Agri- ensi, Vylhelmo Quinquecclesiensi memorato, Ste- phano Zagrabyensi, Demetrio Transsiluano, Jo- hanne Wacyensi, Dominico Chanadensi, Petro Boznensi, Ladislao Nitriensi, Stephano Sirmyensi, Nicolao Tininiensi, Demetrio Nonensi, Nicolao Traguriensi, Stephano Faren, Valentino Macca- riensi, Matheo Sibinicensi, Michaele Scardon, et Portina Sennyensi ecclesiarum, episcopis, eccle-. sias Dei feliciter gubernantibus, Corbaniensi sede vacante, Magnificis viris Domino Ladislao Duce Opulye Regni nostri Palatino, Emerico Woyuoda Transsiluano, Nicolao de Zech Judie Curie nostre, Johanne magistro Tauernicorum nostrorum, Si- mone Dalmacie et Croatie, Petro Zudor tocius Sclauonie et Nicolao de Machou, Banis, Georgio pincernarum, Paulo Dapiferorum Johanne Jani- torum, et Stephano Agazonum nostrorum, magi- stris; ac eodem, Domino Ladislao Duce, Comite Posonyensi, alijsque quampluribus Comitatus regni nostri tenentibus et Honores. requisitio wilhelmi episcopi Quinqueecclesiensis ex autographo, 120 1372. In sancte indiuidue trinitatis nomine amen. Quoniam rerum gestarum series ne labitur ob inbecilitatem humanitatis simül cum lapsu tem- poris. Ideo Honoran forum testimonie roborare sigilli virtute stilique litterarii Jugiter solent per- hennari id namque indestructum permanet, quod fide dignorum auxilio felici disposicione fuerit sagaciter communitum Nos proinde Comes An- dreas de Schebes Comes yausch de Cibinio Ju- dices Regie Maiestatis necnon vniuersitas om- nium Seniorum Septem sedium partis Transsil- vane ad vniuersorum noticiam harum tenore vo- lumus peruenire, Quod cum inter vniuersitatem Eiuium de Cibinio ab una Similiter vniuersitatem Ciuium ville Heltha parte ab altera, super me- tis ac Grenicijs ipsorum territoriorum hincinde controversie rixae atque contenciones suscitate, per multa homieidia ac rerum ablacionibus dam- pna a multis annis retrolapsis sibi insimul per utrasque partes facta extitissent, propter quod prece continua ex vtrisque partibus vniuersis provincialibus fuerant supplicantes, quatenus causa future tranquillitatis vnionem pacis perpe- tuam vellent in medio ipsorum ordinare, Ideo vniuersi prouinciales Reuerendos viros et dominos uidelicet dominum MARTINUM Decauum Cibini- ensem plebanum de Magno Horreo, necnon do- minum Goblinum plebanum de Insula Cristiani, ac dominum Hermannum plebanum de Heltha, rogatu studioso exorabant, vt auxilio et consilio honorandorum inter jamdictas Ciuitates, debitam et quietam reformacionem nexu perpetuali dig- narentur ordinare, Qui Reuerendi viri et domini prece prouincialium se humillima deuocione ob- temperabant ex eterni Saluatoris annuencia, dei- ſicaque imbucione, omnia opera vetita olim in tempore maliciose|per utrasque partes perpetrata, 121 — — — hec necare suffocando nisu cordis studebant, par- tem litigiosam mitigare sub regula salutari, Ex- hine pro reformacione premissorum ac concordia inter ipsos facienda, Sub Anno igitur domini Mil- lesimo trecentesimo septuagesimo secundo Sabbato primo aduentus sumi conditoris, assumptis ipsis ydoneis viris sacerdotibus et laicis videlicet: Egregio viro domino Johanne plebano Cibiniensi domino Johanne de burperg domino Thoma ple- bano de Hanabach, Item Comite Laureneio de Ruffomonte, Alberto de magno Horio, Comite An- drea de burperg, Comite Georgio de Dalhem, Item comite Seruacio de cybinio, Michaele