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et WRCHIVES INTERNATIONALES

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Pharmacodynamie « a Thérapie

PUBLIFES PAR |

J. J. Abel, Baltimore; S. Arloing, Lyon; E. Behring, Marbourg; C. Binz, Bonn; A. de Bökay, Budapesth; Ch. Bouchard, Paris; L. Brieger, Berlin; V. Cervello, Palerme; A. R. Cushny, Ann Arbor: J. Denys, Louvain; P. Ehrlich, Francfort; W. Filehne, Breslau: Th. R. Fraser, Edimbourg; J. Geppert, Giessen; P. Giacosa, Turin; E. Gley, Paris; F. Henrijean, Liége; J. F. Heymans, Gand; R. Kobert, Rostock; T. Lauder Brunton, Londres; R. Lépine, Lyon; . O. Liebreich, Berlin; R. Paltauf, Vicnne; J. Pohl, Prague; G. Pouchet, Paris; J. L. Prevost, Genève; E. Roux, Paris; H. v. Tappeiner, München; E. Van Ermengem, Gand. |

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VOLUME XII, FASCICULE I & IL.

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N

BRUXELLES PARIS

H. LAMERTIN, EDITEUR, 0. DOIN, EDITEUR,

20. RUE DU MARCHE-1U-Bo1s. d PLACE DE L ODEON.

1903.

Table des matiéres des volumes antérieurs.

1901. Vol. VEEE. J. F. Hevmans et Paut Masorn, Sur la rapidité de l'absorption intracellulaire des nitriles malonique et pyrotartrique aprés injection intraveineuse, p. I. JINNOSUKE JsUZUKI, Beitrag zur Tetanusantitoxintherapic bei Thieren und

beim Menschen, p. 19 C. Li:vanıtı, Experimentelle Untersuchungen über die Nekrose der Nierenpapille (1 Tat.), p. 45. Otro Lozwi. Pharmakolovische Untersuchungen über Anagyrin, p. 65. E. Imrexs, Le Chlorétone, p. 77.

Ernest F. Basurokb M. B. Cn. B., Ueber Blutimmunität, p. 101. C. H. L. Scumipt, Ueber Jodoformnachweis und Jodotormzersetzung, p. 111. FRITZ ALTENBURG, Einiye Versuche über die Umwandlung des Juloforms ın freies er p. 125. K. DMITKRIEVSKI, Influence des injections répétces des toxines sur ‘élimination de l'azote, des phospaates et des chlorures, p.151. LabisL. HASKOVEK, Weitere Beitráye zur Lehre von der Wirkung des Thyreodialen-Saftes auf das Centralnervensystem, p. 167. C. H. L. Scumipt, Nachweis des Jodoforms neben einigen bekannten organischen Jodverbindungen, p. 187. JULES Reuns, D'une nécrose typique de la papille renale determince par la tetrahydroquinoleine et certains de ses dérivés, p. 199. JULES REuxS, Contribution à l'étude des muscles privilégiés quant à l'oxygène disponible, p. 203. HEINRICH SINGER, Ueber die Harngıttigkeit, p. 207. EDUARD FRHR. VON VIETINGHOFF-SCHEEL, Ein Beitrag zur experimentellen Erforschung der Wirkung und des physiologisch-chemischen Verhaltens der Oxalsäure und ihrer neutralen Natriumsalzes (Taf. I), p. 225. EpmMonb Burra, La résistance des giobules rouges du sang. Une nouvelle méthode pour la mesurer (2 fig.), p. 291. MARCEL MoniEr, Recherches sur le traitement de la tuberculose par le suc de viande crue ou zomotherapie, p. 303. ERNEST F. BASHFORD, Untersuchungen über das Bestehen eines gegenseitigen Antagonismus zwischen Atropin und Morphin (1 Fig. und Taf. 1), p. 311. JuLtus C. ROTHBERGER, Ucber die Kreislautsverhaltnisse bei der Phosphorvergiftung, p- 353. E. Hiepon, Sur l'hémolyse par les giycosides globulicides, et les conditions de milieu qui la favorisent ou l'empêchent, p. 381. AUGUSTE PETTIT, Altérations rénales consécutives à l'injection de sérum d'anguille et de congre (Pl. 1), p. 409. SoruiE HokrxSTEIN, Ucber das Calciumsuperoxyd (Gorit) und seine therapeutische Anwendung, p. 429. J. Pout, Ueber Blutimmunitat, p. 437. C. Binz, Ueber das Bestehen eines gegenseitigen Antagonısmus zwischen Atropin und Morphin, p. 449. Henrt ANTEN, Recherches sur laction diuretique de la caféine et de la thcobromine (Pl. I, et 4 fig.), p. 455. HERM. HILDEBRANDT, Ueber einige Bezichungen zwischen chemischer Konstitution, physiologischer Wirkung, Schicksal im Thierkörper, p. 499.

1901, Vol. JX. E. Imrexs, Contribution à l'étude des préparations solubles de la théobromine, p. 1. ANTONIO BRINDA, Sull azione respiratoria della morfina e di alcuni suoi succedanci, p. 63. J. F. Heymans et A. VAN DE CALSEYDE, Sur la prétendue désintoxication du cyanure de potassium par la morphine, et de la morphine par le permanganate de potassium, p. 93. C. H. L. Scumipt, Jod und Jodotorm, ihr Verhalten zu Eiweiss, p. 107. Franz Bannes, Das Wesen der genuinen und künstlichen Vogelgicht und deren Beziehungen zur Arthritis urica des Menschen (a Fig.), p. 123. ARTHUR R. Cusuxy and Bert. K. VAN NATEN, On the actıon of Catleine on the mammalian heart (I pl.), p. 169. ALB. ROBIN et Maur. Binet, La prophylaxie de la tuberculose pulmonaire par la connaissance de son terrain, p. 181. L. Camus, Recherches sur l'action cardiaque du Poison des Mois (28 fig.), p. 191. V. CERVELLO, Sur le mécanisme de l'action de l'igazol (4 118.), p. 217. ALFRED SIEGFRIED, Ein Beitrag zur Kenntnis des physiologisch- chemischen und pharmakologischen Verhaltens des kieselsauren Natriums, des Kieselfluornatriums und des Fluornatriums, p. 225. W. ELLRAM, Ueber das Cinchonamin, p. 289. —J. Hürxer, Zur Pharmakologie des Kobalts mit besonderer Berücksichtigung seiner Verwendung bei Blausäurevergiftung. p. 339. F. IMHOFF, La diazorcaction d’Ehrlich dans la tuberculose expérimentale (1 pl.), p. 359. E. Hipon, Sur l'hémolyse par les glycosides globulicides et les conditions de milieu qui la favorisent ou l'empèchent (22 mémoire), p. 393. H. WENDELSTADT, Ueber einen Antikörper gegen Blutegelextract, p. 407. Evmoxp BurrA, Note sur un nouveau cytometre, p. 423. J. Honva, Vergleichende Untersuchung über den Emptindlichkeitserad der Frósche und Króten gegen einige Gifte. p. 431. C. Binz und P. GERLINGER, Die Reduktion des Natriumnitrats im Tierkorper, p. 441. E. F. Basurorn, Ueber Blutimmunitiat, p. 451. VINCENZO TRAINA GAETANO Granozzi, Influenza di alcune inalazioni medicamentose sulle funzioni delle respirazione e della circolazione sanguigna, p. 471. EMANUEL FORMANEK, Ueber die Einwirkung des Tetramethylammoniumchlorids auf den Blutkreislauf, p. 483. EbmMonD Burra, Essai d'urologie syphilitique, p. 495. J. PonL, Erklärung an Dr E. F. Bashford, p. 505.

en

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ARCHIVES INTERNATIONALES

Pharmacodynamie et a Thérapie

PUBLIÉES PAR

J. J. Abel, Baltimore; S. Arloing, Lyon; E. Behring, Marbourg; C. Binz, Bonn; A. de Bókay, Budapesth; Ch. Bouchard, Paris; L. Brieger, Berlin; V. Cervello, Palerme; A. R. Cushny, Ann Arbor; ຽ. Denys, Louvain; P. Ehrlich, Francfort; W. Filehne, Breslau; Th. R. Fraser, Edimbourg; J. Geppert, Giessen; P. Giacosa, Turin; E. Gley, Paris; F. Henrijean, Liége; J. F. Heymans, Gand; R. Kobert, Rostock; T. Lauder Brunton, Londres; R. Lépine, Lyon; O. Liebreich, Berlin; R. Paltauf, Vienne; J. Pohl, Prague; G. Pouchet, Paris; J. L. Prevost, Genéve; E. Roux, Paris; H. v. Tappeiner, Munich; E. Van Ermengem, Gand.

VOLUME XII

avec 23 figures intercalées dans le texte et 5 planches.

+“ o o BRUXELLES | PARIS H. LAMERTIN, Epireur, | O. DOIN, ÉDITEUR, 20. RUE DU MARCHÉ-AU-Bo1s. | 8, PLACE DE L'ODÉON.

1904.

TABLE DES MATIÈRES DU VOLUME XII:

À. J. MixxE : Etude de l’action de la toxine diphtérique sur la température du corps et la circulation sanguine (12 fig.), p. 1.

GEORG Joaxxovics : Ueber Veränderungen der Leber bei Vergiftung mit carbaminsaurem und kohlensaurem Ammonium, p. 35.

HERMANN EPPENSTEIN : Ueber die angeblich regionäre Wirkung von Arzneistoffen nach Injection unter die Schläfenhaut, p. 47.

Huco BEcker : Pharmakologische Untersuchungen über einige Morphin- derivate, p 63.

MARTIN KocHMmann : Beiträge zur Wirkung des Scopolaminum hydro- bromicum, p. 99.

CarL PotorzkY : Ueber cinige Versuche zur Aufindung neuer Lokalanäs- thetica, p. 129.

Josern NoE : Action des divers poisons sur les animaux hibernants (hérissons). Wariabilité et spécificité des effets des substances toxiques, p. 153.

Erich Harnack : Dic Vergiftung durch salpetrigsaure Alkalien und ihr Verhältniss zur Ammoniakvergiftung, p. 185.

H. DE WAELE et E. Succ : Etude sur la Variole et la Vaccine (9 graphiques et 4 planches), p. 205.

DANIEL HELMAN : Beitrag zur Lehre über Melanin und Glycogen in melanotischen Geschwülsten nebst Bemerkungen über Wirkung und physiologisch-chemisches Verhalten einiger Pigmente bei künstlicher Einfuhr (mit einer Doppeltafel), p. 271.

Epmonp Lesné et Cu. Ricner, fils : Modifications de la toxicité de certains poisons par addition de substances solubles non toxiques (2 fig.), p. 327.

C. Binz : Zum chemischen Nachweis des Digitalins, p. 337.

PauL Zerr : Beiträge zur Kenntniss der Ipecacuanha, p. 345.

Cu. Honoré : Recherches sur la formule leucocytaire dans l'ankylosto- masie, p. 383. .

L. BRIEGER und M. Krause : Untersuchungen über Pfeilgifte aus Deutsch Ost-Afrika, p. 399.

BEva v. Fenyvessy : Zur Glukuronsiiure- Frage, p. 407.

FRIEDRICH BAHRMANN : Ueber die Einwirkung von Alkalien auf den Stoffwechsel fleischgcfürterter Iühner (2 Fig.), p. 421.

Reıp Hunt : Zur Kenntniss der Toxikologie einiger Nitrile und deren

e Antidote, p. 447. Reıp Hunt : Ueber die Toxicität einiger Chinin-Derivate, p. 497.

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TRAVAIL DU LABORATOIRE DE PATHOJ.OGIE GÉNÉRALE DE L'UNIVERSITÉ DE GAND. `

Etude de l’action de la toxine diphterique sur Ja température du corps et la circulation sanguine

PAR

le Dr A. J. MINNE,

Assistant.

Nombre de travaux ont été entrepris pour élucider cette question, et cependant, toutes les particularités qui s’y rattachent, ne sont pas bien connues. La toxine diphtérique mérite, plus que toute autre, d’être étudiée jusque dans ses moindres détails : il s’agit du poison d’une maladie très meurtrière et bien fréquente.

La diphtérie est la seule maladie qui se traite efficacement par le sérum antitoxique. Pour l'obtenir il faut partir de la toxine. Pour bien comprendre l’action de ce précieux agent, 1l importe donc de connaître toutes les particularités qui se rattachent à cette toxine. D'autre part, mieux on connaîtra l'une des nombreuses toxines que les progrès de la bactériologie ont fait découvrir, plus on sera apte à étudier et à com- prendre l’action physiologique des autres substances toxiques de nature microbienne.

Nos expériences ont été faites avec deux provisions de toxine diphtérique conservées aseptiquement sous toluol. Leur pouvoir toxique était identique, comme l’ont prouvé nos divers essais. Nous avons fait les dilutions extemporanément, au fur et à mesure des besoins, et avons fait toutes nos injections dans la veine marginale de l'oreille chez des lapins. Ces injections ont été faites sous le plus petit volume possible ‘(un demi à

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Thérapie, vol. XII. | 1

tas

2 A. J. MINNE

un centimétre cube), afin de n'avoir pas á nous occuper des troubles que détermine l'introduction dans l'organisme de grandes quantités de liquides.

Comme animal d'expérience, le lapin est celui qui se prête le mieux à ce genre de recherches, parce qu’il constitue un réactif trés sensible a la toxine diphtérique. Prenant toujours la mème espèce animale, nos expériences fournissaient d’ailleurs des résultats plus comparables entre eux. Comme la plupart des expérimentateurs qui se sont occupés de cette même question, se sont également adressés au lapin, nous pouvions plus aisément comparer entre eux les résultats obtenus.

Nous divisons notre travail en deux parties :

I. Action de la toxine diphtérique sur la température du corps.

II. Action de la toxine diphtérique sur la circulation sanguine.

Chacune de ces parties est subdivisée à son tour en plusieurs paragraphes dans lesquels nous passons en revue l’action produite par l'injection de doses toxiques simplement mortelles, l’action des doses plusieurs fois mortelles, puis, l'effet produit sur les phénomènes d’intoxi- cation par certains agents modificateurs physiques et chimiques.

Aprés que KLeBs(1), en 1883 eût découvert le bacille diphtérique dans les fausses membranes, que La:rFLER (2) P'eút isolé et en eût fait des cultures pures, Roux et Yersin(3) découvrirent chez ce microbe une particularité encore ignorée; ils mirent en lumiére ces deux faits importants : le bacille de la diphtérie ne se généralise pas dans l'organisme des malades, il fabrique sur place, pour le répandre dans le corps, un poison d'une activité énorme et qui tue. Ce poison, c'est la toxine diphtérique.

Roux et YERSIN l'isolèrent de leurs cultures et lui reconnurent les mêmes propriétés qu'au poison formé dans le corps. Ils démontrèrent que, non seulement la toxine préparée ainsi in vitro, était identique à celle rencontrée chez les sujets morts de diphtérie, mais encore que l'injection de la toxine reproduisait tous les stades de la maladie « diphtérie », depuis la paralysie jusqu’à la mort.

Il est donc permis de déclarer, jusqu’à preuve du contraire, qu'étudier la toxine dans ses effets sur l’organisme, c’est étudier la maladie.

| (1) KLess: Ueber Diphterie. Verh. d. II. Congr. f. innere Medicin, Wiesbaden, 1883. (2) LorrrLER: Untersuchungen über die Bedeutung der Mikroorganismen für die Entstehung

der Difhterie. Mittheil. a. d. kais. Gesundheitsamte, II, Berlin, 1885. (3) Roux ct YERSIN : Contribution à l'étude de la diphterie. Annales de l'Institut Pasteur,

t. IL, 1888, t. 111, 1859 et t. IV, 1890.

ACTION DE LA TOXINE DIPHTERIQUE 3

Les particularités si importantes relatées dans les travaux de Roux et YERSIN, BEHRING(!), en Allemagne les avait observées aussi; mais il eût, de plus, le grand mérite de découvrir l’antitoxine et de mettre en valeur ses propriétés thérapeutiques si remarquables.

Après des résultats aussi éclatants, il semblait qu’il ne fallait plus rien savoir de la toxine diphtérique... Erreur profonde, car pas plus que ses sœurs, elle n'avait livré le secret de sa nature intime. Pour la découvrir, les savants entreprirent l'étude des troubles fonctionnels et anatomiques produits par les toxines, par la toxine diphtérique en particulier. Et à côté des noms déjà cités de BEHrING, Roux et Yersin, il faut ranger ceux de CHARRIN et Rocer, qui étudiérent la toxine pyocyanique, ceux de Roux, VAILLARD, VINCENT, Tızzoxi, CaTTant, ]. CoURMONT et PEHU qui firent des recherches sur la toxine tétanique, celui du professeur VAN ERMENGEM qui étudia un poison nouveau la botuline, etc. etc. g

Enfin, la toxine diphtérique fut étudiée à des points de vue différents par ARLOING(2), LAULANIÉ(G), J. Courmont (4), Doyon(5), Pavior(6), DecroLY(7), A. CHARRIN(S)», H. CLAUDE(9), etc.

A part Decrory qui s’attacha à étudier l’action des toxines et des antitoxines sur la nutrition générale, ces derniers auteurs se sont placés, pour leurs recherches, sur un terrain plus particulièrement intéressant pour nous: ils ont examinié les troubles que les toxines apportent à la température du corps et à la circulation.

La présente étude confirme plusieurs des résultats douteux de ces auteurs; les expériences nouvelles que nous avons réalisées sont le complément de leurs travaux.

(1) BEHRING : Ueber die Diphterie-Iminunitát. Deutsche med. Woch., 1890, no 50,

p. 1145; Zeitschr. f. Hygiene, 1893, p. 641, etc. (2) ARLOING : Etude sur le sérum antidiphterique et son action antitoxique. Arch. intern, de

pharmacodynamie, vol. V, fascicules V et VI, 1899. |

(3) ARLOING et LAULANIÉ : Introduction à l'étude des troubles de la temperature, des combustions respiratoires et de la thermogenése, sous l'influence des toxines bactériennes. Arch. de physiologie, 4, oct. 1895.

(4—5) J. COURMONT et Dovon : De la marche dela temperature et dela non-dilatation dans Vintoxication diphtérique expérimentale. Société de Biologie, fév. 1895.

(6) J. CourmMontT, Doyon et Pavior : Action de la toxine diphterique sur le système nerveux de la grenouille maintenue à +4 58°. Soc. de biologie, mai, 1895.

(7) O. DEcRoLy : Etude de l'action des toxines et antitoxines sur la nutrition générale. Archives internationales de pharmacodynamie, vol. IV, fasc. V et VI, 1898.

(8—9) A. CHARRIN et H. CLAUDE : La botuline et la toxine diphtérique: quelques constdérations. Arch. intern. de pharmacodynamie, vol. IV, fasc. V et VI, 18098

4 A. J. Minxe

PREMIERE PARTIE.

Action de la toxine diphtérique sur la température du corps.

Les travaux de ARLOING(1), LauLaAniÉE(2), J. CourmonT, Dovon(3), Pavior(4), Enriquez et HaLLIioN (5), KreHL et F. SOETBEER(6), etc., nous ont fait connaitre bien des détails de l'action de la toxine diphtérique sur la température du corps et ont tenté d'éclaircir le mécanisme de cette action.

Ces auteurs se sont servis, pour leurs recherches, tantót de mensu- rations thermométriques simples, prises dans le rectum, tantôt de mesures calorimétriques, tantôt de ces deux procédés combinés. Il est évident, comme l'ont fait observer, entre autres, BOUCHARD et D’ARSONVAL, que pour apprécier la quantité de chaleur fabriquće par un sujet, à un moment donné, le thermomètre ne suffit pas et qu’il faut recourir au calorimètre quand on veut étudier les troubles de la thermogenese. Mais, comme il ressort du mémoire même de MM. p’ARSONVAL et CHARRIN, Cette méthode, méme unie á la mensuration thermométrique, reste insuffisante pour résoudre le probléme si complexe de la thermogenése. ARLOING et LAULANIÉ, dans leur travail déjà cité, disent : « Il faut donc remonter plus loin, vers la source de la thermogenèse, et ajouter aux observations calori- métriques et thermométriques, l'étude simultanée des échanges respira- toires ». Et il faudrait y ajouter encore l’étude complète des autres produits de désassimilation.

De sorte que l'étude de la thermogenese, nous eùt amené à faire successivement chez des animaux intoxiqués par la toxine diphtérique,

la thermométrie,

20 la calorimétrie,

30 l'étude des ¿changes gazeux,

l’étude de tous les autres produits de désassimilation, et cela, pour ces deux derniers points, chez des animaux en équilibre nutritif.

Etude trop vaste, qui eùt demandé plusieurs années d'expérimentation

(1) ARLOING : Mémoire cité, 1899.

(2) ARLOING et LAULANIÉ : Mémoire cité, 1895.

(3) J. CourMonT et Doyon : Mémoires cités, 1895.

(4) J. CourMonT, Dovon et Pavior : Mémoire cité, 1895.

(5) LxkiouEz et HALLION : Sur la période d'incubation dans les emfoisonnements par toxines microbiennes. Société de biologie, décembre 1894.

(6) KREHL et SOETBEER : Wie gestaltet sich die Warmedkonomie und der Gewechsel poikilothermer Wirbeltkiere unter dem Einflusse bacterieller Infectionen? Archiv f. experimentelle

Pathologie und Pharmakologie. Bd. XL, 1898.

ACTION DE LA TOXINE DIPHTÉRIQUE

et dont nous nous sommes abstenu, pour n'envisager que celle de la température du corps. Et nous l'avons étudiée au cours des intoxications aigués et suraigués, soit isolément, soit en faisant marcher de pair l’étude des modifications circulatoires, afin de saisir les liens qui existent entre ces deux sortes de phénomenes.

Nous nous sommes servi pour nos mensurations d'un long thermo- mètre (30 centimètres environ), très sensible, à graduation espacée, que nous plaçions dans le rectum des animaux, aussi profondément que possible, mais toujours à un égal niveau, qui correspondait au trait 21 de la division.

Dans toutes nos expériences, nous avons administré des doses de poison capables de reproduire l’empoisonnement aigu ou suraigu (0,025 c.c. à 1 c.c.) et injections la quantité voulue de poison, ainsi que nous le disions déjà, sous le plus petit volume possible (1/2 á 1 c.c.) dans la veine marginale de l'oreille. L’intoxication évoluait ainsi dans l'espace de 16 à 18 heures, 24 à 36 heures, 50 à 60 heures parfois.

L’intoxication chronique ne s’accompagne que de modifications trop légères de la température pour qu'elles puissent faire ici l’objet de recherches; elles tombent d’ailleurs en dessous des limites des variations

individuelles, c’est pourquoi nous l'avons négligée. Notre plan conçu d'après les idées ci-dessus mentionnées, nous avons

a-nos animaux

étudié les points suivants : § 1. Intoxication aigué par doses mortelles. § 2. Intoxication aigué par doses plusieurs fois mortelles. § 3. Action dela température ambiantesur la marche de la température. § 4. Influence de l’immobilisation de l'animal sur la marche de la

température. S 5. Influence de l'asphyxie sur la température.

§ 1. INTOXICATION AIGUE PAR DOSE MORTELLE.

Les phénomènes thermiques observés chez le lapin apres l'administra- tion de doses toxiques aiguës simplement mortelles, sont d’une constance

typique. Nous extrayons de nos notes les deux expériences suivantes faites

simultanément. Deux lapins reçoivent le même jour, à la même heure, 0,025 c.c., c'est-à-dire la dose toxique aiguë de toxine diphtérique, dans la veine

auriculaire; les températures observées sont les suivantes :

©

A. J. MINNE

DATES | Lapin X, 1715 gr. | Lapin XI, 1785 gr.

3 déc., 12 heures. 3799 38°5

injection 12 h. 10!

| 13h. 3799 3805 14h. | 3790 3806 16 h. 3501 3808 15 h. 3994 | 3808 20 h. | 39"5 | 3809 22h. 3905 | 390 4 déc., 8 h. | 3809 3809 12h. 3805 3808 | 14h. 380 3602 16 h. 3706 3507 17 h. 370 3507 19 h. 30! A ce moment, l'animal est fixé sur 3303 20 h. l'appareil de contention pour l'étude des 320 20 h. 20! variations circulatoires. (Voir plus loin, 310mortdel animal.

pour la marche de la température dans

ces nouvelles conditions.)

Ces expériences démontrent qu'on peut, au cours de l'intoxication diphtérique simplement aiguë, relever plusieurs phases.

A) Phase latente proprement dite, qui n'a pas toujours été aussi longue qu'elle est indiquée chez le lapin X, mais qui a cependant toujours duré pendant, au moins, une demie heure. Pendant la durée de cette phase, la température rectale ne subit aucune modification.

ນ) Phase d'hyperthermie croissante. Elle s'installe assez rapidement après le moment de l'injection (une demie heure à une heure en moyenne) et se caractérise par une augmentation régulière mais lente de la température centrale. En effet, elle n’atteint son maximum qu'en moyenne six heures apres le début de l'injection et reste stationnaire jusque vers la quinziéme heure environ. ARLOING et LAULANIÉ, dans leur mémoire cité, ont constaté que cette phase d’ascension s'accompagne d'augmentation du chimisme respiratoire et de la thermogenèse.

La plupart des auteurs qui ont étudié, dans ces derniers temps, Îles toxines en général, et la toxine dipthérique en particulier, ont porté leur attention sur les symptômes nerveux, moteurs, cardiaques et respiratoires, qui tous, n'apparaissent manifestement -que plusieurs heures après l'administration d’une dose même plusicurs fois mortelle de toxinc. De cette longue période dite d’incubation qu’ils relèvent et que d’aucuns,

CourMoxT en particulier, ont tenté d'expliquer en disant que les toxines

a b Pa

ACTION DE LA TOXINE DIPHTÉRIQUE 7:

etaient des ferments qui par fermentation donnaient des poisons a action immédiate.

Cette longue période latente d’intoxication, pour les phénomènes précités, est exacte, nous revenons sur ce point plus loin. Mais il n’en est pas de même de l’intoxication qu’on peut appeler nutritive et des phénomènes qui sont en relation intime. avec les fonctions de nutrition.

Il est évident que, du degré de dénutrition, dépendent la thermogenèse, par conséquent la température du corps, la déperdition de calorique, comme aussi les échanges gazeux et les éliminations urinaires.

Or, comme nous venons de le dire, la température du corps s'élève déjà en moyenne une heure après l'administration d’une dose simplement mortelle de la toxine. D'autre part, les expériences d'ARLOING prouvent que cette hypothermie s'accompagne d’une perte plus grande en calorique, d'une augmentation des échanges gazeux et les analyses de DEcroLy établissent que cette intoxication provoque rapidement une élimination plus grande d’urée en même temps qu’une perte en poids.

En un mot, de ce faisceau de faits, il résulte clairement nous semble-t-il, que la toxine diphtérique est réellement un poison nutritif catabolique, comme l’a déjà dit DEcrozy; mais contrairement à ce que croyait cet auteur, la manifestation extérieure sensible de cette action catabolique, ne demande pas plusieurs heures, mais apparaît déjà parfois aprés une demic heure à deux heures.

Et nous verrons plus loin qu’en élevant les doses de toxine (administration de doses plusieurs fois mortelles), le symptôme d’intoxi- cation représenté ici par l’hyperthermie, apparaît encore plus rapidement. C'est ainsi qu'après une injection intraveineuse de 1 c.c. de toxine pure nous avons vu l'élévation de température se montrer déjà après 15 minutes.

Par conséquent, l’hyperthermie dépendant évidemment de phénomènes de combustion plus énergiques, peut être provoquée presque avec la même rapidité que l'intoxication nerveuse par des poisons dits à action rapide. En d’autres mots, la distinction établie et admise encore entre les poisons dits chimiques et à action rapide, et les poisons bactériens ou microbiens, ou toxines, à période latente d'intoxication, doit être abandonnée. Les premiers provoquent rapidement des symptômes nerveux, des troubles de la motilité, etc., que l'œil perçoit directement; les derniers, au moins la toxine diphtérique, provoque, avec la même rapidité, entre autres, des troubles de la calorification, qui ne se voient pas, mais qui se constatent facilement à l’aide du thermomètre. Nous dirions même qu'à l’aide des

toxines, nous pouvons élever plus rapidement la température, que nous ne

8 A. J. MINNE

pouvons abaisser la température fébrile par les antithermiques les plus puissants, dont l’action hypothermisante demande au moins une à deux heures pour se manifester.

c) Periode d’hyperthermie décroissante, qui débute après la quinzième heure environ, et se traduit par une chute lente et graduelle de la temperature. Quoique les combustions, pendant cette période de l'intoxi- cation, soient tombées au dessous du taux normal (ARLOING et L'AULANIÉ), les températures, disent ces auteurs, gardent leur caractère fébrile. Leurs tableaux renseignent, en effet, pendant toute la durée de cette phase, une déperdition de calorique, plus grande qu’à l’état normal.

D) Phase d'hypothermie ou des températures subnormales, pendant laquelle ໄຂ. température. continue à descendre au-dessous de la normale. Au moment la mort survient, elle peut tomber jusqu’à 31°, même 28°. Cette phase est liée à une dépression très accéntuée du chimisme respiratoire. (ARLOING et LAULANIÉ).

On pourrait résumer la marche de la température dans l’intoxication diphtérique aiguë par le graphique schématique suivant :

Temps cn heures

§ 2. INTOXICATION AIGUE PAR DOSES PLUSIEURS FOIS MORTELLES.

Afin de mieux saisir l'influence de la toxine drphtérique sur la température, nous avons, dans ces expériences, injecté directement dans les vaisseaux 1 c.c. de toxine diphtérique, ce qui correspond à environ

ACTION DE LA TOXINE DIPHTÉRIQUE 9

45 fois la dose mortelle. Dans quelques expériences, nous avons injecté 2 et même 3 c.c. en une fois.

Comme d’autres observateurs l’ont déjà signalé, l’intoxication évolue alors plus rapidement. La mort survient en moyenne après 17 heures, pour une injection de ı c.c.; pour des doses plus élevées, elle peut être encore plus précoce, mais la survie minima que nous ayons pu observer a été de 12 heures.

Il va de soi, vu la rapidité avec laquelle l’intoxication survient et devient mortelle, que les modifications thermiques apparaissent plus rapidement ; nous le disons déjà plus haut.

La durée minima de la période latente a été de 15 minutes dans nos expériences ; temps très court si l’on tient compte de la quantité de chaleur produite en plus qu’il faut pour élever sensiblement la température de la masse totale du corps. Car tout tend à démontrer que la hausse de température n’est pas due à une congestion abdominale.

L'ascension thermique une fois commencée, atteint plus rapidement. son maximum, qui peut atteindre ici 41°, tandis que dans les intoxications simplement mortelles, nous ne l’avons pas vu dépasser 40°. Une fois son summum atteint (ce qui arrive après 5 à 6 heures en moyenne), la température s’y maintient à peine, elle descend presque aussitôt, et après une durée de chute plus ou moins longue, l’animal meurt, suivant la dose de poison qu'il a reçue, à 380, 370, 350, La phase finale, d'hypothermie, peut donc, dans certains cas, faire défaut.

L'expérience nous montre donc que la dose toxique a une influence, non seulement sur la rapidité d'évolution de la maladie, mais encore sur le degré d’hyperthermie. En d’autres termes, quand, partant de la dose toxique aiguë simplement mortelle, on donne à des animaux des doses croissantes jusqu’à I, 1 1/2 C.c., on voit, après quelque temps, le thermo- mètre monter plus haut pour cette dose forte de poison, que pour une dose moindre. Ce degré d’hyperthermie n’est toutefois pas proportionnel à la dose injectée. La température maxima observée était de 410 et les doses de 2, même 3 c.c., en injection intraveineuse, ne déterminaient pas de température plus élevée. |

Pour confirmer l'exposé, nous reproduisons ici, en détails, le protocole d’une expérience,

10 A. J. MINNE

LAPIN 47, 1700 gr., reçoit le 10 Juin 1900, a 11 h. 20' dans la veine auriculaire,

1 c.c. de toxine pure.

Dates et heures Température i Dates et heures ‘Température

20 nov. 10 h. 3805 20 nov. 16h. 50' 390

»> injection 11 h. 20' 3805 17 h. 20' 3806 11 h. 50! 300 18 h. 3802 14h. 3907 | 19h. 3708 14 h. 50' 4002 | 20 h. 370 15h. 4008 | 21 nov. -|- L'animal est trouvé mort, 15 h. 30! 400 | en raidcur cadaverique

|

prononcée.

En résumé, dans l'intoxication aiguë par doses plusieurs fois mortelles, la maladie artificielle évolue plus rapidement que dans l’intoxi- cation par doses simplement mortelles, cela au détriment de la durée de chacune des phases thermiques signalées précédemment. La dernière de ces phases seule peut faire défaut quand on exagère les doses toxiques. Il y a une relation entre le degré de l’hyperthermie, et la quantité de poison administrée à l'animal, sans que toutefois il soit permis d'établir une proportion. Cette relation ne s’observe qu'entre certaines limites (0,03 c.c.

à 1 c.c.) et plus au delà.

S 3. INFLUENCE DE LA TEMPÉRATURE AMBIANTE.

Dans leur travail sur la marche de la température, J. Courmonr et M. Doyon (1) disent : « La température du local habité par les animaux » injectés, ne parait pas avoir d’influcnce sur l’apparition plus ou moins » rapide de l'hypothermie, mais elle a une grande importance, quant » a l’intensite de celle-ci, une fois commencee. »

Lesexpériences que nous avons faites confirment que le milieu ambiant agit dans ce sens, sans que cette influence soit bien notable.

Ainsi, par exemple :

Quatre lapins de poids á peu prés égal (2300 a 2500 gr.), regolvent a la même heure, dans la veine marginale de loreille, une égale dose de toxine diphterique (0,04 c.c.); deux d’entre eux sont placés dans une étuve convenablement aérée et tenue a la température uniforme de 30°C., les deux autres sont tenus a une température moyenne de +3°C. Les

phénomėnes thermiques se résument dans le tableau suivant :

(1) J. CourMoxT et M. Dovox : Mém. cité, Arch. de physiologie, avril 1895, p. 258.

ACTION DE LA TOXINE DIPHTÉRIQUE II

Milieux Numéro |Début netdelachute| Début de la tempér. Temperatiretecfale

Mort en heures d'ordre

de l'hyperthermie subnormale après l'injection EHE: 300 étuve | Lapin 26 22 h. 30' 32 38 330 30° étuve | Lapin 27 23 h. 30' 31 36 320 3 cour | Lapin 28 23h. 27 35 300 30 cour | Lapin 29 22 h. 30! 27 40 29°

On voit donc, que l’hyperthermie décroissante débute chez tous ces animaux en moyenne après 23 heures. A partir de ce moment la chute des températures devient plus rapide chez les animaux tenus au froid, les amenant á la phase hypothermique environ aprés 27 heures; chez les animaux tenus à l'étuve le début de cette phase est retardé (31 à 32 heures après l'injection).

Malgré cela, et contrairement à ce qu’on aurait pu croire, la température ambiante n’a aucun effet sur la rapidité de la mort, qui chez les uns comme chez les autres survient après 35 à 40 heures.

Cette soustraction plus grande de calorique par le milieu froid se comprend d'autant plus facilement que l’hyperthermie décroissante s'accompagne de phénomènes vasodilatateurs intenses et d'après ARLOING et LAULANIÉ, d’une chute des combustions organiques au dessous du taux normal. |

En résumé, la température du milieu ambiant n’abrège pas la lutte fébrile contre le poison, mais une fois l'équilibre rompu, comme dans les maladies du cœur, la soustraction d’une quantité de chaleur par le milieu froid se fait sentir par une chute plus rapide et plus considérable de la température, sans que la rapidité et l'intensité de cette chute augmente l'effet léthal de la toxine sur des fonctions plus importantes.

Nous venons de démontrer que l’hyperthermie décroissante débute, chez les animaux soumis à ce genre d'expérience, après un temps sensible- ment égal. Il nous faut toutefois signaler une particularité que nous avons observée régulièrement dans la marche de la température chez les animaux mis à l’étuve.

La phase d’hyperthermie décroissante débute en effet au moment voulu par la quantité de poison administré. Mais au lieu qu’à partir de ce moment, la chute de la température se continue uniformément, nous avons constaté que le thermomètre, qui indiquait une température voisine de la normale, oscillait passagèrement et remontait parfois de ovg. Cette période oscillatoire, chez un animal qui avait reçu une dose de poison diphtérique légèrement inférieure à la dose toxique aiguë, a duré

12 A. J. MINNE

pendant prés de 3o heures ct la mort n'est survenue qu'aprés 70 heures. Voici, en détail, une de nos expériences. | Un lapin de 2170 gr. qui se trouve dans l’étuve depuis 5 heures sans que sa température rectale ait changé, reçoit le 26 décembre, à midi, 0,03 c.c. de toxine diphtérique. Aussitôt injecté, il est replacé dans l’étuve à 30°. La température a présenté la marche suivante :

26 déc. 1o heures. | 3805

D 12 » 3805 | m injection. » 18 » 3908 » 22 » 3908 27 déc. 7 » 3803 D II » 380 D 14 » 3802 D 15 3805 » 20 » 3804 D 21 3 3805 > 22 » 3803 | L'animal meurt dans la nuit.

Les expériences d'ARLOING et LAULANIÉ prouvent que la phase d’hyperthermie décroïssante s'accompagne d'une diminution dans les combustions, consequemment dans la thermogenese. On comprend dès lors, qu’une temperature ambiante de 30°, contre laquelle l’organisme, méme normal, doit lutter par vasodilatation, polypnée thermique etc. pour ne pas devenir hyperthermique, puisse conserver plus longtemps a l'organisme intoxiqué une température voisine de la normale, grace peut-

étre au mécanisme régulateur de son centre thermique.

Tous les faits observés jusqu’à présent, montrent que les deux phases finales de l’intoxication diphtérique : hyperthermie décroissante et hypo- thermie, sont, aux points de vue de leur durée et de leur intensité, très sensibles aux variations de causes externes. Au contraire les phases du début sont constantes dans leur allure et ne subissent pas ces influences. Par conséquent, l’animal intoxiqué même par une dose 100 fois mortelle en injection intraveineuse présente encore la phase fébrile de l’hyper- thermie. Il nous paraît dès lors très peu probable qu’elle fasse jamais défaut en cas d'infection diphtérique.

Il semblerait donc plus rationnel, au lieu de maintenir la division des phases thermiques assez complexe d’ARrLoOING, d'adopter celle, plus simple, de COURMONT. Nous diviserions à ce point de vue l’évolution de

l'intoxication diphtérique en trois périodes.

ACTION DE LA TOXINE DIPHTÉRIQUE 13

10 Période latente, quelquefois très courte;

20 Période d'hyperthermie croissante qui commence 15 minutes à 2 heures après l'injection, et se caractérise par une ascension de la température centrale; elle se maintient à son maximum pendant un certain temps, (hyperthermie stationnaire) et s'accompagne de combustions plus grandes.

30 Période de chute de la température, qui survient 5 à 30 heures en moyenne après le moment de l'injection. La température surnormale s'abaisse et peut tomber en dessous de la normale en même temps que les combustions diminuent.

S 4. INFLUENCE DE L'IMMOBILISATION DE L'ANIMAL.

Ce que nous venons de dire s'applique à des animaux intoxiqués, mais laissés à l’état de liberté. Comme l'étude de l'appareil circulatoire pendant l’intoxication, imposait la fixation de l'animal, nous avons préalablement examiné si l'immobilisation avait quelque influence sur l’évolution thermique, afin de pouvoir établir plus tard, plus sûrement, la connexité entre les modifications thermiques et les modifications circulatoires; surtout que certains faits portés à notre connaissance, nous ont démontré que cette précaution était loin d’être superfluc.

Ainsi :

Trois lapins, de poids à peu près égal, sont immobilisés sur le dos; le thermomètre est placé dans le rectum et fixé à l’appendice caudal, de manière à pouvoir suivre les déplacements de l’animal et à rester à la même profondeur. La température normale étant prise, nous gardons l’un des animaux comme témoin, et injectons aux deux autres une dose aiguë de toxine diphtérique.

Voici la marche suivie par les températures dans ces conditions.

14 A. J: MINNE

ee ——— m mo mm nm m nn

LAPIN TEMOIN, 48 | LAPIN INTOXIQUÉ, 49 | LAPIN INTOXIQUE, 50 Heures ‘Température | Heures Température Heures Température 14 h. 30! 3808 14 h. 35' 3899 14 h. 40! 3897 14 h. 55' 3809 ı5h. injection 390 15 h. injection 3808 15 h. zo’ 3707 15h. 20! 3807 15 h. 20' 3807 15 h. 30! 3709 15 h. 30! 3805 15 h. 3o' 3806 15 h. 45! 3701 15 h. 45' 3803 15 h. 45! 3804 15 h. 50' 370 15h. 50 3802 15 h. So! 3803 16 h. 3608 16 h. 3801 16 h. 3802 16 h. 15' 3697 16 h. 15! 38015 16 h. 15! 3801 16 h. 20' 36065 16 h. 20' 3802 16 h. 20! 3802 16 h. 30! 3607 16 h. 30' 3801 16 h. 30! 3802 16h. 45! 36°6 16 h. 45! 38015 16h. 45! 38015 17 h. 3607 17 h. 3801 17 h 38015 17 h. 30) 36075 17 h. 30! 3802 17 h. 30' 38015 18 h. 3607 18 h. 3801 18h. 3801 ı8 h. 30! 36065 18 h. 10' 380 18 h. 10! 380 19 h. 3607 18 h. 20' 3709 18 h. 20! | 37095 18 h. 30' 380 18 h. 30! 380 18 h. 40! 380 18 h. 40' 380 18 h. 50! 3799 18 h. 50' 38095 19 h. 37%9 19 h. 3709 19 h. 30! 3705 19 h. 30! 3708 19 h. 50! 3703 A ce moment l'animal est

20 h. 3695 détaché et mis en cage, la

L'animal est trouvé mort sur} température rectale présente

) ] i a » + . la planche, le lendemain matin. | les variations suivantes :

19 h. 50' 3703 20 h. 3706 21 h. 45! 3904 le lendémain 7h. 45! 3098 11 h. 40! 3708 13 h. 350 mort de l'animal.

Comme on le voit chez le lapin témoin, par suite de l’immobilisation, la température d’abord légèrement surnormale (a la suite des efforts que fait l'animal pour se dégager des mains de l'opérateur et se détacher de l'appareil), tombe rapidement d'environ 20C et oscille ensuite, pendant des heures, entre 3606 et 3608.

Par contre, chez les lapins intoxiqués, la température rectale, d'abord d'environ 390, descend légèrement à 3801, 3802 autour de laquelle elle

ACTION DE LA TOXINE DIPHTÉRIQUE 15

oscille pendant plus de 4 heures, puis tombe en dessous de 380 et méme au dessous de 37°, après 5 heures chez le lapin 49.

L'hyperthermie si caractéristique chez un animal en liberté, ne se manifeste donc pas par une température surnormale, mais se traduit par une chute beaucoup moins grande de la température.

Si l’animal intoxiqu& reste immobile sur la planche, il succombe finalement dans un état d'hypothermie considérable : c'est ce qui explique la mort précoce de l’animal 49. Par contre, si l’on rend la liberté à l'animal intoxiqué, dont la température baissait de plus en plus, (lapin 50),

celle-ci se relève après une demie heure, et après une heure environ, elie

atteint la température fébrile de 39° 4 40°. Puis, comme chez un animal qui n’a pas été fixé, survient la période de chute de la température, et finalement l'animal meurt, avec une température inféricure a la normale (350).

Par conséquent la température mesurée dans le rectum d’un lapin fixé dont nous inscrivions les phénomènes circulatoires, doit être corrigée par l'influence hypothermisante de la fixation. Nous nous sommes guidé d'autre part sur la dose injectée, sur la durée de l’intoxication ct sur la température rectale avant la fixation, pour la relation à établir entre les troubles thermiques et circulatoires.

§ 5. INFLUENCE DE L’ASPHYXIE.

Au cours de certaines de nos expériences sur la circulation, nous avons fréquemment provoqué une asphyxie passagére, de la maniére que nous indiquerons plus loin, en méme temps que nous notions la tempéra- ture rectale de ces animaux. Cela nous améne 4a dire ici quelques mots de cette influence, dont les éléments comparatifs sont fournis par le tableau suivant : il se rapporte a trois lapins immobilisés, dont un témoin non intoxiqué et un intoxiqué sont soumis a des expériences d’asphyxie passagère, le troisième intoxiqué est laissé comme tel :

16

A. J.

MINNE

a

LAPIN 39, 1880 gr., témoin

4 h.36'| 3807 4 h.37!| 3807 4 h.38 3807 4 h.39'| 3807 4 h.40'| 3806 4 h.45'| 3806 4 h.50'| 38°65 4 h.51'| 3807 4 h.52'| 3806 4 1.55| 3806 4 h.56'| 38055 4 h.58'| 3806 5h. 2'| 38065 5h. 5| 3807 5h. 6| 38075 5h. 7', 3807 Sh. 8} 3807 5h. gl 3806 5h.25'| 3806 5 h.30'| 3804 5h q40' 3803 5 h.45'| 3801 5 h.5o'| 3709 6 ໃ. 5| 3705 6 h.25'| 3703 6 h.351| 3701 6 h.50'| 370

Heures | Températ.

Observations

| asphyxie.

asphyxie.

l asphyxie.

LAPIN 37, 1780 gr. intoxiqué depuis 20 heures

Heures |Températ.

101. 45| 3802 11 h. ro 3701 11 h. 20'| 3607 11 h. 25'| 36% J11h 30' 3602 | 11 h.35' 3602 11]. 40| 350g 11 h.45'| 3507 111 ໄ. 48] 3508 11 h.49 3506 111 hb. 53") 3504 111. 55| 3503 12 h. 3501 12h.2' | 3501 \ 12h.4! | 35015 12h. 5! 35° 12h.5'5"| 3409 12h.6' | 3408 , 12 ໄ. 7! 3497 12 ໄ. 0 | 3406 12 h. 15'| 3406 12 h. 20 | 3405 12 ໄ. 27!| 3405 12 1. 28! 34055 12 h. 29] 3404 | 412 h. 30'| 3403 12 h.31'| 3401 J12h.33'% 3401 | 12 1. 40] 34005 12 ໄ. 41 | 340 1] 121. 42 3401 | 12 h. 43'| 34005 12h.44'| 340 12 h. 45'| 3309 12 ໄ. 50 | 3306 13 h. 3305

Observations

forte agitation de l'animal.

asphyxie.

asphyxie.

asphyxie.

asphyxie.

LAPIN 24, 1685 gr.

intoxiqué depuis 23 heures

Heures |Températ.

10 h. 3804 10 h. 45'| 3506 | 11 h. 3409 1r h. 15 3402 11 h. 3o'| 3304 11h. 45'| 3302 12 h. 3208 ] 12 ນ. 10| 3206 ı2 h. 15'| 3205 12 h. 30'| 3202 12h. 45!| 3105 14 h. 15'| 2807. 14 ໄ. 50| 280

Observations laissé au repos.

mort de l'animal.

ACTION DE LA TOXINE DIPHTÉRIQUE 17

Comme on le voit, chez l'animal témoin fixé, ainsi que chez l’animal fixé et intoxiqué la température rectale s'élève très légèrement pendant la période asphyxique et par conséquent convulsive, ce qui est dû, sans aucun doute, à la contraction musculaire et peut-être à un certain degré de congestion de la muqueuse rectale par vasodilatation. Puis la température continue sa chute régulière. |

On aurait pu croire que des asphyxies répétées, ajoutant leur cffet nuisible à l’intoxication diphtérique auraient eu pour conséquence de précipiter la mort de l'animal; il paraît n’en être rien, puisque l’animal 24, intoxiqué au même degré et au même moment, fixé en même temps, mais non soumis aux effets d'asphyxie, a présenté une chute de température plus rapide et est mort plus tôt. Cela tendrait plutôt à démontrer, sans que nous y ajoutions de l’importance, que les efforts nerveux et musculaires provoqués par l'accumulation de l’anhydride carbonique et l'absence partielle d'oxygène fortifient l'organisme dans sa` lutte contre la toxine.

C'est ce qu'apprend le tableau suivant :

| Température Température |Pertedetemper.

au début de l'expérience | 2 heures plus tard centrale Lapin témoin, fixé, mais laissé au repos 3809 3606 | 203 Lapin non intoxiqué, asphyxie 3807 3701 106 Lapin intoxiqué fixé, laissé au repos | 3804 3208 | 506 Lapin intoxiqué fixé, asphyxie . . | 3803 3309 | 404

DEUXIEME PARTIE.

Action de la toxine diphterique sur la circulation sanguine.

En 1894, ENRIQUEZ et HaALLION(1) publièrent un travail fort intéressant, dans lequel ils relatent l’action produite sur la circulation sanguine et la respiration du chien, par l'injection intraveineuse d’une dose massive de toxine diphtérique.

Ces auteurs signalent. comme fait capital, l'existence d’une longue période latente, pendant laquelle la circulation et la respiration ne subissent aucune modification. Puis, après plusieurs heures seulement, la pression artérielle descend par degrés au dessous du niveau physiologique et finit par devenir presque nulle au moment l’animal tombe dans le coma.

Plus tard, d’autres observateurs étudièrent l’action des toxines en

(1) Enriquez et HALLION : Sur la période d'incubation dans les empoisonnements par toxines microbiennes. Société de biologie, décembre 1894.

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XII. 2

18 A. J. Minne

général, sur la circulation sanguine. Ils signalèrent les symptômes car- diaques et vasculaires principaux de l’intoxication diphterique, sans toutefois se livrer à des recherches systématiques.

Nous pouvons citer ici les noms de CHARRIN et GLEY (1), ARLOING(2), CHARRIN et BARBIER (3), CHARRIN et CLAUDE (4). Tous, à propos de la toxine diphtérique, insistent sur la longue durée de la phase dite d'incubation.

Dans la premiére partie de notre mémoire, nous avons montré que cette période latente d’intoxication, si longue pour les auteurs, se réduit en réalité à un temps très court et nous avons précisé la valeur qu'il faut accorder à cette « incubation silencieuse n».

Quant aux observations cliniques sur l’état de l'appareil circulatoire au cours de la diphtérie, elles sont très éparses et peu précises. Bacinsky (5) les résume fort bien dans son recent travail « Ueber Diphterie und diph'eritischen Croup ». On peut les dire en ces quelques mots : diminution de la pression artérielle, accélération du cœur, affaiblissement des bruits du cœur, arythmie pendant les efforts respiratoires, puis, dédoublement de la contraction des ventricules avec production de bruit de galop, enfin, paralysie cardiaque et mort.

Nous pouvons dire déjà ici, que ces données cliniques s’harmonisent parfaitement avec les observations au cours des expériences. L'importance du rôle de la toxine dans la diphtérie ct l'utilité de son étude approfondie, se trouvent, une fois de plus, justifiées par cet ensemble de faits cliniques.

Nous allons, dans cette deuxième partie de notre travail, étudier l’action de la toxine diphtérique sur la circulation; c’est-à-dire nous rendre compte de l’état dans lequel se trouve l'appareil circulatoire en général, sans nous occuper du liquide sanguin.

Il y a á ce point de vue, deux facteurs à considérer :

10 le cœur, |

20 les vaisseaux, dont la résultante d'action détermine la pression sanguine, la fréquence du cœur, la régularité de cet organe, et le débit en général.

(1) CHARRIN et GLEy : Société de biologie, 26 nov. 1892 et C. R. Ac. Sc., juin 1893.

(2) ARLOING : Etude sur le serum antidiphierique et son action antitoxique. Arch. intern. de pharmacodynamie. vol. V, fasc. V et VI, 1899.

(3) CHARRIN et Barbier: Arch. de physiologie, juillet 1897.

(4) CHarkiN et CLAUDE : La botuline et la toxine diphterique : quelques considérations Arch. internat. de pharmacodynamie, vol. IV.

(5) A. Bacinsxy : Die deutsche Klinik, 1901, 2. Licferung, Bd. II, S. 14.

` |

ACTION DE LA TOXINE DIPHTERIQUE tg

L’enregistrement de ces différentes particularités circulatoires, et des modifications artificielles provoquées du côté du cœur et des vaisseaux, soit directement, soit indirectement par les agents indiqués plus loin, permettra de nous faire une opinion exacte sur l’état de la circulation pendant l’intoxication diphtérique.

Ici, comme pour l'étude de la température du corps, nous n'avons injecté la toxine diphtérique que chez le lapin, et nous avons intoxiqué nos animaux d'après les différents modes indiqués plus haut.

Pour enregistrer les modifications circulatoires, nous nous sommes servi du kymographe de Gap (décrit dans son traité de physiologie, p. 387 et suivantes)(1), qui rend les oscillations circulatoires au moins avec autant de fidélité que les autres kymographes et a, en outre, le grand avantage de permettre facilement un enregistrement pendant de longues heures.

Nos animaux étaient intoxiqués, par des doses aigués de poison diphtérique, tantôt simplement mortelles, tantôt plusieurs fois mortelles.

L'animal mis en expérience, était injecté soit plusieurs heures avant sa fixation sur l'appareil de CZERMAK, soit peu après sa fixation, pour nous rendre compte des effets tardifs et immédiats d’une injection toxique.

Nous avons toujours pris la pression sanguine dans la carotide, une canule et un tube de verre reliant l'artère au kymographe de Gap et au tambour enregistreur de Lupw1G. Et nous nous sommes servi d’une solution de sulfate de magnésium d’une densité voisine de 1,050 telle que la recommande I. Ronsse (2). Cette solution nous a donné les bons résultats vantés par cet auteur. Enfin, pour marquer le temps, nous avons employé le chronographe à secondes de JACQUET.

Nous avons ainsi pris un grand nombre de graphiques et nous allons résumer brièvement nos observations en relevant les faits particuliers à chaque expérience, pour les synthétiser et les discuter ensuite.

Nous suivrons l’ordre que voici :

I. Action des doses toxiques aiguës simplement mortelles.

II. Action des doses toxiques plusieurs fois mortelles.

III. Réactions que peut encore opposer le système circulatoire des animaux intoxiqués à certaines influences physiques, chimiques et théra- peutiques.

(1) Gap, Heymans et Mason : Traité de physiologie humaine, 1895. (2) I. Ronsse : Etude comparce de V'action physiologique et therapeutique des chlorhydrates d’hydrastinine ei de cotarnine. Arch. intern. de pharmacodynamie, vol. V, p. 32.

20 A. J. MINNE

Dans cet ordre d’idées nous passerons successivement en revue : l’action de l’électrisation du pneumogastrique, 2% l'action de l'électri- sation du nerf crural, 30 l’action de l’asphyxie, l’influence de certaines substances A action directe sur l’appareil vasomoteur.

I. ACTION DES DOSES TOXIQUES AIGUES SIMPLEMENT MORTELLES.

Nous avions commencé la série de nos expériences en injectant nos animaux après l’immobilisation et la prise de la pression sanguine normale. Mais, comme nous l’avons appris par la suite, et comme le démontre le graphique IX, même pour des doses toxiques plusieurs fois mortelles (1 c.c. de toxine pure, en injection intraveineuse), l’action de la toxine diphtérique ne se fait sentir sur l’appareil circulatoire que plusieurs heures (5—6) aprés l’administration.

Dans nos expériences d'intoxication par des doses simplement mortelles, nous avons, a plus forte raison, observé que la pression sanguine restait normale pendant plusieurs heures, alors que la température rectale baissait déja depuis longtemps.

On serait donc tenté de croire, comme le veulent tous les auteurs précités, que la toxine diphtérique n’agit sur l'appareil circulatoire qu’aprés une longue. période d’incubation. Mais nous n’oserions nier l’existence possible de certaines modifications qui seraient le pendant de celles observées pour la température. Il est même plus que probable, que pendant l’accès fébrile le cœur s'accélère et que la pression sanguine s'élève. Mais n'oublions pas que pour inscrire ces modifications circula- toires, il faut immobiliser l’animal, et nous avons appris que ces conditions d'observation sont très préjudiciables à l’évolution normale, pourrait-on dire, de l'intoxication.

Nos expériences nous ont enseigné que, pour une intoxication aigué simplement mortelle, les modifications circulatoires ne deviennent sensibles, par les moyens d’investigation dont nous pouvons disposer, qu'après 24 à 28 heures; alors que, comme nous le savons déjà, la température est devenue subnormale.

Le graphique I permet de constater les phénomènes circulatoires du lapin qui, depuis 27 heures, se trouve sous l'influence d’une dose aiguë simplement mortelle de toxine diphtérique. Au-dessus de chaque tronçon de graphique sont marquées les heures comptées à partir du moment de l'injection, ainsi que les températures rectales à ces moments.

Comme on le voit par ce tracé, à ce moment tardif et avancé de

l'intoxication diphtérique, la pression, au début de l’expérience, est encore

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22 A. J. MINNE

sensiblement normale. Puis, peu à peu surviennent les modifications suivantes. La pression sanguine diminue graduellement; elle tombe de 80 ou go millimètres de mercure en moyenne, jusqu'à 30, même 25 ou 20 millim.; l’amplitude des pulsations cardiaques diminue aussi progres- sivement á mesure que Île degré de l’intoxication augmente; la fréquence du cœur diminue dans des proportions analogues, au point que vers la fin de la vie de l'animal on ne compte plus que 2 ou même 1 pulsation ventriculaire par seconde. C’est au cours de cette baisse fonctionnelle considérable, que l’animal meurt. Et pendant toute la durée de l’expérience, le coeur est régulier(1),

I. ACTION DES DOSES TOXIQUES PLUSIEURS FOIS MORTELLES.

Les phénomènes observés au cours de cette intoxication suraiguë sont le pendant de ce que nous avons signalé pour la marche descendante de la température dans ces mêmes conditions.

On peut les résumer en disant qu'ils ne diffèrent de ceux décrits ci-dessus que parce qu’ils se montrent plus tôt et que leur allure est plus rapide.

C'est ce que montre le graphique ne II.

L'animal était fixé sur l'appareil de CzERMAK et nous avions pris le tracé de la pression pendant quelques minutes déjà, quand nous lui avons injecté dans la veine auriculaire 1 c.c. de toxine diphtérique. Ce moment et cette opération sont figurés sur le graphique ci-dessus par la fléche verticale qui se trouve sur la première ligne. Il faut attendre jusqu’à la quatrième heure avant de voir baisser la pression sanguine d’une quantité encore très faible (de 80 millim., la normale, à 70 millim.). Mais deux heures plus tard elle tombe à la moitié environ de cette pression (40 millim. de mercure environ). Six heures et vingt-cinq minutes après le moment de l'injection, le cœur ne se contracte plus que deux fois par seconde et les oscillations respiratoires disparaissent du tracé. L'animal meurt quelques minutes plus tard dans un collapsus prononcé.

III, RÉACTIONS QUE PEUT ENCORE OPPOSER LE SYSTÈME CIRCULATOIRE DES ANIMAUX INTOXIQUÉS, A CERTAINES INFLUENCES PHYSIQUES, CHIMIQUES ET THÉRAPEUTIQUES.

Les modifications circulatoires qui surviennent sous l’influence des

intoxications par doses simplement et plusieurs fois mortelles, ne pré-

(1) Afin de ne pas compliquer les expériences et d'obtenir des résultats plus exacts,

nous avons opéré toujours sur des animaux non anesthésiés.

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ACTION DE LA TOXINE DIPHTÉRIQUE 23

sentent, comme on le voit, rien de bien particulier. Nous ne nous sommes donc pas attardé aux détails de cette question et avons recherché par différents moyens dans quel état se trouvait l’appareil circulatoire.

Toutes les expériences qui suivent ont été faites cnez des animaux qui étaient depuis 20 heures au moins sous l'influence d'une dose aiguë, simplement mortelle {soit 0,025 c.c.) de toxine diphtérique.

Nous allons passer rapidement en revue :

A) Action de l'innervation du nerf pneumogastrique. Comme nous l'enseigne la physiologie, l’excitation électrique du bout périphérique du pneumo- gastrique, après section de ce nerf, produit, chez un animal sain, un ralentissement considérable des battements du cœur. Ce ralentissement, qui peut même aller jusqu’à l'arrêt, s'accompagne d’une chute de la pression sanguine. L’excitation du bout périphérique conserve intégrale- ment son influence chez le lapin intoxiqué.

La nature et les effets de l'excitation du bout central du pneumo- gastrique sont moins bien connus et plus inconstants. TIGERSTEDT, dans son « Lehrbuch der Physiologie des Kreislaufes », 1893, nous dit au chapitre : Herzreflexe von anderen centripetalen Nerven als denen des Herz selbst, p. 282, « Unter solchen Umständen findet man auch bei Thieren, bei welchen, » wie immer beim Kaninchen, der Depressor und der Vagus nicht in » derselben Scheide verlaufen, verschiedene Ergebnisse bei verschiedenen » Individuen derselben Thierart; das eine Mal erscheint eine Druck- » steigerung, das andere Mal eine Drucksenkung. »

Nous avons voulu vérifier si, chez un animal empoisonné déjà profondément par la toxine diphtérique, les excitations électriques des bouts central et périphérique du pneumogastrique provoquaient encore les phénomènes typiques.

L'examen comparatif des deux graphiques suivants, pris, l'un (graphique III) chez un lapin témoin, l’autre (graphique IV) chez un animal intoxiqué depuis 24 heures, nous apprend que ces phénomènes sont conservés sinon quantitativement, au moins qualitativement.

Chez l’anımal intoxiqué. les centres d’origine du pneumogastrique semblent moins excitables que chez l'animal normal. Au cours de trois expériences nous avons observé ce même effet déprimant indiqué dans le graphique ci-dessus. Malgré cela, et quoique cela semble contraire à ce qui s’observe habituellement, nous ne pouvons attribuer à ce phénomène une plus grande importance (voir p. 34, TIGERSTEDT).

B) Action de Vinnervation du nerf crural, L’excitation du nerf crural par réflexe circulatoire provoque, comme on sait, une augmentation de la

pression sanguine.

24 A. J. MINNE

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Graphique no 111. Lapin témoin. P. C. = Effet d'une excitation électrique du bout central du nerf pneumogastrique. P. P. Effet d'une excitation électrique du bout périphérique du nerf pneumogastrique.

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Graphique IV. Lapin intoxiqué depuis 24 heures.

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Graphique no V. Action sur la pression sanguine de l'excitation du nerf crural. Cr. N : chez un lapin témoin. Cr. I: chez un lapin intoxiqué.

> e ACTION DE LA TOXINE DIPHTERIQUE 25

Chez un animal intoxiqué, au contraire, lexcitation de ce nerf ne modifie pas sensiblement la pression.

C’est ce que montre le graphique V.

Cela semble indiquer, dans le cas précédent, comme dans celui-ci, que les centres d’origine du pneumogastrique, comme les centres réflexes sur lesquels agit le nerf crural, sont devenus beaucoup moins excitables, ont perdu en quelque sorte leur influence sur l'appareil circulatoire.

Comme je Pai dit dans la note de la page 22, nous n'avons jamais narcotisé nos animaux. Le lapin fixé sur l’appareil immobilisateur fait donc assez fréquemment, méme pendant i’empoisonnement profond par la toxine diphtérique, des efforts pour se détacher. Il exécute, à cet effet, des contractions dans les muscles des membres et dans les muscles du tronc.

Pendant ces contractions, et à toutes les périodes de l'intoxication, jusque près de l'agonie, la pression se relève, l'amplitude augmente, ainsi que la fréquence.

La contraction musculaire a donc manifestement conservé une influence sur la circulation. Est-ce par simple effet mécanique, ou par influence nerveuse? Les faits relevés plus haut tendraient à exclure cette dernière. | |

c) Action de l'asphyxie. Quelque soit le mécanisme (cardiaque ou vasculaire) par lequel le défaut d'absorption d'oxygène d'élimination d’anhydride carbonique, en d’autres mots l’asphyxie, provoque le ralen- tissement du cœur et le relèvement de la pression sanguine, ces modifi- cations circulatoires surviennent également, au moins qualitativement, chez l’animal se trouvant sous l'influence de la toxine diphtérique.

Pour réaliser ces expériences d’asphyxie, nous avons trachéotomisé nos animaux et les avons intubés avec une canule munie d’un robinet, taillé de façon à permettre la respiration par les voies naturelles, la respiration dans un milieu quelconque, enfin, l’occlusion complète de la trachée. |

L’occlusion complete de la trachéc est très mal supportée par les animaux. Cet obstacle mécanique à la fonction respiratoire provoque immédiatement chez l’animal des efforts respiratoires convulsifs auxquels participent bientôt tous les muscles du corps. |

La brusque modification dans la tension gazeuse de la cavité thoracique étant de nature à fausser nos expériences, nous avons préféré

nous servir d’une méthode moins brutale qui éliminait cette cause d’erreur, mais rendait l’asphyxie plus lente.

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ACTION DE LA TOXINE DIPHTÉRIQUE 27

La canule trachéale porte une tubulure latérale située au niveau du robinet. Nous avons mis cette tubulure en relation avec un petit sac élastique, facilement compressible et d’une capacité sensiblement analogue à celle des poumons du lapin de taille moyenné. Nous exprimions, par simple compression, l'air contenu dans ce petit ballon, pendant que l'animal respirait à l’air libre et profitions de la fin d’une inspiration de l'animal pour tourner le robinet de la canule de façon qu’en expirant, le lapin chassait tout l’air de ses poumons dans le ballon et le remplissait. L'animal respirait ainsi toujours le même air de plus en plus pauvre en oxygène, et plus riche en CO: et en vapeur d’eau. Il pouvait supporter cet état, quelquefois pendant plus de 2 minutes sans présenter ces folles agitations. Quand les accès convulsifs se montraient, nous rétablissions la respiration à l'air libre.

Nous avons, ainsi, pris des graphiques de la pression sanguine chez des lapins non intoxiqués et chez des lapins en pleine intoxication, et reproduisons un graphique montrant les phases intéressantes de ces phénomènes.

En comparant le graphique VI avec celui pris chez un lapin témoin, non intoxiqué, graphique VII, il est aisé de s’assurer que les troubles circulatoires dús á l’asphyxie différent tout au plus quan- tativement.

D) Influence de certaines substances à action directe sur l'appareil vasomoteur. Dans les expériences qui précèdent, nous venons de démontrer que le cœur et son appareil nerveux, tout en étant fortement déprimés à un certain moment de l'intoxication diphtérique, n'en conservent pas moins, à un certain degré, leur pouvoir réactionnel physiologique (ralentissement et même arrêt du cœur par excitation du bout périphérique du pneumo- gastrique; modification de la pression sanguine par l'excitation du bout central, action réflexe par l'excitation du nerf crural (?) et par l’asphyxie).

Ces diverses modifications circulatoires sont en partie le fait d’une modification fonctionnelle du cœur; mais d’autres peuvent, au moins en partie, être dues à une action vasomotrice.

Il était donc intéressant d'explorer l'état fonctionnel des vaisseaux.

La chute progressive de la pression sanguine, peut être due en partie à une diminution de l'énergie cardiaque, en partie à un relàchement vasculaire. Nous avons.vu que si le coeur se contracte moins énergique- ment, on peut pourtant, par des stimulants plus énergiques relever encore notablement la pression sanguine. De même, l’appareil vasculaire, tout en étant relâché pendant l’intoxication diphtérique, est encore capable d’une

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ACTION DE LA TOXINE DIPHTERIQUE 29 vasoconstriction générale et énergique, provoquant de la part du coeur un réveil d'activité dépassant méme notablement la normale.

D’apres les expériences d'OLIVIER et ScHAFER(1), de VELICH(2), BaARrDIER(3), Cu. Livon(4), etc., le meilleur vasoconstricteur, déterminant même après application locale une ischémie extrême limitée, et après injection une vasoconstriction considérable suivie d'une ascension rapide et très forte de la courbe de la pression sanguine, c’est l'extrait de capsules surrénales. |

Nous l'avons employé sous forme de solution glycérinée et avons essayé d’abord son activité chez les animaux normaux. A la dose de 0,1 C.c., il provoque, quelques secondes après injection intraveineuse, une augmentation considérable de la pression du sang, et bientôt survient un ralentissement du cœur dont le volume systolique exprimé par la pulsation artérielle augmente considérablement. A ces phénomènes succède la réaction habituelle telle que la signalent L. GuinarD et E. MARTINÓ) (de Lyon) et les auteurs précités.

Le graphique VIII représente l'effet sur l'appareil vasculaire, d'une injection de o,1 c.c. d'extrait de capsules surrénales chez un animal normal. l

Chez les animaux en pleine intoxication par le poison diphtérique, alors que la pression sanguine a déjà notablement -baissé et que les contractions cardiaques ont diminué à peu près de la moitié en nombre, cette même dose de 0,1 c.c. d’extrait de capsules surrénales provoque ' encore avec la même rapidité le relèvement de la pression sanguine qui dépasse même la normale. Tout au,plus le ralentissement du cœur si caractéristique dans l'expérience précédente est-il ici de plus courte durée. Bientôt la pression surnormale baisse, devient subnormale et au bout d’une demie heure, elle devient agonique.'

On peut se rendre compte de l’action rapide et si énergique de l'extrait

(1) G. OLIVIER and E. A. SCHÄFER : The physiological effects of extracts of the suprarenal capsules. Journ, of physiologie, XVIII, 3, p. 230.

(2) VELICH : Ueber die Veränderungen der Blutcirculation nach Einwirkung der Nebennieren- extractes. Wiener allg. med. Zeitung, 1897, 5. 301.

(3) E. BARDIER : Action de Vextrait capsulaire sur le cœur du lapin. Arch. de physiol. (5), X, 2, p. 370.

(4) Cu. Livon : Action des extraits d’hypophyse et des capsules surrénales sur les centres vasomoteurs. Vgl. Centralbl. XIII, S. 244.

(5) L. GUINARD et E. MARTIN (de Lyon) : Contribution à l'étude des effets du suc surrenal. Action de l'extrait de capsules d'un homme sain. Journal de physiologie et de pathologie générale, I, 1899, p. 774.

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32 A. J. MINNE

capsulaire par l'examen du graphique IX. Le lapin 21, auquel il est emprunté, était lié sur Vapparcil de Czermak depuis un quart d'heure quand nous lui avons injecté dans la veine auriculaire 1 c.c. de toxine diphtérique pure. Sept heures plus tard, nous avons injecté l'extrait capsulaire. A ce moment l’intoxication diphtérique était devenue profonde. L’animal est mort 50 minutes après cette injection, après avoir réagi énergiquement.

Même à cette période presque agonique, l'extrait de capsules sur- rénales est encore capable de développer à un très haut degré son action si caractéristique sur la pression sanguine etsur les contractions cardiaques.

Comme on le voit chez le lapin qui a fourni le tracé X, et qui depuis 26 heures était intoxiqué par une dose mortelle aiguë de toxine diphtérique, alors que la pression sanguine était tombée à 5o millimètres de mercure environ, que le cœur ne se contractait plus qu'environ une fois par seconde, qu’en un mot la mort de l'animal était proche, l'injection de 0,1 c.c. d'extrait capsulaire provoqua, après une période latente, il est vrai notablement plus prolongée, une ascension lente, mais progressive de la pression sanguine. De sorte que bientôt elle atteignit si elle ne dépassa pas le niveau de la pression normale. En même temps, les contractions cardiaques sc ralentirent de plus en plus, jusqu’à demander plus de deux secondes pour une évolution; puis, comme chez un animal non intoxiqué par la toxine diphtérique, la pression baissa, les contractions se préci- pitérent (c'est ainsi qu’à 8 h. 50' il s'en produisit environ deux par seconde), mais bientôt, l'intoxication diphtérique progressant, il se produisit un nouveau ralentissement, un abaissement plus considérable de la pression sanguine et finalement l'arrét du coeur.

Ces expériences démontrent d’une part le pouvoir réactionnel encore très considérable, presque normal, de l'appareil vasculaire vis-à-vis de son plus puissant stimulant : l'extrait de capsules surrénales.

D'autre part elles prouvent que le cœur, trouvant à son débit la voie fortement rétrécie est encore à même de développer presque le même effort, dans le mème rythme, que le cœur d’un animal simplement intoxiqué par

l'extrait de capsules surrénales.

Une autre substance qui possède aussi une action vasomotrice caractéristique, mais en sens inverse de celle de l'extrait capsulaire, c’est le nitrile malonique.

Injecté aux lapins à une dose de 4 à 6 milligr. par kilogramme d'animal,

soit à dose toxique, mais non mortelle, ce nitrile provoque, après dix à

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ACTION DE LA TOXINE DIPHTERIQUE 33

quinze minutes, d'abord une exagération considérable du rythme de Schiff, puis, une vasodilatation maxima durable des deux oreillcs.

Chez le lapin injecté par la toxine diphtérique, aux différentes phases de l'intoxication, méme pendant la derniére phase circulatoire qu: précéde la mort, le nitrile malonique provoque dans la vascularisation de l’oreille les modifications dites ci-dessus; à un moindre degré si l’on veut, pendant une durée moins considérable aussi, mais l’action caractéristique de ce poison sur l'innervation vasomotrice de l'oreille persiste malgré l’intoxi- cation. Encore une fois, on observe ici un certain affaiblissement dans l'intensité d'action de cet agent, mais sa réaction qualitative est conservée.

En résumé, les graphiques qui nous renseignent plus spécialement sur l’activité cardiaque, et ceux qui expriment plus particulièrement l'état vasculaire, indiquent, que la circulation sanguine du lapin en plein empoisonnement diphtérique, faiblit uniformément dans ses diverses parties, mais qu'aucune ne disparaît complètement.

En d’autres termes, la toxine diphtérique, ni directement, ni indirecte- ment, ne développe aucune action sélective sur telle partie anatomique ou telle fonction de l’appareil circulatoire.

Comme d'autre part la toxine diphtérique, injectée 4 n’importe quel point du corps, provoque une réaction locale, on peut admettre qu'à côté de son action nerveuse, elle exerce sur tous les éléments de l’organisme une action nutritive catabolique se manifestant, entr’autres, par la dégéné- rescence du foie, la congestion des capsules surrénales, l’altération rénale, des myocardites plus ou moins prononcées, etc., que ce même poison en agissant de la même manière sur les diverses parties dont est constitué l'appareil circulatoire, le modifient anatomiquement et le dépriment fonctionnellement.

C'est ce que démontre notre étude expérimentale, et aussi les lésions anatom iques du cœur, spécialement étudiées, entre autres, par Ricauc, de Lyon. |

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Aus DEM INSTITUTE FÜR ALLGEMEINE UND EXPERIMENTELLE PATHOLOGIE

IN WIEN. [VORSTAND : PROF. RıctarD PALTAUF.)

Ueber Veränderungen der Leber bei Vergiftung mit carbaminsaurem und kohlensaurem Ammonium.

VON

Dt GEORG JOANNOVICS,

Assistent am Institute.

In einem Vortrage úber Cirrhose der Leber, schliesst sich Rovicut (3) am IX. Congresse der italienischen Gesellschaft fiir innere Medicin der in neuerer Zeit ziemlich allgemein geltenden Anschauung an, dass die Cirrhose cine Erkrankung ist, welche durch Autointoxication des Organismus hervorgerufen ist. Eine ganz besondere Bedeutung schreibt er der Carbaminsiiure zu, welche in geringen Mengen auch normalerweise im Körper gebildet wird, die aber unter pathologischen Verhältnissen in vermehrter Menge producirt Leberveriinderungen hervorzurufen Im- stande ist, welche zur Cirrhose führen. Diese seine Ansicht über die Wirkung der Carbaminsäure auf die Leber stützt er durch Experimente, welche er an Thieren angestellt hat und ım Jahre 1899, gemeinsam mit PorTI1011(4) veröffentlichte. Zu diesen Versuchen verwendete er Kaninchen von 1500 gr., denen er das Ammoniumsalz ın wässeriger Lösung subcutan beibrachte. Auf diese Art gelang es ihm Thiere tötlich zu vergiften, wobei die Thiere bei grösseren, cininaligen Gaben von 0,75—1,5o gr. carbamin- saures Ammonium unter tonisch-klonischen Krämpfen, welche sich bis zu tetanischen Krämpfen steigern, acut zu Grunde gehen. Eine mehr chronische Vergiftung erzielte er, wenn er täglich 0,1—0,2 gr. des Salzes unter die Haut injicirte. Solche Thiere lebten 15—30 Tage und starben

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Thérapie, vol XIL. 3

36 GEORG JOANNOVICS

nach Verlust von 200—300 gr. ihres Körpergewichtes unter tonisch- klonischen Krämpfen.

Bei der, acuten Vergiftung findet er cine auffallende Blütfüllung der erweiterten Capillaren in der Leber. Ferner beschreibt er Herde in beginnender Nekrobiose und eine Vacuolisirung und Rareficirung des Protoplasmas der Leberzeuen. Bei der chronischen Vergiftung erscheint die Leber hart und klein. Die Capillaren sind namentlich um die Vena centralis stark erweitert. Die Leberzellen sind tumeficirt mit schlecht färbbaren Kern, fettig degencrirt und enthalten nicht selten Blutpigment. Um die Aeste der Vena portae und um die Centralvenen findet sich eine kleinzeuige Infiltration und bei jenen Thieren, welche einen Monat lang vergiftet wurden, hat sich ein junges Bindegewebe entwickelt, das von den Verzweigungen der Pfortader gegen das Centrum der Acini zieht. Da Rovicnı an den so vergifteten Thieren ausserdem Gefässläsionen beobachtete, erklärt er die Leberveränderungen damit, dass es sich um eine Schädigung des intraacinösen Gefässystemes handele, welche über- greifend auf das interlobuläre Bindegewebe dieses zur Proliferation anregt.

Diese Untersuchungen RovicHi's wurden nicht weiter nachgepriift und so erscheint es nicht ungerechtfertigt, wenn ich im folgenden einige einschlägige Versuche mittheile.

Ich habe mich um Läsionen des Lebergewebes zu erzielen, auch des carbaminsauren Ammoniums bedient; dasselbe wurde von MERCK bezogen.

Für meine Experimente kam es mir daraufan, das Gift dem Thiere von Darmtracte her einzuverleiben, um dasselbe durch die Pfortader der Leber zuzuführen. Bei der grossen Labilität der carbaminsauren Salze darf man sich nun nicht der Täuschung hingeben zu glauben, dass die in den Magen eingebrachte Verbindung auch als solche in die Leber gelangt. Im Darmtracte wird dieselbe zerlegt und aus dem carbaminsauren Salze wird das kohlensaure Salz, welches durch die Pfortader der Leber zugeführt wird. Ucberdies ist noch zu berücksichtigen, dass carbamin- saures Ammon auch schon in vitro nach längerem Stehen zu kohlensaurem Ammon wird: Eine Wirkung der per os eingebrachten Carbaminsäure auf die Leber ist demnach a priori nicht zu erwarten, und es ist anzunehmen, dass ihre Salzverbindung sich genau so verhalten wird, wie die Verabreichung des analogen kohlensauren Salzes. Damit fiele aber auch die wesentliche Bedeutung der Carbaminsäure für die Pathogenese der

Lebercirrhose, und die Versuche, welche Rovichi zur Stütze seiner

CARBAMINSAUREM UND KOHLENSAUREM AMMONIUM 37

Ansicht anführt, sind nicht geeignet ihr das Wort zu reden, zumal er selbst zugibt, dass sich ähnliche Veränderungen auch nach Vergiftung mit

Ammoniak vorfinden. Meine Experimente beziehen sich auf Kaninchen, denen ich per os

carbaminsaures Ammon in verschiedenen Quantitäten und in verschieden langen Zeitläufen verabreichte. Die folgenden Beispiele sollen das Ver-

eiftungsbild erläutern.

Versuch 1.

Kaninchen, 1800 gr. erhält mittelst Schlundsonde 0,5 gr. carbaminsaures Ammon in Wasser gelöst. Vier Tage später wiegt das Thier 1600 gr. und erhalt die gleiche Dosis des Giftes. Am nächsten Tage ist das Körpergewicht auf 1500 gr. gesunken und das Thier erhält wieder die gleiche Ouantität carbaminsauren Ammons. Mittags des 6. Tages stirbt das ’Thier, ohne vorher wesentliche Krankheitssymptome gezeigt zu haben, ohne Krämpfe unter meinen Augen. Die sofurt nach dem Tod vorgenommene Autopsie ergibt eine deutliche aber nicht sehr intensive Hyperaemie der Leber, deren Zeichnung verwischt erscheint. Die Milz ist vergrössert, die Nieren sind blutreich. An den übrigen Organen fand sich makroskopisch nichts Abnormes.

Bei der Durchsicht der mikroskopischen Präparate fällt zunächst eine Hyperacmie der Leber auf, welche vorwiegend das Gebiet der Pfortader und ihrer Verzweigungen betrifft. Die acinöse Structur der Leber ist erhalten, doch erscheinen die Leberzellen an der Peripherie der Läppchen grösser und heller, wie geschwollen, ihre Conturen theils verwischt, theıls deutlich. Es farben sich auch die Leberzellkerne heller, während > das Protoplasma von grobkörniger Beschaffenheit ausser die Färbung mit Eosin auch einen leicht bläulichen Stich vom Hacmatoxylin annimmt. Diese körnige Degeneration betrifft nur die Zellen der aüssersten Randpartien der Acini, sie verliert sich gegen das Centrum zu. Im interacinösen Bindegewebe sieht man eingewanderte mononucleäre Leukocyten, zumeist vom Typus der Lymphocyten, sowie junge Bindegewebszellen. Diese begleiten an einzelnen Stellen die an der Peripherie der Läppchen eintretenden Aeste der Pfortader in den Acinus selbst. Mit Osmiumsäure behandelte Schnitte lassen schwarz gefärbte Fetttröpfchen in den Kupfferschen Sternzellen erkennen; dieselben fehlen jedoch in den Parenchymzellen der Leber vollständig. Anhaufung von Pigment sowie Vermehrung und Wucherung der Gallengänge tindet sich nicht.

In der Milz trıttdas Pulpagrewebe hinter den enorm erweiterten und stark gefullten Blutgefässen zurück, welche einem cavernösen Gewebe nicht unähnlich die Follikel auseinanderdrangen und comprimiren.

Spärliche Mengen eines eisenhaltigen Pigmentes finden sich in Form runder Kürelchen, scheinbar erstarrte Tröpfchen, um die weiten Gefässe der Pulpa.

Auch auf die Nieren erstreckt sich die Hyperämie, und betrifft dieselben gleich- mässig, indem sowohl die Schlingen der Glomeruli als auch die zwischen den Harn- kanälchen und den Sammelröhren verlaufenden Blutgefässe strotzend gefüllt sind. Die Bowman’sche Kapsel ist zumeist abgehoben, im Kapselraum finden sich fädige, körnige geronnene Massen. Die Harnkanälchen sind stellenweise durch die gequollenen und

vergrösserten Epithelien verlegt, stellenweise sind sie leicht erweitert und enthalten wie

38 GEORG JOANNOVICS

die Bowman'sche Kapsel kornige Massen. die sich zu hyalinen Cylindern vereinigen. Auch in der Nicre nehmen die helleren Antheile des Protoplasmas der Epithelien durch Osmiumsäure keine Schwarzfarbung an.

Diesen Versuch, in welchem 1,5 gr. carbaminsaures Ammonium den Tod innerhaib sechs Tage herbeiführte, entspricht den Befunden einer nahezu acuten Vergiftung mit dieser Substanz. Dieselbe ist charakterisirt durch eine Hyperæmice der Leber, der Milz und der Nieren. In der Leber betrifft dieselbe namentlich die Verästigungen der Pfortader, an welche sich eine Vergrösserung und Degeneration der Leberzellen an der Peripherie der Acini mit gleichzeitiger, beginnender Vermehrung des interlobulären Bindegewebes und Einwanderung lymphocytiirer Elemente anschliesst. In der Niere fällt ein Theil des Epithels der Harnkanälchen parenchyma- töser Degeneration anheim, während die Hyperämie mit einer grösseren Durchlässigkeit der Gefässe einhergeht und Veranlassung gibt zur Aus- scheidung einer ciweissreichen Flüssigkeit. Die durch die Härtung ausgefüllten Eiweisskörper finden sich als körnig fädige Massen in der Bowman'schen Kapsel und verschmelzen in den Harnkanälchen zu hyalinen Cylindern. Die bei wcitem stärkste Hvperämie betrifft die Milz, jedoch nur dann, wenn kurze Zeit vor dem Tode das Gift verabreicht wurde. Sind seit der letzten Gabe des carbaminsauren Ammons schon mehrere Tage verstrichen, so findet man in der Milz nur cin mässige Blutfülle.. Ich werde noch Gelegenheit haben ın einem der folgenden

Versuche darauf zurückzukommen.

Versuch EI.

Kaninchen. 920 gr., erhalt mittelst Schlundsonde o,4 gr. carbaminsaures Ammo- nium. Da sein Gewicht in stetigem Sınken begriffen ist, wir] einige Tage von einer weiteren Einverleibung des Giftes abgeschen. Am 8. Tage hat sich das Thier so weit erholt, dass sein Körpergewicht 950 gr. beträgt. Is erhält an diesem Tage, sowie am 14.,17. und 20. Tage je 0,5 gr. des carbaminsauren Salzes. Infolge dieser Giftgaben hat das Gewicht des Thieres nenerlich abgenommen, so dass es zu seiner Erholung längerer Zeit bedarf. Als am 51. Tage das Korpergewicht die Höhe von 1100 gr. erreicht hatte, wird mit der Vergiftung forteesetzt, und zwar werden am 5ı. und 53. Tage je 0,5 gr. carbaminsaures Ammon verabreicht. Trotzdem hält sich das Körpergewicht auf seiner Hohe und steirt am 57. Tage auf 1110 gr. Da es den Anschein hatte, als hätte sich das Thier an das Gift vewöhnt, steigerte ich die tärliche Dosis auf 0,7 gr., welche ich dem Thiere am 56., 60., 63. und 66. Tage verabreichte. Dabei zeigte sıch eine wenn auch nicht bedeutende Abnahme des Gewichtes, welche am 67. Tage kurz vor dem ohne alle Krämpfe eintretenden Tode 1000 gr. betrug.

Die bald darauf vorgenommene Section des Thieres liess eine deutliche, feine Granulirung der Leber erkennen, welche durch Einziehungen entsprechend «dem

interacinösen Gewebe hervorgerufen wurde. Die Milz ist klein, die Nieren hyperaemisch.

Le

CARBAMINSAUREM UND KOHLENSAUREM AMMONIUM 39

Die histologischen Präparate der Leber zeigen eine deutlich Abgrenzung der Leberläppchen, indem dieselben allenthalben von interacinösem Bindegewebe um- schlossen sind. Dasselbe erscheint stellenweise kernreich, einem jungen Bindegewebe entsprechend, stellenweise zellarm und fibrös. Wo mehrere solche Septa zusammen- stossen, verbreitern sie sich und bilden ein aus Spindelzellen und Bindegewebsbündeln zusammengesetztes Lager, von welchem aus Züge und Ausläufer in die Läppchen vordringen. Dieselben begleiten als spindelige Zellen die Gefässe und schnüren mit- unter ganze Antheile von Leberläppchen ab. Jedoch nicht allein von diesen grösseren Lagern von Bindegewebe wächst dasselbe in die Acini ein, sondern auch von dem interstitiellen Gewebe zwischen zwei Läppchen sieht man an zahlreichen Stellen, Sprossen junger Spindelzellen die Verzweigungen der Vena portae in den Acinus begleiten. Die interacinösen Gallengänge sind auch vermehrt, und man sieht ihr . proliferirendes Epithel sich in das vermehrte Bindegewebe einsenken, und, indem es zum Theil durch Züge von Spindelzellen abgeschnürt wird, jene Bilder darbieten, die man als neugebildete Gallengänge anzusprechen gewohnt ist. Einlagerungen von Lymphocyten finden sich allenthalben im vermehrten interstitiellen Gewebe, ohne jedoch zu grösseren Complexen, Follikeln, zusammenzutreten. An den Läppchen selbst fällt zunächst eine Differerz in der Färbung zwischen Centrum und Peripherie auf. Letztere erscheint hell, indem die stark vergrösserten, hellen und gequollenen Leberzellen dicht aneinanderliegend kaum einen Platz für die Capillaren zwischen sich erübrigen. Das Protoplasma der peripher im Läppchen gelegenen Leberzellen nimmt kaum eine Färbung an; es erscheint wie wässerig und hell; nur eine Anzahl gröberer Granula nehmen das Eosin auf und liegen zwischen den im Centrum der Zellen gelagerten Kern und dem deutlichen und scharfen Contour der Zelle. Nicht selten führen diese Zellen zwei sich deutlich färbende Kerne. Gegen die Mitte des Acinus nimmt das Protoplasma der Leberzellen den Farbstoff allmählich besser auf, indem die Granula zahlreicher werden, und um die Vena centralis sieht man Leber- zellen gelagert, die zwar grösser als normal eine feine Granulirung ihres Leibes zeigen, der sich mit Eosin distinct färbt. Sehr deutlich präsentirt sich diese Differenz in der Tinction der centralen und peripheren Antheile der Leberläppchen an Schnitten, die in Sublimat und Alcohol fixirt wurden. Weniger ausgesprochen ist dieselbe an Präparaten aus Müllerischer. Flüssigkeit, welche die starke Schrumpfung der Granula hintenhält.

Die Milz zeigt ein ähnliches Bild wie im Versuche I. Es nehmen die enorm erweiterten und gefüllten Blutgefässe fast die ganze Pulpa ein. Auch hier findet sich ein spärliches, eisenhaltiges Pigment in Gestalt feinster Kügelchen in der Umgebung der Gefässe.

Die Niere ist hyperacmisch; die Glomeruli erscheinen trotz ihrer Blutfülle kern- reicher. Denselben liegt die Bowman’'sche Kapsel ohne Zwischenraum an. Die Epithelien der Harnkanälchen sınd grösser und gequollen, sie verlegen zum grössten Theil die Lumina der Harnwege, welche auch keine hyalinen Cylinder fuhren. Das Protoplasma der Epithelzellen ist deutlich granulirt. Diese deycnerativen Veränderungen des Nieren- parenchyms erreichen den schwersten bis zur vollständigen Necrose führenden Grad in den Tubulis contortis.

` Auch dieser Versuch, in welchem in 67 Tagen 6,2 gr. carbamin-

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saures Ammonium verabreicht wurden, zeigt, dass sich unter der Einwirkung des Salzes Veränderungen in der Leber einstellen, welche einerseits in einer Läsion der peripheren Antheile der Leberläppchen, andererseits in einer Vermehrung des interstitiellen Bindegewebes, verbunden mit Wucherung der Gallengänge bestehen. Die Schädigung der Leberzellen ist dabei das Primäre; denn sie findet sich auch bei der acuten Vergiftung, für welche der Versuch I als Beleg dient, zu einer Zeit, da das Bindegewebe noch keine deutliche Proliferation zeigt. Die Leberzellen sind grösser und führen nicht selten zwei deutlich gefärbte Kerne oder einen auffallend grossen Kern; ihr Protoplasma dagegen erscheint hell. Mitosen, wie sie MERTENS (2) in scinen Experimenten beschrieben hat, konnte ich in meinen Fällen nicht nachweisen. Dass diese Schädigungen der Leberzellen namentlich die peripheren Antheile der Läppchen betreffen, dürfte damit in Zusammenhang zu bringen sein, dass diese Partien der Acini dem zuführenden Blutstrome zunächst liegen. Die Nierenveränderungen sind rein degenerativer Natur und führen

stellenweise zu Nekrose des Epithels.

Versuch KIT.

Kaninchen, 2100 gr., erhält mittelst Schlundsonde, 0,5 gr. carbaminsaures Ammonium in Wasser gelöst. Am 5. Tage ist sein Gewicht auf 1950 gr. gesunken. An diesem sowie am 7. und 11. Tage werden dem Thiere je o,5 gr. des Salzes auf gleiche Weise einverleibt. Als am 16. Tage das Körpergewicht auf 1800 gr. gesunken ist, wird auch die Dosis des Giftes auf 0,3 gr. vermindert. Nachdem das Thier am 18. Tage im Körpergleichgewicht sich erhält, wurde die Gabe auf 0,4 gr. erhöht. Trotzdem erholt sich das Thier und wiegt am 20. Tage, an welchem ich zur ursprünglichen Dosis von 0,5 gr. zurückgriff, 1850 gr. Dies hatte zur Folge, das am 22. Tage wieder ein Verlust an Körpergewicht festzustellen war, welcher nach Verabreichung von o,4 gr. carbamin- saures Ammonium, weiter zunahm, sodass das Thier am 25. Tage nur mehr 1760 gr. wog. Am 27. Tage hatte es sich soweit erholt, dass ich ihm wieder 0,4 gr. des Salzes geben konnte. Am 32. Tage betrug das Körpergewicht 1850 gr. und ich steigerte die Dosis abermals auf 0,5 gr. Diese konnte ich nun am 37. und 44. Tage wiederholen, da das Thier in seinem Gewichte auf 1900 gr. gesticgen war. Nach diesen Gaben trat wieder Abnahme des Körpergewichtes auf, und ich konnte erst am 65. und 67. Tage je 0,5 gr. des Salzes verabreichen. Hierauf nahm das Thier constant ab und erlag 1600 gr. schwer am 74. Tage.

Bei der Obduction erscheint die Leber etwas kleiner und deutlich feingranulirt. Die Milz ist klein, die Nieren hyperacmisch.

Histologisch entspricht in der Leber der makroskopischen feinen Granulirung eine deutliche Abgrenzung der Acini durch Vermehrung des interstitiellen Bindege- webes. Dasselbe besteht aus Spindelzellen und Lymphocyten, welche allenthalben in

grösserer oder geringerer Zahl die Verzweigungen der Vena portae und die Gallen-

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gänge begleiten. Ein-mehr fibröses Gewebe findet sich grússeren Septen entsprechend und an jenen Stellen, wo mehrere Septa zusammentreten.

Mit der Vermehrung Jes interlobulären Bindegewebes geht auch eine Verinehrung der Gallengänge einher. Die Leberläppchen erscheinen kleiner und an ihrer Peripherie dringt das Bindegewebe den Capillaren folgend in die Acini selbst ein. Wicder färben sich die centralen Antheile der Läppchen besser, während die Peripherie hell erscheint.

Ganz besonders deutlich ist diese tinctorielle Differenz nach Fixirung in Subli- mat. Die helle Färbung an der Peripherie kommt dadurch zustände, dass die vergrös- serten Leberzellen in ihrem Protoplasma sich fast gar nicht färben. Um den gut gefärbten Kern liegt der wie wässerig aussehende Zellleib, welcher nur in einzelnen gröberen Granulis und entsprechend seinem äusseren Contour den Farbstoff annimmt. Zwischen diesen hellen Leberzellen sind einzelne auffallend grosse Leberzellen gelegen, deren Protoplasma deutlich granulirt sich gut färbt, und deren Kerne grösser und dunkler erscheinen. Daneben finden sich ausserdem kleine I.eberzellen, deren Proto- plasma auf einen schmalen Saum, um den erhaltenen Kern reducirt ist. Gegen das Centrum der Acini nimmt diese wässerige Beschaffenheit des Protoplasmas allmählich ab, während die Zahl der färbbaren Granula zunimmt. Gleichzeitig kehren auch die Gróssendimensionen der Parenchymzellen zur Norm zurück, wodurch auch die Anordnung zu radiären Bälkchen wieder hervortritt. Um die Vena centralis sieht man jene sich dunkel färbenden Antheile des Lebergewebes, welche nicht verändertem Parenchym entsprechen. Weniger deutlich tritt diese Veränderung an den Leber- zellen bei reiner Alcoholfixirung hervor. Es erscheinen dabei die peripheren Elemente stärker geschrumpft, und an der einen Seite der hellen Zellen sieht man einen durch Eosin lichtrosa gefärbten, feuchten Niederschlag sich an die Wand der Zelle anlegen, welche als halbmondförmiger Saum den Kern umgibt. Schon aus diesem verschiedenen Verhalten bei verschiedenen Fixirungsmethoden erscheint cs nicht warscheinlich, dass die hellen Räume durch Einlagerung von Fetttröpfen zustande gekommen sind; sie lassen sich auch durch Osmiumsäure nicht darstellen. Dagegen färben sich in den Aesten der Pfortader und im interacinösen Gewebe einzelne grosse Zellen intensiv schwärz. Dieselben präsentiren sich bei der Färbung mit Haematoxylin und Eosin als einkernige Elemente, deren Protoplasma erfüllt ist mit groben Körnern eines dunkelbraunen Pigmentes, welches die Eisenreaction mit Ferrocyankalium gibt. Endlich konnte ich an einigen Schnitten zwei grössere nekrotische Herde schen, in deren Centrum sich nur mehr Schollen kernloser Parenchymelemente fanden. Gegen die Umgebung grenzen sich diese etwa den vierten Theil eines Acinus einnehmenden Herde durch einen mächtigen Wall von polynucleären Leukocyten ab, von denen ein grosser Theil deutliche Eosinophilie aufweist.

In der Milz fehlt die bisher beschriebene hochgradige Stauung in den Gefässen der Pulpa. Es findet sich dagegen eine ganz auffallend grosse Menge eines grob körnigen, zum Theil eisenhaltigen Pigmentes in der Pulpa, welche durch Vermehrung des Stützgrewebes dichter erscheint. Die Follikel sind Ken und frei von Pigment.

Die Nieren zeigen das schon beschriebene Bild, gekennzeichnet durch Hyperacmie und Degeneration. Letztere entspricht die trüben Schwellung, welche namentlich in den gewundenen Härnkanälchen bis zur Nekrose des Epithels führt.

In diesem Versuche würden innerhalb 74 Tagen 6,5 gr. des Ammonium-

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salzes dem Thiere beigebracht. Er entspricht einer chronischen Vergiftung. Neben den schon erhobenen Befunden von vergrösserten und hydropischen Leberzellen an der Peripherie der Acini konnte ich hier auch kleine atrophische und grosse hypertrophische Parenchymelemente beobachten und beschreiben. Ferner sah ich pigmenthaltige Zellen im interacinösen Gewebe und in den Aesten der Pfortader, welche mit den grossen Mengen des in der Milz vorgefundenen Pigmentes in Zusammenhang stehen dürften. Endlich fehlt in diesem Versuche die in den vorangegangen Versuche beschriebene enorme Blutfülle der Milz. In jenen Versuchen erlagen die Thiere 24 Stunden nach der letzten Gabe des Giftes. In diesem Versuche sind seit der Verabreichung der letzten Giftdosis 7 Tage verstrichen und darin dürfte der Grund gelegen sein, dass der Blutgehalt in diesen Versuchen so different ist. Ob der erheblichen Pigmentablagerung ein Zusammenhang mit der auf die Einverleibung des Salzes folgenden hochgradigen Hyperämie der Milz zuzuschreiben ist, will ich nach meinen bisherigen Versuchen nicht entscheiden.

Dieinallen Fällen constatirte Veränderung der Leberzellen, welchesich zunächst als eine Art hydropischer Degeneration äussert, gehört der acuten Vergiftung an. Diebei prolongirter Vergiftung geschilderten Veränderungen in der Leber haben eine gewisse Aehnlichkeit mit dem Processe, der in den Anfangsstadien der Cirrhose beim Menschen beschrieben und von den Franzosen als Foie infectieux bezeichnet wird. Es ist uns zwar nur selten Gelegenheit gegeben, so frühe Stadien dieser Leberkrankung beim Menschen zu beobachten. Diese Versuche bilden eine experimentelle Stütze der von KRETZ (ı) vertretenen Lehre vom Umbau der Leber bei der Cirrhose. Auf Grund seiner eingehenden pathologisch-anatomischen Untersuchungen sieht er in der Cirrhose einen herdweise auflammenden und wieder ausheilenden Process degenerativer Natur mit eingeschobenen Regenerationen des Parenchyms. Den Beginn verlegt er in kleine Degenerationsherde an der Peripherie der Acini. Gleichzeitig mit der Abschmelzung derselben ertolgt die Regeneration. Aus den oben beschriebenen Veränderungen bei der acuten Vergiftung mit carbamin- saurem Ammonium geht hervor, dass es sich hier um eine primäre Schädigung der Leberzellen an der Peripherie der Acini handelt, Die Leberzellen werden heller, indem sich in ihrem Protoplasma nur ein grobes Netzwerk färbt; gleichzeitig aber sind solche veränderte Leber- zellen grösser und führen nicht selten zwei deutlich gefärbte Kerne. Man kann daher mit der einfachen Degeneration der Leberzellen diesen Process

allein nicht erklären, sondern man muss neben der Degeneration auch

a | egene

CARBAMINSAUREM UND KOHLENSAUREM AMMONIUM 43

einen gewissen Grad von Hypertrophie zugeben. Dieselbe ist zum Theil eine Ersatzhypertrophie fiir die durch die Einverleibung des Giftes in ihrer Function geschädigten Zellen, zum Theil ıst sie die Folge der erhöhten Ansprüche, welche an die Thätigkeit der drüsigen Elemente der Leber gestellt werden. Nach unseren jetzigen Anschauungen stellt ja das kohlensaure Ammonium die Vorstufe des Harnstoffes dar, zu welchem es in der Leber umgeprägt wird, um aus dem Organismus ausgeschieden zu werden.

Dass die schwersten Veränderungen sich an der Peripherie der Acini finden, erklärt sich dadurch, dass das per os eingebrachte Gift, nachdem es im Magendarmtrakt zum Theil verändert wurde, durch die Pfortader der Leber zugeführt wird und hier auf die diesem Gefässgebiete zunächst- liegenden, peripher im Läppchen gelagerten Leberzellen trifft. An die so hervorgerufenen Veränderungen progressiver und regressiver Natur der Leberzellen schliesst sich fast gleichzeitig, aber doch erst in zweiter Reihe die Vermehrung des interstitiellen Bindegewebes, welche schon deutlich ausgesprochen in den prolongirten Versuchen hervortritt. Dieselbe beschränkt sich nicht nur darauf die einzelnen Acini zu umgrenzen, sie dringt auch in das Innere der Läppchen ein, indem sie den capillaren Verzwcigungen der Vena portae folgt. Dabei füllt sie nicht nur die durch den Ausfall zugrunde gegangener Leberzellen entstandenen Lücken aus, sondern sie trennt auch einzelne Randpartien des Lobulus ab, welche dann ohne Centralvene als Leberinsel sich präsentiren. Dadurch sind auch alle jene charakterischen Merkmale des Umbaues der Leber wie sie Kretz bel der menschlichen Cirrhose beschricben hat, gegeben. Durch die Vergrüsse- rung der peripher im Acinus gelegenen Leberzellen sowohl, als auch durch das einwachsende Bindegewebe ist die radiire Anordnung der Leberzcllen und der Capiilaren im Acinus gestört. Dieselbe fehlt vollends in jenen Granulis, die abgeschnürten Antheilen von Läppchen entsprechen und einer centralen Vena entbehren.

Die Läsionen der Niere bestehen in parenchymatöser Degeneration, die bis zur Nckrosc sich steigern kann, und inHyperämie. Rovıcnı erwähnt noch Veränderungen an Ganglienzellen; auf diese kann ich hier nicht eingehen, da dieselben nicht in das Bereich der uns hier beschäftigenden Frage gehören. Ich möchte nur das eine hervorheben, dass obwohl ein Theil meiner Versuchsthiere, denen ich das carbaminsaure Ammonium per os beigebracht hatte, unter meinen Augen der Vergiftung erlag, ich niemals klinisch Symptome beobachten konnte, welche eine Achnlichkeit

mit denen bei Urämie dargeboten hättery welche Erkrankung Rovicut

44 GEORG JOANNOVILS

auch als Wirkung der Carbaminsiure uuzusehen geneigt ist. Bei subcutaner Einverleibung des Salzes sah ich zunächst tonisch-klonische Krämpfe auftreten, dabei bestand yspnoe und Bewusstlosigkeit. Auch Steigerungen bis zu tetanischen Krämpfen konnte ich auf diese Art der Application des Giftes beobarhten. Die Krämpfe und die oben geschilderten klinischen Symptome traten aber auch auf, wenn ich statt des carbamin- sauren Ammoniums kohlensaures Ammonium in Wasser gelöst unter die Haut der Versuchsthiere spritzte.

Die eingangs ausgesprochenen Bedenken dagegen, dass das carbamin- saure Ammonium als solches es ist, welches auf die Leber wirkt, musste nun auch noch durch Experimente bewiesen werden und zu diesen Behufe habe ich einer Reihe von Kaninchen per os kohlensaures Ammonium verabreicht in der Erwartung, dass dasselbe dieselben Wirkungen ausüben werde, wie die Verabreichung von carbaminsaurem Ammonium. An dem folgendem Beispiele, welches einer subchronischen Vergiftung entspricht,

will ich die beobachteten Veränderungen schildern.

Versuch IV.

Kaninchen, 3500 gr.. erhält per os mittelst Schlundsonde 0,5 gr. kohlensaures Ammonium in wässeriger Lösung. Am 10. Tage ist scın Körpergewicht auf 3350 gr. gesunken, am 14. Tage weiter auf 3250 gr. An diesen beiden Tagen verabreichte ich dem Thiere je cine Gabe von 0,5 gr. des Salzes. Als das Thier am 22. Tage stirbt, findet sich bei der Obduction die Leber leicht fein gekörnt und hyperacemisch. Die Milz ist von normaler Grösse blutreich, die Nieren erscheinen dunkelroth. |

Bei der histologischen Untersuchung der Leber zeigt sich eine deutliche Füllung der centralen Venen und der Verzweigungen der Pfortader. Die Grenzen der Läppchen sind auffallend deutlich, indem allenthalben zwischen den <Acinis ein wenn auch spärliches Bindegewebe sich findet. Dasselbe ist aufgebaut aus Spindelzellen mit eingelagerten, spärlichen Lymphocyten und beschränkt sich nicht nur auf das Gebiet zwischen den einzelnen Läppchen, sondern dringt auch in Furm feinster Züge in die Peripherie derselben ein. Während die um die Centralvenen, gelegenen Leberzellen radiär angcordnet, sich ın Protoplasma deutlich färben und durch die Compression der erweiterten Capillaren kleiner erscheinen, sind die an der Peripherie der Acini gelegenen Leberzellen grösser, im Protoplasma hell, und enthalten nicht selten zwei deutlich gefärbte Kerne, grössentheils aber einen grossen Kern. Angrenzend an grössere inter- lobulare Septa, sieht man an mehreren Stellen cine diesen entlang verlaufende Reihe grosser Leberzellen, welche in ihrem Zusammenhange vom übrigen Acınus gelöst erscheinen und dem Bindgewebe wie ein cinfacher Epithelsaum aufsitzen. Das Proto- plasma der Leberzellen ist leicht gekörnt, und lässt cinen verschieden hohen Grad parenchymatöser Degeneration erkennen, welche an einzelnen Stellen, die zerstreut in den Läppchen liegen, bis zur Nekrose kleiner Gruppen von Leberzellen geführt hat. Solche Herde sind schr klein und betreffen nur wenige Leberzellen. In denselben sieht man junges Binderewebe und Leukocyten, sowie die Reste der abgestorbenen

Leberzellen als hyaline Schollen.

CARBAMINSAUREM UND KOHLENSAUREM AMMONIUM 45 W

Die Milz ist leicht hyperaemisch und enthält in der Pulpa um grossere Getásse ein spärliches zum Theil eiscnhältiges, grobkorniges Pigment. Die Follikel zeigen keine Veranderung.

Finen hohen Grad von Hyperaemic crreichen die Nieren. Die Sehlingen der Glomeruli sind prall mit Blut gefüllt und der Raum zwischen ihnen und der abgehobenen Bowman’'schen Kapsel enthält geronnene Massen, welche sich als körnigfädiger Inhalt in die erweiterten Harnkanälchen fortsetzt. Das Epithe: ıst in schwerer parenchymatöser Degeneration und erfüllt als Detritus abgestossener und nekrotischer Zellen das Lumen

der Sammelrohren.

Die Verabreichung von 1,5 gr. kohlensaures Ammonium hat in diesem Versuche in 22 Tagen zum Tode des Thieres geführt. Die beschriebenen Veränderungen sind die gleichen, die ich auch in anderen Versuchen mit dieser Substanz beobachten konnte. Sie sind charakterisirt in der Leber durch eine gleichzeitige Degeneration und Regeneration der Zellen namentlich an der Peripherie der Acıni. Dazu kommt noch eine Vermehrung des interstitiellen Bindegewebes, welches die einzelnen Läppchen allenthalben scharf abgrenzt. In den Nieren kommt es zu parenchymatöser Degeneration der Epithelien, welche oft schwere Grade erreicht. Vergleicht man nun diese Befunde mit denen bei Einverleibung des carbaminsauren Ammons so sind dieselben identisch. In beiden Fällen sehen wir in der Leber einen Process sich entwickeln, der mit der menschlichen Cirrhose eine Analogie besitzt und sich durch Degeneration, Hypertrophie und Regeneration an den Leberzellen, durch Wucherung und Vermehrung des Bindegewebes und der Gallengänge im interstitiellen Gewebe auszeichnet.

Nachdem in den beiden Versuchsreihen zwei Salze zur Anwendung gelangten, welche Verbindungen einer Base mit zwei verschiedenen Säuren darstellen, stehe ich nicht an, die Base als diejenige Substanz anzuschen, auf welche die Veränderungen im Organismus zurückzuführen sind, und messe der an die Base gebundenen Säure eine nur nebensächliche Bedeutung zu. Da nun die beobachteten Läsionen bei Anwendung der carbaminsauren Ammoniums die gleichen sind, wie bei Anwendung des kohlensauren Ammoniums, so darf wohl auch der eingangs gemachte Einwand, dass die Carbaminsäure infolge ihrer bekannten chemischen Labilität, auf welche schon wiederholt aufmerksam gemacht wurde, gar nicht als solche bei der Einverleibung durch den Darmtrakt auf die Leber zur Wirkung gelange, als richtig angenommen werden und es sind die Versuche, die mit carbaminsaurem Ammon angestcllt sind, denen mit kohlensaurem Ammonium gleich zu setzen.

Dass die Ammoniumsalzverbindung es ist, welche schädigend auf die

46 GEORG Joaxxovics

Leberzelle wirkt, habe ich noch auf einem anderen Wege nachzuweisen versucht. Ich habe die überlebende Kaninchenleber mit dem Blute des Thieres durchspült. Zu diesem Behufe wurde das Blut mit isotonischer Kochsalzlösung verdünnt und 0,5 gr. der erwähnten Salze zugesetzt. Nachdem ich die künstliche Durchblutung durch eine Stunde ausgeführt hatte, wurden Stücke der Leber der histologischen Untersuchung unter- zogen. Hierbei fand sich wieder jene Aufhellung und wässerige Beschaf- fenheit des Protoplasmas der Leberzellen, welche ich in den Befunden meiner Thierexperimente wiederholt beschrieben habe. Diese Verände- rungen an den Leberzellen wäre demnach als eine unmittelbare Folge der Einwirkung der Ammoniumgruppe anzusehen und als acut sich auf die Einverleibung des Giftes ausschliessende aufzufassen.

Bei der Zusammenstellung meiner übrigen Experimente behufs Erzeugung von Leberläsionen werde ich noch Gelegenheit nehmen auf diese Versuche zurückzukommen. Durch die Anführung dieser Beispiele willich nur die irrthümlich der Carbaminsäure zugeschricbene Bedeutung in der experimentell erzeugten Lebercirrhose dahin richtig gestellt haben, dass bei Vergiftungen mit carbaminsaurem Ammonium nicht die Carbamin- säure der wirksame Bestandtheil der Verbindung ist. Die Organverände- rungen die wir dabei beobachten, namentlich die der menschlichen Cirrhose so ähnliche Veränderung der Leber, sind Folge der Wirkung der in dem Salze enthaltenen Ammoniumgruppe. Dieselben sind gleich, ob man dem Thiere carbaminsaures oder kohlensaures Ammonium per os verabreicht. Und diese Thatsache findet ihre Erklärung in der grossen l.abilität des carbaminsauren Salzes, welches in den Darmtract ein- gebracht zum kohlensauren Salze wird. Als solches gelangt es in die Leber und wirkt auf dieselbe genau so, als wäre das kohlensaure Ammonium

von Anfang des Versuches zur Verwendung gelangt.

Litteratur.

(1) Krerz : Ucber Lebercirrhose. Wiener klinische Wochenschr., XIII, 1900.

2) MERTENS : Lésions anatomiques du foie du lapin au cours de l'intoxication chronique par le chloroforme et par l'alcool. Etude expérimentale de la cirrhose du foie. Arch. intern. de Pharmacodynamie, II, 1895.

(3) Rovısm : Antotntossicasion: e cirrhosi epatica. IX. Congr. der italienischen Gesellschaft für innere Medicin. Turin, 1898.

(4) Rovicure Portions: L'azione dell acido carbamico sull organismo. Ricerche

sperimentale. Il. MORGAGNI, 1899.

AUS DEM PHARMAKOLOGISCHEN INSTITUT DER UNIVERSITAT BRESLAU.

Ueber die angeblich regionare Wirkung von Arzneistoffen nach Injection unter die Schläfenhaut

VON

HERMANN EPPENSTEIN,

approb. Arzt.

Als NaceL(1) das Strychnin zur Behandlung von Sehnervenleiden vorschlug, gab er als Applicationsart die subkutane Injection der Strychninlósung an der gleichseitigen Schläfe an. Diese Anwendungsweise wurde auch noch später von den Augenärzten beibehalten, indem man offenbar fast allgemein von der Ansicht ausging, dass das Strychnin irgendwie direkt von der Schläfe aus an das benachbarte Auge gelange, die von ihm hervorgerufene Erhöhung der Sehschärfe und Vergrösserung des Gesichtsfeldes (v. Hırpeı,(2)) also eine wesentlich lokale oder besser regionäre Wirkung darstelle.

Da, wie FILEHNE(3) bewies, die Strychnin-Einwirkung, wenn auch vielleic ht nicht ausschliesslich, in der Netzhaut liegt, so könnte man freilich bei der Wirkung der Strychnin-Injektion auf die Funktion des benachbarten Auges an einen regionären Transport denken; andererseits

ist die Wahrscheinlichkeit nicht sehr gross, dass (1/2—ı c.c.) einer

(1) Nager : Die Behandlung der Amaurosen und Amblyopien mit Strychnin. Tübingen, 1873,

(2) v. HirpEL : Ueber die Wirkung des Strychnins auf das normale und kranke Ange. Berlin, 1871.

(3) W. FILEHNE : Zur Beeinflussung der Sinne, insbesondere des Farbensinnes und der Reflexe durch Strychnin. Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 83, S. 369, ff.

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Thérapic, vol XII. 4

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1/2 °/, Strychninus nitr.-Lésung auf diesem über 2 centim. langen und mit Bindegewebsbarrieren versehenem Wege entgegen dem Lymphstrom bis zur Netzhaut hindurch diffundierte bezw. filtrierte, ohne inzwischen der Resorption in diesem gefässreichen Gebicte anheimzufallen.

Dem experimentellen Versuche, die Frage zu lösen, ob unsere Strychnin-Injektion wesentlich eine regionäre oder resorptive Wirkung hervorbringt, stehen verschiedene Methoden zu Gebote, zunächst exakte Gesichtsfeld-Messungen.

Im Gegensatz zu den Angaben NaceL's fand FILEHNE(!) : Die Strychnin-Injektion an der Schläfe des Menschen ruft eine in beiden Augen gleichmässige Erweiterung des Gesichtsfeldes hervor oder wenigstens am gleichseitigen Auge nicht öfter eine solche als am entgegengesetzten und dies auch, wenn man die gleiche Dosis an einer anderen Körperstelle subkutan beibringt. |

Danach muss man wohl annehmen, dass die Gesichtsfelderweiterung infolge von Strychnin-Injektion an der Schläfe ausschliesslich auf resorp- tivem Wege zu Stande gekommen ist. Nun ist bei der Verwertung von Gesichtsfeld-Befunden stets der Einfluss der Suggestion und überhaupt die Unsicherheit von Resultaten, die auf subjektiven Warhnehmungen beruhen, zu beachten. Und wenn auch in FILEHNE’s Versuchen, wie die in bez. auf regionäre Wirkung negativen Resultate zeigen, keine Suggestion stattgehabt hatte, so war es doch viclleicht wiinschenswert, eine Versuchs- methode anzuwenden, die an objektiven Resultaten erkennen liess, ob bei subkutaner Injection an der Schläfe eine regionäre Wirkung statthat.

Durch objektive Befunde suchte Vıncı(2) an Tierexperimenten die Frage zu lösen.

Er injicierte Hunden und Kaninchen eine Salzlösung unter die Schläfenhaut, die dann ev. leicht am herausgenommenen Bulbus oder im Bindehautsack oder im Kammerwasser des Auges durch eine chemische Farbenreaktion nachweisbar sein sollte. Zeigte sich nun die betreffende Reaktion an dem Auge der injicierten Seite ausschliesslich bezw. stärker oder zeitiger als an dem andern; so musste die Lösung auf regionärem Wege an oder in dieses Auge gelangt sein. Im Prinzip lässt sich gegen diese Methode kaum etwas einwenden. Da der Autor keinen Unterschied in den Versuchsergebnissen zwischen Hund und Kaninchen bei gleicher

(1) Loc. cit. (2) Vinci: Sulla diffusione ali’ occhio di alcune sostanzo iniettate alle tempia. Palermo,

1902; Mitteilungen auf dem V. internationalen Congress für Physiologie. Turin,

17—21 September 1901.

REGIONARE WIRKUNG VON ARZNEISTOFFEN 49

Dosierung anführt, so habe ich zur Nachprüfung und Kritik hauptsächlich das Kaninchen benutzt, zumal meine Vorversuche an diesem z. T. negativ waren und in diesem Falle das kleinere Tier bei gleichen Dosen die grössere Beweiskraft besitzt. |

Als Schläfe fasst man beim lebenden Kaninchen wohl am ehesten die Gegend zwischen dem med. und lat, Ohrlóffelansatz und dem Orbital- Rand auf; von letzterem etwa 1—1 1/2 centim. entfernt kam die Kanülen- spitze in dieser Gegend zu liegen, die von aussen als flache Einsenkung zu palpieren ist.

Der subcutane Weg von hier nach der Augenhöhle ist durch mässig festes Bindegewebe versperrt, das, dem lig. canthi ext. des Menschen entsprechend, vom äusseren Augenwinkel nach dem Orbitalrand zieht. Die Straffheit des subcutanen Gewebes in der Schläfengegend ist relativ hoch : nach meinen Versuchen muss der Flüssigkeitsdruck über doppelt so hoch sein, als in der Scheitelgegend, damit in beiden Fällen in der Zeiteinheit eine gleiche Menge einfliesst. Je grösser aber die Spannung im subcutanen Gewebe, um so höher der Druck, mit dem die subcutan injicierte Flüssig- keit mechanisch durch Gewebs-Lücken und-Spalten hindurchgepresst wird.

Spielt dies physikalische Moment bei der Injection von 1/2—1 c.c. an der Schläfe des Menschen (mehr pflegt man hier nicht zu injicieren), auch nur eine geringe Rolle, so wird man jedenfalls bei einem Vergleichs- Versuche am so viel kleineren Kaninchenschädel die Flüssigkeitsmenge und dadurch den Druck nicht steigern können, ohne in den Versuchs- bedingungen damit wesentlich abzuweichen.

Da ausserdem der Weg von dem Schläfen-Injektions-Punkt bis zur Augenhöhle des Kaninchens etwa halb so lang ist als der entsprechende am Menschen, so kann man im Tierversuch auch die Concentration der betr. Lösung gegenüber der bei der Strychnin-Injektion verwandten (1/2°/o) nicht viel steigern, ohne damit der Diffusion des betreffenden Salzes einen unberechtigt weiten Spielraum zu gewähren.

Also entsprechende Flüssigkeitsmenge und Concentration sind die Vorbedingungen, wenn man die Resultate von Vixcr's Untersuchungs- methoden auch auf die am Menschen geübte Strychnin-Injection anwenden will.

Erfüllt Vıncı diese Vorbedingungen?

Indem er, wie er am Anfang seiner Arbeit erklärt, es für eine sichere Thatsache hält, dass nur das benachbarte Auge bei der Schläfen-Injektion durch Strychnin beeinflusst werde, liegt ihm nur daran zu beweisen, dass wirklich eine lösliche Substanz, an der Schläfe injiciert, an und in das

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entsprechende Auge gelangen könne, ehe sie vom Körperkreislauf dahin gebracht würde. Um dies Ziel zu erreichen, braucht er freilich kein Mittel zu scheuen. Nach Injektion von grossen, stark concentrierten Flüssigkeitsmengen an'der Schläfe, gelingt es ihm, nach einiger Zeit die Substanz am temporalen Teil des entsprechenden Bulbus chemisch nachzuweisen; aber was will das für die Wirkungsart der ärztlichen Strychnin-Injektionen am Menschen sagen, wenn Vıncı hier 2—5xso grosse I‘lüssigkeitsmengen mit 4—25 X so starker Concentration auf einem kleineren Wirkungsfeld verwendet; und doch glaubt cr damit die regionire (lokale) Wirkung der Strychnin-Applikation erwiesen zu haben; dabei giebt er als Beförderungskraft stets nur die Diffusion an, ohne an die grob physikalische Druckkraft zu denken, die derart grosse Flüssigkeitsmengen von dem elastischen Gewebe empfangen.

Bei Nachprüfung und experimenteller Kri ik wandte ich der Einheit- lichkeit halber stets die auch von Vinci benutzte und im Befund abgebildete Violet-Reaktion von salicylsaurem Natrium mit Eisenchlorid an, zumal da der Autor bei seinen Versuchen keinen Unterschied in der Verwendbarkeit seiner verschiedenen Farbenreaktionen erwähnt. Die Injection an der Kaninchenschläfe hat übrigens mit grosser Vorsicht zu erfolgen ; die Tiere sind in dieser Gegend, besonders gegen Einspritzung grösserer Flüssigkeitsmengen, recht empfindlich und bei einiger Unruhe des Tieres dringt die Nadel der Injektions-Spritze leicht bei den engen räumlichen Verhältnissen in oder durch die Maschen des bindegewebigen Septums, das oben geschildert wurde : ein Teil der Flüssigkeit fliesst direkt in die Augenhöhle und dann erhält man (natürlich) an Orbita und Bulbus im lateralen Abschnitt ein Violet von schönster Farbenpracht, die etwa den von Vıncı als klassisch abgebildeten Versuchen entspricht. Auch die Enucleation des Bulbus muss mit Vorsicht erfolgen. Jedes Herum- wühlen im Orbitalfett verbreitet künstlich die ev. vorhandene Salzlösung und bringt sie aus tieferen Teilen an die Oberfläche der Orbita und an den Bulbus selbst heran. Dass Hände und Instrumente bei der Enucleation frei von der gesuchten Lösung sein, bzw. gehalten worden müssen, ist ja selbstverständlich.

In seiner ersten Versuchreihe injiciert Vıncı 0,I—0,5 gr. der betr. Substanz und zwar in nicht weniger als in 2—5 c.c. Wasser unter die Schläfenhaut und tötet das Tier nach ı/2—ı Stunde. Enucleirte er jetzt den Bulbus der injicierten Seite, so wurden die äusseren 2/3 von Bulbus und Orbita durch das Reagens entsprechend gefärbt; als Musterbeispiele

führt er Versuche an, in denen er die, wie er selbst sagt, starke Dosis von

REGIONARE WIRKUNG VON ARZNEISTOFFEN SI

0,3—0,5 gr. in 3—5 c.c. Wasser irjicierte und die Enucleation nach 1/2—3/4 Stunden vornahm. Dasselbe Resultat erhielt er auch am toten Tiere, was freilich durch Wegfall des Lymph- und Blutstromes und infolge der veränderten Diffusionsqualitäten mit den Verhältnissen am lebenden Menschen noch weniger in Vergleich zu setzen ist.

Aber auch den positiven Befund der ersten Versuchsreihe Vıxcı's konnte ich am lebenden Kaninchen nur teilweise bestätigen, wenn ich auch 0,5 Na. salic. in 5 c.c. Wasser gelöst injicierte und bis zur Enuclceation fast eine Stunde wartete, wo dann um die Injektionsstelle herum noch die primäre Anschwellung des Flüssigkeitsdepots sichtbar bezw. tastbar war; auch dann konnte ich unter Beobachtung oben erwähnter Vorsichtsmassregeln bei Injektion und Enukleation die Violet- Reaktion nur in (den lateralen Teilen) der Orbita und des peribulbären Fettgewebes erhalten. Erst bei noch stärkeren Concentrationen der Injectionsflüssigkeit zeigte der Bulbus selbst, also die Aussenfläche der Sklera unter einer grossen Anzahl von Versuchen in einem einzigen Falle und auch hier nicht ganz sicher die Violet-Reaktion mit Eisen- chlorid; auf dieses Verhalten des Bulbus werden wir noch unten bei Besprechung der 3ten Versuchsreihe Vinci's zurückzukommen haben.

Seine zweite Versuchsreihe beruht auf der Reaktion von Jodkalium- Lösung mit pulverisiertem Calomel. Je nach der Menge der Substanzen und dem Grade der Durchmischung entsteht dabei durch Bildung von Quecksilber-Jodüreine gelbliche und mehr oder minder zeitig eine grünlich- schwärzliche Färbung des Calomels. Vom Jodkalium injiciert Vinci wiederum 0,5 gr. in 4 c.c. Wasser gelöst, unter die Schläfenhaut und pulvert reichlich, ohne Dosierung Calomel in die Bindehaut-Säcke. Die charakteristische Reaktion tritt auch in dem Auge der nicht injicierten Seite auf, in dessen Nähe sich Jodkalı nicht befindet : folglich ist es durch Resorption in die Thränendrüsen bezw. in die Conjunctiven gelangt, die es Jetzt, zumal durch das Calomel gereizt, absondern, wobei es übrigens durch die Bildung von Quecksilberjodür zu starker entzündlicher Reizung und Schwellung der Conjunctiven kommt. Nun tritt bei Vinci der gelbliche Farbenton im Auge der injicierten Seite 5—10 Minuten, und ebenso die grünliche Verfärbung des Calomels etwa 15 Min. früher auf, als die entsprechenden Vorgänge am andern Auge; nach meiner Beobachtung erscheint die Gelbfärbung etwa gleichzeitig, nımmt aber auf der Seite der Injektion intensiver zu und wird, wie bei Vıxcı, früher schwarz-grün, als auf der anderen Seite. Dies spricht dafür, dass zuerst die Quecksilberjodür-

bildung beiderseits gleichmässig beginnt, also zunächst beiderseits eine

52 HERMANN EPPENSTEIN

resorptive Erscheinung ist. Die sich dann entwickelnden entzündlichen Erscheinungen können aber, als pathologisch für unsere Betrachtungen nicht herangezogen werden.

Wie dem aber auch sei : der allmähliche Eintritt der Farbenreaktion, der nicht genau abzuwägende Einfluss der entzündlichen Reizung machen diese Methode jedenfalls ungeeignet für eine Entscheidung der strittigen Frage.

Noch ungeigneter für diesen Zweck, weil in ihren Resultaten äusserst unsicher, ist aber die dritte Versuchsreihe.

Hier will Vıncı zeigen, dass seine an der Schläfe injicierten Salz- lösungen auf regionären Wegen auch wirklich bis in das Innere des Auges eindringen. Wiederum injiciert er unter die Schläfenhaut 0,5 gr. Na. salicyl. in 4 c.c. Wasser gelöst und sucht dies nach ı/2—3/4 Stunden im Kammerwasser durch seine Violet-Reaktion mit Eisenchlorid nachzu- weisen; nun aber erhält man in Kammerwasser des anderen Auges ebenfalls die Reaktion und da hier kein Salicylat in der Nähe des Bulbus vorhanden ist, so muss der Blutkreislauf es nach resorptiver Aufnahme von der Schläfe her hierher gebracht haben : sei es nun mit direkter Abscheidung aus den Gefässen des Ciliarkörpers, u. s. w., sei es durch primäre Abscheidung aus den Thränendrüsen analog dem Jodkalium der 2. Versuchsreihe und erst secundärer Rückresorption bezw. Diffusion ın die vordere Kammer oder endlich auf beiderlei Weise.

Vinci muss also, um zu erweisen, dass die Salzlösung wirklich regionär in das Innere des entsprechenden Auges gelangt ist, in dessen Kammerwasser die Farben-Reaktion zu einer Zeit schon erhalten, wo sie in dem des anderen Auges noch nicht vorhanden ist, indem er erwartet, dass der direkte Weg einen rascheren Transport gewährt, als Resorption, Kreislauf und die dann erst irgendwie erfolgende Abscheidung ins Kammerwasser. |

Dieser Nachweis gelingt ihm bei der bisherigen Versuchsanordnung nicht: zu welchem Zcitpunkte er auch die Kammern punktiert, er erhiilt entweder gar keine oder schon auf beiden Seiten die characteristische Reaktion mit dem Kammerwasser. Dies kann uns aber kaum Wunder nehmen; auch nachdem er zwecks genauerer Controlle jeden Moment zu ôffnende Dauerkanülen in die vorderen Kammern eingeführt hat, bekommt er im Eintritt der beiderscitigen Reaktion nur eine Zeitdifferenz von 3 Minuten, wenigstens nach dem einzigen darüber veröffentlichten Protokoll, und wenn auch der Autor im Text angiebt, dass in andern

Versuchen die Differenz um zwei Minuten grösser war, so sind doch

REGIONARE WIRKUNG VON ARZNEISTOFFEN 53

solche Zeitunterschiede bei einer vorherigen Beobachtungsdauer von gegen 4o Minuten nicht sehr beweiskräftig; schon 6 Minuten nach dem Beginne der ersten Reaktion ist aber nach Vıncı’s Versuchsprotokoll die Reaktion beider Kammerwasser von gleicher Intensität; sollte man bei der feinen Abstufbarkeit dieser Farbenreaktionen nicht erwarten, dass dasjenige Kammerwasser, das auf zweierlei Wegen seine Salzlösung bezogen hätte, nach 6 Minuten auch eine stärkere Reaktions-Färbung zeigen müsste? Es sci denn, dass die regionär transportierte Salzmenge so winzig wäre, dass sie einen nur zeitlichen und noch dazu so kleinen Unterschied hervorzurufen vermag.

Aber selbst dieses Zugeständnis ist nach Vıncı's Versuchsanordnung noch nicht einwandsfrei : wenn, wie oben erwähnt, das Kammerwasser beider Augen seine aus dem Kreislauf erhaltene Salzmenge nicht diesem direkt, sondern, wenn auch nur zum Teil, dem Thränensckret zu verdanken hat, so fragt sich, ob dieses auf der injicierten Seite nicht etwa reichlicher produciert wird : das ist aber bei der starken Reizung von Trigeminus-Fasern durch die grosse subcutane Flüssigkeits-undSalzmenge wohl vorstellbar, wofür auch das Zukneifen des benachbarten Auges spricht, ein Symptom, das die Versuchstiere während und nach der Injection oft gezeigt haben.

Uebrigens ist es ausserdem noch nach meinen Beobachtungen nicht wahrscheinlich, dass die von Vıncı an der Schläfe injicierten 0,5 gr. Salz in 4 c.c. Flüssigkeit gelöst ins Augeninnere auf regionärem Wege gedrungen sein sollten ; zunächst fiel es in dieser Beziehung auf, dass in fast keinem der betreffenden Versuche, in denen das Kammerwasser die Violet-Reaktion zeigte, die Aussenfläche des Bulbus (Sklera), die gesuchte Reaktion darbot, während man eine solche zurückbleibende Imbibition doch als Zeichen einer stattgehabten regionären Durchwanderung erwarten durfte. Freilich könnte man dies in Analogie setzen zu folgendem : Wenn man eine Natr. salicyl. Lösung, die trotz äusserster Verdünnung eben noch die Violet-Reaktion in verdünnter Eisenchloridlösung zeigt, auf Filtrier- papier bringt, das mit letzterem befeuchtet ist, so erhält man die Reaktion nicht mehr. Andererseits aber kann man einen herausgenommenen Kaninchen-Augapfel ı Stunde lang in einer Na. salicyl. Lösung ı : 10000 die noch eine sehr deutliche Reaktion gewährt, liegen lassen, ohne dass hernach das Kammerwasser, übrigens auch nicht die Aussenfläche der Sklera nach kurzen Abspülen, die Farbenreaktion zeigte, während in einer Lösung ı : 1000, wo dann die Reaktion im Kammerwasser auftritt,

auch der Bulbus selbst dieselbe deutlich zeigt ; endlich hat ja erst jüngst

54 HERMANN ÉPPENSTEIN

WEssELy(t) an lebenden Kaninchen gezcigt, wie wenig Salzlésung in die vorderere Augenkammer eindringt, selbst wenn man sie direkt unter die Conjunctiva bulbi injiciert.

Zur exakteren Priifung der 3ten Versuchsrcihe Vinci's (Controlle der angeblich regionären Ucberwanderung ins Kammerwasser durch Dauer- kanülen) habe ich mich bemüht, zu verhindern, dass während einer Stunde nach der Injektion eine Salicyl-Reaktion der Kammerwasser auf resorptivem Wege zu stande käme. Dies glaube ich durch die beiderseitige Unter- bindung der Carotis communis erreicht zu haben. Denn nach meinen Versuchen ist der Collateralstrom (durch den Circulus arteriosus) dann offenbar nicht stark genug, um in einer Stunde so viel Salz in die betreffenden Augenteile zu führen, dass die Reaktion des Kammerwassers positiv würde. Dies zeigte sich an mehreren Parallelversuchen mit freien und unterbundenen Carotiden, wobei sogar die unter der Bauchhaut injicierte Salzmenge doppelt so gross war (r gr. in5 c.c. H:O) als bei Vinci : bei unterbundenen Carotiden blieb die Reaktion nach einer Stunde aus, während sie im anderen Falle, bei so grosser Salzmenge stets, zu dieser Zeit eingetreten war.

Injicierte ich nun eine eben so grosse und eben so stark concentricrte Na. salicyl. Lösung unter die Schläfenhaut eines Kaninchens, so fiel mehr- mals ebenfalls beiderseitig die Reaktion des Kammerwassers nach ı Stunde negativ aus; einmal freilich zeigte das Kammerwasser auf der Seite der Injection und zwar nur auf dieser die Reaktion ; dabei reagierte auch das Gewebe der Sklera selbst : hier also, bei dieser ungeheuren Concentration und grossen Flüssigkeitsmenge, scheint, zumal bei der Behinderung des Kreislaufs und damit auch der Resorption die Grenze (beim Kaninchen) nun endlich gefunden zu sein. Hier käme mitunter ein wirkliches, sicher nur regionäres Ueberwandern ins Augeninnere vor.

Soviel zur Kritik der Vinci’schen Methoden und Versuchsbefunde. Wie weit letztere richtig oder unrichtig sein mögen, sie beweisen uns kaum etwas neues; denn dass es mechanisch gelingen müsse, grosse Quantitäten von Flüssigkeit weit fortzutreiben und dass diese dann, wenn stark concentriert, in Diffusions-Verkehr mit den anderen Geweben treten können, das ist selbstverständlich; für die Frage der resorptiven oder regionären Wirkung bei therapeutischer Anwendung des Strychnins

beweist das nichts. Was die Steigerung der dabei verwandten Flüssigkeits-

(1) K. WesseLy : Experimentelles über subconjunctivale Injektionen. Ein Beitrag zur

Kenntniss der Wirkung lokaler Reize. Deutsch. medic. Wochenschr., 1903, N" 7 und 8.

REGIONÄRE WIRKUNG VON ARZNEISTOFFEN ` 35

tee ee 7

menge und Concentration auf sich hat, ersieht man, wenn man diese beiden Faktoren, von denen keiner bei der ärztlichen Strychnin-Applikation wesentlich gesteigert werden kann, hier im Versuche cinzeln variiert, also zuerst bei Flüssigkeitsmenge von ı c.c. (mehr pflegt man an der Schläfe nicht zu injicieren) die Concentration, und dann bei einer Concentration von 1—2 °/, (therapeutisch ı/2 °%) die Flüssigkeitsmenge steigert, bis eine regionäre Wirkung erzielt ist. Zu diesem Verfahren cignet sich nur die Anordnung der ersten Versuchsreihe Vıncı’s, da nur sie einfache und einwandfreie Befunde darbictet.

Nach Injection von r c.c. Flüssigkeit mit steigendem Gehalt an Na. salicyl. zeigte sich (am Kaninchen) nach 1/2—3/4 Stunden auch bei starken Concentrationen an Orbita und Bulbus Aussenfläche keine Reaktion. Präparierte ich dann vorsichtig die Schläfenhaut von den Augenscite her ab, so fárbte die Reaktion das Unterhaut-Bindegewebe bis an den Orbitalrand heran. Dieser Befund ergab sich auch noch bei einer Concentration von 50 %/, nur dass hier viclleicht die tiefsten Schichten der lateralen Orbita (Periost) die Reaktion bereits darboten.

Umgekehrt lässt sich die Klüssigkeitsmenge bei Injektionen von I—2 ʻo Lösungen steigern, ohne dass diese in der Orbita nachweisbar würden. Die Salicyl-Reaktion auf Eisenchlorid dehnt sich dann im subkutanen Gewebe weithin über Kopf- und Gesichtsschädel auch längs des Orbitalrandes (des entsprechenden Auges) hin aus, ist aber in der Orbita selbst nicht zu erhalten. So erhielt ich selbst ı Stunde nach Injection von 10 c.c. Na. salicyl. (t %), einer für die Kaninchen-Schläfe ungeheuren Flüssigkeitsmenge, keine Reaktion in der Augenhöhle.

Also erst wenn man beide Faktoren, die bei der regionären Wirkung eines an der Schläfe des Menschen injicierten Arzneistoffes in Betracht kämen, Concentration und Flüssigkeitsmenge, vergrössert, erhält man mehr oder minder die Befunde Vinci's, und ein Ergebnis, wie in seinen colorierten Abbildungen, erst dann, wenn beide Einfliisse ins Ungcheuer- liche gesteigert werden.

Ich habe deshalb, da im Tierversuch ein Nachweis des Strychnins selbst sich zu schwicrig gestalten dürfte, zum Ersatz dieses für unsere Zwecke das Atropin gewählt, dessen Wirkung (auf die Pupillenweite) beim Kaninchen schon bei einer Concentration und Flüssigkeitsmenge objektiv gemessen werden kann, wie sie den Verhältnissen bei der therapeutischen Strychnin-Injektion am Menschen ungefähr entspricht; als zweiter Vorteil des Atropins muss die Nachbarschaft der Ziele, d. h. der Angriffspunkte

beider Alittel ım Auge gelten : denn, wenn überhaupt auf dircktem Wege

56 HERMANN EPPENSTEIN

von der Schläfe her, würden unter sonst gleichen Bedingungen zwei Lösungen wohl auf demselben Wege und etwa zu gleicher Zeit an der Netzhautperipherie und andererscits an den Oculomotoriusendigengen in der Iris anlangen.

Bei Atropin-Einwirkung von der Schläfe her müsste sich, falls ein regionäres Ffingelangen von Arzneistoften überhaupt in Betracht kommt, die Pupille der betreffenden Seite allein oder jedenfalls mehr erweitern als die der anderen Seite, da ja dann in dem einen Auge mehr Atropin eben das auf regionirem Wege hingelangte sein müsste. Allerdings: tritt bei schr kleinen Dosen gar keine Pupillenerweiterung ein, so beweist das noch nichts gegen cine regionäre Wirksamkeit; es braucht eben dann die geringe Menge Atropin gar nicht bis ins Auge auf direktem \Vege gelangt zu sein; andererseits können allzugrosse Dosen schon durch Resorptionswirkung einc rasche, eventl. maximale Erweiterung bewirken, sodass die regionäre Wirkung sich nicht mehr bemerkbar macht. Bei geeigneter Dosierung aber lässt sich die Veränderung der Pupillengrösse so allmählich herbeiführen, dass jede Differenz um ı/2 mm. noch gut durch Zirkelinessung verfolgt werden kann.

Einen noch feineren Massstab für die Messung geringfügiger Differenzen in der Atropinisierung beider Augen bietet das Einträufeln sehr verdünnter, eben wirksamer Eserinlösungen, indem hier die Pupille des- jenigen Auges bei der zunehmenden Verengerung zurückbleibt, das stärker atropinisiert ist, also mehr Atropin im Innern beherbergt. (Analog dem ScHömann schen Versuch).

Um die Pupillen unter sonst gleichen Bedingungen zu haben, wurden die Versuche im Dunkelzimmer vorgenommen : das Kaninchen war aufgespannt und in gleicher Entfernuug standen beiderseits symmetrisch zwei gleich starke Glühlampen. Binnen 1/4—ı/2 Minute vorübergehende beiderseitige Pupillenerweiterungen kommen nicht ın Betracht. Ihnen liegen plötzliche Aufregungszustande des Versuchstieres zu Grunde, die nach Möglichkeit aus dem Versuche auszuschalten sınd.

Ich habe nun bei Atropin-Injektionen an der Kaninchen-Schláfe, die in der Dosierung ungefähr der Strychnin-Anwendung am Menschen nicht etwa blos relativ gleich waren (2—5—1o mgr auf ı c.c. \Vasser), stets ein genau gleiches Verhalten beider Pupillen bemerkt : Grösse, Licht- reaktion, die schliessliche (allmähliche) Verengerung durch eben wirksame Mengen Eserin waren stets auf beiden Seiten gleich. Dabei trat die resorptive Wirkung schon nach wenigen Minuten (4—14) allmählich ein,

das spricht nicht dafür, dass schon vor der Beförderung durch den

REGIONÁRE WIRKUNG VON ARZNEISTOFFEN 57

Kreislauf ein direkter Weg das Strychnin ins benachbarte Auge fúhre. Die Beobachtung, d. h. stetige verglcichende Messung geschah dann wihrend einer Zeitdauer, in der cinerseits die Strychninwirkung am menschlichen Auge deutlich nachweisbar ist, und in der andererseits nach Vinci dic regionáre Ankunft des Strychnins, stattgefunden haben musste (1/2—3/4 Stunde). Diese Messungen ergaben nie einen Unterschied zwischen den beiden Pupillengrössen. Besonders beweisend ist es aber, dass auch auf beiderseits gleichmässiges Einträufeln einer eben wirksamen Eserinlösung die Pupillenweite bei mitteler Atropinisierung stets gleichmässig auf beiden Augen zurückging.

Dies etwa ist das zusammengefasste Ergebnis meiner Versuche an der Kaninchenpupille; im einzelnen gestalten sich die Resultate in Beziehung auf Zeit und Grösse des Ausschlags ziemlich verschieden; die Wirkung von Atropin und Eserin ist eben auch bei Kaninchen von demselben Gewicht durchaus nicht gleich. Ausserdem sind die Pupillen verschiedener Kaninchen in sehr verschiedenem Masse erweiterungsfähig, während manche auch eine starke Atropinisierung nur in einer Herabsetzung, bezw. Aufhebung des Lichtreflexes anzeigen; bei anderen wieder fehlte gerade dieser schon in der Norm in mehr oder minder starkem Masse.

So lag es denn nahe, als zweites Versuchstier die Katze zu wählen : bei ihr hat bekanntlich die Pupillen-Licht-Reaktion einen ausserordentlich weiten Spielraum und geschieht mit grösster Raschheit und Deutlichkeit; so ist also der relative Grad der Atropinisierung cines Katzenauges sehr leicht zu beobachten, selbst wenn man Zirkel und Massstab gar nicht dazu benutzt. In der Tat ist die Katzenpupille gegen das Atropin ausserordent- lich empfindlich : schon 7 Minuten nach subkutaner Injection von noch nicht ı mgr. an der Schläfe sah ich völlig gleichzeitige Erweiterung beiderscitig eintreten mit Aufhebung des Lichtreflexes sowie Uncerreg- barkeit durch Eserin. Beweist dieser Versuch auch nichts dagegen, dass nicht doch ein Teilchen Atropin (Strychnin) bis zum Augeninneren hindurch diffundieren, und so der Resorption entgchen kann, so sieht man “doch, wie rasch diese einsetzt und mit welcher Promptheit das Verhalten der Pupillen uns ihre Wirkung erkennen lässt. Aber auch bei noch kleineren Atropindosen, die sicher keine völlige Pupillenlähmung herbei- führten, liess sich kein Unterschied im Grade der Atropinisierung der beiden Augen entdecken. Nach der einseitig applicierten winzigen Gabe von 1/20 mgr. Atrop. sulf. in ı c.c. \Vasser gelöst entwickelt sich in 15—30o Minuten beiderscits gleichmässig cine Trägheit der Pupillen-

Reaktion, und nach darauf folgender nochmaliger Injektion derselben Dosis

58 Hermann EPPENSTEIN

in etwa 15 Minuten eıne beiderseits gleichmässige Erweiterung und noch trägere und unvollständigere Reaktion. Träufelte ich jetzt je einen Tropfen einer 1,2 %o0 Eserinlösung in die Augen, so wurde nach einiger Zeit die Lichtreaktion beiderseits gleichmässig wiederum lebhafter. Die Pupillen wurden wiederum gleichviel enger, um schliesslich beide nach 1/2 —3/4 Std. in wiederum gleicher Weise auf längeren stärkeren Lichtreiz mit fast maximaler Verengerung zu reagieren.

Nachweisbar wirksame Mengen sind auf regioniirem Wege also sicher nicht ins benachbarte Auge gelangt; ob aber noch kleinere, in ihrer Wirkung nicht nachweisbare Mengen etwa hinkommen kónnen, das ist cine Frage, die wohl kaum noch Interesse bietet.

Aus den Protokollen seien einige im Auszug wiedergegeben.

I. a) Versuchsreihe.

Injektion von Natr. salicyl. unter die Schläfenhaut vun Kaninchen. Reaktion mit Eisenchlorid ` -+ pos.; neg,

1. 10 h. 28'. Subkutane Injektion von 9,5 c.c. Na. salicyl. Lösung (0,5 gr. 4c.c.jan der rechten Schliife, grosses Oedem, noch sehr deutlich nach 1/2 Stunde. Injektion unter geringem Druck.

11 h. 8'. Tod durch Verblutung : Bauchaorta durchschnitten.

11 h. 10'. Enukleation des rechten Auges : Bulbus (keine Violet-Reaktion) mit Kisenchlorid. Orbita ca. 1/3 -]- (Violet-Reaktion). Inneres des Bulbus —.

11 h. 30'. Linkes Auge : Bulbus aussen und innen. —, Orbita —.

11 h. 40'. Die subkutane Reaktion reicht bis an den Orbitalrand des linken Auges

und über fast den ganzen obern und vordern Schädel.

2. 5h. 3o'. Subkutane Injektion von 5 c.c. Na. salicyl. ı:San der rechter Schläfe ; geringer Druck; grosses Oedem.

oh za Tod durch Verblutung.

Rechts : Orbita: 1/3 (temporal,) +; nach nasal zunchmend —; Bulbus = Fett ebenso. Kammerwasser +.

Links : Bulbus und Orbita? (Blutung) Kammerwasser -}-. Harn stark —.

3. ¿h. 50. 1 c.c. Na. salicyl. Los. 1 : 1 subkutan an rechter Schlafe injiciert.

5h. 25'. Rechts : Bulbus sicher —; Orbita (oberflächliche Schichten) —, ebenso beide Kammerwasser. Reaktion nach Abzug der Haut bis an den Orbitalrand -}, vielleicht auch tiefere Schicht der Orbita (Periost).

4. 12 h. 30'. Subkutane Injection von 10 c.c. Na. salicyl. 1: 100 an rechter Schläfe.

rh. 30'. Bauchaorta durchschnitten. An den Augen nirgends Reaktion. Subkutane

Reaktion bis in Nähe des Orbitalrandes. L. 3). (Mit Abtrennung der Carotiden.)

5. a) Carotiden beiderseits abgeklemmt.

Jo h. 55”. 5 c.e. Na. salicyl. 27:5 unter die Bauchhaut imjiciert.

REGIONÁRE WIRKUNG VON ARZNEISTOFFEN 59

11 h. 55'. Carotis durchschnitten. Kammerwasscr beiderseits —. Harn -| .

b) (Controllthier) 11 h. 5 c.c. Na. salicyl. 1 : 5 unter Bauchhaut (Carotiden frei). 12 h. Bauchaorta durchschnitten; Kammerwasser |-; Iarn -|.

6. 11 h. 12. Beide Carotiden abgeklemmt.

11 h. 15'. 5 c.c. Na. salicyl. 1 : 5 an der rechten Schläfe injiciert, grosses Ocdem ; rechtes Auge dabei zu, nach 5 Minuten auf, rechter Löffel erhoben.

12 h. ro’. Carotiden durchschnitten, noch immer Ocdem an der Schlafe !

12 h. 15’. Rechtes Auge (enucleirt): Kammerwasser —; Bulbus—; Orbita ca. 1/3+.

12 h. 30'. Linkes Auge : alles —.

Subkutane Reaktion dehnt sich über den hinteren Teil des rechten Gesichtsschädels

weit aus; die noch starke Reaktion am Orbitalrand geht dann in die schwächere intra- orbitale über. Harn stark -|-.

7. 6h. 36'. Reichlich in beide Augen Calomel.

6 h. 38'. R. S. 4 c.c. J. K. 1/2: 4.

6 h. 43'. Beiderseits weiss.

6h. 48'. » »

6 h. 50'. Calomel nochmals in beide Augen.

6 h. 55'—60'. In beiden Augen leichte Gelb- (gleichmässig) färbung. Noch mchr- mals Calomel.

7 h. Rechts undeutliche. Gelb-schwärzliche Färbung an umschrichener Stelle sonst beide gleichmassig gelb. Starke Conjunctivitis und Schwelluny.

7 h.—7 h. ro, Die schmutzig-schwárzliche Färbung nimmt rechts zu.

7 h. 10]. Ist sie auch links sichtbar.

7h. 10'—30'. Die schwärzliche Färbung nimmt rechts rascher zu als links.

7 h. 45'. Beiderseitig fast gleich schmutzi

g gelb.

Ii. Versuchsreihe.

Injection von Atrop. sulf. unter die Schläfenhaut. Messung der Pupillenweite ; zum Teil nachherige Prüfung mit Eserin.

8. a) am Kaninchen.

4 h. 15’. Pupille fast 6 mm., gleich; prompte Reaktion beiderseitig. 4 1. 23". Injection r. S. (fast) 1 c.c. Atrop. sulf. 1 0/4.

4 h. 24'. Pupille beiderseitig 7 mm.

4h27: » » 8 » 4 h. 42!. » » 8 » Reaktion beiderseitig fast aufychoben. Sh. 2!. » » 8

9. Pupillen reagieren prompt.

12h. 33. 1 c.c. mit 2 1/2 mgr. Atr, sulf. r. S.

12 h. 35'. Beiderseitig 6 mm. prompte Reaktion.

12 h. 38'. » » »

12 h. 42'. Reagiert tráger (beiderseitig), weniger ; beiderseitig 7 mm 12 h. 5o!. Beiderseitig 7 mm.

60 HERMANN EPPENSTEIN

12 h. 54!. Reaktion beiderseitig gering geg. Anf.

1h. 2”. » » » » »

ıh. 4’. Beiderseitig 1 Tr. Eserin 1/2 0/00.

rh roi, » » » > »

th. 12!. » £ mm. Reaktion beiderseitig prompt, viell. etw. weniger als anfangrs.

1h. 15’, Beiderseitlg ı Tr. 1/2 0/oo Eserin.

rh. 22. » 8 mm. Reaktion.

1 h. 23". » 1 Tr. 1 Joo.

1h. 3z. » 7 mm.

1 h. 34'. » 1 Tr. 1 9/00.

1 h. 309?. » 1 Tr. 1 0/00.

1 ໄ, 42". » 7 mm. Lichtreakt. zieml. prompt.

1h. eal Je 1 Tr. 1 oloo. 1 h. 54'. Beiderscitig 6 mm., geringe Reaktion.

10. b) an Katzen.

12 h. 43'. Atropin r. S.,ca 1/2 Spritze, 1,5/1000. 12 h. 47'. Schwächere Lichtreaktion, etw. weit. h

h

ໂງ

te

12 h. 50'. Keine Lichtreaktion. Pupille weit.

ໄງ

. 53!. Eserin je 1 Tr. 1/2 0/00.

Ka N

12 1. 57. » - » 1 » 1/2 %oo.

ໂງ

1h. 5”. > » I » I Oo. Keine Verenpr.

h 1h. 13. » mt 1/2 0/00. 1 h. 24'. Beiderseits noch weit, ohne Reaktion.

ໂງ

11. Pupillen eng., prompte Reaktion bis zur spaltförmigen Verengerung. 12 h. 54'. 1 C.c. (0,05 mgr.) Atrop. sulf. r. S. 1 h. 10'. Reaktion etwas tráger. Pupillen viel weniger eng.

1 h. 32'. Reaktion etwas träger. Pupillen viel weniger eng. (Bei elektrischer

Beleuchtung (nahe) : spalttörmig.)

1h. 34'. 1 c.c. (0,05 mgr.) r. S.

1 h. 4$'—50'. Deutlich aber träge Reaktion mit Glühbirne; nicht mehr eng.

ı h. 55'. Je ı Tr. Eserin 1/2 9/00.

2 h. Geringe Reaktion, eher mehr rechts, mittlere Weite.

2h.7'. Je 1 Tr. Eserin 1/2 0/oo.

2h.8'. Mittlere Weite, träge, aber deutliche Reaktion.

2h. 9'. Je 1 Tr. Eserin 1/2 9/00.

2 h. 12'. Lichtreaktion beiderseitig weniger trage.

zb 14'. Je 1 Tr. Eserin 1/2 0/00.

2h, 19!. Pupillen schon beim Oeftnen ohne Glühlicht enger, gute Reaktion schon

auf Tageslicht.

2h. 20’. Je 1 Tr. 1/2 000. 2h. 24'. Pupillen mittelweit eng., werden bei langerem Ocffnen fast maximal eng. 2 h. 25', 2 Tr. Eserin 1/2 0/00.

2h. 32!. Je 1 Tr. Eserin 1/4 oo.

REGIONARE WIRKUNG VON ARZNEISTOFFEN 61

2h. 36'. Nach längerem Schliessen mittelweit, ziemlich prompte Reaktion. nach kürzerem Schluss darauf noch eng. Beiderseitig ganz gleich.

2h. 39’. 2 Tr. Eserin 1/4 9/o.

2 h. 44'. Auch nach längerer Schlusszeit zıemlich eng; gute Reaktion.

AUS DEM INSTITUTE FÜR PHARMAKOLOGIE UND PHYSIOLOGISCHE CHEMIE ZU Rosrock; DIREkTOR Pror. KOBERT.

Pharmakologische Untersuchungen uber einige Morphinderivate

VON

Dr HUGO BECKER,

Assistenzarzt in St. Johann bei Saarbrücken.

Nachdem meine Arbeit schon abgeschlossen war, erschien cine höchst lehrreiche Arbeit von E. VanLen(1), Da dieselben die allgemeinen Betrach- tungen, welche ich meiner kleinen Studie cigentlich voranschicken wollte, entbehrlich macht, so gehe ich gleich zu den von mir untersuchten Substanzen und deren Wirkung über.

I. Ueber Morphinätherschwefelsäure.

Morphin wirkt fast ausschliesslich auf das Centralnervensystem. Die in anderen Gebieten auftretenden Veränderungen sind als sckundäre Erscheinungen anzusehen. Bei der physiologischen Wirkung des Morphins auf das Centralnervensystem unterscheidet man zwei Stadien, das narkotische und das tetanische. Wenn es richtig ist, dass die Haupt- wirkungen des Morphins von den Hydroxylgruppen abhingen, so muss bei Ersatz der einen durch Schwefelsáure die Wirkung entweder ganz schwinden oder doch wenigstens sich sehr vermindern. Der Priifung der Frage, ob diese Anschauung richtig ist, trat zuerst STor.nızow(2) näher.

(1) Die chemische Constitution des Morphins in ihrer Beziehung zur Wirkung. Arch. für exp. Path. und Pharm. Bd. XLVII, 1902, p. 368,

(2) Stotnikxow : Ueber die Bedeutung der Hydroxylgruppen in einigen Giften. Zeitschrift f. physiol. Chem. Bd. VIII, 1884, p. 235.

Arch. internat. de Pharmacodynamic et de Thérapie, vol. XII. 5

64 . —Huco BEckER

Nach ihm haben nur Srockmax und Dorr(t) sich mit dieser Substanz beschäftigt.

Morphinätherschwefelsäure wird nach folgendem Verfahren dargestellt. Man löst 20 gr. reinen, kristallisierten Morphins und 8 gr. Aetzkali in 20--30 c.c. Wasser auf; zur Lösung fügt man allmählich und unter beständigem Schütteln 15 gr. feingepulvertes Kaliumpyrosulfat. Nach acht bis zehn Stunden ist die Reaktion beendet. Man verdünnt nun mit 30o0o— 400 c.c. Wasser und filtriert; das Filtrat wird mit Essigsäure schwach angesäuert, wobei aus der Lösung die freie Morphinätherschwefelsäure sich kristallinisch ausscheidet, während essigsaures Morphin und schwefel- saures Kalium gelöst bleiben. Der Niederschlag wird abfiltriert, gewaschen und aus heissem Wasser umkristallisiert. Man erhält so die Morphinäther- schwefelsäure in feinen, langen Nadeln, welche noch gelb gefärbt sind, durch wiederholtes Umkristallisieren in ganz weissen, silberglänzenden Nadeln. Sie ist in freiem Zustande schr schwer löslich ın kaltem Wasser, Alkohol und Acther; sie löst sich aber in etwa 100 Teilen heissem Wasser und viel leichter in Alkalien. Die wässrige Lösung reagiert schwach sauer und wird durch Chlorbaryum nicht getrübt. Die Säure verliert bei 100° ihr Kristallwasser und erfährt auch beim Erhitzen auf 160° noch keine weitere Zersetzung. Sie ist somit die beständigste von allen bisher bekannten Aetherschwefelsäuren.

Die Reaktionen der Morphinätherschwefelsäure sind mit wenigen Ausnahmen dieselben wie bei Morphin. Nur Eisenchlorid giebt mit Morphinäther- schwefelsäure keine blaue Färbung; hierdurch unterscheidet sich also dieselbe wesentlich vom Morphin, das mit Eisenchlorid eine sehr charak- teristische Reaktion giebt. Setzt man zur Morphinätherschwefelsäure einige Tropfen Schwefelsäure zu und erwärmt das Ganze im Wasserbade, so erhält die Mischung eine schön rosarote Färbung, welche beim Stehen an der Luft allmählich in Violett übergeht. Diese Reaktion ist als charakteristisch für Morphinätherschwefelsäure anzusehen, da Morphin und seine Salze dieselbe nicht zeigen. Ueber das Verhalten der Säure zu der unter Prof. Kosert gefundenen Reaktion von Marquis wird weiter unten gesprochen werden.

