N u SS 2® ARCHIV PHYSIOLOGIE z,, | | von D. JOH. CHRIST. REIL, BROFESSOR IN BNBALLE SECHSTER BAND MIT ZWEY KUPFERTAFEL® 3-AHL.,U:B, BEN DER CURTSCHEN BUCHHANDLUNG 2805, A = Mr des Sechsten Bandes Erftes Heft &. Ueber die Zergliederung des menfchlichen Körpers im Alter; von D, R. Seiler. S. 1-119 2. Ueber die verfchiedenen Arten (modi) des Vegetations- rozefles in der animalifchen Natur, und die Gefetze, Aurch welche fie beftimmt werden. 120-167 3, Jakob Barzellorti’s Prüfung einiger neuern Theo- j rien über die nächl:ie Urfache der Mufkelzufammenzie- _ hung; aus dem Italienifchen überferzt von Dr. A. F, Nolde, Profeffor der Medicin auf der Univerfität zu Roftock. Recenfion, 168 - 221 232-224 Zweytes Heft 1. Aufserordentliche Erhöhung der Senfibilität 5 ein Bei- trag zu. den Erfahrungen über Somnambulismus und thierifchen Magnetismus von Doct, Fridrich Hufe- land. 225-263 a, Einige Beobachtungen über thierifchen Magnetismus und Somnambulismus von F. Fifcher. 264-281. 3. Anatomifch - phyfiologifche Erklärung’ der $innesver- richtung des Gefichts, von D. Weber in Mainz, 232-326 4. Anzeigen, 327-416 Drit- 5‘ AR vu Tr — „Drittes Hefe ı. Veränderungen, welche das Blut unter einem Miero- fcopium compofitum auf die Einwirkung des Sonnenlich- tes, der veritärkten galvanifchen Elektrizität und ver- fchiedener Reagentien erleidet von Joh, Ant. Meid- mann, Med, Doct, in Wien. 417-431 2. Die gleichförnige Wirkung der Natur in der Hervor- bringung der Pflanzenkörper. Eine Rede, die von D, Gerard Vrolik, Profellor der Anatomie, Phyfiolo- gie, Geburtshülfe, und Botanik am illuftsen Arhenäum zu Amfterdam in’ der Gelellfchaft Felix Meritis gehalten it, Aus dem Holländifchen überferzt von Joh, Aug. Schmidt, M. D. in Neuwied. 432-451 3. Etwas über das Athemholen und die thierifche Wärme; eine Vorlefung von D. Gerard Vrolik in der Gefell- fchaft Felix Merieis.zu: Amfterdam gehalten. 7 452-468 4. Camper’s und Hunter’s Gedanken über den ‚Nutzen. der Röhrenkniochen bey Vögeln, Näher, erwogen und. gem prüft von D Gerard Vrolik in einer, in der Am-., “ fterdamer Gefellfchaft Felix Meritis den 25ffen Januar 1803 gehaltenen Vorlefung, h 469-499 &. Ueber die Grundkräfte, 'nach den Vorftellungen des Im- manuel'’Kanr von Johann Rudolph Deimann, Ce Med. Doct. zuAmfterdam, Aus dem Holländifchen über- fetzt, von Joh Aug. Schmidt, Med. Doct, ° 491-517 6 If die Lebenskraft im Thier - und Pflanzenreiche der allgemeinen Grundkraft der Matgrie uatergeordnet, oder ift fie eine eigne Grundkraft? von Joh, Rud, Dei- mann, Med, Doct. in Amfterdam. 518-548 7. Ueber die Bildungsfehler: des Herzens; vom Herrn Prof, Meckel,. \ 549.619 Archiv für die Phyfiologie. Sechsten Bändes erftes Heft, nn Ueber die Zergliederung des menfchlichen Kör: pers im Alter; von D. B. G. Seiler *). En effet, nos differentes parties, ou du moins beat. coup d’ elles, pa/fent (on ne, peut en douter) par des etats fenfiblement differens depuis la GariAREn use gu’ a une extreme Bieillefje "et enfin jusgW' a Vin ftant de la mort a un üge"deergpit. Ileft done vident, qu’une defeription, qui en feroit faite d une ı feule Epoque guelcongue de la vie, n’ Eclaireroit gue . Hour cette Epogltey et laijferoit ignorer tout ce qui F auroit prec£dte et fuivie. Tenon.: Memwires de Vinftitut nafonal des fcierces et arts. _ Paris an 6. Tom, I. p. 860. Tr E:a allgemein bekannt, wie fehrdie Zergliederungs® kunft in dem verfloffenen Jahrhunderte gewonnen hat. ‚Die #) Anatomiae corporis humani fenilis fpecimen, Auctore Burcardo Guilielmo Seiler, Med,er Chir, Doctöre. Erlangae 1800. ‚Arch, f.d, Pbyfiel, W1. BA. 1, Hıft. A L-} & a nn PN N nn Zu. “ an nn Die neueren Anatomen haben die Organe des Körpers genauer befchrieben und abgebildet, als dies in den ältern Zeiten gefchahe. Mit eindringendem Forfch-- geift fuchten fie die körperlichen Verfchiedenheiten der Nationen, des Gelchlechtes, des kindlichen Alters aufzufinden, und diefe Theile der Anatomie mit neuen Beobachtungen zu bereichern. Die fprechendften Be- weife geben uns die Schriften des berühmten Blümen- bachs und Sömmerrings, von welchen der Eine die Nationalverfchiedenheiten der Birnfehädel und die natürliche Verichiedenheit des menfchlichen Ge- Schlechtes fo vortrefflich angegeben, der, Andere uns auf das genauefte mit den körperlichen Verfehieden- heiten des Negers von dem Europäer bekannt gemacht hat. Wem ift wol die gelehrte Abhandlung Acker- mann’s unbekannt, in welcher er die Verlchieden- heiten des männlichen Körpers von dem weiblichen befchrieben und neue wichtige Bemerkungen feines Lebrers Sömmerring ängeführet hat, Wer weils nicht, wie vieldie Anatomie der Frucht und des neuge- bohrnen Kindes durchjdie Bemühungen Trew’s, Rö- derer's,der Brüder Röfslein, Weisberg’syDanz und Sömmerrings gewonnen hat? Man mußs fich wundern, dafs bey diefem vereinten Beftreben fo vieler berühmten Männer, die Anatomie zu vervollkommnen, die vollfländige anatomilche Unterfuchung des Men- fchen in dem höheren Alter überfehen, und falt ganz vernachläffiget worden it. Es finden fich zwar zer ftreuet oberflächliche Bemerkungen über den Zuftand des menfchlichen Körpers im höheren Alter, aber felbft Mehrere, welche neuerlich über die gefammte "Ana- “2 mar aeR 3 Anatomie fehrieben, haben diefe Bemerkungen nicht alle gefämmelt, und, fo viel ich weifs, hat noch nie- mand die Anatomie des höheren Alters in einem Ganzen, nach allen ihren Theiten abgellandelt, Ger- net hat zwar über die Würkung der Trockenheit beym Greife eihe Differtätion gefchrieben; allein der anaro- milche Theil it (o oberflächlich abgehandelt, dafs die gefämmte Andtomie nur wehig Vortheil daraus fchö- pfen kann. Auch Rifcher hat in feinem Werke über das Greilenalter die Defchaffenlieit der innern und äufsern Structur des Körpers nicht ausführlich ans gegeben. Haller allein zeichtiet fich auch hier aus; er führet zwär wenig eigne Bemerkungen an, aber die meiften zu feiner Zeit bekannten Beobachtungen fammelte er mit dem ihm eignen Fleifs, Da er aber bey diefen Bemerkungen auf die Phyfiologie befonders Rückficht nahm; fo fülitte er vieles Beinerkenswerthe nicht an: Auch war Hallern tnehreres unbekannt; was etft in neuern Zeiten eritdeckt oder wenigftens ge» nauer beobachtet worden ift. Es ift aberrecht fehr zu be: dauten, dafs die Anatomie des höheren Alters noch fo wenig bearbeitet ift, dafs die Anatomen nur ober- Rächlich von detfelben gehandelt und wenig Mühe auf diefelbe verwendet haben: Sehr viele Beobachtungen find daher noch zu beftätigen und mehrere neue Unter- fuehungen atizuftellen, Denn die genauere Beobaclı- tung der Structar des Körpeis in dem höheren Alter ilt nicht für überflüffig zu halten, fie ift eben fo nützlich und nöthig, als die des Fötusund desMenfchen in dem: mündigen und männlichen Alter: If es der Zweck der Anatomie, uns die Form und Structur des menfch- Aa lichen 4 — lichen Körpers ganz vollkommen in allen Theilen, in jeder Befchaffenheit kennen zu lehren, fo find offenbar unfere jetzigen anatomilchen Kenntniffe noch für fehr unvollkommen und mangelhaft zu halten, da fie fich faft allein über den Fötus,. das neugebohrne; Kind und den erwachfenen Menfchen wverbseiten. i Der thie- zilche Körper verändert fich aber immer mehr, je länger er zu feinen Verrichtungen gebraucht wird, und nutzet {ich endlich fo ab, dafs er eine ganz andere Geftalt er- hält. Es verdient daher diefe feine neue Form mit allem Rechte eine eigne Betrachtung. Der befondere Zufand, welchen wir im höheren Alter beobachten, ift demfel. ben eben fo natürlich eigen, als jedem andern Alter der ihm zukommende. Etft dann. werden wir eine vollkommene 'und vollfländige Anatomie befitzen, wenn fie nicht innerhalb der Grenzen des Kindes - und männlichen Alters eingefchränkt bleibt, fondern fich über die Organe des menfchlichen Körpers von dem erften fichtbaren Zuftande des Embryo’s an, bis zu dem höchften Alter, welches Menfchen zu erreichen pflegen, susdehnet, Man könnte vielleicht, um diefen Mangel unferer anatomifchen Kenntnifle zu entfchuldigen, an- führen: die Structur des Körpers im höheren Alter fey fo unbeftändig, dafs fie in verfchiedenen Körpern ver- fchieden gefunden werde; es könne alfo in diefer Rück- ficht kein treues und treffendes Bild des höheren Alters entworfen, werden. Allerdings ift es eine fchwierige Arbeit, die weder von Einem Menfchen allein, noch in. einer kurzen Reihe von, Jahren vollendet! werden kannz doch dürfen wir an der Ausführung derfelben nicht. ganz zweifeln, Wiirden beysallen- Nationen, i unter- u - 5 unter weichen Wiffenfchaften blühen , Leichname alter Menfchen anatomifch unterfucht und das Gefundene auf- gezeichnet, fo könnten wir ficher hoffen, dafs wir endlich mit Gewifsheit erfahren würden, welche Ver- änderungen im höheren Alter feltner oder häufiger vorkommen, welche beltändig find, welche zur Stru- etur des Körpers in dem höheren Alter eigenthümlich gehören, welche dem höheren, welche dem höchften Alter eigen find. Diefes ift, wie ich wenigftens glau- be, der Weg, auf welchem wir ein vollkommenes, gut geordnetes Gebäude der Anatomie des mienfchlichen Körpets errichten und hinlänglich befeftigen können. Den Anatomen unferes Zeitalters, befonders denen, welche Verpflegungsanflaften für alte Leute benutzen können, fcheinet die Bearbeitung diefes Gegenftandes und die Bereicherüng‘ der Anatomie mit diefem fchon längit vermifsten Zweige aufbehalten zu feyn. Durch die genauere Anatomie und Beobachtung des Menfchen in dem höheren Alter, wird aber nicht allein die Anatomie vervollkommnet, fondern es wird auch die gefammte Heilkunde vielNutzen daraus fchö- pfen. Die Erklärungen verfchiedener phyfiologifchen Aufgaben würden beftimmter und leichter werden, z. B. _ diejenigen, welche die Ernährung, die Abnahme der Körper- und Seelenkräfte betreffen. Die Vorfchriften zur Verlängerung des Lebens würden theils beftätiget, - theils berichtiget und eingefchränket werden. Die Pa- thologie würde in Kückficht der Befchaffenheit und des Sitzes der Krankheiten des Alters mehr Auffchlufs erhalten; die Methode, ie zu heben oder wenigftens zu lindern, würde paffender werden; ja vielleicht fände man man einftens die fo fehr erwünfchten Mittel, die Schwäche des Alters zu heben oder demfelben wenig* ‘ftens ein entfernteres Ziel zu ftecken, So wahr es alfo auch ift, dafs diefer Gegenftand genauer bearbeitet zu werden verdienet,, fo ıfehr mufs ich die Lefer um gütige Nachficht. bitten, dafs.ich es wagte, durch diefe kleine Abhandlung einen Beytrag zur Anatomie des höheren Alters zu liefern, Die Ueberzeugung von der Wichtigkeit diefes Gegenitandes erregte bey mir den Wunfch, durch Sammlung der Bemerkungen und Beobachtungen, welche fich.bey verfchiedenen Schzififtellern zerfireugt finden, wenig- ftens die nöthigen erften Grundlinien zur Befchreibung der Structur des menfchlichen Körpers in dem höheren Alter zu ziehen. t Ich kann zwar nichts Vollendetes und Vollkommenes liefern, hoffe aber doch durch die- fe Arbeit zu bewirken, dafs man einfehen möge: was in diefem Theile der Anatomie noch zu erforfchen if; welche Beobachtungen. zu beflätigen, zu berichtigen oder zu verwerfen feyen; dafs diejenigen, welche Ge- degenheit haben, Leichname von Greilen zu unterfu- ehen, zur Bearbeitung dieles ungebauten Feldes auf gemuntert würden, Ehe ich aber zu der Befchreibung der Organe des Greifes felbft fchreite, fo fey es mir erlaubt, einige, Sätze vorauszufchicken, welche als Gefetze bey den Beobachtungen und Befchreibungen diefer Theile angefehen werden können. Die Elan; werden mir verzeihen, dafs ich felbft nicht alle diefe Regeln befolget habe, wenn fie überlegen, dafs ich nicht meine eignen, fondern nur die Beobachtungen anderer anführen konnte, und dafs die meitten derfel- ben — 1 ‚ben duf diefe Regeln nicht Rückficht RER: habesı, Die Regeln find folgendes... y8 = 7X) Man. ınofs auf -die verfchiedenen Grade .des En. Rückfich& nehmen ,; damit man nicht "etwas.als: dem höchften-Alter eigen angiebt, was dem angehenden höheren Alter, zukommite. Denn: jede Beriode-hat ihre eignen. Veränderungen, welche zu unterfcheiden-find. ‚Es ift zwar [chwer zu beftimmen; welches Jahr man als den. Anfang des höheren Alters feftfetzen, foll, und bey. der grofsen. Verfehiedenheit der menfchlichen Naturen fcheinet es falt unmöglich, etwas Gewißles übex diefen Punct beffimmen zu können., Damit: man aber doch eine Norm habe, fo könnte man der Eintheilung Fifchers folgen, welche paf- Sender als andere zu feyn fcheinet.. Nach. diefer fängt das angehende höbere Alter vom fechzigften Jahre an, . andendiget fich mit dem fiebenzigften, Das höhere Alk ter dehnet fich bis zudem. neunzigften Jahre aus, von da fängt das höchfte Alter an, ‚und erftteckt-fich ohne fefte Grenzen bis über hundert. Jahr,), 2). Man mufs such auf ‚das Gefehlecht- RückSche nehmen ‚denn es fcheinet. das weibliche,Gefchlecht in gewißer Hinficht (päter als, das männliche. denen ‚Ver- änderungen unterworfen zu (eyn, welche der Körper im höheren Alter erleidet, und öfter die höchfte Stufe des menfchlichen Lebens zu erreichen. ;. 3) Die Befchaffenheit/des Körperbaues ‚darf nicht überfehen werden. : Denn man. hat. die Erfahrung ge- macht‘, dafs Menfchen von fchlaffem, weichem und weniger reizbarem Habitus ihre alte Befchaffenheit.nicht fo frühe und fchnell verändern, als die von fefteren:, zat- $ REN zartem und reizbarerem Körperbaue.“ Davon fcheinet auch abzuhangen, dafs bey einigen Greifen 'gewifle Theile rigider und fefter, bey andern diefelben Theile fchlaffer gefunden werden. ' Nicht felten verändert fich auch der firaffere und zärtere Bau in dem höheren Alter in einen fchlaffern und volleren, ? 4) Es ift ferner zu bemerken, dafs bey manchen Individuen gewifle Organe eine eigne angebohrne Be- fchaffenheit befitzen, So’zi B, gehört ohne Zweifel die Verminderung -des Volums der Gebährmutter zu denen Veränderungen; welche dem höheren Alter eigen find. Demohngeachtet hat Röderer' bey der Vergleichung der Gebährmutter von jüngeren und älteren Perfanen oft fat gar keing Verfchiedenheit in Rückficht der Gräfse bemerkt. Doch hebt diefes die Regel nicht auf, Denn wahrfcheinlich war die Gebähr- mutter diefer alten Weiber fchon von Natur 'gröfßser, ‘ und fie wurde daher nicht merklich kleiner, als fie in dem jüngeren Alter gewöhnlich zu feyn pfleget, ohn« geachtet ihre Gröfse durch das Alter vermindert wurde! Dafelbe gilt von der Harnblafe, dem Magen und andern Eingeweiden. Wenn fich allo auch in einigen Körpern von höherem Alter,etwas anders findet, als’es gewöhnlich zu feyn pfleget, fo wird dedurch die ge- meine Regel nicht umgeflofsen. 5) Von der Lebensart und der Nahrung hängt “uch fehr viel ab, Denn derjenige, welcher durch Ausfchweifungen und Unmäfsigkeit fich früher zum _ Greife umgefchaffen hat, wird den Gebrechlichkeitem des höheren Alters unter gleichen Umftänden mehr unterworfen feyn, wenn er ja eine hohe Stufe des ‘ Lebens A; » Lebens erteichet, als dem Grade des Greifenalters eigen zu feyn pfleget, in welchem. er nun ftehrs Daher mufs man bey folchen Körpern die Erfcheinun- gen nicht nach der Anzahl der Jahre beurtheilen. Bey Menfchen, welche mälsig leben, wird man auf einer beftimmten Stufe des höheren Alters nicht fo häufige und ftarke Spuren der Veränderung finden, als bey jenen in'&erfelben Periode. Eben fo verhält es fich mit - denen, welche häufig Sorgen und Kummer, vieler und anhaltender Anftrengung des Körpers unterworfen waren, mit denen, welche verglichen ein ruhiges und un- thätiges Leben führten. Theils werden bey jenen die- Erfcheinungen des höheren Alters viel häufiger feyn, als bey diefen; theils wird man bey jenen ganz andere Veränderungen bemerken, welche man bey diefen gar nicht beobachtet, und fo auch im Gegentheile. Dann haben auch die verfchiedenen Handwerke und Künfte, mit denen fich die Menichen befchäfftigen, 'Einflufs auf die verfchiedene Structur des Körpers in dem höhe- zen Alter. Die verfchieduen Nahrungsmittel werden . auch manchen Unterfchied bewirken. Der Körper der- ‚jenigen, welche harte, zähe' und rohe Speifen genie- fsen, oder nicht hinlängliche- Nahrung befitzen, wird früher altern; er wird die Belchaffenheit des Greifen- Alters in höherem Grade annehmen, und er wird in ge- wiffer Rückficht andere Veränderungen erleiden, als derjenige, welcher die entgegengeletzte Diät führet, Vielleicht finden fich auch bey denen Menfchen, wel: ehe in ihrem ganzen Leben ein und diefelbe Nahrung genielsen, andere Erfcheinungen, als bey denen, wel. che 10 — .che auch nur einerley Nahrung , aber von anderer Art, oder gemifchte Nahrung geniefsen. sche 6) Man mufs auch im Allgemeinen auf die Natio- nalver(chiedenheiten Rückficht nehmen, welche, wie ich fchon gefagt habe, von der Lebens- und Nahrungs- Art, der Erziehung, den Nationalgewahnheiten; dem Clima , den endemilchen Krankheiten u. f. w.'abhängt. Denn wir wiflen, dafs bey den Bewolinern einiger Gegenden fich die gewöhnlichen Folgen des Alters früher, bey andern fpäter zeigen; dafs einigen Natio- nen überhaupt eine kürzere Lebensdauer von der Natur zugeftänden ift, dafs bey verfchiedenen Völkern durch Kunf oder endemilche Krankheiten die äufsere- Form des Körpers fat auf unzählige Art verändert werdeu,. Ch 7) Man mufs fich hüten. die Wirkung einer örtli- ehen oder allgemeinen Krankheit als Wirkung des’ Alters anzunehmen, da die meiften Greife nicht allein an der Gebrechlichkeit des Alters, lfondern auch an mannigfaltigen Krankheiten leiden. Daher follte man nur die Leichname derjenigen Greife zu den Un- terfachungen beftimmen, welche ohne Krankheit, wie man zu fagen pfleget, geftorben find; damit'gleichlam eine Norm feftgefetzt würde, nach welcher man, ent» fcheiden könnte, ob die Phänomene, welche man an andern Leichnamen beobachtet, von einer Krankheit oder von dem höheren Alter herrühren. , 8) Um die Anatomie des Greifes vollkommen dars zuftellen, ift es nicht hinreichend, fich blos des Mef- fers zur Unterfuchung' zu’ bedienen, ‘wie bisher falt alleine gefchehen if. Man mufs fich nicht blos- mit Bes trachtung der äufsern Geftalt begnügen, fondern mufs i die — It die übrigen Hülfsmittel der Zergliederungskunft an- wenden, durch welche wir die innere Befchaffenheit der ‘Theile genauer kennen lernen; z. B. der Ein- fpritzungen , des Microfcopes.‘ Man muß verfchiede- sie Theile, befonders des Skelets, ausmeffen,, wie der unvergefsliche Camper und der berühmte Tenon 4 - diefes fchon mit den Köpfen tbaten, damit man die wechfelfeitigen Verhältniffe der Theile des Körpers in den verfchiedenen Altern und der Theile unter fich er- fahre. Man mufs über ihre Schwere, Elaficität und Stärke Verfuche anftellen; die’ feften und flüfligen Theile chemifch unterfuchen, um zu finden, in'wie fern die,Mifchung der Theile des Körpers in ‘dem höheren Alter von denen des jüngern abweichen, und in wie fern die verfchiedene Form derfelben davon ab+ hange ; endlich muls man auch noch die Zootomie zu Hülfe nehmen, um diefen Theil der Anatomie des Menfchen zu vervollkommnen, 9) Damit man von der äufsern Geftalt, dem Ha- bitus der Greife und ihren allmäligen Meränderangen eine zuverläflige, genaue Belchreibung erhalte, fd ie zu wünlchen, dals Aerzte, welche über die Verpfle- gungsanflalten alter Leute die Aufficht haben, lebende Greife Reifsig beobachten und treue Befchreibungen avon aufzeichnen, 10) Es reicht nicht hin, eine Sache nur 'Ein- mal beobachtet zu haben, fondern man mufs durch wiederholte Beobachtungen dafelbe beflätigen, ehe man es unter die eigenthümlichen Erfcheinungen des höheren Alters fetzt. Die, Veränderungen, welche non man nur felten findet, könnte man unter’ den Spielar- ten oder Anomalieenanführen. (Man wird nun einfehen, welch weites Feld noch: öde liegt, das durch den Fleifs der Anatomie ‚bebauet! werden kann und bebauet werden follte. Denn es ilt: allerdings wahr, was Tenon von dem Nutzen diefes’ Studiums anführet: „pour obtenir la defeription ex= acte et compl£te de’ l’un des nos ‚organes, et avoir Vhifoire la moins' incortecte, qu’il foit poflible de Vordre, qu’il fuit dans le cour de fon d&veloppement, des changemens, qu’il fubit, des expediens,' aux quels la nature a recoturs pour lui faire exercer fes fonctions durant toute la vie, il devient indifpenfable, de l’&tudier dans. les divers Etats, par les quels la'na-' ture le fait paffer depuis la naiflanee jusqu’ärla decre- pitude.” N Erfter Abf[chnitt. Befchreibung der Knochen, Knorpel und Bänder. PORE A, !' Gefchichte der Knochen, Knorpel und "Bänder im Allgemeinen. $.0g4 Von dem Skelete und den Knochen des Menfchen im höheren Alter im Allgemeinen. Die oberflächliche Betrachtung des menfchlichen Körpers zeiget uns fchon deutlich, dafs die feften - Thei- ER 13 Theile deflelben einem ununterbrochenen Wechfel der Materie unterworfen find, und dafs fie in dem verfchie- denen Alter der Menfchen, bis an dasEnde desLebens, durch wechfelleitige Wegfaugung ‚der alten und An- fetzung neuer Theilchen, in Rückficht ihrer Beftand- theile und ihrer äufsern Beichaffenheit, {ehr verändert werden a). So findet man bey den Knochen der Greife, ‚mit deren ‚Betrachtung ich den Anfang, machen will, eine grofse Verfchiedenheit von den Knochen des-jüngern Menfchen. Es ift diefes die nothwendige Folge der Verminderung der gelatinöfen Theile in den Knochen.der Greife, der Anhäufung der phosphorfau- zen Kaikerde in denfelben 2), der Verwachfung vieler zur Ernährung beftimmter Gefäfse und der Verenge- zung und endlichen Verfchliefsung der Löcher, welche zum Durchgang derfelben beftimmt find e). ‘ Daher verlieret fich jene iaftvolle, ftarke und gleichfam elfen- beinartige Structur der Knochen, welche wir in: dem jüngeren Körper bemerken. Sie werden fpröder, dün- ner, leichter, bisweilen verlieren fie über den vierten Theil ihres Gewichtes d), und man hat beobachtet, dafs alte 0) Doutrepont diff. de perpetua materiei animalis_vicifi- tudine, Hal. 1798. Ueberferzet in Reil’s Archiv für die Phyfiol. 4 Band 3 Heft S. 460. Van Maanen difl. de "abforptione folidorum, Lugd, Baravor, 1794. S. 47: b) Herr Hofrath Hildebrandt, dem ich für viele gute Rarhfchläge und Lehren,» welche er mir in der'ganzen - Laufbahn meines Studirens ertheilte,, den innigiten Dank fchuldig bin, führer diefes auch an: in feinem Lehrbuch der Anatomie, 2te Aufl. 1798, T. ı. $ 119, Sömmerring in feiner Knochenlshre, Frankfurt am Mayn 1791, 5, 3. e) HildebrandtL.c, d) Sömmerring l, a gu 1" 14 alte, befonders weibliche Körper, deren Knochen fehon- vor ‚dem höheren Alter leichter find als die der männ* "lichen e), auf dem Waffer fchwammen f) Denn durch die Saugadern wird mehr Knochenmaterie weg- geführet, als die ernährenden Gefäfse, zuführen ge), da fchon die mehreften derfelben verfchloffen find. Die Kaochen felbft werden kürzer, theils ausjden oben an» geführten 'Urfachen, theils weil durch die Rigidität der Muskeln die Enden derfelben einander mehr ge: nähert werden. Durch den Mangel der Gallerte wird die Zerbrechlichkeit der Knochen vermehrt A); und die zerbrochenen Knochen verbinden fich grölsten- theils ») Söwinerring a... Di S, 9, Das Gewicht kine® männt lichen Skeletes beträgt 150 - 200, das eines weiblichen 100 - 150 Unzen, fy Söwiherring a A, 0. Fifcher de fenio, Erford. 1754 S. 39. führt einige Beyfpiele von lebenden Menfchen an. 2) Sömmerring de cognit, fubtil. fyfkemar; Iymphat. fin med, ufu, Caflell, 1779. p. ı2:. Tefta de viralibus perio- dis aegrotantium et fanorum, Lond, 1787. Vol. U. ps'205. ‚b) Hildebrande 2.4.0. 4 Th, 8. 3253. Sömmerring a. a, O. Th. Bartholin in Cafpar Barrholin inftir. anat, p. 443. Hallet EI. phyfiol. corp, human, Laufannae 1763. Tom. Vlil. p. 72. Ephemerid, Nat. cur. Vol. VILobf. 137. von denRıppen bey einemGieife von 130 Jahren, Philof. ırans.nr. 316, Sieboid erzählt in feinem chirurgi Tage- buch 1792. S.21. dafs ein gojähriger Mann durch einen Fall än dein Zimmer das Schenkelbein gebtochen habe. Gofter führer an, dafs bey einer alten Frau die Glieder durch leife Berührung gebrochen feyen; man fche N, FontaniRe- Tponf. et curar. medic; lib. un, Aınftelod. 1639. 12.p.10.Hil- dan bemerker in der Cent. obfervar. dals bey einem Grei: fe die Kaochen von felbf gebrochen (eyen, De theils erft nach längerer Zeit ö), oder bisweilen gar nicht R). Die Markzellen zwilchen den beiden Platteh der Knochen verfchwinden ganz, weil die Zellen durch Weglaugung zerltöret, oder ihre Zwilchenräume, durch zwilchen diefelben abgeletzte Knochenmaterie, aus- gefüllet wurden, und die Subitanz der Knochen dichte wird. Nach Heistn Hotrath Sömmerring 2) haben die Knochen der Greile eine gelbere Farbe als in jüngern-Körpern, Ich bemerkte diefes such, Du Ha- mel behauptet dagegen, fie würden weifser :n): Die Knochenhaut wird troekner.r), und hängt fefter mit dem Knochen zufammen, Mein verehrungswürdiget Lehrer, Herr Profefor Schreger, welcher die Gewo- gen- 3) G. v. Swieten commentar, in Herm, Boerhaavii Aphorism. Tom, 1; p. 572 et 592. „Brachii os fiactum in recens natis duodecim dierum fpatio fanatum fuit; im adultis triplum fere hujus teinporis, et in fenibus adhuc + plus tequiritur m rali cafı.” Ifenflamm Verfueh über die Knochen, Erl; 1782. p. 29 Boehmer de ofium callo, Lipf. 1748. p- 11. *) Paulus Ammanus führet ein Beyfpiel in Confil; de inftitur. medıc, emendatione fufcipienda, Lib, V, Part. II, Sect, i. Caps 1. $. 14 an, dafs bey einem Greife von 80 Jahren die gebrochene Tibia und Fibula nicht mehr heil- tens, Doch finden wir auch Beyfpiele, dafs gebrochene Knochen bey Greifen heilten ; wir finden ein folches von einer 98jahrigen Frau, bey welcher eine fehr ftarke Fra- crur heilte, in Sayiard nouveau recueil d’obfervarions chirurgicals, Paris 1702. 8v0, Obfı CXX, p. 523. u, folg. »)1c.p.4 m) Men. fur les os, in M&ri, de Yacad, royale des fciences, an 1742. ‚„, La durere des os des viellards fe fair connoitre pär leur couleur. Ils font blancs, au heit que les 03 des jeunes aniımaux font rouigeattes.” a) Gerner da ficcitatis Senilis effecubus. Linf, 4758; p. 10, 165 — genheit hatte, mir das mitzutheilen, was enin dem Leichname eines fechzigjährigen Mannes zu beobachten Gelegenheit gehabt, fand die Beinhaut an den“ Schien- beinen mit varicöfen Venen überzogen o), gleichfam bemahlt. Die graugelbe Farbe des Knochenmar- kes verändert fich in eine braungelbe p). Nach Pal. fyn'g) verlieret das Knochenmark die Fettigkeit, wird flüffiger und wäflerigter. Palfynr), Grütz- macher s), Hagemeyer:), erwähnen, dafs man öfters eine geringere Quantität Markes in den Knochen finde, und geben diefzs als Urfache der leichteren Zer- brechlichkeit der Knochen in dem höheren Alter an, Sömmerring widerlpricht aber diefer Meinung, nack ihm trägt das Mark nichts zur Verbindung der einzelnen Theile der Knochen bey ; denn man finde in den Knochen der Greife eine gröfsere. Menge Markes als bey jüngern im Verhältniffe zu der Knochen - Sub- itanz, und doch wären fie zerbrechlicher. Er glaubet dage- 0) Ifenflamım 1. c. p. 35. „die Beinhaut fitzt defto fefter auf, je älter die Knochen find.” 2) Sömmerringl.c, p. ar. g) Chirurg. anatoin, überf, Nürnberg 1766. Tow. 1 P- 54 z)1.c.p. 39. “ #) De offium medulla. Lipf. 1748. p. 55 et 39. '„Medullae vero decrementum, quod in fenum decrepirorümgue ofi- bus, in primis cylindraceis, perfaepe evidens fatis eft, easdem fere agnofeit caufas, quibus omnig eorundem he- berantur fenforia organa. 2) De fbra fenili, Lipf. 1746. p. 15, Reichetde ofium ortu ätque ftructur. Lipf. 1760. p. 31. Düverney de firu- ctura et fenfibilit, medull., inHift, et mem. de l’Acad. roy. des’ fe. Paris 70 dagegen, dafs die leichtere Zerbrechlichkeit von der gröfseren Quantität der Erde und dem dünneren Baue der Knochen abhänge x). Es ift auch nicht wahr- fcheinlich, dafs’ die Theilchen der Knochen durch das Mark fefter vereiniget werden, Denn fo lange Leben in den thierifchen T'heilen vorhanden if, können nieht leicht Feuchtigkeiten durch unorgänifche Poren durchfehwitzen; überdies findet nan kein Mark in den Knochen der mehreften Vögel, und auch felbft in einigen Knochen der Menfchen z, B, in dem Siebbeine zeiget fich keine Spur deflelben, Sue v), welcher Skelete von verfchiedenen Altern ausgemeflen hat, fand, dafs vom zoften oder 25ften Jahre an das Verhältnifs der Theile des Skelets nicht mehr verändert werde, fondern das Verhältnifs der Gröfse des Rumpfes zu der Gröfse der Extremitäten, durch den übrigen Theil des Lebens daffelbe bleibe, fo dafs der obere Rand der Vereinigung der Schambei- ne immer den Mittelpunct zwifchen dem Wirbel und der Fufsfohle bildet. Doch weiche der Körper von "diefem Gefetze ab, wenn das Rückgrat gekrümmt werde, „comme cela arrive quelgue fois ä mefure qu’on approche de Ja vieilleffe, ce qui fait alors un accident particulier.” Er fand bey Menfchen von 20-25 Jahren, deren Gröfse fünf Fufs vier Zoll betrug; Die 4 a)1.c,p. 3. 22. 49. ») Sur les proportions du fquelette de l’'homme, in Memoires pre. T, Il. p. 572. Arch. f. d. Phyf. VI. Bd. I, Heft. B 18 — Die Länge des Rumpfes ='.2' 8": der obern Gliedmaflen = alla arıaıg der untern Gliedmaffen = 2! 8" ae - Da die Knorpelfcheiben zwifchen den Wirbelbeinen dünner werden, fo verlieret das Rückgrat von feiner Länge, nicht felten ‚werden auch die Extremitäten kleiner, und das ganze Skelet wird daher kürzer, als &s in dem mittleren Alter warzo); dieles zeiget lich‘ üm fo deutlicher, je mehr der Körper zugleich gekrümmt wird, Wahr und der Natur getreu ift der dichterifche Ausfpruch des Corn. Gallus: Labitur ex humeris demiflo corpore veftis, Quaegue brevis fierat, jam ınodo longa ll er Ne Contrahimur, mirogue modo deerefcimus ipfi, Diminui noftri corporis’offa putes. N ’ Ge ,,2. j Von den Knorpeln im Allgemeinen. r Weil die ernährende Ly mphei in zu geringer Menge oder auch von fehlechter Mifchung zu den Knorpein geführet wird und die kleinern Gefilst verwachfen, 16 werden die Knorpel der Greile "dichter, Ipröder, weniger elaftifch, mehr zufammengedrückt und bis- weilen-bekommen fie Riffe x). Häufig findet man fie dünner, Diefes bemerkte der Profeffor Schreger in dem angeführten Greife, vorzüglich in den Gelen- ken "„w)Haller.l,c, p.88: x) Haafe de fabrie. cartilag, ToBR, 1767. p- 39. Ian flamm 1. c. pı 44 ei”. 19 ken y), welche;häufig beweget werden, 2. B. in der Gelenkpfanne, dem Knie, woyon unten mehrere Bey- fpiele vorkommen werden. Doch werden die beflän- digen Knorpel {päter und feltener als die unbeftändigen in Knochen verwandelt <). F. A. Waltera) giebt folgendes als Urfach davon an: eıftlich find die be- Ständigen Koorpel fefter und elaftilcher, als die unbe- ftändigen; hie unterftützen daherdie Kraftibrer Gefäfse, um fich dem Eindringen der erdigen Theile zu wider- Tetzen, mehr, als die nıcht befländigen Knorpel. Sie drücken die Gefäfse mehr zufammen, und hindern alfo, dafs die erdigen Theile in die feinern Oeffnungen der Gefäfse eindringen, können, Er vermuthet ferner, es ‚möchte ‚vieles auf. die befondere Schwere der Gefälse und auf ihre mehrere oder wenigere Dichtigkeit an- kommen, „da fie, vermöge der befondern Schwere, leichtere oder fchwerere Theile annehmen, und vermöge der- verfchiedenen Dichtigkeit fchwerere oder leichtere Theile langfamer oder gefchwinder durchlaffen werden. Er theiler die Verknöcherung, der beländigen Knorpel indie wahre und fallche ein. Wahre Verbeine- rung findet nach ilım Statt, wenn fich der beftändige Knorpel in feinem innern Welen ir Knochen verwan- delt, fo wie die unbefländigen Knorpel; ‚falfche Ver- beinerung nimmt er dann an, wenn fich an der äufsern ha Ba Ober- #4) Auch bey ältern Pferden wereen die Knorpel der Gelenke dünner, nach la.Foffe Lehrbegriff der Pferdeärzeney, aus dein Vranz. Prag und Leipz. 1797. ı Th. 9, 142, ) Blumenbach Gefch. der Kaochen, Gött, 1786. $. 60. ©) Anatomilches Mufeum, gefammelt von J. G. Waltar, be- Sehrieben von A, G. Walter, Berlin 1796, $. 13. 20 Ta Oberfläche eines beitändigen Knorpels Knochenmaterie anfetzt, und auf folche Art der beftändige Knorpel in Knochen fich zu verwandeln fcheinet., Jeder beftändige Knorpel wird nämlich nit einer Knorpelhaut überzo- gen, und ift, da wo er mit einem Rnochen oder mit einem andern Knorpel durch ein Gelenk verbunden ift, mit Bändern umgeben,‘ welche einen grofsen Theil des Knorpels bedecken, und viele und anfehnliche Ge- füfse enthalten. Diefe Gefäfse find theils zur Ernährung der Bänder beftimmt, theils fondern fie in Verbindung mit dem Gelenkfette den Gelenkfaft ab. Wird aber durch diefe Gefäfse Knochenmaterie abgelagert, fo wird die Oberfläche des Knorpels mit einer knöchernen Krufte überzogen, und der Knorpel liegt in diefer Schei- de zuflammengepırelst , und kleiner, als er vorher war. Da diefe falfche Verbeinerung in Allgemeinen häufiger ift, als die wahre, fo hat diefes zu der irtigen Mei- nung Anlafs gegeben, die beftändigen Knorpel 'ver- wandelten fich fo in Knochen, dafs fich die Knochen- materie an ihrer äufserlichen Oberfläche zuetft anletze, bey den unbefländigen fange die Verbeinerung in der Mitte an. Betrachtet man aber die auf die falfche Art verknöcherten Knorpel genauer, fo bemerket man auch in der Mitte einen Rnochenkern, wie ich bey einem Präparate, welches mir mein verehrungswürdi- ger Lehrer, Herr Hofrath Lofchge, mitgetheilet hat, felbtt finde, Unten werde ich angeben, welche beftän- ' | dige Knorpel befonders häufig We Greifen verknö- chern. Ich mufs nur noch einige von den verfchiede-\ nen Meinungen anführen, auf welche Weile die KporsHl und andere Theile verknöchern; ein Gegen- Stand, —— aL fand, welcher genauer unterfucht zu werden verdienet. Nach Einigen werden die feften Theile nach und nach fefter und endlich in Knochen verwandelt; andere 5), behaupten, die Knorpeltheilchen würden zuerft einge- fogen und zerftöret, und an den Platz derfelben wür- den Knochentheilchen abgefetzet. Es ift, zwar fchwer zu beftimmen, welche Meinung der Wahrheit ganz gemäfs (ey. Doch fcheinet die letztere derfelben näher zu kommen, wenn wir nicht etwa annehmen wollen, es werde öfters in «die Zwifchenräume der Knorpel- und Bänder - Subftanz u. f. w. Knochenmaterie zuerft abgefetzet, und.wenn diefes gefchehen if, die kleinern Theilchen der eigenthümlichen Subftanz wegge- preflet , aus ihrem Zufammenhange geriffen und wepgelogen. F. A. Walter ftimmet ‘für diefe Mei- nung c). . ae & Von den Bändern N Allgemeinen, Die beftändige Begleiterin des Alters, die Rigidi- st, findet man auch bey den Bändern 4). Sie verlie- ren die Elafticität, fie werden faftlos und izufammen- gezogen, callös und verdickt, nicht felten werden fie in Knorpel verwandelt, und;bisweilen wird, Knochen. materie b) Ita ftatuit van Maanenl.c,p. 46. ey) l,c.p. 17. d) Morbus hic, fenibus inevirabilis, ipfius vitae actione ci- tius aut ferius, plus minus exercitatae ortus, et fenectus ipfa eit morbus, quem nullus medicorum unquam euravit, N nec fpes eft, remediis unquam curatum iri. Vid. Bache- rscht difp. de morbis ligamentor. Lugd, 1750. $. XXXVIIL in Hall, Difput, pract. T, VI. recula, 22 m materie in ihnen abgelagert. Diefes ift die häufigfte Urfache der fogenannten falfchen Ancylofen. Dazu kommt noch, dafs die in den Gelenken zur Abfonde- sung des Gelenkfaftes beflimmten Organe faftlos und verltopft werden e), daher wird eine geringe Menge Gelenkfaft abgefondert, und endlich wird er ganz ver- zehret, da weniger verdünnender Stof hinzukommt und die Einfaugung demohngeachtet fortdauert, If er aber weggefogen, fo werden die Knorpel durch das wechfelfeitige Reiben entzündet, es erfolgt die Aus- fchwitzung einer vereinigenden, oder wie Hunter Jagt, verknöchernden Feuchtigkeit, wodurch die Ge- lenke vereiniget werden, und zu der falfchen Ancylofe, welche fchon vorher durch die Rigidität der Bänder entftanden war, kommt nun auch die wahre Ancylofe, Aus mannigfaltigen Urfachen entftehen wol auch bisweilen in jüngern Körpern Ancylofen f); ‚da fie aber e) Monro.a defer. of all che burfae mucofae of the human body, Edinburg 1788. Goetz de moybis ligamentorum ex mareriei animalis mixtura et ftrucrura. mutata icogna- fcendis, Berolin, 1799. 23.. Van Swieten Commen- tar: in Boerh, $. 559, ; ; f) Ein merkwürdiges Beyfpiel von einem Kinde, welches _ | in der zweyten Woche nach der Geburt ftarb, führer Lofchge an, in Commentar. äuatım, de fcelet. hominis fymetrico, Erlang. 1795. pag» 65. Das mittlere Zungenbein war bey diefem Rinde fchon ganz verknöchert, die untern Seitenzungenbeine oder die gräfsern Hörner, welehe ge- wöhnlich früher verknöchern, waren noch ganz knorplicht, die obern, die hier länger als die untern waren, und wel- che gewöhnlich fpäter verknöchern,, waren ichon ganz in Kno- Be SL m abersam häufigften in dem Greifen - und höchften Alter vorkommen, fo fcheinen fie demfelben, nach eisem ‚beitimmten Naturgefetz eigen zu feyn g), Tandya u® - nabırm „area B. Beföhdere Gefchichte der Knochen, Knorpel E “und Bänder. af siv i f “Ar ’ $. 4 Von den Schädelknochen, Die Schädelknochen, vorzüglich die Scheitelbeine, werden dünner, an einigen Stellen falt ganz wegge- 16 en, fo dafs fie äufserft dünne werden, und man gröfsere Löcher und Lücken in denfelben bemerket h), ni können daher die dünnern Schädelknochen leichter brechen, leichter eingedruckt werden, und durch fpitze „ Inftramente tödtliche Wunden entftehen, wenn man gleich i in der Haut keine grolse Wunde bemerkt; denn die düinnen Knochen können der Spitze des Inftruments nicht flark genug widerfiehen, um das Eindringen “ derlelben in das Gehirn zu verhindern. Die Mark- zel- a ei Knochen verwandelt und mit dem mittleren Zungenbeine „ durch Ancylofe verbunden. Wie mir der Verfaffer fagte, fo war auch der Oberarm mit dem Vorderarm durch voll- kommene Aucylofe vereiniget. Pr) van de Wynperffe de ancylofeos path. etcurat. Lugd, Batav. 1733. p. 12. b)Sömmerringl.c,p.46. Blumenbach Coll. Cran. Dec. II. p. 8. In cranio Kirgifae- Caifacci orbitarum pa- rietes, (uperiorem , interiorem et inferiorem, tenuiflimos, offeam eorum fubltantiam hinc illine plane reforptam, ve- perit, Walter |,c.p. 123, er 124. / 24 —— zelle (Diploe) zwifchen der äufsern undsinnern Platte, der Schädelknochen verfchwindet; darauf mufs man bey der Trepanation der Greife aufmerkfam feyn, denn da gröfstentheils die Markzellen fehlen, fo findet man bey derfelben nicht die rothe Farbe der Späne. Viele Löcher, durch welche Gefäfse gehen, werden gefchloffen. Wie das Gewicht der Schädel bis in das mittlere Alter zugenommen hat, fo nimmt es bey denen, welche fich dem höheren Alter nähern, wieder ab. Tenoni) fand folgendes Verhältnifs des Ge- wichts der Schädel ohne den Unterkiefer in verfchiede- nen Altern ; Das Gewicht des Schädels eines zeitigen Kindes = — Unz. ıodr. 29,49498 gr. im fechsten Jahre = 8 - — 6,3493 1. eines Erwachfenen —= 20 3 ..24,92902. im hohen Alter es I 62, 91082. Von dem mittleren bis zu dem hohen Alter hat alfo das Gewicht des Schädels 8‘Unz. ı drach. und 33,64138 gr. oder den gedoppelten fünften Theil verlohren, In Rückficht des Umfanges find die Schädel auch nach dem verfchiedenen Alter verfchieden, Te- non i) Recherches fur le crane humain, in Memoires de l’inftitut national des fciences et arts, an 6. T. I, p. 221. Tenon hat bey den Wägungen und Ausmeilungen, welche ich hier anführe , Schadel von Franzofen gebraucht, und zwar beym reifen Kinde und beym Kinde von fechs Jahren. 4; beyin Erwachfenen oder nach dem Ausbruch des Weisheits- zahnes 20 Schädel; beym hohen Alter Einen Schädel einen alten Frau von ıo1 Jahren, Er bediente fich auch des neuen franzöfifchen Maalses und Gewichts; ich habe dies auf das alte Gewicht und Maafs reduciret, nach welchem 72 Gr, eine Drachme, 8 Drachmen eine Unze und ı2 Linien einen Zoll betragen. — 25 ronk) hat neuerlich folgende Beobachtungen darüber bekannt gemacht. Der grofse Umkreis fängt bey der Vekeini- gung der Nafenbeine mit dem Stirnbeine san, läuft längs der ‚Pfeilnath über das Hinterhauptsbein, die Grundfläche des Schädels, des Gaumengewölbes hin, zwifchen die Kiefer durch, fleiget am Gefichte in die Höhe, und endiget fich da, wo fie angefangen hat, näm- lich bey. der Vereinigung ‚der Nafenbeine mit! dem Stirnbeine, er beträgt; bey dem zeitigenKinde = 11 4,576." im fechsten Jahre =..17 8816. bey dem Erwachfenen = EBZL in dem hohen Alter = 19 3,023» Der kleine Umkreis geht von dem hintern Ende eines Jochfortfatzes unter der Grundfläche des Schädels bis zu dem hintern Ende des gegenüberftehen- den hin, dann auf beiden Seiten über den Schuppen theil des Schlafbeins und über die Scheitelbeine nahe an ihrem vordern Rande bis an die Pfeilnath, wo beide Enden zufammenkommen, er beträgt: bey dem zeitigen Kinde = 9" 2,395‘ im fechsten Jahre = 13 11,143. bey dem Erwachfenen = 15. 10,166. ° in dem hohen Alteı = 15. 4,907. Der horizontale Umkreis geht um den gan- zem Schädel herum, an dem höchften Theil der Stirne, da wo der Schädel den gröfsten Umfang bat; bey dem zeitigen Kinde it er = 10” 9,001 in dem fechsten Jahre = 16 4425 ; bey k)\c, Ss 32 bey dem Erwachfenen = 18 10,150. in dem hohen Alter =. .1gW 4790. insDet grofse Du Achlaeiffet ift die längfte Linie von demvordern bis zudem hintern Theil des Schädels, > 'bey'dem zeitigen Kinde ifter =: 3” 8,344" in dem fechsten Jahre = 5 8266 "bey dem Erwachfenen. !.. = 1.6) 7,341 in dem hohen Alter‘ hei 623,50 Der kleine Durchmeffer ift die längfte Linie - von einer Seite des Schädels zu der andern, bey dem zeitigeh ’Kinde iltier' = 2” 7,896 in dem fechsten Jahre- 3.: 8787 bey deım Erwachfenen 157% 32/950) in dem hohen Alter = ge "2 Die Höhe des Schädels it die Linie zwilchen der Grundfläche des Schädels und dem Scheitel, wo ein Theil von dem andern am weiteften entfernt ift, "bey dem zeitigen Rinde iter = =’ 4,795" Il 1 "in dem fechsten Jahre bee al 17% “bey dem Erwachfenen = 4. 