Nun- nencleppel Magistro ciuium, Andrea Franez vil- lico, Servacio Michaele Schoder Henezmanno Schebneezer, Johanne Sulcener Petro czwilling Nicolao baran, Ciuibus Cibiniensibus, Item An- drea Ham villico de heltha, Johanne Hertvich, Heinrich czerner, Mathia Robach, Andrea Vrgut, Hannus Schebniczezer, leuen Cles, Civibus de Helta, et quam plüribus viris sapientibus ipsis dominis.' adherentibus, parcium pacem corde iusto zelantibus, vt omnis rancoris ire rixe et odii ra- dicibus cwilsis extirpatis de medio eorum sopia- tur et eterna pacis puleritudine se mütuo queant amplexari, Super omnibũs premissis premissorum et singulis necnon in dampnis rerum ablacioni- bus quomodocunqũe sibi inuicem usque hec tem- pora illatis et perpetratis, talem pacis et concor- die vnionem inter iamdictas partes perpetue du- raturam, ab omnibus ipsorum 'süccessoribus firmo diligamine inuiolabiliter rite tenendam, Veluti ex vtriusque partis bona Voluntate rate consistit foederatum, Eo die dum distinguacio ipsorum territoriorum ad manus prefatorum totaliter fuerat commissa, Qui viri Honorabiles facta contempla- cione vniuersarum metarum huius territorii, de principio ad ſinem diligenter perlustrabant, vide- licet nemora prata arua, Exinde in omnibus lo- ois huius Grenniciae, metas signatas subleuare pa- Vereins-Archiv J. P. III. 9. 9 122 lam conabantur, Prima meta in monte alpino — — — (sequuntur metae) — — — cuius vltima est meta in quodam loco erecta qui dicitur daz- steynreich ibidem mete vtrarumque parcium me- taliter terminantur, Item si aliquis ligna in Ne- more Civitatis Cibiniensis furari nititar dum per viredum silve arripitur solita pignoracione pro- uincialibus consueta pro suis excessibus licite pignaretur, et sic e contra dum ipsi de Heltha ali- quem de Ciuitate in ipsorum Silua inuenerint, en dem pena caute punietur donec satisfacere curat, ne due vniuersitates prefixe talem obleuem cau- sam amplius simul irascentur Item si aliqui sin- gulares persone mutuo inimicarentur, quarum vna de Ciuitate alia de Heltha has personas preconsul cum villico et cum omnibus Juratis domare et corrigere tenetur Simili modo si süb potestate Ciuium de Heltha stare contemplantur easdem personas equali correccione et argumento miti- gabunt ne prefixe vniuersitates propter aliquos asephalos in seniores dissensiones suscitentur, Preterea notandum quod omnes veteres litere olim in tempore scripte et confecte, cuiuscunque mate- rie censeantur omnes mortuas has cognosscimus et cassas nunquam sub aliqua virtute valituras nunc et in futurum Item volumus vt communitas Ciuitatis Cibiniensis aliquod obprobrium contra ipsos de Heltha nunquam extendant nec ipsi de Heltha vniuersitati Civitatis viceuersa sed nexu perpetui Zeleris se mutuo puro corde, omni loco et tempore consisterint amicose combinantes Item nullus alium in suo territorio appropriato mole- stat impediendo, sed quivis prefatarum Commu- nitatum suo territorio pleno iure gaudeat et frua- tur sub pena et birsario centum marcarum, In quibus fractor huius facti prouincialibus subiace- bit in emendam In cuius rei testimonium firmum verum et ratum nouum Sigillum omnium Sep— temsedium presentibus cernitur subappensum „Da- tum per manus Magistri Michaelis tunc temporis 123 Notarii provincie, Anno domini Millesimotercen- tesimoseptuagesimosecundo in die sequenti sancti Andree Apostoli Domini nostri Jhesu Christi“ Ex autographo literarum confirmat. Ladisiai Regis Hungariae ab anno 1453. 