Wirkung. Dosen, bei welchen Morphin Tiere tötete, blieben nach S-ToLNIKOW bei verschiedenen Tierarten bei der Morphinätherschwefelsäure

(1) RaLrH StockMAN und D. B. DorrT : Proceed. of the Royal Soc. of Edinburgh 17. 1890, 26 sept.; Brit. med. Journ. 1800, 26 july, p. 189; ref. in Schm. Jahrb. Bd. 220,

1591, P- 134. .

UERER EINIGE MORPHINDERIVATE 65

ohne jede Wirkung. Vergrésserte man die Dosen auf das 3—5 fache, so bestanden die Vergiftungsanfälle, welche sich kund gaben, in scharf ausgesprochenen, heftigen Tetanusattacken sowie in klonischen Krämpfen, ganz ebenso wie bei der Vergiftung mit Codein oder Strychnin. Der Tetanus ist somit nach STOLNIKOW eine characleristischa Wirkung der Morphin- ülherschwefelsäure bei grossen Dosen ; narkotische Wirkungen besitzt sie nicht.

Die zweite Untersuchung, d. h. die von Stockman und Dorr stimmt mit der von SToLnıkow nicht überein. Diese Autoren erklären nämlich die Morphinätherschwefelsäure in denjenigen Dosen, welche SToLNIKOw wirkungslos gefunden hatte, für Aodeinartig, d. h. bis zum gewissen Grade narkotisch wirkend. Es besteht also eine Differenz der Anschauungen, die nicht unwichtig ist. FRäNKEL (1) spricht sich an verschiedenen Stellen über die Morphinätherschwefelsäure aus und spricht ihr ebenfalls die therapeutisch in Betracht kommende narkolische Wirkung fast ganz ab.

Aus diesen Gründen erscheint es mir von Wichtigkeit, einige neue Versuche darüber beizubringen, besonders da die dazu verwendete, wie es scheint, fabrikmässig bis jetzt nicht darstellbare(2) und daher nie im Handel gewesene Morphinätherschwefelsäure vun Professor BAUMANN ’S eigener Darstellung herrükrte,

Es waren schöne, nadelförmige Kristalle, von derien 0,38 gr. probeweis mit einigen Tropfen kochender Lösung von Natriumcarbonat übergossen und mit immer mehr Wasser versetzt wurden. Es erfolgte jedoch nur schr schwache Lösung, so dass etwa 38 c.c. nötig waren, um die Substanz bei Kochhitze zu lösen. Ferner fiel nach dem Abkühlen der grösste Teil wieder aus. Alkoholzusatz wirkte cher störend. Besser ist, wie sich später herausstellte, die Kristalle der Säure in Wasser + NaOH zu lösen; so gelingt es leicht eine neutrale in der Kälte nicht ausfallende Lösung zu erhalten. Ich benutzte eine Lösung, welche im c.c. 5 mgr. enthielt. Warum ich gerade Katzen zu Versuchstieren wählte, wird unten gesagt werden.

_ Versuch I.

Eine Katz? von 2200 gr, erhält um r1 h. 30’ 8 c.c. der Lösung, d h. 4o mgr. der Säure als Natriumsalz ins Blut von der Halsvene aus und wird bald nach dem Losbinden sehr schreckhaft, so dass sie bei Annäherung an den Käfig ähnlich wie bei Strychnin- vergiftung zusammenfáhrt und vom Brett fällt. Auch sich selbst überlassen, ist sie

abnorm aufgeregt; sie scheint Hallucinationen zu haben. Pupillen nicht deutlich

(1) SIGMUND FRANKEL : Die Arzneimittelsyntiese. Berlin, 1901, p. 217. (2) Prof. KoBErT hat bei mehreren Weltfirmen vergebliche Versuche gemacht, die

Säure für den Handel darstellen zu lassen.

66 Huco BECKER

erweitert. 1 h. Status idem. 1 h. 30' Heftigste Aufregung und strychninartige Zuckungen. Pupillen scheinen noch nicht deutlich erweitert; so bleibt der Zustand bis 2 Uhr. Dann tritt Mydriasis ein; die Erregung dauert an. 5 h. Noch immer sehr starke Schreck- haftigkeit, Hallucinationen; Zuckungen etwas geringer. Pupillen noch deutlich erweitert.

Am andern Morgen wieder normal, Abends 8 h. aber noch nicht.

Versuch If.

Eine kleine Katze erhält am 8. September per os in Milch etwa 80 mer. Morphinither- schwetelsáure als Natriumsalz tn den Magen. Zunächst nichts und auch fernerhin nichts. Also gar keine Wirkung.

Versuch IIT.

Ein kleiner Hund von 3600 gr. erhält um 3 h. 5o! 16 c.c. der Lösung von morphinaterschwefelsaurem Natron, entspr. 80 mgr. der Substanz, subkutan. Er wird sehr ruhig und sein Puls langsam, 60 pro Minute, und sehr unregelmässig. Die Pupillen werden eher enger als weiter. Von Excitation keine Rede. Das ganze Bild gerade so wie bei Morphium.

Versuch IV.

25 mgr. Morphinätherschwefelsäure als Natriumsalz einer Katze von 1800 ET. subkutan eingespritzt machen keine auffallenden Veranderungen in Bezug auf Erregbar- keit und Pupillen.

Versuch V.

Kleine Katze von 1700 gr. erhilt um 12h. etwas mehr als 0,1 pr. des Natriumsalzes per os gelöst in kochendem Wasser unter Milch in den Magen. Sie erbricht nicht, bekommt Mydriasis, Durchfall und schwankt wie trunken auf den Beinen, sodass sie beim Laufen hinfällt. Excitation ist nicht so deutlich wahrnehmbar, wie bei Versuch I. Dieser Zustand hält von Mittags bis zum Abend unverändert an. Ueber Nacht gestorben. Sektion : Alles normal, Magendarmkanal auffallend blass; Gefässe desselben wie

ausgespült, vollkommen leer. Kein Lungenoedem.

Versuch VI. Eine grosse Katze von 3600 gr. erhält um 11 h, 30! 80 mgr. freie Morphinither- schwefelsäure in Pulverform unter Milch in den Magen. Sie erbricht darauf mchrere Male, bleibt sonst aber gesund. Sie hatte vorher Fleisch gefressen und dieses wurde

beim Erbrechen samt der Milch entleert.

Versuch VIT. Eine mässig grosse Katze von 2500 gr. erhält 22 c.c. Lösung å 2,4 mgr., also 53 mgr. der Säure als Natriumsalz ins Blut. Sie bekommt Mydriasis, wird sehr

schreckhaft und aufgeregt, erholt sich aber. Pupillen nach 2 Stunden nicht mehr

auffallend weit. Versuch VIII.

Eine alte Katze von 2900 gr. erhält im Laufe einer ganzen Stunde 15c.c. a 2,41 mer., also 36 mgr. der Substanz, ins Blut um 4 h. 45' und bleibt ganz normal. Am folgenden Morgen um 11 h. erhält sic 220 mgr. der mit Milch verriebenen Säure fer os. Mittags noch nichts; das Tier fühlt sich vielmehr schr behaglich, schnurrt und spielt. Nach-

mittags 4 Uhr besteht deutliche Pupillenerweiterung, aber sonst noch völliges Wohl-

UEBER EINIGE MORPHINDERIVATE 67

befinden. So auch noch Abends 6 Uhr. Um 8 Uhr wird die Katze etwas schreckhaft und früh ist sie in mässigem Grade aufgeregt und sehr schreckhaft. Starke Pupillen- erweiterung. Erbrechen ist überhaupt nicht aufgetreten. Zwei Tage später starker eltriger Konjunktivalkatarrh und Hornhautdefckte mit Keratitis. Lichtscheu und Aufge- regtheit wie vor zwei Tagen. Die Keratitis halt bis zum Tode an. Das Tier verschmäht alle Nahrung und wird nach etwa 6 Tagen geschlachtet, da sie absolut nichts zu sich nehmen will. Sektion : Darm vollisy leer. Im Magen ınehrere frische Mayengeschwúre, welche rund sind und die Schleimhaut völlig durchsetzen. Eins hat einen cm. im

Durchmesser; die andern sind kleiner. Sie erklären die Nahrungsverweigerung.

Versuch IX. Eine Katze von 1800 gr erhált 29 mgr. Sáure in 1 c.c. Wasser unter Zuhúlfenahme von NaOH gelost, ¿ntravenos um 1 h. Um 3 h. ist das sonst stille Tier scheu, schreckhaft

und lässt sich nicht gern anfassen. Pupillen werden bei Lichteinfall nicht so eng als normal. Abends beruhigt es sich und früh ist es normal. Versuch X. Eine andere schwarze Katze von 2300 gr. erhält 58 mgr. Säure, vor ciniger Zeit SR ; a : e, Deeg , E unter Zuhulfenahme von NaOH gelöst, um 12 h. intravenös, Kein deutlicher Erfolg ;

warum, liess sich nicht feststellen. VicHeicht war die Lösung zersetzt.

Versuch XI. Eine Katze von 2700 gr. erhält 2 c.c. der Säure, frisch in NaOH gelöst, also

66 mer. Substanz, ¿rtravenós um 11 h. 50'. Schon um 12h. liegt das Tier in den heftigsten Krampfen auf der Scite und wird oft im Kahy umhergeschleudert. Dic Krampfe werden nach ciniger Zeit fast strychninartig (aber ohne Tetanus und unter Beteiligung der Kopfmuskeln). Unter Trismus und unterbrochenen Zuckungen gestorben um 1 h. 15, Mydriasis war da bis zum Tode.

Ergebnis. Diese Versuche scheinen mir zu beweisen, dass STOCKMAN und Dorr ganz recht haben, wenn sie behaupten, dass die Wirkungen unserer Säure der des Morphins und Codeins analog, nur schwächer sind. Ich wählte nämlich absichtlich gerade’ Katzen zu Versuchstieren, weil bei diesen die Morphinwirkung so eigenartig und so deutlich ausgesprochen ist wie bei sonst keinem Tiere. Ich verweise darüber auf die nach Dutzenden zählenden Versuche aus Prof. Kosgerr’s Institute von Mar- qguisit) an diesen Tieren. Im Gegensatz zu allen anderen Tieren macht nämlich in kleinen Dosen das Morphin bei Katzen nicht eine Pupillenverengerung, sondern eine Pußillenerweiterung, welche als Mydriasis spastica centralis, d. h. auf Reizung des Pupillenerweitcrungscentrums entstanden anzusehen ist. Im Gegensatz zu allen anderen Tieren macht weiter das Morphin bet Katzen

Aufgereglheit, ja mantakalische Anfalle, beruhend auf primärer Reizung der

(1) Ucber den Verbleib des Morphins im Organismus der Katze. Arbeiten des pharm. Inst. zu Dorpat, hgb. von R. KoBErT, Bd. XIV, 1896, p. 118.

68 Huco BECKER

Hirnrinde. Ich hatte nun von vornhercin mif klar gemacht, dass unsere Substanz, falls sic dem Morphin analog wirken sollte, diese beiden para- doxen Wirkungen hervorbringen müsse. In der That zeigten meine Katzen diese beiden Wirkungen. Deshilb muss ich dafür eintreten, dass die Mor phinäther- schwefelsäure auf Katzen qualitativ analog dem Morphin, quantitativ aber schwächer wirkt. Die Wirkung ist bei innerlicher Darreichung schwach und unsicher, weil im Magen die Substanz gar nicht und im Darm nur sehr schwer gelöst und langsam resorbiert wird. Im Darm stört nämlich die Anwesen- heit der Kohlensäure geradeso wie in meinen ersten Lösungsversuchen. Eine Beurteilung der Wirkung auf den Menschen masse ich mir nicht an; ich glaube aber auf Grund meiner Versuche behaupten zu können, dass es berechtigt, ja notwendig Ist, die Versuche über Morphinätherschiefelsäure an Menschen zu wieder- holen, wofern man über die Einwirkung dieser theoretisch so interessanten Substanz auf Patienten in der Klinik überhaupt sprechen will.

te

II. Ueber morphoxyessigsaures Natron.

Im Anschluss an die Versuche mit dem Natriumsalz der Morphiná- therschwefelsäure scheint es mir nicht uninteressant, einige weitere Versuche anzuführen, welche mit dem Natriumsalz der Morphoxyessig- säure von mir angestellt wurden. Ich verdanke das Präparat der Liebens- würdigkeit der Firma Knoll & Co. in Ludwigshafen a. Rh. Zu demselben gelangt man, wenn man chloressigsaure Alkalien auf Morphin-alkali einwirken lässt. Beispielsweise werden 30o gr. wasserfrcies Morphin in absolut alkoholischer Kalilauge von 5,9 gr. Kaligchalt gelóst und mit 14 gr. neutralem monochloressigsaurem Kalium unter Zusatz von 600 c c. absolutem Alkohol drei Stunden auf dem Wasserbade erhitzt. Dabei scheidet sich Chlorkalium aus. Darauf versetzt man die erhaltene Lésung noch warm mit alkoholischer Salzsiiure, bis alles Kali als Chlorkalium ausgefällt ist, und fügt nach dem Abfiltrieren zu der erkalteten Flüssigkeit so lange absoluten Aether, bıs eben eine Trübung entsteht. Im Laufe einiger Stunden scheidet sich die freie Morphoxyessigsäure in schönen, weissen Nädelchen ab. Sie ist leicht löslich in Wasser, unlöslich in Aether und stellt eine ın Nadeln schön kristallisierende Substanz von neutraler Reaktion dar. Sie wirkt nach Angabe der Chemiker- Zeitung, 39, 1900, p. 1141, narkotisch, ähnlich wie das Morphin, ist aber etwa um das Sofache weniger giftig. Der Autor dieser Untersuchung ist mir nicht bekannt. Ich habe im Nachstehenden die Richtigkeit dieser Angabe an Kaltblütern, Warm- blütern und an Menschen nachgeprüft. Erst nach Abschluss meiner Arbeit

ist mir noch ein zweites Urteil zugängig geworden über die physiologische

UEBER EINIGE MORPHINDERIVATE 69

Wirkung des « Morphoxyessigsäure-Methyl- und Aethylesters », welches A. C. Barnes(t) auf Grund eigener Versuche abgiebt. Es lautet :

1. Während die Morphoxyessigsäure und ihre Homologen relativ ungiftige Körper sind, stellen ihre Methyl- und Aethylester heftige Krampfgifte dar, welche bei Fröschen und Säugetieren pikrotoxinähnliche Konvulsionen erzeugen.

2. Während beim Frosch das Rückenmark an der Giftwirkung mitbeteiligt ist, werden beim Kaninchen Rückenmark, Medulla, Gross- und Klcinhirn nicht affiziert. Der alleinige Angriffspunkt der charakteris-

tischen Krampfwirkung liegt im Hirnstamm. Meine ersten Versuche bezichen sich auf Eskulenten von mittlerer

Grösse. Versuch I. Ein Frosch erhalt Abends subcutan 0.05 gr. morphoxyessigsaures Natron. Ohne dass sich in den nächsten Stunden eine Wirkung des Giftes zeigt, stirbt der Frosch in der

folgenden Nacht. Makroskopisch und mikroskopisch ist nichts Abnormes festzustellen. Ergebnis. Für Frösche sind fünf Centigramm von morphoxyessig-

saurem Natron tötlich. Versuch II.

Ein Frosch erhält subcutan o,ı gr. morphoxyessigsaures Natron. Nach Verlauf von 2 Stunden stellen sich tetanische Zuckungen ein, die allmählich immer schwächer werden und schwerer auszulösen sind. Man beobachtet also erst ein Stadıum der Reizung,

dann ein solches der Lähmung. Nach weiteren 2 Stunden ist der Frosch gestorben. Der makroskopische und mikroskopische Befund ist normal.

Ergebnis. Bei Fröschen bewirkt ein Decigramm von morphoxycs-

sigsaurem Natron tetanische Muskelzuckungen, die tötlich enden.

Versuch III. Ein Frosch erhält subcutan 0,025 gr. morphoxyessigsaures Natron. Nach 4 Stunden beobachtet man tetanische Zuckungen. In der folgenden Nacht stirbt der Frosch. Makroskopisch und mikroskopisch ist Alles normal.

Ergebnis. Fünfundzwanzig Milligramm von morphoxyessigsaurem Natron töten Frösche unter tetanischen Muskelzuckungen. versuch IV. Ein Frosch erhält subcutan 0,015 gr. morphoxyessigsaures Natron. Es zeigen sich gar keine Erscheinungen, besonders keine der Excitation, in den nächsten Stunden und Tagen; der Frosch bleibt vollkommen gesund.

Ergebnis. Fünfzehn Milligramm von morphoxycssigsaurem Natron

haben auf Frösche gar keine Wirkung.

(1) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 46, 1901, Heft 1-2.

70 Hugo BECKER

Versuch V. Versuch H wird noch einmal wiederholt. 15 Minuten nach der Injektion gerät der Frosch von selbst in Rückenlage und bleibt lang ausgestreckt liegen in tetanischen Zuckungen. Nach 3 1’: Stunden reagiert er nıcht mehr auf Reize, das Herz aber schlägt

noch. Nach einer weiteren Stunde ist der Frosch gestorben.

Ergebnis. Wie schon oben erwähnt, bewirkt das morphoxyessig- saure Natron zunächst vun Stadium der Reizung und dann ein Stadium der Lähmung.

Versuch Vics.

Dieser Versuch betrifft ein Kaninchen von 1200 gr. Gewicht, dem das Gift stets

subcutan beigebracht wird.

Am 15. erhält es 0,010 gr.

» 17. » » 0,025 »

» 18. » »0,027 » ເບ i Keinerlei Wirkungen wahrnehmbar, » 20. » » 0,070 A 7 weder akute noch chronische. » 21. » » 0,100 » » 22. » » 0,200 » » 23. > » 0,250 »

Die allmählich grösser werdenden Dosen unseres Giftes haben gar keine Erscheinungen bei dem Kaninchen gemacht. Es wird geschlachtet; makroskopisch und

mikroskopisch ist nichts Abbnormes zu finden.

Versuch VI.

Die successive Steigerung der Dosen unseres Giftes bis zu 0,25 Gramm ohne wahrnehmbare Wirkungen lässt auf den Gedanken kommen, es könnte sich hier, ebenso wie bei dem Morphin und einem später zu besprechenden Morphinderivat, dem salzsauren Methylphenmorpholin, um eine Gewöhnung des Organismus an das Gift handeln. Um dies festzustellen, gab ich einem gleich grossen Kaninchen dieselbe Menge morphoxyessigsaures Natron, wie sie in der Enddosis des letzten Versuchs enthalten war, nämlich 0,25 gr. gleich auf einmal. Es war daraufhin aber auch bei

diesem nicht daran gewöhnten Tiere gar keine Giftwirkung wahrnehmbar.

Versuch VII. Der Versuch betrifft eine Katze, die 0,24 gr. morphoxyessigsaures Natron subcutan erhält. Nach Verlauf einer Stunde bemerkt man eine geringe Aufgeregtheit, die sich

indessen bald legt.

Bedauerlicherweise stand mir ein weiteres Quantum unserer Substanz nicht mehr zur Verfügung, da ein Teil der mir überlassenen Menge zu Versuchen an Menschen abgegeben war, über deren Resultat weiter unten berichtet werden wird. Jedenfalls genügen aber meine wenigen Versuche an Warmblütern, um darzulhun, dass das Mittel für Warmblüter nur sehr geringe Giftigkeit besitzt, und dass daher Versuche am Menschen nichts Bedenkliches

hatten. Die Wirkung des morphoxyessigsauren Natrons auf den Organis-

UEBER EINIGE MORPHINDERIVATE 71

mus des Frosches besteht dagegen in Steigerung der Reflexerregbarkeit und dadurch hervorgerufenem Tetanus. Diese Wirkung kommt den Substanzen der Codeinreihe zu und insofern ähnelt unsere Substanz also den bekannten Stoffen dieser Reihe. Die eigentliche Morphinwirkung, d.h. die narkotische Beeinflussung des Grosshirns scheint nach meinen Tier- versuchen zu fehlen. Ich bin jedoch vorsichtig genug, aus den Tierver- suchen nicht ohne Weiteres auf den Menschen zu schliessen, denn ich würde sonst in denselben Fehler verfallen, den ein bekannter deutscher Pharmakologe beging, als er auf Grund einer längeren Versuchsreihe an Tieren zu dem Schlusse kam, das Codein sei ein gänzlich wertloses Arzneimittel. Um diesem Mangel meiner Versuche abzuhelfen, habe ich im Nachstehenden einige Versuche an Menschen angeführt, welche Herr Geheimrat Tu. THIERFELDER so liebenswürdig war, in seiner Klinik für mich machen zu lassen. Dieselben ergeben nur bei einem einzigen Patienten, hier allerdings bei fünf verschiedenen Malen eine prompte Wirkung, nämlich bei einem Falle von Magencarcinom. In allen anderen Fällen war die Wirkung nur schwach. Ich möchte also mich dahin aussprechen, das allenfalls gerade bei dieser Krankheit die Versuche zu wiederholen sind.

Weiter hinten lassc ichnoch eine Tabelle der von mir angestellten Reaktionen zum Nachweis der Morphoxyessigsäure folgen. Da dieselbe noch eine andere Substanz mitberücksichtigt, schiebe ich sie erst weiter hinten ein.

Anwendung von Morphoxyessigsäure.

Art der

| | | | N ra ` l A r d ocr, sis r . A r ame der Krankheit | ngewandt gegen | Dosis | Gegeben Darreichung! Erfolg 1. Cervicalkatarrh Leibschmerzen u. Schlat-| 0,05 | 2 mal | per os in -- Angina | losigkeit Losung 2. Leukiimie Kopfschmerzen, Schlaflos. 0,03 3 » » gering 3. Tabes Uebelkeit, Erbrech. | 0,06 2 » gering Schlaflosigkeit | 4. Carcinoma ven-; Wihlen im Leib und | 0,06 1 7 ງ) tricull Ucbelkeit 5. Carcinoma ven-|Wühlen im Leib, Uebelk.| 0,05 5 schr gute ` . . . i + triculi und Schlaflosigkeit Wirkung 6. Neurasthenie Schlaflosigkeit | 0,05 | » gering ` 7. Nervose Magen- Schlaflosigkeit 0,06 | 2 » » gering storung | | 8.Trigeminus-Neu- Neuralgische Schmerzen 0,03, 1 5 » per osu. !

ralgie 0,05; 0,06) subcutan 9. Pankreas-apo- | Kolikartiye Schmerzen 0,05 | 1 > > in

plexie Lösung

10. Asthma bron- chiale

Schlaflosirk., Hustenreiz 0,05 Id »

11. Phtisis pulmo-|Schlaflosigk., Hustenreiz! 0,05 » num |

ມລ:

72 Huco BECKER

III. Ueber den Morphoxyessigsäureäthylester.

Im Anschluss an das morphoxyessigsaure Natron möchte ich hier kurz einige Versuche anschliessen, welche den Acthylester dieser Säure betreffen. Auch diese Substanz wurde mir von der oben genannten Firma

zur Verfügung gestellt.

Versuch I.

Lin Frosch erhält subcutan 0,05 gr. salzsauren Morphoxyessigsäureäthylester. Eine halbe Stunde darauf erträgt er die Rückenlage, reagiert aber auf den geringsten Reiz durch starke Muskelzuckungen. Das Herz schlägt sehr schwach, die Atmung ist sehr unregelmässig. Im Verlauf einer weiteren Stunde werden die Zuckungen immer schwächer. Nach Eröffnung der Brusthöhle und Herausnahme des Brustbeins sieht man das Herz nur äusserst schwach pulsieren. Am folgenden Tage ist die Herzthätigkeit noch vorhanden, wenn auch sehr verlangsamt. Im Uebrigen ist die Reizbarkeit der Muskeln eıne viel geringere geworden. In der darauf folgenden Nacht stirbt der Frosch. Die Scktion ergiebt makroskopisch im Magen eine blutigrote Stelle in der Schleimhaut

und an mehreren Stellen Blutaustritte ; mikroskopisch ist Alles normal.

Ergebnis. Bei Fröschen bewirkten fünf Centigramm von salzsaurem

Morphoxyessigsäureäthylester unter tetanischen Erscheinungen den Tod.

Versuch II.

Ein Frosch erhält subcutan 0,01 gr. salzsauren Morphoxyessigsäureäthylester. Nach drei Stunden stellen sich tetanische Muskelzuckungen ein. Am nächsten Tage zeigt der Frosch gar keine Vergiftungssyinptome mehr. Er erhält nun 0,005 gr. unserer Substanz, was ohne jede Wirkung auf ıhn bleibt. Am nächsten Tage erhält er 0,02 gr. unseres Giftes. Nach einer halben Stunde erträgt er die Rückenlage und reagiert auf Reize mit starken Muskelzuckungen, ja es treten sogar heftige Zuckungen ohne jeden äusseren Reiz auf. Im Verlauf einer weiteren Stunde werden diese Zuckungen immer schwächer, und sind schwerer auszulösen. In der nächsten Nacht stirbt der Frosch. Die Sektion

ergiebt nichts Pathologisches.

Ergebnis. Bei Fröschen haben fünf Milligramm des salzsauren Morphoxyessigsiureithylesters gar keine Wirkung; cin Centigramm bedingt tetanische Erscheinungen, ohne den Tod herbeizuführen; zwei

Centigramm sind tótlich. | Versuch III. | Ein Frosch erhalt subcutan 0,02 gr. salzsauren Morphoxyessigsäureäthylester. Das Resultat ist genau dasselbe wic in Versuch IH. Herzthatigkeit und Atmung sind normal. Nach Abschneiden des Kopfes reagiert er in derselben Weceisc, ein Bewcis, das unser Gift seine Wirkung nicht auf das Gehirn allein, sondern auf Gehirn und Ruckenmark

zugleich oder vielleicht nur auf das Rückenmark allein ausübt.

Versuch IV. Ein Frosch erhalt dieselbe Dosis wie in Versuch I, also 5 Centirramm, mit demselben

Erfolge. Die Zuckungen treten bei den geringsten äusseren Reizen auf, wic z. B. bei

UEBER EINIGE MORPHINDERIVATE 73

lautem Sprechen und Händeklatschen. Sie werden allmählich immer schwächer, bei Eröffnung der Brusthöhle schlägt das Herz aber noch kräftig, wenn auch verlangsamt. Am nächsten Tage reagiert der Frosch wieder viel stärker, stirbt jedoch in der folgenden Nacht. Aus diesem Versuch erkennt man, dass unser Gift zunächst eine Reizung des

Centralnervensystems bewirkt, dann eine Lähmung und dann wieder eine Reizung.

Versuch V.

Ein Kaninchen von Mittelgrösse erhält 0,01 gr. salzsauren Morphoxyessigsäure- äthylester ohne jeden Erfolg. Zwei Tage darauf erhält es 0,025 gr. Nach fünf Minuten bereits bekommt es Anfälle von Tetanus und Opisthotonus, die ungefáhr fiinfzehn Minuten wáhren, worauf der Tod eintritt.

Die Sektion ergiebt makroskopisch nichts. Mikroskopischer Befund ` In den Sammelröhren der Niere finden sich zahlreiche, meist homogene Cylinder, denen nur vereinzelt zellige Elemente beziehungsweise Kerne beigemischt sind. In den gewundenen Kanälen sind Cylinder nicht nachweisbar, auch die Glomeruli und deren Kapseln sind durchweg frei und unverändert. In der Leber sind grössere Veränderungen nicht nach- weisbar, nur sind die Kerne der Leberzellen zum Teil nicht mehr von normaler (srösse und Struktur, sondern im Untergang begriffen.

Ergebnis. Kaninchen von etwa 1,5 kgr. sterben nach fünfundzwanzig Milligrammen des salzsauren Morphoxyessigsäureäthylesters unter teta- nischen Erscheinungen. Gleichzeitig kommt es zu Nierenveränderungen.

Zusammenfassung. Die Wirkung des salzsauren Morphoxyessigsäureäthylesters auf den Organismus besteht ebenso wie die des morphoxyessigsauren Natrons in Steigerung der Reflexerregbarkeit und dadurch hervorgerufenem Telanus, aber in viel stärkerem Grade; der Aethylester der Morphoxyessigsäure ist also viel giftiger als das oben beschriebene Natriumsalz.

IV. Ueber salzsaures Methylphenmorpholin.

Diese Substanz wurde uns gütigst von Professor STÖRMER zur ' Verfügung gestellt. Betreffs des Chemischen verweise ich auf die Publikationen dieses Forschers (1).

1. VERSUCHE MIT LOSUNGEN VON BLUT IN DESTILLIERTEM WASSER.

Sämmtliche Blutversuche sind mit einer Lösung des salzsauren Methylphenmorpholins in destilliertem Wasser gemacht. Die in jedem Fall neutral gemachte Giftlösung enthielt pro c.c. 5 Milligr. salzsaures Methylphenmorpholin.

(1) R. STÖRMER und H. BROCKERHOF : Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft, Jahrgang XXX, 1897, Bd. II, p. 1631. Ferner F. Linpner : Ueber Phenmorpholinderivate. Dissertation, Rostock, 1902.

74 Iluco BECKER

Versuch I.

Es werden acht Gläser aufgestellt, welche je 20 c.c. 1 %/oiger wiassriger Rixderblut- losung enthalten.

Glas I: IIT. V. VII. erhalten als

Zusatz 10,9 a 5.0 219 mer. salzsaures Methylphemorpholin.

Nach einiger Zeit zeigt sich in Giftglischen I, HI und V ein Ucbervang der roten Farbe der Blutlosung in eine bräunliche Farbe. Die spektroskopische Untersuchung dieser unngefärbten Blutgiftlösung ergiebt einen Streifen im Rot, mithin ist das

Oxyhämoglobin der Blutlösung in Methämoglobin umgewandelt.

Ergebnis. Bei Rinderblutlösung Bildung von Methämoglobin bei

ciner Konzentration des Giftes von I : 4000.

versuch IT.

Ein zweiter Versuch mit wässriger Rinderblutlösung ergiebt das gleiche Resultat bei Zusatz von 10,0 und 7,5 mgr. salzsaurein Methylphenmorpholin auf 20 c.c. Blutlosung, Bei Zusatz von 5,0 mgr. tritt zwar eine Aenderung der Farbe cin, doch ist spek- troskopisch Methamoglobin nicht nachzuweisen; jedenfalls aber ist als die schwächste Konzentration der Giftlosung, die eine Methamoglobinbildung bewirkt, die Konzen-

tration von 1 : 4000 festzuhalten, wie sie im vorigen Versuch festecstellt ist. 4 K S

Versuch HII.

Versuchsreihe mit wässrigwer Kaninchenblutlösung, wovon ebenfalls zwei Versuche zu verschiedener Zeit und mit dem Blut zweier verschiedener Kaninchen angestellt wurden. Im ersten Falle wurde bei Zusatz von 10,0. 7.5 und 5,0 mgr. salzsauren Methylphenmorpholins in geringer Weise die Farbe der Blutlösung umgewandelt, spektroskopisch jedoch war nichts nachzuweisen. Im zweiten Falle war bei Zusatz von 20,0 mgr. spektroskopisch Methämoglobin nachzuweisen, bei Zusatz von Io,o mgr. auch noch, aber schr undeutlich, und bei Zusatz von 5,0 trat gar keine Wirkung des Giftes mehr cin. Die Zusammenstellung der Ergebnisse beider Versuche ergicbt, dass bei Zusatz von starken Dosen unseres Giftes nachweisbar Methämoglobin gebildet wird, dass bei schwächeren Dosen die Bildung von Methämoglobın zwar nicht nachzuweisen ist, wohl aber cine Umwandlung des Oxyhämoglobin. Wie aus dem später folgenden Versuch mitder Kaninchenblutkochsalzlösung zu ersehen ist, kann dieser umgewandclte

Blutfarbstoff aber nichts anderes als Methamoylobin sein.

Ergebnis. Bei Kaninchenblutlösung Bildung von Methämoglobin

bei einer Konzentration des Giftes von I : 4000. Versuch IV.

Versuchsreihe mit wässriger Hundeblutlösung. Bei Zusatz von 10,0, 7,3 und 5,0 mgr. salzsauren Methylphenmorpholins entsteht im Gegensatz zur roten Farbe der Blutlösung eine etwas braunrote Verfärbung der Flüssigkeit in Giftgläschen, doch ist spektrosko- pisch veränderter Blutfarbstoff nicht nachzuweisen. Auf Grund derselben Erwägungen wie im vorigen Versuch ist anzunchmen, dass dieser Farbstoff Methámoglobin ist.

Ergebnis. Bei Ilundeblutlösung Bildung von Methämoglobin beı

einer Konzentration des Giftes von 1 : 4000.

UEBER EINIGE MORPHINDERIVATE 75

Versuch V.

Versuchsreihe mit wässriger Schweineblutlösung. Gevau wie ın den vorigen Versuchen bei gleichem Zusatz zeigt sich wohl eine Aenderung in der Farbe, doch ist Methämo- globin offenbar nur in so geringer Menge gebildet, dass es sich nicht nachweisen lässt.

Ergebnis. Bei Schweineblutlösung Bildung von Methämoglobin bei einer Konzentration des Giftes von I : 4000. Vielleicht, so glaubte ich, ist die undeutliche, nicht nachweisbare Bildung von Methämoglobin daraus zu erklären, dass bei allen diesen Versuchen recht altes Blut verwendet

wurde. Versuch VI.

Dieser Versuch wird mit dem Blut von einem Meerschweinchen angestellt. Die dazu benutzte Giftlösung hatte lange Zeit gestanden. Is ergiebt sich hierbei, obwohl die Giftauflösung noch normal scheint, kein Resultat, d. h. keine Blutzersetzung. Einige weitere Versuche, die mit dem Blut von noch anderen verschiedenen Tieren angestellt wurden, ergaben auch bei Zusatz von sehr grossen Dosen unseres Giftes jetzt gar kein Resultat mehr, weil, wie sich herausstellte, die Giftauflösung durch das Stchen sich verändert hatte. Dass etwa nicht das Blut dieser Tiere gegen unser Gift immun ist, erhellt daraus, das später angestellte Versuche mit dem Blut derselben Tiere Resultate ergaben, sobald die Giftauflösung einigermassen isch war, Die methämoglobinbildende Wirkung unseres Giftes, des salzsauren Methylphenmorpholins, geht also zum grossen Teil oder völlig verloren, sobald die Giftauflösung einige Zeit dem Licht und der Luft ausgesetst war, wobei

vermutlich eine Oxydation stattgefunden haben dürfte.

versuch VII.

Versuchsreihe mit wässriger Taubenblutlösung. Bei Zusatz von 10.0, 7,5 und 5,0 MET. frischem salzsaurem Methylphenmorpholin wird das Oxyhämoglobin der roten Blut- körperchen ın Methämoglobin umgewandelt, was spektroskopisch nachzuweisen ist. Bei Zusatz von 2.5 mgr. tritt keine Wirkung mehr ein.

Ein zweiter Versuch mit dem Blut einer andern Taube ergiebt genau dasselbe Resultat.

Ergehnis. Bei Taubenblutiösung Bildung von Methämoglobin bei einer Konzentration des Giftes von 1 : 4000.

Versuch VIII. Versuchsreihe mit wässriger Fischblutlösung. Bei Zusatz von 10,0, 7,5, 5,0, 2,5 und 1,0 mgr. salzsaurem Methylphenmorpholin wird die hellrötliche Farbe der Blutlösung in eine hellgelbe Farbe umgewandelt. Im Spektrum dieser Flüssigkeit sind die Streifen des Oxyhämoglobin verschwunden und keine neuen Streifen aufgetreten. Bei Zusatz von

0,5 mgr. tritt keine Wirkung des Giftes mehr ein. Ergebnis. Bei Fischblutlösung macht unser Gift das Oxyhämoglobin

der roten Blutkörperchen verschwinden bei einer Konzentration von

-6 Huco BECKER

1 : 20,000. In Wahrheit geht es wohl in Methämoglobin über, nur liess

sich dieses der grossen Verdünnung wegen nicht nachweisen.

Versuch IX.

Versuchsreihe mit wässriger Froschblullösung. Bei Zusatz von 10,0, 5,0 und 2,5 mer. salzsaurem Methylphenmorpholin findet sich nach 24 Stunden ein gelblich brauner Niederschlag in den Giftgläschen gegen über einem roten in den Kontrollgläschen. Im Spektrum der umgeschüttelten Blutgiftlösung sind die Streifen des Oxyhämoglobin

verschwunden, aber keine neuen aufgetreten.

Ergebnis. Bei Froschblutlösung Bildung von Methämoglobin bei

einer Konzertration des Giftes von 1 : 8000. | Versuch X.

Versuchsreihe mit wässriger Hühnerblutlösung. Beim Zusatz von 10,0, 7,5 und 5,o mgr. salzsaurem Methylphenmorpholin wird die rote Farbe der Blutlösung in eine gelbbraune umgewandelt. Spektroskopisch ist nachzuweisen, dass die Streifen des Oxyhämoglobin verschwunden, aber keine neuen aufgetreten sind.

Ergebnis. Bei Hühnerblutlösung Bildung von Methämoglobin bei einer Konzentration des Giftes von I : 4000.

Zusammenfassung. Die Wirkung des salzsauren Methylphenmorpholin auf defibriniertes, in destilliertem Wasser ı “lag gelöstes Blut besteht in Bildung von Methämoglobin, wofern ein frisch dargestelltes oder wenigstens ein frisch gelöstes Präparat verwendet wird. Alte Lösungen wirken viel weniger

oder gar nicht.

2. VERSUCHE MIT BLUTKOCHSALZMISCHUNGEN.

Benutzt wurde ein Gemisch aus ı c.c. Blut und gg c.c. physiolo-

gischer (0,75 °/oiger) Kochsalzlésung.

Versuch I. Es werden 8 Gläser aufgestellt, welche je 20 c.c. 1 O/oige Schweineblutkochsalzlösung

enthalten.

Glas E III. V. VII. erhalten

Zusatz 10,0 7,5 5,0 2,5 mgr. salzsaures Methylphenmorpholin um 5h. r7.

5h 25'Im Giftgläschen 1, 111, V macht sich eine Auflösung der roten Blut- körperchen bemerkbar, indem die Deckfarbe in eine Lackfarbe übergeht; zugleich zeigt sich in Giftgläschen I und III ein UTebergang der roten Farbe der Blutlisung in eine braune Farbe. 5 h. 40'. In Giftgläschen I und HI alle roten Blutkörperchen aufgelöst, in V zum grossen Teil, in VII gar nicht. Nach 24 Stunden : In Giftgläschen I und IHI alle roten Blutkörperchen aufgelöst, in V zum grossen Teil, in VII ein ganz geringer Teil, ausserdem in 1, III und V cine

deutlich braune Farbe der Losung im Gegensatz zu der roten Farbe der Blutlösung.

UEBER EINIGE MORPHINDERIVATE ` 77

Das spektroskopische Bild der Blutlósung zeigt zwei Streifen im Grün, also das Spektrum des Oxyhämoglobin, das der braungefárbten Blutgiftlosung einen ganz undeutlichen Streifen im Rot, was auf die Anwesenheit von Methamoglobin deutet. Ausserdem färbt sich die Blutgiftlösung bei Zusatz von einem Tropfen kohlensauren Natron wieder rot wie normales Blut, was ebenfalls das Vorhandensein von Methämo-

globin beweist.

Ergebnis. Be: Schweineblut vollständige Auflösung der roten Blutkörperchen bei einer Konzentration des Giftes von ı : 2665, teilweise Auflösung bei einer Konzentration von ı : 8000 und Bildung von Methä- moglobin bei einer Konzentration des Giftes von 1 : 4000.

Versuch II.

Gleiche Versuchsreihe mit dem Blut einer wilden Ente. Bei Zusatz von 10,0 und 7.5 mgr. salzsaurem Methylphenmorpholin werden alle roten Blutkörperchen aufgelöst und die rote Farbe der Blutlósung in eine braune umgewandelt, ebenso ist das Stroma braun gefärbt. Bei Zusatz von 5,o mgr. wird eın Teil der roten Blutkörperchen aufgelöst, bei Zusatz von 2,5 mgr. auch noch, aber ausserordentlich wenig.

Im Spektrum der braunen Blutgiftlösung sieht man einen ganz schmalen Streifen

im Rot, also ist Methämoglobin gebildet.

Ergebnis. Bei Entenblut vollständige Auflösung der roten Blut- körperchen bei einer Konzentration des Giftes von 1 : 2665; teilweise Auflösung bei einer Konzentration des Giftes von ı : 8000 und Bildung von Methämoglobin.

Versuch III.

Gleiche Versuchsreihe mit dem Blut von einem Meerschweinchen. Bei Zusatz von 100, 7,5 und 5,0 mgr. salzsaurem Methylphenmorpholin werden alle roten Blut- körperchen aufgelöst und die rote Farbe der Blutlösung in eine braune umgewandelt, welche spektroskopisch einen ganz schmalen Streifen im Rot zeigt und damit das Vorhandensein von Methämoglobin beweist. Bei Zusatz von 2,5 mgr. tritt keine Wirkung des Giftes mehr ein.

Ergebnis. Bei Meerschweinchenblut Auflösung der roten Blut- körperchen bei einer Konzentration des Giftes von 1 : 4000 und Bildung von Methämoglobin.

Versuch IV.

Gleiche Versuchsreihe mit dem Blut eines gesunden Menschen. Bei Zusatz von 10,0, 7,5 und 5,o mgr. salzsaurem Methylphenmorpholin werden alle roten Blutkörperchen aufgelöst und zwar beginnt die Auflösung sich schon nach fünf Minuten zu zeigen; die rote Farbe der Blutlösung wird infolge der Einwirkung des Giftes in eine braunrote bis braune umgewandelt. Das Spektrum der braun gefärbten Giftlösung zeigt einen schmalen Streifen im Rot, also ist hier Methämoglobin gebildet. Bei Zusatz von 2,5 MET. ist das Gift ohne jede Wirkung auf die Blutlösung.

78 | Huco Becker

Ergebnis, Bei Menschenblut Auflósung der roten Blutkórperchen bei einer Konzentration des Giftes von 1 : 4000 und Bildung von Methämoglobin.

Versuch V.

Gleiche Versuchsreihe mit dem Blut von mehreren Fröschen. Bei Zusatz von Io,ou. 5,o mgr. salzs. Methylphenmorpholin werden die roten Blutkörperchen aufgelöst. Der in den Giftglaschen entstandene Niederschlag ist gelblich braun, auch bei Zusatz von 2,5 mer., gegen den roten in den Kontrolljläschen. Spektroskopisch ist nachzuweisen, dass die Streifen des Oxyhämoglobin verschwunden, aber keine neuen aufgetreten sind. Wie schon oben erwähnt, wird wohl auch hier Methämoglobin gebildet worden sein, nur war seine Menge zu gering, um einen Absorptionsstreifen zu liefern. Methämoelobin

ist namlich nur in einer etwas concentrierteren Lösung bequem nachweisbar.

Ergebnis. Bei Froschblut Auflösung der roten Blutkörperchen bei ciner Konzentration des Giftes von ı : 4000 und Bildung von Methämo- globin bei einer Konzentration des Giftes von ı : 8000.

Einige weitere Versuche, die mit dem Blut von verschiedenen Tieren angestellt wurden, ergaben, auch bei Zusatz von sehr grossen Dosen unseres Giftes, gar kein Resultat, weil, wie sich herausstellte, die Giftauf- lösung schon einige Tage alt war und dadurch, wie schon oben erwähnt, die Wirkung des Giftes verloren geht.

Versuch VI. '

Aufstellung von Gläsern mit Rinderblurkochsalzlösung. Bei Zusatz von 10,0, 7,5 und 5,0 mgr. frischem salzsaurem Methylphenmorpholin werden alle roten Blutkörperchen aufgelöst und das Oxyhamoglobin ın Methämoglobin umgewandelt, was spektroskopisch

durch einen Streifen im Rot nachzuweisen ist. Bei Zusatz von 2,5 mgr. wird nur ein

sehr kleiner Prozentsatz der roten Blutkörperchen aufgelöst und gar kein Methämo- globin gebildet.

Ergebnis. Bei Rinderblut vollständige Auflösung der roten Blut- körperchen bei einer Konzentration des Giftes von 1 : 4000 und Bildung von Methämoglobin, teilweise Auflösung bei einer Konzentration des Giftes von 1 : 8000.

Ein weiterer Versuch mit Rinderblut ergicbt nach einiger Zeit folgendes Resultat :

Bei Zusatz von 20,0 mer. salzsaurem Methylphenmorpholin werden alle roten Blutkörperchen aufgelöst und Methämoglobin gebildet, was aus dem Spektrum der Giftblutlösung zu erkennen ist. Bei Zusatz von 10,o mgr. wird in diesem Falle nur ein Teil der roten Blutkörperchen aufgelöst und kein Methämoglobin gebildet.

Der nächste Versuch wird angestellt, nachdem die Giftlösung noch

länger gestanden hat, mit dem Blut von Meerschweinchen. Das Resultat

ist vollständig negativ.

URBER EINIGE MORPHINDERIVATE | 79

Das teilweise negative Resultat dieser Versuche mit Rinderblut und Meerschweinchenblut im Gegensatz zu den vorigen Versuchen spricht wiederum für unsere Annahme, dass unser Gift nach einiger Zeit seine Wirkung auf Blut, bestehend in Auflösung der roten Blutkörperchen und

Methämoglobinbildung, teilweise oder völlig verliert.

Versuch VII.

Gleiche Versuchsreihe mit Taubenblutkochsalzgemisch. Bei Zusatz von 10,0, 7,5 und 5,0 mgr. salzsaurem Methylphenmorpholin werden alle roten Blutkörperchen aufgelöst und die rote Farbe der Blutlosune in eine gelbbraune umgewandelt. Das spektroskopische Bild der umgewandelten Lösung zeigt, dass die Streifen des Oxyhä- moglobin verschwunden und keine neuen aufgetreten sind. Bei Zusatz von 2,5 mgr. hat unser Gift keine Wirkung mehr auf Taubenblut.

Ergebnis. Bei Taubenblut vollständige Auflösung der roten Blut- körperchen bei einer Konzentration des Giftes von ı : 4000 und Bildung von Methämoglobin.

Ein ganz merkwürdiges Resultat erhielt ich, als ich salzsaures Methylphenmor- pholin auf das Blut der Taube, die subcutan chronisch mit unserer Substanz vergiftet und erst nach eingctretener Immunisierung geschlachtet worden war, einwirken liess. Ich fand nämlich bei Zusatz von 10,0, 7,5 und 5,0 mgr. unseres Giftes nach einem Zeitraum von fünf Stunden die roten Blutkörperchen nicht nur nicht aufgelöst, sondern als Klumpen zusammengeballt am Boden der Gläschen liegend. Beim Filtrieren der umgeschüttelten Flüssigkeit bleibt auf dem Filter ein dunkelbraunroter Niederschlag zurück, der mit destilliertem Wasser eine rote Flüssigkeit als Filtrat ergiebt. Diese letztere enthält auf Grund der spektroskopischen Untersuchung Oxyhämoglobin und: Methämoglobin, letzteres in geringerem Grade als ersteres. Bei Zusatz von 2,5 mgr. bleibt das Gift ohne sichtbare Wirkung auf die Blutlösung.

Ergebnis. Beim Blut einer Taube, die längere Zeit subcutan mit salzsaurem Methylphenmorpholin vergiftet ist, erfolgt also Agglutinalion der roten Blutkörperchen statt Flämolyse bei einer Konzentration des zuge- setzten Giftes von I : 4000 und Bildung von Methämoglobin. Offenbar halte im Blute Bildung einer antihämolytisch wirkenden Substanz stattgefunden. Der Versuch soll den Ausgangspunkt weiterer Untersuchungen bilden.

Versuch VIII.

Versuchsreihe mit Kuninchenblutkochsalzmischung. Bei Zusatz von 10,0, 7,5 und 5.0 mgr. salzsaurem Methylphenmorpholin werden alle roten Blutkörperchen aufgelöst und die rote Farbe der Blutlösung in eine hellgelbbraune umgewandelt. Spektroskopisch ist in der Giftblutlösung Methämoglobin nachzuweisen. Bei Zusatz von 2,5 mgr. werden auch noch rote Blutkörperchen aufgelöst, aber nur ausserordentlich wenige.

Ergebnis. Bei Kaninchenblut vollständige Auflösung der roten Blutkörperchen bei einer Konzentration von 1 :4000 und Methämoglo- binbildung, teilweise Auflösung bei einer Konzentration von ı : 8000.

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Thérapie, vol. XII. 6

80 | Huco BECKER

Versuch IX.

Versuchsreihe mit Jfundeblutkochsalamischung. Bei Zusatz von 10,0. 7,5 und 5,0 mer. salzsaurem Methylphenmorpholin, (u. zwar diente als Zusatz absichtlich eine Lösung, die schon einige Tage alt war) wird kein Resultat erzielt in einem Zeitraum von 24 Stunden. Dann werden nochmals zu jedem Giftgläschen je 10,0 mgr. zugefugt, worauf ein Teil der roten Blutkörperchen aufgelöst und die rote Farbe der Blutlösung in eine dunkelbraune Farbe umgewandelt wird. Das Spektrum dieser dunkelbraunen Flüssigkeit zeigt einen Streifen im Rot, also ist Methamoglobin gebildet. Bei Zusatz von 12,5 mgr. entsteht ebenfalls Methämoglobin, aber die Auflösung der roten Blut-

körperchen ist eine ausserordentlich geringe. Ergebnis. Bei Hundeblut teilweise Auflösung der roten Blutkör- perchen bei einer Konzentration des Giftes von ı : 1600 und Bildung von

Methämoglobin.

Versuch X.

Versuchsreihe mit Autzenblutkochsalzmischung. Bei Zusatz von 20,0 mgr. salz- saurem Methylphenmorpholin werden alle roten Blutkörperchen aufgelöst, bei Zusatz von 5,0 mgr. gar keine mehr, dagegen wird noch bei Zusatz von 2,5 mgr. Methimo-

globin gebildet, wenn auch schr wenig und spektroskopisch nur ganz undeutlich nach- weisbar.

Ergebnis. Bei Katzenblut vollständige Auflösung der roten Blut- körperchen bei einer Konzentration des Giftes von 1 : 1000, teilweise bei einer Konzentration des Giftes von ı : 1000 und Bildung von Methämo-

globin bei einer Konzentration des Giftes von ı : 8000.

Versuch XI.

Versuchsreihe mit Fischblutkochsalzmischung. Bei Zusatz von 10,0, 7,5, 5,0 und 2,5 mgr. salzsaurem Methylphenmorpholin ist schon im Verlauf von 15 Minuten die hellrötliche Farbe der Blutlösung in eine ganz hellgelbe, fast farblose umgewandelt, Gleichzeitig hat sich ein brauner Bodensatz niedergeschlagen, der mit destilliertem Wasser eine gelbe Flüssigkeit entstehen lässt. Die spektroskopische Untersuchung dieser Flüssigkeit ergiebt, dass die Streifen des Oxyhämoglobins verschwunden, aber keine neuen Spektralstreifen aufgetreten sind. Bei Zusatz von 1,0 mgr. erhält man dasselbe Resultat, wenn auch erst nach längerer Zeit. Bei Zusatz von 0,5 und 0,25 mgr. zeigtsich die Wirkung des Giftes darin, dass sich kein Bodensatz von nicderfallenden intakten

roten Blutkörperchen bildet, wie in den Kontrollgläschen. Ergebnis. Bei Fischblut macht salzsaures Methylphenmorpholin das Oxyhämoglobin der roten Blutkörperchen scheinbar verschwinden

bei einer Konzentration von I : 20000.

Versuch XII.

Gleiche Versuchsreihe mit Mühnerblutkochsalzmischnng. Bei Zusatz von 10,0, 7,5

und 5,o myr. salzsaurem Methylphenmorpholin wird cin Teil der roten Blutkörperchen

UEBER EINIGE MORPHINDERIVATE 81

aufgelöst und die rote Blutlósung in eine gelbbraune umgewandelt, in der, spektrosko- pisch na < hgewiesen, Methámoglobin enthalten ist. Bei Zusatz von 2,5 mgr. zeigt sich keine VV ir kung mehr.

Ergebnis. Bei Hühnerblut teilweise Auflösung der roten Blut- körperchen bei einer Konzentration von 1 : 4000 und Bildung von Meth moglobin.

Zusammenfassung : Die Wirkung des salzsauren Methylphenmorpholins auf Blutkochsalszlisungen besteht in Auflösung der roten Blutkörperchen und Bildung von M ethämoglobin aus dem gelösten Oxyhämoglobin. Alt gewordene Lösungen ds Giftes verlieren ihre Wirkung auf Blutkörperchen wie auf Blutlösungen. Länger dauernde Vergiftung von Tieren mit unserem Gift scheint im Blute dieser Tiere Bildung eines anlihämolytisch und agglutinierend wirkenden Sthutzstoffes zu veranlassen.

Ziehen wir zum Vergleich eine Tabelle heran, die einige Giftstoffe enthält, welche rote Blutkörperchen auflösen, so ist unsere Substanz in flgender Weise einzureihen. Auf die von WALTHER FrieBoes untersuchten hámolytischen Substanzen der Guajakrinde sowie der Zweige und Blätter des Guajakbaumes gehe ich nicht mit ein, da diese Versuche erst lange nach den meinigen angestellt worden sind. Ich verweise betreffs derselben auf die gleichzeitig mit diesem Hefte bei F. Enke in Stuttgart erscheinende Monographie des Genannten.

82 Hugo BECKER

Tabelle der Auflösung des mit physiologischer Kochsalzlösung 100 fach verdünnten Rinderblutes durch einige Agentien.

| VÖLLIGE | TRILWrIsE

Aufidsung der roten Nach welchem

Blutkórperchen erfolgt BEOBACHTER noch bei einer Konzen- tration des Giftes von

NAME DER SUBSTANZ

Sarsasaponin . . . . -|1: 123000|1 ; 350000! Schulz Parillin . . . . . +. +.|1:100000[1: Schulz Cyclamin . . . . . .|1: 100000|1 : 28ຽ000| Tufanow Digitoneïn . . . . . LIT? 100000 1 : 125000 Kruskal Digitonin 1 : 50000 |1 : 100000 Kruskal Yuccasaponin . I : 75000 |1 : 100000! Kruskal Amor. Smilasaponin Merck. |1 : 50000 {1 : 70000 | Kruskal

» » » 1 : 50000 |1 : ¿5000 | Schulz Herniariasaponin . I : 40000 Kobert Kryst. Smilasaponin Merck. |1 : 30000 |1 : 39000 | Kruskal Levant. Sapotoxin. . . ./|1: 20000 |1 : 50000 | Kruskal Agrostemmasapotoxin. . . |I: 15000 |I : 30000 | Kruskal Sapindussapotoxin . . . |I: 14000 |I : 25000 | Kobert Senegin. . . +. +. + . |I: 12000 |I : 32000 | Atlas Quillajasapotoxin . . . .|r: 10000 |I : 150000) Kobert Solanin . . . +. +. + .[I:8300 |1: 1200001 Kobert Quillajasaures Natron . .|1:8000 |1: 100000 Kobert Ricinussolvin . . . . .|1:5000 |1 : 8000 Kobert Saporubrin. . . . - . |I: 4000 --- v. Schulz Salzsaures Methylphenmorpholin. |! : 4000 |! : 8000 Becker

I: 5000 |I : 80000 | Goldfarb

aD 1:2500 |1 : 5000 Kobert Chamilirin. . . . +. +|]1:70 |1: 800 Kruskal Chenocholsaures Natron. . |1:7 1 : 1500 Rywosch Taurochols. Natron . . . {1 : 600 Rywosch Choloidins. Natron . . It: Soo . Rywosch Cholsaures Natron. . . .|1:200 Rywosch Hyochols. Natron. . . . |1 : 200 Rywosch Kohlens. Natron . . . .|1: 70 1 : 150 Kobert Glykochols. Natron . . .|1:50 Rywosch Chloralhydrat . . . . . {1:20 1:25 Kruskal Aether . . - . - - «J1:13 Tufanow

Fassen wir die völlige und teilweise Auflösung der roten Blutkör- perchen und die Bildung von Methämoglobin in eine Tabelle zusammen, so sind die verschiedenen Blutarten in folgender Weise der Reihe nach

zu ordnen.

UEBER EINIGE MORPHINDERIVATE 83

Tabelle der Auflösung und Methämoglobinbildung verschiedener mit physiologischer Kochsalzlösung 100 fach verdünnter Blutarten durch salzsaures Methylphen-

morpholin. < q 7 VOLLIGE | TEILWEISE Bildung von Methamoglobin NAME DER BLUTART Auflosung der roten klut- erfolgt noch bei korperchen erfolgt noch bei einer] einer Konzentr. Konzentration des Giftes von des Giftes von Fischblut . . . .] 1: 20000 : 20000 Froschblut . . . .| 1: 4000 I : 8000 Taubenblut. . . .| 1:4000 1 : 4000 Hühnerblut. . . . | 1:4000 I : 4000 Mcerschweinchenblut.| 1 : 4000 1 4000 Kaninchenblut. . .| 1: 4000 I : 8000 I : 4000 Rinderblut . 1 : 4000 1 : 8000 1 : 4000 Menschenblut . | 1 : 4000 1 : 4020 Entenblut . . . . | 1 : 2665 1 : 8000 1 : 4000 Schweineblut 1 : 2665 1 : 8000 1 : 4000 Katzenblut . | 1 : 1000 1 : 2000 1 : 8000 Hundeblut . 1 : 1600 I : 1600

.3. TIERVERSUCHE.

Versuch 1. Ein Frosch erhalt 2 c.c. = 10 mer. salzsaures Methylphenmorpholin. Nach 15 Minuten erträgt der Frosch Rückenlage; der nach drei Stunden aufgefangene Harn ist ganz farblos. Nach 24 Stunden findet sich auf dem Teller eine rötliche Flüssigkeit, die trotz Zusatz von cinem Tropfen Schwefelammonium und nachherigem Schütteln mit Luft keine Spektralstreifen ergiebt. Darauf erhält der Frosch wieder 2 c.c. = 10 mgr. und nach zwei Tagen, während deren er gesund bleibt, nochmals 2 c.c. == 10 mgr. Am nächsten Tage wird der Frosch geschlachtet; makroskopisch ist nichts zu finden, es werden Leber und Nieren eingelegt.

Mikroskopischer Befund : Die Leder ist sehr hyperämisch ; ın mehreren Gallen- gängen u. z. in solchen, die ziemlich dick und mit Epithel ausgekleidet sind, finden sich typische Gallengangscylinder, die den Harncylindern nicht unähnlich sind und zum Teil Epithelien einschliessen.

In der Niere finden sich neben hyalinen Cylindern auch solche, die Epithelien einschliessen.

Ergebnis. Für Frösche ist eine Dosis von 10 mgr. nicht tótlich, doch bewirkt das Gift anatomische Veränderungen im Organismus,

bestehend in Hyperämie der Leber und Bildung von Cylindern in der

Niere. Versuch IE.

Ein Frosch erhält 1 c.c. = 5 mgr. salzsaures Methylphenmorpholin. Nach

25 Minuten erträgt der Frosch Ruckenlage; nach 19 Stunden findet sich auf dem

84 Huco BECKER

Teller eine rütliche Flüssigkeit, die keine Spektralstreifen ergiebt. Beim Auspressen lässt der Frosch einen grünlichen Tropfen Harn. Der Frosch erhált zum zweiten Male 1c.c.==5 mgr., worauf er bereits nach 8 Minuten Rückenlage erträgt. Nach zwei Tagen erhält er wieder 5 mgr. und wird dann am nächsten Tage geslachtet. Die Sektion ergiebt makroskopisch nichts, es werden Leberstückchen eingelegt.

Mikroskopischer Befund : In der Leber sieht man Herde u. z. recht ausgedehnte, in denen die Kerne zu homogenen Klümpchen werden und allmählich an Grösse einbüssen. Manchmal gelingt es Herde in dem Stadium zu finden, wo nur noch ein

allscmeiner Detritus übrig geblieben ist.

Ergebnis. Eine Dosis von 5 mgr. bewirkt bei Fröschen Untergang von Lebergewebe, ohne den Tod herbeizuführen.

Versuch III.

Ein Frosch erhält 4 c.c. = zo mgr. salzsaures Methylphenmorpholin. Nach ı2 Min. erträgt er Rückenlage; nach ı9 Stunden findet sich auf dem Teller eine rötliche Flüssigkeit; beim Auspressen erhält man einen grünen Tropfen Harn. Der Frosch erhält nochmals zo mgr. und stirbt nach ca. 36 Stunden. Bei der Scktion ist makroskopisch nichts Abnormes zu finden, es werden Leber und Nieren eingelegt.

Mikroskopischer Befund : In der Leber sieht man an einigen Stellen beginnenden Kernschwund. In den Nieren finden sich vereinzelte Cylinder, aber in jedem Schnitt;

die Glomeruli sind sammtlich frei.

Ergebnis, Eine Dosis von 20 mgr. ist für Frösche tötlich; die pathologisch-anatomischen Befunde sind Untergang von Lebergewebe und Bildung von Harncylindern.

Versuch IV.

Ein Frosch erhält 4 c.c. = 20 mgr. salzsaures Methylphenmorpholin, nach zwei Tagen eine nochmalige Dosis von 20 mgr. Nach weitern zwei Tagen werden ihm mehrere c.c. Harn ausgedrückt ; derselbe ist obwohl sehr reichlich, von hell gelbbrauner Farbe, ergiebt jedoch keine Methämoglobinreaktion.

. Ausserdem werden aus dem Rücken mehrere c.c. ciner anscheinend stark blut- haltigen homogenen Flüssigkeit herausgepresst ; dieselbe wird centrifugiert. Es bilden sich dabei zwei scharf getrennte Schichten, die obere ganz klar und hell gelbbraun, die untere dunkelbraunrot. Bei der mikroskopischen Untersuchung der unteren Schicht findet man unveränderte Blutkörperchen mit deutlicher wesentlicher Vermehrung der Leukocyten. Die obere Schicht ist fast in toto durch Fibrinbildung erstarrt ; sie wird zerrieben, eingedunstet und dann mit Alkohol ausgezogen.

Nach nochmaliger Eindunstung des alkoholischen Auszuges wird die Reaktion mit dem Marauis'schen Reagenz versucht, aber ohne Erfolg, vielleicht weil der Rück- stand zuviel Verunreinigungen enthält.

Nach weiteren zwei Tagen ist der Frosch gestorben. Bei der Sektion findet man eine ikterische, gelbbraune Verfarbung der Leber, sonst makroskopisch nichts; es werden Leber und Nieren eingelegt.

Mikroskopischer Befund : In der Leber finden sich zahlreiche Herde, welche so

klein sind, dass bei starker Vergrösserung mehrere ın einem Gesichtsfeld zu sehen sind.

UEBER EINIGE MORPHINDERIVATE 85

In diesen Herden sind die Zellen und deren Kerne teils ganz destruiert, teıls im Zerfall begriffen. Neben den ganz degenerierten Herden sieht man solche, wo sich sogenannte vacuoläre Degeneration findet.

Die Niere des Frosches zeigt sowohl im Längsschnitt als im Querschnitt der gewundenen Harnkanälchen Cylinder. Dieselben bestehen aus einer homogenen, sich schwach färbenden Grundsubstanz und sind mit Vacuolen durchsetzt. Es ist möglich, dass ein Teil dieser scheinbaren Vacuovlen auf Fett beruht, welches durch das Här- tungsmaterial ausgezogen ist. Man kann diese Cylinder auch in den Hauptsammelröhren nachweisen, sie reichen bis ins Nierenbecken. Weiter finden sich auch in den allerengsten Kanälen, die wohl den Henle'schen Schleifen entsprechen, ganz besonders

reichlich Cylinder.

Ergebnis. Dassclbe wie in Versuch III.

Versuch V.

Der Versuch betrifft eine Taube, die nach einander folgende Dosen von salzsaurem

Methylphenmorpholin subcutan erhält : Am 12. erhält sie 10 mgr.

» 13. » » 20 > Ig. 3 > 20 » 1. » » 20 » » 16. » » 20 » > 18 » D 40 D > 19. » » 100 D

Nach dieser letzen Dosis bekommt sie Krämpfe u. z. hauptsächlich Zuckungen in der

Nackenmuskulatur, dıe aber bald vorübergehen. Am 26. wird sie geschlachtet; makroskopisch sind keinerlei Veranderungen zu

finden, es werden Leber und Nieren eingelegt.

Mikroskopischer Befund : Wenn man mit schwacher Vergrosserung die Leber durchmustert, nimmt man Stellen wahr, die durchlöchert erscheinen. Bei starker Vergrösserung erkennt man, dass es sich um vacuoläre Degeneration handelt.

Die Niere ist normal. Ergebnis. Bei Tauben bewirkt cine successive Steigerung der Dosen unseres Giftes bis zu einem Decigramm zwar Erkrankung des Leber-

gewebes, aber ohne den Tod herbeizuführen.

Versuch VI. Der Versuch betrifft ein Meerschweinchen, welches folgende Dosen von salzsaurem

Methylphenmorpholin erhält : Am 19. erhält es to mer,

D 20. » 15 » > 21, D > 20 » > 22. » » 25 23. » 25 » > 25. » 25

» 26. » » 35

86 HuGo BECKER

Das Tier macht nach allen diesen Dosen keinen kranken Eindruck, ist aber in der Nacht vom 28. zum 29. gestorben. Die Sektion ergiebt makroskopisch nichts; es werden Leber. Milz und Nieren eingelegt.

Mikroskroskopischer Befund > Die beiden Präparate der Milz lassen nichts erkennen, was auf stärkere Hämoglobinzersetzung deuten könnte. Man findet allerdings hier Körnchen und Schollen, welche Eisen enthalten und als Reste zersctzter Blut- körperchen anzusehen sind. (Hämosiderin). Bis zum gewissen Grade ist dieser Befund jedoch beim Meerschweinchen normal.

In der Leber ist nichts zu finden, was auf Blutzersetzung schliessen liesse.

In der Niere findet man in vielen geraden Kanálchen, wo dieselben im Langs- schnitt getroffen sind, lange Cylinder, welche oft bei starker Vergrösserung ein halbes Gesichtsfeld durchlaufen. Dieselben sind bei dem Prozess des Härtens geschrumpft und füllen das Lumen des Kanals nicht mchr vollständig aus; grade deshalb aber sind sie deutlicher zu erkennen. Es sind sogenannte hyaline oder Fibrincylinder, d. h. sie haben keine Struktur und nehmen Farbstoffe nur scwhach: auf. Epitheliale Beimengungen konnte ich bei ihnen nicht wahrnchmen. Das Lumen mancher Sammelröhren ist durch solche Massen ganz oder teilweise ausgefüllt. Es ist nach diesem Befunde kein Zweifel, dass das Tier auch in vita solche entleert hat.

Dic meisten Glomeruli sind frei, ihr Kapselraum ist leer; nur bei einzelnen Glomerulis haben Blutaustritte stattgefunden, welche den ganzen Kapselraum ausfüllen. Die Blutgefässe zwischen den Harnkanälen sind reichlich gefüllt, doch sind Blutungen in die Harnkanäle nicht nachweisbar. Auch in den Hexte'schen Schleifen sind solche Cylinder nachweisbar. An einem andern Schnitt der Niere sieht man, dass ın den HENLE'schen Schleifen sich nicht nur Cylinder, sondern auch Blut finden. In den weiteren Kanälchen sind in diesem Stück die Cylinder nur sehr spärlich.

In vielen Präparaten ist Formalinpigment aufgetreten, was wohl zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass das Gift das Blut zersctzt, denn in ganz normalen Organen

bildet sich bei richtiger Handhabung kein Formalinpigment.

Ergebnis. Für Meerschweinchen ist eine successive Steigerung der Dosen unseres Giftes bis zu 35 Milligramm tötlich; die pathologisch- anatomischen Befunde sind Blutzersetzung in der Milz, Blutaustritte und Bildung von Harncylindern in der Niere.

Versuch VII.

Der Versuch betrifft eine Katze. welche folgende Dosen von salzsaurem Methylphen-

morpholin erhält:

Am ı. erhält sic 0,05 gr. :

» 2. » » oi » > 3. » > 02 D ` / subcutan » 4 » » 0,23 » 6. » » 0,35 » » 8. » » 0.33 »

Der Harn der Katze wird nach einigen Tagen dunkelbraun, fast schwarz, dann

wieder heller; die Untersuchung auf Bilirubin nach IIAMMARSTEN ergicbt stets ein

—S FREE =

<n

UEBER EINIGE MORPHINDERIVATE 87

negatives Resultat, die Untersuchung auf Eiweiss stets ein positives, allerdings sind die

Eiwcissmengen nur sehr gering. Sonst ist die Katze nach allen diesen Dosen voll- kommen gesund, sie wird am 10. getötet. Die Sektion ergiebt makroskopisch nicbts, 05

werden Leber und Nieren eingelegt.

Mikroskopischer Befund : In den Nieren finden sich nur normale Verhältnisse, namentlich ist nichts vorhanden, was an vorhanden gewesene Hämoglobinurie denken liesse.

In der Leber zeigt das Protoplasma der Zellen sämtlicher Leberläppchen vacuoläre Degenerationen. Die Kerne sind zum gróssern Teil crhalten und von normaler Gestalt. Ein kleinerer Teil der Kerne fst offenbar in Untergang befindlich und zeigt sich daher der betreffende Kern bedeutend verkleinert und von unregelmässiger Gestalt. Dieser

Befund ist in verschiedenen Teilen der Leber nachzuweisen.

Ergebnis. Für Katzen ist eine successive Steigerung der Dosen unseres Giftes bis zu 1/3 Gramm pro Tier nicht tötlich, vielmehr findet eine Gewöhnung an das Gift statt, oder vielmehr, wie die neuesten . Untersuchungen von Faust sicher ergeben, « besteht keine direkte Gewöhnung der Gewebe an das Gift, sondern die immer rascher und vollständiger vor sich gehende Ausstossung des Giftes durch den Harn, hauptsächlich aber durch die Faeces bedingt das unerklärte Ausbleiben toxischer Wirkung bei steigender Giftdosis ».

Versuch VII.

Eine Katze erhält 6 c.c. = 0,3 gr. salzsaures Methylphenmorpholin subcutan. Nach einer Stunde zeigt sich ein deutlicher Speichelfluss, es wird mithin das Gift durch die Schleimhaut der Mund- und Rachenhöhle ausgeschieden, was eine abnorm starke Sekretion der Speicheldrüsen veranlasst. Ein Teil dieses Speichels wird aufgefangen, mit Alkohol versetzt und eingedunstet; die Untersuchungen nach DRAGENDORFF, FERDINAND MEYER und mit Phosphorwolframsäure ergeben keine Reaktionen, folglich ist im Speichel kein Alkaloid enthalten.

In dem Harn, der wie normaler Katzenharn aussieht, ist spektroskopisch Blutfarb- stoff nicht nachzuweisen; die Untersuchung auf Eiweiss ergiebt ein positives Resultat, u. z. nach EspacH und SPIEGLER stark positiv, die Kochprobe positiv; ferner ergiebt der von der Kochprobe filtrierte Harn mit Espacu ein negatives Resultat; mithin ist die erste Esbachprobe positiv geworden durch das im Harn enthaltene Eiweiss. Im übrigen ist die Katze völlig gesund. Sie erhält vier Tage nach der subcutanen Injektion 8 C.C.— 0,4 gr. salzsaures Methylphenmorpolin in die Vena jugularis injiciert. Am nâchsten Tage scheint sie vollkommen gesund und hat gar keine, namentlich keine Excitationserscheinungen, gezcigt. Der Harn ist hellgelb, triibe, schwach alkalisch reagierend und enthält kein Eiweiss. Inder übernächsten Nacht ist die Katze gestorben. Die Sektion ergiebt folgendes :

Der Pylorusteil des Magens und der erste Teil des Diinndarms sind mit Galle imbibiert, ein Zeichen, dass in letzter Zeit alnorm viel Galle gebildet ist ; die Galle selbst aus der Gallenblase ist frei von Blutfarbstoff. In der Harnblase finden sich einige Kubik-

centimeter eines hellgelben, triiben Harncs. In einer der retropcritonealen Lymphdrüsen

88 Htuco BEcKER

findet sich ein alter, jetzt verkalkter Herd. Die Milz ist recht gross, doch macht sie nicht gerade den Eindruck einer akuten Schwellung. Die Nieren sind ebenfalls recht gross, in der Rinde ist die für alte Katzen physiologische starke Verfettung bemerkbar, die Pulpa ist infolge der durch die Verfettung bedingten Stauung etwas blutreicher als normal. In der Leder ist makroskopisch nichts Abnormes zu finden. In der Herzmuskulatur fallen dunkle, in den Papillarmuskeln sitzende Stellen auf, welche wohl auf Blutungen beruhen können; auf dem Durchschnitt schen dieselben braun aus. Die Langen sind normal. Die Untersuchung der ganzen Harnmenge, welche die Katze während der ganzen Vergiftungszeit gelassen hat, ergiebt folgendes Resultat :

a) Der Harn nach der subcutanen Injektion ist, wie schon erwähnt, eiweisshaltig.

Die ganze Menge wird mit Bleiacetat versetzt, um die Unreinigkeiten zu entfernen, und filtriert. Dann machte ich die Flüssigkeit alkalisch durch einen Tropfen Ammoniak und setzte Isobutylalkohol zu. Nachdem sich dieser nach dem Umschütteln wieder oben abgesetzt hat, die untere Flüssigkeit abgelassen und der Isobutylalkohol noch mit Wasser gewaschen worden ist, wird er durch ein trockenes Filter filtriert und dann ein-

gedunstet. Die so gewonnene Substanz wird in Wasser gelöst und auf Alkaloide unter- sucht 1) Phosphorwolframsäure und Salzsäure ergeben einen voluminösen Niederschlag, 2) Phosphormolybdänsäure ebenfalls, 3) Eisenchlorid bewirkt eine tiefbraunrote Färbung, 4) die braune Lösung von rotem Blutlaugensalz und Eisenchlorid wird zu einem blauen Niederschlag in dunkelgrüner Lösung reduziert, 5) Goldchlorid bewirkt tief braunrote Fárbung, 6) das MiLLON'sche Reagenz salpetersaures Quecksilberoxyd und Natriumnitrit bewirkt beim Erwärmen eine tief rotbraune Färbung. Die Anwesenheit eines dem Morphin ähnlichen Körpers war damit dargethan und zwar war offenbar unsere Substanz unverändert übergegangen.

b) Der Harn vom nächsten Tage wird mit Phosphorwolframsäure ausgefällt und filtriert. Der Niederschlag auf dem Filter wird mit Barythydrat zersetzt, mit Alkohol in Wasser gelöst. Diese Lösung ergiebt ein positives Resultat mit Phosphorwolframsäure, Phosphormolybdänsäure und mit dem Reagenz von BROUARDEL und BouTMY.

c) Der Harn nach der intravenösen Injektion ist, wie schon erwähnt, frei von Eiweiss. Ein Teil wird mit Alkohol gereinigt und durch Eindunsten wieder vom Alkohol befreit. Die übrige Menge des Harns wird mit Bleizucker gereinigt. Mit diesen beiden gereinigten Harnmengen ergeben positives Resultat : ı) Phosphorwolframsäure, 2) Phosphormolybdänsäure, 3) Eisenchlorid, 4) Goldchlorid, 5) Rotes Blutlaugensalz und Eisenchlorid.

d) Der bei der Sektion in der Harnblase vorgefundene Harn ergiebt ein positives Resultat mit Goldchlorid und mit rotem Blutlaugensalz und Eisenchlorid. Alle diese Reaktionen weisen nach, dass sich ein Alkaloid, offenbar unser Gift, im Harn findet; es geht daraus hervor, dass während der ganzen Zeit der Anwesenheit unseres Giftes im Organismus der Katze ein nicht unbeträchtlicher Teil desselben durch den Harn ausgeschieden ist. Bekanntlich geht vom Morphin nur ein verschwindender Bruchteil durch den Harn fort.

Mikroskopischer Befund : Leber : In den grossen Gallengängen findet sich auf den Schnitten nicht normale Galle, sondern grusse Gallengangscylinder. welche überaus reichliche, morphotische Gebilde einschliessen, die entweder Kerne zu Grunde gevangener Zellen oder Kerne des Gallenzangsepithels sein können oder vielleicht auch

durch Umwandlung von Blutkörperchen zu erklären sind. An einigen Stellen haben

UEBER EINIGE MORPHINDERIVATE 89

diese Kerne sich mit Farbstoffen gefárbt, kónnen also keine roten, hóchstens weisse Blutkórperchen sein. Die Leberzcllen sind im Grossen und Ganzen erhalten, jedoch finden sich Inseln im Gewebe, wo sie in Auflösung begriffen sind. An manchen Stellen haben ins Lebergewebe Blutaustritte stattgefunden u. z. gerade an Stellen, wo das Gewebe in Degeneration begriffen ist. Die Milz ist normal, nur blutreicher.

Niere : Man sieht in einzelnen Kanälen aach der Papille zu Cylinder, in welche Kerne mit verbacken sind; in anderen Kanälen solche, die nur aus homogenen Massen bestehen. In vielen Harnkanälen sieht man die Epithelien im Zustande starker Degene- ration, die auch die Kerne mit befallen hat und dieselben in Chromatinbröckelchen zerfallen lässt. Auch Blutaustritte in die Lumina sind wahrnehmbar. Weiter ist in der Niere die für eine Katzenniere bis zum gewissen Grade physiologische Fettinfiltration der Rinde wahrnehmbar. Man sieht auch in der Rinde in vielen Harnkanälen einen abnormalen Inhalt, namentlich auch viele « Tröpfchen » (BostRoEM'sche Tropfen), sie haben etwa die Grösse von Blutkörperchen, sind rundlich und befinden sich immer in grosser Zahl bei einander, sie können auch zu Cylindern verkleben. Die Kapseln der Glomeruli sind zum grössten Teil frei, in einzelnen derselben findet sich jedoch ebenfalls Anhäufung pathologischer Massen u. z. ebenfalls in Tröpfchenform. Die HeNLE'schen Schleifen sind ebenfalls z. T. ausgefüllt mit Exsudat. In manchen Sammelröhren sind auch reichliche Blutmassen unter Verlust der Struktur der Blutkörperchen mit in Cylinderbildung begiffen.

Die Darmschleimhaut ist normal.

Ergebnis. Leber und Nieren sind schwer verändert u. z. offenbar im Zusammenhang mit primärer Alteration der Blutkörperchen und der Gefässwandungen durch ein Blutgift. Für Gefässalteration spricht das Auftreten von Blutaustritten in die Harnkanäle und in die Lebersubstanz. Für schwere Störung der Leberthätigkeit spricht ausserdem das Auftreten der kernhaltigen Gallengangscylinder und die inselförmigen Nekrosen im Lebergewebe. Für das Auftreten schwerer Nierenalteration führe ich als Beweis an ausser den schon genannten Blutaustritten ı. das Auftreten von sogenannten a BostroEm’schen Tröpfchen » in den Glomeruluskapseln und in den gewundenen Kanälen; 2. die Bildung von Cylindern bis hinunter in die Sammelröhren enthaltend a) Tröpfchen, 5) hyaline Massen, vielleicht Fibrin, c) epitheliale Kerne, d) völlig umgewandelten Blutfarb- stoff, der keine Blutkörperchen mehr erkennen lässt; 3. die Degenerationen der Nierenepithelien und deren Kerne in den gewundenen Kanälen. Im Darm ist auffallender Gallenreichtum zu notieren.

Versuch IX.

Eine Katze von 3 3/4 kgr. Gewicht erhält 1,2 gr. frisch dargestelltes salzsaures Methylphenmorpholin auf einmal subcutan, erkrankt sofort typisch und stirbt nach vıer Tagen unter schwerster Hämoglobinurie.

Die Sektion ergiebt folgendes : In der Blase blutig gefärbter, aber keine intakten

Blutkörperchen enthaltender Harn mit schwarzem Bodensatz. Der vorher gelassene

go Huco BECKER

Harn ebenfalls schwarzbraun. Beide Portionen ergeben neben Methämoglobinspektrum aber auch Oxyhämoglobinspektrum. In der Niere finden sich sehr zahlreiche Methä-

moglobincylinder. Andere Organe werden nicht untersucht.

Ergebnis. Unser Gift macht schwere Methämoglobinurie.

A. beier REAKTIONEN VON SALZSAUREM METHYLPHENMORPIIOLIN UND MORPHOXYESSIGSAUREM NATRON.

RS RS GR Ce a

Salzsaures Methylphenmorpholin

NAME DES REAGENS Morphoxyessigsaures Natron

1. Phosphorwolframsäure | Voluminóser Niederschlag Voluminôser weisser

und Salzsáure Niederschlag

2. Phosphormolybdan- Voluminüser Niederschlag Voluminöser weisser

säure und Salzsäure Niederschlag

3. Silicowolframsäure Dicker, weissflockiger Geringer, weisser, flockiger

Niederschlag Niederschlag. 4. Dragendorff's Reagens| Reichlicher Niederschlag Voluminóser orangefarbener (Kaliumwismutjodid) Niederschlag 5. Ferd. Meyer's Reagens Geringe Triibung Weisser Niederschlag (Kaliumquecksilber- jodid)

6. Millon'sches Reagens Beim Erwärmen : Beim Erwärmen : (Salpetersaures Queck- Tief rotbraune Farbe Hellgelbe Farbe silberoxyd u. Kalium- nitrit)

7. Esbach's Reagens Dicker Nicderschlag Dicker, gelber Niederschlag.

Nach 24 Std. prachtvolle nadelfórm. Krystalle

8. Eisenchlorid . Tief braunrote Farbe, | Tief braunrote Farbe dann blaugrine Farbe und fluorescierend

g. Rotes Blutlaugensalz Dunkelbraune Farbe mit cinem Stich in's Grüne 10. Rotes Blutlaugensalz Blauer Niederschlag | Schwarzgrün. Niederschlag und Eisenchlorid in dunkelgrüner Lüsung in grüner Lösung 11. Goldchlorid Tief braunrote Farbe Flockiger, gelbbraun. Nieder- schlag, der bald schwarz wird 12. Formaldehyd Weisslicher Niederschlag 13. Jodjodkalium Voluminöser Niederschlag | Voluminiser, tief braunroter Niederschlag 14. Jodkaliumwismutjodid 2 | Voluminöser, orangefarbener Niederschlag 15. Kaliumkadmiumjodid Dicker Niederschlag Voluminöser, gelblicher

Niederschlag, später weiss

16. Kaliumpermanganat | Grünlich-gelber Niederschlag Tief braunroter, dann ` schwarzer Niederschlag, ın

| hellgelber Lösung

UEBER EINIGE MORPHINDERIVATE OI

Za E e EE

NAME DES REAGEN > S EK lphenmorpholin

17. Ammoniak = Ri itlicher Niederschlag ວສ

18. Wasserstoffsuperoxyd Gelblich-braune Farbe E

und Ammoniak

19. Wasserstoffsuperoxyd ! Dunkelgrüne, braune, braun- = und Schwefelsaure rote,dann schwarzrote Ver- farbune, sehr intensiv; Alkali wirkt entfárbend.

20. Platinchlorid 'Schwarze, dann rotbraune| Dicker gelber Niederschlag Verfärbung, nach starkem Verdünnen schwarzer Nic- derschlag in rotbrauner

Lösung. 21. Silbernitrat Weisse Fallung. aber keine Reduktion 22. Kupfersulfat 23, Kaliumbichromat Schwarzer Niederschlag,

beim Kochen etwas grúnlich

24. Gerbsáure Weisslicher, sich zusammen-

ballender Niederschlag } |

25. Chromsäure Schr voluminôser tiefrot- Braunrote Farbe, beim brauner Niederschlag, dann | Kochen sehr dunkel werdend schwarz

26. Bromwasser

Tiefrote, dann blaue Farbe, | Voluminöser gelber Nieder- sehr empfindlich schlag, bei Verdünnung hellgelb, nach 24 Std. rútlich

27. Marquis'sches Reagens | Intensiv rote Farbe, die sich |

Violette Farbe. Spektrosko- ( Formalinschwetel- viele Stunden halt.Spektro-; pisch ist das Gelb und die säure) skopisch ıst das Orange ver- erste Hälfte des Grün aus-

dunkelt, das Gelb und Grün

gelöscht. völlig ausgelöscht.

Zusammenfassung der Ergebnisse. Das salzsaure Methylphenmorpholin besitzt keine der dem Morphium zukommenden narkotischen Wirkungen. Auf die Katze wirkt es daher auch wicht excitierend und macht bei ihr keine Pupillen- erweiterung. Bei grossen Dosen tötet es unter schwerer Zersetzung des Blutes, u. z. handelt es sich um Hämolyse der roten Blutkörperchen und um Methämoglobinbildung. Sekundär schliessen sich daran Degenerationen und andere Erscheinungen. Wie beim Morphium ist auch hier eine Gewöhnung an das Gift wahrnehmbar. Darin spricht sich allerdings eine gewisse Achnlichkeit mit dem Morphin aus. Im Gegensatz zu dem Morphin wird die Hauptmenge des Giftes durch den Harn aus dem Organismus ausgeschieden,

92 Huco BECKER

V. Ueber Amidophenanthren.

Es ist ganz sicher erwiesen, dass im Morphinmolekül ein Phenanthren- kern steckt. Es muss daher von theoretischem Interesse sein, die Wirkung stickstofthaltiger Phenanthrenderivate zu studieren. Im Handel giebt es diese nicht. Ich verdanke zwei derselben Herrn Docenten J. Schmipr (1) in Stuttgart, welcher dieselben kürzlich dargestellt und beschrieben hat. Ich will hier nur ganz kurz die Ergebnisse mitteilen.

Vom g-Amidophenanthren stand mir nur ein Gramm des salzsauren Salzes zur Verfügung. Es wurde in zwei Dosen von je 0,5 gr. einem Mittelhunde von 7 kgr. binnen 28 Stunden, in Fleisch eingewickelt, verabfolgt. Der Hund zeigte danach nicht die leisesten Beschwerden. Auch im Harn traten keine Veränderungen auf. Ich muss daher die genannten Mengen des g-Amidophenanthrens als für Hunde ungiftig und überhaupt für unwirksam erklären. Vielleicht erklärt sich dies z. T. mit daraus, dass das Präparat in Wasser fast unlöslich ist. Aus diesem Grunde war mir auch die Möglichkeit benommen, Versuche mit Subkutan- injektion vorzunehmen.

Das 3-Amidophenanthren stand mir ebenfalls als salzsaures Salz zur Verfügung, welches wenigstens in warmem Wasser sich genügend löst, um mit der Lösung Versuche zu machen. Die alkoholischen Lösungen der Base zeigen prachtvolle violette Fluorescenz. Ucbergiesst man die Base mit kalter konzentrierter Schwefelsäure, so erhält man nach Schmidt eine grüne Lösung, die beim Erwärmen zunächst gelb, schliesslich dunkel wird. Ich fand, dass diese Reaktion besonders schön durch das Marquis’sche Reagens hervorgerufen wird. Der Schmelzpunkt dieser Base liegt auffallender Weise bei 87,5°, während die vorhin genannte isomere erst bei 136° schmilzt.

Frósche vertragen Dosen von 5 mgr. subcutan ohne jede Storung. Im Harn liess sich eine Substanz nachweisen, welche Alkaloidreaktionen gab. Eine Katze erhielt 20 mgr. subcutan. Es erfolgte weder Narkose noch die für Morphin charakteristischen Erscheinungen (Excitation, Mydriasis:. Bei Verdoppelung der Dose starb sie über Nacht, nachdem sie mehrfach erbrochen hatte. Sonstige typische Erscheinungen waren auch diesmal nicht vorhanden. Die Sektion ergab starke Reizung der Magenschleimhaut.

Ein Hund von 7 kgr. erhielt 170 mgr. innerlich in Fleisch. Er bleibt zunächst ı ı/2 Stunden normal, dann erfolgte mehrmaliges Erbrechen

(1) Ber. d. Deutsch. Chem. Ges., Jg. 1901, p. 1641 u. 3531.

UEBER EINIGE MORPHINDERIVATE 93

sowie Uebelkeit und Gewinsel, 1 1/2 Tage lang andauernd. Von Narkose war nichts wahrnchmbar. Der Harn gab keine deutlichen Alkaloidreaktionen.

Auf Grund dieser Versuche ist man nicht berechtigt, dem 3- und g-Amidophenanthren irgend welche dem Morphin zukommenden Wirkungen suzuschreiben.

Als meine Arbeit schon längst von der Fakultät genehmigt und im Druck war, erschien die interessante Arbeit von Vanrenlı) über die Beziehungen der chemischen Konstitution des Morphins zu der Wirkung desselben. Es war mir leider nicht mehr möglich auf diese Arbeit näher einzugehen. Ich muss sie aber doch hier erwähnen, das die von VAHLEN als Morphigenin bezeichnete Substanz 9-Amino-1o-oxyphenanthren sein und morphinähnliche Wirkungen haben soll, was freilich von R. PscHorr(2) entschieden in Abrede gestellt wird.

Zum Schluss sei es mir gestattet, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. KoBERT, auch an dieser Stelle für die Anregung zu der vorliegenden Arbeit und für die liebenswürdige Unterstützung, die mir bei der Abfassung der Arbeit zu teil geworden ist, meinen herzlichsten Dank auszusprechen.

ANHANG.

VI. Ueber das Mercksche Morphiumglykosid von Dr KIMURA.

Die Firma E. Merck übersandte Herrn Prof. KoBErT 2 Präparate, welche ein aus Morphin künstlich hergestelltes Glykosid enthalten. Das eine Präparat enthält das basische Glykosid im freien Zustande, das andere als salzsaures Salz. Das letztere trägt den Namen Morphinum glycosidicum hydrochloricum. Dieses ist ein schwach sauer schmeckendes, nicht bitteres weisses Pulver. Es löst sich sehr leicht im Wasser (2 gr. Morph. glycosid. hydrochl. in 4 c.c. Wasser leicht löslich), aber es löst sich kaum in Aether, in Alkohol und in Chloroform.

Es verändert sich an der Luft etwas und wird dabei zu einer schwach gelblichen klebrigen amorphen Masse. Diese Masse ist im Wasser leicht löslich. Diese Lösung schmeckt bitter und giebt dann mit FeHLinc- scher Lösung schon ohne zerkochen schöne Reduction, während das frische Präparat diese Reaktion nicht giebt (vgl. unten).

(t) Arch. für exp. Path. u. Pharm. Bd. 47, 1902. (2) Chem. Berichte, 95, 1902, p. 2729.

94 Huco BECKER

Morph. glycosid. hydrochl. zeigt sowohl mit Frönnpe’schem Reagens als mit Marouiıs’ Reagens schöne blaue Färbung; aber diese beiden Reactionen erscheinen immer etwas später als beim Morphin. Die durch Margutis’ Reagens blau gefärbte Flüssigkeit zeigt bei spektroscopischer Untersuchung ein breites Absorptionsband, welches vom Grün bis zum Orange sich verbreitet.

Morph. glycosid. hydrochl. giebt mit Eisenchlorid keine Färbung, während Morphium hydrochloricum dabei schöne blaue Färbung zeigt. Es reducirt, solange es frisch ist, die Feurting’sche Lösung an sich nicht, sondern erst nach dem Zerkochen mittelst verd. Schwefelsäure. So zerkochtes Morph. glycosid. hydrochl. giebt mit Phenylhydrazin und essigsaurem Natron schöne Phenylglukosazonkrystalle, womit bewiesen

ist, dass wirklich ein Zucker abgespalten ist.

Einige Reaktionen von Morph. glycosid. hydrochl.

NAME DES REAGENS | REAKTION NH: Nichts NaHO Nichts AgNO; Milchiger Nd. Beim Kochen desselben keine

Veränderung ; aber beim Kochen mit Zusatz von NHs Reduction.

Goldchlorid Beim Kochen Reduction. Essigsaures Quecksilberoxvd keine Veränderung. Phosphormolybdänsäure ohne HCI weisser reichlicher Nd. » mit HCl schwach grüne Verfärbung. Phosphorwolframsäure mit HCI weisser reichlicher Nd. » ohne HCl Nichts. Silicowolframsáure schwach grünlicher Nd. Kalium-Quecksilberjodid reichlicher weisser Nd. Pikrinsäure gar nichts. Jodjodkalium reichlicher bráunlicher Xd.

Kalium monochromatum gar nichts.

Bromwasser

| Kaliumbichromatum gar nichts. gelber Nd. mit Hautchenbildung.

Kaliumwismutjodid reichlicher gelber Nd.

Kalium permangan. feiner Nd. und Entfarbung.

Kaliumterricyanatum - Lisenchlorid schon blau. Versuch I. Je eine Spritze gntsprechend 1 c.c. einer 1 °/oigen Losung von Morph. glycosid. hydrochl. wurde 2 kleinen Fröschen eingespritzt, ohne dass sich cine Wirkung des Giftes

zeigte. Der Harn beider Frösche zcigte ebenfalls nichts Abnormes.

UEBER EINIGE MORPHINDERIVATE 95

Versuch II.

Ein grosser Frosch erhielt ı c.c. = 0,05 gr. Morph. glycosid. hydrochl. Nach anderthalb Stunden wurde der Harn ausgepresst. Er zeigte mit Fening’scher Lösung erst beim Zerkochen mittelst verd. Schwefelsäure schöne Reduction, aber beim einfachen Kochen gar nicht. Ich bemerkte bei diesem Frosche geringe Reflexsteigerung ; sonst blieb er ganz gesund.

Versuch II.

Ein Frosch von 23 gr. erhielt 2 c.c. =0,1 gr. Morph. glycosid. hydrochl. Nach | 10 Minuten traten Zuckungen ein. Nach 45 Minuten kamen die Zuckungen mit grossem Intervall; in der Zwischenzeit war der Frosch ganz schlaff, aber bei Berührung und bei Erschütterung traten die Zuckungen wieder ein. Nach 1 1/2 Stunde war die Herzaction nicht mehr sichtbar; auch war das freigelegte Herz nicht mehr erregbar. Sektionsbefund negativ.

Versuch IV.

Einem Frosche von 28 gr. wurde o,1 gr. Morph. glycosid. hydrochl. eingespritzt. Nach 1 h. 10’ fand ich ihn ganz schlaff; aber beim Stossen traten Zuckungen ein. Nach 4 Stunden klopfte das Herz noch ganz regelmässig, aber das Tier war völlig gelähmt und man bemerkte gar keine Zuckungen mehr, auch nicht bei Erschütterungen. Nach 15h. stand das Herz zwar still, aber es war mechanisch noch erregbar und bei electrischer Reizung des Rückenmarks zuckten die Beine des Frosches noch deutlich.

Sektionsbefund negativ.

Versuch V.

Ein grosser Frosch erhielt 2 c.c. = 0,08 gr. Morph. glycosid., welches mit einem Tropfen verd. Salzsäure in Wasser gelöst wurde. Er wird bald ganz bewegungslos. Weder sofort noch später bemerkte'ich Krampfanfälle, obgleich er geringe Reflexerreg- barkeit bewahrt hat. Am nächsten Tage langsam Erholung, so dass er die Glieder schleppen, aber noch nicht hüpfen konnte. Der Harn dieses Frosches zeigte mit Eisenchlorid keine Reaction und mit FEHLING’scher Lésung erst beim Zerkochen schöne Reduction. Das alkoholische Extract der Intestina dieses Frosches zeigte mit Fröune'schem Reagens schöne blaue Färbung.

Versuch VE.

Ein kleiner Frosch erhielt 2 c.c. (= 0,08 gr.) derselben Lösung wie im Versuch V. Er bekam keinen Krampfanfall; er wurde allmählich bewegungsloser und endlich ganz schlaff. Reflexsteigerung war nicht bemerkbar. Am nächsten Tage blieb er ebenso ganz schlaf; aber die Herzaction und Athmung waren noch vollständig normal. Erst am dritten Tage Spuren von Erholung. Trotzdem starb er jedoch.

Versuch VII.

Einem grossen Frosche wurde 1/3 Spritze der 4 procentigen Lösung des Morph. glycosid. direct ins Gehirn eingespritzt. Er bekam gleich einen heftigen allgemeinen Krampfanfall, welchem eine tetanische Contraction folgte. Der Frosch geriet von selbst

in Rúckenlage und blieb langy ausgestreckt liegen in tetanischem Zustande. Dics

ch Htcuco Becker

dauerte 7 Stunden an. Dann liessen die spontanen Erregungen nach. aber auf Reize entstand stets wieder eine neue tetanısche Contraciion. Herzaction und Athmung war normal. Am nachsten Tage hatte er wieder normale Haitung und konnte Jie Extremitäten

schieppen, aber nicht hupfen. Spater völlige Erholung.

Versuch VIE. Eine mittelsrosse Katze erhielt 2 c.c. = 0.02 gr. Morph. givcosid. hyvdrochl.

subcutan. Keine Vergiftungserscheinung war warnehmbar.

Versuch IX. Ein mittelgrosses Kaninchen erhielt 2 c.c. = 0,02 gr. desselben Präparates. Nach

30 Minuten wurde es etwas trage; sonst trat keine besondere Erscheinung aut.

Versuch XX.

Ein kleiner Hund von 2500 gr. erhielt um ıı h. 15’ Vormittags in Form einer conc. Lösung 2 gr. Morph. grlycosid. hydrochl. subcutan. Er wurde bald nach der Einspritzung sehr ruhig. Nach 3 Minuten erbrach er einmal. Um ııh. 35’ konnte er nicht mehr seinen Korper aufrecht halten; er liegt mit breit gespreizten Beinen auf dem Bauche. Auf Stosse reagiert er gar nicht; Schmerzempfindlichkeit war ganz verschwunden, die Motilitat aber nicht ganz.

Um ız h. machte er zeitweise Würgbewegungen. Sonst besteht Schlafsucht.

Um 12 h. 30' erbrach er oftmals mit heftigen Würgbewegungen. Schon vor denselben wird er immer sehr unruhig.

Um ı h. lief er mit gespreitzen Beinen herum ; Körpertemperatur war Jabei 37,50.

Um 1 h. 30' trat ein sehr heftiger Krampfanfall ein von enorm langer Dauer.

Um 2h. 15' Nachmittags starb er, erschöpft durch dıe Krämpfe.

Sektionsbefund : Keine anatomische Veränderung, keine Blutung an verschiedenen Körperorganen gefunden, nur leichte Hyperämie der Dickdarmschleimhaut. Im Alkohol- auszugr von Leber, Niere, Schleimhaut des Darmtractus, Blut und Mageninhalt konnte ich mit frisch bereitetem Marortis'schen Reagens und mit FrómDE'schem Reagens

Morphinreactionen erhalten.

Diese Versuche, welche natürlich nur als vorläufige Orientierungs- versuche dienen sollen, scheinen mir bereits genügend, um folgende Behauptungen aufzustellen.

ı) Das Morphiumglycosid ist, namentlich in Form der Lösung seiner Salze leicht zersetzlich. Aus diesem Grunde würde es sich zum praktischen Gebrauche des Arztes weniger eignen als salzsaures Morphin.

2) Die krampfmachende Komponente der Morphinwirkung ist beim Glycosid so stark ausgesprochen, dass Hunde unter heftigster Reizung der motorischen Rückenmarksganglien sterben. Bei anderen Tieren sind die Reizerscheinungen weniger ausgesprochen. Die beim Frosch nach intra- cerebraler Injektion auftretenden Reizerscheinungen sind belanglos, denn sic treten bekanntlich gerade ebenso auch nach einigen ungiftigen Stoffen auf, wie z. B. nach Ferrocyankalium.

A «o ee nie

UEBER EINIGE MORPHINDERIVATE 97

3) Während 0,02 gr. Morphin. hydrochl. bei der Katze starke Gehirnreizung machen, ist diese Wirkung bei derselben Dose des Glykosides auch nicht einmal andeutungsweise vorhanden.

4) Im Organismus scheint das Glykosid gespalten zu werden.

Unter allen Umständen ist das Studium dieses Glykosides pharmako- logisch von Interesse; dass es je therapeutische Anwendung finden wird,

istaber unwahrscheinlich.

ee . . a

AUS DEM PHARMAKOLOGISCHEN INSTITUT DER UNIVERSITAT JENA. Dir. Pror. Dr Kıonka.

Beiträge zur Wirkung des Scopolaminum hydrobromicum.

VON

Dr men. MARTIN KOCHMANN,

Assıstent am Institut.

Seit den Untersuchungen A. LADENBURG'S (1) und E. ScHmiDT'S (2) ist einiges Licht in die Frage gekommen, welche Alkaloide (und von welcher Beschaffenheit) in den Pflanzen der Belladonnagruppe enthalten sind. Nur über zwei derselben, das Hyoscin und das Scopolamin, sind anscheinend die Akten noch nicht geschlossen. LADENBURG hält beide Alkaloide für identisch, Schmior dagegen nimmt für das Hyoscin die empirische Formel Cı;H:3N Os, für das Scopolamin die Formel CırHsıNO4 an. Der Schamipr’schen Ansicht scheinen sich jetzt die meisten Autoren zuzuwenden. Sehr einleuchtend ist die Meinung Ernst’s (3), welcher auf Grund der chemischen Eigenschaften und der Darstellung, sowie des physiologischen Verhaltens des Scopolamins dieses für ein ganz reines Hyoscin, das Hyoscin des Handels demnach für ein verunreinigtes Scopolamin hält. Nach den Analysen Merck’s sind beide Alkaloide mit- einander identisch.

Das Scopolamin kommt bekanntlich in der Wurzel der Scopolia japonica, ferner in den Samen von Hyoscyamus niger, in den Blättern von Duboisia myoporoides und schliesslich, aber in sehr geringer Quantität in den Samen von Datura Stramonium und der Wurzel von Atropa Bella- donna vor. Durch dieselben Agentien, durch welche Atropin in Tropasäure

Arch. internat. de Pharmacodynamice et de Therapie, vol. XII. ` 7

100 MARTIN KocHMANN

und Tropin gespalten wird, nämlich durch verdünnte Salzsäure oder Barytwasser, lässt sich Scopolamin in das basische Scopolin und Tropa- säure zerlegen.

Die Litteratur über die Wirkungsweise des Hyoscins bezw. des Scopolamins ist in eine ganz beträchtliche, die meisten Mitteilungen stammen von Psychiatern und Augenärzten, von denen das Alkaloid häufig angewandt wird. Experimentelle Arbeiten sind jedoch nur in verhältnismässig geringer Zahl erschienen. Es sind dies die Arbeiten von Woop Lui, PawrLorr (5), CLAUSSEN (6) und der Schüler Koserrs (7), SoHrT (8), WALTER (9), ERNST (3), Rama, welche unter Leitung Koserts mit modernen Methoden am besten die physiologischen und toxischen Eigenschaften des Scopolamins bezw. Hyoscins studirt haben. Dann ist vor allem noch eine grosse experimentelle Studie von DE STELLA (16) zu erwähnen. Mit reinem Scopolamin haben nur Ernst, Ramu und DE STELLA experimentell gearbeitet. Nach dem ersten sind die Wirkungen beider Alkaloide zwar nicht volkommen mit einander identisch, aber hauptsächlich in Bezug auf Herz und Respiration einander gleich. Deshalb muss ich auch die Resultate der genannten Arbeiten, welche sich auf das Hyoscin beziehen, erwähnen, weil sie zum Verständnis notwendig sind. Im folgenden sind sie kurz scizzirt :

Woop (4) glaubte nach seinen Versuchen annehmen zu müssen, dass Hyoscin den Herzvagus intact lasse, aber in geringem Maasse das Herz angreife; Craussen (6) fand dagegen beim Hunde eine Pulsverlang- samung, woraus er auf Reizung des Herzvagus schliesst. SourT (8) fand nun, dass Hyoscin den Hemmungseinfluss des Vagus beseitige und dies gleichmässig beim Kaltblüter und Menschen. Auch das Scopolamin hat nach Ernst und DE STELLA eine lähmende Wirkung auf den Hem- mungsapparat des Herzens; denn das Herz von Fróschen, welches durch Muscarin in einen diastolischen Reizungsstillstand versetzt worden ist, fängt nach Scopolaminapplication wieder zu schlagen an. Da nun Muscarin den Hemmungsmechanismus des Herzens reizt, so ist die logische Folge, dass Scopolamin bezw. Hyoscin denselben lähmt. Die Herzkraft und das Schlagvolumen des Herzens wird durch Scopolamin nicht erhöht, wie aus Durchströmungsversuchen ErnsT’s am Froschherzen mit Sicherheit hervorgeht.

Wie oben gesagt, konstatirte Craussen auf Hyoscin eine Pulsverlang- sammung, SourT dagegen fand bei Hunden und Katzen immer eine erhöhte Pulsfrequenz (beim Kaninchen war dies wegen des geringen Vagustonus, den diese Tiere besitzen, nicht zu bemerken) eine Thatsache, welche sehr

WIRKUNG DES SCOPOLAMINUM HYDROBROMICUM 101

gut mit seinen Versuchen am Froschherzen harmonirt. Beim gesunden Menschen liess sich eine Wirkung des Hyoscins auf den Puls nicht beobachten. Scopolamin macht nach Ernsr ebenfalls eine Erhéhung der Pulsfrequenz, beim Warmblüter ist im Anfang manchmal eine Puls- verlangsamung (Vagusreizung) zu bemerken. Beim Menschen tritt diese Verlangsamung sehr oft stark hervor. DE STELLA beobachtete beim Hunde auf kleine Dosen Erhöhung der Pulsfrequenz, auf grössere eine gering- fügige Verlangsamung.

Der Blutdruck wird durch Hyoscin nicht wesentlich beeinflusst (SoHRT) Scopolamin bewirkt dagegen im Anfang eine Steigerung des Blutdrucks, welcher aber bald wieder auf die Norm, bisweilen ein geringes unter die Norm sinkt (Ernst). Auch nach ve STELLA steigt auf Scopolamin anfangs der Blutdruck, um dann weit unter die Norm zu sinken. Beim Menschen soll der Blutdiuck steigen. Da nun die Herzkraft nach Scopolamin- application nicht erhölt wird, andrerseits sich die peripheren Gefässe (isolirter Organe) erweitern, so dürfte die Erklärung Ernst ohne Zweifel richtig sein :

a Das Steigen des Blutdrucks muss wohl durch eine Reizung des resp. der vasomotorischen Centra erklärt werden, da eine Erhöhung des Blut- drucks in Folge von Reizung des peripheren, vasomotorischen Apparats nach den bei den Durchströmungsversuchen gewonnenen Daten nicht angenommen werden kann. » Er sagt dann weiter : « Da die Gefässe erweitert werden, so muss die Reizung der vasomotorischen Centra eine sehr starke sein, denn sonst würde sie gar nicht zu stande kommen. »

DE STELLA erklärt dieselben Erscheinungen auf andere Weise. Doch glaube ich auf Grund meiner Versuche, dass dieselbe nicht so wahr- scheinlich ist wie die von Ernst.

Woop hatte bei seinen Versuchen mit ce anfangs ein Sinken, nachher ein Steigen und schliesslich ein Absinken des Blutdrucks beruhend auf einer Lähmung der Vasomotoren konstatirt. Jedenfalls geht aus dem Citirten hervor, dass darüber keine Klarheit herrscht.

In Bezug auf die Respiration glaubt Sourr bewiesen zu haben, dass Hyoscin die Athmung nicht beeinflusse, nur bei einer Katze hat er ein « Absinken der Athemfrequenz », welches er aber nicht als eine Wirkung des Hyoscins anspricht, gesehen, und zweimal bei Hunden Dyspnoe. Durch Scopolamin soll nach Ernst die Athmung nicht beeinflusst werden.

Was die Wirkung des Hyoscins bezw. des Scopolamins auf die Speichel-, Schweiss- und Schleimsecretion angeht, so geben alle Autoren an, dass sie eine lähmende sei, indem die Secretionsnerven paretisch würden.

s

102 MARTIN KOCHMANN

Die Schweissecretion soll durch |Hyoscin sogar starker vermindert werden als durch Atropin.

Die Wirkungen des Hyoscins auf das Auge hat WALTER (9), ebenfalls ein Schüler KogerTs, ausführlich studirt. Die Ergebnisse seiner sorgfältigen experimentellen Studien sind etwa folgende. « Hyoscin erweitert die Pupille und lähmt die Accomodation. Die Wirkungen des Hyoscins tretten viel schneller ein, als die des Atropins, die Mydriasis ist aber bei ersterem von etwas kiirzerer Dauer, die Dauer der Accomodationslihmung aber annähernd gleich. Der intraoculäre Druck wird durch Hyoscin nicht beeinflusst, (selbst nicht bei chronischem Glaucom). » Die Wirkungen des Scopolamins sind nach ERNST ähnlich denen bei Hyoscin. Mydriasis und Accomodationslahmung sind ebenfalls vorhanden. Scopolamin macht schon in viermal kleinerer Dosis als Atropin, Pupillenerweiterung, bel gleichen Dosen tritt dieselbe schneller ein, erreicht früher ihren Héhepunkt als bei Atropin und hält auch linger an. Dagegen sah BELLJARMINOW (10)

in seinen Versuchen eine kürzere Dauer der Mydriasis. Die Lähmung der

Accomodation soll nur verhältnismässig kurze Zeit andauern. Die Gefässe.

des Bulbus sollen verengert werden, der intraoculäre Druck ist trotz Irisreffung nicht erhöht, was man sich aus der central bedingten Gefässverengerung erklären kann.

Auf den Darm wirkt Hyoscin und Scopolamin wie Atropin, d. h. es wirkt einerseits lihmend auf die motorischen Endapparate des Vagus und beseitigt andrerseits die Splanchnicushemmungen. Auf diese Weise konnte SoHRT die stürmische Peristaltik, welche durch Muscarin hervorgerufen wird, durch Hyoscin in geordnete Bahnen leiten.

Von den Wirkungen des Hyoscins auf das Nervensystem wáre zunáchst zu erwähnen, dass \Voop eine die Reflexerregbarkeit lähmende Wirkung annimmt. Sonrrt und KOBERT konnten dies nicht bestätigen, sondern sahen in ihren Versuchen überhaupt keine Wirkung auf das Rückenmark. Die Erregbarkeit der Grosshirnrinde für faradische Reizung, welche durch Atropin erhöht wird, ist bei Darreichung von Hyoscin bei Hunden gegen die Norm nicht verändert (SoHRT). Scopolamin dagegen setzt nach Ramm (*) und DE STELLA die electrische Erregbarkeit der Grosshirnrinde ausser- ordentlich stark herab. Beim Menschen wirkt Scopolamin und Hyoscin gleichmässig hypnotisch und sedativ. Gewóhnlich tritt nach 10—12 Mi- nuten darin stimmen alle Autoren úbercin, (GNAuck (11), CLAUSSEN,

SoHRT, Woop, ERNST und andere) traumloser Schlaf ein, der mehrere

en

(*) Citirt nach ERNST.

WIRKUNG DES SCOPOLAMINUM HYDROBROMICUM ` 103.

Stunden anhalten kann. Im Tierexperiment sah Ernst bei Hunden auf grosse Dosen Scopolamin (0,02 gr.) Unruhe eintreten, welche aber ebenfalls bald langdauerndem Schlaf wich. Nach 24 Stunden waren die Tiere bis auf die Mydriasis wieder normal. Bei Menschen bemerkte er vor Eintritt des Schlafes eine Herabsetzung der Denkfähigkeit. Diese schlafmachende Wirkung des Scopolamins ist es, welche von den Psychiatern benutzt wird.

Therapeutisch wird das Hyoscin und Scopolamin als Ersatz für das Atropin angewandt, also in der Augenheilkunde, oder zur Einschränkung der Schleim-, Schweiss- und Speichelsecretion u. s. w. Sein Hauptan- wendungsgebiet findet es aber in der Psychiatrie als Scdativum und Hypnoticum bei aufgeregten Geisteskranken. Auch bei den verschiedensten somatischen Krankheiten, bei Keuchhusten, bei Asthma, selbst an Stelle des Morphins bei fieberhaften Erkrankungen, letzteres meistens ohne günstigen Erfolg, ist das Hyoscin (Scopolamin) gegeben worden.

Ein Punkt, der von vielen Autoren erwähnt wird, ist die im Verhältnis zum Atropin geringe Toxicität des Hyoscins und ın noch höherem Grade des Scopolamins. Die einwandsfrei mitgeteilten Fälle von Vergiftungen mit Hyoscin sind sämmtlich in Genesung übergegangen. (Ohne irgend welche Nachkrankheit). Vom Scopolamin teilt Ernst mit, dass es ihm nicht gelungen sei, für Warmblüter eine letale Dosis aufzustellen.

In neuster Zeit ist von SCHNEIDERLIN (12) dem Scopolamin ein neues Anwendungsgebiet erschlossen worden in der sog. SCHNEIDERLIN’schen Narkose, combinirten Scopolamin-Morphinnarkose, welche es bei sub- . cutaner Application beider Alkaloide ermöglicht, selbst die eingreifendsten Operationen zu unternehmen. Weiterhin ist dann von Korrr (13) und BLos (14) die SCHNEIDERLIN'sche Narkose zum Teil mit geradezu idealem Erfolge angewandt worden. Doch in einer weiteren Mitteilung Korrr’s (13) wird darauf aufmerksam gemacht, das die Art der Application und die Indicationen für die Scopolamin-Morphinnarkose noch nicht genügend ausgearbeitet seien und dass Scopolamin seinen pharmakodynamischen Eigenschaften nach noch nicht volkommen bekannt sei; infolgedessen und einiger hieraus resultirender Misserfolge fühlt sich Korrr verpflichtet zur grössten Vorsicht zu raten. Auch Witze (15) hat einige ungünstige Mitteilungen gemacht.

Alle diese Veröffentlichungen über die ScHEIDERLIN’ sche Narkose legten mir den Gedanken nahe, die pharmakologische Wirkung des Scopo- lamins zu studiren und die eventucll schon von anderen Autoren gefundenen Ergebnisse zu ergänzen. Bei Durchsicht der schon citirten

104 MARTIN KocHMANN

- Litteratur fand ich alsbald, dass gerade auf dem Gebiete der Wirkungsweise des Scopolamins, welche bei einer Narkose vor allen Dingen in Betracht kommen, nämlich die Wirkung auf Respiration, Blutdruck und Puls manche Widersprüche und Unklarheiten, selbst bei den einwandsfreien Autoren, wie SotrT, ERNST und DE STELLA existirten. Diese Wiedersprüche mussten beseitigt werden! Auf diese Weise kam die vorliegende Arbeit zu stande, deren Resultate im Folgenden mitgeteilt werden sollen.

Zu meinen Versuchen benutzte ich das Scopolaminum hydrobromicum von E. MErck— Darmstadt. Dasselbe war schön kristallisirt. Die Lösungen wurden vor den Versuchen frisch bereitet, um Zersetzung des immerhin labilen Präparates zu vermeiden. Dice ersten Untersuchungen erstreckten

sich auf den

I. Kaltblüter (Frosch).

Die Wirkungen des Scopolamins auf Rana temporaria und Rana esculenta waren gleich, ohne irgend welchen Unterschied. |

Auf kleine Dosen, 0,0005—0,001 gr. Scopolamin. hydrobromicum in den Kehllymphsack eines Frosches injicirt, tritt bei demselben nichts Bemerkenswertes ein, nur behält er, auf den Rücken gelegt, diese Lage während der Dauer von 2—3 Minuten bei, was ein normaler Frosch nie thut.

Auf mittlere Dosen von Scopol. hydrobr., 0,005 —0,01 gr. zeigte sich im Verlauf einer viertel Stunde nach der Injection eine deutliche Irradiation der Reflexe, wobei die erzwungne Rückenlage bestehen bleibt. Je nach der Höhe der Dosis tritt nach 2 ı/2—3 Stunden Rückkehr zum normalen Verhalten ein.

Auf grosse Dosen Scop. hydrobr., 0,01—0,02 gr., treten folgende Erscheinungen zu Tage. Schon zwei Minuten nach der Injection in den Kehllymphsack, bleibt der Frosch auf den Rücken gelegt, in dieser Lage. Bald macht sich eine geringe Irradiation der Reflexe und, auf tactile Reize, eine Andeutung von klonischen Krämpfen ın den hinteren Extremi- täten bemerkbar. Bei ganz grossen Dosen, 0,02 gr. tritt sofort eine Verringerung der Reflexerregbarkeit ein, schliesslich erlöschen die Reflexe vollkommen, selbst starke tactile und electrische Reize lassen keinen Reflex mehr zu stande kommen. Extendirt man nunmehr die Beine des Frosches, so werden sie nicht nicht wieder angezogen. Spontanbewegungen werden nicht producirt. Die IIerzaction ist in diesem Stadium der Intoxication schwach, matt und langsam. Die Bewegung des Herzens ist

zudem eine ganz cigentümliche. Nach der Systole der Kammer tritt eine

WIRKUNG DES SCOPOLAMINUM HYDROBROMICUM 105

Erschlaffung derselben ein, bei welcher dieselbe rosa gefärbt erscheint, (son dem wieder einströmenden Blute). Eine vollkommene Diastole ist aber vorläufig noch nicht bemerkbar. Diese kommt erst zu stande, wenn die Vorhöfe sich contrahiren und deren Blut in die Kammer geworfen wird. Dadurch erscheint die Herzaction einer peristaltischen Bewegung ähnlich. Bevor diese Erscheinungen am Herzen auftreten, zeigt sich kurz nach der Injection eine geringe Verlangsamung des Herzschlages (bei geordneter Herzbewegung), welcher, wenn die Dosen nicht zu hoch waren, zur Norm zurückkehren kann. Bei Dosen von 0,02 gr. Scopol. hydrobr. tritt diastolischer Herzstillstand ein, bei 0,015 gr. erholt sich der Frosch wieder völlig.

Die allgemeine Lähmung, welche auf grosse Dosen eintritt, ist eine central bedingte, denn sowohl auf directe Reizung des Muskels als auch der zugehörigen Nerven, sind Muskelcontractionen auslösbar.

Bei SoHrtT findet sich keine genauere Angabe darüber, wie die Reflexerregbarkeit und die Schlagfolge des Herzens unter Einwirkung von Hyoscin verändert wird. ERNST und DE SteLLa dagegen gelangen bei Application von Scopolamin zu gleichen Resultaten wie ich, nur die Reflexir- radiation, welche ich im Anfang der Wirkung nachweisen konnte, finde ich nicht erwähnt. Auch Ernsrt’s Erklärung der Verlangsammung des Ierz- schlages kann ich zustimmen. Er sah bei seinen Versuchen, dass der durch Muscarin hervorgerufene Reizungsstillstand des Herzens durch Scopolamin wieder aufgehoben werde. Da nun demnach Scopolamin die Hemmungs- apparate, welche durch Muscarin gereizt werden, lähmt, so kann man als Grund für die Verlangsammung des Ilerzschlages nicht eine Reizung des N, vagus annehmen, sondern muss sie auf eine Lähmung des « excito- motorischen » Apparates zurückführen. Als weiteren stichhaltigen Beweis für seine Ansicht führt der genannte Autor die Thatsache ins Treffen, dass Atropin, bei der durch Scopolamin hervorgerufenen Verlangsamung des Herzschlages, keine Beschleunigung verursache, was der Fall scin müsste, da ja der Vagus, der Hemmungsnerv des Ilerzens, durch Atropin nunmehr gelähmt ist. Dass auf Darreichung von Scopolamin beim Frosch keine absolute Beschleunigung des Ilerzschlages (über die Norm hinaus) entsteht, ist darauf zurückzuführen, dass der Vagustonus beim Frosch gleich null ist. Die Dosen, die Ernst und ich anwandten, stimmen nicht untereinander überein; das mag wohl daran liegen, dass Ernst ScHMipT'sches, ich dagegen Merck’sches Scopolamin. hydrobromicum verwendeten. Die Dosen DE STELLA's dagegen sind den Meinigen annähernd gleich. Als letale Dosis für den Frosch fand ich 0,02 gr. des bronwasserstoffsauren Salzes,

106

MARTIN KOCHMANN

Im Folgenden gebe ich einen Auszug meiner Versuchsprotokolle

wieder :

10 h.

11 h. 11 h. 2 h.

10 h. 11 h. 11 h. 11 h.

2 h.

12 h. 12 h.

2 h.

1. Rana temporaria.

57'. Injection von 0,5 mgr. Scopolamin. hydrobrom. in den Kehllymphsack.

o4'. Lebhaftere Bewegungen. Vielleicht eine geringe Irradiation der Reflexe.

10. Unruhig und lebhaft.

40'. Verhalten zeigt, was Reflexe, Motilität und Sensibilität anlangt, keinerlei Abweichung von der Norm.

2. Rana esculenta.

59'. Injection von 1,0 mgr. Scopolamin. hydrobrom. in den Kehllymphsack.

02'. Lebhaft und unruhig.

07!. Bleibt auf den Rücken gelegt, 3 Minuten, in dieser Lage.

32'. Auf den Rücken gelegt, macht 2 Minuten lang vergebliche Anstrengungen sich wieder auf den Bauch zu legen, was ihm aber schliesslich doch gelingt.

', Verhalten wieder vollkommen normal.

©

4

3. Rana temporaria.

17". Injection von 5,o mgr. Scopolamin. hydrobrom. in den Kehllymphsack.

30'. Reflexe schwach, aber etwas irradiirt. Beim Kneifen eines Hinterbeines, Abwehrbewegungen mit allen vier Extremitäten. Während 2 Minuten "bleibt erzwungne Rückenlage bestehen.

45'. Verhalten zeigt keine Abweichung von der Norm.

4. Rana esculenta.

2 h. 55'. Injection von 10,0 mgr. Scopolamin. hydrobrom. in den Kehllymphsack.

2 h. 58'. 2 Minuten lang verharrt der Frosch in Riickenlage, nachdem er auf den Riicken

gelegt worden ist. Unbeholfene Bewegungen. Berúhrt springt er nicht

úber den kaum 1/2 cm. hohen Rand des Tellers, auf welchem er sitzt.

3 h. oo'. Riickenlage bleibt bestehen. Reflexe normal. 3 h. 30'. Rückenlage bleibt bestehen. Reflexe deutlich irradiirt.

3 h. 40'. Im Wesentlichen dasselbe Bild. Die extendirten Beine werden sofort angezogen.

4h. oo!. Rückenlage bleibt bestehen, die Irradiation der Reflexe nicht mehr deutlich.

Lähmungserscheinungen sind sonst nicht vorhanden.

6h. oo’. Spontan wieder Bauchlage. Im Verhalten ist eine Abweichung von der Norm

nicht zu entdecken.

5. Rana temporarsa.

8 h. 43'. Herz frei gelegt. 36—40 Schläge in der Minute.

8 h. 45'. Injection von 10,0 mgr. Scopolamin. hydrobrom. in den Kehllymphsack

8 h. 50'. 32 Schläge in der Minute.

9 h. oo'. 32 » > »

9 h. 15". 25 » » » »

Die Anzahl der Elerzschläge steigt schliesslich wieder auf die Norm,

ເມ” va fs ii

WIRKUNG DES SCOPOLAMINUM HYDROBROMICUM 107

6. Rana temporaria.

10 h. 07?

10 h. 10'

. Freilegung des Herzens. 36 Herzschläge.

. Injection von 10,0 mgr. Scopolamin. hydrobrom. in den Lymphsack des Rückens.

10 h. 15’. 30 Herzcontractionen in der Minute.

10 h. 30!

. 24 Herschlige.

Erholt sich wieder vollkommen.

7. Rana temporaria.

12h. ro’. 12 h. 12. 12 h. 15".

12 ໄ. 30. 12 h. 37'.

12 h. 35’.

3 0. 10!. 5h. 03".

7 h. oo".

Injection von 15,0 mgr. Scopolamin. hydrobrom. in den Kchllymphsack.

Auf den Riicken gelegt, bleibt die Riickenlage bestehen.

Auf sensible Reizung Andeutung von klonischen Krämpfen in den hinteren Extremitáten. Verharren in Rúckenlage.

Geringe Reflexirradiation. Reflexe normal stark.

Reflexäusserungen selbst auf starke sensible Reize schr schwach. Reflexirradia- tion nicht mehr vorhanden. Rückenlage.

Keine Reflexe mehr auslösbar. Rückenlage.

. Durch faradische Reizung am Maule keine Abwehrbewegungen zu erzielen.

Keine Reflexe. Hinterbeine werden nicht mehr angezogen. Spontan keine Bewegung. Durch elcctrische Reizung des Muskels und des Nerven sind Muskelcontractionen auslösbar. Rückenlage bleibt bestehen. Herzaction schwach und langsam, 20 Schläge in der Minute.

. Schwache Herzaction von eigentümlicher Contractionsform. Erst Systole der

Kammern, dann Erschlaffung, aber keine völlige Diastole, welche erst eintritt durch Contraction der Vorhöfe. Reflexe wıe oben. Reflexe wieder vorhanden. Keine Irradiation derselben. Herzaction wie vorher. Frosch ist matt, macht aber wieder Bemühungen die Bauchlage einzu- nehmen. Herzaction scheint wieder etwas besser zu sein. Reflexe nıcht irradiirt, sind in normaler Stärke vorhanden.

Hat sich beinahe vollkommen herholt. Versuch wird nicht weiter verfolgt.

8. Rana temporaria.

3 1. 30!. 3h. 34".

3 h. 40!. 4 h. oo'.

4 h. 10'.

4 h. 15.

Injection von 20,0 mgr. Scopolamin. hydrobrom. in den Kehllymphsack.

Aufden Rücken gelegt, Verharren in dieser Lage. Schwache Reflexe auf taktile und electrische Reize.

Reflexe erloschen. Rückenlage bleibt bestehen.

Dasselbe Verhalten. Schwache Herzaction. Die Contractionen erstrecken sich nicht mehr auf den ganzen Ventrikel.

Langsame, schwache Herzaction mit partieller Systole der Kammer. Reflexe erloschen. Muskelerregbarkeit erhalten. Kräftige Muskelcontractionen vom N. Ischiadicus auslösbar.

Diastolischer Herzstillstand. Sonst wie vorher.

108 MARTIN KocHMANN

II. Wirkung des Scopolamins auf den Warmblüter.

1. VERSUCHE AM KANINCHEN.

Auf Dosen von 0,01—0,02 gr. Scopolamin. hydrobromic. war nichts Auffallendes zu bemerken. Kurz nach der Injection waren die Tiere schreckhaft. Die Pupillen wurden weit und reactionslos (auf Lichteinfall). Die Athmung wurde um weniges langsamer. Nach ungefähr 5 Stunden im Durchschnitt waren die Tiere norınal. Cornealreflex war immer vorhanden. Von einer sedativen oder gar narkotischen Wirkung war nichts zu bemerken.

Die Einzelheiten dieser Versuche sind aus den folgenden Protokoll-

auszügen zu ersehen. i

1. Kaninchen, männlich.

oo'. Absolut normales Verhalten. 120 Pulse, 100 Athemzige in der Minute.

ະາ ໂງ

10'. Injection von 0,01 gr. Scopolamin. hydrobrom. subcutan. 30'. Sitzt in der Ecke, bei Berührung schreckhaft und daraufunrühig umherlaufend.

Fa ໂງ JA

"າ ໂງ

Mydriasis. Pupillen reactionslos. 12 h. 40'. Schr schreckhaft, 80 Athemziige, 120 Pulse in der Minute. 3 h. 50'. Ausser der Mydriasis nichts Besonderes. 5 h. 10!. 100 Athemzüge, 120 Pulse in der Minute. Mydriasis. Sonst normales Verhalten.

2. Kaninchen, männlich, 2150 gr. 7 h. 55'. Normales Verhalten, 110 Pulse, 100 Athmungen. 8 h. o0!. Injection von 0,02 gr. Scopolamin. hydrobrom. subcutan. 8 h. 15'. Etwas schreckhaft, roo Pulse, 80 Athemzúge. Mydriasis.

8 h. 20!. Status idem. ob 3o'. Ausser Mydriasis nichts Auffiilliges wahrnehmbar. Puls 120, Athmung 100.

Zwei weitere Versuche mit den gleich hohen Dosen ergeben dasselbe Resultat.

Da die Tiere auf Scopolamin in Bezug auf ihr Allgemeinverhalten so wenig reagirten, ging ich bald dazu über, die Wirkung des Alkaloids aut Blutdruck und Athmung zu studiren. Dabei zeigte sich etwa folgendes.

Bei Dosen von 0,005—0,02 gr. intravenös war nichts Besonderes im Verhalten des Blutdrucks zu bemerken. Derselbe änderte sich kaum, bald stieg er um wenige mm. Hg., bald sank er in einem anderen Versuch um die gleiche Grösse.

Auf 0,04 gr. Scopolamin hydrob. konnte ein Ansteigen um 16 mm. Hg. beobachtet werden. Auf Dosen von 0,05 und darüber war im Allgemeinen ein Absinken des Blutdrucks zu constatiren, das ganz rapide bei 0,15 gr. eintrat und bis zur Nulllinie fortschritt.

Was den Pals anbetrifft, so wäre zu erwähnen, dass sich die Frequenz

desselben bis zum Tode des Tieres nicht änderte, nicht zunahm, aber auch

WIRKUNG DES SCOPOLAMINUM HYDROBROMICUM 109

nicht geringer wurde. Dabei konnte durch directe faradische Reizung des Vagus bewiesen werden, dass derselbe nach intravenóser Application grösserer Scopolamingaben vollkommen gelähmt war. Dass trotzdessen keine Erhóhung der Pulsfrequenz zu stande kam, kann mann sich einerseits dadurch erklären, dass der Vagustonus beim Kaninchen (ebenso wie beim Frosch) ein sehr geringer, beinahe gleich Null ist, mithin sein vollkommner Fortfall ohne grösseren merkbaren Effect ist, und dass andrerseits der excitomotorische Apparat des Herzens durch Scopolamin geschädigt werde, wie es ERNST, wenigstens fürs Froschherz bewiesen hat. Nur in einem Falle war bei meinen Versuchen eine Erhöhung der Puls- frequenz zu konstatiren.

Das Verhalten der Atkmuug wurde sowohl durch Registrirung mittels der Marey’schen Trommel als auch durch Versuche an der Gasuhr genauer studirt. Dabei zeigte sich, dass die Respiration beim Kaninchen durch kleine und mittlere Gaben von Scopolamin. hydrobromic. nicht geschädigt wird, man kann im Gegenteil wohl sagen, dass die Athemgrösse, mit anderen Worten : das in der Zeiteinheit ein- und ausgeathmete Luft- quantum, um ein geringes erhöht wird. Bei Dosen über 0,05—o,1 gr. Scop. hydrobr. ist aber immer eine Athmungsschädigung deutlich wahr- nehmbar : einmal wird die Athemfrequenz eine geringere und dann wird die Athemgrösse verkleinert. Allerdings überwindet dass Tier diese Schädigung ausserordentlich schnell, kompensirt sie dann sogar gewisser- massen durch erhöhte Athmungsthätigkeit, welche zwar bald wieder nach- lässt, aber zunächst nicht vollkommen wieder zur Norm absinkt. Athem- frequenz sowohl wie Athemgrösse bleiben über die Norm erhöht, aber das Verhältnis von Athemgrösse zur Athemfrequenz ist kleiner geworden, d.h. die einzelnen Athemzüge sind oberflächlicher geworden und produciren nicht mehr dasselbe Luftquantum.

Bei Gaben von 0,15 gr. Scopolamin. hydrobromic. trat in allen unseren Versuchen Respirationsstillstandaufundzwar, bevor der Blutdruck auf Null gesunken war und das Herz zu schlagen aufgchört hatte.

Die Einzelheiten über die Wirkung des Scopolamins auf Blutdruck, Puls und Respiration beim Kaninchen sind aus den beigegebenen Protokollauszügen ersichtlich :

1. Kaninchen, männlich, 1480 gr.

Die V. Jugularis und die A. Carotis communis werden frei präparirt, in die Vene wird eine Canüle einer Pravazspritze eingebunden (zur intravenösen Injection des Scopolamins). Die Arterie wird durch einen dickwandigen Schlauch mit dem Mano- meter des HürTLLE'schen Kymographion in Verbindung gebracht.

110 MARTIN KocHMANN

Zeit Pemerkungen in der Min. 12 h. 30’ | Operation beendet. ı2 h. 50' | Nachdem sich das Tier von der Operation erholt 100 160 hat, wird es an das Kymographion gelegt. 12 h. 55’ | Intravenöse Injection von 0,01 gr. Scopol. hydro- 100 180 bromicum. 1 h. 05' | 0,02 Scapolamin hydrobromic. 96 180 Der Versuch wird abgebrochen. 2. Kaninchen, männlich, 1610 gr. Dieselbe Versuchsanordnung. Zeit Bemerkungen naa De. indie 5 h. o1! | Nachdem sich das Tier von der Operation erholt 40 168 hat, wird es an das Kymographion gelegt. 5 h. 03' | Scopolamin. hydrobromic. 0,005 gr. intravenós. 40 168 5 h. 06' | Scop. hydrobr. 0,01 gr. intravenös. 52 168 5h. ro! » » 0,02 » » 48 168 Sh. 15' » » 0,04 » » 64 192 5h. 20! 60 216 5h. 23! 60 216 5 h. 40' | Scop. hydrobr. o, 1 gr. 52 168 5 h. 43! » » 0,15 » Unmittelbar daraufl 168 80 mm. nach vielen Schwankungen.

5h. 45’. Rapides Sinken des Blutdrucks auf Null inerhalb von 20 Secunden, wobel die Pulselevationen immer grösser werden. Gleichzeitig damit, vielleicht auch etwas

früher Athemstillstand. Herz schlägt noch.

3. Kaninchen, männlich, 2170 gr. Das Tier ist tracheotomirt, die Trachealkanule mit der MaAREY'schen Trommel verbunden, sonst dieselbe Versuchsanordnung wie vorher. Blutdruck und Respiration

werden gleichzcitig angeschrieben.

Zeit Bemerkungen າເງ | Puls | Athmung

1 h. 30' | Das operirte Tier wird ans Kymogra- 92 160 60 phion gelegt.

1h. 40° | Scopol. hydrobromic. 0,05 gr. intra- 100 160 66 venös.

1h. 42! | Scopol. hydrobromic. 0,05 gr. 100 160 66

th. 45! go 160 60

1h. 50! | Scopol. hydrobromic. 0,05 gr. 90 160 60

1 h. 53' 78 168 72

2h. o2! | Scopol. hydrobromic. 0,1 gr. 82 160 42

2h. o7! So 160 72

2h. 08! Scop. hydrobr. 0,15 gr. Sofortiges Sinken des Blutdrucks. Puls wegen der geringen Elevationen nicht zählbar. Athmung setzt aus, noch drei kleine Athemzüge,

dann Athemstillstand, Herz schägt noch.

WIRKUNG DES SCOPOLAMINUM HYDROBROMICUM

4. Kaninchen, weiblich, 1760 gr.

Dieselbe Versuchsanordnung wie bei Versuch No 3. Blutdruck und Athmung werden angeschrieben.

111

EN gg ie e O Do o E S

Zeit

4 h.

4 h.

zur intravenósen Injection des Scopolamins frei präparirt.

. 52! „sa! . 00! . OI! . 02! . 05! . 07!

- .09"

. 18!

. 18!

10! .

Blutdruck

Temerkungen in mm. Hg. | Puis Operation beendet 74 210 Scopolamin. hydrobromic. 0,06 gr. 76 220 Scopolamin. hydrobromic. 0,08 gr. Intravenóse Injection beendet 70 230 74 200 74 210 Scopolamic. hydrobromic. o,1 gr. Schwankungen. 80 190 Vagusreizung mit dem faradischen 80 190 Strom ohne Effect. Scopolamin. hydrobromic. 0,15 gr. 30" | Injection beendet. 94 190 94 190 It Blutdruck wirkt auf 30 Zunächst 34 mm., ES dann wieder steigt er auf 52 mm. 0 60 Herz schlägt aber | noch 8 Min. lang. Herz steht in Diastole still.

VERSUCHE AN DER GASUHR.

| Athmung

50 80

70 go 80

50

Athemziige tiefer regel mässiger.

50

70 60

oberflich- licher.

4 Athmun sistirt bald vollkommen

0

Die Versuchsanordnung ist die übliche. Das tracheotomirte Tier, welches sorgfältig in Watte und gewärmte Decken eingehüllt ist, ex- und inspirirt durch eine Canüle mittels Gummiventile. Die Gasuhr ist in die Zuleitung der Inspirationsluft eingeschaltet. Ausserdem ist die V. jugularis

1. Kaninchen, mánnlich, 1350 gr.

PEOR Pm go on AAA

In der Minute Luftquantum Athemziige Zeit eingeathm. Luftquantum der Athemziige in der in c.c. in c.c. Minute =a AA 7 h. oo' 600 7,5 80 7h. o1! 720 8,6 84 7 h. 02! 620 8,6 a 7 h, 03' 710 9,3 76 7 h. 04! 710 9,8 72 7 h, 05! 710 9,3 76

112 MarTIN KocHMANN

In der Minute Luftquantum Athemziige

Zeit eingeathm. Luftquantum der Athemzige in der in c.c. in c.c. Minute

7 h. oo! | Scopolamin. hydrobromic. 0,05 intravenös 36 7 h. 10! 100 1,4 68 7h. 11! So 1,0 80 7h. 12! 200 1,4 148 7h. 13! | 420 3,4 124 7h. 14 600 5.0 120 7h. 15! 710 5,0 142 7h. 16! 1610 13,4 120 7 h. 17' 880 6,2 142 7 h. 18' 800 6.0 138 7h. 19' 800 6.9 116 7 h. 20' 820 6,8 120 7 h. 23! Scopolamin. hydrobromic. 0,1 gr. 7h. 24! So 5,0 16 7h. 25! 100 2,5 40 7h. 26! 400 5,0 80 7h. 27! 750 8,3 go 7h. 28! 750 7,8 96 7 h. 20! 750 7,9 | 100 7 11. 30” 1050 10,0 104 GE 950 9,1 104 7 h. 34! Scopolamin. hydrobromic. 0,15 gr. 7h. 35! 50 5,0 10 » 7 h. 36! O 0,0 O

Athmung steht und ist durch kúnstliche Athmung nicht wieder in Gang zu

bringen. Herz schlägt noch ungefähr 5 Minuten länger.

2. Kaninchen, weiblich, 1230 gr. Dieselbe Versuchsanordnung wie beim vorigen Versuch.

Fingeathmetes Luftquantum Athemzüge Zeit Luitquantum der Athemzuge in cc. in c.c. in der Minute

9 h. 59' 350 2 48 10 h. oo! 320 6,6 48 10 h. or! 350 7,7 48 10 h. o2! 340 7,1 48 10 h. 03! 350 7,1 48 10 h. 06! | Injection von 5 c.c. NaCl-lósung (S 0/00) 101. 07” 380 5,3 60 10 h. os' 350 6,7 52 10 h. 00" 450 7,0 64 unruhig

10 h. 10! 350 7,0 48

WIRKUNG DES SCOPOLAMINUM HYDROBROMICUM

Zeit `

10

10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 b. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. Lob, 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 10 h. 11 h. 11 h. 11 h.

11 h.

AT 10 h. 10 h. 10 h. 10 h.

33'

39 36'

48!

58!

Fingeathmetes

Luftquantun der Athemzüye

1n CC, in c.c.

410 | 7,8 |

420 6,1

3go | 7,5 | Scopolamin. hydrobromic. 0,02 gr.

450 7,9

380 6,3

390 7,5

400 6,6

300 7.0 Scopolamin. hydrobromic. 0,04 gr.

430 ` 8,1

490 9,4

430 7,6

410 7,3

440 7,8 Scopolamin. hydrobromic. 0,05 gr.

6,7

440 6,8

430 6,8

380 7,3

380 - 7,3

370 7,3

420 80

Scopolamin. hydrobromic

150 SE

600 12,5

450 8,6

420 8,0

480 8,5 Scopolamin. hydrobromic 200 | 3,1

520 8,6

580 9,6

580 10,3

520 8,9 Scopolamin. hydrobromic. 200 100,0

20 6,6

40 | 40,0

0 0

Athmung steht definitiv. Herz schligt noch.

Luftquantum

. 0,075 gr.

. 0,1 gr.

Athemzüge

in der Minute

52 60 56

52

56 56 56

64 64 64 52 52

(າ ໂງ

48 48 52 52 56

3 unruhig

113

114 MARTIN KOCHMANN

2. VERSUCHE AN HUNDEN.

Nunmehr ging ich dazu über, die Wirkung des Scopolamins auf Hunde zu prüfen; auch hier legte ich das Hauptgewicht auf das Verhalten des Blutdrucks, Pulses und der Respiration. Dann aber eruirte ich auch durch vielfache Versuche die Einwirkung des genannten Alkaloids auf das Allgemeinverhalten und die Psyche der Tiere.

Auf Dosen von 0,05 gr. Scopol. hydrobromic. ist eine Wirkung auf Puls und Blutdruck nicht zu bemerken.

Auf Dosen von 0,05—o,1 gr. Scopol. hydrobromic. tritt eine geringe Steigerung des Blutdrucks um mehrere mm. Hg. (15 mm.) ein, der Puls ist seiner Frequenz und seinen sonstigen Eigenschaften nach annähernd normal.

Auf Dosen von o,2 gr. Scopolamin. hydrobromic. und darüber ist eine starke Blutdrucksenkung zu bemerken, bisweilen bis auf die Hälfte des ursprünglichen Drucks. Der Puls, zunächst ebenso frequent wie bisher, wird dann aber, nachdem der Druck auf die intravenöse Scopolamin- injection hin seinen tiefsten Stand erreicht hat, seltner, also weniger frequent, die einzelnen Pulselevationen werden bedeutend grösser, nahezu um das dreifache, kurz es bilden sich die Erscheinungen des « Vagus- pulses » aus. Nach einiger Zeit, und zwar schon nach wenigen Minuten, steigt der Blutdruck wieder bis zur Norm an. Der Puls wird wieder ebenso frequent, wie er vor der Scopolaminapplication gewesen war. Der N. vagus, ist in jedem Stadium der Intoxication auf faradische Reizung erregbar, was sich durch die typischen Vaguspulse kund giebt, welche sich übrigens durch nichts von den durch Scopolamin hervorgerufenen unterscheiden. Das Vasomotionscentrum wird durch Scopolamin nicht gelähmt, denn auf schmerzhafte Reize z. B. Vagusreizung mittels des | faradischen Stromes, stieg der Blutdruck jedesmal an.

Diese meine, am Hunde gewonnenen Resultate des Verhaltens des Blutdrucks und Pulses stimmen nicht in allen Punkten mit dessen Sonrt’s Ernst’s und DE STEL.A’s überein. Allerdings haben diese nicht so hohe Dosen Scopolamins angewandt wie ıch. Auf Gaben von 0,001 gr. sah auch Ernst eine Steigerung des Blutdrucks, welcher sich auf das Doppelte erhöhte. In den meisten Fällen konnte er auch im Anfang eine Pulsverlangsamung constatiren; dann aber bemerkte er immer eine Pulsbeschleunigung, welche ich bei meinen Versuchen nicht beobachten konnte. Höhere Dosen als 0,001 gr. dcs Alkaloıds wandte Ernst nicht an. Ich habe Gaben von 0,5 gr. auf einmal dem Tiere intravenös einverleibt, ohne eine Pulsbeschleunigung geschen zu haben. In einem Falle bekam

WIRKUNG DES SCOPOLAMINUM HYDROBROMICUM 115

das immerhin kleine Tier im ganzen 1,5 gr. innerhalb von ungefahr 2 Stunden und auch hierbei konnte ich nur eine starke Blutdrucksenkung und Pulsverlangsammung statuiren. Den Vagus, welchen Ernst gelähmt fand, konnte ich, selbstmit geringen Stärkegraden des faradischen Stromes mit Erfolg reizen. Auch Craussen fand bei seinen Versuchen mit Hyoscin an Hunden ebenso wie Woop und Gnauck am Menschen eine Pulsverlangsamung. DE STELLA’s Versuchsresultate stimmen mit den meinen ziemlich überein, nur fand er immer eine Lahmung der Vagus, was ist wie gesagt, nicht constatiren konnte.

Die Differenzen, welche zwischen diesen Ergebnissen von ERNST, DE STELLA und mir bestehen, dürften vielleicht unschwer aus der Verschie- denheit der angewandten Präparate zu erklären sein.

Es entsteht nun die Frage, aus welchen Gründen die Pulsverlang- samung und die Blutdrucksenkung nach anfänglicher Steigerung zu stande komme. Ich habe mehrfach darauf hingewiesen, dass die Veränderung des Pulses auf Scopolaminapplication durch Vagus- reizung verursacht werden. Die typischen’ « Vaguspulse », welche auf Scopolamin in jedem Falle auftraten, sind wohl ein unzweifelhafter Beweis dafür.

Nicht so leicht sind die Veränderungen des Blutdrucks zu erklären! Im Allgemeinen kommt eine Blutdrucksteigerung überhaupt, zu stande, wenn die vorhandene Blutmenge des Arteriensystems gewissermassen für dasselbe zu gross wird, oder umgekehrt dadurch, dass das Gefässsystem für die vorhandene Blutmenge zu klein wird. = Ersteres tritt ein, wenn die Herzkraft wächst, d. h. vom Herzen in der Zeiteinheit mehr Blut in die Aorta geworfen wird als vorher, oder wenn wie z. B. bei der Autotransfusion das Blut einer Extremität in das übrige Gefässsystem geleitet wird. Der zweite Fall kommt zu stande, wenn die Gefässe im Allgemeinen oder in einem bestimmten Körperbezirk sich verengern. Das kann seinen Grund in der Erregung des Vasomotions- centrums oder der peripheren nervösen vasomotorischen Apparate haben.

Eine Blutdrucksenkung kommt natürlicherweise durch die entgegen- gesetzten Einflüsse zu stande.

Die anfängliche Blutdrucksteigerung, welche ich bei kleinen Scopo- lamingaben konstatiren konnte, ist, da die Herzkraft (s. oben) nicht erhöht wird, andererseits aber die peripheren Gefässe durch Scopolamin erweitert werden, beides resultirt aus den einwandsfreien Versuchen ErnsT’s und SorTH's nur durch Erregung des Vasomotionscentrums zu erklären,

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XII. 8

116 MARTIN KOCHMANN

welche über die periphere Gefässerweiterung obsicgt, eine Ansicht, weiche schon Ernst ausgesprochen hati”.

Die auf gewisse Dosen von Scopolamin eintretende Biutdrucksenxung muss zum grössten Teıl auf einer Schädigung des Herzens, wahrscheiniich Lähmung des excitomotorischen Apparates beruhen; für diese Anschauung könnte ich die Untersuchungen Erssts am Froschherzen ais Beweis anführen. Eine centrale oder periphere Lähmung der Vasomotion kann als Grund für die Biutdrucksenkung nicht angenommen werden, da ja nach den übereinstimmenden Resultaten von Ernst, SoHRT und mir das

Vasomotionscentrum selbst durch kleine Reize (Erstickung, Schmerz)

noch erregbar ist.

Was das Verhalten der Respiration anlangt, so muss ich Sourt und Ernst beistimmen, dass bei Hunden von einer nennenswerten Schädigung der Athmung durch Scopolamin nicht gesprochen werden kann. Erst auf ganz hohe Dosen 0,7 gr. (!; und darüber tritt cine Verringerung der Atemfrequenz und der Atheragrósse ein. Nur bei einem Tier, welches wenige Wochen vorher eine Staupe überstanden hatte und infolgedessen erblindet war und cerebrale Reizerscheinungen zeigte, trat ein primärer Athemstillstand ein; aber auch erst auf cine Dosis von 150 (!) mgr. ıntra- venös. Sonst erholten sich die Tiere in bezug auf die Athmung vom

3lutdruck und Puls habe ich das Gleiche schon berichtet wieder vollkommen, ja es zeigte sich sogar, das die einzelne Athemzüge tiefer und ausgiebiger wurden : denn obwohl die Respiration weniger frequent war als in der Norm, erreichte die Athemgrósse einige Zeit nach der intravenósen Scopolamininjection wieder die normale Hóhe. Die Dosen, welche den Tieren bei diesen Versuchen auf cinmal intravenös einverleibt wurden betrugen 0,5 gr. Scopolamin hydrobromicum, im Ganzen bekamen die Tiere sogar bis zu 1,5 gr. in ungefähr zwei Stunden, was oben schon einmal erwähnt wurde. |

Wir schen hier die merkwürdige Thatsache auftreten, dass sich Kaninchen, also Pflanzenfresser, gegen hohe Gaben cines Alkaloids aus der Belladonagruppe weniger resistent erweisen als IHunde, welche von lHause aus Fleischfresser sind. Gewöhnlich kann man das umgekehrte Verhalten

beinerken. (Eine letale Dosis für Hunde konnte ich nicht aufstellen.)

(#) Die Ansicht pe SteLLa's, dass die Blutdrucksteigerung auf die erhöhte Puls- frequenz zuruckzuführen sci, kann ich nicht acceptiren, da ich eben niemals (bei

Hunden) eine Vermehrung der Pulszahl, sondern immer nur eine Pulsverlangsamung

constatiren konnte.

WIRKUNG DES SCOPOLAMINUM HYDROBROMICUM 117

Dagegen und damit komme ich zum letzten Teil mciner experimen- tellen Untersuchungen werden Hunde in ihrem Allgemeinverhalten durch kleine Dosen von Scopolamin viel eher beeinflusst als Kaninchen, welche auf Gaben von 0,02 gr. überhaupt nach keine merkbare Einwirkung des Scopolamins erkennen liessen.

Bei Hunden war die geringste Dosis, welche eine Wirkung entfaltete, 0,0005 gr. Scopolaminum hydrobromicum. Eine kurz andauernde Schläf- rigkeit und Müdigkeit, welche sich durch Zufallen der Augenlider, Gähnen, etc. kund gab, konnte ausser einer nur wenige Stunden anhal- tenden Mydriasis mit schwacher Pupillenreaction beobachtet werden. Bei dem einen Hunde traten die Symptome, welche ich eben geschildert habe, schon nach einer halben Stunde, bei dem anderen Hunde dagegen erst nach 2 ı/2 Stunden ein.

Bei Dosen von 0,001 gr. wurden die Pupillen schon 15 Minuten nach der subcutanen Injection weit und reactionslos, die Zunge trocken, die Nase heiss; nach weiteren 5 Minuten beginnen die Augenlider zuzufallen. Das Tier schwankt beim Sitzen und kann sich vor Müdigkeit kaum auf den Beinen halten, gähnt und erbricht einmal. 3/4 Stunden nach der Injection beginnt das Tier zu winseln und zu heuten, bellt auch ab und zu Gegenstände, z. B. Stuhlbeine, welche es sieht, an. Offenbar ist dies auf Hallucinationen bezw. Illusionen zurückzuführen, welche Scopolamin ebenso wie Atropin hervorruft. Eine Stunde nach der Injection schläft das Tier ein. Der Schlaf ist ein ziemlich tiefer; durch lautes Anrufen kann es aufgeweckt werden, auf leises Anrufen dagegen reagirt es nicht. Analgesie, geprüft durch schmerzhafte Nadelstiche, besteht nicht, nicht einmal eine Herabsetzung des Schmerzgefühls war zu constatiren. Ungefähr drei Stunden nach der Injection war der Versuchshund wieder munter, zeigte gleichwohl noch eine geringe Mattigkeit, trockne Nase und weite Pupillen. Nach weiteren ı2 Stunden waren auch diese Symptome geschwunden.

Bei grösseren Dosen treten die geschilderten Symptome in derselben Reihenfolge ebenfalls auf, nur kommt die Wirkung des Scopolamins schneller und hält länger an. Der Schlaf ist tiefer, sodass selbst lautes Anrufen kein Erwachen zu stande bringt.

Bei Dosen über 0,005 gr. fallen noch einige andere Symptome als Folge der Scopolaminwirkung besonders auf. Vor dem Einschlafen tritt eine starke Unruhe auf, welche offenbar mit Hallucinationen und Illusionen verbunden ist. Die Hunde laufen dann im Zimmer von einer Ecke zur anderen, stossen dabei fortwährend mit dem Kopf gegen Gegenstände

(Accomodationslähmung), stellen sich dann wieder in eine Ecke, mit dem

118 MARTIN KOCHMANN

Gesicht gegen die Wand gekehrt, heulen und bellen etwas an, was gar nicht vorhanden ist (Hallucinationen). Kurz nach der Injection bis zum Einschlafen macht sich hiiufig ein starker Brechreiz bemerkbar, welcher auch von Erfolg ist. Analgesie besteht selbst im tiefen Schlaf nicht. Nicht selten habe ich Muskelzittern und Muskelflimmern sowohl in der Musculatur des Stammes wie der Extremitäten gesehen.

Die Symptome, welche bei Hunden nacheinander durch Scopolamin. hydrobromic. hervorgerufen werden, sind demnach etwa folgende :

Mydriasis, Accomodationslähmung, Lähmung der Speichelsecretion und der Schleimabsonderung. Erbrechen. Ungeschickte Bewegungen, unsicherer, schwankender Gang, Schwanken beim Sitzen. Hallucinationen und Unruhe. Schliesslich Müdigkeit und tiefer Schlaf. Nach Erwachen Mattigkeit, weite Pupillen und Trockenheit der Schleimhäute. Nahrungs- aufnahme wird verweigert. Nach 24 Stunden spätestens, meistens schon viel früher, sind alle Symptome ausser der Mydriasis verschwunden, welche aber selbst nach subcutaner Injection von 0,02 gr. Scopolam. hydrobrom. nach 36 Stunden nicht mehr vorhanden ist.

Wie sich die Wirkungen nach der Höhe der cinzelnen Gaben variiren

ist aus den folgenden Protokollen zu ersehen.

WIRKUNG DES SCOPOLAMINUM HYDROBROMICUM 119

Männlicher Hund, 6560 gr., hat vor zwei Wochen eine Staupe überstanden. Auf einem Auge erblindet Das warm mit Decken eingehülte Tier ist ans HürTHLE’sche

Kymographion gelegt. Das Scopolamin wird intravenös einverleibt.

Zeit are Don Polsctevationen Lemerkungen in mm. Hg. 12 h. oo! 148 18 | 4 12 h. 05! 148 16 » 12 h. 06' Scopol. hydrobr. 0,005 gr. 12 h. 06! 3," 158 17 12 h. 08' 150 | 16 12 h. 09! 150 16 12h. 34! 126 11 12 h. 40! Scopol. hydrobr. 0,015 gr. 12 h. 41) 120 13 12 h. 43' 110 13 Die Schwankungen des Blut- ; drucks durch die Athmung 12h. 45 Ve 12 sehr deutlich. 12 h. 52' 98 9 5 12 h. 53' Scopol. hydrobr. 0,03 gr. 12 h. 53! 30" 100 9 6 12h. 57! go 10 6 12h. 57! 30!| Scopol. hydrobr. 0,05 gr. 6 12 h. 58! 84 7 6 th. oo! 82 7 1h. 05! Scopol. hydrobr. 0,08 gr. 1h. 06' 76 8 1 h. ol 84 9 7 ı h. 07' 30"| Scolop. hydrobr. o,1 gr. 1 h. oS! 74 7 7 Schwankungen des Blutdrucks durch die Athmung nicht be- | merkbar. 1h. 10! 108 7 Athmung oberflächlich und be- schleunigt. rh. 15! 74 9 1 h. 16! 44 8 Athmung steht. rh. 17! | 40 8

Herz schlágt noch einige Minuten.

Hündin. 7380 gr.

Das Tier. welches in warme Decken eingehüllt worden, ist tracheotomirt und athmet durch eine t.-fórmige Trachealcanüle mittelst Gummiventile. In die Zuleitung der Inspirationsluft is die Gasuhr eingeschaltet. Ausserdem ist die V. jugularis frei präparirt und mit einer Kanüle zur intravenösen Injection des Scopolamin versehen, die A. carotis communis ist mit dem Manometer des HÜrTHLE schen Kymographion in

Verbindung gebracht.

120 MARTIN KOCHMANN

Zeit Bemerkungen 5 g gA © S a = ຫ້ງ o = S e E IC O ທິ a 36 .( eure 2 = > ຍ: Ee

6 h. o5' | 1/2 Stunde nach der Operation 1650 | 41.2 | 40

6 h. 06' 162 | 96, 1,0—1,6| 1800 | 64,3 28

6 h. o7! 190 |160 1200 | 60,0 20

6 h. o8' 1200 | 60,0 20

61. 00 1200 | 60,0 20

6 h. 10! | Scopolamin. hydrobrom. 0,05 gr. 1400 | 58,3 | 24

6h. 11 174 |156 4 1500 | 62,1 | 24

6 h. 12! |

T A Starke Unruhe des Tieres

6 h. 15'

6 h. 16' | 128

6h. 17! | Indirecte Vagusreizung 210 |144 7 9400 | 69,1 | 136

6 h. 18' | Darauf wieder Unruhe und Dyspnóe| 230 |168 4 12100 | 88,9 | 186

6 h. 19! 3100 | 15,5 | 200

6 h. 20! | Indirecte Vagusreizung 200 |120 8 3500

6 h. 21! | Unruhe | 3600 | 23,6 | 152

6 h. 22! | Wird wieder ruhiger . 3600 | 23,6 | 152

6 h. 23! 4000

6h. 24! . 3500

6 h. 25' | Indirecte Vagusreizung. Unruhe. 9400

6 h. 26' 11500

6h. 27! | Wird ruhiger 4000

6 h. 28! | 3600

6 h. 29) 3800 | 23,7 | 160

6 h. 30! 6600 | 36,6 | 180

6h. 31! | Indirecte Vagusreizung 12300

6 h. 32! | Unruhe 214 |180 4 9100

6 h. 33! | Scopolamin. hydrobrom. o,1 gr. ` 198 '192 3 3400 | 21,2 | 160

6h. 34! 198 |192 3600 | 22,5 | 160

6 h. 35! 4600 | 31,8 | 132

6 h. 36! 6800 | 48,5 | 140

6 h. 37! 8500 | 62,5 | 136

6 h. 38' 3100 | 22,8 | 136

6h. 39! 168 |192 3000 | 34,1 88

6 h. 40' 2400 | 33,3 72

6h. 41! 2400 | 60,0 40

6h. 42! 1900 7,8 28

6h. 43! 178 [220 1800 | 72,5 24

6 h. 44! 1700 | 70,8 | 24

| |

- WIRKUNG DES SCOPOLAMINUM HYDROBROMICUM 121

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6 h. 45' | Scopolamin. hydrobrom. o,1 gr.

© e 2 Kei d ©

6 h. 46! | Unruhe. Vaguspulse 194 |144| 15,0 | 11000 2

6 h. 47! | Vaguspulse 194 |144 6,0 | 2800 | 43,7 64

6h. 48! 194 |144 3,0 1400 | 58,3 24

6 h. 49! 1600 | 66,6 | 24

6 h. Sol 1700 | 85,0 20

6 h. 51! 1600

6h, 52! 1500

6 h. 53'

6 h. 54' | Scopolamin. hydrobrom. 0,15 gr.