2,989 in dem hohen Alter = 3 11,888. Aus .diefen Beobachtungen fehen wir, dafs alle Dimenfionen des Schädels in dem holıen Alter kleiner werden, den sıolsen Umkreis, welcher, wenigftens nach Tenon’s Beobachtungen, noch um einige Li- nien zunimmt und den kleinen Durchmefler ausge- nommen, der faft nichts von der Greise verliert, wel- che er im männlichen Alter hatte, Die Näthe ‘des Schädels werden duych den in die- Selben abgeletzten Knochenfaft fo vertilet, dafs an- fanzs hur eine etwas vertiefte Linie, zurückbleibt, end- lich + m 27 lich aber jede Spur verfchwindet 7). Diefes' gefchieht früher in der innern als in der äußern Seite der Hirn’ fchaale, am fpäteften gewöhnlich zwilchen. beiden ‚Platten m). Da die Näthe fehlen, fo gehen: Brüche leichter von einem Schädelknochen in den andern, über 2). Oefters ift aber doch der Knochen 'anı der Stelle, wo ehemals die Näthe waren, diinner und durch» fcheinender, ünd nicht felten' findet, man. an -diefen Stellen kleine, den Knochen durchbohrende Löcher, in unbeftimmter Anzahl und Ordnung, welche wahr: fcheinlich zu dem Durchzung der Gefäflse \beftimmt find 0), Bis jetzt ift es noch nicht durch fichere Be- obachtungen bewielen, in welchem Alter die Näthe zu verwachfen pflegen, bey welchen fich diefes zuerft* ereignet, und wenn fie endlich ganz verfehwinden ?.Es feheint diefes nach dem Clima, vielleicht auch nach dem Gefchlechte und der eignen Befchaffenheit jedes _ einzelnen Menfchen verfchieden zu feyn. Im Allgemei- nen kann man annehmen, dafs die Stirnnath früher N als die übrigen verwächft, ‘doch fand man fie auch noch im höheren Alter. Diemerbroeck p) fah bey nn einem funfzigjährigen Manne die Stirnnath unyerfehrt, ’ ohn- ıF) Hildebrandt a.a. O. $. 287., Daffelbe' gefchieht auch bey den Thieren, daher ift vielleicht die falfche Meinung des Ariltoteles entitanden, dafs die Hunde keine Näthe hätten ; er unterfuchte vielleicht Schädelvon alten Hunden. Hit, nat, lb. 3. c. 7. > #) Sömmerring I. sp. 45 ”n) Palfynl.c.p. 72 0) Bofe de fururasum cranii humani fabricatione er uf, Lipf, 1763. * ?) Anat. lib. IX. cap. IV, 28 — ohngeachtet die Pfeil- undLambda- Nath faft ganz ver- fehwunden waren, einen ähnlichen Schädel fah ich in des: Herrn Hofrath Lofchge’s Vorlefungen über Ofteologiey). Hildebrandt fandr) die Stirn- und alle anderen Näthe in einem Schädel, bey welchem alle Zähne fehlten; ich habe diefes auch bey einem andern Schädel beobachtet. Unter den tibrigen Näthen ver- fchwindet häufiger und früher die Pfeilnath s), nach diefer die Kranznath,, feltner.. die Schuppen - und Zitzennath 2), So viel man aus den Beobachtungen folgern kann, verwächft die Lambdanath unter allen am fpäteften, fie hat auch gröfsere Einfchnitte und hi Zähne, *g) Auch an demjenigen Schädel, welchen er in feinem’ Werke „ über. die Knochen des. menfchlichen Körpers, Erlangen 1796. Tab.. Ill. abgezeichnet hat, finder fich noch die Stivnnath vollkommen, { Hi v)Le.$. 180. s) Euftach, bemerkt in feinem Buche: de ofium examine p- 148 , er habe zuerlt beobachtet, dafs die Pfeilnath oft fehle, und er habe in funfzehn Schädeln, bey welchen alle Näthe noch fehr deutlich zu fehen waren, die Pfeilnath fehon vollkommen verwachfen gefunden. Man’ vergl. Euftach. Tab. anat. Amftelod. 1722. Tab. XLVL Fig. IIT, Blumenbach Gefchichte der Knochen S. 178. Deffel- ben Coll. Cran. Dec, I. pag. 17. an einem Scnädel, wo alle andere Nätlie noch vorhanden waren und die, übrigen Zeichen des Alters fehlten, 2) Caffebohm 'Tract, de aure humana, Hal, 1734. Tr. I, p- 16. ‚in fenibus etiam, quorum fururae propter coa- lefcentiam ofium non amplius furt confpicuae, inter par- tem [quamofam et 05 bregmatis fururam obfervavi, quae partis (quamofae ab offe Er admitrebat. "Bafın partis petrofae in fenibus culPoffe occipinsaliquando diele Zellen in den Schädein von Menfchen im hohen Alter noch offen gefunden, in welchen er keine Spur der Näthe mehr bemerkte, ich felbft fand diefes in ‚einigen ganz zalınlofen Schädeln, Es kann alfo auch bey Menfchen. von höherem; Alter die Trepanation des ‚Zitzen- d) Camper über die natürliche Verfchiedenheit der Gefich- £ ter, überf von Sömmerring, Berlin 1792. 'pag. 34 Ackermanh über die ‚körperlichen Verfchiedenheiren des Mannes vom Weibe, überf. von Wenzel, Koblenz 1788. pag. 56. Sömmerring I, c. pag.- 99. . e) l. ce. T, 1. pag. 30, nn Le. Tun. pag. 97. &) Abhandl. der königl. Schwed, Acad, überf. von Kältner und Brandis. B. 5. Quart. 3. No. 5, b) Bemerk. über die Durchbohrung des proceff. maft, in ge wiffen Fällen der Taubheis, Görting. 1792, Pag. 24. 32 — Zitzenfortfatzes untefrnommen werden, Das'rund- lich- dreyeckige Fenfter wird bey Greifen en- ger i) und mehr rückwärts gekehret, es leget fich mehr Knochenmafle um diefes Fenfter an, fo dafs es endlich gegen den Canal des Steigbügelmuskels fchauet, folglich falt fenkrecht gegen das Paukenfell liegt k). Wildberg.2) behauptet, man könne in Rückficht der Verfchiedenheit der Gröfse des Diemeters des rund. lich- dreyeckigen Fenfters nicht auf das verfchiedene Alter Rückficht nehmen, denn er habe in mehreren Schädeln, deren Näthe fchon verwachfen und deren Kiefer fchon zahnlos waren, den Diameter eben fo lang, als bey jüngern Menfchen gefunden, dagegen ' fey die Gröfse in den Schädeln jüngerer Menfchen fehr verfchieden gewefen. Der lange, dünne, gebogene Fortfatz (proceflus Ravii) des Hammers hängt bey den Greifen an den Häuten m), welche die Sehnen des fchiefen Muskels (mufculus mallei externus) umgeben, und ver- wäch(t mit der Furche des Gehörganges , welche für das Paukenfell befimmt ift, fo dafs man ihn fchwer von diefen unterfcheiden und nur mit vieler Schwierig- keit von ihr trennen kann n). Caffebohm hält das runde Knöchelchen nicht blos für einen Anfatz, welcher erit mit der Zeit i in 3) Caffebohm l.c. T, IM. pag. 39. kA) Sömmerring Knochenlehre pag, 139. 5.143. Caffe- bohml.c. Pe 2) Verfuch über die Gehörwerkzeuge, Jen. 1795. Pag. 73. m) Haller el. phyf, T. V. pag. zı0. ») GCaitebohm.l.e, T. IV» pag. 3: —— 33 in einen Fortfatz übergehe, fondern für einen befon- dern Knochen, welcher nicht allein in dem Kinde, fondern auch in dem Greife von dem Ambos getrennt ‚werden könne o), Neuere Unterfuchungen belehren uns aber, dafs diefes Knöchelchen faft niemals von dem Ambos getrennt, fondern vielmehr fchon im neuge- bohrnen Kinde mit ihm als ein kleiner Fortfatz ver» wachfen fey p). Die Gehörknöchelchen finder man nicht felten bey Greifen ancylofiret q). SRER Von den Gelichtslinochen. Die Näthe der Gefichtsknochen (harmo- nise) verwachfen felten, doch hat man Beyfpiele, dafs auch diefe verfichwunden waren r). Befonders diejeni- gen, welche die Nafenbeine unter fich und mit dem Oberkiefer vereinigen; auchdie Thränenbeine find bisweilen fo feft ınit dem Siebbeine verbunden, dals fie einige für Theile diefes Knochens, nicht für eigne Beine anfehen s). Die untern Mufchelbeine u. - ver- ! o)l.c, T. IV. pag. 55. p) Sömmerringl. c. pag. 146. Blumenbach Gefchichte _ der Knochen, $, 144. © 145. g)P, E/ Meckel diff, de labyrinch, auris contentis, Ar- r gent, 1777- E2) Blumenbach Coll. cran. Dec. I1.pag. 10. Perill.'Mayer Beichreibung des ganzen ımenfchlichen Körpers, Berlin und Leipzig. 2. B. S. 99. #) The Anatomy of the Bones , mufeles and joints, by John. Bell. 1794. Arch, f.d. Pbyfiol. W1, Bd. 1. Hıfı. © 34 _— Virsiehfen nicht felten mit dem Oberkiefer, doch ge- fehiehet diefes bisweilen auch in Jüngern Körpern ?), _ sh Von den Drops und den Kiefern, Die miehreften Anatomen find der Meinung dafs die ernährenden Gefäfse und die Nerven der Zähne kleiner , endlich ‚ganz zeiftörer, die Oeff- nungen und Canäle der Zahnwnrzeln gefchloffen wer- den. Hunter x) behauptet aber dagegen, die Canäle und Gefäfse würden auch bey Greilen nicht gefchloffen, denn er habe die Gefälse auch noch bey folchen Greifen eingelpritzt, denen fehoon die Zahnzellen fehlten, und deren Zähne nur noch Jeichte an dem Zahnfleifche hingen. Prochaskav) bemerket, dafs in die Höhlen der abgenutzten Zähne eine neue Materie abgefetzt . wird, welches nicht olıne Gefälse und Canäle gefche- hen kann. Durch diefe Beobachtungen wird nun zwar bewielen, dafs die Gefülse und Canäle der Zähne. bis- weilen offen bleiben; es folget aber nicht, dals diefes immer gefchehen mülfe. Denn es finden dich fehr viele Zähne alter Menfchen in den anatomilchen Gskinaken, welche ganz dichte find, fo dafs man keine Spur einer: Höhle oder Oeffnung mehr findet. Zerfchneidet man folche Zähne, fo findet man ihre Höhle ganz deutlich mit einer cylinderförmigen elfenbeinartigen Maffe an- gefül- ?) Sömmerring l. c. pag. 182. #) Hunter natürliche Gefchichte der Zihne, ausdem Engl, Leipz. 1780. pag- 114. ©) Obfervationes anatom, de decremento dentitiin corporis hü- mani, in Tale, adnorar, academicar. J. Prag. 1780, pag. 14. etc, mr: 35 $ gefüllet. Van Maanen w) erkläret diefe Veränderung auf folgende Weife fehr gut: „‚Je näher der Zahn dem höchften Puncte des Wachsthumes gekommen ift, defto - fehwächer wird die Ernährung, durch den abgefetzten Knochenfaft wird die Höhle der Zahnwurzel kleiner end die in derfelben enthaltenen Theile (die Gefäfse 9 und Nerven) werden gedrückt. Auf diefe Weife wer- den auch-die dahin laufenden Saugadern geprefst, durch den Druck wetden die gereizt und zur Thätigkeit an getrieben; nach dem Verhältnife nun, in welchem die Höhle mehr angefüllet und der Druck ftärker wird, Sangen fie die dsfelbft befindlichen, nun unnütz gewor- denen Theile weg, bis die ganze Wurzel dichte wird, und alle in derfelben vorher enthaltenen Theile einge- Sogen find.” Durch die nun fchwächeren Gefäfse werden die Zähne fparfam ernähret, durch das Kauen reiben fie Sich wechfelsweife ab; zuerft die Schneidezähne, deren Kronen am meiften.über dieandern Zähne hervorragen, _ und von diefen am häufig(ten die beiden mittlern Zähne jedes Kiefers, fo dals’fie im höchften oder fchon im angehenden Geeifenslter ı oder 3 der Krone durch Reiben verlohren haben. Statt der {chneidenden Schärfe haben fie nun eine breite Oberfläche. Es werden aber die obern und untern Zähne nicht allein fchreg abge- rieben, Sondern auch die untern an der vordern Fläche, wenigftens bey den meiften Menfchen, bey welchen die Schneidezähne des Unterkiefers hinter diefelben C2 Zühne =) 2% 2.0. pag. 82. Dafs die eigen gebildeten Zähne der -Fifche nie abgerieben und ihre Wurzeln nicht ausgefüller werden, weil ihre Zähne beftändig wachfen, bemerkt Brug- mans in van Maanen ang, Diff, pag. 83, 36 Tai \ Zähne des Oberkiefers zu ftehen kommen, wenn der Unterkiefer dem Oberkiefer genähert wird ; das Gegen- theil ereignet fich, wenn die untere Kinnlade von Na» tur vor der obern hervorraget, und zwar mehr oder weniger nach dem Grade, nach welchem diefes gefchie- het. Die Spitzzähne verlieren ihre Spitzen, die Stock» zühne werden der Hügel auf der Oberfläche ihrer Kronen beraubt. . Nachdem auf diefe Weile die dia- mantartige Rinde abgerieben ifl, fo zeigt fich in der Mitte des Zahnes eine gelbliche Subflanz, und man mülste befürchten, es möchte fo die innere Höhle des Zahnes den Schädlichkeiten der Luft und der Speifen ausgeletzt werden. Damit nun diefes Uebel verhütet werde, fo füllet die Natur diefe Höhlen mit einer neuen Mafle aus, welche durch ihre Durchfebeinbars ‚keit, durch ihre bräunliche, etwas rörhliche Farbe von der übrigen Subftanz des Zahnes leicht unterfehieden wird. Diefe Ausfüllung der Höhle fängt in der Krone an, und es wird fo viel neue Mafle abgeletzt, als bis zu der Zeit von dem Zahne durch den Gebrauch abgerie- ben worden ift x), Die Zähne ragen nun viel weiter f her- x) Prochaska a.2.0. Huntera.a.0.$. 1m. Es if beiiannr, dafs die Zähne das befte Zeichen zur Beurthei- lung des Alters der Pferde find; ıman finder mehrere _Be- merkungen über die Veränderungen der Zähne bey Pfer- den bey la Foffe a. 3. O0, und in Havemann’s An- leitung zur Beurrheilung des äufsern Pferdes, Hannov, 1792. Sehr merkwürdig find Tenons neuere Bemerkun- sen über die Art, auf welche die Zähne bey Pferden, nachdem die Kronen derfelben abgerieben worden find, , die braungelben Flecke verlieren und wie die Zähne durch das mehrere Ausbilden der Wurzeln nach und nach aus den Kiefern mehr heryorgerrieben werden. Er willguch - be Fr 37 hervor, fo dafs fie gleichfam verlängert zu feyn fchei« men und der Hals mit einem Theile der Wurzel des ' Zahnes blofs daftehet, Die Urfache davon ift leicht zu - finden; das faftvolle, gewölbte Zahnfleilch, das nun nicht mehr dichte an den Zähnen anliegt, ünd durch is die Einfaugung vermindert it, umgab die Zähne } höher, die Zahnzellen felbfl find nicht mehr fo hoch als ehienals, und haben ihre Ränder durch Einfaugung _ verlohren. Bisweilen werden die Zähne nur noch -- durch eine Haut an den Kiefer befefliget, oder hängen allein an dem Zahnfleifche y), wenn die Zahnzellen fchon ganz zerftöret find, fo dafs fie doch noch einige Zeit in der Mundhöhle bleiben und ihre Function ge- x hörig verrichten können. Endlich fangen fie an zu | wackeln, und nachdem auf die oben angegebene Art ‚alle Bande, durch welche der Zahn mit den Zahnhöhlen e "verbunden wird, abgeftorben, die Nerven und Gefälse gem zerftöret find, So fallen fie entweder ganz oder ölters ftückweife heraus, wenn fie von Caries oder einer Art Knochenerweichung ergriffen findz). Doch hat man Beyfpiele fo ftarker und frifcher Menfchen, deren Zähne bis in das 75 Jahr und drüber weils, ge hart “4 bemerkt-haben, dafs die weifse Farbe der Pferdezähne fich in eine gelbe verwandle. Man fehe die Abhandl, fur a une methode particuliere d’tudier I’ anatomie, employee, E par forme d’effai, 4 des recherches fur les dents er fur les “ osdes machoires, Memoires de l’inftitur national. Paris la 6. Tom, 1, } en) Ruyfch obfervat. anatomic. chirurg. pag.’104. Fig. 66. bi ©) Telta a. a. O0. pag, 205. Hildebrandt a.a. O. 6.1711. 0 Sömmerringa.a.O.pag. 44. Nach Camper fchei- ‘s nea in Belgien die alten Weiber früher als die alten Män- ner die Zähne zu verlieren, a, a. O. Pag: 42. 8 —— hart und unbefehädigt geblieben find, bey welchen neue Zähne wuchfen, nachdem fie die alten verlohren hatten, und die alfo zum dritten mal zahnten. rel-: monta) fah cinen Greis und ein altes Weib von 63 Jahren, welche, nachdem fie die Zähne verlohren hatten, neue bekamen. Sennert 5) -bemerkt, es wä- ren bey einem Manne von 60 Jahren alle Zähne von neuem gewachlen, und von diefen bis in das g4fte Jahr drey ausgefallen. Bey der Maria Wood kamen in ihrem gyften Jahre zwölf neue Backenzähne hervor, und von diefen hatte fie in den 98ften Jahre noch achte c). Man findet auch Beobachtungen des neuen Wachsthums der Zähne bey hundertjährigen und noch ältern Menfchen. Wenn die Zähne herausgefallen find, fo werden die Zahnzellen, welche noch nicht ganz zerftöret find, nach und nach vollends weggefogen. Einige find zwar der Meinung: die Ränder der Zahn- zellen näherten fich durch ihre Contractilität und legten fich fo wechfelsweife aneinander an, oder fie würden durch abgefetzte Knochenmaterie verfchloffen ; allein diefes it mir nicht wahrfcheinlich, und zwar aus. folgenden Gründen: erftlich befitzen die Knochen der Greife wenig Contractilität; dann fand ich bey den meiften a) Ortus med. Amft. 1652. Pag. 626. 5) Med. pract, Lib. II. Cap, IV, c) Med. and philof, commentar. III et VMI, Mehrere Beyfpiele findet man in Haller’s el.phyl. T, VIIL i. XXX. $. 9, Bla= fius Commentar,ad Vesling, Simons in med. obf, andinquiries III. pag. 178. Dachs inHarlem. Verhand. XVI.2. S.317. Hufeland die Kunft das menfchliche Leben zu verlängern, Jen. 1798. pag. 20%. ”“ Kg } Com, T. IV. pag. 242, — 39 meiften Kiefern alter Leute, welche ich zu unterfu- chen Gelegenheit hatte, die Ränder mehrerer Zahn- zellen, die keine Zähne enthielten, nicht gegen ein- ander geneiget oder aneinander gefchloffen, fondernweit offen; bey einigen waren die Wände der Zahnzellen mehr oder weniger dünne und zerreiblich; einige waren hoch, aber der obere Theil des Randes gleichfam angenazet,. andere ‚niedrig und falt bis auf den Grunde zeiftöret. Hieraus glaube ich fchliefsen zu können, dafs die Zerftörung der Zahnzellen, bey Greifen durch die Einfaugung bewirket werde. Dafs bey jüngern Menfchen nach dem Ausfallen oder Herausziehen der Zähne, die Contractilität viel zur Vereinigung, der Zahnzellen beytrage, will ich nicht läugnen und auch bey ältern Menfchen wirkt fie wol zuweilen, diefes beweifet der Schädel eines acht und achtzigjährigen daurifchen Tungufen, welchen Blumenbachd) hat abbilden läffen. Bey diefem findet man den Rand der öbern Zahnzellenreihe nicht eingefogen, obgleich { die Zähne fchon Innge ausgefallen waren, fondern der gröfste Theil ift noch vorhanden, die Zahnzellen find gefchloflen, und der äufserfte Theil des Randes gleichet einer Schneide. Das contractile Zahnfleifch fchliefst die Oeffnung, welche durch das Ausfallen des Zahnes entftanden war, und das Zahnfleifch dienet den Greifen wie den Kindern, ftatt der Zähne. Doch unterfchei- den fich die zahnlofen Kiefer der Greife von denen der - Kinder dadurch, dafs jene harte Erhabenheit fehlet, _ welche bey den Kindern längs dem obern Rande des Zahn- d) Blumenbach Coll, Cran, Dec. IU. Tab. XXI. vag. 7- 4 — Zahnfleifches hinläuft e). Die der Zähne beraubten Kiefer, find noch mehreren andern bemerkenswerthen Veränderungen unterworfen. Der Oberkiefer ver- lieret fo viel von feiner Höhe, nachdem der Zahnzel- lenrand zerftöret it, dafs zwifchen dem Munde und der Nafe kaum noch ein Raum von 'einigen Linien übrig bleibet. Der Theil, welcher von der Spitze der Nafenbeine bis zu. dem Zahnzellenraud etwas ‚hervor- fpringet, neiget fich rück wärts, fo dafs fich die Ober- Jippe nach der Mundhöhle zu rückwarts fchlägt f); der Gaumen, welcher ehemals einem Gewölbe gleich concav war, bildet nun eine ebene Fläche f*), Kein Knochen des menfchlichen Körpers wird fo fehr ver- ändert, als der Unterkiefer; ehemals war er mehr hoch als breit, nun, da er zahnlos ift, übertrifft die Breite die Höhe 5), von welcher er faltden dritten Theil verloh- “ ren hat‘A). Daher liegen auch die vordern Unterkiefer- löcher nicht mehr gegen den untern Rand zu, wie in denen wit Zahnzellen und Zähnen verfehenen Kiefern, fondern nahe an dem obern Rande :). Der ganze Un- terkiefer it dünner, die fpitzen Fortfätze find fpitzer ®). _ Die e) Hunter l.c. pag. 69. f) Man vergleiche mit einander Campers Abbildungen von dem Kopfe eines Erwachfenen und eines Greifes, Tab, Iv. Fig. 3. QR, und Fig, 4. OR. .f*) Camper. c.pag, 4% g) Sömmerring |. c, pag. 191. b) Camper. c. pag. 75. i) Ruyfch lc. Pag. 105. k) Sömmerringl.c. A ! — 4t | Die Seitenwinkel find bey lange zahnlofen Greifen ‚Stumpfer, weil die Richtung des ganzen Knochens-und befonders des Kinnes gegen den Oberkiefer geändert if; das Kinn gehet nun nicht gerade, (ondern fchief ei; dem obern Rande zu. dem untern herab m). Der obere Rand ift härter, breiter, und fehr gefchickt die weichen Speifen aufzunehmen z). In fehr hohem Alter, - wo alle Zähne fehlen, kommt das Gelenke des Unter- kiefers wie bey den Kindern mit dem Zahnfleifche des ' Oberkiefers in eine Fläche zu liegen. Da aber die Gelenkköpfe beym Greife nicht wieder abnehmen, denen des Kindes gleich werden und fich nach der Be- fchaffenheit des Oberkiefers nicht einrichten, fo mufs _ die untere Kinnlade mit dem vordern Theil’des Kinns vor dem Oberkiefer mehr oder weniger hervorragen; diefes wird noch dadurch befördert, dafs die Bafıs des ‚ Unterkiefers, welche faft allein noch übrig ift, einen bey weitem gröfseren Bogen bildet, als die Zahnzellen- Fortfätze, auch dann wenn fie noch Zähne enthalten, If der Mund gefchloflfen , fo berühren fich die Kiefer "nur noch an denen Stellen, wo vorher die Backen- - zähne waren, und wo beym ./auen die gröfste Kraft angewendet werden kann n*). Daher I) Blumenbach coll, cran, Dec, I. pag. 28, m) sömmerringl.c, n) Böhmer Inftitur, ofteologic, pag. 175- n*y Hunter a.2.0,S. 109. Abbildungen von zahnlofen Ober- und Unterkiefern findet man bey Ruyfch a.a,O, Obf, 77. fig. 65. bey Hunter Tab. VII. in Blumen- bach Coll. Cran. Dec. I. Tab, V. Dec. II. Tab. XV, Dec. 111, pag. 7. Tı KA, “. a | ' > Däher ift auch die Bewegung der Kiefer bey Grei- fen von der bey jüngern Menfchen verfchieden. Hunter a) fagt darüber folgendes: Da bey den Grei- fen fchon bey der natürlichen Lage der Kiefer der Mund hinreichend offen ift, fo wird er, wenn fie ihn bewegen, niemals fo fehr herunter gedrückt, dafs der Gelenkkopf auf der Erhabenheit des Schläfebeines vor- wärts fchlüpft. Die Bewegung beym Kauen ift alfo bey den Greifen von der bey jüngern Menfchen ver- fchieden, denn fie fcheint blos in einem Niederdrücken und Aufheben des Unterkiefers oder in einem Oeffnen „und Schliefsen des Mundes zu beftehen; es findet bey ihnen kein wahres Kauen, fondern nur ein Zermalmen der Speifen Statt, das befchwerlich ift und die Speifen in nicht hinlänglich kleine Stücke zertheilet, (6 dafs fie etwas ‚härtere Speifen faft unzertheilet und nicht gut gemenget hinunterfchlucken. Durch das Ausfallen der Zähne und die daher entftandene Veränderung der Kiefer, wird das Geficht der Greife fehr geändert. Der Raum zwifchen der Nafe und dem Kinne ift fat um fo viel kleiner, als die Zähne lang waren, welches ohngefähr ız Zollbeträgtp), oder nach Camper den fechsten Theil des Kopfes qg).. Die Lippen und die Nacken, welchen die Zähne nun nicht mehr zur Stütze dienen, werden durch die Kraft der Muskeln zurückgezogen, und felbft die Oeffnung des Mundes wird o)1sc. pag. 75. R p)l. ©. pag. 76. a) 1. c. pag. 43. ER 43 wirdrückwarte gebeugtr); daher iftder Mundder Greife noch einwärts gezogen und das hervorftehende Kinn nähert fich der Nafe, Diefes gefchiehet um fo mehr, je fefter der Mund gefchloffen ift, weil die Grundfläche des Unterkiefers, die fich bey Greifen allein noch findet, mehr hervorraget, als bey jüngern die Zahn- - zellenfortfätze s). Die Mundhöhle fcheinet bey Greifen, wie bey Kindern, kleiner zu feyn, als fie bey Menfchen von dem mittleren Alter zu feyn pfleget. Die Zunge fcheint erölser zu feyn als fie feyn follte, und da ihr die Zähne nicht mehr- zum Schutz dienen, fo raget ihre Spitze immer zwifchen den Lippen hervor. Sehr grofsen Einflufs hat der Verluft: der Zähne auf die Sprache. Zahnlofe Greife fprechen undeutlich und fehlerhaft um defto mehr, je weniger fie Zähne befitzen, und je mehr die Zahnzellenfortfätze zerftöret find. Haben die Greife diefe zur Sprache nöthigen Organe verlohren, fo fprechen fie vorzüglich die Buch- ftaben, welche wir.dentales nennen, z.B. s, nicht deut- lich und fcharf, und die Buchftaben r, ch, j, z, f, v, th mehr oder weniger fehlerhaft aus. Die Sprache ift mit _ einem zifchenden Tone verbunden, die Worte und Sylben werden von dem fchwachen Alter gleichfam zufammengezogen €). 5. 7. +) Hildebrandt a. a. O. $. ızı2. Campers Ausmef- fungen beweifen diefes fehr deutlich, wenn wir dic Ab. bildung eines Kopfes von einem Erwachfeuen Tab. IV. Eig. 3. mit der von einem Greife Fig. 4. QDX. vergleichen #) Hunter |, c, pag. 77- +» t) L.c, pag. 126. Sömmerring Eingeweidelehre pag. 122. 44 Rn 9.7 Von dem Zungenbeine. Noch mufs ich einiges von denen Knochen anfüh- ren, an welche die Zunge befefiget it. Wynperffe hat beobachtet x), dafs die Seitenzungenbeine mit dem mittlern Zungenbeine oder der Bafıs öfters durch Ancy» lofe verbunden find, Diefe Ancylofe findet fich häufiger zwifchen der Bafis und den untern oder gröfsern Hör- nern, als zwifchen der Bafıs und den kleinern oder obern Hörnern »). Ein Beyfpiel von einer folchen feltenen Ancylofe habe ich ohen angeführet als Beweis, dafs dasjenige, was dem Alter als eigen zugefchrieben wird, auch bisweilen durch andere krankhafte Zuftände bewirkt werden könne, In dem Aufhängeband des Zungenbeines werden bisweilen knöcherne Concremente gefunden w). Bisweilen be- merkt man bey den kleinen Hörnern noch ein kleines feines Knöchelchen; bisweilen fteiget eine Reihe von Knochen bis zu dem Griffelfortfatze des Schlaföbeine» auf, oder es findet fich noch zwifchen dem Seitenzun- genbeine und den Hörnern des Schildknorpels ein Knochen x), befonders ift diefes wol bey Greifen der Fall. | $. 8, \ Von dem Rückgrate, Durch die Lait des Kopfes, der.ebern liedmaffen und die eigne Schwere der Rückenwirbel felbft werden die 4) Diff. de ancylof, Lugd. Batav. 1733, «) Sömmerring lic. pag. 226. w)Gernet de ficcitatis fenfis effectib, Lipf. 1783. pag, 17. ») Sömmerring l,« | on 45 die Knorpel zwifchen den Wirbeln zufammenge. prelst, fie werden zäher und dünner. Daher bemerken ‚ wir fchon bey jüngern Menichen, dafs fie des Morgens etwas länger find als des Abends, weil das Rückgrat den ganzen Tag die Laft der auf demfelben ruhenden Theile getragen hat. Durch diefen Druck werden die Saugadern mehr gereizet, fie [augen die Säfte, von welchen die Knorpel trotzen, und endlich die zufam- mengeprelsten Knorpel felbft ein; da die Ernährung bey den Greifen‘ vermindert it, {6 erhalten fie nun ihre vollkommene Befchaffenheit “nicht ‘wieder y) Morgsgni nahm an, die Knorpel zwifchen den Wirbelbeinen würden deswegen kleiner, weil die Theile, welche den Körpern der Wirbelbeine am näch- ften liegen, in Knochen verwandelt würden , und die . Subftanz der Körper der Wirbelbeine vermehre z). Haafe a) widerlegt diefe Meinung, und behauptet: „die Wirbelbeine der Greife fchienen deswegen länger zu feyn als bey jüngern Menfchen, weil bey diefen die Knorpel im Verhältniffe zu den Wirbeln höher Seyen. Er fagt: haben die Knochen die ihnen zukom- mende Gröfse erreicht, fo werden fie nicht mehr 'grö- Sser, fondern nur ernähret. Finden wir aber den . &; Kör- y) van Maagen difl, cit. pag. 89. #) Adverfar. anatom. III, pag- ı04. Hujusmodi igieur liga- a menta (quibus corpora vertebrarum copulantur,). quanto ©. non magis aetate crefcimus, tanıto ipfa ınagis cvaflitudine decrefcunt, feilicer fiblarum vertebris proximarum {tratis in ofleam ipfarum vercebrarum naturam abeunribus, ita ur, quo plus ipfis ligamencis craffitudinis decedat, eo plus vertebris accedat, a) De fabric, cartilag, pag. gr. 46 et Körper eines Wirbels mit dem eines andern durch da- zwifchen liegende Knochenmaterie ‚verbunden, fo gehet ‚diefe Materie gewöhnlich nur vor dem Knorpel, welcher zwifchen den Wirbeln liegt, herunter von einem Wirbel, zu. dem andern, und der Knorpel felbft. bleibt unberührt und unbefchädigt., Sind aber auch knöchers , ne Kruften in den Knorpeln vorhanden, fo fehen wir fie in dieQueere, nicht nach der Länge liegen.” Sind nun die Knorpel zwifchen den Wirbelbeinen dünner geworden, fo wird das ganze Rückgrat kürzer, und der Kopf finket zwifchen die Schultern. Wegen der Schwere der Ausitreckemuskeln wird. der Körper, de er feiner eignen Schwere überlafen ift, vorwärts ge- beuget; der vordere, Theil der Knorpel 'zwifchen den Wirbelbeinen und. die Wirbelbeing felbft, werden immer mehr und mehr gedrückt, daher werden dieSaugadern an jenen Theilen durch den Druck felbft mehr zur 'Thätigkeit gereizet, fie faugen an dielen Theilen mehr weg, und fo wird das Rückgrat nach und nach vor- wärts gekrümmet. , Daher läuft die Centrallinie des Rörpeıs nicht mehr gerade zwifchen den Füfsen her- unter, dondern fällt nun hinter diefelben gegen die Ferfe. Es müflen deswegen die Greife die Knice biegen, welche fchon durch ihre Steifheit etwas gebogen find, um fich bey dem Gelien erhalten zu können. Sind die Knorpel zwifchen den Wirbein ganz zerftöret, oder in Knochen verwandelt, fo werden die Körper der Wirbel- beine. durch wahre Ancylofe verbunden, was aber doch felten gefchiehet; öfters-wird nur der äufsere Theil der Knorpel in Knochen verwandelt 5), und fo wird nur b) De ancylof. Lugd, Batavor. 1783. pag. 26. Tab. Big. 14. EL 47 nur dem Scheine nach eine wahre Ancylofe' gebildet, was auch Wynperffe beobachtet hat. Vorzüglich pflegt diefes bey Menfchen zu gefchehen,'; welche fchwere Laften tragen und den Körper gewöhnlich fehr ‚anfirengen. Poupartc) fand in dem Skelette eines hundertjährigen Mannes alle Rückenwirbel vereiniget “und eile ihre Knorpel in Knochen verwandelt, Bey "dielem Skelette war noch merkwürdig, dafs aufser den gewöhnlichen Queerfostfätzen, andere vordere Queer- - fortfätze vorhanden waren, die auf beiden Seiten des Gelenkes der Wirbel.lagen; auf der rechten Seite waren fierund und mit einer neuen fchönen Knochenmaffe bedeckt; zwilchen. den- Fortfätzen war auch eine neue Knochenmaffe ergoffen, damit fie defto leichter verbunden würden. . Die Fortfätze der lirrken Seite waren kürzer und hemifphätifch., Boerhaave d)_ fah alle Knorpel zwifchen den Rücken- und Lenden- Wirbein und dem Heiligenbeine verknöchert, Häufiger findet man bey Ochfen- als bey Menfchen- Knochen- Plat- ten zwifchen den Wirbeln. Bey diefen find öfter die Bänder, welche die Wirbel vereinigen und die vor den Knorpeln herunter laufen , in Knochen verwandelt e), Bu ! i auf €) vid, Comment. Acad, feient., Paris 1699, 4) Praelect, T, III. pag, 725. conf. Jousnal-des Sgavans ann. 4. 1693. lconem fpinae dorfi cum inter fe invicem connatis vertebris vid. in Paaw primit, anatomic. de hum, corp, 4 off, Lugd. Barav. 1615. pag. 93. e) Hınfe a. a. O. png. 31. Gernet de ficcitatis fenilis effectib. Lipf. 1753. pag. ı2. Wynperffe difl. cir, pag. 25. Boerhaaveaa, O, fülhret an, dafs er alle Bänder zwi* fcben den Hals-, Rücken-, Lenden- und Kreuzbeinen ver- knö- 438. sr auf die’oben befchriebenie unächte Art, oder fo, dafs die Knochenmaterie vor dem Knorpel von einem Wir- bel zu dem andern herunter läuft und der Knorpel felbft unberührt bleibt. Die vordern Kreuzbein- Löcher fand Schreger bey dem oben erwähnten Greife enger, das zweyte der linken Seite’ ausgenom- men, welches noch die gehörige Gröfse hatte; ihr Rand war nicht glatt und eben, wie er gewöhnlich zu feyn pflegt, fondern rauh und uneben. Man bemerkte „auch deutlich, dafs die Verengerung diefer Löcher die herausgehenden Nerven fo fehr geprefst hatte, dafs'fie bey weitem dünner geworden waren als der zweyte Nerveider-linken Seite, welcher durch das geräumige Loch ging. "Vielleicht ift diefe Verletzung der Nerven eine Urfache der Schwäche der untern Gliedmaffen und der fo Sehr geflörten Abfonderung des Harns und des Darmunrathes bey Greifen. . Die Witbelbeine des Sch wanzbeines verwachfen gröfstentheils, befon- ders aber nach Tarin das letzte mit dem vorletzten, felten alle £); Blumenbach fah dagegen häufig das ıerfte Wirbelbein des Schwanzbeines mit dem Krenz- beine verwachlen g); diefer Meinung ift auch Lofch- geh); er bemerkt, die drey untern Wirbel des Sciiwanz- beines knöchert gefunden habe, 'Dafs man die Dornfortfätzo der Wirbelbeine nach verlohrenen ligament, interfpinal. oft ver- wachfen finde, bemerkt Heckern in fpecimin, ned. de Ofteogenefi praeternaturali, Lugd. Batav. 1797. Pag. 98. F) Tarin traire d’ofteolög. pag. 93; &) Gefchichte der Knochen, pag. 311. W) Die Knochen ‘des menfchliehen Körpers, pag: 58, 59: $. 195. et 283. me 49 _ beines feyen gröfstentheilszu einem Stücke, vereiniget, Sehr häufig aber auch der. .erfte Wirbel 'mit der. Spitze des Kreuzbeines, fo dals dann in den ganzen Kreuz- 3 und Schwanzbeine nur ein Gelenke und zwar zwifchen ‚dem erften.und zweyten Wirbel des Schwanzbeines übrig,ift. ‚Die Verwachfung. diefes Knochens ift wol unter die frühelten von;diefer Art zu rechnen, fie wird fchontin männlichen Alter gefunden, befonders _ bey?denen, welche durch, Reiten‘ das Gefäls häufig . erfehüttern. ö ; I Ir) $ 9 F sn Von der knöchernen Bnufthöhle, y Schon aus der veränderten Geftalt des Rückgrades folgt, dafs die ganze knöcherne Bruhöhle eine andere Bildung erhalte. Ift jenes durch die nun dünneren “ Knorpel zwifchen den Wirbeln kürzer geworden, fo _ wird der fenkrechte Durchmeffer der knöchernen Bruft- f höhle auch kürzer werden, fo dafs die Rippen einander - näher kommen. Ift-aber das Rückgrat zugleich ge- - krümmt, fo werden fie fich vorzüglich mit ihren vör« dern Enden nähern. Die knöcherne Brufthöhle wird , ‚mehr vorwärts gebeugt, und das Verhältnißs zu dem Becken geändert. Die knöcherne Brufthöhle, welche I jüngern Weibern mit dem obern Theile der - Schambeinvereinigung faft parallel lag i), raget bey alten Weibern, deren Rückgrat vorwärts gekrümmt ift, ‚Mit dem untern Ründe hetvor, fo dals fie etwas vor diefelbe zu liegen kommt, Die knöchsrne Brufthöhle dex i) Nach Sömmerring im Ackermann |, c. pag. 93. Arch. f.d, Phyf. W1. Bd. 1, Heft. D 5 TER der Männer aber, welthe in jüngern Jehren vor der genannten Vereinigung hervorragte, kommt nachher mehr mit dem Rande der Vereinigung der Schambeine parallel zu liegen. Aufserdem nähert fich auch die knöcherne Brufthöhle vorne mehr dem Becken, fo dafs zwifchen beiden vordern Rändern, dem untern des Thorax und dem obern des Beckens, weniger Zwi- fchenraum bleibt. 4 Die fchwammichte Subflanz des Bruftbeines wird nicht felten in eine fefte knöcherne verwandelt k); das mittlere wird früher mit dem untern oder dem fchwerdtförmigen Fortfatze, fpäter mit dem obern oder dem Griffe durch Verknöcherung verbunden. Der {chwerdtförmige Knorpel, welcher in jüngern Menfchen fchon zum Theil knöchern ift 2), wird bey Greifen ganz in Knochen verwandelt und verwächft dann leicht mit dem nahe liegenden Bruftbeine. Doch fand ihn Haller bey einer hundertjährigen Frau noch als Knorpel. Die Knorpel der Rippen werden bisweilen zum Theil’ oder ganz in Knochen verwandelt, In einem ohngefähr fiebenzigjährigen Manne, der übri- gehs gut genähret und fett war, fand Lofchge die meiften k) Calfebohm med, fecandi,, Berol. 1746. pag. 2ır. l) Ackermann I, c.pag, 73. net. a. „InKnaben vonzwey, vier und fechszehn Jahren habe ich ihn halb knöchern ge- funden, und Albin führer den Fall achtzehn mal an, wo er in noch zarten Kindern fchon kleine Knochenkernchen ' in dem fchwerdtförmigen Anhange angetroffen hat.” Man fehe (eine icon. off. foet. T.Il, Fig. 65.e. Die Verknöcherung | deffelben ift alfo nicht fo felten, als Blumenbach be- merkt, a, a. O0. $, 35% - er st meiften Knorpel der Rippen gröfstentheils in Knochen verwandelt, doch hat er auch bemerkt, dafs fich diefe Verknöcherung bey viel jüngern Menfchen ereignet. Oefters beobachten wir, dafs nur in die Cupfelbänder der Rippen Knochenmaterie abgefetzt wird, fo dafs knöcherne Scheiden entftehen, welche Fortletzungen des Bruftbeines zu feyn fcheinen, und in welchen die dünner gewordenen Rippenknorpel enthalten find m). Bisweilen enthalten aber auch die mittlern Tbeile der Knorpel Knochenmaterie »2*). Diefes fand ich auch bey einem Bruftbeine, welches mir Herr Hofrath Lofchge zeigte; faft alle Knorpel waren mit einer knöchernen Krufte überzogen, befonders da, wo fie fich mit demBruftbeine verbanden, und in den meilten Koorpeln bemerkte man Knochenkerne. Die Härte diefer Theile mufßs nothwendig die Beweglichkeit der knöchernen Brufthöhle vermindern, und es ift diefes ohne Zweifel eine von den Urfachen des befchwerlichen Athemholens derGreife. $.. 10. Von dem Becken, J: G. Walter n) fagt in dem unten angeführten Werke: „nach dem zwanzigften, befonders aber nach dem dreyfsigften Jahre gefchieht es häufig, dals die Knorpel zwifchen beiden Schambeinen- verknö- chern, und zwar fo, dafs der Knochenfaft da zueıft Da abge- m) Gernet 1. c. pag. 13. m”) conf. cap. 1. $. 2. n) De diffectione fynchondrofeos ofium pubis. Berol, et Stral- fund, 1782. pag. 15. 52 ——— x abgefetzt werde, wo das ringförmige Band den dsey- eckigen Fostlatz zwifchen den beiden horizontalen Stücken des Schambeines bildet; die. Knochenmaterie gehet allo von dem obern Theile zu dem untern herab, und fo folgt denn, dals die ehemals getrennten Kno- chen nun einen Knochen bilden.” Pineau 0), Du- verneyp) und Lomisg) zweifeln, dafs man eine wahre Ancylofe, das ift, eine Verknöcherung dex Knorpel, an diefer Stelle finde, und andere Sandi- fortr), Meckels), van Wynperffet), Hül- debrandt x) und Blumenbacho) verfichern, dafs fie fehr felten Sey. Nicht felten findet man mitten in diefer Vereinigung eine Spur einer wahren Höhlung, bey. alten fruchtbär geweienen Weibern w»). Häufiger als zwifchen den Schambeinen, findet man eine Ver- knöcherung zwiichen deım Kreuz. und Hüftbei. ne 0) De virginikatis notis, p) Oeuvres anatom. Vol, I, q) De partiumj generationi infervientium in mulieribus dii- pofitione. 7) Obf. Anat. pathol, Lib. IV, Cap. 10, pag. 119, fq. „Inter cafus, qui raro obvenire folent, ancylofis ofum pubis zeferri hactenus deberi videtur,” s) Baudelocque, Anleitung zur Entbindungskunft, Leipz. 1791. pag, 60, not. a. 2) Diff, de ancylof, cit, Pag, =B. a). c.$. 629. v) Gefchichte dar Knochen Ipag, 322, w) Sömmerring Ränderlehre Pag. 55. in 53 He x), nach Meckel ift der verfchiedene Bau die- Zer beiden Vereinigungen die Urfache y). "Von falfchen Ancylofen der Beckenknochen führen Sandjfort 2), van de Wynperilea) und Mi- cheil b) Beyfpiele an, doch find diefe dem Alter nieht allein eigen, fondern ınan findet hie auch bey jüngern Menfchen durch Krankheit veranlafst. Einige behaupten, die Knorpel des weiblichen Beckens wür- den in dem Alter härter und fpröder, wenn auch nicht in Knochen verwandelt; und geben diefes als eine . Urfache der fchweren Geburt an. Denn durch die BHäite würde, wie fie glauben, verhindert, dafs die Knorpel durch die zufliefsenden Säfte erweichet und, leichter ausgedehnet werden können °); ‚doch kann nach andern darauf keine Rückficht genommen werden, Weil, wie diefe annehmen, weder Knorpel noch Bänder durch die Schwangerfchaft erfchlafft werden Können d). Bey dem fechon öfter erwähnten Greife fand Schreger den in der Gelenkpfanne liegenden Knotr- pel dünner, vorzüglich an dem Rande; er war entweder £ ? nur 2) MeckeletBlumenbachl.c. Van de Wynperffe' 1. c, pag. 35. will in kurzer, Zeit zwanzig (olche Ancylofen beobachtet haben, yi c *) Obf. anat, pathologic, Tom, IT. Cap. 16. a)l.c. b) De fynchondrotomia pubis Comment. Amft, 1783, «) Plenk Anfangsgründe der Geburtshülfe, pag. 208, 4) Walter I, c. pag. 0. 54 u nur dünner geworden, oder durch die zugleich an’die Pfanne abgelagerte Knochenmafle war die Ein- faugung vermehret, und fo die Dünne bewirkt wor- den e). Die Fettmaffe, welche in dem Grunde der Pfanne lag, fchien nicht mehr fo ftrotzend und weich, als in den jüngern Jahren, doch war demohngeachtet vielGelenkfaft vorhanden. Es ift noch zu unterfuchen, . ob durch das Alter bey Weibern das Becken häufiger und mehr verändert wird, als bey Männern, und ob die Weiber, welche viele Kinder geboren haben, mehreren Veränderungen unterworfen find? Es fcheint fo zu feyn, denn durch die Schwangerfchaft und die Geburt leiden die Theile fehr viel, und altern daher wol leichter und mehr. Doch genaue Beobachtungen haben wir darüber noch nicht, die Bemerkungen des van de Wynperffe ausgenommen; dafs nämlich der männliche Körper zu.Ancylofen jeder Art geneigter fey, als der weibliche, weil er ftärker, feine feften Theile fchon an fich rigider und gefpannter, feine Flüfligkeiten dichter feyen f). i $ ım Von den Gliedmafsen, Von der Steifheit der Gelenke der Greife, von dem in denfelben befindlichen Gelenkfafte g) und von der e) Bey denmeiften Vögeln finder ich im Grunde der Pfanne ein rundes Loch, welches mit einer runden Membran gefchlof- fen it. Diefe Membran verkinöchert bey alten Vögeln z Schreger fand in ihr bey dem Buffart (falco buteo) Knochenkerne, F) 1. c. pag. 24. &) Conf. adhuc Haafe de unguine greiculari ejusque vitiis, Lipf, 1774. der Befchaffenheit der.Bänder, habe ich fchon oben im Allgemeinen gefprochen. Es ift falt kein Ge- lenk, fowol in den obern als in den untern - Gliedmaflen, welches nicht entweder durch das Alter oder aus einer andern Urfache ancylotifch gefunden worden wäre. Es ift nicht nöthig Beyfpiele anzufüh-- ren, da man bey Sandifort A) fehr viele aufge- zeichnet findet und auch van de Wynperffe i) mehrere von ihm beobachtete Arten der Ancylofen, zugleich mit vielen von andern Schriftftellern befchrie- benen, mit grofsem Fleifse gefammelt und bekannt gemacht hat, Bey den cylinderförmigen Knochen bemer- ken wir, dafs die Knochenfubftanz verringert wird, fo dafs die Menge des Knochenmarkes vermehrt zu .feyn feheint, Das Schulterblatt kann fich bey denen Grei- ‚fen, bey welchen das Rückgrad und die knöcherne Brufthöhle gekrümmt it, nach der nun nach hinten zu convex gewordenen Fläche der knöchernen Bruft- höhle nicht richten, es raget mit feinem innern und obern Rande mehr hervor, wird da mehr von dem Thorax entfernt und berühret ihn in weniger Puncten. ie h Das viereckige Band des Schulterblat- tes hat Sömmerring verknöchert gefunden k), vielleicht bey einem Greife ? Von k) Obf, anatom, patholog. i) Diff. cirar, k)Syndesmol 08. Pag. 34, 56 rag Von dem Ober- und Vorderarmknochen , finde ‘ich nichts dem Greife Eigenthümliches bemerkt; doch wird man auch hier bey genauerer Unterfuchung: noch mehreres entdecken. So leiden, wie ich glaube, die Glieder der Fingergelenke bey denen Greifen, bey welchen die Hände zufammengezogen und rigide find, Die Lage der Glieder in den Gelenken "weichet in fo ‘fern ab, dafs die einzelnen Gelenkköpfe den ihnen entfprechenden Gelenkflächen nicht gerade, fondern unter einem\gröfsern oder kleineren Winkel anliegen; dadurch kann leicht eine ungleiche Dicke der Knorpel entftehen, welche das Ende der Glieder bedecken, da der gegen die hohle Hand zu liegende Theil durch den Druck der Glieder dünner wird, der gegen den ‘Rücken der Hand zu liegende aber, welcher weniger gedrückt wird, feine natürliche Dicke behält, End- lich kann auch durch diele Krümmung der Glieder be- wirkt werden , dafs die Bänder des Rückens der. Hand ausgedelinter, die der hohlen Hand aber zufammenge- FoBnder und kürzer werden, Bey Betrachtung der untern en finden wir, dafs die Richtung des Schenkelbeines defto \mehr verändert werden müffe, je mehr der Menfch im hohen Alter vorwärts und mit gebogenen Knieen gehet. Wie das Schenkelbein mit der Pfanne vorwärts einen Spitzen Winkel bildet, fo gefchieht daffelbe mit dem Schienbeine rückwärts und es gehet von dem Becken bis zum Knie in einer fchrägen Linie herab. Daraus folget auch, dafs der Kopf des Schenkelbeines mehr gegen die hintere Fläche der Gelenkpfanne zu liegt, und die beiden Gelenkknöpfe etwas rückwärts ge- neigt ur — 57 neigt auf dem Schienbeine ruhen. Wenn das Knie (gebogen if, fo wird das hintere Kreuzband rückwärts gefpannt, das vordere hingegen wird fchlaffer, bleiben ‚diefe Bänder lange in der angegebenen Lage, fo läfst fich vermuthen, dafs ihre ganze Befchaffenheit verän- dert werden wird. Wahrfcheinlich erleiden auch die mondförmigen Knorpel und die zur Abfonde- zung des Gelenkfaftes beftinmmten Fettklümpchen eine Veränderung, doch find darüber noch keine Beobach- ‚ tungen bekannt. Schreger fand bey dem oben er- wähnten Greife diefe Theile unverändert. In der Kniefcheibe bemerkt man bey alten’ Leuten faft- lofere Markzellen 2). Bey denen Greifen, welche mit .gebogenem Knie "gehen, wird die Richtung des Schien- und Wadenbeines geändert; fie fleigen ‚von dem Schenkelbeine aus fchtäg herab und bilden mit deın Mitteifulse einen fpitzeren Winkel, Daher 'berühret die eine Gelenkfläche des Schienbeines mit ihrem vordern Theile die Gelenkköpfe des Schenkel- beines weniger, als mit ihrem hintern und mittlern; die andere ruhet aber mehr auf dem Schienbeine, Sehr häufig findet man bey Greifen Ancylofen der Zehenglieder, befonders des dritten Gliedes der kleinen Zehe mit denı mittlern; bisweilen bemerkt man fie aber /such fehon bey jüngeren Menfchen, wozu die Geftalt der Schuhe wol viel beyträgt m). Die Sefamknö- chelchen find gewöhnlich bey ftarken und arbeitfa- ‚men Gieilen weit größer und ausgebildeter, als hey ’ jüngern ’) La ngguth de fractura patellae. Viteberg. 