1377. Indorsatio: Venerabilibns Nobilibus et prudentibus viris dominis TO Decano C- biniensi — — — Comitibus — — — de Cybinio — — — de Sebus — — — Judieibus — — — etc. etc. Literae: Johannes dei et apostolice sedis gracia Archiepiscopus Strigoniensis loci eiusdem Comesque perpetuus Nobiles et prudentes viri litteris vestris receptis querulosis contra dominum prepositum sancti Geurgy super visitacione per eum facta, vobis reseribentes asserimus quod non fuit nec est nostre intencionis quod aliquis visi- tator inordinate et sine Juris ordine visitet que- rens que sua sunt non que Jhesu Christi sed pocius corrigat et reformet cum Juris ordine bonaque consuetudine (Qua propter si dominus prepositus predictus aliqua fecit contra Juris or- dinem et bonam consuetudinem illa Cassamus et reprobamus dummodo Jurisdiecio nostra legitima conseruetur Datum Strigonij die decima Octo- bris anno domini Me CCC®? LXX" septimo) et de mandato nostro et voluntate domini prepositi vos domine Thomas ad conscienciam vestram di- catis et ordinetis quid dominus prepositus d ebeat habere de procuracionibus et Birsagijs et quit- quid debet de Justicia habere eidem domino pre- posito fideliter respondeatis datum vbisupra | ex autographo. 124 1380. Demetrius Miseratione diuina tt. Sanctorum quatuor Coronatorum Presbiter Cardinalis, Stri- goniensis Ecclesiae gubernator et Summus Aulae Regiae Hungariae Cancellarius, Reuerendis in Christo Patribus, deinde (sic, forte Ladislao) Epis- copo Varadiensi, ut et suo Suffraganeo, Venera- bilibus Fratribus meis Salutem et mutuae carita- tis affectum. Dilectorum in Christo Dominorum Decani et Plebanorum Districtus Cibiniensis no- bis immediate subjecti supplicationibus inclinati volentes ipsis super eorum incommodis de salu- bri remedio prouidere vobis Clericos de dicto districtu volentes clericali militia decorari, ad omnes etiam sacros ordines rite prout expedire videbitis promouendi, dummodso eis aliud Cano- nicum non obsistat imo altaria, oratoria, ecele- sias et Capellas ac cemeteria sine alicuius tamen praejudicio consecrandi Eeclesias ipsasque (ipsa- que) Cemeteria, si polluta extiterint, prout fuit alias in talibus consuetudo inter Canonicas Sancti- ones plenam auctoritatem nostram ordinationis et plenam concedimus potestatem vos accedere rogantes, quatenus onus 'huiusmodi ad vos tota- liter assumatis dum et quando ijdem Dominus Decanus et Plebani Districtus Cibiniensis vos su- per eo per ipsorum literas duxerint requirendos, In eo nobis futuram spiritualem complacentiam et ipsis commodum ut speramus, Praesentes tan- dem penes praesentantes dimittere placeat post lecturam. Datum in Buda die Dominico Proximo ante Festum Beati Georgii Martiris Anno Domini Me CCC LXXX “T 5811 teil (L. S.) 3 At, Subscripserat Varadien- sis Paratus Sum obedire mandatis vestris et illud idem faciat Vicarius et Suffraganeus Meus ad re- 125 quisitionem Domini THOMAE Decani Cibinien- sis Licentiati in Jure Canonico. | Georg Soterius: Cibinium MS. Caput IX. II. pag. 01 — 92. f 1383. Maria Dei graeia Hungarie, Dalmacie Croa- cie Rame Seruie Gallicie Lodomerie Comanie Bulgarieque Regina Princeps Sallernitana et Ho- noris montis sancti Angeli Domina Omnibus, Christi fidelibus presentibus pariter et