6 h. 55' | Vaguspulse 194 |132| 15 2600 | 52,0 | 50

6h. 56! 1400 | 58,3 24 "6h. 57! 1500 | 93,7 16

6h. 58! 1200 | 75,0 16

6 h. 59' | Vaguspulse 196 |132| 15 4200

7 h. oo! 5100 | 60,7 84

7h. o1! 1600 | 80,0 20

7h. o2! 1500 | 93,7 16

7 h. 03! | 1200 | 75,0 16

7h. oy! | 1500 |107,1 14

7h. 05! | 1500 | 93,7 | 16

7h. 06' 1200 | 85,9 14

7 h. 07' | Vaguspulse | 178 |108 9 1500 |107,1 14

7 h. 08! | 6000

7 h. og! | 11500 | 205,4 56

7 h. 10! 2500

7h. 11' 1200 | 60,0 20

7 h. 12! 1200 | 20,0 60

7h. 13! 3800

7h. 14! 5400 | 67,7 80

7h. 15! | Scopolamin. hydrobrom. o,2 gr. 126 |108 9 2100 | 65,6 32:

7 h. 16' | Vaguspulse 124 Tou Io 1300

7h. 17! 1200

7 h. 23' 10,0 |108| 10 6200 | 62,0 | 100

Nach jeder weiterer Scopolamin. hydrobrom. Darreichung über 0,1 gr. intravenös wiederholt sich dasselbe. Der Blutdruck sinkt, die Athemfrequenz nimmt ab, die Puls- elevationen worden gross, die Athemfrequenz vermindert sich ebenso die Athemgrösse, während die Athemzüge meistens tiefer werden. Nach 1—2 Minuten ist dieser Zustand

z. T. wenigstens wieder vorüber.

122 MARTIN KocHMANN

Hündin, 6350 gr.

Die Versuchsanordnung ist genau dieselbe wie vorher.

race LS > SH (EE eg el BZ Zeit Bemerkungen | + à vu SR 'S8 oe] Ee Sa les] S2e | #2E8| S28 mn. | ule E es a, A E PA 11 h. 07' | ' 1400 | 26,9 11 h. 08’ 1700 | 32,6 11 h. o9' 1800 | 34,6 11 h. 10! | 1600 | 28,5 11 h. 11' 98 |ı20 3,5 1500 | 26,8 11 h. 12! ! Inject. v.Scopolam. hydrobr.o,1 gr.¡ 116 |140 1500 | 28,8 11 h. 13" ¡ Unruhe 1700 | 30.3 11 h. 14 | Unruhe 2400 | 75,0 11 h. 15' 1600 | 50,0 11 h. 16! 1850 | 77,0 11 h. 17 ! 950 | 33,9 11 h. 18! 1100 | 33,3 11 h. 10! 1200 | 42,9 11 h. 20! 1400 | 38,9 11 h. 21' 1700 | 35,4 11 h. 22! 2000 | 33,4 11 h. 23! 112 |140 8 2000 | 29,4 11h. 24! 2000 | 31,2 11 h. 25! 1800 | 30,0 ıı h. 26' | Unruhe 2000 | 43,3 ıı h. 27! 3700 | 61,6 11 h. 28' 2700 | 45,0 11 h. 29' 2400 | 40,0 11 h. 30! | Scopolamin. hydrobrom. 0,15 gr. 3000 | 50,0 11 h. 31” | Unruhe 106 |120 8 3100 | 45,5 11 h. 32! | Desgl. 7100 | 80,6 11 h. 33' | Desgl. 4000 | 41,6 11 h. 34! | Desgl. ! 1800 | 32,1 11 h. 35' 2000 | 50,0 11 h. 36' 12CO | 21,4 11 h.37! 1300 | 32,5 11 h. 38' 1300 | 29,5 11 h. 39 1200 | 23,0 11 h. 40! 1500 | 37.0 11 h. 41' | 1500 | 27.0 11 h. 42' | Scopolamin hydrobrom. 0,2 gr. | 90 84l 15 1500 | 27,0 11 h. 43" ' Erbrechen go 84) 12 2100 | 35,0 11 h.44' 110 Er 3,7 4600 | 76,7 11 h. 45 | 3600 [112,5

| | !

Athemfrequenz

l 1 |

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to

WIRKUNG DES SCOPOLAMINUM HYDROBROMICUM

123

Zeit

Lemerkungen

be

11 h. 11 h. 11 h. 11 h. 11 h. 11 h. 11 h. 11 h. 11 h. 11 h. 11 h. 11 h. 11 h. 11 h. 12 h. 12 h. 12 h. 12 h. 12 h. 12 h. 12 h.

12 h. 12 h. 12 h. 12 h. 12 h. 12 h. 12 h.

12h

12 h. 12 h. 12 h. 12 h. 12 h. 12 h. 12 h. 12 h. 12h, 12 h. 12 h.

53!

55! 56!

08"

10!

18!

20!

21!

be

az! 23! 24! 25!

Schläft Vagusreizung. Unruhe Schmerzäusserung

Vagusreizung (direct)

Scopolamin. hydrobrom. o,2 gr. Erbrechen

Farad. Vagusreizung. Schmerz- aússerung. Unruhe

Vagusreiz. Cornealreflex erhalten Schlaft ganz fast

Blutdruck ein mm. Hg

. .

uenz

linate

Pulsfre in der À

ta = O ka

> Qo

126

130

86

74 56

104

144

144

72

Hohe der Pulselevationen in mm.

18

18

e=7

18

in CC,

Luft

in der Min. der A

Eingeathm. Luftquantum

1850 ! 850 ‘950 1950 1150 1000 2900 2000 1800

1000 1300 4000 2800 2500 1100 1100 1500 4200 2000 1800

1300 1200

1100 1100 1100 1100 ! 600 ! goo 1200 1100 1200

1100

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100,0 68,7 75,0 68,7

Athemfrequenz

N N 6 O

SA O O eee oe E ER E e E E 6 + + + 0 0 + 0 O 0 ຫບ 0 + + +

20 20 12

44 24 20 10 16 20 16 18 18 10 12 14 12 16 16 16

124 MARTIN KOCHMANN

E) A

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Zeit Bemerkungen TB o“ oSA y a4 Yl oY =

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pue SL > mac | A rt =

e > > ge e =

= m >

12 ]1. 20 1200 | 00,0 | 15

12 h. 27! 1400 | 87,5 10

12 h. 28! 1250 | 62,5 20

NW e

12 h. 29 1350 | 67,5 20

12 h 30' 1400 | 70,0 20 |

12 h. 35! | 1700 | 85,0 20

12 h. 36' 1600 | 80,0 | 20

12 h. 37' | Keine Análgesie. Cornealreflex 1400 | 70,0 20

erhalten |

i D

1 h. oo! 102 I 10 4 1000 50,0 | 20 (bh o | |

e | wën" re e rh. 25 1700.| 77,2 | 24 pre

1 h. 16! | 1700 | 85,0 | 20

3 h. 10' 1800 | 90,0 | 20

ars | 15800 00,0 20

3 rel 1800 | 90,0 20

Hiindin, 6350 gr.

10 h. 3o'. Subcutane Injection von 0,0005 gr. Scopolamin. hydrobrom.

11 h. 3o'. Geringe Mydriasis. Pupillen reagiren aber noch. Das Tier heult zeitweise, reagirt selbst auf leisen Zuruf.

12 h. 15’. Mydriasis, Pupillen reagiren kaum. Das Tier gähnt, die Augenlider fallen zu. Starke Schläfrigkeit. Bald schläft es ein, ist aber durch Zuruf aus dem Schlaf zu erwecken. Keine Analgesie. (Nadelstiche.)

1h. oo!. Beginnt wieder munter zu werden. Mydriasis lässt nach. Am nächsten Tage

ist das Tier vollkommen normal.

Hund, 7770 gr.

10 h. 3o'. Subcutane Injection von 0,0005 gr. Scopolamin. hydrobrom.

11 h. 07!. Geringe Mydriasis. Lider fallen fortwährend zu. Das Tier ist offenbar schläfrig, reagirt aber auf den leisesten Anruf.

11 h. 30'. Heulen und Winseln. Starke Schläfrigkeit.

12 h. oo!. Mydriasis ohne Pupillenreaction. Das Tier schläft, ist aber schon durch leisen Anruf aufzuwecken.

2h. oo’. Das Tier wird wieder munterer, die Mydriasis beginnt .zu schwinden. Nahrungsaufnahme wird verweigert.

Nach weiteren 8 Stunden ist das Tier wieder völlig normal.

Hund, 7770 gr. 3h. 15’. Subcutane Injection von 0,001 gr. Scopolamin. hydrobrom. 3 h. 20’, Pupillen beginnen weit zu werden, reagiren. Sonst nichts Besonderes.

WIRKUNG DES SCOPOLAMINUM HYDROBROMICUM 125

3 h. 25'. Augenlider fallen zu, das Tier schwankt beim Sitzen.

3 h. 50'. Das Tier kann sich vor Müdigkeit kaum auf den Beinen halten, winselt.

3 h. 58'. Heult und winselt, bellt ein Stuhlbein an, gähnt und erbricht einmal.

» +h. 20".

Steht mit dem Kopf gegen die Wand gelehnt, schlaft im Stehen, Augenlider geschlossen. Das Tier reagiert auf lautes Anrufen. Zeitweise geringer Brechreiz. Legt sich nunmehr nieder und schläft ein.

4 h. 35’. Wacht kurze Zeit auf; schläft bald wieder ein. Reagirt aber auf lautes Anrufen.

4 h. 55'. Hat bisher geschlafen, wacht kurze Zeit auf, um bald wieder einzuschlafen.

Pupillen weit und reactionslos. Trockne Zunge und heisse Nase. Keine Analgesie.

5h. 40!. Hat bisher fortwährend geschlafen, wacht nunmehr auf und wird wieder

munterer.

6 h. oo!. Ausser geringer Mattigkeit, Trockenheit der Nase und Zunge, sowie der

10 h.

10 h. 10 h.

10 h.

11 h.

1 h.

3h.

10 h. 10 h.

10 h.

10 h.

Mydriasis nichts Abnormes im Verhalten des Tieres. Nahrungsaufnahme wird verweigert.

Nach 12 Stunden enge Pupillen, Zunge feucht, volkommen normales Verhalten.

Hund, 7770 gr.

o5'. Subcutane Injection von 0,0025 gr. Scopolamin. hydrobrom.

'. Lider fallen zu, das Tier ist offenbar schlafbediirftig.

30’. Schwankender Gang. Gähnen, das Tier legt sich nieder, lässt den Kopf sinken. Pupillen weit und reactionslos. Schläft bald ein.

20

1

40'. Schläft ganz tief und reagirt nicht auf lautes Anrufen, keine Analgesie. Im Schlaf gestört, steht das Tier auf, schwankt beim Stehen, legt sich bald wieder nieder, um fast einzuschlafen. Sr

15'. Hat bisher geschlafen, wacht spontan auf, heult ein wenig, geht schwankend

im Zimmer umher und stisst da bei mitden Kopf gegen alle Geyenstande an (Accomodationslahmung), stellt sich nunmehr mit dem Gesicht gegen die Wand gekchrt, in cine Ecke, heult leise, und erbricht einmal. Bald darauf schläft er wieder ein und reagiert im Schlaf auch nicht auf lautes Anrufen.

oo’. Hat mit geringen Unterbrechungen bıs jetzt geschlafen. Sitzt jetzt ruhig da. Zunge trocken. Pupillen weit, sind reactionslos. Athmung tief und regel- mássig, 16 in der Minute. Sobald es im Zimmer ruhig ist, schläft das Tier wieder ein.

50'. Erhebt sich auf Anrufen, wedelt mit dem Schwanze und kommt heran, ist aber noch matt. Pupillen weit und reactionslos. Zunge feucht.

Nach 18 Stunden nichts Abnormes mchr zu konstatiren.

Hiindin, 6350 gr.

17'. Subcutane Injection von 0,005 gr. Scopolamin. hydrobrom.

22!. Weite Pupillen, reactionslos, trockne Zunge.

25!. Das Tier sieht in die Ecken, heult zeitweise auf, ist aber im allgemeinen ruhig. Gang schwankend. Die Bewegungen der Hinterbeine scheinen zugleich ein wenig parctisch, aber auch besonders uncoordinirt zu sein.

30’. Legt sich. Brechreiz. Die Lider sinken zu. Muskelzittern in der Musculatur

des Stammes und der Extremitäten. Der Kopf hängt zu Boden, sodass die

126 MARTIN KOCHMANN

Schnauze den Boden berúhrt. Das Tier schlaft nunmehr. Nur auf ganz lautes Anrufen Erheben des Kopfes, dann wieder sofortiges Einschlafen.

10 h. 45’. Steht spontan auf, beginnt zu heulen, bellt die Tischbeine und die Wände an, schnappt auch. Gang sehr schwankend, das Tier fällt sogar um, geht von einer Ecke ın die andere heulend und winselnd. Erbrechen. Wird alimahlıch ruhiger und schläft ein.

ıı h. 45'. Liegt auf der Seite mit geschlossenen Augen und schnarchend. Tiefe regel- mässige Athemzüge.

2 h. oo'. Hat bisher mit geringen Unterbrechungen geschlafen, wird nunmehr wieder munterer, ıst noch müde und matt. Schläft nicht. Nahrungsaufnahme wird verweigert. Mydriasis. Zunge feucht.

Nach 28 Stunden ıst das Tier wieder vollkommen normal.

III. Wirkung des Scopolamins beim Menschen.

Ueber persönliche Beobachtungen am Menschen verfüge ich leider nicht. Doch bin ich durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Privatdozenten Dr BERGER in der glücklichen Lage, einige Beobachtungen der Scopo- laminwirkung aus der hiesigen psychiatrischen Klinik (Geh. Rat. BinswAnGeEr) mitteilen zu konnen.

Scopolamin wird in dieser Klinik ausschliesslich bei Geisteskranken mit starker motorischer Unruhe in Dosen 0,0009—0,003 gr. im Form der bromwasserstoffsauren Salzes (MERck) gegeben. Es tritt immer Schlaf ein, der Puls wird langsamer und voller, die Respiration regelmässig und tief. Vor dem Eintreten des Schlafes, der übrigens mehrere Stunden anhält, zeigt sich bei manchen Patienten ein Stadium, in welchem sie offenbar halluciniren, sie greifen in die Luft oder nach Gegenstanden u. s. w. Auch Muskelzittern konnte öfters beobachtet werden. Wenn die Patienten aus dem Scopolaminschlaf erwachen, verweigern sie für gewöhnlich die Nahrung (vielleicht aus dem Unvermögen zu schlucken (?)), manche haben auch Erbrechen.

Die physiologischen Wirkungen sind, demnach, wie aus dieser kurzen Schilderung hervorgeht, denen ausserordentlich gleich, welche ich bei

Hunden zu beobachten Gelegenheit hatte.

THERAPEUTISCHE VERWENDUNG DES SCOPOLAMINS. Die therapeutische Verwendung des Scopolaminum hydrobromicum soll an anderer Stelle(r) ausführlich kritisch gewündigt werden. Hier sei nur kurz darauf hingewiesen, dass es bei Geisteskrankheiten, welche mit

(1) Therapie der Gegenwart, Mai 1903 : Ueber die therapeutischen Indicationen des

Scopolaminum lydrobromicum. (Zugleich ein Beitrag zur SCHNEIDERLIN-KORFF'schen

Narkose).

WIRKUNG DES SCOPOLAMINUM HYDROBROMICUM 127

Aufregungszustinden verknüpft sind, als Hypnoticum und Sedativum unschiitzbare Dienste leistet, selbst in Fallen, in welchen andere Medica- tionen im Stiche lassen. Dann ferner ist das Scopolamin. hydrobromicum wohl mit Erfolg da anzuwenden, wo Atropin indicirt ist, also in der Augenheilkunde, zur Beseitigung der Nachtschweisse der Phthisiker, bei Speichelfluss u. s. w. Vielleicht kann es auch an Stelle des Atropins bei Ileus gegeben werden, wenn man es hierbei nicht vorziehen will, das Messer zur Laparatomie zu ergreifen, was meistenteils wohl mehr zu empfehlen wäre.

Der Vorzug des Scopolamins dürfte der sein, dass, ein reines Pr&parat vorausgesetzt, letal verlaufende Intoxicationen nicht möglich zu sein scheinen, wenigstens nicht bei kräftigen Individuen, wie aus der Litteratur und den experimentellen Studien hervorgeht, ferner dass die therapeutischen Gaben ausserordentlich geringe sind und nicht höher zu liegen scheinen, als bei Atropin, sodass zwischen therapeutischer bezw. toxisches Dosis einerseits und der letalen andererseits ein weiter Spielraum besteht.

Ein Nachteil des Scopolamins ist aber der, dass es bedeutend teurer ist als Atropin. 1,0 gr. Scopolaminum hydrobromicum kostet 10,00 M. 1,0 Atropinum sulfuricum dagegen nur 5,00 M. Ausserdem dürfte noch auf die verhältnismässig leichte Zersetzlichkeit des Priiparats hingewiesen werden müssen.

Bei Anfertigung dieser Arbeit hatte ich mich der Unterstützung und des Rates meines hochverehrten Chefs Herrn Prof. Dr Kıonka zu erfreuen. Es ist mir eine angenehme Pflicht, ihm an dieses Stelle meinen verbind- lichsten Dank auszusprechen.

Jena, März 1909.

Litteratur.

(1) A. LADENBURG : Die natürlich vorkommenden mydriatisch wirkenden Alkaloide. I. Liesic’s Annalen der Chemie, Bd. 206; Ueber das Hyoscin. Bericht der chemischen Gesellschaft, 1892.

(2) E. Scumipt : Ueber die Alkaloide der Belladonnawurzel und der Stechapfel- samens. I. Liesıc’s Annalen der Chemie, Bd. 208; Ueber Scopolamin (Hyoscin). Archiv der Pharmacie, Bd. 230; Ueber das Hyoscin (Scopolamin). Bericht der d. chemischen Gesellschaft, 1892.

128 MARTIN KOCHMANN

(3) Rostıs.aw ERNST : Zur Frage über die Wirkung bromwasserstoffsauren Scopolamins. Inaugural-Dissertation, Dorpat, 1893.

'4) H. C. Woop: Hyoscine; Its phystological and Therapeutic-Action, Thera- peutic. Gazette, 1885 (nach Ernst u. SoHRT citirt).

(5) K. Pawrorr : Materialien zur Pharmakologie des salzsauren Hyoscins (citirt

| nach ERNST).

(6) Pu. I. A. Craussen : Die Wirkungen des Hyoscinum hydrojodicum und hydrobromicum ım Vergleich mit denen des Atropin und des Extr. hyoscyami. Inaug.-Dissertat., Kiel, 1883.

(7) R. Kosert : Ueber Hyoscyamın und Hyoscin nach neuen Untersuchungen. ScHhMmipr's Jahrbücher der gesammten Medicin, 1883, Bd. 200, p. 18; Ueber die Wirkungen des salzsauren Hyoscins (nach SoHRT). Archiv f. exp. Path. und Pharmakolog., Bd. XXII, 1886, p. 396.

(8) August SoHRT : Pharmakotherapeutische Studien über das Hyoscin. Inaug.- Dissertat., Dorpat, 1886.

(9) OTTO WALTER : Experimentelle und klinische Beobachtungen uber die Wirkung des Hyoscins in der Augenheilkunde. Inaug.-Dissert., Dorpat, 1887.

(10) L. BELLJARMINOwW : Ueber die Wirkung des Scopolamins (eines neuen Mydriatihums) auf das Auge, 1893, citirt nach Ernst.

(11) R. Gnauck : Anwendung des Hyoscins bet Geisteskrankheiten. Charite Annalen VII, 1882.

(12) SCHNEIDERLIN : Eine neue Narkose. Aerztliche Mittcilungen aus und fiir Baden, 1900, 10.

(13) Korrr : Die Narkose des Herrn Dr Schneiderlin. Münchener med. Wochenschr., 1901, p. 1169; Morphin-Scopolamin-Narkose. Münchner med. Wochenschrift, 1902, p. 1133; Zur Morphin-Scopolamin-N ar- kose. Münchner med. Wochenschr., 1902, p. 1408.

(14) E. Bios: Ueber die Schneiderlin’sche Scopolamin-Morphin-Narkose. Beitrage zur klinischen Chirurgie, 1902, p. 565.

(15) O. WıirzeL: Wie sollen wir narkotisiren? Münchner med. Wochenschr., 1902, 48.

(16) H. DE STELLA : Etude pharmacodynamique de la Scopolamine et de V Hyoscine. Archives internationales de Pharmacodynamie, Bd. III, 1897,

pp. 381-458.

AUS DEM PHARMAKOLOGISCHEN INSTITUT DER UNIVERSITÄT BRESLAU.

Ueber einige Versuche zur Aufindung neuer Lokalanästhetica

VON

CARL POTOTZKY.

Cocain, das auch jetzt noch als das beste Anaestheticum gilt, hat 2 grosse Nachteile : Einmal ist sein Preis ein sehr hoher, und zweitens ist es vor allem in der praktischen Anwendung dadurch besonders gefähr- lich, dass die Toleranz der einzelnen Individuen für Cocain sehr verschieden ist. Es lässt sich daher häufig nicht vorher mit einiger Genauigkeit bestimmen, welche Dosis man ohne Gefahr in dem vorliegenden Falle anwenden kann. | Unter solchen Umständen war es begreiflich, dass nach neuen Körpern gesucht wurde, die diese Giftigkeit in geringerem Masse besässen, und zwar suchte man, von der Voraussctzung ausgchend, dass die Wirkung eines Mittels durch die Constitution bedingt sei, durch Aenderung des Molekulargefüges zu neuen brauchbaren Körpern zu gelangen. Das Cocain hat nach WILLSTATTER folgende Constitutionsformel : CH:—CH CH-COOCHs | E ich Lu Spaltet man Cocain, so erhält man als Spaltungsproducte : das Ecgonin, ferner Benzoësäure und Mcthylalkohol. Das Ecgonin hat (nach WiLLsTáTTER) die Formel : CH:—CH CHCOOH | N-CILCH-OH CH: bu ແນ,

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Thérapie, vol. XII. 9

130 Cari PorotzkvY

Das Ecgonin ist also scincr Constitution nach ein carboxyliertes Tropin.

Wie man sicht, besteht das Cocain aus einem Ecgonin, in dem das Hydroxyl durch einen PBenzoylrest ersetzt und die Carboxylgruppe esterificiert ist.

Das Ecgonin zeigte sich bei der Prüfung auf anästhesierende Wirkung als völlig indifferent. Man versuchte dann zu neuen wirksamen Körpern dadurch zu gelangen, dass man in die Carboxylgruppe andere Alkohol- radicale einsetzte. Die so dargestellten Körper zeigten gegenüber dem Cocain eine minder anästhesierende Kraft. Ebenso führte der Versuch, die Methylestergruppe abzuspalten, also als Product das Benzoylecgonin darzustellen, zu keinem nennenswerten Ergebnisse. Als man nun anderer- seits die Benzoylgruppe des Cocains fortliess, beziehungsweise sie durch andere der aromatischen oder der aliphatischen Reihe angehörige Säure- radicale ersetzte, fand man die überraschende Thatsache, dass die derartig gewonnenen neuen Körper nur noch ganz geringe Spuren einer anästhe- sierenden Wirkung aufwiesen.

Dies führte Fırenxe dazu, auf die Bedeutung der Benzoylgruppe im Cocain hinzudeuten. Er fand, dass diese Gruppe wesentlich für das Zustandekommen einer anästhesierenden Wirkung sei, wie seine Versuche beweisen, in denen er die Benzoylgruppe auch in andere Alkaloide eingesetzt und damit eine vorher nicht vorhandene aniisthesicrende Wirkung erzielt hat.

Eınnorv und Heiz untersuchten späterhin ın möglichster Aus- dehnung derartige benzoylierte Verbindungen. Wenn man in der Con- stitutionsformel des Cocains das Ecgonin als völlig wirkungslos bei Seite liess, so ergab sich fiir sie als einfachste, zuerst zu prüfende Verbindung der Benzoësiuremethylester, der sich als schwach anästhetisch erwies. Weiterhin untersuchten sie unter anderem eine Reihe benzoylierter Körper, darunter auch die benzoylierten Amidooxybenzoësäuren, die recht gut wirksam waren. Bei Fortsetzung der Untersuchungen zeigte es sich, dass die nicht benzoylierten Amidooxybenzoösäuren noch besser wirksam waren als die benzoylierten.

Aus der Reihe dieser nicht benzoylierten Amidooxybenzoésduren stellten Eıynorx und Heınz als besonders geeignet den p-Amido-m-oxy- benzoësäuremethylester dar, das « Orthoform », und den m-amido. p-oxybenzoësäuremethylester, das « Orthoform-neu ».

Die Orthoformpriparate, die weit weniger giftig als das Cocain sind, und die sich im allgemeinen gut bewährten, sind nicht löslich, und so

können sie infolgedessen nur da gebraucht werden, wo sie in Substanz auf

VERSUCHE ZUR AUFFINDUNG NEUER LOKALANÁSTHETICA 131

freie Nervenendigungen, gebracht werden können (Geschwüre, Wund- flächen, etc.).

Ein wirklicher Nachteil des Orthoforms besteht darin, dass es nicht frei von Reizwirkung ist. Bringt man im Tierexperiment Orthoform auf eine frische Wunde, so sieht diese aus, als sei sie schwach von einer Säure geätzt.

In Uebereinstimmung damit zeigte sich auch bei der vielfachen praktischen Anwendung, dass in einzelnen Fällen die damit behandelten Wunden stark gereizt waren; ja bisweilen ist sogar Gangrän beobachtet worden.

Daher wurde von viclen Seiten der Wunsch nach einem n.uen Anästheticum, dass diese Nachteile nicht besässe, geäussert.

Zu diesem Zwecke wurden im hiesigen Institute durch Herrn D' BigerreLp Präparate untersucht, die teilweise von Herr Professor EınHnorn in München, teilweise von den Höchster Farbwerken stammten.

Die Versuchsprotokolle hat mir Herr Dr BigerrELn zur Veröffent- lichung überlassen.

Was das geübte Prüfungsverfahren anästhetischer Mittel anbelangt, so sei folgendes vorausgeschickt : Die Wirksamkeit löslicher Anästhetica ist leicht an der Froschhaut oder der Cornea von Säugern zu prüfen. Schwieriger gestaltete sich die Prüfung unlöslicher Mittel ; hier blieb kaum etwas anderes übrig, als ihre Wirkung am Nervenstamm zu untersuchen.

Die Versuchsanordnung war folgende: Am Kaninchen (in vereinzelten Fällen auch am Hund) wurde der N. ischadicus oder einer der grossen

Armnerven eine Strecke weit freigelegt. Unter Anwendung eincs gewöhn- lichen Chromsäure-Tauchelements wurde dann dieser Nerv mittels eines Dusots’schen Schlittens durch Inductionsstrom gereizt, und der Rollen- abstand festgestellt, bei dem das Tier eben Zeichen von Schmerz von sich gab. Dann wurde die zu prüfende Substanz aufgestreut, und meist wurde 5 Minuten nach der Einwirkung wiederum gereizt. Als vollkommen unempfindlich für Schmerz galt der Nerv, wenn bei einem Rollenabstand von 130—110 keine Schmerzensäusserung erfolgte.

Um eine eventuelle Reizwirkung cines Mittels festzustellen, gab es verschiedene Wege. Zunächst liess es sich häufig erkennen, ob eine Substanz an einer frischen Wunde Verätzungen hervorrief. Oder man konnte das Mittel unter die Augenlider bringen und nach 24 Stunden nach entzündlichen Veränderungen forschen, Schliesslich war bisweilen mikros- kopisch der Nachweis einer Entzündung am Mesenterium des Frosches zu

führen.

132 Cart Potrorzky

Was die Constitution der untersuchten Körper anbetrifft, so sammen sie etwa zur Hiilfte aus der Gruppe der Oxybenzoésiiuren, also aus derselben Gruppe, wie das Orthoform; die übrigen gehören anderen Gruppen an.

Zunächst wollen wir einige Substanzen betrachten, die direct von den Orthoformpräparaten abzuleiten sind. Unter ıhnen ist ein einziges Präparat zur Gruppe des Orthoform- alt gehörig, die übrigen sind Derivate

des Orthoform-neu.

A. Oxybenzoésaure-Derivate.

a) DERIVATE DER AMIDO-M- ODER P-OXYBENZOESAURE. I. m-Oxyphenylharnstoff-p-carbonsduremethy lester

NHOCNH: Cell OH COOCH3 Bei einigen Versuchen zeigte sich eine geringe anästhesierende Wirkung, bei den meisten jedoch blieb diese vollständig aus. Ich führe als Beispiel folgendes Protocoll an.

8

Zeit ¡in Min.) Gercizter Nerv ‚Rollen - \bstand

|

0 Rechter Ischiadicus 23,5 Linstäuben

10 26 Einstäuben

40 28 Einstäuben

00 20 Einstauben

So 22

II. o-Oxyphenylharnstoff-m-carbonsäuremethylester.

J Ol C;H3—NHCONII2 NCOOCH:

Das Priiparat ist fast unwirksam.

Zeit (in Min.) Gereizter Nerv Rollen-Abstand

O Linker Ischiadicus 26 Einstauben

10 26 Einstauben

15 22

Die nächsten Präparate (III, IV, V) sind alkylierte Orthoform- ncupräparate. Während III nur mässig wirksam ist, sind IV und V

VERSUCHE ZUR AUFFINDUNG NEUER LOKALANASTHETICA 133

hinsichtlich ihrer anästhesierenden Kraft brauchbar. Alle 3 Präparate

haben jedoch den Nachteil gemeinsam, dass sie mehr oder minder starke

Reizwirkungen, die bald nach dem Auftragen der Substanz auftreten,

hervörrufen.

ELLE. p-Oxy-m-methylamido-benzoësiuremethylester.

COOCH: CsHs—-NHCHs

NOH Das Präparat ist mässig wirksam ; die Musculatur schwärzt sich schon

wenige Minuten nach dem Bestäuben mit der Substanz.

Zeit {in Min.) Gercizter Nerv 'Rollen- Abstand Gereizter Nerv Kollen-Abstand

O Rechter Ischiadicus 31 Linker Ischiadicus 31 Einstiiuben `

15 15 18 Einstáuben

35 18 18

IV. p-Oxy-m-dimethylaminobenzotsiuremethylester.

COOCH: CoHs—N(CHa)ez NOH Der Körper ist in Substanz völlig unwirksam. Seine Lösungen sind wirksam : die ı °/o ist schwach, die 2—2 ı/2 °/o gut wirksam; jedoch sind

die Lösungen sauer und entfalten eine ziemlich starke Reizwirkung.

1 “o Lósung

Zeit fin Min. Gereizter Nerv Rollen-Abstand

0 Rechter Ischiadicus 22 Aufgiessen

15 22,9 Aufgiessen

15 18,5

2? ofo Lösung.

Zeit (in Min.) Gereizter Nerv Rollen-Abstand

0 R. N. rad. 31 Einpinseln

5 16,5 Einpinseln

10 9

134 Cari. Pototzky

2 1/29) Lôsung.

I 1

Dr ns | e : d . ` | Zeit in Mini Cere:zter Nerv Rollen > A mand Gereizter Nerv E ollen-Abstand | i 0 Rechter Ischiadicus 20 Linker Ischiadicus 21,5 Aufträufeln 20 20 9 Aufträufeln Kein Schreien 35 15 |

V. p-Oxy-m-diñthylaminobenroésiuremethylester.

¿COOCHs CoH: -N (C:ls): NOH ist ein flüssiger Körper. Scine anästhesierende Wirkung ist recht gut, doch auch hier sieht die Muskulatur, auf die die Substanz gebracht wird, verfürbt aus. Der Nerv nimmt dabei ein glasiges Aussehen an. Infolge-

dessen ist die Substanz für praktische Zwecke unbrauchbar.

Zeit (in Min.) Gereizter Nerv [Rollen - Abstand! Gereizter Nerv Bee | 0 Rechter 1schiadicus 25,5 Linker Ischiadicus 24.5 Eingiessen 15 13,0 9.0 Lingiessen 25 |

VI zeigt eine Nebenringschliessung durch Einführen einer Metheny]- gruppe.

Bei VII und VIII verbindet die Methenylgruppe 2 Orthoform- Moleküle.

Anästhetisch wirksam ist unter diesen nur VIII, doch ist auch dieses

infolge seiner starken Actzwirkung nicht brauchbar.

VI. Methenyl-p-Oxy-m-amidobenzoäsäuremethylester. (Aus p-Oxy-m-amidobenzoésiuremethylester und Ameisensäure.)

-COOCH3 e a Cola "CH NO-

Der Körper ist mässig wirksam.

Zeit in Min.) Gereizter Nerv Rollen-.\bstand

0 ' L. Plexus brachialis 29 Einstäuben |

3o | 19 Einstauben

ບ່ | | 19 Einstauben |

90 17

VERSUCHE ZUR AUFFINDUNG NEUER LOKALANASTHETICA 135

VI. o-o-Dioxymethenyldiphen ylamido-m-m-dicarbonsäuremethylester.

(Aus p-Oxy-m-amidobenzoësiure und Ameisensäure.) COOCH: COS E OH- | OH Der Körper ist völlig unwirksam.

!

Zeit ‘in Min.) Gercizter Nerv Kollen-.\bstand o Linker Ischiadicus 26,5

Einstiuben

30 24 Einstauben

60 26 Einstäuben

90 27 Einstáuben

120 27

VII. Salzsaures o-o-dioxymethenyldiphenylamido-m-m-dicarbonsiure- methylester.

‘Aus p- Oxy- m-amidobenzoésiiure und Ameisensäure.) Das Mittel erwies sich als wirksam, weist jedoch starke Aetzwirkungen auf.

Zeit vin Min.) Gereizter Nerv Rollen - Abstand

0 R. Plexus brachialis 16 Einstäuben

10 14 Einstauben

20 10,5

In den Präparaten IX und X tritt in der Formel des Orthoform-neu in die Amidgruppe ein Formyl- resp. Acctylrest ein. Beide Präparate sind nicht wirksam.

IX. p-Oxy-formyl-m-amidobenzoësäuremethylester.

COOCH: CcH3 —NHCOH NOH Zeit (in Min.) Gereizter Nerv Rollen-Abstand 0 R. Plexus brachialis 20,5 Einstauben 30 18,5 Einstauben 50 18,5 Einstäuben

70 20,5

136 CARL POTOTZKY

X. p-Oxy-m-acetylamidobenzoäsäuremethylester.

COOCH: Colts -NHCOCHs ‘OH Zeit an Min. | Gereizter Nerv Rollen -Abstand een < > da EE ES re Fe ee Ee 0 R. Plexus brachialis 22,5 Einstauben 30 | 21,0 Einstauben 60 | 19,0

XI. Carbony!-p-Oxy-m-methylamidobenzoäösäuremethylenter.

IE CH:

CNT g Ro = 0

In den meisten Versuchen war die anästhesierende Kraft nur gering.

Am wirksamsten war sie noch in folgendem Versuche.

we ` |

Zeit {in Min.) Gereizter Nerv ວສດ Gereizter Nerv Kollen - Abstand

0 Rechter Ischiadicus 26 Linker Ischiadicus 30 Aufstreuen

25 26 . 27 Aufstreuen

50 18 16 Aufstreuen

65 20 16

Für praktische Zwecke ist das Priiparat unbrauchbar.

XII. p-Oxy-m-benzolsulfamidobenzotsiituremethylester.

COOCIIs Co>eH3—N HSO2CeHs NOH

Unwirksames Priiparat.

Zeit {in Min.) Gercizter Nerv Rollen-Abstand

0 Rechter Ischiadicus 20,5 Einstäuben

30 23,4 Einstauben

60 | 20,5

VERSUCHE ZUR AUFFINDUNG NEUER LOKALANASTHETICA 137

XII. 0o-Amido-phenoxylessigsäureamid-p-carbonsäuremethylesther.

O-CH:CONH. CsH3——N He NCOOCH:

Das Präparat ist unwirksam.

Gereizter Nerv Rollen -Abstand

Zeit (in Min.)

0 Linker Ischiadicus 23,5 Einstáuben

15 23,5 Einstáuben

30 23,5

XIV. -Oxy-p-carbonsäuremethylesteranilido-essigsäureanilid- e-oxy-me<arbonsiuremethylester.

OM rs ລະ OH CsH3NHCH2zCOHNCeH: COOCH; Hoi ONCE COOCH: Zeit (in Min.) Gereizter Nerv Rollen-Abstand 0 | Linker Ischiadicus 27 Einstiiuben |

30 27 Einstäuben

60 27

Das Priparat ist demnach unwirksam.

b) DERIVATE DER ÁMIDO-O-OXYBENZOÉSAURE.

Die jetzt folgenden Präparate XV—XVII sind amidierte Salicylsäure- derivate, deren Amidgruppe ein Säureradical enthalt. Sämtliche Präparate sind unwirksam.

XV. n-Benzoyl-p-Amldosalicyisäuremethylester.

e OH S 3 NHCOC6+ Hs

Das Priiparat ist unwirksam. Zeit (in Min.) Cereizter Nerv Rollen-Abstand Gereizter Nerv Rollen -Abstand

0 Rechter Ischiadicus 30 Linker Ischiadicus 24,5 Einstäuben

20 22,5 29,5 Einstäuben

40 21,5 25,5 Einstäuben

70 26 26

138 CarL PoTOTZKY

XVI. Dibenzoyl-p-Amidosalicylsäuremethylester.

7 OCOCéHs CuH3<-COOCHs \NHCOGHs

Das Priiparat ist unwirksam.

Zeit (in Min.) | Gereizter Nerv Rollen- Abstand

0 Linker Ischiadicus 28,5 Einstauben

25 30,0 Einstäuben

45 27,0 Einstiuben

70 29

XxVI. Diacety1p-Amidosalicylnkuremethylester.

/OCOCHs a NHCOCH: Das Präparat ist unwirksam. Zeit (in Min.) Gercizter Nerv Rollen-Abstand 0 Linker Ischiadicus 24 Einstäuben 15 18 Einstäuben 50 23

c) DERIVATE DER O-UND P-OXYBENZOESÄURE.

Die folgenden Präparate XVIII und XIX schliessen sich der Constitution der Salicylsiure an, XX und XXI sind Derivate der p-oxy-benzoésiiure, XXII und XXIII sind Jodderivate der Salicylsäure, Präparat XXIV ist ein Gaultheriaôl.

XVIII. Aethylen-disalicylsiuredimethylester.

Cs Hs COOCH3 OCH2— CH2 OCOOCHS5 Ce Ha Die Substanz ist unwirksam.

Zeit (in Min.) Gereizter Nerv Rollen - Abstand

O Rechter Ischiadicus 26,5 Einstäuben

30 26,5 Linstiuben

49 26,5 Einstäuben

05 27

VERSUCHE ZUR AUFFINDUNG NEUER LOKALANÁSTHETICA 139

Es folgen 2 acetylierte Oxybenzoësäureester. Beide Präparate sind gut wirksam, doch bei beiden findet sich eine beträchtliche Reizwirkung.

XIX. Acetylsalicylnäuremethylester.

Also der Ester des unter dem Namen Aspirin jezt vielfach in der inneren Therapie verwendeten Körpers.

cu, OCOCH: N~ COOCH: Zeit (in Min. Gereizter Nerv Rollen-Abstand Gereizter Nerv Rollen-Abstand O Rechter Ischiadicus 29 Linker Ischiadicus 24,9 Einstauben 10 10 10 Zeit (in Min.; Gereizter Nerv Rollen -Abstand O Rechter Ischiadicus 23 Einstauben 10 8

Substanz, ins Auge cines Kaninchens eingebracht, erzeugt diffuse Triibung der Cornea nebst starker Conjunctivitis. XX und XXI sind Derivate der p-oxybenzo&säure.

xXX. Acetyl-poxybenzo&säureäthylester.

C Hi COOC: Hs "225 0-CO-CHs Zeit (in Min.) Gercizter Nerv Rollen - Abstand Gereizter Nerv Rollen -Abstand 0 R. Plexus brachialis 22 L. Plexus brachialis 21 Einstauben 15 16 16 Einstauben 25 9 9 Zeit (in Min.) Gereizter Nerv Rollen-Abstand o | 3 Einstäuben 30 25 Einstäuben | 45 18

Die anästhesierende Wirkung ist nicht sehr constant, ausserdem reizt die Substanz,

140 Carı. POTOTZKY

XXI Benzoyl-p-oxy-benzo&säureäthylester.

CH: COOC:H; >” ”-0606ເ1]: BEER on rl = | EN. Zeit {in Min. Gereister Nerv ກດ Gereizter Nerv ‘Rolien-.\bstand el ແມ ງກ າມວ Ss : Bun AA 0 R. Plexus brachialis 21 L. Plexus brachialis 25 Einstiuben | 15 17 21 ນ, i Einstäuben 25 20 20

Das Mittel ist also unwirksam; ausserdem tritt auch bei diesem Präparat eine starke Reizwirkung auf. Es folgen 2 Jodderivate der Salicylsäure. Beide sind unwirksam,

ausserdem besitzt XXIII eine ausgesprochene Reizwirkung.

XXII. Acetyldijodsalicylsäureäthylester.

GH HEED: 2 ້-(;00(;]1: A - + Zeit (in Min.) Gereizter Nerv Rollen - Abstand Gercizter Nerv lRolten - Abstand EUR, ris ste ee ot ee, = a AA oe 0 Rechter Ischiadicus | 34 Linker Ischiadicus 28 Einstiuben 30 34 | 26 Linstäuben | | 45 30 26

Substanz vóllig unwirksam. Die Musculatur, auf welche die Substanz gebracht wird, färbt sich schwarz und nimmt einen stark verätzten Character an.

XXIII, Dijodsalicylsiuremethylesterjedid.

(Constitution nicht sicher),

Zeit (in Min.) Gereizter Nerv Rollen -Abstand

0 R. Plexus brachialis 21,0 Lınstäuben

30 22,0 Einstäuben

60 21,0

Substanz völlig unwirksam.

XXIV. Zu den Salicylderivaten gehört noch Priiparat XXIV, das Paratoluol- sulfurylgaulteriaól von der Formel : (rJCLIsC HsSOz[yJSOz{1JOCcH s[2j|CO2Cel Ts

Y

VERSUCHE ZUR AUFFINDUNG NEUER LORALANÄSTHETICA 141

Es ist völlig unwirksam.

—— Zeit {in Min.) | Gereizter Nerv |Kollen- Abstand Gereizter Nerv Rolleng - Abstand i 0 Rechter Ischiadicus 27 Linker Ischiadicus | 27 Einstáuben 10 | 25 20 Einstäuben 25 27 23

d) DERIVATE DER ANISSAURE.

XXV und XXVI sind Derivate des Methylaethers der p-oxybenzoésáure : der Anissiiure. XXV ist gut wirksam, reizt jedoch stark; XX VI istunwirksam.

KXV. Dimethylaminoanissäuremethylester.

COOCH: CH: —OCH: NN(CH:}e

Zeit (in Min.) | Gercizter Nerv Rollen - Abstand

0 | Rechter Ischiadicus 31 Eingiessen

30 II

(N. sicht glasig aus).

0 Rechter Ischiadicus 25 Eingiessen

15 a 11

(Nerv und Muskulatur sehen geatzt aus).

XXVI. Trimethylaminoanissiurebetaía.

CO O 6 3<%-061ນ | N (CHs)s Die Substanz ist unwirksam. e ມາ = Zeit (in Min.) | Gereizter Nerv ollen-Abstand Gereizter Nerv ‚Sallen= being 0 Rechter Ischiadicus 33 Linker Ischiadicus 28 Aufstreuen 40 31 32 Aufstreuen | 60 28,5 31

e) DERIVATE DER M-OXYBENZORSAURE. XXVIII, Acetyl-m-oxybenzotsiureisthylester.

COOC:II; 614 0006

142 Cart. Pototsky

Das Priparat ist ganz gut wirksam, jedoch tritt sofort nach dem

Auftragen der Substanz eine starke Verätzung der Musculatur auf.

Zzit ‘in Min.) | Gereizter Nerv Rollen-Abstand Gereizter Nerv Rollen-Abstand

0 | Rechter Ischiadicus 24 Linker Ischiadicus 25 Einstiuben |

10 16 13 Einstäuben |

20 14 10

J) DERIVATE DER TRIOXYBENZOESAURE.

Die Präparate XXVIII—XXX sind Derivate der Gallussäure. Sie sind sämtlich unwirksam.

XXVIII. Trikohienskureithylester: Gallussiuremethylester. CH30:CCéH2(0COOC?H:)s

[1] [3.4.5.] Zeit {in Min) Gereizter Nerv Rollen. Abstand] . Gereizter Nerv |Kollen- Abstand 0 Rechter Ischiadicus 33 | Linker Ischiadicus 34 Einstauben 15 27 33 Einstäuben | 35 27 27 XXIX. Triacetylgallussiuremethylester. (CH:00C)C:H:(00CCH:): Ir} | 3.4.5.| Zeit (in Min.) Gereizter Nerv Rollen-Abstand Gercizter Nerv Abstand O e Plexus brachialis- 25 | L. Pess brachialis 26 Einstäuben 15 19 21 Einstáiuben 30 19 21 XXX. Gallamid. CiH2(CONH:\(OH)s 1] 3.4.5. | Zeit ‘in Min.) | Gereizter Nerv q Abstand Gereizter Nerv ‘Rolien-Abstand | Hecha ischiadicus | 26 | Hiner aa 26 Einstäuben | 10 28 24,5 Einstiuben | 20 31 25

VERSUCHE ZUR AUFFINDUNG NEUER LOKALANASTHETICA 143 B. Amidobenzoesäure-Derivate.

XXXI und XXXII sind Derivate der Amidobenzoésiiure.

XXXI ist gut wirksam und reizt ausserdem nicht; es wurde daher als brauchbar befunden und unter dem Namen « Anästhesin » in die Praxis eingeführt.

XXXII ist meist gut wirksam, steht jedoch hinter XXXI zurück; auch ist die Reizwirkung nicht mit Sicherheit auszuschliessen.

XXXI. Amidobenzotsiurekthylester (Anásthesin).

CH COOCH; NH: Zeit (in Min.) Gereizter Nerv Rollen -Abstand Gereizter Nerv Rollen- Abstand 0 Linker Ischiadicus 21,5 Rechter Ischiadicus 26 Einstäuben 15 11 8 Zeit (in Min.) Gereizter Nerv Rolien - Abstand 0 | Linker Ischiadicus 23,5 Einstiiuben | 15 8 eee LS SS ee Zeit (in Min.) Gereizter Nerv Rollen-Abstand Gereizter Nerv Rolien- Abstand 0 R. Plexus brachialis 19.5 L. Plexus brachialis 20,5 Einstáuben 60 10,0 10,5

Substanz, die ins Auge gebracht wird, lässt das Auge völlig reizlos.

XXXII. Amidophthalsiuredikthylester.

_(COOC:Hs):

CeHs Sa N He Zeit (in Min.) Gereizter Nerv Rollen-Abstand Gercizter Nerv Rollen -Abstand 0 R. Plexus brachialis 24 L. Plexus brachialis 21 Einstáuben 15 | 14 12 Einstauben | 25 14 -- 12

. Bei der Prüfung auf Reizwirkung verursachte die Substanz cine starke Conjunctivitis, hiess den Bulbus jedoch intact.

LR a mn +

Ps

| E rn ee TE ei ES e

144 Cari. PororskY

C. Zimmtsäure-Derivate. Die Präparate XXXIII und XXXIV besitzen zwar eine ausreichende aniisthesicrende Kraft, jedoch tritt bei beiden die Wirkung auf den Nerv

oft nur schr langsam auf, und so sind die Präparate für die Praxis nicht

brauchbar.

XXXII. Meta-Amidozimmtsäuremethylester.

cp, + CH=CH—COOCHs

NH: e Zeit (in Min.) | Gereizter Nerv Rollen-A bstand 0 L. Ischiadicus 24,9 Einstäuben 30 22 Einstäuben 60 23,5 Einstäuben 0 24,5 aufgiessen von 9 4 Wasser 105 15 Zeit (in Min.) Gereizter Nerv Rollen - Abstand 0 R. Ischiadicus 26,0 Einstäuben 35 19,5 Einstäuben 60 15 Einstäuben 105 10

XXXIV. Cinamenylacrylsäuremethylester. CoHsCH=CH—CH=CH—COOCHs

Zeit fin Min) Gereizter Nerv Rollen - Abstand Gereizter Nerv Rollen- Abstand

0 Rechter Ischiadicus 23,5 Linker Ischiadicus 25 Einstäuben | .

25 18,0 18,5 Einstäuben

55 19,0 21,0 Einstäuben

80 . 10,0 12,0

D. Anderweitige benzoylierte Verbindungen.

XXXV stammt aus der Gruppe der Terpene und stellt eine Benzoy- lierung der als Anästheticum bekannten Menthols dar; XXXVI ist ein

benzoyliertes Derivat der Weinsäure. Beide Präparate sind unwirksam.

VERSUCHE ZUR AUFFINDUNG NEUER LOKALANÄSTHETICA 145

XXXV. Benzoyl-Menthol. CioH 9O—COCcHs

Zeit {in Min.) | Gereizter Nerv Rollen-Abstand Gereizter Nerv Kollen-Abstand 0 L. Plexus brachialis 28 | R. Plexus brachialis | 20 Einstäuben | 15 | | 26 3 Einstäuben 40 23,5 | 23,9

XXXVI. Dibenzoylweinsäureanhydrid. CH(O-COCcHs'—CO\ O

| 2 CH(O-COC:H5)—CO-

. Zeit {in Min.) Gereizter Nerv Rollen -Abstand Gereizter Nerv | Rollen-Abstand a ບພາບ 0 Rechter Ischiadicus 26 Linker Ischiadicus | 27 Einstäuben i 20 25 30 Einstauben 40 27 31

Práparat XXXVII ¡ist ein benzoylierter Harnstoff.

XXXVII. Benzoylharnstoff.

s- NHCOCcHs CO NH: Zeit ‘in Min.) | Gereizter Nerv Rollen-Abstand| . Gereizter Nerv Rolien- Abstand 0 Rechter Ischiadicus 32 Linker Ischiadicus 32 Einstáuben 7 | 32 26 Einstauben | 22 31 28 Das Präparat ist demnach unwirksam. Das folgende Präparat ist ein benzoyliertes Toluolderivat. XXXVIII. Benzoylparatoluoleulfamld. [CH SO2N—COCóHs [4] pr H Zeit lin Min) Gereizter Nerv Rollen- Abstand Gereizter Nerv ads Abstand O Rechter Ischiadicus 27 Linker Ischiadicus 30 Einstauben 10 25 | 24 Einstauben | 20 36 | 28

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Thérapie, vol. XII. 10

146 CarL Pororzkt

Im Anschlusse hieran sei das Priifungsergebnis cincs anderen (nicht

benzoylierten) Toluoldcrivates mitgeteilt.

XXXIX. Dikthylglycocollparatoluolsulfamid. CHsC sHsSO2—NITI—OCCH 2 N(C2Hs)2

Zeit (in Min.) | Cereizter Nerv Rollen- Abstand Gercizter Nerv Roilen -Abstand

0 Rechter Ischiadicus 28 | Linker [schiadicus 28 Einstäuben

10 | 28 28 Einstáuben

20 28 27,5

Die Priiparate sind also unwirksam.

G. Amidine.

Es schliessen sich die Priiparate XIL—XLIV an; es sind dies Amidine.

Nachdem Fır.enne zu Anfang der go Jahre im hiesigen Institut in nicht veröffentlichten Versuchen die lokalanästhesierende Kraft einiger Amidine festgestellt hatte, prüfte IlEınz zuerst aus dieser Reihe das Aethenylamidin und Benzamidin, die jedoch keine anästhesierende Wirkung zeigten. Er fand dann unter den Körpern dieser Reihe einen wirksamen, das salzsaure p. Diäthoxyäthenyldiphenylamidin, das von TáuBER dargestellte Holocain von der Constitution :

= N—C,H40CeH;

CHC NH CHOCH;

Die Prüfungsresultate von 5 weiteren Amidinpräparaten, unter denen sich 1 Holocafnderivat befindet, sind in folgendem zusammengestellt. XLI, XLIII und XLIV wirken in Lósungen wcit besser als in

Substanz, XLII ist auch als Substanz gut wirksam.

XL. Salzsaures Amidín

wahrscheinlich von der Formel Ho. | |

C : CH N=C< e Cell:

| Ho

Das Präparat ist in Wasser unlöslich, daher konnte es nur in

Substanz geprüft werden.

VERSUCHE ZUR AUFFINDUNG NEUER LOKALANASTHETICA 147

>

Rollen - Abstand

!

an S | | Zeit {in Min.) | Gereizter Nerv Gereizter Nerv Ba

0 Rechter Ischiadicus 24 Linker Ischiadicus 24 Einstauben

10 22 19 Einstauben |

20 9 9

Gleichzeitig wird Substanz ins l. Auge gebracht; letzteres wird zugenäht. 25 Minuten nach dem letzten Einstäuben brechen plötzlich Krämpfe aus, die den Typus der bei Holocain beobachteten tragen.

Die Pupillen sird dabei stark erweitert. go Minuten nach Ausbruch

der Krämpfe erfolgt Exitus. e Zeit ‘in Min.’ | Gereizter Nerv Kollen -Abstand Gereizter Nerv Rollen - Abstand o lee a າມາ 0 Rechter Ischiadicus 29 | Linker Ischiadicus - 17 Einstäuben S 9 23

Einstauben 15

9 Substanz wird in den Conjunctivalsack gebracht; dieser wird zugeniht. Am nichsten Tage findet sich starke Eiterung aus dem Conjunctivalsack und eine mittelestarke Trúbung der ganzen Cornea vor : Das Präparat ist also wirksam, ist jedoch infolge seiner starken Gift- und Reizwirkung nicht gebrauchsfähig. XLI. Salzsaures Amidin aus Diäthylgiycocoli- metamido- zimmtsänre- methylester.

¿NC Hi=CH=CHCOOCB: ((C2Hs)eN-CH:C— Nic, H,—CH—=CH—COOCH,) HCl

Das Präparat ist zwar schr gut wirksam, sogar schon in schwächeren Lösungen, ist aber infolge seiner starken Giftigkeit nicht brauchbar.

r 0] Lösung.

EEE

Zeit (in Min.) Gereizter Nerv Rollen -Abstand

0 Linker Ischiadicus 22,6 Einpinseln

I 17,0 Einpinseln

10 13,0 Einpinseln

10 7

148 Cart Pototzky

5 "jo Lösung.

sh | Zeit fin Min.’ | Gereizter Nerv |Rollen - Abstand 0 Rechter Ischiadicus 26,5 | Einpinseln | I Ä | 22 : f i | Einpinseln | | 2

Sensible Reizung bei g nicht mehr erzielbar; motorische erfolgt bei 15—17.

10 Jo Lösung.

Zeit in Min. | Gereizter Nerv Rollen -A bstand

o | Linker Ischiadicus 25,5 Einpinseln und Eingissen

5 | 23,5 Einpinseln und Eingissen | |

Sensible Reizung bis 8 nicht erzielbar, motorische erfolgt bei 12.

XLII. Salzsaures Benzamidin. NH IHC wn HO Das Präparat ist im Verhältnis zu seiner Giftigkeit zu schlecht anästhesierend wirksam, da crst bei 20 °/o Lósungen die Wirkung ausreichend ist.

A) in Substanz.

Zeit (in Min.’ Gereizter Nerv Rollen -Abstand! Gercizter Nerv Rollen - Abstand 0 Rechter Ischiadicus 34 Linker Ischiadicus 31 Einstáuben 15 9 9 {Kein Schmerz) (Kein Schmerz} 0 Rechter Ischiadicus 31 Linker Ischiadicus 31 Aufschútteln 10 21 29 Aufschitteln 22

9 ‚Kein Schreien)

B) Lösung. 20 fo.

Zeit (in Min.)

Rollen - Abstand

Gereizter Nerv

0 Rechter Ischiadicus 28 Einstauben 15 18 Einstáuben | 40 2

VERSUCHE ZUR AUFFINDUNG NEUER LOKALANASTHETICA 149

Bei 2, 3, 4 und 10 °/, Lésungen ist die anisthesierend Wirkung bedeutend herabgesetzt.

Die folgenden Holocainpriparate sind in Substanz unwirksam. Die Lösungen wären brauchbar, da sie relativ gut anästhesieren und wenig giftig sind, wenn nicht der Nachteil vorhanden wäre, dass die Präparate nur mit freiem Alkali in Lösung zu halten sind.

XLIll. Holocainsulfosäure.

N—C:H¡0C:H;5

CHs—-CT NY _C H30C:H5,SO:H)

a) als Substanz.

Zen —— Zeit (in Min.) | Gereizter Nerv Rollen - Abstand 0 Linker Ischiadicus 27,5

Einstauben

30 27 Einstáuben |

50 27 Einstauben

65 | 27 Einstauben |

120 28

B) als Lösung. I %lo.

Zeit (in Min.) | Gereizter Nerv IRollen -\bstand EA donne 0 Rechter Jschiadicus 28,5

Einstauben

15 14 Einstäuben

79 15 Einstauben

135 17

XLIV. Natriumsalz der Holocainsulfosäure.

A) als Substanz.

Zeit (in Min.) Gercizter Nerv Rollen - Abstand 0 | Linker Ischiadicus | 25

Einstäuben |

20 21

150 CarL PoTOTZKY

B) als Lösung. 2 ol,

Zeit {in Min.) Gereizter Nerv |Rollen - Abstand o Rechter Ischiadicus 28,5 Eingissen 2 21,5 Lingissen 4 26,0 Eingissen 15 10,0

Anhangsweise scien hier cinige neuerdings im hiesigen Institute angestellte Versuche über die Giftigkeit des salzsauren Holocains erwähnt. Der erste Untersucher dieser Substanz, Heinz, hatte vor der subcutanen Anwendung der grossen Giftigkeit wegen gewarnt. Wie aus der Litteratur ersichtlich, wird es aber besonders von amerikanischen Augenärzten häufig zu subconjunctivalen Injectionen verwendet, ohne dass bei dieser Anwendungsweise Vergiftungen berichtet werden.

Das Resultat der an Hunden und Kaninchen angestellten Versuche war: Die toxische Dosis für Kaninchen liegt zwar wie auch Heıxz seiner Zeit am angegebenen Orte’fand zwischen 0,01 und 0,02; die tödliche Dosis liegt dagegen unverhältnismässig höher. So überstand z. B. ein Kaninchen von 1600 gr. eine Vergiftung mit o,ı gr. und erlag erst einer Dosis von 0,2 gr. Ein Hund von 12 kgr. zeigte auf eine Dosis von 0,05 gr. subcutan keinerlci Vergiftungserscheinungen; erst bei o,1— 0,15 gr. brachen starke Krämpfe aus, von denen aber sich das Tier nach Verlauf von ı Stunde erholte. Ein anderer Hund von 8 kgr. Gewicht bekam auf 0,18 gr. sehr heftige Krämpfe, die mehrere Stunden anhielten; dann war das Tier vollkommen normal.

Diese an Hunden gewonnenen Resultate, bei denen wie gesagt Dosen von 0,18 gr. noch nicht zum Tode führten, erscheinen bemerkens- wert in Hinsicht auf die geringe Menge (0,01 gr.), die bei Operationen am

Auge benötigt wird.

Schlussbemerkungen.

Ueberblicken wir die Reihe der untersuchten Substanzen, so schen wir, dass nur eine ganz geringe Anzahl für praktische Zwecke geeignet ist. Ein grosser Teil unter ihnen entfaltet zwar eine hinreichende anästhe- sierende Wirkung, doch sind sie aus einem andern Grunde nicht brauchbar. Wie oben gesagt, war der grösste Nachteil, der sich bei der Anwendung des sonst so brauchbaren Orthoforms herausstellte, der, dass diese

Substanz eine erhebliche Reizwirkung hatte. Bei den erwähnten gut

VERSUCHE ZUR AUFFINDUNG NEUER LORALANÄSTHETICA 151

anisthesierenden Substanzen war diese Reizwirkung mit Ausnahme von einigen wenigen durchwegs vorhanden oder wenigstens nicht mit Sicherheit auszuschliessen, so dass sie fiir die Praxis nicht verwendbar erschienen.

Versuchen wir für diese gemeinsame (unerwünschte) Eigenschaft eine Erklärung zu finden, so schen wir, dass alle Körper, die reizend wirken, inihrer Formel eine Hydroxylgruppe am Benzolkern entweder frei oder substituiert (z. B. Aspirinester) enthalten, und dass alle nicht reizenden Körper diese Gruppe nicht enthalten. Sonach scheint die Hydroxylgruppe die Reizwirkung zu bedingen.

Dieser Gedanke erscheint um so plausibler als auch für andere toxische Wirkungen die Körper der Benzolreihe durch Einführung eines Hydroxyls reactionsfähiger und damit wirksamer werden.

Eine weitere Stütze hat diese Anschauung in dem gleichen Character, den die Reizung (Aetzung) in allen Fällen hatte : Ueberall näherte sich die Gewebsveränderung dem Typus der durch Säureeinwirkung bedingten. Und eine derartige Wirkung ist selbst bei schwer löslichen Präparaten leicht verständlich, wenn man bedenkt, dass eine Aufschüttelung des scheinbar unlöslichen Orthoforms mit Wasser nach kurzem Stehen sauer reagiert.

Sodann möchte ich noch auf einen weiteren Gesichtspunkt hinweisen, der sich bei näherer Betrachtung der Versuchsresultate ergab.

Es ist dies die in unseren Beobachtungen gefundene Thatsache, dass ein Körper, der eine Combination von mehreren für sich allein gut anästhetisch wirksamen Substanzen darstellt, nicht etwa eine erhöhte anästhesierende Kraft besitzt. Im Gegenteil war diese nach vermindert oder sogar erloschen.

Wir sehen dies zum Beispiel beim m-Amido-p-oxybenzoesäure- methylesther und Methenyl- bis- m- amido- p- Oxybenzoésiiuremethylester. Während ersterer ein gut wirksamer Körper ist, ist das Methenyl- bis- Orthoform-neu, trotzdem es doch seiner Zusammensetzung nach Anspruch auf erhöhte Wirkungskraft haben könnte, ein absolut unwirksames Präparat.

Aehnlich liegen die Verhältnisse beim Benzoyl-Menthol! Das Menthol ist als wisksam bekannt. Benzoyliert man es nun, so wäre nach den eingangs erwähnten Erwägungen vielleicht zu erwarten gewesen, dass cs besser wirksam sein würde als die Ausgangssubstanz. Doch war dies nicht der Fall, wie die oben erwähnten Protocolle zeigen.

Betrachtet man die hier behandelten Substanzen hinsichtlich ihrer

Allgemeinwirkung, so findet man, dass diese recht wenig in Betracht

152 Carr Pororsk\

kommt, da die meisten untersuchten ..órper unlóslich und schlecht resorbierbar sind. Erst bei den löslichen Substanzen kann demnach die Frage der Allgemeinwirkung in den Vordergrund treten. Es haben nun die klinischen Untersuchungen ergeben, dass auch lösliche hierher gehörige Verbindungen, wie z. B. das von cinigen Klinikern verwendete salzsaure Salz des m-Amido-p-oxybenzoësäuremethvlesters (Orthoform- neu) so gut wie ungiftig sind. Anders verhalten sich dagegen die Amidine, die meist gut löslich und sehr gifig sind (Krämpfe, hämorrhagische Nephritis). Die Giftigkeit dieser Körper ist so gross, dass sogar einige ihrer unlöslichen Verbindungen (wie z. B. Präparat XL) zu Vergiftungen führten, nachdem eine kleine Menge davon in eine frische Wunde einge- bracht war. Es hatte also die geringe gelöste und resorbierte Menge genügt,

um Krämpfe auszulösen.

1902, Vol. X. J. F. Hermans. Marcel von Nencki (1 pl.), p 1. WALTHER FÜNFSTÜCK, Versuch einer physikalischen Biologie mit besondrer Berücksichtigung der Giftwirkung und des Giftschutzes, p. 25. H. v. TArPEINER, Ueber die Wirkung der Mucilaginosa, p. 67. M. Lambert, Sur les proprietes physiologiques de Tıbogine (8 fig.), p. 101. AL 1..FT KEIL, Ueber die sosenannte körnige Entartung der roten Blutkórperchen bei Vergiftungen, p. 121. EDUARD FRHR. V. VIETINGHOFF- SCHEEL, Zur Giftwirkung des neutralen citronensauren und weinsauren Natriums und über ıhren Eintluss auf die Blutgerinnung und die Kaseingerinnung mit Lab, p. 145. EMANUEL FORMANEK, Ueber die Einwirkung des Cholinchlorids auf den Blutkreislauf, p. 177. JuLıus VoGEL, Ueber die Wirkung des Phosphors auf die roten Blutkörperchen bei Hühnern, p. 187. A. JopLBAUER, Die Wirkung der Bittermittel im Dünndarm, p. 201. WALTuER FÜnrstück, Versuch einer physikalischen Biologie mit besondrer Berücksichtigung der Giftwirkung und des Gittschutzes, p. 215. H VAN WILDER, Influence de l'énervation vaso-motrice sur l'inflammation par brülure, p. 241.— JEAN CH. Roux, Recherches sur l'évolution de la méningite tuberculeuse expérimentale chez le chien (5 fig.), p. 251. EMANUEL ForMANEK, Ueber die Einwirkung von Neurin auf den Blutkreislauf, p. 273. G. D. SrINEANU, Recherches expérimentales sur l'aconitine amorphe (2 fig.), p. 281. Victor Corsey, Recherches sur la nature intime de la toxicité de l'acide oxalique et des oxalates (11 fig.), p. 293. Maktin KocuMann, Ueber Mischnarkosen, p. 347. Jean Camus et P. PacGniez, Recherches sur les propriétés hémolysante et avylutinante du sérum humain, p. 369. J. ALoy et E. Barbier, Toxicologie des métaux alcalino-terreux et du magnésium (5 fiy.), p. 399. L. DE BusscHER, L'antidote de l'arsenic est nuisible en cas d’empoisonnement par l’anhydride arsenieux et d'une etticacité temporaire contre la Liqueur de Fowler, p. 415. E Impens, Sur la 3-Monométhylexanthine (8 fig.), p. 463. Orro Heuser, Ueber die Giftfestigkeit der Kroten, p. 483.

1903, Vol. XI. J. F. Heymans, Barend Joseph Stokvis (r portrait), p. 1. CARL Lowin, Beitráge zur Kenntnis der Ipecacuanha (I. Teil), p. 9. SAMUEL AMBERG, Ueber die Toxicitat des wirksamen Princips der Nebennicren (3 Curven), p. 57. Lucien VAN DEN BULCKE, Contribution a l'étude de la tuberculose expérimentale chez le lapin (4 fig.), p. 101. Hans GeorG Haupt, Beiträge zur Kenntnis der Schwefelkohlenstottvergiftung (mit einer Doppeltatel), p. 155. EUGENE STOCKIS, Recherches expérimentales sur la pathogénie de la mort par brúlure (4 fig. et 1 planche), p. 201. I. Ronsse et H. Van WILDER, Variations du nombre des globules rouges et du taux de l'hémoglobine au cours de l'inanition chez le lapin (2 tig.), p. 301. GIUSEPPE ASTOLFONI, Ricerche intorno all'azione farmacologica delle soluzioni dei sali di potassio; Ia comunicazione (2 tav.), p. 313. E. HÉDON et C. FLEIG, Action du chloralose sur quelques rétlexes respiratoires (11 graph. en une planche hors-texte), p. 361. GIUSEPPE ASTOLFONI, Ricerche intorno all'azione farmacologica delle soluzioni dei sali di potassio; Il# comunicazione (4 tav.), p. 351. TokuYE Kimura, Beiträge zur Kenntnis der Ipecacuanha (2 Teil), p. 405. PauL Harrass, Ueber die narkotische und krampferregende Wirkung alipha- tischer und aromatischer Saiuren und ihrer Amide, p. 431. Paut Masoin, De la rapidité d'absorption des poisons par l'organisme, p. 465. WALTHER HAUSMANN, Ueber die Arsenikesser in Steicrmark, p. 483.

Archives internationales de Pharmacodynamie et de Thérapie, vol. XII, fasc. [°& IL.

A. J. MINNE : Etude de l'action de la toxine diphtérique sur la température du corps ct la circulation sanguine (12 fig.), p. I.

GroxG JO\NNOVLES : Ueber Veränderungen der Leber bei Vergiftung mit carbaminsaurem und kohlensaurem Ammonium, p. 35.

Hermann EPPENSTEIN : Leber die angeblich renionäre Wirkung von Arzn«istoffen nach Injection unter die Schláfenhaut, p. 47:

Huco BECKER : Pharmakologischeo Untersuchungen über cinige Morphinderivate, p. 63. È Marrın KOCHMANN : Beitäge zur Wirkung des Scopolaminum

hydrobromicum, p. 99. Car. POTOTZKY :- Ucber einige Versuche, zur Auffindung neuer

l.okalanästhetica, p. 131.

—_ O IN A A a a à A A mn

Les Archives internationales de Pharmacodynamie et de Thérapie paraissent par fascicules, avec planches et figures intercalées dans le texte.

Six fascicules forment un volume d'environ 500 pages.

Prix du volume : 18 francs pour la Belgique, 20 francs pour l'étranger.

Les autour reçoivent 50 tirés a part.

On est prié d'adresser tout ce qui concerne la rédaction a E. Grey,

Paris, rue monsieur le Prince, 14. ou à J. F. ITEYMANS, Gand (Belgique),

boulevard des Hospices. 7.

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IMPRIMERIE G. LYLENIOSCH, VIEUX ROURG, GANL.

ARCHIVES INTERNATIONALES

DE

(

Pharmacodynamie e: ae Therapie

PUBLIÉES PAR

J. J. Abel, Baltimore; S. Arloing, Lyon; E. Behring, Marbourg; C. Binz, Bonn; A. de Bókay, Budapesth; Ch. Bouchard, Paris: L. Brieger, Berlin; V. Cervello, Palerme; A. R. Cushny, Ann Arbor; J. Denys, Louvain; P. Ehrlich, Francfort; W. Filehne, Breslau; Th. R. Fraser, Edimbourg; J. Geppert, Giessen; P. Giacosa, Turin; ` E. Gley, Paris; F. Henrijean, Liége; J. F. Heymans, Gand; R. Kobert, Rostock; T. Lauder Brunton, Londres; R. Lépine, Lyon; O. Liebreich, Berlin; R. Paltauf, Vienne; J. Pohl, Prague; G. Pouchet, Paris; J. L. Prevost, Genève; E. Roux, Paris; H. v. Tappeiner, München; E. Van Ermengem, Gand. |

VOLUME XII, FASCICULE III & IV.

BRUXELLES ; PARIS H. LAMERTIN, ÉDITEUR, O. DOIN, Énireur,

20. RUE Du MarcHé-au-Bors. | 3, PLACE DE L'ODÉON.

1903.

Table des matiéres des volumes antérieurs.

1901, Vol. VIII. J. F. Heymass et PauL Masorn, Sur la rapidité de Pabsorption intracellulaire des nitriles malonique et pyrotartrique après injection intraveineuse, p. I. JINNOSUKE JsUZUKI, Beitrag zur Tetanusantitoxintherapie bei Thieren und beim Menschen, p. 19 C. Levapırı, Experimentelle Untersuchungen über die Nekrose der Nierenpapille (1 Taf.), p. 45. Otto Lozwr. Pharmakologische Untersuchungen über Anagyrin, p. 65. I. Imrexs, Le Chlorétone. p. 77. ERNEST F. Basurorn M. 13. CH. B., Ueber Blutimmunitát, p. 101. C. H. L. ScHumipr, Ueber Jodotormnachweis und Jodotormzersetzung, p. 111. FRITZ ALTENBURG, Einige Versuche uber die Umwandlung des Jodoforms in freies Jed, p.125. K. DMITRIEVSsKI, Influence des injections repetces des toxines sur ‘élimination de l'azote, des phosphates et des chlorures, p. 151. LADISL. HASKOVEK, Weitere Beitrage zur Lehre von der Wirkung des Thyrevdialen-Sattes aut das Centralnervensystem, p. 107. C. H. L. Scumipt, Nachweis des Jodoforms neben einigen bekannten organischen Jodverbindungen, p. 187. JULES REHNs, D'une necrose typique de la papille renale déterminée par la tétrahydroquinoléine et certains de ses dérivés, p. 199. JULES REHNS, Contribution à l'étude des muscles privilégiés quant à l'oxygène disponible, p. 203. HEINRICH SINGER, Ueber die Harngittigkeit, p. 207. EDUARD FRHK. VON VIETINGHOFF-SCHEEL, Ein Beitrag zur experimentellen Erforschung der Wirkung und des physiologisch-chemischen Verhaltens der Oxalsäure und ihrer neutralen Natriumsalzes (Taf. 1), p. 225. Epmonp Burra, La résistance des givbules rouges du sang. Une nouvelle méthode pour la mesurer (2 fiy.), p. 291. MARCEL Monier, Recherches sur le traitement de la tuberculose par le suc de viande crue ou zomothérapie, p. 303. ERNEST F. BAsHForD, Untersuchungen über das Bestehen eines gegenseitigen Antagonismus zwischen Atropin und Morphin (1 Fig. und Taf. 1), p. 311. JuLius C. RoTHBERGER, Ueber die Kreislautsverhaltnisse bei der Phosphorvergiftung, p. 353. E. Hrvon, Sur l'hémolyse par les glycosides globulicides, et les conditions de milieu qui la favorisent ou l'empéchent, p. 381. AUGUSTE PETTIT, Alterations rénales consécutives à l'injection de sérum d’anguille et de congre (Pl. I), p. 409. SOrPHIE HORNSTEIN, Ucber das Calciumsuperoxyd (Gorit) und seine therapeutische Anwendung, p. 429. J. Pont, Ueber Blutimmunität, p. 437. C. Binz, Ueber das Bestehen eines gegenseitigen Antagonismus zwischen Atropın und Morphin, p. 449. HENRI ANTEN, Recherches sur l'action diurétique de la cateine et de la théobromine (Pl. I, et 4 fig.), p. 455. HERM. HILDEBRANDT, Ueber einige Beziehungen zwischen chemischer Konstitution, physiologischer Wirkung, Schicksal im Thierkorper, p. 499.

1901, Vol. FX. E. Imrens, Contribution a l'étude des préparations solubles de la theobromine, p. 1. ANTONIO BRiINDA, Sull azione respiratoria della morfina e di alcuni suoi succedanei, p. 63. J. F. Hermans et A. VAN DE CALSEYDE, Sur la prétendue désintoxication du cyanure de potassium par la morphine, et de la morphine par le permanganate de potassium, p. 93. C. H. L. Scumipt, jod und Jodotorm, thr Verhalten zu Etweiss, p. 107. Franz BANNES, Das Wesen der genuinen und künstlichen Vogelgicht und deren Beziehungen zur Arthritis urica des Menschen (a Fig.), p. 123. ARTHUR R. CusHxY and BERT. K. VAN NATEN, On the action of Catteine on the mammalian heart (I pl.), p. 169. ALB. ROBIN et Maur. Binet, La prophylaxie de la tuberculose pulmonaire par la connaissance de son terrain, p. 181 L. Camus, Recherches sur l'action cardiaque du Poison des Mois (23 Ag), p. 101. V. CERVELLO. Sur le mécanisme de l'action de l'igazol (4 118.). p. 217. ALFRED SIEGFRIED, Ein Beitrag zur Kenntnis des physiologisch- chemischen und pharmakolorischen Verhaltens des kieselsauren Natriums, des Kieseltluornatriums und des Fluornatriums, p. 225. W. ELLRAM, Ueber das Cinchonamin, p. 289. J. HÜBNER, Zur Pharmakologie des K valts mit besonderer Berücksichtigung seiner Verwendung bei Blausäurevergiftung. p. 339. F. IMHOFF, La diazoreaction d Ehrlich dans la tuberculose expérimentale (1 pl.), p. 359. E. Hébon, Sur lVhémolyse par les glycosides globulicides et les conditions de milieu qui la favorisent ou l'empéchent (2e mémoire), p. 393. H. WENDELSTADT, Ueber einen Antikorper gegen Blutezelextract, p. 407. Epmond BUFFA, Note sur un nouveau cytometre, p. 423. J. Hoxpa, Vergleichende Untersuchung uber den Empfindlichkeitsgrad der Frosche und Kröten geren einige Gifte, p. 431. C. Binz und P. GEKLINGER, Die Reduktion des Natriumnitrats um Tierkorper, p. 441. E. F. BasHForD, Ucber Blutimmunität. p. 451. VINCENZO TRAINA €e GAETANO Granozzi, Influenza di alcune inalaziont medicamentose sulle funzioni delle respirazione e della circolazione sanguigna, p. 471. EMANUEL FORMANBK, Ueber die Einwirkung des Tetramethylammoniumchlorids auf den Blutkreislauf, p. 483. Evmonp LBurra, Essai d'urologie syphilitique, p. 495. J. Pour, Erklärung an Dr E. F. Bashford, p. 505.

ée Es

TRAVAIL DU LABORATOIRE DES TRAVAUX BACTERIOLOGIQUES ET CHIMIQUES DE LA CLINIQUE CHIRURGICALE DE L'HôprraL « La CHARITÉ ». PROFESSEUR : P. TILLAUX.

Action de divers poisons sur les animaux hibernants (herissons), Variabilité et spécificite des effets des substances toxiques

PAR

M. JOSEPH NOE,

Chef adjoint de Laboratoire à la Faculté de médecine de Paris.

La vie des mammifères hibernants est caractérisée par un périodisme saisonnier dont nous avons étudié un certain nombre de manifestations importantes dans le cours de ces deux dernières années. On en trouvera le résumé succinct dans une série de communications que nous avons présentées depuis le 23 novembre 1901 à la Société de Biologie et dont notre thèse de doctorat en médecine(1) ne constitue que le développement.

Ces recherches qui ont eu pour point de départ un insectivore hibernant, le hérisson, que nous avons assez facilement à notre disposition, | nous ont naturellement amené à envisager la valeur et les variations de sa résistance aux substances toxiques.

Dans le cas particulier de cet animal, cette question est évidemment du plus haut intérêt, car on connait l’état réfractaire qu’il possède à l'égard de certains poisons et dont l'étude a attiré, dans ces derniers temps, l'attention d’un certain nombre de physiologistes.

Cet état réfractaire a été bien reconnu surtout pour les venins et les toxalbumines et pour la cantharidine. Il a été en particulier démontré par

(x) J- NOË : Recherches sur la vie oscillante; essai de biodynamique. Thèse de la Faculté de médecine de Paris, 15 juillet 1903; librairie Alcan. Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XII. 11

154 Joserx Noé

PuisaLix et BERTRAND (1) pour le venin de vipère, par PHisaLix pour celui du crapaud, par Mme PyisaLix (2) pour celui de la salamandre, par Camus et GLEY(3) pour le sérum d’anguille, par CALMETTE et DELEARDE(4) pour l’abrine, par PuisaLix (5) pour l'infection tuberculeuse.

Camus et GLEY(6) ont même constaté que cette résistance de l’organisme se manifestait dans ses cellules, considérées isolément. En cffet, tandis que le sérum d’anguille exerce une action globulicide intense sur le lapin, les hématies du hérisson possèdent une extrême résistance.

On a donné de cette si curieuse immunité relative des explications diverses. On a d’abord pensé qu’elle était en relation étroite avec la nourri- ture spéciale de l’animal et qu’elle pouvait résulter de l’accoutumance graduelle, déterminée par l’ingestion habituelle de proies venimeuses. Telle est l'hypothèse soutenue en particulier par Harnack(7); mais elle a été refutée par LEwIN(8), car nombre de mammifères et d'oiseaux peuvent manger impunément des ophidiens sans pour cela contracter aucune immunité à l'égard de leur venin, introduit par la voie stomacale.

Récemment encore, METCHNIKOFF (9) soutenait une opinion de même ordre. « L’immunité naturelle du hérisson, dit-il, serait plutôt naturelle- ment acquise que véritablement naturelle. Le hérisson, faisant la chasse a toutes sortes d’animaux de petite taille, trouverait souvent l’occasion d’être mordu par des vipéres et acquerrait ainsi son immunité contre le venin. Dans ces conditions, on concoit facilement que le sang de cet insectivore soit en état de développer une propriété antitoxique spécifique. »

(1) PHIsaLIx et BERTRAND: Société de Biologie, 27 juillet 1895, et Bulletin du Muséum d'histoire naturelle de Paris, 1895.

(2) Mme PrisaLix : Recherches embryologiques, histologiques et physiologiques sur les glandes à venin de la salamandre terrestre. Thèse de la Faculté de médecine de Paris, 20 juin 1900.

(3) Camus et GLEY : Toxicité du sérum d'anguille. Société de Biologie, 29 janvier 1898.

(4) CALMETTE et DELÉARDE : Toxines non microbiennes. Annales de l'Institut Pasteur, décembre 1896.

(5) Pırısalıx : Resistance du hérisson a la tuberculose humaine. Société de Biologie, 28 juillet 1900.

(6) Camus et Grey : De l’action destructive d'un sérum sanguin sur les globules rouges d'une autre espèce animale. Immunisation contre cette action. Académie des sciences de Paris, 31 janvier 1898.

(7) HARNACK : Pharmaceutische Zeitung, 21 déc. 1892; Naturwissenschaftliche Wochenschrift, 1893, no 26; Deutsche medicinische Wochenschrift, 24 novembre 1898.

(8) LEwWIN : Immunité du hérisson à l'égard du venin de vipère. Deutsche medicinische Wochenschrift, 6 octobre 1898, 40, p. 629.

(9) METCHNIKOFF : Immunité dans les maladies infectieuses. Chapitre XI, page 355.

Paris, Masson, 1901.

-m

VARIABILITE ET SPÉCIFICITÉ DES EFFETS DES SUBSTANCES TOXIQUES 155

La même objection de LEWIN persiste, et d’autre part nous ferons remarquer que le fait, signalé par Camus et GLEY, de l’immunité du hérisson vis-à-vis du sérum d’anguille prouve que l'introduction de venin n'est pas nécessairement l’origine de la propriété antitoxique.

Il faut donc chercher ailleurs que dans les blessures ou l’absorption de nourriture venimeuse la source de l’immunité naturelle.

Les travaux de PuHisazix et BERTRAND(1) nous ont singulièrement éclairé à cet égard, le jour où, découvrant la présence du venin de sang, ils ont pu faire intervenir la notion de sécrétion interne de glandes venimeuses et démontrer dans le sang l’existence d’une substance immu- nisante.

Ne tenant pas compte de la notion de toxicité de sang, révélée par ces auteurs, LEwin a conclu de ses expériences que le hérisson, aussi bien à l’état normal qu'après traitement par le venin de vipére, ne possederait dans son sang aucune matière capable de protéger les autres animaux contre les funestes effets de ce poison, et par suite, que son immunité proviendrait non pas d’une propriété antitoxique des humeurs, mais bien de l’état réfractaire des tissus.

A supposer que l'interprétation de Lewin soit vraie, la preuve qu'il en a donnée est entachée d'erreur. >

De leurs expériences sur l’abrine, CALMETTE et DELEARDE (2) concluent également : « que Pétat d'immunité naturelle a Végard des toxines n’implique nullement l'existence, dans le sang des animaux réfractaires, de substances antitoxiques spécifiques, et que ces substances, lorsqu’elles existent, ne sont jamais assez actives pour expliquer limmu- nité relativement solide dont jouissent ces animaux », enfin : « 1% que la fonction antitoxique est indépendante de l’immunité, puisque celle-ci peut exister alors que la fonction antitoxique ne se manifeste pas; que les deux sortes d'immunité, naturelle et acquise, sont la résultante d'une propriété spéciale des cellules ».

Ces résultats sont plutót d'ordre négatif. Mais les intéressants travaux de Camus et GLEY (3) ont fourni une contribution plus positive à l’éclaircis- sement de cette question, en montrant que la résistance des hématies du hérisson à l'égard du sérum d’anguille était spécifique et appartenait

(1) PxisaLix et BERTRAND : Loc. cit. (2) CALMETTE et DELÉARDE : Loc. cit. (3) Camus et GLEy : Académie des sciences de Paris, 31 janvier 1898, et Arch. int.

de Pharmacodynamie, tome 5. 1898.

156 JoserH NokÉ

a un mode d’immunite parfaitement défini qu'ils ont appelé cytologique (immunite histogene de BEHRING).

Si nous possédons des données suffisantes au sujet de la résistance du hérisson aux toxalbumines, il n'en est pas de méme en ce qui concerne les poisons chimiques mieux définis.

Néanmoins, elle a été bien reconnue par Lewin (1) pour la cantharidine, et on a reproduit pour l'expliquer les mémes opinions que pour le venin de vipére. La tolérance a été également revendiquée au commencement du siécle dernier par OkEN pour l'opium, l’acide prussique, l'arsenic et le sublimé, et récemment encore par Harnack(2) pour les combinaisons cyanogénées. Mais ces diverses substances ont été reconnues toxiques á doses suffisantes. Il faut dire cependant que la dose toxique minima n’a pas été recherchée, et c’est cette détermination que nous avons faite et qui donne un certain intérêt à notre travail.

Les documents de cet ordre manquent non-seulement pour le hérisson mais encore pour les autres mammifères hibernants. I] nous a été jusqu’à présent impossible de remplir ce desideratum, et nos recherches ont se borner au hérisson. |

Nous nous sommes donc demandé si cet insectivore présente l’état réfractaire envers les poisons bien définis comme envers les venins et les toxalbumines. On sait en effet que les recherches modernes tendent à établir une distinction entre ces deux catégories des substances, au point de vue de leur réaction avec l'organisme. La théorie des « chaines laté- rales » d EnRLıcH aboutit à cette conclusion que les poisons stables, tels que les alcaloides, différeraient des toxines en ce que leur rapport avec les parenchymes, loin de consister dans de vraies combinaisons chimiques, se rapproche plutôt des phénomènes de dissolution (starre lösung, solution solide). Ces poisons seraient dépourvus d’affinité vis-à-vis des tissus et, par suite, impropres à la formation d’antitoxines.

Nos recherches n’ont pas eu pour but le contrôle de ces hypothèses. Elles ont été plus modestes ct se sont bornées à établir la comparaison entre la résistance d’un animal refractaire aux venins et toxines, et celle d’autres espèces sensibles à leur influence. Nous avons pour cela déter- miné la dose toxique minima d’un certain nombre de substances, et bien que nous soyons encore loin d’avoir rempli notre programme, nous avons pensé qu'il était bon de réunir les résultats que nous avons acquis jusqu'ici.

(1) LEWIN : Deutsche medic. Wochens., 16 juin 1898, 24, p. 273. (2) HARNACK : Loc. cit.

u er

VARIABILITÉ ET SPÉCIFICITÉ DES EFFETS DES SUBSTANCES TOXIQUES 157

Nos recherches sur la vie oscillante nous ayant montré les variations régulières qui surviennent, corrélativement aux changements de saison, dans les processus nutritifs et dans la résistance à la nutrition, nous nous sommes aussi proposé de comparer à divers mois de l’année la résistance aux toxiques, et nous avons pu acquérir quelques notions précises et importantes sur la variabilité de l'organisme à ce point de vue.

Nous avons eu soin également de suivre la marche de certains effets physiologiques, de façon à pouvoir apprécier, dans une certaine mesure, les variations de la sensibilité fonctionnelle.

L'ensemble de nos recherches nous à permis de mettre en relief l'importance de la notion de spécificité, et la discordance qui existe souvent entre l’action toxique et les effets physiologiques. L’animal le plus résis- tant est parfois le plus sensible a ces effets, de sorte qu’on ne doit pas conclure de la dose toxique à la dose physiologique. Ces deux données nous paraissent distinctes et répondent à un déterminisme différent, ce qui ne veut pas dire qu'elles ne puissent avoir entre elles certaines relations.

Nos injections étaient faites sous la peau des flancs, et nous devons dire, contrairement à ce que l’on pourrait croire, qu’elles sont plus commodes chez le hérisson que chez tout autre animal. Elles se trouvent, en effet, facilitées chez lui par le réflexe de l’enroulement qui permet de se passer de tout aide pour la contention.

De la main gauche nous favorisions ce reflexe en introduisant sous l'abdomen une baguette de bois, avec laquelle nous le maintenions en place, et de l’autre nous injections profondément la solution au moyen d’une aiguille suffisamment longue.

La solution était exactement titrée, de façon à concentrer la dose toxique dans un volume ne dépassant celui de la seringue dont nous nous servions, soit 10 c.c. Les quantités injectées ont toujours été rapportées au

kilogramme d’animal.

Chloralisation.

Camus et GLEY(1) ont constaté que le hérisson, à l’état de veille, c'est-à-dire pendant les saisons tempérée et chaude, supporte très bien le chloroforme. Au contraire, durant la période d’hibernation, alors que la respiration est très ralentie, il suffit d’une minime quantité de cet agent pour arrêter les mouvements respiratoires, qu’on peut néanmoins ramener, en soumettant l'animal à l’action de la chaleur. Ces experimentateurs

(1) Camus et GLEY : Bull. du Muséum d'hist. nat. de Paris, 27 déc. 1598.

158 JosePH Noë

pensent que pendant l’état d’hibernation, le système nerveux étant fort peu excitable, une faible dose de chloroforme détermine rapidement la perte de cette excitabilité. |

RAPHAEL Dugois(i) avait également signalé, chez la marmotte engourdie, l'arrêt de la respiration simultané avec la production de l’anesthésie, sous l'influence du chloroforme.

Nous avons entrepris aussi l'étude du chloroforme, non plus en inhalations, mais en injections. Nos essais étant encore trop insuffisants pour que nous ayons une opinion nette, nous nous contenterons de rapporter les résultats que nous avons obtenus á propos des actions hypnotique et toxique de l’Aydrate de chloral, et qui ont déjà fait l’objet d’une première communication (2) à la Société de Biologie.

La solution employée était titrée à 1 gramme pour 25 c.c. d’eau distillée. |

Voici le tableau général de nos expériences :

EXPÉRIENCES SE E DATES EFFET HYPNOTIQUE | EFFET TOXIQUE I 0,078 7 novembre Nul Survie II 0,095 8 aoüt Id. Id. III 0,100 25 septembre Id. | Id. IV 0,157 15 septembre Id. Id. V 0,172 7 novembre Hypnose Id. VI 0,215 25 septembre Id. Id. VII 0,225 14 septembre Id. Id. VIII 0,313 2 novembre Id. Id. IX 0,414 „| 8 septembre Id. Id. X 0,474 7 novembre Id. Mort XI 0,623 14 septembre Id. Survie, mais malade XII 0,705 2 novembre Id. Mort XIII 0,845 25 septembre Id. XIV 1,06 » Id.

L'individu de l'expérience X pesait le 7 novembre (jour de l’injection) 926 grammes. L'injection fut faite à 4 h. 40° de l'après-midi, et animal qui était encore en état d'hypnose à 6 heures 45' fut trouvé à 8 heures parfaitement éveillé.

(1) RaPHAËL DuBois : Mécanisme respiratoire de la marmotte pendant L sommeil hibernal et pendant le sommeil anesthésique. Société de Biologie, 22 déc. 1898.

(2) JoserH Nok : Chloralisation du hérisson. Société de Biologie, 15 nov. 1902.

- i y me e D D À qq mom e =

VARIABILITÉ ET SPÉCIFICITÉ DES EFFETS DES SUBSTANCES TOXIQUES 150

Le lendemain matin, il avait mangé sa viande et pendant les 5 à 6 jours qui suivirent il ne présenta aucun symptôme morbide apparent. À partir du 14, il ne mangea plus de viande. Le 16, il pesait 785 grammes et dans la nuit du 16 au 17, il succomba avec un poids de 777 grammes.

La mort fut-elle due aux effets lointains de la chloralisation? Je ne le pense pas, car l'autopsie ne me révéla rien de particulier, et de plus, l'individu de l'expérience XI, qui avait reçu une plus forte quantité de chloral, n'a pas non plus mangé sa viande les deux jours suivants, mais il n'avait presque pas changé de poids onze jours après l'injection. Cette dernière avait été pratiquée le 14 septembre, alors qu'il pesait 882 gr. Or, le 25, son poids était de 870.

Je suppose qu'il faut attribuer la mort, dans le cas de l’expérience X, á une cause accidentelle que je n'ai pu déterminer.

Ceci étant, nous admettrons que la dose toxique minima de l’hydrate de chloral chez le hérisson est comprise entre 0.623 gr. ct 0,705 gr. Quant à la dose hypnotique minima, nous voyons qu’elle est comprise entre 0,157 gr. et 0,172 gr. Le rapport entre la dose efficace et la dose toxique est de 1 à 4 environ.

Désireux de comparer la résistance du hérisson, bien définie par ces chiffres, à celle d’autres mammifères, nous n'avons pu, malgré nos recherches bibliographiques, trouver d'indication précise à ce sujet. Les expérimentateurs qui se sont occupés du chloral se sont inquiétés plutôt de l’étude des phénomènes corrélatifs de l’hypnose que de la détermination de la dose toxique minima.

D’après CHARLES RicuET(i), la dose toxique de chloral, en injection intrapéritonéale chez le chien, est de 0,60 gr. Pour ce qui est de la dose hypnotique, on peut, d’après le même auteur, en administrer dans la cavité péritonéale 0,35 gr. par kilo (0,30 gr. pour les jeunes chiens, 0,40 gr. pour les vieux), et d’après ORÉ, 0,12 gr. par kilogr., en injection intra- veineuse.

WALTON (2) a trouvé, comme dose léthale de l'hydrate de chloral, 1 gr. pour un lapin de 1500 gr. Mais il l'injectait dans l'intestin, ce qui est un mauvais moyen de détermination.

Impens (3) a étudié la toxicité chez le lapin á la suite d'ingestions. De

12 expériences il conclut que la dose efficace est de 0,356 gr. par kilo. Il est

(1) Dictionnaire de physiologie de RICHET. Art. de ATHANASIU et CARVALHO, sur le chien

page 492. (2) WALTON : Arch. f. exp. Path. und Pharm., tome 15, p. 145. (3) Imrens: Le chlorctone. Arch. intern. de Pharmacod., tome $, tgor. e

160 JoserH NOÉ

moins dangereux pour cet animal que pour la grenouille, car il faut atteindre 1,54 gr. par kilo pour amener une issue fatale. Le rapport entre la dose efficace et la dose löthale est donc de 1 à 4,32.

Chez la grenouille, la dose efficace est de 0,0003125 gr. par gramme de poids, la dose léthale de 0,0009375 gr. et leur rapport de 1 à 3.

Le choix de la voie stomacale pour la fixation et la toxicité d’une substance est mauvais en principe. L'injection hypodermique constitue une méthode meilleure, car elle permet de faire agir la substance non modifiée ou dédoublée par le milieu gastro-intestinal.

Néanmoins, nous voyons que le rapport entre la dose efficace et la dose toxique est sensiblement le même chez le hérisson que chez le lapin, et cependant les chiffres qui représentent ces doses sont, en valeur absolue, doubles de ceux que nous avons trouvés chez le hérisson.

De ces résultats et de ceux que nous avons obtenu nous-même en injection sous-cutanée chez le lapin, nous pouvons conclure que le hérisson est plus sensible que le lapin à la chloralisation, tant au point de vue de l'hypnose proprement dite que de la toxicité, et qu'il y a parallélisme entre les variations de leurs résistances spécifiques. |

Voici maintenant le résumé de quelques recherches que nous avons faites chez le cobaye. L’injection était faite dans le péritoine, et avec la même solution qui nous servait pour le hérisson.

Expérience I.

10 novembre 1902. Poids : 595 gr.

Injection de 7,008 gr. par kilogr., à 5 h. 55! du soir. À 6 h. 20!, l'animal est mort.

Expérience II.

13 novembre 1902. Poids : 588 gr.

Injection de 0,672 gr. par kilogr., a 4 h. 20" du soir. Trois minutes après, résolution complète. La respiration est profonde mais régulière. Le réflexe palpébral existe encore. Hypersécrétion lacrymale et salivaire.

4 h. 26!. La respiration est très lente. Température rectale : 370.

4h. 43’. Température rectale : 350. Plus de mouvements respiratoires appréciables.

5 h. L'autopsie montre que le cœur a cessé de battre. Mort.

Expérience III. 18 novembre 1902. Poids : 469 gr. Injection de 0,511 gr. far kilogr., à 4 h. 25”. a h. 30'. Hypnose. 4 h. 37'. Temperature rectale : 3605. 4 h. 45'. T. R. : 3405. Plus de réflexes pupillaire ni auditif. Les mouvements respi- ratoires sont arrétés, mais le cœur bat encore.

5h. 10'. T. KR. : 3045. Le coeur ne bat plus. Mort.

VARIABILITÉ ET SPÉCIFICITÉ DES EFFETS DES SUBSTANCES TOXIQUES 161

Experience IV. 15 novembre 1902. Poids : 424 gr.

Injection de 0,424 gr. par kilogr., à 10 h. 44! du matin. 10 h. 49'. Hypnose.

10 h. 55/. Mouvements respiratoires profonds mais réguliers. Lésère hypersécretion lacrymale.

11 heures. Température rectale : 3605. 11 h, 25'. T. R.: 3305. Réflexes pupillaire et auditif existent encore.

11h 45'. T. R.: 3105. Frissons. L'animal cherche à se retourner, lorsqu'on lui introduit le thermomètre dans l'anus.

Midi 20'. L'animal, remis sur le dos, marche en titubant. Hypersécrétion salivaire.

Expérience Y.

13 novembre 1902. Poids : 574 gr.

Injection de 0,278 gr. par kilogr., a 5h. 7!.

5h. 12'. Resolution hypnotique.

5 h. 15'. Température rectale : 3805. Respiration profonde, mais régulière et assez rapide.

5h. 25': T. R. : 3795.

5h. 5o!. T. R. : 3405. Pas d'hypersécrétion salivaire. Légère hypersécrétion lacry- male. Réflexe palpébral persiste, mais pas de réflexe auditif. L'introduction du thermo- mètre dans l'anus provoque du raidissement et quelques cris plaintifs.

6 h. 15'. T.R. : 3405. Frissons. Réflexe auditif est réapparu.

6h. 30'. L'animal peut se retourner sur le dos, mais il a encore des frissons.

16 nov. Poids : 490 gr. L'animal est très bien portant.

17 nov. Poids : 480 gr.

18 nov. Poids : 499 gr.

Nous voyons donc que la dose toxique minima, chez le cobaye, est comprise entre 0,424 gr. et 0,5II gr., c’est-à-dire inférieure à celle du hérisson.

L'ordre de sensibilité croissante est donc le suivant : lapin, hérisson, cobaye. |

L'hypnose apparait à peu près dans le même temps pour le cobaye que pour le hérisson. La température peut s'abaisser jusqu’à 31°5 sans que la mort s’ensuive. Les doses faibles ne déterminent que de l’hypersécrétion salivaire. Enfin, la respiration s’arrête avant le cœur. Quant aux autres particularités, concernant les réflexes tactile et auditif, ainsi que l’hypo- thermie, elles nous ont paru sensiblement analogues à celles que présente le hérisson.

De ces recherches :l résulte que les modifications physiologiques,

provoquées par la chloralisation, sont sensiblement constantes chez diverses espèces animales.

162 JoserH NoÉ

A propos du hérisson, nous devons aussi faire remarquer que nous n'avons pas retrouvé pour le chloral le phénomène que nous avons signalé pour la morphine(t), a savoir l'augmentation considérable de résistance dès la fin de l'été.

L'étude de l'hypnose donne également lieu à des considérations intéressantes. Quand on injecte une dose de chloral suffisante pour la déterminer, on voit presque aussitôt (trois minutes environ) l’animal posé sur le dos se dérouler ct s'étendre. Les doses massives et toxiques abolissent presque en mème temps les réflexes auditif et tactile, qui provoquent l'enroulement. Dans ce cas, l'animal ne se réveille pas et succombe. Mais en employant les doses hypnotiques inférieures, il est possible de dissocier dans une certaine mesure la disparition des deux réflexes et de noter le moment de leur réapparition.

Nous avons pu ainsi voir le réflexe tactile disparaitre avant l’auditif. Lorsque le premier est définitivement aboli, le second persiste encore longtemps pour les doses de 0,172 gr. a 0,225 gr. Il m’a semblé aussi qu'il était le premier á réapparaitre.

Pendant le sommeil hivernal, au contraire, on constate un phénoméne inverse de celui qui se passe pendant la chloralisation, à savoir l'abolition du réflexe auditif, coincidant avec la persistance du réflexe tactile.

Néanmoins, le réflexe auditif est fort diminué pendant la chloralisa- tion. Il ne se traduit que par une simple secousse de la tête et ne se produit que pour des excitations auditives suffisamment espacées. Le centre sensoriel de l’audition cesse d’être excitable, un certain temps après avoir été excité : il a donc une phrase réfractaire, ainsi que l’ont très bien montré pour le chien légèrement chloralosé et refroidi à 32 ou 30 degrés les remarquables recherches d'AnbRÉ Broca ct CHARLES RICHET(2) sur la période réfractaire et la synchronisation des oscillations nerveuses.

Nous n'avons pas cu besoin de refroidir le hérisson pour constater le phénomène découvert par ces auteurs, car chez lui la simple chloralisation fait rapidement baisser la température centrale jusqu’à un degré suffisant. Voici, en effet, quelques chiffres :

Expérience V.

Injection de 0,172 gr. par kilogr., á 3 h. 54!. Agh.3', T. R.:3405;44h. 14, T. K.: 3205; á 4 h. 20', T. R. : 3105. Le réflexe

auditif persiste encore.

(1) J- Nor: Sensibilité du hérisson à l'égard de la morphine. Société de Biologie,

25 octobre 1902. (23 A. Broca ct Cn. RicHeT : Socicte de biologie, 3 avril 1897.

VARIABILITE ET SPECIFICITE DES EFFETS DES SUBSTANCES TOXIQUES 163

Expérience VI,

Injection de 0,215 gr. par kilogr., á 3 h. 14).

A 3h. 35', T. R. : 3309, constatation de la phase réfractaire de l'audition.

A 3 h. 47'. T. R. : 3299, phase réfractaire est encore plus longue.

A 4h. 05'. T. R. : 330, réapparition du réflexe tactile.

A 4h. 10!. T.R.: 3303, le réflexe tactile provoque maintenant l'enroulement complet.

A 4h. 17'. T. R. : 3305.

A 4h. 28'. T. R.: 3309, lanimal a tous ses réflexes normaux, mais demeure encore déroulé et couché sur le flanc, lorsqu'on ne l'excite pas.

Expérience VII. Injection de 0,225 gr. par kilogr., à midi 7!.

A midi 20’. T. KR. : 3493, le réflexe auditif persiste encore.

Expérience VIII. Injection de 0,313 gr. par kilogr., a 3h. 19'.

A 3h. 24' T. R. : 3306, plus de réflexes. A 3h. 34'. T. R. : 330.

À 3h. 42!. T. R. : 3203.

A 4h. 18'. T. R. : 299.

A 4h. 40'. T. R. : 280,

A 5h. roi TR.

: 280, constatation de la phase réfractaire de l'audition.

Expérience IX. Injection de 0,414 gr. par kilogr., á 11 h, 45". A midi. T. R.: 3402, plus de réflexes. A midi 25'. T. R.: 3205.

Expérience XI. Injection de 0,623 gr. par kilogr., a midi 37’. A 5h. 30'. T. R. : 270, plus de reflexes.

Expérience XIII.

Injection de 0,835 gr. par kilogr., á 2 h. 38' A 3h. 40". T.R.: 3003.

Le degré le plus bas qu'il nous a été donné de constater a été de 27 degrés (cinq heures après l'injection de 0,623 par kilo).

Le réflexe auditif disparait d’autant plus vite que la dose injectée est plus forte, et alors méme que la température rectale est moins basse. Une dose forte diminue donc plus rapidement l'excitabilité sensorielle que la température. C'est le contraire pour les doses faibles.

Il m'a semblé que /a marche de l'hyfothermie était sensiblement indépendante de la dose injectée, et par conséquent la vitesse de disparition du réflexe auditif est

bien plus subordonnée à la dose de poison qu'au degré d'hypothermie.

164 JOSEPH. Nog

L'expérience VI nous a montré la température de 33°9 coincidant pendant la première période de la chloralisation avec la disparition du réflexe tactile, ct pendant le retour à l’état normal avec sa réapparition. L'hypothermie n'est pas la condition principale à laquelle soit subordonnée la dimi- nution de l'excitabilité réflexe ; 11 faut faire intervenir avant tout l'action propre du poison sur la cellule nerveuse, dont la modification entraîne celle des échanges thermiques. Il y a, en effet, retard de la réaction thermique sur la réaction nerveuse; la disparition aussi bien que le retour de l’excitabilité réflexe précèdent ceux de la température centrale, et par conséquent dans la chloralisation, l’hypoexcitabilité et Uhypothermie concomitante constituent deux phénomènes indépendants, ne suivant pas la même marche parallèle.

« La respiration au cours de l'hypnose, disions-nous dans notre note à la Société de Biologie, est lente mais régulière. Parfois elle semble s'arrêter; mais si on comprime le thorax et surtout la région abdominale inférieure, elle reprend aussitôt un rythme plus profond et plus fréquent. »

Ce phénomène qui nous avait frappé dans nos expériences a été récemment bien mis en lumière par E. HÉpox et C. FLeic‘1) chez les animaux chloralosés. On sait qu'il y en général chez eux un ralentissement notable et souvent extréme de la respiration. Or, disent-ils, « cette respira- tion si lente, il suffit, pour l’accélérer fortement, d’exercer sur le thorax une compression continue ». On observe alors « une reprise immédiate de la fréquence normale se maintenant aussi longtemps que durait la compression en même temps qu’une diminution d'amplitude des mouvements respi- ratoires. De plus, si la respiration était convulsive, saccadée et irrégulière, ainsi que cela s’observe souvent chez le chien chloralosé, la compression du thorax était capable de la régulariser.

» Ce réflexe, qui ne nous paraît point avoir été observé jusqu'ici, ne doit point être confondu avec celui que l’on provoque dans la respiration artificielle par compressions et décompressions alternatives du thorax. Il est trés sensible, plus chez le lapin que chez le chien. La compression de l’abdomen produit les mémes effets, surtout en agissant par compression indirecte du thorax, par refoulement de Ja masse intestinale sous le diaphragme. |

» Le réflexe de la compression du thorax parait exister normalement chez l'animal non anesthésié.

» Le chloralose n'est d’ailleurs pas le seul agent capable de le mettre

—— OO -- -- IA AAA A --<<-

(1) Hipon et Freta: Action du chloralose sur quelques réflexes respiratoires. Société de

Biologie, 10 janvier 1903. Arch. int. de Pharmacodynamie et de Thérapie, vol. XI, p. 361.

VARIABILITE ET SPECIFICITE DES EFFETS DES SUBSTANCES TOXIQUES 165

en évidence; nous l'avons observé pendant Je sommeil chloralique ou à la suite d'injection d’aldéhyde éthvlique, mais c’est sous l'influence de la narcose chloralosique qu'il est le plus facile à provoquer et qu'il s'exagère au plus haut degré. »

Dans notre note sur la chloralisation du hérisson, nous n'avions fait que signaler incidemment l'existence de ce réflexe respiratoire, mais nous n’en avions pas poursuivi l'étude graphique complète, ainsi que viennent de le faire HEDon et FLEic.

Enfin, la peau devient rouge et chaude, en vertu d'une vaso-dilatation périphérique qui explique en partie l'hypothermie.

Quant au réveil, voici au bout de combien de temps il se produit.

Le retour du reflexe tactile provoquant l'enroulement complet, est survenu :

Expérience V. . . . . au bout de 34 minutes environ VI: = Je Ar E 56 < -- Visa 2h. ro min. IX os de 2 h. 15 min.

On voit que le réflexe tactile de enroulement met d'autant plus de temps á reparaitre que la dose de chloral est plus forte; mais au delà de 0,313 gr., cette proportionnalité ne paraît plus exister. On a donc intérêt, dans les expériences de vivisection, à ne pas dépasser la dose de 0,3 gr. par kilogr.

Morphine.

SENSIBILITÉ ESTIVALE.

On connait la résistance remarquable que présentent certains animaux aux effets de la morphine. GuINARD à vu notamment que la chèvre, le lapin et le cobaye supportent : la premiere 0,30 gr., le second 0,50 gr., le troisiéme 0,20 par kilogr.

En revanche, d'après ce méme auteur(1), la morphine est toujours, à quelque dose que ce soit, un excitant et un convulsivant pour les chats.

Il a aussi démontré (2) : 19 Pabsence d'action narcotique vraie chez la marmotte morphinisée; la grande sensibilité de ces rongeurs aux suites de la morphinisation. La marmotte en état de veille est tuée par une dose de morphine certainement inférieure 4 0,002 gr. par kilogr. Ce rongeur est donc très sensible à l'action de cet alcaloïde, qui n’est point pour elle

un hypnotique, mais se comporte comme un poison dangereux.

(1) GUINARD : Académie des sciences, séance du 6 mars 1893. (2) GUINARD : Société de Biologie, 28 juillet 1900.

166 JoserH NokÉ

Rapuakt Dusois(1) a pu, grace a l’atropine, faire supporter à la marmotte une dose de morphine plus de cinquante fois supérieure à celle que Guard indique comme mortelle, et constater que, malgré cette quantité relativement énorme de morphine, la narcotisation ne peut être obtenue.

Il nous a paru intéressant de rechercher comment se comporte à cet égard le hérisson, animal insectivore et hibernant. Nos expériences

datent de l’été dernier. En voici le résumé :

E QUANTITÉ

7 is injectée | TOXICITÉ OBSERVATIONS

á de l'injection | PT kilogr. i

x en gr.

I |1Sjuilletrgo2| 0,0026 Survie | Cet animal n'a présenté que quelques mouvements nau- séeux ດະ temps aprés l'injection. Trois jours après, il avait encore le même poids.

II 8 août 0,0029 Survie | Un mois après, cet animal avait augmenté de 180 gr. III |4 septembre | 0,0042 Survie

IV 31 juillet 0,0046 Mort: dans la nuit du 3 au 4 aoüt

V {14 septembre} 0,0047 Survie | L'injection a été faite à midi. Le soir, l’animal est étendu et tout-à-fait déroulé. Il présente des spasmes con- vulsifs et des mouvements nauséeux. s réflexes semblent exagérés. Dix jours après, il n'avait maigri que de 40 grammes.

VI 18 juillet 0,0053 Mort

3 jours après VII |23 septembre; 0,00545 | Survie VIII | 4 octobre 0,0071 Survie IX 28 juillet 0,0077 Mort | Aussitôt après l'injection, l'animal s'agite et pousse des dans la nuit cris plaintifs. X |29 septembre 0,0151 Survie Animal demeure étendu sur le dos, dans une sorte de

paralysie. J] présente spasmes convulsifs des pattes et mouvements nauséeux.

XI 4 octobre 0,0394 Survie | /dem.

Il ressort de ces expériences que, quel que soit le mois auquel on expérimente, la morphine est dépourvue d'action narcotique à l'égard du hérisson. Comme la marmotte, il présente au contraire, au début, de l'excitation, puis s'étend sur le dos et manifeste des spasmes convulsifs des pattes, des mouvements nauséeux et, semble-t-il, une exagération des réflexes auditif et tactile. |

Enfin on voit que du 15 juillet au 8 août 1902, la dose toxique minima s’est trouvée comprise entre 0,0029 gr. et 0,0046 gr. Pendant une certaine période de l'été, le hérisson est donc très sensible à l’action toxique de la morphine. Mais cette sensibilité diminue très rapidement dès

la fin de la saison chaude.

(1) Rarnaëz Dugois : Société linnéenne de Lyon, igor.

VARIABILITÉ ET SPÉCIFICITÉ DES EFFETS DES SUBSTANCES TOXIQUES

167

RESISTANCE HIBERNALE.

DOSE DATE

de Vinjection en gr.

anovembre 1902 0,201

10 » » 0,354 6 » » 0,495 11 » » 0,623 2 » » 0,994 3décembre » 0,514 19 février 1903 0,36 3o mars » 0,336 Savril ນກ 0,287 19 mai » 0,0877 20 » » 0,105 21 D » 0,191 24 D » 0,222 22 » » 0,2414

par kilogr.

f

| Survie

Survie

Mort

en moins de 5 heures

Mort

Mort

exactement en 5h. et quart

Mort

au bout de 24 heures

Mort

au bout de 5 jours Survie Survie Survie Survie

Survie

Mort au bout de 3 jours

Mort

au bout d'un jour et demi

OBSERVATIONS

ee ee

Cet animal était en état de sommeil Livernal le jour précédent ; mais le jour de l'injection il est parfaite- ment réveille, Demi-heure aprés. je le trouve étendu sur le dos dans l'attitude caracteristique ; 135 heures après, il est de nouveau sur ses pattes. Au bout de 3 jours, il avait maigri de 65 grammes, mais au bout de 8, il avait dépassé de 22 grammes son poids primitif.

Cinq minutes après l'injection, il est déjà couché sur le flanc et présente des spasmes convulsifs. Les réflexes auditif et tactile sont intacts; 2 jours après, il mange bien et semble revenu à l'état normal, bien qu'il ait maigri de 115 grammes.

Réveillé au moment de l'injection.

Cet animal est injecté en plein sommeil hivernal. Déjà 5 minutes après, ja respiration devient plus profonde ct s'accélère, le rétlexe auditif reparait. Au bout d'un quart d’neure, je constate des mouve- ments convulsifs de la tête et des pattes antérieures; 3 h. 1/2 aprés, je les trouve généralisés et continus. Cessation des réflexes auditif et tactile 4 heures environ après le aébut de l'injection: mais la res- piration persiste encore pendant 1 heure.

Peu de temps après l'injection, mouvements spasmo- diques des pattes qui persistent encore au bout de 17 heures. Les réflexes disparaissent avant les mou- vements respiratoires, et on constate encore des spasmes convulsifs des membres. Les mouvements du diaphragme persistent, alors que ceux du thorax sont déjà arrètés.

Lien qu'il n'ait pas mangé, l'animal n'a maigri que de A grammes. Au bout de 2 jours et demi, le réflexe auditif a disparu; le réflexe tactiie persiste encore dans pue antérieures, le cou et l’'abdo- men, mais non dans les pattes postéricures, ct il se produit encorc des mouvements spasmodiques spon- tanés dans les membres.

Au bout de 12 heures, les mouvements convulsifs n'existent plus; mais l'animal ne mange pas pendant 2 jours.

Nc mange pas pendant r jour.

Queiques minutes après l'injection, l'animal s'étend sur le dos dans l'attitude caractéristique. Pas de mouvements spasmodiques. Respiration très lente, et pauses inspiratoires. Le lendemain matin, bien portant, mais n'a pas mangé. Ne maigrit pas.

Pas encore de spasmes convulsits au bout de 1 heure: mais je les constate au bout de 7 heures dans les pattes. N'a pas maigri 5 Jours après.

Deux minutes après l'injection, spasmes convulsifs des pattes et du tronc, qui cessent au bout de demi-heure. Le lendemain. état de prostration et mouvements nauséeux. Deux jours après, quoique ne mangcant pas, n’a malgri que de 42 grummes.

Mouvements convulsifs au bout dedemi-heure environ. Le lendemain et jours suivants. prostration extrème. n'avant pas mangé, ìl n'a perdu au moment

e la mort que 27 yrammes.

Spasmes convulsifs au bout de demi-heure environ: ils n'existent plus 12 heures après. Etat de prostration extreme. N'a maigri que de z1 grammes.

168 | Joseru Noé

A la fin de juillet, la dose de 0,0046 gr. est déjà toxique en trois jours et demi, et celle de 0,0077 en douze heures. Mais á partir de fin septembre, cette derni¢re permet encore la survie et, au commencement d’octobre, l'animal peut déjà supporter une dose au moins dix fois plus forte que celle qui suffit a le tuer fin juillet.

Nous avons poursuivi l'étude de ces variations de résistance et pu déterminer approximativement leur limite hibernale. (Cfr. le tableau de la page 167.)

Nous voyons qu’en novembre, la dose toxique est comprise entre 0,354 gr. et 0,495, et par conséquent 100 fois environ plus forte qu'en été. Le sommeil hibernal augmente la durée de la survie, mais ne paraît pas modifier les symptômes de l’intoxication.

La résistance augmente encore en décembre. En février, elle est déjà plus faible et diminue encore en avril. En mai, la dose toxique minima est comprise entre 0,191 gr. et 0,222 gr., soit moitié au moins plus faible qu’en hiver.

Quelles que soient les variations de résistance, le tableau symptoma- tique de l’intoxication demeure sensiblement le même. Néanmoins, les spasmes convulsifs apparaissent plus tôt en hiver, et la dose toxique minima, bien que plus forte à cette époque, produit son effet en un laps de temps beaucoup plus court. Les doses massives, nécessaires pour tuer, accélèrent donc la mort.

Mais il y a discordance entre la résistance à l’intoxication et les symp- tomes qu'elle détermine.

Nous avons déjà insisté sur des faits de même ordre à propos du chloral et nous les retrouverons pour d'autres substances, la pilocarpine en particulier. |

Ces diverses constatations nous amènent à penser qu'il y a une sorte de spécificité des effets physiologiques et toxiques. Ces effets ne sont pas équivalents au point de vue de l'appréciation de la résistance et on ne peut conclure des uns aux autres, tant pour la comparaison des espèces que pour celle des poisons. Nous pensons néanmoins que l’action proprement dite du poison intervient plutôt dans la dose toxique et la réaction particu- lière de l'animal dans ia dose physiologique, de sorte que pour comparer des poisons entre cux, il vaudrait mieux mesurer la résistance à l’action toxique, et que pour comparer des espèces entre elles, il faudrait plutòt envisager la sensibilité à l'égard de symptômes physiologiques déterminés.

Sous l'influence des doses mortelles, le réflexe auditif disparait avant

le réflexe tactile. Mais le pouvoir excito-moteur persiste après ce dernier.

VARIABILITÉ ET SPÉCIFICITÉ DES EFFETS DES SUBSTANCES TOXIQUES 169

La respiration ne s'arréte que plus tard, et on constate que le diaphragme fonctionne encore, alors que le thorax est déja immobile.

J'insisterai surtout sur ce fait, que la plupart de nos animaux ont très peu maigri, bien que ne s’alimentant pas, ce qui prouve que la morphine

ralentit l’histolyse.

COMPARAISON AVEC D'AUTRES ANIMAUX.

GUINARD (1), qui a consacré un très bel ouvrage à l’étude expérimen- tale de la morphine, a bien montré que son action principale n’est pas la . même chez tous les animaux.

CLAUDE BERNARD, qui avait déjà reconnu ses propriétés convulsivantes et le pouvoir qu'elle a d’exagérer la sensibilité, même chez les animaux qu’elle narcotise, n’a pas eu l’occasion de voir des animaux pour lesquels la morphine est toujours un excitant et un convulsivant. Pourtant, les différences qui existent dans l’impressionnabilité des espèces ne lui avaient pas échappé.

GUINARD a montré, en effet, que la morphine n’est pas un narcotique et un hypnotique pour tous les animaux, bien plus, qu’elle n’est pas toujours et avant tout un poison du cerveau. C’est en particulier ce qui résulte de son étude des effets du morphinisme chez les caprins. Voici le tableau synthétique qu'il a pu établir :

Narcotisme. . . . . Chien, lapin, cobaye, rat blanc, souris. j Animaux chez lesquels la morphine trouble les Cheval, âne, bœuf, chat . . . . A fonctions du cerveau.

=xcitati ism x excision RERO MO Mouton; Porc) cherres 4. 4: @. Animus chet ieiqaclela

morphine ne modifie pas ou très peu les tonctions du cerveau.

La susceptibilité toute spéciale des enfants aux préparations opiacées et a la morphine en particulier est un fait bien connu. M. GUINARD a pu nettement le vérifier chez les jeunes chiens. Chez les animaux de l’espèce bovine, c'est plutôt l'inverse qui a lieu; il en est de même chez les jeunes chats.

GuixaRpD explique ces différences par celles qui existent dans l’action principale de la morphine. Cet alcaloïde est chez le chien surtout un poison cérébral, chez les félins surtout un poison médullaire. L’exaltation de l’action cérébrale chez le jeune serait en rapport avec le volume plus considérable de l’organe.

Cette question de l'influence de l’âge sur la toxicité de la morphine a été reprise par M. MarcHaL(2). D’après lui, le chat âgé de moins de

(1) GUINARD : La morphine et Vapomorphine. Librairie Assclin et Houzeau, Paris, 1903.

(2) MarchHaL : Académie de médecine de Belgique, séance du 28 décembre 19or.

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Thérapie, vol. XII. 12

170 JoserH Nog

15 jours tolére une dose double de celle qui est mortelle pour l'adulte. Au contraire, le lapin, le cobaye et le chien succombent a une dose inférieure d'un tiers a celle de l’adulte; mais, dés qu’ils ont quelques semaines, leur résistance à la morphine est sensiblement égale à celle de l’adulte.

D’après Hermans, qui a présenté cette note, il n'existe pas chez le jeune une susceptibilité spéciale à l'égard de la morphine, et cette question ne peut être considérée comme résolue.

La comparaison de diverses espèces a permis à Guixar de constater la résistance remarquable des animaux de l'espèce caprine. D’après lui, les doses toxiques moyennes, par la voie hypodermique, sont par ordre

de sensibilité croissante : 0,4 gr. par kilogr., pour la chèvre

0,2 gr. » » le porc 0,065 gr. » » le chien 0,04 gr. » » le chat 0,015 gr. » » le bœuf 0,009 gr. » l'âne 0,007 gr. » » le cheval.

Si on rapporte la dose toxique non plus au poids du corps, mais à un kilo de substance cérébrale, on constate encore que les solipèdes sont les plus impressionnables. |

L'équivalent toxique du chlorhydrate de morphine, en injection intra- veineuse, a été fixé par GUINARD à 0,588 gr. chez le lapin et 0,453 gr. chez le chien, par Jorrroy et SERVEAUX() à 0,32 gr.—o,35 gr. chez le lapin, et 0,21 gr.—o,25 gr. chez le chien, par A. Mayor(2), de Genève, à 0,4 gr. chez le lapin.

Ce dernier auteur a obtenu 0,5 gr. chez le cobaye, par la voie sous- cutanée. D’après LivonG), il faut en moyenne 0,7 gr. pour tuer un kilogr. de cet animal.

Le cobaye présenterait donc une résistance remarquable. Nous devons dire cependant que recherchant nous-même la dose toxique minima, afin

‘établir une comparaison avec le hérisson, nous l’avons trouvée comprise entre 0,304 et 0,350 gr. chez le cobaye, entre 0,157 gr. et 0,2 gr. chez le rat blanc, et inférieure à 0,264 gr. chez le lapin. HEYMANS et VAN DE CALSEYDE(4) ont determine la toxicité du chlorhydrate de morphine en

(1) JorrroY et SERVEAUX: Arch. de méd. exp., juillet, 1898.

(2) Mayor : Les dérivés de la morphine. Etude pharmacodynamique. Revue médicale de la Suisse romande, 1901—1902.

(3) Livox : Alcaloïdotoxie pour le cobaye. Société de Biologie, novembre 1897.

(4) Heymans et VAN DE CALSEYDE : Prétendue désintoxication du cyanure de potassinm

VARIABILITE ET SPECIFICITE DES EFFETS DES SUBSTANCES TOXIQUES 171

Injection hypodermique chez le lapin, et ont trouvé qu’il était mortel à la dose de 0,15 gr. a 0,20 gr. par kilogr. Quant a la souris blanche, ils l'ont toujours vu survivre à des doses inférieures 4 0,2 gr. par kilogr. La résistance du rat et du lapin serait donc inférieure a celle du cobaye.

A propos de la morphine, nous rappellerons qu’elle a scrvi 4 Roux et BorREL, SICARD, BRUNO pour démontrer que l'immunité naturelle ne tient pas à une insensibilité relative des centres nerveux, car son injection intra- cérébrale détermine des accidents presque immédiats à petites doses. Enfin WipaL et NoBÉCOURT ont observé que les centres nerveux possèdent un pouvoir antitoxique, vitro, à l'égard de la strychnine et de la morphine, pouvoir qui serait cependant moins intense chez le cobaye que chez le lapin.

CONCLUSIONS.

L’ensemble de ces recherches met en relief l’extrême vartabilité des effets d’une même substance toxique suivant les diverses espèces, appar- tenant à un même groupe zoologique. Nos recherches sur le hérisson montrent, d’autre part, qu'une méme espèce moins évoluée et plus variable est susceptible de réaliser, dans l'intervalle d'une année, toute la gamme des résistances individuelles des animaux à vie constante.

Au contraire, le tableau symptomatique de l’intoxication demeure sensiblement le même. Donc, pour apprécier le degré d'influence de l’évolution sur la résistance d’une espèce, ce n’est pas à la recherche de la dose toxique qu'il faut avoir recours. Il faut tenir compte plutôt des symptômes physiologiques déterminés, qui mettent mieux en évidence les électivités toxiques, les affinités des poisons pour les organes. La hiérarchie des tissus dans la série animale ne doit pas être parallèle à celle des organes ou appareils, et celle ci doit différer de celle des organismes. Ainsi que nous le disions plus haut, il serait préférable, pour comparer des espèces, de se baser sur les doses physiologiques.

Au contraire pour comparer une même espèce dans diverses conditions et sous l'influence de divers poisons, il vaut mieux recourir à la détermi- nation de la dose toxique. Il nous semble que la dose physiologique fait mieux apparaître la hiérarchie des éléments cellulaires, et la dose toxique celle des arrangements cellulaires qui constituent les organismes.

De il découle que la variabilité des effets des substances toxiques dépend de leur spécificité, ainsi comprise, ct cette spécificité nous oblige à

par la morphine, et de la morphine par le permanganate de potasse. Arch. int. de Pharmacod.

et de Thérapie, t. 1X, 1901, page 93.

172 JoserH NokÉ

concevoir, à côté de l’immunité cytologique proprement dite, une immunité purement fonctionnelle, résultant non plus des différenciations mais des groupements cellulaires. C’est dans ce groupe des immunités fonctionnelles qu'il faudrait faire rentrer les diverses résistances individuelles, et je pense que la connaissance plus approfondie des lois qui les dirigent permettra de mieux éclairer le problème des idiosyncrasies, encore si vague et si plein d'obscurités.

L'étude systématique des spécificités des actions médicamenteuses permettra aussi de dissocier les multiples influences de l’âge, du sexe, de la race, du tempérament, des actions modificatrices extrinsèques, et d'en démêler les divers facteurs.

Quoi qu’il en soit de l'avenir de ces vues théoriques, nous pensons qu'il est nécessaire, au point de vue des applications dont peuvent étre susceptibles les actions médicamenteuses, de ne pas juger de la suscepti- bilité d'un organisme a l’égard de certains effets physiologiques d'aprés la valeur de la dose toxique, et par suite de ne point proportionner la dose thérapeutique á cette derniére.

A ne considérer que les recherches sur la morphine, nous voyons en effet d'une part que l'animal le plus résistant peut étre le moins sensible a l’action principale recherchée : l'hypnose, et d'autre part que les variations de résistance peuvent être considérables, chez un même animal, sans qu'elles entraînent des variations correspondantes des susceptibilités particulières.

L'exemple de la pilocarpine, que nous envisagerons tout à l'heure, vient aussi a l’appui de ces conceptions.

Nous devons maintenant nous demander, 4 quoi tiennent les varia- tions énormes de résistance 4 la morphine que nous avons signalées chez le hérisson? Il m'est à l'heure actuelle difficile de le dire, mais je puis émettre quelques remarques, qui me paraissent apporter quelques éclair- cissements a ces obscurités. Sans nier l'influence que peut avoir la température sur les manifestations toxiques, influence qu’ont très bien démontrée CHARLES RIcHET et LANGLois, RALLIERE, DE SAINT-HILAIRE pour diverses substances, notamment pour le chlorure de potassium, Vantipyrine, le lactate de quinine, la cocaïne, le chloral, je pense néan- moins que telle n’est point la cause de variations de la résistance aussi considérables. En effet, alors que la température est la même, la résistance est plus grande au printemps qu’à la fin de l'été. De plus, nous n’avons pas jusqu'à présent constaté de telles variations pour d’autres poisons. Le fait serait donc spécial à la morphine. Nous pensons aussi qu’il est particulier

VARIABILITE ET SPECIFICITE DES EFFETS DES SUBSTANCES TOXIQUES 173

aux hibernants, car il est curieux de remarquer que la marmotte présente aussi à l’état de veille, ainsi que l’a signalé GuiNaRD, une sensibilité très grande à l'égard de la morphine. Nous nous proposons d’ailleurs de vérifier le fait pour d’autres hibernants.

D’après nous, les variations de résistance des animaux à vie particulièrement oscillante sont étroitement liées au périodisme saisonnier de leurs manifestations vitales el en particulier de leur activité cérébrale.

Je puis d’ailleurs mettre en relief ce fait que la période de sensibilité est très courte et coïncide avec le moment le pouvoir assimilateur cst parvenu à sa limite ultime et a, par suite, accumulé le maximum de réserves. Sont-ce ces réserves clles-mèmes qui exercent directement un rôle, sont-ce leur localisation, leur répartition ou leur surcharge qui modifient les réactions cellulaires ? Je ne puis le dire. Ce que je sais, c'est que a sensibilité commence à diminuer dés que l'histolyse devient prépondérante et qu'elle disparait très rapidement, puis- qu'en moins de deux mois, l'animal est déjà dix fois au moins plus résistant. Au contraire, la résistance ne diminue que très lentement, car cinq mois environ après l’époque a laquelle elle est maxima, elle n’est environ que 2 fois ct demi plus faible. Nous concluons donc que l'antmal est très lent à acquérir de la sensibilité, mais très prompt à la perdre. I1 doit en être de mème pour la plupart des processus évolutifs.

Le choix du hérisson nous a donc permis, grace à la longue amplitude de ses oscillations vitales, de saisir la relation qui existe entre la marche des processus intimes de la nutrition et celle de la résistance à un poison déterminé, agissant sur ces processus. Nous avons vu, en effet, plus haut, que la morphine ralentit manifestement la dénutrition, puisque nos animaux intoxiqués maigris- saient peu, malgré l'absence d'alimentation. Or, c'est précisément pendant la période la dénutrition s’exagère au détriment de la vitalité que nous constatons la résistance, nous pourrions dire l’immunité s’il agissait d'une espèce distincte. Qu'il y ait une relation de cause à effet entre ces deux phénomènes, ce n’est pas ce que nous voulons prétendre, mais nous pensons qu'il doit y avoir entre eux une relation plus ou moins directe. Je pense que ces faits peuvent apporter quelques notions solides et précises en vue de l'interprétation des phénomènes de résistance et d'idiosyncrasie individuelles et spécifiques. L'idiosyncrasie du hérisson d'été et l'état réfractaire du hérisson d'hiver sont en relation avec deux tendances opposées des échanges nutritifs, ce qui montre bien l'importance que doit jouer l’immunité fonctionnelle, à côté des immunités humorale et cytologique.

Nos recherches conduisent enfin à cette conclusion pratique, c’est

que la morphine doit ètre mieux supportée pour les organismes qui se

174 JoserH NoÉ

dénourrissent et se cachectisent. Leur tolérance est beaucoup plus grande, ainsi que nous espérons le démontrer prochainement. Nous pensons même que non-seulement l’action du médicament est pour eux beaucoup moins nocive, mais encore qu'elle ne peut qu'être bienfaisante à doses modérées, en raison du ralentissement de la dénutrition qu’elle détermine.

Nous continuons nos recherches avec l'apomorphine et les divers dérivés de la morphine : codéïne, héroïne, dionine, péronine.

Atropine.

Nos expériences ont été faites en injection hypodermique avec des solutions de sulfate neutre d'atropine, à des titres variant entre 1 pour 5o et ı pour 500.

EE EE

DATES | | de l'injection no ເມ | en gr.

17 juillet 1902 0,002 | Survie. 21 » » 0,004 » 26 » » 0,008 » 31 » » 0,011 »

7 aout » 0,03 »

6 septembre 1902| 0,098 »

8 » » 0,1c2 | Survie, mais malade. 26 novembre 0,192 | Survie, mais ne parait pas malade. 13 $ » 0,360 Survie, mais malade.

6 décembre » 0,415 | Mort en moins de 5 heures. 25 septembre » 0,421 Mort en 20 minutes.

8 » » 0,498 | Mort en 1 hcure.

On voit que la dose mortelle minima est comprise entre 0,360 gr. et 0,415 gr. Chez le cobaye, les déterminations de Livon(1) ont montré que la dose moyenne était de 0,5 gr. par kilogr. La résistance est donc un peu plus faible que chez le cobaye; mais en somme, elle en est trés voisine, et nous pouvons admettre que les Insectivores sont, comme les Rongeurs, réfractaires a l’atropine. On sait que les Carnivores (chien, chat) y sont manifestement plus sensibles.

Nous voyons aussi que la résistance ne varie presque pas du mois de septembre au mois de décembre.

On sait d’autre part que l’atropine détermine des efforts opposés a

(1) Livon : Dict. de Physiol. de Ricner, article « Cobaye », page 931.

VARIABILITE ET SPECIFICITE DES EFFETS DES SUBSTANCES TOXIQUES 175

ceux de la pilocarpine. Aussi, avons-nous voulu voir si cet antagonisme se manifesterait au point de vue de la dose, et c’est ce qui nous a engagé à entreprendre l’étude de cette dernière substance.

Pilocarpine.

Toutes les expériences qui suivent ont été faites avec le nitrate de

pilocarpine, en solution à divers titres selon l’animal.

I. Hérisson. Injections hypodermiques d'une solution á 1/500. | QUANTITÉS AN DATES | injectées RESULTATS

: par kilogramme

8 aout 1902 0,01 Survie. . 8 septembre 0,021 Survie, mais malade. 14 » 0,040 Mort en 2 jcurs. 1er décembre 0,039 Survie. 25 » 0,054 Mort en moins de 24 heures.

On voit: que la dose mortelle minima est comprise, en septembre, entre 0,021 gr. et 0,04 gr.; que la résistance est un peu plus grande en décembre.

De plus, la sialorrhée débute presque aussitôt après l'injection des doses ci-dessus et se montre très abondante. Il se manifeste une vive agitation, surtout au début.

11. Cobaye. Parmi les alcaloides dont Livon (1) a étudié la toxicité chez cet animal, la pilocarpine ne figure pas. Nous avons entrepris cette détermination avec la méme solution qui nous avait servi pour le hérisson, et nous avons vu, qu’aprés injection intra-péritonéale, la dose mortelle minima était comprise entre 0,04 gr. et 0,046 gr., c’est-à-dire un peu plus forte que pour le hérisson.

0,046 gr. ont tué en 24 heures; 0,05 gr. en 12; 0,063 gr. en moins de 2; 0,099 en 1 1/2 h.

La dose de 0,0128 ne donne pas de sialorrhée, mais une légére hyper- sécrétion lacrymale au bout de 3/4 d'heure. Avec 0,03 gr., on n’observe pas encore de sialorrhée au bout de 3/4 d'heure. Avec 0,04 gr. je lai constatée au bout de 1 heure, avec 0,046 gr. au bout de 1 1/4 h., avec 0,05 gr. au bout de 3o minutes, avec 0,053 gr. au bout de 20 minutes. 0,063 gr. n’en donnent presque pas, et 0,ogg n’en donnent pas du tout.

D'après ces résultats nous concluons que les hautes doses, rapidement

(1) Cu. Livon : Société de Biologie, nov. 1897, p. 979.

176 JoserH NokÉ

mortelles, ne sont pas sialorrhéiques. Les petites doses ne le sont pas non plus, mais provoquent du larmoiement.

La sialorrhée, déterminée par les doses moyennes, apparaît d'autant plus vite que ces dernières sont plus fortes. Mais elle est toujours tardive (1/2 heure à 1 1:4 h. après l'injection). Chez le hérisson, nous avons vu qu’elle était presque immédiate; en revanche, elle est, chez lui, beaucoup moins persistante.

Dans un cas, le cobaye résista 4 0,05 gr., ce que je ne puis expliquer autrement que par une idiosyncrasie particulière. Mais la sialorrhée survint au bout de 20 minutes. Sa plus ou moins grande rapidité n’est donc pas un indice du degré de toxicité. Les déterminations que nous avons faites pour le rat et le lapin viennent à l'appui de cette conclusion.

La sialorrhée est également indépendante de l’hypothermie, car les hautes doses ont déterminé, chez le cobaye, une hypothermie intense, alors qu'elles n'étaient pas sialorrhéiques. Enfin, nous ajouterons : que ce sont surtout les hautes doses qui occasionnent de la dyspnée; que, tandis que, chez le hérisson, le début de l’intoxication est marqué par une grande excitabilité, chez le cobaye on note le plus souvent au contraire de la dépression (hésitation de la démarche, absence de vivacité, immobilité, flaccidité); qu'on ne remarque ni frissons, ni convulsions, ni rigidité cadavérique.

III. Rat blanc. Injections hypodermiques d’une solution à 1/500.

Nous concluons de nos expériences, que nous nous dispenserons de citer entièrement, que la dose toxique est comprise entre 0,307 gr. et 0,375 gr. Les hautes doses, rapidement toxiques, ne sont pas non plus sialorrhéiques; mais les autres le sont. La dose inférieure (0,05 gr.), qui donnait de la sialorrhée chez le cobaye au bout de 30 minutes environ, la provoquait chez le rat au bout de 2 à 3 minutes. Le rat se comporte donc à cet égard comme le hérisson, bien qu'il soit dix fois environ plus résistant. Nous verrons qu'il en est de même pour le lapin.

Le rat présente des frissons généralisés au début de l’intoxication. Pas de rigidité cadavérique.

IV. Lapin. En injection sous-cutanée, la dose mortelle minima est comprise entre 0,257 gr. eto,359 gr. En injection intra-veineuse, nous l'avons trouvée de 0,355 gr. environ, en opérant avec une solution à 1/100 dans l’eau salée physiologique.

Quelque soit le mode d'injection, la sialorrhée est presque immédiate. L’injection sous-cutanée ne détermine pas de convulsions; mais elles se montrent du commencement à la fin de V’injection intra-veincuse, qui n'est cependant pas tótanisante,

VARIABILITE ET SPECIFICITE DES.EFFETS DES SUBSTANCES TOXIQUES 177

Expérimentant sur une portée de jeunes lapins, agés de 15 à 23 jours, et dont le poids variait entre 200 et 350 grammes, nous avons vu que la dose toxique minima, en injection sous-cutanée, est comprise entre 0,2 gr. et 0,314 gr. et par conséquent un peu plus faible que chez l'adulte. En dehors de la sialorrhée, qui est immédiate, les caractères saillants de l'intoxication consistent en de l’hyperexcitabilité (suivie de prostration), des tremblements convulsifs généralisés et continus, et de fortes crises convulsives.

Ce fait vient à l’appui du rapprochement qu'a établi Descrez entre la pilocarpine et la choline, la triméthylamine et les sels ammoniacaux composés, dont on connait les propriétés particulièrement convulsivantes.

Je noterai aussi que chez le lapin, on observe très rapidement de la rigidité cadavérique.

En résumé, nous voyons qu’au point de vue de la dose mortelle minima, on peut rapprocher d’une part le cobaye ct le hérisson, d'autre part le rat et le lapin. Ces derniers sont environ dix fois plus résistants et présentent vis-à-vis de la pilocarpine un état réfractaire, analogue à celui qui a été signalé pour l'atropine.

Il n'y a donc pas antagonisme, au point de vue de la dose toxique, entre l’atropine et la Pilocarpine. Cependant, l’état réfractaire est plus général pour la première substance; pour la seconde, il est surtout prononcé chez le rat et chez le lapin. Qu'ont de commun ces deux animaux par rapport au hérisson et au cobaye? Nous ne le savons pas. Néanmoins, nous devons insister sur la spécificité des effets de cette substance, spécificité qui s’explique peut-être soit par une sensibilité plus grande des éléments inhibiteurs, soit des accélérateurs du cœur à l’action paralysante de la pilocarpine. De plus, nous remarquons entre les diverses espèces une variabilité plus grande dans les effets de la pilocarpine que dans ceux de l’atropine, ce qui nous porterait à croire à une constance plus grande chez les divers animaux des éléments sur lesquels agit cette dernière : nerfs inhibiteurs du cœur et nerfs centifuges moteurs.

CALMETTE (1) a invoqué, pour expliquer l’immunité naturelle à l’égard de Vatropine, le róle phagocytaire des leucocytes. Après avoir montré que l'injection intracérébrale d’une dose très minime de cet alcaloide provoque des accidents immédiats et la mort à brève échéance, fait qui a été également constaté par BRUNNEN, il a pu observer, en. recueillant le sang, que tandis que le sérum ne contient que des traces d’atropine, la couche

qui renferme les globules blancs, inoculée dans le cerveau, provoque au

(1) CALMETTE : Congrès de médecine de Lille, août 1899.

178 Joseru NoE

contraire rapidement des troubles graves caracteristiques. On doit donc admettre, dit CALMETTE, que les leucocytes des animaux naturellement réfractaires possédent la propriété d’arréter et de fixer dans leur proto- plasma des poisons chimiques tels que les alcaloides. Ce résultat a été confirmé par LomBarD(!).

Pour que cette explication de l’immunité naturelle fut parfaitement légitime, il faudrait, me semble-t-il, démontrer que les leucocytes des animaux sensibles à l'atropine ne possédent pas cette propriété fixatrice. Le choix de l'atropine pour une telle démonstration ne me parait pas convenable, á cause des variations peu considérables de résistance des diverses espèces animales à l'égard de l’atropine. Aussi, je me propose de répéter ces expériences pour la pilocarpine, vis-à-vis de laquelle j'ai démontré l’état réfractaire du lapin et du rat blanc.

J'ajouterai une derniére remarque relative à la spécificité d’action de la pilocarpine et à la discordance qui existe entre la sensibilité physiologique et la résistance à la dose toxique. Nous avons vu, en effet, plus haut, que la rapidité de la sialorrhée n'est pas un indice du degré de toxicité. Enfin, tandis que chez le hérisson, le chat, le chien, la souris, le rat, le lapin, la sialorrhée est presque immédiate, elle estau contraire tardive chez le cobaye.

Nous poursuivons ces expériences chez d'autres espéces animales, et avec la muscarine, la choline, la triméthylamine, la nicotine, la cicutine, etc.

Strychnine.

Les résultats que nous rapportons ci-dessous ont été obtenus en été (aoùt 1900) et sont relatifs au sulfate de strychnine.

Le titre de la solution employée a toujours été exactement de 1 gr. pour 400 centimétres cubes d'eau distillée. Elle était injectée avec une longue aiguille profondément sous la peau du dos.

Le poids des animaux a varié de 507 à 735 gr. Nos chiffres ont été rapportés au kilogramme, et pour qu'ils fussent comparables, nous avons admis comme dose mortelle celle qui tue dans l’espace de vingt-quatre heures.

Nous les résumons dans le tableau ci-contre.

Dans tous ces cas, dès que la mort est survenue, la rigidité strych-

nique s’est montrée presque immédiatement.

(1) LoMBARD : Contribution à l'étude physiologique du leucocyte, These de la Faculté de

médecine de Paris, 1901.

VARIABILITÉ ET SPÉCIFICITÉ DES EFFETS DES SUBSTANCES TOXIQUES 179

On voit d’aprés le tableau que les doses de 0,003 gr. á 0,006 gr. environ augmentent l'excitabilité de l'animal, sont susceptibles de donner

des convulsions légéres, mais permettent la survie.

e EE,

p 2 QUANTITES . SS x oe TOXICITE OBSERVATIONS $ injectées 4 I 0,003 Survie Inje-tion faite à midi. Une heure après, tremblements convulsifs de temps en temps. | | Cinq heures aprés persistent encore de petites secousses convul- sives. L'animal est très éveillé. | . . Six heures aprés, la respiration est anxieuse. Jo respirations par minute. | La nuit, l'excitabilité de l'animal est encore augmentée. 11 0,0041 Survie 111 0,0059 Survie IV 0,0070 Mort Convulsions caractéristiques apparaissent 5 minutes après l'in- jection. Mort en un quart d'heure. V 0,0078 Survie VI 0,0083 Mort Convulsions. Mort en 40 minutes environ. VII 0,0197 Mort Convulsions débutent 10 minutes après l'injection. Mort en

So minutes environ.

A partir de 0,0083 gr. la mort est fatale dans un bref délai. Dans l’experience IV, elle est survenue avec 0,0070 gr ; mais la précocité des convulsions et la rapidité de la mort, par rapport aux animaux des expé- riences VI et VII, nous indiquent une susceptibilité particulière, indivi- duelle, dont la raison nous est inconnue.,

D'ailleurs, l’expérience V qui nous a montré la survie avec 0,0078 gr. nous porte à croire qu'il faut peut-être reculer au-dessus de 0,0070 gr. la dose toxique minima du sulfate de strychnine pour le hérisson.

En tous cas, il résulte de nos déterminations qu'elle est surement comprise entre 0,006 gr. et 0,008 gr. Nous admettrons qu’elle est de 0,007 environ.

Or, dans une récente communication(i) E. MAUREL a fixé les doses de sulfate de strychnine minima mortelles pour certains vertébrés (grenouille, pigeon, lapin et cobaye). L'ordre de sensibilité croissante par rapport au kilogramme d'animal est le suivant 0,02 gr. pour la grenouille, o,o1 gr. pour le cobaye, 0,003 gr. pour le pigeon, 0,0007 gr. pour le lapin.

On voit que le hérisson vient se placer, comme sensibilité, au mois d'aoit, entre le cobaye et le pigcon. Il est donc un peu plus sensible que le cobaye, mais dix fois moins que le lapin.

(1) MaAUREL : Société de Biologie, séance du 21 juin 1902.

180 Joserh NoÉ

Le cobaye présente donc une résistance remarquable à l'égard de la strychnine, et récemment encore, Lomparp(:) insistait sur son immunité relative vis-a-vis de cet alcaloide dont il peut supporter des doses trois fois plus fortes que le coq, réputé jusqu'ici comme l'animal le plus réfractaire. OSTERWALD (2) a publié aussi à ce sujet des expériences qui sont en accord

avec les précédentes,

Autres poisons.

Si nous récapitulons les résultats généraux des cxpériences que nous venons de rapporter, nous trouvons que l’ordre de sensibilité croissante est le suivant : lapin, hérisson, cobaye, à l'égard du chloral; cobaye, hérisson, lapin, rat blanc, à l'égard de la morphine (si Pon tient compte, pour le hérisson, de la moyenne entre les valeurs extrêmes); cobaye, hérisson, à l'égard de l'atropine; rat blanc, lapin, cobaye, hérisson, à l'égard de la pilocarpine; cobaye, hérisson, lapin, à l'égard de la strychnine.

Nous voyons donc que, quelque soit le poison auquel on s’adresse, la hiérarchie de la résistance est la même. Pour la pilocarpine seulement, le hérisson se placerait après et non avant le cobaye, comme cela devrait être mais le chiffre qui nous a servi de base a été obtenu en septembre. Or, nous avons eu en décembre un chiffre plus fort, de sorte que si nous possédions la moyenne d'un cycle annuel, nous pouvons croire que l’ordre habituel serait rétabli.

Entre les quatre espèces que nous avons expérimentées, nous pouvons établir deux groupes, d’une part le cobaye et le hérisson, d'autre part le lapin et le rat blanc. Ils sont surtout distincts pour la pilocarpine, mais se retrouvent plus ou moins pour les autres poisons. Qu'est ce qui les distingue, et qu'est-ce qui rapproche les individus de chaque catégorie? Nous ne saurions le dire. Néanmoins il nous parait intéressant de faire remarquer que l’ordre de toxicité des poisons pour les divers animaux a un caractère de spécificité qui le rend, dans une certaine mesure, indépendant de la nature même du poison considéré. La hiérarchie des organismes domine la diversité des actions toxiques, et si nous ne craignions d’être trop hasardeux, étant donné le nombre encorc relativement restreint de nos expériences, nous dirions volontiers d’une façon schématique : ce ne sont pas les poisons qui tuent, ce sont plutôt les espèces qui meurent.

En d'autres termes, des doses variables de poison seraient nécessaires

(1) LOMBARD : Loc. cit. (2) OsreRWALD : Arch. f. exp. Path. und Pharm., tome 44.

VARIABILITÉ ET SPÉCIFICITÉ DES EFFETS DES SUBSTANCES TOXIQUES 181

pour épuiser le coefficient de vitalité des étres, mais ne changeraient pas l’ordre de leur résistance. Nous pensons donc que l’action toxique doit etye considérée comme la résultante spécifique beaucoup plus de la structure de l'organisme que de la constitution du poison, ce qui prouve combien il importe de ne comparer les poisons que d’après leurs effets sur une même espèce.

La conception que nous émettons est d’ailleurs d'accord avec ce que MAUREL(1) a vu en étudiant, pour les éléments anatomiques, les lois d'électivité, et celles de gradation de toxicité et de sensibilité.

Nous continuons ces recherches chez les autres groupes de vertébrés.

En tous cas, nos expériences démontrent que si le hérisson est réfrac- taire aux venins et aux toxalbumines, il ne présente par contre aucune résistance spéciale à l’égard des poisons chimiques définis qui ont fait l'objet de nos expériences. Pour certains, il est plus sensible que le lapin et plus résistant que le cobaye; pour d’autres, c’est l’inverse.

Nous avons fait un certain nombre d’autres recherches avec l’aconitine, la cocaïne, la saponine, la cyclamine, la digitaline, la picrotoxine, l'ésérine, ladrénaline, la nicotine, la cicutine, etc. Mais comme elles ne sont pas encore complètes, nous préférons attendre avant de les faire connaître.

L’immunité de cet insectivore ne se manifeste pas seulement à l'égard des venins et des toxalbumines, mais encore à l'égard d’un poison bien défini : la cantharidine.

Dans le but de contrôler l’opinion déjà ancienne qui attribue au hérisson l’immunité à l’égard des cantharides, L. LEwix(2) lui a pratiqué des injections hypodermiques soit d’huile de cantharides, soit de canthari- date de potasse, et a obtenu la mort dans le premier cas avec 0,012 gr. de cantharidine, dans le second avec 0,044 gr. Mais ses expériences ne se rapportent qu’a deux individus et ont été exécutées en automne. De plus, la méthode qu’il a suivie ne comporte aucune précision scientifique. C’est ainsi qu'il n'indique pas le poids de l'animal, et qu'il s'est borné 4 injecter pendant plusieurs jours une dose faible de poison (5 milligr. de cantharidate) jusqu’à ce que la mort survienne. Ce procédé ne peut évidemment donner d'indication sur la toxicité réelle, en raison de la possibilité de l’accoutumance.

Nous avons donc cru nécessaire de reprendre cette question et avons injecté, en juillet dernier, à trois individus, des doses massives, afin de

(1) MAUREL : Essai sur les lois paraissant régir l'action générale des agents thérapeutiques et toxiques. Bulletin de thérapeutique, 1901.

(2) L. Lewin : Deutsche med. Wochenschrift, 16 juin 1898, p. 373.

182 JoserH NokÉ

savoir au bout de combien de temps elles détermineraient la mort. Le titre de la solution employée était de 0,2 gr. p. 100.

Le premier, du poids de 435 grammes, a regu le 26 juillet 18 c.c. de la solution, ce qui représente 0,082 gr. par kilogramme. Il est mort le 29, apres avoir présenté une forte hématurie et perdu 75 grammes de son poids, soit 17 %) environ, ce qui fait par jour 5,6 gr. °/, environ.

Le second, du poids de 390 grammes, a regu le 31 juillet ro c.c., ce qui représente 0,0512 gr. par kilogramme. Pendant plusieurs jours, il a manifesté des symptômes toxiques, car il ne mangeait qu’incomplètement sa ration de viande et n’absorbait pas son lait. Enfin, à partir du 8 août, il a présenté de l’hématurie et est mort dans la nuit du 7 au 8. Il ne pesait plus que 289 gr. et en avait donc perdu 101, soit 26 p. 100, ce qui fait par jour 3,7 gr. p. 100 environ. ;

Le troisiéme, pesant 420 gr., a recu le 22 juillet 0,04 gr. par kilogr. Cinq jours après, il pesait 440 gr. Malheureusement, l’expérience n’a pu étre suivie jusqu’au bout; mais on voit que la dose de 0,04 gr. avait permis l’augmentation de poids de l’animal.

En résumé, nous voyons qu’en juillet la dose de 0,082 gr. par kilogr. est toxique en trois jours, celle de 0,0512 gr. en sept jours, et que celle de 0,04 gr. permet la survie.

En revanche, en automne, voici les résultats que nous avons

obtenus : DOSE DATE injectée par) RÉSULTAT OBSERVA'I IONS * kilogr. e 26 novembre 0,0168 Survie L'animal ne m a point paru malade. 6 décembre 0,026 Survie Idem. 22 novembre 0,0392 Mort

au bout de 2 jours

Nous trouvons donc qu'en novembre, la dose toxique minima est comprise entre 0,026 gr. et 0,039 gr., par conséquent plus faible que celle que nous avions obtenue en juillet.

Le cantharidate est donc, parmi les poisons que nous ayons étudiés, le seul dont la toxicité diminue pendant la période hibernale. Ce fait nous paraît encore en relation avec la vie oscillante du hérisson. Lorsqu'il est plus sensible en été, il devient plus résistant en hiver; lorsqu'il est plus résistant en été, il devient plus sensible en hiver.

Harxacx a voulu revendiquer pour le hérisson une certaine immunité pour l'acide cyanhydrique, mais je dois dire que nous ne l’avons pas

—— mm A + =

VARIABILITÉ ET SPÉCIFICITÉ DES EFFETS DES SUBSTANCES TOXIQUES 183

constatatée dans deux expériences que nous avons faites, au mois d'août.

Dans l'une, nous avons injecté par kilogramme 0,034 gr. de cyanure de potassium. L’animal est mort au bout de 40 minutes, après avoir présenté les phénomènes asphyxiques habituels. Le sang extrait aussitôt après la mort, était très noir et s’est coagulé rapidement.

Dans une autre expérience, l'animal ə succombé, en moins d’une demi-heure, après une dose de 0,0115 gr. par kilogr. Cinq minutes après l'arrèt de la respiration, nous avons ouvert le thorax et constaté que le cœur battait encore, mais deux minutes après, il était arrêté.

Nous concluons donc que le hérisson n'offre pas de résistance parti- culière au cyanure de potassium.

Paris, 12 juin 1903.

Eh e SS

AUS DEM PHARMAKOLOGISCHEN INSTITUT zu ITALLE AS.

Die Vergiftung durch salpetrigsaure Alkalien und ihr Verhältniss zur Ammoniak vergiftung

VON

ERICH HARNACK.

Die Vergiftung durch salpetrigsaure Alkalien gehórt wissenschaftlich unzweifelhaft zu den interessantesten, mag man auch von praktischen Gesichtspunkten aus ihre Bedeutung sehr gering anschlagen. Am Menschen mit Sichcrheit beobachtete Vergiftungen durch Alkalinitrite zählen in der That zu den grossen Seltenheiten, weil es an der geniigenden Veranlassung dazu mangelt. Zu technischen Zwecken wird allerdings das Natriumnitrit, z. B. zum Diazotiren der Azofarbstoffe verwendet. Zu therapeutischen Zwecken sind salpetrigsaure Salze zwar von englischen und amerikanischen Aerzten gegen Angina pectoris(1), Asthma und dgl. als Ersatz für die Alkvlnitrite gelegentlich empfohlen und angewendet worden, ja selbst gegen Epilepsie, aber man scheint von dieser Therapie so gut wie gänzlich zurückgekommen zu sein, was bei der Giftigkeit jener Salze sicherlich nicht zu beklagen ist. Zufällige Vergiftungen durch Verwechselung des Natrium nitrosum mit Natrium nitricum (Chilisalpeter) sind auch sehr selten vorgekommen : über zwei derartige Fälle berichtet Cor.Liscmox (2). In dem einen Falle erhielt der Patient fünf Tage hindurch im Ganzen

11,5 gr. Natr. nitrosum, in dem zweiten an zwei Tagen 5,5 gr. In beiden

(1) Vgl. z. B. MartH. Hay : Nitrite of sodium in the treatment of angina pectoris. Practitioner March 1883, S. 179.

(2) CorLiscuon : Deutsche med. Wochenschrift, 1880, No 41.

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XII. 13

186 Erich Flarvack

Fillen stellten sich zuniichst Symptome einer akuten Gastrocnteritis cin, darauf diejenigen der Methiimoglobinbildung im Blute mit ihren bekannten Folgen. Es traten nämlich beide Male intensive Cyanose, besonders der Mundhöhle, der Zunge und des Rachens auf. Ferner wurden leichte Somnolenz, Kraftlosigkeit, Neigung zu Ohnmachten und verlangsamte, vertiefte und etwas schnarchende Athmung beobachtet. Die Diurese war gesteigert, und aus der raschen Wiederausscheidung erklärt sich der Beobachter das ungemein schnelle Verschwinden der gefahrdrohenden Symptome. Nach Aussctzen des Mittels trat denn auch in beiden Fällen sofort Besserung und völlige Wiederherstellung ein.

Ein weiteres und zwar eigenartiges ätiologisches Moment für die Vergiftung könnte sich aus der Möglichkeit einer Reduktion der Nitrate zu Nitrit im lebenden Körper ergeben, auf welche Eventualität zuerst BARTH und Binz(1) aufmerksam gemacht haben. Unmöglich ist das jedenfalls nicht, aber auch Vergiftungen durch Alkalinitrate gehören beim Menschen zu den grossen Seltenheiten.

Auf die Idee, salpetrigsaure Alkalien als Fleischpräservesalze zu ver- wenden, scheint man glücklicherweise bisher nicht verfallen zu sein.

Also an praktischer Bedeutung steht die Vergiftung durch Alkalı- nitrite jedenfalls hinter den Inhalationsvergiftungen durch die freie salpetrige Säure oder durch die Dämpfe von Alkylnitriten (Amylnitrit etc.), sowie hinter den ähnlichen Vergiftungen durch Nitro-körper etc., weit zurück.

Dagegen gehört sie, wie gesagt, wissenschaftlich zu den interessan- testen, und zwar zuvörderst schon wegen der Frage, was denn dabei eigentlich das giftige Agens ist. Dass das salpetrigsaure Salz im lebenden Körper theilweise reducirt wird, ist selbstverständlich ; denn sonst könnte es nicht als directes Oxydationsmittel aufs Blut wirken und Methämo- globin erzeugen; etwa nach Art des chlorsauren Kaliums. Bekanntlich geben die Nitrite ihren Sauerstoff, und zwar in activer Form, viel leichter ab, als die Nitrate und auch als das Kaliumchlorat. Also eine sofortige Reducirung des Alkalınitrits in Berührung mit der organisirten lebenden

(1) BaRTH : Toxiholog. Untersuchungen über Chilisalpeter. Diss-Bonn, 1879; Binz und GERLINGER : Archives internat. de pharmacodynamie, etc., IX, 1901, S. 441. Wenn übrigens Bınz bemerkt, dass die meisten Lehrbücher der Toxikologie jene Möglichkeit in Abrede stellen, und dafür als neueste \Verke Kıonka und FRÖHNER anführt, so mochte ich darauf hinweisen, dass ich in meiner kurzen Bearbeitung der Vergiftungen (in EsstEin-ScuwaLße's Handbuch der prakt. Med., V, 1901, S. 856) die Möglichkeit eines

solchen Vorganges nicht gelcugnet habe.