1745. m) Blumenbach Gefchichte der Knochen, pag.33. Haze- mever de fibr. fenil. pag. 16, 58 no jüngern Menfchen, bey fchwächeren und bey folchen, welche eine fitzende Lebensart führen, Bisweilen wird auch ihre Anzahl vermehret r). Zweyter Abf[chnitt. Befchreibung der Muskeln. 9 12. Von den Muskeln, Gleich den Sinnesorganen verlieren auch die zur Bewegung befiimmten Theile bey den Greifen ihre ‚Stärke; daher tragen und bewegen fie nur,mit Mühe: ihre zitternden Glieder 0). Das Muskelfleifch,, befon- | ders dasjenige, welches fchon von Natur dünner ift, 2. B. die Muskeln des Gefichtes und der Ohren, die Fleiichhaut des Halfes, der Hodenmuskel werden blaffer p) ; wir können diefe Veränderungen wol von der. Verfchliefsung mehrerer Gefäfse, von demMangel des Blutes und des Sauerftoffes herleiten; fie kommen | hierin mit den Muskeln der jüngern Menfchen überein, denn je jünger die Menfchen find, defto blaffer find die Mus- | ») Blumenbach l.'c. pag. 463. Crell de ofibus fefa- moideis, Helmft. 1746. pag. 30. Bertin Oftcolog, überf, von Pflug, 4 B.pag. 134 et 135. Heifter compend, anateınic. Nurimberg. et Altdorf. 1732. T. I. pag. 59. o) Haller el. phyf. Tom. VIII. P. II. S. III. pag. 87. „Mus- } culorum omnium fumına eft debilitas, ut amiffo ufu do- mus in eubiculum, inde in lecrulum fe recipere cogantur, fuftinendo corpori impares.: Hine omnia animalia vetula torpida; etiam alacer canis, et bellicofus leo.” 9) Sömmerring Muskellehre, pag. 59. Te TIER 59 Muskeln 4). Das Gewicht der Muskeln nimmt bey - den Greifen ab; ein Muskel von befiimmter Gröfse aus einem Jüngern Menfchen übertrifft einen von’ eben der- - felben Gröfse aus einem Greife in Rückficht feines Ge- wichtes um ein beträchtliches., Denn je mehr die Muskeln Fett, Gallert und Blut verlieren, defto leichter _ müffen fie nothwendig werden. Eben daher werden - die Muskeln auch kleiner, fie nehmen in Rückficht ihrer Länge und Dicke beträchtlich ab. Das Zellge- webe, welches die einzelnen Muskeifafern und Bündel vereiniget, und ihnen zur Scheidewand dienet, wird " feines Fettes und Saftes beraubt, vielleicht auch felbit weggelogen, es treten daher die Muskelfiebern‘ näher 2 an einander, der Muskel felbft wird härter und rigider r)- Da jene gröfsern Theile des Zellgewebes, welches die einzelnen Muskeln trennt, feines Fettes beraubt, leer, zufammengefallen, bisweilen nur mit etwas ölichter Materie angefüllte Zellen befitzet, fo find die Glieder der Greile grölstentheils mager, man fieht und fühle "jeden Muskel deutlich, gleichlam getrennt unter der * Haut, vorzüglich bemerkt man diefes bey Greifen, welche ftark arbeiten oder in Armuth leben. Doch "findet man diefes nicht fo deutlich bey allen Greifen, befonders bey denjenigen, welche eine dieler entge- gengefetzte Lebensart führten, gute Nahrung genoflen haben, ruhig und ohne Sorgen lebten. Diefes war der Fall 4) Danz Grundrifs der Zergliederung des neugebornen Kindes, Th. 2. pag. 2. 7) Welcher Unterfchied zwifchen dem Fleifche von einen Kal- be und einem Ochfen ; das von demfelben, nur dem Alter nich verfchiedenen Thiere koinmt? Haller a,a.0.5.71, &o Fall bey dem Greife, von welchem mir Herr Hofrath Lofchge einige Bemerkungen mittheilte. Das Mus- kelfeifch nimmt bey vielen Muskeln in Rückficht der Sehnen ab und häufig findet man zwifchen den Muskel- hebern' Sehnenfafern s); die Muskelfafern werden aber nicht felbft durch das Alter in Sehnen verwandelt; wie einige glaubten, fondern es liegt diefer Erfeheinung wahrfcheinlich eine andere Urfache zum Grunde, davon ich unten fprechen werde. Einige bemerkten in den Muskeln der Greife etwas Seirrhöfes oder etwas Knochenartiges 2). ''Die Fafern der Fleifchhaut des Halfes find fehr deutlich.und wie eine Sehne gefpannt; weil der nun feiner Zähne beraubte Unterkiefer in die Höhe gezogen ift. Vermmthlich werden bey den Greifen, bey welchen der Kopf und das Rückgrad vorwärts gebeugt ift, die Austtrecker des Kopfes, Halfes und Rückgrades, durch die lange Dauer, welche dem Körper in diefer Befchaf- fenheit bleibet, verlängert, die Beuger derfelben aber kürzer. Daffelbe findet wol auch bey den Muskeln der Hände und Schenkel Statt, wenn fie zulammenge- zogen find. Die Bauchmuskeln, befonders die geraden, werden fich auch zufammenziehen, weil bey ge- krümmtem Rückgrade die beiden Infertionspuncte, die knöcherne Bıiufthöhle und die Beckenknochen, fich nähren, : 9 13: syHallerl. ec. -t) a. a, 0, S. 80. Auch zwifchen den Baekermuskein’ follen häufig bogenförmige Kuochenftücke gefunden worden leyn. Man vergl. Haller’s opufc. path. obf. 45. Garengeot Hift, de Acad. d.'Sc, 1726. S. 34. : ‘ r' ——— 6L. R. Ar er Y Von den a N Man hat beobachtet, dafs die Sehnen Me zuneh- n endem Alter länger x) werden, und dafs fie im ‚hohen | Alter am längften find. Auch Ahre Zahl foil fich ver-, belen, V ielen hen es daher wahrfcheinlich, dafs die - Fieifehfalern dusch den Gebrauch und eine gewills ‚ Metsmorphole ‚in Seh nen verhärtet w ürden, ‚Murray, unter, Sömmerring,, Mecke el, und andere v) } ben eine tolche Veränderung bey.) Jüngeın Menichen e erworten ı und aus ah Gründen ifk ke ‚wol auch, bey Gseilen nicht auzunehmen, Mir fcheinet folgende ulache dielen Velen jerung, mehr Wahricheinlichkeit iu u haben: die Seunen find wol aıs eine. befondera, Fouierzung des zwilchen den Muskeln Jiegenden, Zellgewebes anzufchen. Wenn nemlieh das. Zellge-, che; weiches die an Muskelfaferbündel umgiebt, von den Muskeißeifche ganz abgefondert, diefes ver- läfst und über ‚daffelbe hervorgehetz. fo geht es nach, yeränderter, Befchaffenheit und Form in eine Sehne, | Die Muskelfafer- und Bündel find alfo.mit Zell» { vel e, welches zwifchen ihnen durchgehet, umgof- Wenn nun das Muskelfleitch in dem Alter der nge nach gegen den Bauch des Muskels zu fich zu- men zu ziehen beginnt, {0 mufs fie fich nothwen- dig oden der Muskelfubflonz verlieren; daher it nun derjenige. Theil des Zellgewebes, welcher au #) Marrheir praelect, phyf. Tom, Il, pag. 544, it. Tom, II, pag.41. Boerhaave praclect. Tom. VI. pag. 143, w) cf, Danz I, c. pag. 2, 6 = 10, 62 —, N an den Enden der Muskeln verborgen und 'gleichfam eingehüllet lag, aus der Muskelfübftanz hervor, und auf diefe Weife [cheint nun die Sehne länger zu wer- den. Das Zellgewebe zieht fich aber mit der Muskel. fubftanz nicht im gleichen Verhältnilfe zufammen, weil der Muskel mehr Contractilität befitzet. Alle Sehnen werden dünner, befonders da, wo. fie an den Knochen befeftiget find, weniger bemerkt man diefes bey dem weiblichen als bey dem männli- chen Gefchlechte, da jenes gröfstentheils einen fchlaf- fern Bau befitzt, als diefes w). Mehrere beobachteten | Streifen und Concretionen von Knochenmaffe in den Sehnen &). Heifter bemerkt, dafs fich bisweilen bey alten Menfchen ein Sefambeinchen in der Sehne des langen Wadenbeinmuskels finde y). Häufig ver- knöchetn die Sehnen der Vögel, wenn fie alt wer-- den z); aber die knöchernen Spiefschen, welche man zwifchen den Sehnen der Fuls- und Rückgradsmuskeln. diefer Claffe von Thieren findet, find ihnen angebaren, denn man bemerkt fie fchon bey fehr jungen Vögeln, | E F.| $. 14 j | w) Fifcher I, c, pag. 29. j j x) Haller l,c. Trew chylof. fet, pag. 49. In dem zwey-, köpfigen Wadenmuskel des Hundes, Affen, Menfchen, in der Sehne des langen Wadenbeipmuskels. Man fand die Sehnen des Schenkels und Fufses faft knöchern, Man fehe/ |} Vesling obf. anatomic, et epiftol. med. pag, 15. ‘F # 5) Comp, anar. T. I. pag. 303. x) Fallopia de partibus fimilar. cap. 19. Stenon de mufe, et glandul. pag. 28. Boerhaave praelecı. T. 111. pag. son. I „Gallus, qui adeo molliculus pullus fuit, poftquam annis revolutis effraccus eit, olleos in pede ınufculos «e tendines, haber."” | pr men 63 8,214: r Von den Schleimbeuteln der Sehnen, Man findet bey den Greifen weniger Schleimbeu- tel, es fcheinen einige, nachdem fie ihrer enthaltenen Flüffigkeit beraubt worden find, zu verwachfen, klei- ner oder wie die Zahnzellen weggefogen zu werden, Nach Koch.) werden fie kleiner. Monro 5) fand in dem Leichname eines'Greifes, dafs einige Schleim- beutel mit dem Gelenke Zufammenhang hatten. Diefes beobachtete auch Scarpa c). Vielleicht wird durch die Reibung der Muskeln die Wegfaugung an diefen Stellen der Schleimbeutel fo vermehrt, dafs fie endlich zerfpringen. Doch fcheint dadurch die Bewe«- gung der Theile nicht fehr zu leiden, n Dritter Ablchnitr. Befchreibung der Haus ß SEN HITS. Von der Oberhaut, dem Malpighifchen Schleime und dem Fette. Die Befchreibung der allgemeinen Bedeckungen des Körpers und der Haare wird von vielem Anatomen j unter a) Unterfuchung des natürlichen Baues der Schleimbeutel, aus dem lar, Nürnb. und Altd. 1795. pag. 25. Gerlach de burfis trend. mucos. in capite er collo reperiundis, Viteb, 1792. pag. 23. b) Defcription af all the Burfae mucofae etc, pag. 9. 30. Tab. 1, D. Tab. 111. Z. Tab. VII. fig. 1.2. 3. e) Quem ciravit Biermann de corporibus juxta articulos mebilibus, Wirceburg 1796. pag. 27: 64 x —. unter der allgemeinen Abtheilung von den Eingewei- den abgehandelt, mir fcheint diefes aber nıcht der sechte Ort zu feyn, deswegen will ich ..diefe Theile unter einem eignen Abfehnitt betrachten, "Die Ober- haut der Greife hat miehr und tiefere Furchen, lie fchuppet fich in kleineartigen Schuppen ab,befonders auf: dem Rücken der Hanl, der Stirne und den Armeh, Der Malpighifche Schleim oder das Netzhäutcehen'verändest feine Farbe, 'wird bleich, braungelb, olivenfarben; bey Negern veılieret es gegen das febenzigfle Jahr. feine fehwarze Farbe und wird endlich'gelb d). Das Fell hängt defto fefleran’den unter’ demfels, ben liegenden Theilen je mehr das zwilchenliegende, Zeilgewebe zufammengeprefst und desFettes beraubt wird. Diefe Zufammenziehung. und der Mangel des Fettes verurfacht auch, dafs die Haut der Greife fich faltet, und diefeserfolgt an verfchiedenen Theilen nach. einer gewiflen Ordnung, To dafs die Theile, wel» che frey herunter hängen’ oder viel bewegt werden, fich früher runzein. Daher zeigen tie fich zuerft an den Augenliedern, dem äufsern Augenwinkel, an der Stirne und an den Seiten des Halles. Schr genau be- obachtete Camper die Richtung ‚der Runzeln e); nach ihm laufen die Runzeln des Gefichts immer nach der Lage der Muskelfiebern; die Stine durchfchnei- , den fie allo fchrege; um die Augen laufen fie ftrahlen- förmig, an dem, Halle fchrege und einigermaafsen mie 4) Blumenbach de generis humani varietate nativa, Gött, 3776. pag. 54. ei: ib. Wilh, Jo, Müller de foeru pag. 279, Mich, Hemmerfam Weftind. Reif, pag. 38, e).l. 5, Pag. 44: $. 6. s i PR 65 mit dem Anfange des Untefkiefers gerollet und wel- lenförmig. Die Haut wird härter und rauher f), da das Zeilgewebe, welches fie bildet, nicht mehr faftvoll ift, fo ziehen fich ihre Zellen immet meht und mehr zufammen. Dazu trägt auch viel bey, dafs unzählige Gefäfse gefchlöffen und durch ftockendes Blut verftopft werden. Diefes letzte bemerkt man debtlich an den Wangen und der Nafe der Greife, bisweilen ift an die- fen Theilen die Haut mit varicöfen und verflöpften ' Venen wie von einem Netze überzogen. Die Haut ünferes Körpers wird an einigen Stellen nicht allein mit denen Feuchtigkeiten, welche die Arterien aus -bauchen, fondern auch mit einer gewilfen fettigen Materie eingefalbet, welche die Schmierhöhlen der Haut äbfondetn g). Mehrere diefer “Schmierhöhlen werden in dem Alter verftopft und verfchwinden, tınd fo wird die Trockenheit der Haut noch vermehret, Befonders gefchieht diefes an den behnarten Theileni des Kopfes, um die Nafe, die Ohreti unter den Ach- feln und in den Weichen, da diefe Theile mehr alg - Andere im jugendlichen Alter mit diefer Fertigkeit eingefalbet find. Von diefen mit ihrer eignen Fettig- keit angefüllten und verftopften Bälgen rühren viel- v leicht jene Hügelchen her, welche man häufig um die Nafenflügel der Greife bemerket , die öfters auch mit einem f) Haller Fl. Ph. Tom. VI. S. 111, pag. 87 fo hart, dafs . man fie kaunı zerfchneiden konnte, — Diefe Trockenheit und Härte der Haut ift vielleicht eine der Urfschen des fchwachen Gefühles derGreife, Sömmerring, Nerven- lehre, S. 147. g) Ludwig de humore cutem inungente, Lipf, 1723. Arch, f. d. Pbyfist, W1, BA. I, Heft. E 66 ——— + einem fchwarzen PunetBezeichnet fi nd, wenn man diefe letzteren nicht etwa für die Enden verfloplter Ge fäfse halten will. ; Y j: ob $. 16. #" Von der Fetthaut und dem Fette. j Das unter der Haut liegende Zellgewebe, ltr in der blühenden Jugend mit Saft und Fett mäßig erfüllet jenen zarten, fo gefälligen Bau und jene ein- nehmende Bildung bewirket, wird faftlos, die Zellem ziehen fich zufammen und es entftehet dadurch, der dem Alter eigne Habitus. Von der urfprünglich gröfseren oder geringeren Zartheit des Zellgewebes hängt es wol auch ab, dafs einige früher andere. fpäter diefes, dem Alter eigne Anlehn bekommen h). Denn je zarter es ift, defto Schneller wird es zufammenfallen und welk werden, Daher kommt jenes zwar ‚nicht feine abet volle Ausfehen der Landleute; bey gewiflen Familien if es aus derfelben Urfache gleichfam erblich, dafs alle diejenigen, welche zu ihr gehören, defto früher ver- blühen und fchon im früheren Alter die Spuren der alles verzehrenden Zeit tragen, je zarter ihre Bildung in der Jugend if. Das in den Zellen des Zellgewebes liegende Fett wird gelber, ehe es weggefogen wird, und zwar nach Ackermanns:) Zeugniß, vorzüg- lich bey alten Weibern, Diefer Mangel des Fettes ift die kb) 1, F, Ifenflamın progr. de tunica cellulofa p, II, 3) a. a. 0, S, 13. Es gilt, diefes auch von Thieren, befonders von den Ochfen, bey denen das unter der Haut und im Inneren des Körpggs liegende gelb wird, — 6 b die Urfache, dafs die Zwifchenräume zwifchen gewif- - fen Theilen, welche man ehemals, da fie ausgefüllet waren,nicht bemerkte, nun blofs liegen, und die Ober- ‘fläche des Körpers ungleich und durch Gruben gleich-- fam uneben machen. Daher bemerkt man nun faft jede einzelne Lage und Richtung der Muskeln und Sehnen, die nun gleichlam durch Gruben und Eindrücke ge- trennt werden. Dielesgefchieht vorzüglichin der Gegend der Backen, der Jochbeingrube,, des Kopfnickers, auf dem Rücken der Handund des Fufses, um die Sehnen ‚ der Ausftreckemuskeln und um die Kniekehle. Die Knochen; welche nicht mehr mit Fett umgeben find, zagen hervor; z.B. die Jochbeine, die Winkel des - Unterkiefers; die Schlüffelbeine, die Rippen, die Schuiterblätter liegen faft blols; die Grube unter dem Bruftbeine ift tiefer; fehr auffallend ift die Hervorra- gung der Hüft- und Schambeine, der Sitzknorren, der Kollhügel des Schenkelbeines und des fchneidenden Randes der Schienbeine, Es ift merkwürdig, dafs man bey Greifen, deren äufsere Theile alles Fettes beraubt find, innerlich z. B. um das Herz, in dem Gekröfe, eine nicht geringe Menge Fettes findet k). . A ‘ Kan $. 17 «Von den Haaren. Die Haare find trocken, härter; fie fangen an der ‚Spitze an weils zu werden und endlich, wenn fie des ö E32 Saftes k)Ruyfch adv. D. If, ar. 7. Keil philof, Transact, 1,c, Morgagn, epift, II, art, 20. Lofchge fand an der äufsern Fläche/des Herzens, in dem Gekröfe, um die Nieren, des fchon öfters erwähnten Greifes, fehr viel Fe, vr —— Saftes, von welchem die Farbe abhängt, beraubt find, werden fie endlich ganz weils. Diefe Veränderung ent- ftehet bisweilen früher und kann auch durch mancher- ley Künfteleien bewirkt werden Z!). Nach einem ge- wiffen Naturgefetze zeigt fich die weilse Farbe gröfs- tentheils zuerft an den Schläfen, verbreitet fich von da über das übrige Haugthaar, dann über die Augen- braunen, Augenwimpern, endlich über den Bart, die Haare an der Scham und unter der Achfel m). Die kraufen Haare werden fpäter weifs, als die glatten, die fchwarzen eher, als die von anderer Farbe. Haare, welche fchon lange Zeit grau find, haben kleine Wur- zein, wenn|fie auch felbft lang find, die Wurzel fteht nieht mehr wie ehemals mit der Länge und Stärke des Haares im Verhältnife 2). Haller führet.an, dafs die Stärke der Haare von dem achten Jahre bis zu dem 22ften von 10309 bis zu 12967 Theilen und bis in das 57fte Jahr bis zu 25000 Theilen, alfo beinahe |# Theil zunehmen. Bey einem andern Verfuch fand man die Stärke der trocknen Haare im achten Jahre 7812, im 22ften aber 14285, beinahe noch einmal fo viel, und im 57ften Jahre 42222 Theilen gleich; alfo betrug die Zunahme faft wieder 12 Theil 0), Nun ift noch 3) Es wird diefes .befonders auch durch den Gebrauch der Brenneifen und Salben bewirkt, befonders derjenigen Bi... ; 3 » welchgömit Hirfchunfchliet bereitet find, m) Withof anatome pil. hum, in Commentar, foc, Reg. Gott, 1753, Tom, Il, pag. 374- n) 1. c, pag« 372. ’ e) 1. cı pag.69.citante Robinfen EI, on animal oeconomy, Pagı 519 et 320, . — 6 noch zu unterfuchen, wie fich die Stärke der Haare im höheren Alter verhält. Buffon p) und andere find der Meinung, die Zähigkeit der Haare vermindere fich, wenn fie grau würden, und man könnte fie leichter zer- seilsen. Aus gänzlichem Mangel an Nahrung fallen endlich die Haare aus; vielleicht trägt auch die Weg- faugung des Fettes etwas dazu bey, da die Thiejle, an welchen fich kein Fett befindet, haarlos find, z.B. die männliche Ruthe, die Augenlieder; die Haut aber, unter welcher Fett liegt, mit Haaren bewachfen ift, und auch im krankhaften Zuftande Haare mit Fett verbun- den gefunden werden g), Zuerft fallen die Heare auf dem Scheitel und um.die Schläfe aus, fpäter und felt- ner die an den untern Theilen der Schläfe und an dem, Hinterhanpte befindlichen, . Man erzählt ‚Fälle, dafs graue Haare ihre natürliche Farbe wieder erhalten haben r), und dafs itattden ausgefallenen neue gewach- fen feyen 5). Die Meinungeiniger, dals nur die Männer, nie p) Hilft. nat, Tom. II, pag. 526. 4) Haller. c. Tom. V. pag. 32. „Adipem veram pilorum fedem efle, evidenter conftar exemplo partium humani corporis, in quibus fubinde virio pili nafcuntyr. In jis oın- nibus adeps eft, cum neque epidermis fir, neque reticulum, neque cutis. In ovarii acheromate plenas cellulas pilis ni- grisque ipfe vidi?” cer. 7) Withofl.c, pag. 381. „patrieii viri Donatus memi- nie, cui pilus, ab aetare canus, colorem tamen ex luteo viridefsentem ultimo iterum fponte fua acquifivie,? ») Conradi a. a, O. S, 64. Bey einem fechzigjährigen alten Weibe wuchfen neue Haare. 10 r | nie die Weiber kahl würden 2), wird von Söimmer- sing widerlegt x). Richtig ift aber die Bemerkung, dafs häufig bey alten Weibern Härchen und bisweilen mehrere Linien lange, dicke Haare um die Lippen und das Kinn wachfen. Es ift' merkwürdig, dafs. hier neue Haare wachlen, da fie an allen übrigen Theilen aus- fallen, Vierter bl eiintänk: Defphmesbing ae Eingeweide As'T. ’ Die in dem Kopfe liegenden‘ Organe, $...18. Von dem Auge und den Thränenwegen, ; \ Der Augapfel hat mit den übrigen Theilen des Körpers beym Greife gleichesfSchickfal, er. verlieret jenes ftrotzende Anfehen, wodurch er in dem jugend- lichen Alter lebhaft glänzet, wird faftlofer und zufam- mengezogener. Daher ift das Auge weniger convex»), und da fich die Theile mehr nähern, fo wird feine Axe kürzer, Wegen des Mangels an Fette, wird der Aug- apfel 2) Buffon hift, nat. Tom, II. pag. 388. Agtippa deno- bilitate er praecellent, et, Lotich de praeftantia fexus fem., Gothaer Hofkalender zum Nutzen und Vergnügen, 1771. pag, so, | #) Baldingers Journal, St, 2, pag. 88. ©) Haller el, phyfiTom, V. pag, 365- — 7ı apfel in die Augenhöhle zurückgezogen zw), To dafs felbft die Goncavität deflelben fichtbar wird. Die Horn- “haut wird flacher x), diefes ift eine Urfache der Weit- ‚Jichtigkeit der Greife y); denn je flächer fie ift, defto weniger bricht fie die von den Objecten kommenden Strahlen, Es fallen daher nur wenige auf die Cryftall- ‚linfe, und auch diefe find noch fehrdivergirend, Io dafs fie erft hinter der Nervenhaut in einen Focug vereiniget werden, wenn fie nicht von einem fehr entfernten Objecte kommen.‘ Daher müffen fich die Greife con- _ vexer Gläfer bedienen, um entfernte Objecte zu fehen. Die Hornhaut wird grau und dunkelz), ja im höhern Alter runzlicht und dichter, einem Horne oder feuchten Knorpel ähnlich a). Home 5) hält für waht- fcheinlich, dafs die Hornhaut im Alter ihre Elafticität verliere, und glaubet, es fey diefes eine Urfache, dafs die Greife die Augen nicht mehr gehörig gefchickt machen können, um nahe undjentfernte Gegenftände zu fehen und deutlich zu erkennen ce). Mauchart a) Boaiy wid Re be- Iak sd w) Tefta lc. Vol. II, pag. 204. x) Haller I. c. Tom. VII, S. III, pag. 69,, _ j y) Haller l,c, Tom, V. pag. 359. IM. Richter Anfangs- gründe der Wundarzneykunde, 3 Theil, pag, 499- z) Haller l,c. pag- 360. er a) Galen. de ufu part, ed. Charter, L, Xuc. 5. 5) Haller 1, c. Tom, VIILS, III. p. 69. ce) Reil Archiv für die, Phyfiologie, 2 B. Hal. 1797. Pag. 50% d) Diff, de maculis corneae. Tubing. 1743. in Hallers Coll, difl, chir, T. 1. Richter 1. c, Ki; 29° 72 — befchreibt einen den Greifen fehr gemeinen faft beftän- dig eignen Fleck unter der Benennung Gerontoxon oder Arcus fenilis, welcher oft den ganzen Umkreis oder den äufsern Cirkel der Hornhaut oder einen Theil derfelben einnimmt; er fängt in Geftalt eines Cirkels oder wenigftens Segmentes von dem äufsern Rande der Hornhaut dn und breitet fich in der Gröfse von mehr denn einer Linie gegen den Mittelpunct der Hornhaut aus, gewöhnlich ift er gelb oder bläulich weils, felten gelblich oder braun. Diefer bagenfürmige Flecken ift beftändig, im höheren Alter nimmt er bisweilen an _ Länge und Breite und Dunkelheit der,Farbe zu, doch ohne irgend eine üble Folge oder Beichwerde und ohne dem Sehen nachrheilig zu werden. ‚Er entftehet durch Gas nähere und feftere Anliegen der einzelnen Platten der Hornhaut unter fich, nachdem die zwifchen den-- felben befindliche Feuchtigkeit vertrocknet jft, Die weifslich gräuliche Farbe der. weifsen Haut wird in eine graue verwandelt, einige haben fie ver» knöchert gefunden e). Home’s Verfuche beweifen, dafs fie gleich den übrigen Häuten rigider wird, er hat die Diameter der Augen in verfchiedenen Altern gleich nach dem Tode im natürlichen Zuftande, und nachdem er die Häute mit Luft angefüllet hatte, ausgemeffen, Er fand, dafs die Axe und der Diameter der Augen vor dem füunfzigften Jahre verändert werde, wenn man Luft in das Auge bläfer, in diefem Alter finde aber dann keine. Veränderung mehr ftatt f), Taylor hat be e) Haller I. c. pag, 78. f) Reil Archiv 1. c. paz, 434. - 73 beobachtet, dafs die äufsere Fläche der Aderhaut bey Greifen weils g), und dafs die innere blaffer werde und gleich den Haaren ihre Farbe verändere, haben Marcus Mappus }), Petit :) und andere bemerkt, welche nach ihnen Befchreibungen des Auges heraus-- gegeben haben; Zinn k) leitet diefes von dem Ver« fchwinden und Verwachfen der Blutgefäfse her, welche ehemals die Flocken der innern Fläche diefer Haut aufrichtete. Walter fand die Aderhaut verknöchert 2). Der _braunfchwarze Schleim, welcher die Aderhaut überzieht, ift bey den Greifen wegen der verminderten Abfonderung fchwächer. Die Zona cilaris fand man felter m). Morgagniz)und Haller o) fahen an der Stelle der Nervenhaut ein knöchernes Concre- „ment und Blegny p) führet Beyfpiele von andern Theilen des Auges an, welche in Knochen verwandelt wären, g) Tr, de mechanifme de l’oeil, pag, 23, 5) De oculi hum. partibus er ufu. Argent, 1677. Conf. Blu- menbach de oculis Leucaethiopum er iridis motu com- mentatio, Goett, 1786. „‚Noftris in regionibus canefcen- tibus annofis hominibus pari modo pallefcere choroideam, pridem obfervatum legimus,” #) Mem, de l!’Acad. Royal. de Sc. 1726, pag. 79. k) Def, deul hum, Goett, 1755, Pag» 44. b 1) Anat, Mufeum, r. Th. pag. 147. m) Haller l,c. Tom, V. pag, 393, m) De fedib, er caufl. morbor, Epift, LIT, art, 30, 0) Opufe, pathologic, Obf, 65. conf. Zinn in Hamb, Magoz, T. XX. pag. 439. ?) Zodiac, med, gall, ann, ı, April, Journal des Scavans, Tom, VIIL.-pag. 148. 74 — waren. Schreger fand die Nervenhaut bey dem ' oben angeführten Greife nicht fo weich und dick wie bey jüngern Menfchen, fondern zäher und trockner. Der Rand des gelben Fleckes der Nervenhaut fah Sömmerring bey Greifen blaffer; Michaelis fagt folgendes überdiefen Gegenftand :” In bejahrtenKörpern varüirten die Erfcheinungen in Rücklicht der Farbe des Flecks, die bald dunkler, bald fchwächer war, fowohl als in Anfehung der Falte fehr, die zuweilen ganz fehlte, zuweilen noch fehr deutlich war. War die Falte verfchwunden, fo erfchien die dünne Stelle wie ein tief gefärbter Punct. Im ganzen fchien die Falte mit zunehmendem Alter und daher abnehmendem Ge- fichte kleiner zu werden, und die Veränderungen in der Farbe ftanden mit der mindern oder mehrern Hel- ligkeit der Hornhaut und der Feuchtigkeiten des N | im Verhältniffe g).‘“* Die Iris verändert ihre Farbe; die Sehe wird | enger, fie öffnet fich bey Greifen nicht fo weit als bey jüngern Menfchen r). Die wäfferige Reuch- tigkeit wird bernfteinfarbener s), dunkler, ihre Men- geund Gewicht nehmen ab; ihr fpecihifches Gewicht in dem jüngern Menfchen verhält fich zu dem Brunnen- Wafler = 975 .: 1000; bey den Greifen — 992: 1000 ?). q) Journ. d. Erf. etc, St. XV. +).Haller Tom, V. pag. 410. s) Haller I, c, Tom. V. pag. 376. et 77. ?) Haller l. c. pag, 378. citant. Bertrandi, N Die in nn — 75- " Die Cryftalllinfe wird dunkel, gelb, ebener, härter w). Zinn fagt davon: „vom a5lten oder 3often Jahre an wird die Cryftalllinfe allmählich etwas weniges | gelblich, diefes nimmt immer zu, fo dafs fie im 7often ‚oder often Jahre fchon der gelben Farbe des Bern- feines gleichet, doch ift fie durchfcheinender und "gelblich glänzend.” Petit hat diefe Veränderung zu- ‚erft beobachtet v). Am häufigften fah ich diefe gelbe Farbe in dem Mittelpuncte anfangen, von da breitete ‚die fich mit zunehmendem Alter gegen den Umfang aus, do dafs.die weiche Subftanz, welche den gelben Kern . umgab, an der gelben Farbe nicht Theil nahm. Diefe gelbe Farbe rühret, wieich glaube, von der gröfsern ‚Feftigkeit her, welche in gleichem Grade ‚von dem goften Jahre an zuzunehmen fcheinet, eben fo vom Mittelpuncte anfängt und fich gegen den Umfang ver- breitet, fo dals die gelbe Farbe und Feftigkeit mit ‚zunehmendem Alter vermehrt zu werden fcheinet. Da in dem zunehmenden Alter die kleinften Gefälse' ver- Avachfen und nach und nach rigider werden, fo fchei- net weniger Flüfligkeit, welche fich zwifchen den ‚dünnen Blättchen, aus denen die Cryftalllinfe befteher, befindet, zuzufliefsen und abgefondert zu werden. Doch bleibet ") Haller 1, c, pag. 376, 377, 397, 400. Petit in mein, de V’Acad, Roy, de Sc, an. 1721. pag. 113. Boerhaave prac- lecr. T. IV. pag. 189. Doch bemerkt Zinn 1. ©. pag. 129., däfs die/Cryitalllinfe nach den dreyfsigiten Jahre die Convexitär ihrer beiden Flächen nur wenig ändere, oder flacher werde, %) Mem, de l’Acad, Roy. de Sc, an, 1726, pag. 81. et 1730. pag. 18. it, Winflow Tr. de la tere, $ 2,4. Morgayni epift, anar, XVII, art, 26. Halicr in Comment. ad Boerliaav. Tom, IV, 6, DXXVIIL ar, c. bleibet die Natur ihren Gefetzen ieh fo getreu, dafs fie diefelben immer bey zunehmendem Alter genau beobachtet. Denn man bemerkt öfters keinen Unter- fchied zwifchen dem Auge eines jüngern Menfchen und eines Greifen in Rücklicht der Farbe, der Convexi- tät und bisweilen auch der Feftigkeit, und auch bey demfelben Menfchen if die eine Cryftalllinfe auf der vordern Fläche convexer und die der andern Seite ge- hörig gebildet; bisweilen findet man felbft die gelbe «Farbe und Feftigkeit in der einen Linfe flärker, in der andern fchwächer. Ift die Linfe, die. Hornhaut und find die Feuchtigkeiten des Auges dichter geworden, fo kann es bisweilen gefchehen, dafs die Greife kurz- fichtig ‘werden, oder dafs wenigftens die durch die flachere Linfe und Hornhaut bewirkte Weitfichtigkeit aufgehoben werde; denn die Strahlen werden defto mehr gebrochen, je dichter die durchfcheinenden Kör- per find w). Einige fanden knöcherne Concremente in der Cryflalllinfe x). (oe Die zwifchen der Cryftalllinfe und der Capfel be- findliche wäfferichte Feuchtigkeit nimmt im Alter ab, bekommt eine bernfteinartige Farbe, und ift . nicht mehr fo rein durchfcheinend y). Der Glaskörper nimmt nach Zinnz) nicht fo leicht wie die Cryftalllinfe eine gelbe, oder über- haupt w)Boerhaave praelect, Tom. IV, 'pag. 248. Richter |, c. pag 490. x) Haller el. phyf. Tom. VIIR Sect, IH, pag. 78. Walter Anat, Mu(. 1. Th. pag. 147. y)Zinnl,c. pag. 130. Morgagnil.e, ey. c.pag. 118, u 7 haupt eine andere Farbe an. Doch fchiem er mir bis- weilen dichter zu feyn, und deutliche weifse Puncte - oder Fafern in feiner Subftanz zerftreuet zu liegen, Von der Verftopfung der Thränenpuncte rühret das häufige Augentriefgn (lippitudo) der Greife her a), - ° Nicht felten fallen auch die Haare der Augen- wimpern und Augenbraunen aus, die zum Abhalten reizender Körper und des zu vielen Lichtes beftimmt find; fie verändern auch wie die übrigen Haare ihre Farbe. Die meilten Greife haben herunter _ hängende und runzlichte Augenlieder, und ihre innere Fläche hat von varicöfen Venen eine»bläuliche Farbe. Aus dem bey den Greifen bald mehr bald weniger Starken Entropium kann man fchliefsen, dafs der Tarfus trocken werde und zufammenfchrumpfe 5). a $. 19. Von dem Gehör-, Geruch- N Gefchmacks - Organe. Da die Haut bey den Greifen herablinkt, fo wird‘ das äulsere Obr derfelben etwas verlängert c). ‘Da ich von denen Veränderungen, welchen die knöchernen Gehörorgane unterworfen find, fchon in dem erften Abfchnitte gefprochen habe, fo will ich hier nur ‚noch einiges von den weichen Theilen anführen, Die Anatomen haben diefes Organ bey Greifen noch nicht genau unterfucht, und ich finde daher wenig Bemer- kungen über feine Verfchiedenheit von der Befchaffen- ı heit #) Tefta l, c. pag. 197. b) Richter 1, c. Tom, II, pag. 496. «) Camper 1, c, pag. 45. 78 $ —— heit in jüngern Körpern. Dafs aber mehreres in dem- {, elben verändert werden müfle, kann man theils daraus fchliefsen , weil diefesOrgan fehr zufammengefetzt ift,; und weil feine Function im Alter fo fehr gefchwächt wisd, ja bisweilen ganz verloren gehet, ' Das Paukenfell d; ift bey den Greifen gefpannter, härter und trockner. Als Usjache giebt Caflebohm die verminderte Menge der Flüfligkeit an, welche in dem Paukenfell abgefondert wird und zur vefeuchtung der. innern Fläche diefer Membran beftimmt ift e).' Nicht wenig trägt wol auch die gelinge Menge Ohren- fchmalz bey, welche nicht mehr fo reichlich abgefon- dert werden kann, da die in dem Gehörgang liegenden Drüfen fafılos werden und zum Theil ganz verftopft' find. Hagemeyer/f) fand das Paukenfellknöchern, und Caffebohm g\ bemerkte in demfelben zwey Knöchelehen bey einem alten ‚Weibe, Nach dem Zeugnifle von eben demfelben, ift es viel flärker bey dem ‚Greife in den Rinnen des Gehörganges befeftiget, als bey jüngeren Menfchen. Uebrigens können wir wahrfcheinlich auch zu denen den höheren Alter eignen Veränderungen diefes Organs die Rigidität des Gehörnervens, der Euftachifchen Trompete, der häutigen Röhrchen, welche Scarpa neuerlich entdeckt hat, eihe geringere Menge oder groise ı a) Caffebohm I, e. Tr, 1IT. pag, 30, e) ibid. pag, 31. it, Wildberg |.c. pag, 298, FI c pag, 16, it, Loefeke Obf, anat, chit, med. 2, pag, ag. nor, i. s EI) 1 C. pag. 30. y . 79 grofse Dichtheit des Waflers in dem Labyrinthe rech- nen, und als Urfache des fchweren Gehörs oder des gänzlichen Mangels deflelben annehmen. Die Nafe ift ihrer Stütze beraubt, weil die Ober- -lippe, nachdem die Zähne ausgefallen find, fich gegen die Mundhöhle zurückbieget, daher ift fie mehr nach aufwärts gerichtet und die Nafenfpitze etwas gekrüm- met, So dafs fie gegen den Mund herabhängt, wie diefes Camper abgebildet hat A); daher fcheinet die Nafe länger zu feyn. ' Die weichen Theile der Nafenhöhlen werden, "wie ich glaube, auch grofse Veränderungen in dem Alter erleiden; fo wird z. B. die Schleimhaut trockner werden, da mehrere Gefäfse und Schleim- drüfen gefchloffen find. Nähere Unterfuchung verdient noch die Structur der Nerven, welche zu derfelben durch die Löcher des Siebbeines gehen, denn vermüth- lich werden die Löcher und Röhrchen diefes Beines verengert und die Nerven dadusch auch verändert, Die Befchaffenheit des Nafenganges ift auch noch "nicht unterfucht; vermuthlich it er bey Greifen mit triefenden Augen (welches bey den meiften der Fall ift) nicht ganz unverletzt und er erleidet. vielleicht durch den Mangel. der befeuchtenden Thränen irgend eine "oiganifche Veränderung. 4 Der oberflächliche Anblick überzeugt uns fchon, dafs die Zunge fchlaffer werde. Nachdem die Zihne ausgefallen find, fcheinet fie länger zu feyn, wie ich oben angeführet habe, und bisweilen ift fie es auch wirklich, da im hohen Alter ihre Wurzel bh) 1. c, pag, 43. Tab, IV, fig. 4, ’ Wurzel nicht mehr gekrümmt liegt, fondern gerade ausgeftreckt wird i), Ohne Zweifel werden die Decken der Zunge, die auf derfelben befindlichen Wärzchen und Drüfen , mehr oder weniger ihre Befehaffenheit verändern. Der Rachen (faucium ifthmus) wird ver: engert, fo dafs er nur kleine Biffen aufnehmeh kann k)i Auch die zur Mundhöhle gehörigen Drüfen ] 2. B, die Mandeln, Ohrendrüfen, Kinnbackendrülen, find denen Veränderungen des Alters unterworfen, welche fie theils unmittelbar betreffen, tlieils von den benachbarten Theilen verurfacht werden. Da der Un- - terkiefer, an welchem die Ohrendrüfen und die Kinn- backendrüfen liegen, fehr verändert wird; der Kau- muskel und die Flügelmuskeln, welche, wie wir wils fen, viel Einflufs auf die Drüfen haben, durch die Veränderung des Kiefers auch leiden; die Wangen, durch welche die Ausführungsgänge gehen, einfallen, zufammengezogen und ihres Fettes beraubt werden: fo können wir wol vermuthen, dafs die Lage und Be- fchaffenheit diefer Drüfen auch verändert werde, J- B. Siebold führt an 2): „die Speicheldrüfen werden im Alter trockner, faftlofer, ihr ganzer Bau zerftöret, und die Abfonderung des Speichels vermin- dert, da mehrere Ab- und Ausfonderungsgefäfse ge tchloflen undrigide werden, B. ‘) Camper 1,c. pag, 4%. k) Fifcher I,!c. pag. 23. 4) Hit, fylt, falival, phyf, et path, confid, Jen, 1797. p, 82. 122. m ——— in euere Eee Ü hm sie niit “ Te B, Behahtung der zu dem Halfe und’ der Bruft- höhle gehörigen Anus ‚art 8, 4.‘ + SUB SER) j Nee : Ss 20, ae „Von dem Kehlkopfe , der Schilddrüfe und der Luftröhre. Da die Haut. und. die Muskeln des 'Halfet feht mager find; fo raget der Kehlkopfmeht her- wor. Det Schildknorpel und Ringknorpel ‚verknöchern öfters und zwar vorzüglich bey Män- nethm); feltner die Schöpfknorpel, von denen bisweilen nur die WERD: BYE blei- A bene. Bey u Greifen tichtet n ch die tu ts Bahn einigermaßsen nach diefer Lage, fo dafs ihre Knorpel nach vorn zu fich mehr zu nähern feheinen: Die Knorpel der Luftröhre werden nieht felten in Kno= ‚chen verwandelt, Morgagni fah fie in der Mitte knös wis. at . u Morgäg ghi adverfar, Vi pag; 59. Sömmerring Ein v4 ei geweiht, pag. 22; 235, 245 Adolphi in act, ph, ıned: 3) Vol; X; Obf, iz. päg. 45; Fallop: Obfeırvat. anat. ed; Colon. 1562. pap. 72. Vefal. de human. cotp, fabriea; FE ÄL. 1343. pag. $. Reaidus Columbüs zähler die Knorpel des Kehlkopfes zu den Knochen, weil man fie T nach ihıi im mätinlichen Alter nicht ällein knöchein,, fon= 9° dern aich öfters ımit Marlkfubftanz erfülle fihder, De re K, Anatöini. 1.1. 2.15, >) Möhgigsi adv. ahatömie, 1. p. 39. bemerkt, & habe zwar bisweilen die Bafıs der Schöpfknorpel zellig und Mit Mark angefüllet, abet nienmls Knöchern gefunden, doch beinerke man auch diefes bisweilen, Bertin I. c - Pag, 169. Söiumerring | c. pag. a5, Arch. f.d.Phyfs VI. Bd, 1, Heft. F En — knöchern, fo dafs beide Seiten nach vorn 'einen Winkel "bildeten 0). Die Khochenfubftanz diefer Knorpel’ift zellicht, fchwammicht, hat viele Zwifchenräume, nicht felten findet man in den Zellen ein wahres Mark und bisweilen ift fie zwifchen zwey fehr dünne Tafeln eingelchloffen. Gernetp) fah den Kehlkopf und die knorplichten Ringe der Luftröhre mit einer knöcher- nen Krufte überzogen, fo dafs man die unter derKrufte liegenden Knorpel deutlich bemerkte. Diefe unächte -Verknöcherung hatte aHo in dem dichteren Zellgewebe, welches die Luftröhre umgiebt, ihren Sitz g). Nach! dem mehrere oder wenigere Knorpel des Kehlköpfes verknöchert find, wird die Stimme der Greife mehr oder. weniger heifer. Diefes wird noch durch die Rigidität der Bänder des Kehlkopfes und durch die Befchaffen- heit der zur Abfonderung des Schleimes 'befimmten Drüfen vermehref) von denen viele verwachfen and ‚eihldretfind; I yuaao Mu sllarawigw ind in Mehrere beobachteten, dafs die Schilddrüfe bey Greifen kleiner wird, als eine Folge der Verfchlie- {sung der;Gefäfßse. Evertze bemerkte einen größsern Zwifchenraum zwifchen don Schilddrüfe- und’ dem Sehäld- | 0) De fedib, et cauff. morb. Epift. XXIV, art, 16. Epift. XV. | art, 18. Litrius vid. Hift. de l’Acad,. Roy, ‚des. ‚Sc. ann. 1706. Obf. nat. 7. in einem achtzigjährigen Manne. Vi- | eudffen Tr. de la ftruet. du coeur ch. 16, fand bey einer | Frau, welche noch einige Jahre älter wat, alle Luftröh- ' renälte verknöchert, 2.) 1. €. pag. 15. er ons. Aa q) Sömmerring I, c. pag. 3. rs = 1 as 83 ‘ Sehildknorpel r). ° Man hat auch knöcherne Concre- mente in diefer Drüfe gefunden s), ih $. 2r Von ‚dem Bruftfelle und den Lungen, "Die Säcke des Brüftfelles hängen genauer mit der innern Fläche der knöchernen Brufthöhle zufammen d). Haller fand das Brüffell callös und härter, als das Fell #5‘ auch knöcherne Concremente fand man, als Folge'des Alters, in demfelben v). In deh meiften Sectionsberichten, von Menfchen, welche ein hohes Alter erreicht haben, finden wir angegeben, dafs die Lungen gefünd waren. In einem fiebenzigjährigen Manne, welchen Löfehge zergliederte, waren die Lungen hie und da mit dem Bruftfelle verwachfen, über übrigens ünbefchädiget. ’Doch werden wahr- ‚Icheinlich die Lungen mehr oder weniger bey denen ‚Greifen zufammengeprefst, deren knücherne Brufthöhle durch das kürzere Rückgrat kleiner wird, Selten hat akaiy san .N9 kaiplian aaa a ha “air nraceuhAuub ans nl ‚nun er guurnd arıd sıla 4 ‚nD Di. de glandul. siyreoid. Lugd. Bativ, 1708, tecuf, in rn. eh, diff. anat, Tom. IV. P. 706. Man finder da« 0 felbft Tab, IM, auch dieSchilddrüfe aus einem alten Kör- per abgebildet, aber fehr undeutlich. r TR a Tl daher Fl 1nl da | gl er el, ph, Tom. VIII. Sect. III, p. 78. I Sömmerring Eingeweidelehre, p. 6, rt "CB 78. a) Hebenftreit de rarioribusquibusdam ofium momentis. Lipf. 1740. Morgagni Epilt, XXI. art. 19. Daflelbe er- eignet fich auch bey jüngern Menfcnen, aber durch Krankheit, 84 = man eine Verknöcherung in den Lungen ge funden w), ; ö ER 5 6. .22. Yon den Brüfen, Die Brüfte, welche bey mannbaren, Mädchen, gleich Halbkugeln etwas feitwärts ‚an der vordern Fläche der Bruft hervorragen,, weich und etwas: fefte find, werden bey alten Weibern kleiner, runzlicht, fchlaffer und hängen gleich einer Hautfaltean der Bruft herab); denn die Haut wird nicht mehr gefpannt, ift fchlaff, da das unter ihr liegende Fett eingefogen ifl x). Je öfter und länger die Haut und Drüfen der, Brüfte, durch Anfammlung der Milch.und durch, ‚das Saugen der Kinder, ausgedehnt und erfchlafft wurden, defto welker pflegen fie zw werden. :Oefters wird ihr Bau fo verändert, dafs fie. gar nicht mehr, ,über den Thorax | erhaben find und falt keine Spur der ehemaligen Er- habenheit zu bemerken ift, ‚Die weise Farbe der Brüfte wird in eine gelbliche, bey denen, welche braune Haare haben, in eine dunkelgelbe; die Farbe des Hofes und der Warzen, in eine braunrothe, braune und bläuliche verwandelt y). Man findet diefe Ver- änderung der Farbe zw&f auch'bey jüngern Weibern, welche Kinder gefäugt haber, aber bey alten Weibern nr wird w)Ifenflamm fand einen fpitzigen Knochen in den Lun- gen eines Greifes , Comment. III. 1773. x) Koelpin Abhandl, von dem innern Bau der weiblichen Brüfte, Berl, 1769. p. aa. x) Günz de mamınarum fabrica, Lipf. 1743. p, 31. 1% ha) — Y 85 wird fie noch um vieles vermehret. Nach Ofian- der z) findet in diefer Rückficht eine grofse Verfchie- denheit Statt. Die Tubercula in dem Hofe der Brüße, welche Morgagni genauer unterfucht hat, werden bey Greifen, befonders bey abgezehrten, fehr klein, nnd bisweilen verfchwinden fie ganz a). Diefes bemerkt man äußerlich an den Brüften; die innern Theile leiden durch das Alter nicht weniger. Das Zellgewebe, welches ehemals die Runde und Völle der Brüfte bewirkte, ift nun feines Fettes beraubt, wird dichter, faft fehnenartig. Jene Lage von fetten Zell- gewebe 5), welches die hintere Fläche der Bruft leicht beweglich an dem Bruftmuskel befeftiget, vereiniget nun, da es rigider it, diefe Drüfe fefter mit dem Thorax. Die Milchgänge werden enger, einige wer- den verftopft, verwachfen und find zur ferneren Abfon- derung der Milch unfähig; wahrfcheinlich werden such einige durch die Einfaugung ganz zerflöret, Die Blutgefäfse und Saugadern werden fehr verengert. - Doch hat man auch Beyfpiele von alten Weibern, deren Brüfte wie in jüngern Jahren anfchwallen, und eine gute Milch in folcher Menge abfonderten , dafs ein Kind dadurch ernährt werden konnte c), Bey einena =) Refultate von Beobachtungen an den Brüften in Denkw, für die Heilkunde und Geburtshülfe, 2, B. 2. St. p. 443. j' ®) Adv. anaton. I. $. 12, p. 10. b) Koelpin .cp. 23. ©) Bodinus erzählt, es habe ein Kind an der Bruft feineı alten Grofsmutter gefogen und endlich fo viel Milch erhal- ten, dafs es hinlänglich 'ernährer würde. Eine ähnliche Gefchich- 8 — einem fechszigjährigen Manne' foll; durch „Sangen Milch aus den Brüften gezogen worden feyn%d).. Bis- weilen fand man. knöcherne Concremente in, (den Brüften alter Weiber e). Oliander bemerkt f), dafs erdige Concremente in den, Brüften von ‚Weibern,ent- ftanden waren, welche einmal, Entzündung; derfelben hatten, eis am A nad eb ifioh oe ee ee RE Die in dem Unterleibe enthaltenen Organe. PR N m DET 51.573 $ er deteur eS EEER Von der‘ Leber und der Milz... ..| 1a Wa Die Leber ift gewöhnlich ‚blaffer und, härter, Einige fanden die äußere Haut mit knöchernen, Cühr erementen befetzt g). ja j An hab Die Haut der Milz war bey einigen Greifen be R EN knorpelartig h) und die En par Sehr En. Gefchichte finder fich bey Henric, ab Hear, ‚Obt, I undein neues Beyfpiel in Hufeland’s Tau Bi Vs St, I, pag. 245. B. ha St, IV. Pag. 49. 