futuris pre- sencium noticiam habituris Salutem in omnium saluatore, Regalis Dyadematis prefulgencius attol- litur. Decor et ornatus, cum libertates seu Priui- legia subditorum efficaciam stabilioris perpetue solidat et confirmat, vt qui fideles sunt fideliores efficiantur. uel existant, et ceteri eorum exemplo. ad fidelitatis opera. exercenda incitentur. Proinde ad vniuersorum noticiam harum serie volumus peruenire, Quod serenissimo et excellentissimo jrineipe Domino Lodouico eadem Dei gracia Rege Hunparie. Polonie, Dalmacie ete. felicis et lau- dande recordationis Genitore nostro karissimo volente Domino celi euius nutu omnia reguntur et disponuntur absque prole masculina de medio sublato, nobisque Jure 'suceessorio et ordine ge- niture solium et Coronam dieti Regni Hungarie, ac sceptra Regiminis ipsius genitoris nostri feli- eiter adeptis, Honorabilis Vir Dominus THOMAS Decanus Cibinieusis et Plebauus Insule maioris Item Jacobus Saxonis de Cibinio, Emericus de Alcznow Tylmannus Danielis de feliciloco Jo- hannes filius Johannis de Sebus, Nicolaus Muser, de Warasio, Arnoldus Stenhuser de Castro Sez Comes Johannes de Apoldia in suis et Vniuer- sorum ſidelium Saxonum nostrorum septem se- dium parcium Transsiluanarum personis, in no- 126 stram et serenissime principis Domine Elizabeth eadem Dei gracia Regine Hungarie. Polonie. Dal- macie. etc. Genitricis nostre karissime venientes presenciam, exhibuerunt nobis quasdam literas Priuilegiales ipsius olym genitoris nostri Tenorem literarum condam. Domini Karoli Regis Hunga- rie Avi nostri in se habentes super libertatibus eorundem fidelium Saxonum nostrorum confectas, Tenoris infrascripti. Supplicantes exinde nomini- bus quibus supra. maiestäti nostre Humiliter et deuote, vt easdem Ratas approbatas et acceptas habendo nostrisque Literis Priuilegialibus verbo- tenus inseri faciendo pro ipsis ac eorundem ſide- lium Saxonum nostrorum Heredibus perpetue va- lituras dignaremur conſirmare, Quarum Tenor talis est: Lodovicus Dei gracia Hungarie Dalmacie Croa- cie Rame Seruie Gallicie Lodomerie Comanie Bul- garieque Rex Princeps Sallernitanus et Honoris ac montis sancti Angeli Dominus — — — ide has literas apud Eder: de Init. Jur. prim. Sax. Transs. comm. pag. 175 - 199.) — — — Datum per manus Venerabilis in Christo patris Domini Nicolai Archyepiscopi Strigoniensis locique eius- dem Comitis perpetui Aule nostre supremi Can- cellarij fidelis nostri et dilecti Duodecimo Kalen- das Mensis Julij Anno a natiuitate Domini Mil- lesimo Trecentesimo Sexagesimo Sexto. Regni au- tem nostri Anne vigesimo Sexto.— — Nos igitur humilimis dictorum Domini Thome. Decani et ſidelium Suxonum nostrorum snpplica- tionibus nostre per eos subiectiue allatis maie - stati. Reginali benignitate exauditis et elementer admissis consideratis potissime fidelitatibus. ipso- rum et fidelium obsequiorum laudedignis meritis, quibus ijdem olijm dicto karissimo genitori no- stro et tandem nobis magna fidelitatis constan- cia studuerunt et nunc Anhelant complacere Ra- cione quorum eis non immerite debemus occur- rere Reginali cum fauore, premissas literas Priui- 127 legiales paternas omni prorsus suspicionis vicio destitutas presentibusque de verbo ad verbum insertas, quoad omnes earum continencias et clau- sulas de consensu et beneplacita voluntate eius- dem Domine Regine matris nostre precare