VERGIFTUNG DURCH SALPETRIGSAURE ALKALIEN 187

Substanz kann uns nicht wunder nehmen, es fragt sich nur: zu was es reducirt wird, wo die Reduction hauptsächlich statthat und welche Rolle die entstandenen Reductionsprodukte etwa bei der Erzeugung ciner Vergiftung spielen. Jedenfalls haben wir es bei der letzteren eventuell mit einer Mehrheit wirksamer Agentien zu thun, niimlich: a) der urspriinglichen Substanz, B) dem abgegebenen aktiven Sauerstoff und c) den aus a. entstan- denen Reduclionsprodukten.

Dazu käme noch die weitere Möglichkeit, dass sich zugleich ein Theil des Nitrits im lebenden Körper zu Nitrat oxydirte(t), was dann eventuell das vierte Agens wäre. Durch die Reduktion könnten zunächst entstehen sauerstoffärmere N-verbindungen, sodann Stickstoff selbst und endlich, was keineswegs unwahrscheinlich ist, Hydroxylamin und Ammoniak. Mit dem letzteren wäre ein ganz neuartig wirkendes Agens entstanden (2), während ersteres in seiner Wirkung den Nitrit noch näher zu stehen scheint\3). Das Ion-NO:z ist jedenfalls wirksamer als das Ion-N Os, obschon auch das letztere, wie wir jetzt wissen, eigenartige Wirkungen besitzt, die man früher, verstrickt in die Theorie von der alleinigen Salzwirkung, übersehen hat. Das Ion-NO: ıst aber auch wirksamer oder wenigstens sicherer wirksam als das Ion-ClOs, das häufig in nicht unerheblicher Menge den Körper unverändert passırt, was bei ersterem doch wohl nur zu sehr kleinem Theile der Fall zu sein pflegt. Uebrigens wird nach Nernst das Alkalinitrit um so leichter reducirt, je weniger es ionisirt ist, d. h. das Ion-NO: ist weniger wirksam als das ganze Molekül.

Jedenfalls werden wir a priori bei der Vergiftung durch Alkalinitrit zu unterscheiden haben :

1., Die örtliche Wirkung auf den Magen und seine Umgebung, und zwar entweder als Salz-, resp. Ionenwirkung oder als örtliche Ammoniak- wirkung; 2., die directe Alteration des Blutes etc. durch den abgegebenen Sauerstoff mit ihren weiteren Consequenzen und 3., die unmittelbare Wirkung entweder der ursprünglichen Substanz oder ihrer Umwandlungs- produkte auf das Nervensystem und andere Körpertheile. Man ersieht hieraus : die Sachlage kann unter Umständen eine schr complicirte sein, ‚und wir haben es vielleicht in dem einen Falle mit ganz anderen wirksamen Faktoren zu thun als in dem anderen! Es wird wesentlichdaraufankommen,

(1) Vgl. ROHMANN : Zeitschr. f. physiol. Chemie, 1881, V, S. 233.

(2) Vgl. ROHMANN, 1. c.; SPIEGEL : Ueber die Ausscheidung von Salpetersäure. Diss. Wurzburg, 1894.

(3) Vel. BRUNTON und BoKENHAM : Proceed, of the Roy. Soc., vol. 45, 1889, S. 352.

188 Ericu FTARNACK

wie rasch, wie reichlich und wie vollkommen sich die Reduction oder auch vielleicht die Oxydation im einzelnen Falle vollzieht. Das kann wieder von der Menge des eingeführten Nitrits, aber auch von zufälligen und indivi- duellen Verhältnissen abhängig sein.

Bei dieser Sachlage kann es nicht wunder nehmen, dass die bisher mit Vergiftungen durch Alkalinitrit an Thieren gemachten Erfahrungen scheinbare Widersprüche oder nicht unerhebliche Differenzen zu Tage gefördert haben.

Diese Verschicdenheiten bezogen sich einmal auf Art und Intensität der örtlichen Veränderungen im Magen und seiner Umgebung und sodann auf die Qualität der allgemeinen Vergiftungserscheinungen. Am übereinstim- mendsten wurde stets die Thatsache der Methämoglobinämie berichtet. Die eingehendsten experimentellen Beobachtungen verdanken wir Bixz und seinen Schülern (t), sowie Masoın (2). | Was die Veriinderungen in der Magenschleimhaut anlangt, so fehlten sie in einem Theil der Fälle so gut wie gänzlich, während sie in anderen höchst intensiv waren. Es sei mir in letzterer Hinsicht verstattet auf eine eigene Beobachtung hinzuweisen. Ich habe die betreffenden Versuche zwar bereits vor zehn Jahren publicirt, aber an etwas versteckter, schwer auffindbarer Stelle(3) unter dem Titel « toxikologische Beobachtungen »,

daher ich mir erlaube die kurzen Protokolle hier wörtlich zu reproduciren.

I. Katze von 2000 gr.

6 h. 5'. Ohne Anwendung von Narkose werden 5,ogr. Natrium nitrosum purissimum in ziemlich concentrierter Lösung ohne Schwierigkeit in den Magen gebracht.

6 h. 10'. Es ist zweimaliges Erbrechen eingetreten, das Thier zeigt grosse Unruhe, es schreit kläglich, taumelt. Die Athmung wird sehr frequent.

6 h. 15'. Die Athmung ist sehr beschleunigt und zugleich mühsam. Es sind Zuckungen eingetreten, zuerst vereinzelt in den Oberschenkelmuskeln, dann allgemein in allen Extremitäten, so dass das Thier fortwährend Schwimm- und Tretbewegungen ausführt.

6 h. 20'. Heftire Dyspno&: mässiger Durchfall, reichliche Harnentleerung, starke Salivation. Fibrilläre Zuckungen von gesteigerter lHeftigkeit dehnen sich aut sämmtliche Körpermuskeln aus: es folgen ausgedehnte Streckungen der Extremitäten, Spreizen der Krallen. Tod etwa 15—20 Minuten nach Einführung des Giftes.

Sectionsbefund : Am Herzen nichts Besonderes; die Lungen sind, namentlich in den

(1) Vel. Bartu, 1. c.; Binz : Archiv f. exper. Pathol. und Pharmak. 13, 1851, S 137.

(2) Masoın : Archives internationales de Pharmacodynamie, V, 1899, S. 307.

(3) Vgl. Harnack : Toxikolog. Beobacktungen. IV, Berl. klin. Wochenschr., 1893, NO 47.

VERGIFTUNG DURCH SALPETRIGSAURE ALKALIEN 189

centralen Partien, bräunlich gefärbt. Das mikroskopische Bild zeigt Anhaufung von Blutkörperchen und Blutfarbstoff im Gewebe. Die Magenschleimhaut ıst in toto stark geschwollen und gefaltet, gleichmässisr schwarsroth gefärbt, die ganzen Magenwand mit gelöstem Blutfarbstoff imbibirt. Die Schleimhaut des Darmes ist geschwollen, gelockert, in einzelnen Theilen leicht geröthet. Das Leberfarenchym ist weich, zeigt deutlich beginnende Verfettung, was durch die mikroskopische Untersuchung bestätigt wird. In den Nieren erscheint die Rindensubstanz schmutzig-velb, die Marksubstanz briunlich verfarbt. Die mikroskopische Untersuchung ergicbt Schwellung und Trubung der Epithelien in den

Harnkanälchen, theilweise auch Fettinfiltrationen.

Kurze Zeit vorher war von mir der folgende Vergiftungsversuch mit Ammoniaklösung angestellt worden, dessen Ergebnisse an sich und im

Vergleich mit dem obigen sehr Ichrreich sind :

II. Ausyewachsene kräftige Katze. 21. VI.

6 h. 20'. Ohne Anwendung von Narkose werden ıoc.c. einer wässrigen Ammoniak- lösung (enthaltend etwa 1,0 NH») in den Magen gebracht, was nicht ganz ohne Schwierigkeit gelingt in Folge des starken Dampfdruckes und heftigen Würgens. Es tritt bald heftiges Erbrechen theils dunkler, theils weisslicher, schr schleimreicher Massen ein.

6h. 35. Das Thier erscheint matt, die Zunge ist stark geschwollen und geatzt ; reichliche Salivation, heftiges Thránen der Augen, Stimmlosigkeit. Die Athmung ist beschleunigt, mühsam, stossweise.

6 h. 40. Wiederholtes heftiges Würgen und Erbrechen zäher Schleimmassen.

6 h. 45. Das Erbrechen dauert fort. Das Thier scheint an heftigen Schmerzen zu leiden, da der Letb dauernd in der Kolikstellung verharrt. Die Gesichtsmuskeln spielen in unaufhorlichen Zuckungen, Salivation und reichlicher Thränenfluss.

6 h. 50'. Fortwährendes Erbrechen.

Allmahlich hort das Erbrechen auf, das Thier wird ruhiger.

22. VI. An dem Thiere ist wenig Abnormes bemerkbar, es scheint sich ziemlich erholt zu haben, nimmt Nahrung zu sich, nur ist es völlig stimmlos.

23. VI. Am folgen Morgen (ca. 36 Stunden nach der Injection) wird das Thier todt und noch warm gefunden.

Sectionsbefund : Allgemeine Schwarzrothfärbung der geschwellten Magenschleimhaut, aber auch der ganzen Magenwand : theils Hyperämie und Hiimorrhagie, theils gleich- mássige Imbibition mit gelöstem Dlutfarbstof. Aufder Hvhe der veschwellten Falten erscheint die Schleimhaut vielfach wie schwarz-verbrannt. Die Leber betindet sich im Zustand einer enormen Verfetiung, ganz wie nach einer akuten Phosphorvergiftung von etwa 3-tagieer Dauer. Man kann sagen, die Leber ist in einen grossen Yettsack verwandelt, die in ihrer Form noch erhaltenen Zellen ganz mit Fett durchsetzt und geschwellt. Auch

die Nieren weisen hochgradige Verfettung auf.

Das bei den vorstehenden Beobachtungen besonders Bemerkenswerthe zwar zunächst die enorme Verfetlung der Leber etc. bei der Ammoniak- vergiftung. Dass bei einer solchen hochgradige Verfettung der Leber

eintreten kann, wenn auch nicht in allen Fällen in gleich ausgesprochener

190 Erich FHarNnacK

Weise cinzutreten braucht, war zwar einzelnen Toxikologen, wie namentlich dem erfahrenen TarpıEu, schon wohlbekannt, wurde indess meist nur ganz beiläufig oder gar nicht angeführt. Die Thatsache ist besonders in Hinblick auf die analoge Wirkung des Phosphors von hervorragendem Interesse, wenngleich Fettdegenerationen auch bei Vergiftungen durch fixe Alkalien, Säuren und dgl. vorkommen.

Nicht minder bemerkenswerth aber war die Uebereinstimmung der Sectionsbefunde in den beiden Versuchen, namentlich in Hinsicht auf die Beschaffenheit des Magens und der Leber. Dass die Verfettung der Leber bei der 3tägigen Ammoniakvergiftung einen weit höheren Grad hat erreichen können, als bei der kaum 2o Minuten dauernden Vergiftung durch das Natriumnitrit, ist selbstverständlich, ebenso dass bei der letzteren die Braunfärbung durch Methämoglobinbildung zur Beobachtung kam. Das Natriumnitrit erweist sich auch da in beiden Versuchen annähernd äquivalente Mengen von NaNO: und NH; dargereicht wurden, als das ungleich gefährlichere Gift. Das auffallendste war die Uebereinstimmung des Magenbefundes, der in dem ersten Versuche unmöglich allein auf örtliche Salzwirkung bezogen werden kann, sondern entschieden auf Ammoniak- wirkung hinweist. Dieser Befund im Magen kann sich allerdings in beiden Fällen sehr wohl erst postmortal zu der beobachteten Ausdehnung entwickelt haben; eine ganz ähnliche postmortale Verstärkung der örtlichen Magenaffection ist z. B. bei der Vergiftung durch Cyankalium sicher beobachtet worden. Dass nach dem Tode, namentlich mit begin- nender Fäulniss, die Reduction des Nitrits zu Ammoniak noch rascher als bei Lebzeiten vor sich gehen könnte, darf wohl angenommen werden.

Aber die damaligen Handelspräparate des Natriumnitrits reagirten trotz der Bezeichnung « purissimum » stark alkalisch, und enthielten Carbonat, während den wirklich reinen Alkalinitriten, wie sie jetzt auch inden Handel kommen, keine alkalische, sondern eine neutrale oder selbst schwach saure Reaction zukommt. Diese aikalische Beschaffenheit des Giftes konnte immerhin für die Ausbildung der örtlichen Gewebs- veränderungen im Magen von gewissem Einfluss sein, und es schien mir daher wünschenswerth, dic Versuche mit einem nicht alkalisch reagirenden Alkalinitrit zu wiederholen. Die Allgemeinwirkung des Nitrits soll übrigens nach Masoıx (l. c.) durch stärkere Alkalität des Blutes verzögert werden, was wohl begreiflich ist. Die in den beiden obigen Versuchen bei Lebzeiten beobachteten Vergiftungserscheinungen zeigen ebenfalls eine auffallende Ucbereinstimmung, namentlich was die schwere Alteration der Athmung

und die Krämpfe anlangt, die freilich bei der weit rapider verlaufenden

VERGIFTUNG DURCH SALPETRIGSAURE. ALKALIEN IQI

Vergiftung durch das Nitrit ungleich stärker hervortreten. Von einem narkotischen Zustande, wie er sonst wohl bei Nitritvergiftungen beobachtet worden, war in diesem Falle eigentlich nichts wahrzunchmen, und es war auch zur Klärung dieser Fragen erwünscht, noch weiteres Versuchsmaterial zu sammeln.

Ich theile nun im Folgenden zuvörderst einige Versuche mit, die von Dr Zietzschmann(I) im hiesigen Institute angestellt worden sind :

IIL, Katze, 3500 gr.

18. VIT. ro h. 2u!. Dem Thier wird o,1 gr. Natriumnitrit (puriss. Kahlbaum, schwach sauer reagirend: ın Milch vorgesetzt, da es nicht möglich ist, dem sehr scheuen und wilden Thiere mit der Schlundsonde beizukommen und Narkose vermicden werden soll.

Ungefähr nach 20 Min. ist die Schaale geleert

12h. 25’. Das Thier scheint etwas ermüdet, beachtet jedoch aufmerksam seine Umgebung. Von Zeit zu Zeit durchläuft ein Zittern den Körper.

3h. Defäcation von annähernd normaler Beschaffenheit.

4h. Thier schlafrig, kein Zittern.

5 h. Wiederholtes Zittern am ganzen Korper.

19. VII. 9 h. 25’. Thier ist anscheinend gesund.

9 h. 45'. Heftiges Zittern, das Thier schliesst ab und zu krampfhaft die Augen.

10 1. 25”. Es wird nochmals o,ı gr. Natriumnitrit in 130 c.c. Milch gereicht.

12 h. 30’, ist die Schaale geleert.

4 h. Zittern am ganzen Körper, einem Schüttelfroste ähnlich. Augen zeitweise ganz geschlossen, das Thier aber nicht theilnahmlos.

4 h. 3o'. Milch und Brot als Nahrung gereicht werden bis zum folgenden Tage nur theilweise verzehrt.

20. VII. 9 h. 45. Es wird nochmals o,1 gr. Natriumnitrit in 150 c.c. Milch gereicht. Das Thier scheint kranker, ıst apathischer als die Tage vorher.

21. V1I. oh. 30’. Ein breiiger Stuhl ist entleert worden, Gesammtbefinden wieder besser.

10 h. Es wird nochmals o, 1 gr. Natriumnitrit in 150 c.c. Milch gereicht.

12 h. Schaale leer. Inzwischen hat das Thier coagulicrte Massen erbrochen. Pupillen eng. Urin reagirt alkalisch, enthalt Spuren von Eiweiss; Nitrit nicht darin nachweisbar.

7 h. Eine zweite Portion gelassenen Urins wird untersucht : Blaufärbung mit Diphenylamin, nicht mit Jodkaliumkleister.

22. (11. 10 h. Ueber Nacht ist reichlich dünner Koth abgegangen. Nahrung wird aufgenommen. Es wird nochmals o,1 gr. Natriumnitrit in 150 c.c. Milch gereicht.

10 h. 20'. Schaale geleert.

4 b. 30’. Urin reagirt sauer, enthält Ammoniak. Reactionen auf Nitrit negativ.

23. VII. ıı h. 25’. Es wird nochmals o,ı gr. Natriumnitrit in 1oo c.c. Milch gereicht, was zwar sofort genommen, aber nicht vollständig verzehrt wird. Harn reagırt alkalisch,

(1) Vol. ZIETZSCHMANN ! Ueber die Vergiftung durch salpetrigsaure Salze. Diss., Halle, 1903.

192 Erich Harnack

giebt mit Diphenylamin Blaufärbung, mit Jodkaliumkleister 4- Schwefelsaure Violett- farbung.

24. VII. ı2h. 5’. Es werden o,3 gr. Natriumnitrit in 150 c.c. Milch mit etwas Zucker gereicht, davon jedoch nur So c.c. {-:0,16 Nitrit) verzehrt. Ilarn (45 c.c.) reagirt schwach alkalisch. giebt mit Diphenylamın schwache Farbung, mit Jodkaliumkleister, sowie mit ERDMANN S Reagenz « Bagdad » keine Reaktion.

4h. Wahrend des Nachmittags ist Erbrechen eingetreten. Harn reagirt alkalisch, giebt mit Diphenylamin, Jodkaliumkleister und « Bagdad » positive Reactionen.

6 h. 30!. Thicr zittert und erscheint etwas matt.

25. VII. 10h. 15'. Es werdeno,3 gr. Natriunnitritin150c.c. Milch mit Zucker gereicht.

10 h. 40', ist alles verzehrt.

11 h. 15'. Thier licgt auf der Seite, kann sich nicht aufrecht halten, ist theilnahmlos, schreit kläglich. Athmung sehr beschleunigt, Schaum vor den Munde, Pupillen ad maximum verengt, Abyang von festem Koth.

11 h. 20'. Wiederholtes klägliches Schreien, Athmung sehr beschleunigt, Pupillen haben sich erweitert.

11 h, 25'. Thier schreit fortgesetzt und licgt auf der Seite. Athmung stark beschleunigt, Pupillen wieder enger.

ıı h. 30'. Thier macht krampfhafte Greifbewegungen. Pupillen ad maximum erweitert, Athmung sehr erschwert. Krampfhaftes Zittern der linken vorderen Extremitat, ab und zu einige tiefe röchelnde Inspirationen.

11 h. 35’. Der ganze Körper ist opisthotonisch gestreckt. Pupillen schr weit. Athmung schnappend, sehr mühsam.

11 h. 40'. Tod.

Die Vergiftung, von der Darreichung der ersten Dosis an bis zum Eintritt des Todes gerechnet, hatte demnach eine Dauer von etwas über einer Woche, während welcher Zeit das Thier ca. 1,05 gr. Natriumnitrit (= 0,3 gr. pro Kilogr. Gewicht) zu sich nahm, und zwar wurden an den sechs ersten Tagen gleichmässig je o,ı gr. gereicht, an den beiden letzten grössere Dosen (die grösste zu 0,3 gr.) gegeben.

Die sofort nach dem Verenden des Thieres vorgenommene Section ergab folgenden Befund :

Zunge schiefergrau verfärbt. Ohren und Nase sehr blass. Muskulatur braun, ebenso sämmtliche inneren Organe, Blut chokoladenfarben. Lungen auf der Oberfläche sehr blass, hellbraun, auf der Schnittfläche sepiafarben. Ränder schaumhaltıg, emphysematös aufgetrieben. Herz enthält dunkelbraunes Blut, das im Spektroskop den charakteristischen Methämoglobinstreifen zeigt. Leber dunkelbraun, beinahe schwarz, an der Oberfläche unregelmässige hellgelbe Inseln. Zupfpräparat zeigt unter dem Mikroskop zahlreiche Fettkugeln. Milz braun. Magenschleimhaut etwas geschwellt, blass, sonst ohne Besonderheiten. Darmschleimhaut sehr blass, an zahlreichen Stellen Ecchymosen von hellbrauner Farbe, Mesenterialgefässe tief dunkelbraunschwarz. Nieren : Gefasse der Kapsel sehr deutlich hellblau hervortretend, Rinde zeigt geringe Verfettung, dunkelbraun. Marksubstanz hellbraun. In der Blase gelber trüuber Harn.

Sammtliche Reaktionen auf Nitrit (und Nitrat) negativ.

VERGIFTUNG DURCH SALPETRIGSAURE ALKALIEN 193

IV. Hund, 7310 gr.

24. VIT. 10h. 20’. Dem Thier werden o,2 gr. Natriummirit in Wasser gelöst per Schlundsonde in den Magen gebracht. `

10 h. 35'. Läuft unruhig im Käfig umher.

To h. 40'. Legt sich auf die Seite; Athmung etwas beschleunigt.

6h. Der gelassene Harn reagirt alkalisch.

Reaktion mit Diphenylamin : positiv.

» » Jodkaliumkleister : negativ. » » «Bagdad » : negativ.

25. VII. 10 h. 40'. Das Thier erhält 2,0 gr. Natriumnitrit in Wasser gelóst per Schlundsonde.

10 h. 45'. Erbrechen einer gallig gefárbten schaumigen Flússigkeit.

11 h. Thier ist sehr unruhig, stöhnt zuweilen leise, legt sich von einer Seite auf die andere, wimmert. Athmung beschleunigt.

11 h. 10'. Thier unruhig, wimmert klaglich.

11h. 15". Abgang von Harn, Thier sehr unruhig, heult laut.

11 h. 20’. Thier liegt rubig da, Athmung sehr beschleunigt.

ıı h. 35'. Thier heult kläglich.

11 h. 45'. Es kann sich nicht recht auf den Beinen halten, taumelt wie schwindlich hin und her. Zunge grau.

3 h. 3o'. Thier hat sich anscheinend völlig erholt, frisst mit gutem Appctite. Harn alkalisch, Reaktionen mit Diphenylamin positiv, mit Jodkaliumkleister und « Bagdad » negativ.

26. VII. Das Thier ist wieder ganz munter. Harn alkalisch, Reaktionen wie oben.

10 ໄ. 30". Das Thier erhält 2,0 gr. Natriumnitrit in Wasser gelöst per Schlundsonde.

10 h. 35’. Erbrechen reichlicher Speisereste.

10 h. 50’. Erbrechen. Thier wimmert, liegt auf der Seite. Athmung sehr beschleunigt, keuchend.

11 h. Zunge schiefergrau. Thier kann sich nicht auf den Beinen halten, taumelt wie betrunken hin und her, hat das Coordinationsgefühl verloren : Beine bleiben in ungewöhnlichen Stellungen liegen.

11 h. 5’. Zittern in allen Gliedern. Nadelstiche oder Quetschungen an den empfind- lichsten Stellen lösen weder Schmerzensäusserungen noch sonstige Reaktionen aus. Das aus den Stichwunden ausfliessende Blut ist von dunkelbrauner Farbe.

11 h. 10’. Klonischer Krampf der rechten vordern, dann tonischer Krampf beider vorderen Extremitäten, der sich allmählich löst. Athmung viel langsamer als vorher.

11 h. 15'. Opisthotonus. Athmung unregelmässig, periodisch.

11 h. 20'. Wiederholte allgemein-tetanische Anfälle mit starkem Opisthotonus.

ır h. 22'. Nach einigen schnappenden Athemzügen tritt der Tod ein.

Im Ganzen wurden demnach hier 4,2 gr. Natriumnitrit gegeben : von der ersten Dosis ä 2,0 gr. (= 0,27 gr. pro Kilogr. Gewicht) erholte das Thier sich wieder, während die zweite, tags darauf gereichte in knapp einer Stunde den Tod herbeiführte.

Sektion gleich nach dem Tode : Muskulatur normal gefärbt. Lungen hellbraun,

194 Erich HARNACK

Ränder emphysematôs, an der Oberfläche einige begrenzte Ecchymosen. Im Herzen dunkelbraunes Blut, das im Spektroskop den typischen Methämoglobinstreifen zeigt. Leber stark braun, an der Oberfläche einzelne Blutergüsse und hellere Stellen. Milz dunkelbraunroth. Magen enthält eine reichliche Menge schaumiger Flüssigkeit. - Schleimhaut in toto geschwellt, im Fundus dunkelbraunroth verfärbt. Cardia und Pylorustheil dagegen blass. Dünndarm zeigt durchweg dunkelbraune Flecken, die im Dickdarm allmählich verschwinden, so dass im untersten Abschnitte die Schleim- haut blass, ohne Blutaustritte. Nieren : Rinde dunkelbraun, Mark blass, Oberfläche pflaumenblau mit einzelnen scharf begrenzten runden weissen Fleckchen. Blase enthält trüben Harn, Reaktionen auf Nitrit negativ. Die arteriellen Gefässe saämmtlich dunkelbraun, chokoladefarben.

V. Katze, 2550 gr.

1. VIII 10 h. 25'. Dem Thier werden 4,0 gr. Natriumnitrit in Wasser per Schlund- sonde nicht ohne Schwierigkeit eingeführt.

10 h. 35', Das Thier schreit einigemale kläglich. Athmung sehr beschleunigt, klarer Speichel vor dem Maule, zuckende Bewegungen (Greifbewegungen).

10 h. 40'. Athmung keuchend mit einzelnen tiefen Inspirationen, an Cheyne-Stokes erinnernd. Heftigste krampfhafte Bewegungen aller Extremitäten. Abgang festen Kothes, Thier jammert kläglich.

10 h. 43'. Sehr erschwerte Athmung, reichlich klarer Chordaspeichel.

10 h. 45". Tetanus der hinteren Extremitäten. Leib in Kolikstellung. Tod.

Dauer der Vergiftung nach einer einmaligen Dosis von 4,ogr. Natrium- nitrit : 20 Minuten. | Sektion gleich nach dem Tode.

Alles Blut dunkelbraun. Lungen : rechte Lunge in allen drei Lappen tief dunkel- braun-violett verfárbt. (Es scheint also ein Theil der Salzlösung in die Lunge gerathen zu sein), Ränder heller, zum Theil ganz blass und emphyscmatös. Linke Lunge viel blasser als die rechte, Ränder stark emphysematös; in der Trachea schaumige Flüssig- keit. Leber hellgelb, nur am unteren Rande stellenweise braun gefärbt. Sie ist im Z ustande einer hochgradigen Verfettung, bietet stumpfspilzen Gegenständen nur wenig Widerstand. Das mikroskopische Bild weist nur Fettkugeln auf, Leberzellen sind überhaupt nicht vorhanden. Nieren : Pyramiden dunkelbraun, Rinde etwas heller. Magenschleimhaut in toto geschwellt, Cardia geröthet, Fundus etwas blasser, auf der Höhe der Schleimhautfalten einige Blutaustritte Pylorus stark dunkelroth verfärbt, wie angeätzt. Darm : der an den Pylorus grenzende Theil zeigt auf ausgedehnten Strecken stark geröthete Partien, weiter nach abwärts nichts Bemerkenswerthes.

VI. Kleine Katze, 1550 gT,

4. VIII. 4 h. 27'. Dem Thier werden 3,0 gr. Natriumnitrit in Wasser per Schlund- sonde ohne jede Störung eingeführt.

4 h. 30'. Das Thier schreit einigemale und erbricht wässrige Flüssigkeit in reichlicher Menge. Während zuvor das Thier sehr munter war, verkriecht es sich jetzt in eine Ecke und erscheint sehr matt und krank. Nach wiederholten starken Würg- bewezungen tritt erneutes Erbrechen reichlicher Massen von wässrig-schleimiger Flüssigkeit ein.

VERGIFTUNG DURCH SALPETRIGSAURE ALKALIEN 193

4 h. 33'. Das Thier heult kláglich, Athmung sehr beschleunigt. Das Thier kann sich nicht mehr aufrecht halten, schreit ununterbrochen, legt sich dann auf die Seite und wird stiller. Greifbewegungun der linken vorderen Extremitát, Pupillen sehr weit.

4 h. 37'. Sehr beschleunigte Athmung mit einzelnen tiefen Inspirationen.

4 h. 39'. Athmung wird langsamer, Thier wimmert leise. i

4 h. 4o’. Athmung sehr erschwert, Thier schnappt nach Luft Krampfhaftes Zusammenziehen des Korpers. Tod.

Dauer der Vergiftung nach einer Gabe von 3,0 gr. Natriumnitrit: 13 Minuten.

Sektion sofort nach dem Verenden :

_ Arterielles Blut in allen Theilen des Kórpers dunkelbraun. Lungen blass, hell- braun, mit einzelnen abgegrenzten Blutaustritten an der Oberfláshe; Ránder emphyse- matús. Leber im Zustande der Verfettung, blass-gelblich verfárbt, mit einzelnen dunkelbraunen Stellen (Blutaustritte). Mikroskopisches Zupfpräparat zeigt eine Anzahl von Fetttropfen beigeringer Anwesenheitvon Leberzellen. Magenschleimhautgeschwellt, die Höhe der Falten im Fundus durch dunkelbraune Blutaustritte verfärbt. Darm- schleimhaut greschwellt, sonst nichts Bemerkenswerthes, namentlich fehlen Blutaustritte, die jedoch an der Milz vorhanden sind. Nieren hellbraun verfärbt.

Schliesslich will ich zum Vergleich, namentlich mit den Versuchen I, V und VI, noch zwei Ammoniakvergiftungen an der Katze mittheilen, welche rapider verliefen, als es in Versuch II der Fall war.

VII. Katze. 2720 gr.

18. VI. 5 h. 15'. Dem Thier werden 10 C.c. einer 15 proc. Ammoniaklösung per Schlundsonde ohne wesentliche Schwierigkeit eingefúhrt.

5 h. 25'. Wiederholtes Erbrechen, 'anfangs blutgestreiften Schleimes, spáter auch bráunlich gefárbten Mageninhalts.

5 h. 3o!. Das Thier liegt auf der Seite : hochgradige Dyspnoé, von Zeit zu Zeit Würgbewegungen, die Athmung wird immer frequenter, fliegend, unzählbar. __

6 h. 35'. Das Thier richtet sich etwas auf, legt sich dann auf den Bauch. Speichel- fluss; heisere Schreie werden ausgestossen.

6 h. 37'. Das Thier führt krampfhafte Bewegungen aus, läuft in gezwungenen Drehbewegungen sehr schnell einigemale im Käfig umher, fällt wieder auf die Seite.

6 h. 40'. Klonische Partialkrämpfe, namentlich der rechten Hinterpfote, Kratz- bewegungen. Pupillen enorm weit.

6h. 41'. Allgemeine heftige klonische Krämpfe der Körper- und Gesichtsmuskeln, Pupillen kontrahiren und dilatiren sich abwechselnd, die Bulbi werden gerollt. Heisere Schreie.

Jedoch erholt sich das Thier etwas, und erst am folgenden Tage (19. VI} tritt Vormittags der Tod ein.

Sektion wenige Stunden später :

Magen und zum Theil auch Oesophagus, sowie der erste Anfang des Duodenums stark geschwellt, tiefroth durch Imbibition von gelöstem Blutfarbstoff. Der übrige Darm

196 Erich HARNAcK

zeigt ausser mässiger Schwellung der Schleimhaut und leichter Rothung der Dickdarm- mucosa nichts Besonderes. In der Bauchhöhle erhebliche Mengen lackfarbenen Blutes. Die dem Magen anliegenden Organe, und zwar gerade in den demselben benachbarten Flächen, sind stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Leber, besonders im linken Lappen und an der unteren Fläche stark verfettet, consistenzlos. Die Lungen in den untersten Theilen hochroth, hypostatisch und entzündet. Nieren bräunlich verfärbt, beginnende Verfettung. Im Herzen flüssiges lackfarbenes Blut.

VIII. Katze, 3020 gr.

5 h. 12'. Dem Thiere werden nach eintägigem Hungern 10 c.c. einer 15 proz. Ammoniak- lösung per Schlundsonde ohne wesentliche Schwierigkeit eingeführt.

5 h. 15!. Viel blutig gefärbter Schleim entfliesst dem Maule oder wird heraus sewürgt. Kein eigentliches Erbrechen, reichlich Harn und fester Koth entleert. Das Thier springt wüthend gegen die Wände des Käfigs. stôsst krampfhafte heisere Schreie aus.

5 h. 25’. :Das Thier fällt um, es treten Krämpfe ein, anfangs mehr partial. Athmung schwer alterirt, mühsam, dyspnoisch.

5 h. 32'. Heftige Krämpfe von klonisch-tonischem Charakter werden allgemein. In einem lange anhaltenden Anfall der Art geht das Thier zu Grunde.

Sektion erst am folgenden Tage.

Anätzung der Mund- und Zungenschleimhaut. Im Magen und der unteren Hälfte des Oesophagus, sowie im Beginn des Duodenums die Schleimhaut stark geschwellt, gleichmässig tiefroth durch Imbibition von gelóstem Blutfarbstoff, auf der Höhe der Falten schwarzroth, mit einzelnen stärkeren hämorrhagischen Herden. Lungen hypos- tatisch, untere Lappen hochroth, entzündet, theilweise ödematös. Leber dunkelrothbraun, blutreich, Nieren blutreich, sonst an den Bauchorganen, dem rapiden Verlaufe ent- sprechend, nichts wesentliches zu bemerken. _

N. B. Die starke Ammoniaklösung kam hier in den völlıg leeren Magen! Dass etwa beim Einführen der Lösung irgendwie erheblichere Mengen in die Luftwege gelangt waren, liess sich nicht nachweisen.

Fassen wir die vorliegenden Beobachtungen etwas näher in ’s Auge, so muss ich zunächst die eingangs ausgesprochene Behauptung wieder- holen, dass die Vergiftung durch Alkalinstrite wissenschaftlich zu den aller- interessantesten zählt. Zunächst schon durch die erstaunliche Rapidität, mit der sie trotz des sehr bald eintretenden Erbrechens sich vollzieht. Wieviel anorganische Gifte giebt es denn, die in den Magen gebracht binnen ca. 15 Minuten tödten ?!

Man könnte wohl dıe Frage aufwerfen, ob es überhaupt ein zweites giebt(1); denn die Tédtung geschieht durch Allgemeinwirkung und nicht

(1) Von dem wohl noch intensiver, aber ganz analog wirkenden Aydroxylamır sehe ich dabei ab. Im übrigen ist freilich die sranze Frage so zu sagen eine rein akademische.

VERGIFTUNG DURCH SALPETRIGSAURE ALKALIEN 197

etwa wie bei Aetzgiften, in erster Linie durch Zerstórung der Bauch- organe. Mir ist kaum noch cin anorganisches Gift bekannt, das wenn auch in tiberletaler Dosis in den Magen einer Katze oder eines Hundes gebracht in einer Viertelstunde tödtet. Das Alkalinitrit wird also in wenigen Minuten resorbirt, und seine Reduktion vollzieht sich im lebenden Organismus augenscheinlich mit der Promptheit und Sicherheit eines Reagenzglasversuches. Es giebt wohl kaum einen Reduktionsvorgang im lebenden Thierkörper, der sich mit solcher Rapidität vollzöge wie dieser. Der Beweis dafür ergiebt sich aus der Schnelligkeit und Intensität der Methämoglobinbildung im Blute und aus dem fast vollständigen Verschwinden des Nitrits als solchen. Wir kommen auf diesen letzteren Punkt noch zurück.

Was ist nun aber bei der Nitritvergiftung das eigentlich wirksame Agens? Das Ion-NO: als solches sicher nicht; denn das persistirt ja gar nicht, vielmehr in erster Linie der active Sauerstoff und erst in zweiter die Reduktionsprodukte, von denen doch eigentlich, abgeschen vom Hydroxylamin als Zwischenprodukt, nur das Ammoniak in Frage kommen kann. Von einerrcinen Ammoniakvergiftung kann selbstverständlich keine Rede sein, aber andererseits stimmt die Vergiftung mit der Ammoniak- vergiftung per os doch auf so manchen Punkten überein. Zunächst was die Veränderungen im Magen und ın der Leber anlangt. Mag auch in meinem ersten Versuche der Umstand, dass das Präparat alkalisch reagirte, die örtliche Wirkung verstärkt und dazu beigetragen haben, dass die Reduktion zu Ammoniak schon im Magen reichlicher erfolgte : die an Ammoniakwirkung erinnernde Magenaffection fehlt doch auch in den übrigen Versuchen nicht. Das heisst, in dem Falle von langsamer Vergiftung (Versuch III) ist sie kaum wahrnehmbar, und überhaupt nur dann vorhanden, wenn relativ grosse Mengen des Nitrits auf einmal in den Magen gelangt sind. Das ist wohl begreiflich, da kleinere Mengen augenscheinlich so rasch resorbirt werden, dass zu ihrer Reduktion inner- halb des Magens keine Zeit mehr vorhanden ist. Es müssen immerhin schon einige Gramme Nitrit in den Magen gebracht werden, um dort soviel Ammoniak herzugeben, als zu einer intensiveren Lokalwirkung erforderlich ist. Gerade diese Erfahrung spricht dafür, dass es nicht das Nitrit selbst, sondern sein Reduktionsprodukt ist, das die örtlichen Veränderungen im Magen erzeugt. Von örtlicher Ammoniakwirkung kann wohl erst dann die Rede sein, wenn vorhandene Magensäure über- neutralisirt worden, aber das wird hier ja schon durch das gleichzeitig vorhandenc Na bewerkstelligt.

198 Erich HARNACK

Auf Ammoniakwirkung lässt ferner die bei der Nitritvergiftung fast konstant zu beobachtende Leberverfettung schliessen. Freilich gilt es hier in der Schlussfolgerung doppelt behutsam zu sein; denn einmal kommen Andeutungen von Leberverfettung auch bei nicht vergifteten Thieren, die lange in der Gefangenschaft gehalten werden, namentlich bei Katzen, nicht so selten vor. Indess ist in den obigen Versuchen die Erscheinung doch eine zu konstante, um nicht mit der Vergiftung in ursächlichen Zusammenhang gebracht werden zu müssen. Sodann aber ist, wie schon oben bemerkt, Verfettung der Leber bekanntlich eine bei recht verschiedenartigen Ver- giftungen zu beobachtende Theilerscheinung. Die letztere tritt hier aber so rapid ein, dass man annehmen darf, das Gift sei in flüchtiger Form direct aus dem Magen in die Leber eingedrungen. Das könnte nun entweder im Magen frei gewordene salpetrige Säure sein, die erst in der L.cber reducirt wird, oder durch Reduction bereits im Magen gebildetes Ammoniak. Diese Alternative lässt sich vorläufig wohl nicht mit voller Sicherheit entscheiden, zumal Leberverfettung sowohl bei Säure- wie bei Alkaliver- giftungen auftreten kann.

Eine weitere Frage ist nun die, ob auch bei den Allgemeinerschei- nungen der Nitritvergiftung eine Ammoniakwirkung theilweise mit ım Spiele sein kann. Dass in erster Linie der aktive Sauerstoff als das wirksame Agens anzusehen ist, kann kaum einem Zweifel unterliegen; d. h. die Nitrite gehören, wie wohl allgemein anerkannt ist, zu den unmittelbar oxydirenden Giften. Aber es erhebt sich hier, wie in so manchen analogen Fällen, zuvörderst die Frage, wie weit die allgemeinen Vergiftungser- scheinungen bei Lebzeiten unmittelbar oder erst mittelbar, d. h. infolge directer Blutalteration, hervorgerufen werden.

In dieser Hinsicht möchte ich mich nun unbedingt der Auffassung von Bınz(1) anschliessen, wonach die Affection des Nervensystems bei der Vergiftung grossentheils als eine directe Wirkung des Nitrits anzusehen ist; denn Bınz hat ein typisches Bild reiner Gehirnnarkose in Fällen zu konstatiren vermocht, in denen der Streifen des Methämoglobins im Blutspektrtum noch gar nicht erkennbar war, und wir haben diese Beobachtung bei unseren Versuchen bestätigen können. A priori ist es auch gewiss wahrscheinlich, dass ein starkes chemisches Agens die Nerven- zellen cher direct, als auf dem Umwege der Blutalteration beeinflussen wird, und es sprechen auch so manche Beobachtungen dafür, dass ein

bloses Vorhandensein von Methämoglobin im lebenden Blute an sich

(1) Binz : Virchow's Archiv, Bd. 113. 1588, S. 1; Bd. 115. 1889. S. 121.

VERGIFTUNG DURCH SALPETRIGSAURE ALKALIEN 199

noch keine schweren Stórungen des Allgemeinbefindens zu bewirken braucht.

Seit der genaueren Erforschung der Kohlenoxydvergiftung besteht immer noch eine gewisse Neigung, bestimmte Vergiftungen (conf. Schwe- felwasserstoff, Blausäure, etc.) als sogenann e Blutvergiftungen anzusehen, und auf solche zurückzufühen. Das ist aber, wie schon wiederholt und einwurfsfrei festgestellt worden, eine unrichtige Auffassung. Namentlich ist es durchaus unzulässig, einen solchen Schluss aus dem Umstande zu ziehen, dass das im Reagenzglase mit dem betreffenden Gift behandelte Blut direkte Veränderungen erleidet; denn sonst müsste man die Vergif- tung durch Alkohol, Chloroform, Aether, Phenol, etc. etc. ebenfalls als Blutvergiftung ansehen (1).

Bei der Nitritvergiftung liegt nun freilich die Sache insofern anders, als hier die directe Blutalteration schon bei Lebzeiten eintritt und sich verhältnissmässig rapide zu entwickeln pflegt. Indess erstens ist sie bei Thieren, die nach grósseren Gaben am schnellsten sterben, am wenigsten ausgebildet, was mit voller Sicherheit gegen die obige Auffassung spricht, und zweitens miisste die Nitritvergiftung, beruhte sie lediglich auf Methämoglobinbildung im Blute, mit der Vergiftung durch Kaliumchlorat, obschon auch diese nicht ausschlieslich auf der Blutalteration zu beruhen braucht, annáhernd identisch sein. Das ist nun aber keineswegs der Fall : einmal verláuft die Vergiftung durch Kaliumchlorat im allgemeinen viel protrahirter, mehr subakut, und ausserdem gehen bei dieser, wenn sie nicht, was seltener vorkommt, in wenigen Stunden tódtet, zahlreiche Blut- kérperchen zu Grunde, bilden Niereninfarkte und Harnsedimente und verstopfen die Harnkanälchen, so dass der roth- bis schwarzbraune Harn immer spärlicher wird bis zur Anurie und urámische Erscheinungen eintreten. Von alledem ist bei der Nitritvergiftung nicht die Rede, der

(1) Das stärkste in dieser Hinsicht leisteten neuerdings die freilich für toxikologische Fragen nicht kompetenten Chemiker BERGELL und Pscuorr (Zeitschr. für physiolog. Chemie, Bd. 38, S. 16), welche den Werth Jder wichtigen Entdeckung VAHLEN’s, wonach einem dem Morphinmoleküle nahe stehenden Phenanthrenderivate (Epiosin) morphin- ähnliche Wirkungen zukommen durch den Einwurf zu verringern suchten, die narko- tischen Wirkungen seien Folyen einer Methämoglobinbildung im Blute. Indess treten jene Wirkungen bei Warm- und Kaltblütern ein, ohne .dass sich eine Spur von Methämoglobin im lebenden Blute nachweisen liesse, und der Umstand, dass das im Reagenzglase mit Epiosin versetzte Blut unter Methamoglobinbildung alterirt wird, ist für die Deutung jener Vergiftung völlig belanglos, wie VAHLEN unzweideutig bewiesen hat,

200 Erich HARNACK

Harn wird im Gegentheil reichlicher abgesondert und bleibt bis auf eine eventuelle alkalische Reaktion normal. Bei protrahirter Nitritvergiftung ist zwar die Methämoglobinbildung schon hochgradig genug, aber solche Grade von Schwarzfärbung des sesammten Körperinnern, wie sie z. B. schon nach ıo-stündiger Kaliumchloratvergiftung bei Katzen etc. vor- kommt, habe ich bei jener doch nicht beobachten können. Immerhin wird man die Möglichkeit einräumen müssen, dass auch bei der Nitritvergiftung dic direkte Blutalteration nicht ohne Einfluss auf das Gesammtbefinden. die Athmung ctc. zu sein braucht. In noch höherem Grade könnte das bei Vergiftungen durch Einathmung freier salpetriger Säure der Fall sein, zumal bei dieser Art der Vergiftung die Alkalität des Blutes unmittelbar verringert wird, was für den Gesammtorganismus jedenfalls nicht gleich- giltig ist. Wenn nun aber auch die bei der Nitritvergiftung eintretenden Allgemeinerscheinungen zumeist auf eine directe Beeinflussung des Nervensystems durch das Gift zurückzuführen sind, so fragt es sich doch ob nicht die Reductionsprodukte des Nitrits, speciell das Ammoniak, eventuell zu der Gesammtwirkung beizutragen im Stande sind.

Die bisherigen Beobachtungen, mit Einschluss der unsrigen oben mittgetheilten, zeigen, dass bei einem Theil der vergifteten Warmbliiter Erscheinungen von Anästhesie, Narkose, Somnolenz, Apathie etc. ein- treten ; bei einem anderen Theil dagegen (cf. vor allem unseren Versuch I) von vorneherein die allerheftigsten Convulsionen. Bınz weist bereits darauf hin, dass es die mässigen Gaben sind, die das erstere, die starken Dosen, die das letztere veranlassen, Dass cın Gift in kleineren Mengen Abschnitte des centralen Nervensystems lähmt, in grösseren Gaben andere Abschnitte desselben heftig erregt, wäre zwar nicht undenkbar, doch immerhin merkwürdig. Viel leichter liesse sich der Sachverhalt begreifen, wenn das krampferregende Gift eben ein anderes wäre als das narkotische, und da liesse sich in Bezug auf das erstere nur an die Reduktionsprodukte des Nitrits, vor allem an das Ammoniak denken, dessen krampferregende Wirkung bekannt ist. Nach kleineren, aber immerhin letalen Dosen des Nitrits treten Convulsionen, wenn überhaupt, nur als Terminalerschei- ` nung {Erstickungskrämpfe) ein; bei Kaninchen scheinen sie sogar vollständig zu fehlen {:Masoın), während hier die vasomotorischen Lähmungen stark hervortreten. Dagegen stellen sich nach grösseren Dosen die Convulsionen von vorncherein als selbständige Vergiftungserscheinung ein (cf. oben Versuche I, V und VI). Das ist wohl erklärlich, wenn man erwägt, dass vom Ammoniak immerhin schon beträchtlichere Mengen

erforderlich sind, um vom Blut aus krampferregend zu wirken. Freilich

VERGIFTUNG DURCH SALPETRIGSAURE ALKALIEN 201

ein zwingender Beweis dafiir, dass bei akutester Nitritvergiftung wie im Magen etc. so auch vom Blute aus das Ammoniak als toxischcs Agens mitwirkt, ist noch nicht geliefert. Da indess das Alkalinitrit zweifelsohne tódtet, indem es reducirt wird welcher Vorgang sehr wohl innerhalb der Nervenzellen sich abspielen kann so ist nicht recht einzusehen, warum nur der aktive Sauerstoff wirken und nicht auch das Reductionsprodukt an der Wirkung participiren soll.

Man könnte ja daran denken, bei den vergifteten Thieren quantitative Ammoniakbestimmungen im Harn auszuführen, aber erstlich spielen sich gerade diese akutesten Nitritvergiftungen äusserst rapide, binnen 15 Mi- nuten ab, zweitens wäre mıt dem Nachweis, dass der Harn etwas ammo- niakreicher wird, auch nicht viel gewonnen, und endlich wissen wir ja, dass das Ammoniak aus dem Blute keineswegs als solches in den Harn überzugehen braucht. |

Dass das Alkalinitrit im lebenden Organismus schr rasch und unter Umständen nahezu vollständig reducirt wird, ist sicher bewiesen; einmal durch die Thatsache der oxydativen Wirkung (Methämoglobin) und sodann durch den Umstand, dass die salpetrige Säure des Nitrits fast völlständig im Körper verschwindet (Spiegel-Röhmann),.

Wir haben bei unseren Versuchen auch auf diese letztere Frage Bedacht genommen, und konnten nur im III. Versuche ‘bei wiederholter Zufuhr kleinerer Nitritmengen) hic und da Spuren von salpetrigsauren Verbindungen im Harn nachwcisen. In der Regel fielen die Reaktionen auf Nitrite negativ aus, in dem der Leiche entnommenen Harn stets. Dagegen fanden sich wiederholt (nicht immer) Spuren von Nitraten, die also durch Oxydation eines geringen Theiles des Nitrits entstehen (Röhmann). Allerdings verursacht der qualitative Nachweis des Nitrits im Harn einige Schwierigkeit : er ist nur dann als gelungen anzusehen, wenn ausser der Reaktion mit Diphenylamin auch cine der für das Nitrit allein spezifischen Reaktionen positiv ausfällt. Fallen letztere negativ aus, die mit Diphenylamin dagegen positiv, so kann man nur auf die Anwesenheit von Nitraten schliessen.

Die bekannteste Reaktion auf Nitrite ist die mit Jodkalium-Stärkekleister in mit Schwefelsäure angesäuerter Lösung : Nitrite geben unter diesen Umständen unmittelbare Blaufärbung, während es bei Nitraten erst noch eines gleichzeitigen Reductionsvorganges bedarf. Natürlich muss dabei die Anwesenheit sonstiger Oxydationsmittel (Il:O:, Eisenoxyd, Jod- Sdure, etc.) ausgeschlossen sein.

Nach Fresenius lässt sich noch die Anwesenheit von einem Millionstel

202 Erich HARNACRk

Nitritin Wasser erkennen, wir machten beim Vermischen gleicher Volumina wässriger Na-nitritlösung mit angesäuertem Jodkaliumkleister die folgenden

Beobachtungen, und zwar in nicht verdunkelten Röhrchen :

າສ nee e a a ete DS eh

NITRIT : WASSER ` REAKTION 1: 500 tiefblaue Färbung. I : 5000 desgleichen. ` 1 : 50000 hellblaue Färbung. I : 250000 deutliche, sehr hellblaue Färbung. 1 : 500000 eben noch wahrnehmbare Farbung.

Leider verhält sich nur der Harn anders als reines Wasser : die Farbe des Harnes und die Gegenwart gewisser Substanzen verdeckt die schwache Blaufärbung oder hebt sie, falls im ersten Augenblick entstanden, sehr rasch wieder auf. Ist daher die Nitritmenge im Harn keine zu minimale, so kommt man mit mässig verdünntem Harne noch eher zum Ziele als mit unverdünntem. Der Ersatz des Jodkaliumkleisters durch Jodzinkstärkelösung scheint, soweit es sich um Harn handelt, keine bescnderen Vorzüge zu gewähren, zumal in jener Lösung, namentlich durch Einfluss des Lichtes, spontane Zersetzung und Blaufärbung eintreten kann, |

Eine zweite, oben bereits erwähnte und sehr empfindliche Reaktion, nämlich die mit Diphenylamin, fällt leider für Nitrite wie Nitrate gleich positiv aus. Ihre Anwendung geschah in der Weise, dass der filtrirte Harn im Reagenzglase auf eine kleine Menge der Lösung von o,or gr. Diphenylamin im 100 c.c. conc. Schwefelsäure aufgeschichtet wurde, wobei das Auftreten eines mehr oder weniger dunkelblauen Ringes die Gegenwart der gesuchten Stoffe verrieth. Die Farbe verblasst wieder bei längerem Stehen. Auch bei dieser Reaktion ist die Abwesenheit anderer starker Oxydationsmittel Bedingung. Im Betreff der Schärfe der Reaktion in rein wässriger Na-nitritlösung machten wir die folgenden Beobachtungen:

REAKTION

NITRIT ZU WASSER | 1 : 5000 tiefblauer Ring. I : 50000 desgl. I : 500000 blauer, sehr deutlicher Ring. I : 1000000 hellblauer Ring, langsamer entstehend. 1 : 5000000 ganz hellblauer Ring, sehr allmahlich entstehend, aber deutlich erkennbar.

Demnach ist die Reaktion noch weit schärfer als die obige, und lässt noch 1,5 Millionstel Nitrit in reinem Wasser erkennen, aber auch hier

VERGIFTUNG DURCH SALPETRIGSAURE ALKALIEN 203

ist der Nachweis im Harn nicht so leicht als in rein wässriger Lösung.

Nitritreaktionen, die aut Gelbfärbung beruhen, sind natürlich für den Harn kaum brauchbar, wie die beiden von Griess angegebenen. Eine auf Rothfärbung beruhende, von H. Erbmann(1) erfundene, ist in unseren obigen Protokollen als « Bagdad » bezeichnet worden.

Die Ausführung der Prüfung geschieht nach Erpumann in folgender Weise : « So c.c. des zu prüfenden Wassers werden mit 5 c.c. einer salz- sauren Sulfanilsäurelösung (2,0 krystallis. sulfanilsaures Natrium im Liter) versetzt und nach 10 Minuten etwa 0,5 gr. 1-Amido-8 naphtol-4-6-Disulfo- säurc in fester Form (als saures Alkalisalz) in Mischung mit Natriumsulfat zugegeben. Es tritt bei Anwesenheit von salpetriger Säure eine leuchtende bordeauxrothe Färbung ein, welche in einer Stunde ihre volle Intensität erreicht. » |

Diese als sehr empfindlich bezcichnete Probe hat sich fiir den an sich schon gefärbten Ilarn nicht als sehr zweckmässig erwiesen, da eine ganz schwache Rothfärbung eben nicht mehr sicher erkennbar ist. Die Reaktion fiel zwar hie und da positiv aus, jedoch nicht in den Fällen, wo auch die anderen Reaktionen kein Resultat ergaben.

Es geht also auch aus unseren Beobachtungen hervor, dass von dem in den Magen reichlich eingeführten Natriumnitrit im besten Falle nur ein kleiner Bruchtheil unverändert, beziehungsweise in Nitrat verwandelt, in den Harn übergeht.

Auf Grund dieser Thatsache, sowie der Methämoglobinbildung im lebenden Blut darf der Satz : das Alkalinitrit tödtet, indem es oder dadurch dass es reducirt wird, wohl für erwiesen gelten. Dass bei rapider Todtung mehrere Gramme bei Hund oder Katze in den Magen die Reductions- produkte, speciell das Ammoniak, an der Wirkung participiren, kann wohl als wahrscheinlich erachtet werden. Im Uebrigen bleiben immer noch so manche theoretischen Fragen offen, die sich an die wissenschaftlich

so interessante Vergiftung durch Alkalinitrit anschliessen.

Halle, im Juni 1903.

(1) H. Ervamann : Berichte der deutsche chemische Gesellschaft, 1900, S. 210.

TRAVAIL DU LABORATOIRE DE LA CLINIQUE MÉDICALE DE L UNIVERSITÉ DE GAND ET DU LABORATOIRE DE BACTERIOLOGIE DE IL HOPITAL CIVIL.

Etude sur la Variole et la Vaccine

PAR LES DOCTEURS

H. DE WAELE ET E. SUGG Assistant à l'Université Lirecteur du Laboratoire de Bactériologie de Gand. de l'Hôpital civil. Historique.

Les observations de JENXER avaient démontré d’une façon précise que la vaccination par le virus du cow-fox immunise contre le small-pox ou variole. Il en avait déduit le grand avantage qu’il y a à rejeter la méthode ancienne et relativement dangereuse de la variolation, pratiquée en Chine et, au 18e siècle, en Grèce, d’où elle avait été importée en Angleterre par Lady WorTLEY-MoNTAGU, et á la remplacer par la vaccination au cow-pox, appelée depuis jennérienne.

ll en était arrivé à conclure à une parenté très étroite, voire mème à l'identité de la variole, du cow-pox et du horse-pox (grease), ou mieux de leurs virus respectifs.

Néanmoins cette relation ne fut pas admise sans conteste et les trois quarts de siècle qui suivirent immédiatement la remarquable étude furent occupés par les discussions entre les wmicistes et les dualistes, basées sur des observations cliniques et des inoculations empiriques.

La question sembla définitivement tranchée en 1865, dans le sens de la dualité, par la commission lyonnaise (CHAUVEAU). .

Une longue série d'efforts fut consacrée á la recherche, par les

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Thérapie, vol. XII. 14

206 H. De Ware Er E. Secc

méthodes bactériologiques, de l’agent infectieux de la variole, sans amener toutefois de progrès réels dans la question. Entretemps furent faites de nouvelles expériences par inoculations empiriques. La théorie uniciste, cette fois, reprit du terrain, s'imposa mème peu à peu, de façon à ètre admise presque généralement aujourd'hui. Comme dit Nocarp « l'identité » de la variole et de la vaccine est bien pres d'étre démontrée, mais cette » preuve expérimentale ne serait-elle pas donnée, qu'une mème conclusion » s'imposerait encore : les deux infections sont trés voisines et elles » procèdent d’une commune origine. »

Ceci nous autorise à réunir dans la bibliographie les données se rapportant aux deux questions connexes, d'autant plus que la plupart des auteurs s’en sont occupés simultanément.

CHAUVEAU démontre en 1868 que le virus du vaccin est lié aux éléments corpusculaires.

En 1866, Coze et FELTz avaient signalé dans le sang de varioleux des microbes en chapelets et les retrouvent, en 1872, dans une vésicule variolique.

En 1872, également, le botaniste Cox décrit, dans les pustules vaccinales, des microcoques qui se multiplient en chambre humide et qui se présentent alors en amas et en chaînes : 11 confond manifestement ce qui plus tard devait s'appeler des staphylocoques ct des streptocoques.

KLEBs (1879) décrit dans les vésicules varioliques et dans le vaccin des microcoques qu'il interprète comme spécifiques et qu'il croit retrouver disposés en tétrades dans le mucus laryngé d’un varioleux.

WEIGERT (1874), CornIL et Banks (1883) montrent des microcoques logés dans le corps muqueux de la papule variolique.

En 1883 Koch et FEILER isolent du vaccin diverses espèces de microcoques et essayent avec la culture de deux de ces espèces des inocu- lations sur l’homme, sans résultats.

DoucaLL, en 1886, obtient avec le vaccin des cultures de microcoques qui reproduisent faiblement et incomplètement Ics lésions vaccinales chez Phomme, mais ces cultures contiennent des espèces microbiennes différentes.

Quist, en 1883, avait publié des résultats analogues.

GUTTMANN, en 1886 et 1887, applique le premier la méthode des cuitures en milieux solides au contenu des vésicules et pustules varioliques. Il y trouve, ainsi que dans la varicelle, des microcoques divers qu'il conclut étre des races diverses de staphylocoques.

BARREGGI (1886) trouve aussi des microcoques dans le vaccin mais ne

parait pas avoir eu des cultures pures.

VARIOLE ET VACCINE 207

MarotTA (1886) trouve dans une pustule variolique un microcoque en tétrade qui, en culture, parait ètre un staphylocoque et qui aurait donné chez le veau des pustules vaccinales.

Voicr étudie en 1885 et 1887, par la méthode des plaques, le vaccin animal. Il isole des microcoques divers et essaie avec des cultures pures en gélatine des inoculations, dont une aurait été positive.

M. Schutz (1887) signale un fait curieux, que nous expliquerons dans le cours de notre travail : il peut arriver que le vaccin ne donne pas de cultures en gélatine, et cependant avec le liquide de condensation on peut obtenir des pustules chez le veau.

En 1887, aussi, parait un travail important, celui de Garké; cet auteur trouve dans le vaccin des microcoques à caractères distinctifs spéciaux, différents de ceux du staphylocoque, mais qui ne donnent que des résultats négatifs à l'inoculation. Dans 4 cas de variole, au stade d'invasion il recueille du sang. Celui-ci, enscmenc& en des milieux différents, se montre stérile. À l'autopsie de trois de ces cas, il prélève le contenu de quelques vésicules, en y pénétrant par en dessous, du côté dermique, et obtient des cultures pures de streptocoques : celles-ci ne vécurent que deux semaines. À l’une de ces autopsies il retire, du rein et de la rate, du streptocoque pur également. Dans un phlegmon de la cuisse il retrouve encore du streptocoque. Il croit toutefois qu'il s'agit d'infections complé- mentaires.

TENHOLT (1587; isole de la lymphe vaccinale diverses espèces de microcoques (staphylocoques), deux bacilles et deux levures.

Hrava (1887) trouve dans les pustules varioliques divers microcoques (staphylocoques).

C’est en 1887 que v. D. Loerr et L. PFEIFFER arrivent séparément, à défaut de résultats satisfaisants avec les microbes isolés des pustules de variole, à des conclusions tendant à chercher le virus de la variole et de la vaccine dans le groupe des sporozoaires (l'hématozoaire du paludisme avait été découvert en 1880).

Des ce moment, il s'établit dans les recherches un double courant. Quelques auteurs suivent encore la voie ancienne et veulent arriver à la solution du problème par la découverte d'un microbe. L'autre voie, au contraire, semble attirer dans la direction nouvelle les chercheurs les plus nombreux.

Successivement apparaissent le travail confirmatif de HELFAUT (1890) et une nouvelle étude de L. PFEIFFER (1891); en 1892 GUARNIERI essaie de

cultiver, sur la cornée du lapin, le sporozoaire supposé. REMOUCHAMPS (1893)

208 H. De WarLe er E. Suc

retrouve, comme PFEIFFER ct v. D. LoEFF, dans le sang de varioleux, des éléments qu'il croit pouvoir rattacher à un sporozoaire de la variole.

D'autre part en 1893, Massari et FERRONI mettent en doute la valeur de la. nouvelle théorie. Mais d'autres travaux viennent appuyer les précé- dents : ce sont ceux de Diana et Gar VALERIO (1894), Mont (1894), CLARKE (1895), v. SICHERER (1895), Ocata (1895). En 1895 E. PFEIFFER controle au laboratoire de Birscutt les expériences de GUARNIERI et de L. Preirrer. Il est beaucoup moins affirmatif que ceux-ci quant aux sporocystes.

La conception de la variole comme maladie à sporozoaire trouve aussi en Angleterre et en Amérique des défenseurs : STERNBERG (1897), REED (1898), et des adhérents : CoPEMAN (1898).

La nouvelle théorie reste toujours contestée. En 1894 dans son traité « Histopathologie der Hautkrankheiten » UNNA interprète les parasites décrits comme n'étant que des formes de dégénérescences cellulaires.

En 1897 SALMON, éléve de METSCHNIKOFF, les considère également comme des débris cellulaires, de mème HÜckEL (1898).

En 1go1 la théorie introduite par L. PrEIFFER est défendue de nouveau par Funck (1901), qui décrit un mode de culture du sporozoaire.

v. WASILEWSKY (1901) reprend également le sujet et en 1902 ISHIGAMI, au Japon, indépendamment de Funck, décrit aussi un mode de culture du parasite.

Dosrowsky (1903) se rapproche aussi de la théorie de PFEIFFER, mais ne retrouve pas les formations décrites comme sporoblastes.

Dans le mème sens encore est la récente étude de COUNCILMAN.

Fuxck croit voir un argument décisif dans le fait qu'avec les corps qu’il interpréte comme sporocystes, il a obtenu des inoculations positives : mais ces sporocystes (ou cellules épithéliales?) ne peuvent pas étre considérés comme purs, bactériologiquement parlant; ils ont été glycé- rinés, et conservés à 37° pendant 5 à 6 jours. On ne peut donc pas exclure qu'il n'y adhérait pas des microcoques que l'effet de la glycérine a empêché de se multiplier dans ces conditions. (Nous revenons plus loin sur l'effet de la glycérine dans le vaccin.)

Enfin tout récemment un nouveau travail, dirigé directement contre la théorie des sporozoaires de la variole et du vaccin, vient d’être publié par Sixowsky. Cet auteur démontre l’inexactitude du rapport considéré jusqu'ici comme spécifique entre le vaccin et les corpuscules de GUARKNIERI dans la cornée du lapin; il les obtient également avec le vaccin chauffé, le

sérum de lapfn, la toxine diphtérique.

VARIOLE ET VACCINE 209

En général les partisans de la variole « maladie á sporozoaires » s'accordent à reconnaitre aux microbes divers qui les accompagnent, un certain rôle, plus ou moins important dans la suppuration, mais toujours secondaire.

Revenons maintenant aux recherches l'attention a continué à être dirigée sur les microorganismes que l’on trouve dans la vaccine ct la variole.

GRIGORIJEW en 1889 trouve un bacille qu'il suppose spécifique.

En 1890 ProroropPow tire de cing cas d’orchite varioleuse des strepto- coques purs qu’il croit spécifiques, sans pouvoir en faire la démonstration.

En 1891 CrooksHank décrit des microcoques. CoPEMAN retire du vaccin, d'abord et surtout des staphylocoques, et exceptionnellement des streptocoques. Des cultures de ceux-ci donnent à un lapin une septicémie mortelle, à d’autres, après inoculation sous-cutanée, de petites taches que l'auteur ne croit pas pouvoir reconnaitre comme vaccinales.

Mark en 1891 et Nikozsky en 1892, décrivent chacun un bacille auquel ils attribuent un rôle étiologique important.

En 1892 Le Dantec signale que sur 12 autopsies de varioleux il trouva dans les organes 11 fois le streptocoque et que sur le vivant, une ponction du foie donna unc culture pure de streptocoques. Mais cet auteur n'ose se prononcer sur la spécificité et croit plutôt à une infection acci- dentelle due au local il opérait. En 1895 il revient sur ces résultats avec plus d'affirmation.

En 1893 Marjean étudie le vaccin et considère comme spécifique un microcoque disposé en diplocoque et en petits amas et qui aurait donné des inoculations positives. |

D'autres auteurs, RuEre et ENocu, Besser, signalérent des bacilles,

En 1894 Butrersack décrit, en observant le vaccin en préparations montées a sec, un organisme en réticulum qu’il croit particulier au vaccin et a la lymphe variolique.

Mais bientôt des travaux de contrôle faits par DRÂER et par LANDMANN lui objectent le côté défectueux de sa méthode d'observation et attribuent les images décrites à des coagulations d’albumine qu'ils retrouvent dans tous les sérums.

En 1895, après des essais de culture, WASSERMANN prétend que le contenu des pustules varioliques reste stérile dans les divers milieux. Il ajoute que Kocu lui communiqua avoir trouvé avec une certaine constance dans des vésicules de variole hémorragique, des streptocoques à l’état pur,

mais qu'il attribue leur présence à des infections concomitantes.

210 II. DE WaELE er E. Sua

VAGEDEs, cn 1896, trouve des streptocoques dans le sang d’un enfant convalescent de la scarlatine et atteint de variole. Cet enfant serait mort de scpticémie au 15e jour de la maladie. Chez un autre enfant, convalescent de rougeole ct mort au jour après l'éruption de variole, il trouve du streptocoque pur dans le sang et dans les vésicules jeunes; dans la gorge se rencontraient le streptocoque et le bacille de LörrLer.

In 1898, San VELICE et MAr.AaTo, ayant eu l'occasion de faire l'autopsie de six varioleux, reprirent la question. Dans les pustules ils trouvent : le staphylococcus aureus (assez constant), le staphylococcus albus, un diplo- bacille, lc bacille pseudo-diphtérique et le bacille coli. Ils injectent des émulsions de pustules à des chiens; quelques-uns meurent et on y retrouve le staphylococcus aurcus, chez d'autres chiens il se développe des pustules à staphylocoques. Comme des souches de staphylococcus aureus, d'autres origines, ne leur donnent pas de résultats analogues, ils se prononcent pour la spécificité du staphylocoque aureus décrit par eux.

En 1895 parait sur le vaccin un travail remarqué : celui de LANDMANN. Cet auteur étudic sur plaques d’agar glycériné les vaccins de plusicurs instituts et d’ages différents; il compte les colonies sur les plaques après un scjour de 48 heures a 37°.

Il prétend signaler le premier, pour deux échantillons de vaccin, la présence du streftocoque, pathogène pour la souris, ct attribue à ce strepto- coque les réactions inflammatoires d'allure plus ou moins érysipélateuse qui accompagnent parfois l'éruption vaccinalc. Il insiste d'autre part sur la présence constante du staphylocoque dans le vaccin et pose le problème de la Acımfreie Lymphe.

Il est regrettable que la table qui accompagne son travail ne mentionne pas l’âge absolu des vaccins, mais nous remarquerons, en renvoyant à ce sujet à nos recherches, que l'auteur trouve surtout les streptocoques dans les vaccins qui contiennent le plus d'organismes (25.000.000 et 2.500.000 par c.c.), c'est-à-dire les plus récemments récoltés.

Le travail de LanpMawnn avait fourni un nouvel argument aux attaques des antivaccinateurs contre la loi de la vaccination obligatoire en Alle- magne (1874).

Une commission officielle fut chargée de reprendre la question et publia en 1896 un rapport rédigé par Frosch. Toute relation de cause à effet est nice entre le contenu bactérien du vaccin et les inflammations secondaires á la vaccination; les bactérics trouvées ne seralent que des saprophvtes banaux, le streptocoque n'aurait d'ailleurs pas été retrouvé.

La discussion engagée donna naissance à d’autres travaux.

VARIOLE ET VACCINE 211

ASHER et SymMaNsky (1898) ne trouvent pas de streptocoques dans le vaccin de Königsberg.

DEELEMAN, 1898, cxamine le vaccin de 39 instituts allemands par la méthode des plaques d’agar glycériné pour déterminer le nombre des colonies, et divers milieux pour en déterminer l'espèce. Il rencontre parfois le streptocoque, mais il constate que la pathogénité de celui-ci est faible vis-à-vis de la souris, du lapin et du cobaye. Il rattache certaines souches de ces streptocoques au streptococcus brevis qui se trouverait dans les matières fécales des veaux.

KircHNER (1897) évalue le nombre de bactéries contenu dans la lymphe recueillie à l’{nstitut vaccinal de ITanovre de février à août 1896. Il emploie des plaques de gélatine ct les examine après 48 heures à 220.

Dans la lymphe fraiche le nombre de colonies est illimité dans 2 cas et au dessus de 300.000 au c.c. dans un troisième. Ce nombre diminue rapidement et après 2 à 3 mois l'action de la glycérine a rendu ce chiffre très faible tandis que le vaccin est encore inoculable., Il trouve, comme organismes, des moisissures, des staphylocoques, jamais de streptocoques (ce qui peut s’expliquer par les conditions de la culture). L’injection de lymphe (quantité?) ne tue ni la souris ni le cobaye. Ces microorganismes ne sont pas pathogènes pour l’homme.

DREYER (1898) étudie le vaccin de Weimar. Il y trouve souvent des streptocoques et mème encore dans du vaccin âgé de quatre mois et gardé au froid.

L'injection sous-cutanée de vaccin à des souris et des cobayes donne fréquemment des abcès. Dans 7 de ceux-ci il retrouve du streptocoque pur. Mais le streptocoque retiré du vaccin par culture et repiqué en bouillon n'est plus pathogène après ces passages.

Avec des cultures pures de staphylocoques et de streptocoques tirés du vaccin, l’auteur fait des inoculations sous-cutanécs à des souris et des Scarifications sur bras d'homme. Ces essais sur l’homme sont faits sur un meme sujet et l’auteur les reconnait comme peu concluants.

D'après les tableaux dressés par l’auteur, les streptocoques semblent en général un peu plus souvent pathogènes que les staphylocoques, les premiers donnant à la souris soit de petits abcès, soit la septicémie. Il ny a pas toujours parallélisme entre la pathogénité chez la souris et la réaction produite sur le bras d'homme.

LEoxt (1898) trouve déjà le staphylocoque à côté du virus vaccinal dans les plus jeunes pustules ct croit qu'il n'est pas pratiquement réalisable

de l'en séparer, \

212 H. De WaELE Er E. Succ

En 1897, Krein décrit dans le vaccin un bacille inoculable au veau, mais qui ne donne pas l'immunité vis-à-vis de la vaccine.

KENT et CorEMAN (1896) appellent l’attention sur un bacille, de mème NAKANISCHI EN 1900.

Prvuur (1899) suit la méthode de KircuNer et arrive a des résultats analogues. Trois fois il retrouve le streptocoque; trois fois une souris injectéc avec du vaccin meurt; un de ces cas correspond à unc lymphe qui contenait manifestement du streptocoque allié au staphylocoque.

En 1901 CALMETTE Ct GUERIN signalent des essais de culture dans la dernière partie d'une intéressante étude expérimentale sur le vaccin, et concluent qu'aucun des microbes cultivables du vaccin n’est susceptible de reproduire l’éruption vaccinale.

La technique bactériologique avait permis d'isoler et d'étudier les diverses cspèces microbiennes que l’on peut rencontrer dans le vaccin et dans les manifestations varioleuses. Mais on voit par cette longue énumération bibliographique, peut-être encore incomplète, malgré nous, qu'on n'est arrivé qu’à des données trop peu constantes, voire mème trop divergentes pour pouvoir en faire état dans un sens déterminé.

La méthode basée sur la constance d’un microbe déterminé dans des cas semblables, ainsi que sur l’analogie de la pathogénité de ces microbes quand on les inocule aux animaux, se montre donc insuffisante pour l'étude de la variole.

Les défenseurs de la théorie des sporozoaires non plus n’ont pu produire une démonstration satisfaisante.

Localisations du streptocoque dans la variole.

L'épidémie de variole qui a régné à Gand de septembre 1902 à juillet 1903 nous a fourni l’occasion de la présente étude. Nous l'avons commencée en décembre 1902 ct elle s’étend sur tous les cas traités depuis ce moment à l'Hôpital civil de Gand, au pavillon des variolcux, soit actuellement o5 cas.

Ces 95 cas comprennent des individus d'âges très différents. De ceux-ci 27 sont morts. Ce chiffre de mortalité assez fort s'explique par ce fait que la moitié de ce total est fournie par des enfants très jeunes et non vaccinés (de 2 mois à 3 1/2 ans).

Le sang prilevé aseptiquement du cæur à Vautopsie de chacun de ces 27 sujets donne, à la culture, en milieux suffisamment aicalins, des streptocoques a Velat pur.

Comme on le voit par le tableau (page 214) sont réunies ces donnccs, il n'y a à cette règle que de rares exceptions. Ce sont les cas ou l'autopsie a été faite tardivement : à côté du streptocoque on peut trouver alcrs le bacterium coli.

La quantité de ces streptocoques renfermée dans le sang est assez variable. :

Dans presque tous les cas l’examen direct du sang frais, sous le microscope, permet de retrouver des microcoques, des diplocoques. Méme dans trois cas particulicrement favorables (stade papulo-vésicules) nous avons pu voir des chainettes de streptocoques de 4 a 8 articles.

L’étude de ce sang étalé sur lamelles, fixé et coloré au Gram, confirme ce qu'avait montré l’examen direct.

La figure 1 (Pl. I) est empruntée à une préparation de sang du cas 29 (enfant de 7 1/2 ans, mort au début du stade de vésicules confluentes).

L'ensemencement fait dans des conditions identiques avec ces sangs divers donne lieu à des cultures dont l’abondance est proportionnelle aux données fournies par l'examen direct du sang.

Le stade qui nous a paru donner les résultats les plus favorables est celui qui correspond aux papulo-vésicules. Une goutte de sang ensemencée en un tube de bouillon donne surement une abondante culture de strepto- coques en 24 heures.

Au stade papule le nombre de streptocoques dans le sang n'est pas

encore aussi grand, ct apres le stade vésicule il diminue de nouveau,

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VARIOLE ET VACCINE 215

Dans les 10 cas de variole hémorragique la mort survient géncralement au stade papule et papulo-vésicule nous avons observé que le nombre des streptocoques est relativement minime ct comme on le verra plus loin, c'est surtout le côté toxique de l'affection qui semble

dominer le tableau, comme la clinique tend d'ailleurs à le faire admettre.

Les frottis de rate et les cultures faites avec la pulpe de cet organe donnent des résultats parallèles à ceux obtenus avec le sang.

La figure 2 (Pl. I) est prise d'un frottis de rate du mème cas 29.

Nous avons fait des essais de culture avec le sang recueilli sur le vivant à la pulpe du doigt après lavage à l'alcool absolu. Disons d’abord que ces expériences sont naturellement exposées à des causes d'erreur, par le fait de ccs manipulations, qui ne garantissent jamais une asepsie suffisante. Quoique l'on ait déjà soupconné la présence du virus varioleux dans le sang, nous avons vu que Garré, dans les 4 essais qu'il a faits, a eu un résultat négatif et que divers autres auteurs n’ont pas été plus heureux. Nos essais, faits avec environ 10 gouttes de sang par tube de bouillon, se repartissent en nombre à peu près égal pour chacun des 4 stades. Sur un total de 33, 13 ont été positifs et se partagent ainsi : 7 pour des malades au stade papulc, 3 pour le stade vésicule, 1 pour le stade pustule, et, chose étrange, 2 au début du stade des croutes. Le résultat de l’autopsie XXI confirme cette particularité. _ Une proportion de fréquence par stades est donc indiquée par ces chiffres en même temps que le rapport par essais. On peut donc trouver le streptocoque dans le sang vivant, mais comme à part le stade papulo-vésicules le nombre de ces microorganismes dans le sang est petit, la réussite avec une faible quantité de ce liquide n’est

pas constante, de les résultats négatifs signalés par les auteurs cités.

C'est dans les manifestations éruptives qu'on a cherché le plus souvent le virus varioleux.

Les nombreuses causes d'erreurs auxquelles on est exposé par une stérilisation de la peau, nécessairement insuffisante, explique les résultats si divergents relevés dans la bibliographie. Pour les uns, le contenu est stérile, pour les autres on y trouve des microorganismes très divers,

Cependant quelques auteurs, avons-nous vu, v ont trouvé des strepto- coques à l'état pur, KocH, VAGEDES, et spécialement Garret dont le mode

de récolte présente le plus de garantie puisqu'il opère sur des morceaux de

216 H. DE WaELE ET E. SUGG

peau excisés et qu'il pénètre dans la vésicule du coté dermique. Ce procédé n'est applicable qu'après autopsie, et dans ces conditions il suffit de choisir des vésicules grandes ou confluentes : les précautions d'asepsie deviennent faciles et il n’est pas nécessaire de recourir 4 un procédé compliqué pour obtenir chaque fors une culture pure de streptocoques.

Pour les manifestations éruptives sur le vivant nous pratiquions, au début, l’ensemencement avec la quantité de substance que l'on prélève avec une aiguille de platine; dans un tiers des cas, avec prédominance pour le stade vésicule, nous obtenions une culture pure de streptocoques, dans les autres les tubes restaient stériles.

Quand, plus tard, nous nous sommes servis au lieu de l'aiguille de platine, de pipettes en verre étiré, ct que nous avons recueilli ainsi plus de lymphe, le nombre de résultats positifs a double.

Il y a également avantage à se servir de milieux de cultures particu- lièrement favorables tels qu'on les obtient, par exemple, par l’addition de sérosités humaines.

Ces modifications successives dans notre technique nous empèchent d'exprimer en une proportion plus précise le total des essais il ya eu développement microbien dans la culture.

En tous cas il résulte de ce qui précède que le succès n’est pas absolu, ce qui explique les résultats souvent négatifs pour les expériences sur petite échelle, de mème que les nombreuses causes de souillures extérieures rendent compte des espèces bactériennes multiples qui ont été décrites dans les éruptions variolcuses, ct que nous avons rencontrées chaque fois que le matériel avait été prélevé de façon défectueuse.

Le fait que nous avons trouvé le streptocoque pur dans le sang, déjà au stade des papules, nous permet de concevoir que les streptocoques, trouvés purs également dans les manifestations éruptives, y sont venues par voie endogène, plutòt que d'admettre l’idée, jusqu'ici acceptée non seulement dans les traités cliniques, mais aussi par divers bactériologistes, qu’il s’agit d'infections secondaires probablement venues de l'extérieur par pénétration exogère.

L'analyse bactériologique des croûtes nous a toujours permis d'isoler des streptocoques sur la spécificité desquels nous ne nous sommes prononcés qu'après identification par la méthode de l’agglutination.

En cultures sur agar on obtient toujours un nombre assez grand de colonies de streptocoques qu’il est facile de repiquer ct d'identifier. A côté de celles-ci il y a des colonies très diverses de staphylocoques, de bac. coli,

de b. pseudodiphtérique, saprophytes ordinaires de la peau,

VARIOLE ET VACCINE 217

Par les cultures en bouillon l'isolement n’est pas toujours aussi facile, les saprophytes de la peau prenant généralement le dessus par leur croissance abondante. On peut, jusqu’à un certain point, éviter cet écueil par la culture en anaérobiose.

L'étude histologique des lésions, que l'on trouvera plus loin explique, par la disposition des microbes, pourquoi chaque essai de culture, fait avec les matériaux recueillis dans les éruptions cutanées, ne donne pas un résultat positif.

Abcés. Chez un malade, porteur d’escharres (cas 63), un premier abcès survenu assez tardivement, contenait un streptocoque à côté d’un staphylocoque et d'un bacille anaćrobie (qui communiquait au pus une odeur fétide); des abcès suivants ne contenaient plus que le staphylocoque.

Certains malades présentèrent non des abcès profonds, mais des furoncles. Ceux-ci étaient sans exception dus à des staphylocoques.

Notre matériel, au point de vue des-abcès profonds consécutifs à la variole, n'a donc pas été bien abondant, mais rappelons que GARRÉ recucillit du streptocoque pur d'un phlegmon de la cuisse et ProroroPow

retira des streptocoques purs de cinq cas d'orchite varioleuse.

Identification du streptocoque isolé des manifestations varioliques.

A côté des diverses souches du streptocoque réfiré pur des cas de variole et que nous appellerons séreptocoque variolique, sans vouloir, pour le moment, préjuger de son importance, nous nous sommes procurés, pour comparaison, une série d’autres streptocoques :

a) D'abord une série de streptocoques (vaccino-varioliques que nous avons tirés de différents vaccins (voir plus loin);

b) des souches de streptocoques spéciaux que nous avons obtenues avec le liquide vésiculaire d’éruptions varicelleuses(1) ;

c) des souches de streptocoques spéciaux retirés du sang et de la gorge de malades atteints de rougeole(2);

d) le streptocoque puerpéral (Gand) (KraL);

e) le streptocoque érysipélateux (KRAL);

f) des souches de streptocoques de la scarlatine que nous devons à l'obligeance du Dr. MosER;

g) un streptocoque retiré par nous d'un cas de scarlatine;

h) le streptocoque de MARMOREK;

i) des streptocoques isolés par nous de fausses membranes diphteriques;

(1) et (2) Nous publierons prochainement une note a ce sujet,

218 II. DE \VAELE Er E. Succ

J) des streptocoques retirés d'une angine à streptocoques d'allure érysipélateuse chez un adulte, et d'une angine pseudomembraneuse chez un enfant (Ch);

k) un streptocoque retiré du pus d’un abcès (Cs);

l) un streptocoque provenant d'une médiastinite chez un néphritique;

m) des streptocoques de l'air.

Le streptocoque tiré des cas de variole, pas plus que les autres strepto- coques, ne présente des caractères de culture bien spéciaux qui puissent permettre de le différencier de cette façon. La dimension des grains est movenne. En bouillon il forme des chainettes plus ou moins longues, élégamment incurvées, (non raides, comme certains autres streptocoques) et au premier passage en milieu artificiel 11 est souvent assez aggloméré, rappelant les aspects attribués jadis en propre à un streptococcus conglo- meratus. Sur agar il forme des colonies en petites gouttes hyalines et ce n’est généralement qu'après plus de 48 heures, c'est-à-dire, plus tard que beaucoup d'autres streptocoques, que ces colonies montrent un centre et des bords plus sombres.

Il se développe mal en milieux neutres, mieux en milicux alcalins, et Valcalinité doit s'accuser nettement á la phénolphtaléine.

L’addition de sérosités humaines est trés favorable au développement de ces streptocoques.

Leur virulence s'atténuc très vite, leur vitalité également.

Les cultures en bouillon ägces de plus d'un mois se laissent rarement repiquer, les cultures en piqure en agar persistent un peu plus longtemps; en tubes sccllés elles se conservent davantage; il y a d'ailleurs des difté- rences individuelles entre les diverses souches. Ce streptocoque se cultive également en anaérobiosc. |

La méthode de l'identification par les propriétés d'agglutination, déjà appliquée à l'étude des streptocoques par VAN DE VELDE, ARONSON, MEYER et spécialement par Moser, va nous fournir une première méthode de démonstration des proprictés spéciales du streptocoque variolique. Comme on le verra au cours de notre étude, nous avons étendu notablement l'emploi de cette précicuse réaction ct démontré son importance, ainsi que la confiance qu'on peut lui accorder.

Nous avons groupé les résultats de ces expériences dans les tableaux qui vont suivre.

Ils font déjà présumer le role spécifique de ce streptocoque dans Vétiologie de la variole. Mais ce sont les expériences sur les animaux qui

devront établir définitivement ces prévisions.

VARIOLE ET VACCINE 219

À l'objection que le streptocoque, trouvé dans le sang, ne constituerait qu'une infection concomittante, septicémique, et qui a entrainé la mort, nous répondrons qu'il n’y a aucune différence quant aux propriétés arglutinatives entre les diverses souches, qu'elles soient tirées du sang vivant, du sang à l'autopsie, des manifestations éruptives ou des croûtces.

La constance absolue du streptocoque chez tous les varioleux (cas benins et cas graves) et les conditions dans lesquelles on l'y trouve est d'ailleurs un argument contre cette objection.

Faisons remarquer qu'il en est du streptocoque comme d'autres bactéries et comme cela a été démontré surtout pour le bacille d'EBERTH, que la faculté de se laisser agglutiner n'est pas complète au premier passage en milieu artificiel; elle le devient rapidement après quelques repiquages. Ceux-ci d’ailleurs sont indispensables avec le strcptocoque pour obtenir des cultures homogènes.

Au premier passage on a généralement une culture classique de streptocoques, qui s’accumule au fond du tube et à ses parois. En faisant subir à l'organisme deux ou trois passages dans un bouillon bien alcalin, et en secouant énergiquement la culture après la 12m heure, on arrive à obtenir des cultures de 24 heures suffisamment denses et qui restent homogénes pendant deux jours environ. Pendant cc temps les chainettes se montrent bien isolées au microscope.

Nous faisons agir sur des cultures de 24 heures, des dilutions de sérum aux titres suivants : 1/6, 1/12, 1/25, 1/50, 1/100, 1/200, 1/400, 1/800 et un contrôle.

._ L'observation macroscopique et microscopique des résultats est toujours concordante.

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(9325) IIIA AVIATAVIL

230 H. De WAELE ET E. SUGG

La propriité agglutinante existe également dans la sérosité des manifestations éruptives, comme le montre le tableau ci-joint. Faisons remarquer, sans v insister pour le moment, qu’on peut la trouver plus élevée dans le liquide de la vésicule que dans celui de la pustule, sans que ces différences répondent a des différences analogues de la méme propriété dans le sang

des malades correspondants.

Action du liquide :

| |

EER FER 3 =. £ E Ascitique 258 Bice d'un enfantde roans sur le ris Da sur le vaccine streptocoque 2 Soa $ 20 streptocoque 60 60 0 | i | 4 127 = 1:6 + ee HEH 172 = = 1:12 |- Hi ++ 1:3 4 + 1:25 fb [t HHHH 1:5 + 1: 50 a +44 1:6 ++ ++ I : 100 (າາ 4e 1 : 12 ++ +44 I : 200 ` 4+4- H} 1:25 dp +++ 1 : 400 | A: 1 : 50 4+ ++ 1 : 800 I: 100 fH ł 1:200 [4 4 Contróle 1 : 400 Lt = 1:800 Lt SEN Controle} =

Note : Le sérum sanguin du cas 44 et du cas 6o agglutinent tous deux le streptocoque 60

jusqu'à la dilution 1 : 400.

Accessoirement on peut relever dans ces tableaux, comme dans ceux relatifs 4 la vaccine (voir plus loin), que le pouvoir agglutinant conféré au sérum par la vaccine se conserve généralement pendant de longues années, mais parfois après dix ou vingt ans il n’en reste plus trace. Ce sont apparemment les cas la revaccination s'impose et est d’ailleurs nettement positive. Aussi si l'on parvenait à montrer qu'il existe un rapport précis entre la fonction immunisante et la fonction agglutinante, on pourrait établir avec plus de netteté encore le moment opportun de la revaccination.

Un autre phénomène qui se montre dans les tableaux et sur lequel nous appelons incidemment l'attention est celui de l'inhibition : l’aggluti- nation ne se produit pas avec les premières dilutions 1:6, 1:12, 1:25, alors qu'elle est très nette avec des dilutions supérieures et atteint souvent un taux très élévé. Ce phénomène fut décrit d’abord par EISENBERG ct Vorx pour des sérums âgés, et attribué à des substances agglutinoïdes.

Il fut retrouvé dans des sérums frais par Vozk et DE WAELE, ainsi

VARIOLE ET VACCINE 231

que par LIPSTEIN. Les premiers purent établir que cette réaction est due à une substance thermolabile et ne peut donc, en ce cas, être rapportée à des substances agglutinoïdes. Ils inclinent plutôt à admettre l'intervention d’une action bactériolytique.

Les données fournies par les tableaux du présent travail ne permettent, pas de compléter l'interprétation du phénomène. Un sérum determine ne manifeste pas cette propriété au même degré vis à vis des diverses souches du streptocoque variolique, et nous croyons d'autre part pouvoir exclure des différences dans les conditions de la culture, car nos cultures destinées aux essais d’agglutination ont été faites avec le mème bouillon et

dans les mêmes conditions.

Le streptocoque varioleux en dehors de l'organisme.

On savait depuis longtemps que le virus se trouve dans les croütcs, puisqu'on s’en servait pour pratiquer la variolation, et nous avons montré qu’on peut en retirer constamment, par la culture, un streptocoque ; il s'agit naturellement de croûtes fraîches, mises en culture immédiatement après avoir été prélevées sur le sujet.

On trouve alors, comme nous l'avons dit plus haut, à côté de strep- tocoques en grand nombre, des staphylocoques, des diplocoques, le bacille pseudodiphtérique, des sarcines, etc. Les sarcines n'apparaissent géné: ralement qu’après 48 heures.

Des croûtes conservées sèches, à l'abri de la lumière et a la température du laboratoire donnent, après 15 jours, des résultats sensiblement analogues.

Quand les croûtes datent d’un mois on n'obtient plus, dans les mêmes conditions, qu'un nombre relativement restreint de streptocoques dans les cultures; généralement c'est le staphylocoque voisin qui l'emporte. Sur 8 essais, il s’en trouva un le streptocoque était assez bien représenté, puis six il était plutôt rare, enfin une fois il ne fut plus possible de le retrouver.

Les 8 essais faits avec des croûtes âgécs de deux mois ne donnèrent, à côté des autres micro-organismes, que six fois des streptocoques rares; deux fois on n’en trouva pas: il ne s'était développé que des staphylocoques ct des diplocoques.

Enfin sur 6 essais faits avec des croutes âgées de 3 mois, 2 seulement furent positifs, 4 négatifs. Dans deux de ces essais négatifs, et dans deux autres également négatifs, faits avec des croûtes âgées de plus de 3 mois, on ne constata plus aucun développement microbien.

On arrive donc á cette conclusion que le vieillissement des croútes a

232 H. De WAELE ET E. SEGG

pour ettet de diminuer progressivement la cultivabilité, en milieu artificiel, de fous les micro-organismes qu'elles contiennent.

Pourtant pour pratiquer la variolation, tandis quen Grèce on employait surtout la lymphe variolique, nous voyons qu’en Chine et aux Indes on se servait de croùtes de variole inoculée, conservées pendant un “an pour en atténuer la virulence.

D'ou il faut admettre que ces croûtes conservées sont encore capables de transmettre la variole, et pourtant elles ne donnent plus lieu à un développement microbien en milieu artificiel. |

L’explication de cette apparente contradiction serait difficile si nous n'observions un phénomène analogue à propos du vaccin (voir plus loin).

+ Il était intéressant de se rendre compte si les écailles épidermiques voisines des croûtes et qui desquamment, étaient infecticuses. L'essai de culture avec ces squammes récentes donne parfois un résultat positif. Avec des squammes de deux mois de date, sur 4 essais, on ne trouva plus le streptocoque que dans un cas, dans un autre, le staphylocoque seul, dans un troisième, des diplocoques et une sarcine, enfin, dans le dernier il n'y eut pas de développement microbien.

Avec des squammes âgées de 3 mois, les 4 examens furent totalement négatifs.

Ainsi le virus varioleux sc conserve sur des substrata organiques et ce, probablement dans les mêmes conditiors que les autres micro-organismes asporulés, sur des poussières de certain volume et à l'abri de la lumière.

Puisque le germe se conserve vivant sur des particules sèches, il devient dès lors naturel que l'infection peut se faire par les mains, les objets, ainsi que par personne interposéc.

De mème il était probable que par suite de leftritement de ces substrata, l'air püt servir de véhicule.

Dans l’épidémiologie de la variole certains auteurs estiment avoir observé positivement des contagions par lair à très courte distance (EicnHorsr). On cite aussi des cas plaidant pour le transport par l'air à une distance assez grande.

D'autre part nous savons que EISELSBERG a retrouvé dans l'air des salles d'hópitaux le streptocoque pyogéne, qu`il interprète (en 1887) comme etant celui de l’erysipcle.

Dans les salles du quartier des varioleux, occupées depuis 5 mois et contenant chacune une dizaine de malades, dont quelques uns étaient levés, nous avons exposé, cn deux séries, des plaques d'agar d’un degré

d'alcalinité correspondant à celui que nous savons ètre le plus favorable

VARIOLE ET VACCINE 233

pour le streptocoque. Ces plaques furent examinées aprés un séjour de 24, 48 et 72 heures, à l'étuve à 37°.

Sur celles qui ont été exposées pendant plus d'une demi-heure le nombre de colonies qui se développe n'est plus à compter; pour une exposition d'une demi-heure au plus, le nombre de germes est environ 800 par plaque de Pétri.

La quantité d'espèces différentes est très grande, et encore nombre de petites colonies, qu’au microscope on croirait être des streptocoques, ne sont parfois à la culture en bouillon que des sarcines, de petits bacilles, et parfois ne poussent pas. D'autres, réellement des streptocoques, ne se laissent plus cultiver à un second repiquage.

On ne retient donc qu'un nombre assez restreint de souches de streptocoques que l'on puisse soumettre aux essais d'identification; le

tableau suivant donne les résultats d’une des séries d'expériences.

Action du sérum sanguin du cas 49

Sur les divers streptocogues tsol’s de Vair d'une salle du quartier des varioleux :

sur le streptocoque

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Controle | -.

Les streptocoques a et b peuvent donc être considérés comme varioliques.

Mode d'infection.

Le mode d'infection n'avait naturellement pu ètre fixé jusqu'ici, en l'absence de connaissances précises sur les facteurs étiologiques.

Pourtant nous voyons, par les traités de clinique, que les premières voies respiratoires et digestives étaient fréquemment soupçonnées de constituer la porte d'entrée l'infection (OBERMEYER),

Ce que l'on connait des affections streptococciques chez les animaux, telles la gourme, est également en faveur de cette hypothèse.

Nous venons de démontrer la présence du streptocoque variolique dans Pair, c'est un motif de plus pour diriger les recherches dans ce sens.

Au moment nous avons appelé l'attention de l'interne du service,

M. G. LEnouco, sur ce point, 1l nous communiqua avoir été frappé lui-

234 H. De WAELE ET E. Succ

mème du nombre de malades se plaignant de maux de gorge au début de leur maladie. Nous l'engagcames à noter Ja chose avec soin dans les histoires de malades.

Sur un ensemble de 75 cas de variole, 46 malades se sont plaints de maux de gorge plus ou moins forts. À ce chiffre de 46 il faudrait en ajouter encore quelques uns, car sur ces 75 cas il y a 10 enfants en bas-age et 6 personnes adultes trop malades à leur entrée à l'Hôpital pour pouvoir être interrogées et pour lesquelles il fallait se contenter des renseignements très incomplets fournis par l'entourage. i

Dans les cahiers d'histoires relatifs aux deux épidémies précédentes, nous avons relevé également une cinquantaine de cas sur environ 200, des internes, naturellement non prévenus, avaient noté des maux de gorge intenses au début de l'affection.

Nous insistons sur ce fait que les maux de gorge constituent un des premiers symptômes de l’affection, ils précèdent notablement lenanthème variolique et on ne saurait les confondre avec celui-ci. |

115 se manifestent surtout par de la gene à la déglutition, souvent celle-ci est qualifiée de douleur, dont l'intensité varie.

L'aspect de la gorge révèle peu de signes. Rarement on voit de petites fausses membranes; généralement il y a du gonflement, avec rougeur d'intensité variable, intéressant les amygdales, souvent aussi le bord des piliers et mème le voile du palais.

La rougeur rappelle celle de l’érysipèle, et présente souvent le type en flammcéches. L'œdèmecompromet les mouvements du voileetil est probable que la gêne ou la douleur que le malade exprime sont en rapport avec le degré du gonflement.

Bref la symptomatologie rappelle, dans son ensemble, les angines à streptocoques décrites avec plus de soins dans ces derniers temps(i).

Dans 14 cas les douleurs étaient nettement accusées, et nous pümes voir le malade assez tôt, c'est-à-dire avant toute apparition d'enanthème dans la bouche ou Ie pharynx, nous avons prélevé avec un tampon d'ouate les mucosités recouvrant les amygdales.

La coloration d'un frottis fait avec ce mucus décèle la présence de

streptocoques.

(1) Un témoignage précieux nous est fourni ici par M. le Dr J. VERNIEUWE, assistant à la clinique oto- rhino- laryngologique de l'Université de Gand. Appelé en consultation par un contrére pres d'une malade se plaignant de la gorge, il diagnostiqua une angine érysipélateuse. La maladie garda cet aspect pendant 24 heures, puis le rash et l'éruption

typiques vinrent établir le diagnostic de turivle.

VARIOLE ET VACCINE 235

L'étude de coupes d'amygdales recueillies aux autopsies faites au stade favorable nous montrera au chapitre suivant l'existence d'une angine, et nous permettra encore de reconnaitre des streptocoques sur des coupes de l'organe enflammé.

Enfin la culture sur agar de ces mucosités fournit un nombre énorme de colonies de streptocoques; certains tubes sont presque des cultures pures.

De ces tubes nous avons isolé un certain nombre de colonies et nous

les avons soumises à l'identification par la méthode des agglutinations.

Action du sérnm du sang du cas 49 sur divers streptocoques retirés de la gorge.

des cas | 2 4 8 8 10 | | | | 42 42 | 44

Le 400

I : 800

Contröle = Les streptocoques des cas 1, 8, 10, 11, 42 peuvent donc être considérés comme] étant de nature

variolique.

La gorge constitue donc probablement une porte d’entrée importante du streptocoque variolique. Les produits de ce catarrhe constituent cer- tainement un agent de contagc aussi dangereux que les produits de l'éruption.

Des études ultérieures devront montrer si le streptocoque variolique peut envahir l'organisme humain par d’autres voies et l'importance relative

de chacune de celles-ci.

Histologie des lésions varioliques.

L’histologie de la variole a nécessairement été faite jusqu'ici, avant. tout, au point de vue des modifications cellulaires que subit l'organisme infecté, au niveau des lésions varioliques. Les noms des principaux auteurs qui s’en sont occupés : WEIGERT, UNNA, RENAUT, témoignent de l'importance de ces études.

Nos recherches personnelles se bornent pour ainsi dire à l'étude de coupes en séries des diverses lésions de la variole, fixées au formol,

colorées au carmin, puis au Gram, et le présent chapitre devrait plutôt

236 II. De. WAELE Er E. SUGG

s'appeler « Recherche du streptocoque, in situ, dans les tissus aux divers

stades de la variole ».

LES AMYGDALES.

Nous ne revenons pas sur Paspect clinique de P'anginc variolique.

Dans 2 cas, nes 31 ct 32), après lavoir observée, il nous a été donné de recucillir les piéces à l'autopsie, celle-ci étant survenue avant l'appa- rition de l’enanthcme.

Le cas 3r est celui d'un enfant de 2 mois; Vamvgdale est très peu développée. De l’épithchum il ne reste que des traces; la surface est desquammée ct couverte sans formation de fausses membranes, de débris cellulaires mélés de micro-organismes les cocci prédominent; parmi ceux-ci on observe quelques chainettes. A coté des nombreux cocci on voit des bacilles divers, des streptothricées, parasites ordinaires des muqueuses pharyngienne et buccale et qui se retrouvent dans toutes les infections de ces organcs,

La ou la surface fait des plis (ébauches des cryptes), les débris cellu- laires ct les micro-organismes sont accumulés.

On trouve, dispersés dans les espaces lymphatiques de la sous- muqueuse, quelques diplocoques; mais ceux-ci ne siègent que très excep- tionnellement dans des capillaires sanguins.

L'étude bactériologique des secrétions y a démontré l'existence de streptocoques varioliques.

Dans le cas 32 l'angine est très prononcée. A la surface, la desquam- mation épithéliale laisse subsister des débris remplis de micro-organismes : streptocoques, cocci divers, b. pseudo-diphtériques, streptothricécs etc. Les cryptes sont envahies par des micro-organismes (P1. IT).

Quoiqwici non plus il n’y ait pas formation de fausses membranes, les lésions sont cependant assez profondes. La plupart des vaisseaux sanguins de la muqueuse sont dilatés, beaucoup sont thrombosés et laissent voir des trabécules de fibrine. On n’y trouve qu’exceptionnellement des micro-organismes. Dans la sous-muqueuse on rencontre aussi, par places, des feutrages de fibrine en dehors des vaisseaux.

Eu égard à l'importance de l'infection, le nombre de leucocytes qui se portent vers la surface est vraiment minimal,

Le point saillant de ces préparations, c'est l'extension de l'infection en profondeur. Les micro-organismes ont envahi l'amygdale entière, non par les vaisseaux sanguins mais par les espaces lÿmphatiques. On les

trouve dispersés dans tout Ie tissu adénoïde interfolliculaire de l'amygdale,

VARIOLE ET VACCINE 237

disposés par diplocoques, par chainettes ou réunis parfois en petits amas. Les follicules lyÿmphatiques sont indemnes de l'invasion des cocci.

Nous avons vu que l’étude des mucosités prélevées sur ces amrgdales du vivant de la malade révéla la présence de nombreux streptocoques varioliques. On pourrait objecter que cette autopsie (Cf Tableau des autopsies, p. 212) a été faite assez tardivement et qu’une prolifération microbienne a pu se faire post mortem. Nous opposerons a cette objection

d'abord le fait que le cadavre avait été conservé à basse température, puis l'élection dans la disposition des cocci.

L'ERUPTION. A) Examen macroscopique.

Quand on soulève le revêtement épidermique corné superficiel d’une papule en voie de devenir vésicule, on trouve plus ou moins au centre de l’espace cavitaire débutant un point saillant, grand comme unc tete d'épingle, œdématié et de coloration rouge mat.

Quand la vésicule est formée, le liquide qui remplit la cavité est déjà légèrement trouble. Les éléments solides se sont en quelque sorte conglo- mérés, avec dépôt de fibrine, en une formation plus ou moins pseudo- membraneuse. Et si l’on écarte celle-ci on ne trouve plus le point saillant de tantòt. Il sest fondu par la nécrose de ses éléments cellulaires; à sa place on trouve un ou plusieurs points constitués par une fine ouverture entourée d'une aréole injectée de sang. Le début de la transformation de la vésicule en pustule est annoncé par l'apparition d'un liséré inflammatoire rouge intense autour de la vésicule.

Au stade pustule, lulcération du fond part des pertuis signalés et s'étend plus ou moins largement.

Enfin au stade de la régression, tandis que le fond se cicatrise, s’epidermise, ce qui a persisté du contenu de la pustuie, malgré un commencement de résorption sous la couche cornée superficielie, se dessèche en un disque que l'on peut saisir et enlever dans sa totalité, aussi longtemps que la dessication n'est pas complète. Une fois celle-ci faite, ce disque fait corps avec l’épiderme superficiel et l’ensemble constitue la croûte telle que nous la connaissons au moment ou elle tombe.

Autour de cette croúte, l’&piderme se desquamme sur ı a 2 millimetres, parfois plus encore, sous la forme d’un anneau dont le centre, vide, correspond à la croûte tombée.

Cette description se rapporte évidemment aux éléments éruptifs de

dimensions moyennes et bien isolés. Les dimensions plus grandes ct la

238 H. DE WaELE ET E. Succ

confluence troublent nécessairement l'existence individuelle des parti-

cularitcs signalées.

B) Examen microscopique.

Dans les coupes du point saillant que nous venons de décrire à lintéricur de la papulo-vésicule, et de son prolongement dans le derme, on trouve, dans les espaces lÿmphatiques ou dans des capillaires, de même que parfois encore assez profondément dans le sous-derme, de fetits ilots de streplocoques, parfois allongés en boudin. Ces amas sont parfois limités par un endo:hclium; c’est ce qui tend à faire admettre qu'ils occupent la lumière d'un capillaire sanguin. Exceptionnellement les cccr sont renfermés dans un leucocyte.

WEIGERT decrivit le premier ces localisations des microcoques en 1874.

Ces micro-organismes ne se décèlent qu'assez péniblement, car rien ne les indique. Comme UNXA le remarque avec insistance, « il y a absence frappante de dilatation vasculaire et d'invasion leucocytaire aux premiers stades de l’eruption. »

C’est à ce moment qu’on observe, dans la couche muqueuse de Marrici, la formation d’une cavité qui a été le sujet de nombreuses recherches histologiques. Comme on ne constate pas de communications ouvertes avec les parties se trouvent les streptocoques, on peut admettre avec la plupart des auteurs, une diffusion des produits toxiquesen dissolution dans le sérum lymphatique. Le liquide vésiculaire se coagule par la fixation ct laisse voir des lacunes, des vacuoles, renfermant des leucocytes et des débris cellulaires probablement d'origine épithéliale (P1. II).

On peut poursuivre la fonte par nécrose du point saillant et la formation au niveau de quelques papilles dermiques, des pertuis, que l'on distingue macroscopiquement. Ils se produisent probablement par l'invasion leucocytaire vers la cavité néoformée et par la fonte purulente occasionnée par les leucocytes sur leur passage.

La cavité vésiculaire s'élargit, s'étend. Aux régions du corps la couche cornée superficielle est épaisse et ferme, clle oblige la vésicule à s'étaler en surplombant comme un champignon le point central de l’eruption (Pl. III). |

Outre les localisations décrites plus haut, on trouve jusqu'à la fin du stade vésicule, dans les vaisseaux sanguins mème profonds du derme des microcoques isolés, des diplocoques ou de très courtes chaincttes.

Il est plus difficile de suivre comment les microbes arrivent dans la

vésicule. D'abord, à chacun des petits groupes de streptocoques que nous

VARIOLE ET VACCINE 239

avons signalés dans les papilles dermiques, ne correspond pas une ouverture vers la vésicule ct on ne peut pas admettre avec quelque certitude un déversement direct.

Comme l'on trouve souvent des microbes logés dans des leucocytes, il est plus probable que ces cellules jouent le ròle de phagocytes et en mème temps d’agents vecteurs; tandis qu'ils s'acheminent, la plupart du moins, vers la vésicule, ils détruisent certainement une partie des micro-organismes.

Mais la perte de la colorabilité du noyau, ou sa fragmentation, nous montre que beaucoup de leucocytes succombent et se désagrègent, remettant probablement ainsi en liberté des streptocoques encore suscep- tibles de se multiplier.

Et cette multiplication s'observe au stade la vésicule est à son plein développement (Pl. 111). Les microbes y sont dispersés irrégulicrement, parfois refoulés vers la périphérie, on peut les trouver par petits amas disséminés jusque prés de la couche cornée superficiclle. Serrés comme ils le sont, ils ne montrent pas alors une disposition en chainette, mais la régularité et la dimension des grains attestent leur nature microbienne, et nous semblent les différencier de ce que Unna a décrit comme dégénérescence nucléaire des éléments épithéliaux. |

On conçoit qu'à ce stade un essai de culture est généralement positif. C'est probablement le stade analogue que l’on recherche cliniquement comme optimum pour la récolte du vaccin de bras à bras ou du vaccin chez le veau.

Le stade de pustulation correspond à l'invasion abondante de leucocytes dans cette vésicule remplie de résidus cellulaires et de microbes. Par l'arrivée de ces leucocytes, la fonte purulente de la base de l'éruption s’étend plus ou moins. L’existence d’un cloisonnement trabéculaire qu'on observe au début de la formation de la vésicule, dont la netteté se perd un peu au milieu du liquide vésiculaire, réapparait davantage par la distension occasionnée par les leucocytes (PI. IV).

Ceux-ci phagocytent les microbes et au bout de peu de temps il devient difficile de les retrouver. C'est le début de la guérison.

Dès que l'invasion leucocvytaire diminue à la base de la pustule, Pépithélium prolifére et, à la façon d’un diaphragme iris, rétrécit progres- sivement la brèche faite.

La pustule devient cavité close, se déssèche et on n’y retrouve comme germes infectieux que ceux qui avaient échappé à la destruction phago- cytique au moment celle-ci fut arrètée par la dessication.

Les données de Konx, de Corxil et BaBës, de WEIGERT, qui

240 H. De WaELE Et E. Succ

décrivent des microcoques isolés, en chainettes ou groupés dans les papilles, dans certaines vacuoles pathologiques de l'épiderme, le long des trabécules quí cloisonnent la cavité vósiculaire, à la périphérie de la pustule, s'accordent parfaitement avec notre description et correspondent la plupart à des stades intermédiaires à ceux que nous avons pris pour

points de repère.

Marche de l'affection.

De cet ensemble de faits rous croyons pouvoir déduire la marche de l’affection dans ses grandes lignes.

Le germe morbide, porté par les sécrétions catarrhales ou par des résidus des éruptions, infecte par contact direct ou par l'air, les voics respiratoires supérieures et développe généralement une angine.

Celle-ci s'étend en profondeur ct de part une infection du sang.

La possibilité d'une infection générale partant des amygdales dite « theorie tonsillaire » parait actuellement positivement démontrée ct admise comme constituant la règle pour diverses affections. Ici s'affirme la parenté de la variole avec la scarlatine et probablement avec la plupart des maladies infectieuses éruptives (1).

Par les voies sanguines le germe gagne les capillaires de la peau, des muqueuses (peut-être aussi d'autres organes. Cf. WEIGERT).

A cette invasion des capillaires fait suite une infection locale dont nous avons passé l’évolution en revue.

L'histologie nous montre comment cette infection endogéne de la peau se comporte, pourquoi il est difficile d’en retirer le streptocoque à tout autre stade que celui du moment optimum du développement de la vésicule, comment une infection saprophytaire secondaire par pénétration exogene ne doit pas être admise aussi longtemps que l’éruption a conservé sa couverture cornée et ne s'est pas ouverte, enfin comment du côté de la peau et des muqueuses l'éruption est vaincue, ct les lésions réparées.

En mettant maintenant en parallèle la marche de l'affection ainsi reconstituée et la courbe thermique classique de la variole, on doit admettre que la première ascension fébrile correspond à l'accident primitif, l'angine.

Le début de l'invasion des streptocoques dans le sang circulant parait correspondre à la première rémission de la fièvre.

La période la vésicule a atteint son plus grand développement,

amène la seconde ascension de la température, C'est une nouvelle période

A oo €» ——

(1) Pour la rougeole et la varicelle, voir p. 215.

VARIOLE ET VACCINE 24 1

de prolifération des streptocoques, avec nouvelle formation de produits toxiques.

La décroissance de la fièvre suit les progrès de la lutte de l’organisme contre l'infection périphérique en mème temps que sanguine {car à ce stade il y a encore toujours des streptocoques dans le sang).

Le rash n’est probablement qu’à l'action de la toxine et pourrait ètre rapproché à ce titre des exanthémes passagers dus á certains poisons,

au venin des chenilles, par exemple.

Septicémie postvariolique.

On connait des cas de septicémie postvariolique; nous avons eu l'occasion d’en observer deux, évoluant d’une façon aigue, en peu de jours. A l'autopsie il apparut que la septicémie était due à un streptocoque.

Le 14 cas est celui d'un jeune homme de 18 ans (cas 21), jamais ‘vacciné, qui fait une variole grave puis une série d’abcés. L'état du malade, une fois les abcès ouverts ou suppurants était devenu presque afébrile, lorsque brusquement, après que cet état eùt duré plus d’une semaine, la température remonte rapidement pour atteindre 40° et le malade succombe à la septicémie en 5 à 6 jours.

Dans le second cas il s’agit d’une femme de 25 ans (cas 52), enceinte de 6 mois, qui avorte au 6e jour de maladie (stade pustules). Cet accident est accompagné d’une hémorragie assez forte. Après quelques jours la fièvre remonte et au ot jour après l'avortement la femme succombe avec de fortes températures. À l’autopsie on trouve de la péritonite adhésive, une pleurésie fibrineuse gauche, de l'endométrite et dans l'ovaire gauche un abcès du volume d’une noisette; toutes ces altérations pathologiques sont dues au streptocoque. (Remarquons que le sérum sanguin de cette femme n'agglutine aucun des streptocoques puerpéraux dont nous disposions.)

Dans ces deux cas, le streptocoque se laisse agglutiner par le sérum de tout individu vacciné ou varioleux. Il est donc varislique.

Mais, il présente une réaction paradoxale : tandis qu'il se laissait encore agglutiner par le sérum sanguin du sujet recucilli quelque temps avant l'éclosion de la septicémie, il n’est plus agglutiné par le sérum du sang du même sujet, prélevé au cours de la septicémie ou à l'autopsie.

Cependant ce sérum recueilli à l'autopsie agglutine encore les autres souches de streptocoque variolique, mème plus qu'antéricurement. On ne peut donc pas admettre que la propriété agglutinante vis-à-vis du strep- tocoque variolique {et avec elle probablement les autres propriétés anti-

infectieuses) soit épuisée dans ce sérum.

242 H. De Wace LE ET E. Suca

Il est plus probable que la modification constatée porte sur la souche streptococcique.

Ce streptocoque, considéré individuellement, après avoir été vario- lique, n’a pu être totalement vaincu et éliminé par l'organisme infecté. À la faveur de l’état de résistance atténuée par le décubitus, la suppuration des abcès, par l'avortement, le streptocoque s'est en quelque sorte immunise contre l'organisme humain ou si l’on préfère sa pathogénité s’est accrue, il est devenu septicémique.

Les tableaux ci-dessous expriment ces modifications dans les réactions

d’agglutination. Cas 21. Cas 52. (Identification) Action du sang ¡Identification! Action du sérum sangain du cas 32 recueiili Action du sérum sanguin du cœur du cas 21 Action du à à à 4 Os a eee l'avortement l'autopsie Vavort. Vautop. 80 95 44 49

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Note : Cf. Tabl. IIT.

Le cas 63 nous présente une observation plus compliquée. Il se rapporte non à une scpticémie à marche rapide, mais à une complication postvariolique lente ct prolongée.

Un homme de 28 ans, atteint d’une variole confluente très grave, arrive péniblement à la période de dessication. Mais les fonctions digestives

ne se laissent pas relever; le malade reste fort déprimé.

Au début de la quatrième semaine (depuis le début de l’eruption) la fièvre remonte rapidement et il se forme un abcès à la jambe que l'on incise au huitième jour. Cet abcès contient des streptocoques, des staphy- locoques et un anaërobie de putréfaction (pus fétide). L'incision est suivie Celle-ci

lendemain et on constate l'apparition d'un nouvel abcès; on est obligé

d'une chute momentante de la température. remonte dés le ainsi d'ouvrir une dizaine d'abcés, un environ tous les quatre jours. De ces abcès la culture ne permet plus de retirer que du staphylocoque. Peu à

peu l'état du malade est compliqué par la formation d'eschares de plus

VARIOLE ET VACCINE 243

en plus étendues. Cependant la fievre n'est plus tres élevée. Elle est irrégulière et dépasse assez rarement 380.

Le malade est extrèmement maigre, affaibli, épuisé. Cet état se prolonge ainsi pendant encore un peu plus d’un mois. Alors, brusquement le malade succombe en peu de jours, trois mois après son entrée à l'hôpital, sans élévation de température, avec de la gène respiratoire et une légère toux, et l’on trouve à l’autopsie de l’æœdème pulmonaire, de l’æœdème du péricarde ; le muscle cardiaque est pale et flasque. La rate est plutôt diminuée de volume. nn

Les cultures faites avec le sang et la pulpe de rate donnent, apres 24 heures, du developpement de streptocoques dans un 1/6 des tubes de bouillon, après 48 heures, il y a développement dans presque tous les tubes.

Le streptocoque qui avait été retiré du premier abcès, peut encore être regardé comme variolique : il se laisse agglutiner par le sérum sanguin de certains cas dont l'évolution de la variole se prolongea par des complications diverses, mais il n’est déjà plus agglutiné par le sérum provenant de cas de variole à marche classique, rapide (1).

Le streptocoque trouvé à l’autopsie ne se laisse plus agglutiner par Île sérum sanguin d'un varioleux.

Le sérum sanguin du sujet lui-même, pris au moment des abcès, agglutine tres incomplétement le streptocoque de Vabcés. Le sérum recueilli à l'autopsie agglutine ce streptocoque davantage, mais n'agglutine presque pas le streptocoque trouvé à l'autopsie même.

La question se pose donc: nous trouvons-nous en présence d’une infection nouvelle, secondaire par d’autres streptocoques ou bien avons- nous sous les yeux des stades de modifications de la souche streptococcique, dans le sens développé plus haut.

En faveur de cette hypothèse peuvent être invoquées les altérations subies par le streptocoque dans l'exemple suivant : une souche de streptocoque variolique ou vaccino-variolique acquiert par des passages successifs par le lapin une pathogénité septicémique considérable pour le lapin, mais en même temps elle subit des modifications qui portent entre autres sur sa propriété d’agglutination : elle ne se laisse plus agglutiner

par le sérum du sang d’un varioleux.

(1) Comme les sérums des cas suivis de complications ne présentent pas réciproquement - des propriétés agglutinantes pour les streptocoques tirés des abcès et des autopsies de ces cas, il semble que les modifications éprouvées par le streptocoque ne se font pas

dans un sens déterminé, constant.

244 H. DE Ware ET E. Succ L'observation du mème phénoméëne pour d’autres streptocoques déterminés vient d’être publiée récemment par MEYER.

Action du sang du cas 49

sur les streptocoques avant et après une série de passages par l'organisme du lapin :

Contrôle |

Steg cas 0 ` cas 29 ER streptocoques

avant Javant japrés) apres i avant | aprés avant | apres 1:6 a [a y ກກກ” ານມ. 1:12 |!!! - | Me ., 1:25 Hy EH , url - 1:50 als le CS? an -- 1:100 [pi | Er -- ti 1:200 it -: +H = +t 7 -- 1:400 ut A] | - + 1 : 800 ech = Sc =

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| e Note : Le streptocoque du cas 0 a subi 18 passages, celui du cas 29, 15 passages et celui

du vaccin, 12 passages.

Et cependant le streptocoque que l'on tire des vaccins du commerce, et qui est identique, nous le verrons, au streptocoque variolique conserve bien ses propriétés d’agglutination malgré des passages de veau à veau longtemps répétés et non interrompus par un passage sur l’homme, saut pour le retrovaccin. Le tableau X fait cependant ressortir des différences entre les diverses souches. Le streptocoque du refrovaccin (vaccin suisse) est plus agglutiné que les autres, restés cow-pox véritables, et le streptocoque de la souche de variolo-vaccine créée par Voicr et qui très probablement se laissait agglutiner très fort à l’origine, ne l’est plus actuellement par une dilution 1 : 200.

Il est donc possible que les passages répétés par l'organisme d'animaux a réceptivité analogue à celle de l’homme, soit le veau, soit peut-être aussi le singe et le cheval, n’impriment au streptocoque en question que des modifications incomparablement moins intenses et moins rapides que celles que produisent des passages par les animaux à réceptivité faible et quali- tativement différente.

Le streptocoque de la vaccine.

Nous avons rappelé dans la bibliographie, en même temps que les recherches sur le virus variolique, les nombreux essais fait pour découvrir l’agent de la vaccine.

Nous ne reviendrons pas sur la discussion des dualistes et des unicistes

VARIOLE ET VACCINE 245

dont nn excellent exposé a été publié par Gazri-VALERIO dans le Central- blatt für Bakteriologie en 1899.

Sans méme s'en rapporter aux arguments en faveur de la theorie uniciste, de beaucoup la plus probable, mi a la conclusion encore plus afirmative de Nocarp, le fait de retrouver un streptocoque spécial d’une maniére constante dans la variole avait pour corollaire pour ainsi dire obligé, que le même micro-organisme se rencontrat dans la vaccine.

Nous ne nous étendrons pas sur les microbes divers qui se rencontrent dans les vaccins, ni au point de vue quantitatif, ni au point de vue quali- tatif. La bibliographie posséde, nous l'avons vu, des documents nombreux à ce sujet. Nous porterons seulement notre attention sur la recherche des streptocoques contenus dans le vaccin.

Le streptocoque, une fois qu'il y eut été signalé par LANDMANN, y fut retrouvé ou nié tour à tour par Îles auteurs qui suivirent. Ces résultats opposés peuvent s'expliquer par les différences dans les méthodes de recherche (Cf. Historique).

Généralement les streptocoques rencontrés avaient pour les animaux une certaine pathogénité. Ces essais d'infection sont faits tantôt avec le vaccin lui-même, tantôt avec des cultures pures obtenues après deux ou plusieurs passages en milieu artificiel, ce qui ne permet guëre de les coordonner ou d’en tirer des rapprochements, et l’on conçoit très bien le peu d'intérêt qui leur fut accordé.

Comme point de départ, nous avons étudié le vaccin produit par Institut vaccinogène de l'Etat à Bruxelles (pulpe vaccinale glycérinée) et tel qu’il est mis à la disposition des médecins belges.

Dans une culture sur agar, de 24 heures, faite avec ce vaccin aussitôt après réception (il est alors généralement âgé de 1 1/2 mois), on trouve toujours des colonies de streptocoques, parfois même extrêmement nom- breuses (P1. II).

Celles-ci sont repiquées et soumises à un essai d'identification par la méthode des agglutinations. La réaction est positive jusqu’a un taux très élevé. Remarquons qu’il ne nous est arrivé que trés cxceptionnellement de devoir rejeter comme non variolique une souche provenant du repiquage d’une de ces colonies.

Identification du streptocoque vaccinal.

Nous ne réunirons pas en un tableau spécial les réactions obtenues avec les divers streptocoques tirés du vaccin bruxellois et des autres vaccins que nous avons étudiés (voir plus loin), on les trouvera au cours des tableaux qui suivent (Cf. Tableau X). 17

TABLEAU IX. Le streptocoque vaccinal n'est pas agglutiné par le sérum sanguin des enfants nouveau-nés ou d'individus non vaccinés.

Agglutination du streptocoque vaceino-variolique du :

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248 H. De WAELE ET E. Succ

TABLEAU XI.

Cette propriété agglutinante, qui fait défaut avant la vaccination, existe dans le sérum sanguin immédiatement après celle-ci.

Action du sérum du sang:

de D. B. G., âgé de 13 ans,

avant la vaccination | apres la vaccination SE E ae nae i == = D 3 ETS 2 417] 2% ga | ¢ | | gaj g ke a % > > | > > 1:6 rl E ++ ໄກ Gritt 1:12 [ey l- 14 + A RER ER 1:2 | | - | - + ee nO 2 .ເ 1 + +++ ແຊ KSE: dea e A SE HH He Dt EE ER EE rt tt it tt 1:400 e | + HO - H 1 : 800 ຫ" á a = z a Contróle] | ;

TABLEAU XII.

De méme, elle apparait et augmente dans le sérum sanguin au cours de l'évolution de la variole, et ce, dans une proportion parallèle à l'accroissement décrit vis-a-vis du streptocoque variolique : donc le streptocoque vaccinal s'agglutine sensible- ment dans les mêmes conditions que le streptocoque variolique.

Action du sérum du sang :

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(215) TIX AVAIAVL

230 H. DE WaeELE Et E. Sua

Le streptocoque vaccinal (comme le streptocoque variolique cf. Tabl. VIII) n'est pas agglutiné par les sérums antistrepto- cocciques produits avec d'autres souches streptococciques, tels ceux de Moser, de Marmorek, de Denys, d'Aronson. (Voir au chapitre de la variole, Tabl. VIII.)

A propos des propriétés culturelles du streptocoque de la vaccine, on pourrait répéter ce qui a été dit de celui de la variole. Ici aussi les colonies sur agar sont généralement petites, vitreuses, et celles qui se présentent avec un centre et un bord épaissis dès les premières 24 heures, ne se manifestent pas comme streptocoques vaccinaux aux essais d’agglutination. Cependant la règle n’est pas tout à fait absolue, et l’on constate parfois une légère variabilité dans l’aspect des colonies. De même l'allure des chainettes peut présenter de faibles différences : ainsi dans une culture en bouillon, la chaînette de la souche Elberfeld a une certaine rigidité qu’on ne voit pas à celles des souches bruxelloise ou suisse.

Quant à la conservation des cultures, elle prête aux mêmes obser-

vations que celles formulées à propos du streptocoque varioleux.

De ce chapitre se dégage la déduction suivante : Déjà les essais positifs d’inoculation de la variole au veau et la

transformation du virus variolique en vaccin avaient permis à Nocarp

d'affirmer la parenté qui les unit et de présumer leur commune origine; maintenant que nous savons que par leurs propriétés d’agglutination, les streptocoques que l’on rencontre dans ces deux affections se rapprochent entre eux et se séparent des autres streptocoques, nous sommes amenés

plus près encore de la conception de l'identité des deux affections.

Le streptocoque vaccinal dans le vaccin.

Considérons maintenant le streptocoque vaccinal dans son milieu, au point de vue des particularités spéciales que celui-ci lui prête.

Un premier essai de culture fait avec du vaccin bruxellois, précisement en emploi à l'Hôpital, donna un résultat positif.

Il en fut de mème d'’envois demandés à intervalles successifs ct mis en culture aussitôt à la réception. Ils provenaient de huit veaux différents : 2798, 2799, 2801, 2803, 2804, 2810, 2815, 2818.

Un vaccin bruxellois que nous avons conservé, après réception, pendant un mois ct demi, ne donna plus de développement de strepto-

coques; a peine quelques rares colonics de staphylocoques se levérent

VARIOLE ET VACCINE 251

aprés 48 heures. Les essais de culture en bouillon furent un peu plus favorables quantitativement.

Un autre échantillon de vaccin de Bruxelles, du même àge, et encore en emploi à l'Hôpital, donna les mémes résultats.

Un vaccin reçu depuis 3 mois ne fournit plus de microbes cultivables, ni en bouillon, ni sur agar,

Il en fut de même d'échantillons plus âgés encore.

Rappelons que ce vaccin est glycériné.

Le directeur de l’Institut vaccinal suisse, M. le Dr Carını, a mis a notre disposition, avec une extrême obligeance, du vaccin de son institut. Ce vaccin avait été récolté le 3 décembre, 5 1/2 jours après l’inoculation, et fut reçu le 7 février. Par la culture sur agar, nous en avons retiré des colonies de streptocoque spécifique, dont les propriétés sont identiques à

celles des souches bruxelloises.

Le règlement du service vaccinogène de l’Académie de Paris ne permit pas de nous envoyer les échantillons de vaccin demandé.

M. le Dr L. Voicr a bien voulu nous faire parvenir sur notre demande du vaccin de la souche variolo-vaccinale qu'il a créée à Hambourg et entretenue par passages ininterrompus sur le veau. Prélevé au 19 mai au 5e jour après l'inoculation, il avait été mélangé immédiatement à 2 parties de glycérine pure et broyé le 27 mai; il nous est parvenu le 29 mai et fut immédiatement mis en culture. Celle-ci ne donna que de rares colonies de staphylocoques, mais dans l’eau de condensation de plusieurs tubes il se développa des streptocoques qui furent repiqués et soumis aux épreuves de l’agglutination. Tous présentaient cette propriété au mème taux. Ce vaccin fut également inoculé sur l’homme afin de retirer le streptocoque

de l’éruption produite.

Nous nous sommes procurés, par l'intermédiaire amical d’un confrère de Cologne, des vaccins de divers instituts allemands, tels qu'ils se trouvent dans le commerce. |

Hambourg (Pizza et ABei). D'après les renseignements joints à l'envoi ce vaccin avait été récolté le 19 janvier, au 5me jour d’eruption chez le veau. Il nous est parvenu le 9 février et fut immédiatement mis en culture, sans résultat. Sur des milieux de culture de choix (par exemple

additionnés de sérosités humaines) le résultat reste négatif, Tardivement

252 H. DE WAELE ET E. Succ

apparaissent quelques rares colonies chétives de staphylocoques et de diplocoques.

Weimar (PFEIFFER). Sorti le 7 février de l’Institut, reçu le 9 février. Dans les essais de culture on ne constate aucun développement microbien.

30 Elberfeld. Sorti de l'Institut le 6 février 1903. Reçu le 9 février : Essais de cultures: négatifs.

Cologne. Des indications précises nous manquent. Même résultat négatif en cultures.

Ainsi donc, il est facile de retirer du vaccin récemment recueilli un streptocoque qu’on reconnait comme vaccino-variolique par les épreuves de l’agglutination.

Mais à mesure que le vaccin devient plus âgé, le streptocoque, ainsi que les autres microbes qui sy trouvent, perdent la propriété de se laisser cultiver en milieu artificiel, Remarquons que tous ces vaccins sont glycérinés, or cette disparition progressive et rapide des germes cultivables correspond parfaitement à ce qui a été décrit (Cf. Historique) sous le nom de « action purificative de la glycérine. »

Nous avons vu, dans les travaux qui s'occupent de la question, que les streptocoques sont à peu près les premiers à ne plus pousser dans les cultures, puis progressivement disparaissent les autres germes et spécia- lement les pyogènes, à qui d'ailleurs il fut prêté le plus d'attention; les derniers qui résistent sont d'ordinaire quelques staphylocoques dorés et blancs (RosENAU).

Et pourtant ces vaccins restent inoculables à l’homme pendant un temps encore assez long, plusieurs mois en moyenne. Ce fait intéressant était déjà connu en 1883 par Kocu et fut remis en lumière par les défen- seurs de la glycérinisation du vaccin et particulièrement par les auteurs tels LANDMANN, DREYER etc., qui voulaient arriver à faire disparaître tous les pyogénes tandis qu'ils croyaient ne garder que le germe inconnu et « non cultivable » du vaccin (keimfreie Impfstoff).

CaLMETTE et GUERIN pretendent que cette disparition n'est pas absolue et que si on ensemence ces vaccins en bouillon et qu’on les laisse 2 à 3 jours á 370 ils donnent « constamment » lieu á un développement microbien.

Il est certain que les milieux liquides sont plus favorables que l'agar, à preuve que parfois, alors mème qu’il ne se développe pas de colonies sur lagar, on trouve une multiplication d’organismes dans le liquide de condensation. A cette observation se rattache la constatation de SCHULZ,

relevée dans la bibliographie.

A

VARIOLE ET VACCINÉ 253

Néanmoins, d’après nos résultats, le terme « constamment » de CALMETTE et GUÉRIN nous semble excessif.

Mais, si l’on inocule à l’homme un vaccin âgé, il est facile de retirer des vésicules produites, entre autres micro-organismes, un streptocoque qui a absolument les mêmes propriétés que le streptocoque qu’on peut retirer directement du même vaccin plus jeune. Nous avons pu réaliser l'expérience avec le vaccin de Bruxelles.

Avec les divers vaccins qui n’avaient plus montré de germes cultivables dans les milieux artificiels, nous avons inoculé des enfants non encore vaccinés, et ainsi recueilli et isolé des vésicules produites des streptocoques qui ont été reconnus vaccino-varioliques par la méthode des agglutinations.

Voici le détail de ces opérations (3 insertions par individu) :

Vaccin Hambourg (Pizza ct ABEL)

1 Résultat tardivement + 2 » + 3 » + 4 SES 5 + vésicules typiques dont on retire le streptocoque. 6 + » » » » » 7 À Vaccin suisse 1 -+ 2 -+ 3 + 4 + 5 + 6 + 7 SE š + 9 + 10 -}- dont on retire le streptocoque. 11 + dont on retire le streptocoque. 12 (revaccination). Vaccin Weimar 1 + 2 petites pustules. 2 4- 3 belles vésicules dont on retire le streptocoque. Vaccin Elberfeld I + 3 belles pustules dont on retire le streptocoque. | Vaccin Cologne 1 L Variolo-vaccin VoIGT I +- 3 belles pustules dont on retire le streptocoque.

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Thérapie, vol. XII. 18

254 H. De Ware ET E. Srcc

Pendant toute la période le vaccin ne donne plus de colonies en cultures mais il reste inoculable, le streptocoque parait donc se trouver à un état que l'on pourrait qualifier, faute d'un terme plus exact, de latent ct que l'on pourrait rapprocher de celui se trouvent des spores charbonneuses, sur lesquelles on a fait agir des antiscptiques pendant un temps trop court pour les tuer : elles ne donnent plus de cultures en milieu artificiel, mais inoculées à des souris, elle se développent ct tuent celles-ci.

Une question se pose donc : la glycérinisation du vaccin est-elle utile ?

Nous ne connaissons pas de travail consacré à l'étude de la diminution progressive du nombre de germes cultivables en milieu artificiel par l'effet du vieillissement simple du vaccin non glycériné. Nous ne disposons donc pas de données dont la précision égale celle des travaux de DREYER, DEELEMAN, KIRCHNER, PFUHL, et permette de les comparer avec ceux-ci.

Nous nous proposons de poursuivre nos recherches dans ce sens, nous bornant actuellement à signaler l'expérience suivante, déjà réalisée

D'un échantillon de vaccin glycériné depuis environ un mois (vaccin bruxellois) et donnant encore une culture abondante, on conserve une partie telle quelle, tandis qu'une autre partie est lavée sur filtre stérile avec la solution physiologique stérile et ensuite desséchée à l’étuve à 230. Avec chacun des produits, des essais de culture sont faits alors de mois en mois et on voit que la disparition des germes cultivables est à peu près parallèle dans les 2 séries.

On sait d’autre part, par le chapitre de la variole, que le vicillissement des croútes, sans addition de glycérine, permet de constater une diminution progressive dans la cultivabilité cn milieux artificiels des micro-organismes y contenus, et ce, en un délai sensiblement analogue.

Quoiqu'il en soit, les auteurs admettent généralement que l'addition de glycérine accentue les effets du vicillissement, c'est-à-dire hâte l'atté- nuation de la cultivabilité, en milieux artificiels, des germes divers que

renferme le vaccin(1), et l'on peut se demander s'il y a un réel avantage.

(1) Il semble que ce vieillissement se produise extrêmement tôt si la quantité de glycérine est forte et si elle est ajoutée de suite après la récolte. Dans certains instituts on ajoute d'abord 1 partie de glycérine à 1 partie de vaccin récolté et on le conserve ainsi; un ou deux mois après, au moment du broyage et de l'expédition, on ajoute un 2d volume de glycérine (Bruxelles). Dans d'autres instituts on ajoute directement 2 partics de glycérine á 1 partie de vaccin (VoicT a Hambourg). Entin dans certains instituts on atteint parfois la proportion de 1 partie de vaccin pour 3 de glycérine, variant cette quantité d'après l'äge et la virulence des récoltes (Berne). En Amérique la

moyenne serait de Go glo doe glyccrine.

VARIOLE ET VACCINE 255

Il est possible que le seul rôle efficace attribuable à la glycérine est celui d’entraver, pendant la conservation du vaccin, la multiplication des

germes étrangers plus vivaces que le streptocoque à la température orainatre.

Pluralité des streptocoques.

MARMOREK avait cru trouver, et il a défendu encore récemment sa manière de voir, un argument décisif en faveur de l'unicité des streptocoques dans le fait qu’on pouvait faire acquérir aux souches les plus diverses une pathogénité analogue pour le lapin, puisque, par des passages successifs, on pouvait les rendre toutes érysipélogènes et plus tard septicé- miques pour cet animal. De cette unicité des streptocoques il déduisait que toute affection streptococcique chez l’homme relevait de son sérum.

Devant les insuccès dans la pratique de la nouvelle méthode (actuelle- ment aisément explicables), NEUFEr.D alla jusqu'à prétendre que dans le sang de l’homme il n'apparait pas de substances immunisantes après une affection streptococcique.

PETRUSCHKY partageait la conviction de l'unicité des streptocoques, mais admettait la formation de substances immunisantes. Néanmoins il ne lui fut pas possible de répéter les expériences de MarMoREK et il met en doute l'action curative, mème préventive du sérum antistreptococcique de MaARMOREK.

BorDET, av contraire, put confirmer les résultats positifs attribués au sérum par son auteur, vis-à-vis du streptocoque correspondant.

ARONSON, à la suite d'une première série d'essais pour la préparation d’un sérum, arrive également a la conception de l’unicitc des streptocoques. Toutes les souches qu’il emploie, il les fait passer par l'organisme de la souris et constate que son sérum a des propriétés antitoxiques vis-à-vis de ses souches, alors que le sérum de Marmorek ou de.TAvEL n'en a pas. Notre travail montre (page 244) que précisément les passages par l'organisme des animaux, et ici en particulier par la souris, modifient les souches originales dans le sens de l'unification, vis-à-vis de la souris tout au moins et sont ainsi causes d'erreurs d'interprétation. MEYER a publié récemment une observation analogue.

De ces diverses études, sans donc trancher encore la question de l'unicité ou de la pluralité des streptocoques, il s'était dégagé que l'action immunisante et curative d'un sérum antistreptococcique ne se manifeste à un degré appréciable que vis-à-vis de la souche qui a servi à l’immuni-

sation. Maintenant que nous connaissons plusieurs affections à streptocoques,

256 H. DE WakLE ET E. Suce

nous en trouvons une confirmation dans le fait que l'une n’immunise pas contre l'autre. La nature le démontre surabondamment : un individu peut contracter successivement la rougeole, la scarlatine, le vaccine, parfois encore la variole, quoique toutes ces affections donnent une immunité de longue durée. Nous ne citons dans l'énumération ni la varicelle ni l'érisypèle qui n’assurent qu'une immunité beaucoup plus courte. Faisons remarquer de plus qu'un individu qui a traversé les fi¢vres éruptives, intervient le streptocoque, n'est nullement indemne d’angines ou d’affections pyogénes streptococciques, comme nous avons pu l’observer en clinique.

Ces faits plaidert déjà contre l'unicité des streptocoques.

SCHOTTMÜLLER (1903) cssaye d'établir une différenciation par l'absence, la présence ou l'intensité des propriétés hémolytiques des cultures faites sur milieux renfermant de l’hémoglobine.

MEYER (1902) s'écarte de la conception d'unicité des streptocoques, et ce, spécialement á propos des propriétés d'immunisation et d'agglu- tination, de méme SomMERFELD (1903), qui se base sur une étude com- parative des propriétés immunisantes et préventives des divers sérums.

On peut invoquer aussi la spécificité de la réaction immunisante du sérum antiscarlatineux de Moser.

Aussi les autres sérums antistreptococciques sont-ils actuellement tous polyvalents. Introduite par Denys, cette façon de faire est adoptée maintenant par TAVEL, ARONSON, MARMOREK. De plus d’une façon générale on évite les passages par l’organisme des animaux de laboratoire.

Et cependant, les travaux les plus récents accusent un retour vers l’ancienne conception de l’unicité des streptocoques.

ARONSON (1903) ne voit dans les réactions d’agglutination que des réactions individuelles, qui ne se rapportent donc pas à un groupe. On pourrait discuter la formation de ses groupes, mais sans nous engager dans les détails, nous opposons l’ensemble de notre travail à cette manière de voir.

MENZER (1903) défend aussi Punicité des streptocoques. Mais des circonstances extéricures, dit-il, peuvent influer énormément et dans des sens divers sur leurs propriétés biologiques.

On voit par nos tableaux, qu’au contraire de ces affirmations, les combinaisons multiples et variées des réactions d’agglutination présentent une constance de ces propriétés, telle que notre travail tout entier plaide absolument pour la pluralité des streptocoques avec des spécificités diverses,

et la possibilité de former des groupes définis.

VARIOLE ET VACCINE 257

Applications cliniques des sérums antistreptococciques de Marmorek, de Denys, d'Aronson.

Le róle d'agent d'infection concommittante au stade de suppuration, que l'on attribuait en partie au streptocoque, avait déjà suggéré des essais de sérothérapie.

Sous l'influence de la théorie de l'unicité des streptocoques on s'était adressé au sérum antistreptococcique, sans plus.

Ces injections furent pratiquées d’abord dans 6 cas par LiNpsay en 1899 ; elles furent reprises récemment par ScHouz, et l’auteur crut pouvoir conclure à un effet favorable. |

Les conclusions de notre travail modifient sensiblement la base du raisonnement sur lequel reposent ces tentatives et les développements qui précèdent sont de nature à éveiller des doutes quant aux succès à en attendre.

Pour reprendre ces expériences, nous nous sommes servis du sérum de Marmorek, de Denys et d’'ARONSON, en ayant soin de mesurer ໄລ température des malades à intervalles rapprochés.

Ces relevés sont exprimés par les courbes thermiques ci-dessous :

GEI Ht |

alt, AMAIA EE "າວນ

Cas $9. D. B. G., 6 ans, vaccinée ?. V'ariole d'intensité moyenne. Injection de ro c.c. 4- 10 c.c. de sérum de MARMOREK.

Cas 6%. 7). B. A., 21 ans, jamais vacciné. Variole confluente. Injection de 10 +- 10 + 10 c.c. de sérum de MABMOREK. Cas 61. -- V.E. ]., 52 ans, vacciné dans l'enfance. Varioloide. Injection de 20 c.c. de sérum de MARMOREK.

2

> EE

| , | | | ) | ) |] 1 .

HH HE ຊ) |) |) ໄ] ) . ) use

Cas OS. F. M., 42 ans, vacciné dans l'enfance. Variole moyennement grave. Injection de 150 c.c. de sérum de Denys. Cas DZ. C. 4., 5 ans, non vacciné. Variole confluente grave. Injection de So c.c. de serum de Desvs.

258 H. De WaeELeE ET E. Succ

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f | y” I : f t La L f 4 Lg + £ HA $ x A £ A a A À > O YA I AYA $ $ += $ | A Mh, I I 324

Cas $3. - G. l... 56 ans, vacciné dans l'enfance. Variole hémorragique. Injection de to -| 20 c.c. de sérum d ARONSON.

Cas 95. - vV. D. W.E., 25ans, jamais vacciné. Variole hémorragique. Injection de 3oc.c. et 10c.c. de sérum d'A kONSON.

Cas $9. - C. P., 28ans, vacciné dans l'enfance. Variole moyennement grave. Injection de 20 c.c. de sérum WII OC?

Cas 91. O E. ro ans, non vacciné. Variole confluente grave. Inj. de 20 4- 10 c.c. de sérum d’ A RONSOX.

Ces graphiques confirment bien ce que nous avions présumé.

On n'y retrouve pas ces chutes caractéristiques de l'action d’un sérum cfhcace.

L'injection n'a pas non plus d’action sur la période de suppuration.

Les chutes de température qui se sont produites après des injections faites au début de la période de défervescence du stade d'invasion ne peuvent pas être attribuées d'une façon un peu certaine au sérum, car en dépit de l'injection, on voit la température suivre encore sa marche ascendante pendant plusieurs heures. Ce fait est surtout manifeste dans la courbe thermique du cas 61 (varioloide).

Une faible action (cas 89) pourrait pourtant étre attribuée au sérum d’ARONSON, ce que les épreuves d'agglutination laissaient soupçonner d'ailleurs (Cf. tableau d’agglutinations VII).

Au contraire les succès signalés dans la scarlatine avec le sérum antistreptococcique scarlatineux de Moser, permettent d'espérer que l’on obtiendra assez facilement avec le streptocoque spécial tiré des cas de variole un sérum thérapeutiquement efficace.

Nous reviendrons ultérieurement sur nos expériences d’immunisation des chevaux.

VARIOLE ET VACCINE 259

Valeur étiologique du streptocoque variolique.

Nous ne discuterons pas encore la question de savoir si le streptocoque variolique intervient seul dans Vétiologie de la variole ou de la vaccine.

Outre les reactions d'agglutination, décrites dans ce travail, et l’impor- tance qu'on leur accorde pour d'autres affections, on pourrait invoquer à l'appui de cette interprétation les résultats favorables obtenus par le sérum antistreptococcique scarlatincux de Moser.

Mais même pour cette affection, certains auteurs soulèvent l'hypothèse de l'existence d'un micro-organisme encore inconnu, vivant en symbiose avec le streptocoque.

Il résulte de nos recherches que dans la variole, la rougeole et la varicelle interviennent aussi des streptocoques à propriétés spéciales. Ces’ faits rendent la supposition de la symbiose moins probable.

De plus, nous avons démontré que linoculation de vaccin animal à l'homme et l'évolution de la vaccine qui y fait suite, provoquę l'apparition, à un haut degré, des propriétés agglutinantes vis-à-vis du streptocoque variolique; encore se montre la grande importance du streptocoque vaccino-variolique.

Mais, comme dans l'étude des streptocoques en général il y a encore de trés nombreuscs inconnues, nous ne voulons pas encore, de la seule méthode des agglutinations, déduire le rôle étiologique du streptocoque variolique, quoique l'on se soit cru autorisé à une pareille conclusion dans la question de la fièvre typhoïde et que tout récemment Korse et GOTSCHLICH (Deut. med. Woch., 23 Juillet 1903) considèrent cette méthode comme suffisante pour établir lidentité ct la spécificité des souches de vibrion

du choléra.

Le streptocoque variolique n'est presque pas pathogène pour le lapin ou pour le cobaye. On peut le rendre pathogène pour une espèce animale, entre autres méthodes, par des passages successifs, mais dès lors, il perd ses propriétés caractéristiques {Voir p. 244).

Le nombre d'animaux sur lesquels l'expérience peut se faire utilement, se trouve ainsi notablement réduit, ce sont ceux qui prennent la vaccine.

Par là, les conditions d'expériences deviennent plus difficiles et plus longues, d'autant plus qu'elles se compliquent de questions d'ordre général sur les streptocoques.

Comme ces expériences demandent un temps assez long, nous nous sommes décidés à publier dans le présent travail ce qu'on pourrait

appeler la partie clinique de nos recherches,

260 H. DE Ware ET E. Succ

Dans une seconde publication nous réunirons, comme partie expéri- mentale, les recherches sur la pathogénité des souches streptocciques que nous avons isolées de la variole.

C'est après l'exposé de ces expériences que nous nous prononcerons d'une façon ferme sur la spécificité du streptocoque variolique dans l'étiologie de la variole et de la vaccine.

Sérodiagnostic.

Dès maintenant, on peut baser, croyons-nous, sur les données de notre travail une méthode de sérodiagnostic de la variole.

Pour un individu jamais vacciné et peut-être pour celui dont la vaccination remonte à de nombreuses années, il est simple. Nous savons qu’à l'apparition de l’exanthème la maladie a déjà une certaine durée et qu'il s’est déjà forméc une assez forte quantité de substance agglutinante.

Pour undndividu qui a été vacciné, il y a naturellement une cause d'erreur et le sérodiagnostic doit être complété par la recherche du strepto- coque spécial dans le sang de l'individu.

La méthode des agglutinations permet de plus de faire le diagnostic différentiel de la variole de la varicelle en se rappelant que l'immunisation contre la varicelle n’a qu’une durée très éphémère. Il suffit donc de posséder les deux souches streptococciques et d'y faire agir le sang de l'individu suspect.

Nous ne nous cachons cependant pas que par suite des difficultés pratiques d’avoir constamment des cultures suffisamment homogénes pour l’agglutination, le serodiagnostic de la variole ne pourra pas toujours se faire en un délai aussi court que celui de la typhoide, et n’atteindra pas, pour Je moment du moins, l'importance de celui-ci.

Maintenant que nous connaissons l'intervention d'un streptocoque spécial et dans la scarlatine et dans la variole, il est permis de croire à la présence de streptocoques spéciaux dans d'autres affections fébriles éruptives.

Nous avons entrepris des recherches dans ce sens avec un résultat positif. En nous basant sur les réactions d'agglutination, il nous a été possible d'isoler et de caractériser des souches de streptocoques spéciaux pour la rougeole et pour la varicelle (Cf. pages 215 ct 240).

Et en étendant par analogie ces données dans le domaine de la pathologie animale, on peut se demander si dans la clavelée on ne

rencontrerait pas également un streptocoque spécial. En effet, la clavelée

VARIOLE ET VACCINE 261

est étroitement apparentée aux affections précédentes. GALLI-VALERIO, dans son étude sur l’état actuel de la question, ainsi que les principaux auteurs de médecine vétérinaire, insistent sur cctte parentée : tels FRIED- BERGER et FRÔHNER, NocaRD et LECLAINCHE. D’après ces derniers « il est à priori évident que l'élément de la contagion est analogue à celui de la

vaccine et de la variole ».

Conclusions. I. Dans le sang prélevé aseptiquement du cœur, à l’autopsie de tout varioleux, on trouve du streptocoque pur. Le nombre varie avec le stade, avec prédominance pour le stade papule et papulo-vésicule.

II. On retire également ce streptocoque pur du sang pris sur le vivant; ainsi que des manifestations éruptives avec prédominance pour le stade de la vésicule développée.

III. Le streptocoque, retiré pur du sang varioleux et des mani- festations éruptives, est agglutiné par le sang de tout varioleux.

Le sérum sanguin d’un varioleux quelconque agglutine chacun des streptocoques tirés des cas de variole.

Le sérum sanguin d’un varioleux n’agglutine pas les autres strepto- coques, exceptés ceux, spécifiques d’autres affections que le malade aurait traversées : tels le streptocoque de la vaccine, celui de la scarlatine, celui de la rougeole.

Le sérum sanguin de tout individu vacciné agglutine le streptocoque variolique, mais ordinairement à un taux moindre qu'après une atteinte de variole. | |

Le sérum sanguin d'individus non vaccinés ou d’enfants nouveau-nés n'agglutine pas le streptocoque variolique.

La propriété agglutinante du sérum sanguin vis-à-vis du streptocoque variolique naît et s’accroit au cours de l'affection.

On ne constate pas un accroissement comparable de la propriété agglutinante vis-à-vis d’autres streptocoques.

Des sérums antistreptococciques faits avec d’autres streptocoques, tels celui de Moser ou bien les sérums polyvalents de MARMOREK, d'ARONSON, de Denys, n’agglutinent pas le streptocoque variolique, alors qu'ils agglutinent à un haut degré le ou les streptocoques qui ont servi à leurs préparation.

La propriété agglutinante existe également dans la sérosité des

manifestations éruptives.

262 H. De WAELE ET E. SUGG

IV. On retrouve le streptocoque variolique dans les croûtes, et aussi dans l’air des salles des varioleux il est porté par des poussières.

V. Ce streptocoque pénètre dans l'organisme humain généralement par les voies respiratoires et la variole débute dans les 2/3 des cas par une angine dont les produits catarrhaux sont infecticux.

L’angine correspond alors à la première ascension thermique. De le streptocoque se répand dans le sang et s’arréte dans la peau (stade papule), il prolifère (stade vésicule), produisant ainsi la 2de ascension thermique. Cette infection périphérique est vaincue par l'invasion leucocy- taire (stade pustule} et, tandis que sous la lésion l’épiderme se sépare, la pustule se dessèche et devient croùte.

VI. Dans les abcès post-varioliques on peut retrouver le streptocoque variolique. Une septicémie postvariolique peut être provoquée par le streptocoque variolique. Mais ce streptocoque subit au cours de ces complications des modifications qui tendent à en altérer les propriétés caractéristiques. Ces altérations se reproduisent expérimentalement chez les animaux.

VII. Des divers vaccins on retire un streptocoque qui présente des propriétés d’agglutination identiques à celles du streptocoque variolique.

Le streptocoque vaccinal n’est pas agglutiné par le sérum des enfants nouveau-nés ou d'individus non vaccinés.

Il est agglutiné par le sérum sanguin de tout individu vacciné ou variolé, donc aussi par le sérum de mères vaccinées dont le sérum de l’enfant nouveau-né n’agglutine pas.

Cette propriété agglutinante, qui fait défaut avant la vaccination, existe dans le sérum sanguin inmédiatement après celle-ci.

De même, elle apparait et augmente dans le sérum sanguin au cours de l’évolution de la variole et ce, dans une proportion parallèle à l’accrois-

sement décrit vis-à-vis du streptocoque variolique.

VIII. Donc, le streptocoque vaccinal s’agglutine sensiblement dans les mèmes conditions que le streptocoque variolique. Ces deux streptocoques peuvent donc être considérés comme identiques.

IX. Par l'addition de glycérine au vaccin, il peut devenir difficile,

quand le vaccin est âgé, d'y démontrer la présence du streptocoque par la

VARIOLE ET VACCINE 263

simple culture. L'inoculation à Phomme permet de le retirer de la vésicule

formée.

X. Les propriétés d'agglutination, décrites ci-dessus, sont donc spécifiques pour le streptocoque variolique et vaccino-variolique.

XI. Les données du travail tout entier tendent à faire admettre la pluralité des streptocoques, et la possibilité de constituer des groupes. définis.

XII. Aussi l'injection de sérums antistreptococciques, non spécifiques pour le streptocoque variolique, tels celui de Denys, celui de MARMOREK, celui d’ARonson, sont inefficaces au point de vue thérapeutique dans la.

variole.

"XIII. Les reactions d'agglutination établissent la possibilité d'un

sérodiagnostic de la variole.

En terminant ce travail, nous exprimons nos remerciments les plus vifs,

d’abord A notre chef, M. le professeur R. BoppaErT, directeur de la clinique interne à l’Université de Gand,

à M. le Dr L. Cruyr, chef de service à l'Hôpital civil de Gand, dirigeant le quartier des varioleux, qui s’est empressé de mettre son service à notre disposition avec la générosité la plus large,

aux internes qui se sont succédés au quartier des varioleux : MM. G. Lesouco, Mares, De MEULEMEESTER, DELPLACE et D'HOORME, pour l'aide dévoué qu'il nous ont prété, enfin

a M. D’Hoxor, directeur de l’Höpital civil de Gand, que nous avons toujours trouvé prét á nous seconder dans les circonstances relevant de son

domaine.

Gand, I août 1909.

264 HL De Waete et E. Succ

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270 H. De WAELE ET E. Suca

Explication des Photogrammes. PLANCHE I. Fig. 1. Streptocoques dans un frottis de sang du cas 29. X goo. La présence d'une capsule partiellement colorée autour du streptocoque a enlevé à celui-ci une partie

de sa netteté.

Fig. 2. Streptocoques dans le frottis de la rate du cas 29. X 900. Fig. 3—6. Agglutination du streptocoque, pour justification des signes employés dans

les tableaux. Fig. 3. Culture homogène de streptocoque en bouillon (—)., MX 300. Fig. 4. Agglutination légère {—). X 300. Fig. 5. » moyenne (-+--+|-). X 300. Fig. 6. » forte (-++--}-). X 300. Le procédé de reproduction n'a pas permis de conserver aux streptocoques, vu le

faible grossissement, la netteté désirée bien qu'elle existe sur le négatif original.

PLANCHE II.

Fig. 1. Culture de 48 heures, sur agar, de Vaccin Bruxellois ensemencé au moment de la réception de celui-ci. gr. nat. Fig. 2. Coupe de l'amygdale du cas 32; partie de la surface pharyngienne.

Desquammation épithéliale.

À, B : détritus cellulaires et micro-organismes. C: vaisseaux thrombosés. X 80.

Fig. 3. Coupe de l'amygdale du cas 32, partie profonde ; invasion du tissu adénoïde interfolliculaire par le streptocaque variolique disposé surtout en diplocoques. X 000.

Fig. 4 (dessin). Eruption, stade papule, coupe paralléle a la surface de la peau au niveau de la couche des papilles dermiques; groupe de microcoques dans la base d'une papille. X goo.

PLANCHE III.

Fig. 1. Eruption, stade vésicule débutante, coupe perpendiculaire à la surface de la peau. X 100.

E : papilles du derme. D : lamelles cornées superficielles. F : epithelium normal. C : épithélium en dégénérescence. B : exsudat vésiculaire. A : vacuoles

renfermant des éléments cellulaires (épithéliaux et leucocytaires) en dégénérescence.

Fig. 2. Eruption, stade vésicule développée. coupe perpendiculaire à la surface de la peau. X 100. La vésicule est fortement étalée en champignon.

C: partie centrale de l'élément éruptif. A : éléments cellulaires en dégénérescence

au milieu desquels se trouvent de petits amas de streptocoques.

PLANCHE IV.

Fig. 1. Eruption., stade pustule, coupe perpendiculaire a la surface de la peau. X 25.

A : lamelles cornées superficielles. C : Epithélium normal. E : trainées vascu- laires du derme entourées d'éléments inflammatoires. D : reste épithélial entre deux parties s'est faite la perforation de l'épiderme. B : follicule pileux.

Fig. 2. Eruption, stade pustule, extrémité droite de la figure précédente. X 100.

D : épithélium normal. C : Lamelles cornées superficielles A : éléments cellulaires en dégénérescence, surtout leucocytaires, dus a l'invasion inflammatoire. Il

n'y a plus que de rares restes de cellules épithéliales. B : trabécules cloisonnants.

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Aus DEM INSTITUTE FUR PHARMAK. U. PHYSIOLOG. CHEMIE zu ROSTOCK. (DirEkTOR : ProF. R. KOBERT.)

Beitrag zur Lehre über Melanin und Glycogen in melanotischen Geschwülsten ‚nebst Bemerkungen über Wirkung und physiologisch-chemisches Ver- halten einiger Pigmente bei künstlicher Einfuhr.

VON

Dr DANIEL HELMAN,

aus Lodz ‘Ruas.- Polen’.

Mit einer Doppeltafel.

Dank Prof. Koperr wurde ich in die Lage versetzt einige Unter- suchungen über Glycogen und Melanin in den sie enthaltenden Gewcben sowie auch Thierversuche mit dem Farbstoff vornehmen zu können.

Äusserer Umstände halber war ich leider nicht im Stande das Vorge- nommene in der Weise und Ausführlichkeit zu bearbeiten, wie ich es anfangs beabsichtigt habe. Nichtsdestoweniger gelang es mir cinige That- sachen festzustellen, deren Veröffentlichung nicht ohne Interesse sein

dürfte. Ohne meine Schuld erfoigt der Abdruck sehr verspätet.

I.

Nachdem das Glycogen von C1.. BERNARD und Hansen in der Leber entdeckt worden war, ist es bald ein Gegenstand vieler Untersuchungen geworden, namentlich wegen seiner Wichtigkeit für die Lehre der Leber- functionen und des Diabetes mellitus. Auch sein Vorkommen in den Muskeln erwies sich bald als von grosser physiologischer Bedeutung.