5b j d) Mifc. N. C, Ann. v. Dec, III. e) Haller el. phyf. Tom, VIII S, IIT, p. 79. N j' & a2 ir \ ii) “ 5) Sömmerring in Baillie Abioföine des krankhaften Faues u. £. w, Berl! 1794: p. 139. Haller lc. pP er et 79, Zac, Lufitan, Med. Hilt, Lib, I, #) Haller el. phyß, Tom. VII, Sect. III, pag. 79, Bey einem achtzig Jahre alten Manne' war diefe ganze Haut verknö- chert. Man fehe Comment, Acad. Paris an. 1706, Mor- gagni Epitt, VII. art. 9. et si. X. art, 19, 2 er To er u tin an Arne - Ze > Sehr == 37. ren ”» ‚klein. ‚Lofchgei) fand in dem von,ibm zer- gliederten Se die Milz, fchlafier, ihre Scheide dicker; und eine rundliche Knochenplatte in derfelben; B artholin bemerkt k), die Milz fey bey Erwachfe- . nen fchwärzlich wegen des dickern Saftes, mit dem fie . genähret wird, im höheren, ‚Alter grenze ihre Farbe an eine bläulich-graue ... | SEHEN ’süs ER 9.24. - : ©, Von dem Magen und den Eingeweiden. Der Magen ift bey Greifen öfters tunzlicht, feine zufammengezogenien Häute gefpannt und biswei- - len faff knorpelartig 2). Portal) fand ihn bey ‚einem fechszigjährigen Männe fo zufammengezogen, dals'er kaum einen Apfel faffen konnte, doch diefes‘ ift nieht beftändig, bisweilen findet man felbft das’ Gegentheil. 'Lofchge fand den Magen, bey dem angeführten Greife, grofs und weit. In einem 130 Jahre alten Manne war der Magengrund fehr' dünne, die innere Haut aller Runen beraubt I er Pe) ) Bra i ) +51 Die JErnaeN sk 5 j 4 ’ Monie ah 3), Keil in Phil. Transage. G. 1706. nr, 282, bey einem 130 Jahre alten Manne war fie kaum fo grofßs als eine Niere; "bey einem achtzig Jahr alten ‘war fie fehr klein. Man fehe Comment, Acad, Par, 1706. k) Anatoın. p. 159. MHallerl.cp. 79. u) Mem, de l’ac. d. fc. A Par. 1771, (ehr Zufammengezogen. Morgagni Epilt. LXII. art, 7. u)Keillc, 8 * un \ Die Gedärme find bisweilen blaffer 0). Hıpe meyer behauptet p), fie feyen bey Greifen enger, Lofchge fand fie auch enge, in jenem fieben- zigjährigen Manne; einige Theile des Grimdarms waren zufammengezogen und enthielten härtere Excre- imente, und an den Wänden der Gedärme waren hie und da kleine Säckchen, oder Anhänge (appendices), ' Die Flocken der Eingeweide werden im höhe- ren Alter rigide, und verlieren die Fähigkeit einzufau- gen; fehr wahrfcheinlich it Hedwigs 4) Muthmar Ssung, dafs die Rigidität diefer Theile die : Ur fache der langfamern und verhinderten Ernährung fey« Häufig leiden die Greife an Verftopfung, und ihr Stuhl- gang ift fehr. trocken. Diefes ift wol die Folge der zigidern und dünnern Muskelfibern der Eingeweide, der verftopften Schleimdrüfen und mehrerer andern Veränderungen der Eingeweide des Unterleibes, . Den Theil des Grimdarms, welchen man den Blinddarm nennt, fand Schreger.in dem erwähnten fechszig- jährigen Manne fehr 'grofs. Wäre diefe Befchaffenheit. beftändig; fo könnte man wol das längere Stacken des Kothes in diefen Theilen als Urfache davon an- nehmen. Nach Vo[Tfe r) hängt der Blinddarm in ältern Menfcken enger mit den benachbarten Theilen Zufam- men, o) Fifcher l.c. p. 38, ?) a.2. O.pag. ı7. Timm fand bey einer Frau von fieben und neunzig Jahren die dünnen Eingeweide dick und großs, die dicken dünn. Fifcher ]. c. 'pag. 43. @) Pifquiftioampullulgrum Liberkühnis, Lipf, 1797. P, 25: $. 26. 4m +) Vaffe de inteftinn eoceo in Hall. Diff, anat. Tom. VII, p, 184. — 89 men. ‚Recht (ehr wünfehe ich, dafs die Anı tomen in Zukunft. diefe Theile mit mehr ken =" unterfu- ‚chen möchten. Unter andern verdientes wol befonders ihrer Aufmerkfamkeit: ob die Zellen des Grimdarms enger und eonvexer werden, wie man es von der flär- kern Zufammenziehung der Bänder des Grimdarmes er- warten follte; undin welchem Zuftande die plica an- nularis und die finus mucofi Morgagniani, welche um den After liegen, fich befinden, u Camper bemerkt 5), man finde den Maftdarm, welcher hinter der Blafe bis zum After hinab gehet, bey Erwachfenen und ältern Menfchen niehr erweitert als bey Knaben, auch Foubert fagt, man finde ihn bey Greifen fehr grofs. Die Bauchfpeicheldrüfe fand map zufammengezogen und hart rt). Das Ge. kröfe war bey einem übrigens fehr abgezehrten Manne von 130 Jahren fehr mit Felt angefüllet;, nach Ruyfch war diefes auch der Fall bey einer fehr alten und fcehon lange zahnlofen Frau u); Lofchge fand daffelbe bey einem von ihm zergliederten Greife. Das Netz war bey einigen fehr klein v); felten findet man Knocheniconcremente in demfelben w). 4 $. 25, #) Demonftrat, anatomic. pathol, pag. ı2. Bey Neugebornen ift er fehr weit. ?) Fifcher I. c.p. 70, Morgagni Epifl, XXI. at, 17. Epift. XXVII, art. 2. #) Keil, c. Adv. Anat, Dec. III, art, VII, p, 32. v»)Keihl. c. Scheuchzer in Annal. phyf, med, Wra- " tislav, Tentam.XXIV. Bey einem Manne von 109 Jahren war das Netz fo verzchret, dafs man es kaum erkennen konnte, Morgagni Epift. VI, art. ı1. w) Haller l,c, T. VIII 5, III, p. 79. ” ES J f BET ade. RE Yon be Nieren, den Nebennieren und Mu a abiale, Atyır Nieren, welche bey jängern Yin chen gewöhnlich eine bleiche Farbe haben » ollen ‚bey Greifen fehwarzem Blüte ähnlieh feyn 2). EEE Die N ebennieren werden bey ke, Men. fchen um vieles kleiner, und enthalten ‚eine kleine Quantität Saft von dunkler Farbe y). ü Die Häute der Harnblafe werden dicker, und ihre Höhle wird Dans 2), fie fteiget daher , wenn, fie ‚angefüllet ift, nicht hoch i in die Schaumgegend hin- auf, und ihre vordere Fläche wird mehr von dem Bauch, ; felle bedeckt. Daher müffen. die Greife öfterer Harn laffen, und ınan kann bey ihnen den Steinfchnitt ‚nicht über den. Schaambeinen machen, ja fehon bey! Menfchen, welche über dreyfsig- vierzig Jahre alt find, if es ge fährlich, in an diefer Stelle zu fchneiden a) ERST sinn 9 «s DR 0" Sohn . a By KU: Er " f + 9. 26. mi ne we ‚‚Von den männlichen Gefchlechtscheilen. W er ii . e “ ‚Die, Gefchlechtstheile, ‚verlieren au nn. von ihrer Völle und Gröfse, je älter die Menfchen. werden DR BR Der x) Bewär de fabrica, et ufu vifcerum wropoieticornm, Lugd. Batav. 1744. Berl, in Halleri coll, Diff, anatom, T, III, kt oP- ZI ın 4, y) Droyfen de renibus et a fuprarenalib; Argent, 1752. er Wharton adenographia, Auılt, 1659, 2) Conradi’s Handbuch der path. Anat, Hannov, 1796, p, 265. Morgagni Epift. X.sart, 19. XLIX, art. 18, [ a) De lirhoromia Dougläfiana, London 1724. Heilt er Intt, hir. Amftel, 1750. P. 11. p. 902 W 0.777 b) Ofiander Denkw. für die Heilltunde Dr GeBheshüle, 2.B. p. 74. f ‘ Ders Hoddenfack. der »Greife wird) fchlaff und ‚hänget zufammengefallen ‚herab c). Die, fogenannte Nath,am Hodenfacke, welche in; jüngern! Menfchen ‚rofenfarben if, wird, wie Koelpin .d) erwähnt,.bey -ältern Menfchen braun. Die Haare an der Schaam fallen us as Rie männliche Raihs wird ‚ingzliche;und zu- fommengezogen und fcheinet ‚fich gleichlam in den Hodenlack, aurüickzuzichen. Dies ift,ein Beweis, dafs die Zellen der, Ichwammigen, Körper faftlos, zufam- „mengefallen, ‚vielleicht ‚uam, Theil verwachfen find, Morgagni,fand bey einem achtzigjährigen, Manne die Scheidenhaut.der,Hoden gefpannt undzwey Steine in derfelben e). „In den, Hoden bilden fich bis- weilen Koochenfcheiben ; fie follen dann und wann fo- gar, gana in Knorpel oder Knochen verwandelt gewefen feyn f)s ‚ Die, hinleitenden Saamengänge ‚Crafa deferentia) find gewöhnlich enger g). Die Saa- menbläschen find öfters, faftlos,, „ zufammenge- fchrumpft ‚„verhärtet, knorplicht A); es ift nur wenig " Saamen in ihnen enthalten, und diefer ift, wie, beym neugebornen ‚Kinde, dem Sero ähnlieh. „Die Vor, Nehresdrüfe ift öfters bey Greifen verhärtet, Doch > ; fand | fr ce) Conradil.c. p. 292. 4) Vom Bau der weiblichen Brüfte, p. 13. $. 7- 200) Epilkı Klare. 29. ar nei Mi "N Sammlung für practifche Aerzte V. p- "2. Haller El, Inh, Ph. T. VII, $. II, P79- Morgagni Ep. VIL, art. ı1. 2) Hagemeyer lı c. p. 2% bh) Bey einem ggjährigen Manne, Sandifort Mufeum ana- eomig, überl, in Eyerels und-Salaba's Med. Chronic, 1794, 11. B. Ill, Heft, S. 74: fand man auch bisweilen bey Männern in hohem Alter die Gefchlechtstheile faftvoll, wie bey jungen Leuten i), und man hat Beyfpiele, dafs Männer bis: in nr wo ; har die Zeugungskraft behielten, ae Von den weiblichen Gefehlechtstheilen. Die Befchaffenheit der’GefChlechtstheile derjenigen alten Perfonen des weiblichen Gefchlechtes, welche oft den Beyfchlaf ausübten und die Befehwerniffe der Ge- burt ertragen, müs nothwendig von derjenigen ab« weichen, bey Weichen bitdds Richt State fand k). Im Allgemeinen bemerken wir folgendes. Der Schaam- hügel wird flach, denn er wird nicht mehr durch die dicke Fettlage erhoben, ‘die Hoare fallen aus, fie verlieren das kraufe und hängen glatt herab, - Die Schaamlefzen find abgezehret, dünner, runzlicht Und’ welk, "Die Nymphen fand Ofiander fall ganz verfehwwunden 2). Die Runzeln und Warzen der. Mutterfcheide werden bey Weibern, welche viel geboren haben, glatt ın), "Der Körper der Gebärmutter wird faftlös, weißslich, hart, falt einem" Scirrhus ähn- lich; noch fefter ift gewöhnlich der Hals derfelben, bey alten’ zahnlöfen Weibern wird er bisweilen fo’ hart, u. dafs +) Timmius obf. anat, pract. bey einem 9 jährigen Greis, k) Eine Zeichnung von dem merkwürdigem Präparate der Gefchlechtstheile einer über achtzig Jahre alten IE finder man in Ofiander’s Denkw. 2. B, ‚Pag. ‚75. man vergl. Blumenbach Inf, Phyfiolog. Pag. 531 not, R I)1.c. 2.798. Morgagaı Epift, XLVI, art. zo. w) Roederer icon. uteri hum. Goett. 1759: P,.471" Mo rt- zag.adv. In rm, rag 9 : dafs men ihn kaum zerfchneiden kann n). Lofchge fand den äufsern Muttermund faft und den ianern voll. ‚kommen gefchlofien. Roederer hat beobachtet, dafs durch die Verringerung der Säfte und die Zufam- menziehung der Fibern die Dicke des, Körpers der * Gebärmatter, verändert werde, die Dicke des Halfes aber fait diefelbe bleibe 0); doch fand er auch durch Ausmefiung der Gebärmutter aus verfchiedenen Kör« pern, dafs kein beftimmtes Maafs des Diameters bey ’ einzelnen Menfchen Statt finde, und dafs er auch bey ‚alten Subjecten nicht viel kleiner fey,als bey jüngern ; zwey, dem unten angeführten Werke ‚beygefügte Ta- "bellen ‚beweifen ‚diefes. Mehrere Runzeln, welche wir an dem Halfe der Gebärmutter finden, befonders an der hintern Fläche, werden gröfstentheils; bey alten Weibern. ausgeebnet, oft find fie kaum zu bemeiken, und bisweilen werden fie bis an den obern Theil des Canales fo zerföret, dafs fie nur einem Sinus oder ei- nerGrube ähnlich find, und der Canal des Gebärmutter- halfes; ohne eine mittlere Linie, nur mit einem Ein- drucke in die Höhle der Gebärmutter übergehet. Doch finden fich bisweilen auch hohe Runzeln an diefen ‚Stellen p), Sömmerring und Conradi führen an, dafs man bey ältern Weibern warzenartige Aus- wlchfe, bald in der Oberfläche, bald an dem Grunde der Gebärmutter bemerke g). Bisweilen wird er knor- n)Roedeter I,«, p. 38. o)1,e.p. 33. Conradill.c,p. 3a. ?) Rosderer ], c. p. 37. 9) Conradil,c.p. 329, Sömmerring in Baillie |, o, P- 215. not,‘ 455. Selten fand ich bey betagten Perfonien den uterus ohne dergleichen Congremente. Morgagni Epilt.|LEVIT, arc, sı, 94 erg knorplicht »), ja fogar knöchern gefunden, wenn man den Schriftftellern, welche‘ diefes a Be) darf. eh OR ; "Die Eyerftöcke werden kleiner, glatter, ihre Oberfläche fchrumpft zulammen, man bemerkt auf derfelben hie und da Kerben oder tiefe Gruben, bis- weilen werden fie ganz glatt. Morgägni s) und Ruyfch ?) fanden die Eyerftöcke alter Weiber Sehr abgezehret, fuftios und in kleine Platten zufammen- gepreist. Bey manchen fehrumpfen fie fö fehr zufam+ A men, dafs fie die Hälfte ihrer gewöhnlichen Größse | verlieren. Bey vielen ift eine Art Netz über die Ober- fläche gezogen, und man bemerkt auf denfelben meh: rere tiefe Grübchen u) Nach Graaf beträgt das Gewicht der kleinften Eyerftöcke einen Scrüpel, bey mannbaren Mädchen 12 Drachmen, bey EEE. AR 15 Gran bis 7 Serupel 2). u ml " Die Eyer Verteh einge gröfstentheils in denfel- ben. Sind fie vorhanden, fo find fie doch gewöhnlich kleiner ib), und enthaften in ihren Kleinen Höhlen & uk kaum. I r « r) Eph. Natur. Cur. Vol. X, Obr. 36. s) Epift, XXXVIL, art, 29. Epift, LVL, art. 1 ‚20. Ads 54 . weißsen und dicken Häuten. Ep. LXVIIL. art. 6, tunzlicht "und zufammengefchrumpft. Bertuch de ovariis muliebr. "Jen. 1681...Hräller EI, Ph, Lib.XXVill. pag. 110, Auch ® die Gröfse der Ovarien alter Weiber fand Rödeter von der bey jüngern nicht fehr vorfebieien. i t) Obf. anatom, XLV.p. 60. #) Roedererl,c.p. 38. a“ ”) De onganis mulierum generationi infervientibus, P.2 ww) Mötz' de ftrucrura, ufü er morbis‘ OVArIOrLUN, ja 1739. P- 15 et zr. Een 95 kaum etwasFlüffigkeit. Roederer fand fie verdickt, in harte, falrigte, feirrhöfe, weilsgraue Kügeln ver- wandelt. Auch Haller x) beftätigt die Beobachtung, (dafs die Eyer bey alten Weibern verfchwinden, Und "bisweilen harte Hügelchen ihre Stelle einnehmen. In Rückficht der Breite und Länge find diefe Rügelchen fehr verfchieden. In einem Eyerftocke fand Roederer di. gröfste 4 Linien lang, 22 Linie dick; andere a2 Linie lang und ıZ Linie Bid ; andere eine Linie m . oder noch Bike In den Eyerftöcken alter Weiber, ‚welche geboren haben , verfchwinden die gelben Körper, und felten fieht man einen bemerkbaren gelben Fleck, welche, wie "Roederer vermuthet, die all- ‚mählich verfchwindenden gelben Körper find y). naeh dent t Nallalr 24 In 7 yr o Fünfter -Ab[chnitt. } nr der Gefäfse. u ar gar Intl Hy RR ib re A. Von dem Herzen und den Blutgefälsen. - Von dem Herzen. Den Herzbeutel fand man bey Greifen leer yon feinem Waffer, faftlos 2), bisweilen verhärtet RR, { und ul ze x) EI. Ph. T. VII. p. 113. +) Roederer p. 45. =) Cönradil. c, p.gor. Sömmerring in Baillie I. ©. Ps 8. not. 12. 96 SER und einige entdeckten knöcherne Goneremente in . demfelben a). yapn ls Bey mehrern Greifen fand man das Herz gröfset: Einige glauben, es werde diefes durch das längere Vers weilen des Blutes in dem Herzen bewirkt, woduich die Wände det Herzkammern ausgedehnt würden 2), und diefes hänge von der verminderten, ‘zum Aus- ‘fpritzen des Blutes nöthigen, Kraft ab; nach andern - Be- a) }: G. Walter für les maladies du cosur in Nouvenum Mem. de l’Acad. de Sc: ABerlin 1785. p: 63. erwähnet, dafs er in dem Hetzbeurel eines achtzig Jahre alten Mannes einen Knochen gefunden habe, Haller el. phyf. Tom. VII. Sect. Ill. p. 78: Deflelben addend, ad Phyß p. 123° Boneti Sepulcrer, Lib. li. Obf. 97 &) Vielleicht kann ıman diefe Veränderung durch die vermehra te Einfaugung, welche mit def geringeren Ernähfung nicht im Verhältniffe ftehet, beffer erklären; derBau des Herzens wird dadurch dünner, die hun ausdehnbareren Wänd, geben dem Blute leichter sach, und es wird auf diefe Weife tie Grölse der Höhlen verinehret. Män findet viele Bey: ı {piele von erweiterten Herzen. Haller EI. Th. Ton, Vills ect, IN. p. 88, Scheuchzer |, c. find die Herzchren fehr ausgedelmt: Fifcher de Senio;p. 42, Motgagni Ep. XXXVLL, art. 30. noch einmal fo groß XL, art. 23. Fifeherl, cp. 50, glaubt, iman könne die Erweiterung und Ausdehnung des Herzens dem Alter mit mehr Rechte als eigehthümlich zugeben, als die Verknöcherung der ‚ Atterien; jene fehle nie, diefe könne aber nach der ver- fehigdenen Befchaffenheit des Blutes fehlen. Die alten . Atgyptier, wie wir in Einer Stelle bey Pliniust,X, ©. 37. und bey Herodotus in Euterpe finden, glaubten, das Gewicht des Herzens vofi einem g&lunden Menfchen werde jährlich umzwey Drachmen vermehret; bisin dasfunf: - zigfte Jahr,fo dafses im diefe Zeit huidert Drachimen fchwer fey; yon da tiehne es wieder jährlich an: Gewicht un „‚zwey Drachmenab, bis es.endlich mit dem Leben ganz ver- chwinde, # N kas.3. 7 57 RIHEENEN ‘ft das Herz bisweilen Zzufammenge- fchrümpft und kleiner c). Lofchge fand das Herz, hey. dem öfters ange: ührteni fiebenzizjährigen Manne, gehörig, großs, wie im gefunden Zuftande, doch war es in viel Fett eingehüllet. Die Subftanz des Her- Nenn war bey einigen härter; kaum fchneidbar und fehnenartig d). Deswegen ıft das Hetz weniger "zu feinen Funetionen gelchickt, Es gehöret diefes auch mit, zu den Urfächen des ausfetzenden Pulfes der Greile und des plötzlichen Todes derfelben, Der Ifhmus des ovalen Loches, welcher Tehon bey zunehmendem Jahren verkleinert wird, ver- > fchwindet bey Greifen ganz e), * Häufiger findet man knöcherne Concremente ini dem Herzen f) befonders ın den Klappeii der Arterieri ) und „bung hai IE “e) Conradi I. c. p. 4ri. bey einem fechzig Jahre alten 2 Manne war das Herz fo klein, als bey einem neugebor: ten Kinde, a) Hallerl. ec, Bäglin de andtom. fibr, p..414. „In no- „nagenario naturali fere morte extincro durum et exficcarum ad inltar rabulae inveni, quod cultro vix porerat feindi."” ‘ Conradil.c. p. 417: "e) Haller 1. c. Tom. Il. p. 197. " fj}Boerhaave praclect, Tom. 111, p. 557, in der Scheidewand bus sdes Herzens. Morzagni fand in dem Herzen einer 75 ’ Jahre alten Fıau einen Knochen, welcher in der Queere über cinen Zoli diek war, und die Geftalt eines halber Ringes barte, An ihm hingen die zweizipflichen venöfen - Klappeii, welche auch verknöchert waren, eine ausge- Kommen, welche noch gtofstentheils i im gelunden Zuftande fich befand, Epift. xXVIkL art, z, Thomann fand bey Arch, f. d. Phyfiol, V1. Bd, 1. Heft. & einer 93 KLRRFE und Venen g), bey den Greifen, "als bey jüngeren Menichen, doch find fie bey diefen auch "durch Krankheit verurfacht gefunden worden, Es ft bekannt, dals bey Hisfchen die halbmondförmigen Klappen in Knochen verwandelt werden. Ariftoteles A) will auch in dem Heizen einiger Pferde und Ochfen Kno- che gefunden haben, und Galen i) behauptet mit Unrecht, dafs bey allen Thieren in dem Herzen ein Knochen, oder ein, einem Knochen ähnlicher Theil entfiehe; Vefal, Riolan und Senac verlichern dagegen, dafs man felten, oder nie in dem Herzen der Menfchen eine Verknöcherung finde, nur die Klappen. der Aorta und der übrigen Schlagadern ver- knöcherten bisweilen, Bartholin k) hat die fon- derbare Meinung: diefe Knochen hingen öfters feit in dem Herzen, öfter feyen fie aber auch beweglich und ofe, und dienten dazu, um die langfamere Bewegung des Blutes zu befchleunigen und durch ihre Bewegung zu einer 74 Jahre alten Frau an der venöfen Oeffnung der Aor- 4 tenkammer, zwifchen der hintern, kleinern Klappe der Nebenkammer und der hintern Wand der Herzkammer, einen rauhen halbmondförmigen Knochen, welcher 2X Zolt lang war. Man fehe feine Annales inftitur. medico- elinic. Wireeburg. Vol.I. Wirceb, 1799. p. 121. Tab;letIf. Lieu- taud hiftor, anar. med, Paris, 1767. Tom, II, p, 37. g) Boerhaave praelect. Tom, II. p. 174. Conradil,c: p. 434. Morgagni Epilt. XXI, art, 15, et in pluribus aliis, h) De partib, anim. Lib. III. cap, 8. ‘ 4 ;) De ufib. part, Lib, VI. c.ı9 Dafs er in einem Elephanten einen Knochen gefunden en ee erin dem Buche de anateın. adıniniltr. L. VII, c A) Anatom. Lugd, Batav. 1655. p. 394. u ee a ’ — 99 zu:verlindern, dafs das Blut nicht ger'nne, Von der Eätftehung diefer Concremente gilt ebe' das, was ich von denen, welche fich in den Arterien find.u, Jagen ‚werde, N Von den Arterien, Nach Haller werden die Arterien dichter 2); denn das Gewicht der Aorte eines jungen Hundes ver- halte fich zu dem Gewichte des Waflers — 1059: 10005 bey einem alten Hunde aber = 1084 : 1000, - Bey ei- nem Greife von 130 Jahren waren die Gefälse härter, fo dafs fie der Kraft einer gröfsern Menge eingelpritz- ‚ter Flüfligkeit widerftahden zn), Die Höhlen der Arte- rien werden enger; das Auge (lumen) der Aorte eines jungen Ebers war in Rückficht (einer Häute gröfser als bey einen ältern in dem Verhältniffe 1160: 10005 das Verhältnifs bey einem jungen Hunde zu einem alten war wie 1234:1000. Doch fanden manche die Aorta fehr ausgedehnt; der Diameter der Aorta von dem Ab- gang der Kopfarterie bey einem ı30jährigen Manne ‚betrug zwey Zoll n); bey einem andern, 119 Jahre alten, war der Diameter der herabfteigenden Aoıte ohngefehr einen Zoll gröfser als die Speiferöhre 0); bey einem achtzigjährigen Manne waren die Aıterien, G2 da 1). EI. Phyf. Tom.“ VII. Sect. II. p, 70. eitatur Clifton Wintringham experimental inquiry on fome patıs of —, ‚the animal itructure, Lond, 1749. p. 25, exXg. 9 et ı0. m)Keill.c, ») Keill,c. 0) Scheuchizer. 180 — ‘da wo fie ans dem Herzen herauskommen, zufammen- geprefst, ünd ihr Diameter betrug zwey Zoll fünf Li- nien p), Timm fand die Aorta, da wo fie aus dem Heizen kommt, in eisen Sacke erweitert, der 'vier Finger faffen konnte. Fifcher g) lah die Aorte in einem 76jährigen Manne,und Morgagnir)in einem alten Weibe von fechszig Jahren, fehr erweitert; bey einem hundertjährigen alten Weibe war fie unter dem Bogen faft zwey Zoll weit s). Chefelden fagt: mir fchien fie (die Aorta) von der früheften Kindheit an, im Verhältniffe zu dem übrigen Körper, immer zuzu- nehmen und bey fehr alten Greifen (ich unterfuchte ein falt hundertjähriges altes Weib) fchien fie mir am gröfsten zu Seyn 2). Morgagni bemerktu), dafs man die Häute der Aorta bey Greifen öfter zernaget, und Marherr v): dafs ınan deutliche Gruben in den gröfsern Arterien finde. Er nimmt die Abreibung als Urfache an; es ift diefes aber wol mehr Wirkung der Wegfaugung. Durch den Mangel an Gallerte werden fie rigider und zerbrechlicher, vorzüglich die Arterien des Gehirns; 2) Comment, Acad. Paris, ann.'1766. q) lc. p. 43. r) Epilt. XXVII. art. 30. s) Langhanspraef. Winkler de Yaları eorp. hum, lithiaf, Goett. 1747. p. vıli. 2) Ofteogr, p.' 182. #) Epift, LIIL, art. 35. 36. ©») Marherr praelect, in Boerhaav, inft, med, Tom, VIIT. Pı 37* es,ift diefes eine Urfache des bey Greifen "häufigen Schlagfluffes w). 23 , : "Cantius =) giebt folgende .:Verfchiedenheit in Rückficht,der Lage der Kopfarterien bey ihrem Urfprunge in höherem Alter an: der Winkel unter der Luftröhre fey ftumpfer, und der ungenannte Stamm fey nicht fo lang, als im Kinde,:und es fcheine daher auch die rechte Kopfarterie jausjder Aorte zu entlpringen, Nikolai y) behauptet aber nach eignen und nach Wolfarts Beobachtungen, es fey diefes nicht fo be- ftändig. ‚Ohne Zweifel werden die Wirbelarterien bey vorwärts gebeugtem Halfe auch verändert, Die Krüm- mung und Verkürzung des Rückgrates, wenn alle Koorpel vertilgt find; mufs einen grofsen Einflufs auf deniStamm der abfteigenden Aorta haben. Sie muls Selbff (rückwarts gekrümmet und kürzer werden; ge- Schiebet letzteres nicht, fo wird fie nach und nach zur Seite, der Wirbel abweichen und gekrümmt längit.den- felben hinlaufen, wenn das Zellgewebe, ‚ welches'fie an die Wirbel und Knorpel befeftiget, zerföret ift; Diefes-ift zwar noch nicht.von Anatomen ‚beobachtet worden ,ses iftaber nothwendige Folge eines allge- meinen Naturgeletzes. Die Beugung des Knies bewir- ket,bey Greifen, dals die Schenkelarterie, wel- ehe ehemals von dem Becken aus gerade, nach dem ‚.Schen- rl i j " sun "w) Walter bemerkt in feinem Werke: de morb, perironei et apoplexia Berol, 1785., dafs von zehn Greifen neune am 4 SehlagAufs fterben. *) Imp. Anat. ex luftratis cadaveribus nati, quos’ propria conlinnavirt ınanu, Lügd; 'Batav. 1721. Tabl fps 27 ı »dD Nikolai de directione valor, Argent. 1726, ,6. 7. recug, in Haller Coll. Di anaroın. T. II, p. 49- toz/ — Schenkel ging, nun einen Winkel bilde. Noch n mehr gefchieht diefes bey der Kniek ehlarterie, Unzählige Aefichen von Gefäfsen, welche in fo grofser Menge in den Theilen des Körpers fich 'zer- äftelten, dafs einige glaubten, gewiffe Theile z. B, die Muskeln beftünden allein’ aus einem Gewebe von Gefäfsen, werden bey Greifen verengert, verfchloffen und zerftöret; diefes ift allgemein bekannt von denen Aeftchen, -welche zu den Höhlen der Zähne und den Brüften der Weiber gehen, ! Eben fo häufig ift bey den Greifen eine Verhärtung der Häute der Arterien von einer deın Leder ähnlichen Zähigkeit, bis zur Feftigkeit eines Knochensy doch ift fie ihren nicht alltin eigen, Viele behaupren, "die Materie, welche man in den Arterien finde „fey nicht Kaochen;' fordern Kalk-,'Gyps-, Stein- oder Töph- artig 2). Damit wir aber beftimimter über ‘das Wefen diefer Materie urtheilen könnten; fo wäre es nöthig, dafs ‘fie chemifch und anatomifch unterfacht und) die Cöndremente, welche man iin dem Herzen und dem Arterien findet, mit den Dlafen und Gallenfteinen ver- glichen würden a), Selten findet man den ganzen Canal einer folehen Arterie, deren Durchmeffer mehr als eine Linie beträgt, ganz verknöchert, öfters find’in demfel- ben einzelae Theilchen und Schuppen einer harten Materie von verfchiedener Gröfse, Geftalt und Dicke, hin 2’) Salzmann de ofificatione praeternaturali, $. 8. Bu- daeus Mifcelan, Berol. Tom, V. p. 64: fq. « e@) Wenn man folehe Concremente nahe an das Feuer bringt, fo giben fie einen ähnlichen Geruch, als wie Knochen- oder Hornftücke; nach Kulmus Di. de tend. "Achill. difrupt, et arter. in olfeam fubitant. degenerat, Cap. I, $. 7» a Ze TS u — 103 ‚hin und_wieder zwifchen den Häuten zerftreuet. Doch fand Buchwald 5) bey einem Matıne von hohem Alter den ganzen Bogen der Aorta knorpelartig, und yon diefer Stelle an die Aorta mit allen ihren Acften ‚verknöchert, Bey einem fechzigjährigen Manne fand ‚Michaelis ec) alle Arterien, welche man äufserlich fühlen konnte, verknöchert. Es ift nicht nöthig, dafs ieh mehrere . Beyfpiele anführe, da man fie in grofser Anzahl bey verfchiedenen Schriftflellern findet d). Diefer Zuftand der Arterien ift öfters allein Urfache ‚des kalten Brandes der Greife e). Diei innere Haut der h Asteiien hat man durch knöcherne Hervorragungen, welche fie durchdrangen, rauh und runzlicht gefun- den f); bisweilen war fie durch die fpitzen Hervor- ‚agungen einer Knochenmaterie, welche hinter ihr lag, ‚duschftofsen oder durch vermehrte Einfaugung ganz zerföret, Vorzüglich bemerkenswerth ift Hallers ‚Beobachtung g) Er unterfuchte viele verknöcherte Arterien und fand, ‚dafs, in, demfelben Körper in dem: Zellgewebe, welches zwifchen der muskulöfen und ) der / f ""#) Obf."quadtig. obL. 3. e) Richters Biblioth, VI. p. 160. d) e. z. Boerhaavii praelect. Vol. III, p. 502. Haller Diff, de vafor. corp. hum, lithiaf. Goett. 1747. Crell de art, eoron. cordis inftar' oflis indurar. ‚Vitemberg, 1740. Langhans praef. Winkler de vafor, c. h. lithiaf, E Goett. 1747. Salzmann l.c, Vater de ofteogen. nat. > ek praeternat. Vitemb. 1733. «) Phil. Transact. nr. 369. p. 226. Nach Walter 1. c. fteıben an diefer Krankheit von hundert Greifen zehn. J) Vater l.c, $. 20, it. Bruuner in Memor. Wepfer. 2) Ogufe. minor, T,-1I], p. 351. 104 — Y der Innern Haut liegt, an einifken’ often eine Rei, callöfe. trockene, lederartige Maffe lag, an andern knorpe! artige und knöcherneTheile,die klangen, Wenn man fie mit dem Eilen beiührte; er konnte alfo die Entitehung die ‚fer Materie von einem ergoffenen' Safte bis zur Härte eines "Knochens beobachten, Creil 1) drückte einen harten Körper, welcher in der Kranz- Schlagadgr dest ‚Herzens ag, ‘und erhielt such eine Materie, ‚welche d derjenig en abo! ich. war, welche i in den Brey "und ‚Honiggefchwülften enthalten ’itt. Nach. "dem er diele Mat: ie ausgedrürkr hatte, fo blieb Mn innerhalb « ein fefter Theil zurück, er glaubt däher, dafs diefer aus der Verhättäng jenes Theiles end. dan dar ne si ‘“ Ueher den Sitz und die Erehbgiare diefer har- 5 ten Materie, find aber übrigens die Sechriftfleller Ver. fchiedner Meinung. Kulmus ö) glaubt, die innere Haut werde durch die in fie abgelagerren Bröberen Nahrungstheilehen, welche fich in ihre Zwilchenrii me. wegen der langfameren Bewegung anhäufen und ausbreiten, in eine fefte, knöcherne Subftanz verwan- delt. Da er aber bemerket, dafs über die knöcherne Platte eine dünnere Haut ausgelpannt geweien tey, welches ohne Zweifel die innere Haut der Arterie felbft war, fo erhellet, dafs j jenes Concrement nicht in‘ die» fer Haut feinen Sitz gehabt haben-kann. Daher if die mit genauerer Erfahrung übereinftimmende Meinung mehrerer berühmten Männer, eines Walters k), & Söm+ Med“ IR z) lc Cap 1. 6.7. et 16, *) Anat. Muf. Tom. 1. p. 143 | | —_— 105 Sönmerrings 7), Hallers m), Crells n) und andern der Wahrheit gemäßser, Sie nehmen nimlich an, es werde diefe Materie zwifchen die Häute abge- Ingert; die innere Haut werde aber bisweilen fo 'zer- | ftöret und verdünnet, dafs jene Materie blos zu liegen feheinet, 'ja fogar Gefchwüre auf der innern Fläche der Atterien entffchen. Da es durch Unterfuchungen be- wielen ik, dafs nicht alle Häure des ganzen Canals der Atterie verknöchern, Sondern die äufsere und „innere Haut ihre Befchaffenheit behält, fo ift es auch ‚Klar, dafs die Knochenfubftanz in dem’ Zellgewebe, ‚ ünd auch bisweilen in den Mauskelfibern Bu bROnint liege. "Auch in Rückficht der Art, wie diefe Verknöche- zung entfiehet, find die Schriftfteller 'verfchiedener Meinung. Boerhaave o) und andere glaubten, durch den Antrieb des Blutes würden die Fibern der Arterienhäuite immer härter, die Gefäfse würden ge- - fchloffen und endlich veränderten fie fich in knochen- artige Subflenz, wie die'Lamellen der Beinhaut, nach der Meinung einiger Männter, verknöchern: ‘Burg- grav D) bildete diefe Meinung mehraus. Budaeusg) partei die Meinung, dafs ‘die’ weichen 'Fibern in noch verwandelt Würden; und behmupiee; es würde | eine Bailiie cp. 1 E m) Opufc, minor, I. & ”)ıc e) Inft. rei. med. nr. 477, Apkor, de cognofc, et curand. morb, nr, 55 p) Lexic, med. univerf, Tom, I, Aorta, 4) Mifeel, Berol. 1. e, = 106 = eine gypsartige Materie zwifchen die ‚Hänte_ abge: fetzet: ; St s.:Hallberr) hat folgende Meinung: in das innere Zellgewebe der Arterien werde eine breyartige, callöfe Subftanz abgelagert, welche nach und nach knorpel- artig und endlich in knöcherne. und zerbrechliche Schuppen übergehe, Diefe Meinung fcheint, durch die chen angeführten Beobachtungen der verfchiedenen Giade der Verknöcherung in, demfelben Menfchen, fehr beflätiget zu werden. Y Schroek s) nahm an: die in dem Zellgewebe liegenden Flüffigkeiten, welche in dem Alter fchon dicker find, würden durch das Stocken noch mehr verdickt und veränderten’ fich endlich in eine ‚harte, knöcherne Subftanz; .‚faft diefelbe Meinung hat Hebenftreit 2). , Nun.muß ich noch Crells u) eigne Vorftellung von der Entftehungsart. diefer Con« cremente anführen. Er glaubt: wenn; einige, Gefäflse der Arterien von flockendem Blute verflopft ‚werden, fo entftehe durch den Antrieb des in den benachbarten Gefäfsen zurückgeheltenen Blute® eine Entzündung; auf diefe folge Eiterung, wodureh jene Gefäfse zer- ftöret werden. Der Eiter wird zwifchen- die, Häute der gröfsern Gefäfse ergoffen , das Zellgewebe, damit ange- _ füllet, und da die Materie aus diefen Theilen nicht ent- fernt werden kann, fo verdünftet der dünnfte Theil durch die Wärme, und der übrige wird verdichtet. Auf +) EI, Ph. Tom, VIII. S, IT, p. gr. s) Ephemerid. natur. cur, D. II. H. 3. Obf. 19. 2) De rariorib. quibusd. ofl, moment, Program, s)1ı.cp. 2% — 109 / Aufgleiche Weife, führt er fort, werden die Muskel- fafern entweder flärker entzündet oder in Eiter aufge- löfet "oder ‚fie werden mit einer tophartigen Mafle überzogen, : das Einftrömen des Blutes in diefelben verhindert , fie werden zufammengepreist,, faftlos, blafs, und ihrer natürlichen Befchaffenheit ganz 'be« zaubt. Von diefen Meinungen ift diejenige ganz ver- fchieden, welche van Maanen v) zur Beantwor- gung ‚diefer Frage vorträgt. Er fagt: ‚was ift die Ver- kncherung der Gefälse anders als eine Zerflörung der feften Theile, aus welchen die Blutgefäfse von Natur befteben? denn man fage nicht, es findet hier keine Zerfiörung der feften Theile ftatt, fondern es würden die feften Theile immerfefter. So verhält es fich nicht, wie ich glaube, kein Theil unferes Körpers fcheint in einen andern verwandelt werden zu können, fon- dern jeder Theil wird -zerftöret, und dann tritt ein neuer.in feine Stelle, ‘Ich glaube daher, dals die Ver- ‚knöcherung der Gefälse sine wahre Zerftörung derfel- ben fey und dafs ftatt des häatigen Canales ein knö- eherner oder knorplichter gebildet werde.“ Meine „Meinung über diefen Gegenftand ‚habe ich fchen oben | "yorgeirsgen, ö 6. 29. fi Von den Venen Die Venen werden bey den Greifen weiter; dies beobachtete J- 6. Walter w) vorzüglich bey den’ Venen des Gehirns. An einigen Orten find lie varicös, ! wie m) 1. c. pr 44. w) 1. c. 6. 63. / Iog 5 — wie ich fchon oben von:den. Venen der Beinhaut ange» führet habe. Die oberflächlichen Venen .der untern Gliedmafsen, befonders bey alten Weibern, und diedesh ‚ Gefichtes, werden vorzüglich häufig varicös., Die Venen) nehmen nicht in gleichem: Verhältniffe mit den ‚Arte-- rien an Dichtheit zu, fie ind'im Vergleich mit diefen weniger dicht, als bey jüngern Geichöpfen... Dief Dichtheir der Aorta verhielt dich in. dem jüngern Hunde: zui,Diehre der Hohlvene, wie 26 27;, beym' alten Hunde: aber verbält.fie fich wie 158 1157 ©). Viele Aefichen, der Venen werden enger und ganz zenftöret,. 2) B..die' emiiflfatia Santprüni, nachdem die Näthe und Löcher der Hirnfchaale verwachfen find, die, Venen der Zähne: und wunzähliche andere, Uebrigens | gilt aaffelbe, was ich von der Aorta, den Wirbelaiterien und den Arterien der untern Gliedmalsen gefagt habe, auch von denen Venen, ‚welche mit. diefen- Arterien gleichen Lauf haben, ‚Bisweilen ; doch .lelten,: ver knöchern die Venen und ihre Klappen y.).. Die Pfoxts ader nahe an der Leber z), » die-Ruthen- a),: ‚Gebär+ mutter» 5), Schenkel’; Hüftvenen ; ‘die Hautvenen des’ Fufses und mehrere andere hat man: verknöchert gefunden c). agalrgıdy a) Haller EI, ‚ph. I, e ) 3) 5a ılzmannl, [N .$ II. %) Palfya ofteolog, part, 1. a 2 p: 19 R a) Naller opnfc. min, Tom. IIL ‚p. 3üpı; H #) Cofichwitz de valv. in vreterib, repert, Hal, 1723. p 23. nt. IO. e) Salzmannlıc. Ba —— 109 +Bs “ Von den Saugadern und Saugaderdrülen, $. 30. Von den Saugadern und Saugaderdrüfen im Allgemeinen, Aus der geftörten Funetion der Saugadern können wir fchliefsen, dafs diefe wie die Blutgefälse im Alter mehreren Veränderungen unterwoıfen find. Die ‚Häute .derfelben werden: durch die allgemeine Rigidität des Alters leiden, und auch die, Klappen fcheinen bisweilen dadurch verändert zu werden. In denjenigen Theilen, welche durch das Alter abzehren, fefter und dichter werden, verengern fich wol auch die zu denfelben gehörigen Saugadern und verwachfen genauer mit der übrigen Subftanz der Theile. Bafi- lewitfch d) führt an, die Saugadern feyen bey Greifen enger, als bey jüngern Menichen. In einigen ‚Theilen verfchwinden diefe Gefälse ganz, und durch Bvechteflitige Einlaugung zerftören fie fich gleichlam felbt. Cruikfhank e) beftätiget dieles in Rückfiche "der Brüfte fehr alter Weiber, und ficher findet dafelbe “auch Statt bey der Schilddrüfe, den Nebennieren, den Hoden, welche durch das Alter kleiner, bey den Zähnen, deren Höhlen gefchloffen werden, und bey (denjenigen ‚Häuten, die verknöchern. Dain dem rper fo viele erdartige Concremente vorhanden find, ‚und die Knocheneinfaugung {0 ftark ift, fo kann man wol annehmen, dals verfchiedene von unfern Gefäfsen . mit - 4) De fyltemar, abforb. Argent. 1791. p: 6. #) W. Crwikfhank und anderer neuere. Beytr, zur Gefch, der einfaugenden Gef. Leipz. 1794. p. 19 mit kalkartiger' Materie angefüllt und verftopft wer- den. Es ift diefes wenigftens der Analogie gemäfs, denn man fand Saugadern, welche um Knochen herum lagen, die vom Knochenfrafs angegriffen waren, mit Knochentheilchen angefüllet £f),. Sömmerring hat auch die Saugadern des Hofes um die Warzen der Brüfte, bey alten Weibern , mit einer weißslicht- gel- ben Materie angefüllet gefunden g). Nach Mascagni werden die Drüfen bey Greifen kleiner, platter, faftlofer ). 9 3r. Von den Gelirösfaugadern und den Gekrösärüfen. Der berühmte Ruyfch fagt als Greis: er lebe ganz ohneMilchgefäfse; er'glaubte nemlich, wie meh- sere andere, dafs diefe Gefälse im Alter verftopft und‘ ganz gefchloffen würden. Cruikfhank :) behaup- tet dagegen, es gefchehe diefes niemals, doch wie es feheint nicht mit vollem Rechte. Denn man hat durch genaue Beobachtung bey alten, fchwachen Menfchen hier und da verftopfte und zufammengefallene Saug- A adern in dem Gekröfe gefunden; man gehet aber frey- lich zu weit, wenn man behauptet, es fey das ganze Syftem der Saugadern in dem Gekröfe diefer Zerftörung unterworfen. Dafs die Saugadern bey Greifen. dünner, fchlaf- F) Mehrere Beyfpiele finder man in Sömmerring demorh, vafor. abforb, corp. hum, Traj, ad Moenum 1795. Pp.45. 167. E) 1. cı p. 44. &) Gefchichte und Befchreib, der Saugadern des menfchlichen ' Körp,, überf, u, verm. von Lud wig, Leipz. 1789, pı 28. =) Gefchichte und Befchreibung der einfaugenden Gefäfse, aus dem Engl, von Ludwig, Leipz, 1789. p. 103, : fehlaffer und zufnmmengefallen find, if fcher und durch Unterfuchungen beilätiget, Auch über den Zuftand der Gekrösdrüfen bey Greilen, find die Schriftfteller nicht einig; nach eini- gen find fie gewöhnlich verflo nach andern ift .die- Ses nicht der Fall. Feine Einfpritzungen haben bewie« Sen, dafs nicht alle Drüfen in harte Gefchwülite ver« wandelt, vollkommen verflopft und undurchgängig find kA); doch kann nicht geläugnet werden, dafs die Drüfen in den Körpern der Greife undurchgängig wer- den können, da die Säfte nicht mehr fo lebhaft fort- bewegt werden, und die Neigung zu Stockungen und Verftopfungen fo grols if», Walter /) hat nach ‚vielen und genauen Unterfuchungen diefe verfchiede- nen Meinungen auf folgende Weife fehr gut vereiniget. ‚Er fagt: die Gekrösdrüfen in den Leichnamen einiger Geeile feyen nulsfarben, bläulich, zulammengefallen und faft verzehret. Die Milchgefäfse, welche zu ihnen gehen, und aus ihnen kommen, feyen dünne, fchlaff, und zufammengefallen; bey andern Greifen feyen fie in einem bewundernswürdigen unverletzten Zuftande. Diefe Verfchiedenheit hänge aber ab, theils von der Ber k)Sömmerring lc. p« 50. et alib. 1) Tr. fur la reforbt, in M&m, de l’Acad, d. Sc. ä ‚Berl. ann, 1786 -1ı787. Durch diefe Befchaflenheit der Drüfen bey Greifen will Walter beweifen, dafs derChylus im Alter durch die Aefte der Pfortader aufgenommen und weiter geleiter werde. Die entgegengefetzte Meinung vertheidi- gen Hunter Medical. Comment, Vol, I. Cap. 5. p. 38. fq. und Cruikfhank l.c., Schreger fuchte auch neuer- lich durch neue Verfüche zu beweifen, dafs die Venen zum Einfaugen nicht fähig feyen, in Epift. ad ill, Söm- merring de funct, placent, utetin, Erl, 1799. 112 — R Befchaffenheit der Zähne, theils von’ den Nahrungs- mitteln ; denn die Drüfen derjenigen Gteife, welche noch die mehreften Zähne belfitzen oder, wenn ihnen auch diefe fehlen, faftige und leicht verdauliche Nah- rungsmittel geniefsen, feyen in dem beften Zuftande, dagegen finde man fi@immer bey denjenigen verftopft, welche zähe, glutinöfe Nahrungsmittel geniefsen und diefelben nicht gut kauen, Nach Haller m) und Ruyfchn) werden die Gekrösdiüfen zulammengez2o- gen, platter, kleiner und etidlich gatız zeiflöret. Hal- ler fagt: „dutch das Alter vertrocktiet der Saft der Ge- krösdrülfen, die kleinen Gefälse derfelben werden nun aurch das fefte Zellgewebe zufammengezogen und ver- engert, fo dafs fie nicht mehr zum Durchgang der Flüfigkeiten gefchickt find, nicht mehr ausgefpritzer werden können, endlich verengert fie fich immer melır, vermilchen fich mit dem Zellgewebe ünd verfchwinden ganz. Cruikfhank widerlegt diefe Meinuiig und behauptet, die Drüfen würden wol kleiner, ihre An zahl werde aber hicht vermindert; denn er habe in allen fehr alten Körpern, welche er zergliedert habe, die Drüfen jener kleiner aber eben fo häufig, als in jüngern Körpern gefunden; er könne auch nicht be- greifen, aus welcher Utfache die Drüfen des Gekröfes 28L- m) El. Ph. Tom, VIII, p. 214, a) Er bemerkt, man finde in dem Gekröfe (ehr alter Weiber: nur wenige und kleine Drüfen ; denn auf einer Fläche, von der Gröfse der flachen Hand, finde man nur zwey bis drey, katım grölser als ein Hanfkorn (bey jüngern Men- fchen finde man auf dertelben Flache fechzig bis fiebenzig, Drüfen), Er glaubt daher, es würden dıefe Drüfen in einem gewiffen Alter bey Weibern zerftöret, wie die Brüfte, von welchen oft nur allein die Warzen übrig feyen. A — 113 zerftöret werden follten, da fie an andern Thheilen des Körpers, z. B. in den Weichen, unter der Achfel, um den Nacken erhälten würden o). Nach eben die- fem Schriftfteller follen die Drüfen im Alter blaffer weıden 7), $. 32 Von den Bruftgange, Aus der Lage diefes gemeinfchaftlichen Sangader- ftammes können wir fchlielsen, dafs er auf verichie« ‚dene Art leide, aus feiner Lage verrückt, mehr oder weniger zufammengezogen werden mülle, wenn das Rückgrad und der Hals im Alter fehr gekrümmt werden. Man führet die Verftopfung des Bruftganges als eine Urfache des Maralmus fenilis an 9), Sömmer | ring r) bat ihn aber nie in alten Menfchen verftopft gefunden, und es hat diefes, nach ihm, auch kein glaubwürdiger Anatom beobachtet, ——— ad Sechster Ablflehnitb., . Befchreibungder Nerven $. 23: Von dem Hirn- und Rlickenntarke; Wenn wir annehmen und bedenken, dafs das Organ der Seele in dem Gehirne enthalten fey und von e dem o)1.c.p. 67; P) 1. cı p.'66. 4) Wathfon Phil, Transact, Vol, I; p. 394+ . r) Pac, Sylt, abforlı. p: 46. Arch, fs d. Phyf. Y1, Bd. 1. Heft. ja 114 — Zi dem unverletzten Zuftande deffelben die Vollkammen- heit der Seele abbange, und wir nun erwägen, dafs in dem Alter die Kraft der Seele und ihr Vermögen fehr geichwächt werde, bisweilen ganz verloren gehe, fo können wir mit Recht fchliefsen, dafs das Gehirn, im anfangenden und höher fteigenden Greilenalter, fehr verändert werden müffe, in Rücklicht der Mifchung feiner Beftandtheile und der Form im Ganzen, wie in feinen einzelnen Theilen. Wir finden wohl Bemer- kungen über den veränderten Bau des Gehirns beym Greife aufgezeichnet, aber zu wenige und zu mangel- hafte, um die Befchaffenheit deflelben vollkommen kennen zu lernen. Es wäre daher zu wünfchen, dafs Anatomen, welche Gelegenheit und- Gefchicklichkeit befitzen, die Gehirne von Greifen genauer unterfuch- ten und die Befchaffenheit aller einzelnen Theile er- forfchten. Die Bemerkungen, welche ich bey ver- fchiedenen Schriftftellern fand, will ich nun anführen. Das Gekirn ift bey Embryonen und Kindern fo weich und faftvoll, dafs es fait zerfliefset s), bey ältern Menfchen wird es fefter und bey Greifen immer zäher, härter #), und die Markfübftanz wird gelblich ; > da- s) Haller El, Ph. T. VIIL Sec, III. p. 72. 2) Hallercl oc. Tefta l. c. pag. 202. Sömmerring Nervenl. p. 101. Mayerl c.Vi.T.p. o. Bagliv de anatom. fihr. pag. 414. Morgagni Epilt. XRIV. art. 6. Man fehe den »Sectionsbericht: von Th, Parxe, welcher ı50 Jahre alt war, ım Be,tro de orru et natura fanguinis,,Lond. 1669. p. 324.; von einen 130 Jahre alten Manne, von Keil befchrieben, in phil. Transacr. 