Pre- latorumque et Baronum nostrorum consilio pre- maturo, Acceptamus approbamus et Ratificamus, easque ex certa nostre maiestatis sciencia pra ipsis ſidelibus Saxonibus nostris septem sedium ac eorum 'heredibus et posteritatibus vniuersis innouantes perpetue valituras confirmamus pre- sentis scripti nostri patrocinio mediante, In cuius rei memoriam firmitatemque perpetuam presen- tes concessimus literas nostras Priuilegiales pen- dentis et autentici Sigilli nostri dupplicis muni- mine roboratas, Datum per manus Reuerendis- simi in Christo patris et domini domini Deme- trij miseracione diuina tituli sanctorum Quatuor- coronatorum sacrosancte Romane Ecclesie pres- byteri Cardinalis ac_sancte Strigoniensis Ecclesie Gubernatoris perpetui Locique eiusdem Connitis similiter perpetui et Aule nostre Cancellarij di- lecti nobis et fidelis Anno Domini Millesimo Tre- centesimo Octuagesimo Tercio decimo Kalendas Marcij Regni autem nostri Anno Secundo Reue- rendissimis et Venerabilibus in Christo patribus eodem domino Demetrio dicte sancte Strigonien- sis ecelesie Gnbernatore perpetuo Lodouico Col- locensi Petro Jadrensi Vgulino Spalatensi et Vgone Ragusiensi Archijepiscopis Emerico Agriensi Paulo Zagrabiensi Gublino Traussiluanensi Valentino Quinqueecclesiensi Deeretorum doctore, Johanne waradiensi, Guillermo Jauriensi Benedicto wespri- miensi, Johanne Chanadiensi Georgio Boznensi Petro wacijensi Johanne Syrmiensi fratre Domi- nico Nitriensi Paulo Tinniniensi Demetrio No- nensi, Grisegono Traguriensi Matheo Sibinicensi Stephano Pharensi Jacobo Makarensi Michaele Scardonensi et Thoma Seniensi Ecclesiarum Epis- enpis. Ecclesias dei feliciter gubernantibus Cor- 128 bauiensi: sede vacante, Magnifieis Viris Nicolao de Gara Regni nostri Palatino et Judice Comano- rum Ladislao wayuoda Transsiluano et Comite de Zonuk, Comite Nicolao de Zech Judice Curie nostre Stephano de Lyndwa toeius Regni Sclauonie Stephano filio Phylpus de Machaw Emerico dicto Bubek Dalmacie et Croacie Banis, Nicolao dicto Zambo Thauarnicorum Blasio dicto Forgach pin- cernarum Nicolao filio Nicolai de Telegd Janito- rum Ladislao filio Nicolai de Wesen, Dapiferorũm Stephauo: filio condam domini Dyonisy Wayuode Agazonum nostrorum magistris predicto Nicolao dicto Zambo Comite Posoniensi Aliisque quam- pluribus Regni nostri Comitatus tenentibus et Honores. in3zon. illi „ iin ex autographo. 1384. Melatio Domini Nicolai palatini,) Nos Elisabeth, dei gracia Regina Vngarie, po- lonie dalmacie etc. Notumfacimus vninersis. uod nos que ex officio, culminis Reginalis ineremento Ciuitatum nostrarum inuigilare., debemus. Fideli- bus nostris Civibus., Civitatis nostre Cybiniensis Hujusmodi graciam duximus faciendam ad peti- cionem. Honorabilis viri domini THOME Deeani, Cibiniensis Capellani nostri specialis, et Jacobi Judicis eiusdem Ciuitatis nostre Cybiniensis, Ta- lem videlicet, quod Mercatores. Forenses, mercan- cias eorum. in medio ipsorum, et in Territorio eorundem non valeant nec possint exercere con- tra eorum Libertatem, et volontatem, ymmo si aliqui Mercatores Forenses, exportarent mercan- cias eorundem ad partes transalpinas, extunc Ju- dex et Cives, habeant facultatem, prohibendi bona, talium Mercatorum, et eadem bona, pro Camera 9 129 nostra, magnifico viro, domino, Ladislao vel al- teri Wayvode Transsiluano pro tempore consti- tuto, debeant assignare harum nostrarum sub te- stimonio literarum! Committendo nichilominus ipsi Woyvode vt ad ipsorum Ciuium nostrorum requisicionem, praefatis Mercatoribus debeat ob- stare temporibus opportunis. Datum in Sancto demetrio feria quinta proxima, post Dominicain Inuocavit, Anno Domini Millesimo CCC’. LXXX Quarto. "© relatio domini Nicolai Ua! er autographo. 