Dieses Kohlenhydrat bildet ferner einen geringen aber constanten und wichtigen Bestandtheil fast aller in Entwickelung begriffenen Zellen des

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XIIs 19

272 DanıeL HELMAN

thierischen und menschlichen Organismus. Endlich wurde es auch in manchen kryplogamischen Pflanzen, wie Ascomyceten, in Tuber melanos- porum, Aethalium scpticum, Mucor Mucedo, Saccharomyces cere- visiae, etc. gefunden (Künnxe). Bürschtı hat es später auch in Gregarinen, Infusorien, Cestoden, etc. nachgewiesen. In Eingeweidewürmern ist es sogar recht reichlich enthalten. Aus Schnecken stellte es LANGE in unserem Institute dar. In den Organen des Embryos wird es fast überall und zwar ebenfalls in relativ grossen Mengen aufgefunden (BERNARD, KÜHNE).

Im Allgemeinen bildet das Glycogen einen Bestandtheil aller solcher Gewebe, in welchen ein lebhaftes Zellenwachstum vorhanden ist; dadurch finden wir auch das Glycogen bei pathologischen Zuständen, wo eine Zellenproliferation und Zellenproduction stattfindet, wie z. B. in bósartigen Neubildungen, die sich gewöhnlich sehr rasch entwickeln. Nach Lunarscu ‘1) wird das Glycogen als pathologisches Product in nachstehenden Fallen aufgefunden :

1) im Blute bei Vermehrung des Zucker- und Peptongehaltes (GABRIT- SCHEWSKY), bei kachektischen Zuständen ın Folge von chronischen Magen- und Darm- Catarrhen, Lungen- und Knochentuberculose (Czerny). Das Auftreten des Glycogens ist hier nach Lusarsch durch Gewebszerfall bedingt.

2) in weissen Blutkörperchen bei Entzündungen und Eiterungen (EHRLICH).

3) In den Nierenepithelien besonders in Hexre’schen Schleifen bei Diabetes (EHRLICH, PascHuTIN, ABELES, FRERICHS) und endlich

4) in bösartigen Geschwiilsten, wo das Glycogen « Ausdruck eines veränderten und gesteigerten Stoftwechsels der Zellen ist ». (LANGHANS, NEUMANN und and.).

Uns hier interessirt die Frage der Glycogenbildung in den Ge- schwülsten.

NEUMANN (2; war der erste, der in den Neubildungen Glycogen nach- gewiesen hat. Die ausführlichsten Untersuchungen über diesen Gegenstand verdanken wir Lancuans (3). Auf Grund einer sehr grossen Anzahl von Untersuchungen (über 1000 Tumoren) kam LanGHans zum Schlusse, dass das Glycogen nur in einer geringen Zahl der Neubildungen (20 ®..) sicher nachgewiesen werden kann, viel häufiger dagegen wird es gänzlich vermisst.

LubarscH (1) konnte diesc Thatsache bestätigen. Er erweiterte die Lehre über Tumorenglycogen und hat manche Thatsachen festgestellt,

die grosses Interesse verdienen : ın den entzündlichen Granulations-

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN. 273

geschwülsten, wie Tuberkel, Gummata, Leproma, Actinomycosis, Lym- . phoma, war Glycogen niemals gefunden, obgleich die Untersuchung gleich nach der Operation vorgenommen wurde. In den meisten gutartigen Geschwülsten, wie Fibromen, Myomen, Osteomen, Angiomyomen und Leiomyomen fehlt auch das Glycogen regelmässig.

LusarscH hat auch bemerkt, dass die Geschwülste des Greisenalters viel weniger Glycogen enthalten, als z. B. Hodentumoren oder Knochen- sarcome, die bei jugendlichen Personen auftreten. Eine Ausnahme bilden nur die hypernephroiden Tumoren der Niere, die mehr dem reiferen Alter eigentlich sind und eine grosse Menge Glycogen enthalten.

Bevor ich zur Beschreibung der durch mich untersuchten Fälle über- gche, möchte ich noch im Kurzen das Verhalten vom Glycogen zum Melanin erwähnen.

Gestützt auf microscopische Prüfungen hat LusarscH den wichtigen Satz aufgestellt : Glycogen und Melanin schliesen sich gegenseitig aus. In melanotischen Geschwülsten konnte er nämlich nie Glycogen nachweisen.

Diese Thatsache, welche meines Wissens noch von niemand nachgeprüft worden ist, verdient eingehend studiert zu werden, und darum habe ich auf diesen Punkt besonders geachtet. Ein analoges Verhältniss liegt, wie RosENFELD (4) behauptet, zwischen Fett und Glycogen vor. In der Fütterungsleber und in der Phosphorleber schwindet das Glycogen, auch die Chloroformleber ist fetthaltig aber glycogenfrei. Die Fettleber nach Pancreasextirpation zeigt reine Fettinfiltration verbunden mit Aglycogenie. Füttert man die Tiere mit Zucker, so findet man in der Leber wohl reichlich Glycogen, aber kein Fett. Lässt man die Tiere nach Phloridzin- vergiftung weiterleben, so bildet sich Glycogen, aber das Fett verschwindet.

Andererseits theilen Descrez und BoucHarD (5) mit, dass sie auf Grund einer grossen Anzahl von Tierexperimenten zum Schlusse gekommen sind, dass das Fett eine Quelle für Muskelglycogen sei, dass

ferner das Muskelglycogen sich vornehmlich durch unvollständige Oxy- dation des Fettes bildet.

Handelt es sich nun bei den melanotischen Tumoren um eine Umwandlung des Glycogens in Melanin, oder besitzen die melanotischen Geschwülste eine eigenthümliche Eigenschaft, dass sich in ihnen das Glycogen nicht bilden kann?

Es liegen mehrere indirekte Beweise für die Richtigkeit der ersten Anschauung vor, obgleich die Thatsache selbst noch nicht festgestellt

wurde. Wir werden noch später auf diesen Punkt zurückkommen; hier

274 DANIEL HELMAN

möchte ich noch den Lusarscıren Satz citieren : « Auf Grund des Nachweises der glycogenbildenden Thätigkeit der Nebenniere nehme ich an, dass diesem Organ die Function zukommt, aus dem im Blut- und Saftstrome zugeführten Materiale cine eigenthümliche, in der Glycogen- bildung ihren Höhepunkt erreichende Modification des Eiweisses herzu- stellen, welches an anderen Stellen zur Pigmentbereitung benutzt werden kónnte. » Lurarscı bestätigt also die Möglichkeit der Entstehung des Melanins aus Eiweisstoffen und seine nahe Verwandschaft zum Glycogen. Ich brauche wohl nicht erst besonders anzuführen, dass die modernen Anschauungen über die im Eiweissmolekül enthaltenen Komplexe nicht recht zu dieser Anschauung passen, und dass daher einige neue Analysen erwünscht sein mussten.

Die Tumoren, die ich zur Glycogen- und Melaninbestimmung ver- wendet habe, stammen aus der chirurgischen Klinik und aus dem anatomo- pathologischen Institute in Rostock, mauche auch aus Wien und Graz, und wurden mir durch Prof. KoBERT, GARRÉ, A. THIERFELDER, KRETZ und CHıarı in liebenswürdiger Weise geliefert, wofür ich an dieser Stelle ` meinen innigsten Dank aussprechen möchte,

Zur Darstellung des Glycogens und Melanins hahe ich fast alle empfohlenen Methoden angewendet, wobei ich mehrfach mich überzeugen konnte, dass doch die älteste, die Brüke-Kü:.z’sche Methode gleichzeitig die beste ist. Um unnöthige Wiederholungen zu vermeiden werde ich beı der Beschreibung der Tumorenuntersuchungen gleichzeitig auch die

angewendete Methode ausführlich angeben.

TUMOR 1.

Fibrosarcom aus dem Rücken okne Pigment (Prof. Garri). Die Untersuchung wurde vorgenommen 3 Stunden nach der Operation, welche vom Prof. GARRE selbst ausgeführt wurde. Das Gewicht des harten äpfelfürmigen Tumors betrug 24 gr. Microscopisch untersucht zeiet der Tumor schr verschiedene characteristische sarcomatose Zellen, zwischen denen viel interstitiales Gewebe vorhanden war. ı2 gr. des Tumors wurden nach der Brücke 'schen (7) Methode bearbeitet. Er wurde ın kleine Stückchen zertheilt. in einer Reibschale zerricben, und dann in 2 0/o KOH-Lösung mehrere Stunden (3) tüchtig gekocht. Der gewonnene Brei wurde danach durch ein Leinwandtuch colirt und das Filtrat so lange mit Salzsäure und Kaliumquecksilberjodid (BRÜCKE sches Reagenz) behandelt, bis das Reagens keine Trübung mehr mit dem Filtrate ergab. Der Zusatz der Brückr'schen Lösung hat, wie bekannt, den Zweck, die noch in Lösung betindlichen eiweissartigen Stoffe und den beim Kochen entstandenen Leim auszufällen. Nach Entfernen der Eiweisskörper wurde zu dem Filtrate 2 faches Volumen absoluter Alcohol zugegeben. Es bildete sich bald eine Trübung und am nächsten Tage entstand am

Boden des Gefasses ein schneeweisser Niederschlag, der nach Abíiltriren, Auswaschen

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN 275

mit Alcohol, Aether, Austrocknen bei 110° in Thermostat und endlich im Exsiccator über H:SO4, 0,0358 reines Glycogen gab, das alle ihm eigenthumliche physikalische und chemische Eigenschaften besass. Dre Glyeogenmenge betrug also 0,278 ¢' des frischen Tumors. Nach Kochen mit 2 °/o Schwetelsaure und Neutralisiren mit NaOH bekam das Gly- cogen die Eigenschaft, dice Fenzing’sche Losung zu reduciren. Die Gahrungsprobe wurde in diesem Falle nicht vorgenommen.

Von dem anderen Theile des Tumors (12 gr.) wurde das Glycogen nach der von Kıstiakowski (8) empfohlenen Methode abgeschieden. Im Gegensatz zu allen anderen Vertahrungsweisen (Auskochen der Gewebe ın 2 0/0 Kalilosung) verwendet KısTIakowSski die Kälte und schwache Säurelösungen, die aber doch stark genug sind, um die diastatischen Fermente unwirksam zu machen und keinen Uebergang des Glycogens in Zucker statttinden zu lassen. Der in kleine Stückchen zerschnittene Tumor wurde in einem abgekühlten Mörser tüchtig zerrieben und dann mit kalter ole Salzsäurelösung mehrere Mal ausgezogen. Diese Manipulation musste 10—12 Mal wiederholt werden, bis das Extract keine Reaction mehr auf Glycogen gab. Hierauf wurde der Extract mit der BRUCKE'schen Quecksilberjodidjodkaliumlosung behandelt, der Eiweissniederschlag entfernt und das Filtrat mit 2-fachen Volumen Alcohol versetzt. Das Gewicht des gewaschenen und getrockneten Glycogens betrug 0,0288, also weniger als bei der ersten Hälfte des Tumors. Die durch Kochen des Glycogens mit verdünnter H:SO; entstandenen Zuckertlüssigkeit gab eine sehr deutliche TROMMER'sche Reaction. Bei Gährung bildete sich etwas Kohlensäure, die aber wegen ihrer geringer Menge nicht quantitativ bestimmt werden konnte.

Hierbei möchte ich erwähnen, dass diese Methode ziemlich viel Zeit in Anspruch nimmt und dass trotzdem mittelst derselben das Glycogen nicht gänzlich aus dem Gewebe ausgezogen wird, wovon ich mich überzeugen konnte bei Nachprüfung des gebliebenen Breies. Der Vortheil dieser Methode liest darin, dass man beı diesem Verfahren das Glycogen in seiner natürlichen Beschaffenheit, so wie es in dem Gewebe enthalten ist, erhalt.

TUMOR NO 2.

Granulom auf der Basis eines Naevus entstanden (Prot. GARKE). Der Tumor bildet eine leicht pigmentirte Granulationsgeschwulst, die nach Entfernung des Fettgewebes 1,36 gr. Gewicht hat. Der Tumor wurde sofort nach der Operation in kleine Stuckchen zerschnitten. in einem Morser zerrieben und dann mit 2 °/o KOH-Losung gekocht. Die Eiweisskörper wurden wie gewöhnlich mittelst der Bruckeschen Losung ausgefallt und das klare Filtrat mit dem 2 fachen Volumen absoluten Alcohul versetzt.

Erst nach 3 Tagen entstand auf dem Boden des Gefasses ein schr geringer schmutzig grauweisser Niederschlag. der nach Abnhltriren und Trocknen sich nicht in warmem Wasser loste. Mit verdünnter H:SO, gekocht gab er keine Spuren von Zucker, d. h. die TROMMER' sche Reaction tiel vanz negativ aus.

Diese Analyse liefert also einen neuen Beweis dafür, dass die Granulome kein

Glycogen enthalten.

TUMOR 3.

Dermoidcyste des Mundbodens (Ranula), op. von Prof. GARRÉ. Eine glatte weich-

fluctuirende Geschwulst von Huhnereigrosse. Von dem reichlichen weissen kaseartigen

276 DANIEL HELMAN

Inhalt wurden 20 gr. entnommen und nach Methode von SaLkowsk1 bearbeitet. Die kasive Masse wurde in 2co gr. siedendes Wasser geworfen und zum starken Sieden erhitzt, unter Zusatz einer Spur Essigsäure, wobei sich eine Menge von Eiweisskörpern ausgeschieden hat.

Die Masse wurde dann durch Leinwand colirt und abgepresst. Das Filtrat bis etwa 109 gr. eingedampft und dann mit dem BrUckE'schen Reagens versetzt. Das nach Entfernung der Eiweisskorper gewonnene Filtrat war wasserklar, farblos und gab mit Jod keine deutliche Reaction auf Glycogen.

Nichtdestoweniger habe ich 25 gr. des Filtrates mit dem 2 fachen Vol. Alcohol versetzt, wobei momentan eine deutliche Trübung entstand, die nach 18 Stunden einen weissen Niederschlag gab, welcher alle characteristischen Eigenschaften des Glycogens besass. Aus 20 gr. dieses Tumors wurde 0,0145 Glycogen gewonnen, d. h. 0,072 ole,

Die TRomMER'sche Reaction gab einen relativ volumindsen rothlichen Niederschlag. Auch die Gahrung tiel positiv aus. |

TUMOR 4.

Myoma uteri, operirt von Prof. GARRÉ. Eine sehr grosse, harte, apfelformige Geschwulst von 1200 gr. Die Untersuchung wurde erst am 3. Tag nach der Operation vorgenommen. 1/4 des Tumors. also 300 gr. habe ich nach Vorschlag von Küz (ro\ ın Stücke zerschnitten, in ı Liter siedendes Wasser geworfen und eine 1/2 Stunde tüchtig durchgekocht. Die ganz weich gewordenen Stückchen wurden dann in einer Porzellan- schale zerrieben, zerdrückt und der Brei zurück in das Wasser gebracht, nachdem demselben 10,0 KOH zugefügt worden war. Nach Eindampfen bis 200 gr. Volumen, Erkalten, Neutralisation mit HC], Fällen mittelst Brücke’ scher Lösung, und Abitiltriren, bekam ich eine milchige Flüssigkeit, die sich nicht abfiltriren liess. Bei Zusatz von KOH verschwand die Trübungr, die kleinste Spuren von verdünnter Salzsäure ricfen sie wieder hervor.

In Paraftin loste es sich nicht; es war also kein Fett. Nach Zusatz von Alcohol wird die Flüssigkeit ganz klar; sie wurde danach mit dem 2 fachen Volumen Alcohol behandelt. Schon nach zo Stunden entstand cine sehr reichliche Menge weissen Niederschlages. Um die Reste der Eiweisskörper vollstän-lig zu entfernen werden wieder Paar Tropfen Salzsäure und Kaliumquecksilberjodid zugefügt, der Niederschlag abfiltrirt, das Filtrat wieder mit Alcohol versetzt unter starkem und fleissigem Umrühren. Das auf dem Filter gesammelte Glycogen ist zuerst mit 62 0/o, dann mit go °/o, dann mit absolutem Alcohol gewaschen, bei 1000—1050 getrocknet und endlich in einen Exsiccator gebracht worden.

Die untersuchten 300 gr. des Tumors (1/4 Theil des Ganzen) lieferten 0,61 gr. Glycogen, d.h. 0,203 0/0, der alle cigenthümlichen Eigenschaften besass. Bei der Gährung

des mit Säure erhitzten Glycogens ergab sich, dass Traubenzucker gebildet worden war.

Tumor NO 5,

Mammacarcinom, oper. von Prof. GARRE. Ein harter Tumor (von 17,0 gr. Gewicht), der tief in das normale Fetteewebe cine circa 8 centim. lange und 2 centim. breite Infiltration gab. Der Tumor wie auch die Infiltration wurden auseinander getrennt und die Glvcogenuntersuchung in gewöhnlicher Weise practicirt. Das von dem harten

Tumor nach Auskochen mit KOH gewonnene Filtrat gab die Jodreaction sehr deutlich,

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN 277

sie fiel aber negativ aus mit der vom Infiltrate gewonnenen Flüssigkeit. Abgesehen davon wurden beide Theile einer weiteren Wirkung der Salzsäure und Brücke'schen Lösung ausgesetzt, und nach Ausfällen der Eiweisskörper mit dem 2 fachen Volumen Alcohol versetzt. In beiden Gefässen entstand charakteristischer weisser Glycogen- niederschlag.

Der Tumor ergab 0,045 gr. Glycogen, exisprechend 0,265 ®Jo. Das Gewebe aus der Infiltrationsgegend ergab verhaltnissmässig mehr, nämlich 0,808 gr. Beide Portionen wurden dann mit 2 °/o H2SOs 3 Stunden gekocht, abfiltrirt und neutralisirt.

Sie yaben eine sehr deutliche TROMMER’'sche Reaction.

Auch die Gährungsprobe fiel positiv aus.

In diesem Falle wurde auch die microchemische Untersuchung vorgenommen, die auch einen positiven Erfolg gab. Ein Stückchen des Tumors, welches bald nach der Operation in Bo oo, dann 99 %o Alcohol gehártet wurde. habe ich zerschnitten und die einzelnen Schnitte in Lucor'scher Lösung gefärbt. Man sah in Gesichtsfelde mehrere grosse runde weinroth gefärbte Stellen, die von gelblich gefárbtem interstitialem Gewebe begrenzt waren. Besser erwies es sich statt gewöhnlicher Lucor'scher Lösung die von EHRLICH (11) empfohlene Gummilosung. der ı 2/0 Lusor'sche Lösung zugesetzt ist, zu verwenden, wodurch die Wirkung des Wassers bis auf ein Minimum reducirt

wurde. Tumor No 6.

Carcinoma pylori, operirt von Prof. GARRE. 35,75 gr. des Tumors wurden 24 Stunden nach der Operation zur Glycoyenbestimmung genommen. In diesem Falle wurde die Kürz’sche Methode angewendet. Nach Abfiltriren und Auskochen vergab sich 0.070 Glycogen, entsprechend 0.196 fo.

TUMOR No 7,

Tumor malignus glandulae thyreoideae. Sarcoma, operirt von Prof. GARRE. Vom Tumor wurde gerade roo gr., d. h. fast der ganze Tumor 3 Stunden nach der Operation mittelst der Kürz’schen Methode verarbeitet. Er lieferte 0,1118 Glycogen, entsprechend 0,11 6/0 mit allen dem Glycogen eigenthümlichen Eigenschaften. Die microscopische Unter- suchung ergab Lympho-Sarcum.

TUMOR 8.

Melanosarcoma hepatis. Der Tumor stammt aus dem pathologischen Institute von Prof. A. THIERFELDER in Rostock, wo es lanyve in verdünntem Alcohol bewahrt war. Der Tumor bildete eine harte schwarze Masse mit eingelagerten kleinen Herden von Fettund Bindegewebe.

Die microscopische Untersuchung ergab sarcomatose Zellen, das Lebergewebe War ganz mit pigmentirten unregelmässigen Massen bedeckt, so dass die Leberzellen nicht zu erkennen waren.

Zur Darstellung des Glycogens aus melanotischen Geschwülsten benutzte ich am liebsten die Prrüser'sche Methode. Das Vorhandensein von Melanin übt keinen wesentlichen Einfluss auf die Darstellung, da. wie bekannt, die in Alkalien gelösten Melanine durch Zusatz von Salzsäure ausfallen und mit anderen Eiweisskörpern durch Filtriren entfernt und vom Glycogen abgetrennt werden können.

ıogr.des Tumors wurden nach Vorschlag von PELUGER (12) mit yo c.c. 1 9/o Kali-

SJ ©

DANIEL HELMAN

lauge zuerst 10 Min. gekocht und dann im Wasserbade längere Zeit (1—2 Tage) digerirt ii. |

Nach Filtriren und Auswaschen der yeblicbenen Gewebsmassen wird das Filtrat in einem ottenen Getisse bis zu 20—25 c.c. eingedamptt, abgekúhlt und dann mit 3 c.c. HCl versetzt und so lange mit HC] und Kaliumquecksilberjodid abwechselnd behandelt, bis das Reagens keine Trübung mehr gab.

Das abtiltrirte Eiweiss und der Melaninniederschlag werden wieder in 2 0/o Kali- lauge gelöst und mit BRUCKE'schem Reagenz behandelt, um jegliche Spur von Glycogen zu gewinnen. Die gesammelten Filtrate werden mit dem doppelten Volumen Alcohol versetzt und schr lange (3—5 Tage) stehen gelassen. Keine Spur von Niederschlag bildete sich jedoch. Dis Glycogenuntersuchung fiel also nigaliv aus. Allerdings war dieses Resultat nicht unerwartet, denn beim langen Aufheben von Tumoren in nicht sehr starkem Alkohol geht das Glycogen wohl meist verloren, indem es sich in Zucker umwandelt und beim Wechseln des Alkohols weggegossen wird.

Um unnöthige Wiederholungen zu vermeiden werde ich gleichzeitig die Darstellung des Melanins aus diescm Tumor beschreiben. Der abfiltrirte schwarzbraune Eiweiss- und Melaninniederschlag wird tiichtig mit Wasser ausgewaschen und dann nach Zusatz von Salzsäure und Pepsin ın ein Wärmebad hineingestellt. Die pigmenthaltigen Gewebstheile bleiben, wie bekannt, bei der künstlichen Verdauung mittelst HCl und Pepsin unbeein- flusst und können auf diese Weise sehr leicht von anderen Gewebsbestandtheilen abgetrennt werden. Nach Digeriren bildete sich eine sehr feine Suspension, die sich schwer filtriren liess. Zusatz von ein Paar Tropfen verdünnter H:SO, gab einen voluminösen leicht filtrirbaren Melaninniederschlag. Der letztere wurde dann so lange auf dem Saugfilter ausgrespült, bis das Filtrat keine Peptonreaction mehr gab. Nach Trocknen im Thermostat bei 1100 und im Exsiccator bekam ich aus 1/10 der 170 c.c. Melaninpeptonlösung 0,0683 gr. (d h. 6,8 ຜູ reines Melanin; aus der zweiten Portion 0,785 gr. (also 7.50/,) Melanin.

Nach Veraschung des Melaninpulvers wurden Reactionen auf Fe und S vorgenommen :

Mit BaCle gab die im Wasser gelöste Asche keinen Niederschlag; es war also kein Sulfat vorhanden. Wohl aber ergab sich die Anwesenheit von Eisen durch folgende Reactionen :

mit H:S : eine grünliche Färbung

mit KıFeCys : Smaragdgrün

mit NCSK : sehr deutliche röthliche Färbung.

Die pharmakologischen Versuche mit dem aus diesem Tumor gewonnenen Farb- stoff werden weiter unten beschrieben werden.

Tumor 0. Melanocarcinoma cutis, von Prof. R. KrETZ erhalten. Primártumor mit keinen regionáren Metastasen von der Haut des Oberschenkels einer 48 j. 9.

(1) PFLUGER (13) hat neulich die Thatsache hervorgehoben, dass beim zu langen Kochen des Glycogens mit KOH ein relativ grosser Verlust des Glycogens entstehen kann. Dieselbe Meinung haben schon frúher auch M. v. VinTSCcHGaU und DIEHL ausvesprochen.

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN 279

Dieser Tumor wurde noch warm in Wien bald nach der Operation in absoluten Alcohol eingelegt und an Prof. KoberT nach Rostock in liebenswúrdiger Weise gesendet.

Der 3,30 gr. schwere pigmentirte Tumor wurde nach der Methode von SaLkowskl (9) bearbeitet (50 c.c. HzO + 50 c.c. 2 % KOH). Zu der alkoholischen Lösung wurde dann ı5 c.c. 5 0/o HCl zugesetzt, wobei sich ein grauweisser Niederschlag bildete. Das gelblich gefärbte Filtrat wurde dann mit 15 c.c. Kaliumquecksilberjodid versetzt. Nach Entfernung der ausgefallenen Eiweisskörper wurde ein Theil des Filtrates mit doppeltem Volumen 97 0/o Alcohol versetzt, der zweite Theil vorher mit H-S behandelt, um Spuren von Quecksilber zu entfernen, und dann mit Alcohol versetzt. Weder in der ersten noch in der zweiten Portion bildete sich ein Niederschlag. Die beiden Flüssigkeiten blieben klar. Glycogen war also nicht vorhanden.

Das abfiltrirte dunkelgraue Pigment wird mit Wasser abgewaschen und um etwaige Spuren von anderen Eiweissbestandtheilen zu entfernen im Wasserbade digerirt nach vorherigem Zusatz von HCl und Pepsin.

Nach 24 Stunden wurde der Niederschlag abfiltrirt, und so lange gewaschen, bis das Filtrat keine Peptonreaction mehr gab (NaOH -+ CuSOy röthlich violett). Der gewonnene Melaninniederschlag löste sich sehr leicht in NazCOs mit gelblicher Farbe. Nach Neutralisieren der Lösung mittelst verdünnter Salzsäure bildete sich ein fein- kórniger Niederschlag. Auf gewogenes Filter gebracht, gewaschen mit Wasser, Alcohol, Aether, getrocknet ım Thermöstate bei 100° und dann im Exsiccator gab er 0,0010 gr. Farbstoff d. h. 0,03 0/0 Melanin. Die alkalische gelbliche Lösung des Farbstoffes gab vor dem Spectralapparate keinen Absorptionsstreifen. Die Reactionen auf Fe fielen negativ aus, dagegen war S vorhanden.

Tumor 10.

Sarcoma melan. recidsvum falati duri. Das Präparat stammt von der chirurgischen Abtheilung des Prof. Cutarr in Prag, wo es 15 Jahre lang in starkem Alcohol bewahrt war. Der dunkelbraune 3,73 gr. schwere Tumor wird nach bekannter Weise (Methode PFLUGER'S) bearbeitet. Nach dem, was oben gesagt wurde, erwartete ich kein Glycogen zu finden. Merkwürdiger Weise gab das nach Entfernen des Melanins und der Eiweiss- stoffe gewonnene Filtrat aber doch eine deutliche Triibung mit Alcohol, und schon nach 10—I4 Stunden entstand am Boden des Gefässes ein weisser Niederschlag, der alle Reactionen des Glycogens gab. Das Gewicht betrug 0,0085 gr. entsprechend 0,23 0/0

Glycogen. Die FenLinG'sche Reaction tiel nach dem Kochen mit Säure auch positiv aus, ebenso die Gährungsprobe.

Dieser Fall spricht also gegen LusarscH; die Anwesenheit des Glycogens wird noch bemerkenswerter, wenn wir die lange Zeit zwischen Operation und Untersuchung mit in Riicksicht zichen.

Der durch Zusatz von HCl gewonnene braunschwarze Niederschlag wurde gewaschen und auf 24 Stunden der künstlichen Verdauung unterworfen. Es entstand ein schwarzer Niederschlag und über ihm eine gelb gefärbte Flüssigkeit, deren grösserer Theil sehr leicht abgegossen werden konnte. Der abfiltrirte und gewaschene Niederschlag löste sich rasch in Na:COxz mit einer tiefschwarzen Farbe. Zusatz von HCl gab einen

dunkelbraunen Melaninnicderschlag. Der letztere wurde dann abtiltrirt, mit Wasser,

280 DANIEL HELMAN

Alcohol, Aether gewaschen, getrocknet und gewogen. Der Tumor lieferte 0.0484 Farb- stoff, entsprechend 1,3 9'o Melanin,

Die alealische dunkelbraune Losung des Parbstoffes gab keinen Absorptionsstreiten im Spectrum. Fe wie auch S waren in relativ grossen Mengen in dem Farbstotie

vorhanden.

TUMOR NO rr.

Sarconta melanodes primarium giandiulae thyreoideae et secundarium hepatis, Prof. CHIARI. Der 10.15 gr. schwere primäre Tumor der Schilddrüse lieferte 0,1821 gr. dunkelbraunen Farbstoffes. also 1,8 4/2, der secundáre Tumor von 4,86 gr. Gewicht lieferte eine relativ "srossere Menge, namlich v0, 7600 gr., entsprichend 3.43 cia.

Was die chemischen Eigenschaften der gewonnenen Farbstotte anbelangt, so konnte man zwischen beiden keinen Unterschied bemerken. Um Fe nachzuweisen wurde ein Theil der veraschten Substanz mit einem Krystalle sauren schwefelsauren Kalıums gegluht, dann in warmem destillirten Wasser gelöst. Die gewonnene klare farblose Flüssigkeit gab mit Schweteleyankalium (KCNS) eine schöne rötliche Farbe, mit Ferrocyankalium cine grunlich blauliche.

Der zweite Theil der Asche wird mit concentr. HNOs gemischt, im Uhrglas aut lem Weasserbade erwärmt, gekocht und dann eingedampft. Es wurden dann in das Uhrglas ein paar Tropfen HC] zugesetzt und die abitiltrirte klare Lösung gab mit BaCl; einen voluminösen weissen Sultatniederschlag.

Da PriÜser und andere nachgewiesen haben, dass das Glycogen bei lang dauerndem Kochen sich vermindert, vermied ich in diesem Falle das Verfahren und liess die zerriebene Masse nach Zusatz von schwacher Kalilauge im Wasserbade langere Zeit (36 Stunden) digeriren. Dessen ungeachtet fand ich in diesem Tumor keine Spurn

von Glycogen.

TUMOR NO 12. Sarcoma melanot. metast. hefatis post. Sarcoma melanot. cutis (Prot. CHIARI). Der 5,90 gr. schwere melanotische Tumor der Haut gab nach bekannter Bearbeitung 0,057 gr., entsprechend 0,99 ®o Melanin; der 41,78 gr. schwere Lebertumor gab verhaltnissinassig vicl weniger 0.072 gr , entsprechend 0,17 ®o. In chemischer Beziehung waren die beiden Farbstoffe identisch : Fe und S waren in beiden vorhanden, nur die Intensität der Reactionen war viel grösser mit dem Leber-

farbstofte, als mit dem Hauttarbstofte. Glycogen war nicht vorhanden.

TUMOR NO 18.

Melanotischer Tumor der Cutis (Pathol. Institut zu Rostock). Der 12,30 gr. schwere Tumor gab nach der PFLUGER’schen Methode verarbeitet 0,0340 gr. entsprechend 0.27 ©! dunkclbraunen Farbstof, der alle charakteristischen Eigenschaften der Melanine besass.

Schwefel war hier deutlich vorhanden. Die Reaction auf Fe fiel auch positiv aus.

Glycogen way nicht vorhanden.

TUMOR NO 14. Milanoliseier Tumor der Leber (pathol. Institut zu Rostock). 17,09 gr. des harten

schwarzen Tumors licterten eme ziemlich grosse Mence Farhstoftes, namlich 0,7500 gr.

BEITRAG ZUR LEHRE ÜBER MELANIN UND GLYCOGEN 201

entsprechend 4,41 elo. Die Reaction auf Fe fiel negativ aus. S war in relativ grosser Menge vorhanden, Glycogen konnte ich nicht nachweisen.

Tumor No 15. Melanotischer Tumor der Hawt (pathol. Institut zu Rostock). Aus 5,36 gr. des Tumors wurde 0,032 gr. Melanin, entsprechend 0,59 °/o gewonnen. Der Farbstoff war

von Jeutlichem Schwefelgehalt. Die Eisenreaction fiel nicht deutlich aus. Glycogen war nicht vorhanden.

Tumor 16. Melanotischer Tumor der Haut (pathol. Institut zu Rostock). Der 7.80 gr. schwere Tumor lieterte 0,0756, entsprechend 0,97 94 dunkelbraunem Farbstoff, der deutlich S besass,

aber keine Spur von Eisen Die Glycogenbestimmung fiel negativ aus.

Tumor No 17.

Melanosarcoma hepatis (pathol. Institut zu Rostock). Aus 7,65 gr. dieses Tumors wurde 0,016 gr. Farbstoff, entsprechend o 21 °/o, gewonnen, der des Eisens entbehrte, aber schwefelhaltig war. Es muss zum Verständniss dieser Bestimmung hier betont werden. dass ein Theil des Farbstoffes nicht mit zur Bestimmung gelangen konnte, da er sich als unlöslich in Alkalien erwies. Dieser Farbstoflantheil war nicht nur unloslich in NazCOs, sondern auch Zusatz von concentrirter Salpetersäure übte auf ihn keine Wirkung; in concentrirter Schwefelsäure löste sich ein Theil mit schöner rother Farbe; diese Lösung zeigte keinen Absorptionsstreifen im Spectrum. Der ganze Tumor bestand eigentlich aus drei Theilen, die eine ganz differente Färbung zeigten : ein Theil war nierenformig und dunkelbraun, der andere Theil (von 5 pfennigstiick Grosse) war roth- braun und der dritte (2 Markstiick gross), grau. Zur Darstellung des Farbstoffes waren aber alle Theile zusammen in Arbeit genommen worden.

Merkwürdiger Weise bildete sich auch in diesem Falle in dem Filtrate nach Entfernung der Eiweisskörper und Zusatz von Alcohol ein weisslicher Niederschlag, wohl Glycogen. Leider verunglúckte die Ueberfuhrung in Zucker, so dass ich nicht mit

der wunschenswerten Sicherkeit die Anwesenheit von Glycogen behaupten kann.

Fasse ich die Ergebnisse der vorstehenden Untersuchungen zusammen, so ergiebt sich Folgendes : |

1) In verschiedenen nicht melanotischen malignen Tumoren, námlich

‚in einem Lymphosarcom, einem Fibrosarcom, cinem Mammacarcinom, einem Pyloruscarcinom, einem Myoma uteri und in einem Dermoid lies sich leicht Glycogen nicht nur (nach 2 Methoden) nachweisen, sondern auch quantitativ bestimmen.

2) Für melanotische maligne Tumoren wurde neun Mal die Angabe von LusasscH bestätigt gefunden, dass die Anwesenheit von Melanin das Glycogen ausschliesst. Ausnahmlos gielt diese Regel jedoch nicht.

3) Die Menge des Melanins in den Tumoren kann schr beträchtlich werden. Meine Zahlen gehen bis 7,3 % in die Höhe. Würde ich auf Trockensubstanz berechnet haben, so wiirde der Prozentgehalt cin noch

282 DANIEL HELMAN

höherer sein. Primäre und sekundäre Knoten von demselben Individuum und gleichzeitig exstirpirt können sich im Melaningehalt so unterscheiden, dass der sekundäre nicht nur, was leicht verständlich ist, weniger Melanin enthält, sondern cr kann procentisch berechnet auch den primären Knoten an \Melaningehalt ums Doppelte übertreften.

4) Das Melanın der Tumoren enthielt in 4 von 8 untersuchten Fällen sowohl Eisen als Schwefel, in drei weiteren Fällen nur Schwefel, und nur in einem Falle Eisen, aber keinen Schwefel.

5) Man pflegt meist zu sagen, dass das Glycogen der in Alcohol in den pathologisch-anatomischen Sammlungen aufgehobenen Präparate rasch verschwinde.

Ich konnte für einen recht grossen Tumor der Prager Sammlung nachweisen, dass das Glycogen auch nach vielen Jahren noch nicht geschwunden war.

Die oben beschriebenen Methoden der Glycogendarstellung mit Ausnahme der von Kıstıakowskı angegebenen beruhen auf Auskochen der Gewebe mit schwachen Alkalilösungen, nachfolgender Fällung der Eiweis- stoffe mittelst der Brückeschen Lösung und endlich Ausfällung mit abs. Alcohol.

Vollständigkeitshalber möchte ich hier nachträglich noch andere Methoden erwähnen, die ich aber bei meinen Untersuchungen nicht angewendet habe. Zu diesen gehört nämlich die Fränker'sche. NERKING- sche (ıt) und die kürzlich von Gautier (15) angegebene Methode.

FRANKEL empfiehlt Verreibung des Gewebes init 2 1/2 fachem Volumen einer 2—4 °/o Lösung von Trichloressigsäure, dann Filtriren, Waschen mit verdünnter Trichloressigsäure und Ausfällen des Filtrates mit Alcohol. Die Trichloressigsäure besitzt die Eigenschaft, Eiweisskörper zu coaguliren und völlig auszufällen. Diese Methode wäre den anderen vorzuziehen, da sie doch viel rascher zum Ziele führt; hier fällt auch die Wirkung des Auskochens mit KOH fort, welches Verfahren die Menge des Glycogens, vermindert. Doch hat in letzter Zeit \VEIDENBAUM bewiesen, dass diese Methode weder quantitativ noch qualitativ genügende Ausbeute liefert.

Die NErkixG'sche (14) Methode soll auch weniger Zeit in Anspruch nehmen, als die anderen. Sie besteht darin, dass man zunächst 4 ຜຸດ Kali- lauge verwendet und dann einen Theil der Lösung mit coxcentr. Kalılauge, Fodkalium und 96 °|. Alcohol versetzt und zwar in tolgenden Verhältnissen : auf 5o c.c. der Lösung 1 c.c. KOH, 10,0 gr. Kl und 50 c.c. Alcohol. Das abfiltrirte Glvcogen wird dann 2 mal mit einer Lösung, die aus 3 gr. KOH,

10,0 gr. KE und Soc.c. Alcohol besteht, und dann mehrmals mit kochsalz-

BEITRAG ZUR LEHRE ÜBER MELANIN UND GLYCOGEN 283

haltigem Weingeist von 96 °/o gewaschen. Das Glycogen wird dann auf dem Filter langsam in 2 °jo Salzsäure vollständig gelöst, im Wasserbade 3 Stunden erhitzt und in cinem beliebigen Theile der Zucker titrirt. Es ist mir wohl bekannt, dass PrLUcER jetzt zum Zerkochen viel stärkere Kalilauge verwendet. Ich habe jedoch zu allen meinen Versuchen noch die alte Vorschrift verwendet, da mir die neue damals noch nicht bekannt war.

In der von ARMAND GAUTIER (15) empfohlenen Methode wird statt schwacher Kalilösung Wasser gebraucht, womit das Gewebe tüchtig durchgekocht wird; dann wird ausgepresst und filtrirt. Das Filtrat wird auf das halbe Volumen eingedampft und ein Theil davon abgekühlt, dann mit neutr. Quecksilberacelat gemischt, mit Kaliumacelat verrieben und endiich zu dem gebliebenen Reste zugegeben. Das Quecksilberacetat wird so lange zugegeben bis sich kein Niederschlag mehr bildet. Dann wird die ganze Masse auf 12 Stunden unter häufigem Umschütteln bei 18—20° ausgesetzt, der Niederschlag wird filtrirt oder zentrifugirt und mit ein wenig einer I °/o Quecksilberacetatlösung ausgewaschen. Das Filtrat enthält ausser Glycogen noch geringe Mengen von Quecksilberverbin- dungen. Es wird mit Essigsäure kräftig angesäuert und unter Umrühren mit dem gleichen Volumen 85 °% Alcohol gemischt. Der entstandene Niederschlag wird mit 33 gie Alcohol gewaschen, in Wasser gelöst, angesäuert mit 5 °/o Essigsäure, dann mit 2 °/o»o NaCl versetzt, zum Sieden erhitzt, ncutralisirt, abgekühlt und endlich mit Alcohol versetzt.

Das mittelst der verschiedenen Methoden gewennene getrocknete Glycogen bildet ein schneeweisses amorphes Pulver ohne Geruch und Geschmack, das sehr leicht in warmem Wasser löslich ıst, unlöslich aber in Alcohol und Aether. Das mittelst der Kıstıarowskı’schen Methode gewonnene Glycogen scheint sich etwas schwerer in Wasser zu lösen. Nach Gautier ist das Glycogen nur scheinbar in Wasser löslich, zum Theil wird es durch das Papierfilter zurückgehalten. Aus diesen « Pseudo- lösungen » wird das Glycogen völlig durch Alcohol gefällt, wenn die Flüssigkeit 36 °/ Alcohol und etwas Salze enthält. Letztere sind für die Fällung nicht zu entbehren.

Ueber Chlorcalcium getrocknet entspricht das Glycogen, nach Lippmann (16) der Formel 2 (C«H 1605) -1- 1120, bei 100° getrocknet der Formel CeHwQs.

Das Glycogen bildet opalesirende Lösungen, welche durch das künstliche Pergament nicht diffundiren, warum sie auch Saccharo-

Kolloide genannt werden. Die Lösungen sind optisch activ und zwar

284 DANIEL HELMAN

stark rechtsdrehend Dx + 196,639 (nach HurrerT), + 211 (nach KuLz). Die Lösungen färben sich mit Jod roth bis mahagonibraun; als Reagenz ist die Lósung von Jod in Jodkalium zu benutzen. Die Jodfärbung verschwindet beim Erhitzen, kehrt aber zurück nach Abkühlen; Zusatz von Alkalien zerstört gänzlich die schwache chemische Verwandschaft zwischen Jod und Glycogen. Seine Unlöslichkeit in Alcohol und Aether wurde schon früher erwähnt.

Das Glycogen giebt nicht die TromMeEr’sche Reaction und unterliegt nicht der Gährung. Beim Kochen mit Wasser oder mit verdünnten Mineralsiiuren wird das Glycogen zuerst in Maltose, dann in Glucose umgewandelt, wobei es allmählich seine Opalescenz verliert, und gewinnt sehr bald die Fähigkeit, die Fenring’sche Lösung zu reduciren. Dieselbe Umwandlung wird auch durch Einwirkung gewisser Enzyme hervor- gerufen.

Es möge noch hier erwähnt werden die von AXENFELD angegebene Glycogenrcaction : die alkalischen Lösungen des Glycogens geben nach Zusatz von einigen Tropfen Kupfersulfat und concentr. Ameisensäure mit einigen Tropfen 0,001 0’, Goldchloridlösung versetzt eine dichroitische, röthlich und blau schimmernde Lösung.

Histologisch gehört das Glycogen zu den hyalinen Substanzen und charakterisirt sich durch Glanz und Structurlosigkeit. Im Gegensatz zu dem Fett und dem Stärkemehl der Pflanzen sitzt das Glycogen in den Geweben nicht als abgesonderter, unter dem Mikroskop erkennbarer Körper, sondern es scheint gleichmässig in dem Protoplasma der Zellen in aufgelöstem Zustande vertheilt zu sein (Enrrich, LuBarscuh, Kistia- kowski), wofür auch die diffuse Braunfärbung der Gewebe durch J spricht. Körnchen oder Kugeln werden nicht sichtbar, nur in den granulirten Leukocyten (eosinophilen Zellen) sieht man kleine Granula, die die Jodreaction geben (Lusarscn). Das Muskelglycogen ist nach Enrı.ıcH interfibrillär eingelagert. Es findet sich zwischen den Muskelfibrillen in Form feiner längs vorlaufender Streifen, welche in die Bindegewebszellen eingelagert sind. Bei der Thätigkeit des Muskels wird das ın ihm aufge- speicherte Glycogen durch Protoplasmathätigkeit fermentativ in Trauben- zucker umgesetzt (NEUMEISTER) (17).

Um eine microchemische Untersuchung der Gewebe auf Glycogen auszuführen muss Zuckerbildung gänzlich vermieden und das Gewebe möglichst frisch in absolutem Alcohol fixirt werden. (Die MULLER'sche Flüssigkeit ist natürlich wegen ihres Wassergehaltes nicht zu verwenden).

Da die Jodlösung ihres Wassergehaltes wegen für dıe Dauerpräparate

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN 285

nachtheilig sein kann, so empfichlt EmrLich eme dicke Gummilósung , der ı 0’. Lucor’sche Lösung beigefügt ist. Nach LancHaxs eignet sich zur Aufhellung und Conservirung des Präparates das Origanumöl.

Was die Schnelligkeit der postmortalen Zersetzung und Lósung des Glvcogens anlangt, so hängt es von verschiedenen äusserlichen wie auch innerlichen Bedingungen ab, worin das chemische Verhältniss des Gly- cogenträgers zum Glycogen eine grosse Rolle spielt.

LubarschH (1) ist auf Grund seiner Untersuchungen zum Schlusse gekommen, dass in den Neubildungen, die aus Cylinderepithelien ihren Anfang nehmen, eine verhältnissmässig rasche Auflösung des Glycogens eintritt, dagegen ist es sehr resistent in den angiosarcomatösen Tumoren der Nicre. Selbst in der Leiche wird es in den Myosarcomen der Niere sowie inden Sarcommctastasen nicht angegriffen. In den meisten Platten- epithelkrebsen und vielen Sarcomen ist es selbst mehrere Tage nach dem Tode noch enthalten. Die letzte Thatsache konnte auch ich in ausge- dehnter Weise bestätigen, da ich noch in manchen Tumoren, die erst 3—4 Tage, ja sogar Monate nach der Operation zur Untersuchung gelangten, das Vorhandensein des Glycogens chemisch und manchmal auch microchemisch nachweisen konnte.

Kürz behauptet, dass noch nach 24 Stunden oder später nach dem Tode die Leber Glycogenreactionen giebt. Mit Kohlensäure in Berührung hält sich das Glycogen recht lange, d. h. es bleibt theilweise unzersetzt. Diese Thatsache wird von Tortens (18) als wichtiger Punkt für die Lehre des Diabetes hervorgehoben. TorrEns erklärt, dass die beim Diabetes auftretende gesteigerte Zuckerausscheidung durch relative Verminderung der CO: in den Geweben bedingt sei.

Das Vorhandensein der Kohlensäure regulirt nach ihm die Wirkung der diastatischen Fermente. Die Frage nach der Entstehung und Bildung des Glycogens und seiner genetischen Beziehung zum Eiweiss ist bis jetzt noch eine offene. Es wird angenommen, dass aus den Kohlenhydraten der Nahrungs- stoffe in dem Darme Traubenzucker sich bildet, der in den allgemeinen Blutkreis hineingefithrt wird. Bei seinem Durchfliessen durch die Vena portae wird ein Theil durch die Leberzellen aufgespeichert und auf dem Wege der Polymerisation in Glycogen umgewandelt. Wenn der Zucker- gehalt im Blute geringer wird als 0,15 °%, wird ein Theil des immobilisirten Glycogens wieder in Dextrose umgesetzt, dieinden Blutkreislauf eintritt. Bei vergrössertem Zuckergehalte im Blute wird der Ueberschuss durch die Niere entfernt. Den Anstoss nach einer oder der anderer Richtung zu

wirken erhält nach Cr. BEerxarp das Zellenprotoplasma dadurch, dass jede

286 DanieL HELMAN

Entfernung von der Norm als Reiz auf die Leberzellen zu betrachten ist, welche ja auch gewissermassen als Regulatoren für den Zuckergehalt des Blutes dienen. Was das Tumorenglycogen anbelangt, so haben wir es hier wohl mit der sogen. Glycogendegeneration zuthun. Das Glycogen bildet sich hier hauptsächlich aus dem Eiweisse und ist als Umwandlungsprodukt der Eiweisstoffe zu betrachten (Cr. BERNARD, v. MERING, Kitz u. a.). Schon fıüher wurde erwähnt, dass das Glycogen durch unvollständige Oxydation des Fettes entstehen kann, was von DEGREzZ und BoucHARD (5)

nachgewiesen wurde.

IT.

Das zweite Product, mit welchem ich bei meinen Untersuchungen mich beschäftigt habe, gehört zu der grossen Anzahl organischer Farbstoffe, die in physiologischer wie auch pathologischer Beziehung grosses Interesse verdienen, deren Structur und Eigenschaften noch bis heute nicht gänzlich bekannt sind.

Ich spreche hier von den braunschwarzen resp. schwarzen organischen Stoffen, die sowohl in physiologischen wie auch pathologischen Zuständen vorkommen können und als Melanine bezeichnet werden.

Einer der Ersten, der die schwarzen Farbstoffe analysırt hat, war SCHERER (Chorioidea), dann C. ScHMiDT, DREssER, PRIBRAM. Der Farb- stoff der pigmenthaltigen Tumoren wurde zuerst von Heintz (19) unter- sucht, bald danach wurde er Gegenstand von mehreren Untersuchungen. Es erschienen die Analysen von BERDEZ u. NENcKI (20), SIEBER (21), MOorneEr (22), BRANDI. U. PFEIFFER (23) SCHMIEDEBERG (24) U. a.

Koserr (25), dem wir eine ausführliche Monographie über Melanine verdanken, theilt die Pigmente in 4 Gruppen und zwar underscheidet er :

1) Physiologische Melanine, die sich in simmtlichen Classen der Wirbel- thiere und in manchen Classen der Wirbellosen vorfinden. Dazu gehören : a) fixe Melanine (Negerhaut, Augenmelanin, Haarmelanin); 5) wandernde Melanine (Frosch- und Schimmelmelanin); ¢) melaninhaltiges Secret (Sepiamelanin).

2) Pathologische Melanine, die gewöhnlich bei krankhaften Zuständen bei Menschen und vielen Thieren vorkommen können. Hierher gehört das Melanin der pigmenthaltigen Geschwúlste, das Malariamelanin, Ochronosomelanin, das Broncemelanin und das Marasmusmelanin.

3) Kinstliche Melanine « Melanoidine » genannt. Das sind melaninähn- liche Farbstoffe, die als Product der Einwirkung der Mineralsäuren auf

Eiweissubstanzen zu deuten sind, und endlich

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN. 287

4) Pseudomelanine, zu den Kogerr die Formalinpigmente, die Pigmente der Anthracosis, Siderosis, wie auch die der Argyrie, etc., zählt.

Am besten und ausführlichsten sind die Tumorenmelanine erforscht worden. Fast alle Autoren, die diese Pigmente analysirt haben, stimmen mit Nenckı damit überein, dass zwischen Melaninen auffallende Ver- schiedenheiten in Bezug auf die Lösungverhältnisse und andere chemi- schen Eigenschaften vorkommen können. Die Art der Gewinnung der Melanine ist von grosser Bedeutung für die Zusammensetzung der isolirten Pigmente [ScHMIEDEBERG (24), CHITTENDEN und ALBRO (26)]. Diese grossen chemischen Differenzen veranlassten BERDEZ und NENcKI zu unterscheiden « Phymatorhusin » (Phyma= Geschwülst, rhusios ==roth- braun), welchem sie die Formel C.:HzsN:S;Oıs geben, von « Hippo- melanin », das der Formel Cs:HaeN7SOi; entspricht.

SCHMIEDEBERG (27) giebt dem von ¡hm analvsirten « Sarcomelanin » die Formel Cos Hs N 1SO25 + */2 H20. Für das Hippomelanin bezeichnet er C:2H39N9SO0 15 + '/2 H20. Nach BranbL und PFEIlFFER (23) entspricht das Sarcomelanin der Formel : C:cHc:N 1352033 -+ 1/2 Ha.

BranDL und PFEIFFER konnten in dem Pigmente eine ziemlich grosse Menge Fe nachweisen. Das Vorhandensein des Eisens in den Melaninen wurde dann von MÖRNER (22), Miura (27), WaLLach (28), C. ABEL und Davis (29), SCHMIEDEBERG (24) und anderen bestätigt. BERDEZ und NENCKI (20) dagegen, wie auch SIEBER (21) konnten in den Tumoren keine Spuren von Fe nachweisen, was MÖRNER (22) und Mavs (30) auf die eingreifende Behandlung mit ı0 °% HCl zurückführen wollen, da die letzte das Eisen aus dem Pigmente ausziehen kann. Es unterliegt ja auch nach meinen Untersuchungen keinem Zweifel, dass eisenhaltige Melanine vorhanden sind. Schwefel war in allen Tumoren der genannten Autoren in grosser Menge, z. T. aber auch nur in recht kleiner vorhanden. Auch ich konnte ihn fast ausnahmlos nachweisen.

Nach LusasscH hat man zwei Möglichkeiten, um das Vorkommen des Eisens in dem Pigmente zu erklären : es können ı) Blutungen in den melanotischen Sarcomen stattfinden, oder es können 2) Blutungen in gewöhnlichen Tumoren so das Gewebe imbibiren, dass sie eine melano- tische Geschwulst vortäuschen können. Durch die microscopische Unter- suchung kann aber immer ein solcher Fehler vermieden werden. Auch die chemische Untersuchung wird natürlich dieses Pseudomelanineisen von dem wirklich chemisch gebundenen echten Melanineisen leicht unterscheiden. Trotz allen oben erwähnten Differenzen kann man in den Melaninen gewisse allgemeine Eigenschaften bemerken. Die Farbstoffe

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XII. 20

288 DANIEL HELMAN i

sind gewöhnlich sehr resistent gegen verschiedene chemische Agentien, sie bleiben unlöslich in Wasser, Alcohol, Aether und Säuren. Sie lösen sich aber sehr leicht in verdünnten Alkalien, besonders wenn sie vorher längere Zeit der Einwirkung der verdünnten Salpetersäure ausgesetzt wurden. Aus den alkalischen Lösungen wird der Farbstoff sehr leicht durch Säuren abgeschieden. Beim Erhitzen auf Platinblech verbrennen manche Melanine unter Hinterlassung von Eisenoxyd in der Asche. HirscHFELD (31) hat ein leicht verständliches Verhalten des Farbstoffes zum Alcohol bemerkt : wenn man eine filtrirte wässerige alkalische Lösung des Melanins mit einem mehrfachen Volumen Alcohol versetzt, so fällt der Farbstoff in zähen braunrothen Flocken aus. Ich konnte mehrmals diese Eigenschaft der Melanine constatiren.

Microscopisch präsentirt sich das melanotische Pigment in Form von amorphen braunschwarzen unregelmässigen Körnern, welche theils in den Geschwulstzellen selbst, theils aber in der bindegewebigen Substanz oder dem Tumorsafte frei liegen. Die Zellen sind gewöhnlich so dicht mit dem Farbstoffe beladen, dass der histologische Bau des Gewebes gar nicht zu erkennen ist. Wie bekannt, wurde schon längst von CorswELL (32) für die pigmenthaltigen Tumoren die Bezeichnung « Melanome » gegeben, die auch RiBBERT (33) annimmt.

Noch jetzt wird von manchen Autoren den melanotischen Geschwiil- sten eine besondere Stelle in der Gruppe der Tumoren gegeben, wegen ihrer Bösartigkeit und grosser Neigung zur Generalisation.

So glaubt Luecke (34), dass das Melanom eine Geschwulst sui generis sei, für welche die Pigmentzellen das specifische Element bilden.

Gewöhnlich entstehen die melanotischen 'Geschwulste secundär von physiologisch pigmentirten Stellen (Chorioidea, Haut, Naevus) und sind als sehr maligne pigmenthaltige Sarcome oder Carcinome anzusehen.

Primäre melanotische Tumoren sind sehr selten. Doch beschreibt A. Tamm (35) 2 Fälle, wo sich nach einem Trauma ein Melanosarcom der Haut entwickelt hat, und zwar dort, wo von vornherein keine Pigmentierung vorhanden. war.

TREVES (36) hat ein Fall von primärem melanotischen Darmsarcom beschrieben.

Auch OPPENHEIMER erwähnt einen Fall, wo ein primärer Tumor und eine grosse Anzahl von seinen Metastasen völlig unpigmentirt waren, während eine Gehirnmetastase aus einer sepiaähnlichen Masse bestand.

Was die Flistogenese der melanotischen Zellen anbelangt, so herscht in diesem Gebiete eine grosse Uneinigkeit.. Unna (37) behauptet, dass die

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN 289

Naevuszellen, aus denen gewöhnlich den pigmentirten Tumoren ent- stehen, epithelialen Ursprungs seien.

Dieselbe Meinung wurde neuerdings von DELBANco (38) und Kro- MAYER (39) ausgesprochen. Dagegen sind RıBzErT (33) und sein Schüler BAUER (40) auf Grund ihrer microscopischen Untersuchungen zu dem Schlusse gekommen, dass die Naevuszellen Abkömmlinge der Endothel- zellen der Lympspalten seien und dass somit die von ihnen entstandenen Tumoren zur Gruppe der Endotheliome gehören. Lusarscu (41) glaubt, dass KRoMAYER's und DELBANCO'S Angaben nicht beweisend sind. Er sagt : u Es ist berechtigt, vorläufig noch Skepsis zu bewahren gegenüber Bildern, die zum mindesten mehrdeutig sind; die Möglichkeit, dass, ebenso wie es Melanosarcome und Melanocarcinome giebt, auch epitheliale Naevi vorkommen, scheint mir nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. »

Auch die Frage nach der Herkunft des Pigmentes und seiner Beziehung zum Blutfarbstoff ist bis jetzt noch nicht endgültig gelöst. Indem die Einen das Pigment als Abkömmling des Blutfarbstoffes betrachten wollen, läugnen Andere jede genetische Beziehung des Melanins zum Blutfarb- stoffe. So ist MÖRNER (22) geneigt das Pigment wegen seines ziemlich grossen Eisengehaltes als Hämoglobinderivat aufzufassen. Derselben Meinung sind auch Branpı und PFEIFFER (23), LEHMANN (42), NEU- MEISTER (17), VIRCHOW (43), KÖLLICKER, PUTIATA- KERSBAUMER (44), LATSCHENBERGER (45) u. and.

Als ein Beweis der Abstammung des Pigmentes aus dem Blute verweisen BranpL und PFEIFFER (23) auf die Abnahme des Hämoglobin- gehaltes beim Leben des Patienten. Das Hámaglobin ist auf 1/4 des normalen gesunken und die Zahl der rothen Blutkórperchen betrug nur 2,125000 auf I cc.

HoPrPrE-SEYLER (46) konnte dagegen keine krankhaften Veränderungen des Blutes bei melanotischen Sarcomen gegenüber gesundem Blute nachweisen. i

BErDEZ und NENckı (20), die, wie bekannt, in den untersuchten Tumoren kein Eisen fanden, behaupten, dass nicht die geringste che- mische Beziehung zwischen dem Farbstoff der melanotischen Geschwülste und dem Blutfarbstoff bestehe, dass ferner der Farbstoff höchst wahr- scheinlich autochton in den Zellen aus dem Eiweissmolekül gebildet wird.

MÖRNER (22) und Mays (30) erklären das regelmässige Fehlen des Eisens in den Fällen von BErpez und Nexckı damit, dass diese Präpa- rate durch das Kochen mit ro °/, HCl ihren ursprünglichen Eisengehalt

eingebüsst haben.

290 DaniEL HELMAN

Auch andere Autoren wie SIEBER (21), KUNKEL (47), LANDOLT (48), C. AñeL und W. S. Davis (49) u. s. w., läugnen jeden Zusammenhang zwischen Melanin und Blutfarbstoff.

« Sogar der Nachweis von Eisen in dem Pigmente spricht noch nicht für scinen hämatogenen Ursprung », sagt BırcH-HiRscHFELD : « da bekanntlich einerseits auch eisenfreie Pigmente aus Blutfarbstoff ent- stehen können und andererseits melanotische Tumoren auch durch metamorphosirte Blutergüsse oder durch sonstige von der intracellulären Pigmentbildung unabhängige Eisenablagerung im Gewebe eine positive Eisenreaction geben können. 7

Wenn wir die Verschiedenheit der Melanine annehmen und die erheblichen Unterschiede zwischen diesen Pigmenten und einfachen Deri- vaten des Blutfarbstoffes, so miissen wir mit KoBERT übereinstimmen, wenn er sagt, dass, obgleich die Melanine sich aus dem Blute bilden können, doch das Blut nicht ihre einzige Quelle sein kann. Das Melanin kann sich nämlich auch autochton durch eine specifisch metabolische Thätigkeit der Epithelzellen bilden.

Nach Lusasscn sind die Pigmente als Reste von Eiweissmolccülen, welche einer weiteren Spaltung nicht zugängig sind, zu betrachten. Sehr wichtig ist auch die von ScHERL (50) hervorgehobene Thatsache, dass beim Frosch das Melanın schon in den Eiern und in den noch hämoglo- binfreien Embryonen auftritt. Die spätere Lagerung des Pigmentes um die Gefässe bedeutet nicht etwa, dass es sich aus dem Blute bilde, sondern nur, dass das Blut durch Sauerstoffzufuhr die Melaninbildung begünstigt.

Auch der Schwefelgehalt der meisten Melanine spricht dafür, dass das Pigment nicht aus dem gewöhnlichen Spaltungsproducte des Blutfarb- stoffes, dem Hämatin, entstanden ist. Ferner die Formel des Hámatins : C34H34N¿4FeOs (HorPE-SEYLER) (51) oder Cs2H32N4FeOs (Nencxt) (51) entspricht nicht der oben angegebenen Melaninformel.

Die von EHRMANN (52) angegebene « Melanoblastentheorie » fiir die Erklärung der Farbstoffbildung im Kôrper ist wohl zulássig für die normalen Verhältnisse, nicht aber für die Erklärung der Pigmentbildung in den Geschwülsten. Andererseits haben neulich Jarısch (53) und KLEMENSIEWICZ (54) neue Beweise geliefert für die Möglichkeit der autoch- thonen Bildung des Pigmentes sogar bei normalen Verhältnissen in der Haut auf dem \Vege der Metabolie, ganz unabhängig von dem Blut- farbstoff. Dasselbe konnten SCHWALBE, KROMAYER, Post und andere bestätigen.

2

BEITRAG ZUR LEHRE:-UBER MELANIN UND GLYCOGEN 291

Weitere Beweise fir die Móglichkeit der autochthonen Bildung des Pigmentes aus den Eiweissmoleciillen haben MULDER (55), SCHMIEDE- BERG (24), Nencxt (56), RosENFELD (57), KoBerT (25) und andere gegeben.

SCHMIEDEBERG (24) gelang es, aus dem Serumalbumin durch 12 stin- diges Kochen mit 25 0/. Salzsäure eine schwarze leicht zerreibliche Massc zu gewinnen, der er die Bezeichnung « Melanoidsäure» giebt. Sein Schüler M. RoseNFELD (57) hat aus dem Badeschwamm ein ähnliches Pigment dargestellt.

R. H. CHITTENDEN und ALıce H. ALgro (26) haben durch Hydrolyse eines Antialbumids (Kochen mit 10 ຝູ H2SO4) einen melanináhnlichen eisenfreien Farbstoff gewonnen. Auch aus Hemipepton erhielten diese Verfasser ein melaninähnliches Pigment. Die aus den beiden Substanzen gewonnenen Farbstoffe waren ın ihrer chemischen Zusammensetzung gänzlich verschieden, difterirten aber sehr wenig von den gewöhnlichen Melaninen.

WALTER Jones (78) hat aus der Melaninsáure, dic er aus dem Pferde- haar gewonnen hat, durch Oxydation mit Chlor eine Oxymelaninsiiure und eine basische Substanz, die ein Benzoylderivat lieferte, bekommen. Die Bildung dieser Base aus Melanin beweist die nahe Beziehung und Verwandschaft zwischen diesen Pigmenten und dem Eiweiss.

Auch ich konnte mich überzeugen, dass die Eiweisstoffe wie auch die Kohlenhydrate durch langstündiges Kochen melaninähnliche Pigmente liefern können. Es wurde eine schneeweisse Eiweissmenge (die ich aus dem Tumor 7 der Glandula thyreoidea gewonnen habe) mit "o ol H:SO, tagelang (4) tüchtig gekocht. Schon am 2 Tage bildete sich ein voluminöses dunkelgraues Pigment, das am 3, besonders am 4 Tage braunschwarz wurde. Die gewonnenen Farbstoffe lösten sich nicht in Wasser, Alcohol, Aether, wohl aber sehr leicht in Alkalien und konnten aus den alkalischen Lösungen (die keine Absorptionsstreifen zeigten) durch Säuren völlig gefällt werden. Nach Zusatz von Alcohol zu der alkalischen Lösung setzte sich bald eine flockige voluminöse braunschwarze Masse ab; die Flüssigkeit oberhalb des Niederschlages war dunkelgelb gefärbt. Amylalcohol entzog nicht die Farbe. Wegen Mangel an Zeit wurden weitere Untersuchungen in dieser Richtung nicht vorgenommen. Alle oben erwähnten Autoren haben die Pigmente durch langdauerndes Kochen gewonnen. Prof. KoßErT (25) konnte sich aber überzeugen, dass auch « ohne Kochen, d. h. schon bei Brütcofentemperatur aus Eiweiss und starken Mineralwässern die « Melanoidine » sich bilden können. In

292 DaNIEL HELMAN

der That gelang es z. B. bei Benützung von gewaschenen, ganz weissen Leberzellen und conc. Salzsäure, nur war die Zeitdauer der Bildung dabei eine viel längere. »

Nach Nexcki (56) ist die Melanoidsäure SCHMIEDEBERG’s ein Umwand- lungsproduct des von STADEL.MANN (58) benannten « Proteinochromogens », d. h. eines Spaltungsproductes der Eiweissverdauung durch Pankreas. Diese Producte scheinen eine sehr nahe Beziehung zu den thierischen Pigmenten und speciell zum Melanin zu haben.

NENnckI behauptet, dass im Eiweisse eine chromogene Gruppe vorhanden ist, die bei der Pankreasverdauung losgelöst wird (1) und die zum Aufbau des Blutfarbstoffes und der anderen thierischen Pigmente verwendet wird, dass also das Proteinochromogen die Muttersubstanz der thierischen Farbstoffe sei. Erst in letzter Zeit is es gelungen das Proteino- chromogen chemisch weiter zu untersuchen.

LusasscH schreibt der Nebenniere eine grosse Rolle bei der Pigment- bildung in dem Organismus zu, und nimmt an, dass diesem Organ eine Function zukommt, aus dem mit Blut und Saftstrom zugeführten Material eine eigenthümliche in der Glycogenbildung ihren Höhepunkt erreichende Modification des Eiweisses herzustellen, welches an anderen Stellen (Haut, Schleimhäute) zur Pigmentbereitung benutzt werden kann. Diese Theorie wirft auch Licht auf die Beziehung zwischen Melanin und Glycogen und kann zur Erklärung des Nichtvorhandenseins des Glycogens in melano- tischen Geschwülsten dienen. Trotzdem kann, wie ich oben dargethan habe, der von LusarscH ausgesprochene Satz, dass in den melanotischen Tumoren das Glycogen niemals vorkommt, nicht als ausnahmslos giltig angenommen werden. Er hat ihn ja auch nicht durch ei gentliche chemische Analysen controlirt, sondern er begniigte sich nur mit microchemischen Untersuchungen auf Glycogen, bei denen ja sehr leicht dieses Kohlen- hydrat vermisst wird, falls es nur in geringen Mengen vorhanden ist, und falls die Anwesenheit von sehr viel Melanin die microscopische Unter- suchung der Schnitte erschwert.

Ich konnte in einem melanotischen Tumor mit Bestimmtheit, in anderen mit grosser Wahrscheinlichkeit das Glycogen chemisch nach- weisen und zwar in verhältnismässig grosser Menge. Die letzte Thatsache scheint mir von grosser Wichtigkeit für die kritische Beurteilung der

(1) KURAJFEF (20) glaubt, dass die chromogene Gruppe des Albuminmoleküls sich bereits im Stadium der Albumosenbildung und zwar vor Bildung der secundären

Albumosc B abspaltet.

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN 293

Angabe vom Nichtvorhandensein des Glycogens in melanotischen Tumoren zu sein.

Mann kann vielleicht annehmen, dass auch die Zellen melanotischer bösartiger Tumoren (Sarcome und Carcinome) gleich den unpigmentirten in einem frühen Stadium des Zellebens regelmässig Glycogen besitzen, wie überhaupt alle Zellen die rasch proliferiren, dass aber dieses Kohlenhydrat durch irgend welche specifische Zellthätigkeit und Stoffwechselverände- rungen, die ja den bösartigen Geschtwülsten eigenthümlich sind, stets bald zum Verschwinden gebracht wird. Ob das Kohlenhydrat bei der Melanin- bildung aufgebraucht wird, oder ob das melanotische Pigment nur diastatisch auf das ursprünglich vorhandene Glycogen wirkt und es also lediglich in Zucker überführt, ist bis jetzt noch eine offene Frage, deren Lösung unser Institut in Angriff genommen hat.

Von H. BorNTRÄGER (5g) wird hervorgehoben, dass die den Melanin- substanzen sehr nahe stehende Humussäure im stande ist, in der Wärme Cellulose in Zucker umzuwandeln. Mit Recht sagt KoBErT, dass die Umwandlung von Glycogen in Zucker unter Einwirkung von Melanin ein ganz analoger Vorgang sein würde, nur dass er ausserordentlich viel leichter vor sich gehen könnte, als die Umwandlung von Cellulose in Zucker. Davon abgesehen wäre es wünschenswert, bei weiteren Untersuchungen der melanotischen Tumoren immer auch auf das pathologisch-anatomische Verhalten der Nebenniere Aufmerksamkeit zu legen. Vielleicht findet man, wenn nicht immer, so doch in einzelnen Fällen eine veränderte Zellen- thätigkeit, dıe zur Erklärung der Pigmentbildung und Ablagerung wie . auch der Beziehung des Pigmentes zur Glycogenbildung dienen wird.

Bei Personen mit melanotischen Geschwülsten findet sich bekanntlich ım Harn häufig eine Pıgmentmuttersubstanz, ein sogenanntes Melanogen. Beim Stehen an der Luft scheidet sich zeitweise aus solchem Harne ein eigenthümlicher wasserunlöslicher Körper aus, der sich unter Einfluss des Sauerstoffs der Luft gebildet hat, und der dem Harne eine braune bis schwarze Farbe ertheilt. Eıseı.r (60) war der erste, der diese Beobachtung gemacht hat. In den 4 von ihm beschriebenen Fällen war der Harn bei der Entlerung hellgelb, an der Luft wurde er dunkel, vor Luft und Licht geschützt erhielt er seine ursprüngliche hellgelbe Farbe. Bei Einwirkung von Chromsäure (ErseLT’s Reagens) und Salpetersäure färbte sich der Harn sofort schwarz. Bald nach Veröffentlichung dieser Fälle ist der melanotische Harn ein Gegenstand der Aufmerksamkeit mehrerer Beobachter geworden wegen seiner Wichtigkeit für die Diagnose des Vorhandenseins der Melanome.

204 DANIEL HELMAN

So haben GANGHOFNER und Pripram (61) in einem Falle von melano- tischer Geschwulst dieselben Eigenthúmlichkeiten des Harnes beobachtet. Die Reaction ist von der Anwesenheit eines « Chromogens » abhingig, das durch Bleiacetat vollständig gefällt wird. Nach Zersetzung des Blei- niederschlages mit H:S wurde ein farbloses Filtrat gewonnen, welches nach Eindampfen ein braunschwarzes Pigment gab, unlöslich in \Vasser, Alcohol und Aether. Die Asche enthielt Spuren von Eisen.

Grössere Mengen von indigolieferhder Substanz konnten nicht nach- gewiesen werden.

Aus dem Harne eines 43jährigen mit multiplen Sarcomen behafteten Patienten konnte ZELLER (62) mittelst des Bromwassers einen dunklen melaninähnlichen Niederschlag ausscheiden. Da der normale Harn niemals mit dem Bromwasser einen Niederschlag liefert, darf die gewonnene Substanz als normaler Harnbestandtheil nicht aufgefasst werden.

Nach ZELLER ist das Bromwasser ein viel empfindlicheres Reagens als die Eıseı.T'sche Chromsäure.

Dann folgt der sehr genau untersuchte Fall von MÖRNER (22). In diesem Fallevon multipler Geschwulstbildung an der Schulter, derentwegen der Patient mehrere Monate im Krankenhause war, wurden sehr oft Untersuchungen des Harnes vorgenommen. Die Eiıserr’sche Reaction gab keine deutliche Ausbeute.

Zur Reindarstellung der Pigmente ist es nach MÓRNER am zweck- mässigsten, dieselben durch Barytwasser zu fällen. Er hat auf diese Weise 2 Arten des Farbstoffes isolirt :

ı) derin Essigsäure lösliche Farbstoff und

2) der in Essigsäure unlösliche.

Die Präparate zeigen einen hohen Schwefelgehalt und nicht unbe- deutende Mengen Eisen MÖRNER zeigt mittelst der spectrophotome- trischeren Methode, dass die aus dem Harne erhaltenen Farbstoffpräparate mit denen der Geschwülste identisch sind.

Dann haben Braxpı und PFEIFFER (23) einen Fall veröffentlicht. Den Farbstoff schieden sie ab mittelst Bleiessig und Zersetzung des Nieder- schlages durch Schwefelwasserstoft. Eigenthümlich war in diesem Falle das Verhalten des Harnes gegen Schwefelsäure. Bei Zusatz von verdünnter Schwefelsäure färbte sich der Harn momentan burgunderoth. Amylalcohol zog den rothen Farbstoff aus. Die rosenothe amylalcoholische verdünnte Farbstofflösung zeigte 2 Absorptionsstreifen in der gelbgrünen und blaugrünen Region des Spectrums.

SIEGFRIED PoLLack (63) untersuchte den Harn von einem Patienten

BEITRAG ZUR LEHRE ÜBER MELANIN UND GLYCOGEN 295

mit Melanosarcom der Leber. Das vom ZELLER vorgeschlagene Brom- wasser hat öfters versagt. Beim Kochen mit Schwefelsäure und Kalium- bichromat entstand ein reichlicher schwarzer Niederschlag.

Zur Reindarstellung des Farbstoffes benutzte PoLLack eine Mischung von gleichen Theilen neutralen und basischen Bleiacetats. Nach Zersetzen mittelst HeS, Filtriren und Verdampfen am Wasserbade entstand eine braunschwarze Masse, die in Alcohol, Aether, Amylalcohol, Chloroform unlöslich, in Wasser, Essigsäure, Salpetersäure, Salzsäure, Schwefelsäure mit schwarzer Farbe löslich war. Der Farbstoff enthielt Fe, N und S.

SENATOR (64) hat in einem Falle, wo der dunkelrothbraune Harn die EiserLt’sche Reaction gab, eine reichliche Menge Indicans gefunden, und er glaubt daher diesen Stoff als Ursache der obenerwähnten Reaction anzunehmen zu dürfen. Zum Nachweis des Melanogens und Indicans empfielt Senator Bromwasser und Fe:Cle, welche beide auf Indican nicht einwirken sollen. Prof. Koserr hat bemerkt, dass beim Schütteln sowohl indigohaltiger als melaninhaltiger Harne mit dem OBERMAYER'schen Reagens (Eisenchlorid + rauchende Salzsáure) diese auffallend dunkel werden. Setzt man jedoch jetzt Chloroform hinzu und schúttelt, so geht in dieses nur das gebildete Irdigoblau, aber nicht das gebildete Melanin úber. Diese Reaction kann also zur bequemen Unterscheidung bzw. Trennung des Indicans von Melanogen dienen. Gleichzeitig zeigt diese Reaction, dass beide Farbstoffe aus ihrem Chromogen durch Oxydation entstehen.

In einem Falle von ausgebreiteter Melanose konnte SENATOR im Harne eine reichliche Menge Melanogen nachweisen und in der entleerten Ascitesflüssigkeit gleichzeitig fertiges Melanın. Sowohl daraus als aus vielen andern Beobachtungen ergibt sich, dass das Primäre das Melanin ist und dass erst sekundär durch Reduction daraus Melanogen entsteht. Da letzteres wasserlöslich ist, kommt es leicht im Harn zur Ausscheidung, während das Melanin nur cellulär transportiert werden kann. Solchen cellären Melanintransport sehen wir beim Frosch zur Winterzeit und bei Schimmeln in einer gewissen Lebensperiode regelmässig. Dass er bei Menschen mit in Verkleinerung begriffenen Tumoren auch vorkommen kann, werden wir noch unten erfahren.

HorrE-SEYLER (46) berichtete 1891 iiber die Blut und Harnanalyse

*eines an melanotischem Sarkom erkrankten Patienten. Der hellbraune Harn, der an der Luft dunkelbraun wurde, schwärzte sich bei Einwirkung warmer Salpetersäure. Verfasser fand im Harne 2 verschiedene Substanzen, welche als Ursache der Dunkelfärbung des Harnes zu betrachten sind : ı) Urobilin, welches bei Reduction durch Fäulniss und nachheriger

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XII. 21

296 ; DaNniEL HELMAN

Oxydation an der Luft einen braunen Farbstoff liefert und 2) ein Kórper, dessen Isolierung vergeblich der Verfasser versuchte, der aber einen sehr leicht lóslichen braunen Farbstoff liefert, fállbar durch neutrales Bleiacetat. Die Substanz wird beim Schmelzen mit Aetzkali in Huminsáure und Protocatechusäure umgewandelt, wobei sich NHs und Indol entwickelt. HoPPE-SEYLER vermuthet, dass diese Substanz von einem leicht zersetz- lichen Kohlenhydrat also doch wohl vom Glycogen oder von einer aromatischen Substanz wie Brenzcatechin herstamme. Der Verfasser erwähnt also die Beziehung zwischen unserm Farbstoffe und einem Kohlenhydrate schon vor LUBARScH.

v. JAKSCH (65) untersuchte 2 Fälle mit Melanurie. Er hat uns neue Beiträge zur Kenntniss des Verhaltens des Harnes bei Melanurie geliefert. Als das beste und empfindlichste Reagenszum Nachweise einer bestehenden Melanurie empfiehlt v. JakscH wässrige Eisenchloridlösung, welche sogar in grosser Verdünnung die melanogenenthaltenden Harne schwarz färbt. Ein Ueberschuss von Eisenchlorid löse die schwarze Niederschläge. Thatsách- lich löst es aber nur den Phosphalniederschlag, welcher allerdings das Melanin mit niederreisst.

v. Jaxsch hat auch bemerkt, dass die melanogenenthaltenden Harne die THORMAHLEN’ sche Reaction geben. Sie besteht darin, dass beim Versetzen einer kleinen Portion Urins mit einer verdiinnten Natriumnitroprussidlésung und ein paar Tropfen Natronlauge oder Kalilauge eine rosarothe Farbung entsteht, die nach Zusatz von organischen oder anorganischen Säuren in eine tiefblaue übergeht. Die letzte beruht nach v. Jakscu auf der Bildung von Berlinerblau. Die erwähnte Reaction scheint aber nicht von der Ausscheidung des Melanogens abhángig zu sein, da sie auch bei anderen Erkrankungen vorkommen kann, besonders wenn der Harn reich an indigoliefender Substanz ist. Wir werden noch unten bei Besprechung der von mir unter- suchten Fälle auf die Berlinerblaureaction zurückkommen. Es ist noch zu betonen, dass v. JakscH im untersuchten Harne neben Melanogen auch noch Eiweiss und Zucker fand.

KoBERT (25) fand bei seinen Fallen das Eisenchlorid als das beste und brauchbarste Reagenz zum Nachweis und zur Abscheidung des Melanogens bzw. Melanins. Bromwasser liess ihn mehrmals im Stich, ebenso Salpeter- säure.

SETTI (66) bemühte sich auch die Eigenschaften der anderen Harn- bestandtheile in den melanogenenthaltenden Harnen zu bestimmen. Abgesehen von einer Vermehrung des Harnstoffes und einer Verminderung der Chloride konnte er jedoch keine anderen Abnormitäten im Harne

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BEITRAG ZUR LEHRE ÚBER MELANIN UND GLYCOGEN 207

beobachten, als dass Zucker in kleinen Mengen neben Melanogen vorhanden war. Vielleicht muss man diese Glykosurie so deuten, dass das Melanin auf das Glycogen im Körper zuckerbildend einwirkt und dadurch abnorm hohen Zuckergehalt des Blutes und Uebertritt dieses Zuckers in den Harn veranlasst.

Stoxvis (67) fand auch Melanogen im Flarne von einem Patienten mit Melanosarcom der Leber. Verfasser glaubt, dass das Melanogen als gepaarte Actherschwefelsäure zu betrachten sei.

Mir standen zur Verfügung 3 Harne von Patienten mit melanotischen Geschwülsten. Die Eigenschaften der Harne in den 2 ersten Fällen (1 Patient und ı Patientin) wurden bereits in der Koserr’schen (27) Arbeit angegeben. Den dritten Fall verdanke ich der Liebenswürdigkeit von Herrn Prof. GARRE.

Es handelte sich um eine 45jährige Patientin, die wegen eines Naevus pigmentosus an der Wange operirt war. Mehrere Monate nach der Operation gelangte sie in die Klinik Prof. GARRE mit einem Melanosarcom, das die rechte Seite des Gesichtes betraf. Wenige Wochen nach der zweiten Operation stellten sich mehrere Recidive am Halse ein, und der Zustand der Patientin verschlimmerte sich von Tag zu Tag. Dieser Fall kann gleichzeitig als Beweis der Bösartigkeit und der grossen Neigung zur Generalisation der melanotischen Geschwülste dienen. In therapeutischem Sinne können sie beinahe als Fälle « noli me tangere » bezeichnet werden.

Der Harn meines Falles war immer hell, fast farblos und änderte sich nicht sogar bei langem Stehen an der Luft. Trotz öfterer Unter- suchungen konnte ich darin weder Melanogen noch mehr als Spuren von Indican nachweisen. Eiweiss und Zucker waren auch nicht vorhanden; dagegen bestand eine bedeutende Polyurie. Ob von anderen dieses Symptom bemerkt worden ist, konnte ich nicht feststellen. Ich vermuthe, dass es nicht selten vorkommt.

In den Harnen der zwei oben erwähnten Fällewar Melanogen reichlich vorhanden. Als das empfindlichtste Reagenz muss auch ich das Eisen- chlorid bezeichnen. Im zweiten Falle (Harn der Patientin II) fiel auch die ThHoORMAHLEN'sche Reaction stets positiv aus. Gleichzeitig wurde auch mit einem normalen eingedampften Harne dieselben Reactionen wie mit den melanogenenthaltenden vorgenommen, um mich zu überzeugen, ob die fraglichen Eigenschaften des Harnes von einer specifischen Substanz abhängig sind oder etwa bei genügender Konzentration von jedem Harne geliefert werden. Ich fand, dass das Eisenchlorid, tropfenweise zugesetzt, die melanogenhaltigen Harne sofort gut unterscheiden lässt von normalem, der auch bei starker Eindunstung sich nicht schwärzlich färbte.

298 DANIEL HELMAN

Salpetersäure dagegen färbte auch den normalen recht dunkel. Brom- wasser sowie Chromsäure erwiesen sıch insofern als unzuverlässig, als sie bei dem einen Melanogenharn einen schwarzen Niederschlag ergaben, bei dem andern aber keinerlei Wirkung hervorbrachten. Chlorwasser sowie Jodkalium wirkten auf das Melanogen nicht ein. Dic Thorminten'sche Reaction wurde von demjenigen Harne, der auch auf Chromsäure reagierte, mehr- mals sehr deutlich gegeben. Spätere Portionen desselben Harnes gaben sie jedoch nicht mehr. Verdünnte Schwefelsäure und Salzsäure gaben namentlich beim Erhitzen der längere Zeit vorher der Luft ausgesetzten Harne schwarzbraune Niederschläge. Zum Schluss möchte ich noch zwei eigenartige Harne erwähnen, welche ich durch Prof. Koserr erhielt. Sie stammen beide von Diabetikern mit schr bedeutender Zuckerausscheidung und hoher Acidität. Beide Harne gaben, als die Kranken sich dem Ende näherten und namentlich als sie morıbund waren, mit Eisenchlorid schwarze Niederschläge, die sich zunächst gerade so verhielten, wie die Niederschläge der übrigen Melanogenharne. Prof. Kogert möchte das Melanin dieser Patienten als Marasmusmelanin ansprechen. Sein Auftreten im Diabetesharn muss als malum omen betrachtet werden. Die Section ergab natürlich nichts von melanotischen Tumoren. Genauere Untersuchungen über diesen Stoff konnten, da beide Patienten rasch starben, nicht angestellt werden.

Es wurden dann von mir weitere Reactionen mit den durch die verschiedenen Oxydationsmittel aus den Melanogenharnen gewonnenen Niederschlägen vorgenommen. Die durch Eisenchlorid ausgefällten Nieder- schläge lösten sich allmáhlig im Ueberschusse von Eisenchlorid und konntendurch Zusatz von Mineralsäuren dann nur schwer wiedergewonnen werden. Die durch gerade hinreichende Mengen des Reagens gewonnenen Eisenniederschläge lösten sich nach gehörigem Waschen auf dem Filter sehr leicht in Na:COs mit dunkelbrauner Farbe, während das Eisen- phosphat ungelöst blieb, und konnten aus dieser alkalischen Lösung durch Säuren vollständig ausgefällt und so weiter gereinigt werden.

Die Bromnicderschläge lösten sich auch sehr leicht in Na?COz3 und N Ha. Isobutyl-Alcohol nahm weder aus der Lösung noch aus dem Bromnieder- schlage den Farbstoff auf.

Die Niederschläge, die im Ilarne durch Zusatz von verdünnter H:SO, entstanden sind, lösten sich schon in der Kälte gänzlich in N H83 mit dunkelrother, fast schwarzer Farbe. Isobutyl-Alcohol entzog den Farbstoff nicht. Der aus normalem Ilarne durch Erhitzen mit H2504 gewonnene, nicht schwarze sondern braune Niederschlag löste sich in der

Kälte weder in NIIs noch in Na:COs er bestand zumeist aus Harnsäure.

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN 299

Die dunklen durch Einwirkung der Salpetersäure ausgefällten Farbstoff- niederschläge lösten sich in Alkalien. Nach Abfiltriren der Niederschläge blieben die Filtrate dunkelroth, sie gaben aber mit Eisenchlorid keine Melanogenreaction.

Die Salpetersäurentederschläge der Melanogenharne wurden mit Wasser gewaschen. Concentrirte H2SO, löste sie allmählig; nach Zusatz von einigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure entstand eine klare rothgefärbte l.ösung. Die verdünnte rothe Lösung gab vor dem Spectralapparate eine Absorption, indem nur die rothe Farbe durchgelassen wurde. Mit Alcohol versetzt blieb sie ohne Aenderung, mit Aether mischt sich die Lösung nicht.

Die rothe Färbung der Flüssigkeit scheint von der Einwirkung der Salpetersäure abhängig zu sein, so wie es auch mit der RosenBach’schen (68) Reaction der Fall ist.

Dieselbe Reaction mit dem Harne des Patienten I vorgenommen gab eine dunkelbraune schmutzige Lösung. Der Harn von Patientin III gab auch dasselbe Resultat, nur der Niederschlag löste sich nicht gänzlich in der Mischung der Schwefelsäure. Es ist noch zu erwähnen das Verhalten der durch Einwirkung der Salzsäure gewonnenen Niederschläge. Nach dem Abfiltriren derselben ergaben sich klare dunkelrothe Filtrate, die beim Erhitzen sich nicht änderten. Zusatz von Eisenchlorid gab keine weitere Dunkelfärbung und keinen Niederschlag. Die concentrirte IIC1 scheint gegenüber manchen anderen Säuren brauchbarer für den Nachweis des Mclanogens zu sein, denn die melanogenhaltigen Harne lieferten bei Zusatz von HCl sofort recht voluminöse schwarze Niederschläge, während melanogenfreie Harne fast keine Aenderung zeigten. Die schwarzen Salzsdurentederschlige lOsten sich rasch in NazCOs und konnten daraus durch H+SO, auch in der Kiilte wiedergewonnen werden. Die schwarzflockigen Niederschliige, welche mittelst concentr. und einiger Tropfen verdiinnter Schwefelsiiure entstanden und auf einem Asbestfilter gesammelt worden waren, lösten sich allmählig mit schwarzbrauner Farbe in Alkalien.

Erwähnen möchte ich noch, dass in allen Filtraten des Harnes der Patientin II nach vollständiger Ausscheidung des Melanins sich noch immer eine prachtvolle TuornÄntEN sche Reaction erzielen liess. Besonders gut fiel diese Reaction mit dem Filtrate, welches durch Einwirkung der HNOs auf den Ilarn gewonnen worden war, aus. Am besten ist diese Reaction in der Weise auszuführen, dass man zu der betreffenden Lósung ein Krystall von Nitroprussidnatrium zusctzt. Nun schüttelt man

das Probierglas bis sich der Krystal löst und tıäufelt dann vorsichtig

300 DANIEL HELMAN

tropfenweise NaOH so lange zu, als die Fárbung an Intensitát noch zunimmt. Bei Vorhandenscin der Substanz entsteht eine schóne burgun- derothe Lôsung, die nach Zusatz von ein paar Tropfen concentr. H:SO: oder CH3COOH ciner klaren dunkelblauen berliner-blauähnlichen Platz macht. Die Ausscheidung dieses Farbstoffes hängt, wie schon gesagt, nicht von dem Melanogen oder Melanin ab, da einerseits er aus den Filtraten nach vollständiger Entfernung des Melanogens noch gewonnen wurde, und andererseits dieselbe Reaction auch bei anderen krankhaften Zuständen bcachtet worden ist (KRUKENBERG, SALKOWSKI(69), DRESCHFELD (70) und anderen).

Dass die Reaction nicht auf Kreatinin zu beziehen ist, hat schon THORMAHLEN (71) bewiesen, indem auch der Rest nach vollständiger Abtrennung von Kreatinin ein positives Resultat geliefert hat.

Die alkalische violettrothe Lösung des in Rede stehenden Farbstoffes gab ein Absorptionsband zwischen Roth und Grün. Nach Zusatz von Alcohol nimmt die Lösung eine rothe Farbe an.

Die alkoholische alkalische Lösung wirkte stark absorbirend auf das Licht des Spectrums; es ging nur das Rothe unbehindert durch; alle übrigen Farben werden verdunkelt, das Gelbe sogar gänzlich ausgelöscht.

Bei Zusatz einer Mischung von Alcohol und Aether zu gleichen Theilen bleibt die alkalische Lösung unverändert; auch die spectrosco- pischen Eigenschaften blieben dieselben, wie bei der rein alkoholischen Lösung. Wenn man nun Aether zu der alkalischen violettrothen Lösung zugiebt, so setzt sich derselbe farblos ab. Auch Isobutylalcohol nahm den Farbstoff nicht auf. Die alkalische Lösung gab auch an Chloroform den Farbstoff nicht ab.

Mit Bleizucker gab die Lösung einen hellrothen Niederschlag, der sich leicht in Na2CO;s löste mit einer schönen rothen Farbe, die nach Zusatz von CH3COOH einer hellblauen Platz machte.

Die mit Barytwasser versetzte alkalische Lösung gab einen geringen weisslichen Niederschlag und ein rötlich gefärbtes Filtrat. Um aus dem Filtrate den Ueberschuss von Ba(OH): zu beseitigen, wurde es mit CO: behandelt, wobei sich ein voluminöser gelber Niederschlag ausschied und oberhalb desselben eine tiefblau gefärbte Flüssigkeit bildete, die sich bei Erwärmen entfärbte. Nach Zusatz von Na:COs oder NH3, also in alkalischer Lösung, bekam sie wieder ihre ursprüngliche rothe Farbe. Ganz dieselben Reactionen wurden auch mit der sauren tiefblauen (berlinerblauähnlichen) Lösung durchgeführt. Sie ist gut mischbar mit Alcohol, Aether, Aceton mit klarer blaugrünlicher Farbe, Die Aceton-

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN 301

lösung löscht im Spectrum das Rothe gänzlich aus, das Grüne geht unverändert durch.

Als eine interessante Thatsache möchte ich hervorheben, dass die alkalische, wie auch saure Lösung, zu denen ein Gemisch von gleichen Theilen von Alcohol und Aether zugesetzt war, nach mehreren Stunden am Boden des Gefässes einen körnigen rothen (die alkalische Lösung) und einen blauen Niederschlag (die saure Lösung) ausgeschieden haben. Die Niederschläge blieben unlöslich in Alcohol, Aether, Aceton, lösten sich aber sehr rasch im destillirtem Wasser. Bei längerem Stehen änderte sich die Farbe der Lösungen in schmutzig braune und blau-grünliche. Mit Rücksicht auf die genannten Reactionen und auf das spectroscopische Verhalten kann der blaue Farbstoff, der sich in der sauren Lösung ausscheidet, nicht als Berlinerblau betrachtet werden.

Erwähnen möchte ich noch an dieser Stelle, dass der Harn der Patientin II sogar noch bei’ 100 facher Verdünnung die THorMÄHLEN’sche Reaction gab, dass die saure (durch Essigsäure) Lösung dann aber nicht blau, sondern smaragd-grün war. Gleichzeitig angestellte Versuche mit gewöhnlichem verdünnten Harne und mit Wasser gaben ganz negative Resultate : die röthliche alkalische Nitroprussidnatriumlösung entfärbte sich rasch nach Zusatz von concen. Essigsäure,

Mit den melanogenenthaltenden bzw. melaninhaltigen Harnen wurden auch Reductionen vorgenommen.

Manche reducirenden Mittel wie Wasserstoffsuperoxyd, Aluminium- amalgam entfärbten zwar die dunkelbraunen Lösungen, aber gleichzeitig zerstörten sie auch die melaningebende Substanz.

Die Reactionen waren folgende :

ı) Nach Zusatz von HzO: (unter Paraffınum liq.) nahm der dunkel- braune Harn eine hellgelbe Farbe an. Trotz der Entfernung des Wasserstoffsuperoxyds durch Erwärmen, gab jetzt der Harn keine Reactionen mit Eisenchlorid mehr.

2) Bei Digerieren mit Aluminiumamalgam (Wasserbad 38°—40°) unter einer Paraffinschicht entstand eine allmählige Entfärbung.

3) Schwefelwasserstoff scheint nicht entfärbend zu wirken.

4) Aluminium in Pulverform entfärbt.

5; Bei Digerieren mit Zinkstaub + Na:CO; unter Paraff. liq. trat keine Entfärbung ein.

6) Bei Einwirkung von Zinkstaub + HCl fand eine Entfärbung statt.

7) Natriumthiosulfat scheint nicht zu entfärben.

Um das Melanogen eventuell Melanin aus dem Ilarne abzuscheiden

302 DANIEL HELMAN

sind 3 Methoden angegeben. Die Fällung mittelst Barytwasser, Eisen- chlorid und Bleiessig. Die besten und brauchbarsten Methoden scheinen mir die von Jakscu (Eisenchlorid) und die von Morner (Barytwasser; angegebene zu sein.

Das Eisenchlorid muss aber sehr vorsichtig zugegeben werden, da es im Ueberschusse lósend auf das Melanin wirkt. Am besten ist es, die aus den einzelnen Harnportionen gewonnenen Niederschlige zu sammeln und die Filtrate probeweis nochmals auszufällen. Die gewaschenen Melanın- niederschläge lösen sich, soweit sie wirklich aus Melanin bestehen, leicht in NaeCOs. Durch wiederholtes Fällen mit verdünnter Schwefelsäure und erneutes Waschen erhält man reines Melanin. Auf diese Weise habe ich aus 5o c.c. Harn des Patienten I 3 milligr. Melanin und aus Jo c.c. Harn des Patienten II ı8 milligr. Melanin gewonnen. Alsdann führte ich eine Melaninbestimmuug desselben Harnes nach der Barytmethode aus.

So c.c. des dunkelbraunen Harnes von Patientin II wurde mit 5o c.c. kaltgesättigter Lösung von Ba/OH): versetzt. (Das Barytwasser wurde so lang zugegeben bis es mit dem Filtrate keine Trübung mehr gab).

Der auf diese Weise gewonnene graubraun gefärbte Barytmelanin- niederschlag wurde von dem farblosen Filtrate abgetrennt und nach Vorschlag von MôRNER weiter verarbeitet. Er wurde aus dem Filter in einen grossen Cylinder gebracht, mit Wasser aufgeschwemmt und durch Dekantiren (4—5 Mal täglich) gewaschen. Dann wurde er auf ein Leinwandtuch gebracht, abfiltrirt, ausgepresst und nochmals gewaschen. Erst dann wird er von dem Tuch genommen und mit Na2CO; versetzt, der auf dem Leinwandfilter gebliebene Rest wird auch mit Na2COs iiber- gossen : die beiden alkalischen dunkelbraunen Lösungen wurden von dem gebliebenen Niederschlag (tr) abfiltriert und mit verdünnter Schwefel- säure versetzt.

Schon in der Kälte entstand ein dunkelbrauner Niederschlag, der nach Erwármen der dunklen Lösung noch voluminöser wurde. Es wurde abfiltrirt, mit Wasser, dann mit Alcohol und mit Aether gewaschen, getrocknet und gewogen, wobei er 11,6 milligr. Melanin lieferte, also wesentlich weniger als bei der Eisenchloridmethode. Leider fehlte es mir an Harn, um die Bestimmungen so oft zu wiederholen, bis beide Methoden gleiche Werte lieferten.

Das Filtrat, welches nach Entfernen des Barytmelaninniederschlages,

(1) Nach MÖRNER soll der Niederschlag rosafarbig sein und mit H2SO4 und Spiritus soll er.eine gelbrothe Lösung geben. Ich konnte dies nicht bestätigen,

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN 303

gewonnen war, gab eine sehr intensive THORMAHLEN’sche Reaction. Davon dass in dem Filtrate keine Spuren von Melanin geblieben waren, konnte ich mich überzeugen, indem ich das barytfreie neutrale Filrat mit Eisen- chlorid versetzte. Der dabei entstandene Eisenniederschlag wurde mit Natriumcarbonat digeriert. Die gewonnene alkalische Lösung gab keine Spuren von THORMAHLEN’scher Reaction. Das gebliebene gelbgefärbte Filtrat wurde in 3 Theile getheilt und davon der eine mit HeSQu, der andere mit HNO;, der dritte mit HCl versetzt, erwärmt und eingedampft. Beim Eindampfen bis auf !/—!/a Volumen entstand kein Niederschlag, nur nahmen die Flüssigkeiten eine schwarze Farbe an.

Durch das Barytwasser ist also das Melanin bzw. das Melanogen quantitativ ausgefällt worden und kann daraus leicht gewonnen werden.

Dieses Reagens scheint insofern noch brauchbarer zu sein als das Eisenchlorid, als es die Reactionen auf Fe-gehalt des Melanins nicht stören kann, während das Eisenchlorid dies unter Umständen wohl thun dürfte.

Die melanogenenthaltenden Harne besitzen also characteristische chemische Eigenschaften gegenüber normalen Harnen und können für den Nachweis der melanotischen Geschwülste und ihrer inneren Metastasen nicht verwendet werden. Jedoch ist bis heute die Frage noch nicht entschieden, ob unsere Reactionen unbedingt auf Vorhandensein eines specifischen, den Melanomen eigenthümlichen Farbstoffes zu beziehen sind, oder ob es sich hier nur um abnorme Mengen des auch in normalem Harne spurweise befindlichen Chromogens handelt. Diese letztere Ansicht wurde von keinem Geringeren als von HoPPE-SEYLER getheilt. Er glaubte bis zu seinem Ende, dass die Dunkelfärbung mit Oxydationsmitteln zum Theil auf der Bildung von Indigo beruhe. In den durch mich untersuchten Harnen waren aber kaum Spuren von Indican, so dass diese Annahme nicht zu recht besteht. |

Auch VircHow (72) glaubte, dass man es in solchen Harnen nicht mit einem specifischen Farbstoff zu thun hat, sondern, dass es sich nur um Abnormitáten in der Urinfarbe handelt, die durch Stórungen in den Functionen der Leber (in welcher ja gewöhnlich die Geschwiilste vor- kommen) verursacht seien.

Andererseits wurde hervorgehoben, dass auch bei anderen Zuständen der Harn dieselben chromogenen Eigerischaften zeigen kann, wo von melanotischen Tumoren keine Rede ist.

So hat Dressler dasselbe Verhalten zu den oxydirenden Mitteln im Harne bei marastischen Individuen, welche keine melanotischen

304 DANIEL HELMAN

Geschwiilste gehabt haben, beobachtct. Ich selbst habe oben fiir 2 Harne von Diabetikern dasselbe konstatiert.

Auch bei Ochronose(!) wurde eine Melanurie beobachtet. So beschreibt HANSEMANN (73) einen Fall von Ochronose bei einem 4tjährigen Landwirth, der seit 18 Jahren an starker Melanurie litt und bei dem die Section das Fehlen von melanotischen Neubildungen darthat.

Auch Hecker und Wo r (74) beschrieben einen Fall von Ochronose, wobei der Harn alle charakteristischen Eigenschaften des melanogenhaltigen besass. Analysen des ochronotischen und des marastischen Melanins liegen zur Zeit nicht vor, ich halte es aber für möglich, dass diese beiden Melaninarten dem der melanotischen Tumoren chemisch nahe stehen.

Auf andere Arten des Melanins einzugehen halte ich für überflüssig, da bei KoBERT sich sämmtliche Arten aufgezählt finden. Ich möchte dagegen auf eine Eigenthümlichkeit des Harns unserer pflanzenfressenden Versuchstiere, namentlich des Kaninchens und des Meerschweinchens hin- weisen, welche nicht allgemein bekannt ist und zu argen Täuschungen führen kann. |

Füttert man nämlich diese Tiere reichlich mit Futterrüben, so giebt thr Harn, dessen Farbe gleich nach der Entleerung die normale weisslich-gelbe ist, bei Zusatz von Eisenchlorid eine tief braunschwarze, ja oft fast veinschwarze sehr voluminöse Fällung, ganz als ob echtes Tumorenmelanin darin enthalten wäre. Gleich diesem lässt es sich auch dem Niederschlage durch Natrium- carbonat entziehen; aber es gelingt nicht, aus dieser Lösung es durch Mineral- säuren als voluminöses schwarzes Pulver wieder niederzuschlagen. Die Ursache dieser Schwarzfärbung, die an Karbolharn erinnert, sind aromatische Stoffe des Futters, wie Homogentisinsäure von GONNERMANN und andere, die uns hier nichts angehen.

Um das echte Melanogen von dem Humusmelanogen zu unter- scheiden, muss man sich nicht nur mit den gewöhnlichen Reactionen begnügen, sondern auch den Harn mit Barytwasser ausfällen und den gewonnenen Niederschlag weiter auf reines Melanin verarbeiten. Die Humussäurederivate zeigen, wie ich fand, dann grosse Differenzen gegenüber dem Melanogen.

Nach Senator (64) kann eine Dunkelfärbung des menschlichen Harnes an der Luft bzw. durch Oxydationsmittel auch durch Gegenwart

(1) Die als « Ochronose » durch VIRCHOWw (72) entdeckte und bezeichnete Krankheit besteht in Schwarzfärbung von Knorpel und Knochen. Einlegen von Leichenorganen

in 4 °joiges Formalin kann Pseudo ochronose der Knorpel hervorrufen.

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN 305

aromatischer Aetherschwefelsäuren, ferner durch Gallen- oder Blutfarbstoff- derivate bedingt sein.

Dass die echten Melanine reducirbare Stoffe sind, geht ausser aus den oben besprochenen chemischen auch aus folgenden physiologischen Versuchen hervor. Nach Einspritzung verschiedener Melanine unter die Haut von Pflanzen- und Fleischiressern findet sich in den entsprechenden Harnen je ein Melanogen, welches durch Oxydationsmittel wieder in Melanin umgewandelt werden kann. Diese schon längere Zeit bekannte Thatsache habe ich durch neue Versuche erhärtet.

Das Auftreten des Melanogens in dem Harne der Patienten mit melanotischen Geschwülsten ist in analoger Weise zu deuten : der Farb- stoff gelangt aus den Geschwülsten in irgend einer Form in das Blut, wird in irgend welchem Organe reducirt und endlich als Melanogen mit dem Harne ausgeschieden. Dass es sich bei den Patienten im Harn wirklich lediglich um ein Reduktionsprodukt des Tumorenfarbstoffes handelt, hat MORNER schon längst nachgewiesen : deraus den Geschwülsten gewonnene Farbstoff stimmte in allen Reactionen mit dem aus dem Harne durch Oxydation gewonnenen überein.

Ferner haben GANGHOFFNER und PRrIBRAM beobachtet, dass ziemlich grosse Tumorenstückchen resorbirt werden können und somit Anlass zum Erscheinen des Farbstoffes im Urin geben. Nerveu (75) hat 4 Fälle von melanotischen Geschwülsten veröffentlicht, wobei er im Blutserum und in den weissen Blutkörperchen schwarzbraune Pigmentkörnchen nachwies. Hierher gehören auch die Beobachtungen von EBERTH (76) u. NysTRöM (77). Diese Verfasser constatierten eine förmliche Melanämie, diffuse Ablagerung von Pigmenten in verschiedenen Organen, die durch Zerfall der melano- tischen Metastasen bedingt waren.

Aus allen diesen Beobachtungen geht hervor, dass in vielen Fällen (aber nicht in allen) von melanotischen Geschwülsten im Urin ein speci- fischer Farbstoff als Melanogen ausgeschieden wird.

Doch ist sein diagnostischer Werth dadurch eingeschränkt, dass einerseits dieser Stoff oder ein ihm ähnlicher auch bei anderen krank- haften Zuständen vorkommen kann, sowie dass er andererseits auch bei Vorhandensein von Melanomen doch ım Harne fehlen kann. Nur das eine kann man mit Bestimmtheit sagen, dass, wenn nach der Extirpation äusserer melanotischer Geschwülste (der Haut, des Augenapfels u. s. w.) eine Melanurie auftritt, bevor noch physikalische Untersuchung eine Vergrösserung innerer Organe nachweisen kann, man aus dem Nachweis des Melanogens bzw. Melanins im Harne den Schluss auf eine Metastase oder ain Recidiu sichen muss.

306 DanıeL HELMAN

Die wichtigsten Ergebnisse des vorstehenden Abschnittes lassen sich in folgende Sätze zusammenfassen :

1) Echtes Melanogen ist nur da im Harn vorhanden, wo sich auf vorsichtigen Eisenchloridzusatz ein schwarzer, die Phosphate einschlies- sender Nicderschlag von Melanin bildet, der sich in kohlensaurem Natrium mit schwarzer Farbe ohne die Phosphate löst und aus dem durch Mineralsäuren relativ reines Melanin ausgefällt werden kann.

2) Die Schwärzung mit Eisenchlorid wird nach KoßeErT auch von manchen Harnen gegeben, welche keine Spur von Melanin enthalten, so z. B. von Kaninchen- und Meerschweinchenharn nach reichlicher Zucker- rübenfütterung.

3) Ausser Eisenchlorid wirken auch Bromwasser und Chromsiure auf viele Melanogenharne rasch schwirzend, aber doch nicht auf alle.

4) Auftreten von echtem Melanogen ım Harn des Menschen deutet meist auf Anwesenheit melanotischer Tumoren, aber doch nicht ausnahms- los, indem es trotz der Tumoren fehlen und ohne Tumoren doch vor- handen seın kann, so z. B. bei der Ochronose.

5) Falls das Melanin auf Eisen untersucht werden soll, empfiehlt es sich, die Fällung des Harns nicht mit Eisenchlorid, sondern mit Barythydrat vorzunehmen.

6) Die sogen. THorMAHLEN’sche Reaction, d. h. Blaufärbung bei Zusatz von Nitroprussidnatrium, Kalilauge und Essigsäure, wird keines- wegs von allen Melanogenharnen geliefert, auch kommt sie weder dem

Melanogen noch dem Melanin zu.

III.

Mit der Frage des physiologischen Verhaltens der Melanine haben sich MIURA (27), SENATOR (79), RosEnFEıD (80) und andere befasst. Am ausführlichsten wurde dies Kapitel vom Prof. KoserT erforscht.

Miura (27) war der erste, der die Injectionsversuche angestellt hat. Nach Einspritzung des Melanins aus der melanotischen Pferdemilz in die Bauchhöhle eines Kaninchens konnte er im Harne der Versuchstiere Melanogen constatieren.

SENATOR (79) spritzte in die Bauchhöhle eines Kaninchens Menschen- harnmelanın ein. Die Untersuchung des Harnes ergab grosse Mengen von Indican, aber kcin Melanogen.

HANSEMANN (73) spritzte einem Hunde das Melanin, welches er aus dem Ilarne eines an Ochronose leidenden Patienten gewonnen hatte, cin.

Der Farbstoff ging unverändert in den Urin über.

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN. 307

RoseNFELD (80) hat Versuche mit Melanoidinsáure angestellt, wobei er sich überzeugen konnte, dass die Melanoidsäure intravenös eingespritzt stark giftig wirkt. Die Substanz wurde im Harne unverändert aus- geschieden. |

Prof. Konert :25) hat Injectionsversuche mit verschiedenen Melaninen angestellt. Relativ grosse Dosen von Melaninlösungen riefen nach der Einspritzung keine Giftwirkungen hervor. Im Harne konnte immer Melanogen nachgewiesen werden.

KoBeErT stimmt darin mit NEUMEISTER überein, dass wohl die Leber der Hauptort der reductiven Entfärbung ist.

Durch Prof. Kospert wurde ich veranlasst, weitere Versuche über die Umwandlung, Ausscheidung und Wirkung der Melanine bei künstlicher Einfuhr anzustellen. Die Versuche bezogen sich auf Kaninchen und Frösche. Als Material zum Einspritzen benutzte ich Tumorenmelanin, Hippomelanin, Sepiamelanin, Menschenharnmelanin, Humusmelanıı,, endlich humussaures Natron.

Ich gebe im Nachstehenden die Beschreibung der Versuche.

Versuch 1.

Einem mittelgrossen Kaninchen wird 10 c.c. Melaninlösung unter die Haut gespritzt. Das Melanin ist aus dem melanotischen Tumor No 8 hergestellt worden. 0,0735 getrock- netes reines Melanin wurde in verdünnte Na2CO3-Lôüsung gebracht und mit Kohlen- sdure durchstromt, um die Alcalescenz zu vermindern. 6—7 Stunden nach der Einspritzung entleert das Kaninchen eine geringe Menge gelbgefärbten Urins, der an der Luft allmählig dunkler wurde. Schon dieser erste Harn gab alle eigenthümlichen Reactionen auf Melanogen. Besonders deutlich fiel die Reaction mit Eisenchlorid und Salpetersäure aus. Am dritten Taye wird das Kaninchen bei normalem Befinden geschlachtet. An der Einspritzungstelle war die Haut mitschwarzem Farbstoff ımbibirt. Keine Entzündungerscheinungen waren vorhanden. Kleine Stückchen von Leber, Milz, Niere, Darm und Haut wurden zur microscopischen Untersuchung verwendet; ich konnte aber keine Spuren von Pigment in sämmtlichen Organen nachweisen. Bei der Section wurde aus der Blase der Harn entnommen und nachstehenden Reactionen unterworfen : 1) Eisenchlorid gab einen voluminösen dunkelbraunen Niederschlag. 2) Chromsäure, schwarzbraune Lösung. 3) Bromwasser, keine Veränderung, nur ein geringer gelber Niederschlag. 4) Bromwasser 4 Essigsäure, schwarze Lösung oben, dunkelschwarzer Nieder- schlag unten. 5) Salpetersäure kalt, am 2 Tage dunkelbraune Farbe. 6) Salpetersäure gekocht, schwarzer Niederschlag. 7) Chlorwasser, keine Dunkelfarbung. 8) Schwefelsäure kalt, geringe Dunkelfärbung.

9) Schwefelsäure gekocht, voluminöser schwarzer Niederschlag.

308 DANIEL HELMAN

10) Jod, übt keine Wirkung auf den Harn.

11) Indican, war in grosser Menge vorhanden.

12) THORMAHLEN'sche Reaction, fiel negativ aus.

Die unter No 6 und g bezeichneten Niederschlage werden mit Isobulyt-Alcohol ausgezogen. Es entstand in beiden Portionen eine klare hellrothe Flissigkeit. Dem durch Fállung mit Eisenchlorid gewonnenen Niederschlag konnte der Isobutyl-Alcohol

den Farbstoff nicht entziehen. Versuch 2.

Einem Kaninchen wurde 15 c.c. einer gesáttigten Lósung von Hippomelanin in NasCO3-Lösung am Rücken eingespritzt. Dasselbe Kaninchen war vor einigen Wochen zur dergleichen Versuchen schon mehrere Male gebraucht worden und hatte danach einen auf nicht sterile Injektion zu beziehenden Abscess bekommen. Am zweiten Tage nach der Einspritzung wird es todt gefunden. Die Ursache war aber nicht die Melanin- einspritzung. Es starb an dem genannten Abscesse. Die Section ergab einen abgekapselten ziemlich grossen Abscess unter der Haut mit festem käsigem Inhalt und secundäre Infection der Brusthöhle. Der Eiterherd war intensiv schwarz gefärbt : es scheint, als ob ein Theil der Melanininjection irrtümlich in diesen Herd erfolgt wäre. Hic und da fand man unter der Haut schwarzbraune Färbung der Subcutis, welche noch von früheren Injectionen stammte. In der Blase war kein Harn. Auch bei Lebzeiten entleerte das Kaninchen keinen Urin. Bei der microscopischen Untersuchung der Leber, Niere, Milz u. s. w. konnte man nirgends Abnormitäten nachweisen. Keine Spuren von Pigment- ablagerungen. Nur im subcutanen Eiterherde war das schwarze Pigment reichlich nachweisbar. Ich führe diesen Versuch nur an, um zu zeigen, dass selbst ein Tier mit sehr geschwächter Vitalität im stande war, den in Circulation gekommenen Teil des Pigmentes zu entfärben und für das Mikroskop in Leber, Niere und Milz unnachweisbar zu machen.

Versuch 3.

Auch bei einem /gel, der subcutan eine reichliche Dose Hippomelaminlösung bekommen hatte, konnte ich in sämmtlichen Organen keine Spuren vom Pigmente finden. Nur in der Magenschleimhaut war ein dunkelgelbes körniges Pigment zu sehen, welches aber von einer kleinen Magenblutung herrührte und als Blutfarbstoffderivat zu betrachten ist.

versuch 4.

Sepia ist ein Farbstoff, der aus den Drüsen (Tintenbeutel) der Sepia officinalis abgeschieden wird. Die Tintenbeutel, die das schwarzbraune Pigment enthalten, werden ausgetrocknet, zerrieben, und mit Kalilauge gekocht. Die käufliche Sepia, die als Malerfarbe dient, ist ecin Gemisch von Sepiasdure und Gummi arabicum. Das Natronsalz

dieser Säure nenne ich Sepiamelanin. Nach Desrosses und VARIOT (81)scheint die Sepia mit einzelnen anderen Melaninen

identisch zu sein. NENCKI und SIEBER (82), wie auch GiroD (83) haben das Sepiamelanin analysirt und dabei nur eine verhältnissmässig kleine Menge von Schwefel constatiert. Darin liegt

auch der Unterschied zwischen Scepiamelanin und anderen Melaninen, die relativ

schwefelreich sind.

BEITRAG ZUR LEHRE ÚBER MELANIN UND GLYCOGEN. 309

Nach KosBert bildet das Sepiamelanin einen Uebergang zu den Humusmelaninen, die noch armer an Schwefel oder ganz schwefelfrei sind.

Einem Kaninchen wurden 15 c.c. Sepiamelaninlösung unter die Haut eingespritzt. Das Kaninchen entleerte danach hellgelben Harn, welcher an der Luft nicht dunkel wurde, wohl aber nach Zuzatz von Oxydationsmitteln. Eisenchlorid gab mit dem Harne ver- setzt einen voluminósen dunkelbraunen Niederschlag. Auch das Bromwasser zeigte sich in diesem Falle als ein sehr geeignetes Reactiv, um das Melanogen in Melanin überzuführen. Die inneren Organe wurden microscopisch nicht untersucht, da nach

vorigen Versuchen ja doch kein Befund zu erwarten war.

Versuch 5.

0,036 Melanin, welches aus dem melanotischen Harne der Patientin II gewonnen war, wurde in 70 c.c. NaeCOs gelöst, mit CO: durchströmt und zu Injectionen benutzt. .

Zuerst wird einem Kaninchen 15 c.c. dieser Lösung subcutan eingespritzt. Erst nach 15—20 Stunden entleerte das Kaninchen eine sehr geringe Menge hellgelben Harnes, welcher die gewöhnlichen Reactionen auf Melanogen zeigte. Der am nächsten Tage entleerte Harn nahm rasch an der Luft eine dunkle Farbe an.

2 Tage nach der ersten Einspritzung wird wieder demselben Kaninchen 20 c.c. der Melaninlösung eingespritzt. Die Menge des durch den ganzen Tag entleerten Harnes betrug nur 40 c.c. Ich konnte fast in allen Versuchen mit Melanininjectionen eine Verminderung der Harnquantität constatieren. Der entleerte Harn war gelb und trübe. Die Trübung war durch Phosphate, Karbonate und Bacterien verursacht; nur durch Kieselsäurefiltration konnte der Harn klar gemacht werden. Er gab alle Reac- tionen auf Melanogen. Eiweiss und Indican waren nicht vorhanden. Aus dem Harne konnte man mittelst Fällung durch Eisenchlorid, Auflösen in NazCOsz und nachfol- gender Fallung mit HzSO. einen dunkelbraunen fast schwarzen Farbstoff herstellen, der alle charakteristichen Eigenschaften des Sepiamelanins besass.

2 Tage nach der zweiten Einspritzung erfolgte die dritte, wobei 20 c.c. von der- selben Melaninlösung injicirt wurden. 3 Tage danach der Rest (zo c.c.). Im allgemeinen wurde also 0,036 Melanin eingeführt, ohne jegliche Giftwirkungen zu bemerken. Der Harn enthielt immer Melanogen. Ein Tag nach der letzter Einspritzung wurde das Kaninchen 'todt gefunden. Die Ursache des Todes blieb unbekannt. Die Section ergab vergrösserte grau-gefärbte puerperale Milchdrüsen. Die Blase enthielte eine geringe Menge hellgelben Harns, der noch melanogenhaltig war; an einer Stelle der Blasenwand ein hartes, nicht mit der Vergiftung zusammenhängendes Concrement. An dem Dünndarm wie auch an dem Blinddarm konnte man keine Entzündungserschei- nungen wahrnehmen. Mit Ausnahme der Niere, wo kleine Blutungen zu sehen waren, konnte man in sämmtlichen Organen weder macroscopisch noch microscopisch abnorme Veränderungen finden. Pigmentablagerungen waren auch in diesem Falle nicht zu

sehen.

Versuch 6.

Einem Kaninchen wird 15 c.c. Humusmelanin subcutan eingespritzt. Der Name « Humusmelanin » ist durch Prof. KOBERT eingeführt worden und bezeichnet das aus

Casseler-Braun durch Digeriren mit NH3 und nachherigem Auswaschen in saurer

310 DaNIEL HELMAN

Lösung hergestellte, mit Stickstoff angereicherte Humussäurepräparat. Das Humus- melanin ist in Na2CO3 löslich. Ich benutzte eine mit Humusmelanin gesättigte Lösung von Soda.

Wie gesagt wurden 15 c.c. dieser Lösung nach Durchströmen mit COs einem Kaninchen eingespritzt. Eine gleiche Portion wird zu analytischen Zwecken mit 5 c.c. HCl verdün. -- 5c.c. H:SO4 verd. versetzt. Es entstand ein dunkelbrauner Nieder- schlag, der beim Erwärmen voluminöser wurde. Nach Abwaschen und Abtrocknen betrug sein Gewicht 0,1539 gr. Das Pulver wurde verascht und der Rest in Salzsäure gelöst. Fe war nicht vorhanden, auch die Probe auf S fiel negativ aus. Der nach der Einspritzung entleerte Harn (nach 10—ı2St.) war trübe und von dunkelbrauner Farbe.

Durch Eisenchloridzusatz liess sich ein voluminöser schwarzer Niederschlag gewinnen.

2 Tage später wird demselben Kaninchen wieder 15 c.c. der Lösung (also 0,1539 Humusmelanin) subcutan eingespritzt. Giftwirkungen kamen nicht zum Vorschein. Die angestellte Analyse des entleerten dunkelbraunen Harnes ergab folgende Resultate °

1) FeCls giebt einen grauschwarzen Niederschlag, der sich rasch in NazCO3 mit dunkelbrauner Farbe löste. Aether entzieht nicht die Farbe, auch nicht beim Ansäuern.

2) Chlorwasser, geringe Entfärbung des Harnes.

3) Bromwasser, greringer Niederschlag, der am 2 Tage dunkler wurde.

4) F + FK, keine deutliche Reaction.

5) Chromsäure, momentane Dunkelfärbung des Harnes, am 2 Tage liess sich ein brauner Niederschlag wahrnehmen.

6) HCI verd., in der Kälte trat eine geringe Dunkelfärbung ein; nach Erhitzen entstand eine klare rothe Lösung, aus der sich am 3 Tage ein rother Niederschlag ausschied. Aether entzog den Farbstoff und färbte sich hellroth.

7) H2SO, verd., unbedeutende Färbung ; beim Erwärmen unverändert.

8) HNOs verd., beim Erwärmen entstand eine rothe Lösung, und am 3 Tage beim

Stehen ein schwarzer Niederschlag.

9) HCl conc. zuerst trat augenblicklich eine Entfárbung, die aber bald ciner 10) H2SOsconc, schwarzrothen Farbung Platz machte. Am 2. Tage entstand 11) HNOs conc. nach Erwarmen ein flokiger dunkelbrauner Niederschlag.

12) Phosphormolybdänsäure + H2SO: | , a ` . am 2tem Tage ein weisser Niederschlag.

13) Phosphorwolframsäure + H2504 |

14) THORMAHLEN'sche Reaction, ficl erst nach der 2 Einspritzung positiv aus.

15) Indican, nicht vorhanden,

16) Eiweiss, ESBACH : negativ; SPIEGLER : positiv; HELLER : positiv.

17) Zucker, nicht vorhanden.

18) Zn + HCl, entfarbt sehr rasch den Harn.

19) H202, Entfárbung.

Die durch Bromwasser und Chromsäure gewonnenen Niederschlige gaben dem Isobutyl-Alcohol eine gelbróthliche Farbe.

Die Niederschläge, die durch Fállung mit HCl, H:504, HNOz (No 8, g, 10 u. 11) gewonnen waren, lösten sich im Aether nicht, wohl aber in Isobutyl-Alcohol mit schöner

violettrother Farbe; die Lösungen zeigten eine Verdunkelung im Spectrum, nur das

Roth ging unbehindert durch.

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN 311

Die abgegossenen Filtrate (N°8,9, 10u. 11) zeigten im Spectrum eine Verdunkelung im Blauem; nur das Roth und Grün ging unbehindert durch.

Die Filtrate mischten sich mit Isobutyl-Alcohol, wobei sie ihm eine violette Färbung gaben.

Die Lösung des Farbstoffes in Isobutyl-Alcohol verhielt sich spectroscopisch gleich den gelösen Niederschlägen, d. h. nur das Roth ging unbehindert durch. Beim Filtrate von HNO3 (N° 11) ging auch das Grün durch.

Eine gewisse Menge des Harnes (ungefähr 250 c.c.) wird mit Eisenchloridlösung versetzt, der ausgefallene dunkelbraune Niederschlag filtrirt, abgewaschen und in NasCO3 gelöst. Die auf diese Weise gewonnene schwarze Melaninlösung wird mit HSO; (ein Theil) bzw. HCl (ein zweiter Theil) versetzt. In der Kälte entstand binnen 16—18 Stunden kein Niederschlag. Erst nach Erwärmen und langdauerndem Kochen liess sich ein sehr geringer Niederschlag wahrnehmen. Nach weiterem Zusatz von Säuren verschwand der Niederschlag gänzlich und die Lösungen hatten jetzt auch ihre ursprüngliche dunkle Farbe verloren, es war eine allmähliche Entfärbung eingetreten. Bei wirklichen Melaninharnen ist ein derartiges Verhalten mir nie vorgekommen. Dasselbe Verhalten des Eisenchloridniederschlages konnte ich immer auch bei den Harnen bemerken, die von mit Rüben gefütterten Meerschweinchen und Kaninchen stammten und die das Vorhandensein von Melanogen vortäuschten.

Ganz andere Resultate lieferte aber die Fällung desselben Harnes mittelst des von MÖRNER empfohlenen Reactivs, des Barytwassers. Es erfolgte ein grauweisser voluminöser Niederschlag. Dieser wurde abfiltrirt, ausgewaschen, dann mit Na2CO3 versetzt und erwärmt. Der Farbstoff löste sich allmählich und gab eine dunkelbraune fast schwarze Lösung, die beim Erwärmen mit H2SO4 einen voluminösen Melaninniederschlag lieferte. Der letztere zeigte allecharacteristischen Eigenschaften der Melanine. Noch 2 Tage nach der Einspritzung zeigte der Harn dieselben Melanogenreactionen. 4 Tage nach der ersten Injection fällt das Kaninchen auf die Seite und ist moribund. Es wird daher

geschlachtet. Im Magen zahlreiche hämorrhagische schwarze Stellen auf der Schleimhaut, sowie einzelne linsengrosse Ulcera. Alle Organe sonst normal.

Die Blase enthält etwas Urin, der keine Melanogenreactionen mehr zeigte. Der Kniegelenkknorpel schien macroscopisch etwas verändert zu sein in seiner Farbe. Die microscopische Untersuchung zeigte jedoch, dass die Färbung durch Blutfarbstoff verursacht war. In der Leber, der Niere, den Drüsen und dem Processus vermicularis liessen sich keine Abnormitäten nachweisen. An der Injectionsstelle unter der Haut fand sich eine Menge schwarzen Farbstoffes noch unresorbirt. Es wird in einem Probirglas mit Alcohol gewaschen und dann in Na2CO3 zu lösen versucht. Der Farbstoff löste sich darin aber nicht. Die NagCOs-Lüsung blieb trotz Erwärmen mit der schwarzen Masse unverändert farblos. Es scheint, als ob der Farbstoff unter der Haut seine

ursprüngliche Löslichkeit verliert.

Versuch 7.

Kaninchen, welches subcutan 30 c.c. (in 2 Portionen zu je 15 c.c.) gesättigte Lösung von humussaurem Natron bekommen hat, entleerteine geringe Menge von trübem hellgelbem Harn, der alle Melanogenreactionen gab. Die durch verschiedene Oxydationsmittel gewonnenen N iederschläge waren aber nicht so intensiv gefärbt, wie beim Kaninchen, welchem Humusmelanin eingespritzt wurde (Versuch 6). Eiweiss war bei diesem Versuche

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Thérapic, vol. XII. 22

312 DANIEL HELMAN

nicht vorhanden, dagegen Spuren von Indican. THORMAHLEN’sche Reaction fiel positiv aus. Die durch HCl, HNO}; und H:SO4 gewonnenen Niederschläge und Filtrate zeigten ganz dasselbe Verhalten gegenüber Aether und Isobutyl-Alcohol, wie im vorigen Versuche. Auch die spectroscopischen Eigenschaften stimmten völlig mit jenen überein. Noch 5 Tage nach der letzten Einspritzung konnte ich mittelst Barytwasser, nach- folgendem Auflúsen in Na¿CO3 und Fallung mit H2SO4 einen melanotischen Farbstofi aus dem Harne gewinnen, der alle Eigenschaften der Melanine besass. 2 Wochen spater, als durch wiederholt vorgenommene Proben im Harne schon keine Spuren von Melanogen nachzuweisen waren, wird dasselbe Kaninchen zu weiteren Versuchen

genommen.

Versuch $8.

Es wird ıhm ins Blut 50 c.c. Humusmelaninlösung (entsprechend 0,527 Humusmelanin) eingespritzt. Die Einspritzung dauerte ı/2 Stunde. 20 Minuten nach dem Losbinden wird das Kaninchen sehr schwach; bald darauf liessen sich geringe Krämpfe consta- tieren. Um sich zu überzeugen, ob etwain der Leber oder in der Niere das eingespritzte Melanın noch zu finden ist, wird das Kaninchen nach vorheriger Entblutung getödtet.

Das Blut scheint seine Gerinnungsfähigkeit verloren zu haben; seine Farbe war nicht dunkler, als die des normalen Blutes.

Das Serum giebt weder Melanogen noch Melaninreactionen. Der aus der Blase entnommene Harn war melanogenhaltig. Alle Reactionen mit Oxydationsmitteln wie auch Reductionsmitteln fielen positiv aus. Schon der während der Einspritzung unwill- kürlich entleerte Harn zcigte Melanogenreactionen.

Bei der Section wurden keine abnormen Erscheinungen in irgend welchen Organen gefunden. Auch bei den microscopischen Untersuchungen konnte man nirgends Pigmentablagerungen auffinden. 36 gr. der Lebersubstanz von dem Kanin- chen wird auf Glycogen und Melanin untersucht.

Nach Kochen und Abscheidung des gekochten Leberbreies durch Filtration fällt aus dem Filtrate nach Zusatz von HCl ein voluminöser dunkelbrauner Farbstoff aus. Nach Abfiltriren wird der Rest mit Kaliumquecksilberjodid versetzt, die Eiweisskörper entfernt und das Filtrat mit Alcohol ausgefällt. Die Leber lieferte 0,1020 Glycogen. Die FEHLING'sche Reaction wie auch die Gährungsprobe fielen mit dem in Zucker umgewandelten Glycogen positiv aus. Die dunkelbraune Substanz, welche sich auf Zusatz von HCl aus dem Dekokt abgeschieden hatte, wird tüchtig ausgewaschen und dann mittelst Pepsin und HCl der künstlichen Verdauung im Brütekasten unterworfen.

Es entstand eine braune Suspension, die nach Zusatz von HeSO4 einen braunen Farbstoff ausschied, der alle den Melaninen eigenthümlichen Eigenschaften besass. Es scheint also die Leber der Ort der Aufstapelung und vielleicht auch der Umwandlung des Melanin s in Melanogen zu sein.

Gleichzeitig wurde auch von einem normalen Kaninchen die Leber zur Bestim- mung von Glycogen und eventuellen Humussubstanzen verarbeitet. Mittelst Salzsäure entstand auch in diesem Falle ein dunkelbrauner Niederschlag, der sich aber zu den Melaninreactiven anders verhielt, als die Humussubstanzen. Der Farbstoff lösste sich zwar in NasCO3, aber sehr schwer, und gab eine dunkelbraune Lösung, die sich rasch entfärbte und bei Einwirkung von Schwefelsäure einen grauweisslichen Niederschlag gab. Auch bei Zusatz von Salzsäure entfärbte sich die braune Lösung.

BEITRAG ZUR LEHRE ÜBER MELANIN UND GLYCOGEN 313

Die Substanz schien Hämatin zu sein oder wenigstens zu enthalten. Und wirklich nach Einwirkung von NaOH, KCN und gelbem Schwefelammon bildete sıch Haemo- chromogen mit seinen 2 characteristischen Absorpionsstreifen im Grünen. Dieselbe Reaction mit dem Farbstoff des Versuchskaninchens, dem das Humusmelanin einge- spritzt worden war, angestellt, lieferte kein Haemochromogen. Die Glycogenmenge zeigte bei beiden Kaninchen nur unbedeutende Differenzen.

Versuch 9.

Einem Hunde wird ı2 gr. Humussäure in Form von Casseler-Braun per os eingeführt.

Der enleerte Harn war opalesirend und von grüngelblicher Farbe, wie er gewöhn- lich ja beim Hunde vorzukommen pflegt. Er enthielt kein Eiweiss. Wiederholt vorge- nommene Proben zeigten keine Spur von Melanogen. Die THOKMAHLEN'sche Reaction fiel dagegen immer positiv aus. Der Koth des Hundes war intensiv schwarz gefárbt. Eine kleine Quantität desselben wird in ein Reagenzglas gebracht, erst mit Wasser, dann mit Alcohol gewaschen und der Filterrückstand in Na2CO; gelöst. Die fast schwarze Lösung gab bei Erwärmen mit Säuren einen flockigen dunkelbraunen Melaninnieder- schlag. Die Humussäure blieb also bei dem Hunde unresorbirt. Vermutlich besitzen die reducirenden Mikroben des kurzen Hundedarmes nicht genug Reductionskraft, um

diese Säure zu entfärben, und die Darmsekrete nicht die Fähigkeit, die Säure zu lösen.

Bekanntlich giebt es jetzt im Handel ein süsses schwarzes Gemisch, welches als Torfmelasse bezeichnet wird und das man zeitweise in sehr grossen Mengen zur Pferdefütterung mit verwendet hat. Der uns hier interessierende Bestandtheil dieses Gemisches ist Humussäure.

Prof. KoBErT hat sich grosse Mühe gegeben, Kaninchen, Meerschweinchen und Hühner an die freiwillige Aufnahme dieses Gemisches zu gewöhnen; es ist ihm aber nicht gelungen. Harn eines damit längere Zeit gefütterten Pferdes stand uns leider nicht zur Verfügung. Jedenfalls würde, falls überhaupt eine Resorption stattfindet, sich dieser Harn gerade so verhalten, wie der der Kaninchen, welchen humussaures Natron unter die Haut gespritzt worden ist.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich nochmals der mit Futterrüben gefütterten Kaninchen und Meerschweinchen Erwähnung thun. Der Harn dieser Tiere war in gewisser Hinsicht dem der mit Subkutaninjectionen von humussaurem Natron behandelten ähnlich, d.h. er dunkelte an der Luft bedeutend nach, und lieferte ebenfalls mit Eisenchlorid einen schwarzen, in Natriumkarbonat löslichen Niederschlag, aber aus demselben liess sich durch Säuren kein Melanin oder ein diesem ähnlicher Körper ausfällen. Mit Barytwasser erhielt ich aus derartigem Harne einen grauweissen Niederschlag. Dieser N iederschlag unterschied sich von den echten Melaninniederschägen dadurch, dass er sich sehr schwer in Na2CO3 löste, und dass die dabei gewonnene dunkelrothe Lösung nach Zusatz von Säuren (HCl, H2SO4, HNO3, CH3COOH) sich gánzlich und zwar momentan entfarbte und eine gelbliche Farbe annahm. Auch Zusatz von Wasser wirkte auf die Lösung entfärbend. Wie ich schon oben sagte und wie aus diesen Reactionen hervorgeht, handelt es sich hier nicht um Melaninsubstanzen. Manche Autoren behaupten, dass auch im normalen Harne Humussubstanzen vorkommen können. Dazu rechnet auch HAMMARSTEN (84) das Urophäin von HELLER (85), die Uromelanine von PLosz (86), von

314 DaNIEL HELMAN

THUDICHUM (87) und von SCHUNK (88). In auffallender Menge kommen diese Substanzen aber offenbar nur selten vor.

Bei Vergleichuntersuchungen, die ich zwischen Melaninharnen und normalen Menschenharnen und Kaninchenharnen bei Salatfiitterung angestellt habe, konnte ich nie ähnliche Reactionen bemerken. Die Eisenchloridniederschläge waren vielmehr immer uncharakteristisch und blieben immer unlöslich in Na2CO3. Man muss annehmen, dass solche Huminsubstanzen (im Sinne der genannten Autoren) die den Melaninen den Reactionen nach nahe stehen, nur bei ganz gewissen krankhaften Zuständen im Harne vorkommen. Jedenfalls werden alle dergleichen Harne bei genauer Untersuchung von echten Melanogenharnen leicht zu unterscheiden sein. Als das sicherste Mittel kann die Fällung mit Barytwasser mit nachfolgendem Auflösen in Na2CO3 und Ausfällen dieser Lösung mit H2SO4 dienen.

Wie aus meinen Versuchen hervorgeht, wird das eingespritzte Melanin ähnlich dem Pigmente bei melanotischen Individuen irgendwo im Körper zu farblosem Mela- nogen reducirt. Wie früher gesagt wurde, vermuthet Prof. KoBERT, dass die Reduction in der Leber stattfindet.

Um darüber Klarheit zu gewinnen, habe ich Versuche mit Lebderdrei und Melanin- lösungen angestellt. Ich wollte mich davon überzeugen, ob etwa noch nach dem Schlachten frische blutfreie Leberzellen von Kaninchen unter einer Oelschicht gelöstes Melanin entfärben können. Der blutfreie mit NaCl gewaschene Leberzellenbrei wird versetzt und bei Blutwärme digeriert mit kleinen Portionen von :

1) Dunkelbraunem Melaninharn von Patient 1.

2) Schwarzem Melaninharn van Patient II.

3) Melaninlösung, die aus dem Harne des Patient I wiedergewonnen war.

4) Melaninlösung, die aus dem Harne des Patient II wiedergewonnen war.

5) Melaninlösung, die aus dem Harne eines Sepiakaninchens dargestellt war.

6) Hippomelaninlósung.

7) Hippomelaninlösung, aus dem Harne eines Kaninchens.

8) Sepiamelaninlösung.

9) Humusmelaninlösung.

In der That konnte eine Entfärbung, wenn auch keine totale, in den Gemischen mit den Melaninharnen constatirt werden (No 1 und 2); auch in der Melaninlösung, die aus Menschenharn gewonnen war (No 3 und 4), konnte man eine geringe Entfárbung bemerken. Die übrigen Melaninlôsungen blieben unbeeinflusst.

Ganz dieselben Resultate bekam ich in einem zweiten Versuche mit Lebsrbrei (ohne NaCl), der einem an Agglutinationsgifte soeben ‚gestorbenem Kaninchen entnommen worden war.

Analoge Versuche wurden dann mit Leberdrei, dem zum Auschluss von Bacterien- entwicklung Fluornatrium zugefügt war (Dr gr. Leberbrei + 50 c.c. ı O/o NaF), angestellt. Ausser einer Entfärbung der Melaninharne konnte man hierbei auch eine solche in den aus Melaninharnen der Patienten gewonnenen Melaninlösungen und in der aus dem Harne des Sepiakaninchens bemerken. Eine geringe Entfärbung war auch in der Portion mit Humusmelaninlösung wahrzunehmen. Alle anderen Lösungen blieben ohne Einfluss. Es muss betont werden, dass in diesem Versuche die Probiergläser sammt dem Kontrollgläsern nur 2 Tage im Wasserbade (350) unter einer Paraffinschicht

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN 315

standen. An der Entfärbung haben also Fäulnissbakterien kaum irgend welchen Antheil; dieselbe muss durch Zellenthätigkeit oder Enzymthätigkeit der Leberzellen erklärt werden.

Da der Nebenniere, wie bekannt, eine grosse Rolle bei der Pigment- bildung zugeschrieben wird, schien es mir nicht ohne Interesse zu sein, die Wirkung der Nebennierenzellen auf Melaninlösung zu erforschen. Die Nebenniere eines Kaninchens wurde mit 1 °/o Fluornatrium zerrieben und zu oben genannten Melaninlösungen zugesetzt. Zwar konnte man auch hier eine geringe Entfärbung bei den Melaninharnen und bei den aus ihnen wiedergewonnenen Melaninlösungen wahrnehmen, doch war die Entfärbung nicht so auffallend, wie es bei dem Leberbrei der Fall war. Auch schien es sich mehr um eine mechanische Niederreissung des Farb- stoffes zu handeln. Ich muss also behaupten, dass die Leberzellen des Kaninchens in weit höherem Grade wirkten als unter sonst gleichen Umstanden die Nebennierenzellen derselben Tierart. Ganz dieselben Resultate wurden auch mit Leberbrei und Nebennierenbrei eines Meerschweinchens erzielt. Wegen. Mangel an Material konnten weitere Untersuchungen auf diesem interes- santen Gebiete zunächtst nicht vorgenommen werden.

Um sich zu überzeugen, ob nicht etwa auch Harn auf das Melanin entfärbend wirken kann, wurden verschiedene Melanine mit normalem Harn gemischt und gleichzeitig dieselben Melanine mit gleichem Volumen Wasser gemischt.

Die dabei erzielten Resultate sind folgende :

EE ຫາາາານນແກບອກາແະລບບກແະບາກະນກບາ

MELANIN -+ HARN | MELANIN -+ WASSER

1; Melanin, welches aus dem Harne der Pat. II | 1) Dieselbe Melaninlosung mit gleichem

gewonnen war, in NH3 gelöst entfärbte sich Volumen Wasser zeigt auch eine gänzlich. | Entfarbung.

2) Hippomelanin in Pulver löst sich im Harne | 2) Im Wasser bleibt das Hippomelanin (nicht gänzlich) mit Aellgelber Farbe. ungelöst und unverändert.

3) Hippomslanin in conc. H2SO4 gelöst entfärbt | 3) es fällt ein schwarzer Niederschlag, sich nach Zusatz von Harn. das Filtrat wird etwas heller.

4) Hippomelanin in Na:CO3 gelöst, giebt mit | 4) Die Hippomelaninlösung giebt auch mit Harn einen dunkelbraunen Niederschlag ; Wasser einen Niederschlag, doch das Filtrat ist gänzlich entfärbt. bleibt das Filtrat dunkel gefärbt.

5) Sepiamelanin in Na2CO3, ein voluminöser | 5) Geringer Niederschlag, die Flüssig- Niederschlag, das Filtrat Aellgelb. keit über ihm blieb schwarz.

6) Melanin, aus dem Harne desSepiakaninchens | 6) Sehr geringe Entfärbung. wiedergewonnen wird durch Zusatz von Harn entfarbt.

7) Humusmelanin, in Na2COs, Entfarbung. 7) Eine geringe Entfarbung.

316 DANIEL HELMAN

Wie aus dieser Tabelle hervorgeht, scheint auch der Harn auf Melanine eine entfärbende Figenschaft zu besitzen; dies muss aber noch viel eingehender studirt werden.

An diese meine auf \Varmblüter und deren Organe bezüglichen Versuche möchte ich kurz einige /mjeclionsversuche, die ich bei Fröschen angestellt habe, anreihen.

Versuch 1.

Ein Frosch bekamm subcutan im Laufe von 3 Tagen 5 c.c. Tumorenmelarin (== 0,0015 Melaninpulver). Giftwirkungen waren nicht wahrzunehmen. Trotzdem wird er am 3 Tage todt unter der Glocke gefunden. Der Harn gab immer negative Resultate auf Melanogen. Spontane Verfärbungen der Organe waren weder macroscopisch noch microscopisch zu bemerken mit Ausnahme der Lcber, deren Pigmentirung ja aber

nicht in Betracht kommen darf, da sie auch ohne Melanineinspritzung oft schwarz ist.

Versuch 2.

Einem Frosche wird subcutan in 3 Seancen 6 c.c. Humusmelaninlösung (= 0,0375 reines Humusmelanin) eingespritzt. Durch wiederholte Proben konnte ich mich über- zeugen, dass auch der von diesem Frosche entleerte Harn niemals Melanogenreactionen gab.

Versuch 3.

Den 25. I. spritzte ich einem Frosche 1,5 c.c. Humusmelanin unter die Haut. » 28.1 » » » » 1,5 C.C. » D) » » 29.1. » » » » 2 C.C. » » ນນ » » 30. I » » » » 2 C.C. » > » » 31.1 » » » » 3 CC » » X »

Trotz einer so verhältnissmässig grossen Menge eingeführten Melanins traten keine Giftwirkungen ein. Der Harn der letzten 2 Tage gab mit Eisenchloridlósung cine geringe Trübung, die sich bei Na2CO3-Zusatz nicht lóste. Mit HCl gab der Harn einen dunkelgelben Niederschlag, der sich gänzlich in Na2CO3 löste, aber durch Säürezusatz nicht wiedergewonnen werden konnte.

Der Frosch wird getödtet : unter der Haut ist nur wenig unresorbirtes Humus- melanin nachzuweisen. Verfärbungen der inneren Organe waren nicht zu constatieren. Auffallend schien mir aber der im Enddarme haftende ı ı/2 centim. lange schwarze Kothpfropfen, der das ganze Darmlumen verstopfte. Der Kothballen wird nach Entfernung des Fettes in Na2CO3 gelöst mit tiefbrauner, fast schwarzer Farbe. Bei Zusatz von H2SO4 oder CH3COOH konnte ein voluminöser dunkelbrauner Farbstoff gewonnen werden, der alle chemischen und physikalischen Eigenschaften der Melanine zeigte. Es unterlag keinem Zweifel, dass wir es hier mit Ausscheidung des eingespritzten Melanins durch die Mund-, Magen- oder Darmschleimhaut zu thun haben. Ich möchte hier bemerken, dass ich schon in meinen früheren Versuchen, die ich bei Fröschen angestellt habe, eine Dunkelfärbung des Kothes bemerkt hatte; sie wurde aber anfangs von meiner Seite nicht weiter beachtet.

Ganz analoges Verhalten einer eingespritzten Substanz beim Frosch hat schon

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN 317

frúher SAMOJLOFF (89) beschrieben; er konnte námlich subcutan cingespritztes glyzyr- rhizinsaures Silber im Darme reichlich nachweisen.

Aus demselben Versuchsfrosche (No 3) wurden die Leber und die Muskeln zur Glycogenbestimmung verarbeitet und reich an diesem Stoff gefunden. Das aus den Muskeln gewonnene Glycogen betrug 0,0625 gr. auf 7,69 Muskelgewicht, das Leberglycogen, 0,025 gr. auf 0,97 Lebergewicht.

Versuch 4.

Ein Frosch bekam in Intervallen von 24 Stunden 4 Malje 2c.c. Humusmelaninlösung (zusammen 0,05 Humusmelanin in Substanz) subc. Der Harn war frei von Melanogen. Im Enddarme waren ziemlich grosse Mengen von fast unverandertem Humusmelanin. Irgend welche Giftwirkungen waren beim Leben des Froches nicht wahrzunehmen. In inneren Organen sonst keine Veränderungen. Glycogengehalt der Leber normal.

Versuch 3.

Ein Frosch bekam den ı. II. 2 c.c. Hippomelaninlösung. » » » » 2. II. 2c.c. »

Gestorben am 3 Tage wegen Oedem. Krämpfe oder Zuckungen waren beim Leben nicht vorhanden. Unter der Haut eine grosse Menge von unresorbirtem Melanin. Harn wurde fast garnicht entlecrt.

Im Darmcanale schwarzblutige Flüssigkeit, die ein Gemisch von Hämatin und

gelöstem Hippomelanin bildete.

versuch 6.

Einem Frosche wurde 1 c.c. Sepiamelanin (= 0,02 Substanz) eingespritzt. Bald nach der Injection traten heftige Krämpfe auf, die ziemlich lange dauerten und erst nach 5—6 Stunden nachliessen. Am nächsten Tage wurde wieder ı ı/2 c.c. Sepiamela- ninlösung eingeführt, worauf gleich tetanische Erscheinungen zum Vorschein kamen. Noch am denselben Tage starb der Frosch unter Krämpfen. Sektion : Unter der Haut viel unresobiertes Pigment. Im Darme eine sehr geringe Menge schwarzer Sepiamelaninlösung. Wegen der Krämpfe war der entleerte Harn mit aus der Injections-

stelle ausgepresstem Melanin verunreinigt und daher unverwertbar.

Versuch 7. Den 7. II. bekam ein Frosch subcutan ı c.c. Sepiamelaninlösung. » 8.11 > » » » 1:1/2 00: »

Es traten Krämpfe ein, die dann an Intensität zunahmen, den nächsten Morgen waren sie noch vorhanden. Der Frosch ist sehr oedematös. Am ıo. II. wurde wieder demselbem Frosche ı c.c. Sepiamelaninlösung subcutan eingespritzt. Krämpfe kamen nicht zum Vorschein. Der Frosch entlcert eine verhältnissmässig grosse Menge Harn, der weder Melanin noch Melanogen enthält. Am ıı/Il wird er getödtet. Unter der Haut blieb eine geringe Menge unresorbirten Melanins. In sämmtlichen Organen weder makroskopisch noch mikroskopisch irgend welche Veränderungen. Im Darme, in seinen hinteren Theilen, besonders in parte anali, eine schwarzgrünliche Kothmasse, aus welcher sich Septamelanin gewinnen liess. Die Leber wurde zur Glycogenbestim-

mung verwendet, aber keins darın gefunden.

318 DANIEL HELMAN

Ich fasse zum Schluss die Ergebnisse dieses dritten Abschnittes meiner Arbeit zusammen :

1. Der Organismus reduciert die subkutan eingespritzten schwarzen Lösungen von Tumormelanin, Harnmelanin und Hippomelanin und macht dadurch dicse Substanz-n unsichtbar, so dass das Mikroskop dieselben nirgends im Organismus kalt- und warmblütiger Tiere (Kaninchen, Frösche) nachweisen kann.

2. Einer der Orte dieser Reduction und wohl der hauptsächlichste ist die Leber. Dieser kommt für Harnmelanin noch post mortem und bei Ausschluss der Fäulniss solche Reductionswirkung zu. Aber selbst der Harn ist nicht ganz ohne solche Reductionskraft.

3. Die in der käuflichen Sepia enthaltene schwarze Sepiasäure und die im Humus und im Torf enthaltene schwarze Humussäure verhalten sich als Lösungen der Natriumsalze eingespritzt den Melaninen physiolo- gisch-chemisch analog, d. h. sle werden ebenfalls nach subkutaner oder intravenöser Einspritzung entfärbt und von Kaninchen im Harn aus- geschieden.

4. Bei innerer Darreichung am Hund scheinen unsere Stoffe schwer oder gar nicht resorbiert zu werden. Bei Pferden wird die Darreichung der Humussäure ja im Grossen in Form der Torfmelassefütterung geübt, dürfte aber auch bei diesen Tieren wohl kaum eine merkliche Resorption der Humussäure zur Folge haben.

5. Beim Frosch werden die genannten Stoffe nach der Subkutan- einspritzung auf noch unerforschte Weise unreduciert in den Intestinal- traktus geschafft und erscheinen als schwarze Massen im Kot, während der Harn meist nichts davon enthält.

6. Pharmakologisch verursacht das sepiasaure Natrium bei Fröschen Krämpfe. Die übrigen Substanzen machen nach Einspritzung unter die Haut bei Kalt- und Warmblütern keine Krämpfe und sind in mässigen Dosen ungiftig, können aber bei grossen Dosen störend wirken und sogar unter Schwächeerscheinungen tödten. Wie weit daran die reichlichen Mengen von Natriumkarbonat bzw. Sesquikarbonat beteiligt sind, welche zur Lösung der Farbstoffe erforderlich sind, bleibt unentschieden.

7. Glykogenschwund in der Leber ist keineswegs eine regelmässige Folge der Einspritzung der Melanine.

IV.

Zu den Melaninarten, welche noch am allerwenigsten bekannt sind, gehört das Malariamelanin. Erst nach Abschluss dieser meiner Arbeit

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN 319

erschien dariiber eine mit zahlreichen Abbildungen versehene Arbeit von James Ewinc in New York. Da dieselbe den meisten deutschen Lesern nicht zugängig sein dürfte, hoffe ich, dass einige Abbildungen, welche ich selbst zu liefern im Stande bin, gern entgegengenommen werden. Sie beziehen sich auf einen Fall, welcher im Hamburger Hafenkrankenhause zur Sektion kam und zu welchem Herr Physikus NocHr das Sektions- protokoll nebst einigen Organstücken Herrn Professor KoBErT gütigst zur Verfügung stellte. Leider reichten die Organstücke zu chemischen Unter- suchungen nicht hin. Ich kann daher nur mikroskopische hier bringen.

Ich lasse zunächst das Sektionsprotokoll folgen.

a 26 October 1900. Obduction, ıı U. Vormittags. Obducent : Dr NocHT. ERNST GROHMANN, Passagier vom S. S. « Belgravia », H. A. P. A.G.

» Mittelgrosser kräft. männl. Körper, Fettpolster leidlich erhalten, Totenstarre gelöst; spärl., bes. links blasse Totenflecke an den abhängigen Teilen des Rumpfes. Keine Oedeme. Nasenspitze graublau verfärbt (beg. Gangraen), an der r. Seite eine ca. 1 centim. lange Wunde mit glatten Rándern, in der linken Leistenbeuge eine bis auf die Gefásse reichende Schnittwunde (postmortal).

» Sclerae von leicht gelblicher Verfárbung, Herz von der Grósse der Faust der Leiche, Pericardialblätter glatt, beginnende Fäulniss der Mus- kulatur, diese braungelb, schlaff, keine Arteriosklerose. Pleurahöhlen frei, kein Erguss, Pleurablátter glatt. Lungen auf der Schnittfliche auffallend schmutzigbraun verfärbt, nirgends pneum. Herde, reichlich ödematöse Schnittflächen, hintern Partien etwas blutreicher, Trachea und grössern Bronchien mit spärl. hämorrhag. Schleim, Bronchialdrüsen nicht ver- grössert.

» Bauchhöhle : auffallend schmutzig graue Verfärbung des zieml. fettreichen grossen Netzes. Milz enorm vergrössert, weich, zerfliesslich, gıo gr. etwa. Auf Druck knisternd, Emphysem (Fäulnisserscheinung), Pulpa breiig zerfliessend, schwarzbraun, ohne erkennbare Structur. Darm- serosa überall glatt und spiegelnd, Darm mittelvoll, z. Zt. etwas durch Meteorismus gebläht, Mesenterialdrüsen nicht vergrössert, Situs normal. Kein abnormer Inhalt in der Bauchhöhle. B. Niere von entsprechender Grösse, Fettkapsel erhalten, Fett ebenfalls von schmutzig grauer Farbe, Kapsel leicht abziehbar, Oberfläche glatt, Rinde nicht verbreitert oder überquellend, Zeichnung deutlich; wiegt ı40 gr. Farbe blassgelb-braun, anämisch.

» In der Harnblase ca. 150 c.c. leicht getrübten goldgelben Harnes,

320 DANIEL HELMAN

Prostata, Samenbläschen v. B. Im Rectum reichlich goldgelber Milchkot. Schleimhaut überall glatt, speciell ohne Ulcerationen.

» Leber von etwas derber Consistenz, glatter Oberfläche, Farbe : grauviolett mit einem Stich ins bräunliche; Consistenz vermehrt, Acini durch die Kapsel deutlich durchscheinend. Auf der Schnittfläche die Zeichnung verwischt, fast grauschwarz; von der Schnittflache fliest eben- falls spärliches wässeriges Blut ab. Leberhilus frei. Im Magen etwas mit Fetttropfen untermischte Flüssigkeit. Magenschleimhaut leicht warzig verdickt, schiefriggrau, desgl. der Anfangsteil des Duodenums. Stellen- weise ist die Schleimhaut direct schwarz. Gallenwege frei. In der Gegend des Coecum sind die PEryeEr’schen Plaques schiefrig verfärbt, vereinzelte hirsekorngrosse blasse Follikel deutlich hervortretend, nirgends Ulcera- tionen. Genitalien normal.

» Leistendrüsen, Schenkelgefässe frei.

» Schädelgefässe blutreich v. B. Im Sinus longitud. ein blasses Gerinnsel. Geringes Oedem der weichen Häute; letztere erscheinen bei der bestehenden Blutarmut auffallend injicirt, auch die kleinen Gefässe deutlich hervortretend, Farbe der Gyri vielleicht eine Spur grauer als gewöhnlich. Gefässe zart. Dura der Basis überall intact. Nerven an den Austrittsstellen und Sinus ohne Veränderungen.

» Auf der Schnittfläche Hirnsubstanz zieml. trocken, besetzt mit spärl. blassen Blutpunkten.

» Zeichnung der gr. Ganglien und des Kleinhirns ohne Besonderheiten.

» Geringer Soorbelag des Rachens, Schleimhaut sonst blass; Tonsillen schiefrig, mit Krypten versehen; Thyreoidea nicht vergrössert, blass, derb.

» Das Mark des Oberschenkels in gleicher Weise verfärbt wie das Fettpolster.

» An den übrigen Organen nichts abnormes. _

» Mikroskop. : im Lungenblut massenhaft braunschwarzes Pigment, z. T. in grossen zusammengelagerten Schollen. Blut des r. Sinus trans- versus enthält Parasiten, welche z. T. in den weissen Bltkp. liegen, aber auch in roten.

» Anatomische Diagnose : MALARIA.

» Beginnende Fäulniss, dilatiertes schlaffes Herz. Geringes Lungen-

ödem. » Hochgradige Anämie aller Organe. Hochgradiger Milztumor. (Im

Blut Malariaparasiten.) Geringe Induration der Leber. » Schiefrige Pigmentierung der Peyver’schen Plaques u. geringe

Schwellung einzelner Follikel.

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN - 321

» Geringes Oedem der weichen Hirnháute, Hyperámie derselben. »

Bei der Seltenheit so schwerer Fille in Deutschland war eine mikroskopische Priifung und Veróffentlichung der Befunde sehr wiin- schenswert. ; i

Ich bin Herrn Prof. KoserT fiir Ueberlassung der Präparate und der durch Vermittlung von Prof.. Krerz in Wien angefertigten Zeichnungen sehr verbunden. |

Die Beschreibung der Figuren der Doppeltafel ist kurz folgende.

Fig. 1. Vergr. 40 fach. Leber. Die längsgetroffene Centralvene zeigt in den Leberzellen ihrer Umgebung eine feine hellgelbliche Pigmentierung, welche gegen die Peripherie zu rasch abnimmt und etwa von der Mitte des Acinus nach aussen vollständig fehlt. Die Kapillarwände zwischen den Leberzellbalken sind vom Centrum gegen die Peripherie des Acinus zunehmend mit einer reichlichen dunkelbraunen bis schwarzen Pigmen- tierung versehen. Dieselbe ist namentlich an den Kommunikationsstellen der Kapillaren intensiver und schwankt in der Grösse der rundlichen und eckigen Granula vom kleinsten sichtbaren Körnchen bis zu solchen von der Grösse eines halben roten Blutkörperchens. Das Bindegewebe der Capsula Glissoni um den schräg durchschnittenen Pfortaderast und die Leberarterie mit 2 Gallengängen ist frei von Pigment. Benutzt wurde Zeiss Apochr. 16 mm., Komp. Okul. 4.

Fig. 2. Zwei Leberkaßillaren aus dem Acinus, etwa an der Grenze zwischen centralem und mittlerem Drittel. Vergr. 400 fach linear. Die Pigmentierung ist bei offenem Abbe gezeichnet; die Zellgrenzen sind bei mittlerer Blende eingetragen. Im Centrum des Balkens verläuft eine schmale Strasse des gleichmässig feinkörnigen gelben Pigmentes. Die Leberzellen sind sonst frei von Pigment. Die Gefässendothelien sind Kupfersche Zellen, deren Kerne etwas vermehrt sind. Sie zeigen im Detail die Anhäufung des tiefschwarzen Pigmentes. Ob in den Erythrocyten Pigment enthalten sei, konnte weder an dieser noch an anderer Stelle des Leberschnittes mit Sicherheit entschieden werden. Einzelne der feinen Pigmentkömchen, wie z. B. in der linken unteren Ecke des Schnittes, scheinen für das vereinzelte Vorkommen von Teilungsformen der Plas- modien in einem halb aufgelösten Blutkörperchen zu sprechen. Zeiss Apochr. Immersion. Okul. 4.