1706. nr. 306.; von einem 76 Jahre alten Greife, bey Fifcher, de ienio, Pig. Scheuchzer-fand die Hiinfubltinz fchlapper , bey einem Manne von 19 Jahren, Fa AN. med, Wratislaviens Tenram, 24. ee nn ae, IN — 115 ‚daher. kommt es vielleicht, dafs die Greife das Ge- dächtnifs falt ganz verlieren, ihr,Verfand und ihre "Urtheilskraft fchwach werden «), ‚Wir können. diefes aus mehrern Gründen vermuthen. "Wir ‘finden z..B. bey Knaben, welche fich durch ihren.Verftand und ihre Seelerikräfte auszeichnen, das Hirn fehr weich »). Bey dummen Menfchen it es dagegen gewöhnlick trocken und hart w). „Fifcher fand das Hirn zu- Sammengedrückt und. kleiner ©). Nach Sömmer- zig; if das Hirn fpeeifilch leichter y), wahrlchein- lich wegen der laftloleren Subftanz. Wichtig i& die Beobachtung, welche. Schreger in dem Leichname des’ oben erwähnten ‚Greifes ge- „macht ‚hat; er fand newiich in‘den Hirnhöhlen' nur weniges und trübes, 'klebriges Wafer. Würde die- des fo häufig beobachtet, dafs man es als’ dem 'Greife beftändig eigen annehmen könnte, fo würde man die- jr vielleicht als einen Grund zur Beftätigung der Ha? Hypo«+ +) Sömmerring.l,. c. p. 89. et. 100. Baglivl, c. Zachias med.ler.p.24. Boerhaave praclect, Tom. II. p. 799. Auch 'Ch. Parre ein übrigeus noch (ehr, munte- “rer, Itarker Greis, erinnerte fich weder dgflen, wis er felbit in feiner Jugend gerhan hatte, noch der öffentlichen Be- gebenheiten jener Zeit, findert allein der Ereigniffe kurz verlio/lener Jahre, Jip #1 ») Weikards philofoph, Arzt & B pug130 : em) Gredings fimmil, Schriften , 1. Ih, 1790. DasHirn der nl sEretinen, welche bekauucı.h \chr nm find, iftfehr hart zum nach: Fodere fur de Gore er le Cretirlage, Turin 1792 ° 0 9. 154, et 107. v a “#) 1, 0.Von den Cretinen bemerkt Fodere daflelbe I, c Y)lc 19% 116 — Hypothefe Sömmerringsz), über die Befimmung “und den Wertlı diefes Waffers, anzufehen feyn. Die fefte Hirnhaut ift dicker und härter, faft lederartig «). Da viele Gefälse, durch welche die äufsere Platte der harten Hirnhaut mit der Hirnfchale zulammenhänget, verwachfen, in bänderartige, zer- reilsbare Faferbündel verwandelt oder ganz zerftöret werden, fo hängt diefe Platte mit der innern Fläche der Hirnfchale lofer zufammen und wird leichter getrennet 5). Das Schleimhäütchen ift geWöhn- lich dick, gleichfam fchleimig, etwas dunkel. Scheuchzerc) fand es leicht trennbar. Neben der Sichel finden fich kleine, weifsgelbliche, in Häufchen zufammenliegende Körnchen auf der Schleimhaut, welche den Fettklümpchen im Eınbryo ähnlich find a). Man fand knochen- und kalkartige Cöncremente in den Hirnhäuten e). Der ») Ueber das Organ der Seele, Königsberg 1796, #) Scheuchzer in annal, phyf, med. Wratislavens, Tent, XXIV. ‚Bey einem Manne von 109 Jahren fand er die harte Hirnhaur drey mal dicker als gewöhnlich. Haller l. c. p. 72. b) Mayer 1,c.6. Th, p. ır, e)l,c. A) Sömmerting l,c,p, 7. e) Haller opufc. min, Toın, IH, p. 363. Der Sichelfortfatz ' und ein grofser Theil der harten Hirnhaut war verknö- chert: Salzmann decas obf, illuftr. anatomie, Argento- rat, 1725. in Haller’s Coll. Diff. anat. Vol, VI..'p, 692, In der Gefafshaut: deffelben EI. Ph. L. X. p.aı. Boer- haave praelect. Vol» II. p. 603. :Zwifchen der harten Hirnhaut und der mittleren Grube des Schädels Find man eine kalkartige Materie ergoffen. Journ. demed. 1764. Aout, u a — 117 . - Der in der Zirbel liegende Hirnfand (Acervulus Soemmerringii) hat eine dunklere Farbe f). Das Rückenmark mufs fich nach der Befchaf- fenheit des Rückgrades richten ; es wird fich krümmen wenn diefes gekrümmt ift, und da die Wirbel des, Rückgrades fich nähern, nachdem die Knorpel dünner geworden oder ganz zerftöret find, fo mufs auch diefes kürzer werden, $. 33. Von den Nerven und Nervenknoten. Die geftösten Functionen der Nerven beweifen, dafs auch diefe durch das Alter verändert werden. Man wird nicht zweifeln, dafs eine grofse Anzahl Nervenältchen zerftöret oder weggefogen werde, wenn man fich erinnert, welchen Veränderungen die übrigen Theile des menfchlichen Körpers unter- worfen find. Die in den Zähnen vertheilten Nerven 2. B. gehen verloren, wenn fich die Höhle derfelben fchliefst, und fie werden auf diefe Weile dem ganzen Nervenfyfteme entzogen. Bey der Verknöcherung der Blutgefäfse müflen die Nerven mehr oder weniger leiden, und kein Eingeweide kann verändert werden, ohne dals zugleich die in demielben liegenden Nerven eine andere Befchaffenheit annehmen. Wer wird zwei- feln, dafs in den gelblichen und faft verzehrten Brüften der Weiber auch die Structur der Nerven geändert werde? Die Nerven der männlichen und weiblichen Gefehlechtstheile nehmen wohl licher eine andere Stru- etur an, wenn diefe Theile die Stärke und die Fähig- keit, den Gefchlechtstrieb lebhaft zu empfinden, ver- lieren, f) Sömmerring l.c.p-44 “118 , —— lieren, Auch in Rückfcht akt NERVEn "ehr Haut ne übrigen Sinnesorgane gil w ol daffelbe a). Viele‘ Veränderungen der Nerven können wir fehen , viele liegen aber verborgen und mälfen durch ander N: ttel erforfeht werdeh "Nach Haller h) fchrumpfen die Nerven alter Weiher zulanimen, und will man fie zerfchneiden, fo findir Anett fie härter; dieles it die nothwendige Folge der allgemeinen Saft- lofigkeit bey Greifen. Schreger fand die Scheiden der Nerven. befonders des ifchiadifchen, und den Kıeuzbeinnerven rigider, viel wenigeı Waller ‚in, den- delben , als gewöhnlich darin enthalren jit, ‚fefer mit den Neryenfalern - verbunden und weniget. elafilchz fie (prangeen nicht fo ftark-ab, wenn man fie zerfchnitt. Das Nervenmark felbft war fehr merklich trocken. Bey, ' der Befchveibung des Auges ift angeführt worden, dafs die Ausbreitung des Schenervens weniger dicht und erhaben dey. Schtreger tand die Kreuzbeinnerven feiner und zarter, den zweyten auf der.linken’ Seite ausgenommen, welcher die gewöhnliche, Grölse und Dicke behalten hatte. Sehr deutlich konnre man.aber bemerken, dafs die Nerven bey dieieın Greile dadurch dünner geworden waren, dafs alle Löcher, das zweyte der linken Seite ausgenommen, enger geworden waren, R Auf g) Cömmerring fagtin den Nor. 565. zuBaillies Anar.des Irankliuften Baues: jüngere Perfonen, Fr auensper fonen, magere Perfonen fcheinen unter Kiirigehe gleichen Um- ftänden richt nur nervöfer, das ift, „mir fHarkeren, dicke- ren Nerven verfehen zu feyn,fondern find es wirklich in Vergleichung mit älteren, mit Mannsperlonen oder mit fetten Perfonen. k) El. Ph. Tom. VII. L. XXX. Sect. IIT. p. 7:2. yi — 119 Auf diefe Weife wurden die Nerven gedrückt und ihre Ernährung verhindert, wie fchon oben erklärt WOI» den if. MitGrunde kann man wohl vermuthen, dafs auch dieNervenknoten in dem hohen la wie die Nerven, verändert werden. 120 — 1, Ay Ueber die verfchiedenen. Arten (modi) des Vegstationsprocefles in der animalifchen ' Natur, und die Gefetze, durch welche fie beitimmt werden, Einleitwuns %. u Die Vegetation ift gleichfam die Urfache aller Phae- nomene des gefammten organilchen Naturreichs, Sie entlehnt den rohen Stoff aus dem Mineralreiche, und trägt fie ins Gebiet der organilchen Natur über. Durch fie werden alle organjfche Inaividuen gezeugt, durch fie wachfen fie, verändern fie fich, leben fie, durch fie wilrken fie, was fie würken, Mit ibrem Aufhören ift der Tod der organifchen Körper nothwendig ver- bunden. Ihre Beftandtheile werden alsdann in ihre Elemente zerlegt, zu anderen zweitheiligen Stoffen verbunden und kehren ins Chaos der Mineralien zu- sück, woher fie entlehnt waren, Was ift aber der Vegetationsprocefs in der organifchen Natur? Allgemein und ab- ftract gedacht beiteht er in einem beffändigen Wechfel des Stoffs a). Concret gedacht exiftirt er nach eigenthümlichen Regeln und fo mannig- faltig modificirt, alses verfchiedne.or- ganifche Individuen in der Natur giebt. Daher die generifehe und fpecififche Differenz diefes » Pro« #) Reil’s Archiv V. Bo S. 275. —- 121 Proceffes in der orgsnifchen Natur; daher die eigen- - thümlichen Erfcheinungen und Thätigkeiten jedes ' Individuums; daher die harmonifche Zufammenfim- mung der verfchiednen Organe eines Individuums zu einem Zwecke, durch deren: Exiftenz die Naturzwecke eıft gefetzt werden, Diefe werden'alfo würklich durch die,Naturkörper, und exiltiren nicht etwan als Regeln vor denfelben, 'nach welchen fie conftruirt werden. Durch die Vegetation wird alles vollbracht, was wir den plaftifchen-Naturkräften zuzueignen pfle- gen. Durch die Vegetation entftehn die organifchen Individuen, als folche mit Kräften verfehn, Die _ Kräfte variiren nach der Natur der Individuen, Durch die Vegetation werden fowohl die todten als die lebendigen Kräfte in der organifchen Natur, ihrer Qualität und Quantität nach, ‚modificirt. Der Quali» tät und Quantität der Kräfte entfprechen die Phäno- mene, durch welche das Leben fichtbar wird, Die Säfte des thierifehen Körpers wechfeln ioumer; fiewerden in jedem Zeitmomente verzehrt und wieder erfetzt. Durch eine Gerinnung, der Säfte nach ehemifchen Gefetzen entftehn die feften Theile: Diefe werden wieder flüflig durch eine andere Confpiration vonKräften. Die weichen Theile werden wieder Aüfig, wenn fich das Todte von dem Lebenden scheidet, in den todten Linien des Zahnfleifches, durch welche die Zähne dringen. Selbft die härtelten Knochen und die Milchzähne werden wieder flülig, wenn fie fich exfoliiren oder wenn grofse, Theile derfelben eingelo- gen werden. Das flüfig gewordene Solidum wird von 122/ ' — von den Saugadern weggenommen; ‚der Verluf wird auıs.demStrome des Bluts wieder erfetzt 5). "Die Nah- rungsmittel erfetzen den«Milchtäft ,'"diefergdas Blut. Das Blut, als höchft vollendeter thierifcher-Saft, erfetzt: dem Verlaft.der Abfonderüngen und der feften Theile. Aus" einer füfigen 'Materie 'entfleht: alfor der ganze organilche Körper ; in diefelbe kehrt er wieder zurück. Die Vegetstion bat Gefäßse nöthig, "die den füfligen Stoff, welchen fie verarbeitet, zu allem Puncten»der Orgmilatien zuführen. Die Gefafsevführen Blut oder, Eyinphes' "Beide Arten find arterieller oder’ venöfer) Natür. Sie bedarf, als Inftrumente, des Zellgewebes, der weilsen Membranen; der Drüfen: und Eingeweide, die gröfsteniheils aus den. benannten ‘Gefälsen ' be- ftehn. Vermitrelft diefer Inftrumente "wechfelt die Vegetation immerhin alle felten Theile, fie. mögen aus Knochenmaterie, Eyweitsftoff, Fleisch, oder aus Ner- venmark .beftehn. Auch der Stoff wird gewechfelt, aus welchem die Oberhaut, die Nägel, Haare und Hörner gebildet find. Das Fleilch wird aus dem Fafer- floffe und dem rothem Theile des Bluts; das Nerven- mark und die durchfichtigen Organe werden’ aus -Sei- nem Eyweilsftoffe;’ die ehnen und Aponeurofen aus Faleiftof und Gallert;; die Knochen aus’ Gallert und phosphorfaurer Kalkerde ; die Haare, Nägelund Hörner aus Faferftoff erfetzt. Den Stoff, welchen ein Organ von aufsenher zu feiner Erhaltung mittelbar oder unmittel- bar anzieht , nennen wir fein Aliment, fofern daffelbe den verlornen Stoff, mit den Kräften, felbft mit i - x b) Archiv IV. Bd, S. 460. Sa, ? 123 mit den Lebenskräften wieder erfetzt. Mit dem Ver- lufte des Stoffs gehn die Kräfte verloren; durch Wie- 4 dererfakz des’ Stoffs werden auch 'die Kräfie wieder her! gefteltt. "Beide Erfcheinungen beftimmen fich von * Moment zu Moment; ftehn alfo mit einander in Cau- falverBindung. Die itärkften Pferde werden in dem Maafse matt, als ihr Futter verfliegt, und bekommen ihre Muskelftärke wieder, wenn fie von neuem ge- Speißst find. Kann hier wol die genaue Verbindung zwifehen Nahrung und Stand ‘der Lebenskräfte yer- kannt werden? Die Thiere nehmen immerhin Speife und Trank in’den’Speifekanal auf, und ziehn ein feineres Aliment durch die Haut und Lungen ‘aus der Luft an. In dem _Maafse, wie fie aus dem Univerfum' angezogen haben , geben fie an däffelbe ein 'caput' mortuum zurück, damit ihre Mafle nicht ins ’Unend- liche vergröfsert werde. Sie entftehn und erhalten fich von den Stoffen der todten Natur und geben an dies allgemeine Refervoir zurück , was fie empfangen haben, Luft, Wafler, Dampf, felbft fefte Theile werden immerhin durch zahllofe Dunftlöcher theils unmittelbar in die Atmofphäre ausgeftofsen), theils „ vorher einige Zeit in Zellgewebe und den Höhlen der Drüfen, den Lufrröhrenäften, den Gedärmen und Harn- wigen und in vielen andern Behältern aufbewahrt. Der aufgenommene Stoif erleidet alfo in der Zeit zwi- Schen feinen Anziehungen und endlichen Expulfionen, die mannichfaltigften Veränderungen im Thiere feibft, wird chemileh zerfetzt und zufaminengelctzt. Daher kehıt er in ganz anderer Geftalt wieder, als er aufge- non z 124 — nommen ift, man mag nun auf die Ent4chung und den Tod des’ Thieres oder auf die Veränderlichkeit der “ Phänomene, Rückficht nehmen, in welcher fein Leben beiteht. Allein die Natur diefer inneren Verände- sungen der AnfBehbnimiehe Stoffe, wie wunderbar fie auch feyn mögen, die Art, wie fie bewerktftelliget wer- den, und die Zwecke, die dadurch erreicht werden, find uns gröfstentheils unbekannt, In dem Vegetationsproceffe ift das Geheimnils der Erzeugung der Thiere enthalten Durch denfelben entftehn die erften Keime (Anfänge) derfelben in ei- nem anderen Thiere, werden in demfelben einige Zeit genährt und fondern fich dann ab zur Fortfetzung eines felbftfländigen Lebens, durch einen Act, den wir Geburt nennen, Doch diefe zur Generation gehörigen Operationen der Vegetation fetze ich bey Seite und will gegenwärtig nur auf die Würkungen derfelben Rückficht nehmen, die in der Nutrition, Reproduction und in den Urfachen aller Veränderungen des Thieres während feines Lebens fichtbar find. Wie fich die Quantitäten des angezogenen und ausgeftolsenen Stoffs verhalten: fo verhält fich.das Wachsthum und die Ab- nahme des Thiers, theils überhaupt, tkeils in einzel- nen Organen, die eitie private Vegetation haben. Wie fich die Vegetation verhält, fo verhält fich Maals und Art der todten und lebendigen Kräfte in der Organi- fation, Ueberall fehn wir gleichzeitiges und verhält- nifsmälsiges Fluthen und Ebben beider Ekrfchei- nungen. 62 ne re ee % Zn R 125 ” . Zum Vegetationsprocefle wird ein ununterbroche- nes Flüffigwerden der feften Materie erfordert, als h welches beym Wechfel derfelben nothwendig voraus- { geletzt wird. Davon fpreche ich zu einer andern Zeit, und fetze es jetzt bey Seite. Aufserdem befteht der \Vegetationsprocefs aus zwey Factoren. Man ver- zeihe mir diefen Ausdruck; der eine ift der Factor des ' Anfatzes (der Attraction, der Aufnahme), der an- dere der Factor der Wegnahme (Einfaugung). Die» fe Factoren haben ein veränderliches Verhältnifs zu einander. Und eben daduich, dafs dies nach be- ftimmten Regeln geordnet wird, werden die bewun- dernswürdigften Zwecke in der organilchen Natur er- reicht, Das Verhältnifs beider Factoren kann. ver- fchiedentlich beftimmt feyn: 1) in Anfehung der Qualität des Stoffs, den fie wechfeln, Sie fetzen und nehmen entweder einerley oder eine verfchiedene Materie. In dem erften - Falle bleibt dieMifchung alfo auch die Temperatur der . Kräfte in dem vegetirenden Organ die nämliche; in dem andern Falle bekömmt daflelbe eine ganz andere Natur. _ ; 2) Sie können verfchieden feyn in Anfehung des Grades ihrer Thätigkeit. Entweder würken fie beide gleich flaık, oder einer würkt ftärker als der andere. Wührkt der Factor des Anfatzes flärker, fo nimmt die Maffe des thierifchen Stoffs zu; im Gegen- theile nimmt fie ab. Gleiche Würkfamkeit beider Fa- etoren nennen wir Ernährung; Vorwaltung des An- 126 _— Anfatzes Wachsthum; Vorwaltung der Einaugung | Abnahme. , i 3) Sie können verfchieden feyn in Anlehung des Orts, fintemal der Anfatz an dem nämlichen - Orte gefchieht, wo die Wegnahme gefchehen it, oder an einen andern Orte angefetzt und an einem | anderen weggenommen wird. Durch den letzten Modus der Vegetation wird die Form des ganzen Körpers: oder feiner einzelnen Organe umgeändert. Durch, diefe einfache Stellung des Verhältnifles der Factoren im Vegetationsprocefle ift allo die Natur im Stande, die ftupenden Umformungen zu bewürken, die wirran einem organifchen Individuum von demMo- mente feines erften Entftehens bis zu feinem normalen Untergange wahrnehmen, 4) Endlich ift zwar die Vegetation folange in dem ganzen Umfänge eines organifchen Wefens, folange es "jebt, würkfam, doch nicht mit gleichmälsiger Inten- . fität in den verfchiednen Organen. Sie.ik kärker baldin dielem baldin jenem ‘Organe, Da- durch verändert fie immerhin- das Verhältaits der Kräfte in.den Theilen, alfo die Tendenz des ganzen ‚Indivi- duums, Durch diefe verfehiednen Modi der: Vegetation, die durch das verfchieden geftellte Verhältnifs der Factoren der Vegetation würklich werden, ‚wird 'ent- weder die Mifchung (Welen; Qualität) der Organe oder ihre Forın (der Mechanismus des Körpers) ver- | ändert. Der Mifchung entfpricht die Qualität, , und Quantität der Kräfte; der Form. und dem Mechanis- mus — 227 ‚mus die Richtung.derfelben;: Auf der beändigen und zweckmäfsigen. Veränderung der Kräfte beruht. die ‚Exiftenz:des Lebens, welches in einem ununterbro- chenen Wechfel der Phänomene ;bsfteht, Von.diefen Modis der Vegetation, die durch dis verfchiedne Verhältnifs ihrer»beiden Factoren zu ein- "ander. würklich werden, will-ich‘ jetzt weitläuftiger seden, ‚Ich werde dabey. nicht ;allein auf die Gefund- heit, fondern auch auf Krankheiten Rückficht nehmen, Jweilfie in.beiden Fällen würklam find und weil man ‚alle, Zuftände ‚des organilchen Welens vor Augen ha- "ben. muls,. wenn man die Gefetze der Vegetation überhaupt exponiren will. Erfter Abfchnitt. Modi des Vegetationsprocel[les. RT 5 ‚2% Ihe $. 3. Der erfte Modus der Vegeration, ETTERRT Der Factor desAnfatzes überfteigt den Factor der Wegnahme; dadurch entfleht Er gleichem Verhältnilfe Zunahme der Malie und der Kräfte. Der Fall it verfchieden; { Entweder überfleigt der Factor des Anfatzes die Norm, 4 .d. 4 die gleiche Würklamkeit beider, oder die Ein- augung ift von diefem Puncte in unendlichen Graden =. vermindert bis zu ihrem gänzlichen Mangel. In dem letzten Falle, wenn die kinfaugung gahz mangelt, wird die rolie Mafle blos BPEn ohne Wechfel. Dies mag 128 Te “mag fich im gefunden Zuftande wohl nie erejgnen. Allein in Krankheiten kommt es vor, bey Schwäm- men, Excrefcenzen, Knochengefchwülften und in einigen Wafferfuchten von vermehrter Aushauchung: $. 4 Durch diefen Modus des Vegetationsptoceffes wırd das Wachsthum des ganzen Thiers und das private Incerement feiner einzelnen Organe wütklich. In dem Lebensalter, in welchem der Menfch wächft, waltet zwar der Factor des Anfatzes vor, damit die Zunahme der Mafle würklich werde ; allein auch die Einfaugunz it fehr thätig. Davon überzeugen uns die befländigelt Umformungen der Organe und ihre deutlichen Ausbil- dungen, wodurch fie dem Normaltypus angenähert werden, welches nicht anders als durch Wechfel des Stoffs, allo durch Thätigkeit beider Factoren verftan- den werden kann. Das Saugaderfyftem ift um fo würk” famer, je näher der Menfch feiner Entitehung ift. In den Leichen der Kinder dauert die Einfaugung. nach dem Tode am längften fort c). Zwey Blafen, eine für den Kopf die andere für den Körper, diefer dunkle Anfang des Embryo’s, wer- den durch diefen Vegetationsprocefs zu einem Men- Schen. ausgebildet, der fowol durch feine Schönheit als durch feine Gröfse gleich merkwürdig ift, In der Blafe für den Kopf entftehn Knochen und Sinnorgane ; in der Blafe für den Rumpf bilden fich die Keime det Wirbelbeine und’ unförmliche Glieder; im ganzen Kör- - €) Desgenettes Journ, de Medecine an 1790. zei 4 —— 129 3 Körper entftehn Gehirn, Nerven, Musk eln und Einge- weide. Allein allediefe Theile find roh gebildet und weit entfernt von ihrer zweckm’fsigen und a’ geneh- men Proportion. Der Kopf: ift fehr grofs, der Hals ift gekrümmt, der Rücken kurz, das heilige Bein ragt vor, die Gefchlechtstheile find ungeftaltet und die Fin- ger an den Extremitäten‘ weit gefpalten. Diefe erften rohen Keime des künftigen Menfchen,, die durch den Anfatz entftanden find, werden ein und abermals wie- _ der eingefogen und von neuem angefetztund bey jedem } . ] Wechlel dem Plasma der Schönheit mehr angenäbert. Sie gehn nacliljedem Wechfel gröfser, fchöner und - mit andern Kräften verfehen hervor. Zwar wächft der n r - ganze Menfch, aber feine. einzelnen Glieder werden zu verfchiednen Zeiten ausgebildet, bis er am Ende der Periode des Wachsthums, ganz, fowohl in Anfe- hung derSchönheit als in Anfehung; der Vollkommen, heiten, vollendet ift; h Zuweilen befchleuniget die Natur das Wachsthum auf eine ungewöhnliche Art. Wir haben Beyfpiele von dreyjährigen Knaben, ‚die ‚einen Bart, von fa alten Mädchen, die bewachfen und menftruirt waren, ‚Es find Fälle von fünfjährigen, die fünf Fufs grofs Be von fiebenjährigen Menfchen vorgekoinmen, die zwey hundert Pfund gewogen haben a), Zuweilen " bemerkt man «lies präcipitirte Wachscthum auch in 6 Gefälshebern. Meiftens ift es mit chwäche und Schlaff- heit verbunden, die eine Folge der Ichngllen Zufen- menhäufung einer rohen Materie it, Je öfterer die- felbe, ‚d) Haller Ele. Plyf. Lib, XXX, Sect. I $, 15. Arch, fi d.Bbyfil. VL BA. I. Hefe, 1 139 ER Selbe, während eines langfamen Wäachsthums: gewech- felt wird, deftomehr Dichtigkeit, Güte und Ausdauer fcheint fie zu bekommen. Daher wachfen auch alle organifche Welen laugfam, die ein hohes Alter errei- chen. £ Die Gebärmutter wächft in jeder Schwangerfchaft und nimmt nachher wieder ab: Von der Gröfse eines ' Apfels dehnt fie fich zu einem Körper aus, der die ganze Höhle des Unterleibes ausfüllt, und dies nicht etwan allein durch Zuwachs an Säften, fondern auch durch Zuwachs an fefter Materie. N Noel e) befchreibt einen fonderbaren Fall von einer Ueberwachfung der Knochen.‘ Der Patient war. fieben and zwanzig Jahre alt, Er hatte ein heftiges Jücken und Schmerzen in den Händen, welche er deswegen oft in kaltem Wafler badete. Die Schmerzen verloren fich und nun fingen alle Knochen des Körpers an, ungewöhnlich grofs zu werden. Das Bruftbein z. B. wurde fo lang, dafs fein unterftes Ende beym Sitzen die Schenkel berührte. Die Rippen waren zwey Zoll breit, und fliefsen an einander. Sonft waren die Knochen ohne allen Fehler. Der Patient ftarb endlich an allerhand chronifchen Zufällen, | 5. Eben diefes Modus der ;Vegetation, in welchem derj Factor des Anfatzes vorwaltet, bedient fich die Natur zur Reproduction im Thier- und Pflanzen- reiche e) Journ. de Mödecine T. L.I. Bell’s Wundarzneykunft 5, BE, 2. Abtheilung, $. 210. ‘ | -—— 131 reiche. Jährlich wachfen die perennirenden Pflanzen aus ifer Wurzel neu hervor, die Bäume kleiden fich jedes Jahr von neuem mit Laub, Blüthen und Früch- ten, die wir als jähriche Vegetationen auf einem peren- nirenden Gewächfe betrachten können. Die Zoophy- ten und unvollkommnen Thiere, die Polypen, Schne- cken, Eidechfen, Schlangen und Krebfe befitzen dies Vermögen, verlorne Glieder wieder herzuftellen, in einem hohen Grade. Die Krebfe werfen nicht allein jähtlich ihre Schale ab’ und erzeugen fie wieder, fon- - dern gar die abgefchnittenen Scheren und Füfse, die aus Muskeln, Sehnen, Bändern, Kapfeln und Gefäfsen aufs künftlichfte gebaut find, wachfen wieder, wenn fie abgefchnitten find f). Haare, Nägel ‚ die Ober- haut, Selb die Haut, nach einer Amputation der Brüfte, erzeugen fich wieder. Ich habe gefehen, dafs eine an der einen Unterextremität durch Brand ganz, zerftörte Haut fo vollkommen wieder wuchs, dafs fie fich nicht von der Haut des anderen Beins unterfchei- den liefs. Die Schornfleinfeger in England bekommen leicht Btand des Hodenfacks. Wir haben mehrere Bey- fpiele, dafs fich ein folcher ganz zerflörter Hodenfack vollkommen wieder hergeftellt hat 5). Bey fchwan- geren und fetten Perfonen , bey Menfchen, die an Brüchen und: Bauchwafferfucht leiden, ja auch bey andern fonft gefunden Menfchen wird die Haut zuwei- e 12 len 9:\ sı. "f) Trembley Abhandlung zur Gefchichte einer Polypenart; überlerze von Görze 1773. Spalanzani phyficalilche und marhematifche Abhandlungen, Leipzig 1769. 2) Glum Diff. de Scroti fphacelo exefi reltitutione, Halae 1801. 132 To — len. zu einer fo'enormen. Gröfserausgedehnt, dafs man fie mit der Hand in Falten erheben und änder@ Theile damit bedecken kann.! Ein folches merkwürdiges Bey- Spiel von Ueberwachfung der Haut erzählt man von einem fpanifchen Jüngling A). Die abgefchnittenen Nerven reprodueiren fich wieder i). Endlich befitzt die Natur ein bewundernswürdiges Vermögen in. der Reproduction der Knochen , die fie entweder ganz oder zum Theil reproducirt. Wir haben verfchiedene Fälle, dafs fie eine ganze Unterkinnlade, ein ganzes Schlüfelbein, ein ganzes. Schuiterblatt wiedererzeugt hat.‘ Um die abgeftorbenen Körper "der. eylindri- Ichen Knochen ergiefst fich eine röthliche Lymphe, diefe gerinnt allmählich zu einer knorplichten Materie, der Knorpel wird durch einen befondern Procels in Knochen verwandelt, wodurch der abgeftorbene Kno- chen von allen Seiten eingefchloffen wird. Der neu- -erzeugte Knochen ift weich, angeichwollen, rauh, ungeftaltet und mit runden Löchern verfehn, die auf den Vegetationsprocels;Bezug haben. In dem Grade, als der abgeftorbene Knochen zeiflielst, detumefeixt der neue, wird glatt und bekömmt Hervorragungen zur Adhäfion der Muskeln, Furchen und Löcher zur Aufnahme,der Gefüfse und nähert fich dureh einen wiederholten Wechfel ‚des Stoffs, allmählich der Nor- malgeftalt des Knochens , an, deflen, Stelle er getre- ten ift. ’ Die &) Journ, de Scavans T. XI. p. 377. 7) Meyer im Archiv IL B. S. 449. Nannonius.in Rö- mers delect.-Opufc. Vol. I. p. 187. Michaelis über die Regeneration der Nerven, Cafltl 1785. ers 133 "Die Reproduction ähnelt der Zeugung. Diefe “ bildet Individuen, : jene Theile derfelben, die ver- ‚ lören gegangen find. Beide Gefchäffte vollendet die Natur durch ein Praedominium des Factors des An- fatzes in dem Vegetationsproceffe R)- ET Noch will ich einige Würkungen diefes Modus BE NER aus dem kranken Zuftande zufügen, ; Die Teröfen und durchlichtigen Membranen, die Arach- älba des Gehirns und Rückenmarks, das Bruft- und Bauchfell, dieScheidenhaut der Geilen und die feröfen - Meinbianen der 'Gelenkkapfeln nehmen zuweilen fo fehr zu, dafs fie ihre normale Dicke um viele Male überfleigen. Daher die weisen Flecken, die man nicht felten auf der Oberfläche des Herzens Aindet. Bey pe- mötrirenden Bruftwunden mehrt Sch gern, durch den Zutritt der Luft, die Abfonderung des Bruftfells und fehwillt dadurch zu einer enormen Dieke an, Eben - diele Erlcheinung bemerken wir am Enuchfelle nach dem Kindbetterinnenfieber, an der Scheidenhaut der Hoden bey einem Waflerbruche. Endlich kann eine - übermälsige Ausdehnung diefer Häute, 2. B. des Bauch- „fells in den Bruchläcken, eine folche Verdickung ver- anlaffen. Auch die Schleimhäpte erkranken auf die nämli- che Art. Von Serofeln und wiederholten Cstarthen fehwillt zuweilen die Schleiimhaut der Nafe fo fchr an, ‚dals fie Falten wirft, fogenannte weiße Polypen bildet und-die Gänge der Nafe verftopft,. Den nümlichen Zu. k).Archiv I, Bd, 1, Heft €. 1. 134 nl Zuftand entdecken wir oft in den Thränenwegen, -dem Schlunde, Magen, den Gedärmen, in. der Harnröhre: und der Mutterfcheide, In der Ruhr fchwillt allemal die Schleimhaut an, wird hart, glatt, verliert ihre Zotten und bekömmt Gefchwüre, fo dafs man ‚genau an einer fcharfen Gränze die Gegenden des Darmkanals erkennen kann, die an der Ruhr gelitten haben, Häufige Halsentzündungen laffen eine fortdauren-., de Gefchwulft der Mandeln zurück. Die Saugaderdrü-; fen nehmen zu einer ungeheuren Gröfse bey Scrofeln und Luftfeuche zu: In einem: ergoffenen Blute oder; ausgelchwitzten Falerloffe wachfen Gefälse und theilen diefem Stoff Leben und Wachsthum mit. In den Höhlen der Nafe und der Ohren wachfen Polypen; in der Gebärmutter Mondkülber, fleifchichter und hy- datidöfer Natur, die Blut- und Waflergefäfse haben. Die Eyerftöcke und andere Balggefchwülfte wachfen oft zu einer enormen Grölse. In ihnen erzeugen fich Heare, Zähne, Knochen, Knorpel und andere Pre- ducte einer anomalifchen Vegetation. Durch die Emi- menz des Factors des Anfatzes entftehn Warzen, Con- dylome, Schwämme an der harten Hirnhaut, Exofto- fen weicher) und harter Natur. Im Alter füllen fich die Kanäle der Zähne nach eben diefem Gefetze aus. Die Gelenkhöblen füllen fich nach Verrenkungen aus; die Löcher in den Knochen verengern und verfchlie- Ssen fich durch Anfatz von Knochenmaterie, wenn die durch fie gehenden Nerven und Gefäfse zerftört find. 1ft der . fo wird das Sehloch immer kleiner und endlich verwächft es ganz, Alle —— 135 "Alle diefe Erfcheinungen und Metamorphofen in der thierilchen Oeconomie werden würklich.durch die gröfsere Thätigkeit des Factors des Anfatzes vor dem Factor de: Einfaugung im Vegetationsprocefle, Se ze Derzweyte Modusder Vegetation, Der Factor der Reforbtion praedomi- nirt: Der Anfatz it geringer. Die Einfaugung über- fehreitet die Norm, oder der Anfatz ilt vermindert und ganz aufgehoben. Durch diefe Art von Vegeta- tion nimmt. die Maffe der Organe ab, oder fie werden gar ganz conlumirt. Sie exiftirt bald örtlich bald all- gemein > entweder nach derNorm oder wider diefelbe, Mit dem Alter werden die Knochen’ dünner und zu« gleich poröfer, fo dafs fie oft den vierten Theil ihrer Schwere verlieren, Die platten Knochen, z. B. die Knochen der Hirnfchaale und das Schulterblatt werden oft fo,dünn und durchfichtig wie Poftpapier; ja es werden gar Theile derfelben ganz confumirt, fo dafs mehr oder weniger grofse Löcher in ihnen entftehn. Auch in dem früheren Alter ift diefer Vegetationspro- cels würkfam zur Zerörung der Knochen, An der inneren Seite der Hirnfchaale entftehn zeräftelte Ver- tiefungen von dem Klopfen der Arteria menyngea media; der Druck der Flechlen macht Rinnen in den Knochen, z. B. die lange Sehne des Biceps macht eine Rinne zwifchen dem tubere anteriori und pofteriori des Oberarmkopfs. Von Schwämmen der harten Hirnhaut entfichn Vertiefungen und zuletzt gar grofse Löcher in der Hirnfchaale. Bey Puckeln verzehren fich oft ein ad, 7% _— eins und mehrere Wirbelbeine'des Rückgrats ganz und gar. Die Wurzeln und die, Zahnhöhlenfortfätze ver- 'fchwinden vor dem Wechfel der Milchzähne. Wenn die Zähne im Alter ausfallen, (o verzehren fich auch die Zahnhöhlenfort ze, undes bleibt nur die [chinale Grundfläche des Unterkiefers übrig. Pearfon /) beobachtete einen Kranken, bey dem die innere Sub- ftanz eines Knochenkopfs 16 fehr zerftört war, dafs derfelbe ein Pfund Feuchtigkeit enthielt. Die fcharfen Ränder und Spitzen gebrochner oder abgelägter Kno- chen werden durch Einfaugung abgeltumpft. Gebroch- “ne Rippen bilden gerne künftliche Gelenke; die Bruch- enden runden fich ab durch Einfaugung. Wenn der Hals des Schenkelbeins gebrochen ift, fo ründetı fich das Bruchende zu einem neuen Knochenkopfe ab ünd fein Druck bewürkt eine neue Gelenkhöhle. Die einft- weiligen Knorpel verfchwinden. Es verfehwinden gar die perennirenden Knorpel in gichtilchen Subjecten fo ganz und gar, dafs die Gelenkflächen nackt werden und wie abgefchabt ausfehen, ; Die Muskelfalern werden dünner, olıne dafs’ihre Zahl vermindert wird, oder fie werden ganz verzehrt, durch fortgefetzten Druck, langes Liegen auf'denn. Rücken. ‘Van Maanen m) fah einen Neger in dem Set. Thomas- Spital in London, bey dem vom langen Liegen im Bette das ganze’heilige Bein, ein grolser Tlieil der Hinterbaeken entblöfst und cin beträchtli» ‚eher Theil der Muse. gluteorum faınmt der Haut ver- \zehrt 1) Medical communications; London 1797, Vol. U. m) Di. de abforbitione folidorum, Lugd. Batav, 1794. Pag. 46. . en 137 zZehrt war. Ueber beide grofse Trochanteren war ein Theil des M. Glutei und des vafli externi "zerftört. Auch war rechter Seits ein beträchtlicher Theil des M. deltoidei und der Haut zerftört. Endlich bemerkte man an vielen anderen Orten, 2. Bı an der Seite des Knies,'an den Fufsknöcheln, Ellenbogen, mit einem Worte überall, wo die Knochen an dem mageren Kör- per 'hervorftanden, nur in einem geringeren Grade, diefe Confumtion und Zerftörung der Muskelfubftanz. Gavatdn) fand die Mufe, fterno hyoideos und thy- riohyoideos vom Drucke eines grofsen! Kropfs fo ver« dünnt und verzehrt, dafs kaum noch: einige Fafern derfelben übrig’ geblieben waren.. Kinder werden zu- weilen ohne Bauchmuskeln geboren; andern fehlt die Verbindung. der Schaambeine, wenn nämlich die Harnblafe umgekehrt il. Wenn innere 'Gefchwülfte aller Art, Pulsadergefchwülfte des Herzens und der Aorta, Lendenabfceffe u. (, w. von innen nach aufsen »vordiingen, fo gelchieht' dies immer dutch Einfau- gung der feften Theile. . Die Knorpel, die Knochen, die Muskeln und endlich die Haut werden fo vollkom- men eingelogen, dafs keine Spur derfelben BD bleibt. In denLeichen, die am Wallerkopfe geförben find, findet man oft eine Zerftörung der Lappen des Ge- hiens 0). Noch fchöner fieht man diefe Erfcheinung an drehenden Schaafen von der Taenia hıydatigena. Ich habe einigemal in diefen Köpfen einen gänzlichen Man- ") Trait@ de Myologie fuivant la methode de Default p. 12, 0) Guthrie vom innern Waflerkopf; ‚im phyf, med. Journ. 1801, Monat Dec. 5, 935. 138. — Mangel des obern Theils und der vörderen Lappen des Gehirns gefehen. Der gröfste Theil des Gehirns fehlte, ohne Zeichen von Vereiterung; er war gefchmolzen und eingefogen, wie die Sonne im Frühjahre,das Eis und den Schnee wegleckt, Wenn die Kanäle in den Zähnen alter. Perfonen ausgefüllt werden :-fo. werden die Nerven und Gefälse der Zähne aufgefogen. , Nach der Zerftörung des Augapfels wird der Sehnerve und, fein Thalamus abgemagert, eingefogen. Es fehlt die vollftändige. Vegetation, weil die Action gefehlt hat. ‚ Die Hoden werden zuweilen ganz verzehrt, dafs _ der. Sack ganz leer ift, auf die Weile wie die Bruft- drüfe im Knabenalter verfchwindet. Das Alter, Ueber- manfs des, Beifchlafs und topifche Krankheiten. der Geilen können diefe Einfaugung veranlaffen. Die Haut.der Finger verfchwindet, wenn fie zufammen- gebunden find, durch die Eminenz des Factors der Einfaugung. Sie wird überall zerftört durch Eiter- fammlungen,unter derfelben oder durch jeden; über- mäfsigen Druck, _ Durch den Druck, ‚der Abfcefle fchmelzen. Zellgewebe, Membranen, Nerven, Blut- gefälse , Warflergefäfse, Muskeln, felbft die harten Knorpel und Knochen. Wenn die Ausführungskanäle der Speicheldrüfen und der Gekrösdrüle unterbunden find, fo erfolgt zwar anfänglich eine ftarke Gefchwulft: des Körpers diefer, Drüfen, nachher aber. fchmelzen fie | . durch eine chronifche Tabes, weil ihre Function und mit derfelben ihre lebhafte Vegetation aufgehört hat. In der Weiberbruft ift die Thätigkeit der Factoren ‘ der Vegetation faft nie gleich, In den Jahren der Pubertät, in der Schwangerfchaft, bey Gegenwart von 1 Reizen an 139 - Reizen in der Gebärmutter praedominirt der Factor des Anfatzes; er wird erregt durch Manipulation der- felben und durch frühes Liebesgefchäfft.i : Während ‚des Stillens ift derfelbe in dem Grade würkfam, dafs: die Bruftdrüfe eine ganz andere, nämlich ftatt der gleichförmigen fpeckichten, eine-acinöfe und granulirte, Organifation bekömntt. . Zu.anderen Zeiten praedomi- nirt der Factor der Einfaugung. Im Alter, nachnder Exftirpation der Eyerftöcke und von anderen Urfachen, ' fchwinden die Brüfte. Pott p) fah bey einer jungen: Frauensperfon zwey Leiftenbrüche, in welchen die. Eyerftöcke enthalten waren. Die Patientin litt davon weiter keine Befchwerden, als dafs fie Schmerzen fühlte, wenn fie fich bückte und dadurch die ‚Brüfte gedrückt: wurden. Alle Bemühungen, die vorgefallenen Theile zurückzubringen, waren vergeblich, Manmashte end- lich auf Verlangen der Patientin die Operation, und fehnitt die in den Gefchwülften befindlichen Eyerftöcke weg. Die Patientin genas, und blieb gefund, wurde aber magerer, doch muskulöfer als fie gewefen war. Ihre vorher grofsen Brüfte fchrumpften zuflammen, und fie bekam nie ihre Monatsreinigung wieder. Ich könnte hier noch eine Menge von Fällen, häu« fen, in welchen der Factor der Wegnahme vorwaltet. Allein ich übergehe fie, weil die beigebrachten zur Beftätigung der Thatfache zureichen. 0 8 Diefes Modus der Vegetation, in welchem 'die Einfaugung vorwaltet, bedient fich die Natur, die merk* p) Chir, Werke 2. B. $, 530. 140 — merkwürdisften Veränderungen in‘ der‘ thierifchen Oeconomie, fowohl im gefunden als im kranken Zu- ftande, hervorzubringen. ° Durch Hülfe deffelben wird die pulpöfe Membran‘, die in der Fracht den äufseren Gehörgang verfchliefst, die Membrana pupillaris und nach der’Geburt die Braffdrüle, wieder aus der Zahl der Organe weggenoinmen, aus welchen das Indivi- duum aneinander gereiht if. Wo Theile abgeftorben find. wird eine Scheibe aufder Gränze des Lebens, zwi- Schen ihm und dem todten Theile, eingefogen und auf diele Art die Exfoliation, d. h, Trennung des Todten und des Lebendigen. bewerkftelliget, Nach diefein Vegstationsprocefle entblättern fich die 'Bäu- me g),'fällt der Nabelftrang nach -der“Geburt, die Nachgeburt der Fifche, die felt anihrem Bauche hängt, und das Refpirationsorgan ab, welches an der Seite der Köpfe der Fröfche anhängt, die erft aus dem Eye gekrochen find. Durch diefe Vegetationsart trennt dich das Brandige’vom Leben, der todte Knöchen von dem: Theile, : der noch unverdorben it. Wenn man die‘Phänomene mit Aufinerkfamkeit betrachtet, |die nach einer Unterbindung der Polypen und anderer Rleifchgewächfe entftehnt fo wird’ man finden ‚| dafs die Trennung nach dielem Vegetationsprocefle gefchehe, Die mechanilche "Kraft des Fadens .bewürkt direct nichts, denn fie ift weit fchwächer als die Cohärenz des unterbundenen Theils. Daher fchneidet auch ein Faden, den man an Cadavern anlegt, nie durch. Auch ' kann das Phänomen nicht von Fäulnifs erklärt werden, die etwan eine Folge der Compreflion der Gefälse wäre, Denn q) Archiv III. Bd, S. 386. 5 4 — 14 Denn in diefem Falle müfste fich die Fäulnifs gleich- mälsig in alle Theile diesfeit des Brandes äufsern und die Trennung könnte nicht blos an dem Orte entftehn, wo der Faden.liegt.. An dem ‚Orte, wo der Faden liegt und drückt, entfteht eine Rinne, die immer tiefer wird, bis der Rörper ganz dürchgefehnitten ift. In der Rinne fieht man eine Aüfige Matesie, die zerflof- fenen feften Theile, welche eingefogen werden. Der ‚ Druck des Fadens ift blos Gelegenheitsurfache , durch welche die Vegetation mit vorwaltender Einfäaugung erregt wird. Eben diefelbe bewürkt auch den Durch- gang der Milchzähne durch des Zellgewebe, die Ge- fälse und die Haut des Zahnfleifches. Eiterfammlun- gen im Inneren des Körpers bahnen fich einen Weg gegen die Oberfläche, und zwar auf die Art, ‚dafs durch eine vorwaltende Einfaugung alle über diefelben liegenden felten Theile zerltört, werden. So dringen auch Aneurismen der Aorta nach 'aufsen durch Ein- faugung der Wirbelbeine, der.Rippen, des Bruftbeins, der Muskeln und aller übrigen weichen Theile. _ Stea- tome, die im Inneren des Körpers erzeugt find, haben die nämliche Würkung auf die feften Theile. Schwäm- me der harten, Hirnhaut bahnen fich durch diefen Pro- cels einen Weg durch die Hirnfchale, das Pericranium, die Muskeln und felbft durch die Haut, und kommen au Tage. In dem Mufaeco des Profeffors Meckel ift ein merkwürdiger Kopf, mit ‚einem Polypen in der ‚Einnbackenhöhle, _Diefer hat die Wand der obern Kınnlade gegen das Geficht, die Nafe, die Augen- hölhle und den Gaumen zerflört, nicht allein die Kno- chen, fondern auch alle weichen Theile, Muskeln, Ner- 142 —— Nerven, Gefäfse und Membranen, die fich hier befin- den, find zerftört, fo dafs er überall an den genannten Orten zu Tage liegt: In dem Mufaeum zu Leiden wird 'ein ähnliches Präparat aufbewahrt r). Auch Bell s) erwähnt des Einflufles der Nafenpolypen auf die Vermehrung der Einfaugung: der feften Kun die die Nafe bilden. Sr Dritter Modus des Vegetationsproceffes. Die dritte Differenz in dem Verhältniffe (Stellung) der Factoren der Vegetation gegen einander, betrifft den Ort, wo fie würken. Beide Factoren kön-' nen nämlich an einerley Orte thätig feyn, oder der Factor des Anfatzes würkt an einem anderen und der Factor der Einfaugung auch an einem andern Orte. Schon in der todten Natur finden wir ein Analogon diefer Einrichtung. Die lockeren Sanddünen an den Ufern der Infeln behalten ihre Exiftenz unveränderlich, ‘ob- gleich der Sand in einem ewigen Spiele begriffen ifl, weil fich immerhin foviel Sand an den nämlichen Ort wieder anfetzt, als im vorigen weggenommen if. Oder fie ändern ihre Gruppirung, wie fich die Klang- knoten(Chladni)in der Atmofplsäre verändern, Eine Düne nimmt ‚auf der einen Seite ab und wird auf der andern angefetzt und fchreitet unvermerkt von ihrem urfprünglichen Orte, einen Schneckenmarlich, zu einem andern fort; oder fie' nimmt hier ab und wird eine Viertelmeile und weiter davon in dem nämlichen Ver- hält- +) Edit. Sandifort, p. 161. * s) Chir, V. Bd. z.' Abtheil, S. ızı. hältniffe wieder erzeugt. Das ganze Delta des Nils, vielleicht ganz Unterägypten, ift nach und nach ange- fetzt, Damiette und Rofette lagen fonft am Ufer des Meets, jetzt landeinwärts. . $. 10 Meiftentheils würken zwar beide Factoren der Vegetation zu einerley Zeit und an einerley Orte. Es wird angefetzt, zu der nämlichen Zeit und an demfelben Orte, wo aufgenommen wird, ‘So würkt die Vegetation bey der Ernährung des Körpers und bey der Veränderung und E:höhung feiner Krüfte, um würken und handeln zu können. Eben durch diefe Art des Wechfels des Stoffs, bey der-die beiden Facto- ren der Vegetation an dem nämlichen Orte, zu gleicher Zeit und in gleicher Qualität und Quantität würken, wird das Problem gelöfet, wie es nämlich zugehe, dafs die organifchen Körper, trotz aller Veränderungen, die fie immerhin erleiden und worin ihr Wefen be- fteht, dennoch für eine lange Reihe von Zeit, die nämliche Structur, Mifchung desStoffs, die nämli- chen Kräfte und Ver:nögen erhalten. Doch dies im Vorbeygehen, + 11 Indefs nicht immer würken die beiden Factoren * der Vegetation an einerley Orte. Sowohl im gefunden als im kranken Zuftande würkt zuweilen der Fa- etor des Anfatzes an einem anderen, und der Factor der Einfaugung auch an einem anderen Orte, Auch diefer Modus der Vegetation bringt -I144 — .