1386. Maria, regina Hungariae, Dalmatiae ete. — — — significamus — — — THOMAS Decanus Cibiniensis — — in suis et vniuersorum Saxonum septem sedium partium Transiluanarum personis, in nostram et serenissimae Principis Dominae Elisabeth, eadem Dei gratia reginae Hungariae, Poloniae, Dalmatiae, Genitricis nostrae charissi- mae venientes in praesentiam, exhibuerunt nobis quasdam litteras priuilegiales ipsius olim genito- ris nostri ete. Nos igitur, de consensu et hbene- placita voluntate eiusdem Dominae reginae, ma- tris nostrae percharae, Praelatorumque et Baro- num nostrorum consilio praematuro praemissas litteras priuilegiales acceptamus, approbamus et ratificamus. — Datum — — M. CCC. LXXX. VI. 2 G. Fejer Cod. Dipl. Tom. X. Vol. I. — a pag. 288 — 289. Bereins-Arhiv 1. B. III. g. 10 130 1386.5 Indoors. Honorabilibüs et discretis viris Do- minis de Capitulo ecclesie Cibiniensis.“) Demetrius Strigoniensis Cardinalis. 40 Lit. Honorabiles viri nobis sincere dilecti, licet de morte Honorabilis viri bone memorie domini Thome. Decani vestri propter eius bo- num regimen quod in medio vestri habuisse di- nosscitur nonmodicum fuerimus protunc agrauate. Tamen vt expresentibus videmus actibus Hono- rabilem et circumspectum virum dominum NICO- LAVM de Affrica plebanum vtique probate vite et examinate sciencie nobis iuxta libertates ve- stras dudum obseruatas in decanum electum du- xistis presentare confirmandum et quoniam nosrre intencionis est et erit quod vos omnes et singu- los in vestris justis et antiquis velimus consue- tudinibus et libertatibus obseruare 'Ideirco eidem domino Nicolao decano nutum confirmationis dif- ficultate qualibet remota, presente duximus im- pendendum, Requirentes vos, quatenüs juxta so- litum et antiquum morem eidem Decano debitas obedienciam et reuerenciam inpendere debeatis Ceterum de munere grate nobis oblato proparte vestra graciarum presentibus referimus acciones, Datum in Torda in festo beati Nicolai confessoris. e autograpko. 1391. JOHANNES dei et apostolice sedis gracia Archiepiscopus ecclesie Strigoniensis Locique eius- *) Die Unrichtigkeit dieſes Ausdruckes wird am feinem Orte gerüger werden, 131 dem Comes perpetuus Ac aule Regie et Reginä- lis; majestatum sumpmus Cancellarius, Omnibus christi fidelibus presencium noticiam habituris, Salutem in domino, benediccione cum paterna, Inter arduas sollicitudinis nostre prelature curas, Illud precipue angit cor nostrum et precordia nostre consideracionis pungit et commovet, ut ecclesiarum dei status, nobis subiectus, insollen- eium temeritatibus exagitatus, necnon regiminis tempore sui releuaminis, susscipere ualeret incre- mentum Adhoc enim diuine pietatis elemencia, super specula, nos prouexit culminis pastoratus, vt ecelesias dei, inpacis puleritudine, et sui ho- noris incremento foueamus, et ubi earum statum ausu Sacrilego prophana temeritas, inpugnaret. Ibi si non temporalis, saltem spiritualis gladius procederet ad vindictam. Hine est, quod Hono- rabiles et