Fig. 3. Niere, Grenze einer Columna Bertini, Vergr. 150 linear. Das Epithel der Harnkanälchen ist teilweise stärker verquollen, jedoch frei von Pigment; ebenso das Epithel der Bowman’schen Kapseln. Dagegen

322 DANIEL HELMAN

ist in dem Kapillargefássnetz reichliche Anháufung eines braunschwarzen teils gröber teils feiner granulierten Pigmentes, das sich namentlich in den Kapillaren des Glomerulus und zwar meist in feinkömiger Form findet. An einer kleinen Arterie im Schnitt ist das Endothel abgelöst und mit seinem Pigmente in das Gefässlumen verworfen. An den spärlichen Blutkörperchen im Schnitte liessen sich ähnlich wie in der Leber endoglo- buläre Parasiten nicht mit Sicherheit nachweisen. Zeiss B. Okul. 4, Tub. 16 centim.

Fig. 4. Milz. Vergr. 150 linear. In den Anhäufungen der adenoiden Substanz und im Pulpagewebe finden sich unregelmässig verteilt grössere Anhäufungen eines mehr grobkörnigen schwarzbraunen Pigmentes; daneben vorwiegend in der Pulpa und sehr spärlich in den Follikeln ein ganz feinkörniges, nur wenig und stellenweise agglomeriertes Pigment in ziemlich reichlicher Menge in den Parenchymzellen. Die roten Blut- körperchen (auch bei starker Vergrösserung nur schwer abgrenzbar) ent- halten in vereinzelten Exemplaren feinkörnige centrale Pigmenthäufchen (Teilungsformen der Plasmodien). Zeiss B. Okul. 4. Tub. 16 centim.

Fig. 5. Kleinkirn. Grenze des Markes gegen die Rinde im Cerebellum. Verger, 500 linear. Das Parenchym frei von ¡Pigment. Die ‘Kapillarendo. thelien stellenweise mit kórnig braunem schwarzem Pigment beladen, zumeist frei von Pigment. Das Blut in den Kapillaren enthált im Gegen- satz zu den andern Organen grosse Mengen von etwas gequollenen und blassen Erythrocyten, die in der Mitte eine kleine Menge.eines sehr fein- kórnigen Pigmentes enthalten. Nach der Anordnung des Pigmentes kann es sich nur um Teilungsformen (Rosetten) von endoglobuláren Parasiten handeln; eine Färbung des Plasmodiumkörpers gelang nicht (Alkohol- härtung).

Fig. 6. Grosshirn, eine beliebig herausgegriffene Stelle. Vergr. 240 linear. Ganz analoge Verhältnisse wie bei Fig. 5, nur ist infolge der schwächeren Vergrösserung eine grössere Stelle sichtbar. Man sieht, dass auch hier die eigentliche Hirnsubstanz frei ist, während die Kapillaren die charakteristische schwarze Punktierung zeigen. Zeiss B, Okul. 2, Tub. 16 centim.

Die wenigen chemischen Versuche, welche ich mit den Organstücken anzustellen in der Lage war, zeigen, dass das Malariamelanin sich nach derselben Methode wie das Tumorenmelanin gewinnen lässt, und dass es eisenhaltig ist.

Die weitere hochinteressante Frage, ob es giftig ist, werde ich erst, wenn unserem Institute mehr Material zur Verfügung steht, beantworten können,

BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN. 323

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a

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BEITRAG ZUR LEHRE UBER MELANIN UND GLYCOGEN. 325

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(92) PFLUGER's ausfiihrliche Glykogenarbeit lag bei der Abfassung der vorstehenden Arbeit mir noch nicht vor und ist daher unberiicksichtigt geblieben.

Zum Schlusse meiner Arbeit halte ich es fiir eine angenehme Pflicht, Herrn Prof. Kosert, auf dessen Vorschlag und in dessen Institute diese Arbeit entstand, meinen besten Dank auszusprechen.

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TRAVAIL DU LABORATOIRE DE PHYSIOLOGIE DE LA FACULTÉ DE MÉDECINE DE Paris.

Modifications de la toxicite de certains poisons par addition de substances solubles non toxiques

PAR

EDMOND LESNÉ & CH. RICHET, Fus.

CHARLES RicHeT et TouLouse ont démontré expérimentalement et ont vérifié cliniquement, que l'hypochloruration augmente l'action théra- peutique du bromure de sodium ou de potassium.

De nombreux cliniciens, BALINT et Rumrr en Allemagne, CAPPELLETI et D 'OrMÉA en Italie, DEJERINE et Brissaup en France, sont venus confirmer ces faits dans le traitement de |’ épilepsie plus particulièrement.

Nous avons abordé la question à un autre point de vue(1).

Par deux méthodes expérimentales, l'ingestion et 1 injection, nous nous sommes appliqués a rechercher quelles modifications la présence de substances solubles pouvait apporter à l’action de divers poisons.

I. Ingestion. A) KBr et NaCl.

Quelques expériences faites avec KBr nous ont montré, fait déjà vu par CH. RICHET et TOULOUSE (2), que le chlorure de sodium diminuait la toxicité du bromure.

(1) C.-R. de la Soc. de Biol., 27 mars, 15 mai 1903. (2) C.-R. Acad. des Sciences, 20 nov. 1899.

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Thérapie, vol. XI1. 23

328 EpMonp LESNE ET CH. RICHET

Un chien prend dans ses aliments (sucre, lait et farine) 0,20 gr. de KBr par kilogr. et par jour. I] meurt le 23e jour.

Ce méme 23¢ jour un chien qui prenait une dose égale de KBr est mourant. Il est atteint de kératite, il a perdu 1/5e de son poids. On supprime le bromure qu'on remplace par du NaCl. L'animal se trouve rétabli au bout de quelques jours.

Un troisième chien reçoit la même dose de KBr; mais en plus 0,60 gr. de NaCl par kilogramme et par jour; le 23me jour la santé de cet animal n'était pas altérée. Il n'avait perdu que 1/20¢ de son poids.

B) KI et NaCl.

Deux chiens ingèrent quotidiennement 0,30 gr. de KI par kilogr., ils meurent, le premier au bout de 15 jours, le second au bout de 52 jours.

Deux autres chiens, prenant dans leurs aliments une dose équivalente de KI, étaient encore vivants le 52m jour, mais ils avaient ingéré en outre par kilogramme et par jour 0,60 gr. de NaCl (1).

Voici la courbe de leurs poids (sans les oscillations quotidiennes), courbe que l'on peut considérer comme le reflet de leur santé générale.

A ji i chiens hyperchlorurés

chiens soumis

a diète chlorurée.

15 52

Figure 1. A la ligne des x les jours; les poids a la ligne des y.

C) KI et AZO3Na.

Nous avons voulu nous rendre compte de l'influence de l’azotate de soude, 0,60 gr. par kilogramme et par jour. Les résultats sont difficiles a interpréter, les chiens se refusant à absorber le mélange; le seul animal qui ait pu tolérer ce régime alimentaire est mort le 19° jour.

(1) Depuis longtemps on conseille empiriquement, aux malades prenant de l'iodure de K, le régime lacté; la médication est ainsi plus efficace, ce qui peut fort bien tenir à la diète chlorurée produite par cette alimentation; l'hypochloruration augmenterait le pouvoir thérapeutique de l'iodure de potassium, comme elle augmente son pouvoir

toxique.

MODIFICATIONS DE LA TOXICITÉ DE CERTAINS POISONS - 329

JI. Injections intraveineuses.

Quels que probants qu'aient été ces résultats, la méthode des injections, et particulièrement des injections intraveineuses, nous a donné des conclusions plus intéressantes : |

L'addition de substances solubles non toxiques modifie la toxicité de tel ou tel

poison injecté dans la circulation.

A) KI et NaCl.

En effet, 10 expériences (exp. I à X), faites sur le chien avec des solutions d'iodure de potassium à 3, 4 et A ois, A la vitesse de 0,5 c.c. par kilagr. et par minute, nous ont donné les résultats suivants(1) :

TOXICITE DE KI PAR KILOGR. 0,12 pr. (exp. 1) 0,20 0,239) 0,25 » 0,27 A 0,35 » 0,44 » 0,45 D 0,51 » 0,54 » Soit une toxicité moyenne de 0,33 gr.

En ajoutant a la solution iodurée du NaCl (au titre de 140 gr. par litre en moyenne), nous avons obtenu les chiffres suivants (exp. XI à XVI):

TOXICITÉ DE PAR KILOGR. 1 ຫ. 1,05 » 1,05 » 1,10 1,25 » 1,45 » Soit une toxicité moyenne de 1,15 gr. par kilogr. (2)

Pour éviter la diurése, qu’on pourrait a la rigueur incriminer, nous

avons expérimenté le plus souvent sur des chiens dont les pédicules

(1) Vu le taible volume de solution injecté par suite de sa forte toxicité, nous

n'avons pas tenu compte de l'osmo-nocivité. (2) Ce chiffre indique bien la toxicité de l'iodure, et non pas, comme on pourrait peut-être le supposer, celle du NaCl, puisque d'aprés BoucHARD et TAPRET la toxicité de

ce dernier orps est de 5,17 gr. par kilogr., chiffre que nous n'avons jamais atteint.

330 Ebmoyb LesNÉé Er CH. RICHET

rénaux avaient été liés. Cette intervention n'a nullement modifié les résultats.

Par une méthode mixte nous avons nourri deux chiens, l’un avec un grand excès de sel pendant 5 jours, l’autre avec une quantité moindre pendant un laps de trois semaines; nous leur avons ensuite injecté dans les mémes conditions de l’iodure de potassium, le premier est mort a 0,87 gr., le second a 0,94 gr. (Expériences XVII et XVIII.)

B) KI ET SUCRES.

Ces résultats (affaiblissement du pouvoir toxique) ne sont pas parti- culiers au NaCl, bien qu’avec ce corps les differences de toxicite soient plus considérables. | |

En effet, à des solutions d’iodure de K a 3 o/, nous avons ajouté par litre 125 gr. de lactose ou de glucose, 250 gr. de saccharose, c’est-à-dire environ quatre molécules de substance non toxique pour une molécule de substance toxique.

Les résultats sont les suivants (expériences XIX 4 XXVIII):

TOXICITE DE KI PAR KILOGR. Glycose 0,07 gr. (exp. XIX) 0,30 » ER Moyenne: 0,44 gr. par kilogr. 0,90 » Lactose 0,45 gr. 0,52 » Moyenne : 0,52 gr. par kilogr. 0,60 » Saccharose 0,45 gr. KK 0,43 » Moyenne : 0,63 gr. par kilogr. 0,99 » Nous avons soumis un chien a une alimentation comprenant 400 gr. de saccharose par jour pendant dix jours. Pour ce chien devenu glyco- surique, l’injection étant toujours faite dans les mémes conditions, la dose

toxique de KI a été de 0,75 gr. (Expérience XXIX.) C) KI ET UREE. | Avec l'urée à 69/0, c'est-à-dire environ 5 molécules d'urée pour une molécule d'iodure de potassium, quatre expériences (XXX a XXXIII) nous ont donné les résultats suivants :

DOSE TOXIQUE DE KI PAR KILOGR. 0,15 gr. (exp. XXX) 0,53 » 0,60 »

Suit une moyenne de 0,57 gr. par kilogr.

MODIFICATION DE LA TOXICITÉ DE CERTAINS POISONS 331

Mais les doses toxiques trés faibles, constatées dans les expériences I, XIX et XXX, sont dues sans doute á des causes accidentelles, comme il s’en produit parfois quand on injecte dans la circulation des substances toxiques du cœur, de sorte que nous pouvons légitimement éliminer de nos moyennes les chiffres aberrants de 0,07, de 0,12, de 0,15, ce qui nous permet de donner le tableau suivant :

be EA CW EE som éi +

—_ —_ E E --- -<-

| . , | POIDS DE KI NOMBRE D EXPERIENCES CONDITIONS DE L EXPERIENCE : . en gr. par kilogramme .de chien

ee a EE en

sans correct. aveccorrect. sans correct. avec correct.

X IX KI seul. . . . . .- . 0,33 0,35 VI KI avec NaCl (9 molécules). . 1,15

IV 111 » avec urée (5 molécules) . . 0,57 0,71 IV III > » glycose (4 molécules) . 0,44 0,57 111 » » saccharose (4 molécules) 0,60

111 » » lactose (4 molécules) . 0,52 | XIV XIII Moyenne pour l'urée et les sucres 0,55 0,62

Toutes ces substances solubles diminuent donc la toxicité de Viodure de potassium,

quand elles sont injectées dans les veines en méme temps que lui.

D) CHLORHYDRATE D’AMMONIAQUE ET CHLORURE DE SODIUM.

Mais l’iodure de potassium n'est pas le seul poison sur lequel agit le chlorure de sodium. Il s’agit d’une propriété plus générale que nous avons appliquée à d’autres substances toxiques.

Le chlorhydrate d'ammoniaque (expériences XXXIV et XXXV) dont la toxicité intraveineuse est de 0,25 gr. n’est plus toxique qu’à 0,45, quand on ajoute du NaCl dans la proportion de 6 0.

E) COCAÏNE ET CHLORURE DE SODIUM.

Le chlorhydrate de cocaïne fournit des résultats plus intéressants. Ce n'est pas seulement la dose toxique qui varie, c’est encore le mode de réaction de l’animal en expérience.

Dose convulsive par kilogr. Dose morteile par kilogr. Cocaine sans NaCl. Solution á 1,5 0/0 0,009 QT. 0,038 gr. 0,018 » 0,036 » Coc. avec NaCl. Solution á 1,5 0/0; NaCl 6 0/o 0,06 gr. 0,09 gr. 0,018 » 0,06 »

Dans les deux cas ou la cocaine a été injectée en solution chlorurée, il s'est produit après quelques convulsions une période de sédation remarquable.

332 EDMOND LESNÉ ET CH. RICHET

La dose mortelle de cocaïne, quand NaCl a été injecté en même temps, a donc été, en moyenne, de 0,075 gr., elle a été pour la cocaïne pure de

0,037, soit préciséement la moitié.

III. Injection sous-cutanée.

SULFATE DE STRYCHNINE ET NaCl.

Il était intéressant de voir si l’injection sous-cutanée donnait les mêmes résultats que l'injection intraveineuse.

Nous avons expérimenté avec du sulfate de strychnine sur la souris, animal réactif par excellence de cet alcaloide. Chaque souris a reçu 0,00025 gr. de strychnine, soit la dose sûrement mortelle pour une souris de 18 gr. au bout d'environ en 3' 45".

Après avoir ajouté, pour un certain nombre d'expériences, à la solution de strychnine du NaCl en proportions variables, les résultats ont été modifiés comme l'indiquent le tableau, et mieux encore le graphique

suivant :

Titre de la solution de NaCl | Temps écoulé entre l'injection et la mort

ae

o (témoin) 3! 45! 3 ol. 2! 20! 6 Olo 2! 10” 12 0/0 3! 20 0/0 4! 45" 30 0/0 5! 20”

Figure 2. Les doses de NaCl a Ja ligne des +. Les temps à la ligne des y.

Il faut donc employer une forte dose de NaCl pour diminuer la

toxicité de la strychnine. Nous avons étudié alors les injections sous-cutanées par une autre

méthode,

MODIFICATION DE LA TOXICITÉ DE CERTAINS POISONS 333

Nous avons, 30 minutes avant l'injection de la strychnine, injecté

1/2 c.c. de la solution salée. Voilà les résultats :

‘Titre de la sol. salée injectée antéricurem. l'emps dela mort

o (témoin) 3! 45” 3 ຜວ 4297 6 0/0 6!

9 elo 7! 15!

Il est á remarquer que dans ce cas les souris, celles du moins qui avaient reçu une forte quantité de sel, ne succombent pas à la première crise convulsive, contrairement à ce qui se passe habituellement avec cette dose de poison.

L’injection d’eau salée à 3 ou 6 °/o, 3 heures auparavant, n'a pas introduit de modifications dans la durée de l'intoxication.

Ainsi cette première série d'expériences, nous avait montré que le chlorure de sodium agissait presque toujours dans le même sens en abaissant la toxicité des poisons. Cependant par quelques expériences isolées nous avions pu remarquer qu'il pouvait n’en être pas toujours ainsi, que parfois le chlorure de sodium augmentait la toxicité d’autres substances; qu'il était comme un sensibilisateur de l'organisme vis-à-vis de certaines substances, et qu'enfin la loi que nous avions espéré pouvoir poser comme générale devait souffrir des exceptions. |

Nous avons alors expérimenté avec des poisons chimiquement plus complexes, avec les poisons de l’urine.

IV. Toxicité des urines et NaCl.

Un de nous(!) avait remarqué qu’en ajoutant à 100 c.c. d’urine normale ou pathologique toc.c. d’une solution de NaCl a 10 9/o, la toxicité de ces urines recherchée par injection intraveineuse éfait plus faible que celle de l'urine ordinaire, et cela en notable proportion(2). Pour l'urine en totalité le fait était donc démontré que le chlorure de sodium diminue la toxicité,

mais on n'avait pas étudié à ce point de vue les différents produits de l’urine.

(1) EpMoND LESNE: Toxicité des humeurs de l'organisme. Thèse, Paris, 1899, 12 expér., p. 31 a 40. (2) Il serait intéressant de voir si la toxicité d'une urine normale présente un

rapport constant avec sa teneur en chlorure de sodium.

334 Ebuoxp LEsvéÉ ET CH. RICHET

A) EXTRAIT ETHERO-ALCOOLIOUE ET NaCl.

Nous avons alors, aprés évaporation jusqu’a siccité presque complete, repris l’urine par un mélange d'éther ct d'alcool á parties sensiblement égales. Après filtrage et évaporation, on reprenait par l'eau, et c'était cette liqueur qu'on injectait, additionnée ou non de sel. Nous avons opéré, a vitesse constante, sur le chien et surtout sur le lapin.

Extrait éthéro-alcoolique pur = avec 12 */, NaCl

Dose toxique par kilogr. 22 0.0. 3166. 28 C.c. 5.5 66

33 C.c. 8,1 C.C.

35 c.c. 10 c.c.

15 .6ແ 6,

Moyenne 29,5 c.c. | 8,2 C.C.

Soit une toxicité prés de 4 fois plus forte quand on injecte avec du sel.

B) EXTRAIT ÉTH. ALCOOL. ET URÉE. Avec l'urée 4 8 °/5 dans une expérience nous n'avons pas eu de

différence, mais a 16 “lo la toxicité est trés augmentéc.

Pur Avec urée 2.16“, Dose toxique par kilogr. 123 6. EE

C) EXTRAIT AQUEUX ET NaCl.

Au contraire, si on reprend par leau ce que l'extrait éthéro- -alcoolique n’a pas dissout, on trouve un abaissement de toxicité tres marque quand o on u ajoule du chlorure de sodium.

Pour 2 lapins de 3 kilogr., nous avons par kilogr. :

| Pur avec NaCI à 6 */, Dose toxique 10 C.c. 45 C.C.

On voit combien ce probléme est complexe, diminution de toxicité pour l'extrait aqueux, augmentation pour l'extrait éthéro-alcoolique; le chlorure de sodium agit dans l’urine totale comme dans l'extrait aqueux, on ne peut donc pas admettre, comme le veulent certains auteurs(1), que le NaCl forme avec les substances organiques de l'urine des combinaisons

moins toxiques que les substances primitives.

Conclusions. En résumé, qu'il s'agisse d'ingestion ou d’injection intraveineuse, le chlorure de sodium atténue la toxicité de certains poisons, iodure de potassium, chlorhydrate d’ammoniaque et de cocaine.

(1) Craupr et BaLTHAzARD : Toxicité urinaire et isotonie. Journal de physiologie et

de pathologie générale, 1900, pP. 07.

\

MODIFICATIONS DE LA TOXICITÉ DE CERTAINS POISONS 335

L’urée et les sucres agissent dans le même sens, mais d'une façon moins marquée.

En injection sous-cutanée chez la souris, NaCl atténue la toxicité du sulfate de strychnine quand il est injecté 1/2 heure avant l’alcaloïde.

Enfin le chlorure de sodium agit manifestement sur la toxicité de Purine, diminuant la toxicité de l’urine totale et de l’exträit aqueux, augmentant au contraire celle de l'extrait alcoolique.

Il nous parait impossible à l'heure actuelle d'expliquer d’une façon satisfaisante le phénomène d'augmentation de toxicité en présence de NaCI.

Quant à la diminution de la toxicité que nous avons constatée si fréquemment, nous ne pouvons l'expliquer par l’action diurétique du NaCl, comme nous l’avons montré en opérant sur des animaux néphrotomisés. Il semble donc bien qu’il s'agisse d’un phénomène de saturation cellulaire, la cellule, gorgée de chlorure de sodium, absorbant moins facilement les substances toxiques.

Il est possible que dans certains états pathologiques le NaCl joue un rôle comparable. L’un de nous a reproduit avec M. WipaL(i) des néphrites épithéliales chez le lapin par injection de chromate de potasse; on observe alors un abaissement du point cryoscopique du sérum et une diminution des chlorures dans les urines, signes qui existent également en clinique dans les néphrites épithéliales. Récemment M. WibaL(2) a démontré avec LEMIERRE et JAVAL que cette rétention des chlorures dans l'organisme était la cause de l’æœdème au cours des néphrites parenchy- mateuses. On peut alors se demander si cette rétention et l’ædème qui lui succède n’est pas une réaction de défense de l'organisme; si les accidents urémiques sont rares dans les néphrites à grands œdèmes, c’est peut-être parce que les poisons urinaires ne se fixent pas sur des cellules déjà saturées de chlorure de sodium. C’est une hypothèse qui cadre bien avec les résultats de nos expériences.

(1) WipaL et LESNÉ : Congrès international de médecine de Paris, 1900. (2) WipaL ct LEMIERRE : Soc. med. des höp. ı2 juin 1903; WibaL et JAVAL : Soc. méd. des hôp. 26 juin 1903.

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1902, Vol. X. J. F. Hrymawns. Marcel von Nencki (1 pl), p 1. WALTHER FÜNFSTÜCK, Versuch einer physikalischen Bivlogie mit besondrer Berücksichtigung der Giftwirkung und des Gittschutzes, p. 25.— H. v. TArPEINER, Ueber die Wirkung der Mucilaginosa, p. 67. M. Lambert, Sur les propriétes physiologiques de l'ibogine (8 tig.), p. ror. ALBERT Kerr, Ueber die sovenannte kornige Entartung der roten Blutkörperchen bei Vergiftungen, p. 121. EDUARD FRHR. V. VIETINGHOFF- SCHEEL, Zur Giftwirkung des neutralen citronensauren und weinsauren Natriums und uber ihren Einfluss auf die Blutverinnuny und die Kaseingerinnuny mit Lab, p- 145. EMANUEL FoRMANEK, Ueber die Einwirkuns des Cholinchlorids auf den Blutkreislauf. p. 177. JuLius VoGEL, Ucber die Wirkung des Phosphors auf die roten Blutkörperchen bei Huhnern, p. 187. A. JopLBAUER, Die Wirkung der Bittermittel im Dünndarm, p. zor. WALTHER FÜNFSTÜCK, Versuch einer physikalischen Biologie mit besondrer Berücksichtigung der Gittwirkung und des Giftschutzes. p. 215. H. Van WILDER, Intluence de l’enervatıon vaso-motrice sur l'intiammation par brúlure, p. 241. Jean CH. Roux, Recherches sur l'évolution de la méningite tuberculeuse experimentale chez le chien (5 tig.), p. 251. EMANUEL FORMANEK, Ueber die Einwirkung von Neurin auf den Blutkreislauf, p. 273. G. D. SriNEANU, Recherches experimentales sur l'aconitine amorphe (2 tir.), p. 251. Victor CoRBEY, Recherches sur la nature intime de la toxicité de l'acide oxalique et des oxalates (11 fiy.), p. 293. Martin KocuMann, Ueber Mischnarkosen, p. 347. Jean Camus et P PaGniez, Recherches sur les propriétés hemolysante et agglutinante du sérum humain, p. 369. J. ALoy et E. Barbier, Toxicologie des métaux alcalino-terreux et du magnésium (5 tig.), p. 390. L. De BusscHER, L'antidote de l'arsenic est nuisible en cas d'empoisonnement par lanhydride arsénicux et d'une efticacité temporaire contre la Liqueur de Fowler, p. 415. E. ImpPENsS, Sur la 3-Monomeéthylexanthine (8 fig.), p. 493. OTTO HEUSER, Ueber die Giftfestigkeit der Kroten, p. 483.

1903, Vol. XI. J. F. Heymans, Barend Joseph Stokvis (r portrait), p. 1. CARL Lown, Beiträge zur Kenntnis der Ipecacuanha (I. Teil), p. 9. SAMUEL AMBERG, Ueber die Toxıcitat des wirksamen Princips der Nebennieren (3 Curven), p. 57. Lucien VAN DEN BULCKE, Contribution á l'étude de la tuberculose expérimentale chez le lapin (4 fig.), p. ror. Hans GeorG Haupt, Beiträge zur Kenntnis der Schwefelkohlenstotfvergiftung (mit einer Doppeltatel), p. 155. LUGENE STOCKIS, Recherches expérimentales sur la pathogénie de la mort par brulure (4 fig. et 1 planche), p. 201. I. Ronssrk et H. Van WILDER, Variations du nombre des globules roues et du taux de l'hémoglobine au cours de l'inanition chez le lapin (2 fig.), p. 301. GiusEPPE ASTOLFONI, Ricerche intorno all'azione farmacolog1ica delle soluzioni dei sali di potassio; [2 comunicazione (2 tav.), p. 313. E. HÉDON et C. FLEIG, Action du chloralose sur quelques réflexes respiratoires (11 graph. en une planche hors-texte), p. 361. GIUSEPPE ASTOLFONI, Ricerche intorno all'azione tarmacologica delle soluzioni deit sali di potassio; IIe comunicazione (4 tav.), p. 381. Tokuyve Kimura, Beitrage zur Kenntnis der [pecacuanha (2 Teil), p. 405. Pau Harrass, Ueber die narkutische und krampterregende Wirkung alipha- tischer und aromatischer Sauren und ihrer Amide, p. 431. Paur Masoın, De la rapidité d'absorption des poisons par l'organisme, p. 405. \VALTHER HAUSMANN, Ueber die Arsenikesser ın Steiermark, p. 483.

1903, Vol. MEE (fasc. 1 ct II). A. J. Minne, Etude de Vaction de la toxine diphtérique sur la température du corps et la circulation sanguine (12 fig), p. I. GEORG Joannovics, Ueber Veranderungen der Leber bei Vergiftung mit carbamin- saurem und kohlensaurem Ammonium, p. 33. HERMANN ErPENSTEIN, Ueber die angeblich regionare Wirkuny von Arzneistotten nach Injection unter die Schlaten- haut, p. 47. HuGo BECKER, Pharmakolowische Untersuchungen uber einige Morphinderivate. p. 63. MARTIN KOCHMANN, Beitrage zur Wirkung des Scopo- laminum hydrobromicum, p. 9y. CakL PotorzkY, Leber einige Versuche zur Auttindung neuer Lokalanasthetica, p. 131.

Archives internationales de Pharmacodynamic et de Therapie, vol. XII, fasc. HI & IV.

Josern NOÉ : Action de divers poisons sur les animaux hibernants - (herissons). Variabilite et spécificité des effets des substances toxiques, p. 153.

Erich HARNACK : Die Vergiftung durch teen Alkalien und ihr Verhältniss zur Ammoniakvergiftung, p. 185.

H. DE WAELE et E. SUGG : Etude sur la Variole et la Vaccine (9 graphiques et 4 planches), p. 205.

DaniEL HELMAN : Beitrag zur Lehre über Melanin “na Glycogen in melanotischen Geschwülsten nebst bemerkungen über Wirkung und physiologisch-chemisches Verhalten einiger Pigmente bei künstlicher Einfuhr (mit einer Doppeltafel), p. 271.

Epxmonp LESNÉ et Cu. RICHET, Fits : Modifications de la toxicité de certains poisons par addition de substances solubles non toxiques

(2 fig.), p. 327.

Les Archives internationales de Pharmacodynamie et de . Therapie paraissent par fascicules, avec planches ct figures intercalées dans le texte. |

Six fascicules forment un volume d’environ 500 pages.

Prix du volume : 18 francs pour la Belgique, 20 francs pouf l'étranger.

Les auteurs reçoivent 5o tirés à part.

On est prié d’adresser tout ce qui concerne la rédaction à E. GLEY, Paris, rue monsieur le Prince, 14, ou à J. F; Heymans, Gand (Belgique). boulevard de la Citadelle, 8r.

A A IMPRIMERIK G. EYLENBOSCH, VIEUX -ROURG, GARU-

\ ER o / i Git. ARCHIVES INTERNATIONALES

DE

Pharmacodynamie etae Thérapie

PUBLIÉES PAR

J. J. Abel, Baltimore; S. Arloing, Lyon; E. Behring, Marbourg; C. Binz, Bonn; A. de Bókay, Budapesth; Ch. Bouchard, Paris; L. Brieger, Berlin; V. Cervello, Palcrme; A. R. Cushny, Ann Arbor; J. Denys, Louvain; P. Ehrlich, Francfort; W. Filehne, Breslau; Th. R. Fraser, Edimbourg; J. Geppert, Giessen; P. Giacosa, Turin; E. Gley, Paris; F. Henrijean, Liége; J. F. Heymans, Gand; R. Kobert, Rostock; T. Lauder Brunton, Londres; R. Lépine, Lyon; O. Liebreich, Berlin; R. Paltauf, Vienne; J. Pohl, Prague; G. Pouchet, Paris; J. L. Prevost, Genéve; E. Roux, Paris; H. v. Tappeiner, Munich; E. Van Ermengem, Gand. = | - “+ -

\ + Cyr

VOLUME XII, FACICULE V « VI

Te a ee e

BRUXELLES _ PARIS

H. LAMERTIN, Énireur, | O. DOIN, EDITEUR, 20. RUE DU MARCHE-AU-BoIis. | 8, PLACE DE L’ODEON. -

1904.

Table des matiéres des volumes antérieurs.

1901, Vol. VIII. J. F. HeyvmMans et PauL Masorn, Sur la rapidité de l’absorption intracellulaire des nitriles malonique et pyrotartrique après injection intraveineuse, P. 1. JINNOSUKg JsuUzUKI, Beitrag zur Tetanusantitoxintherapie bei Thieren und beim Menschen, p. 19 C. LEVADITI, oe Untersuchungen uber die Nekrose der Nierenpapille (1 Taf.), 45. OTTO Loewi. Pharmakologische Untersuchungen über Anagyrin, p. 65. [. Impens, Le Chlorétone, p. 77. Ernest F. Basurorn M. B. Cu. B., Ueber Blutimmunitit, p. lol. C. H. L. Scumipt, Ueber Jodoformnachweis und Jodoformzersetzung, p. 111. Fritz ALTENBURG, Einige Versuche über die Umwandlung des Jodoforms tn freies Jos: p. 125. K. DMITRIEVSKI, Influence des injections repetées des toxines sur

‘élimination de l'azote, des phospaates et des chlorures, p.151. LADISL. HASKOVEK, Weitere Beitrage zur Lehre von der Wirkung des Thyreodialen-Saftes auf das Centralnervensystem, p. 167. —C. H. L. SCHMIDT, Nachweis des Jodotorms neben einigen bekannten organischen Jodverbindungen, p. 187. JuLrs ReEHNs, D'une nécrose typique de la papille rénale déterminée par la tétrahydroquinoleine et certains de ses dérivés, p. 199. JuLEs REHYS, Contribution à l'étude des muscles privilégiés quant à l'oxygène disponible, p. 203. HEINRICH SINGER, Ueber die Harngiftigkeit, p. 207. EDUARD FRHK. VON VIETINGHOFF-SCHEEL, Ein Beitrag zur experimentellen Erforschung der Wirkung und des physiologisch-chemischen Verhaltens der Oxalsáure und ihrer neutralen Natriumsalzes (Taf. I), p. 225.

EnMonD Brrra, La résistance des globules rouges du sang. Une nouvelle méthode pour la mesurer (2 fig.), p. 291. MARCEL Montrer, Recherches sur ie

traitement de la tuberculose par le suc de viande crue ou zomothérapie, p. 303. ERNEST F. BASHFORD, Untersuchungen úber das Bestehen eines gegenseitigen Antagonismus zwischen Atropin und Morphin (1 Fig. und Taf. 1), p. 311. JuLrius C. ROTHBERGER, Ucber die Kreislautsverhaltnisse bei der Phosphorvergiftung.

353. E. HkDoN, Sur l'hémolyse par les glycosides globulicides, et les conditions de milieu qui la favorisent ou l'empéchent, p. 331. AUGUSTE PETTIT, Altérations rénales consécutives a l'injection de sérum d'anguille et de congre (Pl. 1), p. 409. SoPHIE HORNSTEIN, Ueber das Calciumsuperoxyd (Gorit) und seine therapeutische Anwendung, p. 429. J. Pout, Ueber Blutimmunitát, p. 437. C. Binz, Ueber das Bestehen eines gegenseitigen Antagonismus zwischen Atropin und Morphin, p. 449. HENRI ANTEN, Recherches sur l'action diurétique de la caféine et de la théobromine (Pl. L et 4 fig.), p. 455. Hr HILDEBRANDT, Ueber einige Beziehungen zwischen chemischer Konstitution, physiologischer Wirkung, Schicksal im Thierkorper, p. 499.

1901, Vol. EX. E. IMrens, Contribution à l'étude des préparations solubles de la théobromine, p. 1. ANTONIO BRINDA, Sull'azione respiratoria della mortina e di alcuni suoi succedanei, p. 63. J. F. Hrymans et A. VAN DE CALSEYDE, Sur la pretendue desintoxication du cyanure de potassium par la morphine, et de la morphine par le permanganate de potassium, p. g3. C. H. L. Scumipt, Jod und Jodoform, ihr Verhalten zu Eiweiss, p. 107. Franz BANNES, Das Wesen der an und künstlichen Vogelgicht und deren Beziehungen zur Arthritis urica

es Menschen (4 Fig.), p. 123. ARTHUR R. CUSHNY and Bert. K. VAN NATEN, On the action of Catfeine on the mammalian heart (I pl.), p. 169. ALB. RoBIN et Maur. BINET, La prophylaxie de la tuberculose pulmonaire par la connaissance de son terrain, p. 181. L. Camus, Recherches sur l'action cardiaque du Poison des Mois (28 hg.), p. 191. V. CERVELLO, Sur le mécanisme de l’action de l'irazol (4 fig.), p. 217. ALFRED SIEGFRIED, Ein Beitrag zur Kenntnis des physiologisch- chemischen und pharmakologischen Verhaltens "des kieselsauren Natriums, des Kieselfluornatriums und des Fluornatriums, p. 225. W. ELLRAM, Ueber das Cinchonamin, p. 289. J. HUBNER, Zur Pharmakologie des K palts mit besonderer Berücksichtigung seiner Verwendung bei Blausäurevergiftung. p. 339. F. IMHOFF, La diazorėaction d'Ehrlich dans la tuberculose expérimentale (1 pl.), p. 359. E. Hepon, Sur lhemolyse par les glycosides globulicides et les conditions de milieu qui la favorisent ou l'empéchent (2e mémoire), p. 393. H. WENDELSTADT, Ueber einen Antikörper gegen Blutegelextract, p. 407. EDMOND BUFFa, Note sur un nouveau cytométre, p. 4: 23. J. Hoxba, Vergleichende Untersuchung úber den Emptindlichkeitsgrad der Frösche und Kröten gegen einige Gifte, p. 431. C. Binz und P. GERLINGER. Die Reduktion des Natriumnitrats im Tierkörper, p. 441.

E. F. Basırorn, Ueber Blutimmunität, p. 451. VINCENZO TRAINA e GAETANO Granozzi, Influenza di alcune inalazioni medicamentose sulle funzioni delle respirazione e della circolazione sanguigna, p. 471. EMANUEL FORMANEK, Ueber

die Einwirkung des Tetramethylammoniumchlorids auf den Blutkreislauf, p. 483.

Epmonp BuFFa, Essai d’ urologie re p. 495. J. Pour, Erklärung an Dr E. F. Bashford, p. 505.

AUS DEM PHARMAKOLOGISCHEN INSTITUTE DER UNIVERSITÄT Bonn.

Zum chemischen Nachweis des Digitalins,

VON

C. BINZ.

Ein Staatsanwalt schickte mir mehrere Auszüge von Leichenteilen eines Menschen, der anscheinend an einem absichtlich beigebrachten Digitalispräparate gestorben war. Ich sollte bekunden, ob ein Herzgift, wahrscheinlich Digitalin, in jenen Auszügen vorhanden sei.

Das konnte auf zwei Wegen geschehen. Erstens durch den Nachweis der Giftigkeit der Auszüge für das Herz von Tieren, und zweitens durch die von ihnen chemisch gegebenen Farbenreaktionen, die für Anwesenheit des Digitalins als beweisend gelten.

Beide Arten der Prüfung haben sich in der Praxis bewährt. Ich erinnere nur an die lehrreichen Fälle von TARDIEU(:) und von KôHNHORN (2). Die Chloroformauszúge aus dem Mageninhalt, aus Leichenteilen und aus den eingetrockneten Resten des Erbrochenen bewirkten bei Tieren die charakteristischen Erscheinungen, dieam Herzen durch Digitalin entstehen; und ferner gaben, im zweiten Falle, diese Ausziige die fiir das Digitalin (3) festgestellte Rotfärbung (GRANDEAU), wenn sie in starker Schwefelsäure gelöst wurden und wenn dieser Lösung ein wenig Brom zugesetzt wurde.

(1) A. TARDIEU et Z. Rousin : Etude sur l'empoisonnement. 1875, S. 809.

(2) C. K. Kéunuorn : Vierteljahrschr. für gerichtl. Med., XXIV, 278.

(3) Wo ich diesen Namen ohne nahere Bezeichnung gebrauche, bedeutet er immer nur das käufliche Gemenge der aus dem roten Fingerhut ausziehbaren wirksamen Bestandteile.

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Thérapie, vol. XII. 24

338 | C. Binz

Eine zweite Farbenreaktion, die mit Phosphormolybdánsiure (TrAPP), wird in einigen Lehrbiichern ebenfalls noch genannt.

Die Notwendigkeit, mich in die Einzelheiten dieser Reaktionen behufs Anwendung in einer sehr ernsten Sache zu vertiefen, liess mich daran denken, dass schon die Schwefelsäure allein einige organische Körper stark rot färbt, z. B. das Salicin und der Benzaldehyd; ferner daran, dass möglicherweise eine grössere Zahl von solchen Körpern jene Reaktionen vortäuschen konnte, als bisher angenommen, denn ich sehe, dass nur einige wenige Ausnahmen von ihrer Allgemeingiltigkeit zugelassen werden. Zu welch’ furchtbaren Folgen aber ein Irrtum auf diesem Gebiete führen könnte, brauch’ ich nicht erst auseinander zu setzen.

I. Die Schwefelsaure-Bromreaktion.

Sie findet sich in den Lehr- und Handbiichern der chemischen qualitativen Analyse beschrieben, besonders in denen der gerichtlichen Giftlehre. Im wesentlichen bestcht sie darin, dass die als Digitalin zu bestimmende Substanz in reiner concentrirter Schwefelsäure aufgelöst wird. Die Säure färbt sich dabei gelb bis braun. Bei der Hinzufügung von ein wenig Brom geht die braune Färbung in ein schönes Purpurrot über, das an die Farbe der Blüte des Fingerhuts erinnert.

Die Vorschriften zum Anstellen dieser Reaktion, wie sie sich in den Hand- und Lehrbüchern finden, weichen von einander nicht unbeträchtlich ab. Mir schien folgendes Verfahren am besten, das ich deshalb aus- schliesslich benutzte :

In ein Reagenzglas kam eine Federmesserspitze voll der trockenen zu prüfenden Substanz. Darüber wurden langsam ungefähr 3 c.c. reine concentrirte Schwefelsäure gegossen und nun wurden drei kleine Tropfen einer kaltgesättigten wässrigen Bromlösung hinzugefügt, alles unter gelindem Schütteln. |

Die Digitalispräparate hatte ich sämtlich von E. Merck, in Darmstadt, bezogen. Das ist der Grund, weshalb ich auch seinen Benennungen des Verzeichnisses vom April 1903 folge.

Es gaben die GRANDEAU'sche Reaktion sehr gut : das Digitalein, ferner das « Digitalin, reines, gepulvertes, deutsches », ferner das « Digitalin, reines, amorphes der französischen und der belgischen Pharmakopöe ». Das « Digitalin, krystallisirtes (Digitonin, krystallisirtes) » gab nur Braun mit Andeutung von Rot, und das « Digitoxin, krystallisirtes » gab nur ein

schmutziges Braun (1).

(1) Vgl. SCHMIEDEBERG : Arch. f. exper. P. u. Ph., III, 20, 31, 3g.

ZUM CHEMISCHEN NACHWEIS DES DIGITALINS 339

Ich prüfte dann weiter 70 Körper der verschiedensten Art, wie ich sie in meinem Laboratorium gerade zur Hand hatte. Davon gaben folgende 23 ein Rot, das dem Digitalinrot ähnlich, hier und da gleich war. Es waren : Helleborein, Strophantin, Convallamarin, Erythrophlein, Evonymin, Cyclamin, Delphinin, Saponin, Salicin, Amygdalin, Benzal- dehyd, Peronin (Salzsaurer Benzylmorphinester), Terpentinöl, Terpin- hydrat, Krystallisirte Abietinsäure, Kampfer, Menthol, Cubebin, Solanin, Brucin, Cytisin, Veratrin, Agaricin.

Für diese Körper. die eine dem Digitalin ähnliche Reaktion darbieten, ist im allgemeinen zu bemerken :

Bei dem einen entsteht sie, wenn seine Lösung oder Aufschwemmung in der Schwefelsäure concentrirt ist (u. a. beim Peronin), bei den anderen, wenn sehr verdünnt (u. a. beim Helleborein, Strophanthin, Terpentinöl). Bei dem einen kommt sie sogleich, bei dem anderen nach einigem Stehen. Bei dem einen ist sie rein rot, bei dem anderen mit Braun, Gelb oder Blau gemischt. Bei dem einen erscheint sie, wenn nur ein Tropfen Brom- wasser hinzugefügt wird, bei dem anderen wenn mehrere. Das Abweichen des roten Farbentons von dem, der das Digitalin gibt, oder auch das Uebereinstimmen beider mit einander können also von solchen Zufällig- keiten abhängig sein, und das engt ihren Wert für den positiven Fal wesentlich ein. Die Verschiedenheit ist oft nicht gross genug, um im Ernstfalle ein endgiltiges Urteil zu erlauben.

Es gilt für jene 23 Körper das, was SCHMIEDEBERG für das reine Digitalin allein sagt (a. a. O. 31), der Farbenton wechsele sehr bedeutend mit der Concentration der Sáure, der Temperatur des Gemisches und mit anderen Bedingungen.

Fast ein Drittel der geprüften organischen Verbindungen gab die GrinDEauU’sche Reaktion oder doch eine Reaktion, die ihr ähnlich genug ist, um damit verwechselt zu werden. Selbst wenn bei fortgesetzter Durchmusterung dieses Drittel sich verminderte, so wäre doch die bis jetzt gewonnene Tatsache bedenklich genug.

In einzelnen ist dieses zu sagen :

Bei Körpern, die von der concentrirten Schwefelsäure leicht zerstört werden (u. a. Terpentinöl) erhält man das Rot nur bei sehr langsamem und vorsichtigem Einwirkenlassen der Säure. Man schüttelt das Oel mit gleichviel Wasser, oder man kühlt ab, oder verdünnt die Säure ein wenig.

Besonders schön ist die Purpurfarbe beim reinen Amygdalin; vom Digitalin habe ich sie so glänzend nie bekommen. Jene dunkelt aber nach

und wird dann dieser fast gleich.

ee mnt

+--.----- r - <. Ce - -- = r

a a el 5

340 C. Binz

Beim Menthol, Kampfer, Cubebin und Brucin erhilt man zuerst Orange, das aber ebenfalls dunkelt und dem Rot des Digitalins nahe kommt. Das geschicht besonders dann, wenn die Lósung stark war.

Die Mehrzahl der Autoren führt die Granpeau’sche Reaktion ohne Einschränkung als für das Digitalin geltend an. Einige lassen einige Ausnahmen zu(t). So sagt zum Beispiel TH. HusemMann : « Diese Reaktion ist von um so grösserer Bedeutung, als sie mit Ausnahme des Helleboreins keinem der übrigen Ilerzgifte des Pflanzenreichs zukommt. » Ein zweiter der Autoren hält die Reaktion « für sehr charakteristisch, da nur das Delphinin eine ähnliche gibt. » Einen Widerruf dieser Meinungen oder eine Einsprache gegen sie habe ich nicht gefunden, es sei denn, dass man es als solche betrachtet, wenn das jüngste von mir angeführte Lehrbuch beide Reaktionen, d. h. auch die gleich zu besprechende zweite, mit Stillschweigen übergeht.

Ihre Verwerfung halte ich für ebenso ungerechtfertigt wie die Annahme ihrer Ausschliesslichkeit. Was noch diese anlangt, so liesse sich die Zahl der organischen Körper, die das Digitalin vorzutäuschen vermögen, leicht vergrössern. Man braucht eben nur weiter zu suchen. Indes, das Verhältnis von 23 in 70 dürfte ausreichen, um jede Eindeutigkeit der Reaktion zu vermeiden.

Aber bei der chemischen Diagnose einer zu untersuchenden Substanz ist auch die Art der Isolierung durch die verschiedenen Fällungs- und Lösungsmittel bedeutsam. So lässt sich das Delphinin, das, wie wir gehört haben, die Reaktion mit Schwefelsäure und Brom gut gibt, und das, wie ich noch mitzuteilen haben werde, auch die mit Phosphormolybdänsäure aufweist, vom Digitalın von vorneherein dadurch unterscheiden, dass es beim Schütteln einer sauren Lösung nicht oder nur spurweise in das Chloroform übergeht. Vgl. R. FrREsEnIus, a. a. O., S. 600.

Die von mir benutzte Literatur war folgende :

F. L. Sonnenschein : Handb. d. gerichtl. Chemie. Neu bearbeitet von A. CLASSEN, 1881, S. 209.

TH. HusEMANN : Die Vergiftungen in gerichtsdrstlicher Beziehung. In Mascnka’s Sammelwerk. 1882, S. 492.

F. A. Frückicer : Pharmakognosie des Pflanzenreiches, 1883, 5. 637.

(1) Einmal ist auch das Physostigmin erwähnt. Das kann aber nur durch ein unreines Präparat gekommen sein, denn ich erzielte mit dem des Deutschen Arzneibuchs mittelst Schwefelsäure und Brom keine Spur der Reaktion. Wässrige Lösungen vom

Physostigmin farben sich allerdings beim Stehen sehr bald rot.

ZUM CHEMISCHEN NACHWEIS DES DIGITALINS 341

HusEMANN und HiLGER : Die Planzenstoffe, 1884, II, 1239.

GEISSLER und MOLLER : Real-Encyklopädie der gesamten Pharmacie, 1888, V, 10.

E. SchmbT : Pharmaceutische Chemie, 1901, 11, 1637.

Hacer, FiscHEr und Hartwicu : Commentar zum Arzneibuch fiir das Deutsche Reich, 1891, 1, 686.

A. Brestowskı : Handwörterbuch der Pbarmacie, 1893, I, 553.

G. DRAGENDORFF : Die gerichtlich chemische Ermittelung von Giften, 1895, S. 333.

Huco Schutz : Real-Encyklopádie der gesamten Heilkunde, 1895, VI, 11.

GR Fresenius : Anleitung zur qualitativen chemischen Analyse, 1895, S. 598.

R. Otto : Anleitung zur Ausmittelung der Gifte, 1896, S. 97.

H. Scuwanert : Hilfsbuch zur Ausführung chemischer Arbeiten, 1902, S. 127.

N. AUTENRIETH : Die Aufindung der Gifte und stark wirkender Arsneistoffe, 1903, S. 98. |

II. Die Phosphormolybdänsäurereaktion.

Sie wurde von ] . Trapp angegeben. Gegenüber der vorherbeschrie- benen ist sie heute in den Hintergrund getreten; nur selten noch wird sie empfohlen, unter anderen aber in der vorigjährigen Ausgabe des guten Buches von SCHWANERT. Die Reaktion ist sehr empfindlich und sehr klar. Nimmt man zwei grosse Gruppen von Substanzen aus : die Gerbstoffe und die Pflanzenfette, so ist sie für die Auffindung des Digitalins nicht weniger brauchbar als die Schwefelsäure-Bromprobe.

Digitalin mit Phosphormolybdänsäure übergossen, darin verteilt und. mit ihr gekocht, färbt die gelbe Säure schön grün. Die Flüssigkeit abgekühlt und mit Salmiakgeist versetzt, färbt sich schön blau, und wird, dann wieder erhitzt, farblos. Die Herstellung des Reagens sehe man bei FRESENIUS a. a. O.,S.560, das Verhalten der Verbindungen des Molybdäns bei ©. DammEr, Handbuch der anorganischen Chemie, 1893, III, 595 und 613. So sicher und ausdrucksvoll verläuft die Reaktion, dass ich sie alljährlich in der Vorlesung vorzeige.

Ich stellte die Reaktion so an : Eine mässige Messerspitze voll der zu prüfenden Substanz wurde im Proberohr in etwa 5 c.c. Wasser gelöst oder aufgeschwemmt, die gleiche Menge Phosphormolybdänsäurelösung hinzu- gefügt und das Röhrchen in siedendes Wasser gestellt, Hierin blieb es

342 C. Binz

einige Minuten stehen, falls die griine Farbe nicht sogleich erschien. Herausgenommen und erkaltet, wurde es mit der Ammoniaklósung versetzt, um die Bláue hervorzurufen, und dann wieder in das siedende Wasser getan, um das Färbloswerden zu erlangen.

Zuerst wieder die Digitalisbestandteile nach E. Merck. Die Reaktion gaben sehr gut : Digitalein; Digitalin, reines, gepulvertes, deutsches; Digitalın, reines, amorphes der französischen und belgischen Pharmakopöe, es musste allerdings etwas länger erhitzt werden; Digitalin krystallisirtes (Digitonin, krystallisirtes), es war ebenfalls etwas länger zu erhitzen.

Digitoxin, krystallisirtes, gibt die Reaktion, wenn es in Alkohol gelöst, tüchtig erhitzt und langsam erkaltet wird.

Weiter prüfte ich 70 ganz verschiedene organische Körper auf dieselbe Reaktion und fand sie bei folgenden 15 :

Helleborein, Strophanthin, Scillotoxin, Convallamarin, Cyclamin, Delphinin, Saponin, Ricin, Morphin, Heroin (Salzsaurer Morphindiessig- säureester), Peronin (Salzsaurer Morphinbenzylester), Strychnin, Brucin, Anilinhydrochlorid, Phenacetin.

Was ich vorher betreffs der ersten Reaktion im allgemeinen gesagt habe, gilt ganz so für diese zweite.

Im einzelnen ist folgendes hinzufügen :

Die Trarr’sche Reaktion ist der Digitalisgruppe mehr zu eigen als die GrANDEAU’sche Reaktion, denn alle Glieder dieser Gruppe geben sie, während das dort nicht der Fall ist. Das Digitoxin allerdings muss wegen seiner Unlöslichkeit selbst in kochendem Wasser erst in ein wenig Alkohol gelöst, längere Zeit in dem siedenden Wasser gelassen und langsam erkaltet werden, ehe die grüne Farbe erscheint. Sie und nachher die blaue Farbe erscheinen alsdann tadellos. Eine Controlprobe mit Alkohol und dem ‚Reagens allein ergibt nichts.

Einige wie Scillotoxin und die Alkaloidsalze benötigen eine Trennung durch Filtriren der grün gefärbten Flüssigkeit von dem dicken Nieder- schlage.

Die genannten Körper geben die Reaktion verschieden schnell und verschieden gut. Stets aber ist sie als unzweifelhaft eintretend zu bezeichnen. Manche verlangen eine geringe Verdünnung, längeres Kochen und lang- sames Erkalten, ehe sie rein hervortritt, z. B. das Saponin.

Erwähnenswert ist, dass das Anilin die Reaktion schon bei der kleinsten Menge gibt, das ihm verwandte Acetanilid so gut wie nichts, und dass dessen Abkömmling Phenaccetin sie darbietet, allerdings schwach, aber doch deutlich von dem Acetanilid sich abhebend.

ZUM CHEMISCHEN NACHWEIS DES DIGITALINS 343

Zu merken bleibt, dass Tannin, Gallussäure, Pyrogallol, Phldroglucin, Brenzkatechin, Resorcin, Hydrochinon, Alpha-Naphtylamin in starker Verdiinnung mit dem Reagens, teilweise schon in der Kälte, ein Grün geben, das dem regulären der Trarr'schen Reaktion ähnlich sieht. In geringer Verdünnung geben sie sogleich ein massives Grünblau. Am meisten an das Grün des Digitalins erinnert das von Resorcin gelieferte.

Vielleicht ist dieses Verhalten des so häufig vorhandenen Gerbstoffs der Grund, weshalb man in der Praxis den Wert der Reaktion wenig mehr schätzt. Durch genaues Ausscheiden der Gerbstoffe u. s. w. jedoch dürfte das zu umgehen sein.

Das gilt ebenso für die merkwürdige Reaktion WELMANN’s auf vege- tabilische Fette, mit Ausnahme von Cocostfett(1). Sie kommt mit der Phosphormolybdänsäure in salpetersaurer Lösung zustande wie mit den vorher genannten Substanzen, kann also leicht zu Verwechslungen führen. Die vorherige Entfernung der Fette aber oder das Feststellen ihrer Abwesenheit wird sich wohl meistens ermöglichen lassen, und damit wäre auch dieses Hindernis für die Anwendung beseitigt.

Die Trapr’sche Reaktion beruht offenbar auf einer Reduktion der Molybdänsäure MoO; ın saurer Lösung, wobei die niedrigere blaugefärbte Oxydationsstufe gebildet wırd. Wo diese Reduktion langsam verläuft, da bekommt man eine schöne Mischung von Gelb und Blau als ersten Ausdruck; und erst beim Hinzufügen des alkalischen Ammoniaks bekommt man das reine Blau. Wo die Reduktion stürmisch verläuft, da wird alles Gelb sogleich in Blau umgewandelt und das Grün kommt nicht zum Vorschein, ausser wenn man in der Menge des reducirenden Körpers sehr vorsichtig ist.

Um die richtige Mitte zu halten in der Wertschätzung wie in der Ablehnung der Reaktionen von GRANDEAU und von TraArr dürften diese Schlussfolgerungen für die praktische Anwendung geboten scin :

1. Die Trarr'sche Reaktion auf Digitalin ist bei genügender Reinigung der zu untersuchenden Substanz nicht weniger brauchbar als die GRANDEAU'sche.

2. Sie eignen sich beide zum Aufsuchen des Digitalins und seines Haupt- bestandteils, des Digitaleins, ın dem Sinne, dass ihr Fehlen auch ein Fehlen des gesuchten Körpers unterstellen lässt.

3. Wo diese Reaktionen vorhanden sind, hat man an ihr nicht seltenes

(1) J. ALTSCHUL : Reaktionen und Reagentien. Aus der Pharmaceutische Centralhalle. Dresden, 1897.

344 . C. Binz

Vorkommen auch bei anderen, zum Teil in der Heilkunde gebräuchlichen Körpern zu

denken und demgemäss einen endgiltigen Schluss daraus allein nicht ru zichen.

Auch die Möglichkeit der « Leichendigitaline » darf nicht übersehen werden, denn es können deren vorhanden sein, « die den sicheren Nach- weis (unter anderen) des Digitalins fraglich machen. » Vgl. Orroa.a. O., S. 117. Das gilt ebenso für den chemischen Nachweis im Reagenzglase wie für den physiologischen am Tierherzen.

AUS DEM INSTITUTE FÜR PHARMAKOLOGIE UND PHYSIOL. CHEMIE zu Rostock.

Dir. Pror. R. Kovikrt.

Beiträge zur Kenntnis der Ipecacuanha.

MI. TEIL. UEBER DIE WIRKUNG VON CEPHAELIN UND EMETIN AUF DEN MENSCHEN.

VON

Dr. Men. PAUL ZEPT,

aus Lackendorf.

Im ersten Teile dieser Arbeit (Bd. XI, p. 9) hat Carr Lowix über den chemischen Nachweis und die Ticrwirkung von Cephaélin und Emetin berichtet. Im zweiten Teile (Bd. XI, p. 405) hat Tokuvye Kimura über das chemische und physiologische Verhalten der Ipccacuanhasäure berichtet. In diesem dritten Teile möchte ich cinen bescheidenen Beitrag zur Kenntnis der Wirkung der beiden Ipecacuanhaalkaloide auf den Menschen liefern. Ich bin zu diesen Versuchen durch Professor KOBERT angeregt worden, konnte sie aber raturgemäss nicht in cinem theoretischen Institute ausführen, sondern habe dazu Patienten zweier Krankenhäuser, welche nach menschlichem Ermessen sich zu solchen Versuchen durch die Art ihrer Krankheit eigneten, benutzt. Ich sende den Versuchen einige bei Lowiv fehlende Notizen über die Droge sowie eine kurze Zusammenstellung über die klinisch bisher vorliegenden Beobachtungen

betrefis Ipecacuanhawirkung voraus.

ı. Einige neue Notizen über die pharmakognostische und chemische Prüfung der Droge.

Dem neusten Handelsberichte von Cazsar & Lorerz in Ilalle zufolge haben sich die Verhältnisse des Ipecacuanhamarktes im Laufe des letzten Jahres nicht unerheblich verschoben, und es ist zunächst festzustellen, dass die Werte der als eigentliche Ipecacuanhasorten in Betracht kommenden

Arch. internat. de Pharmacodynamic et de Thérapie, vol. XH. 25

346 PauL ZEPF

Rio- und Carthagena- (Columbia-) Wurzeln sich allmählich auszugleichen scheinen. Es ist das nicht allein dadurch herbeigefiihrt worden, dass man den medicinischen Werth der Carthagena-Ipecacuanha durch Lowın mehr erkannt hat, sondern auch dadurch, dass der Rio-Ipecacuanha noch einige andere Concurrenzsorten entstanden sind, welche den Werth derselben herabgedrückt haben. Unter Rio-Ipecacuanha verstand man bislang in der Hauptsache nur die in dem Staate Mato Grosso in Brasilien ein- gesammelte, über Rio in den Handel gelangte Droge, welche von Uragoga Ipecacuanha Baill. resp. Cephaélis Ipecacuanha Wildenow oder Psychotria Ipecacuanha Müller stammt und als solche die officinelle Droge bildet. Diese Provenienz wurde jahrelang monopolisirt und von den Inhabern zu beliebig hohen und meist sehr willkiirlichen Preisen in den Handel gebracht. Die von CAESAR & LorETZ in ihren Geschäftsberichten von ıgoı und 1902 bereits erwähnte ostindische Ipecacuanha stammt von Wurzeln der echten Cepha&lis Ipecacuanha aus Mato-Grosso, welche nach Johore, Straits Settlement, verpflanzt worden sind und von dort aus nun in diesem Jahre schon in beträchtlicheren Mengen an den Londoner Markt,gebracht wurden. Als dritte ebenfalls von Cephae&lis Ipecacuanha stammende Rio- Handelssorte kamen dann seit Jahresfrist die aus dem District Minas in Brasilien stammende, angeblich dort cultivirte, über Bahia ausgeführte Ipecacuanha in Betracht. Man hat es also gegenwärtig mil drei echten, von derselben Pflanze abstammenden Rio Ipecacuanhasorten zu thun, welche in ihrem Aeusseren grosse Uebereinstimmung zeigen und nur hinsichtlich des Gehaltes kleine Abweichungen erkennen lassen. Durch das Erscheinen dieser Rivalen wurde der Werth der bisher den Markt beherrschenden Rio-Mato-Grosso-Ipecacuanha herabgedrückt und konnte daran auch der Rückgang des Lagerbestandes derselben in Londen nichts ändern, welcher sich seit vorigem October bis Juli dieses Jahres von 706 auf 333 Ballen ermässigt hat. Die aus Columbien stammende Carthagena-Ipecacuanha, welche bislang nur in den Vereinigten Staaten als oflicinelle Ipecacuanha mit zugelassen ist, kam im Laufe dieses Jahres nur in sehr beschränkten Zufuhren an den Markt, welche bei der durch Lowin und Andere inzwischen festgestellten Superiorität dieser Handelssorte zu unveränderten Preisen immer flotten Absatz fanden. Während noch vor Fahresfrist die Rio-Ipecacuanha fest den doppelten Preis als die Carthagenasorte erzielte, ist gegen- wärlig erstere nur noch 20 °]. theurer als lelztere, welche Preisdifferenz sich noch weiter ausgleichen dürfte, wenn die Rio-Ablicferungen aus den verschiedenen Districten in demselben Tempo an den Markt gelangen, wie es inden letzten Monaten der Fall gewesen ist. Der Verbrauch der Ipecacuanhawurzel ha

WIRKUNG VON CEPHAELIN UND EMETIN AUF DEN MENSCHEN 347

in diesem Jahre wieder eine starke Zunahme zu verzeichnen gehabt, und dadurch sind die Lagerbestände sämmtlicher Ipecacuanhasorten trotz der diesjährigen grossen Zufuhren um ca. 500 Ballen vom September 1902 bis Juli d. J. zuriickgegangen. Die erzielten Preise waren mit Riicksicht auf die bestehende Concurrenz der verschiedenen Sorten untereinander recht mässige und es dürfte der Marktwerth der Ipecacuanha nun auch weiterhin lediglich durch die Höhe der Gesammtzufuhren und durch den demselben gegenüberstehenden Verbrauch geregelt werden, nicht aber nur durch speculative Massnahmen, wie solche bei der Monopolisirung der Rio-Sorte seither fast ausschliesslich in Betracht kamen.

Der Bestimmung der wirksamen Ipecacuanha-Alkaloide und den dafür in Betracht kommenden Prüfungsmethoden hat die genannte Firma auch in diesem Jahre besonderes Interesse zugewendet. Schon im Geschäftsbericht von ıg01ı wies sie darauf hin, dass die KELLEr’sche Methode als die beste für die Bestimmung der Alkaloide angesehen werden müsse und dass, wenn man diese nicht anwenden wolle, an Stelle der Natronlauge (D. A. IV) Sodalösung Verwendung finden müsse. Ebenso hat sie auch schon im Bericht von 1899 der Verwendung von reinem Aether statt des Chloroform-Aethergemisches Beachtung geschenkt. Im Jahre 1902 berichtete sie dann weiter, wie bei der Methode des D. A. IV durch Natronlauge ein Theil der Alkaloide (Cephaßlin), durch jene gelöst, der Analyse verloren gehe und auf welche Weise der Natronlauge das Cephatlin wieder zu entziehen ist. Die Firma hat dort auch ein von G. Fromme angewendetes Verfahren veröffentlicht, nach welchem Psychotrin, welches bei Verwendung von Aether-Chloroform in diese Flüssigkeit neben Emetin und Cepha&lin übergeht, für sich bestimmt werden kann. Bei 36 Analysen von Ipecacuanha verschiedenster Provenienz hatten

6 einen Gehalt von 0,02—0,05 °/, Psychotrin,

12 1 » » 0,06—0,10 H » 6 » » » 0,1I—0,15 » ` 6 1 » » 0,16—0,20 » » 6 » » » 0,21—0,32 » ` »

Die Resultate sind auf gewichtsanalytischem Wege erhalten. Die Titration lässt dabei vollständig im Stich, da ein auch nur einigermaassen. genügender Farbenumschlag nicht zu erhalten ist, weil die Flüssigkeiten zu stark gefärbt sind und das Alkaloid wohl zu schwach basischer Natur ist.

Die 1901 im Geschäftsberichte der genannten Firma vertretene Ansicht G. FRoMmME’s bezüglich der Verwendung von Sodalösung oder Ammoniak

348 Paul ZEPF

an Stelle von Natronlauge, von reinem Aether (Bericht 1899) statt des Aether-Chloroform-Gemisches, hat H. IFrerıcns in einer eingehenden Arbeit (Arch. d. Pharmacic, Jg. 1902, Heft 5—6) bestätigt, und seine darın gegebenen Ausführungen treften mit denen im Geschäftsbericht von C. & L. zusammen. Nachdem hiernach über den richtigen Weg der Werthbe- stimmung von Ipecacuanha kcin Zweifel mehr bestehen konnte, haben C. & L. versucht neben der Bestimmung des Gehaltes an wirksamen Gesammtalkaloiden, Emetin + Cephaëlin, beide zu trennen und jedes für sich der Menge nach zu bestinmen und zwar auf Basis der von PauL und CowNLEY angegebenen Trennungsmethode. G. Froune berichtet darüber, unter Voranstellung der Formel, nach welcher er dabei gearbeitet hat, Folgendes :

12 gr. Rad. Ipecac. pulv. (grob oder fein), 120 gr. Acther, ro gr. Liq. Amm. caust. (10 90-18) werden bel ofters wiederholtem, kräftigen Schútteln in einer 200 gr.-Flasche 1/2 Stunde macerirt, dann mit 10 bis 12 gr. Wasser gut durchgeschüttelt und von der klaren, ätherischen Flüssigkeit 2 mal 50 gr. (entspr. je 5 gr. Pulver) abtiltrirt, welche mit A. und B. bezeichnet werden.

A. In dieser Flüssigkeit werden Emetin und Cephaélin zusammen (nach KELLERS Methode) durch Ausschütteln derselben erst mit einprocentiger Salzsäure und aus dieser. nach Uebersittigung mit Liq. Amm. caust. mit Aether, Abdestilliren des Aethers. dann Wägen und nach dem Auflosen in Alkohol und Zusatz von Wasser durch Titration bestimmt.

B. wird behandelt wie A. bis geven Ende; hier wird der die beiden reinen Alkaloide enthaltende Aether nicht abdestillirt, sondern wird bis fünfmal oder so eft mit je ca. 10 C.c. gesáttigter Aetzbarytlósung ausgeschúttelt, bis einige Tropfen der letzten Ausschúttelung nach dem Ansäuern durch Salzsäure mit Meyer schem Reagens nur noch schwache Trübung giebt.

Die ätherische Flüssigkeit, welche nun nur noch reines Emetin enthält, wird in einen gewogenen Erlenmeyer-Kolben filtrirt, der Aether abdestillirt, der Rückstand einige Male mit Acther aufgenommen und dieser weggekocht, dann bis zur Gewichts- constanz im Exsiccator nachgetrocknet und gewogen. Die erhaltene Menge mit 20 multiplicirt giebt den Procentgehalt an Emetin. Zur Bestimmung durch Titration wird dasselbe in ca. 5 er. Alkohol absol. gelöst, mit ca. 30 gr. Wasser und einigen Tropfen * Haematoxylinlösung versetzt und mit no Siure titrirt. Die Anzahl c.c. der zur Bindung gebrauchten n/ıo Säure, multiplicirt mit 20 und mit 0,0248 oder kurz mit 0,496 ergiebt ebenfalls den Procentgehalt an Emetin (das Molekulargewicht desselben = 248).

Die Barytausschüttelungen, welche das Cephaclin enthalten, werden mit Chior- ammonium in reichlichem Ucberschusse {12 gr.) versetzt, 3—4 mal mit 15—10— 10 Acther ausgeschúttelt, bis eine Probe der Barytlösung nach dem Ansäuren mit Salzsäure durch Meyers Reagens keine Reaction mehr giebt, die vereinigten und filtrirten ätherischen Ausschuttelungen in cinem tarirten Erlenmeyer-Kolben durch Abdestilliren vom Aether befreit, der Rückstand einige Male mit Acther aufgenommen und dieser jedesmal

weveckocht, darauf im Exsiccator bis zur Gewichtsconstanz getrocknet, gewogen und

WIRKUNG VON CELHAELIN UND EMETIN AUF DEN MENSCHEN 349

zur titrimetrischen Bestimmung wie bei Emetin oben angegeben behandelt. Die Anzahl der zur Bindung des Cephaclins (Mol.-Gew. 234) mit 20 angenommen und dann mit

0.0234 oder kurz mit 0,468 multiplicirt giebt den Procentgehalt an Cephaelin.

Pau & CowxLEy haben als Lösungsmittel für Cephaälin Natronlauge verwendet, und deshalb hat Fromme dieselbe auch bei vielen Trennungs- versuchen gebraucht. Er hat mit 15 %o-iger Natronlauge gearbeitet, mit 30 ®io-iger, ist auf 7 !/2-, 3-, 1,5-, 1- und !’> %,-ige zurückgegangen und hat mit keiner derselben cine scharfe Trennung der beiden in Rede stehenden Alkaloide erreichen können, trotzdem er bis achtmal ausgeschüttet hat fast immer trat in der letzten Ausschüttelung mit Salzsäure und Meyer’s Reagens noch cine Reaction cin —. Es müssen also entweder Reste des Cephadlins hartnäckig in der ätherischen Lösung zurückgehalten werden oder aber das Emetin nicht ganz unlöslich in Natronlauge sein. Die bei Emetin auf gewichts- und massanalvtischem Wege gefundenen Werthe (vergl. Tabelle) zeigen unter sich eine solche Gleichmässigkeit, dass offenbar reines, durch Cephaëlin nicht verunreinigtes Emetin vorliegt (was auch mit Fröhdes Reagens sich beweisen lässt), dass also Cephaëlin durch Schütteln der ätherischen Lösung mit Lauge in diese vollständig übergeht. Eine andere Beobachtung, die Fromme machte, war die, dass beim Abdunsten der ätherischen Lösung des Cephaßlins sich ein penetranter Geruch bemerkbar machte, ein Geruch, der beim Verdunsten der nicht getrennten beiden Alkaloide (also bei obergenannter Bestimmung A.) nicht auftritt. Ferner hatte das isolirte Cephaälin mehr oder weniger grüne Farbe, (während die beiden Alkaloide, zusammen aus ihrer ätherischen Lösung erhalten, gelblich, mitunter farblos, mitunter gelb- bräunlich waren), und zuletzt stimmten die gewichts- und massanalytischen \Werthe meistens schr schlecht untereinander überein. Offenbar erleidet das Cephadlin also bei der Trennung von Emetin durch Natronlauge eine Zersetzung. Um diese zu vermeiden, versuchte FRouME die Natronlauge durch eine schwächere Base, durch Aetzbarytlösung, zu ersetzen. Die auf Zersetzung des Cephaßlins deutenden Erscheinungen traten bei Verwendung von Actzbarvrtlösung im Allgemeinen in schwächerem Maasse em, als bel Natronlauge: und dieser Umstand hat ıhn bestimmt, Aetzbarytlösung als Ausschüttelungsmittel beizubehalten. Uebrigens gelingt auch bei Ausschüttelung mit Barytwasser eine scharfe Trennung beider Alkaloide nicht. In dem einen oder anderen Falle hat er bei Natronlauge wie bei Barytwasser wohl einmal eine vollkommene Trennung erzielt, aber das waren Ausnahmen, die bei dem ihm zugänglich

gewesenen ausserordentlich reichhaltigen und deswegen ebenso ver-

350 PAUL ZEPF

schiedenartigen Material nicht Wunder nehmen kónnen und ében nur die Regel bestätigen.

Die theilweise Zersetzung des Cepha&lins scheint mit nur geringem Gewichtsverluste verknüpft, also mehr durch eine Atomumlagerung im Molekül bedingt zu sein, denn wie aus den vielen Analysen ersichtlich, geben durch Addition der je einzeln bestimmten Mengen Cepha&lin und Emetin die durch Gesammtbestimmung beider Alkaloide erhaltenen Mengen (in der Tabelle a = c + e) gute Uebereinstimmung. Wenn diese Methode der Trennung beider Alkaloide also wohl anwendbar erscheint, so lange es sich darum handelt, das Mengenverháltniss derselben in der Ipecacuanha- wurzel auf gewichtsanalytischem Wege zu ermitteln, so ist es leider nicht gelunger, die theilweise Zersetzung des Cephaélins zu verhindern, um die titrimetrische Bestimmung zu ermöglichen.

Die aus den sehr zahlreichen Analysen Fromme’s sich ergebenden Durchschnittszahlen sind folgende :

Gehalt Emetingehalt | Cephaélingebalt 5 an Gesammt- nach nach > Alkaloiden Ip,ur&CownesyfPaur&Cowner| 5 nach KELLER < eee n | titrirt woren wogen | titrirt of 0 ojo olo ofo olo 0/0 ofo

Rio, brasilianische, echte Mato Grosso .| 2.846 | 2,733 | 2,026 | 1,982 | 0,824 | 0,495 | 3.34

» brasilianische, Minas (Bahia). . .| 2,297 | 2,185 | 1,355 | 1,363 | 0,984 | 0,633 | 3,21 » cultivirte Johore . . . . . .|2,511 | 2,445 | 1,539 | 1,462 | 0,820 | 0,622 | 2,93 Carthagena oder Columbia . . . . .1 2,875 | 2,749 | 1,544 | 1,472 | 1,389 | 1,019 | 6,02

Alle diese Zahlen beziehen sich auf grössere Durchschnittsproben der naturellen Handelssorten, wie solche aus den jeweiligen grösseren Partien zusammengestellt wurden, und es ist bezüglich der Carthagena-Ipecacuanha zu erwähnen, dass bei den Prüfungen nur Partien in Betracht gezogen worden sind, welche sich ohne fremde Beimischungen und als bessere Handelssorten schon ihrem Aeusseren nach erwiesen haben. Bezüglich des . Gesammt- Alkaloidgehaltes nimmt die Carthagena-Ipecacuanha die erste, die echte Mato-Grosso-Rio die zweite, Fohore die dritte und Bahia die letzte Stelle ein. Bezüglich des Emetingehaltes kommt die echte Rio-Mato-Grosso an erster, Carthagena an zweiter, Fohore an dritter und Bahia au letzter Stelle. Hinsichtlich des Cephaëlin- gehaltes stehen sich die echte Rio-Mato-Grosso und Johore ziemlich gleich, Bahia enthält ca. 15 a und Carthagena ca. 50 °|, mehr als die vorerwähnten Ipecacuanha- sorten. Der äusseren Form nach zeigen die Johore- und Bahia-Ipecacuanha mit der Mato-Grosso-Rio grosse Achnlichkeit, resp. übertreffen dieselbe

a

WIRKUNG VON CEPHAÉLIN UND EMETIN AUF DEN MENSCHEN 351

durch sorgfältigere Reinigung und stengelfreiere Lieferung der Wurzeln beziiglich des Gesammt-Alkaloidgehaltes und speciell des Emetingehaltes stehen sie der letzteren aber durchaus nicht gleich und werden sie darin von der Carthagena-Ipecacuanha iibertroffen, so dass diesen beiden neuen Rio-Sorten dem thatsächlichen Gehalt nach eigentlich kaum die Preise der Carthagena-Ipecacuanha zukommen und es unberechtigt ist, wenn dieselben nur ihrem schönen Aeusseren zu Liebe bezüglich des Preises, mit der echten Rio-Mato-Grosso auf eine Stufe gestellt werden.

2. Kurze Uebersicht über die bisherigen Beobachtungen, welche für das Krankenbett Bedeutung haben.

Bis zu welcher Zeit der Gebrauch der Brechwurzel als Arzneimittel bei den Eingeborenen zurückreicht, lässt sich nicht angeben. Zu ihrer therapeutischen Benutzung soll, wie unter den Indianern Brasiliens die Sage geht, der Waldhund Guara Veranlassung gegeben haben, welcher, wenn er zuviel salziges und unreines Wasser getrunken, eine beträchtliche Menge Ipecacuanhastengel kaue, worauf er das Wasser von sich gebe und gesunde. Wie es bei einem Mittel von unableugbar deutlichem Einfluss auf den Organısmus in den Händen von Leuten ohne wissenschaftliche Kritik nicht zu verwundern ist, gilt die Wurzel den Eingeborenen noch heute als wahre Panacee; sie verwenden dieselbe « mit ausgezeichneten Erfolgen » bei Diarrhöen und Ruhren, bei aussetzenden wie bei Gallen- und gastrischen Fiebern, gegen Krämpfe und zur Beförderung des Auswurfs bei Brust- hrankheiten. Ferner soll sie Schwäche in den Eingeweiden heben und u dicke, zähe Säfte auflösen. » Bei Vergiftungen durch Schlangenbisse nimmt der Verwundete I—2 Unzen auf einmal, worauf er ebenso stark erbricht wie laxiert und mit dem nachfolgenden Schweiss gerettet wird; ein gleiches Verfahren wird gegen den Biss eines tollen Hundes empfohlen. Die bei allen mit der Wurzel behandelten Krankheiten verabfolgten Dosen sind nicht gering.

Das Bekanntwerden der Ipecacuanha in Europa ist zu den epoche- machenden Daten in der Geschichte der älteren Materia medica zu zählen. Obgleich die neue Droge schon gegen die Mitte des siebzehnten Jahr, hunderts durch MicHAËL Trıstram unter dem Namen Igpecaya oder Pigaya erwähnt, ausführlicher 1649 von Pıso beschrieben und zugleich empfohlen worden war, und obwohl LE Gras dieselbe 1672 auf seiner dritten Reise von Amerika nach Frankreich gebracht hatte, fand dieselbe hier doch erst 1686 durch den Kaufmann GrENIER (GARNIER) grössere Beachtung, welcher davon 150 Pfund aus Spanien bezogen und durch Vermittelung eines Arztes ÁrForTY dem hollándischen Arzte JoHANN ADRIAN HELVETIUS zum

352 PauL ZEpPE

gemeinsamen Verkaufe als Geheimmittel gegen Ruhr überliess. Als aber die günstigen Kurerfolge bei amtlicher Prüfung des Mittels im Hotel Dieu auf Veranlassung des Ministers Colbert und des Hofes, sowie 1688 bei dem Dauphin selbst dem Helvetius von Ludwig XIV, die königliche Belohnung von 1000 Louis d’or und der ferneren Verkauf des Mittels zuwiesen, offenbarte GRENIER, mit seinen Ansprüchen auf einen Teil jenes Preises unberücksichtirt gelassen, das Geheimnis auch anderen Aerzten. Dieser Vorgang nötigte den holländischen Arzt 1688 zur vollen Veröffentlichung des Geheimnisses. Nichtsdestoweniger gewann die Brechwurzel erst 1694 durch Friepricu Deckers, in Holland 1696 durch Leisnirz und bald darauf durch Varextiviund Wever in Deutschland ihre gebührende Anerkennung. In England verbreitete Hans SLoane ihren Gebrauch ; doch versichert noch Warrher Harkıs, dass die Wurzel schwer aufzutreiben sei und in den Offizinen unter ihrem Namen eine giftige Droge verkauft werde. Seine vorzüglichste Empfehlung genoss das Mittel gegen « Bauchflüsse » und Ruhren Ruhrwurz, radix antidysenterica »), vornehmlich behufs der Entfernung verdorbenen Unrats, che Entzündungen der Eingeweide sich einstellten. Pıso bezeichnete dasselbe hier als sacra anchora, qua nullum praestantius ac tutius in plerisque alvi fluxibus cum vel sine sanguine compescendis natura excogitarit remedium. Auch DEGENER und JOHANN GEORG ZIMMERMANN Tieten sowohl bei Gegenwart als auch unter Abwesen- heit von Blutabgang zum frühzeitigren Gebrauch der Wurzel, so dass einige Male Brechen erfolgte. Inzwischen zog Backer den Brechweinstein vor, während andere, wie Jansen, die Verbindung der Brechwurzel mit gleichen Teilen Rhabarber am heilsamsten erklärten, in solcher Weise auch bei chronischen Durchfällen, besonders bei den zur Gewohnheit gewordenen Bauchflüssen der Kinder. Als Brechmittel verdrängte die Ipecacuanha die meisten ähnlich wirkenden Mittel. Ferner fand sie Verwendung bei « Gallenficbern », Wechselficbern, exanthematischen und anderen fisberhaften Erkrankungen; die Wechselficber sollen sogar der neuen Droge in refracta dosi ebenso sicher gewichen sein wie der Chinarinde. Weitere Empfehlungen erstreckten sich auf Anwendung bei Hämorrhoidal- und Uterusblutungen, Blutharnen, Blutspeien, bei Krampf- zuständen infolge von Menstruationsanomalien, bei Bauch- und Haut- wassersucht, Icterus, Hausten der verschiedensten Herkunft, Krampfasthma, hysterischen Anfállen, spastischem und Incarcerationsileus, Lungensucht, Diabetes mellitus, Cholera asiatica, Trismus, Hydrophobie, etc.

Wie aus Vorstchendem ersichtlich, war auch das Bekanntwerden der

Brechwurzel in Europa und deren Anwendung am Krankenbett durch

WIRKUNG VON CEPHAELIN UND EMETIN AUF DEN MENSCHEN 353

europäische Acrzte zunächst nicht imstande, über die pharmakologischen Wirkungen der Ipecacuanha grössere Klarheit und Sicherheit zu schaffen : man war in den Kenntnissen über das neue Arzneimittel vorerst kaum weiter gekommen als die Eingeborenen. Es war darum ein gewaltiger Schritt vorwärts in dieser Richtung, als man sogleich nach Entdeckung des Emetin anfıng, mit demselben Versuche am tierischen Organismus anzustellen. Ich habe es vorgezogen, die Versuche und deren Resultate nicht in rein zeitlicher Reihenfolge, sondern nach Wirkung auf Organe und Organsysteme geordnet aufzuführen, so zwar, dass innerhalb genannter Einteilung die geschichtliche Reihenfolge möglichst berücksichtigt blieb und das fürs Krankenbett Verwertbare betont wird.

A) Das UNS HIER INTERESSIERENDE VON DEN TIERVERSUCHEN.

AA) Applicationsstelle.

\Viederholte Einträufelungen von verschieden konzentrierten Lösungen der beiden Ipecacuanhaalkaloide in den Bindehautsack haben schon bei einer Konzentration von ı : 500 regelmässig heftige Entzündungen verursacht, die sich bis auf die Nasenschleimhaut fortsetzten, und zwar wirkte in dieser Beziehung Cephatlin heftiger als Emetin. Niemals konnte aber bei subkutaner Applikation an den Injektionsstellen eine rennenswerte Entzündung im subkutanen Gewebe gefunden werden (Lowin). Bei Applikation des Emetin per os entstand Salıvation, angeblich durch lokale

Einwirkung auf die Nerven in der Mundhöhle {FourkroD, 1878).

BB) Digestionsapparat.

Dass die brechenerregende Wirkung der Brechwurzel den in ihr enthaltenen alkaloidischen Bestandteilen zuzuschreiben ist, wurde unzwei- felhaft festgestellt durch die Versuche von Macexpig und PELLETIER (1817), SCHRoFF (1856) und Scuucuarpot (1858), und zwar konnte nach Verabfolgung der alkaloidischen Substanz konstante Brechbewegungen beobachten P£cnhorızr (1862), welche bei ciner mit Emetininjektionen behandelten Katze, welcher zuvor beide N.N. vagi durchschnitten worden waren, ausblieben (Dyce DyckwortH, 1869), im Gegensatz zu späteren Versuchen, bei denen nach beiderseitiger N. vagus-Durchschneidung durch Emetin Erbrechen erfolgte, wenn auch später und weniger intensiv (D'OrxeELLas, 1873). Die Brechwirkung des Emetin wurde als eine reflektorische zu erklären versucht infolge lokaler Reizung der Magen- schleimhaut durch das hier ausgeschiedene Emetin, da nach subkutaner

oder intravenóser Injektion Emetin in dem Mageninhalt nachgewiesen

354 PAUL ZEPF

wurde (CHourrE, Polichronie, 1874), oder der betreffende Mageninhalt, Tauben beigebracht, Brechen erzeugte(D’OrneLLas, 1873). Da vagotomierte Tiere wohl nach Injektion des zentral wirkenden Apomorphin, nicht aber nach Emetininjektionen erbrachen (D’OrRNELLAs, 1873 : Erbrechen später und weniger intensiv, CHouppe, Polichronie, 1874), so wurde versucht, das Emetinerbrechen durch örtliche Einwirkung auf den Magen zu erklären (FouL&krop, 1878). Weitere Versuche stellten sich in Widerspruch zu der Behauptung P&chHoLier’s, da sie zu dem Ergebnis kamen, dass die Brechwirkung des Emetin, besonders nach intravenöser Injektion des Mittels, keine absolut konstante sei; Versuche desselben Autors stellten fest, dass das Erbrechen nicht schneller erfolgte, wenn Emetin per os, als wenn es subkutan gegeben worden war. Das Erbrechen erfolgte ferner, je nach der Grösse der Dosis nur einmal oder mehrmals in längeren Zwischenräumen. Bei einzelnen Tieren traten in den ersten Stadien breiige Stuhlentleerungen ein (Popwyssotzkı, 1879). Bei unmittelbarer Einführung von mit Galle gemischtem Ipecacuanhapulver in das Duodenum von Hunden fand stärkere Injektion der Schleimhaut, starke Schleim- und vermehrte Gallenabsonderung, jedoch keine Durchfälle RurTHERFORD. Die indem Digestionskanal bei den Tierexperimenten gefundenen pathologisch- anatomischen Veränderungen betreffend fanden bei Verabreichung des Emetin per os, subkutan oder intravenös eine Reizung des ganzen Magen- darmkanals mit verschiedenen Graden von Entzündung MAGENDIE und PELLETIER (1817), SCHROFF (1856), SCHUCHARDT (1858), Hyperämie des Magens und der oberen Hälfte des Darms P£cHoL1er (1862), Veränderungen der Magen-und Darmschleimhaut Dyce Dyckwortu. Die charakteristischen Einwirkungen auf den Verdauungstraktus traten bei Darreichung des Emetin per os und subkutan in gleicher Intensitát hervor; nur fehlten bei * Aufnahme des Mittels per os sehr häufig die Darmaffektionen, weil das Emetin durch den Brechakt grösstenteils wieder entleert worden war. Die charakteristischen Magendarmaffektionen entzündlicher Natur traten immer erst auf nach 18—24 Stunden. Die Schleimhaut des Dünndarms, weniger die des Dickdarms, war bald leicht fleckig injiziert und katarrhalisch geschwollen, bald überall dunkelscharlachrot, mit locker sitzendem, schleimig-eitrigem Sekret bedeckt. Mikroskopisch zeigte der Darminhalt Massen abgestossener Epithelien und Eiterkörperchen. Diese Affektionen sollten durch die allgemeine Wirkung des Emetin auf das Nervensystem und die Zirkulation zustande kommen (Popwvssorzkı, 1879). Endlich fand eine Entzündung und Ecchymosierung der Schleimhäute des Digestions- traktus bei Kaninchen, Igeln, Meerschweinchen, Tauben und Hunden

WIRKUNG VON CEPHAÉLIN UND EMETIN AUF DEN MENSCHEN 355

und zwar ohne nennenswerte Unterschiede zwischen der Wirkung des Emetin und des Cephaélin Lowin. Gleichviel auf welche Art das Emetin gereicht worden war, stets wurde dasselbe unverändert resorbiert (FouLKroD, 1878).

cc) Blut.

Entsprechend der Erfahrungsthatsache, dass Alkaloidsalze von neutraler Reaktion an roten Blutkórperchen und aufgelóstem Hámoglobin meist keine Veränderungen hervorzubringen pflegen, konnte auch zunächst eine direkte Einwirkung des Emetin auf das Blut nicht nachgewiesen werden (FouLkroD 1878). Spätere Versuche kamen wenigstens zu dem Resultat, dass bei der Einwirkung von Emetin die Zusammensetzung der Blutgase sich wesentlich verändere, analog der Wirkung von Antimon und Arsen, indem die Menge der Kohlensäure bedeutend abnimmt bei ziemlich sich gleich bleibendem Sauerstoffgehalt, infolge einer Oxydationshemmung, indem durch schádigende Einwirkung auf die Zellen die Stoffwechsel- produkte, der weiteren Zersetzung entzogen, alkalientziehend aufs Blut einwirken, womitimmer eıne Verminderung der Blutkohlensäure verbunden ist. (H. Meyer und Fr. Wiırrıams 1880), und nicht lange nachher stellten Versuche fest, dass durch Ipecacuanhapräparate Blutkörperchen aufgelöst werden (R. FARQUHARSON 1883, 1889); desgleichen eine Reihe von Versuchen, angestellt an Katzen-, Kaninchen-, Ochsen-, Hammel- und Taubenblut, dass salzsaure Cephaélinlésungen schwach, salzsaure Emetin- lösungen noch schwächer hämolytisch, dagegen weder salzsaure Emetin-, noch salzsaure Cephaélinlésungen umwandelnd auf Hämoglobin einwirken (Lown). |

DD) Kreislauf.

Frequenzabnahme des Herzschlages durch Emetin fand PÉcHOLIER (1862). Grôssere Gaben Emetin, subkutan oder intravenôs gegeben, tôteten durch Herzparalyse, und es sank der Blutdruck, durch kleine Dosen wenig alteriert, erst kurz vor dem Tode rasch ab (Dyce Dycxwortn). Emetin- injektionen bewirkten Verminderung des arteriellen Druckes durch Herz- paralyse und anfangs Beschleunigung, dann Verlangsamung der Herz- bewegung erstere wahrscheinlich durch Paralysen der zum Herzen gehórigen Hemmungsfasern des N. vagus, letztere durch Herzparalyse (Fouckrop 1878). Das Froschherz wurde durch Emetin gelähmt : die Ventrikelkontraktionen wurden mehr peristaltisch, alsbald traten Unregel- mässigkeiten in der Schlagfolge ein, schliesslich blieb das ganze Herz in

356 PAUL ZEPF

einem ausgesprochen paralytisch-diastolischen Stillstand stehen, der weder durch mechanische Reize noch durch Atropin bescitigt werden konnte. Dabei blieb unentschieden, ob die Herzlähmung durch Einwirkung auf die Ganglien oder die Muskulatur des Herzens zustande kam. Katzen wurden bei den Versuchen rasch schwach und fielen um; unter denselben Erscheinungen, nur noch vicl rapider, verendeten Katzen, selbst bei viel kleineren Gaben, nach intravenöser statt subkutaner Vergiftung (Popwys- soTzkı 1879). Versuche mit den beiden Alkaloiden, angestellt bel F’roschherzen, teils am Wırriaus’schen Durchströmungsapparat, teils an gefensterten I’röschen, ergaben für Emetin : bei Zusatz von Emetin zum Blute sank bei einer gewissen Konzentration die Schlagfolge bis zum völligen Stillstand des Herzens, zunächst sticg aber die vom Herzen geförderte Blutmenge durch Zunahme des Schlagvolumens, ähnlich wie bei der Digitaliswirkung; ausserdem zeigten sich Unregelmissigkeiten in der Schlagfolge. Bei weiterem Fortgang der Vergiftung nahm die Frequenz der Kontraktionen stärker ab als die Intensität derselben; schliesslich wurden die Schläge immer unregelmässiger, die Kontraktionen mehr peristaltisch, bisweilen folgten auf eine Ventrikelkontraktion mehrere Vorhofskontraktionen, bis endlich die Ventrikelkontraktionen ganz auf- hörten. Atropin hob die Wirkung nicht auf. Es musste also Eimetin unter allen Umständen als lIerzgift gelten mit gleichzeitig lähmender Wirkung auf die Muskulatur und die excitomotorischen Nerven des llerzens. Versuche derselben Art ergaben für Cephaëlin : die bis zum Eintritt der Wirkung erforderliche Dosis war grösser; bei einer Dosis, die 2 !/2 mal so gross war als bei Emetin sank die Intensität der Kontraktionen, während die Frequenz nur wenig sich veränderte. Bei längerer Einwirkung wurden die Kontraktionen immer oberfliichlicher und das Schlagvolumen schliesslich = 0 bei nicht allzu geringer Frequenz der Herzschliige. Das Herz erholte sich nicht so leicht wie nach der Einwirkung von Emetin, wenn das vergiftete Blut durch reines ersetzt wurde. Atropin veriinderte ebenfalls nichts an dem Zustand des Iferzens. Das freigelegte Herz wurde aber schliesslich durch Cephaëlin ähnlich becinflusst wie durch Emetin : unregelmässige Schlagfolge und bedeutende Herabsetzung der Schlag- frequenz; doch setzte die Wirkung nicht so schnell ein und war weniger intensiv. Durch Vergiftung mit Emetin sowohl als mit Cephaëlin gingen Tiere wie Kaninchen, Igel, Meerschweinchen, Tauben und Hunde an Herzparalyse zuGrunde. Die absolut tötliche Dosis war für beide Alkaloide

nicht wesentlich verschieden (l.owın).

WIRKUNG VON CEPHAELIN UND EMITIN AUF DEN MENSCHEN 357

EE) Respirationstraktus.

Eine Abnahme der Atemfrequenz sah PECHOLIER (1862); desgleichen auch noch nach Vagusdurchschneidung FouLkrop (1878). Lungenaffek- tionen konnten nach Emetinvergiftungen zwar nicht, wohl aber nach Cephatlinvergiftung in zwei Fällen (bestehend in Blutextravasaten)

gefunden werden (Lowin). .

FF) Nervensystem.

Depression des zentralen Nervensystems bis zu Kollaps und Paralvse der sensitiven Nerven sah PECHOLIER (1862). Lokal appliziert machte Emetin allmählich Funktionsverlust der Nerven und war nach längerer Einwirkung des Mittels keine Rückkehr in den normalen Zustand mehr möglich. Bei direkter Einwirkung auf Gehirn und Rückenmarck zeigte sich keine Wirkung. Dagegen erzeugten Emetininjektionen durch Wirkung

auf das Gehirn Schlaf und Coma (FouLkrop 1878).

GG) Nervenmuskelsystem.

Nach seinen Versuchen mit Emetin konstaticrte diminution de la motricité nerveuse et de la contractilité musculaire sowie nach bereits voll- kommener Reflexlihmung das Vorhandensein von noch schwachen Muskelzuckungen PÉCHOLIER (1862). Das Gesctz, dass alle Substanzen mit einer spezifisch emetischen Wirkung in naher Bezichung zu den quer- gestreiften Muskelfasern dadurch stehen, dass sie die Erregbarkeit derselben vernichten, fand ausser bei zahlreichen anderen organischen Giften auch durch einige Versuche mit Emetin bestätigt ITaArnack (1869) ; ebenso fand nach Emetin die Muskelerregbarkeit herabgesetzt und eine eigentümliche Verlängerung der Zuckungskurve des Froschmuskels WEYLAND (1869). Für die nach Emetinvergiftung entstehenden Konvul- sionen und die Aufhebung der Reflextätigkeit wurde der spinale Ursprung festgestellt; ferner ein Intaktbleiben der willkürlichen Muskeln, wenn auch deren Kontraktilität durch direkte Berührung mit der Alkaloidlösung vernichtet ward. Eine Wirkung auf die Pupillen fehlte (Tovı.Krop 1878).

Iın Laufe von !’s—ı !/» Stunden entstand bei Fröschen cine allgemeine Paralyse ohne irgend welche Reizerscheinungen, bestehend in Abnahme der willkürlichen Bewegungen bis zum schliesslichen Verschwinden der- selben, auch trotz der intensivsten äusseren Reize; dassclbe Bild trat bei Reflexfröschen auf, ein Beweis, dass die Lähmung das Rückenmark betraf. Myogramme von Emetinmuskeln in verschiedenen Stadien der Gift-

wirkung wichen durchaus nicht vom normalen Zuckungsverlauf ab

358 PAUL ZEPF

(Popwyssorzki). Letzteres Resultat stellte die muskellähmende Wirkung des Emetin in Frage und drohte das oben angeführte Gesetz umzustossen, bis durch eine Reihe von Versuchen mit Emetin PopwyssoTzZkK1I und (von Merck) unter geeigneten Versuchsanordnungen sicher gestellt wurde, dass zwar kleine Dosen keine Muskelwirkung besitzen, grosse Dosen aber die Muskelkurve schädigen, und zwar in der Weise des Bleis (KoBERT 1882). An Rana esculenta gemachte Versuche zeigten, dass die Wirkung des Cephaélin von der des Emetin nur ganz unbedeutend abweicht. Die periphere Einwirkung verschieden konzentrierter Lösungen auf isolierte Froschnervenmuskelpräparate war für Emetin und Cephaelin weder auf Nervenmuskelpräparate noch auf motorische Nerven allein eine erhebliche (Lowin).

HH) Temperatur-

abnahme in der Mundhöhle und im Ohr bei gleichzeitiger geringer Steigerung in recto infolge von Hyperämie fand PÉcHoLIER (1862).

11) Ausscheidung.

Die Angabe, dass Emetin unverändert durch die Nieren und die Magendarmschleimhaut abgeschieden werde (FouLkrop 1878), wurde in Frage gestellt durch zahlreiche Versuche, bei denen niemals weder im Erbrochenen noch im Darminhalt, selbst nicht einmal im Harn Emetin nachgewiesen werden konnte (PopwyssoTzkı 1879). Ebenso konnte keines der beiden Alkaloide im Harn von Warmbliitern mit Bestimmtheit nach- gewiesen werden von Lowin, dem es ebensowenig wie seinen Vorgängern gelang, mit absoluter Sicherheit überhaupt einen Weg nachzuweisen, auf welchem die Alkaloide aus dem Organismus ausgeschieden werden, da eine einwandsfreie Bestimmungsmethode der beiden Alkaloide noch nicht existiert. Auf eine Ausscheidung durch die Nieren weist allerdings die Tatsache hin, dass, gleichviel, wie Emetin gegeben worden war, das Mittel Albuminurie verursachte auch war die Leber zuckerhaltig (FouLkroD 1878).

Ebenso fand bei seinen Versuchen an Kaninchen, Igeln, Meer- schweinchen, Tauben und Hunden die Nieren von beiden Alkaloiden, stärker allerdings von Cephaßlin als von Emetin angegriffen Lowın.

Kk) Vergleich zwischen der Wirkung von Emetin und Cephaëlin.

Beide Substanzen (als salzsaure Salze) zeigten qualitativ im wesent- lichen die gleiche Wirkung : beide waren in hohem Grade emetisch,

WIRKUNG VON CEPHAÉLIN UND EMITIN AUF DEN MENSCHEN 359

quantitativ aber das Emetin nur 1/2 mal so emetisch als Cephaélin, dessen nausea doppelt so gross war, als die von Emetin (WiLp, 1895).

Salzsaure Emetinlösungen wirkten schwächer hämolytisch als salzsaure Cephaëlinlôsungen. Am freigelegten Froschherz setzte die Wirkung bei Cephaélin nicht so schnell ein und war weniger intensiv. Bei Durch- strömungsversuchen wirkte das Emetin schon in 2 !/; mal schwächerer Konzentration. Bei Emetin sinkt die Schlagfolge bis zum völligen Stillstand des Herzens gradatim entsprechend der Ganglienlähmung; aber es steigt zunächst die geförderte Blutmenge infolge von Zunahme des Pulsvolumens (wie bei Digitaliswirkung). Bei Cephaälin wird die Schlagfrequenz wenig alteriert, dagegen sinkt von Anfang an die Intensität der Kontraktionen, bis das Pulsvolumen zuletzt = o wird. Bei Erneuerung des Blutes erholt sich das Herz leichter nach Emetin- als nach Cephaëlinvergiftung. In den Konjunktivalsack gebracht setzt Cepha&lin eine intensivere Reizung als Emetin. Beide Gifte töteten durch Herzparalyse; die tötliche Gabe wurde fiir Emetin auf 0,057 gr., fiir Cephaélin auf 0,032 gr pro Kilogramm des Versuchstieres berechnet. Beide Substanzen bewirkten fast gleich: Verände- rungen der inneren Organe; nur waren die durch Cephaélin hervor- gerufenen intensiver. Lungenaffektionen wurden nach Emetinvergiftung nicht beobachtet, dagegen konnten bei Cephaßlin-vergifteten Tieren 2 mal Lungenblutextravasate nachgewiesen werden. Auch die Nieren wurden von Cephaëlin mehr angegriffen, während die Entzündung des Digestions- traktus keine nennenswerten Unterschiede zeigte. Cepha&lin wirkte emetisch bedeutend stärker, so dass dieser Unterschied sogar bei Ver- wendung der Extrakte der. Emetin-reicheren Rioipecacuanha beziehungs- weise der Cephaëlin-reicheren Carthagenaipecacuanha ganz deutlich war (Lowix).

Durch diese zahlreichen und eingehenden, wenn schon in manchen Punkten sich widersprechenden Tierversuche war nun wenigstens ein fester Boden geschaffen fiir weitere Versuche am Krankenbette und etwaigen solchen eine sichere Richtung, nach welcher hin dieselben sich zu bewegen hatten, gegeben worden. Von den pharmakologischen beziehungsweise therapeutischen Wirkungen der Ipecacuanhapräparate auf Menschen seien nun im Nachstehenden alle, soweit dieselben als einigermassen richtig und plausibel sich bis in unsere Zeit herein An- erkennung und Geltung bewahrt haben, angeführt, in derselben Uebersicht wie die Tierexperimente.

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B) Das UNS HIER INTERESSIERENDE VON DEN BISHERIGEN VERSUCHEN AN MENSCHEN.

AA) Applicationsstelle.

Nach Binz wirkt das wirksame Prinzip der Ipecacuanha reizend auf menschliche Gewcbe : sehen wir nach, in wie weit darüber Erfahrungen und Beobachtungen an den cinzelnen Organen vorliegen. Dass Ipe- cacuanha, in Form von Pulverstaub in dic Augen gelangt, daselbst reizend wirkt, ist cine vielfältig beobachtete Thatsache. THAMHAYN sah sogar dabei eine Neuralgie mit vorübergehendem Aufgehobensein des Sehvermögens sich entwickeln. Bei den Apothekern ist diese Reizwirkung so gefürchtet, dass sich dieselben bei intensiverer Bechäftigung mit Ipe- cacuanhastaub das ganze Gesicht davor schützen; denn auch die äussere Haut wird durch stärkere Einwirkung von Ipecacuanha stark gereizt : Salben aus Ipecacuanhapulver, wiederholt auf dieselbe Hautstelle appli- ziert, bewirken zunächst Erythem, und schliesslich kleine, in Gruppen gestellte, stark brennende und juckende Pusteln mit einem grossen, roten Hofe, und zunächst keine Narbenbildung; nur bei sehr starker und langdauernder Anwendung wird auch die Lederhaut geschwürig, wonach sich dann allerdings Narben bilden. Auch auf \Wundflächen und der Präputialschleimhaut wurde starke Irritation beobachtet. Emetin verur- sachte auf der Mund- und Zungenschleimhaut heftig brennende Empfindung sowie vermehrte Sekretion der Mund- und Speicheldrüsen, ın den fauces aber lästige Beschwerden, wie Würgen etc. Ueber die reizende

Wirkung auf andere Organe siche das Weitere.

BB) Magendarmkanal,

Der von verschiedenen Beobachtern empfohlene Nutzen schr kleiner Dosen von Ipecacuanha bei darniederliegendem Appetit und Dyspepsie, bedingt durch Anregung der Sckretion der Schleimhaut sowie der Bewegungen des Magens, wird von vielen anderen schr bezweifelt, da sie im Gegenteil, besonders bei fortgesetztem Gebrauche Schwinden der Esslust, belegte Zunge, Druck und Unbehagen im Magen verbunden mit Angstgefühl, überhaupt Verdauungsstörungen eintreten sahen. Allgemein bekannt und anerkannt ist von Ipecacuanha beziehungsweise von Emetin deren brechenerregende Wirkung, welcher ein stark ausgesprochenes Stadium von Nausca mit dem geläufigen Symptomenkomplex vorausgehen soll. Aber schon darüber gehen die Ansichten auseinander, ob die Ipe- cacuanha ein wirklich sicheres und zuverlässiges Brechmittel ist. Während

die einen gerade diese Eigenschaft des Mittels rühmend hervorheben,

WIRKUNG VON CEPHAÉLIN UND EMETIN AUF DEN MENSCHEN 361

weisen die anderen, um die gegenteilige Behauptung zu stiitzen, auf die übliche Verordnung der Brechwurzel mit Brechweinstein zusammen hin, sowie auf die innerhalb weiter Grenzen gelegene emetische Quantität (0,1 2,0 gr.). Dass diese Unterschiede, wenigstens zu einem Teil, bedingt sind durch den verschiedenen Gehalt der Wurzel an den wirksamen Substanzen, wird schon dadurch wahrscheinlich, dass die für Emetin angegebene brechenerregende Dosis sich innerhalb engerer Grenzen hält (0,004— 0,01 gr.). Das Erbrechen selbst wird angegeben als leicht und ohne Würgen vor sich gehend, nur ı— 2 mal erfolgend, obschon manche auch von anhal- tendem Erbrechen berichten. Der Brechakt soll begleitet sein von ver- mehrter Sekretion des Pankreas, der Leber und des Duodenums, und das Abgesonderte gleichzeitig mit dem Mageninhalt hinausbefördert werden. Das Zustandekommen des Erbrechens erklärt man sich durch eine Reizung der Magenschleimhaut, sei es nun, dass die wirksamen reizenden Bestand- teile direkt auf die Schleimhaut appliziert, oder bei Verabreichung der Substanzen auf einem anderen Wege als per os auf der Schleimhaut wieder ausgeschieden werden. Die beim Brechakt überhaupt unerwünschten Nebenerscheinungen, wie Kollaps, Durchfälle und sonstige Verdauungs- störungen sollen weniger ausgesprochen sein als bei anderen Brechmitteln, weshalb Ipecacuanha von jeher bei Kindern, Greisen und anderen schwächlichen Individuen bevorzugt wurde. Dass die Wirkung auch danach verschieden sei, ob man eine einzige grössere Gabe oder aber wiederholte, zeitlich verteilte, kleinere Gaben reichte, wurde ebenfalls behauptet, indem im ersteren Falle sehr rasch und sicher Erbrechen erfolge, im letzteren aber das Erbrechen später eintrete, die Uebelkeit andauernder und die Absonderungen des Magens und der Leber stärker vermehrt seien, Unterschiede, welche zum Teil wohl selbstverständlich sind. Dass die wirksamen Bestandteile der Brechwurz ausser Erbrechen auch Darmentleerungen herbeizuführen vermögen, wird so ziemlich allerseits zugestanden; ebenso sind wohl die meisten darüber einig, dass Durchfall eher nach Emetin als nach Brechwurzel erfolge und erklären diesen Unterschied in der Wirkung durch den Gehalt der Droge an Ipecacuanhasäure, durch welche die abführende Wirkung des Emetin kompensiert werde. Genannte Wirkung auf den Darm sei stärker nach öfter wiederholten, kleineren Gaben, die ohne Erbrechen zu veranlassen, in den Darm gelangen, wie umgekehrt die peristaltische Wirkung auf den Darm um so mehr ausbleiben wird, je mehr von der wirksamen Substanz durch den Brechakt vorher entleert wurde. Neigung zu Obstipation soll nach wiederholter Anwendung der Ipecacuanha nicht

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XII. 26

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zuriickbleiben wie bei verschiedenen anderen Abfiúhrmitteln. Die abfiihrende Wirkung erklárt man sich ebenso wie das Erbrechen durch Reizung der Schleimhaut und reflektorisch auf der Bahn des Darm- beziehungsweise Magenvagus zustande kommend. Die sekretionsvermehrende Wirkung der Ipecacuanha auf die Darmschleimhaut, die allerdings mehr nach Analogie des Tierexperimentes als auf Grund von wirklichen Beobachtungen am Menschen angenommen wird, wurde angewandt bei darnieder- liegender Verdauung, sowie gegen die verschiedensten Folgesymptome von Verdauungsstórungen. Wir kommen zu der Wirkung, welcher die Ipecacuanha ¡hr Bekanntwerden in Europa und ihren Namen « Ruhr- wurzel » verdankt. Vielfachem Wechsel sind die Ansichten über diese antidysenterische Wirkung unterworfen gewesen. Während die Mehrzahl der Beobachter nur bei leichten Fällen in den späteren Stadien dem Mittel eine Wirkung zugestand, ist dasselbe in neuerer Zeit wieder auf das lebhafteste von verschiedenen Seiten empfohlen worden, und zwar für die chronischen Formen von Ruhr; besonders die Ruhr der Tropen soll günstig auf Ipecacuanha reagieren. Der therapeutische Nutzen bei Tropenruhr lässt sich in Wirklichkeit auch nicht leugnen; das zeigen die Resultate in Indien : in Madras war die Sterblichkeit der Dysenteriefälle gewöhnlich 71 °/o0; unter der Behandlung mit Ipecacuanha wurde sie auf 13 % reduziert und in Bengalen fiel sie von 80,2 %oo auf 28,8 %oo. Viel weniger, grossen Teils sogar garnicht durch die Ipecacuanhatherapie beeinflusst wird dagegen die einheimische Ruhr. Vielleicht, dass dieser Unterschied im Erfolg bedingt ist durch die verschiedene Aetiologie der Dysenterie : die Tropendysenterie wird meist durch Amöben, die ein- heimische gewöhnlich durch spezifische Bazillen verursacht. Von den Versuchen, die Heilerfolge der Ipecacuanha bei Ruhr experimentell auf- zuklären, sind die von Kimura die wichtigsten, da er allein mit chemisch reiner Ipecacuanhasáure arbeitete. Er zeigte, dass diese Säure auf die Bazillen der Dysenterie nicht wirkt. Eine Prüfung der Säure auf die Amöben der. Dysenterie steht leider noch aus. Nach HuseEmann ist die Ipecacuanhasäure die Ursache, warum nach Darreichung der Brechwurzel viel seltener Durchfälle eintreten als nach Emetin. In gewisser Analogie mit der Verabreichung bei Dysenterie gab man Ipecacuanha auch bei Cholera, und bei Typhus abdominalis, im Beginn gegeben, sollte das Mittel denselben coupieren, ilım einen gelinderen Verlauf geben und eine frühzeitige Krisis herbeiführen; in den ersten drei Tagen dieser Krankheit die vollkommensten Beweise seiner Wirksamkeit liefernd, sollte letztere um so mehr abnehmen, je später das Mittel gegeben. Auch Darmkatarrhe

WIRRUNG VON CEPHAÉLIN UND EMETIN AUF DEN MENSCHEN 363

verschiedenster Herkunft behandelte man mit Ipecacuanha : alles dies, inwieweit mit Recht, soll dahingestellt bleiben.

cc) Blut.

Ueber eine Einwirkung irgend welcher Art auf dasselbe existieren keinerlei Beobachtungen. Dagegen wurden unserem Mittel blutstillende Eigenschaften zugeschrieben, die allerdings vielfach bestritten wurden und bisher noch keine befriedigenden Erklarungsversuche fanden. Weniger spärlich sind die Angaben über die Einwirkung auf den

DD) Blutkreislauf.

Wenn auch seltener als bei anderen Brechmitteln, konnte doch oft genug auch nach Ipecacuanhamedikation Kollaps beobachtet werden. Es lag nahe, das Zustandekommen desselben nicht so fast als eine spezifische Wirkung des Mittels, denn vielmehr als eine Folge des Brechaktes anzusehen, bedingt durch Druck auf die Aorta infolge von Kontraktion des Zwerchfells. Es war daher überraschend, als TUuRNBULL überein- stimmend mit Naumann u. a. beobachtet haben wollte, dass bei Applikation von Ipecacuanhapulver auf die von Epidermis entblösste Haut die Puls- frequenz abnehme. An & gesunden Männern, welche alle 15 Minuten 0,6 gr. Ipecacuanhapulver nahmen, konstatierte ACKERMANN ein Schwanken der Pulsfrequenz mit vorwiegender Neigung zum Sinken bis zum Eintritt der Nausea, mit Eintreten der Nausea schnelle Zunahme der Frequenz bis zu bedeutender Höhe, um mit dem ersten oder zweiten Erbrechen den Höhe- und Wendepunkt zu erreichen; endlich, nach vollendetem Erbrechen abermaliges Absinken der Frequenz, welches bis zum Ende der nausea schnell, später allmählich erfolgte, so dass die Pulszahl zum Schluss der Beobachtung etwas niedriger war, als beim Beginn derselben. Dabei war der Puls durchgängig um so kleiner, je höher, um so voller, je tiefer seine Frequenz sich bewegte. Nächst der brechenerregenden und antidysen- terischen Wirkung der Ipecacuanha ist am meisten bekannt deren Einfluss auf den

EE\ Respirationstraklus.

Das Hauptkontingent zu Beobachtungen in dieser Beziehung stellten neben Kranken von jeher Pharmazeuten, die sich mit Verarbeiten der Wurzel zu befassen hatten und dabei deren Staub einatmeten. Die dabei entstehenden Symptome werden beinahe durchweg übereinstimmend angegeben als : Niesen, Schnupfen, Heiserkeit, Kitzeln und Hustenreiz

bis zum förmlichen Krampfhusten, Gefühl von Zusammenschnüren in den

364 Dau Biere

oberen Luftwegen, Beklemmung, Dyspno&, asthmatische Zustände, schwerstes Suffokationsgefühl. Dieser Zustand dauerte bald kürzer, bald länger (bis mehrere Tage), und besserte sich meistens unter reichlicher Expektoration. Von einigen Seiten wurde behauptet, dass es sich in diesen Zuständen um eine bis zu bronchitis capillaris cruposa vorgeschrittene Reizung und Entzündung der feineren Luftwege handle, da wiederholt weissen Würmern gleichende, den Abbruck der feineren bronchi dar- stellende Sputa, ebenfalls unter Nachlass der Erstickungserscheinungen ausgeworfen wurden. (Eigenbeobachtung von ROoBERTSon.) Neben- wirkungen auf die Digestions- und Kreislaufsorgane von der oben beschriebenen Art kamen auch bei dieser Aufnahme des Mittels in den Kórper vor. Der allgemein geltende Lehrsatz, dass Brechmittel in refracta dosi expektorierend wirken, zusammen mit dem oft beobachteten Zustande- kommen einer zum Teil recht starken Expektoration nach Einatmung von Ipecacuanhastaub fiihrte dazu, unser Mittel unter die Expektorantien des Arzneischatzes einzureihen. NorHNaGEL-RossgacH denken sich diese expektorierende Eigenschaft in einfachster Weise so, dass das innerlich angewandte Mittel durch Reizung der Schleimhaut der Lungenluftwege Husten errege und dadurch zum Aushusten anrege. Besonders wenn bei Katarrhen der Respirationsorgane die Schleimhaut trocken und mit záhem Sekret bedeckt ist, soll nach anderen durch Ipecacuanha eine Verfliissigung des Sekrets angeregt werden, infolgedessen die Spannung nachlassen, der Hustenreiz sich mildern, der Auswurf reichlicher und bequemer aufsteigen soll. Eine noch andere Erklärung der Wirksamkeit der Ipecacuanha bei Katarrhen der Respirationsorgane geht davon aus, dass das Mittel die Fähigkeit besitze, die peripheren sensiblen Nerven minder erregbar zu machen und dadurch die von der erkrankten Schleimhaut ausgehenden, reflektorisch eine Verschlimmerung der Entzündung setzenden Reize an Intensität und Zahl zu beschränken. Bei Keuchhusten stand die Brech- wurzel früher in dem Rufe eines Abortivmittels. Noch in neuester Zeit wurde Ipecacuanha angewandt zur Behandlung der Pneumonie nach der Methode von Dreyrus-Briısac, die darauf hinausläuft, die Lungen zu entlasten (decongestionner), um dieselben zu befähigen, der Infektion Herr zu werden. Perreau berichtet über systematisch derart « mit gutem Erfolg » behandelte Fälle. Besonders, wenn die Krankheit von Anfang an mit Ipecacuanha behandelt wurde, sah PERREAU « gute » Erfolge, wie Verminderung der Dyspno@ und des Schmerzes, Vermehrung und Erleichterung der Expektoration, Verschwinden der rubiginösen Farbe des Auswurfs, Sinken der Temperatur. Emetin eignete sich bei genannten

WIRKUNG VON CEPHAÉLIN UND EMETIN AUF DEN MENSCHEN 365

Versuchen besser als Cephaëlin. Kranke mit bemerkenswerten Defekten im Digestionstraktus und ausgesprochenen Herzfehlern waren für die Behandlung nicht geeignet. Wie viel von den günstigen Symptomen bei den genannten Untersuchungen als Wirkung der Ipecacuanhaalkaloide anzusehen ist, darüber lässt sich hier nicht aburteilen. Aber auch im günstigsten Falle sind die Erfolge teuer genug erkauft durch die schädi- genden Nebenwirkungen auf den Verdauungsapparat und besonders aufs Herz, von welch letzterem ja gerade bei der Pneumonie so viel, in vielen Fällen sogar alles abhängt. Die Respiration wurde bei den schon erwähnten Versuchen ACKERMANNS im allgemeinen zu derselben Zeit frequenter wie der Puls oder aber weniger frequent; sie stieg aber verhältnissmässig nie so hoch wie die Pulsfrequenz. Die Wirkung auf das

FF) Nervensystem,

soweit eine solche überhaupt beobachtet wurde, wird als eine herabstim- mende angegeben, sich äussernd in Gähnen, Schläfrigkeit, Beruhigung bei Krämpfezuständen verschiedener Art, und zwar soll die beruhigende Wirkung nur der Wurzel zukommen, nicht dem Emetin; besonders bei Krampfwehen findet Ipecacuanha ja heutzutage noch ziemlich verbreitete Anwendung in Form des bekannten pulvis Doweri (Ipecacuanhae opiatus). Allerdings berichtet STRUMPF von der Frau eines Apothekers, bei welcher das in ihrer Nähe vorgenommene Einschütten von Ipecacuanhapulver Zuckungen hervorrief, welche gegen acht Tage andauerten. Warum sollten dieselben aber nicht einfach hysterischer Natur gewesen sein können, eine Vermutung, die schon durch die lange Dauer der Krämpfe nahe gelegt wird! Die GG) Temperatur

verhält sich nach Ackermann bei Ipecacuanhagebrauch im wesentlichen ebenso, wie unter normalen Verhältnissen, während nach DumériL, LECOINTE und Demarguay nauseose Dosen ein geringes Sinken, Dosen von 1,8 Gramm der Wurzel aber ein Ansteigen der Kórperwirme um

1—2° bedingten. Von der

HH) Ausscheidung der Ipecacuanhaalkaloide und eine etwa damit verbundene Wirkung auf drüsige Organe ist nichts bekannt. Nur wurde von einigen eine Anregung der Hauttätigkeit und Schweissbildung hervorgehoben und darum die Ipecacuanha bei unkomplizierten Erkältungszuständen der verschiedensten

Art empfohlen und angewendet.

366 PAUL ZEPF

Dass wiederholt gerade auch bei Ipecacuanha Idiosynkrasie beobachtet werden konnte, sci nur kurz erwähnt.

Als Gegengifte bei einer ctwaigen Ipecacuanhavergiftung werden von STRUMPF angegeben gerbstoffhaltige Arzneien, indem Gerbsäuren mit Emetin unlösliche Verbindungen eingehen.

Eine Besprechung der Indikationen, welche sich aus den angeführten, bisherigen Beobachtungen an Menschen für die Anwendung der Ipe- cacuanha in der Praxis ergeben, in einem besonderen Kapitel unterblieb, weil das hierüber zu Erörternde grösstenteils im Vorhergehenden schon enthalten ist.

3. Eigene Beobachtungen an Menschen.

Die im Vorhergehenden zusammengestellten Beobachtungen und Erfahrungen über die Wirkungen der Brechwurzel und ihrer Bestandteile an Menschen sind im Laufe der Zeit mehr oder weniger gelegentlich und im einzelnen gewonnen, aufgezeichnet und auf die Weise gesammelt worden; systematische und methodische Untersuchungen an Menschen zum Zwecke einer genauen und sicheren Erkenntnis der Wirkungen existieren nur hinsichtlich der Wirksamkeit der Ipecacuanha beziehungs- weise der Ipecacuanhasäure bei Dysenterie, sowie der Einwirkung der Brechwurzel und deren alkaloidischen Substanzen auf Puls, Respiration und Temperatur in Form einer Dissertation von ACKERMANN (Rostock, 1856). Mit den einzelnen, von einander getrennten Alkaloiden, die erst 1894 rein dargestellt worden waren, machte meines Wissens solcherlei Versuche bisher nur PERREAU. Gerade diese Lücke möchte ich ausfüllen.

So sehr es nun im Interesse einer genaueren Dosierung und vielleicht überhaupt einer rationnelleren Medikation gelegen wäre, statt der Brechwurzel deren beide Alkaloide Cephaälin und Emetin, oder vielleicht nur eines derselben in die Praxis einzuführen, so steht diesem Wunsche doch hindernd im Wege einmal die leichte Zersetzlichkeit beider Alkaloide, sodann, wenigstens vorerst, deren hoher Preis(t), so dass die nachfolgenden Versuche, soweit dieselben überhaupt zu einem Resultate kommen, zunächst mehr theoretisches als praktisches Interesse bieten. Wenn ich dabei weit hinter dem zurückgeblieben bin, was sich überhaupt hätte erreichen lassen und ich selbst zuerst mir vorgenommen hatte, bitte ich das durch die ungünstigen äusseren Verhältnisse zu entschuldigen,

(1) Die beiden Alkaloide kosten bei MExck (hergestellt nach Dr PaurL)& ı Gramm: das Emetinum hydrochloric. 4,50 M., das Cephaclinum hydrochloric. 9,00 M.

WIRKUNG VON CEPHAELIN UND EMETIN AUF DEN MENSCHEN 367

nicht in letzter Linie auch durch das Krankenmaterial (Volkslungenheil- státte, nachher Provinzialirrenanstalt), welches sich ausserdem nur insoweit zu Versuchszwecken hergeben wollte, als keine subjektiv unangenehmen Wirkungen von den Mitteln bekannt waren. Bei sämtlichen, in der Heilstätte befindlichen Lungenkranken liess ich zunächst mehrere Wochen vor Beginn der Versuche stets genau die Tagesmenge des Auswurfs nach dem von jedem Patienten jederzeit mit sich zu führenden und einzig und allein zur vorläufigen Beseitigung des Auswurfs zu benützenden, von Io zu Io c.c. graduierten DETTwEILErR’'schen Taschenspuckfläschchen bestimmen und für jeden Tag auf dem Rande der Temperaturkarte eintragen. Nach Ablauf der genannten Zeit wurden diejenigen Temperatur- karten, auf welchen während der ganzen Zeit die Tagesmenge des Auswurfs als = o oder sich gleich bleibend angegeben war, gesammelt und von den Eigentümern der Karten nur diejenigen berücksichtigt, deren krankhafter Lungenbefund ein möglichst vorgeschrittener war, also dem Stadium II und III der bei uns gebräuchlichen Einteilung TurBans entsprach. Bei dieser Auslese leitete mich der Gedanke, dass, wenn überhaupt, so am ehesten bei längere Zeit vorher gänzlich fehlendem oder quantitativ sich konstant gebliebenem Auswurf und möglichst weit vorgeschrittener Erkrankung eine womöglich zahlenmässig nachweisbare expektorierende Wirkung der Alkaloide festzustellen sei. Hatte ich doch oft genug Gelegenheit gehabt, zu beobachten, wie unter solchen Verhält- nissen bei Behandlung mit Neutuberkulin Koch Auswurf überhaupt erst zustande kam, oder die bisherige Menge desselben beträchtlich vermehrt wurde, so schon bei Patienten mit verhältnismässig geringem bis kaum nachweisbarem Lungenkatarrh, besonders aber bei Leuten mit weiter vorgeschrittener Erkrankung. Letztere Beobachtung machte ich auch bei einzelnen Kranken, welche vor (gegen meine Absicht) oder nach den bei denselben mit den Ipecacuanhaalkaloiden angestellten Versuchen mit Neutuberkulin Koch behandelt wurden. Dass die mit Cepha&@lin und Emetin behandelten Patienten gleichzeitig anderweitig medikamentös nicht behandelt, beziehungsweise entgegen meiner Absicht doch medika- mentös behandelte von den Versuchen ausgeschlossen wurden, ist selbst- verständlich. Unter den nach Massgabe des Auswurfs und des Lungen- befundes ausgesuchten Leuten berücksichtigte ich endlich nur solche, von deren Intelligenz und Willfährigkeit für die Versuchsresultate und deren Zuverlässigkeit am meisten zu erhoffen war. Den nach diesen Gesichts- punkten ausgesuchten Kranken teilte ich sodann mit, dass ich beabsichtige, an ihnen Versuche anzustellen mit den beiden chemisch reinen, wirksamen

308 PauL ZEPF

Bestandteilen eines Arzneimittels, welches heute noch in der Mehrzahl der Fälle verordnet werde, bei denen es darauf ankomme, auf Husten und Auswurf einzuwirken; dass ich auf niemanden irgend welchen Zwang oder Druck ausübe, sondern es gänzlich dem freien Willen eines jeden überlasse, an den Versuchen sich zu beteiligen oder nicht; dass aber im Falle der Beteiligung alles darauf ankomme, genau auf alle, wenn scheinbar auch noch so gering- fügigen Veränderungen am eigenen Körper und im Befinden zu achten und sich in den Aussagen und der Berichterstattung darüber ja nicht gegenseitig beeinflussen zu lassen.

A) VERSUCHE MIT EINGABE voN EMETIN.

Es ergab sich schliesslich die Zahl von 18 Versuchspatienten, die zunächst jeden Tag 3 mal, morgens, mittags und abends antreten mussten, damit ich jedesmal jedem derselben eigenhändig aus ein und demselben Tropfglas von ein und derselben wässerigen 1 °/-igen, frisch bereiteten Emetinlösung eine von Dosis zu Dosis gewöhnlich um ı Tropfen solange, bis zu unangenehme subjektive Empfindungen eintraten, steigende Anzahl von Tropfen in 15 bis 20 c.c. Wasser verabreichen konnte. Bei diesem Vorgehen hatte ich die sicherste Garantie, nicht nur, dass die Tropfen auch wirklich eingenommen wurden, sondern auch dass die Dosierung eine möglichst korrekte und gleichmässige war; ausserdem befanden sich bei diesem Massenverfahren alle Patienten möglichst unter denselben äusseren Verhältnissen (der Witterung etc.). Vor jeder folgenden Verabreichung der Tropfen wurde jeder Kranke allein über die etwa an sich verspürten und überhaupt in Frage kommenden Wirkung examiniert, wobes aber durch möglichst weit gefassie Fragestellung ein etwasges « Hineinfragen » einer speziellen Wirkung vermieden wurde, und die Angabe in ein für jeden Patienten besonderes, für alle etwaigen Detailwirkungen rubriziertes Schema eingetragen. Die geringste als Einzeldosis gegebene Tropfenzahl(i) war 3, die höchste ıı, wie nachstehende Tabelle zeigt. Es wurden nämlich verabfolgt :

Im ganzen 2 mal je ıı Tropfen bei zus. 2 Pat. ohne Erfolg ı mal bei zus. ı Pat. » » » 8 » D » FS 7 > 3 » » »

» 7 10 » D » 3 » » > om wm o »

» » 9 » » 9 » » » » » 2») » » I

(1) Bei dem zu den Versuchen benutzten Tropfglas waren 10 c.c. destillierten Wassers = 125 Tropfen; daraus resultiert der Gehalt eines Tropfens einer 1 %/o Lósung als 1/120 Gramm oder 0,8 mgr. Emetin (bezichungsweise Cephaélin). Beide Alkaloide wurden in Form ihrer salzsauren Salze verwendet.

WIRKUNG VON CEPHAELIN UND EMETIN AUF DEN MENSCHEN 369

Im ganzen 11 mal je 7 Tropfen bei zus. 8 Pat. ohne Erfolg 4 mal bei zus. 4 Pat.

» ງ)

» »

» »

» »

16 » » 3 » D » 10 D D 4 » D 4 18 » ».4 » > » GQ» D D 1 D D » 28 » » 6 » D 314 D » » 3 » » » 3 » 50 » p 5 » > 718 D » D 17 D » IZ »

Sonach wurde eine Wirkung nur verspürt :

1 mal nach je 11 Tropfen von zus. 1 Pat. 3 » » » 8 » » » A mn

7 D » » 10 » » » 7 » » » 9 » » » 7 » » » » » »

12 D » 7 » » »

Oo O tn R Q

17 » » » D 7

25 » » D D II

33 » » »

na» we

» » » Ig »

112 mal von 17 Pat.

In diesen 112 Fallen wurden im ganzen 636 Tropfen abgegeben ; daraus resultiert als wirksame Durchschittstropfenzahl 5,678, entsprechend 4,5 mgr. Alkaloid. Letztere Zahl gibt einigermassen eine Anschauung davon, welche Dosis im Durchschnitt, beziehungsweise im einzelnen nötig war, um eine ganz deutliche Emetinwirkung zu bekommen bei tunlicher Vermeidung zu unangenehmer subjektiver Erscheinungen, wie Uebelkeit oder sogar Erbrechen, in welcher Absicht stets bei der Dosierung vorgegangen wurde. Nach der geringsten Einzelgabe von 3 Tropfen, gegeben mit Erfolg in ı2 Fällen bei zusammen 6 Patienten, wurde von letzteren angegeben :

o mal Kitzeln und Kratzen um Hals,

»

vw ພພ ພນ ຜແ nn aN

Druck in der Magengegend, Aufstossen,

Hustenrerz,

Uebelkeit (1 mal sich steigernd bis zu Brechreiz), Kopfschmerzen,

Brennen in der Mund- und Rachenhöhle, vermehrte Sekretion in der Mundhöhle, bessere Lösung des Auswurfs, Appetitlosigkeit,

Schnupfen.

Nach der hóchsten Einzeldosis von 11 Tropfen, gegeben je 1 mal bei 2 Kranken, verspiirte der eine von beiden gar keine Wirkung, der andere Brennen in Mund- und Rachenhöhle, Aufstossen, Kneifen im Leib, Appetitlosigkeit und Schnupfen.

370 PAuL ZEPF

Die der Frequenz nach häufigste, und in dieser Beziehung mittlere Tropfenanzahl zeigt sich schon bei flüchtiger Betrachtung obiger Tabellen als in der Nähe von 5 Tropfen, bei Berechnung der Durchschnitts- quantität aus sämtlichen wirksamen Dosen aber als 5,678, also zwischen 5 und 6 Tropfen gelegen. Um eventuell ein Bild von den Symptomen nach dieser mittleren Tropfenzahl zu erhalten, stellte ich die Erscheinungen zusamen, welche nach Verabreichung von 5 und 6 Tropfen auftraten. In den 78 Fällen dieser Art wurde 21 mal von zusammen ı2 Kranken keine Wirkung verspürt; in den übrigen Fällen wurde von zus. 15 Leuten angegeben :

35 mal Kopfschmerzen,

30 » Uebelkeit (in 10 Fällen bis zu Brechreiz sich steigernd),

24 » Aufstossen,

21 » Kitzeln und Kratzen im Hals,

21 » Schläfrigkeit und Müdigkeit bis Mattigkeit,

ı8 » vermehrte Sekretion in der Mundhöhle,

17 » Brennen in der Mund- und Rachenhöhle,

17 » Druck in der Magengegend,

15 » vermehrter Flustenreiz,

14 » leichtere Lösung des Auswurfs,

11 » Druck auf der Brust, Beklemmung, Kurzatmigkeit,

7 » Gefühl von Weichheit, Ziehen, Kneifen bis Schmerz im Abdomen,

6 » Schmerz in der Ileocökalgegend (von ein und demselben Kranken!)

5 » Erbrechen, 5 » Appetitlosigkeit, je 1 » Brennen im Magen, belegte Stimme, vermehrte Transpiration, Frieren.

Ueberhaupt verabreicht wurden zusammen 836 Tropfen in 147 Fällen, darunter 35 mal ohne Wirkung bei zusammen ı5 Patienten. In den übrigen Fällen wurden angegeben : zus. 55 mal von ı6 Kranken Uebelkeit, welche sich zusammen 17 mal bet

7 Kranken bis zu Brechneigung steigerte,

» 54 » » 10 ) Kopfschmerzen,

» 46 » 1 11 ` Aufstossen,

) 46 n » 13 » Kitzeln und Kratzen im Halse, » 34 » » 6 » vermehrter Hustenreiz,

» 33 » » 8 ) Brennen in Mund und Rachen,

WIRKUNG VON CEPHAÉLIN UND EMETIN AUF DEN MENSCHEN 371

zus. 33 mal von 7 Kranken vermehrte Sekretion in der Mundhóhle,

» 33 » » 10 ) Druck in der Magengegend, » 28 » » 6 » Schläfrigkeit, Müdigkeit bis Schlappheit, - ; 25 » » 8 ` Beschwerden im Abdomen wie Kneifen,

Kollern, Ziehen, Knurren, Gefühl von

Weichheit (darunter 6 mal von kranken

Schmerz in der Ileocökalgegend), zänn An Druck auf der Brust, Beklemmung bis Kurz-

atmigkeit,

» Ir » » 4 » Appetitlosigkeit, » 8 » » 6 Erbrechen, » 7 » 1 2 ) Schnupfen, » 5 » » 4 » Bessere Lösung des Auswurfs, » 5 » » 2 ) Stechen in der Brust, ) 2 1 » 2 n Aufregung, » 2 D » 2 » Frósteln, je 1 » Schwindel, Schwitzen.

Die vorgeführten Tabellen sagen grösstenteils von selbst das Nötige; nur noch einige wenige ergänzende Worte dazu! Ich bin mir wohl bewusst, dass das statistisch zusammengestellte Material zu gering ist, um weitergehende, sichere Schlüsse darauf aufbauen zu können. Auch könnte man es als Willkür bezeichnen, mit den von den Patienten gemachten Angaben, weil in manchen Fällen bei verschiedenen Leuten inhaltlich sich nicht deckend, zahlenmässig zu rechnen : demgegenüber wurde aber gänzlich vermieden, den Kranken für ıhre Empfindungen Bezeichnungen und Ausdrücke an die Hand zw geben, letztere vielmehr in dem Wortlaut zu Protokoll genommen, wie sie spontan von den Leuten geäussert wurden. Weniger zahlreich angegebene Symptome haben natürlich um so weniger Berechtigung, als Emetinwirkung gedeutet zu werden, in je weniger Fällen und bei je weniger Patienten sie auftraten, andererseits je häufiger bei Lungentuberkulose als Begleiterscheinungen oder auch sonst zufällig bei Gesunden sie sich finden, wenngleich. bei jedem einzelnen Verhör möglichst zu eruieren gesucht wurde, ob eine Empfindung nicht auch anderwie, denn als Emetinwirkung gedeutet werden konnte. Speziell wird man aus diesen Gründen die Häufigkeit der Angaben über Beklemmung, Stechen in der Brust, Frieren, etc. mit gutem Recht geringer ansetzen, beziehungs- weise zum Teil sogar den ursächlichen Zusammenhang mit Emetin bezweifeln dürfen, da ausserdem ein Teil der Angaben doch auf Suggestion beruhen könnte, entsprechend der den Leuten gemachten Mitteilung, dass

372 | PaAuL ZEPF

beide Mittel vielleicht Husten und Auswurf beeinflussen kônnten. In den nach Massgabe der Hôhe der Dosis gemachten Zusammenstellungen zeigen sich überall qualitativ im wesentlichen dieselben Symptome, wenn auch in dem Verhältnis der Häufigkeit der einzelnen zum Teil grosse Unterschiede ' bestehen, weniger bei ein und demselben Individuum, als hauptsächlich bei verschiedenen Versuchspersonen. Solch grosse Unterschiede, hauptsächlich bei verschiedenen Personen, sehen wir auch bezüglich der bis zu einer deutlichen Wirkung notwendigen Dosis : beispielsweise machten einmal 3 Tropfen Brechreiz, während ein ander Mal bei einem andern Kranken ıı Tropfen gänzlich wirkungslos blieben(t). Da kein Grund einzusehen ist, warum genannte Eigentümlichkeiten nur dem Emetin zukommen sollten, wird hierdurch schön illustriert, wie bei der Anwendung und Wirkung eines Arzneimittels, weniger bei derselben als hauptsächlich bei verschiedenen Personen in qualitativer Beziehung nicht allein die betreffende chemische Substanz, sondern auch die eigenartige Reaktion des betreffenden Organismus in Betracht kommt; in quantitativer Hinsicht liesse sich so vielleicht ein Teil der Unterschiede in der Wirkung von Arzneisubstanzen bei verschiedenen Personen durch eine weniger der stereotypen Zahl der allüblichen Dosis als dem betreffenden Individuum angepasste Dosierung beseitigen. Trotz der verschiedenen Reaktion auf Emetin seitens verschiedener Patienten wurde im folgenden wenigstens der Versuch gemacht, an Durchschnittszahlen zu eruieren, in welcher Reihenfolge mit Steigerung der Dosis die Symptome auftreten, welche wir im allgemeinen bereits als Emetineinwirkungen kennen gelernt haben. Es trat nämlich auf im Durchschnitt

nach 5,030 Tropfen bei 88 Fällen vermehrte Sekretion der Mundhöhle

» 5,058 » » 17 » Brechneigung

» 5,117 » » 84 » vermehrter Hustenreiz

» 5,222 » » 54 » Kopfschmerzen

» 5,369 » » 46 » Aufstossen

» 5,392 » » 28 » Müdigkeit

» 5,520 » » 25 » Beschwerden im Abdomen

» 5,636 » » SS » Uebelkeit |

» 5,695 » 46 » Kratzen im Hals

» 5,787 » » 88 » Brennen in Mund- und Rachenhohle » 5,848 » » 88 » —- Druck in der Magengegend

(1) Die Versuchspatienten waren beinahe durchgehends kräftige Männer in den besten Jahren, sodass die Verschiedenheit in der Wirkung durch eine verschiedene äussere Konstitution der Kranken nicht erklärt werden kann. Unter denjenigen, welche als etwas schwächlicher gebaut bezeichnet werden konnten, befanden sich sogar einige.

welche die höheren und höchsten Gaben ertrugen.

WIRKUNG VON CEPHABLIN UND EMITIN AUF DEN MENSCHEN 373

nach 5,909 Tropfen bei ıı Fällen Appetitlosigkeit

» 6,133 » » 15 » -— Druck auf der Brust, Beklemmung, Kurzatmigkeit » 6,500 » » 8 » Erbrechen.

Wie man sieht, sind die drei am háufigsten beobachteten Wirkungen solche, welche uns ausserordentlich kopfscheu machen mússen, den alten Schlendrian der internen Ipecacuanhaverabfolgung als Expektorans weiterfortzusetzen, denn wir müssen stets befürchten, Kopfschmerzen, Uebelkeit und Aufstossen mit in Kauf zu nehmen, wofern wir überhaupt expektorierende Wirkung bei dieser Applikationsart erzielen wollen.

Von den anderen Symptomen sei zunächst das Erbrechen besprochen, das bei 6 Kranken im ganzen 8 mal sich einstellte, nämlich 1 mal nach 5, A mal nach 6, 2 mal nach 7, 1 mal nach 9 Tropfen. Dasselbe erfolgte frühestens 10, spätestens 35—40, im Durchschnitt 24,6 Minuten nach Einnehmen der Tropfen. Ein Unterschied in dem Erbrechen bezüglich der Tageszeit war nicht zu bemerken. Die brechenerregende Dosis war im Vergleich zu den übrigen, bei denselben Kranken verabreichten grössten Gaben, welche kein Erbrechen verursachten, zweimal die höchste, einmal um ı Tropfen niedriger, in den übrigen Fällen ebenso gross. Das Erbrechen wurde ı mal als ganz plötzlich, 2 mal als leicht von statten gehend, die Dauer desselben 1 mal auf 5, 1 mal auf 6—7 (c. 6 Stôsse), ı mal auf ıo Minuten angegeben. Zwei Patienten berichteten über eine nachfolgende Uebelkeit, welche bei dem einem 1 '/2 Stunden, bei dem andern einen ganzen Abend angehalten haben soll.

Bezüglich der expektorierenden Wirkung haben sich die Erwartungen gar nicht erfüllt, die man vielleicht auf das Emetin hätte setzen können. Bei keinem Patienten trat überhaupt eine nennenswerte Vermehrung des Auswurfs ein; ın den vereinzelten Fällen, in welchen man zuerst geneigt sein konnte, eine geringfügige Vermehrung des Auswurfs als Emetinwirkung anzusehen, zeigte sich bei näherem Zuschen oder Befragen, dass eine solche mehr oder weniger oft auch vor oder nach den Versuchen ohne irgend welche nachweisbare Ursache stattgefunden hatte, so dass dieselbe auch bei den Versuchen als eine zufällige angesehen werden darf. Aechnliches gilt von einem Teil der Angaben über Hustenreiz. Wenn úberhaubt, so war bei der labilen Temperatur eines Phthisikers und den 2-stündlichen, wochenlang vor, während und nach den Versuchen angestellten Temperaturmessungen eine nachweisbare Becinflussung der Kürperwärme durch Emetin zu erwarten. Aber die in dieser Beziehung in Betracht kommenden Schwankungen um wenige Zehntel (CeLsius) waren nicht nur bei verschiedenen, sondern auch

bei denselben Kranken zu verschiedenen Zeiten sich gerade entgegen-

374 PauL ZEPF

gesetzt und konnten bei genauerer Betrachtung eines langeren Temperatur- verlaufs auch ausserhalb der Versuchszeit wiederholt nachgewiesen werden, ohne dass ein plausibler Grund dafür anzugeben gewesen wäre. Nicht einmal in den Fällen, in welchen es bis zu Erbrechen gekommen war, zeigte die Temperatur etwas Auffälliges und war ein etwaiger Kollaps, über den übrigens auch von niemand berichtet wurde, auch niemals in der Temperatur angedeutet. Zu Ende der Versuche wurden alle Patienten einer genauen Lungenuntersuchung unterzogen, im Vergleich zu dem zu Anfang der Versuche konstatierten Befunde mit negativem Resultat. Auch der am Schlusse der Emetinbehandlung sich ergebende Bazillenbefund in den Sputa hatte sich natürlich nicht verändert. Endlich wurde gegen Ende der Versuche der Urin von ı4 Patienten, welche vollständig oder beinahe bis zum Schlusse ausgeharrt hatten, auf Eiweiss und Zucker untersucht; während die Untersuchung auf Zucker ein negatives Resultat ergab, zeigte sich nach der Probe mit Essigsäure und Ferrocyankaliumlösung und mehrstündigen Stehen der Proben ein minimaler, aber doch wahrnehmbarer weisser Bodensatz, den ich, falls es sich nicht um das eingenommene Alkaloid gehandelt hat, nicht anders, denn als Albumen zu deuten wüsste; Cylinder liessen sich in den Sedimenten natürlich nicht nachweisen. Vermehrte Stuhlentleerungen infolge von Emetingebrauch konnten mit Sicherheit nicht

nachgewiesen werden.

B) VERSUCHE MIT EINGABE VON CEPHAELIN.

Ausgehend von der Behauptung Lowins : « Emetin ist ein gutes Expektorans, während Cephaölin als Brechmittel den Vorzug verdient », welche sich selbst wieder zum Teil auf die Versuchsresultate von WiLD und auch von PauL und CownLey stützt, hatte ich absichtlich zuerst mit Emetin Versuche angestellt, um wenigstens bei diesem, wegen seiner angeblich besseren expektorierenden Wirkung wichtigeren Mittel einiger- massen zu Resultaten gelangt zu sein, wenn der Widerwille der Patienten zahlreichere Versuche mit Cepha&lin unmöglich machen sollte, wie dies in Wirklichkeit auch der Fall war. Die Versuche mit Cephatlin sollten in ganz analoger Weise angestellt werden wie mit Emetin; es gelangten aber im ganzen nur 135 Tropfen in 42 Fällen bei zusammen ı2 Patienten zur Ausgabe, namlich:

7 mal je 5 Tropfen bei zusammen 7 Patienten, 8 » » 4 » ` ) 8 ` 13 » » 2 » ` » 10 »

14 1 » 3 )) )) » 11 )

WIRKUNG VON CEPHABLIN UND EMITIN AUF DEN MENSCHEN 375

Dabei wurde in 24 Fallen von insgesamt 10 Patienten keine Wirkung verspúrt, námlich : 5 mal nach je 3 Tropfen 6 » m » 2 » 6 » » 13 4 `

7 1 ) » 5 ` Es waren danach nur wirksam :

2 mal je 4 Tropfen bei zusammen 2 Patienten

7 1 32 » » ` 6 9 » » 3 ` » ` 7 Von Symptomen wurde angegeben : . g mal Kopfschmerzen von zusammen 4 Patienten 5 » Uebelkeit » ` A » » Aufstossen » » 3 » 3 » vermehrte Sekretion in der Mundhöhle von 1 Pat. 3 » Erbrechen von zusammen 3 Patienten 3 » Brechreiz » » 3 ) 3 » Müdigkeit ` » 3 ` 3 » belegte Stimme » » I ` 2 » Aufregung » » 2 D

Iert » Kitzeln und Kratzen im Halse, Gefühl einer besseren Lösung des Auswurfs, Schnupfen, Schwindel.

Erbrechen stellte sich je einmal nach #/4, 1, bezw. 1 '/z Stunden ein und wurde 2 mal als plötzlich, je einmal als leicht, mit Schwindel, bezw. ohne vorangehende Uebelkeit vor sich gehend angegeben. Da, wie oben schon erwähnt. die meisten Ansichten dahin gehen, dass Durchfälle eher nach Verabreichung von Emetin als von Brechwurzel zustande kommen, bei meinen Versuchen mit dem reinen Emetin vermehrie Stuhlentleerung als Emetin_ wirkung aber nicht konstatiert werden konnte, lag von vorneherein die Vermutung nahe, dass genannte Wirkung dem Cephaälin zuzuschreiben sei, da eigentlich alle Angaben über Durchfälle nach Emetin von Autoren stammen, welche mit « Emetin » operiert hatten, von dem das Cephaßlin noch nicht getrennt war. Aber auch das Cephaölin brachte bei meinen Versuchen die vermutete Wirkung auf den Darm nachweisbar nicht hervor. Desgleichen wurde durch Cephaélin die Körperwärme in nachweisbarem Masse nicht beeinflusst. Bezüglich des weiterhin über Cephaëlin noch zu Sagenden verweise ich auf die Angaben bezüglich der Emetinversuche.

Von den angeführten Massenversuchen abgesehen möchte ich die

376 PauL Zepr

Anwendung unserer Alkaloide in 2 einzelnen Fällen nicht ganz übergehen, von denen der eine eine langwierige, gleichmässig verlaufende Hämoptoe betraf, der andere einen jungen Mann, dessen Zustand wir nach anfänglicher Fehldiagnose bald als eine mit Gangrän der linken hinteren unteren Partien komplizierte Tuberkulose der Lungen erkannten. Derselbe bekam von der ı prozentigen Emetinlösung 3 mal täglich eine von Tag zu Tag um ı Tropfen steigende Tropfenanzahl; die Anfangsdosis war 5 Tropfen. Am morgen des 5 Versuchstages hatte der Patient, um die am vorhergehenden Abend aus Versehen nicht zu sich genommene Anzahl von 8 Tropfen nachzuholen, au/ einmal 17 Tropfen genommen. Die Folgen blieben nicht aus : bald nach dem Einnehmen stellte sich Nausea, Wärmegefühl in den oberen Verdauungswegen, Kopfschmerzen, !/z Stunde nach der Aufnahme Erbrechen ein, das ganz schnell und ohne Beschwerden vor sich ging und kein Unbehagen im Gefolge hatte. Bei den vorhergegangenen niederen Dosen war wiederholt Brennen in Mund- und Rachenhöhle, Trockenheit im Halse und vermehrte Speichelsekretion angegeben worden. Die schon erwähnte Hämoftoö schien ihres gleichmässigen Verlaufs wegen nicht nur zu einer Beobachtung über die blutstillende Wirkung beider Alkaloide, sondern auch zu einem Vergleich zwischen beiden in dieser Beziehung geeignet. Da eine länger dauernde Hämopto& für Laien (den Kranken selbst in erster Linie sowie seine Umgebung) immer ernster aussieht, als sie in Wirklichheit ist, unterliess ich dem Patienten gegenüber die Mitteilung, dass es sich um Versuche handle. Gerade darum hielt ich den Fall für bemerkenswert, weil er zeigt, welch grosse Rolle bei einem Arzneimittel die Suggestion spielt : infolge der an je einer Reihe von Tagen erfolgten Verabreichung von Emetin bezw. Cephaélin verspürte der Kranke nämlich nicht nur eine bedeutende Verminderung des Husten- reizes, auch die vorher bestehenden, in obiger Tabelle so häufig als Alkaloidwirkung angegebenen Kopfschmerzen verschwanden und die Menge des ausgehusteten Blutes verminderte sich bedeutend nach Angabe des Kranken, obgleich die objektive Messung von letzterem nichts. nachweisen konnte. Nach der Dosis von 5 Tropfen einer ı prazentigen Cephaélinlésung trat einmal ı Stunde nach der Darreichung Erbrechen ein, das leicht vor sich ging und kein Unbehagen im Gefolge hatte.

Schon der Umstand, dass man bei der Verabreichung einer sonst einigermassen wirksamen Dose beider Alkaloide nie vor dem Eintritt des Brechaktes gesichert ist, der eine etwa schon zum Stehen tendierende Blutung wieder neu anfachen kann, Aontraindiziert die beiden Mittel als blutstillende, selbst wenn sie an sich diese Eigenschaften hätten.

WIRKUNG VON CEPHAÉLIN UND EMETIN AUF DEN MENSCHEN 377

C) VERSUCHE MIT SUPPOSITORIEN BEIDER ÄLKALOIDE.

Hauptsächlich wegen des Widerspruchs meiner angeführten Versuchs- resultate mit den Angaben früherer Autoren, dass unsere Alkaloide innerlich gegeben abführend wirken, liess ich beide noch in Form von Suppositorien bei einer Anzahl von mit einfacher Obstipation behafteten Geisteskranken anwenden, um zu sehen, ob vielleicht bei dieser Anwendungsweise Stuhlentleerungen auftreten, daneben die stille Hoffnung hegend, auf diese Weise vielleicht noch zu anderweitigen neuen Gesichtspunkten zu gelangen. Da auf subjektive Angaben von Geisteskranken im allgemeinen so gut wie nichts zu geben ist, legte ich nur Wert auf genaueste Beobachtung objektiv nachweisbarer Wirkungen, welche durch ein sehr erfahrenes und zuverlässiges Pflegepersonal hinlänglich garantiert war; ausserdem wurden zu den Versuchen nur Kranke gewählt, die, unter beständiger Aufsicht, von selbst die Neigung hatten, die Suppositorien bei sich zu behalten. Um in bequemster Weise jederzeit eine beliebig hohe Dose applizieren lassen zu können, liess ich nach dem Vorbild eines Gewichtssatzes eine Menge Suppositorien a1, 2, 5, ro und 20 Milligramm beider Substanzen herstellen und zwar, um eine etwaige Fettwirkung auf den Darm möglichst auszuschalten, von dem hôchsten Einzelgesamt- gewicht von 1 Gramm. So wurde gegeben von Cephaélin :

5 mal 1 Milligramm A P

TOR UUN

» IO H

+ D D WH BR

» 15 »

bad >

20 ` ) 25 )) 30 » » 35 » » 40 »

N N N N

Fi =

45 » mit nachstehendem Erfolge : 13 mal, nämlich :

ı malnach ı Milligramm » 6 »

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XII. 27

378 PAUL ZEPF

1 mal nach 10 Milligramm

» 20 » 2 » » 25 » 2 » » 30 » 2 » 13 35 » 2 » » 40 » » 45 )

wurde durchschnittlich 4—7 Stunden nach Einführung der Suppositorien der Abgang einer geringen Menge einer fettigöligen Masse (die ver- flüssigte, aber nicht resorbierte Kokaobutter), 6 mal ausserdem noch von ganz wenig Kotmasse beobachtet. Bei den Gaben von 20 Milligramm aufwärts, nach denen, wie ein Vergleich beider vorstehenden Tabellen zeigt, stets genannter fettig-öliger Abgang stattfand, zeigte sich meistens ausserdem noch Drang zu Stuhlentleerung, ohne aber von Erfolg begleitet zu sein; denn nurin 2 Fällen traten überhaupteigentliche Stuhlentleerungen ein, das eine mal 3 !/s Stunden nach Applikation von ı, das andere mal 9 bezw. 13 !/s Stunden nach Applikation von ı5 Milligr. Cephaelin, wovon weder die erstere wegen der geringen, sonst unwirksamen Dose, noch die beiden letzteren wegen der zu langen Zeitdauer von der Applikation an bis zum Eintritt der Entleerungen als Cepha&linwirkung gedeutet werden können. Einmal wurde 18—19 Stunden nach Einführung von 35 Milligr. Cephaëlin Erbrechen beobachtet, das aber von der betreffenden Kranken selbst auf die kurz vorher zu reichlich aufgenommene Mittagsmahlzeit zurückgeführt wurde. Dass das Erbrechen nicht auf das Cephaélin zu schieben war, geht des weiteren daraus hervor, dass dieselbe Kranke später 40 Milligr. Cephadlin per rectum erhielt, ohne dass es zu Erbrechen oder auch nur zu Klagen über Uebelkeit gekommen wäre; eine andere, sonst leicht zu Erbrechen neigende Kranke bekam sogar die höchsten Gaben von 45 und 4o Milligr. Cephaélin, ebenfalls ohne dass sich Erbrechen oder Uebelkeit eingestellt hatten. Dagegen konnte bei derselben nach Anwen- dung der höchsten Gabe von 45 Milligr. an den ohne Hilfsmittel sichtbaren untersten Teilen der Mastdarmschleimhaut starke Rötung konstatiert werden. In demselben Falle sowie in 3 anderen nach Anwendung von 25, 35, bezw. Milligr. C. wurde von den betreffenden Kranken über Schmerzen im Leib und Darm geklagt.

In analoger Weise wie bei Cephaélin wurde in Form von Stuhl- zäpfchen verabreicht von Emetin :

1 mal 20 Milligramm 2 » 30 »

WIRKUNG VON CEPHAÉLIN UND EMETIN AUF DEN MENSCHEN 379

1 mal 35 Milligramm 4 » AN ` 1 ) 50 `

Dabei blieben vollstándig wirkungslos je einmal 20, 30, 35 und 45 Milligr.; etwas Stuhlgang trat ein :

ı mal ı2 Stunden später nach Einführung von 45 Milligramm

I » 11 » ` ` » » 50 `

1 ) 4!» ` ) ` » 45 ` befriedigende Stuhlentleerung :

1 mal 4—5 Stunden spáter nach Einführung von 30 Milligramm

I » 23/2 ` » » 45 )

Im vorletzten Falle wurde geklagt tiber starke Uebelkeit von derselben Kranken die nach 35 Milligr. Cephaélin erbrochen hatte (s. oben). Dieselbe Kranke bekam spáter noch nach einander 3o bezw. 45 Milligr. Emetin, ohne dass sich irgendwie Erbrechen oder auch nur Uebelkeit eingestellt hátte.

Nachträglich stellte ich mit Emetinsuppositorien noch folgende weiteren .Versuche an. Im ganzen wurden noch 13 weitere Versuche gemacht; davon blieben gänzlich erfolglos : | 2 Versuche à 5o Milligramm

2 » » 60 ` 2 ) ) 70 » I » » 90 »

Es trat auf : Stuhldrang mit Abgang einer etwa erbsengrossen Kotmasse : ı mal bei 80 Milligramm nach 4—5 Stunden; Abgang einer ölıg- fettigen Masse (s. ob.) :

1 ) 100 Milligramm nach 7 Stunden 1 3 » 130 » ) 16 1 » 150 » » 3, 5 und 12 Stunden

(Jedes einzelne Mal zeigte sich die genannte Masse mit etwas Blut vermischt.) Eigentliche Stuhlentleerung trat ein : 1 mal bei 60 Milligramm nach 1 Stunde » 70 ` » 12 Stunden I » » 130 ) ) 18 Bezüglich der 3 hôchsten Dosen wurde bei 100 Milligramm nach 3—4 Stunden, bei 130 und 150 Milligramm bald nach der Applikation teilweise sehr lange anhaltende Uebelkeit, bei der allerhöchsten Dosis von

380 PauL ZErF

150 Milligramm ausserdem Leibschmerzen angegeben. Der genannte Abgang von Blut, beobachtet ber 2 Kranken, welche frither dies Vorkommnis nie gezeigt hatten, verbot, weil doch höchstwahrscheinlich als Emelinwirkung aufzufassen, eine Weaterführung der Versuche mit solch hohen oder gar noch höheren Dosen von Emetin.

Zu sämmtlichen Suppositorienversuchen möchte ich noch bemerken, dass bei unseren Versuchspatienten die früher wiederholt notwendig gewordene Anwendung von Glycerin in Form von Mikroklystieren oder Stuhlzäpfchen vor Ablauf !/z Stunde, diejenige von Seifenwasserklystieren sofort bis spätestens innerhalb !/s Stunde, wenn überhaupt, wirksam zu sein pflegte. Wir kommen danach zu dem Ergebnis, dass die beiden Alkaloide weder vom Magen noch vom Mastdarm aus spezifisch abführend wirken, wie man das nach den früheren Ausführungen hätte erwarten können, wenngleich eine Reizung der Mastdarmschleimhaut wenigstens durch grössere Dosen mit gutem Rechte angenommen werden muss, woraus wir des weiteren ersehen, dass der Mastdarm nicht in derselhen Weise durch Entleerung, wie der Magen durch Erbrechen auf einen Reiz antwortet. Nebenbei sehen wir durch den erwähnten häufigen Abgang der Kakaobutter die bekannte Thatsache bestätigt, dass die Fettverdauung im rectum für Kakaofett so gut wie Null ist. Auffallend ist, welch hohe Gaben im Vergleich zur innerlichen Darreichung in Suppositorienform gegeben werden konnten, ohne Erbrechen zu verursachen. Wenn auch andere Medikamente wegen der schlechteren Resorption bei Darreichung in Supositorienform zwecks einer hinreichenden Wirkung in höherer Dose gegeben werden müssen, so ist der bei unsern Mittel vorliegende Unterschied in dieser Beziehung doch so gewaltig, dass die Ursache davon anders wo gesucht werden muss, und glaube ich, dass wir dieselbe mit grösster Wahrscheinlichkeit in der Art und Weise des Zustandekommens des Erbrechens durch die Alkaloide vermuten dürfen, in der Weise : Cephaélin und Emetin wirken beim Menschen nach innerlichen Darreichung brechenerregend hauptsächlich durch Reizung der Rachen- und Magenschleimhaut refleklorisch auf der Bahn des N. vagus, werden aber ba anders wohin als per os statifindender Applikation nicht wieder in geniigender Menge in den Hals oder Magen ausgeschieden, so dass die Brechwirkung ausbleibt.

Kurz noch einmal über die eigenen Versuche zurückblickend, will ich statt des vielen, was sich darüber noch sagen und weiter ausführen liesse, nur noch einiges Wenige hervorheben, was im Vorhergehenden noch nicht besonders betont worden ist :

t. Beide Mittel wirken qualitativ auf den Menschen im wesentlichen

WIRKUNG VON CEPHAÉLIN UND EMETIN AUF DEN MENSCHEN 381

ganz gleichartig, nur ¿st quantitativ die Wirkung des Cephaélins, wie dies beziiglich der kleinsten brechenerregenden Dosis am deutlichsten hervor- tritt, intensiver. Die Intensitát der Wirkung beider Mittel vergleichend genau zahlenmässig auszudrücken ist, beim Menschen wenigstens, kaum angängig.