- bringt die merkwürdigften Phänomene und Verände- rungen in der organifchen, Natur hervor. Durch den- felben wird das Verhältnifs der Kräfte in den Organen des Mierocosmus, alfo auch die Tendenz des Ganzen, abgeändert; durch denfelben entftehn die fonft unbe- greiflichen Metamorphofen der Individuen und ihrer einzelnen Organe; durch denfelben wird endlich die. xohe Mafle des Embryo’s zu dem fchönen Urbilde'eines erwachfenen Menfchen ausgebildet. Durch diefe Art der Vegetation werden fchöne Kinder in hafsliche Jüng: linge und hälsliche Knaben in fchöne Jünglinge ver- wandelt. $. 12 Thatfachen, ‚durch welche die Exiftenz diefes Vegetationsprocefles beftätiget wird, finden wir in der Bildung. der Knochen. - Hier mufs ich aber als be- wiefen vorausfetzen, dafs das Wachsthum der Knochen in der Länge durch Anfatz an die Enden; ihr Wachsthum im.der Dicke durch Anfatz auf ihren äufseren’ ‚Fläche gefchehe Alle andere Erklärungen ihres Wachs- thums, dafs fie z. B. nährende Partikelchen in-ihre leeren Zwifchenräume aufnehmen und dadurch in der Länge auseinandergedrängt würden, halten nicht Stich, Die Cohärenz der Knochen ift unendlich grö- ‚ {ser, als die auseinanderdrängende Kraft weicher und gallertartiger Partikelchen.. Und, keine Erklärung einer Erfcheinung foll einem:anderen, erwiefenen und allgemeinen Naturgeletze widerfprechen, Die Bäume wachfen.in der Länge durch Anfatz an ihre Spitz- ; 1 en; T— | 145 tzen;. und in der Dicke durch Anfatz in der Peti- pherie, nämlich durch neue und von aufsen angelegte Ringe. Giebt man diefen Vorgang beym Wachsthum zu; fo wird man fchwerlich die merkwürdigen Meta- morphofen in der Geftalt der Knochen während ihres Wachsthums anders als durch den Modus der Vegeta-, , tion erklären können, von welchem ich jetzt rede. Bey einer viermonatlichen Frucht liegt der fünfte; bey einer achtmonatlichen der fechste; bey einem ein« jährigen Kinde der fiebente; bey einem zehnjährigen Knaben der achte Zahn unter dem Proceflus coronoi+ deus des Unterkiefers; Im achtzehnten Jahre liegt eben diefer Zahn vor diefem Anfatz. Der Bogen des Unterkiefers wird bis zum Ende des erften Jahrs zu einem gröfseren Segment eines Zirkels vergrölsert; nach dieler Zeit wächft er blos an feinen Enden. .In der Proportion, in welcher die Proceflus coronoidei und condyloidei fich mit dem Fortgang des Wachs- thums immermehr von. der Protuberantia externa des Kinns entfernen, mufs nothwendig der Fa- etor der Finfaugung an den vorderen und der Factor des Anfatzes an den hinteren Rändern würken und dadurch eine unmerkliche Verpfänzung diefer beiden Proceflus bewerkftelligen. Die Erweiterung des Bogens der Kinnlade entfteht durch Anfatz auf der äufßseren und durch Einfaugung auf der inneren Fläche, -Die Acfte des Unterkiefers find in der Frucht und im Kinde kurz; in der Folge verlängern fie fich beträcht- lich und fteigen weit über die Proceflus alveolares der- felben hinauf. Das Verhältnifs der Lage des Proceflus eondyloidei und coronoidei des Unterkiefers und des Arch,f.d. Phyf. VIBA, 1. Heft. K Acıö. 146 —. Acromiums und des Räbenfchnabels am Schulterblatt, verändert fich immerhin während des Wachsthums. Alle diefe merkwürdigen Metamorphofen in der Form der Knochen können nach meiner Meynung nicht an- ders als durch den benannten Modus der Vegetation erklärt werden, in welchem nämlich der. Factor ‘des Anfatzes an einem andern und der Factor der Wegnah- me auch an einem andern Orte würkfamift. Während des Wachsthums. vergröfsert fich der äufsere Umfang der cylindrifchen Knochen in dem Maafse, als ihre innere Subftanz weggenommen und zerftört wird. So entftehn die grofsen Höhlen zur Aufnahme des Marks, diein der Frucht kaum ficht- bar find. Der Factor des Anfatzes würkt auf die äu- fsere Fläche des Knochens, der Factor der Einfaugung im Inneren deflelben. Es entfteht eine Höhle in der Grundfläche des Keilbeins, die in der Frucht ein dich- ter Körper war. Durch den nämlichen Vegetations- procefs entfiehn im Stirnbeine, Schlafbeine, Hinter- hauptsbeine, dem Oberkiefer, in den Wirbelbeinen und anderen Knochen Höhlen, Ringe, Labyrinthe u. f.w., oder die vorhandenen werden vergrölsert. , Auf eben die Art bilden und vergrößern fich -wahrfcheinlich die Furchen, Rinnen, Canäle, Löcher, Eindrücke, Gruben und halbmondförmigen Aus- fehnitte in den Knochen. In dem Verhältnifs, als das Olecranum und überhaupt alle Knochenköpfe durch mehreren Anfstz am Volum zunehmen, in dem nämli- . chen Verhältniffe werden die Gelenkgruben für das Ole- cranum und überhaupt alle Gelenkhöhlen durch Ein- faugung erweitert. Der Hals des Schenkelknochens und | | u 147 und feine! Trochanteren können unmöglich durch Aus- dehnung des Körpers von der Mitte diefes Knochens im Wachsthume weiter entferntwerden, Auch hier mufs der Vegetationsprocels, indem die Factoren an ver- fchiednen Orten würken, dasMittel zu diefer Metamor- phofe feyn. An den Knochen. entfiehn Kämme, Leiften,; Anfätzes Der Ring des Beckens wird aller- dings wol vorzüglich durch Anfatz an die Flächen, wo fich die Hüftbeinknochen mit dem heiligen Beine, die Hüftknochen mit den Schaambeinen und diefe fich unter fich in ihrer Synchondrofis verbinden, erweitert. Allein fchwerlieh ift daraus die regelmäfsige Erweite- zung der Durchmeffer des Beckens erklärbar, Die kreisförmige Linie der Hüftbeine und der horizontalen Aefte der Schasmbeine, “die früh ein Segment eines kleineren Kreifes bildet, wird erweitert durch Anfatz,, von aufsen und Einfaugung an den inneren Flächen des Beckens, Im Gegentheil ereignet es fich zuweilen bey erwachfenen Frauensperfonen,, dafs dies Verhält- nifs in Anfehung des Orts der Würkfamkeit der Facto- ren der Vegetation fich umkehrt. Dann verengern fich die Durchmefler des Beckens wieder, der Ring wird kleiner, die folgenden Geburten gefchehen fchwer, da die erften leicht waren. Eine Erfcheinung, die verfchiedne Geburtshelfer beobachtet haben. Die Pfanne für den Schenkelknochen wird zwar vorzüglich durch Anfatz in der Synchondtrolis der Hüft Sitz-und Schaam- Beine vergröfsert. Allein dabey mufs ihr inne« rer kuglichter Raum du:ch Einlaugung im Grunde und durch Anfatz an ihrem Rande mehr ausgehöhlt werden. Ka Der 148 — Der Schenkelknochen it beym Kinde gerade, in Eiwachfenen aber nach vorn gekrümmt und hinter- wärts ausgehöhlt., ' Bey Schneidern und angehenden Pharmaceuten werden die Knochen der Unterextremi- täten krumm; hingegen firecken fich die äufserft krummen Knochen 'rachitifcher. Rinder mit dem Wachsthume zu einer geraden Linie, Von einer. mecha- nifchen Kraft find diefe Würkungen nicht 'erklärbar ; fie entftiehn von ganz anderen Urfachen. Die Action der Muskeln und der Druck einer ‘falfehen Lage des Körpers ift fchwächer als die Cohärenz der Knochen; und daher nicht im Stande fie zu krümmen; und ge- fetzt, es gefchähe würklich durch eine gröfsere Kraft; fo fpringen fie in ihre Normalgeftalt zurück, wenn diefe Kraft zu würken aufhört. Bey der Streckung der krummen rachitifchen Knochen zur geraden Linie kann die mechanifche Kraft fo wenig beitragen, dafs fie vielmehr widerfteht: In den Klumpfülsen find die Knochen der Fufswurzel häufig mifsgeftaltet. Der Venel’fche Apparat verfchafft ihnen allmählich ihre Normalform wieder. Aber wahrlich nicht direct durch feinen Druck, denn diefe Knochen laffen fich‘ nicht wie ein Semmelteig in jede Geftalt umkneten. Eben fo ereignet fich auch die Cur bey einem gekrümmten Rückgrat. Polypen und Gewächfe in Highmor’s Höh- le vergröfsern den inneren Raum derfelben, erweitern. den äufseren Umfang, und machen die Knochen fo dünn wie Poftpapier. ‘Bey allen; diefen' und anderen Umformungen der Knochen würkt unftreitig der be- nannte Modus des Vegetationsprocefles, in welchem Anfatz und Einfaugung an verfchiednen Orten thätig iind, — \ 149 - find. Wie erweitert fich das Sehloch mit dem Wachs- thume des Sehnerven? Kann wol die mechanifche Kraft des Nerven oder die Würkung der nährenden Arterien dies bewerkftelligen ? Sicher nicht. $. 13. Auch in den weichen Theilen ift diefer Modus der Vegetation würkfam. Durch denfelben erweitern fich die Ringe des Kehlkopfs. Wird eine Gefäfshftel durch Unterbindung curirt, fo wird der eingebundene Fleifehbalken durchfchnitten und der Grund ausgefül- let, indem der Factor des Anfatzes über, der Factor der Einfaugung unter dem Faden, alfo beide an ver- fchiedenen Orten würkfam find. Nach dem nämlichen Gefetze wandern Eiterfammlungen von ihremUrfprungs« orte zu einem anderen hin. Bleykugeln bewegen fich zuweilen im Zeilgewebe fort. Gewöhnlich wird dies durch Communication der Zellen des Zellgewebes er- läutert. Allein mir fcheint es, als wenn die zu kleinen Mündungen im Zellgewebe,. die meiftens äufserft langfame Bewegung derfelben, und die Bewegung der- felben aufwärts gegen ihre Schwere, diefer Idee wider- fprächen. Vielmehr glaube ich, das Zellgewebe werde an einer Seite der Kugel verzehret und an der andern‘ wieder angelerzt. Vorzüglich gehört hierher. die merkwürdige zehnjährige Reife ‚eines Fontanells vom Knie zum unteren Ende der Wade herunter, von wel- cher eine lange und gefchlängelte Narbe zurück ge- blieben war 2). Wer wird hier fich einbilden können, dafs die unbedeutende Schwere einer Erbfe, die etwan ein r) Archiv V. Bd. 445. 150 — \ ein paar Gran wiegt, die Cohätenz der Haut überwin- den könne, die mehr als hundert Pfund aushält, ohne "zu zerreifsen. Der Factor der Einfaugung würkte unter der Eıbfe; über derfelben der Anfatz, und dadurch zücktedie Erbfe uninerkiich von ihrem urfprünglichen - Orte am Beine herunter, Der Procefs des Bauchfells, der mit den Geilen in. den Hodenfack herabfleigt, wird in derGegend des Saamenftrangs in Zellgewebe aufgelöft, N a U Det.vierte Modus der Vegetation. Esifßnicht nothwendig, dafs nur eine der genannten Vegetations-Arten gleich- zeitig, und in gleichen Verhältniffen, in allen OrganeneinesIndividunms würkfam Tey. . Es kann zur Zeit, wo eine Vegeta- tions-Artindiefem Theile würkt, eine an- dere in einem anderen Theile würken. Ein thierifches Individuum if nichts homogenes, fondern ein Wefeu, das aus heterogenen Organen, nach ver- fchiedenen Regeln, aneinander gereiht if. Natur, Zahl und Ordnung der Organe ilt willkührlich in der ab- ftracten Idee eines Thiers. Eben dadurch, dafs diefe Beftimmungen verfchiedentlich gefetzt werden, wer- den auch die So TETaeRe Gättungen und Arten der _Thiere geferzt. Alle Organe eines Thiers find zwar” einem und dem nämlichen Vegetationsfyfteme ange: hängt, und in diefer Rückficht von demfelben abhängig. Allein fie find nicht ganz abhängig; nicht alle auf einerley Art. In dem vaften Gebiete der j Vegstationsinftrumente herrfcht eine verfchiedene Temperatur der Kräfte. Darnach bewürken fiealfo auch einen D — 151 einen gröfseren oder geringeren Zufufs von Nahrungs- Noff. Alle Organe werden zwar aus dem nämliehen Strome des Bluts genährt, aber nicht pafliv, fondern fie nähren fich felbft nach ihrer eigenthümlichen Afh- nität. Nach diefer Einrichtung ift es allo möglich, dafs jedes Organ für fich verändert werden kann, eine eigne Temperatur von Kräften befitzen, für fich leben, und feine privaten Gefchäffte bewerkftelligen kann. Wird das Kraftverhältnifs der einzelnen Organe zu ein- ander verändert, fo wird dadurch dem Individuum eine ganz andere Tendenz mitgetheilt. Wenn z.B, in den Jahren der Pubertät die Kräfte der Gefchlechts- “theile erhöht werden: fo entftehn eigne Triebe, die vorher nicht da waren. Von diefer Einrichtung der Vegetation hängt es ab, dafs die einzelnen Organe für fich wachfen und abnehmen, jedes fein 'eigerthümli- ches Leben, feine befondern Lebensperioden haben und für fich fterben kann. Sie it die Urfache, dafs einige Organ, in der Kette aller, an Kraft vorwalten; dafs die Temperatur der Kräfte in einem Organe für fich erhöht und dadurch die Vertheilung der Thätig- keit und Ruhe in dem Individuum bewürkt werden könne. Sie ift endlich Urfache des Unterfchiedes, den wir zwifchen örtlichen und allgemeinen Krankheiten feßt- Setzen, 615: Diefe Einrichtung, dafs verfehiedene Modi der - Vegetation und diefe mit verfchiedenen Graden von Thätigkeit, nach einerfixen Regel, in den verfchiedenen Gebieten des Microcosmus würkfam find, finden wir vorzüglich während des Wachsthums in dem Thiere. In 152 — . Inder iebenten Woche nach der Empfängnifs verknö- chern fich der obere und untere Kiefer und die Schlüß- felbeine; in der achten das Schenkelbein; in der neunten das Stirnbein, das Oberarmbein, der Ra- dius, die Ulna, die Tibia und Fibula; in der zehn- ten das Hinterhauptbein; "in der eilften der Pro- ceflus zygomaticus des, Schlafbeins und: die Hüft- beine. . In der zwülften Woche fangen die Schenkel- Gaumen- Nafen - Knochen, die Knochen des Metacarpus und Metatatlus,, und endlich’ in der dreyzehinten Woche die Wirbelbeine,:das: heilige Bein und die Phalangen der Finger an fich zu 'verknö- ehern u). N t Die Milchzähne brechen‘, . befonders bey: den Thieren, zu einer heffimmten Zeit hervor, und» wech- feln zu einer beftimmten Zeit. Der Kopf der Frucht it grofs, die Bruft engeund dieLeber von einem gro. fsen Umfange. Zu einer beftimmten Zeit verfchwindet - in ihr die Mernbrana pupillaris, die’ pulpöfe Decke im äufseren Ohre; zu einer beftlimmten Zeit fteigen die Hoden -aus dem Unterleibe in den Hodenfäck herab, Wenn die Frucht geboren wird, fo hat die Brufdrüfe' fchon die höchfte Staffel „ihrer Vollkommenheit er. ' reicht. "Die Gefchlechtstheile haben ihre Periode, wa fie zu wachfen anfangen. Die Peftbeulen entftehn nach Samoelowitzx) bey Kindern in der Gegend'der Kinnladen , 'bey Jünglingen in den Achfeln, bey alten Perfonen in den Weichen. ' Nafencatarıh, Nalenblu- ten, #) Senf£ nonnulla de ingremento ofium eınbryonum. Halae 1802, a x) Mem. fur la pefte etc, 1771. Paris 1785. h — 353 ten," Scrofeln, Rachitis find dem Kindesalter; Blut- fpucken, Bräune, Lungenentzündung”und‘;Phrenelie | dem Jünglingsalter; und Krankheiten der Eingeweide der Bauchhöhle den Männern und Greifen eigen. % 16 ; Zwifchen einem Organe, ‘das würkt oder ruht, it eine merkwürdige Differenz vorhanden. Die ver- änderten Phänomene eines Organs Zur Zeit, wo es vom Zuftnde der Ruhe in den Zuftand der Thätigkeit 4 übergeht, fetzen veränderte-Kräfte, diefe eine Urfache voraus, dureh. welche fie modificirt werden! Der u freye Entfchlufs der Seele oder andere und körperliche Reize können zwar Actionen erregen, d.h. die Veran- laflung feyn, dafs fie entftehn,, aber fie auf keine Art. hervorbringen. Denn fonft würde das Leben etwas Aeulseres und nichts Inneres feyn. Die Urfache der Action eines Organs mufs in dem inneren veränder- ten Zuftande deflelben gegründet [eyn. Das Muskel. fleifeh hat zur Zeit der Anziehung eine gröfsere Cohä- renz als zur Zeit der Erfchlaffung. Beyde, Grade der Cohärtenz fetzen eine verfchiedene Modification der Materie und diefe unmittelbar in dem Muskelfleifche - voraus. Nie kann diefe Erfcheinung aus dem blofsen Attact, des Reizes und dem: unveränderten Zuftand des Muskels erklärt werden. Die fcheinbare Spontaneität unferer Seele verführt uns zu dergleichen fallchen An- , fichten. Das Muskeldeifch mit fchwacher Cohärenz, wird in ein anderes mit flärkerer Cohärenz verwandelt. Diefer Uebergang defelben: von einem Zuftande in den andern erfcheint unter dem Phänomen, der Anzie- hung 154 — hung; wie wenn ein trockener Strick angefeuchtet wird und fich dadurch verkürzt, R h Es feheint mir daher‘ höchft wahrfcheinlich zu feyn, dafs der beftändige Wechfel der Ruhe und Thä- tigkeit in den Organen während des Lebens durch einen gleichzeitigen Wechfel der Vegeta- tion bewürkt werde. Die Vegetation ändert vorläufg den inneren Zuftand der Organe ab, das Product die- fes Wechtels ift Action. Es feheint,, als wenn zwey Modi der Vegetation dazu erfordert würden, um eine ' Action zu Stande zu bringen. Einmal wird ihre Thätigkeit örtlich vermehrt in dem Organe, das würken foll._ Dies it nothwendig, um die Kräfte des Organs zu erhöhen. Zweitens fcheint derModus des Vege- tationsproceffes dazu nothwendig zu feyn, bey wel- “chem eine Materie verfehiedner Natur gewechfelt, eine andere angefetzt und eine andere aufgenommen wird. Daher finden wir auch, ‚dafs in einem Organe, das. gegenwärtig würkt, der Puls fchneller, der Zuflußs des Bluts flärker ift, fich mehr Wärme entwickelt und Schweils ausbricht. Alle diefe Erfcheinungen find Coeffecte einer verftärkten Vegetation in dem würken- denOrgane. In dem nämlichen Verhältnifle wird auch die Qualität der Materie verändert. Vom Sehen wird äie Netzhaut gelb, die in der Frucht und bey einem Menfehen, der am grauen Staar leidet, blals if y)- - Guam. Endlich mufs man die Vertheilung der verfchiede- nei Arten der Vegetation und den Grad ilırer Thätig- "keit ’) Archiv I, Bd, IH. Heft, $. 68. Keitin den befonderen Organen des Microcosmüs nicht aus dem Auge verliehren, wenn man über die Ver- fchiedenheit einer tranfitorifchen Stärke (Sthenie) und ‚Schwäche (Afthenie) in einem Individuum, und über den Unterfchied allgemeiner und örtlicher Krankhei- ten, Unterfuchungen anftellen will. - Wir finden oft in. einem übrigens fchwachen Kör- per ein,Gehirn von vorzüglicher Energie; topifche Schwächen einzelner Glieder in einem übrigens robus- ten Menfchen, Dies find Thatfachen, die kein Menfch Jäugnen darf, der feine Vernunft nicht verläugnen will. If ein Glied paralytifch, fo läfst fich keine ‚allgemeine Sthenie denken, weil zum Allgemei- nen alles, auch das paralytifche Glied gehört. Die Kräfte erkennen wir nicht an fich, ihre Qualität und Quantität erkennen wir blos aus ihren‘ Würkungen. Herr Doemlingz) fagt zwar, es [ey blofser trüge- rifeher Schein angeftrengter Kräfte, wenn das Gehirn phrenitifchen Wahnfion und die Muskeln Convullio- _ nen’hervorbrächten, die fich kaum durch fremde Kräfte zähmen liefsen. Allein ich zweifle faft, ob ein Menfch, dem ein Fallfüchtiger das Auge einfchlägt, dies für | Schein halten möchte. Ein Organ, das ftarke Wür- kungen produeirt, hat auch eben fo ftarke Kräfte; - fintemal die Urfache (Kraft) der Würkung proportionell feyn mus. Wer kann diefer Behauptung etwas mit - Grunde entgegen ftellen? Eine fchnelle Confumption der Kräfte von Starken Actionen, oder Schwäche des Übrigen Körpers bey grofser Thätigkeit eines feiner Organe, will ich auf keine Art läugnen. Durch Nah- rungs- ®) Hotns Archiv 2. Bd. 2, H. $, 754, rg 156. — 2 | rungsmittel, die gehörig verdaut und afimilirt find, ‚ werden die Kräfte des Körpers zunächfti erfetzt. Die Würkungen aller übrigen äufseren Dinge find zufällig, und geben einen unlicheren Maafsftab in der Beftim- | mung der Temperatur der Kräfte des Thiers. Unter | einerley Einflufs äufserer Potenzen, der Kälte, Arbeit, {1 Leidenfchaften u. f. w. lebt eine grofse Anzahl von ‘ Menfchen mit {ehr verfehiedenen Graden der Energie und Gefundheit. Daher fehlt die abfolute und noth- | wendige Verbindung zwifchen diefen Phänomenen. Das conerete Verhältnifs in einem gegebenen Individuum‘ zwifchen deniangezeigten äufseren Potenzen und fei- ner Empfänglichkeit für diefelben mufs auf einem an- deren Wege gefucht werden. : In jedem würkenden Organe ift ein innerer Grund feiner Thätigkeit vorban- den, wie oben gefagt ift, der feiner Würkung propor- 'tionell feyn mufs. Der Greils bleibt kalt, wenn man ihn gleich in Valerner Wein eintaucht und mit cir- ealsifchen Schönheiten bedeckt. Alle Organe werden, zwar aus dem ‚nämlichen Strome desBluts genährt: ale: lein die zuführenden Organe können eine verfchiedne, Temperatur der Reizbarkeit befitzen. Jedes ‘Organ hat feine eigne Afünität zur Anziehung des Nahrungs- ftoffs, Daher die verfchiedenen Grade der Stärke ‘der Organe, die dem nämlichen Individuum angehören, Die Krankheiten der Menfchen find bald auf ei- ven Theil befchränkt, bald breiten fie fich durch meh- rere Organe des Mierocosmus aus, Daherdie Begriffe topifcher undallgemeiner Krankheiten. Alleitt' in dem’Falle, wo wir einer Krankheit das Prädicat der Allgemeinheit beilegen wollen, müffen wir fie als, Art £ a: 157 Art fetzen,: damit wir nicht zufammengefetzte und allgemeine Krankheiten mit einander verwirren, Der ganze Körper kann leiden; ein Theil deffeiben an Rachitis, ein anderer an Rofe, ein dritter an Gefäß: fieber u. f. w. Dies’ find aber verfchiedene Arten, "Zum Begriffe einer allgemeinen Krankheit gehört es, dafs die nämliche Artdurch die ganze Mafchine verbreitet fey; Pneumonie mit Gefäfsheber ift Comipofition. Daher kömmt es, dafs Krankheiten, die eine grofse Geneigt- heit haben, fich zufammenzuletzen, z. B. die Krank- heiten der Vegetationsinftrumente, leicht mit allge- "meinen verwechlelt werden. Wenn die Vegetations- infrumente, Gefäfse und Nervon krank find, das "Blut an einem Mifchungsfehlet leidet, die Digeftions- organe, welche das Blut bereiten, von der Norm ab. weichen ; fo wird leicht die ganze Mafchine in Confenz gezogen, die urfprüngliche Krankheit erregt andere, ein Theil nach dem ändern erkrankt; aber es find lauter verfchiedene Arten von "Krankheiten, denen ınan das Prädicat der Allgemeinheit nicht beylegen kann. Giebt es allo wohl wahre allgemeine Krank- - heiten im eigentlichen Sinne des Worts? Ihre. Expofi- n tion, als feyen fie Affeetionen des Lebensprincips, ift hypothetifch, x Andere Krankheiten giebt es, die als folche lange Zeit an dem nämlichen Orte beharren, Wie fie auch entftehn mögen, von directer Würkung der entfernten Urfache, "von einem örtlichen Leiden der ihnen ange- _ hörigen Gefälse und Nerven, oder von einer kranken Afänität desjenigen Organs zum Nahrungsftoffe, in welchem fie fich befinden; fo würken fie nicht zurück als 158 u N als Krankheitsurfachen auf die übrige Oeconomie, und] bleiben deswegen local. Endlich nimmt die Vegeta- | tionin dem Maafse, als fie in einem Organe hervor- ftechend angeftrengt wird, inallenübrigen ab, Darnach, fcheint es, müffen die Metaftafen und Wanderungen der Krankheiten und die Würkfamkeit der zuleitenden | und ableitenden Curmethode erklärt werden. ; $. 18. j Fünfter Modus der Vegetätion, . Diefer Modus wird dadurch beflimmt, dafs die 1 Materie verfchieden if, welche gewech- li felt wird. Wird die nämliche Materie angefetzt, die eingefogen ift; fo-behält das Organ feine fpecifilch eigentbümliche Qualität und mit derfelben die nämli- chen Kräfte. Wird aber die.Materie durch den Wech-. fel bey der Vegetation umgeändert, wird eine andere angeletzt als eingefogen ift,. der vorhandenen etwas zugefetzt oder entzogen, oder die Verbindung der einfachen Stoffe abgeändert: fo mufs nothwendig auch die Qualität des Organs und mit derfelben der Inbe- griff (einer Kräfte verändert foyn. Die Natur bedient fich daher diefes Vegetationsprocefles dazu, um im- merhin dasMaafs und die Qualität der Kräfte abändern und dadurch einen beftändigen Wechfel der Phänome- ne hervorbringen zu können. Und ‚eben diefer Wech- fel der Erfcheinungen , fofern er von inneren Urfachen abhängig ift, macht das Leben aus. $ 19 In der Regel fcheint es, dafs eben der Stoff ange- | fetzt werde, der eingefogen ift. Dadurch erhält das | Thier | n en En 159 Thier feine Geftalt, Kräfte, feine Fähigkeiten durch eine beflimmte Reihe von Zeit in der nämlichen Qua- lität, Allein dies feheint nur fo. In dem ganzen Le- - benslaufe eines Thiers von dem Moment feines Ent- ftehens bis zu feinem natürlichen Lebensziele giebt es keinen Moment, worin er dem vorigen gleich bleibt, oder völlig wieder in den nämlichen Zuftand herge- ftellt werden kann. Jedes vergangene Moment kömmt, wie ein verronnener Tropfen Waffer im Strome, nie wieder zurück. Von der Empfängnifs an, wüikt die - Natur immerhin auf: mehrere Confolidation, Eine feine Zunge unterfeheidet dasFleifch eines Thiers nach den Perioden feines Alters, ‚So rückt der Menfch im- merhin vorwärts, mitjedem Schritt eineanderer, Daher die ununterbrochene Progrefion feiner moralifchen und phyfifchen Vollkommenheiten, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Temperaments- Stimmungen. Endlich yerfehlackt die Maffe in dem Grade, dafs keine weitere "Vegetation mehr möglich it, wenn es gleich an Zu- fuhr (der Reize) von aufsen nicht fehlt, Diefer Zuftand "ik Marafmus (enilisa). $. 20. #) Burc. Guil, Seiler anatomniae eorporis humani fenilis d 3 fpecimen, Erlangae 1860, Pour obtenir, fagt Tenon (Mem.de l’inftirur national des feiences et arts, Paris an, Vi. T. 1.), la defeription exacte er compläte de l’un de nos organes, er avoir l’hiftoire la mein incorrecte qu’ il foit poible de Pordre, qu’il fuit dans le cour de fon developpement, des changemens, qu’il fubit, des expe- diens, aux quelles la nature a recours pour lui faire ex- ercer fes fonctions durant toute la vie, il deviene indis- peniable, de l’erudier, dans les divers @rats, par les quels Ja nature le fait pafler depuis la naiflance jusqu’ A la decrepitude, , gs. 160 — \$. 20% Nach diefem ‘Modus der Vegetation werden alle Theile des Körpers zu dem Grade von Vollkommenheit ausgebildet, den fie am Ende des Wachsthums haben. Die erite Forime der Knochen befteht aus: Knorpel, diefer wird allmählich gegen Krochenmaterie' ausge- taufcht , fo wie das cementirte Kupfer aus Eilen ent- fteht. Die Knochenfchuppen find gleichfam: in die Knorpelforme’eingedrückt; dies feheint auf Austaufch und nicht auf Verwandelung des Knorpels in Knochen hinzuweifen, welches auch'an fich Schon ‘nicht möglich i®, Wenn die Koorpel in Knochen verwandelt find, fo haben die Knorpelkräfte aufgehört, und dafür find - Knochenkräfte und Eigenfchaften eingetreten, { $. at. Höch# wahrfcheinlich if das Organ, welches würkt, ein anderes, als das Organ, welches ruht. Der Action geht ein Wechfel des Stoffs in dem Organe vor. Dies wird wahrfcheinlich durch eine verflärkte Vegeta- tion mit gleichen Ractoren und durch den jetzt be- nannten Modus der Vegetation bewürkt. Doch fcheint es, dals die zureichende Urfache der Action durch Zufatz, und zwar durch Zufatz einer gasförmigen Ma- terie, begründet werde. Durch den Zufatz eines fol- chen Stoffs kann die Muskeltafer eine grölsere Cohärenz bekommen und im Gefolge detfelben fich zufammen- ziehn, wie fich ein trockener Strick durch Zufatz, des Waflers verkürzt. h 8.228 Die Muskeln-der Frucht und neugeborner Kinder find weich und Sallertartig; in der Folge werden fie dich- — NUR, 161€ - £ % dichter, In dem nämlichen Verhältnifs ändern fich die Kräfte. Im frühen Alter find fie reizbarer, aber {chwächer; nachher werden fie träger , aber mit mehr inherer Stärke begabt. In dem Verhältnifs, als der Gefchmack und das Anfehen des Fleifches vom Kalbe, jungen Rinde und altem Stiere fich ändert, bekommen die Kräfte deffelben auch eine andere Teinperatur, Flecke der Hornhaut und die halbmondförmigen Narben nach der Extraction verfchwinden allmählich durch den Vegetationsprocels ‚ in welchen eine andere Materie abgeletzt als eingefogen wird. $. 23. ' Zuweilen fehen wir, dafs einige Muskeln ihre Farbe verändern, dunkel und braun werden, wenn die übrigen ihre gefunde rothe Farbe behalten 6). Das - »Fleifch wird zuweilen in Knorpel, Sehnen oder Kno- chen verwandelt. Man hat Beobachtungen, dafs der Schlund, die Gedärme und die ganze Scheidewand des Herzens in Knorpel umgeändert find ©). Durch einen fortgefetzten Drück nehmen die Muskeln leicht eine membranofe und fehnichte Natur an. Ein Schwamm an einem zerbrochenen Bein, der weich und dein Ner- " venmark nicht unähnlich und von der Gröfse eines ‚Weilskrautkopfs war, hatte alle Muskeln fo ganz ver zehret, dafs keine Spur derfelben mehr übrig war d). BR Zu b) Schallhammer Archiv IV. Bd, $. 254, €) Schallhammer Archiv IV, Bd. 5.259, . J. Fr, Mec- kel difl. de cordis couditionibus abnormibus. Halae 1802, d) Archiv IV. Bd. S, 269, Arch, fd. Phyf. VI. Bd, 1. Heft, L \ 162 urn Zuweilen verwandeln fich die Muskeln in eine feröfe, fehleimichte, blutige, oder in ‚eine andere Materie, von eigenthümlicher Natur e). Das Muskelfleifch ar- tet in lebendigen Menichen in eine wallrathähnliche Materie aus; ein Zuftand, der neuerdings nicht felten beovachtet it f). Im Alter werden Gefälse und Net- ven in Knochen verwandelt. $, 24 In. der Ofteofarcofis werden alle oder einzelne Knochen fo weich, dals fie lich biegen und brechen und fich wie weiche Knorpel fchneiden laflen. Zuwei- len nehmen fie gar die Natur einer dünnen Gallert'an, indem ftatt der Knochenmaterie Gallert wieder angefetzt wird, Der Urin pflegt bey dieler Krankheit ein wei- (ses und kreidenartiges Sediment zu haben, In der englifchen Krankheit, beym Wurm, von Entzündung oder vom Druck einer Gefchwulft werden fie weich gs). Selb die Zähne werden weich wie Knorpel A), Zuweilen entftehn an den Knochen, befonders da, wo fie durch Knorpel oder Aponeurofen verbunden find, zwifchen den Wirbelbeinen und ihrer Verbindung mit _ dem Heiligenbein, Ofteofteatome, die aus einer fpec- kichten , knorplichten und fehnichten Materie mit , eingeftreuten Knochenfchuppen beitehn. $. 26. e) Potts chir. Werke II, Bd, S. 351. , Bells Lehrbegriff der Wundarzneykunft V. Th. S. 96. f) Schallhammer Arch. IV. Bd, S. 273-282. D,Siezwarr er Plank di, de olteofarcoß, _Tubingae 1781. h) Cloffius über die Krankheiten der Knochen. Tübingen 1798. 5.365. ; — 163 $. 25. 7 Die Pflanzen keimen, wachfen, grünen, blühen, fetzen Früchte an, diefe reifen. Sie ändern fich alfo immerhin ab und bekommen dadurch eigne Perioden in dem Lauf ihres Lebens, wie es bey den Thieren gefchieht. Indem diefe Erfcheinungen äufserlich an ihnen fichtbar werden, müflen im Inneren derfelben Veränderungen vor fich gehen, die diefen Erfcheinun- gen ent[prechen. In den verfchiedenen Perioden ihrer Vegetation verändern fie ihre Farbe, ihren Gefchmack, ihren Geruch, ihre Confiftenz.. Ihre urfprünglich rohen Säfte werden milde, Sie erzeugen Schleim, Gummi, Eyweilsftoff, Harz, wefentliche und fette Oehle, verfchiedene Färbeftoffe, ein [charfes, narkoti- fches Princip u.f. w. Wir beobachten an ihnen zahl- lofe Monftrofitäten. Die Blumenblätter werden in Staubfäden, die Staubfäden in Blumenblätter, die Blu- menblätter in gewöhnliche verwandelt. Sämmtliche Metamorpholen fcheinen Producte, des erwähnten Vegetationsprocefles zu feyn i). Die fonderbaren'! Mifsbildungen und 'Monftrofitä- ten im Naturreiche, der [!eberflufs und Mangel einzel. ner Glieder, die Verunftaltungen diefer und jener Glieder find eine reiche Quelle zahllofer Beyfpiele der verfchiedenen Arten der Vegetation, die ich bis jetzt erwähnt habe. . L 2 Zwey- #) Philibert introduction a Petude de la botanique, \& Paris an VIL.T. Il. p. 38% u EEE 164 —— Zweyter Abfchnitt. Gefetze und Urfachen, durch welche die be nannten Modi des Vegetationsprocelles beftimmt werden. P $- 26, Nach welcher Regel, durch welche Urfachen wird der Organismus beftimmt, die Factoren.des Vegeta- tionsprocefles in dasjenige Verhältnifs zu ftellen, wel- “ ches für die Gegenwart das zweckmäfsigfte it? Eine Aufgabe, die ich nicht beantworten kann, Einige | Bruchfiücke will ich fammeln, $. 27. Der Factor der Einfaugung flicht hervor und zer- fört die feften Theile, 1) Wenn Reize vorhanden find. Sind z. B. Knochen gebrochen und Schlecht reponirt, fo würkt die Einlaugung und nimmt die Spitzen weg. 2) Wenn Theile abgeftorben find. Sie trennt die Verbindung todter Knochen und fphacelir- ter weicher Theile von den lebendigen durch Einlau- gung einer Scheibe auf der Gränze des Lebens. 3) Wenn die.Function eines Theils auf- gehört hat, fo fucht fie denfelben zu zerflören. Die Teftikeln in alten -Perfonen verfchwinden; die Dıüfen nehmen ab, wenn ihr Ausführungskanal ünterbunden it. 4) Durch‘ einen unmäfsigen Druck, Durchs Zufainmenbinden der Finger wird die Haut, durch den Diuck eines-Aneurisma’s der Aorta werden Rippen — 165 Rippen und Muskeln zerftört. Das Klopfen der Arte- sien bringt Rinnen in den Knochen, der Druck’ des Schwamms der harten Hirnhaut Löcher in den Schädel hervor. Umgelegte Fäden fchneiden die Stiele der Polypen ab. Dis mechanifche Kraft ift hier blos die erregende Urfache, welche die Einfaugung vermehtt, Eine mechanifche Kraft leiftet ihren Effect in dem Augenblick, wo fieangewandtwird. In todten Körpern. bringf fie die'beinerkten Phänomene nie hervor. Es ift ein unbedingtes Gefetz der Natur, dafs jede Kraft ‚gröfser feyn mufs ;) als die zu überwindende Refiftenz. Man. muß es:allo auch achten in .der Erklärung der Phänomene organifcher Körper. Alle erwähnten Ur: Sachen veraniaflen alfo nicht direct, fondern dadurch Trennung und Zerftörung der feften Theile, dafs fie die Einfaugung erregen. Der Tafchenkrebs läfst feinen Fufs am Körper von freyen Stücken fallen, wenn man den erften Phalanx abbricht und umgekehrt in den fol- genden einfticht. Die 'meehanifche Kraft wüıkt hier gar nicht, fondern blos die vorwaltende Vegetation - zerftört mit unglaublicher Schnelligkeit die Gelenkkap- feln, Muskeln, Nerven und Gefäfse. s $. 28. ı Eine gröfsere Thätigkeit in einem gegebenen Theil vermehrt den Factor des Anfatzes. Die feröfen Häute Verdicken fich anfehnlich, wenn ihre Ablonderung durch irgend einen Reiz verftärkt wird. Eben diefe Würkung ‘hat ein mälsiger Druck oder Ausdehnung. Im Bruchfack ift das Bauchfell ftärker als an andern Orten, Die 166 en ‚Die Urfache, welche während des Wachsthums das Praedominium des Factors des Anfatzes erregt und ihm zuletzt eine beflimmte Gränze fetzt, iftunbe- kannt. In der Vollendung des Knochengebäudes fcheint fie gefucht werden zu müffen. $: 29. In manchen Fällen würkt der Confens der Nerven, Die Brüfte fchwinden. wenn die Eyerftöcke exftirpirt find. Die Katzenköpfe mit wenigem oder gar keinem Gehirn haben kleine Nebennieren k); und die zwey- köpfigen Mifsgebarten ein Loch in der Scheidewand des Herzens, $. 3 Die Vegetation folgt dem allgemeinen Naturger fetze, und ift nur hervorftechend würklam in einem Theile. Wenn eine Schwangere einen Knochen zer- bricht oder Gefchwüre in den Früften bekömmt; fo erfolgt die Heilung oft nicht eher als nach der Geburt, $. 31. Die Schnelligkeit der Vegetation richtet fich nach den Arten der Thiere. Schwämme, jährige Pflanzen, Infecten wachfen aufserordentlich fchnell; Bäume, Menfchen und grofse Thiere langfam, Je langfamer das Wachsthum gefchieht, defto dauerhafter ift ‘das Product. Die befchleunigte Vegetation in entzündeten Kno- k) Sömmerring Abbildung und Befchreibung einiger Mifsgeburten. Mainz 1791. S, 7. "andere Subftanz 2). — 167 Knochen, verwandelt fie in kurzer Zeit in eine ganz 32 i Die Vegetation, durch welche die Ernährung be- würkt; die Maffe vermehrt und erhalten, und das Ver- mögen zu würken verurfacht wird, fcheint zur Zeit der Ruhe und durch Anfatz homogener Beftandtheile zu gefchehen. Hingegen ift die Vegetation, welche die Fähigkeiten 'zu Fertigkeiten erhebt und in dem Organe diejenige Veränderung veranlafst, in welcher die Action gegründet ift, würkfam unmittelbar um die Zeit, wo d.e Action Statt findet. I) Reil über die Erkenntnifs und Cur der Fieber II, Bd. $,318. P) ILL, 168 ar Ss - >18. Jakob Barzellotti’s «) Prüfung, einiger- neuern Theorien über die nächfte Urfäche der Muskelzufammenziehung, aus dem . ' Italienifchen. überfetzt von Dr. A. F. Nolide, Prof. der Medicin auf. der Vi verfiihr zu Roftock. Einleitung N: Die Verbindung und das Verhältnifs der Wiffenfchaf- ten unter einander lälst fich, wie ein neuerer Schrift- fteller 2) nach dem Beyfpiel der ältern Philofophie an- - merkt, a) Der volltändige Titel des Originals, welches mir.der gelehrte Veifafler, gesenwärtig öffentlicher Lehrer der chirurgifehen Inftitutionen auf der Univerfität zu Siena, bey meiner. Durchreife verehrte, ilt: Efäme di alcune moderne Teorie intorno alla caufa proflima della contra- - zione mufeolare dı Giacomo Barzellotti, Dottore in medi- cina, Soc. della R Accademia delle feienzesdi Siena 'etc. in Siena 1736 8 In der Hofinung, dem deurichen Pırblieum einen nicht unangenehmen Dienit zu erweilen, unternahm ich die Ueberferzung diefer kleınen Schrift während meines Aufenthalts in Rom. Die darin mirge- teilten Verfuche fcheinen mir insbefnndere die Aufinerk- famkeit der Phyfiologen zu verdienen; aber die von dem Verfafler zur Baftreitung einiger neuen Theorien über die nächfte Urfache der Muskelzufammenziehung mitgerheil- ten Giünde ftehen mit jener in keiner/fo genauen Ver- bindung , daß ich fie nicht füglieh davon trennen konnte, und find zugleich von der Art, dafs fie wohl gelefen zu werden verdienen, Ich trage dalier kein Bedenken, Deutlchlands Aerzten den vollftändigen Inhalt des Origi-- nals in einer freien Ueberlerzung vorzulegen A..d, Ueb. _ &) Voyage du jeune Anacharfis en Grece, Chap. 53, m ) 169 merkt, ‚fehr leicht und genan beftinnmen, weil, man, da fie nur auf einem Wege fich dem Ziele nähern, welches fie wechfelfeitig verbindet, auch fogleich den Punct entdeckt, aus welchem fie entfpringen und deny welchen fie am Ende erreichen. Aber diefes it nicht der Fall bey denjenigen Wifenfchaften und. Künften, welche gröfstentheils der Einbildungskraft ihren ‚Ur- Sprung verdanken, weil der Gefchmack, welcher hier die Stelle eines Richters vertritt, willkührlich, der Gegenftand ‚welchen fie behandeln; oft unbeftimmt it, und der Weg, welchen fie verfolgen, fich in viele ‚einander fehr nahe Nebenwege theilt. Daher ift es auch unmöglich,.oder wenigftens fehr;fchwer, ihren © Umfang und Fortgang beftimmt anzugehben.; ‚Denn, in der That, wie wollten wir die eıften Schritte des Talents auffinden und mit dem Maafsftabe in der Hand das Genie zurückhalten, fobald es unermelsliche Räume durchläuft? Noch mehr, wie wollen: wir das wahre Licht von dem falfehien Scheine, welcher daflel- be umgicbt, abfondern ? 6... Die Phyfik und Chemie gehörten. ehedem zu der Zahl diefer letztern, weil fie die fublimfen Wahrhei- Zen in. Hypothefen ‚hüllten, durch welche oft die feltenften und erliabenften Genies irre geführt wurden, > Aber Seitdem die Erfehrung den Weg der Illufion ver- laffen und dagegen wieder den der Natur betreten hat, verbreitet fie ein wohlthätiges Licht über die Finfter- nils, welche die Wahrheit verhifflee; Seitdem fie ferner die gefahryollen Abgründe entdeckt hat, wo fich der menich- 170 — menfchliche Geift wie in dem verwickeltften Labyrinthe verlors feitdem fie endlich den falfchen Schein der Imagination zerftreut hat, welcher das wahre Licht verbarg; feitdem haben auch beyde Wiffenfchaften fo grofse Fortfehritte gemacht, dafs fie denen beygezählt zu werden verdienen, die fich einer größern Beflimmt- heit nähern. or A Es giebt keinen Theil derfelben, der, wenn er auch noch fo fehr im dunkeln lag, den wohlthätigen Einflufs der Erfahrung nicht genoffen hätte. Dies wird ein Blick auf eine der verborgenften Erfcheinun- gen in der thierifehen Oeconomie am überzeugendlten darthun können, Welch’ eine Reihe von Hypothefen erfann man nicht, um die Erfcheinung der Muskel- zufammenziehung zu erklären! Und doch wurden diele glücklichen Geburten der Einbildungskraft , die vielleicht kein anderes Verdienf® hatten, als dafs fie _ finnreich waren, wol kaum fo fchnell ausgebrütet, als die Erfahrung die Irsthümer derfelben verfcheuchte. Die angenommenen Theorien von der Wirkung der Luft, des Aethers, der Fermentation und Effervefcenz, vielleicht auch die der thierifchen Geifter, fielen alle mit einem mal, als Haller die Befchaffenheit der Kraft entdeckte, mittelft welcher die Fleifchfafern die Eigenfchait fich zulammenzuzjehen erhalten. weg, 3.4: Die Entdeckung diefer neuen Kraft, welche ihr terühmter Erfinder :ınit dem Namen der thierifchen Reiz- — 171 Reizbarkeit belegte und welche die heilfamfte Revolu- tion in der Phyfiologie veranlafste, liefs aufserdem noch das Auffinden ihrer wahren Urfache hoffen. Da man indeffen fah, dafs felbft die wiederholten Anftren- gungen, um diefen Zweck aufdem Wege der Erfahrung zu erreichen, vergebens waren, und die Natur diefes Geheimnifs für fich behalten zu wollen fchien; fo war man in der Folge nur darauf bedacht, die Wirkungen diefer Kraft zu ftudiren und die Geletze zu beffämmen, welchen fie gehorcht. ga tr \ Es fcheint, dafs diefes Beyfpiel von Befcheiden- heit diejenigen hätte abfchrecken Sollen, die fich neuer- dings etwa an eine folche Unterfuchung wagen woll- ten, Aber mitten unter den erftaunenswürdigen Fort- fehritten, die wir in den neueften Zeiten in der Phyfik und Chemie gemacht haben, darf man fich nicht wundern, dafs einige feltene Köpfe es aufs neue ver- fucht haben, den Schleier zu zerreifsen, welcher bis jetzt die Urfache der Muskelzufammenziehung verbor- gen hielt. 976% Wirklich find in den letzten Jahren verfchiedene nicht weniger nützliche als finnreiche Theorien, die fich mehr als die vorhergehenden auf Thatfachen und Beobachtungen flützen aufgeftellt worden. Ich werde mich indeflen gegenwärtig begnügen, nur drey der berlihmteften von ihnen aufzuzählen, nämlich die eines Prochaska, Girtanner und Galvani, deren deren jede fich auf Thatfachen und: Beobachtungen Sründet, aber von ihren Erfindern mit fo ‚lebhaften - Farben ausgemahlt ilt, dafs fie mehr als die reine Wahrheit darlegt.. Da die genannten Männer für die nächfte Urfache der Muskelzufammenziehung entwe« der, wie der berühmte-Prochaska co), das Blut, welches mittel eines Nervenreizes zu der Muskelfafer hingeleitet, oder den Sauerfloff, deraus demBlutean die:Muskeifiber abgeletzt worden, welches die Gir- _ tannerfche d) Meinung ift, oder das: Fluidum ‘der “thierifchen Electrieität,, welches nach der neueften Entdeckung des Galvani e) derRleiichfafer beiwoh- nen foll, annehmen; fo werden wir, weil'alies hier auf die Prütung der Thatfachen und ihre Vergleichung mit der Erfahrung und den Beobachtungen ankommt, keinen andern Weg. einfchlagen können, um diefe Theorien richtig zu beurtheilen, als dafs wir, ohne Rückficht auf das Genie ihrer Erfinder, von einer an- dern Seite und auf einem entgegengeletzten Wege jene unbekannte Urfache mit dem Maafßsftabe der Er- | fahrung in der Hand zu erforfehen und mit der gröfs- N ten Genauigkeit die Puncte zu beftimmen fuchen, von ° denen fie ausgingen und wo fie fich wiederum verei- | nigten, um fo das lerizte Refultat zu finden und zu fehen,, welcher von ihnen fich dem wahren Ziele am meiften genähert oder daflelbe wol gar erreicht habe. # €) De carne mufeulari. d).Mem, fur Ja caufe de l’irritab, im Journ. de Phyf, e) Comment. Eonon. Tem, VII. wo an 173 . 