discreti viri Carissimi in christo filii nostri universitas plebänorum Capituli Cybinien- sis per sollempnes nunccios eorum videlicet dis- eretos viros dominos HERMANUM decanum Cy- bintensem plebanum de Heltha et Nicolaum Cy- biniensem, querulosas ipsorum supplicaciones no- stris auribus eomodo propallarunt quod quidam ymmo- plurimi, ipsius partis Habitatores sua pro- pria lucra sectantes, inpreiudicium status ecelesia- stici, temporalibus non contenti, spiritualibus se inmiscere, in contentum diuini nominis, et deroga- men sue proprie salutis nullatenus formidarent, Spiritualia enim Judicia, sub examine Judicij se- ‚eularis, discernerent, ymmo in vsum attraxissent, Sacerdotum eciam decedencium, bona raperent et in suas vsus seculares, conuertere non cessa- rent nee ipsi sacerdotes decedentes in vita vel in morte cuiquem legandi haberent facultatem, Tales eciam inplebanos et rectores cure animarum suarum inlocis plurimis eligere essent assueti, qui annos discrecionis et tempus legittimum non ha- berent, Nec parochyalium populornm sue cure exeditorum, animarum saluti succurrere ualerent 132 remedio oportuno, Nec eciam ecelesiastica sacra- menta digne inpertire. Essent eciam plurimi pre- dictorum plebanorum et ecclesiarum Rectorum ipsius partis bonorum operum contumeliosi, qui dum ydem plebani et ecclesiarum Rectores, salu- tari remedio animarum suarum consulere inten- dentes aliqua pia opera, ad laudem ecclesie sanete eternorum .contemplacione premiorum et hono- rem ipsius Crucifixi, qui proprij sui cruoris nece lapsum humani generis vindicauit disponere sta- bilirent verbis eorum aut factis velud bonorum operum Inuidi reprehendentes non permittentes ipsum bonum eorum proprium consumpmare, Adhuc eciam dum inipsis partibus pro legitima et euidenti causa persuperiorem generale impo- neretur interdictum, Religiosi seruare non cura- rent; et sepissime ydem Religiosi excederent li- mites Juris Canonici eontra plebanos ecclesiarum vel Rectores. perhocque status ecelesiasticus in suis libertatibus plurimum vacillaret. quidam eciam inplebanum uel Vicarium reciperentur, non ha- bentes dimissorias uel formatas. in quorum per- sonis ambiguitas generaretur vtrum in ipsius sa- cerdocij gradum essent persaltum promoti wel legitime ordinati, Volentes igitur premissis que- rulosis supplicacionibus ipsorum remedio occur- rere salutari ne amplius talia inderogamen ecele- siastice libertatis Inualescant, statuimus vt nullus Nobilium Comitum Judicum uel aliorum quo- cunque nomine censeantur ad Judicia spiritua- lia ad forumque ecclesiasticum pertinencia se intromittere audeat uel presumat. sed omnes cause spirituales per plebanos uel ecclesjiarum Rectores quibus de iure competunt Judicentur, cum ea que sunt cesaris cesari et que dei deo abdicanda fore ewangelice concinant sanctiones. quibuslibet Ju- ribus Archiepiscopatui Strigoniensi congruere debentibus nobis et nostris in posterum sucees- soribus salue et illese quoquam temporis succes- siuo curiculo reseruatis. nec eciam aliqua bona 133 seu res quorumlibet plebanorum seu sacerdotum in vita vel in morte quispiam rapere audeat aut in suum proprium usum deputare. ipsi enim sacerdotes ‘mel plebani, desuis bonis consensu sui superioris interueniente, de bonis suis in extre- mis liberam testamentariam condendi disposicio- nem habeant facultatem preter bona ecclesie