2. Die Alkaloide wirken lokal appliziert reizend sowohl auf die obersten wie auf die untersten Teile der Verdauungswege.

3. Niemals wurde eine Verbesserung, wohl aber wiederholt eine Verschlechterung des Apßpeliis und überhaupt allerlei Beschwerden im Digestionstraktus nach innerlicher Darreichung beobachtet. Auch das Auftreten von Kopfschmerzen ist recht unangenehm.

4. Beide Alkaloide sind Brechmittel mit vorhergehender Nausea, haben aber vor der Darreichung der pulverisierten Wurzel gar keine Vorzüge.

5. Es ist kaum zu bezweifeln, dass die beiden Alkaloide bei innerlicher Verabreichung auf die oberen Luftwege eine Wirkung ausüben, die man entweder durch die Nausea, welche unsere Mittel unzweifelhaft bedingen, oder durch sogen. Nachbarwirkung, oder endlich durch Ausscheidung daselbst als eine lokal reizende sich zu denken hat. Wir würden sonach die Ipecacuanhaalkaloide als Expektorantien der Quillaja und Senega anzureihen haben. Jedoch ist die gedachte Wirkung und der entsprechende therapeutische Erfolg bei Aufnahme per os sehr gering, mindestens hat es keinen Sinn, Lungentuberkulose kritiklos und ohne Spezialindthation mit Ipecacuanha- Präparaten zu behandeln, wie dies vielfach geschehen ist. Voraussichtlich viel zweckmässiger wäre es, statt der bisher üblichen innerlichen Ipecacuanhamedikation nach Prof. KoBErT's Vorschlag durch Inhalieren oder Gurgeln nicht mit dem teueren Alkaloidlösungen, sondern mit den entsprechend zu verordnenden billigeren galenıschen Präparaten (Tinktur oder Fluidextrakt) eine expektorierende Wirkung herbeizuführen zu versuchen, einmal, weil von dieser Anwendungsform thera- peutisch mehr zu erwarten sein dürfte, sodann aber um so dieunerwünschten Nebenwirkungen bei besonders längere Zeit hindurch fortgesetzter Auf- nahme per os (Schädigung der Verdauungs-, Kreislaufs- und Exkretions- organe) möglichst zu vermeiden.

6. Die früher von vielen Klinikern vertretene Ansicht, dass Ipeca- cuanhapräparate (herabstimmend) das Zentralnervensystem beeinflussen, bestätigte sich durch unsere Versuche, soweit die bezüglichen Angaben der Kranken nicht zum Symptomenkomplex der Nausea zu rechnen sind.

7. Die schädigenden Wirkungen der innerlich eingebenen Alkaloide

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382 PauL ZErr >

auf das Herz exakt nachzuweisen hatte ich keme Apparate. Hier würden andere die Untersuchung fortzusetzen haben.

Zum Schlusse erübrigt nur noch, meinen wármsten Dank auszu- sprechen der Firma E. Merck in Darmstadt für die Gratisüberlassung von je5g beider Alkaloide, vor allem aber für die freundliche Ueberlassung des Themas meinem hochverehrten Lehrer,. Herrn Professor Dr KoBERT. Ausserdem danke ich hier noch Herrn Geh. Medizinalrat D! GERLACH, Direktor der Provinzialheilanstalt Münster i. W., für die bereitwillige Ueberlassung des zu den Suppositorienversuchen noch nötigen Kranken-

materials.

TRAVAIL DU LABORATOIRE DE THÉRAPEUTIQUE DE L'UNIVERSITÉ DE LIÈGE. (DIRECTEUR : Pror. F. HENRIJEAN.)

7 Recherches sur la formule leucocytaire dans l'ankylostomasie

or.

PAR

Le Dr CH. HONORÉ,

ancien élėve-assistant du Cours de Zoologie.

On sait depuis longtemps que le sang d’un individu atteint d’ankylosto- . masie présente de profondes modifications. Non seulement les globules rouges sont diminués de nombre, le taux de l'hémoglobine est abaissé, mais les globules blancs présentent aussi des changements quant á leur nombre total et surtout quant au rapport des diverses variétés.

Nous laisserons de côté tout ce qui concerne les globules rouges pour nous occuper exclusivement des modifications plus complexes dont les globules blancs sont le siège.

À l’âge aduite, et en dehors de tout état de maladie, la leucocytose totale, c’est-à-dire le nombre des leucocytes par millimètre cube, se maintient sensiblement constante.

De même la proportion entre les diverses variétés de leucocytes présente une grande stabilité, les variations physiologiques dues à la digestion, par exemple, ne dépassant pas des limites très étroites.

Les chiffres auxquels se rallient la majorité des auteurs sont :

Mononucléaires de diverses grandeurs 30 —32 0). Polynucléaires à granulations neutrophiles 65—66 0. ` ) » éosinophiles 1,5— 3 0/0. ) » ) basophiles 0,5 Fo,

Dans l'ankylostomasie, cet équilibre leucocytaire est rompu dans le sens d'une augmentation plus ou moins notable de la proportion des

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Thérapie, vol. XII. 28

384 Cu. IToxorÉ

polynucléaires éosinophiles. Ce fait a été depuis longtemps signalé, notamment par LEICHTENSTERN de Cologne.

Disons dès maintenant que l'ankylostomasie est loin d'être la seule affection dans laquelle se manifeste l'éosinophilie. Nous aurons à y revenir ultérieurement.

Quoi qu'il en soit, cette augmentation de la proportion des éosino- philes constituant un symptôme souvent mentionné dans l’anémie des mineurs, il nous a paru intéressant de rechercher si l'examen du sang pouvait être pratiquement utilisé pour le diagnostic de l'affection; et si, éventuellement, on pouvait arriver au diagnostic de guérison, plus impottant peut-être à certains points de vue

Grâce à l'obligeance du regretté Dr A. LamBorte, chef du service médical de la Société John Cockerill à Seraing et des autres médecins attachés à l'établissement, nous avons pu pratiquer des examens du sang chez des mineurs occupés aux Charbonnages Cockerill. Il s’agissait le plus souvent des hommes chez qui l'examen des selles avait révélé la présence du parasite, et qui venaient à l'hôpital privé de la Société pour se soumettre au traitement.

Voici quelle a été notre façon de procéder. Le sang est recueilli par piqûre au moven d'un vaccinostyle au niveau de la face dorsale de la dernière phalange du doigt, préalablement lavé à l'éther et séché. La première gouttelette est essuyée, les suivantes sont étalćes sur des porte- objets au moyen d’un autre porte-objet à bords rodés, et séchées par agitation rapide à l'air.

Le sang est ensuite fixé par l'une des méthodes habituelles : chaleur à 1109 dans une étuve à air chaud réglée à cette température; acide chromique a 1 %o; alcool-éther; sublimé et teinture d'iode, etc. Comme colorations : l'hématéine-éosine, le bleu de méthylène-éosine, et surtout le triacide d'Enrticn ct le bleu polychrome d'UxNa. Ces deux dernières colorations ont été utilisées régulièrement pour tous nos examens de sang.

La préparation est examinée avec un objectif à immersion (!/12 de Leitz). Pour établir la proportion des différentes variétés de leucocytes, on déplace la préparation par exemple de gauche a droite, au moyen de la platine à chariot. Arrivé au bout de la course, on déplace la préparation de haut en bas au moyen de l'autre pignon, d'une quantité exactement égale au diamètre du champ, opération très facile en prenant comme point de repère soit un leucocyte, soit une hématie. On déplace alors la préparation de droite à gauche, et ainsi de suite. On a parcouru de cette

façon toute la surface de la préparation sans rien omettre et sans repasser

RECHERCHES SUR LA FORMULE LEUCOCYTAIRE DANS L’ANKYLOSTOMASIE 385

deux fois au méme endroit. Chemin faisant, on dénombre les leucocytes des diverses variétés.

Nous désignerons dans nos tableaux sous le nom de mononucléaires tous les éléments appartenant à la série lÿmphogène : lymphocytes; petits, moyens et grands mononucléaires. Les leucocytes polynucléaires se distinguent en neutrophiles ou amphophiles; en éosinophiles, et poly- nucléaires à granulations basophiles (mastzellen). Ce sont les éléments normaux que l'on rencontre dans le sang circulant. Exceptionnellement on voit apparaître des éléments qui d'ordinaire restent cantonnés dans les organes hématopoïétiques : rate, moëlle osseuse, ganglions lymphatiques. C'est ici le cas : nous avons rencontré assez souvent des myélocytes . éosinophiles, qui sont les formes jeunes des polynucléaires éosinophiles ordinaires; parfois aussi des myélocytes neutrophiles ; très rarement, des hématies nucléées. Ces formes anormales sont trop peu nombreuses pour pouvoir entrer en ligne de compte dans le pourcentage des catégories de leucocytes. Aussi nous ne les avons pas fait figurer dans nos tableaux.

Il importe, quand on veut établir avec une certaine précision le pour- centage des diverses variétés de leucocytes, de compter un nombre assez élevé de cellules blanches. Certains auteurs français, faisant un examen clinique du sang dans des cas de maladies de la peau, se contentent de compter 200 à 300 globules blancs. Ces chiffres suffisent à donner une orientation générale, mais pour obtenir une proportion rigoureuse, on recommande d’en compter 1000 et plus.

Il va de soi que plus le total est élevé, plus on a de chance d’atténuer les inégalités de répartition des différentes espèces de leucocytes dans la préparation, et plus aussi la moyenne obtenue se rapprochera de la réalité. On comprend aussi que si les éléments dont on recherche spécialement le pourcentage se trouvent en proportion notable, 25 o/o par exemple, cette proportion de !h s’établira très vite, dès les premières centaines. Pas n’est besoin dans ces conditions de pousser l'opération beaucoup plus loin : le résultat déjà obtenu ne fait que se confirmer.

D'autre part une proportion établie sur un total d’un millier de leucocytes peut n'être pas absolument rigoureuse pour certains éléments rares, comme par exemple les mastzellen, ces derniers ne représentant que environ 1/2 °/, de la totalité des globules blancs.

Dans nos recherches, nous avons établi nos pourcentages en numérant un minimum de 600 leucocytes. Dans certains cas, nous avons compté 1000; 1200, 1500 et méme 2000 leucocytes. Nous pensons avoir obtenu de cette façon des chiffres très suffisamment précis en ce qui concerne les

386 Cu. Honoré

éosinophiles, les polynucléaires neutrophiles et les mononucléaires. Les chiffres exprimant le pourcentage des mastzellen n’ont peut-étre pas la méme rigueur, a raison méme de la rareté de ces éléments. D’ailleurs une détermination plus précise n’était d’aucune importance ici: les chiffres trouvés ont presque toujours été voisins de 1/2 °/o, qui est la moyenne normale.

Les résultats que nous avons obtenus se divisent d’eux-mémes en 3 catégories : chez certains mineurs, il n’y a eu qu’un seul examen du

sang; chez d’autres, deux; chez quelques uns, trois.

TABLEAU A (un seul examen du sang).

ka a S Dates Nom Age | Mono. | Mastz. | Polyn. | Eosin. M:P >

8 |24—2—03) F. C. 39 20,33 | 0,50 | 55,83 | 23,33] 1 : 2.7 15 O L.E.| 26 135,47 | 0,19 | 44.34 | 20,00] 1: 1,2 21 !31—3—03 H.A.| 27 13,54 | 0,46 |67,38 | 18,62] 1: 5

25 74703) P.J.| 22 124,28 | 0,57 | 53,43 | 21,72] 1 : 2,2

26 » B.S. 30 7,00 | 0,33 | 86,83 | 5,84 | ı : 12,3 27 » K... 4I 27,33 | 0,50 | 39,50 | 32,67 | 1 : 1,4

28 » VT. 48 | 18,192 | 0,77 |73,70| 6,61] 1: 3,58

29 » R.E.| 21 | 45,23| 1,23 | 45,39 | 8,15|1:1

32 » G. J. 35 127.18 | 0,47 | 62,35 | 10,00 | 1 : 2,3

50 » M.S.| 26 128,83 | 0,50 | 58,00 | 12,87 |1: 2

52 |19—5—03 D.E.| 33 125,00 | 0,50 | 54,00 | 20,50 | 1 : 2,4

58 9—6—03 D.C.| 27 32,50 | 0,50 | 60,50 | 7,00] 1 : 1,9

Si nous étudions les résultats consignés dans le tableau ci-dessus, nous constatons que toujours il y a augmentation de la proportion des eosinophiles, qui est normalement de 1,5 à 3 °%. Dans certains cas cette proportion est relativement peu dépassée : 5,84, 6,61, 7,00. Dans d’autres elle est considérablement plus élevée : 21,72, 23,33, 32,67.

A quoi tient cette différence dans la fagon dont le sang de différents individus se comporte vis-a-vis d’une méme cause: la présence des parasites au niveau de l'intestin? La première idée qui se présente à l'esprit est qu'il n'y a qu'une différence quantitative : un individu porteur d'un petit nombre de vers n'aura qu’une éosinophilie peu intense, UN individu hébergeant un grand nombre de parasites aura un pourcentage élevé d’éosinophiles.

La vérification de cette hypothése parait extrémement simple. Dans les conditions nous étions placé, elle nous a paru impossible. Sans vouloir aborder la délicate question du traitement, on peut dire qu'il

RECHERCHES SUR LA FORMULE LEUCOCYTAIRE DANS L’ANKYLOSTOMASIE 387

n'existe à l’heure actuelle aucun moyen de débarrasser à coup sûr les mineurs de tous leurs parasites. Tous les remèdes employés extrait éthéré de fougère mâle, chloroforme, association des deux, etc. amènent généralement l'expulsion d’un certain nombre d'ankylostomes. Mais les médecins qui ont l’occasion de soigner souvent l’ankylostomasie nos confrères de la Société Cockerill sont dans ce cas savent très bien que même après deux, trois et quatre cures, il est impossible d’être certain de la guérison. En totalisant donc le nombre de vers expulsés par un même malade après plusiçurs applications du traitement, on risquerait de n'avoir que des résultats douteux.

E |

$ Nom o/o ankyl. | $ Nom o/o ankyl. = d’éosin. o d'éosin. | |

Y. 7.

2| C. L. | 28,71 6 | 14| W. J. | 10,72 0 3) D. C. | 32,25 5 | 15 L. E. | 20,00 O 4| K. L. | 16,73 0 | 17| V.F. | 12,46

5| L.C. | 8,40 2 | 18 D.V.| 11,67 3 6| G. J | 25,22 8 |21) H.A.| 18,62 | 11 7, H.L.| 25,62 o ¡y22¡D.A.| 8,40 I s F.C.(23,333¡ 3 |23F.A.| 5,65] 1 9H. H.| 7,00 3.125, Pu fea, 72 6 10) M. J. | 30,03 5 E K. 32,67 8 11| ໂນ. H.} ro,00 | 10 = V.J.| 6,61 0 12| D.G. | 26,53 45 A D. E. | 20,50 3 13 D. M. 25,50 0 53, B. F. | 12,00 0

Un coup d'œil sur les chiffres précédents montre qu'il n’y a aucune espèce de corrélation entre le taux de l’éosinophilie et le nombre des parasites expulsés, ce qui ne peut surprendre quand on connait l’irrégula- rité et l’inconstance des anthelmintiques dans l’ankylostomasie. L'examen du sang a eu lieu le jour mème les mineurs ont absorbé le remède et les ankylostomes expulsés ont été recherchés avec soin dans les selles.

Une autre circonstance vient rendre encore plus difficile à résoudre la question de savoir si le taux de l’éosinophilie est fonction du nombre de parasites. La plupart des mineurs atteints d’ankylostomasie sont nous parlons de la Société Cockerill soignés dès les premiers symptômes de l'affection. À ce moment ils ne sont pas suffisamment affaiblis pour devoir suspendre tout travail. Aussi presque tous redescendent-ils dans la mine dès le lendemain ou le surlendemain du jour ils se sont soumis au traitement. Quelques semaines après, l'examen des selles pratiqué au laboratoire de la Société révèle la présence des œufs caractéristiques. De

388 Cu. Honore

nouveau soumis au traitement, ils expulsent encore quelques parasites. S'agit-il ici de parasites avant résisté une première fois au médicament, ou bien le mineur s'étant dans l'intervalle exposé à se réinfecter s'agit-il de vers introduits dans ses voies digestives depuis l'époque de la première cure? Nous avons eu l’occasion d'examiner le sang de certains mineurs qui, depuis un an ou deux, ont absorbé 10, 15 et même 20 fois le remède classique (extrait éthéré de fougère mâle et chloroforme) et qui à peu près chaque fois expulsent des ankvlostomes en plus ou moins grand nombre. On comprend combien est difficile, dans ces conditions, l'inter- prétation des faits observés.

Le point de savoir s'il y a fonction entre le pourcentage des éosino- philes et le nombre des parasites serait au contraire très facilement élucidé si se réalisait une idée qui hante déjà plusieurs esprits : l’organisation d'un sanatorium pour ankylostomasiques. Un malade admis serait conservé jusqu’à ce que, à la suite de l’administration répétée du remède, tous les ankylostomes fussent expulsés; cette guérison serait vérifiée par des examens fréquents des selles. On arriverait ainsi rapidement à établir si le pourcentage en éosinophiles dépend exclusivement du nombre des parasites, ou s’il est fonction à la fois du nombre des ankylostomes et de l’ancienneté de l'affection, ou si d’autres facteurs encore viennent exercer leur influence.

Des recherches entreprises ainsi systématiquement sur des mineurs qui ne seraient plus exposés à des réinfections pendant leur séjour au sanatorium permettraient certainement de résoudre rapidement ces diffé. rentes questions. L'examen du sang pourrait devenir alors un bon criterium pour décider quels sont les malades les plus atteints et par suite les plus dignes d’être hospitalisés. |

Un dernier point mérite de retenir un instant l’attention. Comme nous l'avons dit précédemment, à l’état de santé, chez l’adulte, la proportion des mononucléaires et des polynucléaires dans le sang circulant est respectivement de 32 °/o et de 65 à 66 °/o, ce qui peut s'exprimer en chiffres ronds par le rapport 1 : 2. Dans un grand nombre de maladies infectieuses, pneumonie, érysipèle, angine, rhumatisme articulaire aigu, phlegmons, suppurations aiguës, scarlatine, etc., ce rapport est profondé- ment modifié. Il doit s'exprimer par les chiffres 1 : 5 et même 1 : 10, le nombre des polynucléaires passant de 66 à 80, go et 95 %o.

Au contraire la variole et la varicelle déterminent un renversement de la formule en sens opposé; la proportion des mononucléaires pouvant atteindre 50 a 60 °’o, le rapport des mononucléaires aux polynucléaires

doit s'exprimer par 1 : 1 ou 1 : 0,66. Il cn est de même dans la coqueluche,

RECHERCHES SUR LA FORMULE LEUCOCYTAIRE DANS L'ANKYLOSTOMASIE 389

les oreillons. Dans la syphilis et la tuberculose, on trouverait tantót une augmentation des mononucléaires, tantót une augmentation des polynucléaires, suivant la phase de la maladie probablement; les auteurs ne sont pas complétement d’accord a ce sujet.

Il nous a paru intéressant de rechercher quelle était la valeur de ce rapport et quelles étaient ses variations chez les ankylostomasiques.

Il est évident que l'apparition d’un nombre plus ou moins élevé d'éosinophiles dans le sang modifiera les chiffres indiquant le pourcentage des autres éléments; mais le rapport entre ces éléments conservera la méme valeur et s’exprimera toujours par les mémes chiffres, si la cause qui a provoqué l'éosinophilie n'a pas influencé en méme temps les autres variétés leucocytaires.

Supposons un sang dans lequel se trouvent 20 0/, de mononucléaires, 60 ©} de polynucléaires, et 20 °/, d’éosinophiles. Le rapport que nous envisageons sera 20 : 60, c’est-à-dire 1 : 3. Si les éosinophiles n’existaient pas, les chiffres seraient 25 °/o pour les mononucléaires et 75 °/o pour les polynucléaires; mais le rapport 1 : 3 n’est pas modifié.

Nous avons indiqué dans la dernière colonne à droite de nos tableaux la valeur de ce rapport, sous la rubrique M : P. Nous voyons d’abord que ce rapport varie de r : 1 jusqu'à 1 : 12,3. Tantôt on a des chiffres plus élevés que la normale 1 : 2 avec des pourcentages d’éosinophiles peu considérables; exemples : 1 : 3,8 avec 6,61 %o; I : 12,3 avec 5,84 9/o. D'autre part, on trouve des valeurs supéricures à la normale avec des pourcentages en éosinophiles très conséquents; exemples : 1 : 5 avec 18,62 0/0; 1 : 2,7 avec 23,33 0h.

Inversément on a des chiffres voisins ou inférieurs au rapport habituel 1: 2 avec des pourcentages élevés; exemples : 1 : 1,2 avec 20,00 °/o;

1 : 1,4 avec 32,67 °/o, tout aussi bien qu'avec des valeurs faibles en

éosinophiles; exemples : 1 : 1 avec 8,15 %0; 1 : 1,9 avec 7,00 0/0.

Ces résultats n’autorisent nous parait-il aucune conclusion. Voici maintenant un tableau donnant les résultats de deux examens

de sang pratiqués à des intervalles variables chez le même malade.

TABLEAU B. ES P S Dates Nom | Age] Mono. | Mastz, | Polyn. | Eosin. M: P ST O = S = ete | | 1 3 3 17—2—03 D. C. | 19 | 20,96 | 0,50 | 46,29 | 32,25 | 122,3 i s 39 > » 21,83 0,50 : 38.17 | 30,50 | 4aj.] 1:1,7 i ' | 4 17—2—03 K.L.| 18 [ 18,90 | 0,40 : 63,07 16,53 1238 | 31 | 7—4—03! : » » 125,67 1 0.33 | 22,00 | 52,00 1 49 j. lr: 0,86

390

Cu. Honore

TABLEAU B (suite).

| |

: |

£ Dates Nom Agef Mono. | Mastz. Poiyn. | Fosin. M:P Che hrs ea > __

5 17--2--03 I..C.| 30 | 38,04 | 0,42 | 53,14 | 8,40 1.5.1543 44 a » » 136,84 | 0,50 | 57,33 | 5,33 |49 j. | 1: 1,5

10 1249—2—03’ M. J. | 341 19,81 | 1,13 | 49,03 | 30,03 1525

4#| 7—4—03) > » | 22,33 | 1,00 | 46,50 | 30.17 | 42 j. | 1 : 2,1

53,06 | 10,00 1:1,5 68,64 | 6,001 42 j.| 1 : 2,7

11 [24-2—03, E.H.| 23] 36,11 | 0,83 47| 7—4—03| » » | 24,90 | 0,46

13|24—2—03| D.M.| 21 | 21,50| 0,75 69| 9—6—03| » | 26,00 | 0.50

52,25 | 25,50 1: 2,4 49,00 | 24,50 [105 j.| 1: 1,9

16| 7-3—03| H.T.| 36] 12,82] 0,64 41 | 7--4--03| > » 1 24,33 | 0,33

64,32 | 22,22 1:5 59,34 | 16,00 | 31 j. | 1 : 2,4

18 |17—3—03| D.V. | 27 | 31,00 | 0,66 | 56,67 11,67 1: 1,8

36 | 7—4—03 » » 118,64 | 0,64 | 74,93 5,79 21 ).|1:4

22 |31—3—o03| D A.| 24] 21,87 | 0,53 56 | 2—6—03| » » | 20,17 | 0,50

69,20 | 8,40 1:31 70,00 | 9,33 | 63 ງ. | 1 : 3,5

23 |31—3— 03) F. A.| 29] 31.39] 0,44 | 62,52 | 5,65 É 2

38 | 7--4--03| » » | 29,83 | 0,50 | 63,50] 6,17| 7 ). |1:2.1

24 |31—3—o3| M. J.| 33]-20,11 | 0,44 | 75,00 | 4,45 1537

33| 7—4—03| 7 » | 20,80 | 0,40 | 71,60 | 7,20 | 7 j. | 1 : 3,4

46| 7—4—03| H. | 36] 28,83; 0,50 68| 9—6—03| » | 16,72 | 0,71

51,84 | 18,83 1: 1,8 62,14 | 20,43 | 63 j. | 1 : 3,7

51 |19—5—03| H. J. | 34 | 30,00 | 0,83 | 53,67 | 15,50 1:1,8

57 | 9—6—03| > » | 27,00 | 0,50 | 46,50 | 26,00! 21 j.| 1: 1,7

53 |1g—5—03| B. F.| 27 | 29,08 | 0,46 | 58,46 | 12,00 122

l 9|124—2—03 H.H.| 26 | 26,00 | 1,00 | 66,00 | 7,00 1:2,5 67! 9—6—03| » » | 30,00 | 0,34 | 62,66 | 7,00 |105j.| 1 : 2,1

65| 9—6—03| » » | 20,00 | 0,50 69,50 | 10,00 J 21 j. | 1: 3,5 55 | 2—6—03| K.A. | 271 29,44 | 0,64 | 62,72 | 7,20 152,1 50 | 9--6--03| » » | 25,00} 0,66 | 65,50] 8,84] 7 j. | 1: 2,6 19 |17—3—03| L. F.| 32] 19,00] 0,22 | 77.58 3,20 1 : 4,1 491 7—4—03| > > | 16,00 | 0,30 | 81,70| 2,00ໂ 21 ]. | 1 : 5,1 20 |17---3--03| 1). ໄ. | 19] 13,78 | 0,43 | 82,61 | 3,18 1: 6,1 661 g—6—03] | » [16,50 | 0,67 | 51,33] 1,501 84 j. | 1: 4,9

RECHERCHES SUR LA FORMULE LEUCOCYTAIRE DANS L’ ANKYLOSTOMASIE 391

Les deux derniers cas du tableau : L. F. et D. À. doivent être rangés à part. Le premier L. F. a pris à 3 reprises différentes le remède sans jamais expulser d'ankylostomes, le second s’y est soumis une fois avec le même résultat négatif. Il n’y a eu malheureusement aucun examen des selles pour le cas; pour le 24, D. A. l’examen des selles que nous avons pratiqué nous-mêmes à deux reprises a toujours été négatif. Il s’agit donc ici de mineurs qui, pour le moment du moins, ne sont pas ou ne sont plus atteints d’ankylostomasie.

Chez certains malades, comme nous le montre le tableau B, le pour- centage d’éosinophiles reste constant; exemples : 30,03 0}, et 30,17 c/o après 42 jours; 70) et 70/0 après 105 jours; ou ne subit que de faibles oscillations : 5,65 °/o et 6,17 “/o aprés 7 jours; 25,50 0}, et 24,50 °} après 105 jours. Chez d'autres il subit au contraire d'importants changements. Le plus typique est celui de K. L. dont le pourcentage est passé, en 7 semaines, de 16,73 v, au chiffre énorme de 52,00 als, Il eût été intéres- sant de suivre ce cas; malheureusement l’ouvrier a quitté la Société Cockerill peu de temps après le 24 examen. Notons en outre qu’il ne s’est jamais trouvé, de par son affection, hors d’état de travailler. Son aspect extérieur n’indiquait pas non plus un état d’anémie particulièrement accentué.

nversément, on trouve des individus chez lesquels le taux des éosino- philes est en diminution : 22,22 ° contre 16,00 % 31 jours après; 11,67 °/, contre 5,79 °} 21 jours après.

Comment interprêter ces variations dans la teneur en éosinophiles du sang des malades? Ici encore on serait tenté d'admettre que l'augmentation du nombre des parasites hébergés chez un sujet donné entraîne comme conséquence l'élévation du taux des éosinophiles, et que, inversément, Vélimination, sous l'influence de remédes appropriés, d’une certaine quantité de vers améne au bout d’un certain temps la réduction de ce taux.

Malheureusement il nous est impossible, étant donné le mode de vie des malades examinés, d'apporter la moindre preuve en faveur de cette hypothèse, |

On comprendra que les mêmes raisons nous ont empêché de résoudre une des questions que nous nous étions proposé d’élucider en commençant nos recherches: combien de temps après la guérison, c’est-à-dire, après l'expulsion du dernier parasite, le sang d’un ankylostomasique est-il revenu à sa formule leucocytaire normale? Il va de soi que, s'il était établi que 15 jours ou un mois après l'expulsion du dernier ankylostome, le sang a repris son équilibre leucocytaire, on scrait en possession d’un excellent

392 Cu. Honore

moyen pour établir le diagnostic de guérison. A l'heure actuelle, ce diagnostic présente en quelque sorte un caractère négatif : on déclare un individu guéri quand on ne trouve plus d'œufs d’ankylostome dans ses selles. Encore faut-il plusieurs examens négatifs faits avec soin avant d'acquérir cette conviction, de même que pour pouvoir affirmer la guérison d'une blennorrhagie, il faut, au cours d'examens répétés, ne pas trouver de gonocoques.

Ce retour du sang à l’état normal est assez rapide par exemple après des suppurations, quand le pus a trouvé une voie d’évacuation, dans la pneumonie franche, après la crise. Il est au contraire assez lent après certaines affections comme la variole, la fièvre typhoïde (plusieurs mois). De plus, il y a entre la période d'état des affections cycliques et l'équilibre physiologique une phase de transition caractérisée ordinairement par lapparition dans le sang de formes leucocytaires anormales, ou par un renversement de la formule leucocytaire observée pendant la maladie. Ainsi CHANTEMESSE et REY ont montré que dans l’Erysipele les polynu- cléaires, dont la proportion est considérablement augmentée pendant la période fébrile, diminuent pendant la convalescence au point de devenir moins nombreux que dans le sang normal.

Mais il faut tenir compte de cette considération que le mécanisme qui provoque l'éosinophilie n'est propablement pas identique à celui qui met en jeu les réactions leucocytaires quand l'organisme doit se défendre contre une invasion microbienne.

Dans le cours des maladies infectieuses les éosinophiles disparaissent a peu prés totalement pour reparaitre au moment de la convalescence et dépasser même notablement, pendant quelques jours, le taux normal. I] en est ainsi notamment dans l’érysipèle, la rougcole et spécialement la scarlatine. Au contraire dans l’ankylostomasie la caractéristique semble être une mise en circulation exagérée de globules à granulations éosinophiles.

Quant au rapport entre les mononucléaires et les polynucléaires, il ne paraît pas suivre les variations du taux des éosinophiles. Tantot il augmente quand le pourcentage des éosinophiles diminue, tantôt le contraire. Il nous avait semblé que d'ordinaire la proportion des neutro- philes augmentait quand celle des éosinophiles diminuait, mais cette impression ne s’est pas confirmée.

Ici encore nous ne pouvons donner aucune interprétation des résultats

observés. Il est probable que ces variations sont sous la dépendance de

plusieurs facteurs dont la plupart nous échappent.

RECHERCHES SUR LA FORMULE LEUCOCYTAIRE DANS L’ANKYLOSTOMASIE 393

TABLEAU C. = SH £ | Dates Noms |Agef Mono. | Mastz. | Polyn. | Eosin. M:P > E 2 17—2—03 C.L. | 25] 32,10 | 0,64 | 38,55 | 28,71 | Se 71 7—4—03} > | » 135,33! 0,50 | 42,17 | 22,00 | 40 j } {1:12 112 70| 96031 » » 1 25,67 | 0,33 | 61,67 | 12,33 | 63 j. f J 1: 2,4 6 |17---2---0ຽ| (1. ]. | 22 | 23,17 | 1,39 | 46,26 | 25,22 12 30| 72403 | » 125,50] 0.67 | 37,33 | 36,50 1 49 j. = icli 54 |26—5—03| » » 1 20,50 | 0,83 | 56,67 | 22,00 | 49 j. 20 7 ee H. L. | 32| 31,73 | 1,00 | 41,65 | 25,62 1:1,3 35| 7—4—03, » » | 29.39, 1,39 | 56,52 | 12,70 | 42 j. | 6 1:1,9 105 j. 61| 9-6—03| » » | 20,80! 0.70 | 61,50 | 17,00 | 63 j. | J 1: 2,9 12 24—2—03\ D.G. | 38 | 17,46 | 0,55 | 55,46 | 26,53 153,2 49! 7—43—03| » | 19,00 | 0,50 | 50,53 | 30,17 | 42 j. si 1: 2,6 105 j. 71. » | » | 25,83 | 0,84 , 55,33 | 18,00 | 63 j. wee 2,1 | 14 | 5—3—03. W, J. | 29 | 24.50 | 0,56 | 64,22 | 10,72 I: 2,6 45 7—4—03| » » | 22,90 | 0,40 | 64,90 | 11,80 | 33 j. get 1:2,8 63| 9—6—03| » » | 20,00 | 0,47 | 67,33 | 12,20 [ 63 j. 1: 3.4 17 17—3—03 V.F.!52| 19,69 | 0,77 | 67,08 | 12,46 1233 43!) 7403 > | » 1 26,93 | o 27 | 62,80 | 10,00 | 21 j. gue PEZ » | » | 27,67 | 0,50 | 62,50 | 9,33 163 j. 7 KS

64' 9—6—03

|

Nous consignons dans le tableau C les résultats de l’examen du sang répétés 3 fois chez le même individu. Nous y voyons, comme dans le tableau B, le taux des éosinophiles diminuer chez certains malades G. L., 28,71 %/o, 22,00 “lu, 12,33 %/. augmenter chez d’autres, ou encore suivre une courbe irréguli¢re, sans que rien nous autorise a attribuer ces modifications à des changements parallèles survenus dans le nombre des parasites.

Quelques détails au sujet du cas de W. J. Il s’agit d’un mineur atteint d'ankylostomasie depuis au moins un an et demi au moment de nos recherches. L'examen des selles montre régulièrement la présence des œufs. À deux reprises, il a pris l’extrait éthéré de fougère mâle avec chloroforme sans expulser un seul ankylostome. Une chose est donc certaine : il ne s’est pas débarrassé d’un seul de ses parasites, Or, descendant chaque jour dans la mine, il est exposé à ingérer des larves d'ankylostomes. Il est probable que, du 5 mars au 9 juin, il a augmenté

de quelques unités le nombre de ses parasites. Le taux des éosinophiles

-

b vr."

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wot gt e e. mm > mm

ໄຈ ei.

Š Aare, 7

394 CH. Honoré

de son sang a passé pendant le même temps de 10,72 °/, au 5 mars à 11,80 au 7 avril et à 12,20 au 9 juin. Le nombre des ankylostomes n’ayant pas diminué, l'augmentation d'ailleurs légère du chiffre des éosinophiles peut donc être rapportée dans ce cas, soit à la durée du séjour des parasites, soit à l’augmentation de leur nombre.

Les variations du rapport des mononucléaires aux polynucléaires en fonction du chiffre des éosinophiles ne donnent pas lieu à d’autres

remarques que celles qui ont été formulées précédemment.

Nous avons recherché un certain nombre de fois la leucocytose totale, c'est-à-dire le nombre des globules blancs par millimètre cube. On sait que le chiffre moyen adopté par la majorité des auteurs est de 7000 à 8000 leucocytes par millimètre cube chez l'homme adulte. Voici un tableau

indiquant les résultats obtenus.

TABLEAU D. : = = 2 Noms |Age' Eosin. | M: P Lente | S Noms ¡Age, Fosin. | M: P BETT > totale p totale 7 |

]. | 22 | 21,72 |1 : 2,.2| 13.600 B.S. | 30] 5,84 |1:12,3 12.500

Un

12} D.G. | 38! 26,53 |1 : 3,2 16.050 2 13| D. M. |21| 25,50 |I : 2,4 9.450 26

21| ]1. ຈ. | 27 | 18,62 |1 : 18.600 27) K. 41 | 32,67 |I : 1,4 9.100 22| D.A. |24| 8,40 1: 3,1 15.700 28; V.J. !'48| 6,61 11: 3,8 9.450 E.; 1211 8 DO 1:4 8.850

23| F.A. |29| 5,65 i 2 9.400 ¡ 29 24| M. J. |33] 4,45 |1: 3,7 6.800 ທຕ -- |-<-[ <

Les nombres trouvés sont en général plus élevés que la normale. Ce résultat est conforme à l’opinion des auteurs qui se sont occupés de la question.

Il n’est pas possible, d’après ces quelques numérations, de décider s’il y a une relation entre le taux des éosinophiles et la leucocytose totale. Nous voyons des chiffres très forts d’éosinophiles coïncider avec une hyperleucocytose manifeste, 26,53 °/, d'’éosinophiles avec 16.050; 18,62 °/o avec 18.600. Dans un autre cas on ne trouve avec 32,67 °/, d’éosinophiles, qu’une augmentation légère de la leucocytose totale : 9.100.

Il ne nous a paru exister aucune relation entre la valeur de la leucocytose totale et le rapport des mononucléaires aux polynucléaires. Cette relation se manifeste de façon très nette dans les maladies infectieuses en général, où, en mème temps que la leucocytose s'élève, les polynucléaires deviennent beaucoup plus nombreux par rapport aux mononucléaires

L'éosinophilie, avons-nous dit précédemment, n'est pas caractéristique

RECHERCHES SUR LA FORMULE LEUCOCYTAIRE DANS L’ANKYLOSTOMASIE 395

de l’ankylostomasie. Nombreux en effet sont les cas dans lesquels elle se manifeste à un degré plus ou moins élevé. Un premier ordre de faits est relatif à des maladies de la peau : la dermatite herpétiforme de Dühring, la lèpre, l’augmentation du nombre des éosinophiles paraît constante. On l’a signalée aussi dans le pemphigus, certains prurigos, certains urticaires aigus.

Nous avons indiqué déjà la réapparition des éosinophiles en nombre supérieur à la normale pendant la convalescence des maladies infectieuses au cours desquelles ils avaient à peu près totalement disparu. Il faut mentionner ici l’érysipèle, la rougeole et surtout la scarlatine. Il est intéressant de noter cette éosinophilie passagère dans des maladies infectieuses l’on observe également une éruption du côté de la peau. On a signalé encore une certaine éosinophilie dans le sang des asthmatiques; dans certains cas de tumeurs de la rate; dans quelques intoxications.

Une dernière catégorie de faits est constituée par les différents cas l'éosinophilie dépend de la présence de parasites dans le corps humain.

L'ankylostomasie peut s'y ranger en premiere ligne. Le botriocéphale détermine aussi de l'éosinophilie; de méme le toenia. Nous avons eu l’occasion d’examiner le sang d’un individu porteur de tcenia et nous avons

obtenu les chiffres suivants : Mastz.

Mono. Polyn.

Eosin. | M:P

28,55 | 0,65 | 56,77 | 14,03 | 1:2

Notons en passant que le rapport des mononucléaires aux polynu- cléaires est, en chiffres ronds, 1 : 2, c’est-a-dire le rapport normal.

La présence de l’ascaris lombricoïde se traduit également par l’appa- rition de l'éosinophilie.

Les parasites intestinaux ne sont pas seuls a provoquer la mise en circulation d’une plus grande quantité d’éosinophiles : les trichines, logées dans les muscles, ont une action analogue. Dans la filariose, les embryons du parasite se trouvent à certains moments dans le sang lui-même, l’éosinophilie atteint des proportions énormes. Enfin, signalons que l'existence de cysticerques dans les kystes hydatiques du foie se traduit également par l’éosinophilie, à condition que le parasite soit vivant. On a publié dernièrement un cas très intéressant de kyste à échinocoques dans lequel manquait la réaction éosinophilique ; l'examen des vésicules hyda- tiques après l’ouverture de la poche a démontré la mort des parasites.

Dans le but de savoir si la composition du sang est rapidement

396 | Cu. Honort

influencée par la présence des parasites intestinaux, nous avons institué quelques expériences chez les animaux. Le chien étant a peu prés réfractaire à l’infestation par l’ankylostome humain, nous avons choisi un parasite qui se rencontre fréquemment chez cet animal : le tœnia serrata.

Deux jeunes chiens ont été nourris exclusivement avec du pain et du lait, pour éviter des contaminations accidentelles. Leur sang ayant été examiné à plusieurs reprises, nous leur avons fait ingérer à chacun une vingtaine de cysticerques de tœnia serrata prélevés dans le mésentère ct l’épiploon du lapin. L'ouverture et l'examen de quelques cysticerques nous avait montré la parfaite vitalité du parasite.

Nous avons alors pratiqué régulièrement des examens de sang tous les 8 jours pendant 3 mois. Chose curieuse, nous n'avons pas constaté l'élévation du taux des éosinophiles a laquelle nous nous attendions. Et cependant les deux chiens étaient porteurs chacun de plusieurs tænias, comme l’a démontré l’autopsie.

Le résultat négatif de cette expérience nous a naturellement forcé d'abandonner une autre qui n’en est en quelque sorte que la contre-partie : combien de temps après l'expulsion des parasites le sang a-t-il repris sa composition leucocytaire normale?

Nous nous proposons de reprendre ces expériences en nous adressant à des hôtes et à des parasites de diverses espèces.

On est loin d’être fixé à l’heure actuelle sur le mécanisme suivant lequel la présence de parasites entraine l'éosinophilie. On est généralement porté à invoquer l’existence d’une substance toxique secrétée par les vers, résorbéc au niveau de l'intestin et qui irait irriter d'une façon spéciale les organes hématopoïétiques. Mais jusqu’à présent aucun fait expérimental n'est venu que nous sachions confirmer cette hypothèse.

ARSLAN a bien extrait de l'urine de malades atteints d’ankylostomasie une substance qui, injectée à des lapins, reproduisait chez eux les symptômes de l’anémie, mais il n’a pas été question de l’éosinophilie.

Disons cependant que Dominici a réussi à provoquer une poussée d’éosinophilie chez des lapins, avec surproduction de myélocytes éosino- philes dans la moëlle osseuse en provoquant chez eux une suppuration oculaire prolongée.

Nous avons voulu voir si en injectant directement dans le sang des produits provenant des ankylostomes eux-mêmes, on n’obtiendrait pas une réaction éosinophilique.

Des ankylostomes sont rincés soigneusement à l’eau, puis broyés dans

RECHERCHES SUR LA FORMULE LEUCOCYTAIRE DANS L’ANKYLOSTOMASIE 397

un mortier en verre avec une solution de NaCl 4 7 °/o. La solution filtrée est injectée dans la veine marginale de l'oreille d’un lapin. Les 5 c.c. ainsi injectés représentent une quinzaine d’ankylostomes. Une prise de sang faite immédiatement avant nous avait permis d’établir la leucocytose totale et le pourcentage des différentes variétés de globules blancs. Des examens du sang, répétés d’heure en heure la r'e journée, puis 2 fois en 24 heures les jours suivants, nous ont montré que la réaction se produisait suivant la modalité ordinaire d'une infection banale. Il y avait succédant à une hypoleucocytose de courte durée une augmentation notable du nombre des globules blancs par millimètre cube, en méme temps que s'élevait la proportion des polynucléaires. Les éosinophiles diminuaient au contraire. Au bout de quelques jours le sang avait repris sa constitution normale, sans qu'à aucun moment on püt noter une élévation du taux des éosinophiles. L'expérience répétée sur d’autres lapins a donné des résultats analogues.

Nous espérons pouvoir reprendre cette question en modifiant le modus operandi.

Une dernière question nous reste à envisager : l'examen du sang peut-il être de quelque utilité dans l’ankylostomasie? Nous pensons pouvoir répondre affirmativement. Sans doute la technique de l'examen est un peu délicate; elle ne l’est cependant guère plus que celle qui permet la recherche des bacilles de Koch dans les crachats ou des bacilles diphtéritiques dans un dépôt angineux suspect.

Il suffit d’ailleurs d’étaler une gouttelette de sang sur un porte-objet et de la sécher rapidement par agitation à l’air pour pouvoir sans fixation ni coloration d'aucune sorte reconnaître avec un peu d'habitude les globules &osinophiles grâce à la réfringence toute spéciale de leurs granulations. Un examen très rapide au microscope, par exemple avec un objectif 6 de Lerrz et un oculaire 3, permet de reconnaître l'éosinophilie quand elle est un peu notable, puisque dans le sang normal la proportion de ces leucocytes ne dépasse pas 2 à 3 0/o. L’examen de préparations fixées et colorées, nécessaire quand l’éosinophilie ne dépasse pas 4 à 6 0h, n’est pas indispensable quand elle atteint 10, 15, 20 ou 30 %.

. S'il est vrai qu’à l’heure actuelle l'examen du sang ne nous permet pas de fixer la gravité de l’affection ou d’établir le diagnostic de guérison, tout au moins peut-il nous aider à établir le diagnostic de la maladie.

Sans doute l’existence d’une proportion anormalement élevée d’éosino- philes dans le sang n’est pas pathognomonique de l’ankylostomasie. Mais, étant prévenu, on évitera aisément l’erreur provenant de la coexistence

398 Ch. TToxor&

d'une affection cutanée ou de la convalescence d'une des maladies infectieuses mentionnées précédemment.

Le diagnostic de l'ankylostomasie repose exclusivement aujourd'hui sur la constatation dans les selles des œufs caractéristiques du parasite. Il arrive cependant, quand les vers sont peu nombreux et que cet examen n'est pas suffisammeut soigneux, que le résultat soit négatif.

J'ai eu l’occassion d'examiner le sang d’un houilleur chez lequel on soupçonnait l’ankylostomasie, bien que l'examen des selles n’eût pas permis de retrouver d'œufs. La constatation d’une éosinophilie d'environ 15 % nous a permis d'établir le diagnostic, lequel a été confirmé par des examens ultérieurs des selles et par l'évacuation d’un certain nombre d’ankylostomes sous l’influence d’un anthelmintique approprié.

On comprend d'autre part que le seul examen des selles peut prêter à certaines fraudes, quand l’ouvrier a intérêt à dissimuler l'affection dont il est atteint, par exemple, lors de la visite d'embauchage dans un charbonnage non encore infecté et qui veut se mettre à l’abri de la contagion. L'examen du sang d’une exécution rapide si on le pratique sans fixation ni coloration présente un caractère personnel qui permet de dépister des supercheries de ce genre.

L'éosinophilie ne possède ກກ que la valeur d’un symptôme: mais dans certains cas la recherche de ce signe peut donner d'utiles renseignements.

| Conclusions.

L’éosinophilie signalée par les auteurs qui ont étudié I’ ເເ nous a paru étre constante dans cette affection.

Nous n'avons pas pu déterminer la date d'apparition de l'éosinophilie après l’infection, ni le moment du retour du sang à l'équilibre physiologique après la guérison.

L’augmen‘ation de la proportion des polynucléaires éosinophiles, avec apparition de quelques rares formes anormales, semble être la principale caractéristique du sang des ankylostomasiques.

La proportion des mononucléaires et des polynucléaires subit des variations qui ne concordent pas avec les variations du taux des éosinophiles.

Nous n'avons pas pu déterminer si le taux de l’éosinophilie est fonction du nombre des parasites, ou s’il dépend encore de l’ancienneté de l’affection, de la résistance de l’organisme ou d’autres facteurs inconnus.

L'éosinophilie, sans être un symptôme pathognomonique de l’anky-- lostomasie, peut dans certains cas aider au diagnostic de l’affection.

Liège, septembre 1903.

AUS DEM LABORATORIUM DER HYDROTHERAPEUTISCHEN ÁNSTALT DER UNIVERSITÄT BERLIN. LEITER : GEUEIMER MEDICINALRAT PROFESSOR

Dr BRIEGER.

Untersuchungen úber Pfeilgifte aus Deutsch Ost-Afrika

VON

L. BRIEGER unp Dr M. KRAUSE.

Seit einigen Jahren hat der Eine von uns (BRIEGER) sich verschiedent- lich mit der Untersuchung der Pfeilgifte aus Afrika beschäftigt und die Resultate in der Berliner klinischen Wochenschrift(1), “resp. in den Berichten der Deutschen chemischen Gesellschaft veröffentlicht (2).

Soweit bis Jetzt bekannt ist, verwenden die wilden Völker Afrikas die ausserordentlich giftigen, tötlich wirkenden Principien der Acocanthera Arten, der Strophantus Arten und der Kandelaber Euphorbie; und zwar sind es Glycosidc, die in den Pflanzen enthalten sind, welche die ausser- ordentlich giftige Wirkung hervorrufen. Die Glycoside'stellen'ein’Zwischen- produkt der Pflanze beim Aufbau der Stärke aus der aufgenommenen Nahrung dar.

Die Glycoside der Strophantus Species (Strophantus hispidus und Strophantus Kombe) sind wohl bis jetzt verhältnismässig am meisten erforscht.

Die Hauptarbeit hierüber ist die von Franz FeEıst(3) in den Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Dieser Autor hat ausserordentlich exact die gewonnenen Producte zerlegt und ihre Spaltungsproducte untersucht. Im Gegensatz zu vielen anderen Arbeiten auf dem Gebiete (1) Berliner klin. Wochenschr., 1809, 39; 1900, NO 3; 1902, 13; 1903, No 16, (2) Berichte d. D. chem. Ges., 1902, H. 13.

(3) Berichte d. D. chem. Ges., 1900, N0 328; No 330; No 331.

Arch. internat. de Pharmacodynamie ct de Thérapie, vol. XII. 29

400 L. BRIEGER UND M. Krause

der Pfeilgiftuntersuchung hat er die Frage nach der chemischen Con- stitution der giftigen Principien von Strophantus aufgeklart.

Obwohl sich zahlreiche Forscher auch schon mit der Untersuchung der Glycoside der Acocanthera Arten beschäftigt haben, so ist verháltniss- mässig wenig, besonders in Bezug auf die chemische Constitution, über diese aus diesen Pflanzen gewonnenen Körpern bekannt.

Derjenige, der sich selber mit der Untersuchung dieser Gifte befasst, wird leicht die Ursache finden. Es scheint nämlich unmöglich zu sein, die Glycoside der Acocanthera, im Gegensatz zu den Glycosiden der Strophantusarten, krystallisirt zu erhalten. Fraser und TiLLIE beginnen den chemischen Teil ihrer 70 Seiten langen Arbeit über Acocanthera Schimperi in dieser Zeitschrift 1899, mit dem Satze : « Die chemische Untersuchung von Pfeilgiften ist gewöhnlich etwas unbefriedigend ». Wenn auch genannte Forscher in langschweifigen Sätzen ihre Krystall- gewinnungsmethode angeben, so kann man doch nach längerem genaueren Lesen ihrer Arbeit die Ansicht nicht los werden, dass diesen Krystallen, von denen sie schliesslich am Schlusse sehr vorsichtig sagen, dass manche dem unbewaffneten Ange sichtbar wären, etwas hypothetisches anhaftet.

Die folgenden Resultate unserer Untersuchungen wurden aus Hölzern, Blättern und Früchten einer Acocanthera Species gewonnen, die uns durch den kaiserlichen Gouverneur von Deutsch Ost-Afrika übermittelt war. Die Arbeit, die im Auftrage der kaiserlichen Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes angefertigt wurde, wurde im September begonnen. Die uns im August zugegangene Sendung von Holz, Blättern und Früchten der Acocanthera war von zwei verschiedenen Standorten, die eine aus Bogamoyo, die andere aus Mombo, eine frühere stammte aus Tanga. Obwohl alle drei Sendungen Bestandteile der Acocanthera abyssinica sein sollten, weisen besonders die Blätter ein verschiedenes Ausschen auf. Die Blätter von Bagamoyo sind etwas grösser, als die von Tanga und Mombo. Die Blätter von Mombo sind dünner. Die Farbe ist bei allen mehr oder minder grünbraun, jedoch ist die Verschiedenheit der Farbe wohl nur auf die verschiedene Jahreszeit, in welcher die einzelnen Sendungen gepflückt sind, zurückzuführen. Das Holz der Bagamoyo-Art ist viel weniger fest und hat einen etwas schwammigen Charakter im Verhältniss zu den Hölzern der beiden anderen « Arten ».

Auf Wunsch des kaiserlichen Gouverneurs von deutsch Ost-Afrika sandten wir dem hiesigen königl. Botan. Museum zur Begutachtung, ob hier verschiedene Arten vorliegen, von der Sendung aus Mombo und Bagamoyo Früchte und Zweige mit Blättern. Herr Professor SCHUMANN,

UEBER PFEILGIFTE AUS DEUTSCH OST-AFRIKA 401

von dem genannten Institute, teilte uns mit, dass diese morphologischen Verschiedenheiten nicht zu der Annahme zweier verschiedenen Arten berechtigten ; viel mehr seien diese Verschiedenheiten nur auf ein anderes Klima, sowie auf andere Bodenbeschaffenheit des Standortes zuriick- zuführen. Herr Professor SCHUMANN ist der Meinung, dass es nur eine Acocanthera Art in Afrika giebt und diese ist in Afrika von Abyssinien bis zur Nordgrenze Natals verbreitet. Dieser Ansicht des Herrn Professor ScHumanNnkönnen wir unsnicht anschliessen, da die angestellten chemischen Untersuchungen unserer Ansicht nach das Gegenteil bewiesen haben. Wir haben nämlich gefunden, dass sowohl in dem Holz, wie auch in dem Blättern der Acocanthera von Bagamoyo ein rot brauner Farbstoff in grosser Menge vorhanden ist, der den beiden Arten von Mombo und Tanga vollkommen fehlt. Aus einem Kilo Holz erhält man bei der Extraction mit Alkohol als Nebenproduct ca. 15—20 gr. eines pulverigen, leichten, nicht giftigen, rotbraunen Farbstoffs, auf den wir weiter unten noch einmal zurückommen werden. Wir glauben diese Thatsache allein genügt, um die uns vorliegende Acocanthera von Bagamoyo von der von Mombo und Tanga als eine besondere Art ansprechen zu können.

Die Früchte von Tanga waren kleiner als von Bagamoyo u. Mombo. Leider haben wir nur wenige Früchte erhalten und diese wenige waren bis zu 95 °/, von Insecten zerfressen, so dass das Fruchtfleisch ein Mehl, durchsetzt von Insectenresten, darstellte. Jedenfalls aber war in den Früchten aller drei a Arten » nur es» kugelrundes Samenkorn, etwa ı cm. im Durchmesser, gelblich, durchscheinend wie Chalcedon und hart, ent- halten. Fraser hat dagegen in seiner Arbeit (l. c.) Früchte von Acocanthera Schimperi abgebildet die zwei bohnenähnliche Samen enthalten, so dass noch eine weitere Art von Acocanthera anzunehmen ist; in derselben Arbeit führt Fraser noch Acocanthera abyssinica, venenata, spectabilis, deflersii auf. Ferner bespricht Fraser in seiner Arbeit eine Acocanthera edulis, die im Somalilande vorkommt, nicht giftig ist und von verschiedenen Forschungsreisenden als essbar bezeichnet wird. In Bezug auf die Grösse und die Verteilung der Sclerenchymzellen waren bei den uns vorliegenden Producten keine wesentlichen Unterschiede zu bemerken. FRASER und BALFOUR versuchten auch hiermit die Verschiedenheit zweier Acocanthera Species zu beweisen.

Aus allem diesem geht deutlich hervor, dass die Acocanthera verschiedenartig, sowohl in morphologischer als auch in physiologischer Beziehung vorkommt : Wenn auch berücksichtig werden muss, dass viele Pflanzen durch verschiedenartiges Klima, wie durch verschiedene Boden-

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beschaffenheit des Standortes manche Abweichungen und Veränderungen aufweisen wir wollen z. B. nur auf den Unterschied im Giftgehalt von Digitalis im verschiedenen Bodenarten hinweisen wird man daher, ohne der von cinigen Forschern beliebten Arten-spaiterei zu huldigen, doch

einige Arten bei der Acocanthera unterscheiden müssen.

Zunächst untersuchten wir die Jlölzer, Biätter und Früchte der Bagamayo Art. Da wir schon früher einige Versuche mit Tanga-Holz angestellt hatten, ohne eine hrystallisirte giftige Substanz zu erhalten, so waren unsere jetzigen Versuche mit dem Bagamoyoprodukten in erster Linie darauf gerichtet, das krystallinische giftige Glycosid aus diesem Holz, womöglich in grosser Menge, zu erhalten.

Zu diesem Zwecke wurde fein zerriebenes Holz, sowie Blatter und Friichte der Bagamoyo-Art je mit Alkohol verschiedener Concentration und bei verschiedenen Temperaturen extrahiert. Wir erhielten jedesmal, gleichgiltig welche Temperatur oder Concentration des Alcohols wir anwandten, einen fast dunkel rotbraunen, etwas süsslich aromatisch riechenden, stark schäumenden Extract. Diese Fiüssigkeit versetzten wir mit Bleiessig, filtrierten, entbleiten nach dem Neutralisieren mit kohlensaurem Kalk mit Schwefelwasserstoff, filtrierten wieder und dampften den Alkohol im Vacuum bis auf ca. 100 c.c. ein.

Liessen wir die entbleite und filtrierte alkoholische Lösung in der Kälte stehen, so schieden sich einige nicht giftige Nadeln ab, die beim Erhitzen im Röhrchen unter Explosion verbrannten und Blei zurückliessen. Da wir von diesem nicht giftigen Nebenproduct nur ausserordentlich wenig erhielten, haben wir diesen Körper nicht weiter untersucht. Beim Eindampfen im Vacuum schied sich aus der alkoholischen Extraction besonders beim Zusetzen von Wasser ein rotbrauner Farbstoff in reich- licher Menge ab, ausserdem bewirkte der \Vasserzusatz auch noch das Ausfällen des noch in Lösung befindlichen Gummis.

Diese mit Wasser versetzte und filtrierte Lösung wurde dann bei möglichst niedrieger Temperatur im Vacuum bis zu einer syrupartigen Flüssigkeit concentriert. Diese Flüssigkeit liessen wir im Exsiccator über Chlorcalcium stehen, bis schliesslich nur noch eine gelbbraune durch- sichtige Substanz von der Consistenz von weichem Wachs zurückblieb. Während dieser ganzen Manipulation der Concentrierung und Reinigung, die viele Tage in Anspruch nahm und absichtlich unterbrochen wurde, wurden niemals auch nur Spuren von Kırystallbildung wahr- genommen.

UEBER PFEILGIFTE AUS DEUTSCH OST-AFRIKA 403

Es wurden sodann neue Extractionen vorgenommen und nach den von Fraser I) und von Arnaup(2) angegebenen Methoden verarbeitet, nach welchen diese Forscher aus einer Acocanthera Spec. ein krystallsirtes Glycosid erhalten haben. Sämmtliche Versuche blieben ohne Erfolg. Statt des Bleiessigs verwandten wir frisch gefälltes Bleihydroxyd; ferner fällten wir nur mit Kalk. Bei der Kalk-Blei Fällung erhielten wir ein schön krystallisirendes Nebenproduct einer nicht giftigen organischen Verbindung, die sich zuletzt beim Concentrieren der gereinigten Gift- flüssigkeit über Chlorcalcium abschied. Diese Verbindung ist leicht zersetzlich, reagiert neutral und krystallisiert meist in Nadeln, jedoch wurden durch Umkrystallisieren aus verd. Alkohol einige einfache Octaeder des regulären Systems erhalten; diese, wie die Flüssigkeit, zeigten optische Isotropie. Statt der alkoholischen Extraction wandten wir die wässerige an und reinigten sowohl mit Blei als auch mit Kalk. Hier stellten sich beim Eindampfen im Vacuum grosse Schwierigkeiten entgegen, da die mit in Lösung gegangenem sich langsam abscheidenden Eiweisskörper im Verein mit dem noch in Lösung befindlichen Farbstoff das ohnehin starke Schäumen der Flüssigkeit vergrösserten. Wir erhielten nach dieser Methode auch schliesslich nur unseren gelbbraunen durchsichtigen Syrup, wie vorher ohne jegliche Spur von Krystallbildung. Da dieser Syrup mit Wasser keine Krystalle lieferte, versuchten wir ihn mit Hülfe anderer Lösungsmittel zur Krystallisation zu bringen. Der Giftsyrup ist leicht löslich in Methyl- und Aethylalkohol, sehr wenig in Aether,‘ Aceton und Chloroform, fast gar nicht in Petrolaether, Benzol, Xylol, Ligroin. Bei Zusatz von absol. Alkohol entsteht ein weisser Niederschlag, der sich sehr bald als ein brauner Syrup, ölartig zu Boden setzt, um sich schliesslich aufzulösen. Ebenso entsteht ein weisser Niederschlag bei Zusatz von wasserfreiem Aether zur alkoholischen Lösung; auch dieser zieht sehr schnell Wasser an und setzt sich ölartig ab. Wir versuchten nun den noch etwa 18 °/o Wasser enthaltenden Syrup den wir möglichst schnell mit Alkohol verrieben und gelöst hatten durch wasserfreien Aether zu fällen ohne Zutreten von feuchter Luft. Zu diesem Zweck wurde die Fällung mittels Aether und Abfiltrieren des Aether- Niederschlages in einem grossen Glockenexsiccator über Chlorcalcium bei Abschluss der Luft vorgenommen. Wir beobachteten jedoch, dass der abfiltrirte Niederschlag in dem Augenblick, wo er mit der Luft in Berührung kam, Wasser anzog

(1) Fraser : Pharm. Journ. u. Transact., 1893. (2) ARNAUD : Compt. rend., 1888, 107; 1898, 126.

Ta ë fg e

404 L. BRIEGER UND M. KRAUSE

und wieder seine syrupartige Consistenz annahm. Wir kamen nun zu der Vermutung, dass die wasserhaltige Substanz einen ausserordentlich niedrigen, weit unter Null liegenden Schmelzpunkt besitze. Da wir Kältemischungen schon bei der Fällung mit Aether ohne Erfolg angewandt hatten, übergossen wir im Becherglass einige Tropfen von sorgfältig gereinigten Giftsyrup mit flüssiger Luft; fast nach Verdunsten der flüssigen I.uft boten sich uns reguläre Krystalle von ca. 2 mm. Axenlänge dar, die nach ı Minute etwa infolge der steigenden Temperatur wieder ver- schwanden Dicses Phänomen lässt uns die Annahme nicht unberechtigt erscheinen, dass man auf diese Weise noch manche andere interessante, chemisch einheitliche Körper, die man bis jetzt für amorph gehalten hat, wenn auch nur für kurze Zeit, krystallisirt wird erhalten können.

Unsere Versuche mit flüssiger Luft, die wir auch nach anderer Richtung fortsetzen werden, hatten sich der freundlichen Unterstützung des Direktors der Markt und Kühlhallen Gesellschaft in Berlin, Herrn KRÜGER, zu erfreuen im Einverständniss mit Herrn Geheimrat v. Lınpe, München. Der ca. 18 0/. Wasser enthaltende Giftsyrup, den wir, gleichgiltig nach welcher Methode wir arbeiteten, erhielten, reagiert schwach sauer, drekt dıe Polarssationsebene des Lichtes nicht, giebt mit FenLing’scher Lösung eine Reduction und ist optisch isotrop. Eine grössere Portion dieses Syrups ca. 5 gr. wurde in wenig Wasser gelöst und wiederholt mit Bleihydroxyd und mit Thierkohle gereinigt, sodann auf die frühere Concentration im Vacuum- exsiccator gebracht, mit absolutem Alkohol aufgenommen und wiederholt mit Aether extrahirt und wieder concentrirt. Diese auf das Sorgfaltigste gereinigte Substanz wurde zur Elementaranalyse verwandt.

Ein Teil der Substanz wurde im Vacuum-Trockenschrank bis 104°

getrocknet; es ergab sich ein Wassergehalt von 18,92 °/o Wasser.

W AsSERBESTIMMUNG.

0,1955 gr. Substanz verlor bis zur Gewichtsconstanz 0,0370 gr. = 18,92 °/o H20.

C unp H BEsTIMMUNG 1. Wasserhaltige Substanz. Angew. 0,1929 gr. S. ergaben 0,1263 gr. H:O = 5,9 °JoH

» nmn » » 0,2547 gr. CO2 = 36,01 0/0 C auf trockene S. berechnet = 44,4 %/o C.

Il. Wasserfreie Substanz. Angew. S. 0,1593 gr. ergaben 0,0928 gr. H:O = 6,47 °/o H.

» 0,2546 gr. CO2 = 43,0 0/0 C.

ANALYSEN. C H T. 44,4 7,2

Il. 43,6 6,5

UEBER PFEILGIFTE AUS DEUTSCH OST-AFRIKA 405

Aus diesen Analysen geht deutlich hervor, dass man es mit einem neuen « amorphen » Glycosid zu thun hat, da die von BRIEGER und anderen Forschern aus Acocanthera-Arten bisher isolirten « amorphen » Glycoside einen Kohlenstoffgehalt von einigen 5o %o hattcn; es ist also nicht identisch mit dem von BRIEGER benannten Abyssinin oder dem von ARNAUD beschriebenen « amorphen » Ouabain ». Leider gestattete uns die geringe Ausbeute an Material, ca. 3—5 gr. Gift-Syrup pro Kilo Holz, nicht genauere Untersuchungen der Spaltungsproducte anzustellen. Wie schon erwähnt, dreht die Flüssigkeit nicht die Polarisationsebene des Lichtes.

Nach vielen Vorversuchen bestimmten wir die Dosis letalis bei Tieren; und zwar betrug diese 2,4 mgr pro Kilo Meerschwein. Der Tod trat inner- halb 30 Minuten unter Brech- und Krampferscheinungen und Harn und Kotabgabe ein. Das Gift wurde dem Meerschwein unter die Bauchhaut gespritzt. Dieselbe Dosis pro Kilo Kaninchen zeigte ausser einigen vorüber- gehenden Lähmungserscheinungen der hinteren Extremitäten keine sicht- bareren Wirkungen. Dieses Glycosid anästhesirt im Gegensatz zu den früher beschriebenen nicht die Cornea und erweitert nicht die Pupille. Wir glauben ferner die Beobachtung gemach' zu haben, dass auch das reine Gift im Exsiccator und im Dunkeln aufgehoben im Laufe der Zeit an Gift- wirkung verliert. Dasselbe ist bereits von Forschungsreisenden über die Pfeilgifte berichtet worden. Der Giftsyrup auf 100° im Trockenschrank erhitzt ist vollständig ungiftig. Wurde eine Lösung des Glycosids mit ein Paar Tropfen verd. Salzsäure versetzt und auf 70° erwärmt so schieden sich nach einigen Stunden in der Kälte wenige Nadeln ab, die in Wasser und Alkohol leicht löslich sind. Etwa 2 mgr. dieser Nadeln aufgelöst und unter die Bauchhaut gespritzt töteten ein Meerschwein in ı Stunde ohne Brechreiz, unter allgemeinen Krampferscheinungen, wobei die Tiere hoch in die Luft geschleudert wurden. Der Brechreiz und die Zwerchfellkrampf- ‚.erscheinungen, wie sie bei den bisher beschriebenen Giften beobachtet wurde, war bei dem vorher besprochenen Körper nicht wahrzunehmen.

Natürlich waren wir bestrebt nicht nur die giftigen Principien dieser Acocanthera zu erforschen, sondern auch ein Mittel zu finden, dass im Stande ist, die starke Giftwirkung auf den Organismus aufzuheben. Da frühere Versuche der Immunisierung fehlschlugen, versuchten wir dies- mal auf fermentativen Wege, diese wichtige Frage zu lösen. Bekanntlich sind in verschiedenen Früchten, in denen giftige, resp. Giftgruppen

enthaltende Glycoside gefunden wurden, auch Fermente nachgewiesen, die

406 L. BRIEGER UND M. KRAUSE

diese Glycoside spalten, so z. B. ist in der Bittermandel das Glycosid Amygdalin und das Ferment, das Emulsin, enthalten. Dieses Ferment Emulsin spaltet das Amygdalin in Stärke und Blausäure. Wir vermuten daher, dass in dem Fruchtfleisch, das bei den früheren Arten von BRIEGER als nicht giftig befunden ist, auch ein Ferment enthalten ist, das das Glycosid der Pflanze spaltet. Wir hoffen dann durch Einspritzen der Fermentlösung eine Spaltung des Glycosids und auf diese Weise eine Aufhebung der Giftwirkung zu erzielen. Leider waren die uns mitgesandten Früchte nicht brauchbar, wie oben erwähnt, so dass wir die dahın zielenden Versuche verschieben müssen, bis einige neue Sendungen Früchte eintreffen.

Wir versuchten gleichzeitig mit dem Gift Fermentlösungen von Zymase und von Emulsin dem Tiere einzuspritzen, haben mit diesen Versuchen jedoch bis jetzt noch kein nennenswertes Resultat erreicht.

Berlin, Januar 1904.

MITTHEILUNG AUS DEM PHARMACOLOGISCHEN INSTITUTE DER UNIVERSITAT zu Buparest. (Pror. A. v. Bókay.)

Zur Glukuronsäure-Frage.

VON

Dr BÉLA v. FENYVESSY,

Assistenten am Institut.

Die Glukuronsäure wird allgemein als Oxydationsproduct des Traubenzuckers aufgefasst. Ucber ihre Entstehung im Tierkörper finden wir in der Litteratur zwei principiell entgegengesetzte Meinungen.

Nach SCHMIEDEBERG und Meyer (1) soll der Traubenzucker im Orga- nismus zunächst zu freier Glukuronsäure oxydirt und diese weiterhin für gewöhnlich vollständig verbrannt werden; wenn aber im Körper zur Paarung geeignete Substanzen vorhanden sind, soll die Glukuronsäure durch diese gebunden und vor der Verbrennung geschützt werden.

Im Gegensatze hiezu soll nach E. Fischer und PiLorYy(2) die Glukuronsäure nicht in freiem Zustande entstehen; es soll vielmehr ihrer Bildung eine Synthese des Traubenzuckers mit Alkoholen, Phenolen etc. vorangehen, und erst an diesen glukosidartigen Verbindungen die Oxydation des Zuckers zu Glukuronsäure erfolgen. Der principielle Gegensatz zwischen diesen beiden Auffassungen besteht darin, dass nach SCHMIEDEBERG und Meyer die Glukuronsäure eine physiologische, inter- mediiire Oxydationsstufe des Traubenzuckers, nach FiscHer und PiıLoTY aber cin, von der Anwesenheit paarungsfähiger Substanzen abhängiges, also rein zufälliges Stoffwechselproduct darstellt.

Beide Anschauungen beruhen auf theoretischen Betrachtungen, resp.

(1) Zeitschr. f. phys. Chemie, III, 422. (2) Ber. d. d. chem. Ges., XXIV, 521.

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XII. 30

408 v. FENYVESSY

auf in vitro ausgefiihrten Reactionen. Directe Tierversuche zur Erforschung der Bedingungen, unter denen Glukuronsáure gebildet wird, sind folgende:

THIERFELDER(1) fand in dem Harne von hungernden Kaninchen, denen er Chloralhydrat und tert. Amylalkohol verabreichte, reichlich gepaarte Glukuronsäuren, woraus er auf die Möglichkeit der Bildung von Glukuronsäure aus Eiweiss schloss. Gegen diesen Schluss erhob NEBEL- THAU(2) den Einwand, dass Kaninchen am 5.—6. Hungertage noch über Glycogen verfügen, folglich die von THIERFELDER gefundene Glukuron- säure auch aus diesen entstanden scin konnte. Dagegen spricht ein von KüLrz(3) mitgetcilter Hundeversuch ebenfalls für die Möglichkeit der Glukuronsäurebildung aus Eiweiss. LoEwı(4) versuchte die Frage, ob die Glukuronsäure unmittelbar aus Traubenzucher entsteht, mit Hilfe der Phlorizinvergiftung zu entscheiden. Er erzeugte durch passende Dosirung des Phlorizins eine maximale Zuckerausscheidung und nahm an, dass in diesen Fällen sämmtliche Ouellen der Zuckerbildung erschöpft waren. Würde nun der Organismus in diesem Zustande durch Kampher- verfütterung zu Glukuronsäurebildung angeregt, so müsste im Falle einer directen Entstehung der Glukuronsäure aus Traubenzucker die Ausscheidung des letzteren entsprechend abnehmen. Eine solche Gesetz- mässigkeit kam aber in seinen Versuchen nicht zum Vorschein, und so gelangte er zum Schlusse, dass « weder die Muttersubstanzen für die Glukuronsäure dieselben sind wie für den Zucker, noch dass die Säure aus diesem selbst entsteht. »

Gegen diese Beweisführung machte später Mayer geltend, dass die Voraussetzung von Loewi, als wenn der Kohlehydratvorrat seiner Versuchstiere erschöpft gewesen wäre, insofern nicht zutreffe, als Hunde, die lange Zeit unter dem Einflusse des Phlorizins stehen, noch ganz erhebliche Mengen Glycogen besitzen können; auch bemerkt er, dass die Zahlen, welche Loewi für den ausgeschiedenen Zucker und die Campho- glukuronsäurcanführt, nicht zuverlässig sein können, weil er der Thatsache, dass das linksdrehende Phlorizin zum Teil in den Harn übergeht, nicht Rechnung trägt.

Die bisher erwähnten Untersuchungen sprechen also dafür, dass die

Bildung von gepaarten Glukuronsäuren unabhängig von den Kohlehydraten

(1) Zeitschr. f. phys. Chemie, X, 163.

(2) Zeitschr. f. Biologie, XXVIII, 130.

(3) Cit. nach Naunyn : Diabetes mellitus (in NoTHNAGEL'S Spec. Path. u. Ther.), $. (4) Arch. f. exper. Pathol. und Pharm. XLVII, 50.

ZUR GLUKURONSAURE-FRACE 409

des Organismus vor sich geht. In einem ganz anderen Lichte erscheint de Frage nach den Versuchen von HILDEBRANDT und von MAYER.

HILDEBRANDT(!) machte im Laufe seiner schönen Untersuchungen über das Schicksal einiger Piperidin-Derivate im Tierkörper die Beobachtung, dass die Giftwirkung dieser Präparate durch schlechte Ernährung der Tiere erhöht, durch Verfütterung verschiedener Zucker- arten besondere derjenigen, die als Glycogenbildner am wirksamsten sind hingegen aufgehoben wird. HILDEBRANDT fand weiterhin, dass die erwähnten Gifte im Organismus unschädliche Verbindungen mit Glukuron- säure eingehen, und erklärt hieraus die günstige Wirkung des Zuckers, indem dieser die Glukuronsäurebildung vermehre. Die Menge der ausgeschiedenen Glukuronsäure hat jedoch HıLDEBrAnDT nicht bestimmt.

In den letzteren Jahren hat sich P. Mayer(1) besonders eingehend mit der Glukuronsäure-Frage beschäftigt. Es seien an dieser Stelle nur die principiell wichtigsten und hauptsächlich diejenigen Ergebnisse seiner Untersuchungen hervorgehoben, die auf dem Wege von Tierversuchen gewonnen wurden. Bezüglich der Abstammung der Glukuronsäure schliesst sich MAYER der Ansicht von SCHMIEDEBERG und MEYER an; er nimmt an, dass der physiologische Abbau des Traubenzuckers wenigstens zum Teil über die Glukuronsäure, als erste Oxydations- stufe seinen Weg nehme. Reicht die oxydirende Kraft des Organismus nicht aus, um den Zucker vollständig zu verbrennen, so nimmt die Menge dieses intermediären Productes zu. Eine solche Vermehrung der Glukuron- säurebildung konnte Mayer an Tieren durch künstliche Einschränkung der Atmung oder durch Verfütterung grosser Zuckermengen hervorrufen. Er suchte durch specielle Versuche zu beweisen, dass die von ihm beobachtete Mehrausscheidung von gepaarten Glukuronsäuren auf einer Zunahme der Glukuronsäure selbst und nicht etwa der Paarlinge (Phenol. Indol) beruht. Welch entscheidenden Einfluss der Kohlehydratgehalt des Organismus auf die Glukuronsäurebildung ausübt, geht nach Mayer auch daraus hervor, dass Hungerkauinchen nach Verfütterung von Campher weniger Glukuronsäure als normale Tiere ausscheiden, dass aber die Menge der Camphoglukuronsäure durch Eingabe von Zucker resp. von Glukuronsäure wieder auf die normale Höhe, ja sebst über die « theoretisch möglichen Grenzen » gebracht werden kann.

Ich komme bei der Schilderung meiner eigenen Versuche auf einige

(1) Arch. f. exper. Pathol. und Pharm. XLIV, 278. (2) Zeitschr. f. klin. Med. XLVII, 68.

410 v. FENYVESSY

Punkte der Maver’schen Untersuchungen noch zurück, und will hier nur die Polemik, die sich über die vorliegende Frage zwischen MAYER und BıaL(t) entspann, erwähnt haben. BıaL wies unter anderen darauf hin, dass gepaarte Glukuronsäuren auch mit den (menschlichen) Faeces ausgeschieden werden ; daher die Harnuntersuchung allein keinen sicheren Aufschlus über den ganzen Umfang der Glukuronsäurebildung erteilen könne; auch findet er die von Mayer angewandten Reactionen zu quantitativen Zwecken unbrauchbar. Bezüglich sonstiger Einzelheiten verweise ich auf das Original.

Versucht man nun, auf Grund der mitgeteilten Versuche eine Vorstellung über die Entstehungsweise, sowie über die biochemische Bedeutung der Glukuronsäure sich zurecht zu legen, so muss man zu zwei verschiedenen Auffassungen gelangen.

Nach THIERFELDER, Kürz oder Loewi wird die Menge der Glukuron- säure nicht von den vorräthigen Kohlehydraten, sondern von den paarungs- fähigen Substanzen bestimmt. Einen näheren Einblick in diesen Vorgang gestatten die bisherigen Untersuchungen wohl nicht, denn es lässt sich auf Grund derselben nicht sicher entscheiden, ob die Moleküle der Glukuronsäure als solche von den Eiweisskörpern abgespalten, oder von dem aus letzteren entstandenem Traubenzucker durch Oxydation gebildet, oder aber aus kleineren Atomcomplexen aufgebaut werden ; jedenfalls lässt sich nach diesen Versuchen aus der Menge der ausgeschiedenen gepaarten Glukuronsäuren kein Rückschluss auf das Schicksal des Traubenzuckers im Stoffwechsel ziehen. Auch erscheint bei dieser Auffassung eine künstliche Beeinflussung der Glukuronsäure-Synthese ev. im Sinne einer Entgiftung durch Verfütterung von Kohlehydraten aussichtslos. Anders nach Marer. Seine Versuche weisen darauf hin, dass der Umfang der Glukuronsäurebildung in engstem Zusammenhange mit der Menge resp. mit der Oxydation des Traubenzuckers steht; die Entstehung dieser Säure aus sonstigen Quellen ist zwar auch nach Mayer möglich, jedoch viel schwieriger und beschränkter. Es wäre demnach nach Mayer die Möglichkeit geboten, eine Vermehrung der Glukuronsäure und eine Entgiftung paarungsfähiger Substanzen durch Zufuhr von Zucker zu bewirken. Die Beobachtungen von HıLDEBRANDT könnten hiefür als die

entsprechenden experimentellen Beläge gelten.

(1) Bıar : Beitr. z. chem. Physiol. und Path. II, 528 und 532; Zeitschr. f. klin. Med. XLVII, 489; Mayer : Berlin. klin. Wochenschr., 1903, H., 13: BiaL und HUB8FR : ebenda, H., 18.

ZUR GLUKURONSÄURE-FRAGE 411

Angesichts der widersprechenden Litteraturangaben schien es mir geboten die vorliegende Frage einer weiteren experimentellen Priifung zu unterziehen. Ich fühlte mich hiezu umsomehr veranlasst, da ich schon vor längerer Zeit (vor der Maver’schen Publication) Versuche über die Bildung von gepaarten Glukuronsäuren unter pathologischen Verhältnissen anstellte und gelegentliche Beobachtungen an verschiedenartig ernährten Tieren machte, die in bestem Einklange mit den Angaben von THIERFELDER etc., nicht aber mit denjenigen von Mayer standen. Die Klarstellung der Frage war mir also die nothwendige Vorbedingung zu meinen später mitzuteilenden Untersuchungen.

Der Zweck der nachstehenden Versuche ist : festzustellen, wieweit die Bildung von gepaarten Glukuronsäuren durch den Kohlehydratgehalt des Organismus beeinflusst wird. Es sollen hauptsächlich die zwei extremen Fälle besprochen werden, nämlich : die Bildung von gepaarten Glukuron- säuren ı) bei möglichst volkommenem Glycogenmangel, 2) bei über- mässiger Zuckernahrung resp. bei alimentärer Glukosurie. Der Gang meiner Versuche stimmt im Wesentlichen mit den früheren Forschungen überein, nur suchte ich die im Laufe der Zeit zu Tage geförderten Fehler- quellen auszumerzen. Es sei noch bemerkt, dass ich die angeblichen Quellen der Glukuronsäure bei meinen Versuchen wohl vor Augen behielt; dabei jedoch des Umstandes eingedenk war, dass die Menge der ausgeschiedenen gefaarten Glukuronsäuren nicht nur von den Entstehungs- bedingungen der Glukuronsäure allein, sondern auch von denen der betreffenden Paarlinge beeinflusst werden kann, sowie auch von dem Vorgang der Synthese und von der Tätigkeit der Ausscheidungsorgane.

Beschreibung der Versuche.

Sämmtliche Versuche wurden an Kaninchen ausgeführt. In der Normalperiode wurden sie mit Hafer ernährt; die wichtigsten Versuche wurden aber zur Controlle auch an mit Kohl ernährten Thieren _wiederholt. Um eine ausgiebige Glukuronsdureausscheidung hervorzurufen, verabreichte ich den Thieren zumeist Campher; in einer Reihe von Ver- suchen kam Chloralhydrat, Phenol oder Carbostyril zur Anwendung. Von dieser zuletzt genannten Substanz wies ich in einer früheren Arbeit(1) nach, dass sie Curareartig wirkt und sich teils mit Glukuronsäure, teils mit Schwefelsäure paaıt. Der 24-stündige Harn wurde mittelst Katheter oder durch Abpressen genommen und der Kiifig mit destillirtem Wasser nach-

(1) Zeitschr. f. phys. Chemie, XXX, 552.

412 V. FENYVESSY

gespült. Die Harnuntersuchung begann 1—2 Tage vor dem eigentlichen Versuche und wurde nachher so lange fortgesetzt, bis sich der Harn wieder als normal erwies. Er wurde jedesmal auf Zucker und Eiweiss gepriift; bei positivem Ausfall der entsprechenden Proben wurde der Zucker vergohren, das Eiweiss durch Aufkochen (ev. unter Zusatz von Essigsäure und NaCl) entfernt. Controllversuche zeigten, dass die gepaarten Glukuron- säuren, mit denen ich zu thun hatte, durch dieses Verfahren nicht angegriffen werden.

Der zucker- und eiweissfreie Harn wurde mit Bleizucker geklärt, um nun die gepaarten Glukuronsäuren polarimetrisch bestimmen zu können. Die an einer Harnprobe abgelesene Ablenkung wurde auf die Gesammt- Harnmenge berechnet und das Ergebnis in Traubenzuckerwerten aus- gedrückt. Auf eine Umrechnung auf Glukuronsdure (s. bei Mayer) habe ich unter anderen aus dem Grunde verzichtet, weil das für die wässerige Lösungen der einzelnen gepaarten Verbindungen resp. deren Salze ermittelte spec. Drehungsvermögen für ihre Lösungen im Harn nicht unbedingt maasgebend ist; bei den Campherversuchen besonders darum nicht, weil es nach SCHMIEDEBERG und MEYER drei verschiedene Camphoglukuronsäuren gibt (l. c.).

Die Bestimmung der gepaarten Glukuronsäuren im Kote nahm ich im alkoholischen, schliesslich im Wasser gelösten Kotextract vor, nachdem ich von der Zulässigkeit dieses Vorganges auf folgende Weise mich über- zeugt hatte. Ich habe zunächst durch eine Reihe von Versuchen festgestellt, dass die linksdrehenden Substanzen dem eingedampften Campherharn durch wiederholtes Auskochen mittelst 96 °/o-igem Alkohol quantitativ entzogen werden können. Es enthielt z. B. Kaninchenharn nach Verfütte- rung von 2 gr. Campher in nativem Zustande untersucht, 2,58 gr. Camphoglukuronsäure (auf die Gesammtmenge berechnet). Ich hatte nun einen Teil des Harnes auf dem Wasserbade eingedampft, 4 mal mit Alkohol ausgekocht, den Auszug vom Alkohol befreit, mit wenig Wasser verdünnt und mit Bleizucker versetzt. Das Filtrat enthielt nach der ` polarimetrischen Bestimmung (2,64 gr.). Behandelte ich den Kot normaler Kaninchen auf derselben Weise, so erhielt ich immer optisch inactive Extracte; wurde aber dem Kote vorher Campherharn von bekanntem Glukuronsäuregehalt zugesetzt, so konnten in dem Gemisch dielinksdrehenden Substanzen mitdem beschriebenen Verfahren quantitativ bestimmt werden. Ich habe nun in 5 Versuchen nach Verfütterung von ı— 1,5 gr. Campher sowohl den Harn, als auch den Kot sonst normal ernährter Tiere untersucht. Der Koth erwies sich jedesmal optisch

ZUR GLUKURONSAURE-FRAGE 413

inactiv, Bei den Hungerversuchen konnten fir die Ausscheidung der gepaarten Glukuronsiuren schon von vornherein nur die Nieren in Betracht kommen, da selbst unter den Tieren, die, mit Maulkorb versehen, ihren . Kot nicht fressen konnten, am g—13 Carenztage sich kein Kot mehr fand. Bei solchen Tieren, welche wie später ausführlicher beschrieben wird grosse Zuckermengen per os erhielten, fand ich den Kot, so lange er von normaler Menge und Consistenz war, ebenfalls optisch inactiv. Trat Durchfall ein, so musste der Versuch aus naheliegenden Gründen als unbrauchbar, betrachtet werden.

Nach alledem glaube ich behaupten zu dürfen, dass in meinen Versuchen die Gesammtmenge der gebildeten gepaarten Glukuronsäuren mit dem Harn ausgescheiden wurde. In den nachstehenden Protokollen werden daher nur die Harnbefunde angegeben.

Die Ergebnisse der qualitativen Zucker- und Eiweissproben waren folgende. Dem normalen Kaninchenharne kommt, bekanntlich, eine geringe Reductionsfähigkeit zu, auch enthält er gewöhnlich Spuren von Eiweiss. Bei Hungertieren fand ich den Eiweissgehalt des Harnes meistens deutlich vermehrt; Glykosurie habe ich bei diesen Tieren ohne sonstige Behandlung nicht beobachtet; dagegen trat eine solche in den Zuckerversuchen fast ausnahmslos auf. Von den untersuchten gepaarten Glukuronsäuren war die Urochloral- und die Carbostyril-Glukuronsäure sehr oft von gährungsfähigem Zucker begleitet; die Phenylglukuronsäure dagegen nicht. Unter etwa 5o Campherversuchen (worin die mit gleich- zeitiger Zuckerverfütterung nicht inbegriffen sind) trat Glykosurie nur

dreimal, und zwar bei einem normalen und zwei Hungertieren auf

Die Ausscheidung von gepaarten Glukuronsäuren bei normal ernährten Kaninchen nach Eingabe von paarungsfähigen Substanzen.

Den normalen Harn fand ich in der Mehrzahl der Fälle optisch inactiv; hie und da beobachtete ich eine gerinfügige Linksdrehung, die in maximo 0,1 ®/o entsprach. Vielleicht lassen sich diesem letzteren Umstande die aus den Nachstchenden ersichtlichen Schwankungen zuschreiben.

Die Menge der ausgeschiedenen Camphoglukuronsäure betrug nach ı gr. Campher (in Sesamöl per os oder subcutan), in ı8 Fällen: 1,10—1,20 gr.; in 7 Fällen : 1,20 - 1,30 gr.; in 3 Fällen : 1,30—1,35 gr.; nach 1,5 gr. Campher, in 3 Fällen : 1,65—1,75 gr.; nach 2 gr. Campher, in 3 Fällen : 2,6—2,8 gr.

414 V. FENYVESSY

Vergleicht man diejenigen Versuche, welche an demselben Tiere ausgeführt wurden, so sind die Schwankungen viel geringer.

Nach Verabreichung von 0,5 gr. Chloralhydrat (in wässeriger Lösung per os) wurden ausgeschieden, in 8 Fällen : 0,55—0,70 gr.; nach 0,75 gr. Chloralhydrat, in 12 Fällen : 1,0—1,2 gr.; nach 1 gr. Chloralhydrat, in 10 Fallen: 1,55—1,75 gr.

In den Phenolversuchen wurden gefunden : nach 0,3 gr. Phenol (in 2 o/„iger Lösung per os), in 6 Fällen : 0,8—0,9 gr. ; nach 0,4 gr. Phenol, in 6 Fällen : 1,25— 1,35 gr.; nach 0,5 gr. Phenol, in 3 Fällen : 1,50—ı,60 gr.

Die Ausscheidung der gepaarten Verbindungen war in den Chloral- und Phenolversuchen immer innerhalb 24 Stunden beendet. Dasselbe war der Fall nach geringeren Campherdosen. Dagegen konnte im Harne nach Darreichung von 2 gr. Campher gewöhnlich noch nach 48 Stunden Camphoglukuronsäure nachgewiesen werden (Linksdrehung, Campherol- geruch bei der Spaltung).

Die Ausscheidung von gepaarten Glukuronsäuren bei Hungerkaninchen.

Wie eingangs erwähnt, constatirten THIERFELDER und Küız bei Hungertieren eine reichliche, Mayer hingegen in drei Campherversuchen am 9—13 Carenztage eine deutlich, etwa um 5o % verminderte Bildung von Glukuronsáure. An einem dieser Tiere konnte MaYEr die Menge der Camphoglukuronsäure nachträglich mit Hilfe von 10 gr. Traubenzucker wieder auf die normale Höhe, bei einem zweiten durch Eingabe von 7 gr. glukuronsaur. Natron sogar « über die theoretisch möglichen Grenzen » steigern. R

Die Abnahme der Glukuronsäurebildung schreibt Mayer dem Glycogenmangel zu obwohl er die Organe daraufhin nicht untersuchte. Hätte es sich aber herausgestellt, dass die Versuchstiere von MAYER nach der langen Carenz und nach Ausscheidung immerhin beträchtlicher Glukuronsäurenmengen noch über Glycogen verfügten, so würde die Ursache der von Mayer beobachteten Abnahme der gepaarten Glukuron- säuren nicht mehr so klar liegen. Ich habe thatsächlich in einer Reihe von Fällen am Ende der jeweiligen Hungerperiode noch wägbare Glycogen- mengen in den Organen gefunden (nach der von PFLüGEr modificirten Methode von BrÜückeE-Kürz). Ich verfüge jedoch auch über einige Versuche in denen der Glycogenschwund ein vollständiger war.

Die Resultate meiner Hungerversuche sind aus den nachstehenden Protokollen ersichtlich.

ZUR GLUKURONSAURE-FRAGE 415

Versuch I.

16. X. 1902. Kaninchen von 1600 gr. Körpergewicht.

Menge der ausgeschiedenen gepaarten en nach Darreichung von ı gr. Campher bei normaler Ernährung: 1,22 gr.; amg. Hungertage, nach ı gr. Campher: 1,23 gr.; am 13. Hungertage, nach 1 gr. Campher : 1,20 gr. Am 15. Hungertage tritt nach der Verabreichung vom 1 gr. Campher Durchfall auf; Faeces riechen nach Campher ; im Harne gefunden : 0,87 gr. Das Thier wiegt jetzt 1000 gr. Leberglycogen : 0,03 gr.; Muskelglycogen : 0,14 gr.

Versuch II. 2. XI. Kaninchen von 1800 gr. Nach je ı gr. Campher werden ausgeschieden gepaarte Glukuronsäuren : normal:

1,15 gr.; am 10. Hungertage : 1,26 gr.; am 12. : 1,14 gr. Körpergewicht : 1250 gr., Leber u. Muskel glycogenfrei.

Versuch III. 5. XI. Kaninchen von 2050 gr. Nach je 1 gr. Campher ausgeschieden : normal : 1,30 gr.; am ıı. Hungertage :

1,35 gr.; am 13. Hungertage erhält das Tier 1/2 Stunde vor der Camphergabe 1o gr. Dextrose. Durchfall. Harnbefund : 0,80 gr. Glycogen nicht bestimmt.

Versuch IV. 10. XII. Kaninchen von 2100 gr. Jedesmalige Campherdosis : 1 gr. ausgeschieden ; normal : 1,12 gr.; am 11. Hunger- tage: 1,15 gr.;am 13.: 1,12 gr.; am 16.: 1,15 gr. gepaarte Glukuronsäuren Körper- gewicht : 1450 gr., Leber glycogenfrei; Muskel enthalten 0,22 gr.

Versuch Y. 3. I. 1903. Kaninchen von 1920 gr. Auf Campherdosen von je 1 gr. ausgeschieden : normal : 1,15 gr.; am 10. Hunger- tage : 1,25 gr. Körpergewicht : 1350 gr. Leber glycogenfrei, Muskel nicht untersucht,

Versuch VI. 19. I. 1903. Kaninchen von 3000 gr. Campherdosis 1,5 gr. ausgeschieden : normal : 1,76 gr. Bei Wiederholung des Versuches am 12. Hungertage war die Ausscheidung erst nach 48 Stunden beendigt; im ganzen : 1,80 gr. Körpergewicht : 1850 gr. Leber und Muskel glycogenfrei.

Versuch VII. 27. III. Kaninchen von 1700 gr. Campherdosis : 1,5 gr. ausgeschieden : normal : 1,67 gr. Am 7. Hungertage Strychninkrämpfe während ı ı/2 Stunden. Am 8. Hungertage : 1,5 gr. Campher ; im. Laufe von 48 St. ausgeschieden : 1,76 gr. Leber und Muskel glycogenfrei.

Versuch VIII. ı. IV. Kaninchen von 1450 gr.

Campherdosis : ı gr. ausgeschieden ; normal : 1,26 gr. Am 6. und 7. Hungertage,

416 v. FENYVESSY

Strychninkrampfe. Am 8. Hungertage 1 gr. Campher; ausgeschieden : 1,31 gr. Leber- glycogen : 0; Muskelglycogen : 0,13 gr. Versach IX.

8. IX. Kaninchen von 1430 gr. Auf je 0,40 gr. Phenol werden ausgeschieden : normal: 1,40 gr. gepaarte Glukuron-

siuren; am 7. Hungertage : 1,32. Körpergewicht : 1200 gr. Glycogen nicht bestimmt.

Versuch X.

30. X. Kaninchen von 1700 gr.

Phenoldosis je 0,30 gr. ausgeschieden : normal : 0,82 gr. Am 12. Hungertage : 0,78 gr. Körpergewicht : 1320 gr. Glycogen nicht bestimmt.

Zur Ergänzung der mitgeteilten Daten seien bemerkt : Es wurden sämmtliche Versuche angeführt ; nur 5 Chloralversuche blieben unerwähnt, mit Rücksicht auf die von NEBELTHAU(!) zuerst festgestellten Glycogenanhäufung. Sie fielen übrigens ganz in demselben Sinne, wie die Angeführten, aus. Während der Hungerperiode erhielten die Tiere nur Wasser und an bestimmten Tagen Campher resp. Phenol. Es wurde durch geeignete Maasregelndie Möglichkeiteiner Nahrungszufuhr ausgeschlossen. Die Menge der gepaarten Glukuronsäuren wurde in Traubenzuckerwerten ausgedrückt; die polarimetrisch untersuchten Harnproben waren Eiweiss- und Zuckerfrei. Die Ausscheidung war in allen Fällen, wo im Protokolle keine besondere Bemerkung angefügt ist, innerhalb 24 Stunden beendet.

Es stimmen somit die Resultate meiner Hungerversuche sámmtlich volkommen überein. Die Kaninchen schieden in der Carenz, selbst bei völligem Glycogenmangel ebensoviel gepaarte Glukuronsäuren aus, als beı normaler Ernährung. Eine Abnahme wurde nur in jenen beiden Versuchen (I. und III.) constatirt, wo der eingegebene Campher in Folge der Diarrho& der Resorption entgangen war.

Die Ursache des Gegensatzes zwischen den Mayer’schen Versuchs- ergebnissen und den meinigen lässt sich auf Grund der Literaturangaben schwer feststellen. Aus eigener Erfahrung möchte ich nur auf zwei mögliche Fehlerquellen hinweisen. Einerseits habe ich bei zwei Hunger- tieren nach Eingabe von Campher Glycosurie beobachtet; dies kommt bei normal ernährten Kaninchen sehr selten vor und kann deshalb leicht übersehen werden. Wichtiger erscheint mir aber die in den Protokollen VI und VII angegebene Verzögerung der Glukuronsäureausscheidung. Man konnte hiedurch bei zu kurzer Beobachtungsdauer die Vorstellung

(1) Zeitschr. f. Biol., XXVIII, 138.

ZUR GLUKURONSÄURE-FRAGE 417

einer verminderten Glukuronsäurebildung gewinnen. Würde nun eine neue Campherdosis zu einer Zeit verabreicht, wo die vom früheren Versuch herrührende Camphoglukuronsäure noch nicht gänzlich aus- geschieden ist, so könnte zu dieser die neuerdings gebildete hinzutreten sintemal die Ausscheidung durch Zuckerverfütterung beschleunigt wird und so eine unerwartet grosse Gesammtmenge vortäuschen.

Inwieweit diese Vermutungen für die Angaben von Mayer zutreffen, will ich nicht entscheiden; jedenfalls muss ich aus meinen zahlreichen, vollkommen congruenten Versuchen den Schluss ziehen, dass sich das glycogenfreie Kaninchen hinsichtlich seiner Fähigkeit, gepaarte Glukuronsäuren zu bilden, dem normalen Tiere gleich verhält.

Die Ausscheidung von gepaarten Glukuronsäuren bei übermässiger Zuckernahrung.

Nach Mayer kann, die Glukuronsäurebildung durch Verfütterung von Traubenzucker erhöht werden. Meine Versuchstiere erhielten bei sonst normaler Nahrung grosse Mengen von chemisch reinem Trauben- zucker (Merck). Es tyat hiebei bei vielen Tieren heftiger Durchfall ein; der Glukuronsäuregehalt des Harnes war in diesen Fällen stets deutlich vermindert In den nachstehenden Protokollen sind nur solche Versuche angeführt, in denen der Stuhlgang ein normaler war (trockene Scybala). Um Wiederholungen zu vermeiden, sei es noch bemerkt, dass in sämmt- lichen angeführten Fällen Glycosurie, hie und da auch Albuminurie bestand, dass aber die polarimetrische Untersuchung immer am entzuckerten und von Eiweiss befreiten Harn ausgeführt wurde.

Versuch I. 6. IV. 1902. Kaninchen von 2500 gr. 30 gr. Dextrose (in zwei Dosen). 7. IV. Harn nach der Vergährung optisch inactiv.

Versuch II, 16. IV. Kaninchen von 1750 gr. Innerhalb 48 Stunden, 80 gr. Dextrose (in 4 Dosen). Am ersten Tage breiige Faeces, am zweiten wieder normaler Stuhlgang. Harn (vergohren) optisch inactiv.

Versuch III.

30. X. Kaninchen von 2420 gr.

25 gr. Dextrose; eine Stunde später 1 gr. Chloralhydrat; 31. X. Harnbefund (nach der Vergährung) : 1,67 gr. gepaarte Glukuronsäuren; 5. XI. : 1 gr. Chloral (kein Zucker); 6. XI. : 1,70 gr.

Versuch IV.

9. II. 1903. Kaninchen von 2000 gr. |

1 gr. Chloralhydrat : 1,55 gr. gepaarte Glukuronsäuren; 12. I. 20 gr. Dextrose +1 gr.

418 V. FENYVESSY

Chloralhydrat : 1,43 gr. Der Zucker + Chloral-Versuch wird noch dreimal wiederholt : 15. 1. : 1,55 gr.; 20. I. : 1,32 gr.; 25. I. : 1,60 gr. gepaarte Glukuronsäuren. 7 weitere Chloralversuche mit ähnlichem Erfolg sollen nicht ausführlich beschrieben werden. Versuch V. 2. III. Kaninchen von 1600 gr. ı gr. Campher : 1,25 gr. gepaarte Glukuronsáuren; 5. III. 25 gr. Dextrose + 1 gr. Campher : 1,15 gr. Versuch VI. 10. 111. Kaninchen von 1820 gr. 1 gr. Campher : 1,16 gr.; 12. III. 20 gr. Dextrose +3 gr. Campher : 1,24 gr.

Versuch VII. 18. III. Kaninchen von 1450 gr. 1 gr. Campher : 1.22 gr.; 20. III. 25 gr. Dextrose -+ 1 gr. Campher : 1,20 gr.

Versuch VIII. 1. XII. 1902. Kaninchen von 1500 gr. (SO4 nach BAUMANN).

SO4 a SO4 6 gep. Glukuronsiure 0,380 gr. 0,0380 gr. Vorperiode . . . . . . . . . 0,350 » 0,0343 » 0,640 » 0,8560 » Nach 0,5 gr. Phenol . . . . . . 0,385 » 0,1107 » 1,60 gr. | 0,680 » 0,0321 » Nachperiode . . . . . . . . 0,560 » 0,0433 » a Nach 20 gr. Dextrose +- 0,5 gr. Phenol 0,471 » 0,1359 » 1,55 gr. Versuch IX. 4. 1. 1903. Kaninchen von 1800 gr. SOy a SO4 5 gep. Glukuronsaure Normal. « 4 % ss à @ aS 4 0,3380 gr. 0,0187 gr. Nach 0,7 gr. Carbostyril. . . . . 0,1503 » 0,0769 » 0,94 gr. 0,2211 » 0,0135 » Normal . ? 0,2820 » O,OI9I » Nach 25 gr. Dextrose--o,7 gr.Carbostyril 0,1724 » 0,0773 » 0,90 gr.

Wie aus den obigen Daten ersichtlich, trat in meinen den MaYEr'schen ganz analogen Zuckerversuchen niemals eine Vermehrung der gepaarten Glukuronsäuren ein. Ich kann also die Angaben von Mayer auch in dieser Hinsicht nicht bestätigen. Würde ich nun auch zugeben, dass die Trauben- zuckerzufuhr unter ganz bestimmten Bedingungen (über welche ich mir indess aus Mayer’s Mitteilungen keine Vorstellung machen kann) zu einer Zunahme der gepaarten Glukuronsäuren (denn solche, und nicht frere Säure, wurden in den entsprechenden Versuchen von MAYER nachgewiesen) führen kann, so ergäbe sich die weitere Frage, ob es geboten sei hieraus

auf eine Vermehrung der Glukuronsäure sclbst zu schliessen,

ZUR GLUKURONSAURE-FRAGE 419

Zu diesem Schluss gelangt nämlich Mayer auf Grund folgender Erwägung. Im normalen Harne befinden sich Phenol und Indol, also Substanzen, welche geeignet sind sowohl mit Schwefelsáure, als auch mit Glukuronsäure Synthesen einzugehen. Gewöhnlich überwiegt die erstere Verbindung; tritt aber die Glukuronsäure in erhöhter Menge auf, so “werden die Phenole etc. der Paarung mit H2SOs entzogen; die Mehr- bildung von gepaarten Glukuronsäuren hat demnach eine Abnahme der Aetherschwefelsäuren zu Folge. Dies soll noch Mayer in dem folgendem Versuche zum Ausdruck kommen (l. c. S. 95): Ein 2640 gr. schweres Kaninchen erhält bei sonst gleichmássiger Ernáhrung (400 Kohl, 300 Mohrriiben) im Laufe von 2 Tagen 80 gr. Glukose. Im 48-stiindigen Harne werden Phenole, Aetherschwefelsäuren und gepaarte Glukuron- säuren bestimmt. Indoxyl wird nicht gefunden, folglich kommen als paarungsfähige Substanzen nur die Phenole in Betracht; ihre Menge ist während des ganzen Versuches ziemlich constant und beträgt im Mittel 0,005 gr. Die Aetherschwefelsiiureausscheidung nimmt in der Zucker- periode etwa um 25 % der normalen Werthe ab (doch sind die Schwan- kungen auch in der Vorperiode sehr gross); der entsprechende Anteil der Phenole sollte also an Glukuronsäure gebunden sein. Dem würden etwa 0,004 gr. Phenylglukuronsäure entsprechen. Nun ist es ganz unmöglich dieser minimalen Menge die gleichzeitig gefundene erhebliche Links- drehung von 0,5 °/, zuzuschreiben. Es handelt sich hier also entweder um Beobachtungsfehler, oder es müssten unbekannte paarungsfähige Substanzen auftreten. In letzterem Falle könnte aber die Vermehrung der Glukuronsäure nicht mehr als ein von der Paarung unabhängiger Vorgang, auch nicht als direkte Folge der unvollkommenen Zuckerverbrennung gedeutet werden.

Mayer's angeführter Versuch ist also zur Bekräftigung der von ihm aufgestellten Hypothese nicht geeignet. Meine Versuche VIII und IX zeigen aber direct, dass die von MAYER angenommene Substituirung der Schwefelsäure mit Glukuronsäure unter dem Einfluss von Traubenzucker nicht stattfindet.

Aus meinen Untersuchungen ergeben sich folgende Schlüsse :

Die Höhe der Glukuronsäurebildung wird nicht von dem Kohlehydrat- gehalt des Organismus, sondern von der Menge der paarungsfähigen Substanzen bestimmt. Meine Versuche, sowie die meisten früheren Beobachtungen, sprechen gegen die spontane Entstehung und gegen die selbständige Existenzfähigkeit der Glukuronsáure; ich muss daher

420 v. FENYVESSY

annehmen, dass zu ihrer Bildung die Mitwirkung paarungsfahiger Sub- stanzen unerlasslich ist. Die von Fiscuer und PiLoTY angegebene Erklärung dieses chemischen Processes steht mit den Ergebnissen meiner Tier- versuche in gutem Einklauge. (Der Umstand, dass glycogenfreie Tiere gepaarte Glukuronsáuren bilden kónnen, schliesst nicht aus, dass man die Glukuronsáure unmittelbar aus Traubenzucker enstanden sich denke, da doch die Möglichkeit fiir eine Zuckerbildung bei Glycogenmangel experi- mentell erwiesen ist.)

Käme in gewissen Fällen eine pathologisch vermehrte oder verminderte Ausscheidung von gepaarten Glukuronsäuren zur Beobachtung, so würde man hieraus nicht direct auf Störungen der Kohlehydratstoffwechsels schliessen dürfen; man müsste eher an eine pathologische Vermehrung paarungsfähiger Substanzen, an einen veränderten Verlauf der Synthese (siehe Synthesenhemmung durch Diamine, Pont (1)) oder an ungewöhnliche Resorptions- und Ausscheidungsverhältnisse denken.

Anhang.

Ich hatte im Laufe meiner Untersuchungen reichlich Gelegenheit, den Einfluss des Hungerns einerseits und der Zuckerverfütterung anderer- seits auf die Wirksamkeit glukuronsäurebindender Gifte zu beobachten. Ich kann die Angaben von H1ILDEBRANDT soweit bestätigen, dass die Kaninchen Chloral, Phenol und Carbostyril in der Carenz viel schlechter, nach Zufuhr grosser Zuckermengen dagegen viel besser vertragen, als bei normaler (Hafer-)Nahrung. Diese Aenderungen der Wirkungstärke wurden ‚aber gewiss nicht von einer Abnahme resp. von einer Vermehrung der Glukuronsäurebildung bedingt, da die Menge der ausgeschiedenen gepaarten Verbindungen in den schwersten Vergiftungsfällen sowie in den leichtesten gleich gross war. Ich behalte mir vor auf die toxicologische Beziehungen der Glukuronsäurefrage zurückzukommen. An dieser Stelle sei nur noch bemerkt, dass das verschiedene Verhalten der Hunger- und der Zuckertiere gegen Gifte auch ohne Berücksichtigung der Glukuron- säurebildung erklärlich ist. So erweisen sich Hungertiere auch gegen solche Gifte als minder resistent, die mit der Glukuronsäure nichts zu tun haben; ich kann dies aus eigener Erfahrung z. B. für das Morphin angeben. Bei der Verfütterung grosser Zuckermengen kommen wieder Aenderungen der Saftströmung, der Resorption und der Ausscheidung als Momente in Betracht, welche die Wirksamkeit gleichzeitig zugeführter

Gifte zu beeinflussen vermögen.

(1) Arch. f. exper. Path. und Pharm., XLI, 97.

AUS DEM PHARMAKOLOGISCHEN INSTITUT DER UNIVERSITAT JENA. (Dir. : Pror. Dr Kıonka.)

Ueber die Einwirkung von Alkalien auf den Stoffwechsel fleischgefütterter Hühner

VON

FRIEDRICH BAHRMANN,

Assistenzarzt an der psychiatrischen Klinik in Jena.

Die vorliegende Arbeit erscheint im Anschluss an diejenigen, welche Kıonza (1) über Erzeugung von Gicht bei Vögeln durch Fleischfütterung veröffentlicht hat.

Die grundlegende Arbeit war dieim Archiv für experimentelle Patho- logie und Pharmakologie erschienene Schrift : « Entstehung und Wesen der Vogelgicht und ihre Beziehungen zur Arthritis urica des Menschen ». Ausgehend von der schon lange bestehenden Vermutung, dass die Entstehung der Gicht beim Menschen häufig mit den durch allzureichlichen Fleischgenuss bei dazu disponierten Personen hervorgerufenen Stoff- wechselstörungen zusammenhänge, ausgehend ferner von der Tatsache, dass bei domestizirten Vögeln (Hühnern, Raubvögeln in zoologischen Gärten etc.) und zwar gerade bei denen, die entweder ausschliesslich Fleisch oder doch neben anderem Futter beträchtliche Mengen von Fleisch fressen, echte Gicht beobachtet worden ist, kam Kıonka zu dem Schluss, dass sich bei Vögeln die Gicht auch experimentell durch geeignete Veränderung der Fütterung hervorrufen lassen müsse. In der experimentellen Erzeugung von Gicht oder gichtähnlichen Zuständen bei Vögeln waren ihm schon GaLvanı (2), ZALESKY (3), CHRONSCZEWSKY (4), PAWLINOFF (5), VON SCHRÖDER (6), CoLASANTI (7), EBSTEIN (8), von Kossa (9) u. a. vorangegangen, indem die ersten fünf Autoren durch Unterbindung

422 FRIEDRICH BAHRMANN

der Ureteren Uratstauungen hervorriefen, Epstein vermittelst der durch subkutane Injection von neutralem chromsaurem Kali, von Kossa durch Einverleibung von Chromsäure, Oxalsäure, Carbolsäure, Aceton, Aloïn, Sublimat und selbst Zuckerarten hervorgerufenen Schädigungen des Nierenparenchyms dasselbe Ziel erreichten. Gegen diese Art von Versuchen lassen sich allerdings berechtigte Einwendungen machen und sind auch in der Folge namentlich von LikHATSCHEFF (10) gemacht worden, indem dieser ausführt, dass die Necrosen in den Geweben, welche von manchen Autoren und besonders von EBsTEin (8) als das Wesentliche und Primäre bei den gichtischen Veränderungen der Gewebe angesehen werden, in den Fallen von Ureterunterbindung nicht unbedingt durch die gestaute Harn- säure hervorgerufen sein müssen, sondern auch anderen mit dem Harn gleichzeitig zurückgehaltenen Substanzen ihre Entstehung verdanken können, ausserdem sei die Harnsäurestauung so gross, dass sie mit der geringfügigen, wie sie bei Gicht vorkomme, nicht verglichen werden könne. Die bei Injectionen aufgetretenen Necrosen könnten auch durch die injicerte Substanz verursacht sein und nicht durch die Giftwirkung der Harnsäure. Demgegenüber musste der Gedanke Kıoxka’s erhebliche Vorteile bieten, wenn es gelang auf sozusagen physiologischem Wege gichtische Veränderungen hervorzurufen.

Auf Grund seiner oben angeführten Erwägungen fütterte also Kıonka (I) eine Reihe von Hühnern ausschliesslich mit Fleisch und es gelang ihm, das Bild der « echten Gicht » bei den Hühnern zu erzielen. Die Veränderungen, welche die Hennen an den Gelenken, in den Organen makroskopisch und mikroskopisch darboten, entsprechen, wie auch BANNES (11) in seiner Arbeit : « Das Wesen der genuinen und künstlichen Vogelgicht und deren Beziehungen zur Arthritis urica des Menschen » des Weiteren erwiesen hat, denjenigen Befunden, welche man bei genuiner Geflügelgicht beobachtet. In den Gelenken verschiedener Hühner fanden sich echte Tophi, deren Inhalt : « bröckliche weisse Massen », durch die mikroskopische Untersuchung und durch die Murexidprobe sich als eine Uratanhäufung erwies. Das Integument über den erkrankten Gelenken war schwer verändert. Auf den serösen Häuten, der Pleura und dem Bauchfell fanden sich weisse Pünktchen, welche aus Kristallnadeln zusammengesetzt waren und die Murexidprobe ergaben.

Die mikroskopischen Befunde des Kıonka’schen Materials hat Bannes (11) neben 3 Fallen von genuiner Vogelgicht, im Vergleiche mit 2 normalen Hennen und 3 Hennen, bei denen Uratstauung durch Ureteren- unterbindung herbeigeführt wurde, in einer Dissertation bearbeitet. Er

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fand bei den fleischgefütterten Hühnern geringe entzündliche Verände- rungen mit teilweise ausgesprochenen herdweisen Necrosen, sowie Eisen- einlagerungen in Gestalt von Ferri- und Ferrosalzen in Leber und Nieren. Die Harnsäureablagerungen waren wegen der Art der Aufbewahrung, (Formalin), nicht mehr vorhanden, doch fand Kıonka in frischen Präparaten viele Uratkügelchen in den Nierenkanälchen konnte aber in den daraufhin untersuchten Leber und Nieren keine nadelförmigen Ablagerungen feststellen.

Der Stoffwechsel der Hühner, über welchen Kıonka in einer besonderen Arbeit : « Zur Kenntnis des Stoffwechsels fleischgefütterter Hühner » berichtet, zeigt bemerkenswerte Veränderungen. Zunächst werden die Faeces dieser Hühner wie bei allen karnivoren Vögeln dünn- flüssig im Gegensatz zu denjenigen anderer Hühner, die mit Körnern gefüttert werden, deren Exkremente geknäuelt, wurstförmig und ziemlich trocken sind. Die Menge des abgegebenen Wassers steigt beträchtlich, aber auch die Trockensubstanz nimmt etwas zu. Unter den Bestandteilen der letzteren ist es hauptsächlich die Harnsäure, die bis zum zehnfachen der Norm steigt. Die Hühner nehmen, obwohl sie reichliche Nahrung erhalten (150 gr. Fleisch) nach einer kurz dauernden Zunahme beständig an Körpergewicht ab, obwohl die N Bilanz nicht immer negativ gewesen sein kann, denn Kıonka giebt als minimale N Ausscheidung 2,449 gr. an, während die tägliche Aufnahme mit der Nahrung ca. 3,44 gr. betrug. Der ausgeschiedene N fällt grösstenteils der Harnsäure zu, die in Mengen bis zu ıı gr. und etwas darüber täglich zur Ausscheidung gelangte.

Die Frage nach dem Wesen der Gicht beantwortet Kıonka (1) so, dass die Harnsäure, der wesentliche Factor bei der Entstehung der Gicht, in seiner Bildung beeinflusst wird durch die Art der Nahrung; dass eine längere Zeit fortgesetzte Aufnahme von Nahrungsstoffen, welche die Harnsäurebildung steigern, (eiweissreiche Kost) bei Herbivoren und Karnivoren eine Störung des Harnsäurehaushaltes herbeiführt und zwar insofern als die vermehrte Bildung der Harnsäure, bei relativer Insufficienz der zur Excretion und Zerstörung der Harnsäure bestimmten Organe, zu pathologischen Veränderungen in parenchymatösen Organen und Ablagerungen von Uraten in den Körpergeweben führt. Er hält auf Grund seiner Untersuchungen die Vogelgicht für identisch mit der Arthritis urica des Menschen.

BANNES (11) spricht sich gegen Schluss seiner Arbeit dahin aus, dass er als das eigentliche Wesen der genuinen, wie der künstlich durch Fleischfütterung erzeugten Vogelgicht lediglich die Stoffwechselstörung

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XII. 31

424 FRIEDRICH BAHRMANN

ansieht, wiihrend die, gegenúber den Bcfunden bei Uratstauung, ausser- ordentlich spirlichen Ablagerungen harnsaurer Salze bei den an genuiner und künstlicher Gicht erkrankten Hühnern hinlänglich daraufhinweisen, dass die Harnsiiureablagerungen etwas Secundires in diesem stets zum Tode führenden Krankheitsprocess darstellen.

BANNES (11) bezeichnet das pathologisch anatomische Bild der genuinen und künstlichen Vogelgicht als das gleiche (l. c., p. 43), EpsTEIN (8) (l. 6., p. 71) kam auf Grund seiner Versuche zu dem Schlusse, dass die Processe bei der menschlichen Sicht in anatomischer Beziehung den experimentell bei Hühnern hervorgerufenen gleichwertig sind, eine Ansicht, welche in neuerer Zeit von seinen beiden Schülern SCHREIBER und Zaupy (12) von neuem aufgestellt und durch Experimente gestützt worden ist.

Da dieser Gleichwertigkeit, wenn nicht Identität der anatomischen Befunde wahrscheinlich eine Aehnlichkeit der pathologisch-physiologischen Vorgänge entspricht (Kıonka, l. c., p. 206), so lag der Gedanke nahe, auch den Einfluss therapeutischer Massnahmen an den gichtischen Erkrankungen der Hühner zu studieren, um dadurch experimentelle Grundlagen zu erhalten, welche ev. Fingerzeige für die Behandlung der menschlichen Gicht geben könnten.

In dieser Richtung bewegt sich die Arbeit von HorrmanN (13) : « Beiträge zur Kenntnis der Kronenquelle zu Salzbrum in Schlesien ». Gegen Schluss derselben berichtet er von einem Versuch mit 3 Hühnern, die mit 150 gr. gekochtem Fleisch gefüttert wurden, von denen zwei gewöhnliches Wasser und eins Mineralwasser zu trinken bekam.

Die Section ergab bei den Hühnern, die kein Mineralwasser bekommen hatten, die für die künstliche Gicht charakteristischen Veränderungen, während das eine Mineralwasserhuhn nur einen verhaltnismässig gering- fügigen Befund in den Nieren zeigte.

Es war nun von grossem Interesse nachzuprüfen, ob die günstige Wirkung wie sie HorrMann beschreibt, welche mit grosser Wahrschein- lichkeit auf die im Mineralwasser enthaltenen Salze zurückzuführen ist, immer auftritt und zugleich, ob die Alkalien, einzeln gegeben, denselben Effect haben, ev. welches von Ihnen das wirksamste ist.

Zu diesem Ende gab mir Herr Prof. Dr Kionxa den Auftrag, an fleischgefütterten Hühnern die Wirkung verschiedener Salze zu studieren.

Es wurden 4 Hennen in die von KNIERIEM (14) angegebenen und auch von MEYER (15) und Kıonka (18 benutzten Käfıge gesetzt, die derartig eingerichtet sind, dass die Entleerungen der Tiere in ein besonderes

EINWIRKUNG VON ALKALIEN 425

auswechselbares Gefäss fallen. Die Federn wurden den Hühnern, welche während der ganzen Versuchszeit in den Käfigen verblieben und sich ganz wohl darin befanden, um die Kloake herum gestutzt, um etwaigen Verlusten an Faeces infolge Beschmutzung derselben vorzubeugen.

In den ersten 3 Tagen wurden die Hühner mit Brod gefüttert, dann 2 oder 3 Tage ohne Salzzusatz mit je 100 gr. rohem durch die Hack- maschine getriebenen Pferdefleisch. Das Fleisch wurde am Morgen in einer Portion gegeben und meist innerbalb kurzer Zeit von den Hühnern vollständig verzehrt; Wasser bekamen sie in belicbiger Menge. Vom siebenten resp. sechsten Tage an wurde eine bestimmte Menge eines Salzes zur Fleischration zugesetzt, später die Fleischration um 25 gr. erhöht.

Bei der Wahl der Menge der betreffenden Salze ging ich von folgenden Ueberlegungen aus ` Wenn de Flühner nach Kıonka’s Tabellen ໄ. c., p. 59) täglich im Durchschnit 150 c.c. Wasser abgeben, so müssen sie. mindestens ebensoviel aufnehmen, um nicht an Körperwasser zuzusetzen. Wenn nun die alkalischen Salze eines natürlichen Mineralwassers genügen, um gichtische Veränderungen bei fleischgefütterten Hennen zu verhüten, so muss die Menge eines Salzes, welche dem gesamten Alkaligehalt der Menge der in 150 .c.c. einer solchen Quelle enthaltenen Salze entspricht, ausreichen. Ich rechnete nun den Alkaligehalt einer derartigen, alkalischen Mineralquelle auf ein Salz um und gab dementsprechend der Henne N? ı. Lithium in seinem kohlensauren Salz 0,5 gr., der Henne 2 Soda 0,3 gr., der Henne No 4 Kochsalz 0,3 gr. Die Henne 3 bekam Magnesiumkarbonat in grösseren Stücken zum Futter, sodass sie nach Belieben davon nehmen konnte. Sie gebrauchte im Durchschnitt 0,5 gr., was der Menge, die auf die oben angegeben Weise gefunden wurde, 0,42 gr. ziemlich nahe kommt.

Die Henne ı—3 wurden am 4. bezw. 13. Dez. 1902, die Henne 4 am 10 Jan. 1903 in den Versuch eingestellt.

Die Henne ı (Lithium), ein 1295 gr. schweres Tier, frass an den ersten beiden Tagen der Fleischkost schlecht, am dritten Tage gut. Bei Zusatz von 0,5 Lithiumkarbonat verweigert sie die Nahrungsaufnahme und wird am 13 Dez. morgens tot aufgefunden, nachdem sie sechs Tage Fleisch bekommen hatte, davon die letzten drei Tage mit Lithiumzusatz, wovon sie aber nur wenig oder gar nichts nahm.

Eine Ersatzhenne wurde am 16 Dez angeschafft, wird gleich mit Fleisch gefüttert und stirbt am 20, XII, o2 vormittags, nachdem sie einmal Lithiumcarbonat bekommen hatte. Die Section zeigte einen apfel- grossen Tumor, in den die rechte Niere fast aufgegangen war.

Ein dritte Henne ı wird am ıo Jan. 1903 in Angriff genommen

426 FRIEDRICH BAHRMANN

und in gleicher Weise gefüttert. Sie wog anfangs 1365 gr. Andem Tage, an welchem sie 0,5 Lithiumkarbonat zum Fleisch bekommt. frisst sie nicht. Das Lithium wird ausgesetzt, sie frisst wieder zwei Tage gut. Es wird ihr wieder Lithium gegeben, sofort stellt die Henne das Fressen wieder ein.

Ich wurde durch diese Beobachtungen veranlasst überhaupt darauf zu verzichten, Lithium zu geben, zumal Herr Prof. Kionka bei einer andern Gelegenheit die Erfahrung machte, dass mit einer andern organischen Lithiumverbindung gefiitterte Hennen cbenfalls die Nahrung verweigerten.

Ich ging nun dazu über, an der Henne die Wirkung kohlensauren Kalkes zu studieren, um zu sehen, ob vielleicht die Darreichnng geringerer Mengen, als sie Kionka gab, cinen giinstigen Einfluss auf den Stoffwechsel eines Neischgefütterten Huhnes ausüben. Bekanntlich gab Kıoxka 5 seiner Hühner täglich 10 gr. kohlensauren Kalk in Gestalt von Eierschalen und fand, um nur einiges hervorzuheben, eine Störung der Darmresorption, eine Zunahme der frischen Kotmengen, Vermehrung der Trockensubstanz und Alkalescenz der Faeces. Ich gab der Henne CaCOs in steigenden Dosen bis zur Alkalescenz der Faeces die bei 7,0 eintrat, dann ging ich wieder zurück und fand bei 5,0 vierzehn Tage später den Kot immer noch alkalisch reagicrend, crst bei 4,0 wurde er wieder sauer, diese letztere Kalkmenge gab ich bis zuletzt. Die Henne frass immer sehr gut. Wenn wir die beigegebene Tabelle überblicken, so fällt auf, dass weder eine Vermehrung der frischen Kotmengen noch eine Zunahme der Trocken- substanz bemerkbar ist; nur die letzten 3 Controlltage zeigen eine deutliche Steigerung der Trockensubstanzzahlen. Einen bemerkenswerten Einfluss auf die Darmresorption konnte ich nicht nachweisen.

Leider wurde dieser Versuch durch den Tod der Henne unlicbsamer Weise beendet. Sie starb am 31 März und wog zuletzt 1075 gr.

Die Section ergab : Im Kropf eine grosse Menge (wohl die ganze Tagesration) Fleisch. Bei der Besichtigung des Bauches fällt cin starkes Aufgetriebensein desselben auf. Als Ursache dieser Vorwölbung stellt sich eine ctwa 1 1/2 Männerfaust grosse ca. 400 c.c. klare Flüssigkeit enthaltende Cyste heraus, die in den hinteren Teilen der Rückenpartie etwa I 1/2 centim. von der Mündung der Kloacke rechts mit einem dünnen Stiele angewachsen ist. Die Därme sind nach links gedrängt, die Leber nach oben, der Eierstock comprimirt. Keine Auflagerungen auf dem Peritoneum, Pleura und Pericard, Herz o. B. An den Extremitäten keine Tophi.

Da die Cyste, welche offenbar der Tod verursachte, den normalen

EINWIRKUNG VON ALKALIEN 427

Ablauf des Experimentes verhinderte, wurden die Organe dicses Tieres nicht weiter untersucht. Wegen der Ernährungsstörungen sind auch die Faeces nicht analysiert worden.

Zur Bestimmung der Menge, der Reaction, des Stickstoffs, der Harnsäure, der Trockensubstanz und des Wassergehaltes wurde bei den übrigen drei Hennen in der von Kıonka beschriebenen Weise der Kot aufgefangen, gewogen, auf dem Wasserbade bis zur Lufttrockenheit eingedampft, in einem Mörser sehr fein gestossen und auf diese Weise sehr gut gemischt, Proben davon auf der analytischen Wage abgewogen und ihr N-gehalt nach KjeLDAHL in doppelter Analyse bestimmt. Diese Bestimmungen wurden bei simtlichen Tieren die ersten g Tage gemacht und jedesmal nach Verlauf von vier Wochen wieder je drei Tage.

Bei der Harnsäurebestimmung hielt ich mich an die von Kıonka angegebene Modification der Methode von TUNNICLIFFE und RoseENHEIM der Titration mit Piperidinlösung (l. c., p. 61). Die beifolgenden Tabellen zeigen die Resultate.

Wir sehen hier wiederum die charakteristischen Veränderungen des Stoffwechsels bei fleischgefütterten Hühnern.

Der Kot, welcher bei mit Körnerfutter gefütterten Hühnern eine festweiche, teigige Beschaffenheit hat, wird dünnflüssig und schr reichlich, sobald ausschliesslich Fleisch als Nahrung gegeben wird. Die Vermehrung des Quantums beruht nur teilweise auf einer Vermehrung der Trocken- substanz, hauptsächlich auf einer Steigerung der Wasserabgabe.

Die Kotmengen steigen bei allen drei Hennen bis über 300 gr. ja bis 400 gr. (s. Tabelle), was einer abgegebenen Wassermenge von mindestens 285 bezw. 385 gr. entsprechen würde. Es ist wohl sicher, dass Kıonka, der eine maximale Wassermenge bis 245 gr. angiebt (l. c., p. 199), auch noch grössere Gewichte gefunden haben würde, wenn er längere Zeit die Kotmengen bestimmt hätte, zumal seine IIennen alle schwerer waren als die Meinigen.

Zugleich beobachten wir grosse Schwankungen in der absoluten Menge frischen Kots während der Fleischfütterung. Beispielweise bei Henne N®° 2 (Soda) schwankt das Gewicht des frischen Kots zwischen 100 und 400 gr., während die Trockensubstanz weniger in ihrer Menge zu schwanken scheint, da am 11 Dez. bei too gr. Gesamtkot 14,7 gr. Trocken- substanz vorhanden ist, während am ı5 Febr. und ı2 Mäız bei 300 gr. Gesammtmenge die Trockensubstanz g bezw. 12 gr. beträgt.

Der Stickstoffgehalt der Trockensubstanz bewegt sich nach Einsetzen der Fleischkost etwa um !4—!/s derselben, während er vorher !/10—!/8

428 FRIEDRICH BAHRMANN

betrigt. Diesen Verhältniszahlen entspricht auch ein Wachsen der absoluten Menge N., wie cs MEISSNER (16), KioNKaA (1) u. a. ebenfalls beobachtet haben. Kıonka (1) fand eine Stickstoffmenge bis zu 5,902 gr., Horrmann (13) bis zu 5,8ıg gr. während die grösste Zahl bei meinen Hühnern 4,02 gr. N beträgt, also nicht unerheblich gegen die vorerwähnten zurückbleibt. Bemerkenswert ist, dass diese Maximalzahl erscheint, nach- dem die Fleischration von too gr. auf 125 gr. erhöht worden ist. Auch zeigen die Zahlen der N Ausscheidung zuletzt im allgemeinen eine Steigerung, die ja Folge der Vermehrung der Nahrungsaufnahme ist.

Von besonderem Interesse ist das Verhalten der Harnsäure. Kıonka (1) findet bei seinen Hiihnern 6,26 —11,232 gr. Harnsdure, eine Menge, welche etwa 63 °/, der Stickstoffausfuhr gleichkommt. Wie ein Blick auf die Tabelle lehrt, würde diese Verhältniszahl den von mir gefundenen Werten, entsprechen, wenigstens für den Anfang. Im späteren Verlaufe des Versuches bleibt der Harnsäurestickstoff (im Verhältnis zum Gesammt- stickstoff) bei der Soda und Magnesiumhenne hinter der oben genannten Zahl und im allgemeinen hinter den zuerst gefundenen Werten zurück, in dem auch die absolute Menge Harnsäure etwas zurückgeht. Das in einer Prozentzahl ausgedrückte Verhältnis Harnsäure zu Stickstoff ist bei den letzten drei Controlltagen der Sodahenne nicht über 41 °/o, bei der Magnesiumhenne nicht über 45 °).

Die absoluten Mengen der Harnsäure von je drei Controlltagen zu- sammen gerechnet, ergeben folgende Verhältnisse :

10.—12. Dez. 13.—15. Jan. 15.—17. Febr. 11.—13. März Sodahenne 15,03 16,11 13,47 13,03 | 18.—20. Dez. 20.—23. Jan. 15.—17. Febr. 11.—13. Márz Magnesiumhenne 13,10 11,34 13,40 10,60

Bei der letzteren ist die Abnahme nicht so constant.

Zur Erklärung dieser Erscheinung scheint mir eine von SALKOWSKI (17) mitgeteilte Beobachtung bemerkenswert. Sarkowski stellte nämlich am Menschen fest, dass Alkaligaben (in diesem Falle essigsaures Natron) die Harnsaureexcretion verringern und zwar erfolgt die Abnahme auf Grund einer geringeren Bildung von Harnsäure und nicht infolge einer Rentention derselben, wie der Versuch demonstrirt, indem nach Aussetzen des Alkalis die Harnsäureausscheidung nicht über die vorher gefundenen Werte hinaus ansteigt. Es wäre möglich, dass im Vogelorganismus ein ähnlicher Einfluss der Alkaligaben auf die Harnsäurebildung statthat, jedenfalls ist ein Einfluss auf die Ausscheidung namentlich bei der Sodahenne unver- . kennbar. Den Beweis, dass die Verminderung der ausgeschiedenen

EINWIRKUNG VON ALKALIEN 429°

Harnsáuremengen auch in diesem Falle auf verminderter Bildung und nicht auf Retention beruht, in ihnlicher Weise zu fúhren wie SALKOWSKI, dazu bin ich nicht im Stande, da es nicht im Sinne der Arbeit lag, die Alkaligaben zu unterbrechen.

Wenn die Verminderung in diesem Falle tatsächlich auf Retention beruhte, so stand zu erwarten, dass bei der relativ langen Dauer der Alkali- gaben erst recht eine Uratstauung mit ihren Folgen in den Organen und an den serösen Häuten hätte zur Beobachtung kommen müssen, da schon die Fleischfütterung allein dazu führt.

Wie wir bald sehen werden, ist dies bei einer Henne (Sodahenne) gar nicht der Fall und hier ist die Verminderung der Harnsäureausscheidung am deutlichsten, die supponierte Retention also am grössten; bei einer andern Henne (Magnesium) in so geringem Masse, dass wir nicht berechtigt sind, anzunehmeu die Verminderung der Harnsäureausscheidung beruhe auf Retention gebildeter Harnsäure, da die Wirkungen, welche sie hätte ausüben müssen, an den Organen der Tiere nicht zu entdecken waren.

Die Kochsalzhenne zeigt bemerkenswerter Weise weder ein Sinken der Verhältniszahlen (62 °/.) noch eine Verminderung der absoluten

Mengen. Die entsprechende Zahlen sind : 17.—19. Jan. 12.—14. Febr. 14.—16. Marz 12,95 13,33 13,07

Man hätte denken können, dass die Verminderung der Harnsäure- ausscheidung vielleicht allgemein bei länger dauernder Fleischfütterung auftritt, dagegen spricht aber das Verhalten der Kochsalzhenne, und es dürfte daher einen gewissen Grad von Berechtigung haben, diese Erscheinung als eine Wirkung der gereichten Salze zu betrachten.

Die Gewichtkurven, welche Kıonka (l. c. p. 209) von seinen Hühnern gezeichnet hat, zeigen alle nach einem geringen Gewichtsverlust anfangs (Henne 8, 1, g, 7, 10) oder Gleichbleiben des Gewichts in etwa den ersten 2 Wochen (Henne 2, 3) einen Anstieg des Körpergewichts um maximal ca. 250 gr. (Henne g) und minimal ca. 60 gr. (Henne 3). Von dieser Höhe erfolgt fast durchweg plötzlich (nur Henne ro bleibt etwa 4 Tage auf der Höhe, die anderen gehen alle sofort wieder herunter) ein Absturz der dann in Anfangs schnellerem später langsameren Tempo fast unauf- haltsam bis zum Tode anhält. Nach dem also eine Gewöhnung an die Kost eingetreten war (2 Hennen (5—6) die sich nicht gewöhnen konnten, starben in den ersten Wochen) setzen die Hühner an Körperfleisch an, bis die Schädigungen der Kost den Beginn der gichtischen Erkrankung

430 _ FRIEDRICH BAHRMANN

herbeiführten, welche zwar nicht bei allen gleichartig verläuft, aber doch fast durchweg zum Tode führt.

Demgegenüber muss es auffallen, dass bei meinen Hühnern ganz andere Verhältnisse zu Tage treten. Zwei meiner Hennen ı und ıa scheiden aus der Betrachtung aus. Henne 1b, welche an der grossen Cyste zu Grunde ging, zeigt zwei Anstiege in ihrem Körpergewicht, nachdem sie vorher über 4 Wochen beständig an Gewicht abgenommen hat. Ich halte mich nicht für berechtigt, daraus irgendwelche Schlüsse zu ziehen. Die übrigen 3 Hennen 2, 3 und 4 zeigen in sofern ein gleichartiges Verhalten, als sie alle nach etwa 2 Monaten einen ziemlich constanten Anstieg des Gewichts aufweisen und zwar nachdem die Erhöhung der Fleischration erfolgt ist. Während nun die Kurven Kıonka’s alle eine mehr oder weniger grosse Zunahme zu Anfang zeigen und nachher erst der Gewichtsverlust eintritt, zeigt meine Kurventafel ausser bei Henne 2 (Soda), die eine Andeutung einer Steigerung darbietet, kein analoges Verhalten meiner Hennen, sondern alle beginnen sofort (3 und 4) oder erst nach einigen Tagen mit dem Gewichtsverlust. Ich bin geneigt, diese Erscheinung auf das im Vergleich zu Kıonka’s Hühnern, die vielleicht etwas reichlich bekamen (150 gr.), geringere Mass von Kost (100 gr.) zurückzuführen. Man könnte denken, dass der initiale Gewichtsverlust bei meinen Hennen auch eine Folge der geringeren, vielleicht zu geringen Kost sei, zumal sie alle nach der Zulage von 25 gr. Fleisch am 23. bezw. am 26 Febr. zuzu- nehmen beginnen, die Hennen sich also in einem Hungerzustande befunden hätten. Dagegen spricht das Verhalten der Gewichtskurven bei Henne N®° 2 und 3, die schon 2 Monate vor dem obengenannten Zeitpunkt aufgehört hatten, constant an Gewicht zu verlieren, ferner belehrt uns aber auch ein Blick auf die Sticktoffbilanz eines andern, indem bei allen drei Hennen, bei Henne 4 (Kochsalz), welche am meisten abnimmt, sogar constanter als bei den beiden andern, an den Controlltagen die N Ausfuhr geringer ist als die Einfuhr. Durch Verlust an circulierendem und Organ- eiweiss kann die Gewichtsabnahme also nicht erklärt werden. Dagegen scheint der Verlust an Körperfett, da die Kost fast reine Eiweisskost war, ferner der Verlust an Körperwasser in Betracht zu kommen, absehen davon, dass bei Henne 4 (Kochsalz) ein ungewöhnlich spätes Eintreten der Gewöhnung an die Kost eine Rolle spielen kann

Der Verlauf der Kıonka’schen Gewichtskurven scheint mir die Deutung zuzulassen, dass die nach der kurzen Steigerung des Körpergewichts eintretende Gewichtsabnahme Folge der beginnenden gichtischen Erkran- kung ist.

EINWIRKUNG VON ALKALIEN 431

Wenn nun nach einer Zeit in welcher bei den Hühnern Kıonka’s die gichtische Erkrankung schon manifest, ja schon im Terminalstadium ist, bei meinen Hühnern nicht nur keine Verminderung des Körpergewichts auftritt, sondern sogar eine Zunahme desselben, so läge der Gedanke nahe, diese Erscheinung so zu erklären, dass die Hühner infolge der Salz- darreichung nicht an Gicht erkrankten. Nun ist ja von vorn herein der Gedanke nicht von der Hand zu weisen, dass ein Huhn auch bei Gewichts- zunahme die Gicht bekommen kann, wenn auch der Krankheitsverlauf bei den Versuchen Kıonka’s durchweg ein anderes Bild zeigt. Hier muss die Section, der makroskopische und mikroskopische Befund der Organe den Ausschlag geben. Bevor ich dazu übergehe, noch einige Worte über die Dauer des Versuchs und die zu erwartenden Resultate :

Die auf der Gewichtskurventafel Kıonka’s aufgeführten Hühner beginnen alle den terminalen Gewichtssturz mit dem ı42ten Tage ihrer

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Fleischkost, eine Henne (No 2) stirbt schon am 132ten Tage. Meine Hennen wurden getótet am 128ten (Kochsalzhenne) bezw. 153ten (Magne- siumhenne) bezw. 162ten Tage (Sodahenne) ihrer Fleischfütterung.

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432 FRIEDRICH BAHRMANN

Es war also bei allen dreien, wenigstens aber bei den beiden letzten Hennen zu erwarten, dass sich gichtische Veránderungen an ihren Organen zeigen wiirden, wenn die Krankheit trotz der Zunahme des Kórpergewichts seit Beginn der Fleischfiitterung ihren regelrechten Verlauf genommen hätte. Finden wir diese Veränderungen nicht, so gewinnt unsere oben ausgesprochene Vermutung an Wahrscheinlichkeit, dass die Hühner nicht, oder noch nicht an Gicht erkrankt sind, trotzdem sie hinreichend

lange mit Fleisch gefüttert wurden.

Sectionsprotocolle.

Die Henne 2 (Soda) wurde am 18. Mai 1903 durch Verbluten getötet. Die Section ergab folgendes :

Kamm nicht cyanotisch, an den Rändern leicht dunkelrot gefärbt.

- Leber und Pericard, Peritoneum und Pleura spiegelnd glatt, ohne pathologische Auflagerungen. Um den Muskelmagen eine grössere Menge gelbliches Fett.

Am rechten Leberlappen eine knopfförmige etwa Stecknadelkopf- grosse Protuberanz.

Leber gelblich braun, fettglänzend.

Gallenblase prall gefüllt.

Im Peritoneum milchige, leicht rosa gefärbte Flüssigkeit mit darin schwimmenden einzelnen Fetttröpfchen. (Mikroskopisch fanden sich Fetttröpfchen und grosse weisse Blutkörperchen.)

Im Muskelmagen eine geringe Menge trüber Flüssigkeit und ein kleinerbsengrosser scharfkantiger Kieselstein. In der Schleimhaut an einer Stelle kleine punktförmige Blutungen.

Vormagen- und Oesophagusschleimhaut ohne Besonderheiten. Im Kropf taubeneigrosser Ballen Fleisch.

In den beiden Blinddärmen, gleich am Beginn, ganz kleine punkt- förmige Blutungen. Im Beginn des Dünndarms 4 oberflächliche hellrote hirsekerngrosse Flecke. (Blutaustritte.) Epicard glatt. Endocard und Herzmuskel 0. B. In den beiden Herzkammern einige lockere kleine Gerinnsel. |

In dem Eierstock eine Reihe Eier, davon eins von Hühnereigrösse mit pergamentener Schale. (Ein ähnliches hatte die Henne schon am vorhergehenden Tage gelegt.) Bei der Eröffnung des Eies zeigt sich, dass die gut entwickelte Dotter fast vollständig weiss ist, eine Keimscheibe ist nicht wahrzunehmen. (Das am Tage vorher gelegte Ei hatte eine ähnliche Beschaffenheit.)

EINWIRKUNG VON ALKALIEN 433

Harnleiter leer.

Die Nieren erscheinen braunrot an einzelnen Stellen mit gelblicher Nuance. Zeichnung deutlich. Aut dem Querschnitt kleine weisse Flecke. Nur an einer Stelle, wo ein grosser Kanal getroffen ist, eine geringe Menge einer weisslichen Masse. Murexidprobe nicht sicher positiv. Die Gelenke sind ohne Besonderheiten.

Zur mikroskopischen Untersuchung bestimmte Stiicke wurden in 96 °/o Alkohol dann in Alk. abs. gebracht und in Paraffın eingebettet. Die fünf bis zehn bis fünfzehn Mikron dicken Schnitte wurden mit Parakarmin, Hämatoxylin, Hämatoxylin-Eosin und Hämatoxylin-Pikrinsäure gefärbt. Ausserdem wurden von jedem Organ Schnitte angefertigt, an welchen sowohl die Berlinerblau, wie die Turnbullsblaureaction ausgeführt wurde, sodann wurden die Schnitte mit Hämatoxylin gefärbt. Zur Berlinerblau- reaction wurden die Präparate folgendermassen behandelt : 1/2 stündiger Aufenthalt in ı 5 °/9 Ferrocyankaliumlösung, darauf kurze Behandlung (1 Min.) mit 0,45 °/. Salzsäure. Zur Turnbullsblaureaction kamen die Schnitte 2—ıo Min. in unverdünntes gelbes Schwefelammonium, dann nach Abspülen mit destilliertem Wasser in eine mit Salzsäure schwach angesäuerte 15 0/7 Ferricyankaliumlósung. (BANNES l. c. p. 32).

Die Organe der Henne 2 erwiesen sich ausser geringen subcapsu- láren Blutungen der Leber und Niere im allgemeinen als intact. In der Leber zeigten sich in den Priparaten mit Berlinerblaureaction vereinzelte blaue Kórnchen, in den Turnbullsblauschnitten konnte ich solche nicht entdecken. Die Kerne waren durchweg gut gefärbt, das Protoplasma ohne Veränderungen. Die Gallencapillaren nicht erweitert. Vor allem habe ich keine circumscripten Stellen veränderten necrotischen Gewebes finden können, Anzeichen einer Uratablagerung. Urate, welche bei der Conser- virung in Alcohol hätten intact bleiben müssen, habe ich in der Leber nicht gefunden, wohlaber vereinzelt inden im übrigen intacterscheinenden, teilweise etwaserweiterten Harncanälchen der Niere, wo siephysiologischer Weise zu finden sind. Die Eisenreactionen waren in der Niere negativ ebenso in der Milz, die keine pathologischen Veränderungen aufwies.

HENNE No 3. (Section am 18 Mai 1903.)

Kamm nicht cyanotisch. Gelenke ohne äusserlich sichtbare Verände- rungen.

Peritoneum klar, ohne Flüssigkeitsansammlung, ohne weisse Belege.

Am Epicard vorn an der Ventrikelgrenze eine punktförmige Blutung. Im sulcus coronarius rechts dorsal eine rundliche hirnkorngrosse Blutung.

434 FRIEDRICH BAHRMANN

Herzmuskel und Endokard ohne Besonderheiten.

An den Vorhöfen leicht Fettanlagerung. Leber wenig vergrössert, dunkelbraunrot. Aussenfläche glatt. Gallenblase prall gefüllt, Wandung streifenweise etwas verdicktet. Innenfläche o. B.

Harnleiter leer. Niere wie Henne 2, Murexidprobe positiv.

Um den Muskelmagen kein Fett. CEsophagus und Kropf ohne Besonderheiten. Im Kropf einige Federstückchen. Im Vormagen und Muskelmagen, deren Schleimhaut normal ist, je ein kleinerbsengrosser rundlicher Kiceselstein. Im Dünndarm keine Blutung. Im Beginn der beiden Blinddärme kleine in Gruppen gelagerte, punktförmige Blutungen. Kloake o. B.

Mikroskopisch zeigen Leber und Niere geringe subcapsuläre Blutungen. Das Leberparenchym erscheint nicht überall gleichmässig gefärbt. Viele grosse Zellen mit mehreren Kernen. Das Protoplasma der Zellen erscheint gekörnt und trübe, die Kerne teilweise vergrössert, blasig aufgetrieben, sehr blass. Die Zellgrenzen durchweg deutlich. Die Turn- bullsblau und Berlinerblaureaction ist in der Leber, Niere und Milz positiv. In der Niere erscheinen die Glomeruli geschrumpft, teilweise Zelleinwan- derung zwischen die Bowmann’sche Kapsel. Das Protoplasına vieler Zellen der Harnkanälchen im Stadium trüber Schwellung, die Kerne undeutlich oder geschwunden. Zellgrenzen nicht immer deutlich. Die Harnkanälchen teilweise etwas erweitert, einzelne Uratkugeln. Von einigen Harnkanälchen sicht man nur noch Andeutungen der Structur um dieselben herum, geringe Ansammlungen von Rundzellen. Vermehrung des interstitiellen Bindegewebes.

Die Milz zeigt ausser den Eisenreactionen nichts Abnormes

HENNE N0 4. (Section 19. Mai 1903.)

Im Unterhautzellgewebe reichliches Fett, ebenso um den Muskelmagen und in der Gegend der Kloake.

Peritoneum glatt, glänzend, keine Auflagerungen.

Pericard und Epicard ohne Besonderheiten.

Im sulcus coronarius reichliche Fettansammlung. Im Endokard des linken Ventrikels mehrere punktförmige Blutaustritte.

Oesophagus o. B.

Die Schleimhaut des Kropfes blasig geschwellt. Beim Einschnitt in die geschwellten Stellen entleert sich Gas. Inhalt des Kropfes klare Flüssigkeit mit einigen weisslichen Flocken.

Vormagen und Muskelmagen normal.

EINWIRKUNG VON ALKALIEN 435

Im Anfang des Diinndarms mehrere punktfórmige rote Stellen (injic. Capillaren). |

An den Anfángen der beiden Blinddárme auf kurzen Erhebungen, die ungefähr eine Fläche von der Grösse eines Getreidekorns bedecken, kleine Blutungen.

Pleura glatt.

Harnleiter leer. Niere dunkelbraunrot. Die Fettanlagerung reicht bis zwischen die einzelnen Nierenlappen. Ueberzug glatt. Zeichnung deutlich. Beim Einschnitt wie vorher. Murexidprobe nicht deutlich positiv.

Leber etwas gelblich braun, besonders auf dem Durchschnitt. Kapsel glatt. Die Gelenke sind ohne Befund.

Die Eisenreactionen sind bei dieser Henne in Milz, Niere und Leber positiv und zwar erscheinen in den Turnbullsblau-Präparaten in allen drei Organen reichlichere blaue Massen als in den Berlinerblau Präparaten.

In der Milz zeigen sich kleine Blutungen unter der Kapsel, geringe perivasculäre Infilirationen, keine deutliche Veränderungen der zelligen Elemente.

Die Leber zeigt ausser kleinen Blutungen unter die Kapsel stellen- weise parenchymatös entartete Zellen mit bliischenfórmigen Kerren. Teilweise sind nur noch die Kerne zu schen, zwischen denen mehr oder weniger structurlose, homogene z. t. kérnige Massen liegen, Zellen mit völligem Kernschwund, die gequollen erscheinen, deren Protoplasma nur am Rande dürftig gefährbt ist. An einzelnen Stellen finden sich in unmittel- barer Nähe der stark veränderten Gewebes kleine Herde kleinzelliger Infiltrationen.

In der Niere findet man ausser punkt- und strichförmigen Blutungen unter die Kapsel Blutungen in das Nierengewebe selbst. Kleinzellige Infiltrationen längs der Harnkanälchen, grössere Rundzellenansammlungen in denen Reste von Harnkanälchen z. T. in körnigem Zerfall ihrer Zellen noch erkennbar sind. Viele Harnkanälchen stark erweitert, angefüllt mit Harnkügelchen, Epithel z. T. erhalten, z. T. nur noch aus einer homo- genen Membran bestehend. Stellen von undifferenziertem Gewebe von der doppelten Grösse eines Glomerulus in denen Reste kristallinischer Massen erkennbar sind, in der Umgebung teilweise kleinzellige Infiltrationen.

Natürlich fanden sich in allen Organen, bei denen die Eisenreaction positiv waren, in den ungefährbten Präparaten die gelblich braunen Concremente, welche für die Siderosis charakteristisch sind.

Ausserdem wurden gleichzeitig Hühner nur mit Fleisch gefüttert, die natürlich das Krankheitsbild zeigten, welches von Kıoxka und Bannes

436 FRIEDRICH BAHRMANN

ausfiihrlich beschrieben ist. Eine etwas schematisiertes Lupenbild des Durchschnitts einer Uratstauungsniere möchte ich unten anfügen. Das Bild stammt von der Niere einer Henne, welche an den Folgen der Fleisch- fütterung nach mehreren Monaten eingegangen ist und zeigt sehr schön die die Nierenkanälchen ausfüllenden weissen Uratmassen, von denen in den Nieren meiner Hennen nur in den grösseren Gängen makroskopisch Spuren zu sehen waren,

Wenn wir nun die makroskopischen und mikroskopischen Befunde überschauen, welche wir zur Entscheidung der Frage, ob die Hühner an Gicht erkrankt sind oder nicht, herangezogen haben, so finden wir, dass diese Frage bei den drei Hühnern eine verschiedene Beantwortung erfahren muss.

Die Sodahenne hat entschieden die über fünf Monate lange Fleisch- fütterung am besten vertragen. Ihre Organe erscheinen intact, ihr Befinden war während der ganzen Versuchszeit vorzüglich. Eine leichte Siderosis der Leber kann vielleicht in Anbetracht des Futters als physiologisch bezeichnet werden. Eine ausgesprochene Erkrankung an Gicht liegt also bei dieser Henne nicht vor. Anders liegt die Sache bei der Magnesium-

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EINWIRKUNG VON ALKALIEN 437

und Kochsalzhenne. Beide zeigen in Leber und Niere Veránderungen, welche wohl die Einleitung der gichtischen Erkrankung bedeuten dürften. Bei der Kochsalzhenne, in deren Niere sich eine Concrementablagerung mit Necrose des Gewebes und Infiltration in der Umgebung fand, war die Gicht wohl schon «a ausgebrochen », oder besser gesagt, in das Stadium der Uratablagerung eingetreten.

Wenn ich nun kurz die Ergebnisse meiner Arbeit zusammenfasse, so brachte sie einerseits die Bestätigung der Versuche von Kıonka, dass die Hühner an Gicht erkranken, wenn sie genügend lange mit Fleisch gefüttert werden (Kochsalzhenne und wohl auch Magnesiumhenne), andererseits macht es das Verhalten der 3 Hühnern wahrscheinlich, dass gewisse Salze (Soda, vielleicht auch bis zu einem gewissen Grade Magnesium) im stande sind, die Erkrankung an Gicht bei fleischgefütterten Hühnern zu verhüten, oder doch wenigstens hinauszuschieben. Ob der Befund, wie ihn die Sodahenne darbictet ein gesetzmässiger ist und als allgemein gültig betrachtet werden darf, das werden weitere Versuche zeigen müssen, da das Verhalten eincs einzelnen Tier-Individuums nicht massgebend sein kann. Auffallend ist es ja, dass diese Henne die von Sarkowskıam Menschen nach Alkaligaben (essigsaures Natron) beobachtete Verminderung der Harnsäureausscheidung zeigt, ferner, dass sie allein in der gegebenen Zeit über das Anfangsgewicht hinaus (+ 200 gr.) zunimmt. In letzterem Verhalten sowie im Befund ihrer Organe gleicht sie der Mineralwasserhenne Horrmann’s, dessen Resultate durch die vorliegende Arbeit insofern ergänzt werden können, als die günstige Wirkung des Mineralwassers vielleicht hauptsächlich dem darin enthaltenen kohlen- sauren Natron zukommt. Auf der anderen Seite wäre zu bedenken, dass bei beiden Versuchen Kıonka’s sich zeigte, dass das deutsche Haushuhn, welches in diesen beiden Fällen als Versuchsobject diente, die Fleisch- fütterung bis zu zehn Monaten aushielt (die früher erkrankten Hühner waren meist ausländische oder grössere Rassen) während HOFFMANN nur 4 Monate, ich etwas über fünf Monate fütterte.

Zur weiteren Klärung dieser Frage wird es länger dauernder Versuche an reichlicherem Material bedürfen. Ich bin gegenwärtig schon damit beschäftigt, derartige Versuche auszuführen. Leider hat man nur zu wenig Aussicht durchaus gesunde Hühner zu bekommen, da unsere Haushühner zum grossen Teil krank sind. Dadurch werden nicht nur die pathologisch anatomischen Resultate getrübt, sondern die Aussichten auf das Gelingen der Versuche bei einer grösseren Anzahl Hühnern wird gering, wie der Verlauf meiner Versuche zeigt, bei denen ich 5o °/, meines Materials durch

438 FRIEDRICH BAHRMANN

Krankheit verloren habe. Es wird also nótig sein, die zu den Versuchen einzustellenden Hühner zuerst längere Zeit bei Kôrnerfutter auf ihren Gesundheitszustand zu beobachten und dann erst mit der Fleischfütterung zu beginnen, oder sich die Hiihner selbst aufzuziehen, sie bis zu einer gewissen Zeit mit reinem Kôrnerfutter zu fiittern und dann erst zu dem Fleischfútterungsversuch zu benutzen, wenn sie die ganze erste Lebenszeit hindurch, sich als lebensfahige, gesunde Tiere bewiesen haben.

Zum Schlusse ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Professor Dr Kıonka für die Anregung zu der Arbeit und die Erlaubnis in seinem Institut zu arbeiten, Herrn Dr KocHmann für die Einführung in die Methoden der Untersuchung meinen besten Dank auszusprechen.

Litteratur.

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`~

EINWIRKUNG VON ALKALIEN 439

Henne No 1. ES pr 4 % $ Le S 3 a Datum Kost E È ta 5 Eo H20 Femerkungen gs 0.2 FE aa Ba A m 1902. Dez. 4| 40 gr. Brod 1295 frisst gut » 5 » 135 16,8 | 118,2 » » 6 » 1295 60 4.5 | 55,5 » | » 7| 100 gr. Fleisch 105 6,5 | 98,5 | frisst nur die Hälfte » 8 » 60 6,5 53,5 | frisst schlecht » 9 » | 35 3,5 | 31,5 | alles gefressen » 10¡Id.-+ 0,5 Li2CO3, 1235 | hat gefressen » 11 » 70 11,0 | 59,0 | frisst nicht » 12 » 25 2,0 | 23,0 | frisst nicht » 13 +

Henne 14.

1902. Dez. 16| 100 gr. Fleisch | 1060 | | frisst gut » 17 » » 115 6,5 | 108,5 » » 18 Id.+0,5 LizCO3| 1026 | 150 | 17,7 | 132,3 » » 10| » » 991 | 175 7,8 | 167,2 » 20] -+ vormittags Henne 1b. 1903. Jan. 10] 40 gr. Brod | 1365 | | frisst gut » 11 » 125 » » 12 » 75 5,5 | 69,5 » » 13| 100 gr. Fleisch 120 8,0 | 112,0 » » 14 » 1425 55 9,5 | 45,5 » » 15| +0,5 Li:CO3 135 | 10,3 | 124,7 | frisst schlecht » 16| kein Lithium 185 » » 17 » 1145 | 170 » » 18| -} 0,3 NaeCOs 125 frisst alles auf » 19| 100 gr. Fleisch 130 frisst nicht +0,5 LizCO3 » 20; 100 gr. Fleisch 75 erholt sich » 2I » 1140 | 115 frisst gut » 22 » 165 » 23 » 85 » 24 » 1060 | 125 » 25 » 125 » 26 » 115 + 0,5 CaCO3 » 27 » 125 ohne Zusatz » 28 » 1040 75 + 0,7 CaCO3 » 29 » 105 + 0,5 CaCO3 » 30 » 75 8,0 | 67,0 » » 31 » go 7,5 | 82,5 » 1903. Febr. 1 » 140 + 1,0 CaC » 2 » 110 7,9 | 102,5 1,5 » » 3 » 95 1,5 » » 4 » 1040 75 1,5 » » 5 » 105 2,0 » » 6 » 105 2,0 » » 7 » 105 2,0 » » 8 » 55 2,5 » » 9 » 85 » » » 10 » 115 » » » 11 » 100 » » n ` 12 » 990 | 115 7,5 | 107,5 » » » 13 » 140 10,0 | 130,0 » » J4 » 1000 87 8,0 | 79,0 » » » 15 » 100 » » » 16 » 145 » »

» 17 » 100 ohne Zusatz

440 FRIEDRICH BAHRMANN

Henne No 1). = B . A 3: Um e ke Datum Kost be to a to H20 Bemerkungen 9.6 Bs E E |g g 1903. Febr. 18| 100 gr. Fleisch | 1115 | 150 ohne Zusatz » 19 » 130 » » 20 » 110 ; » » 2I » 1075 | 130 3,0 CaCO3 » 22 » 100 3,0 » » 23 » 1070 | 170 : 4,0 » » 24 » 120 5,0 » » 25 » 130 6,0 » » 26| 125 gr. Fleisch| 980 80 70 » » 27 » 110 » » » 28 » 1020 | 110 7,0 CaCO3 Kot alkalisch 1903. —- Marz 1 » 195 7,0 CaCO3 » 2 » 970 | 120 7,0 » » 3 » 130 6,0 » » -4 7 1000 140 » » » 5 » 140 )) 6 » 130 » » » 7 » 1000 80 » » » 8 » 150 » » » 9 » 160 » 10 » 1090 | 130 » 11 » 80 5,0 CaCO3 Kot alkalisch » 12 » 100 5,0 » » 13 » 1140 | 100 5,0 » » 14 » 100 4,0 CaCOs Kot sauer » 15 » 110 » » » 16 » 1160 | 100 » » » 17 » 120 » » » 18 » 105 » » » 19 » 1130 go » » » 20 » 80 » » » 21 » go » » » 22 » 1150 50 » » » 23 » 100 » » » 24 » 1080 90 | 16,0 | 74,0 | » » » 25 » 70 | 18,5 | 51,5 » » » 26 » 100 18,5 | 81,5 » » » 27 » 1040 go » » » 28 » 80 | » » » 29 » 80 » » » 30 » 60 » » » 31 » » » 1903. April 1} + vormittags | 1075 g GEWICHTSTABELLE. Gr. | Datum | Gr. | Datum | Gr. | Datum

1365 | 1903. Jan. 10 | 1115 | 1903.—Febr. 18 1140 1903 Marz 13

1243 » 14 | 1075 » 21 1160 » 16 1145 » 17 | 1070 » 23 1130 » 19 1140 » 21 980 » 26(ນ 1150 » 22 1060 » 24 | 1020 » 28 1090 D 24 1040 » 28 970 | 1903.— Marz 2 1040 » 27 1040 | 1903. Febr. 4 | 1000 » 4 1075 » 31 990 » 12 | 1000 » 7 1000 » 14 1090 » 10

(1) Erhóhung der Fleischration um 25 gr.