7 In diefer Abficht fowohl als zu meiner eigener Belehrung unternahm ich nun die Prüfung einer jederz der genannten Theorien insbefondere, und ich machte mit der des Herrn Prochaska denAnfang. Als ich „ aber bemerkte, dafs die von ‚der königlichen Academie der Wiflenichaften zu Siena im Jahr 1789 aufgegebene i und hernach im Jahr 1791 wiederholte Preisfrage, dem Einfiufs des Blutes als Urfache der Muskelzufammen«» Ziehung betreffend, geradezu auf die Beftätigung der Prochaskaifchen Theorie in ihrem ganzen Umfange ’ abzielte; In ftellte ich, ohne jedoch eigentlich ar die Beantwortung diefer Frage zu denken, weil die Aca« demie fie fchon wieder zurückgenommen hatte, und nor allein in der Abficht, um einige Aufklärungen über diefen Gegenftand zu finden, verfchiedene Ver- fuche an, die ich, fofern fie fich auf die Betätigung der von Prochaska zum Grunde gelegten Vorausfetzun- gen und auf die Foderungen der Academie bezogen, ' diefer letztern insbefondere vorlegen zu -müffeg, glaubte. 8 Ich theilte demnach im Jahr 1793 der Academie in einer Abhandlung das Refultat einiger Verfuche mit, ‚die ich über die Ausmeflung des Muskels in den zwey verfehiedenen Zuftänden der Zufammenziehung und Erfchlaffung angeftellt harte, und im Jahr. 1794 in einem zweyten Auflatze die Fortletzung meiner Unter- Suchungen über die Befchaffenheit der Flüfigkeiten während der Zufammenzichung. des Muskels und über den 174 a r h den EinAufs derfelben auf diefe. Aufserdem fügte ich aber noch eine kurze Analyfe der Girtannerfchen Theorie und einige, Bemerkungen über diefelbe bey f). 09. Um alles, was in diefen beiden Auffätzen enthal- ten war, zufammen zu faffen und meine getrennten Unterfuchungen zu vereinigen, zugleich aber auch, um über diefen Gegenftand mehr Licht zu verbreiten, habe ich die gegenwärtige Schrift entworfen, welche in zwey Theile zerfällt. Der erfle Theil umfafst in drey verfchiedenen Ab- fehnitten die Prüfung der Prochaskaifchen Theorie. In dem erften Abfchnitte wird der Lefer alles vereiniget finden , was ich unternornmen habe, um den Umfang des Muskels in den ver[chiedenen Zuftänden der Zu- fammenziehung ünd Erfchlaffung auszumeffen. Der zweyte Abfehnitt enthält eine Reihe von Verfuchen,. wödurch ich zu beftimmen fuche, welche Veränderun- gen das Blut während der Zufammenziehung .des Mus- kels erfähit; und in dem dritten Abfchnitte folgt die, Unterfuchung der Frage, ob das Blut einigen Einflußs. auf die Action des Muskels habe. Der zweyte Theil enthält die Prüfung der Gir- tannerfchen Theorie, und zerfällt wieder in zwey Abfchnitte. Der erfte giebt eine compendiarifche Ueber- ficht der Grundprincipien diefer Theorie, prüfet die Mei- f) Die erwähnten Auffätze wurden mit der gewöhnlichen gol- denen Medaille gekrönr, der eine im Jahr 1794 und der andere 1795. MER, lad 175 Meinungen über den Eintritt des Sauerftoffes in die ‚ Blutmaffe und über feine Verbindung mit der Fleifch- faler, wo er nach diefem Autor das Princip der Irrita- bilität ausmacht, .Der zweyte Abfehnitt hingegen | zeigt die Unzulänglichkeit und das Irrige diefer neuem Theorie in Beziehung auf die Erfcheinungen an dem; lebenden Herzen. Ich häfte hier freilich, um mein 'Verfprechen ganz zu erfüllen, auch die Prüfung der neuen Theorie “von der thierifchen Electricität hinzufügen follen; aber da die Thatfachen, welche ich hierüber hätte anführen können, mir nicht hinreichend fchienen, um ein’genügendes Urtheil zu fällen, und zwar um fo mehr zu einer Zeit, wo die berühmteften Phyfiker fich damit befchäfftigen, auf verfchiedenen Wegen die wichtigften Püncte in Betreff diefer Materie aufzu- klären; fo hielt ich es jetzt meinen geringen Kräften ® nicht angemeflen, mich an einen fo fchwierigen Ge- genftand zu wagen. Ich fand es daher angemeffener, - die fchon von mir iiber diefe fo delikate Materie ange- ftellten Verfuche bis zu einer günftigern Gelegenheit zu verfparen, wo es mir vielleicht durch eine Verviel- fältigung und Abänderung meiner Verfuche gelingen möchte, irgend ein neues und nützliches Refultat zu entdecken, 376 ke Erfter Theil, ‚Prüfung der Theorie des Herrn Pröchakka: Er[ter Ab[chnitt. Ueber ‘die Ausmeflung des Muskelvolums in den.beiden entgegengefetzten Zuftänden von Zu- fammenziehung und Erfchlaffung. $.. 10, ' Um aufser allen Zweifel zu fetzen, ‘ob die Zu- fammenziehungen der Muskeln vermittelft des. durch einen Nervenreiz vermehrten Zufluffes von Blutin.die feinften Gefäfse der Muskelfafern erfolgen und fo zu- gleich den eriten Theil! der von der Academie der Wif- fenichaften zu Siena aufgegebenen Preisfrage zu be- antwo:ıten, dem, zufolge, man durch Beobachtungen { und Verfuche beftimmt haben wollte, ob die Muskeln während ihrer Zulammenziehung mehr oder weniger Blut erhielten, und welchen Einfluls diefes auf die Muskelbewegung felbft habe g), wie in dem zweyten Theile gefragt wurde; war es zuvörderft nothwendig, den Punct ins Reine zu bringen, ob der Muskel wäh- send feiner Verkürzung an Umfang zunehme, welches man nach der Theorie des Herrn ProchaskaA) als bewiefen anfıeht. Die Gründe, worauf fich der eben genannte Schriftfteller fützt, um damit zu beweifen, dafs die Vergröfserung ‘des Muskels gewils fey; nämlich das Anfchwellen deffelben, feine Härte und Turgelcenz, wel- -g) S. das Programm der Academie vom Jahr 1789 und 1791. 4) De mufculorum actione. 4 % —— {R Ya? 177 ‚welches die gewöhnlichen Wirkungen der Zufammen- ziehung find, dienen zu keinem Beweife, wenn man dagegen andere anführen kann, die ihn in eben dem Grade fehwächen und unbedeutend machen. Nur die ‚ ‚Erfahrung allein kann hier ent[cheiden und der Wadr- heit ihr Recht geben. \ $. ım f Alle die fleifehichten Theile eines lebenden, wie z die eines todten Thieres, in denen die Irritabilität noch nicht erftorben-ift, wenn man nämlich voraus- Setzt, dafs diefe Kraft in beiden Fällen von einer und derfelben Urfäche abhängt, können demnach zu den hierüber anzuftelienden Verfuchen in gleichem Grade "angewendet werden. Aber wie will man es auf dem Wege der Erfahrung möglich machen, "mit Genauig- keit und Befliimmtheit den Umfang eines Muskels während feiner Zufammenziehung auszumeflen? Und dennoch, fo fehwer auch diefe Aufgabe feyn mag, “finden wir, dafs einige berühmte Schriftfteller fich damit befchäffigt haben. $. 12. Der berühmte Glilfon war der erfie,. der, ein- 4 genommen für die Theorie der thierilchen Geifler, die er als die eigentliche ‚Urfache der Zufammenziehung in der Fleifchfafer anfah, es- verfuchte, den Umfang des Muskels auszumeflen, um zu fehen, vb die Zufemmenziehung defielben von einem » grölsern Zuflüßs diefer Geifter, wie er annahm, abhänge. Arch, f. d, Pbyfiol. VI.Bd. 1, Hefe, M Er » F nf i7$ — nr . Er fuchte feinen Zweck auf folgende. Art zu errei-. chen :). In eine lange und hinreichend weite Glassöhre, um den Arm’eines flarken Mannes zu fallen, die an ihrem untern Ende gefchloflen war, in’ deren obern Mündung: aber er eine kleine oben fich triehterförmig erweiternde Röhre perpendiculär anbrachte, liefs er den entblöfsten Arm bis an die Schulter hineinfchieben, und verfchloßs fodann mit der 'gröfsten Sorgfalt jede übrig bleibende Oeffnaung, damit das Waffer, womit die Röhre * angefüllt feyn mufste, nicht abfliefsen konnte. Hierauf liefs er durch den kleinen Trichter fo viel Wafler eingiefsen, dafs die ganze Röhre damjt angefüllt wurde und felbft ein Theil davon in der klei- nen Röhre aufftieg, Nachdem diefes gefchehen war, befahl er dem 'Menfehen, die Muskeln feines Arms bald fo fark als möglich ‘anzuftrengen, bald wieder vollkommen ruhen zu laffen, Während diefer ver- fchiedenen Zuftände der Muskeln. beobachtete er nın die Höhe des Waflers in der Röhre und bemerkte, dafs bey der Zufammenziehung der Muskeln das Wafler fiel, da es im Gegentheil bey ihrer Erfchlaffung auf- wärts flieg, Und hieraus fchlofs er nun,, dafs die Muskeln in der Zeit ihrer Verkürzung nicht an Umfange zu, fondern vielmehr abnehmen. . 9. 3. Gilbert Blane war derzweyte, derineiner andern Abficht und mit einem glücklichern Erfolg den Umfang Y eines ;) Gliffon Traet de Ventr. et inteltin, cap. 8. pag. 191. Tit, .de Irritabilitate a phantafia, er appetitu [enfitivo interno, - Tecta, A“ N ” ..‘r Ne 179 eines Muskels in feinen beiden entgegengefetzten Zu- ° ftänden von Zufammenziehung und Erfchlaffung aus- zumeflen verfuchte k). Er ging dabey auf folgende Artgu Werke, Er nahm die Hälfte von einem leben- digen Aale, und zwar den Theil, welcher fich von der Oeffnung des Alters bis zum Ende des Schwanzes erftreckt,und brachte diefein eine mit Wafler angefüllte Flafche, deren Halfe er durch Schmelzen am Lichte die Stärke einer gewöhnlichen Thermometerröhre gab, Hierauf füllte er diefe feine Röhre bis zu einer gewiflen. Höhe mit Wafler an, und-brachte zugleich durch diefel- be einen feinen, Eilendralst in» die Flafche, um damit den Schwanz.des Aales zu reizen. Nachdem er den- felben auf diefe Art gereizt hatte, fah er ihn die ftärk- ften Zufammenziehungen machen, konnte, aber, als er während diefer convulfivifchen Bewegungen‘ die Höhe des Waffers beobachtete, auch nicht die mindefte Veränderung gewahr werden, welches fich noch auf eine einleuchtendere Art beitätigte, ‚als er feine: Ver- Suche nicht nur. öfter wiederholte, Sondern auch /meh- sere Stücken mit einmal-in ‚die Flafche brachte. { $:4..14, } Es war leicht zu begreifen, dafs der erfte gar zu ‚rohe Verfuch, und. der zugleich mit fölchen Theilen angeftellt wurde, die fich nicht füglich in eine Röhre ‚einfchliefsen laffen, um die kleinften Veränderungen ‚ wahrzonelimen, für nichts andeıs als eine Erfindung der Wilsbegierde angefehen werden konnte, die indel- M 2 fen k) Della caufa dells Contrazione mufcolare, Diff. im Giornale dei Litterati di Pifa. 180 — Ten für die Beflimmung des Gröfsenverhültniffes eines Muskels von gar keinem Gewicht war, wie auch ‚ Schon andere Gelehrte-bemerkt hatten 2), ‘ Eben fo wenig konnte man auch den zweyten Verfüch, eb er gleich viel feiner ausgedacht war, für ganz genau hal- ten, weil die Bewegung des feinem Eifendrahts, in- dem fie zugleich das Wafler in Bewegung fetzte, auch "merkliche Veränderungen in der Höhe des Waflers, welches in der Röhre ftand, hervorbringen, dadurch aber den Veriuch felbit mangelhaft machen mulste, Es war daher nothwendig, eine Methode ausfündig zu machen, welche mit Vermeidung der Fehler diefer beyden erwähnten noch den Vortheil gewährte, auch die kleinften Veränderungen mit Bequemlichkeit und . Genauigkeit zu beobachten. Dieies fuchte ich denn durch die folgende Vorkehrung zu erreichen. 915.0 Ich wählte in der Abficht ein !eonifches Gefäls von Glas, das an feinem weiteflen Ende, wo die Oef- nung etwa zwey Zoll im Durchmeffer betrug, abge- fchnitten war. Nahe an dem Boden deffelben liefs ich zur Seite eine kleine Glasröhre anbringen, die gleich- Jam wie ein Zweig ausdem gröfsern Gefäfse hervorging und nachher parallel mit demfelben in die Höhe ftieg, Ich fuchte diefe an einem Lichte fo fehr in die Länge zu ziehen, dals fie an drey Zoll über der weiten O&fl- nung des Gefälses hervorragte, indem ich ihr zugleich ‚ die Weite einer Thermometerröhre gab, Diefer Vor- tichtung bediente ich mich nun, um den Umfang des Mus- 7) 5. Mangeti Theatr.,anar, ne «Zr se m } ISI Muskels in feinen beiden entgegengefetzten Zuftänden von Zufammenziehung und Erfchlaffung auszumeflen. ' Die Verfuche felbft aber ftellte ich mit den untern Ex- tremitäten von mehrern Fröfchen auf folgende Art an. 153 x , 9 16. Nachdem ich eines der untern Gliedmafsen eines Frofehes von dem Rumpfe und dem zweyten Schenkel „getrennt hatte, armirte ich den Schenkelnerven mittelft eines Zinnplättchens, der neuen Methode zufolge, nach welcher ınan auf diefe Weile die Zufammen- ziehung in’den Muskeln zu bewirken füucht, Ich hing darauf das armirte Glied an einen Haken von Melling, der etwa vier Zoll Jang war und deffen anderes Ende einen geraden Stiel bildete, den ich durch einen Stöpfel von weichem Wachs, der gerade die grofse Oeffnung des Gefälses genau verfchlofs, leitete. Auf ? den. Boden des Gefäfses legte ich eine Silbermünze, Dann füllte ich das Gefäls mit Wafler und tauchte das bewaffnete Glied des Frofches, welches an dem durch ‘den Stöpfel geleiteten Haken hing, fo ein, dafs die Oeffnung von dem Stöpfel felbft vollkommen ver- fchloffen wurde, ‚Der Schenkel fchwamm nun mit dem armirten Nerven in der Flüfigkeit, welche, nachdem fie das Gefäls angefüllt hatte, etwa zwey Zoll hoch in der zur Beobachtung dienenden Röhre ftand. Indem ich hierauf den -Metalldraht nieder- "drückte, bewirkte ich dadurch die Annäherung des Nerven gegen die Silbermünze, folglich .die des ex- eitirenden Körpers gegen den-ableitenden, wobey ich zugleich mit der grölsten Genauigkeit den Stand des Wal- - ‚ und wie diefe Abwechfelung eine gerauıne Zeit hin- -Ich entfernte dann wieder während der Zufammen- ‘hatte, beftand darin, duls ich die Veränderungen be- 182 y — Waffers in. der Beobachtungsröhre anmerkte. Als aber die Nervenarmatur mit der Münze wirklich zufammen traf, erfolgte eine Zulammenziehung in dem Gliede. ziehung daflelbe Won der Münze fo viel, dafs die Ar- matur mit derfelben nicht in Berührung kommen konnte, ehe und bevor das Glied aus dem Zuftande der Zufommenciehung in den der Erfchlafung zurück- gekehrt war. Der ganze Vortheil, den ich hiervon ee merkte, welche der Stand des Weflers in den beiden entgegengefetzten Zuftänden der Muskeln erlitt. | "Es war ein fehr angerehmes Schaufpiel, zu fehen, , h wie das Glied fich bald zufammenzog "bald „wieder er- fehlaffte, ohne dafs ich irgend ein anderes Reizmitfel oder 'einen andern Mechanifm nöthig ‚gehabt hätte, durch fortdauerte- Aber ungeachtet ich und die übri- gen Beobachter, welche mit mir den Stand des Walfers in der kleinen Röhre beobachteten, uns fchmeicheln, dafs wir die kleinfte Veränderung hätten wahrnehmen können, fo bemerkten wir dennoch auch nicht die mindefte Abweichung, obgleich der Verfuch zu meh- rern. Malen und mit Schenkeln von verfchiedenen Frö- fchen wiederholt wurde. $. 17 N ‚ Um mich davon zu verfichern, ob irgend etwas die Wahrnehmung der kleinen Verändetungen in der Waferhöhe hindern könnte, fing ich in der Hinficht an, leichte Verfuchezu machen, indem ich bald gelinde auf % — 183 auf das Wachs’des Stöpfels drückte und bald wieder den Metalldraht fanft abwärts bewegte. ‘Aber,ich fah fogleich das Waffer.in der Röhre -dergeftalt fleigen» dals man die kleine Abweichung von einer Linie und fogat dem zehnten Theil einer Linie leicht wahr- nehmen konnte. _ Auch, nachdem die Zufammenzie- hungen gänzlich aufgehört hatten, wobey ich mit der Beobachtung irgend einer wahrnehmbaren Veränderung in der.Höhe‘des Waflers befchäfftigt gewelen war, konnte ich nichts defto weniger: auch nicht die min- defte Veränderung bemerken, wodurch das Irrige des Gliffonfchen Verluches noch um 10. mehr bewielen wird. ' \ Damit nun aber niemand den angezeigten Erfolg meiner Verfuche etwa gröfstentheils -einer gewiflen egoiltifehen. Täufchung zufchreiben möchte, entfehlols ich mich, fie in Gegenwart mehrerer anderer Perfonen zu wiederholen,und befondersinGegenwart des berühm- ten Heren Doct. Dominicus Battini, erften Pro- feffors der pjactifchen Mediein an der Univerfität zu "Siena, der hinlünglich bekannt ift durch feine kürzlich herausgegebenen Verfuche über die hepatifche oder fehwefelartige Luft in verfchiedenen Gewäflern des Staates von Siena, und vorzüglich dadurch, dafs er über die Methode, fie in denfelben zy finden und nach ihren Verbältniffen mittelft der bis dahin zu diefem Zweck moch völlig unbekannten -Resgentien zu beflimmen, ein fo grofses Licht verbreitet hat, indem die chemi- fche Analyfe durch diefe neue und wichtige Ent- deckung einen hohen Grad von Vollkommenheit er- reicht hat. Da indeflen der Erfolg diefer neuen Ver- fuche \ j p 184 — fuche vollkommen mit dem fchon Befchtiebenen über- einftimmte, fo hatte ich alles Recht, daraus zu fchlie- fsen, dafs die Muskeln während ihrer Action an Uimfang weder zu- noch abnebmen und dafs fie folg- lich in ihren verfchiedenen Verhältniflen weder eine größsere noch geringere Quantität von Blut erhalten. $. 18, Und da, wenn man ja die Abficht hätte, etwas einzuwenden, um der Stärke der angeführten Ver- fuche auszuweichen, man fich doch unmöglich und zwar immer mehr auf eine fubtile als wahrfcheinliche Art einbildem kann, dafs die fpecififche Feltigkeit (denfitä) eines Muskels nach Verhältnifs der Blutmaffe, die er erhält, zunehmen follte, um auf diefe Weile einen Grund anzugeben, wie der Muskel im Stande fey, eine gröfsere Quantität von Blut aufzunehmen, ohne in feinem Umfange zu wachfen; fo wird es genügen, nach dem Beyfpiele des fchon erwähnten Blane.das fpecififche Gewicht feines Aalfch wanzes und „däs eines Frofchfchenkels, fowol im Zuftande der Er- fchlaffung als der Zufammenziehung, mittel einer hydroftatifchen Waage dagegen aufzuftellen, welche indeffen mit der gröfsten Beftändigkeit auch nicht die _ mindefte Differenz anzeigt. Sihr 110, Diefe Thatfachen, welche die Theorie des Pro chaska in der Art, wie er fie aufgeftellt hat, auf das kräftigfte zu widerlegen fcheinen, können indel- fen der weit ausgedehnteren und helleren Anficht, wel- 4 een | o 135 welche die Academie in der erwähnten Preisfrage vor Augen hatte, nicht Genüge leiften. ' Vielleicht könn- ten fie dem gröfsten Zweifler noch den Einwurf geftat- “ ten, dafs das Blut während der Zufammenziehung des . folgenden Abichnitte aufgeltellt werden fall, wird k Muskels aus den‘ gröfsern Gefäfsen der ‚Oberfläche ‚ mehr in die feinern Gefäfse der zarteften Fafern dringe und dafs die erftern eben fo (ehr in ihren Durchmeffern verkleinert als die letztern erweitert würden, folglich die feinften Verfuche nicht vermögend wären, den mins \ deften Unterfchied bemerkbar zu machen, N 4 $,.020- Eine Reihe von Thatfachen, die von mir in dem indeffen aüch dagegen zeigen, welche Veränderungen fich fowohl an den Gefälsen ereignen, die'fichin den Muskeln verbreiten, als. an dem Blute felbit, welches fich in denfelben während ihter Zufmmenziehung. befindet. _Dadurgh werde ich zugleich eine beflimm- tere Antwort auf den erften Theil der von der Acade- mie aufgeftellten Preisfrage geben können; auch wet- den jene Thhatfachen noch als Beweife gegen die Mey- ' nung derer angelehen werden dürfen, die gegen die Ausmeflungen des Umfanges der Muskeln den fchon oben berührten Einwurf etwa vorbringen möchten. Zweyter Abfchnitt. Von der Befchaffenheit der Flüffigkeiten wäh- rend der Zufammenziehung der Muskeln. ‘ ” $. ar. Betrachten wir die Zufammenziehungen der Mus« keln fowohl bey lebenden Thieren als auch eine Zeit- lang 186 — lang nach dem Tode,‘ fo würde es; 'wenn.det gröfsere Zuflufs von Blut die. Urfache diefer Zufammenziehung wäre, unumgänglich.nothwendig feyn, .dals daffetbe - auch nech nach dem’T'ode einer Bdwegung, fälig wäre, - um’den erforderlichen Reizhervorzubringen, Da aber, die todten Thiere mir-weit gefchickter feheinen, mich von den Veränderungen zu überzeugen, welchen die Gefäfse und das Blut in. der Muskelfuhltanz unterwor«e “fen feyn möchten, und eben deswegen auch von der Befchaffenheit der Flüfigkeiten , . welche während der Zufammenziehung; und Erfchlaffung der Muskeln aus einem Zuftande in den andern übergehen könnten, ‘ fo wählte ich diefe insbefondere zu meinen Verfuchen, Nachdem ich .alfo bey’ lebenden Fröfchen.an vielen _ Fleilchbündeln mikrofkopifche Unterfuchungen ange- fellt hattey: ftellte ich fie "auch insbefondere an einigen Theilen der untern Gliedmalsen an; und nachdem ich mich. überzeugt’hatte,, dafs die Bewegung.des Blutes äntierhalb;der Gefäßfse, mit welchen die Muskelfafern bekleidet find, fich fehr fchwer erkennen, läfst, und . weniger noch als in einigen Venenfämmen ‚ auch nur allein bey lebenden Thieren, wie fchon andere Be- obachter angemerkt haben m); fo mufste ich jetzt auf ein anderes Mittel finnen, um diefe Bewegung auch bey todten Thieren zu beobachten. Der kürzefte Weg, diele Abficht zu erreichen, war, dafs ich einen Ein- Schnitt in die Subftanz eines Muskels machte-und, mit Hüife eines Mikrofkops die Veränderungen an. den durch- ; .7 > v D } ol 14),5. Leeuwenhoek Exper, et contemplar. nat- p. 177. Hales Narill der Thiere p. 65. Eppariin. 9,und Haller Opera min, Teın. I. p, 128 Fi ne 1 Er nn Bar EVEN ‘ SC wel # _ \ 18H durchfehnittenen Enden der Gefälse beobachtete. Um mir-zu gleicher Zeit die Zulammenziehung des!Mus- kels fichtbar zu machen, srmirte ich den Nerven, ‘welcher fich in dem gewählten Muskel verbreitete, " mit Staniol, und fuchte fie dann mittelft jeines metaili- ‘fchen Exeitstors zu erhalten. Ich bediente mich zu meinen Beobachtungen einesnach Adams verfertigten "Mikrofkops, und mit diefem einfachen ERROR machte Ben Ve folgenden Verlüche: | 3 “7 AEG & 22. i Erfter ‚Verfuch. 4 Mit einer feinen Nadel theilte ich die zarteften‘ “ Fafern des Ausftreckemuskels von dem Schenkel eines Frofches, und fehnitt fe dann mit einer Lanzette queer “ durch. „Ich reinigte hierauf die Wunde mit einem - feinen. Tuche, und beobachtete fie dann unter einen Mikrofkop. Ich bemerkte, dafs die geöffneten Mün- dungen der 'Gefäülse ‚mit Kügelchen-.von geronnenem Blüte angefüllt waren. Als ich aber zu gleicher Zeit _ mittel der Berührung zweyer Metalle die Zufammen- Eeichuny des Muskels hervorbrachte, verfchwand ver meinen „Augen der 'Punct, den ich nachher wieder 'suffuchen mufste, als die Zuckungen aufgehört hatten. ‚Ich fand fodann die Wundlefzen iehr von einander entfernt; an den: Mündungen der Gefäfse fah ich "wieder ‘diefelben Pfropfen 'von geronnenem Blute, und “es war nicht möglich, einen Tropfen von pgsffener Flüffigkeit zwifchen den, Wundlefzen zu . entdecken. Zwey« 188 — zwehder. Verfuch, } 4 Ich brachte gleichfalls : unter das NMikzafkop ein anderes Glied ve von einem Frofche, der noch viel leb- Jiufibk war, ae der erfte, durehfehnitt an demfelben wenige Fibern eines zarten Muskels, welcher zum Ausftrecken der Zehen dient, ynd reinigte die‘ Wunde, Ich fand, wie oben, die Mündungen der zarten 'Ge- #älse mit etwas geronnenem Blute angefüllt, Darauf verfetzte ich das Glied eine Zeitlang in. Contraction, und nachdem ich es wieder in den Focus meines Mi- krofkops gebracht hatte, konnte ich zwifchen den Wundlefzen auch nicht die mindefte Spur von einem Biutkügelchen entdecken, aber die Mündungen der Gefälse waren noch, wie vorhin,- mit geronnenem Blute BREMER f 2 Deieher Verfuch. Ich präparirte verfchiedene Muskeln auf diefelbe Art. Darauf durehfehnitt ich die Muskelfibern theils in paralleler theils in fehräger Richtung, gröfstentheils aber transverfel, und. obgleich ich miıtelft meines be- waffneten Auges allen möglichen Rleils anwandte, _fo war ich doch nichts defto weniger nie fo glücklich, nur die mindefte Bewegung eines Blurkügelchens an. den Mündungen der zerfchnittenen Gelälse noch auch irgend etwas von Blut zwifchen den- Wundlefzen zu entdecken. x Vierter Verfuch. Ich öffnete mit einer Lanzette in einem Muskel _ des Hüftgelenkes eine Vene, die ich unter meinem Mikrolkop von einer Fiber zu der}andern fortlaufen R fah, Aus der Wunde fieckerten einige Llutstropfen, j die _—— 2 189 . die ich mit-einem Tuche abwifchte. Hierauf verfetzte ich das Glied eine Zeitlang in Bewegung. Dann be trachtete ich aufs neue die durchfchnittene Vene unter dem Mikrolkop, und fand eimblutkügelchen, welches fich aus der Mündung des Gefälses ergoflen. hatte, zwifchen den Wundlefzer. Ich wiederholte denfelben Verfuch an andern Gefälsen, die ich unter dem Mikro- Skop fehr deutlich fehen konnte; ich wiederholte ilın Aigle an andern Gefäfsen von einem noch grölsern urchmeffer: aber wenn ich das wenige Blut entfernte, welches fich gleich nach dem gemachten Einlchnitt ergols, fah ich in der Folge weder während der Action des Muskels noch auch nachher.irgend eine andere . Bewegung von einer Flüfligkeit. Anmerk. Alle‘ diefe/ angeführten Thatlschen widerlegen die Meynung von dem Zufluffe dds Blutes zu den feinften Elementarfafern. des Muskels während deiner Zulammenziehung. Es.ift zu einleuchtend und natürlich, dafs, wenn die Zufammenziehung, der Mus- kein von dem gröfsern Zufluffe des Blutes herrührte, hierbey eine Bewegung Statt finden mülst£, ch welche die durchfchnittenen Gefälse veranlafst wrsn würden, aus. diefen neuen Oeffnungen bey der Zufammenziehung des Muskels eine Portion von t zu ergielseh. Aber wenn auch hierüber noch 5 Zweifel übrig bleiben follte, fo werden die folgen- n Verfuche auf eine ganz unwiderlegliche Art be- ilen, dals ohne einen Zuflufs von Blut in die Gefälse der Muskelüibern, und ohne dafs das Blut irgend einer Bewegung fähig ift, dennoch heftige und ftarke Zu- fammenziehungen in den Muskeln erfolgen können. Fünf Gira Fünfter Verfuch s Ich tauchte in ein Glas, das ich mit frifchem Waffer angefüllt iatte, den armirten “Schenkel eines Frofches, Gleich darauf unterfüchte ich, ‘ob die Vitä- lität des Muskels nicht dadurch gelitten habe, :. und nachdem ich ihn in gleichem Grade reizbar gefunden “ hatte, warfich noch ein Stück Eis in das Glas. Als dieles gefchmolzen war, fingen die Muskeln an, viel träger zu werden, noch mehr aber fpäter hin, als ich aufs neue davon hinzugethan hatte, bis endlich gar keine Spur von Vitalität mehr übrig war. Das Wafler ° war eiskalt gewofden: Nachdem ich aber das Glied herausgezogen und wenige Minuten nachher in Oxd- nung gelegt hatte, um es mit einem metallifchen "Conductor zu berühren, erwachten in demfeiben ‚did Convulfionen mit eben der Stärke, wie im Anfange des Verfuchs. Das folidum vivum hatte demnach etwas durch den Einflufs des Eifes gelitten, defien. Wirkung auf die Säfte ich in diefem Falle beobachten wollte, Ne? Sechster Verfuch. Ich freifte die vanze Maut eines Frofches ab, brachte diefen darnufin ein Gefäls und -bedeckte ihn mit kleinen Stücken Eis. Ich wiederholte diefes, fo wie das erftere gelchmolzen war, bis der erflarrte Froich feinen Geil aufgab, Darauf nahm ich ihn wieder aus dem Gefäfs heraus, öffnete die Bruft und _ fand in den dem Herzen zunächft gelegenen Gefäfsen, Dr fo U ui x — 191 fo wie in den Gefäßen des -Unterleibes und anderer Theile, geronnenes Blut. Ich armirte dann den Schen, kelnerven, und brachte mittel eiffes metallifchen Con: ductors Zufammenziehungen hervor, die nicht ärker feya konnten., N Siebenter Verfuch. Dafs die Gerinnung des Blutes in feinen eigenen Gefäfsen: die Zufanmenziehung der Mutkeln nicht hindert und dafs diefe mit dem dahin flrömenden Rlute oder mit der thierifchenWärnte in keinem Verhältnils F fteht, beflätigt nbch der folgende Verluch. Ich legte die beiden Schenkel eines armirten Fro- Tches, und zwgr jeden beionders, in zwey Gläter, die ich mit den kleinften Stücken Eis angefüllet hatte, Nach zehn Minuten, während das Eis anfing zu .fchmelzen, brachte ich ein Reaumürfches Thermoine- ter, welches auf zwanzig Grad ftand, hinein, Nach- dem das Queckfilber bis auf fieben Grad gefallen war, nalım ich den’ einen diefer Frofchfchenkel aus dein Glafe und brachte in demfelben mittelft eines Con- ductors ziemlich lebhafte Bewegungen hervor. Ich gols das Wafler, welches fich aus dem zerfchmolzenen Eile gebildet hatte, aus beiden Gläfern und legte den auerft herausgenommenen Schenkel ‚wieder hinein. Nach einem gleichen Zeitraum und bey einer gleichen Temperatur fuchte ich. wieder in demfelben auf die gewöhnliche Art Zufammenziehungen hervorzubrin- gen, die auch nicht ausblieben, _ Und indem 'ich fo ‘das Eis in beiden. Gläfern mehrmals erneueite, und in gleichen Zeiträumen an demfelben'Gliede die Be- Cchaffenheit feiner Irritabilität unterfuchte, ward es » >12 am ” H 192 — 'am Ende nach Verlauf einer Stunde unempfindlich gegen die Anwendung des Conductors, und es gelang wnir nicht mehr, Zuckungen in .demfelben hervorzu- = bringen. Ich tauchte hierauf den Thermometer in. das zweyte Glas, und als daffelbe ‚bis auf fieben Grad ge- fallen war, zog ich das eıftarrte Glied hervor. Nach- dem ich aber die Armatur auf mancherley Weife in Berührung gebracht hatte, war ich nicht im Stande, eine Zufammenziehung zu bewirken, Kurze Zeit darauf gab ich mir noch einmal die Mühe, fie hervor- zubringen, und es erfolgten darauf zjemlich ftarke Be- wegungen, die such von langer Dauer waren. Ich „nahm hierauf den andesn Schenkel aus dem erften Glafe, Miste ihn an die Luft, reizte ihn auf mancherley Art mit verichiedenen Metallen, aber er zeigte weiter keine Spur von Leben. ; ” Achter Verfuch Einen noch flärkern Beweis, ‚dals die Zufammen- zichung nicht im, Verhältnifs der Wärme oder der Flüiligkeit des Blutes erfolgen, kann‘. man aus dielem zur Vergleichung angeftellten Verfuche hernehmen. Ich brachte nämlich wieder die untere Extremität eines Froiches in ein mit, kleinen Eisflücken angefülltes Glas. Den andern Schenkel Jliels ich an der freyen Luft. So wie das Eis zerfchmolz, gols ich das Waller aus, indem ich das Glas ein wenig neigte, that dann neues Eis hinein und fuhr damit zwey Stunden lang fort. Ich tauchte den Thermometer hinein, welcher auf Null zu fiehen kam. Darauf zog. ich ‚das Glied aus dem Glafe, reizte daffelbe zur Zuflammenziehung, zuerft mit einem Conductor von Mefing, dann mit einem. EN 23 einem filbernen und zuletzt mit einem goldenen; aber das Glied war unempfindlich gegen die Anwendüng eines jeden Reizes, und äufserte kein Zeichen von Le ben. Ich fuchte nun, mit denlelben Conductoren Zufammenziehungen in dem andern Gliede zu bewir- ken, welches ich an der Luft hatte liegen laffen ,„ und fand, dafs auch in diefem die Reizbarkeit der Muskeln erlofehen warıg Um noch einen Verfuch zu machen,. berührte ich hierauf: die Armatür des erften Gliedes , miteinem goldenen Conductor, und fah fodann einige u ” _ en a Ze _ kleine Bewegungen in den Fleifchfibern erfolgen. So wie die Erftarrung der Fibern fich verminderte, ver- fuchte ich jeinen jeden andein Leiter, und konnte nun mit demfelben ftarke und heftige Zufammenziehungen hervorbringen. $., 25. Neunter Verfuch. Vielleicht kann man dem vorftehenden Verfuche zweyerley Einwüıfe entgegen ftellen, entweder dis das Blut durch die Wirkung des Eifes in den Gefäfsen nicht zum Gerinnen gebracht worden, oder dafs, wenn es fich nach einiger Zeit etwa wieder aufgelöfet hätte,: dieles eigentlich der Grund fey, warum das Glied fich nicht fogleich, naclıdem es herausgenommen war, zufammenzog, aber doch nach einiger Zeit diefe Fähigkeit wieder erlangte. Um diefen Zweifel zu löfen, zerfchnitt ich die Droffelader eines Frofches, und , fammelte das wenige Blut in eine Schaale, die ich forgfältig vermachte und zuklebte, und fetzte fie hier- aufin ein Glas, das ich mit Eis angefüllt hatte, In Arch.fi d. Phyf. VI. Bd. I. Heft. N ein Ra { 194 a "ein anderes Glas, welches ich eben fo zubereitet hatte, legte ich den Schenkel eines andern Frofches,, den ich. mit Staniol armirt hatte. Nach dreyviertel Stunden tauchte ich den Thermometer in das erfte und zweyte Glas, und das Queckfilber fiel bis auf fünf und einen halben Grad.- Ich nahm nun zuerft die Schaale heraus und fah, dafs das wenige Blut geronnen war und fich feft'an die Seitenwände angefetzt hatte. Be berührte x ich die Nervenarmatur.des andern Feofches, den ich ‚aus dem zweyten- Glafe herausgenommen hatte, mit einem Conduetor, und.bewirkte dadurch noch. flarke Zufammenziehungen, Ich fetzte hierauf die Schaale mit dem geronnenen Rlute in die Sonne, aber das Coagulum löfete fich nicht mehr auf, Man mufs dem- nach zugeben, dafs die Anwendung des Eifes das Blut gerinnen macht, und dafs das augenblickliche Aufsen- bleiben der Zufammenziehungen eines Muskels nicht . von dem EinAufle suf die Säfte, fondern vielmehr von der, Erfarrung, 'herrühre, welche die Muskelfiber erfähst, .- . h $. 26 Anmerk. Die bisher detaillirten Verfuche fchei- nen mir deutlich zu beweifen, nicht allein, dafs das « Blut keine befondere Bewegung während der Zufam- - menziehung des Muskels erhält, fondern dafs man auch überdies gleiche Zufammenziehungen hervor- bringen kann,‘ wenn das Blut, weil es geronnen if, nicht mehr für jene fapponirteBewegung empfänglich ı bleibt, welches die Theorie des Herrn Prochaska: völlig umftöfst, Ueberdies ift es viel.vernünftiger, an- zu- . 198 zunehmen, dafs, wenn die. Muskelzufammenziehung ‚von dem Zufluffe des Blutes als der nächften Urfache erfolgte: dieGefchwindigkeit, Stärke und Dauer diefer -Zulammenziehungen in einem gewiffen Verhältniffe mit der Quantität des in den Gefäfsen enthaltenen Blutes ehen müfsten, Wenn nun aber alle diefe er- wähnten Umftände Statt finden, ohne Rückficht auf die Quantität des Blutes, undeben fowohlbey den Thieren, welche noch ibr Lebepsfluidum in feiner völligen In- tegrität befitzen, als bey denen, welche es verloren haben und daher als Blutlofe betrachtet werden kön- ‚nen; fo mufs eine felche Erfahrung nicht nur zum überzeugenden Beweile für die angeführten Refultate dienen, Sondern auch zugleich als eine genügende Beantwortung des zweyten Theils der von der Acade: mie aufgegebenen Frage in Beziehung auf.den Einflufs des) Blutes bey der Muskelbewegung angelehen werden. Dritter Abfchnitt, Beantwortung der Frage: ob das Blut einigen. Einfluls auf die Muskelthätigkeit habe? 9. 47 ; Nachdem ich in dem vorhergehenden Abfelinitte gezeigt habe, dafs man keine Bewegung des Blutes wahrnimmt, dafs fogar, wenn es in den Gefäfsen des “ Muskels ftockt, die Zufammenziehungen in feinen fleifehichten Theilen nichts defto weniger etfolgen; fo bleibt mir gegenwärtig nur noch übrig, auf dem Wege der Erfahrung zu erforfchen, ob die Zufammen- ziehungen der Muskeln mit dem gröfsern oder ge Na singern 196 — ringern Zufluffe von Blut im Verhältniffe ftehen, und ob daher diefe Erfeheinung eine indirecte Wirkung von der fupponirten Urfache fey, welches genügen kann, um über die Wirkung des Blutes auf die Mus kelbewegung ein richtiges Urtheil zu fällen. ; Zehnter Verfuch. In diefer Abficht tödtete ich viele Fröfche durch Blutentleerung. Einigen zerfchnitt ich die Droflel- adern, und überliefs fie dann ihrem Schickfal, bis fie “ftarben, Andern durchftach ich die Cruralgefälse, und noch andern verwundete ich das Herz. Damit aber die Gefälse Tich des Blutes, welches fie enthielten, defto fchneller und vollkommener entleerten, fetzte ich fie dadurch in Bewegung, dafs ich einigen zwey bis drey Gran von einem Antimonialkalk, andern et- was Arfenik mit Gewalt einflölste. Wenn die hiernach erfolgenden convulfiviichen Bewegungen aufgehört hatten, bewaffnete ich den einen Cruralnerven eines Schenkels von jedem, und that denfelben in ein Glas, das ich mit Eiswaffer und wirklichem Eile angefüllt "hatte. Wenn ich ihn eine längere oder kürzere Zeit fo in dem Glafe gehabt hatte, fuchte ich mit seinem metallifchen Conductor Zuckungen hervorzubringen. Ich erhielt auch immer die heftigften Züfammenzie- "hungen, und konnte keinen Unterfchied zwifchen denen, die durch Blutentleerung geftorben waren, und denen, welchen ich zur Vergleichung ihr Blut gelaf. fen hatte, wahrnehmen, Aehnliche Verfuche ttellte ich mit einigen warmblütigen Thieren an, ‚Eile $. 28. Eilfter Verfuch. Einem kleinen Hunde und nachher auch einer “Katze unterband ich die Czuralarterie mit einer dop- pelten Schlinge. Mittelft meines Fingers verficherte ‚ich mich, ob die Arterie unter der Ligatur pullirte, - und nachdem ich gefunden hatte, dafs die Bewegung des Blutes hier völlig aufgehört hatte, durchfchnitt ich die Vene. Sobald das Glied blutleer gemacht wor- . den war, wozu die erfolgenden convulfivifchen Bewe- gungen nicht wenig beytrugen, fo verfiel es zuletzt ig einen Zuftand von fcheinbarer Paralyfe. Ich wandte nun auf der Stelle die Mittel an, wodurch ich die Contractionen bey den Fröfchen zu erwecken pflegte, und nachdem ich den Cruralnerven armirt und von den übrigen Theilen ifolirt hatte, fah ich, wenn ich die Armatur mit einem filbernen Conductor berührte, conyulfivifche Bewegungen in den Muskeln entftehn, Kurze Zeit nachher, wenn ich nämlich mittelft der Metalle keine Zufammenziehung mehr hervorbringen konnte, drückte ich den armirten Nerven, und brachte dadurch noch einige Bewegung hervor.‘ Hierauf that ich daffelbe mit dem Rückenmarke, zuletzt mit dem Gehirn, und es erfolgten ziemlich flarke Zufammen- ziehungen. Uebrigens war die Ligatur unverfehrt, 'und hemmte den Kreislauf des Blutes in dem Theile gänzlich, Zwölfter Verfuch. a“ Wegen Mangel an warmblütigen Thieren kehrte ich zu den Fröfchen zurück. Jch wählte mir die Ar- terias iliscas zum Unterbinden, und durchfchnitt die gleich- ‘ \ 198 > — gleichnamigen Venen, Wenn ich einige Zeit darauf die Armatur berührte, brachte ich ftarke- und ‚heftige Zufainmenziehungen hervor. Einmal, als der Verfuch nicht gelang und ich gar keine Zufammenziehung be- wirken konnte, unterfuchte ich die ünterbundenen Theile, und fand, dafs der-Nerve mit unterbunden war. . Sogleich belegte ich den Nerven unterhalb der Ligatur mit Staniol, brachte diefen mit einem metal- lenen Leiter in Verbindung, und fah hierauf ftarke Convulfionen erfolgen. Ich mufs noch bemerken, dafs "nach diefer Unterbindang der Gefälse, die Fröfche an ihren untern Extremitäten dem Anfchein nach paraly- tiich wurden, $. ‚29. ern Anmerk. Es bleibt demnach gewifs und aus- gemacht, dafs die Zulammenziehung eines Muskels nicht nur erfolgt, ohne dafs irgend etwas Blutiweder durch die grofsen ngeh kleinen Gefäfse zufliefst (Abfehn. 2. $. 22.), fondern auch wenn es in denfelben ftockt (Abfehn. 2. $. 23, 24; 25.), aber dafs diefe Zufammen- ziehungen auf keine Weife im Verhältniffe der zuftrö- menden Blutmafle erfolgen (Abfchn. 2. $. 27, 28.) wel- ches fchon viele berühmte Männer ‚vor mir angenom- men haben. $: 30. Der Doctor Lallemant behauptet öffentlichin "einer Thefis, dafs die Zufammenziehung der Muskeln nicht auf Veranlaflung des zuftrömenden Blutes ge- x Iche- | u FEN, \ 00 fchehe 2), Auch der Doctor Roger Jone verwirft diefe Urfache als unzulänglich für einen folchen Me- chanifin , in feiner Abhandlanz über die Urfache der Muskelbewegung 0). Derfelben Meynung waren die berühmten Lehrer Borelli p), Bartholin g) und Hales Ev Aber eine Erfahrung des Cowper und Ridley, die Winter s) mittheilt, verdient bier getreu nacherzählt zu werden. Diefe beiden Männer unterbanden die Aorta nebft der Hohlader an einem. ziemlich grofßsen Hunde kurz vor ihrer Theilung in ‚die Iliacas. Einige Zeit darauf unterbanden die die ‚Vena iliacs der einen Seite, und {pritzten, in die.gleich- namige Arterie derfelben Seite Waller, welches eine Wärme von hundert Graden hatte. Die Muskeln, welche nach der Unterbindung, paralytifch zuflammen- gefallen waren, fingen hierauf an, fich zufanımenzu- ‚ziehen. Diefe Erfahrung flimmt mit derjenigen über- ein, die ich oben angeführt habe, zum Beweife, dafs die Gegenwart des Blutes zur Zulammenziehung der Muskeln nicht nothwendig ift. Man darf aber nicht glauben, als ob.das eingefpritzte Waller, weil es bis zu n) M. Jofeph Lallemant Quaefio medica, an dctio mus- cularis afolis fpiritibus etc. Bey Haller in Difpurar, anat. felect, Vol, III, p. 425. u. folg. { 0) Rogerus Jone, Cambro Brittannus, de motus mufeu- S. Haller a. a, O. Vol, VII. Suppl. pag. laris caufa. 543: 44 ?) De motu animal, Tom, II, paz: 37. u. folg. 4) Thom. Bartholinus de mufculis in genere Lib. 1. Cap. 5. 'pag 41. D) Statik des Bluts 6, 133. #) $. Haller Difputat. anat, Vol. TIL, pag. 460, zu dem’ angezeigten Wärmegrade erwärmt worden war, die Stelle des Blutes vertreten habe, weil auch ein Waffer von der gewöhnlichen Temperatur diefelbe Wirkung hervorbringt, wie der berühmte Mor- gagni anmerkt. RENEN 5 ü Nicht weniger führte auch ein Verfuch des Steno und des Vieuflens 2) um diefelbe Zeit Viele über diefen Gegenttand irre. Diefe unterbanden nämlich einem Hunde die Aorte innerhalb der Bauchhöhle. Nach zwanzig Mi- nuten wurden die untern Extremitäten paralytifch. Aftrücz) unterband die Hohlader, und fah daffelbe “erfolgen, Winter) aber unterband die Vene und Arterie zugleich, und fah "hiernach eine Lähmung entltehen, .ob er es gleich vermieden "hatte, nur das kleinfte Nervenäftchen zugleich mit zu unterbin- den, Daffelbe verfichert auch le Caty), welcher noch hinzufetzt, dafls der Verfuch immer glücklich von Statten gehe, wenn er mit Vorficht gemacht werde, weil man fodann die Lähmung beftändig er- folgen fehe, und fchliefst hieraus, dafs ‚diefe Läh- mung durch die Hemmung des Blutumlaufs in der Arterie erfolge. $. 32 ?) bey Haller in der Winterfchen Differtation a. a. O; #) (! Manget Theatrum anatom, T. I. x) De metu mufculorum bey Haller a, a. 0. T. 11. S, 431, 9) in f, Trait€ du Mouyement mufculaire, p. 9--13. — 201 N $. 32. R ‚a7 { I Diejenigen, welche nach der "Unterbindung ei- ‚nes Nerven denfelben Effect ‚beobachteten, fanden die Erklärung diefer Erfcheinung fehr, fchwierig. Sie glaubten indeffen, die Meynungen vereinigen und aufser der Nothwendigkeit des Blutes auch ‚noch die Lebenskraft der Nerven als zwey wefentliche Erfor- derniffe zur Zulammenziehung der, Mufkeln anneh- men zu müflen, Gottfched z) war derfelben Meynung und auch Deidier a) vertheidigte fie auf der hohen Schule zu Montpellier. Aber wenn man diefe von Steno, Vieuf- fens und le Cat angeführten Thatlachen mit den Refultaten meiner oben mitgetheilten Verfuche ver- gleicht, fo wird‘man daraus deutlich erfehen kön- nen, dafs fie nicht im Stande find, die Nothwendig- keit der Gegenwart und des Zufluffes von Blut, um die Contraction der Mufkeln hervorzubringen,, zu beweifen, nachdem ich durch directe Verfuche darge- than habe, dafs die Mufkeln die Fähigkeit, fich zu- fammen zu ziehen, behalten, und mittelft verfchie- dener Reizmittel wirklich zur Zufammenziehung ge- ‚bracht werden, wenn gleich die Blutgefäfse, ‘welche fich in ihnen vertheilen, vollkommen ausgeleert find, oder wenn das Blut durch die Wirkung des Eifes völ- lig ‘) Io, Görtfched de motu mufculorum, [, Haller Dif- purat, anat, Tom, III, S. 339, #) De moru mufculari ebend, 202 — lig in feinen Gefälsen erftärst, und keiner Bewegung mehr fähig ift, 2 \ $. 