sue de Jure debencia pertinere, Annuimus eciam quod —— et populi parochyales neminem annos iscrecionis non habentem in plebanum uel Recto- rem aliquarum eeclesiarum eligere audeant ullo modo. nisi optenta anobis dispensacione speciali cum quo dispensabimus quantum deiure poteri- mus. Tales enim in Rectorem ecclesiarum eligan- tur, qui infra annum in gradum sacerdotij legi- time possunt promoueri. indignus enim fore cen- setur regimini presidere aliorum, qui regimine indiget ceterorum. nec eciam eaque ad laudem uel honorem dei viuentis aut ecclesie bona per renominatos plebanos et ecclesiarum Rectores speculatiua contemplacione salutis ordinantur, quispiam uerbis uel factis aut reprehensionibus audeat violare. cum pie acta et salubriter dispo- sita eterne compensacionis brauium sortiri di- noscantur. et hec omnia aut queuis singula pre- missorum, perpetua durabilitate volumus obser- uare, Siqui vero in premissis uel singulis pre- missorum secus facere attemptauerint, peromnes plebanos et ecclesiarum rectores ipsius partis ec- clesiasticam per censuram, nostra auctoritate me- diante ex nunc vigore presencium eis attributa, constringantnr. donec debita satisfactione se emen- dent, uolumus eciam ut ubicunque in ipsis par- tibus per superiorem generale ecclesiasticum in- terdictum fuerit inpositum, Religiosi cuiuscunque ordinis existant cessant a diuinis cum plebanis. et ipsum interdictum firmiter obseruetur, Pre- terea si exemptij Religiosi in locis non exemptis obmittendo servare statutum Juris Canonici con- tra sacerdotes excesserint decanus Cybiniensis 134 iuxta ipsorum Religiosornm excessuum qualitatem ineos vindictam excercere possit in loco exempto, Juris tamen tramitte observato. nec eciam quis- piam inplebanum uel uicarium assumpmi ualea- tur nisi suis dimissorijs et formatis decano Ci- biniensi primitus presentatis, Incuius rei memo- riam perpetuamque stabilitatem presentes con- cessimus nostras literas priuilegiales pendentis Sigilli nostri munimine voboratas. Datum in Torda in festo beati Tyburtij martyris, Anno domini Millesimo CCC LXX XXY primo. ex autographo. 5 N. 97 9 N ) . NR: — ITI. C | Gent Pte ig erfoms ru iſco „0 g i — N 7 — — „ 2 ve e Harmategte fü £ 5 2 2 Apula . > ) rolf 3 W we- Add cr au 0 EM Ponte August nina E alla; 8 nl 2 an Blandıana vn N as. 9110 * later been Ea P erde Ne ee u ] 0 el \ art” 30 Ian. Brucla. law. € 2 0 en x Salon a yarautjla- apoca 1 N N Ba as.an ZEN .) a roful ala) N — AD BR - x x m. | 652 5 Amutma A Nele, bo & * Romula. n 05 Ihr. 0 55 Ih er 8 90855 > 8 i R x Aradie pet ena ct and N 0 na rü N - = —— = — —— - Lan. Optatuana.x Ap, Gr e ut „ — IL Ota — — — Tialn 7 5 = — — o. vu. Rn 2 0 or a Ad novas. leue rg, unn Maquas. rum. Nartıco. XA N RR: runs 2 As _Malım 59 5 Memetoda N N ) l tea — r or Alıno B > 5 ee W. m: Ease u ade v. Sa N a N = m 5 . u Dan Auge E N 7 - wo 1 8 5 8 1 p AN — us X 1, x — . * 2 8 e eee Hertvca — = EX. . Romesıana- KU. 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Kritiſche Beiträge zur Kirchengeſchichte des Hermannſtädter Kapitels in Sieben⸗ bürgen vor der Reformation (Fortſ.) 71-106 4 Die Dechauten des Hermannflädter Ka⸗ r Ra 5 107-134 SEN ZN) 5 N SS 2 r A n N AGD: 12, . G N SUN NRZ le . DN N l * 2 — ung * * N 8 17 BD nd 2 e NZ Lese e A S TIL SIE 7 72 S 2 Y 7 7 LIT, An 2er RO DEI N > EN N SV Ger 2 S 2 er ven. Al a 5 1 — — —