EINWIRKUNG VON ALEALIEN 441

Henne No 3, 5 a $ 4 $ de (Sei du del + Réel Es ls Datum Kost zZz% jg = E ~ EE Bila O| X” | -20 | Bemerkungen y5 |38) 7S | ຈົ່ າຊັ ສຂ 2 3 |x f. SG A | E | 4 > |Z T Md ES Dez | | 4 | 40 gr. Brod | 0,44 |0,6 |—0,16 |0,72| 40 1127| 6 121,93 1117| 10 5 3o » 0,336 | 0,35|—0,014, 0,56] 51 A 6) 41 87 5,8 6 | 30 » 0,336 | 0,35|—o0,014| 0,56; 51 | go} 4.9 85! “94|1117| 7 7 |ıoogr.Fleisch| 2,94 |2,35|-+0,59 |3,78| 53 |100| 10,5 89) 89 22,3 8 » 294 |2.27|-+0,67, | 3,18] 46 |170| 11,9/158|93 19 9 » 2,94 |3,07|—o,13 |5,38| 58 |110| 12,8| 97/88 24 10 » 2,94 |2,81/-+-0,13 | 5,51] 65 |125| 13,0|112|80|1117| 21 |0,3 NazCO3 11 » 2,94 |3,63\—0,69 |5,22| 48 [100| 14,7| 85:85 24 » jan » 2,94 |2,83 +0,11 |4,3 | 49 |155| 11,51143/92|1097| 24.5 » an 13 » 2,94 |3,14—0,2 15,5 |55,5,270|ı2 [258.95 26 » 14 » 2,94 | 3.03|---0,09 | 5,80| 64 |220| 12 |208|94|1038| 25 » 15 » 2,94 |3,13—0,19 |4,75| 50 |170|12 |158|93 26 » Febr. 15 » 2,94 |1,85/+1,09 |5,02| go |[3o00| 9,0'291|97| 995|20,5 » 16 » 2,94 |2,95|—0.01 |4,48| 50 [210 13,5|196 93 21,8 » SE » 2,94 |1,99/+0,95 |3,97| 66 |230| 12,5|217|94|1005| 16 » z Ir |125 » 3,67 | 4,02/—0,35 |5,56| 46 |270| 16,5/253|94|1000| 24 » 12 » 3,67 |3,05|+0,62 |3,36| 36 |300| 12,0 288,96 25 » 13 » 3,67 13,50/40,17 |4,11| 39 |200| 16, ,5|183 91/1080, 21 » Henne No 3. ~ | | | + SH Polis: ; lau Datum Kost be be a Datum | K ost | Ek GC Datum Kost SS y be | &2 |3.£ | 8,8 18.8 23 139.9 ໄຊ | | [M E M Je | 2 | 2 Dez, De] | Dez. | Jan. 4 |40 Br. un 1117|—] 2 100 gr. Fl 310] 23 | 100 gr. FI. 170 5 | 127] 30 | » 1205] 2 » 1000|170 6 | » | 47] 31 » 1030340] 25 » 260 7 100 gr. Fl. | | go} Jan. | 26 » 260 8 » |100 I » 1345] 27 | » 240 9 » ¡1170 2 7) 240] 28 » 990/240 10 » 1117110] 3 > 1025|310| 29 | » |230 II » 125 4 » | 320] 30 | » 240 12 » 100 5 » 210} 31 » 230 13 » |1097|155 6 » 1250! Febr 14 | » 1000 7 » 10201210 1 » 195 15 | » 140 8 » 1220 2 » 220 16 | » 1160 9 | » 1048|220 3 » 230 17 » 11271145] 10 » 1305 4 » 1000|190 18 » 10881148] 11 » 17 5 » 220 19 | » 1096/1301 12 » 2301 6 | » 250 20 » 150] 13 » 270 - | » 990/170 21 | » |200| 14 » 1038 220 - » 1200 22 » 1140] 15 | » |170 9 » 300 » » 200 16 » 190 10 » 200 23 | » 200 17 » 11038 190 II » 1260 24 | » (1000245! 18 » |2 200] 12 » |1005|280 25 » | 175) 19 7) 2301 13 » 310 26 | ງ) | ‚160 20 ງ) 230 14 » 99512 27 | » 1040|270 21 ») 1013200 15 » 300 28 | » | 12801 22 2401 10 | » 210

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FRIEDRICH BAHRMANN

Henne No ສີ. 3 le 3 lo | 2 le Peles Belek FS te Datum | K ost po e = ຈຄ Datum | Kost Eo 9 = “| Datum Kost do = H S M |a M 5 |“ ໄ້ | Ya Febr. | | Mär April 17 100 gr. Fl. 230] 20 125 gr. Fl. (Gol 20 125 gr. Fl. 240 ເຫ: | ງ) 100%/230l 21 » 1090 250| 21 » 250 19 » 300| 22 » " Imol 22 » 1160 210 20 » 240 23 » 300 23 » 1270 21 ງ) 980 190 24 )) , 1140 250 24 » 1250 22 » 1230 25 » 230] 25 » 270 23 125 gT. Fl. 995 290 20 )) 270 26 » 1190'250 24 » 250] 27 » ¡I1I0¡220] 27 » 270 25 » 300 25 » 210 28 » 250 26 » 1015 300 29 )) 230 20 » 1250 200 27 » 2501 30 » 11130 240] 30 » 230 28 » 1045/2801 31 » | [200] Mai Marz | | April | I » 240 I » 320 I » 200 2 » 1260 230 2 » 11045 230 2 » 280 3 » (210 3 » | 245 3 » | 250 4 » i230 4 » 1020 195 4 > 1130 250 5 » I290/220 5 DI 1400 5 )) 220 6 » 240 6 » 1200 6 » 205 7 » 230 7 » 1045 240 7 » | 225 8 » 1360|220 8 » 150 )) 11150250 » | |200 9 » 270 9 )) 270) 10 7) 1335 250 10 )) 200 10 » 220 II » 200 11 » ¡1000 270 11 » | 195 12 » 220 12 » 300) 12 » 200] 13 » 1360 190 13 7 200 13 )) | 230 I 4 » 200 14 )) 1080 230 I4 )) 200 15 » 130 15 )) 270 15 | )) 1180/230 16 » [150 10 )) ¡270 16 )) 220 17 ງ) ¡150 17 | )) 1080/2230 17 » 220 18 » 13101150 18 » 100 18; || » 300 EE Al » 1170 19 )) 1160 250 | GEWICHTSTABELLE. Datum Pe o Gr. Datum o Datum | Gr. | Datum | Gr. 1902. Dez. 4 | 1117 053 Febr. 4 | 1000 | 1903. Márz 27 | 1110 » 10 | 1117 » 7 990 » 3o | 1130 » 13 | 1097 » 12 | 1005 | 1903. April 4 | 1130 » 17 | 1127 » 14 995 » 8 | 1150 » 18 | 1088 » 18 1005 » 15 | 1180 » 19 | 1096 » 21 980 » 19 | 1160 » 24 | 1000 » 23(ໄ) 995 » 22 | 1160 » 27 | 1040 » 26 1015 » 26 | 1190 » 30 | 1030 > ` 28 1045 » 29 | 1250 1903. Jan. 3 | 1025 | 1903. März 2 | 1045 | 1903. Mai 2 | 1260 » 7 | 1020 » 4 1020 » 5 | 1290 » 9 | 1048 » 7 1045 » 8 | 1360 » 14 | 1038 » 11 1000 » 10 | 1335 » 17 | 1038 » 14 1080 » 13 | 1360 » 21 | 1013 » 17 1080 į ` » 18 | 1310 » 24 | 1000 » 21 | 1090 » 28 990 » 24 1140

(1) Erhöhung der Fleischration um 25 gr.

EINWIRKUNG VON ALKALIEN

Henne No 8.

ກກກ, N LL © 2 = E. fel ee ER eue Merle 37 Datum Kost Ai iS ala Eto] $ | gto] foto 5 | Bemerkungen pf [9e] 78 se nes gets ຂ້, A 3 ໄຈ EU ARE l'E Z IZ A o eee Dez. | | | | - 13 | 40 gr. Brod | 0,44 |1,07| —0,63 ¡1,8457 |150 14,5135 90 to12| 7,3: 14 | 40 0.44 |9.37| --0,13 ່0,66 37 | 93| 4.5 0005 12,6! 15 40 » 0,44 0,55, —0,11 1,0865 |135 4.4 130 96 12,5 16 'roogr.Fleisch| 2,94 |2,39 +0,55 ¡3,4347 |105 10,2 9590 23,4 17 » 2,94 ¡4,0 | —1,06 5,6 |45 |155! 16,0 139 89! 972) 25 18 » 2,94 13,52, —0,56 4,21 39,6 154 14,7.13990 932.23 |Mg (COs)e | on in Stücken 19 » 2,94 |3,85| —o,91 |4,58 39,5 160! 13,5 146 91; 900: 28 » 20 » 2,94 |3,23| —0,29 43114495 215|12.6/202 94 25,6 » an. ep » 2,94 |2,30! +o 64 4,64 67 220 11,2.209 99 , 20,5 » 2I » 2,94 (2,459 +0,49 ¡2,91|39,6:230 12 7'217 94 83y 19,2 » 23 » 2,94 |2.70. +0,24 3,79 46,6 230 11,5.218 95) 23,4. » Febr. | | | | 15 » 2,94 | 2,32} 0,62 [4,63 65 ¡260 10,4,230 96, 825 22,3 » 16 » 2,94 ¡3:99 —0,06 | 5,00) 55,5 230! 14,1/21694| 21 » 17 » 2,94 ¡2,30 +0,%4 |13,77|54,7|/290| 11,0,279 96, 820 20,9 » Marz | | 11 125 » 3,67 :3,00 +0,67 4,08 45 270, 12,8 257 95' 8501 23,4 » 12 » 3,67 2,66| +1,01 |2 86 36 |3uo|11.3 289 96 23,5 » 13 » 3,67 | 3,07 +0,6 |3,72|40 |220] 13,5j206|94| 850| 22,7 » Henne 8. 3 le 3 le ວິ |. RK B . 1% RK. 18, ott y h [Ey ori MH Datum Kost | ສື 5 x Datum Kost a S a T Datum Kost Bi | 8 (Bei Wi er 16” 4 Oe") Dez. | Jan | | Febr. | | | 13 |40 gr. Brod ¡1112150 7 100 gr. Fl. | 865 ¡230 I 100 gr. Fl. | 1205 14 )) 05 5 7 85 2 » | ¡210 15 » | 135 9 ]) 865 |245 3 » | |230 16 100 gr. Fl. 105 10 | » 305 4 » 820 |180 17 » 972113) 11 | )) 240 5 » | 260 IS » | 932 154 12 | y) 220 6 » | 2090 10 000 100 13 ») | 34 ) 7 » 830 270 20 » 215 14 )) 809 |240 5 2 270 21 » IQ) 1) )) 22, 9 )) 290 22 )) 170 10 )) 270 10 » 240 23 ») 202 17 » | 860 |250 II » 1200 24 j) 830 220 IS )) 240 12 » 820 |220 25 | ») 235 10 » 22 13 )) | 1270 26 | » 23 20 | y) 220 14 » 825 |215 27 » 835/215 2I » 839 |230} 15 | » 260 28 » 270) 22 » y 16 » 230 29 » 26 23 » 23 17 > 1290 30 N 26 24 )) 830 |210] 18 » | 820 |270 31 » 860 25 > 1701 19 » | 1250 Jan. 26 » 2301 20 | » | 1200 I ງ) $10 27 » 300 21 » 800 |230 2 ຽ) 250 25 y) 820 |290 22 » 350 3 ງ) | 865/2951 29 » 27 23 125 gr. Fl. | 810 |260 4 ]) D: JO )) 300 24 | » 260 5 » 55 31 » »5 aS » 300 6 » 255 26 , D

FRIEDRICH BAHRMANN

444 Henne 8.

Datum | Kost fo be e “| Datum | Kost E e 8 “| Datum | Kost So Se E P Se 8e ga de 3288 = E | 5 < E 2 | | 2

Febr. | | März April | |

27 | 125 gr. F1. 20. | 143 00 EN 270| 22 125 gr. Fl. | 850 |270 28 » 850 27 » | goo |200| 23 » | 290 Márz 28 » 270] 24 » | 265 I » | 29 » 12801] 25 | » | 255 2 » | 850 30 » 230] 26 » 890 |275 3 » | ahi » | 900 1220 27 | » | 265 4 » | 845 April 28 » 930 303 5 » | I » 190] 29 | » | 215 6 » 2 | » 1220] 30 » 155 7 » 880 3. » 930 | 270] Mai 8 » | 4 » 1260 I » 215 9 » | 5 » 1270 2 » 950 |215 10 » 6 | » 930 1220 3 » ¡195 11 » 850 7 )) [210] 4 » 215 12 » 8 » 240 5 » 940 |155 13 » 9 » 1220 6 » 175 14 » | 850 10 | » 860 |170 7 » 175 15 » 11 » 240] 8 » 960 |235 16 » 12 » 1220 9 » [195 17 » 860 13 » 280] 10 » 1185 18 » 14 » |290} 11 » 980 |225 19 » 15 » 260] 12 » 195 20 | » | 16 | » i270] 13 » | 190 21 » | 870 17. | )) 190] 14 » 970 |145 22 » 18 | » 320] 15 » | 175 23 » 19 | » 850 |200| 16 » | 195 24 | » 910 20 » 220] 17 » (215 25 » | 21 » 290] 18 » 970 [185 | GEWICHTSTABELLE. Datum | Gr | Datum | Gr | Datum | Gr. 1902. Dez. 13 | 1112 | 1903. Febr. 7 830 | 1903. Marz 27 | 900 » 17 | 972 » 12 | 820 » 31 | goo » 18 | 932 » 14 825 | 1903. April 3| 930 » 19 | 900 » 18 820 » 6 | 930 » 24 | 830 » 21 800 » 10 | 860 » 27 | 835 » 23(1)| 810 » 19 | 850 » 31 | 860 » 26 820 » 22 | 850 1903. Jan. 3 | 865 » 28 850 » 26 | 890 » 7 | 865 | 1903. Márz 2 850 » 28 | 930 » 9 | 865 » 4 845 | 1903. Mai 2 | 950 » 14 | 865 » 7 880 » 5 | 940 » 17 | 860 » 11 850 » 8 | 960 » 21 | 839 » 14 850 » 11 980 » 24 | 830 » 17 860 » 14 970 » 28 | 820 » 21 870 » 18 970 1903. Febr. 4 | 820 » 24 910

(1) Erhóhung der Fleischration um 25 gr.

EINWIRKUNG VON ALKALIEN

Henne 4.

| ls Dës Lagere (ella hue Steet, Boe. eS oe (Sepa Me Ale, 6% Datum Kost EK oo ae gk) GC (Gb) 3b le bi, fo ba Ss Bemerkungen we [Be] Ss (Esl Ha lsel&el%elülse ຈັ ce |“ E WEE -g zZz Iz = a A Jan. | | | | 12 | 40 gr. Brod | 0.44 |0.406 | 0,034] 1,21, 98 1125] 4,9 120 96/1560! 8 13 » 0,44 |0,74'—0,3 |1,53 68,9/230| 11,5¡218/9y4 64 14 » 0,44 ¡1,55! —1,11 ¡2,66 57 |130| 10,7/119'91/1415| 14,4 15 |roogr.Fleisch' 2,94 |3,32|—0.38 |4,29| 44 |175115,8 159 91 21 16 » 2,94 |3,76|—o,82 |5,41| 48 |145 11,3 134/92 33 17 » 2,94 |2,36| +0,58 |3,19| 45 |190|10,0/180/94|1320 23,6| 0,3 NaCl 18 » 2.94 |2,65| +0,29 | 4,04; 51 |180|13,316/|92 20 » 19 » 2,94 |2,90| +0,04 |5,71|65 |190|13,0/177|93|1260|22,3 » Febr. 12 » 2,94 |2,66| +0,28 |4,42| 55 |235,11,3/224/95|1100 23,5 » 13 » 2,94 |2,23| 40.71 | 4,27] 63 370 12,5|357|96 17,8 » 14 » 2,94 |[2,72| 0,22 |4,64| 57 |305¡12,8|/292 95|r115|21 » Marz . 14 » 3,67 |3,0 | +0,67 |5,03| 56 [360,13 8/346 96!|1150|21,7 » 15 » 3,67 |1,86| +1,81 [3,5263 |340| 9 0|331|97 20,6 » 16 » 3,67 12,301 +1,37 14,52165 |330l13,21317:9611140l 17,4 » Henne 4. a ge EN "ak: de Is | | 2 | © | | g | y e | AP B (bp, E | 0. | SERIES | 2 SIS ພວນ Datum | Kost w |g Datum | Kost | E 8 _| Datum Kost | o E ga (32 ‘eds ¿a (Bs | | s | [ef fr | EM | Jan. | Febr. | März | | 10 |40 gr. Brod |1560| 8 | 100 gr. Fl. | 1170] 9 | 125 gr. El. 2 II » 100 9 » | 1360] 10 » 410 12 100 gr. Fl. |125| 10 » | 1280] 11 » 1125300 13 | » | i230] 11 | » | [290] 12 » 230 14 » 14151130] 12 » 1100/235] 13 » 250 15 » 175] 13 | » | 370] 14 » 1150|360 16 » | |145| 14 » 11115 305| 15 » 340 17 » 13201190] 15 » | i220] 16 » 1330 18 » 180] 16 > | (tool 17 » 1140/250 19 » |190 17 » 2801 18 » 260 20 » 200 18 » 1070350 19 » 260 21 » 1260150] 19 » 1370] 20 » 290 22 » 1173 20 » 310] 21 » 1170350 23 » 180] 21 » 1070200] 22 » 300 24 )) 1190|125 22 )) 300] 23 » | 320 25 > 150] 23 | 125 gr. Fl. | 1080|310ໂ 24 » | 250 26 » Lol 24 » 300] 25 » |1200 300 27 » 1190|190 25 » | 2501 26 » 430 28 » 180 20 » 1020|210 27 » | 330 \ 29 » 1190 27 » 1430] 28 » 1150/300 30 » 190] 28 » 1110230] 29 » 330 31 » | 190] Marz 30 » 340 Febr I » 340] 31 » 1160|340 I » 1285 2 » |1090|280| April 2 » 125 3 » | 1250 I » 330 2 » 165 4 » 1090|240 2 » 340 4 » 1140|180 5 » 1420 3 » 1150/330 5 » 230 6 » 330 4 » 340 6 » 1280 7 mn 1110|230 5 » 360 7 » |1110|260 8 » 1330 6 | » 330

446 FRIEDRICH BAHRMANN Henne No 4. 2 lo | (2 jg 2 le | ETES | Bula 574 Datum Kost | E E 5 Datum | Kost | de E z Datum Kost | P E e LE" Kei Ei IN | X | ເຂ April! | | | April | Mai 7 | 125 gr. Fl. [1140/3201 22 125 gr. Fl. [1150 330 6 | 125 gr. Fl. (220 8 » 300] 23 » 380 7 » ¡320 9 » 13301 24 » 290 8 » 1210|270 10 | » 350] 25 » | 260 9 | » 230 11 » 1140 330 20 | » 11165340 10 » 250 12 » | 330] 27 » | 1270| 11 » 1225/300 KE" A » | 1400| 28 » 300] 12 » 300 14 » | [350] 29 » 1300] 13 » 250 15 » 340} 30 » 1200250] 14 » 1220|150 16 » Ir 130 350] Mai | | 15 » 180 17 » | 300 au Ai » ¡270 16 » 220 18 » | 350 2 | » 240] 17 » | 190 19 » 330 3." | » 1210 250 18 » 12401170 20 » | 310 4 | » E 70 21 » | 1350 Sc) » |1190|320 | GEWICHTSTABELLE. Datum | 9: | Datum | Gr. Datum | or | Datum č | Gre | Dam | GE Datum | Gr. 1903, Jan. 10 | 1560 | 1903. Febr. 26 | 1020 | 1903. April 7 | 1140 » 14 | 1415 » 28 | 1110 » 11 | 1140 » 17 1320 | 1903. Marz 2 | 1090 « 16 | 1130 » 21 1260 » 4 | 1090 » 22 | 1150 » 24 | 1190 » 7 | 1110 » 26 | 1165 » 27 1190 » 11 | 1125 I. » 3o | 1200 1903. Febr. 4 | 1140 » 14 | 1150 | 1903. Mai 3 | 1210 » : 1110 » 17 | 1140 » 5 | 1190 » 12 | 1100 » 21 | 1170 » 8 | 1210 » 14 | 1115 » 25 | 1200 » 11 | 1225 18 | 1070 » 28 | 1150 » 14 | 1220 » 21 1070 » 31 | 1160 » 18 | 1240 » 23(1)| 1080 | 1903. April 3 | 1150

(1) Erhöhung der Fleischration um 25 gr.

AUS DEM KONIGL. INSTITUT FUR EXPERIMENT. THERAPIE IN FRANKFURT M. DIREKTOR : GEH. MEDICINALRATH Proressor Dt P. EHRLICH.

Zur Kontniss der Toxikologie einiger Nitrile und deren Antidote

VON

REID HUNT.

Pharmacologist, Hygienic Laboratory, Public Health and Marine Hospital Service. Washington, U.S. A.

Die Nitrile, sowohl diejenigen der Fett- als die der aromatischen Reihe sind schon der Gegenstand mehrerer pharmakakologischer und toxikologischer Untersuchungen gewesen (Lanc(!), HEymans und Masorn(2), VERBRUGGE (3), MEURICE(4), FIQUET (5)).

Unter den interessantesten Ergebnissen dieser Studien sind diejenigen von Heymans und seinen Schülern über die antidotalische Wirkung des thioschwefelsauren Natriums gegenüber verschiedenen Nitrilen besonders zu erwähnen.

In nachfolgender Mitteilung werden Versuche mit einer Anzahl neuer Cyanverbindungen (6) sowohl, wie auch solche mit Nitrilen, die schon bekanntsind, beschrieben ; ferner wurden Versuche überdie antagonistische Wirkung verschiedener Schwefelverbindungen gemacht.

Die Versuche wurden an weissen Mäusen vorgenommen und die

(1) Arch. exp. Path. und Pharmakol. 34, p. 247, 1894.

(2) Arch. int. de Pharmacodynamic, 3, pp. 77, 359; 7, p. 297; 8, p. 1.

(3) Ibid. 5, p. 161.

(4) Ibid. 7, p. 11.

(5) Ibid. 7, p. 307.

(6) Die Aminonitrile und das Piperidoessigsäurenitril wurde von Herrn Privat- dozent Dr A. Klages (Siehe Journ. f. prakt. Chemie, 2, 65, p. 188, 1902) dargestellt und uns freundlichst zur Verfügung gestellt. |

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XII. 32

448 Rew Hunt

Nitrile subcutan injiziert. Diejenigen Nitrile, die in Wasser löslich sind, wurden in wässeriger Lösung injiziert, andere in Lösungen mit verdünntem Alkohol.

„Zum Zwecke des Vergleiches wurde die Giftigkeit der Blausäure für Mäuse zuerst bestimmt.

TABELLE I. Blausäure. #3. Piette blieb am Leben ei P in mgr. Oe ee < + starb us pro ‘lier |pro Gramm Tier 20. VII | 10,77 | 0,0479 0,0045 20. VIII | 13,85] 0,061 0,0047 21. VII 9,8 0,047 0,0048 + ca. 18 Stunden. 21. VIII | 18,02 | 0,0883 0,0049 +- 1 Stunde. 19. VII | 12,58] 0,0629 0,005 + 10 Minuten.

Aus diesen Versuchen ist ersichtlich, dass die tótliche Dosis der Blausäure für Mäuse 0,005 mgr. per ı Gramm Tier beträgt.

Acetonitril.

TABELLE II. Acetonitril CH3CN (in wässriger Lösung

5 3 E ACER blieb am Leben z In mgr. 5. pro Tier |pro Gramm Tie 2. - - . = = = 52 5552. è <... 12. IX | 10.45 5,03 0,5 13. IX | 10,65 6,39 0,6 16. IX | 18,80] 12,59 0,67 + 7—20 Stunden 18. IX | 16,56] 11,26 0,68 12. IX | 10,82} 8,11 0,75 - ca. 30 Stunden 11. IX ] 20,7 | 25,88 1,25 -++- ca. 30 Stunden 8. IX | 12,68 || 50,72 4 -}- 24 Stunden 5. IX | 14,61 | 09,30 6,8 + 4 » 19. IX | 12,32 8,75 0,71 + 1—3 »

Die tótliche Dosis des Acetonitrils ist also ungefáhr o,7 mgr. pro 1 Gramm Tier. Der Tod tritt gewóhnlich spát ein, selbst nach dem Einspritzen einer grossen Dosis.

Diese Resultate stimmen mit denjenigen früherer Untersucher überein, die gleichfalls gefunden haben, dass das Acetonitril verhältnismässig wenig giftig ist. | |

Wenn ein Wasserstoffatom des Acetonitrils durch eine H ydroxylgruppe

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 449

ersetzt wird, so wird die Giftigkcit stark vermehrt, wie aus den folgenden

Versuchen mit Formaldehydcyanhydrin zu ersehen ist.

TABELLE IH.

Formaldehydeyanhydrin CHAOH)ON (in wässriger Lösung)

Formaldehydcyanhydrin »bliebsim Leben

Gewicht der Maus in gr

in mgr. ES? Tier pro Gin er T

12. VII | 11,90] 0,170 0,0143 28. VIII | 13,39 | 0,195 0,0146

13. VII [14,05] 0,216 | 0,0154 + 1 Stunde

8. VII | 13,90 | 0,230 0,0165 + 3 Stunden 29. VIII 414,65] 0,249 0.017 +2 »

7. VIII | 10,30 0,257 0,0249 -+ 1 Stunde 30 Minuten

7. VII [12,69 | 1,269 1,00 + 20 Minuten

Daher ist die tötliche Dosis des Formaldehydcyanhydrins ungefähr 0,015 mgr. pro ı Gramm Tier.

Chloralcyanhydrin, welches auch eine Hydroxylgruppe enthält, ist . gleichfalls sehr giftig, wie aus den Versuchen von Meurice mit Tauben

bekannt ist.

TABELLE IV. Chloralcyanhydrin CCICH(OH)CN (in wássriger Losung)

z E Chloralcyanhydrin A etes Bus en -+ starb os pro Tier ipro Gramm Tier

29. VIII | 17.3 0,376 0,0217

29. VIII | 16,28 0,360 0,0221

27. VIII} 16,85} 0,383 0,0228 -+ 4—5 Stunden

29. VIII | 20,3 0,47 0,0231 + 4 Minuten

17. VIII | 18,15] 0,42 0,0231 + 10 »

17. VIII] 16,45] 0,43 0,0261 —- 20 »

17. VITI J 19,53] 0,57 0,029 + 7 »

Tötliche Dosis des Chloralcyanhydrins für Mäuse 0,023 mgr. pro ı Gramm Tier.

Benzonitril.

Dass das Benzonitril verhältnissmässig wenig giftig ist, geht aus den Versuchen früherer Autoren hervor; seine Giftigkeit für Mäuse wurde durch die folgenden Versuche bestimmt :

450 SE Reiw Hunt

TABELLE V. Bensenitril CsHsCN (in ca. 20 0/0 Alkohol gelóst)

zi E ca cana blieb am Leben e ——_—_—_ - + starb OS pro Tier |pro Gramm Ti

5. XI 15,04 2,11 0,14

6. XI 19,66 3,34 0,17

9. XI | 14,26 2,57 0,18 + ca. 5 Stunden

4. XI 119,35 3,87 0,20 +1—19 »

4. XI | 18,35 4,22 0,23 + 1—10 »

Tôtliche Dosis 0,18 mgr. pro 1 Gramm Tier.

Wenn eine CH: Gruppe zwischen dem Benzolkern und die CN Gruppe des Benzonitrils eingeschaltet wird, so wird die Giftigkeit erhöht, wie aus den folgenden Versuchen mit Benzylcyanid hervorgeht.

TABELLE VI. Bensylcyanid C6H5CH2CN (in ca. 25 0/o Alkohol gelöst)

zi E ອນເດ blieb am Leben ue ນກ + starb OS pro Tier |pro Gramm Tie 21. VIII | 14,6 0,438 0,03 = 22. VIII] 9,15 0,284 0,031 23. VIII | 9,63] 0,308 0,032 + zwischen 2 und 20 Stunden 22. VIII | 12,31 į 0,421 0,035 + 1 Stuude ro Minuten 21. VIII] 17,14] 0,686 0,04 + 20 Minuten 21. VIII} 19,53] 0,888 0,0455 - 45 » 17. VIM | 16,2 0,86 0,0528 + 5 St. 30 Min.

Die tötliche Dosis des Benzylcyanids ist also 0,032 mgr. pro 1 Gramm Tier. Ein ähnlicher, aber kleinerer Unterschied zwischen der Toxicität des Benzonitrils und des Benzylcyanids wurde von VERBRUGGE in Versuchen an Kaninchen(1) und von Meurice in seinen Versuchen an Tauben gefunden.

Die Toxicität des Mandelsäurenitrils /in welchen eine OH Gruppe zwischen den Benzolkern und die CN Gruppe eingeschaltet ist) ist noch grösser, wie schon aus den Versuchen von VERBRUGGE und MEURICE bekannt ist.

(1) VERBRUGGE fand fast keinen Unterschied ın der Giftigkeit dieser Substanzen für Frusche.

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 451

Die Giftigkeit des Mandelsäurenitrils für Mäuse ist durch die folgenden Versuche ermittelt :

TABELLE VII. Mandelsäurenitril CEHsCH(OH)CN (in wässriger Lösung)

33 e Mandelsáurenitril blieb am Leben ES e in mgr. 4+ ດີ 58 “| pro Tier |pro Gramm Tier 21. VIII | 26,2 0,576 0,022 20. VII | 15,81] 0,356 0,0225 17. VIII | 12,90 | 0,301 0,0233 + 6 Stunden 22. VIII] 11,23] 0,269 0,024 + 8 Minuten 20. VII | 11,95] 0,307 0,026 + zwischen 3 und 6 Stunden 22. VII | 10,77] 0,294 0,027 . + 2 Stunden 3o Minuten

Tötliche Dosis des Mandelsäurenitrils 0,023 mgr. pro 1 Gramm Tier.

Diaethylaminoacetonitril.

TABELLE VIII. CN > | Salzsaures Diaethylaminoacetenitril CHz (in Wasser gelöst) N N(C2Hs} HCI

3: o EE blieb am Leben ue -} starb Og pro Tier |pro Gramm Ti 18 VIII | 26,2 0,77 0,0294 19. VIII [20,3 | 0,615 0,030 | -- 18. VIII | 24,45] 0,76 0,031 + 1 Stunde '15 Minuten 18. VIM | 17,7 0,59 0,034 + zwischen 3 und 4 Stunden 17. VIII | 14,8 0,59 0,039 + 1 Stunde 17. VIII} 21,45] 0,86 0,040 + zwischen 40 Min. und 1 St. 30 Min. 17. VIII ‚12,5 0,59 0,047 + 20 Minuten 17. VIII] 10,58) 0.58 0,055 + 1 Stunde

17. VIII} 24,8 | 1,50 0,060 + 15 Minuten

i

Tótliche Dosis des salzsauren Diaethylaminoacetonitrils 0,031 mgr. pro 1 Gramm Tier.

Die Giftigkeit des Diaethylaminoacetonitrils ist durch die Addition einer Jodmethylgruppe, (wobei die Verbindung in eine quarternáre Ammoniumbase umgewandelt ist) stark herabgesetzt, wie aus den

folgenden Versuchen zu ersehen ist,

452 Reip Hunt

TABELLE IX.

CN we Diaethylaminoacetonitriljodmethylat CH: CH; (in Wasser gelöst) N E eg N(C2H5)= y Diaethylaminoacetonitril- I E E jodmethylat blieb am Leben ¿at in mer. OLE Sto Mr -} starb YE pro Tier ‘pro Gramm lier 4. VII 9,45 2922 0,234 16. VII | 13,72 3,43 0,25 28. VII | 19,35 4,84 | 0,25 4. VII | 11,20 2,80 | 0,25 + 25 Minuten 3. VII | 11,340 2,85 0,25 - 10 » 28. VII | 17,25 4.9 0,283 + 40 » 16. VII | 11,90 3,66 0,307 | - 20 » 3. VII 9,35 3,74 0,40 + 7 » 27. VI 8,90 8,90 I + 5 » 27. NI 10,00 | 50,00 5 +- 2—3 Minuten

Die tötliche Dosis des Diaethylaminoacetonitriljodmethylats ist also ungefähr 0,25 mgr. pro ı Gramm Tier.

Diaethylaminomilchsäurenitril.

TABELLE X. CN Diaethylaminomilchsiurenitril CH3CH (in Wasser gelöst) N(CzHs)e o“ Diaethylaminomilchsäure- i DS nitril blieb am Leben el tner _ ae os pro Tier |pro Gramm Tie 17. VIII | 20,3 0,410 0,020 2. VII 8,73 0,18 0,0205 1. VII | 11,20] 0,25 0,022 ı2. VIII] 26,10 | 0,58 0,022 +- zwischen 45 Min. und 1 St. 30 Min. 2. VII [10,85] 0,25 0,023 + 2 Stunden 30. VI 10,20 | 0,25 0,0245 +- 2 » 3o. VI 9,90 | 0,26 0,0262 + zwischen 3 und 4 Stunden 28. VI 10,33] 0,30 0,0290 -|- 1 Stunde 15 Minuten 29. VI 11,35 | 0,37 0,033 +- 5 Stunden 45 Min. 26. VI 11,65] 0,45 0,036 -ł- 26. VI 13,20] 0,54 0,041: + 1 Stunde 20 Minuten 25. VI 10,00 | 1,00 0,1 -+ nach einigen Minuten

Tôtliche Dosis des Diaethylaminomilchsäurenitrils 0,022 mgr. pro 1 Gramm Tier,

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 433

Die Addition einer Jodmethylgruppe zum Diaethylaminomilchsáure-

nitril setzt die Giftigkeit stark herab, wie aus den folgenden Versuchen

hervorgeht. TABELLE XI. CN 7 Diaethylaminomilchsäurenitriljodmethylat CH3CH CH3 (in Wasser gelöst) ee rett y 23 Diacthylaminomilchsäure- Zär nitriljodmethylat blieb am Leben 23 : B in mgr. Be ee -+ starb >. pro Tier |pro Gramm Tier 17. VIII | 22,75 8,10 0,355 21. VIII | 20 7,2 0,360 21. VIII] 19,16 7,19 0,375 16. VIII | 11,35 4,54 - 0,40 + 10 Minuten 21. VIII | 24,09 9,64 0,40 - 10 » 15. VIII [ 20,90] 10,45 0,50 -+- 30 » 15. VIII } 16,7 11,1 0,66 + 15 » 4. VII | 8,45 6,76 0,80 - 12 » 15. VIII] 15,96] 12,70 0,79 + 6 » 2. VII 9 9,00 1,00 4- ca. 15 Min.

Die tótliche Dosis des Diaethylaminomilchsáurenitriljodmethylats ist

daher ca. 0.4 mgr. pro 1 Gramm Tier.

Phenylaminoacetonitril. TABELLE XII.

CN Phenylaminoacetonitril CH» (in 25 0/. Alcohol gelöst). N NHGHs 33 9 Phenylaminoacetonitril ເເກ ga in mgr. ຍ. ເສ AAA -+ starb OS pro Tier ‘pro Gramm ‘lie 28. VI 9,30} 0,46 0,05 27. VII | 14,88] 0,744 0,05 30. VI 9,45 | 0,50 0,0527 Erholung langsam 25. VII | 14.05] 0,78 0,055 + 2 Stunden 15 Minuten 25. VII | 21,00 1,27 | 0,06 -+ 2 Stunden 30. VI 14,25 | 1,00 | 0,067 +5 » 13. VII 9,7 0,808 0,083 + 3 » 26. VI 14,95 | 2,99 0,20 + 2 » 25. VI 9,0 3.0 0,33 + 2 Stunden 20 Minuien 25. VI $10,754 10,75 1.00 +- 2 Stunden

Tôtliche Dosis ungefähr 0,055 mgr. pro 1 Gramm Tier,

454 Reıp Hunt

Dic Einfúhrung einer Methylgruppe in den Benzolkern des Pheny]- aminoacetonitrils setzt die Giftigkeit herab, wie aus den folgenden Versuchen mit ortho- und metatolylaminoacetonitril zu ersehen ist.

TABELLE XIII.

C H: NHCH:CN Orthotolylaminoacetonitril | | (in ca. 30/0 Alkohol gelöst) NA Es E Orthotolylaminoacetonitril blieb am Leben Ge in mgr. Bee ee + starb u. pro lier |pro Gramm Tier 15. VII | 13,00 1,00 0,077 13. VII | 11,00] 0,991 0,083 14. VII | 8,7 0,79 0,091 -|- zwischen 1 und 13 Stunden 14. VII 9,251 0,925 O, 1 -+- 8 Stunden

TABELLE XIV. CH3

(in ca. 3 0/o Alkohol gelöst)

AN Metatolylaminoacetonitril | NHCH2CN

#3 ເ: Metatolylaminoacetonitril blieb am Leben Ge ໄລ in mgr. Rep er 4+- starb CS pro Tier |pro Gramm Tie 14. VII | 6,92] 0,629 0,091 Erholung langsam 18. VII [12,56] 1,260 O 100 16. VII | 9,691 0,969 0,100 +- 19. VII [12,96] 1,44 0,110 -+ zwischen 30 und 4o Stunden 20. VII | 13,19 1,55 0,118 +- 7 und 19 Stunden

Die tótliche Dosis des Orthotolylaminoacetonitrils ist daher ca.

0,091 mgr. pro 1 Gramm Tier, die der Metaverbindung o,ı mgr. pro ı Gramm Tier.

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 455

Diaethylamin«phenylessigsäurenitril. TABELLE XV.

CN Diaethylaminophenylessigsäurenitril C5HH:CH (in 25 0/o Alcohol gelöst) C2Hs Ang C2Hs ss Diaethylaminophenylessig- ZE saurenitril blieb am Leben e A + starb OS À pro lier |pro Gramm lie 3. VII f11,2 0,26 0,0232 2. VII 9,351 0'223 0,0238 4. VII fı2,35f 0,31 0,0251 + zwischen 8 und 17 Stunden VII À 9,50] 0,25 0,0263 + 1 Stunde 15 Minuten 2. VII | 9,89] 0,29 0,0293 +- 5 Stunden 1. VIL | 10,34 | 0.345 0,033 + zwischen 6 und 14 Stunden 1. VII 7,751 0,31 0,04 + 2 Stunden 3o, VI 9,45 | 0,47 0,049 + 25 Minuten 28. VI 9,751 0,81 0,082 + 5 » 28. VI 9.95] 1,24 0,124 . + 5 zu 6 Minuten 28. VI 8,294 1,66 0,200 + 5 Minuten

Tötliche Dosis des Diaethylaminophenylessigsáurenitrils 0,025 mgr. pro 1 Gramm Tier.

Piperidoessigsáurenitril. TABELLE XVI. CN

Piperidoessigsiurenitril CH: (in Wasser gelöst) NC5sHio

23 5 Piperidoessigsäurenitril blieb am Leben gr In mgr. oS == -+ starb CS pro Tier |pro Gramm Tie 30. VI 9,35 0,49 0,052 18. VIII] 19,85 1,10 0,055 28. VI 8,3 0,48 0,058 -+ 6 Stunden 25. VIII} 18,85] 1,131 0,06 -+ zwischen 7 und 20 Stunden 26. VI 11,85] 0,79 0,067 -+ 55 Minuten 24. VIII| 26,20] 1,80 0,069 + 15 » 26. VI 11,75 1,00 0,085 + 1 Stunde 15 Minuten 4. IX [16,6 1,162 0,07 ‘+ 1 > 45 »

Die tótliche Dosis des Piperidoessigsáurenitrils ist daher ungefáhr 0,058 mgr. pro 1 Gramm Tier.

456 Rem Hour

Nitroprussidnatrium.

TABELLE XVII. Nitroprussidnatrium Fe (CN)(NO)Na2 + 2H20

a o —- blieb am Leben ee + starb OS pro Tier |pro Gramm Tier 19. VIIT | 14,35] 0,129 0,009 18. VIII [| 14,15] 0,134 0.0094 19. VII | 12,65 0,142 0,011 18. VIII] 14,00] 0,150 0.011 + 1 Stunde 30 Minuten 18. VIII] 11,90] 0,140 0,012 -++ 30 Minuten 22. VII | 11,65] 0,140 0,012 + zwischen 3 und 4 Stunden 20. VII [13,34 | 0,170 0,0127 + » 7 » 19 » 18. VII | 6,92] 0,156 0,023 + 40 Minuten 18. VII 6,90} 1,240 0,180 + 5 »

Tötliche Dosis des Nitroprussidnatriums 0,012 mgr. pro ı Gramm Tier.

Die Ergebnisse der obigen Versuche sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt, aus welcher zunächst die absolut tötlichen Dosen der verschiedenen Nitrile zu ersehen sind. In der zweiten Reihe worden diese Zahlen mit derjenigen der Blausäure = ı verglichen. Die dritte Colonne giebt ein Bild der Giftigkeit der verschiedenen Substanzen in aequimolekularen Mengen, wobei das Molekulargewicht der Blausäure

wieder = ı gesetzt wird.

TABELLE XVIII.

| |

| + sl 5 © A pn > Æ = is ls "m8" E | 3811 | ສຣັ = Iug | AZ d oe | ແາ SZ | #52 4 |244 | 220 | $>9 E | = ek “5 GO Ek | 559 | ຍູ | See 2/6 AJOSA ei | ລ, ‚o = nn ae er ae Blausäure . . , HCN 27 | 0,005 I I | Acetonitril í : > e ( HCN 4I | 0,7 | 140 92,2 Formaldehydcyanhydrin. . . CH2OH)CN 57 0,015 | 3 1,42 Chloralcyanhydrin e BC CClsCH(OH)CN 188,5 | 0,023 4,0 0,66 Benzonitril... «+ à 6. : C6HCN 103 |o,18 | 36 0.5 Benzylcyanid . . . a CeHsCHeCN | 117 0,032 6,4 1,47 Mandelsaurenitril. . . . . CeHsCH(OH)CN | 133 0,023 4,6 | 0,93 F f | E Diaethylaminoacetonitril hydro- JN chlorid CHe 148,5 | 0,031 6 | 1,09

NN(CHs)»HCI

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE

497 PI AA > $ 5 2 2 KE E (Es | ຈສາ SHIAR: ; deb [EX | aga © 3 se 3 À er 3 CN Diaethylaminoacetonitriljodme- + thylat . . . . . . . CH: CH3 254 | 0,25 | 50 5,31 N 2 N(C2Hs)2 NJ CN Diaethylaminomilchsäurenitril . CH3CH 126 |0,022| 4,4 | 0,94 N(CzHs)e CN Diaethylaminomilchsäurenitril- / jodmethylat . . . . . CHsCH CH3 266 | 0,4 80 8,1 N A N(C2H5*2 `J Pas Phenylaminoacetonitril . . . CHe 132 | 0,055, 11 2,25 N NHG:Hs Tolylaminoacetonitril (o). . .|CsH4(CH3)NHCH2CN(0) | 146 | 0,091 | 18,2 | 3,36 Tolylaminoacetonitril (m) . . 146 10,1 20,0 | 3,7 CN . . Diaethylaminophenylacetonitril CeHsCH 188 | 0,025| 5 0,73 N(CeHs)e yo Piperidoacetonitril. . . . . CHe 124 | 0,058} 11,6 | 2,52 N NCsHio Nitroprussidnatrium . . . .|Fe(CN)(NO'Wa2+2HOs| 298 | 0,012 | 2,4 | 0,217

Nach den Ergebnissen der Arbeit von HeymaNs und Masoin über die toxikologische Wirkung gewisser Dinitrile kann es kaum Zweifel geben, dass diejenigen Nitrile, gegen welche thioschwefelsaures Natrium eine antagonistische Wirkung übt (und dies ist der Fall mit den meisten Verbindungen der obigen Liste) giftig sind, weil aus ihnen Blausäure im Organismus abgespalten wird. Wenn dies der Fall ist, so entsteht sofort die Frage : wie kann die verschiedene Toxicität dieser Verbindungen . (jede derselben mit Ausnahme des Nitroprussidnatriums kann ein Molekül Blausäure abspalten) erklärt werden; warum, z. B. ist das Molekül der Blausáure g2 Mal so giftig wie das des Acetonitrils und ungiftiger als das des Chloralcyanhydrins?

438 Reiw Hunt

Die Antwort auf diese Fragen ist nicht einfach, weil es höchst wahr- scheinlich ist, dass eine Anzahl von Faktoren sich in Mitwirkung befinden, so z. B. die Geschwindigkeitsgrade der Resorption und der Ausscheidung der verschiedenen Verbindungen und deren ungleiche Verteilung im Körper; der wichtigste dieser Faktoren ist aber zweifellos die relative Stabilität des Moleküls in den verschiedenen Fällen.

Die Moleküle einiger Nitrile sind so labil, dass sie fortwährend Blausäure abspalten, so dass sie einen merkbaren Blausäuregeruch haben; in andern Fällen sind die Moleküle sehr stabil und die Blausäure wird mit Schwierigkeit abgespalten. Wodurch die Spaltung der Nitrile im Körper verursacht wird, ist nicht näher bekannt, aber die Ergebnisse einiger Versuche am Harn von mit Nitrilen vergifteten Tieren und die Analogie mit andern Verbindungen machen es wahrscheinlich, dass in einigen Fällen Oxydationsprozesse eine wichtige Rolle dabei spielen; es scheint also lohnend, die obigen Verbindungen von diesem Gesichtspunkte aus zu betrachten.

ACETONITRIL.

Es wurde von Lance gefunden, dass der Harn von Hunden, denen Acetonitril dargereicht worden war, Ameisensäure (und auch Thiocyan- säure) enthielt. Aus der Arbeit von Ponr(!) über die Oxydation von Aethyl- und Methylalkohol im Tierkörper geht hervor, dass die Methyl- gruppe (wie beispielweise in Methylalkohol, Methylacetat, Methylamin) im allgemeinen langsam und unvollständig im Tierkörper oxydiert wird. Durch diese Betrachtungen wird die geringe Giftigkeit des Acetonitrils in befriedigender Weise erklärt(2) und auch die Thatsache, dass der Tod so spät nach selbst grossen Dosen erfolgt.

Das folgende Nitril der Fettsäurereihe das Proprionitril enthält eine im Tierkörper leicht oxydierbare Aethylgruppe und wirkt viel giftiger wie das Acetonitril.

FORMALDEHYDCYANHYDRIN.

Die im Vergleiche mit der des Acetonitrils grosse Giftigkeit des Formaldehydcyanhydrins lässt sich vielleicht dadurch erklären, dass die

(1) Pour : Arch. exper. Path. und Pharmakol. 31, p. 281.

(2) Dass in der Tat Oxydationsprozesse eine Rolle in der Giftwirkung des Aceto- nitrils spielen, wird auch sehr wahrscheinlich gemacht duıch die später zu beschrei- benden Versuche, in welchen gezeigt werden wird, dass Aethylalkohol und Traubenzucker (also Substanzen, die im Körper leicht oxydiert sind) eine antagonistische Wirkung gegen dieses Nitril besitzen,

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 459

Einfiihrung einer Hydroxylgruppe in das Molekiil verschiedener Verbin- dungen, deren Oxydierbarkeit im Körper erhöht. So wurde z. B. von SaLkowskı(1) festgestellt, dass die Einführung einer Hydroxylgruppe in den Hydrocarbonrest gewisser Aetherschwefelsäuren diese Körper im Organismus leicht oxydierbar macht; das Natriumsalz der Isaethionsäure CH:0H CH:—S—O—O—O—Na z. B. wurde zu Schwefelsáure oxydiert, wáhrend CHs

die Sáure éH:—s—o —O—O—Na nicht oxydiert wurde. Die Oxydierbar- keit des Tyrosins im Körper hängt wahrscheinlich von dem Vorhandensein einer Hydroxylgruppe in dieser Verbindung ab.

Durch diese Betrachtungen erscheint es sehr wahrscheinlich, dass die hohe Toxicität des Formaldehydceyanhydrins dadurch zu erklären ist, dass

die Hydroxylgruppe den Formaldehydrest leicht oxydierbar macht,

wodurch das Freiwerden der Blausäure erfolgt(2). Was die Dauer der Vergiftung betrifft, so steht Formaldehydcyanhydrin zwischen Blausäure und Acetonitril. Nach Dosen, mehrere Mal grösser als die einfache tötliche Dosis erfolgt der Tod erst nach zwanzig bis dreissig Minuten, während nach einer minimalen tötlichen Dosis der Tod erst in zwei bis drei Stunden eintritt.

BENZONITRIL. `

Das Schicksal des Benzonitrils im Körper scheint nicht genau bekannt zu sein. Giocosa(3) fand weder Benzoe- noch Hippursäure im Harn von Hunden nach Darreichung von Benzonitril, während der Aetherschwefel- säuregehalt stark vermehrt war; Tatsachen, welche zeigen, dass es keine einfache Oxydation des Benzolkerns (die auch garnicht zu erwarten war) giebt, wie es mit den Fettsäureresten der Fall ist. Versuche, welche darauf deuten, dass die Toxicität des Benzonitrils nicht von der Abspaltung von Blausäure abhängt, werden später beschrieben werden.

(1) Virchow's Archiv, 66, p. 321; Berl. chem. Ges., IX, p. 148.

(2) Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Spaltung des Nitrils zuerst auf noch unbekannte Weise geschieht und dass der Formaldehydrest dann erst nachher der Oxydation anheim fällt. Dass das Formaldehydcyanhydrin ausserhalb des Körpers leicht spaltbar ist, geht aus der Tatsache hervor dass diese Substanz gewöhnlich deutlich nach Blausäure riecht.

(3) Malys Jahresbericht, 14, p. 82, 1884.

460 Rein Huxr

BENZYLCYANID.

Benzylcyanid ist eine sehr giftige Substanz, die, wie aus den oben- stehenden Versuchen ersichtlich, 5—6 Mal so giftig ist als das Benzonitril. Die Tatsache, die wir später erörtern werden, dass thioschwefelsaures Natıium eine antagonistische Wirkung gegen Benzylcyanid besitzt, deutet darauf hin, dass Blausäure von diesem Nitril im Körper abgespalten wird. Es scheint eine partielle Oxydation des Benzylrestes zu geben, weil Phenylacetylamidoessigsäure (C:H:3CH2CO)NHCH:2CO2H nach der Verabreichung von Benzylcyanid bei Tieren im Harn derselben gefunden wird; ob aber das Freiwerden der Blausäure als Folge dieser Oxydation zu betrachten ist, oder ob das Nitril zuerst gespalten wird und der Benzylrest erst dann oxydiert, ist unmöglich zu entscheiden.

MANDELSÄURENITRIL.

Aehnlich wiedem Benzylcyanid ergehtes wahrscheinlich dem Mandel- säurenitril im Tierkörper; vielleicht macht die Hydroxylgruppe aber die Verbindung leichter spaltbar (oxydierbar?) und so giftiger als das Benzyl- cyanid.

PIPERIDOESSIGSAURENITRIL.

Es wird behauptet, dass Piperidin im Körper leicht oxydiert wird, doch ist es HıLDEBRANT(I) gelungen, etwas Piperidin im Harn von vergifteten Tieren wieder zu finden. Jedenfalls scheint die Cyangruppe von Piperidoessigsäurenitril ziemlich leicht abspaltbar zu sein. Der Tod erfolgt erst nach zwei bis sechs Stunden und diese Zeit ist lang genug, um

Oxydationsprozesse ablaufen zu lassen.

NITROPRUSSIDNATRIUM.

Sehr wenig ist von den Veränderungen des Nitroprussidnatriums im Organismus bekannt; dass aber Blausäure von demselben rasch abgespalten wird, geht aus den Versuchen von HERMANN(2) und CROMME(3) hervor. Wenn man die grosse Giftigkeit dieser Verbindung, dessen Molekül (4), fast

(1) Archiv, exp. Path. u. Pharmakol., 44.

(2) HERMANN : Pfluger’s Archiv, 39. p. 419.

(3) CROMME : Dissertation, Kiel, 1891.

(4) Allerdings muss man in Betracht ziehen, dass das Nitroprussidnatrium 5 CN- Gruppen enthält.

Nach den Untersuchungen von CROoMME scheinen Tauben nur 2 Moleküle Blausáure von Nitroprussidnatrium abzuspalten; da aber, Nitroprussidnatrium im Vérgleiche mit Blausáure fúr Máuse viel giftiger ist als fir Tauben, so scheint es möglich, dass mehr Blausäure von dieser Substanz von Mäusen abgespalten wird.

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 461

fünf Mal so giftig ist als das Blausäuremolekül, mit der äusserst geringen Giftigkeit des Ferro- und Ferricyankaliums vergleicht, so scheint es, als obdie NO-Gruppe das Molekül in seiner Stabilität beeinträchtigt, vielleicht in etwa derselben Weise, in der die Stabilität des Knallquecksilbermoleküls unter dieser Gruppe leidet.

DiE AMINONITRILE.

Versuche werden später beschrieben werden, die darauf deuten, dass diejenigen Nitrile, die ein Aminostickstoffatom in Verbindung mit Aethyl- gruppen (Diaethylaminoacetonitril, Diaethylaminomilchsäurenitril) ent- halten, Blausäure im Organismus abgeben môglicherweise durch Oxydationsprozesse während andere Nitrile, die das Stickstoffatom in Verbindung mit einer Phenylgruppe enthalten (Phenylaminoacetonitril, Tolylaminoacetonitril) Blausáure im Organismus nicht abspalten; in der Tat ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Molekiile dieser Verbindungen als solche giftig sind, oder vielleicht sind diese Substanzen toxikologisch eher als substituierte Aniline, wie als Nitrile aufzufassen.

Die Einführung einer Methylgruppe in das Phenylaminoacetonitril, wodurch ein Tolylaminoacetonitril gebildet wird, hat einen Einfluss auf die Toxicität ähnlich demjenigen bei Einführung einer Methylgruppe in das Phenol, d. h. die Giftigkeit wird vermindert. (Tötliche Dosis des Phenylaminoacetonitrils 0,055 mgr. pro ı Gramm Tier, die des Ortho- tolylaminoacetonitrils 0,091 mgr.). Die Stellung der Methylgruppe im Benzolring hat keinen grossen Einfluss auf die Toxicität; Orthotolylamino- acetonitril ist nur ein wenig giftiger als die meta-Verbindung(?).

Die Addition von Jodmethyl zu Diaethylaminoacetonitril- und Diaethylaminomilchsäurenitrilmolekülen vermindert deren Giftigkeit; EuRrLIcH zeigte vor mehreren Jahren, dass die Addition von Jodmethyl zu Cocain einen ähnlichen Einfluss auf die Toxicität ausübt.

CHLORALCYANHYDRIN. Die obigen Betrachtungen zeigen, dass in vielen Fällen der Grad der Toxicitát eines Nitrils in Zusammenhang mit dem Charakter (ob leicht oxydierbar z. B.) des Restes, mit dem die CN-Gruppe in Verbindung ist,

(1) Bei vielen aromatischen Verbindungen hat bekanntlich die Stellung der substi- tuirenden Gruppe einen starken Einfluss auf die Giftigkeit; so wirkt z. B. das Brenz- catechin (die Orthoverbindung) zweimal so giftig als das Resorcin (Metaverbinding). Aehnliche Verhältnisse sind von Figuer (l. c., p. 327) für die Oxycyanzimmtsäuren festgestellt.

462 Reiw Hunt

gebracht werden kann. Dieses Prinzip allein aber gentigt nicht, die Toxicitát in allen Fallen zu erkláren; dadurch kann man z. B. nicht erklären, warum das Chloralcyanhydrinmolekül giftiger wirkt wie die Blausäure selbst. Man konnte vermuten, dass die Chloralgruppe, mit der die Cyangruppe in Verbindung steht, selbst giftig wirkt und dass diese Wirkung sich zu der Wirkung der abgespaltenen Blausáure summiert. Wenn man aber bedenkt, wie schwach giftig das Chloralhydrat im Vergleich mit dem Chloralcyanhydrin (1) ist, so sieht man, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass der Chloralrest irgend einen bedeutenden Einfluss auf die Giftigkeit des Chloralcyanhydrins haben kann. Ferner haben wie einige besonders darauf gerichtete Versuche zeigten, kleine, gleichzeitig mit dem Nitril oder kurz vorher eingespritzte Mengen Chloral- hydrats keinen Einfluss auf die Toxicität von tötlichen oder nicht tötlichen Dosen der Blausäure.

Der Charakter des Restes, mit dem die CN-Gruppe verbunden ist, kann aber in anderer Weise einen bedeutenden Einfluss auf die Giftigkeit üben; er kann nämlich die Verteilung einer Substanz im Körper, und dadurch die Organe oder Gewebe, worin die Blausäure abgespalten wird, bestimmen. Die einfachste Erklärung der grossen Giftigkeit des Chloral- cyanhydrins ist wahrscheinlich also folgende : der Chloralhydratrest begünstigt das Eindringen des Chloralcyanhydrins in lebenswichtige Organe (Centralnervensystem z. B.) die sehr leicht durch Blausäure geschädigt werden. Die Blausäure würde dementsprechend in grösserer Concentration in diesen Organen vorhanden sein, als nach dem Einspritzen eines Nitrils, das gleichmässiger in wichtigen und unwichtigen Organen verteilt ist,

Durch dieses Prinzip der Bedeutung der Verteilung im Körper (seit langer Zeit von EHrLicH betont, aber bis von kurzem von seiten anderer Pharmakologen sehr wenig anerkannt) lässt sich zum Teil dıe Tatsache erklären, dass die durch die Nitrile verursachten Vergiftungserscheinungen in einiger Beziehungen anders sind, als die der gewöhnlichen Blausäure-

vergiftungen (2).

(1) Die tötliche Dosis des Chloralhydrats für Mäuse ist ungefähr 0,7 mgr. pro ı Gramm Tier, woraus zu ersehen ist, dass das Chloralcyanhydrin, beinahe 30 Mal so giftig wie das Chloralhydrat ist.

(2) Auf ähnliche Weise lässt sich vielleicht die äusserst starke Wirkung des Nitro- glycerins auf die Blutgefässe erklären. Die Ansicht von Hay, dass die durch Nitro- glycerin verursachte Dilatation der Blutgefässe auf Bildung von Nitriten in den Geweben beruht, wird vielleicht von Pharmakologen im Allgemeinen acceptiert, obgleich von

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 463

II. Die antagonistische Wirkung einiger Schwefelverbindungen auf die Nitrile.

Rhodanverbindungen wurden von Lanc im Harne von mit Aceto- nitril und Blausäure vergifteten Tieren gefunden. Diese Beobachtung machte es ihm wahrscheinlich, dass sich der Körper durch Umwandlung ` der sehr giftigen Blausäure in die für Warmblüter verhältnissmässig wenig giftige Schwefelverbindung, gewisscrmasen gegen erstere « schützt ». Von diesen Betrachtungen ausgehend, ist es LanG(1) gelungen, die antagonistische Wirkung des Natriumthiosulfats gegen Blausäure zu beweisen. Heymans und seine Schüler haben in einer Reihe von höchst interressanten und für die Immunitätslehre sehr wichtigen Arbeiten gezeigt, dass ein ähnlicher, aber noch grösserer Antagonismus zwischen Natrium- thiosulfat und verschiedenen Nitrilen besteht; Heymans und Masoın haben ferner gezeigt, dass dieser Antagonismus nicht nur in einer schützenden (prophylaktischen) sondern auch in einer heilenden (antitoxischen) Wirkung besteht.

In Folgendem bringen wir Versuche über die antagonistische Wirkung des Natriumthiosulfats gegen gewisse neue (wie auch gegen verschiedene schon bekannte) Nitrile, und ausserdem wurde auch eine Reihe von anderen Schwefelverbindungen bezüglich ihrer Wirkung den Nitrilen gegenüber untersucht. |

Gift und Gegengift wurde in allen Fällen subcutan eingespritzt, und zwar das Gift unter die Rückenhaut, das Gegengift unter die Haut des Bauches. Das Gegengift wurde in den meisten Fällen kurze Zeit vor dem Gifte eingespritzt.

NATRIUMTHHIOSULFAT Na2S20O3.

Einige darauf gerichtete Versuche zeigten, dass 8 bis 9 Milligramm des Natriumthiosulfats pro Gramm Tier einer Maus subcutan eingespritzt werden kann, ohne dass der Tod eintritt. In den nachstehenden Versuchen wurden gewöhnlich von 3 bis 6 Milligramm dieser Substanz pro Gramm Tier injiziert. Das Salz wurde in einer 10 %/o oder einer 1 %oigen Lósung

MARSHALL gefunden wurde. dass, um die gleich starke Wirkung zu erziclen, 200 Mal so viel Natriumnitrit als Nitroglycerin nötig ist. Diese Resultate lassen sich sehr leicht erklären durch die Hypothese, dass der Glycerinrest des Nitroglycerins es möglich macht, dass dieses leicht in die Blutgefässwände eindringt, wodurch das Nitrit in verhältnissmässig starker Conzentration an der Stelle, wo es seine Wirkung ausübt, gebildet wird.

(1) Archiv f. exp. Path. und Pharmakol., 36.

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XII. 33

464 Rew Hunt

eingespritzt und in den meisten Fällen in grossem Ueberschuss d. h. in einer viel grösseren Quantität, als zur Umwandlung des im Nitril enthaltenen Cyans zu Rhodan notwendig ist.

BLAUSAURE UND NATRIUMTHIOSULFAT. TABELLE XIX. Tötliche Dosis der Blausäure : 0,005 mgr. pro Gramm Tier.

ຫຸ 3 + > e S EER Blausáure Natriumthiosulfat blieb am Leben za be in mgr. in mgr. ເວງ e ee ee + starb OS pro Tier [pro Gr. Tier] pro ‘lier Gr. ‘lier

21. VIL. [12,65

10h. 32! 60 10 h. 43! 0,1054 0,0083

25. VII. 18,75 | 1h. 29! rh. 35! 0,17 0,009

20. VIII. 17,23 12 h. 50' 70

4 +- 10 Minuten 1h. 0,157 0,0091

20. VITI. 18,3 11 h. 43' 70 3,8 + nach einigen Minuten 11 h. 53) 0,215 0,012

26. VII. 19.9 1h. 17 80 4 + 5 Minuten 1h. 28! 0,239 0,012

Aus diesen Versuchen geht hervor, dass Natriumthiosulfat, kurze Zeit vorher injiziert, gegen die 1,8 fache tötliche Dosis der Blausäure schützt.

ACETONITRIL UND NATRIUMTHIOSULFAT.

TABELLE XxX. Totliche Dosis des Acetonitrils : 0,7 mgr. pro Gramm Tier.

#2 E Acetonitril Natriumthiosulfat = bliebAm Leben ZA in mgr. in mgr. a ee SR -|- starb OL pro Tier [pro Gr. Tier] pro Tier |pro Gr. ‘lier IX. 20,54 11 h. 2 61,6 3 11 h 26,67 1,25 12. 1X. 21,78 12 h. 29' 65,3 3 -+ wáhrend der Nacht 12h. 39 32,67 1,5 6. IX. 27,1 ; 11 h. 46! 108,4 4 +- wáhrend der Nacht 12 h. 6! 54,2 2 | 21. 1X. 16,28 Ä 3h. 49! 48,8 3 = 3 11. ຈິບ 22,79 1,4 |

Natriumthiosulfat schiitzt das Tier also gegen die doppelte tótliche Dosis des Acetonitrils.

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 465

FORMALDEHYDCYANHYDRIN UND NATRIUMTHIOSULFAT.

TABELLE XXI. Tótliche Dosis des Formaldehydcyanhydrin : 0,015 mgr. pro Gramm Tier.

Formaldehydcyanhydrin Natriumthiosulfat in mgr. in mgr.

blieb am Leben JL starb

pro Tier |pro Gr. Tier] pro lier ¡pro Gr. Tier

Gewicht der Maus in gr

5. IX. 15,05 12 h. 12' 60,2 12 h. 22! 3,91 0,26

7. 1X. 18,7 11 h. 47 74,8 4 = 11 h. 57' 5,423 0,29

7. IX. 21,25

7h. 8' 85,0 4 + wáhrend der Nacht 7h. 10! 6,8 0,32

25. VII. 19,58 1h. 10! 80 ca. 4 + 5 Stunden

1h. 20! 6,53 0,33 Natriumthiosulfat in Dosen von 4 bis 5 Milligramm pro Gramm Tier schiitzt also das Tier gegen die 19 fache tótliche Dosis des Formaldehyd- cyanhydrins. In den folgenden Versuchen wurden kleinere Dosen des Natriumthiosulfats injiziert. Die Resultate zeigten, dass ein grosser Ueber-

schuss des Thiosulfats einen giinstigen Einfluss auf die Wirkung dieses Salzes gegen das Nitril ausübt.

TABELLE XXII.

. |Formaldehydcyanhydrin Natriumthiosulfat

E 3 blieb am Leben gr ໄມ in mgr. in mgr. pe | an Cg pro Tier |pro Gr. lıerj pro Tier |pro Gr. 'lier 26. VII. 18,5 ıh. ı6' ai 0,221 |— 1h. 21' 0,925 0,05 25. VII. 21,6 4 h. 2,4 0,11 + 2 Stunden 4h. 10! 1,08 0,05 18. VIII. 16,6 5h. 52' | 47 0,283 | + in ca. ı Stunde 6 h. 2! 1,1 0,066

In den folgenden Versuchen wurde das Natriumthiosulfat erst nach dem Formaldehydcyanhydrin injiziert; die Resultate zeigen, dass die Tiere am Leben blieben nach Einspritzen der 13 fachen tótlichen Dosis des Nitrils, wenn die Schwefelverbindung kurz nachher injiziert war.

466 Reip Hunt

FORMALDEHYDCYANHYDRIN UND NATRIUMTHIOSULFAT. TABELLE XXIII. Totliche Dosis des Formaldehydcyanhydrins : 0,015 mgr. pro Gramm Tier.

YN ds 3 vi e e ` = CA G ER Formaldehydcyanhydrin Natriumthiosulfat blieb am Leben DA ac ın mgr. in mer. aus 0, 000600000, 000. Sar VS pro lier [pro Gr. Tier] pro Tıer ¡pro Gr. Tier

| | |

11 h. 59 3,15 | 0.15 12h. 4! | 84,1 4 8. IX. 15,15 | 12 h. 33) 3,03 0,2 12 h. 38' 60,6 4 7. IX. 13,05 7h. 9 3,42 ' 025 l + während der Nacht ` 7h. 14 30 ! 4 8. VIII 6,5 | 10. . I ໂງ | 12h. 45! 0,82 0,049 | + ca. 1 Stunde 12 h. 50' | a 0,28 15. VIII. 19,86 | 12 h. 11! 1,99 0,1 + 1 Stunde 45 Minuten 12h. ro | 7 0,35 CHLORALCYANHYDRIN UND NATRIUMTHIOSULFAT. TABELLE XXIV. Tótliche Dosis des Chloralcyanhydrins : ca. 0,023 mgr. pro Gramm Tier. Z 5 E Chloralcyanhydrin Natriumthiosulfat blieb am Leben >” to in mgr. in mgr. | ous ee ee E -+ starb 3 pro lier [pro Gr. Tier] pro Tier ¡pro (ir. Tie 31. VII. 25,35 12h. 24' 50 2 12 h. 37' 1,41 0,055 26. VIII. 14 11 h. 30! 60 4,3 11 h. 40! 0,875 | 0,063 29. VIII. 13,75 | 11 h. 37! 60 | 4,3 + 5 Minuten 11 h. 47! 0,08 0,071 | 28. VIII. 11,12 | 11 h. 56! 50 4.5 -|- 5 Minuten 12 h. 6! 0,93 | 0,083 |

Durch das Natriumthiosulfat kann also das Tier gegen mindestens die

2,7 fache tötliche Dosis des Chloralcyanhydrins geschützt werden.

BENZONITRIL UND NATRIUMTHIOSULFAT. Gegen Benzonitril übt das Natriumthiosulfat keine schützende

Wirkung aut.

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 467

BENZYLCYANID UND NATRIUMTHIOSULFAT.

TABELLE XXV. Tótliche Dosis des Benzylcyanids : 0,032 mgr. pro Gramm Tier.

Benzylcyanid Natriumthiosulfat blieb am Leben

a3. ga bo in mgr. in mgr.. E EE ວະ < ະດວດ + starb OS pro Tier [pro Gr. Tier] pro Tier [pro Gr. Tier 11. 1X. 12,75 | 12 h. 55' 3,64 0,286 | + ca. 8 Stunden ch. 0,829 0,065 7. IX. 23,55 6h. 34! 6.64 0,286 | + währrend der Nacht 5 h. 53! 1,649 0,07 6. VIII. 20,65 11 h. So! 60 2,9 12 h. 1,59 0,077 6. VIII. 12,87 5h. 37! 60 4,6 5h. 51' 1,07 0,083 3. VIII. 21,35 11 h. 12) 60 2,86 -+- zwischen 3 und 18 St. 11h. 22! 1,78 0,083 10. IX. 12,15 11 h. 44/ 48,6 4 Lais Stunden 11 h. 54) 1,094 | 0,09

Durch Natriumthiosulfat wird also das Tier gegen die 2,6 fache tôtliche Dosis des Benzylcyanids geschützt. Diese Wirkung wird durch einen grossen Ueberschuss der Schwefelverbindung begünstigt.

MANDELSAURENITRIL UND NATRIUMTHIOSULFAT.

TABELLE XXVI. Tótliche Dosis des Mandelsáurenitrils : 0,028 mgr. pro Gramm Tier.

Mandelsäurenitril Natriumthiosulfat blieb am Leben

SS pA Es in mgr. in mgr. a o AA -+ starb os pro lier |pro Gr. Tier] prou Tier |pro Gr. Tier 26. VII. 19,35 1h. 19' 80 4,1 un ı h. 25’ 1,16 0,059 .11. IX. 11,78 1h. 47,1 4 ແແ th. 10! 0,766 0,065 10. VIII. 12,14 5h. 17! 60 5 + 2 1/2 Stunden 5h. 27! 1,01 0,083 23. VII. 12,1 4h. ro! | 6o | 5 -+ während der Nacht

4h. 16' 1,09 0,09

468 Rei Hunt

Das Thiosulfat schiitzt das Tier gegen mindestens die 2,8 fache tótliche Dosis des Mandelsiurenitrils,

DiaETHYLAMINOACETONITRIL UND NATRIUMTHIOSULFAT

TABELLE XXVII.

Totliche Dosis des Diaethylaminoacetonitrils HC] : 0.08 mgr. pro Gramm Tier.

Salzsaures | Sages hi *Ihaethylaminoaceton:itril Natriumthiosulfat blieb am Leben

tus !

E 52 . e in mgr. ae | Mme ne -- + starb Oy pro lier ¡pro Gr. Tier] pro lier [pro Gr. Tier 29. VII. 11,38 | | 11 h. 13 3,29 0,286 | 11 h. 20' 1,14 0,1 9. VII. 12,85 11 h. 30! 25 1,9 11 h. 35! 1,61 0,125 29. VII. 18,5 12h. 59! 5,3 0,287 | -+ zwischen 30 Min.u.2St. 1h. 10! 2,3 0,125 | 8. VII. 13,6 4 h. 8! 15 1,1 + zwischen 3 und 15 St. 4 h. 10' 2,7 0,2 10. VII. 9,1 3h. 5o! 60 | 3h. 55! 2,27 0,248 75 8,2 + zwischen 3 und 15 St. 5h. 15 15) | 14. 1X. 15,32 | 11h. 14! 61,28 4 11 b. 24/ 2,3 0.15

Durch das Thiosulfat wird das Tier gegen mindestens die 5 fache tötliche Dosis des salzsauren Diaethylaminoacetonitrils geschützt. Gegen das Diaethylaminoacelonitriljodmethylat übt das Natriumthiosulfat gar keine schützende Wirkung aus; der Tod wird hierdurch auch nicht hinaus- gezogen. Auf der andern Seite wird die Giftigkeit des Nitrils durch das Thiosulfat nicht erhöht.

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 469

DIAETHYLAMINOMILCHSAURENITRIL UND NATRIUMTHIOSULFAT. TABELLE XXVIII.

Totliche Dosis des Diacthylaminolactonitrils : 0,022 mgr. pro Gramm Tier.

Diaethylaminolactonitril Natriumthiosulfat

33 E al nn blieb am Leben E AL + starb 5 pro lier ¡pro Gr. Tier] pro Tier [pro Gr. Tier 222 Vil: 13,9 5 h. 49! i 6o 4,3 ກ, 5h. 53! 1,39 0,10 5. IX. 20,64 11 h. 22! 82,6 4 11 h. Aal 3,096 0,15 7. IX. 15,5 11h. 42! 62 4 -+ ca. 30 Stunden 11 h. 52! 2:7 0,175 23. VII. 10,49 12 h. 26' 60 5,7 -H zwischen 6 und 18 St. 12h. 38! 2,1 0,2 8. VII. 9,5 4h. 24! 15 1,58 | + 5 Minuten 4 h. 38' 3,5 0,367

Das Thiosulfat schtitzt das Tier also gegen mindestens die 6,8 fache Dosis des Diaethylaminomilchsiurenitrils.

Gegen die Fodmethylverbindung des Diaethylaminomilchsdurenttrils wirkt das Natriumthiosulfat ebenso wenig wie gegen das Diaethylaminoaceto- nitriljodmethylat.

Natriumthiosulfat übt auch keine Wirkung gegen das Phenylamino- acetonitril und die Tolylaminoacetonitrile aus; gegen das Diaethylamino- phenylacetonitril aber hat es eine schwach schützende Wirkung, wie aus den folgenden Versuchen zu erschen ist :

DiAETHYLAMINOPHENYLACETONITRIL UND NATRIUMTHIOSULFAT. TABELLE XXIX.

Tötliche Dosis des Diaethylaminophenylacetonitrils : 0,025 mgr. pro Gramm Tier

of Diaethylaminophenyl- à à EE e Acetonitril Natriumthiosulfat =< blieb am: Leben 3” in mgr. _ In mer. ວຈ ts el Fe + starb "ໆ pro lier ¡pro Gr. Tier] pro Tier |pro Gr. ‘lier 11. 1X. 13,6 12 h. 57' 3,89 0,286 I Ih. 7' 0,41 0,03 11, IX. 9,5 7h. 15' 2,72 0,286 | -+ während der Nacht 7h. 25' 0,333 0,035 28. VITI. 12,7 11h. 58! 60 de

12 h. 8' 0,457 0,036

470 Reip Hunt

TABELLE XXIX (Fortsetzung).

Diaethylaminophenyl-

23 g acetonitril Do ທ. ບກາ ເກກ ແຈ ເຊາ gr. u £ hi |. E -+ starb CE pro lier | pro Gr. Tier] pro Tier [pro Gr. Vier 15. VIII. 20,1 | | rh. 6! 5,74 0,285 | th. 16! 0,76 0,037 | | 26. VIII. 28,6 4h. 40! 80 2,8 -} während der Nacht 4h. 50! 1,144 0,04 1. VIII. 14,88 10 h. 58! 4,25 0,283 |+ 5 Stunden 45 Minuten 11h. 5! 0,744 0,05 2. VIII. 18,1 10 h. 45' 60 3,3 -|- zwischen 3 und 20 St. 10 ນ້. Sol 0,91 0,05 1. VIII. 9,18 12 h. 15! 25 2,7 + 3 St. 45 Min. 12 h. 20! 0,656 0,071

Die schiitzende Wirkung des Thiosulfats gegen das Phenylamino- acetonitril ist also keine grosse und es gab fast keinen Unterschied zwischen den Wirkungen kleiner und grosser Gaben; in beiden Fallen schiitzt die Schwefelverbinpung gegen nur ungefähr die 1,4 fache tótliche Dosis des Nitrils.

PIPERIDOESSIGSAURENITIL UND NATRIUMTHIOSUL FAT

TABELLE XXX. Tötliche Dosis des Piperidoacetonitrils : 0,058 mgr. pio Gr. Tier.

Piperidoacetonitril Natriumthiosulfat

23 S blieb am Leben ga _ in mgr. im mer. ua: AAA O RA < < + starb >. pro Tier |pro Gr. Tier] pro Tier |pro Gr. Lier 8. VII. 11,05 12 h. 15 1,33 12 າ. 5! 1,11 ot 29. VII. 19,8 10 h. ro! 5,66 0,283 | 10 h. 16! 1,98 0,1 14. VII. 121 3h. 58! 30 2,5 4h. 5! 1,61 0,133 + während der Nacht Ab. Sol 40 3,3 g. VII. 9,2 | 3h. 43! 60 6,6 + während der Nacht 3 h. 49' 1,8 0,199

Das Thiosulfat schiitzt das Tier also gegen die 1,7 fache tótliche Dosis des Piperidoessigsäurenitrils; eine kleine Gabe des Thiosulfats hat eine ebenso starke Wirkung wie eine grosse,

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 471

NITROPRUSSIDNATRIUM UND NATIUMTHIOSULFAT. TABELLE XXXI.

Tötliche Dosis des Nitroprussidnatriums : 0,012 mgr. pro Gramm Tier.

Nitroprussidnatrium Natriumthiosulfat blieb am Leben in mgr. in mgr.

a 0 + starb pro Tier Ipro Gr. Tier] pro Tier |pro Gr. Tier

60 3,2

Maus in gr.

he HS = 5 eu ow

La Q ແ”

aa vn Jun:

0,0163

22. VIT. 10,08

50 5,0 + während der Nacht 0,0181

20. VII. 15,68

40 2,99 0,352 0,022 | -+ während der Nacht

19. VII. 13,9

60 4,4 + 23 St. 30 Min. 0,313

5. IX. 15,15

0,268 0,0177

27. VII. 20,7 0,34 0,0164 30. VII. 19,5

0,35 0,0177

11. VIII. 17,9

| 5,1 0,285 | -|- 35 Minuten

0,398 0,022

|

Das Thiosulfat schützt das Tier gegen ungefähr die 1,47 fache tötliche Dosis des Nitroprussidnatriums. Bemerkenswert ist, dass kleine Gaben des Thiosulfats eine ebenso starke Schutzwirkung haben wie grosse, doch ist es auffallend, dass der Tod, durch grosse Dosis sehr erheblich, bis zu vielen Stunden verzögert wird.

IR THIALDIN NH We CH3CHS Das Thialdin wurde zuwcilen als solches: (in Alcohol oder Aceton gelöst), zuweilen als salzsaures Thialdın angewandt.

THIALDIN IN ALKOHOLISCHER LÖSUNG. Das Thialdin wurde in ciner 1 %oigen Lósung in 20 % Alkohol

injiziert. Vorversuche zeigten, dass ungefähr 0,25 Milligramm des

472 Reip Hunt

Thialdins (in 0,025 c.c. 20 °/sigen Alkohols gelöst) pro Gramm Tier die tötliche Dosis für Mäuse ist. In den folgenden Versuchen wurden gewöhn- lich 0,14 Milligramm Thialdin pro Gramm Tier eingespritzt, und zwar in 0,014 c.c. einer 20 °/„igen Alkohollösung. Da Alkohol selbst eine antago- nistische Wirkung gegen gewisse Nitrile hat, so wurde Controllversuche gemacht, in welchen die Wirkung gleicher Mengen Alkohols geprüft wurde. Auch wurden solche Controllversuche vorgenommen, in denen das Thialdin in Aceton gelöst war,

BLAUSÄURE UND THIALDIN. TABELLE XXXII.

Tótliche Dosis der Blausáure : 0,005 mgr. pro Gramm Tier.

eet

255 blieb am Leben Sr in mer. ın mgr. ໃ. <... <. -+ starb- u pro Tier [pro Gr. Tier] pro Tier {pro Gr. Tier 1g. IX. 13,94 12 h. Sol . 2 0,14 1h. 9! 0,153 j 9011 18. IX. 19,4 7h. 7! 2,8 0,14 7h. 17' 0,233 0,012 19. IX. 15,83 | 12h. 34! 2,2 0,14 + ca. 10 Minuten 12 h. 44' 0,2058 0,013 19. IX. 16,81 | 12h. 4! 2,4 0,14 + 10—I5 Minuten 12h. 15! 0,235 0,014

Die alkoholische Lösung des Thialdins schützt das Tier also gegen die 2,4 fache tötliche Dosis der Blausäure. Genau dieselben Resultate zeigt eine andere Reihe von Versuchen, in welchen das Thialdin in 15 °/igem Aceton statt in Alkohol, gelöst war. Noch andere Versuche zeigten, dass der Alkohol keine schützende Wirkung gegen Blausäure ausübt.

Gegen das Acetonitril hat Tnialdin in alkoholischer Lösung nur eine geringere Wirkung, die auch (wie später gezeigt werden wird) durch den Alkohol erklärt werden kann.

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 473

FORMALDEHYDCYANHYDRIN UND THIALDIN. TABELLE XXXIII.

Tötliche Dosis des Formaldehydcyanhydrins : 0,015 mgr pro Gramm Tier.

3 E Formaldehydcyanhydrin | 1 hialdin ech Leben 3a in mgr. in mgr. CO EE -+ starb OS pru Tier [pro Gr. Tier] pro lier ¡pro Gr. Tier 23. VII. 9 | ı2 h. 46' 1,00 O,11 | 12h. 54! 0,3 0,033 16. VIII. 17,35 5h. 22! 2,84 0,16 | 5 h. 32! 0,7 0,04 25. VIII. 21,95 12h. 15! 2,41 o,11 | + 1 Stunde 30 Minuten 12 h. 25' 0,9878 0,045 22. VII. 13,06 11 h. 52! 1,46 0,11 | + zwischen 7 und 18 St. 12 h. o7! 0,653 0,05 16. VIII. 20,85 10 h. 52! 2,93 0,14 +. zwischen 3 und 14 St. 11 h. oa 1,04 0,05

Aus diesen Versuchen geht hervor, dass die alkoholische Lósung von Thialdin das Tier gegen die 2,6 fache tótliche Dosis des Formaldehyd- cyanhydrins schiitzt. Aus den folgenden Versuchen ist aber zu ersehen,

dass dem Alkohol allein in gleich grossen Gaben eine ebenso starke Wirkung zukommt.

FORMALDEHYDCYANHYDRIN UND ALKOHOL. TABELLE XXXIV.

Tötliche Dosis des Formaldehydcyanhydrins : 0,015 mgr. pro Gramm Tier.

Formaldehydcyanhydrin Alkohol 20 ®/,

SE E | blieb am Leben ແາ in mgr. in C.c. 9 Y —_—__-———__|__ + starb CS pro lier [pro Gr. Tier] pro lier [pro Gr. Tier 3. IX. 20,04 6 h. o7! 0,289 0,014 6h. 17! 0,826 0,04 4. 1X. 15,66 | 12 h. 26/ 0,219 0,014 -- 2 h. 36! 0,673 0,043 30, VIII. 13,94 ıh. 07! 0,195 0,014 | + 1h. 17 0,627 0,045 5. IX 11,7 1h, 23! 0 164 0,014 | -+ ca. 3 Stunden

1 h. 33' 0,538 0,046

474 Reiw Hunt

In einer andern Reihe von Versuchen wurde das Thialdin in 15 o/vigem Aceton gelóst, dadurch das Tier gegen die 3.3 fache tôtliche Dosis des Nitrils geschützt. Das Aceton allein hatte keine Gegenwirkung. Aus den obigen Versuchen geht hervor, dass Thialdin, ebenso wie Alkohol eine Wirkung gegen das Formaldehydcyanhydrin ausübt. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass es keine Summation der Wirkung der beiden Substanzen gab; d h. die Wirkung der alkoholischen Lösung des Thialdins war nicht stärker als die der in Aceton gelösten Substanz obgleich dem Alkohol allein eine ziemlich starke Gegenwirkung zukommt.

MANDELSÄURENITRIL UND THIALDIN. TABELLE XXXV.

Tötliche Dosis des Mandelsäurenitrils : 0,023 mgr. pro Gramm Tier.

22 Mandelsäurenitril Thialdin SES am Leben SA En in mgr. in mgr. LUE <.) ໃຈ | + starb Oy pro Tier |pro Gr. Tier] pro Tier |pro Gr. Tier 22. VIII. 16,98 4h. 38! 2,42 0,14 4 h. 48' 0,94 0,055 10. VIIT. 10,69 4h. 42! 1,53 0,14 +. 2 Stunden 4h, 52! 0,71 0,066 23. VII. 12,47 4h. oo! 1,39 0,11 -+ 10 Minuten 4h. 14! 1,127 0,09 25. VIII. | 21,00 12 h. 16' 2,31 O,I1 + 1 Stunde 30 Minuten 12h. 26! 1,26 0,06 26. VIII. 16,28 1h. 20! 2,28 0,14 1h. 30' 0,895 0,055

Die alkoholische Lósung des Thialdins schiitzt gegen die 2,4 fache tótliche Dosis des Mandelsáurenitrils; eine Lósung von Thialdin in Aceton hatte eine ebenso starke Wirkung. Alkohol allein in den der Thialdinlösung korrespondierenden Gaben war ohne Wirkung.

DIAETHYLAMINOACETONITRIL- UND DIAETHYLAMINOMILCHSAURENITRILJODMETHYLAT.

Die Ergebnisse der Versuche mit diesen Verbindungen und mit in Aceton und in Alkohol gelöstem Thialdin, ferner mit Alkohol, Methyl- alkohol und Aceton sind aus der folgenden kleinen Tabelle zu ersehen. Die Zahlen zeigen, wic viel tötliche Dosen entgiftet wurden,

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 475

TABELLE XXXVI.

| |

2 {22/8 | 2], 2 cr SA ao} &O|] to] 40] 8 75 eo. 2 ເ” E | "a e 0 © EN Em 5 E | > 0 | N < = Fi < + ເາ 2 SA 4% 4 © a E SE en ie 2 CN Diaethylaminoacetonitril- CH? CH3 1,8 1,4 1,2 1,4 1,3 jodmethylat Le sr N(C2H3)2 | I CN Diaethylaminolactonitril- CH3CH CH: ju = Sg 15 1.5 jodmethylat S p N(CeHsp MI

Aus diesen Versuchen scheint hervorzugehen, dass die geringfiigige Wirkung der alkoholischen Lösung des Thialdins gegen die Jodmethyl- verbindungen teils dem Alkohol, teils dem Thialdin zuzuschreiben ist.

PIPERIDOESSIGSAURENITRIL UND THIALDIN

TABELLE XXXVII.

Tötliche Dosis des Piperidoacetonitrils : 0,058 mgr. pro Gramm Tier.

Piperidoacetonitril Thialdin blieb am Leben

Ge a

23

Qe E ; ;

zA in mgr. in mgr.

Cee. ee + starb og pro Tier [pro Gr. Tier] pro Tier ¡pro Gr. Tier

11 h. 16' 3,23 | 0,167

26. VIII. 21,28 12 ຖ. 31! 3,08 0,14 12 h. 41' 3,83 0,18

26. VII. 20,1 10h. 12! 2,87 0,14 | -+ zwischen 3 St. 30 Min. 10 h. 19! 4,03 0,2 und 20 Stunden

1h. 17 2,16 1h. 27' 3,184 0,21

28. VIII. 15,16 0,14 -+ 4 Stunden 30 Minuten

Die alkoholische Lösung des Thialdins schützt also gesen die 3,1 fache tötliche Dosis des Piperidoessigsäurcnitrils. Alkohol allein in den der Thialdinlösung korrespondirenden Gaben schützt gegen die 1,4 fache tötliche Dosis des Nitrils, wie aus den folgenden Versuchen zu ersehen ist.

476 Reıp Hunt

PIPERIDOACETONITRIL UND ÄLKOHOL. TABELLE XXXVIII. Tötliche Dosis des Piperidoacetonitrils : 0,058 mgr. pro Gramm Tier.

A 3 Piperidoacetonitril Alkohol 20 */. ມູ ໃໄ; es S EEN mer blieb am Leben e ee A OS starb OS pro Tier |pro Gr. Tier] pro Tier [pro Gr. Tier aa 31. VIII. 16,48 12h, 43! 0,231 0,014 | 12h. 53! 1,154 0,07 1. IX. 15,66 12h. 12! 0,219 0,014 | 12h. 22/ 1,253 0,08 3. IX. 15,15 6 h. o5! 0,212 0,014 | + I Stunde ro Minuten 6h. 15! 1,35 0,09 3. IX 16,55 4h. 24! 0,232 0,014 | + 1 Stunde 15 Minuten 4h. 34! 1,655 0.10

In einer andern Reihe von Versuchen wurde das Thialdin in Aceton gelöst; es wurden die Tiere gegen ungefähr die doppelte tötliche Dosis des Nitrils geschützt. Aus diesen verschiedenen Versuchen scheint sich also eine Summation der Wirkung des Thialdins und des Alkohols zu ergeben, wenn ersteres in letzterem gelöst ist.

Die Resultate der Versuche mit Thialdin und andern Nitrilen sind in Tabelle XLVII gegeben.

SALZSAURES THIALDIN. |

Eine andere Reihe von Versuchen wurde mit salzsaurem Thialdin angestellt; durch den Gebrauch dieses Salzes (welches in Wasser leicht löslich ist) vermeidet man die störende Wirkung des Alkohols, die sich bei Anwendung von Thialdin selbst geltend macht.

Was die Giftigkeit des salzsauren Thialdins im Vergleiche mit der des in Alkohol gelösten Thialdins betrifft, so erwies sich das erstere als etwas weniger giftig als das letztere, wie aus den folgenden Versuchen. hervorgeht,

TABELLE XXXIX.

FE g Salzsaures Thialdin blieb am Leben ວາ in mgr. On < + starb CS pro Tier [pro Gramm Tier 7. XI | 14,74 5,9 0,4 SS, 28. X 15,04 6 0,4 9. XI 13,9 6,26 0,45 29. X 15,01 7,25 0,5 nach 46 Stunden 31. X 14,3 7,58 0,53 > 1 bis 19 Stunden

26. XI [14,1 8,46 0,6 » 1 bis 2 Stunden

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 477

Obgleich die tótliche Dosis des salzauren Thialdins ziemlich gross ist (0,5 Milligramm pro Gramm Tier) verursachen doch kleine Gaben (o,ı Milligramm z. B.) schwere Symptome, die jedoch von kurzer Dauer sind.

In den folgenden Versuchen wurde das salzsaure Thialdin in ver- schiedenen Mengen, und zwar in Quantitäten von o,ı bis 0,4 mgr. pro Gramm Tier subcutan injiziert.

Salzsaures Thialdin hat eine antagonistische Wirkung gegen dieselben Nitrile, gegen welche Thialdin in alkoholischer Lösung eine eben solche Wirkung hat, und im allgemeinen ist die Wirkung der beiden Substanzen ungefähr gleich stark; in einigen Fällen ist aber die Wirkung des salz- sauren Thialdins grösser als die des Thialdins, welches sich leicht dadurch erklären lässt, dass grössere Mengen des ersteren injiciert werden können.

Die interessanteste Tatsache, die aus den Versuchen mit salzsaurem Thialdin hervorgeht, betrifft den Einfluss, welchen die Grösse der Gabe desselben auf die Wirkung den Nitrilen gegenüber ausübt; die Versuche lassen sich von diesem Standpunkte aus in einzelne Gruppen einteilen.

Die erste dieser Gruppen enthält diejenigen Fälle, in welchen eine grosse Gabe des salzsauren Thialdins eine stärkere Wirkung den Nitrilen gegenüber hat, als eine kleine Gabe; die Versuche mit Diaethylamino- milchsäurenitril können als Beispiel angeführt werden.

DIAETHYLAMINOMILCHSAURENITRIL UND SALZSAURES THIALDIN

TABELLE XL. Tötliche Dosis des Diaethylaminomilchsäurenitril : 0,022 mgr. pro Gramm Tier.

» » mn salzsaures Thialdıns : 0,5 » » » »

Diaethylaminomilch- T säurenitril Salzsaures Thialdın blieb am Leben

> . in mgr. uE a ome ae a S -+ starb CS pro Tier [pro Gr. Tier] pro lier |pro Gr. Tier 12. XI. 13,1 4h. 54! 2,62 0,2 4 h. 59! 1,31 0,1 15. XI. 13,38 10 h. 48' 2,67 0,2 4- 1/2—ı8 Stunden 10 h. 53! 1,6 0,12 13. XI. 15,05 5h. 48! 3 0,2 -} 1/y—10 Stunden 5h. 51' 1,96 0,13 4. X 17,05 bh oa 6,8 0,4 1." 1,36 0,08 4. XI. 14,8 Gh. 26' 5,92 |! O4

6h. 31! 2,07 0,14 |

478 Reip Hunt

TABELLE XL (Fortsetzung).

Diaethylaminomilch- one saurenitril Salzsaures Thialdin blieb am Leben

ziu | PA > in mgr. in mgr. SE Kb Lee Ee eeneg 55 pro Tier pro Gr. lier] pro ‘lier ¡pro Gr. Tier ຈຈ 15. XI. 13,65 10 h. 47! 5,46 0,4 +- 1/2—18 Stunden 10 h. 54' 2,18 0,16 25. XI. 14,87 Sh. 16! 8,92 0,6 5h. 21' 1,49 ot 26. XI. 15,47 12 b. 52! 9,28 0,6 12 h. 57! 1,86 0,12 25. XI. 14,4 5h. 17! 8,64 0,6 + 1/2—10 Stunden 5h. 22! 2,02 0,14 26. XI. 13,75 12h. 5o! 9,63 . 0,7 + 3—15 Stunden 12h. 55! GE 0,08 26. XI. 14,8 12 h. 49! 10,36 0,7 -+- 3—15 Stunden 12 h. 54' 1,48 0,1 8. XII. 12,65 1h. 19 8,85 0,7 4- 1/2—3 Stunden 1h. 22! 1,64 0,13

Aus diesen Versuchen geht hervor, dass eine Gabe von 0,4 mgr. des salzsauren Thialdins pro Gramm Tier gegen die 6,4 fache tötliche Dosis des Nitrils schützt, während eine Gabe von 0,2 mgr. pro Gramm Tier gegen nur 4,5 Mal der tötlichen Dosis eine solche Wirkung hat. Bemerkens- wert ist auch die Tatsache, dass eine tötliche Dosis des salzsauren Thialdins durch das Diaethylaminomilchsäurenitril entgiftet wird; diese Wirkung ist allerdings eine schwache. Die Verhältnisse mit Formaldehyd- cyanhydrin sind ähnliche. Bei Diathylaminoacetonitril war die Grösse der Gabe des salzsauren Thialdins (zwischen 0,14 und 0,4 mgr. pro Gramm Tier) ohne Einfluss auf die antagonistische Wirkung; eine kleine Gabe hatte eine ebenso starke Wirkung wie eine grosse.

In der zweiten Gruppe von Versuchen hatten kleine Gaben des salzsauren Thialdins eine stärkere antogonistische Wirkung den Nitrilen gegenüber, als grosse, wie aus den folgenden Versuchen mit Chloral-

cyanhydrin zu ersehen ist.

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 479

CHLORALCYANHYDRIN UND SALZSAURES THIALDIN.

TABELLE XLI.

Tótliche Dosis des Chloralcyanhydrins : 0,023 mgr. pro Gramm Tier

» » » salzsauren Thialdins : 0,5 » » » » n ` 4 . d 23 ,: Chloralcyanhydrin Salzsaures Thialdin blieb am Leben gn ໄລ in mgr. in mgr. ER: a 3... : ! + starb oy pio Tier | pro Gr. Tier] pro Tier ¡pro Gr. ‘lier

7. XI. 22,3 rh. 45! 3,12 0,14 1 h. 50! 0,89 0,04 7. XI. 16,84 6h. 31' 3,28 0,2 6h. 36! 0,98 0,06 11. XI. 17,26 roh. 46! 3,45 0,2 + 1/2—18 Stunden 10 h. 51' 1,38 0,08 6. XI. 12,66 12 h. 18' 5,1 0,4 13 h, 23' 0,38 0,03 3. XI. 16,35 6h. r1' 6,54 0,4 + 24—34 Stunden 6h. 30 0,65 0,04 3. XI. 14,9 1 h. 16! 5,96 0,4 + 1/2—4 Stunden 1h. 21' 0,80 0,06

Salzsaures Thialdin in Gaben von 0,2 mgr. pro Gramm Tier schiitzt dasselbe also gegen die 2,6 fache tótliche Dosis des Chloralcyanhydrins, während Gaben von 0,4 mgr. das Tier gegen nur die 1,3 fachz tótliche Dosis schiitzt.

Gegen Diaethylaminophenylessigsäurenitril haben kleine Gaben des salzsauren Thialdins eine antagonistische Wirkung. Im Gegensatz dazu sind grosse Dosen nicht nur ohne Schutzwirkung, sondern es tritt sogar eine Summation der Giftwirkung eın, indem Tiere bei gleichzeitiger Verabreichung von salzsaurem Thialdin an sonst nicht tétlichen Dosen des Nitrils zu Grunde gehen wie aus den folgenden Versuchen zu ersehen ist.

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XII. 34

480 Rem Hour

DIAETHYLAMINOPHENYLESSIGSAURENITRIL UND SALZSAURES THIALDIN. TABELLE XLII.

Tötliche Dosis des Diaethylaminophenylessigsäurenitril : 0,025 mgr. pro Gramm Tier.

» » » salzsauren Thialdins : 0,5 » » » »

Diaethylamino-

|

t [|

E |] phenolessigsuaurenitril Salzsaures Thialdin blieb am Leben Fe < in mgr. in mgr. O EE Ee starb os pro Tier proGr. lierf pro Tier ¡pro Gr. ‘lie

11. XI. 15,05 . 42 0,2 5h. 47' 0,3 0,02

5 h. 49' 0,53 0,03

Iro h. 35' 0,61 0,04

12h. 8! 2,6 0,2 -+ 1/2—15 Stunden 12 h. 13' 0,66 0,05 |

25. XI. 19,7 5h. 13' 7,88 0,4 5h. 18' 0,197 0,01

12. XI. 9,19 4h. 56! 3,87 0,4 -|- 1—13 Stunden

5h. 1' 0,184 0,02

4. XI. 15,3 12h. 58! 6,1 0,4 + 8—18 Stunden rh. 4! 0,46 0,03

Das Tier wird also gegen die 1,6 fache tótliche Dosis des Diaethyl- aminophenylessigsiurenitrils durch 0,2 mgr. des salzsauren Thialdins pro Gramm geschützt, obgleich der Tod nach dem Einspritzen von 0,4 mgr. des Thialdins und einer sonst nicht tötlichen Gabe des Nitrils erfolgte.

Gegen andere Nitrile haben weder kleine noch grosse Gaben des salzsauren Thialdins eine antagonistische Wirkung; vielmehr scheint es hier immer eine Summation der toxischen Wirkung der beiden Substanzen zu geben. Dies ist z. B. der Fall bei salzsaurem Thialdın und den Tolyl- aminoacetonitrilen. Gegen Benzonitril hat das salzsaure Thialdin nicht nur keine antagonistische Wirkung, sondern es scheint mehr als eine einfache Summation der Wirkung der beiden Gifte zu geben, wie aus den

folgenden Versuchen hervorgeht.

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 481

BENZONITRIL UND SALZSAURES THIALDIN. TABELLE XLIII.

Tôtliche Dosis des Benzonitrils : 0,18 mgr. pro Gramm Tier. » » » salzsauren Thialdins : 0.5 mn mn » » #3 E Benzonitril Salzsaures Thisldin Léa Eeben pA ໄຍ in mgr. in mgr. ne EE + starb ສາຕ pro Tier Ipro Gr. Tier] pro ‘lier [pro Gr. lie 10. XI. 14,85 | | 11 h. 40! | 1,49 | ot I— 11 h. 45 1,49 0,1 11. XI 15,2 12h. 12' 1,52 ot 12h. 17! 1,98 0,13 12. XI. 16,1 Sh. 58! 1,61 0,1 + 1/2—10 Stunden 6 h. 03! 2,74 0,17 10. XI. 13,3 11 h. 41' 2,66 0,2 11 h. 46' 0,4 0,03 9. XI. 17,85 4h. 13 3,57 0,2 -} 24—32 Stunden 4 h. 20' 0,71 0,04 . 11. XI. 17,66 12 h. 13) 3,5 0,2 12h. 18! 0,88 0,05 9. XI. 15,52 1 h. 38' 3,1 0,2 |--ca. 5 Stunden ıh. 42' 0,9 0,06 9. XI. 12,19 1h. 36! 2,4 0,2 -H ca. 5 Stunden 1 h. 41! 0,97 0,08 7. XI. 20,2 | 1 1. 43 4 0,2 +. 6—16 Stunden 1h. 48! 2,83 0,14 7. XI. 20,15 1h. 42! 6 0,3 + 6—16 Stunden 1h. 47! 1,61 0,08 3 6. XI. 14,95 ıh. 40! 4,49 0,3 + 26—28 Stunden 1h. 45 1,5 0,1 6. XI. 12,07 12 h. 20' 4,83 0,4 -|- 7—17 Stunden 12 h. 25' 0,97 0,08 6. XI. 11,85 12 h. 21' 4,74 0,4 +-1 Stunde 12 h. 26! 1,19 0,1 4. XI. 14,85 6h. 20! 5,9 0,4 | + 1/2—10 Stunden 6h. 34' 2,1 0,14

482 Reip Hunt

TABELLE XLIII (Fortsetzung).

= ans es SSS TD 23 Benzonitril Salzsaures Thialdin : 3 AE SE pes blieb am Leben aa) | + starb OS pro Tier |pro Gr. Tier] pro ‘Tier [pro Gr. Tier 4. XI. 14,9 6h. 28! 6 0,4 + 1/2—10 Stunden 6h. 33! 2,53 0,17 | 4. XI. 14,8 | 12 h. 39' 5,9 0,4 + 7 Stunden 12 h. 44! 2,96 0,2 8. XI. 13,65 1h. 18' 5,46 0,4 -+- 7 Stunden th. 22! 8,4 0,25

In einigen der obigen Versuche sterben also die Tiere an 2/5 der tötlichen Gabe des salzsauren Thialdins plus ungefähr 1/3 der tötlichen Gabe des Benzonitrils.

CARBOTHIALDIN CsHıoNeS:.

Das Carbothialdin wurde in verdünnter Schwefelsäure gelöst; die Lösung kurz vor der Injection mit Natronlauge neutralisiert.

Die tötliche Dosis des Carbothialdins ist, wie einige Vorversuche zeigten, für Mäuse ungefähr 0,5 mgr. pro Gramm Tier; in den Versuchen mit den Nitrilen wurde das Carbothialdin in Quantitäten von 0,25 mgr. pro Gramm Tier injiziert.

Die Ergebnisse der Versuche mit Carbothialdin und den Nitrilen sind aus der Tabelle XLVII zu ersehen; es geht aus diesen Versuchen hervor, dass die antagonistische Wirkungdes Carbothialdinsden Nitrilen gegenüber

ungefähr so stark ist, wie die des Thialdins.

XANTHOGENSAURES KaLium KSCSOC:H». Das xanthogensaure Kalium wurde in einer ı °Jsigen wässerigen Lösung eingespritzt; die tötliche Dosis für Mäuse liegt zwischen 0,4 und 0,5 mgr. pro Gramm Tier. In Quantitäten von 0,25 mgr. pro Gramm Tier injiziert, hat, wie aus der Tabelle X 12212 ELA p PR E er saure Kalium ungefähr eine so starke AAA AAAA ZZ CZ gegeniiber, wie Thialdin und Carbte@_2Z22_2 .-< .< HA GE A

und Mandelsáurenitril hat xanthoge Wirkung, während das Thialdin das T dieser Nitrile schiitzte. Auf der ander saure Kalium gegen die 4,3 fach” (Tabelle XLV) während das Thialdin 22

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 483

BLAUSAURE UND XANTHOGENSAURES KALIUM. TABELLE XIV. Tötliche Dosis der Blausäure : 0,005 mgr. pro Gramm Tier.

= 3 à Blausäure Xanthogensaures Kalium blieb am Leben gr Se in mgr. in mgr. sa E < Dane + starb "ຜ pro Tier ¡pro Gr. Tier] pro Tier |pro Gr. Tie 19. XI. 17,06 12 ]1. 40! 4,3 0,25 22h. 59! 0,102 0,006 18. XI. 14,65 toh. 56! 3,6 0,25 + ca. 1 Stunde 11 h. 9 0,0879 0,006 19. XI. 1,5 6h. 27! 3,7 0,25 6h. 37! 0,0975 0,0065 20. XI. 15,38 10 h. 37! 3,8 0,25 10 h. 47! 0,122 0,007 20. XI. 13,3 10 h. 38! 3,3 0,25 + ca 1 Stunde 30 Min. toh. 48! 0,1064 0,008 20. XI. 20,05 10 h. yo! 5 0,25 + 7—8 Minuten 10 h. 50! 0,009 0,009

ACETONITRIL UND XANTHOGENSAURES KALIUM.

TABELLE XLV. Tötliche Dosis Acetonitril : 0.7 mgr. pro Gramm Tier.

Acetonitril Xanthogensaures Kalium blieb am Leben

in mgr. in mgr. -+ starb

ewicht | der Maus i or, P

pro Tier pro Gr. lier] pro Tier [pro Gr. Tier

i G in

| | 3,5 0,25 41,3 2,9 12,94 | 38.8 3 16,3 4,1 0,25 + ca. 26 Stunden 50,53 3,1 19,65 61,9 3,15 18,54 | ງື 4.4 17,54 + 4—16 Stunden

18,28 | 4,3 0,25 + 55—65 Stunden

1g. XI. 3,5 0,25 -+ ca. 26 Stunden

ໄຈ Fi No) "ວ e he - 9. Fa ໂງ LA “ກ en nae Fa da ໄງ un N N H ໂງ in

rh. 04)

484 Reip Hunt

Die Wirkung einiger anderer Schwefelverbindungen gegen ver- schiedene Nitrile wurde auch geprüft; die Resultate ware im Wesentlichen negativ. Die Schwefelveibindungen, die zur Prüfung kamen, sind in der folgenden kleinen Tabelle gegeben ; ebenso die injicierten Dosen und die tötlichen Dosen, soweit letztere bestimmt wurden.

Dosis injiciert lötiiche Dosis in mgr. in mgr. pro Gramm Tier pro Gramm Tier Isobutylsulfhydrat (1 o/oige Lösung in 55 o/cigem Alkohol 0,125 0,25 ‘Thincetamicd: 5 0-0 + e A e à. & 0,5 2 Schwefelharnstoff . . . . ee ee ຈີ 0,5 ER 1} | (in warmem Olivenöl gelöst) . . . . . . M ee 0,5 Rhodaninsäure (in 0,5 o/oiger Soda gelôst) . Sien 8 0,14 0,2 Benzsulf hydroxaminsáure (mit Natronlauge neutralisiert). 0,33 Thioglykolsäure (mit Natronlauge neutralisiert). . . . 0,5 I Thiodiglykolsäure. . . ເູ hd e pro ve e “OO Schwefelkohlenstoff (in Olivenöl See e AA I ALKOHOL.

Wie schon oben gezeigt worden ist, haben kleine Gaben Alkohol eine antagonistische Wirkung gegen gewisse Nitrile; die stärkste bisher beschriebene Wirkung war die dem Formaldehydcyanhydrin gegenüber; wie aus der Tabelle XXXIV zu ersehen ist, schützten kleine Mengen Alkohols gegen die 2,6 fache tötliche Dosis dieses Nitrils, eine Wirkung die durch grössere Gaben des Alkohols nicht wesentlich verstärkt wurde. Aehnliche Versuche wurden mit Alkohol und Acetonitril gemacht; die Ergebnisse derselben sind aus Tabelle XLVI zu ersehen.

(1) BRaun und STECHELE (Ber. chem. Ges., 36, p. 2275, 1903) haben gezeigt, dass ein Thiuramdisulfid, mit einem Cyanid gewärmt, ein Atom Schwefel abgiebt, wodurch

5 . S.CSNRe Ge CSNRe ein Thiuramsulfid und Rhodan entstehen : S CSNk, T CNMe = S< CSNR: T CNSMe.

Es schien möglich, dass eine ähnliche Reaktion mit den Nitrilen im Körper vorgehen konnte; die Versuche mit dem Dimethyldiphenylthiuramdisulfid waren unbefriedigend wegen der schwachen Löslichkeit dieser Verbindung. Vielleicht hätte man bessere Resultate mit anderen Thiuramdisulfiden bekummen,

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 485

ACETONITRIL UND ALKOHOL, TABELLE XLVI.

Totliche Dosis des Acetonitrils : 0,7 mgr. pro Gramm Tier.

#3 „|> Acetonitril Alkohol 20 */. A eben gr < in myr. In CC Swe O A SS + starb CS pro Tier [pro Gr. Tier] pro Tier |proGr. ‘lier 25. X 19,66 11 h. 51 55 2,8 12h. 07’ 0,39 0,02 25. X. 13,15 11 h. Sy 39,5 3 12 h. 08' 0,26 0,02 26. X. 16 12 h. 39 51,2 3:2 -|- 30—40 Stunden 12h. 44' 0,32 0,02 27. X. 18,35 11 h. 23! 60,6 3,3 11 h. 28' 0,38 0,02 26. X. 16,75 12h. 41! 57 3,4 -| 25—40 Stunden 12h. y7' o Au 0,02 27. X. ` 19,44 | 11h. 25 68 3,5 +- 30— 40 Stunden 11 h. 30! 0,59 0,03 31. X. 15,8 12 h. 46! 60 | 3,8 -}- 2—15 Stund. nach der 12h. 51' | 0,32 0,02 letzten Dosis Alkoho!. 6 h. 10' | 0,32 0,02

0,02 ¢.c. einer 20 higen Lösung des Alkohols, kurz nach dem Acetonitril injiciert, schützt also das Tier gegen die 4,3 fache Dosis des letzteren.

Die Ergebnisse aller bisherigen Versuche sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Die Zahlen zeigen, wie viel tötliche Dosen der Nitrile durch die Schwefelverbindungen resp. Alkohol neutralisirt worden waren; die Nullen bedeuten, dass eine antagonistische Wirkung nicht vorhanden war. In einigen Fällen sind Fragezeichen angeführt; in diesen Fällen war die Zahl der Versuche zu gering, um einen Antagonismus zwischen dem Nitril und der Schwefelverbindung sicher auszuschliessen. Jedenfalls war die antagonistische Wirkung in den letzteren Fällen, wenn

überhaupt vorhanden, eine nur geringe.

486 Reip Hunt

TABELLE XLVII.

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he ef | be | 5 E | he ho = EL! EN 1, H 135% 25 | 6 |ມ dul © ©'36 2% j z q s_. 5 © Si SE e 3. & © e ວາ E he GE ເຈ m === £ - te he leon < á | se e Buet: < ` a. Da ia 51 EA (See Sel te ESSE e E 22 ZS gurt ໆ. 90 1260 yO (32! LC ES 3/3 80 103: 22 | Seg Ezg 22/29/1539 ES A 8: +. | Qs Oo A 3 A oO = » a = À = BP. TB Ar elu: . = STE 2. 8 el L SE SS |. GE oy |<- Di esas ເ. |“ 3 D . D 0 ! 0 = te ou > < Sa BS (fhe! esx] žiga xoi itu SE! 3 2 Si, i © vg ຕິ < + | ວ່ << Ve, ESF ee Fr | | aw = 9-83 ກາ “າ > | = = [ITS a2 27] 3 [$82 5, ຈ: 5373 - = E E 0 | 6 | C iso =

Blausäure . . . HCN 1,8 2,4 2,4 0 0 2 |1.4 Acetonitril. . . CH3CN 2 ? o 992c.c 0 3jo 4,3 t Formaldehydcyan- weniger i hydrin. . . . CHz2OH)CN 19 | ca. 3 | 2,6 3,3 2,6 3 ວ]5 2 | 3.3 | 2.5 | Chloralcyanhydrin CCL3CH(OH)CN 27 ca. 3 weniger ? 1,3 1,3 |1,4|1,3| 2,6 als 2 Benzonitril. . . CeH5CN 0 0 o Jo jo Benzylcyanid . . Có6H5CH2CN 2,6 weniger) 1 7 1,7 > > |e Ia Is 2 Mandelsaurenitril .| | CsHsCH(OH)CN a lalalala antes CN Salzsaur. Diaethy]- ye aminoacetonitril. CH: 5 3,3 | 2,6 |weniger; © 1,3 |1,8 | 3 als 2 NO. CN Diaethylaminoace- 7 tonitriljodmethylat CH: CH3 0 2 jweniger| 1,2 1,5 2 ? |13|0 N y als 1,75 N(C2H5)2 NJ CN Diaethylaminolac- tonitril. . . . CH3CH 6,8 Ca. 4 weniger! 1,6 2 1,5 | 3 |3,6|6,4 als 4,1 N N(C2Hs)a CN Diaethylaminolac- tonitriljodmethylat CH3CH CH3 0 2,5 1,5 | 1,75 ? ca.2!? lo lo rt N(C2H5)2 J/ CN Phenylaminoaceto- nitril. . . . CH; 0 0 0 o jo | "Meet Tolylaminoacetoni- | tril (0). . . «| CeHa(CHs)NHCH2CN(o)| 0 0 o |o |o Tolylaminoacetoni- tril (m) í 0 0 o jo . CN ເດດ nylacetonitril. . CóHsCH 1,4| 1,4 0 0 o |o |16 N N(CH) CN Piperidoacetonitril CH2 1,7} 1,7 | 3,1 | ca.2| 1,4 ? 2,4 | 1,7 | 2,2 Sei;

Nitroprussidnatr. .| Fe(CN)5(NO)Na2+2H20 1,47| 1,47 | 1,8 ee. 0 0 1)25| 2 | 1.3 als

U

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 487

Es ist nicht möglich, alle die den Antagonismus der Nitrile und der Schwefelverbindungen betreffenden Tatsachen die in dieser Tabelle zusammengefasst sind, einzeln genau zu erklären; dies ist nicht über- raschend, wenn die Zahl der teilnehmenden Faktoren berücksichtigt wird. Unter diesen Faktoren sind zu erwähnen : die Geschwindigkeit der Resorption und der Ausscheidung der Gifte und Gegengifte, die Schnellig- keit, mitder diese Substanzen im Organismus Veränderungen durchmachen (auf der einen Seite die Abspaltung der CN-Gruppe, deren Geschwindigkeit durch die Festigkeit der Bindung dieser Gruppe bedingt ist, auf der andern Seite die Abspaltung des Schwefels, so dass dieser für die Rhodanbildung disponibel ist) und auch die Verteilung des Giftes und Gegengiftes im Organismus. Der letztgenannte Faktor (die Verteilung) ist vielleicht der wichtigste, denn durch ihn können die andern zum grossen Teil erklärt werden. Damit die Entgiftung zustande kommen kann, ist es nicht nur nötig, dass Gift und Gegengift in denselben Zellen zu derselben Zeit vorhanden ist, sondern beide müssen in Zellen gelangen, wo die Bedin- gungen für die oben erwähnten Prozesse und für die Bildung des Rhodans günstig sind (t).

Wie aus den obigen Versuchen zu ersehen ist, giebt es vier Nitrile, gegen welche keine der Schwefelverbindungen eine antagonistische Wirkung ausübt; diese sind das Benzonitril, das Phenylaminoacetonitril, und die 2 Tolylaminoacetonitrile. Bei unserer mangelnden Kenntnis über das Schicksal dieser Substanzen im Körper, ist eine Erklärung dieses Ausbleibens einer antagonistischen Wirkung vorläufig unmöglich; zwei mögliche Erklärungen lassen sich aber denken. Eine dieser Möglichkeiten ist, dass die Bindthg der CN-Gruppe mit dem aromatischen Kern so fest ist, dass Blausäure im Organismus nicht gebildet wird; in diesem Falle lässt es sich denken, dass die Nitrilmoleküle selbst giftig sind, und zwar vielleicht eher als Benzolderivate wie Cyanverbindungen. In der Tat zeigten einige Versuche, dass das Benzonitril kaum giftiger wirkt als das Phenol, und vielleicht können die Aminonitrile als substitutierte Aniline, von denen mehrere sehr giftig sind, aufgefasst werden. Oder möglicher- weise wird Blausäure abgespalten, jedoch an einem Orte, zu dem die

(1) LANG (Arch. exp. Path. u. Pharmakol., 34, 256) äussert die Vermutung, dass im Organismus die Spaltung der Nitrille und die Synthese zu Thiocyansäure an einem Orte stattfinde, wo die Einwirkung des Wassers ausgeschaltet ist (ausserhalb des Körpers führt die Einwirkung des Wassers bekanntlich zur Säure- und Ammoniakbildung). Solche Bedingungen können nach unserer Ansicht in sehr vielen Zellen realisiert sein,

falls die Condensation sich in den Lipoiden und analogen Zellbestandteilen abspielt.

488 Reıp Hunt

Schwefelverbindungen nicht gelangen oder wo die Bedingungen für die Thiocyansäurebildung nicht günstig sind. Der Mangel an Wirksamkeit des Natriumthiosulfats den Ammoniumbasen gegenüber ist wahrscheinlich durch die letztere Hypothese zu erklären.

In den oben beschriebenen Versuchen wirkte das Natriumthiosulfat am stärksten entgiftend, aber der Grad dieser Wirkung war sehr verschieden bei den verschiedenen Nitrilen; eine Dosis des Natriumthio- sulfats z. B., die ein Tier gegen die 19 fache tötliche Dosis des Formal- dehydcyanhydrins schiitzt, schiitzt gegen nur die 1,7 fache tétliche Dosis des Piperidoessigsäurenitrils. Wie können diese Verschiedenheiten erklärt werden? Die Geschwindigkeit, mit der die Blausäure im Organismus abgespalten wird, würde vermutlich hier eine grosse Rolle spielen; die Bedingungen für die Entgiftung eines Nitrils sind viel günstiger, wenn die Blausäure langsam gebildet wird, als wenn dieses rasch geschieht; mit der Blausäure selbst liegen die Verhältnisse besonders ungünstig, wie aus der Tatsache, dass nur die 1,8 fache tótliche Dosis durch das Natrium- thiosulfat entgiftet wird, hervorgeht. Wird auf der andern Seite die Blausáure zu langsam abgespalten, so kann viel Thiosulfat ausgeschieden werden, ohne irgend eine antagonistische Wirkung ausgeübt zu haben. Der Einfluss der Geschwindigkeit der Blausäurebildung auf die Gegen- wirkung der Schwefelverbindung tritt hervor, wenn man die Wirkung der letzteren auf Formaldehydcyanhydrin und Diaethylaminomilchsäurenitril auf der einen Seite, mit der Wirkung derselben gegen Chloralcyanhydrin auf der andern Seite vergleicht. Die Zeit vor dem Eintritt des Todes (die als ein Mass der Blausäurebildungsgeschwindigkeit aufgefasst werden kann) ist bei Chloralcyanhydrin kurz (4 bis 20 Minuten) bei Formaldehyd- cyandrins und des Diaethylaminomilchsäurenitril verhältnismässig lang (1 bis 3 Stunden}; die 19 fache tétliche Dosis des Formaldehydcyanhydrins und die 7 fache tôtliche Dosis des Diaethylaminomilchsäurenitrils wird durch das Thiosulfat entgiftet, während nur die 2,7 fache tótliche Dosis des Chloralcyanhydrins auf diese Weise neutralisiert wird. Dass es aber nicht allein die Abspaltungsgeschwindigkeit der Blausäure im Organismus ist, die den Grad der durch das Natriumthiosulfat verursachten Entgiftung bestimmt, geht aus den Versuchen mit Piperidoessigsäurenitril und Nitro- prussidnatrium hervor. Die Dauer der Vergiftung mit den letzteren ist ungefähr dieselbe wie die des Formaldehydceyanhydrins; während aber die 19 fache tötliche Dosis des letzteren durch das Natriumthiosulfat entgiftet wird, wird nur die 1,7 fache tötliche Dosis des Piperidoessig- säurenitrils und die 1,4 fache des Nitroprussidnatriums auf diese Weise

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 489

entgiftet. Diese Tatsache ist am einfachsten durch die Hypothese zu erkláren, dass das Piperidoessigsáurenitril und das Nitroprussidnatrium in Zellen gelangen, wo die Bedingungen für Rhodanbildungen nicht günstig sind, oder vielleicht in Zellen, in die das Natriumthiosulfat nicht eindringt(1).

Im Lichte der EnurLich’schen Arbeiten über die Verteilung der Farb- stoffe im Organismus betrachtet, in welchen gezeigt wird, wie grosse Verschiedenheiten in der Verteilung durch kleine Abweichungen der Struktur verursacht werden, würde es überraschend sein, wenn Verbin- dungen von so verschiedener Struktur wie Formaldehydcyanhydrin, Chroralcyanhydrin, Diaethylaminomilchsáurenitril, Piperidoessigsäure- nitril und Nitroprussidnatrium dieselbe Verteilung im Körper erführen (2).

Sehr interessant, aber nicht leicht zu erklären ist der Einfluss, (der aus der Tabelle ersichtlich ist) welchen die Grösse der Dosis des Natrium- thiosulfats auf die Entgiftungswirkung desselben hat. 4 mgr des Natrium- thiosulfats pro Gramm Tier entgiften die ıg fache tötliche Dosis des Formaldehydcyanhydrins, während eine Gabe von 0,221 mgr. nur die 3,3 fache tótliche Dosis dieses Nitrils entgiftete. Gegen einige andere Cyanverbindungen (Diaethylaminophenylessigsäurenitril, Piperidoessig- säurenitril, Nitroprussidnatrium) hatten kleine Gaben des Thiosulfats eine ebenso starke Wirkung wie eine grosse (3).

Thialdir, Carbothialdin und xanthogensaures Kalium haben eine

me -ລະະຫະນ

(1) Sehr interessant in dieser Beziehung sind die Versuche von MEYER und Ransom (Arch. f. exp. Path. u. Pharmakol., 49, p. 414) über die Verteilung von Tetanus-toxin und -antitoxin im Körper : diese Autoren fanden nämlich, dass, während das im Blutstrom circulirende Tetanustoxin in die Nerven resp. Nervencentren gelanırt, diese unfähig sind das Antitoxin aufzunehmen. Daher kann das in den Nerven schon vorhandene Toxin nicht durch intravenös eingespritztes Antitoxin neutralisiert werden; auf diese Weise lässt sich der häufig beobachtete Misserfolg der Serumbehandlung des Tetanus beim Menschen erklären.

(2) Zwar ist es nicht unmöglich, dass die Entgiftung der Nitrile zum Teil schon in der Blutbahn geschieht; wenn dies der Fall ist, dann kann die Geschwindigkeit, mit der die Verbindungen in das Blut gelangen und es wieder verlassen, um in den Geweben aufgespeichert zu werden, auch einen Einfluss auf die Entgiftung ausüben. Offenbar ist dieses aber nur cin anderes Beispiel des Einflusses der Verteilung. Schr wünschens- wert sind weitere Versuche, wıe die höchst interessanten Studien von HEYMANS und Masoın, in welchen gezeigt wurde, dass Malonitril drei Minuten nach dem Einspritzen in Blut aus demselben wieder verschwindet.

(3) Die am häufigsten injicierte kleine Gabe (0,286 mgr. pro Gramm Tier) wurde

zum Zweck des Vergleiches mit Thialdın gewählt. Nur eins von den zwei Schwefelatomen

490 Rem Hunt

entgiftende Wirkung auf die meisten Nitrile, auf die das Natriumthiosulfat eine ebensolche Wirkung hat; in einigen Fallen ist die Wirkung ein wenig stärker wie die des letzteren, in andern ist sie schwächer. i

Thialdin, Carbothialdin und xanthogensaures Kalium haben eine ungefähr gleich grosse Wirkung gegenüber den verschiedenen Nitrilen, doch kommen interessante Ausnahmen vor. Das Thialdin, z. B. schützt das Tier gegen die 2,4 fache tötliche Dosis der Blausäure und des Mandel- säurenitrils, während xanthogensaures Kalium nur eine geringe Wirkung gegen diese Verbindungen hat. Auf der andern Seite ist das Thialdin so gut wie ohne Wirkung gegen das Acetonitril, während das xanthogen- saure Kalium das Tier gegen die 4,3 fache tötliche Dosis dieses Nitrils schützt Die Erklärung für diese Abweichungen ist wahrscheinlich in den verschiedenen Geschwindigkeitsgraden der Resorption, der Verteilung und der Veränderungen, welchen diese Substanzen im Körper unterliegen. ehe der Schwefel zur Rhodanbildung disponibel ist, zu suchen.

Die Versuche mit den Nitrilen und dem salzsauren Thialdin sind von verschiedenen Standpunkten aus interessant; sie sind dies aber besonders im Zusammenhange mit der Frage von der Summation der Wirkung von Giften. Gegen gewisse Nitrile hat, wie oben gezeigt wurde, das salzsaure Thialdin eine antagonistische Wirkung. In diesen Fällen konnte keine Rede von einer Summation der Giftwirkung des salzsauren Thialdins und des Nitrils sein; im Gegenteil wurden in einem Falle (Diaethylamino- milchsäurenitril) tötliche Dosen des salzsauren Thialdins selbst durch das Nitril entgiftet (siehe Tabelle XL). Gegen andere Nitrile hatten kleine Gaben des salzauren Thialdins eine antagonistische Wirkung, während grössere Gaben entweder eine schwächere Wirkung zeigten oder sogar zum Tode führten, wenn sie mit sonst nicht tótlichen Dosen des Nitrils injiciert worden waren. Selbst kleine Mengen des salzsauren Thialdins, kurz vor kleinen Gaben des Benzonitrils injiciert, führten zum Tode des Tieres; in einigen Fällen z. B. verursachte 2/5 der tötlichen Dosis des salzsauren Thialdins und ungefähr 1/3 der tötlichen Dosis des Benzonitrils

des Thiosulfats ist disponibel für die Rhodanbildung im Körper; ob beide Schwefelatomen CHsCHS \

des Thialdins NH :CH.CH3 dazu disponibel sind ist nicht bekannt. Wenn CHICHS

letzteres der Fall ist, dann würde 0,286 mgr. des Natriumthiosulfats eine gleiche

Wirkung wie 0,14 mgr. (die gebráuchliche Dosis) des Thialdins haben, da die Molekular-

gewichte der zwei Verbindungen beinahe gleich sind. (NazSeO3, 158; Thialdin, 163.)

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 491

den Tod. Nach diesen Versuchen scheint es möglich, dass eine neue sehr giftige Verbindung aus dem salzsauren Thialdin und dem Benzonitril im Körper gebildet wird(1). Es ist denkbar, dass eine Bildung von neuen, giftigeren Substanzen auch aus dem salzsauren Thialdin und andern Nitrilen vor sich geht; es ist aber wahrscheinlicher, dass es sich in diesen Fällen nur um eine einfache Summation der toxischen Wirkung der beiden Substanzen handelt. Es ist aber sehr schwer, sich ohne Zuhilfenahme des Verteilungsprinzips eine solche Summation des toxischen Effektes vorzu- stellen; mit dem Verteilungsprinzip aber lassen sich die Resultate in den verschiedenen Fällen leicht erklären. In jenen Versuchen z. B., in welchen es einen einfachen Antagonismus zwischen den zwei Substanzen giebt, kann vermutet werden, dass Gift und Gegengift in Zellen gelangen, wo die Bedingungen für die Rhodanbildung günstig sind. Auch die Tatsache, dass verhältnissmässig grosse Mengen der Nitrile auf diese Weise neutra- lisiert werden können (die 6,4 fache tötliche Dosis des Diacthylaminomilch- säurenitrils z. B.) und dass auch die Nitrile dieser Gruppe leicht durch andere Schwefelverbindungen entgiftet werden, deutet darauf hin, dass die Bedingungen für Rhodanverbindung in vielen Zellen günstig sind.

In den andern Fällen, in welchen gewisse Nitrile durch kleine Mengen des salzsauren Thialdins, weniger aber, durch grosse Mengen entgiftet werden, lässt sich vermuten, dass es eine kleinere Anzahl von Zellen giebt, in welchen die Bedingungen für die Einwirkung des salz- sauren Thialdins auf die Nitrile günstig sind; in den andern Zellen, wo solche Bedingungen nicht günstig sind, können die beiden Substanzen ihre volle toxische Wirkung entfalten und so, wenn sie in genügender Conzentration vorhanden sind, zum Tode des Tieres führen, und zwar in

---<-<-<----<< <.

(1) Dass Schwefelverbindungen einen Einfluss auf die Spaltung gewisser Nitrile im Organismus besitzen, ist aus den sehr interessanten Versuchen von MEURICE (cf. cit. p. 32) zu ersehen, in welchen gefunden wurde, dass Thiocyansäure in den Excre- menten von mit einigen Cyanverbindungen (Kaliumcyanid, Chloralcyanhydrin, Aceto- nitril) vergifteten Tauben erst nach Darreichung von Natriumthiosulfat erschien. Wenn es eine ähnliche Reaktion zwischen salzsaurem Thialdin und Benzonitril giebt, dann würde der Benzolrest frei und disponibel für die Bildung neuer Verbindungen; die letzteren, besonders in statu nascendi, könnten sehr giftig sein. Aut ahnliche Weise lässt sich vielleicht die Thatsache erklären, dass keine der Schwefelverbindungen eine anta- gonistische Wirkung gegen das Benzonitril besitzt. Wie schon oben bemerkt, ist das Benzonitril kaum gitftiger als das Phenol selbst und es ist leicht denkbar, dass neue Benzolverbindungen, die giftiger sind als das Phenol, aus dem Benzonitril gebildet

werden können.

492 Reip Hunt

Mengen, die an und für sich nicht tötlich wirken würden; d. h., es giebt in gewissen Zellen eine einfache Summation der toxischen Wirkung, während in andern Zellen die Subs’anzen eine antagonistische Wirkung auf einander haben.

Gegen Acetonitril ist das salzsaure Thialdin fast ohne Wirkung; wenn nicht gerade tötliche Dosen der beiden Substanzen injiziert worden sind, so erholen sich die Tiere, d. h. es giebt keine Summation der toxischen Wirkung. Auf der andern Seite giebt es fast keine antagonistische Wirkung der zwei Substanzen. Die Verhältnisse sind in diesem Falle sehr kompli- ziert; es handelt sich z. B. um Gifte, die ihre toxische Wirkung zu verschiedenen Zeiten entfalten (salzaures Thialdin wirkt schnell, Aceto- nitril langsam) urd es ist auch nicht sicher, dass die beiden Gifte die Zellen auf dieselbe Weise beeinflussen, so dass von einer Summation der Wirkung geredet werden kónnte(1). |

Es liegt aber nahe zu vermuten, dass das Ausbleiben einer solchen Summation sowohl, als auch das einer antagonistischen Wirkung, aut einer besonderen Verteilungsweise beruht; wenn beide Substanzen wirklich in dieselben Zellen gelangten, so würde man erwarten, dass mindestens zuweilen, besonders nach dem Injicieren wechselnder Mengen der Substanzen, entweder eine Entgiftung, oder eine Summation der Wirkung stattfinden würde, was aber nicht der Fall ist.

ÄLKOHOL.

Wie schon oben gezeigt wurde, hat auch der Alkohol eine antagonis- tische Wirkung gegen gewisse Nitrile; die stärkste Wirkung wurde gegen das Acetonitril und das Formaldehydcyanhydrin ausgeübt. Der Alkohol schützt das Tier gegen die 4,3 fache tötliche Dosis des Acetonitrils und gegen die 2,6 tötliche Dosis des Formaldehydcyanhydrins. Vergiftungs- fälle, in welchen Alkohol eine schädliche Wirkung ausübt, sind bekannt (2); solche aber, in welchen er einen günstigen Einfluss übt, sind selten. Die

(1) Solche Möglichkeiten müssen zwar auch in den oben behandelten Fällen erwogen worden sein, obgleich weniger wahrscheinlich ist, dass sie hier von Wichtigkeit sind; in allen diesen Fällen wirken die Nitrile ungefähr so schnell wie das salzsaure Thialdin und dass sie die Zellen auf mindestens ähnliche Weise wie das salzsaure Thialdin beeinflussen, geht aus der Tatsache hervor, dass es eine Summation der Wirkung der beiden Substanzen giebt.

(2) Dies ist der Fall, z. B. mit Acthylcarbylamin (siehe Anhang); siehe weiter : CHILIAN : Ueber die Beeinflussung der Vergiftungen mit Nitrobenzol, Dinitrobenzol, etc., durch

Alkohol. Dissertation, Würzburg, 1902.

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 493

Erklárung dieser Tatsache licgt wahrscheinlich in der leichten Oxydier- barkeit des Alkohols im Kórper im Vergleich mit der schwereren Oxydier- barkeit der Methylgruppe des Acetonitrils und der Oxymethylgruppe des - Formaldehydcyanhydrins und lässt sich vielleicht auf folgende Weise denken; Alkohol und die Nitrile können von denselben Zellen auf- genommen werden; durch den Alkohol (wegen seiner im Organismus leichten Oxydierbarkeit) wird der disponible Sauerstoff der Zellen aufgebraucht, so dass nicht genug übrig bleibt für die Oxydationprozesse, durch welche die Blausäure abgespalten ist. Vielleicht sind auch andere Faktoren an dieser Wirkung des Alkohols beteiligt. Es lässt sich z. B. denken, dass der Alkohol und die Nitrile in denselben Zellbestandteilen löslich sind und dass diese, nachdem sie Alkohol gelöst haben, unfähig sind, wenn auch in beschränkten Grenzen, die Nitrile in tötlichen Dosen aufzunehmen. Oder vielleicht können beide dieser Möglichkeiten, die leichte Oxydierbarkeit des Alkohols und das herabgesetzte Lösungs- vermögen der Zellen an der schützenden Wirkung des Alkohols beteiligt sein. Dass aber Oxydationsprozesse hierbei in der Tat eine wichtige Rolle spielen, wird sehr wahrscheiniich durch die Tatsache, dass Traubenzucker auch eine antagonistische Wirkung gegen Acetonitril hat. Diese Wirkung des Traubenzuckers ist aus der folgenden Tabelle zu ersehen.

ACETONITRIL UND TRAUBENZUCKER. TABELLE XLVIII.

Totliche Dosis des Acetonitrils : 0,7 mgr. pro Gramm Tier.

|

- a Acetonitril Traubenzucker blieb am Leben ¿A o in mgr. in mgr. Ei -+ starb

pro Tier |pro Gr. lier] pro ‘lier pro Gr. Tier

14. X. 14,3 | | 6h. 51! 27,2 1,9 š 7h. o1! 143 10 24. X. 12,85 6h. 53! 29,6 2,3 2 7h. 02 128,5 10 25. X. 29,32 , 11 h. 47 54,1 2,8 |- 30— 40 Stunden 12 h. oy | 193 10 27. X. 14,9 12 h. 30' 41,7 2,8 u ı2 h. 35' 149 10 2J. X. 14,6 7 h::0)! 43,8 3 + 24—34 Stunden 7h. 13 146 10

494 Rei Hunt

Der Traubenzucker schiitzt also das Tier gegen beinahe die 4 fache tótliche Dosis des Acetonitrils. Gegen Formaldehydcyanhydrin hat der Traubenzucker keine antagonistische Wirkung, wonach es wahrscheinlich ist, dass die Oxymethylgruppe leichter oxydierbar ist als der Trauben- -- zucker; diese Gruppe scheint aber schwerer oxydierbar zu sein als die Aethylgruppe, denn Aethyalkohol besitzt eine antagonistische Wirkung gegen Formaldehydcyanhydrin.

Auf welche Weise auch diese Wirkung des Alkohols zu erkláren ist, so bleibt doch die Tatsache interessant und wichtig, das Alkohol die Tiere gegen tötliche Dosen solcher Gifte wie Acetonitril und Formaldehyd- cyanhydrin schützt Vielleicht wird man finden, dass Alkohol in Krank- heitsfällen, bei denen Aerzte seit langer Zeit ihm einen günstigen Einfluss zugeschrieben haben, eine ähnliche Wirkung besitzt.

Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Geheimrat ERLICH. auf dessen Anregung diese Versuche unternommen und in dessen Institut sie ausgeführt worden sind, meinen wärmsten Dank auszu- sprechen.

Anhang. ToxıcıTÄT DES AETHYLCARBYLAMINS.

Da die Angaben über die Toxicität der Carbylamine sehr wider- sprechend sind‘!), werden vielleicht die Resultate der folgenden Versuche mit Aethylcarbylamin von Interesse sein. Die Versuche wurden an weissen Mäusen angestellt; das Aethylcarbylamin wurde subcutan, in stark verdiinnter Alkohollósung (1 bis 2 °/o) eingespritzt.

AETHYLCARBYLAMIN. 2% E ER blieb am Leben Eo 5 pen ei + starb 5. pro Tier [pro Gramm Tier 28. XII. 20,9 0,42 0,02 28. XII. [12,2 0,49 0,04 30. XII. [| 14,82] 0,52 | 0,035 29. XII. |] 12,45 0,30 0,04 -4- 29. XII. | 18,00 0,90 0,05 + 2 Stunden 29, XII. | 13,9 0,97 0,07 + 35 Minuten

Die tötliche Dosis des Aethylcarbylamins beträgt für Mäuse also ungefähr 0,04 mgr. pro Gramm Tier, d.h. sie ist 8 Mal grösser als die der

Blausäure.

(1) Siehe z. B. KunkeL : Handbuch der Toxicologie, p. 515.

+ - we Ze

TOXIKOLOGIE EINIGER NITRILE UND DEREN ANTIDOTE 495

Dass die Wirkung des Aethylcarbylamins eine andere ist als die des Acetonitrils, geht unter andern aus der Tatsache hervor, dass thio- schwefelsaures Natrium und Alkohol keine antagonistische Wirkung gegen dasselbe haben; im Gegenteil wird die Giftigkeit des Carbylamins erheblich erhóht durch kleine Gaben Alkohol, wie aus den folgenden

Versuchen zu ersehen ist.

AETHYLCARBYLAMIN UND ALKOHOL.

Totliche Dosis des Aethylcarbylamins : 0,04 mgr. pro Gramm Tier.

» » » 20 0/9 Alkohol : 0,07 C.C. » » » #3 y Aethylcarbylamin Alkohol (20 "/.) blieb am Leben ‘= ໄຍ in mgr. in c.c. Sl YA, ——————— + starb OS pro Tier |pro Gr. Tier] pro Tier |pro Gr. Tier 31. XII. 1,17 11h. o5! 0,17 0,01 11 h. 12' 0,17 0,01 1. 1. 14,85 11 h. o1' 0,297 0,02 11h. 11' 0,149 0,01 3o. XII. 14,6 11 h. og' 0,438 0,03 + 2—18 Stunden 11 h. 19' 0,146 0,01 2.1: 23,2 12h. o1! 0,696 0,03 + ca. 31/2 Stunden 12h. 11! 0,232 0,01 29. XII. 14,35 ıh. 0,431 0,03 + 1 1. 09! 0,431 0,03 29. XII. 14,35 11 h. 55! 0,428 0,03 -+ 1 Stunde 12 h. 08' 0,855 0,06

Die tötliche Dosis von 20 %igem Alkohol ist 0,07 c.c. pro Gramm Maus. Man sieht daher aus diesen Versuchen, dass weniger als die Hilfte einer tótlichen Dosis des Alkohols plus ein Viertel der tótlichen Dosis des Aethylcarbylamins zum Tode fiihren; d. h. die Toxicitát der beiden Substanzen, kurze Zeit nacheinander eingespritzt, ist grósser als einer einfachen Summation entsprechen wiirde. Ob der Alkohol einen Einfluss auf die Léslichkeit des Carbylamins in lebenswichtigen Organen úbt, oder ob er die Schutzvorrichtung ‘des Organismus dem Aethylcarbylamin gegenüber schädigt, lässt sich vorläufig nicht entscheiden.

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XII. 35

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AUS DEM KONIGL. INSTITUT FOR EXPERIMENT. THERAPIE IN FRANKFURT a/M. DIREKTOR : GEH. MEDICINALRAT Proressor Dr P, Enrticn.

Ueber die Toxicitát einiger Chinin-Derivate()

VON

REID HUNT, Ä Pharmacologist, Hygienic Laboratory, Public Health and Marine Hospital Service, Washington, U. S.JA.

Das Chinin-Molekül besitzt, nach der allgemein anerkannten Behaup- tung SuRAUP’s eine Seitenkette, in welcher eine Vinylgruppe enthalten ist. Dies ist aus der folgenden Formel ersichtlich :

CH30C+HsN Cs H 12N(OH)—CH=CH2

Soweit mir bekannt, liegen bisher keine Versuche dariiber vor, ob das Vorhandensein dieser Gruppe für die Toxicität oder die pharmakolo- gische Wirkung des Chinins eine besondere Bedeutung hat. Andere Verbindungen, in welchen eine Doppelbindung zwischen zwei Kohlen- stoffatomen vorhanden ist, haben die Toxikologen seit längerer Zeit interessiert, weil manche solcher Verbindungen sehr giftig sind; z. B. ist Allylalkohol (CH: = CH CH20H) 5o Mal giftiger als Propylalkohol (CHs3—CH2—CH20H);

Neurin (CHs) sN< er

20 Mal giftiger als Cholin (CHAN e

Hiernach war anzunehmen, dass eine náhere Untersuchung von Chinin-Derivaten, in welchen die Doppelbindung aufgehoben war,

(1) Diese Versuche wurden' mit der Unterstützung des Rockefeller Institute for Medical Research ausgefúhrt. ze

498 Reip Hunt

theoretisches und vielleicht auch praktisches Interesse bieten wiirde. Durch Sprengung der Doppelbindung im Vinylradical mittels Addition geeigneter Gruppen wire es vielleicht méglich, Verbindungen herzustellen, welche einerseits die specifische Wirkung des Chinins, auf Malaria- Parasiten beibehielten, andererseits frei sind von einigen dem Chinin anhaftenden nachteiligen Eigenschaften. Oder vielleicht würden sich auch Chinin-Derivate ergeben, welche in Bezug auf ihre Verwendbarkeit ein weiteres Feld bieten z. B. solche, die als Heilmittel bei andern durch Protozoen verursachten Krankheiten eine ähnliche Wirkung haben, wie das Chinin bei Malaria.

Ich folgte daher gerne der Anregung des Herrn Geheimrat EHRLICH, die Toxicität einiger Chinin-Derivate, in denen die Vinyl-Doppelbindung gesprengt war, einer näheren Untersuchung zu unterziehen(r). Versuche wurden mit folgenden Verbindungen gemacht :

Hydrochinin CHs0CoHsNCsHi2N(OH)CHes—CHs Oxyhydrochinin CHs0CsHsNCsH12N(OH)CHOH—CHs Hydrochlorchinin. CHsOCsHsNCsHieN(OH)CHCI—CHsa

Ferner wurden einige Versuche gemacht mit Cinchotoxin, einer von Cinchonin (Cs Hs NCsHizN(OH)—CH = CH.) erhaltenen Base, in welcher zwar die Vinylgruppe noch enthalten ist, in der man aber annimmt, dass die Hydroxylgruppe in eine Ketongruppe iibergegangen ist :

CX—COH—R CX—CO =R (2) y ergab || GE NH

Die Toxicitát dieser Verbindungen wurde an Mäusen, Meer- schweinchen, Kaninchen und gewissen Infusorien gepriift.

I. Experimente an Mäusen.

Bei diesen Experimenten wurde die tötliche Dosis durch Subcutan- injection zuerst bestimmt. |

Merkbar beeinflusst wurden die Resultate dieser Versuche durch die Temperatur, derart, dass sonst nicht tótliche Dosen der zu den Versuchen verwandten Práparate an kalten Tagen tótlich waren und die damit behandelten Tiere starben. Des Vergleiches halber wurden alle in den nachfolgenden Tabellen beschriebenen Experimente an ein und

demselben Tage vorgenommen. (1) Diese Derivate wurden hergestellt und uns freundlichst überlassen von den Vereinigten Chininfabriken Zimmer & Co, Frankfurt a/M.

(2) Conf. FRANKEL : Die Arzneimittelsynthese, p. 164.

TOXICITÄT EINIGER CHININ-DERIVATE 499

TABELLE I.

Chinin. hydrochlorieum (subcutan). Weisse Mause.

SE ‘hinin hydrochlori 33 E Chinin hydrochloricum Wish am Leben = ın mer. SAS ate due E -|- starb Cg pro Tier [pro Gr. Lier

7. VIII. [ 18,35 4,59 | 0,250

Temp. : 19,68 5,62 : 0,286

1795 R | 20,04 6,68 0,333 -|- 2 1/2—3 Stunden

17,9 5,97 0.333 | -- 18,7 6,8 | 0,366 21,45 7,8 . 0,366 19,08 7 87 | 0,400 -+ 5 3/4 Stunden 20,18 8,07 | 0,444 + 9—20 Stunden 22,8 11,4 0,500 -- 8 Stunden 29,95 14,78 | 0,500 + 10—20 Stunden

Hydrochinin. hydrochloricam.

H yd rochi nin h ydro-

HI

> x

334 chloricum blicb am Leben າາ _ in mer.

Sys ee > + starb

>. pro Tier |pro Gr. Tier

e AE mm U nn ee eee nn

18,28 4,97 0,250

20,03 5,72 0,286

22,03 7,34 0,33 -} 7—19 Stunden 15,62 5.21 0,33 + 6 Stunden 21,04 8,66 0,40 + r Stunde 21,68 | 10,84 0,50 + 6 Stunden

Oxyhydrochinin. hydrochloricum.

Re Uxyhydrochinin hydro-

o chloricum blieb am Leben E in mygr.

$ O ____. + starb

ໆ. pro lier {pro Gr. ‘lie

18,15 4,94 0,25 19.53 5,58 0,286 |

21,1 7,03 0,33 -} 2 1/2—4 Stunden 16,15 5,38 0,33 4- 2 3/4 Stunden 21,60 8,64 0,4 + 2 3/4 Stunden 29,16} 12,53 0,5 -+ 45 Minuten

Arch. internat. de Pharmacodynamie et de Therapie, vol. XII. 36

500 Reig Hunt

TABELLE I (Fortsetzung). Hydrochlorchinin. hydrochloricum.

Hydrochlorchinin blieb am Leben

PE | pr be in mgr. Bus cee 5 + starb 3 pro Tier pro Gr. lie 17,35 6,92 | 0,40 18,6 8,27 | 0.44 20,9 10,45 | 0,50 20,03 | 11,40 | 0,57 19,86] 11,35 0,57 —' 20,1 13,60 0,67 24,5 19,6 0,80 + zwischen 5 Min. u. 3 St. 22,38 17,9 0,80 23,401 23,4 I + 2 1/2 Stunden Cinchotoxin bitartaricum. a3 E un blieb am Leben 55 : pro Tier [pro Gr.* Hier ae 14,40 | 3,38 0,235 29,62] 5,155 0,25 15,6 4,16 0,266 + 1/2—1 St, 15,9 4,54 0,286 | 16,7 4,80 0,286 19,55] 6,01 0,31 + 25 Minuten 20,55] 6,85 0,333 | + 40 » 23,145] 8,52 0,366 | 4-15 » TABELLE II.

Chinin. hydrechiericam.

| SS y, | Chinin hydrochloricum S blieb am Leben ga in mgr. | ຍ, ສສວ + starb os pro lier |pro Gr. lie 26. IX. I16,06| 5,5 634 | = Temp. : | 147 5,3 0,36 | + 2—20 Stunden 160 R | 15,38 5,8 0,38 + 5—15 » 13,94 5,6 0,4 4- 5—15 » 18,02 72 0,42 4 515 »

Hydrochinin. hydrochloricum.

| |

Hydrochinin hydro-

N Eau chloricum blieb am Leben po in mer. Bl | AE | + starb CS pro lier {pro Gr. lier 17,4 5,2 0,3 16,9 5,4 0,32 | + 4 Stunden

11,4 3,9 0,34

TOXICITÁT EINIGER CHININ-DERIVATE SOI

TABELLE II (Fortsetzung). Oxyhydrochinin. hydrochloricum.

Oxvhydrocainin hydro-

z E chloricum blieb am Leben 3 in mer.

Si pro Tier Ee Tier SCH

16,95 5,08 | 0,3

17,7 5,7 | 0,32

19,65 6,7 | 0,34 + 3 1/2 Stunden

Hydrochlorchinin. hydrochloricum.

Hydrochlorchinin = 8 hydrochloricum blieb am Leben in mgr. E + starb

pro Tier ¡pro Gr. Tier

12,98 9,1 0,7

16 12,1 0,75 +- 2—20 Stunden 12,55, 10 0,8 -+ 5 Stunden 16,28 13,84 0,85

13,15] 11,8 0,9 =

16,86 | 16,0 0,95 +4- 2—20 Stuuden 16,7 16,7 I + 2 1/2 »

15 16,5 1,1 -+ 5—15 »

Die tötlichen Dosen waren demnach folgende :

Chinin. hydrochloricum ` ca. 0,37 mgr. per gr. Tiergewicht Hydrochinin. hydrochloricum » 0,33 » » » Oxyhydrochinin. hydrochlorchinin » 0,33 » » » ) Hydrochlorchinin. hydrochloricum » 0,8: » » » ) Cinchotoxin bitartaricum » 0,31 » > 3 )

Aehnliche Resultate wurden in einer Reihe von Versuchen an grauen Mäusen erhalten.

Die stärkere Giftigkeit des Chinins für Mäuse geht auch aus Fütterungsversuchen (nach EnuruicH’s Cakes Methode) hervor :

12. I. Weisse Maus bekam 5o mgr. Chinin. hydrochloricum, am 13. 100 mgr., am 14. tot.

4. 1. Weisse Maus bekam 50 mgr. Chinin. hvdrochloricum, am 5. 100 mgr., am 6. 100 mgr., am 7. tot.

15. 1. Graue Maus bekam 100 mgr. jeden Tag an 3 Tagen, am 4. Tage tot.

Dagegen wurden auch wieder Máuse mit Hydrochlorchinin hydro- chloricum in taglichen Dosen von 100 mgr. zwei Wochen lang gefiittert,

ohne irgend welche Symptome aufzuweisen,

502 Reip Hunt

Aus obigen Experimenten folgt, dass die Vinylgruppe nur geringen Einfluss auf die Toxiecität des Chininmolcküls besitzt; in einigen Fällen, wo diese Vinvlverbindung aufgehoben war, war die Toxicität eine nur wenig gesteigerte, während dieselbe in einem Falle (Hydrochlorchinin) bedeutend reduziert war.

Besonders interessant ist der Einfluss der Addition eines Moleküls Chlorwasserstoff auf die Toxicität der Verbindung; das Hydrochlorchinin wirkt kaum halb so toxisch auf Mäuse wie das Chinin. Ein ähnlicher Unterschied in der Toxicität wurde für Meerschweinchen und Kaninchen

konstatiert, wie aus den folgenden Versuchen zu ersehen ist.

II. Experimente an Meerschweinchen. Zu diesen Versuchen wurde das Chinin resp. Hydrochlorchinin per os

eingeführt; die Resultate sind aus den folgenden Tabellen zu ersehen :

TABELLE III.

Chinin hydrochloricum. Meerschweinchen,

33 Chinin hydrochloricum . Er E EEN blieb am Leben Eet -H- starb > ໂງ pro Tier |pro Kil. Tier = EEES 5555; 5. 1 05 0,075 0,15 9. 1 0,53 0,10 0,2 = 4:1. 0,44 0,132 0,3 -H 4—5 Stunden 2. I. 0,44 0,31 0,7 + 6 » 31. XII. | 0,39 0,585 1,5 + 30 Minuten

Hydrochlorchinin. hydrochloricum.

E © Hydrochlorchinin VE hydrochloric j Se ydrochloricum blieb am Leben GE e in mgr. Eye + starb © ky Co pro lier. ipro Kil. Tier A

9. 1. 0,375] 0,045 0,2

18. 1. 0,56 0,14 0,25

10. 1. 0,58 0,17 0,3

20. I. 0,53 0,21 0,4

21. I. 0,4 0,2 0,5 + 7 bis 19 Stunden 111. Experimente an Kaninchen.

« Das Chinin resp. Hydrochlorchinin wurde den Tieren in einigen Versuchen subcutan, in andern per os dargercicht.

TOXICITÁT EINIGER CHININ-DERIVATE

503

TABELLE IV.

Chinin hydrochloricum (per Os.) Kaninchen.

Si Chinin. hydrochloricum blieb am Leben ag bo in gr. ES eo re pe - starb MZ pro ‘lier ¡pro Kil. Tier 4. I. 1,89 0,95 0,5 5. I. 1,61 10 0,62 = 2. I. 1,38 1,1 0,8 + 7—19 Stunden 31. XII. | 1,78 3,56 2 + 30 Minuten ` Hydrochlorchinin hydrochloricum (per Os.) 188 [Hydrochlorchinin bydrof ` 25E chloricum blieb am Leben kb in gr. js BER. eo star $g pro Tier pro Kil. Tier + 4. 1. 1,98 0,63 | 0,4 SE 1,08 0,86 | 0,8 Chinin hydrochloricum (Subcutan.) NSS Gs i eae hl : ne 25u ມະຫ blieb am Leben 6 & & in gr. zag ROTOS + starb it pro Tier ¡Pro Kil. Tier Ds E 1,89 0,38 0,2 8. 1. 1,85 0,46 0,25 + ca. 2 Stunden Hydrochlorchinin hydrochloricum (Subcutan.) © | äg [Hydrochlorchinin hydro- ເບ Leda chloricum —- blieb am Leben 65 in gr. BEE een -+ starb gs pro Tier ¡pro Ki. Tie 18. 1. 1,49 0,3 | 0,2 19. I 1,43 0,36 0.25 20. 1. 1,57 0,47 0,3 20. I. 0.93 0,33 0,35 + ca. 4 Stunden IV. Experimente an Infusorien.

Die

Toxicıtät der erwähnten Chinin-Derivate wurde auch an

Infusorien geprüft, wie sie in gewöhnlichem Heu-Infus gefunden werden(:). Die Verdünnungen, ın welchen die Tierchen durch die verschiedenen

(1) Einige der Experimente wurden in Johns Hopkins University, Baltimore, vorgenommen, andere in Frankfurt ausgefuhrt Die verschiedenen Infusorienarten wurden nicht náher bestimmt, doch fanden sich unter ihnen viele Cercobodo-Flagellaten, die

sich durch Geisseln fortbewegen. daneben aber auch amoeboide Bewegungen zeigen.

504 Reip Hunt

Derivate getötet wurden, variierten mit dem Alter des Infuses; bei einem 3 Tage alten Infus z. B. starben die Tierchen schon in einer schwächeren Lösung, als dies bei einem 5 oder 6 Tage alten Infus der Fall war. Die relative Toxicität der verschiedenen Derivate hingegen blieb die gleiche. Einige der Experimente lasse ich nachstehend folgen, und zwar ist die Stärke der toxischen Wirkung durch Kreuze bezeichnet : 4 Kreuze bedeuten, dass sämtliche Tierchen getötet wurden, 2 Kreuze, dass etwa ; die Hälfte starb u. s. w,

TABELLE V. Stärke Chinin. Hydrochinin. Oxyhydrochinin. Hydrochlorchinin. Chinchotoxin hydrochloricum hydrochioricum hydrochloricum hydrochloricum bitartaricum der Lósung nach nach nach nach nach nach nach nach nach nach 3 Stunden] 23 St. [3 Stunden! 23 St. #3 Stunden! 23 St. |3 Stunden; 23 St. [3 Stunden| 23 St. T 5 < < 2 2000 FEEF, PEER EFFET LEE IE PRET RER FER LEE LEE 3000 | +444 +444] +++ +H +++- AHH E ++) + ++ +r 4000 | +++ Sbckckekt. tb ++ + ++ +++ +++] + ++ 5000 | +-+- ++ + + + + +++ | +4++4+] 0 + 6000 | + + 0 ? + + +++ | ++++f ° + | 8000 | ? lo o o ? 0 Er Ar 0 o 10000 | ? 0 0 0 0 0 ++ + 0 0 12000 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 el 16000 | o 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Controlle | 0 o 0 0 0 0 O 0 0 o TABELLE VI. Starke Chinin Hydrochlorchinin der hydrochloricum hydrochloricum Lösung nach 17 Stunden nach 17 Stunden 2000 +H oer 4000 REF +++ 8000 + +++ 16000 ? EL 32000 0 fast unbeweglich Controlle 0 0

Aehnliche Resultate erhielten wir bei einer ganzen Reihe von Experimenten und in allen iibereinstimmend fanden wir, dass Hydrochinin und Oxyhydrochinin auf die Tierchen eine geringere toxische Wirkung ausüben, wie das Chinin selbst, wahrend Hydrochlorchinin sich als bedeutend toxischer erweist.

Die angefiihrten Experimente zeigen :

1) Dass die Vinylgruppe im Chininmolckiil ohne besondere Bedeutung ist, soweit es sich um die Toxicitát dieser Substanz gegenúber Sáugetieren

und gewissen Infusorienarten handelt.

TOXICITAT EINIGER CHININ-DERIVATE 505

2) Dass durch Addition von Chlorwasserstoff die Toxicität gegenüber Säugetieren veringert, gegenüber gewissen Infusorien hingegen erhöht

wird Eigenschaften, die in therapeutischer Hinsicht vielleicht von Wert sein können.

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Les Archives internationales de Pharmacodynamie et de Thérapie paraissent par fascicules, avec planches et figures intercalées dans le texte. | |

Six fascicules forment un volume d'environ _500 pages. |

Prix du volume :'18 francs pour la Belgique, 20 francs pour l'étranger. |

Les auteurs reçoivent 5o tirés à part.

On est prié d'adresser tout ce qui concerne la rédaction à E. Gite. Paris, rue monsieur le Prince, 14, ou à J. F. Hey MANS, Gand (Belgique), boulevard de la Citadelle, 8r.

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