33. Wenn 'wir aber von diefen Refultaten zugleich die Anwendung auf die von der Akademie vorgelegte Frage machen, ‘fo Scheint es; dafs diefe fehr leicht ihren ganzen Werth verliert, und’ dafs fie fchon hin- länglich beantwortet ift. ° Man wollte nämlich beflimmt haben, ob die Mufkeln während ihrer Zufammenziehung eine ‚gröf- fere oder geringere Quantität von Blut erhielten, Dies war der erffe Theil der Frage: : Da nun aber bey einem todten Thiere die kleinen Gefäfse, welche fich zwifchen den Mufkelhibern vertheilen, 'weng fie durchfehnitten werden, nicht die mindefte Portion von Blut ergiefsen, indem fie fich felbt zufammen- zieben, fo folgt daraus, dafs in dem angegebenen Falle kein wehrer Zufluls von Blut Statt findet. Da- her mufs diefer Zufluls entweder gar nicht bey einem lebenden Thiere erfolgen, oder er ift auch zur Be. wirkung der Contraction nicht, nothwendig. Dafs men aber ferner die ‚Verkürzung in den mufeulöfen Theilen erhält, ‘wenn die Flüffigkeit felbft coagulirt ift, beweilet, dafs eine Abfondereng des Blutes zu demfelben Zwecke gar nicht erforderlich ift,. oder 'dals eine geringere Quantität von Blut zu der Muf- kelfubfianz geführt wird. Hieraus kann man übri- gens fchliefsen, dafs die gröfsere oder geringere Quan- tidät des in den Gefäßen der Mufkelfubflanz enthal- tenen Blutes, ‘wie auch der gänzliche Mange!diefes, Flui- Pr — N 203 ‚Fluidums, gar keinen Iebfoluten Einfufs auf ihre Ieritabilict habe. Es mag nun sber der Zufland der ’ Gefilse im. Verhältniffe zum Blute feyn,‚welcher er wolle, fo giebt es doch keinen einzigen Fall, wo "nicht die Zufammenziehungen hervorgebracht werden ‚ könnten. Und hieraus ergibt fich die Antwort auf den zweyten Theil der Frage, dem zu Folge man ar wiffen verlangte, welchen Eindufs das Blut re die, " Mufkelthätigkeit habe, in der Art, dafs die Quan- ‚ tität des in den Gefälsen enthaltenen Blutes gar kei- nen Einflufs -darauf hat, indem die Freiheit des Blut- umlaufs, die Gegenwart des Blutes, und die nicht überflüffige Anfüllung der Gefälse nur zufällige Um- ftände find, welche concurtiren,. nicht fowohl die Zufammenziehungen zu bewirken, als vielmehr die Fibern in einem für die Ausübung ihrer Thätigkeit günftigern Zuftande zu erhalten, weil die entgegen- geletzten Zuftände, wenn fie gewiffe Grenzen über- fchreiten, die Mufkeln tröge machen, und die iwill- kührlichen Bewegungen erichweren und aufhalten. Zwey= 204 ER Apr i Zweyter Theil. BEER der Girtannerfchen Theorie. Erfter AR a nerluee Grundprincipien! diefer. neuen, Theorie., $ 34 Girtanner glaubt fich nach den Verfuchen der berühmten Chemiker Black, Crawford, Prieft- ley, Lavoifier und andrer Männer von Anfehen, - welche fie über »den Prozefs des Atliemholens ange- ftellt haben, fo wie durch einige von ihm felbft un- ternommene Experimente, berechtigt, die Bafıs der Lebensiuft, oder das Oxygen, als das Princip der Ir- ritabilität annehmen zu können, Er fchrieb. zwey jehr gute Abhandlungen über diefe neue Lehre. . Aber um mich nur auf dasjenige einzufchränken, was {ich darin als wefentlich im Betreff diefer näch- ften Urfache der Mufkelzufammenziehung findet, ‚fo werde ich alles auf vier Hauptpunkte reduciren, welche die wahren Gründe enthalten, worauf der Verf. feine Theorie fützet, nämlich ı) Dafs der in dem Blute enthaltene oder viel- mehr ans demfelben oder von irgend einer andern Subftanz an die Mufkelfiber abgefetzte Sauerftoff das Princip der Irritabilität fey; 2) Dafs es Subftanzen gebe, welche denfelben darreichen, und andere, welche ihn wieder rauben, die er denn uneigentlich mit dem Namen der pofi- tiven und negativen Reize belegt; 3) e ne 205 3) Dafs die ‘Fähigkeit der Muskelfiber, fick mehr | oder weniger N zu ziehen, immer in: einem directen Verhältniffe zu der Quantität des in der Muf- keltiber enthaltenen Sauerftoffes ftehen müffe ; 4) endlich, dafs die Muskelthätigkeit eine Wir- kung der Anziehung des Saueıftoffes mittelft, eines ihn hervorlockenden Stunulus, den er den pofitiven An feyn müfle, nach deffen gröfserer oder 'ge- _ Tingerer Thätigkeit die Entziehung des Sauerftoffs ET nür temporär oder aber unerfetzlich feyn werde, und aus welchem die abwechfelnden Bewegungen, fo wie der Tod felbft, eıfolgen. Dies find ungefähr im Allgemeinen die Punkte, die der Verf. fich anzunehmen erlaubt, um die Er- fcheinungen der Muskelbewegung lowohl bey leben. . den Thieren als nach dem Tode zw erklären. Wir _ haben daher diefe Principien hauptlächlich zu prü- fen, um darin fodann die Anwendung auf das Pha- nomen der Muskelzulammenziehung zu machen. $. 35. Zunächft ift es von der gröfsten Wichtigkeit, zu - ergründen, ob während des Prozefles der Refpiration wirklich Sauerftoff ins Blut gelange. Verfchiedene berühmte Chemiker, wie Lavoifier und fein Nach- folger Saguin 5) fcheinen nach ihren zahlreichen darüber angeftellten Verfuchen noch fehr hieran zu zweifeln, und’glauben vielmehr, dafs bey dem Pro- zefle b) f, deflen Abhandlung über die Refpiration, auch La- voifiers Anfangsgründe der Chemie, T. IV, 206 Nr zefle des Athemholens eine Zerletzung der Lebensluft erfolge, dafs in den Lungen fich der Wärmeftoff ent- binde, welcher fich. hierauf dem Blüte mittheile, _ und dafs feine Bafis oder der Sauerftoffe fich eines Theils mit dem Kohlenftoffe verbinde, und die Koh- lenfäure bilde, andern Theils mit dem Waflerftoffe, und dadurch den wäflerichten Dunft ‚hervorbringe. NN, ; G 36. : " Girtanner, welcher fich zum Theil von: der Lavofierfchen Theorie entfernt hat, nimmt en, dafs das Blut während feines Umlaufs durch die j Lungen die Lebensluft zerfetze, oder vielmehr, dafs diefe durch die Grundftoffe zerfetzt werde, gegen welche ihre Bafis eine gröfsere Affinität habe, als gegen den Wärmeftoff, mit dem fie in der Atmof. phäre nebft etwa dreyviertel Stickftoff die gewöhnli- che Luft ausmache,, Und fo glaubt er auch, daß ein Theil des Sauerftoffes fich mit dem venöfen Blute verbinde, deflen dunk!e Farbe er in eine hellrothe verwandle, ein zweyter Theil aber mit dem Kohlen» ftaffe des kohlenfauren Wafferftoffes, welches gleich- falls aus dem. venöfen Blute verdunfte, das. kohlen- faure Gas bilde, ein dritter Theil des Sauerftoffes fich mit dem Kohlenfloffe des Schleims vereinige, wel- cher in den Lungen in grofsem Ueberfluffe abgefon- dert werde, und mit demfelben ebenfalls ein koh- -lenfaures Gas gebe, ein vierter Theil endlich, mit dem Wafferftoffgas des Blutes, Wafler hervorbringe, Aus feinen Verfuchen ergibt fich auch in. der That, dafs der Sauerftoff wirklich ins Blut übergehe, und dafs die hellrothe Farbe desjenigen Blutes, welches Nana \ aus “ e % — 207 5 +- - ‚aus den Lungen kommt, durch nichts anders, als , einen Grad von Oxygenation, heryorgebracht- werde: Brei er nämlich gefehen hatte, dafs, wenn er Sauer: I ftoff in die Droffelader lebender Thiere ‘brachte und > folche gleich darauf tödtete, das Blut in der abftei’ genden Hohlader eine hellrothe Farbe, zum Unter- fchiede von demjenigen, welches aus der auffteigen- den Hohlader kam, und von fehr dunkler Farbe war, angenommen hatte, Aufserdem beweifet er noch durch andere Verfuche, dafs das venöfe Blut, wenn "ses mit der Lebensluft in. Berührung geletzt' wird, feine dunkle Farbe verliert, und dagegen eine fchö- pe hellrothe ‚erhält. Alles diefes fcheint. indeffen 4 nicht hinreichend zu feyn, um eine neue Theorie 4 au gründen, und es ift in der That mit dem wirk- lichen Eintritte des Sauerftoffes in die Blutmaffe' noch ' fehr wenig bewiefen, wenn man nicht auch zu glei- elter Zeit beweilet, dafs der Sauerftoff an die Fleifch- fiber abgefetzt werde, ‘dafs diefe durch die Anfül- lung mit jener Subftanz die Fältigkeit, fich zufam« men zu ziehen, erhalte, und wie endlich die Zufam- menziehung mittel einer Entziehung des Sauerftof- fes erfolge. " $. 37: La Grange erklärte fich für den. Eintritt des - Sauerfoffes in die Blutmaffe, ob er gleich annahm, dafs diefes auf eine etwas andere Art gefchehe, als Girtanner fich einbildete. Er glaubte nämlich, dafs die Lebensluft fich in den Lungen nicht decom- ponire, fondern dafs, ‘wenn-fie von dem Blute bey “ dem Refpiretionsproceffe abforbirt worden, fie fich wält- 4 208° - ee während des Kreislaufes mit den Grundfofferi, näm- lich dem Kohlen - und Waflerftoffe ‘verbinde, um - Kohlenfäure und Waffer zu erzeugen. Obgleich 'er aber hierauf zugiebt, dafs die Lebensluft oder ihre Bafıs 'von dem Blute: bey dem Athemholen aufge- nommen werde, fo beweifet diefes doch nicht, da fie fich an die Muskelfiber abfetzen, und dort das Princip der Irritabilität hergeben müfle. Um diefes, darzuthun, würde es zuvörderft nöthig feyn, zu be- weilen, dafs keine andere Verbindung möglich fey, und dafs keiner ander Urfache der Verluf zuge- j fehrieben werden könne, welchen das, Blut leidet» indem es aus den Arterien in die Venen übergeht, ‘wo man es nun des in den Lungen enthaltenen Sau- erftoffes beraubt findet, Ueberdies wird man hier zwey Schon bekannte Sachen mit den wichtigften Gründen als Einwürfe gegen die neue Theorie \be- nutzen können, nämlich die Lavoifierfche 2) Be- - rechnung, wo auch er genau den Verbrauch der Le- “ bensluft bey dem Athemholen angiebt, und dann die Verbindung, welche fie in den Lungen macht. $. 288 Die mittlere Quantität der Lebensluft- (denn eine ganz genaue Beftimmung kann man nicht verlangen) die ein Menfch nach dem Calcül des,Lavoifier in vier und zwanzig Stunden confumirt, beträgt 36,000 Cubikzoll, oder ein und zwanzig ‚Cubikfufs in ei- nem Tage, welches ungefähr mit ein und deisige Unzen Pariler Gewicht übereinflimmt, indem jeder ‘ Cubik- ey f. deffen Abhandl. über das Athemholen. u a u N En r N 209 Cubikfufs etwa eine und. eine halbe Unzen fchwer ift. in vier und zwanzig Stunden bilden fich etwa 14,832 Cubikzoll kohlenfaures Gas, zu deflen Dar- ftellung, nach dem . bekannten Verhältniffe 28:72, 8 Cubikfuis Lebensluft erforderlich find, ‘welche nach dem Pariler Gewicht elf Unzen, drey Drachmen _ and ein und zwanzig Gran betragen, die verbunden mit vier Unzen, fechs Drachmen und acht und vierzig Gran reinen Kohlenftoff 14,832 Kubikzoll, oder dem Gewichte nach ein Pfund,’ zwey Unzen, eine Drach- me und neun und fechzig Gran kohlenfaures Gas der obigen Angabe zu Folge darftellen würden, In ‚demfelben Zeitraum von vier und zwanzig Stunden bildet fich an Waffer ein Pfund, fünf-Unzen, fechs Drachmen und zwey und (dreifsig Gran, welches nach der bekannten Proportion von 16:84 durch die Ver- bindung von etwas mehr als zwölf Kubikfufs Lebens- luft,» die an Gewicht ein Pfund, zwey Unzen, vier Drachmen und ein und fiebzig Gran betragen, mit drey Unzen, einer Drachme urd vier und zwanzig Gran Hydrogen entfieht. Wenn nun aber von ein und zwanzig Kubikfufs oder ein und dreifsig Unzer Lebensluft fich etwas mehr als acht Kubikfufs ver« binden, um Kohlenfäure zu bilden ‚ und etwas mehr als zwölf zur Hervorbringung des Waflers erforder- lich find, fo fieht man leicht, dafs lierzu fchon die Summe von ein und’ zwanzig Fu(s verwendet wird, Wenn folglich die Verbindunysart des in die Lungen gebrachten -Sauerftoffes gefunden ift, fo leuchtet hier- us deutlich hervor, dals diefer fich nicht erit ar die Muskelfiber abfetzen darf, Und wenn man gleich ‚diefe Berechnung nun bis auf einen gewiflen Punkr machen. kann, wie ihr Erfinder felbft anmerkt, und diefelbe von Gittannermy welcher den Prozefs des Befpitation auf eine, andere Art erklärt, nicht in al- Jen ihren Theilen angenommen werden dürfte; fo Arch,fsd, PhyfV1, Bd.,1. Heftv o kön« 20 ; uk können wir doch immer mit Zuverficht, annehmen, dals der Sauerftoff bald diejenigen andern Stoffe fin- den müffe,. mit denen er fich verbindet, wenn wir erwägen, mit wie vielen andern Subflanzen er wäh- rend des Blutumlaufs dusch den ganzen Körper fich‘ verbinden kann. $. 39. Beynahe alle thierifche Subftanzen nehmen nach dem Verhältniile ihrer Ausbildung Sauerftoff auf, und werden in der Sprache der neuern Chemiker thierifche Oxyde. Der rotbe Theil des Blutes, die Lymphe, der Schleim, überhaupt alle Abfanderungen und felbft die feften Theile find von diefer Art. Es ver- bindet fich überdies der Sauerfioff zur Erzeugung der thierifichen Säuren, wie der Milchfäure, des Milchzuckers, der Steinfäure, der Phosphorfäure' und der Säure des Berlinerblaues. Wenn nun die chemifche Analyfe, indem fie die Grundftoffe' vor Augen legt, die in den verfchiedenen thierifchen Sub- ftanzen die herrfchenden find, auchirgendetwas fürdası Princip' der Reizbarkeit in den Muskelfibern bewei- fen kann, und fich hiernach offenbar in denfelben im Vergleich ınit den andern conftituirenden Theilen ein Uebergewicht von Stickftoff findet; fo können wir uns- dadurch um fo gegründeter überzeugen, dafs’ diefer Stickftoff und nicht der Sauerftoff das’ Princip’ der Irritabilität f2y, um fo mehr, da auch die foge- nannte Fibra fanguinis, deren kleine Molekeln mehr. als irgend ein anderer Elewmentasth-il deflelben eine Neigung zum Gerinnen und, ‚wie man fagt, eine ge wiffe plaftifche Kraft hat, ebenfalls ein Uebergewicht von StickftofF enthält, wie Foureroy «)' gefunden hat. Eben diefes Urtheil werden: wir auch beflätigen müf- fen, wenn wir anders den Beobachtungen und Be-', mer-. 4) f, Mem. de la Socier€ Royale de Medecing, - Nr a na — Se 7 ie Se De Ze a ih SB) 2IL 'merkungen einesHalle e) Glauben beymeflen wollen, weil bey dem Animalifationsproc: (fe der, Nahrungs- mittel das Princip, welches fich mit ihnen verbindet, gröfstentheils Stickfto@ und nicht Sauerftof it Aus diefen Bemerkungen ichliefse ich nun, dafs, fo fehr man auch für die Mitcheilung oder den. Uebergang des Sauerftoffes ins Blut feyn mag, dennoch auf k-ine Weile dadurch bewiefen werde, dafs er fich eher mit der Muskelfiber verbinde, als er zu den andern Zwecken verwendet worden, für welche er in der thierifchen Oekonomie beftimmt ift, und noch weni- ger, dals eben derlelbe das Princip der Reizbarkeit feyn folie, Zweyter Ablchnitt. jäeber die Unzulänglichkeit und das Irrige der neuen Theorie in ‚Bezielung auf die Be: nungen bey der Bewegung des Herzens. 40. So fehr auch die in dem vorhergehenden Abfchnitta mitgetheilte Schlufßsfolge die fupponirte Oxygenation der Muskelfiber, fofern man davon als Wirkung das Prineip der Irritasbilität ableitet, unwahrfcheinlich ‚macht, fo wird fie dadurch doch noch nicht unbegreif- lich, indem jene noch nicht alle Möglichkeit derleiben auslchließst. Wenn daher dievon unferm Verfafler an- genommenen Prineipien wahr find und mit den Er- fcheinungen übereinftimmen; fo wird es, 'gefetzt 'wir wollten fie auch nicht annehmen, dennoch nothwendig "feyn, die ihnen zugefchriebenen Wirkungen nach der Möglichkeit zu berechnen, weil fie doch vielleicht von dem Urheber der Natur angenommen feyn könn- ten, Aber wenn fodann die Phänomene jenen Princi- 02 pien .* €) Aunales de Chimie, Novembre 17J1, P- 156 - 174, 212 — pien fehr auffallend widerfprechen, fo wird es der Ver- nunft angemellen feyn, fie für unzureichend und irrig zu erklären. Ich (ehe demnach gegenwärtig die oben angeführ- ten Einwürfe gegen diefe Theorie als nicht geweben an und räume überdies ein, dafs der Sauerftoff das Princip der Reizbarkeit feyn könne, dafs die Stärke ‘der. Zulammenziehungen in der Muskelhiber mit. der Anhäufung des irritabeln Prineips im Verhältniffe ftehe und dafs endlich bey der Mittheilung eines pofi- tiven Stimulus, wie Girtanner annimmt, dieFiber - fich wirklich zufammenziehen könne. Ich bleibe jetzt allein bey der Unterfuchung der Bewegungen "des Herzens ftehen, und wenn ich bewiefen haben werde, dafs die Erfcheinungen dabey und die Uhfache feiner Bewegung mit der Girtannerfchen Theorie im Wi- derfpruche find; fo wird man mir zugeftehen müffen, dals eine folche Theorie falich und widerfinnig fey. 9 ar. Unfer Verfaffer nimmt an, dafs das Rlut, welches aus dem Syfteme der Venen zu den Sinus des Herzens, in den rechten durch die Hohladern, in den linken durch die Lungenvenen, zurückkehrt und welches darauf durch die correfpondirenden Herzkammern fliefst, das Mittel fey, durch welches das Herz zu feinen Zufammenziehungen gereizt werde, dafs es, daherin Beziehung auf die irritable Fiber die Stelle eines pofitiven Stimulus vertrete und folglich gefchickt‘ fey mit dem Oxygen, als dem Princip der Irritabilität eine nähere Verbindung einzugehen. Er fupponirt ferner, dafs das Blur, welches aus den Lungen komınt, und durch die Kranzarterien dem Herzen zugeführt wird, den Verluft des bey feinen Zulammenziehungen, verloren gegangenen Princips erfetze, dergeftalt. dafs, wie es einleuchtend fey, daflelbe Blut, welches in die 3 Vor- Be } 213 Vorkammern, Herzohren und Kammern fliefst, nach diefer Hypothefe ‚einen pofitiven Stimulus abgebe, welcher der Fiber ihren Sauerftoff raube, hingegen, "wenn es durch die Kranzarterien getrieben und bewegt wird, ein negativer Stimulus fey, ‚dem von derfelben Fiber das Oxygen geraubt werde. Ich will zugeben, dais man diefen verfchiedenen Erfolg einer Verfchie- denheit der in derlelben Blutmaffe enthaltenen Princi- pien zulchreiben könne und möge; aber es fey mir zu gleicher Zeit nur erlaubt, das Blut feiner ganzen Subftanz nach ohne irgend eine eingefchobene Voraus- fetzung zu betrachten, und ich werde fodann zeigen, dals die vermeinte Annahme deflen , was es bey feiner "Rückkehr durch die Venen erhält, nicht hinreichend it, diefe neue. Lehre zu retten. $. 42. Das Blut abforbirt, wenn es der Luft exponirt wird, und daher auch, während feines Durchganges durch die Lungen, die Lebensluft aus der Atmof- phüre, und diefs ift der Grund feiner lebhaften Rö- the. Es hat folglich für diefe Luftart oder für die Balis derfelben eine unverkennbare Affinität. wäh. rend feines Uinlaufs durch die Arterien verliert es den Sauerftoff, den es in den Lungen aufgenommen hatte. und es verliert denfelben nach jener Hypo- tle(e in Rücklicht der irritabeln Fiber, welche durch das Blut angefeuchtet wird, um dadurch den erlitte- nen Verluft zu erfetzun. Nach einer nothwendigen Folgerung hat demnach die irritable Fiber gegen das Oxygen eine größsere Affinität als das Blut, weil Ge die Fühigkeit befitzt, es dem Blute zu rauben und-fich Anzueignen. Wenn dieles lich wirklich fo verhält, fo wird man dagegen leicht einwenden können, dafs das Blut, welches mit der iritabeln Fiber in Herüh- rung geletzr worden, auch nachdem es feines Oxy- gens, 214 er gens, welches daffelbe in denLungen erhalten hatte, bersubt worden, kein fehr gefchicktes Mittel feyn körne, uın die Stelle eines pofitiven Stimulus zu » ‘vertreten, welches es doch feyn mülste, um das Herz zur Zulammenziehung zu reizen; vorausgefetzt, dafs man die Zulammenziehungen aus dem Verlu- fte eines Theils von dem Prineip der Irsitabilität, welchen die irritabeln Fibern durch die Wirkung des politiven "Stimulus erlitten haben, ableiten mülfe, weil es nicht möglich ift,, dafs die Fleifchfafern des Herzens dem Blute das erhaltene. Oxygen überliefern, wenn fie gegen diefes Prineip eine überwiegende Af- finität haben. $. 43. .. Girtanmer fcheint gewiflermafsen eine fiegreiche Antwort auf diefen Einwurf zu geben, indem er durch feine Verfuche mit der arteriellen und venöfen Blute bewiefen hat, dafs das in den Lungen oxyge- nirte Blut während feines Umlaufs durch das ganze Gefälsiyftem feinen Sauerftoff verliere und fich dage- gen mir gekohltem Waflerftoffgas überlade, Er flützt fich dabey auf feine neue Entdeckung, dafs das Blut, indem es als ein pofitiver Stimulus auf die Fibern des Herzens wirkt, auch fie zur Contraction reizen kann, Aber fo beweifend diefes Argument auch dem Anfcheine nach feyn mag, fo fällt es doch ganz in fei- nen Händen. Das Oxygen ‚hat nach ihm eine ‚grö- fsere Affinität zu der irritabeln Fiber als zu dem Kohlenftoffe; und folglich kann diefes Princip nach feiner Theorie nicht gefchickt feyn, das Oxygen der Fiber wieder zu rauben. Er merkt überdiefs an, dafs die organifche Fiber das Wafler zerletze, wel- ches zur Gnüge beweilet, dafs, da diefe Fiber mehr " Aflinität zum Oxygen als zum Hydrogen hat, das Waflerftoffgas nicht gefchickt feyn kenn, der Piber des SE Dt Ei. er 215 des Herzens bey dem Durchgange des venöfen Blutes durch den rechten Ventrikel den Sauerftoff” zu AP | . Diefer Einwurf würde daher viele fchon beruhi- gen können, die in Rückficht der Affinität der ge- nannten Subflanzen und der irritabeln Fiber mit dem Oxygen verfchiedener Meinung find, wenn er nur allein von der Urfache geredet hätte, welche die zechte oder vordere Herzkammer, in welche das Blut aus den beyden Hohladern zurückfliefst, zur Zufam- menziehung reizet. Aber um feiner Beantwortung - alle mögliche Stärke zu geben, und fie defto annehm- licher zu machen, if es nicht genug, dals fie die Usfache der Zufammenziehung des einen Ventrikels angiebt; , fie muls auch dazu dienen, auf eine ein- leuchtende Art die Zufammenziehung beyder Heız- kammern zu erklären , und vorzügiic h die der linken nder hintern , als "welche noch, eine ‚weit größere Kraft ausübet, und das Blut durch das ganze Syftem, dem es daffelbe mittelft .der Aorta zutheilt, bewegen mußs, ; . wi ar” Das Blut,, welches, diefen zweyten Ventrikel zur Zulammenziehung ‚reizt, ift dasjenige, ‚welches aus den Lungen kommt, und alfo Blut, welches nach ‘dem; Inhalte diefer neuen Theorie ınit Oxygen überla- den; hingegen des gekohlten Waflerftoffes beraubt, lt, „daflelbe, welches, nachdem es durch die ‚Ver- ‚ältelungen der Aorta überall hingeführt worden, nach feiner Meinung der irritabeln Fiber das Oxygen über- laflen hat,, und daher gefchickt feyn foll, die. Stelle eines negativen Stimulus zu vertreten, Indem diefes Blut nun injdie,correfpondirende Herzkammer flielst, “mus es, nach einer, natürlichen Folgerung aus den Rrineipien,, welche. die Grundlage feiner Theorie aus- ach machen, 216 A RER oe machen, und ohne welche fie nicht beflehen kann, weit entfernt, der irritabeln Fiber des Herzens eini- gen Theil des Oxygens zu rauben, -woraus feine Zu- fammenziehung erfolgen würde, fich gerade i in dem entgegengefetzten Zuftande befinden, wo es ihnen einen Theil des Oxygens abtreten könnte. la, anftatt dafs daflelbe Blut fich in dem Zuftande befindet, 'als ein politiver Stimulus wirken zu können, wird es vielmehr die Stelle eines negativen vertreten. Der Sauerftoff wird fich hiernach unaufhörlich in den Mus- kelfibern des Herzens anhäufen, und daher jene ab-+ wechfelnde Entladung, die zur Aufreizung der Zu* fammenziehungen fo nothwendig if, nicht bewir- ken können. Ich fehe indeflen wol, dafs Girtanner hier feine Zuflucht zu den habituellen Reizen nehmen wird, welche nach ihm, aufser dem Biute, die Wärme, das Licht, der Nahrungsftoff, die Luft, die Ze und Nervenreize find. $. 45- x Dafs die Wärme ein Stimulus für die irritable Fiber if, kann nicht geleugnet. werden. Dafs aber diefer Reiz einen Theil des Oxygens entferne, if nicht bewielen. Die Fälle, in welchen (diefe Hypo- thefe Statt haben könnte, würden. dann eintreten, wenn die Temperatur viel höher ‘wäre, 'als die dep gewöhnlichen thierifchen Wärme ift. Die Erfahrun- gen, worauf fich die .reizende Eigenfchaft der Wär- me ‘gründet, find doch nur an Thieren gemaeht wor- den, die man der Wärme des fiedenden Waflers aus fetzte. Wollen wir daher die Refultate davon auf die neue Theorie anwenden, fo werden fie fich nur auf einige wenige aufserordentliche Fälle, nicht aber auf das gewöhnliche Leben der Thiere und ihre gewöhn- lichen Verrichtungen ariwenden laffen. Wenn Gir- ' tanner daher annehmen wollte, dafs die u as mi 217 > “ . das Agens fey, vermittelft deffen das Blut, wenn ‘es mit. den Fibern des Herzens in Berührung gekom-» men, die Zufammenziehungen deflelben bewirke, fo würde ich antworten, dafs diefes mit feiner Theo. rie im Widerfpruche ftehe. Diefe verlangt vielmehr, dals, indem die Lebensluft fich mit dem Blute und “der irritabeln Fiber verbindet, fie ihren Wärmeltoff abfetze, und dafs eben diefes eine fortdauernde Quelle der thierifchen Wärme fey. Damit diefe Wirkung erfolge, ift es nothwendig , dafs die Affinität des. Oxygens zu dem Blute und der irritabeln Fiber bey der gewöhnlichen Temperatur der thierifchen Wärme die Affinität überwiege, welche daflelbe gegen die Materie der Wärme hat. Und fo würde allo die Wärme bey diefer Temperatur niemals im Stande feyn,“der irritabeln: Fiber den Sauerftoff zu rauben, folglich auch in diefem Falle nicht die Stelle. eines pofitiven Reizes vertreten können, 9. 46. Ich will bier nichts von dem Lichte fagen; denn da dieles in Abficht feiner Wirkungsart aufser un- ferm Gefichtskreife liegt, fo wird man niemals davon die Anwendung auf die Bewegung des Herzens ma- chen können, mit der wir uns gegenwärtig befchäfl- tigen. } Ich gehe alfo zu den ernähkrenden’ Subftanzen über die lich dem Blute in der Schlüffeibeinader bey- milchen, und deren Wirkung man immer als die’ eines pofitiven Stimulus beftiminen könnte, wenn es wur allein darauf ankämie, Rechenfchaft von der Zu- menziehung des rechten und nicht auch des lin- ken Ventrikels zu geben, Aber felbi wenn wir bey dem erften Falle (tehen bleiben, wie: ungleich würde nicht 218 ! a nicht ihre Wirkung, und demnach auch ‚die, Ge. fchwindigkeit und. Stärke der Zufammenziehungen des Herzens feyn? s Indem ich diefe untergeordnete, Betrachtung, 2 zur, Seite liegen la sfle, die gleichwol mit den Grundfärzen. der neuen Theorie ebenfalls nicht, im Widgrfpruche Stehen mülste, fo wird ‚es genügen, hier zu bemer- ken, dafs, wenn wir auch die gröfsere Affinität des, Oxygenszu den ernährenden Subftanzen im Vergleiche mit der irritabeln Fiber zugeben. wollen, man des-. wegen noch nicht den, Grund von,der Zulammenzie- hung der linken Herzkammer darnach wird beltimmen. können, Es müffen diefe Subftanzen zueıft durch die Lungen bewegt und dafelbft zugleich mit dem Blute, dem fie beygemifcht find, . in Berührung mit der ein- geatbmeten Luft kommen. Wenn fie nun aber fähig, find, das Oxygen der irritabeln Fiber zu rauben, ‚und, die Fiber felbft es "wieder dem Blute ‚raubt,, fo mufs ihre Verwandtfchaft zu dem Oxygen viel gröfser feyn, "als die, welche das Blut felbft hat; und’ daher werden fie fich nicht nur da, wofie mit dem Blute zufammen tiefen , ‚chen als diefes mit dem Sanerftoffe, verbinden, fondern ihm denfelben auch wieder rauben, wenn es fchon damit .angelchwängert wäre: ‚Man mufs indef-, fen aus, den vorhin angeiührten Gründen annehmen, dafs der, Nahrungsftoff i in die Lungen. gelangt, und dann ift es Schwer zu begreifen, ‘wie das Blut fich. viel eber mit der Lebensluft verbinden und der Nah rungsftoff davon. ausgeßkhloflen,.bleiben follte. ı-Man Scheint vielmehr mit gröfserm Rechte. folgern zu kön- nen, dafs diefe Subftanz fie ausfchlielslich dem Biute entziehen müfste, fo. lange fie felbft noeh ‚nicht voll» x kommen gelättigtwäre,,\Es ift auch nur eine bloise- Eiobildung ‚wenn man ‚glaubt, dafs, die, ernährenden Subftanzen entweder nicht fähig ‚find, dieh.den Sauer-, ftoff Baansignen, ifo lange. ..er- mit: den ‘Materie der, Wärme u 219 ur Wär € in „einem elaflifchen Zuftende. Yabandın fey, © oder dal fie nur dann erft dazu fähig werden, wenn 2 diefe Materie fich im Körper Aalıt, und ihren elafti- „N fchen Wullgr verloren habe, gerade fo wie es mit der ' Salzfäure der Fall il, die, ob fie gleich gegen das Silber eine 'gröfsere Affinität als die übrigen Säuren bat, es dennoch nicht ahflöfet, wenn es nicht zuvor von einer andern Säure aufgeioft wörden. "Aber wenn es fich wirklich fo verhält, wahdın warten fie fo lan- ge, um das Oxygen der irritabeln Fiber zu entziehen, welches eine fo überwiegende Afünitär zu ihnen har, und warum abfoıbiren fie es nicht lieber fehon unter- weges aus dem Bluie felbff, nachdem es ieh mit dem- felben verbunden hat’? Wenn man demnach nicht von a en a einer Vorausfetzung i immer zu einer andern noch un- wahrfcheinlichern übergehen und fich nicht gänzlich von den bekannten Affinitälsgeletzen entfernen will, nıufs man, was für eine Elek man auch anneh- men mag, es immer auf alle Weife völlig unerwiefen finden, dals die ernährenden Subflänzen, welche in den Lungen mit der Luft in Berührung 'gefetzt wer- - den, und die, wenn fie aus.den Lungen zum Herzen zurückkehren, eine nicht unbedeutende Zeit mit dem Blute gemilcht fi find, olıne mit Sauerfioffe gefättigt zu feyn, und vielmehr in einem Zuftande, ‚wo fie ihn dem Herzen rauben könnten, mit demfelben fich zu verbinden fähig feyn Sollten, während das hellrothe Blut jederzeit mit Sauerttoffe überflülfig, angefchwän- gert it. Und eine folche Theorie follte in der Zu- kunft noch den Beyfall der Gelehrten verdienen ? der | RE en. az 47: Es bleibt uns jetzt nur noch zu unterfuchen $ übrig, ob fich nicht etwa einiger Vortheil von den Nervenreizen hoffen läfst, weil-ich in Rückficht der Luft und des Zeugungsreizes, welche nach den Grund- füizen 0 22d r ! — fätzen unfers Verfaffers zu denjenigen pofitiven habi- tuellen Reizen gehören, welche in der Folge etwas gemildert werden, nicht einfehen kann, dafs die Luft, ich meine die Lebensluft, jemals einen pofitiven Sti- mulus abgeben könne, da man fie vielmehr, nach der Vorausfetzung des Verfaflers, jederzeit als einen negativen betrachten mufs. noch welche Theilnahme an der Bewegung des Herzens man jenem Zeugungs- reize zufehreiben foll. Aber in Rückficht des erftcın trägt der Vertaffer nichts als Ichwankende und unli- chere Ideen vor. Die Conjectur, dafs. das Nerven- flnuidum ein Wafferftoffgas oder ein gekohltes Wafler- ftoffgas fey, wird eben lo wenig durch irgend eine Thatlache als durch fonft einen vernünftigen und an. nehmbaren Grund beftätigt, und ift allen den Ein- würfen ausyeletzt, die ich fchon in der Hinficht an- gegeben habe, um zu beweifen, dafs man nach d‘, Girtannerichen Lehredem gekohlten Wartertloffgen, welches in dem venöfen Blute enthalten Al, in Be) ie- hung auf das Herz nicht das Gefchäfft eines pofitiven Stimulus beylegen kann, Und wer weils ferner auch nicht, dafs die Nerven nur einen {ehr geringen und noch dazu {ehr indireeten Einflufs ‚auf die Bewegung, des Herzens haben f ) \? Wer kann es fich verhehlen, dafs die Zufammenziehung des Herzens auf keine“ Weife mit der Wirkung der Nerven übereinftimmt, welche fie höchftens nur modihciren können, hinge- gen ganz vollkommen und genau. von dem Eintritte des Blutes in das Herz abhängt? Und endlich, wem . it nicht die Behauptung eines neuern Zergliederers bekannt, dals das Herz keine Nerven habe 9). $. 48. f) Hallers Phyfiolog, g) Behrends diff, qua demonftratur cor nervis carere'etc, or r x er .: $-. 48. Nach diefen Bemühungen, alles auf eine der Wahrheit gemälse Art auseinander zu Setzen, bleibt unferm Verfafler nichts mehr übrig, um eine nur ir- ‚gend annehınbare Erklärung von der Wirkung des Herzens zu geben, und deswegen kann ich mit allem Grunde behaupten, dafs die, welche er gegeben hat, in einem abfoluten und vollkommenen Widerfpruche mit den Grundfätzen feiner Theorie ftehn. Wenn nun aber die Grundprineipien diefer Lehre nicht gefchickt find, irgend einen Fall, die Wirkung der Mufkeln betreffend, was für einer es auch feyn mag, zu er- i ‚klären, und vollends nicht den deutlichften, welcher die Bewegung des Herzens betrifft; fo ‘wird’ man - ; aufser den angeführten Gründen (Abjfchn. ı1.), wel- che den Irrthum aufdecken, fie noch um fo mehr für falfch und abgefehmackt zu halten gezwungen, und nicht blofs für unzureichend, um das vorzugsweile unterfuchte Phänomen zu erklären, fondern auch zur Erklärung aller der übrigen Muskelbewegungen, 2322 ? — heceniio.N.. Wlterscniagen über die Krankheiten der Seele und die verwandten Zuftände, von lohann Chriftoph Hoffbauer, Profef. for zu Halle. Erfter Theil. Halle 1802. g. 320 5. "Die Rrankeiten der: Seele find Erfeheinungen, die durch ihr abfolutes Intereffe die Aufmerkfamkeit” des Naturforfchers genug anziehn. Aufserdem haben fie eine fo vielfältige Beziehung auf das 'gefellfchaftli- che Leben, dafs jeder Beytrag zu ihrer mehreren Auf klärung uns äufserst willkommen feyn muls, ES fehlt uns zur Zeit an einer richriger Sonderung derfel- ben ın Arten, en einer beftimmten Aufzählung ihrer wefentlichen Merkmale, an einer rationellen Sympto- ıperolopiey kurz an einer vollftändigen Theorie derfel- ben. te Heilmethode wird wahricheinlich auf einem folfchen Wege gelucht! Daher ift such ihr Erfolg kätzlich, wenn vleich diefe Krankheiten nicht unter die abfolut unheilbaren zu gehören Icheinen, Rec, kann mit Grund vorläufig auf obiges Werk aufmerk- fım machen. Doch ift die volllländige Benrtheilung defielben nar davon erft möglich, wenn es ganz be- endigt feyn wird. Bine Theorie der Serlenkrankhei- ten kann, wie der Herr Verf. mit Recht fagt, nur auf der Theorie von den-+einzelnen Seelenvermögen und des gegenfeitigen Einfluffes zwifchen Seele und Körper, fo wie anf den Begriff von Gefuncheit und Krankbeit beruhen. Unter den einzelnen Vermö- gen der Seele hat, wie der Verf, behauptet, keins einen fo ausgebreiteten Einflufs auf die Krankheiten derfelben, als die Aufmerklamkeit, Anomali- en a Mg A \ — 223 " en derfelben find die vorzüglichften und wefentli- e chen Syinptome, durch welche die Seelenkrankheis Rh ten fichtbar werden. Daher ift auch dies Vermögen N ger Seele bier ausführlicher und mit. befländiger Rück- licht auf den Gegentland des Werks unterfucht, als es anderwärts geic hehen jeyn möchte. Ueber ‚die An- wendung der Gemüihszerfirenung, als Heilmittel, der Seelenkrankheiten, hat der Verf, Regeln, ausgeworfen, die jeder, praktifche Arzt fich zueignen muls, weun er in leinem Geichäffte glücklich (#yn will. Die Ue« bergänge der Schwermuth in Wahnfinn ‚oder in gänz- liche Verflandesichwäche, und die’ daraut gegünde- ten Unterlchiede zwilchen Blödfinn und Dummheit, do wie viele.andere, theils nur berülhrte, theils aus- führliche; Materien find mit vielem Schartlinne und tie- fer Kenntnils in der praktifchen Seelenkunde erörtert, In der Uäterfuchung über den gegenfeitigen Einfuls zwilchen der Seele und dem Körper hat der Verf., 'um fich nicht in Hypothefen zu ‘verlieren, welche - höchflens für Spiele des .Scharflinns gelten können, ich lediglich an Erfahrungen gehalten, welche jeder > aufmerkiame' Beobachter an fich felbft anftellen kann, Aufser dals der Körper durch die Sinneswerkzeuge auf die Seele, und diefe auf jenen durch die Will« — kühr wirkt, theilen nach dem Verf. beide fich ihren, $: Zufland gegenfeitig. mit, infofern mit Bewegungen im Körper jederzeit Veränderungen in der Seele ver- bunden find, und durch Veränderungen in der Seele, von unlerer Willkühr unnbhängig, körperliche Be- u wegungen beftiinmt werden. Beide, jene Seelenver « änderungen und diefe körperlichen Bewegungen , flim- hen immer in ihrer Form, als Veränderungen, Über ein. Aus dielem Geletze der gegenfeirigen Mitthei- lung des Zuftaudes zwilchen Seele und Körper, wie der Verf. es genannt willen will, ‚macht-er mehrere Erfcheinungen, die man befonders an Wahnfinnigen be- en. ee mr 124 — beobachtet hat, begreiflich, und fcheint. auch zu glau- f: ben , dafs dies Gefetz alle Einwirkungen auf die Seele, wo es darauf abgefehen ift, Krankheiten der- felben zu heilen, leiten müffe, In dem letzten Ab- fchnitte find die Regeln zur Claffification der Seelen- krankheiten ausgeworfen. Die Arten derfelben iollen im zweiten Theile vorkommen, auf deffen Erfcheinung ° die Erwartung des Publikums duich vorliegende treff- liche Arbeit gefpannt if. Reil. Archiv für die Phyfiologie. ’ Sechsten Bandes zweites Heft. m ‚Aufserordentliche Erhöhung der Sen- y „dfibilität; ein Beitrag zu den Erfah- - zungen über Somnambulismus und E; thierifchen ‚Magnetismus von Doct“ Friedrich Hufeland. Wen gleich der thierifche Körper, als Individuum 4 betrachtet, ein in fich gefchloflenes Ganzes bildet und, als folches, eigenthümlichen Geletzen zu folgen ‚und durch eigene Kräfte belebt zu werden I[cheint; x 4 kann er doch eben dielfe [eine Individualität nur in fo fern behaupten, als er ein Theil des allgemei- nen Organismus der Natur ift. Nur durch eine be- Ständige Wechfelwirkung zwifchen ihm und der ihn umgebenden Natur ilt (eine Fortdauer als Indivi- duum möglich, jede [einer Verrichtungen ift durch Arch, f.d. Phyf. VI. Bd, 1. Heft. P Aulsere z ans — . N: äufsere Einflülfe bedingt, und zu einer wilfenfchaft- lichen Kenntnifs des thierifchen Organismus können wir nur durch Erforfchung des Verhältniffes, in welchem er zu der Aufsenwelt [teht, gelangen. Weber diefes Verhältnils können uns aber die Er- „[cheinungen,, welche der lebende thierilche Körper im gewöhnlichen Zuftande darbietet, nur wenig Auf- fchlufs geben. Die nächften Wirkungen der äufsern Einflülfe auf ihn find gröfstentheils zu fein, als dals fie wahrgenommen werden könnten, die Verände- rungen, welche im Innern des Körpers vorge- hen, entzieht die äufsere, alle Theile bedecken- de Hülle deffelben unfern Sinnen und durch das. Gemeingefühl, welches blos allgemeine, unbeftimmte Einpfindungen, keine deutlichen Vorftellungen von dem innern Zuftande unferes Körpers in uns erweckt, können wir eben fo wenig Aufklärung über dielen wichtigen Gegenftand erwarten. Man fuchte daher durch Anwendung künftlicher Hülfsmittel die Natur’ in ihren verborgenen Wirkungen zu belaufchen. Man nahm, um fich von der Wirkungsart der Reize zu unterrichten, an lebenden Thieren die äufsere Hülle, welche die reizbaren Theile bedeckt, hin- weg, und erhielt hierdurch wichtige Auffchlüffe theils über die Gefetze der Irritabilität überhaupt, theils über die relative Verf[chiedenheit ihrer Aeulfse- zungen und ihr Verhältnifs zu befondern äufsern Reizen. Manche Bereicherungen verdankt die or- ganilche Phyfik auch den Bemühungen neuerer Phy- fiologen, durch chemifche Mittel die Erregbarkeit thierilcher Theile zu erhöhen, und auf diefe Art de: en » * 227 “ die Wirkung äufserer Incitamente zu verfiärken und ihre Wahrnehmung zu erleichtern. Indels tlt doch nicht zu leugnen, dals bey dielen, fo wie bey allen an Tbieren, befonders an einzelnen, vom Ganzen getrennten thierifcben Theilen angeltellten Verfu- chen, gewille Inkonvenienzen ftattinden, welche die Möglichkeit ähnlicher Verfuche am lebenden menfchlichen Körper, ‚bey noch unverletztem orga- nifchen Zulammenhange deflelben, wünfchenswerth machen, Es ilt unmöglich, an reizbaren thierilchen y _ Theilen eine andere Veränderung wahrzunehmen, - als die, welche uns unter der Form von Zulammen- ziehung erfcheint, Ueber die wichtigen Verände- "zungen in den Nerven, welche, ohne durch die äufsern Sinne wahrnehmbar zu [eyn, blofs als Em- pfindung percipirt werden, erhalten wir bey dielen Verfuchen keine Aufklärung. Auch bey Verfuchen an vollltändigen Thieren können wir durch die Zei- chen des Schmerzes, welchen das Thier äulsert, nur auf die Heftigkeit der Einpfindung, nicht aber auf die qualitative Verfchiedenheit derfelben, welche _ nur durch Sprache mitgetheilt werden kann, [chlie- _ Isen. Wäre es daher möglich, im unverletzten "mienfchlichen Körper die Einpfänglichkeit für man- ehe äulsere Eindrücke eben fo zu erhöhen, wie man es in thierifchen Theilen mit Glück verfucht hat; [o | würde uns hierdurch ein weites Feld zu lebrreichen - Verfuchen eröffnet werden, Allein, wenn dieles ‚auch möglich wäre; [o würden uns doch [chon die Gefetze der Moralität in den meilten Fällen eine Solche abfichtliche und willkührliche Verwandlung P2 der 228 ae der gefunden Erregbarkeit in eine krankhaft erhö- hete verbieten. Ganz anders verhält es fich aber, wenn dieler Zuftand erhöhter Erregbarkeit Sym- ptom einer fchon vorhandenen Krankheit, oder un- {chädliche Nebenwirkung eines Heilmittels ift, deffen wohlthätige Wirkungen hierdurch keinesweges ge- ftört werden. Jenes ift der Fall in manchen [oge- nannten Nervenkrankheiten, diefes bey Anwendung des thierifchen Magnetismus, In beiden Fällen find die Wirkungen ‚ welche äulsere Reize hervorbringen, weit auffallender, und (tellen fich uns gleichfam in einer höbern Potenz dar, als im gefunden Zuftande, fo, dals wir im Stande find, ihre feinften Nuancen wahrzunehmen. Wir können allo, in dielen Fällen, den menfchlichen Körper als ein empfindliches Rea- gens für manche äulsere Einflülfe benutzen, welche gewöhnlich keine fiehtbare Wirkung auf ihn äufsern. Dals eine genaue Beobachtung der Erfcheinungen, welche der kranke Körper in einem lolchen Zultande erhöhter Erregbarkeit darbietet, nicht wenig zur Erweiterung und Berichtigung unferer Kenntniffe von den Geletzen des lebenden thierifchen Organis- mus und den in ihm thätigen Kräften, [o wie von feinem Verhältniffe zu der äulsern Natur beitragen könne, ift wol kein Zweifel, und dies veranlafst mich, bier einige Beobachtungen dieler Art, welche ich während der langwierigen Cur einer hartmäcki- gen Nervenkrankheit anzuftellen Gelegenheit hatte, bekannt zu machen. Die aufserordentliche Erhö- hung der Senfhbilität, welche ich an der von mir behandelten Kranken beobachtete, gab mir Veran- laf- | | 5 » Fer Sir.) lallung , fie der Einwirkung mehrerer äufsern Poten- zen auszuletzen, welche im gefunden Zultande keine Iıchtbare Veränderung in dem :menfchlichen Körper heryorbringen. Obgleich die Erfcheinungen, welche der Erfolg diefer Verfuche waren, nicht alle neu - find; fo [cheinen mir doch die Relultate, welche fie liefern, wichtig genug zu feyn, um fie zur Kenntnils des medieinifchen Publikums zu bringen. Ich werde jedoch, dem Endzwecke diefer Zeitfchrift gemäls, hier keine vollftändige Krankheitsgelchichte liefern, fondern, mit Hinweglallung deflen, was blols auf Therapie und praktifche Heilkunde Bezug hat, nur die Beobachtungen ausheben, welche für die Phy- fiologie einigen Gewinn verfprechen. DieKranke, welche der Gegenftand dieler Beob- achtungen ift, eine unverheirathete Perfon von vier und zwanzig Jahren, hatte [eit beinahe einem Jahre an Nervenzufällen gelitten, welche fich ge- wöhnlich einige Tage vor dem Eintritt der monat- lichen Periode einfanden, und bis zur Erfcheinung derlelben fortdauerten, Sie fingen immer mit einer aufserordentlichen phylifchen und moralifchen Reiz- barkeit an, welche, gewöhnlich gegen Abend, in einen bewulstlofen Zuftand überging, in welchem fie init ver[chlolfenen Augen phantafirte, und mitunter eonvulliviflche Bewegungen bekam. Obgleich kein äufserer Reiz im Stande war, fie aus dielem fchlaf- ähnlichen Zuftande zu wecken; fo begleitete ihn doch gewöhnlich eine aufserordentliche Verfeine- rung mancher Sinne, vorzüglich des Gehörs, wovon fie während ihrer Phantalieen häufig Beweile gah. Oft 230 > — Oft wurde dabey einer ihrer Arme yon tonifchen Krämpfen befallen, welche ihn auf einige Zeit völlig fteif und unbiegfam machten. Diele Zufälle wurden \ bisweilen durch heftige Erfchütterungen des ganzen Körpers unterbrochen, auf welche gewöhnlich eine‘ kurze Ruhe lolgte Ein heftiger Durft quälte dabey die Kranke, den fie aber nieht ftillen konnte, weil jeder Verfuch, etwas Flülfges zu verfchlucken, und , wenn es auch nır wenige Tropfen waren, immer Würgen oder heftigen Krampfhuften erregte Der Puls unterfchied fich, bey dielen Zufällen, in Rück- Gicht auf feine Frequenz, [elten vom gefunden. Diefe Paroxysmen hinterlielsen gewöhnlich ein un- behagliches Gefühl, Mattigkeit und Eingenommen- heit des Kopfs. Von ihren Phantafieen aber und Al- lem, was während des Paroxysmus vorgegangen war, wulste fie fich nachher nichts zu erinnern. Ueberzeugt von der wichtigen Rolle, welche die. Galvanilche Elektrizität in. dem thierifchen Organis- mus [pielt, und bekannt mit den von Gmelin und Heiniken angeltellten interelfanten Beobachtun- gen über die Empfindlichkeit der Somnambülen für die Einwirkung der Metalle, befchlofs ich, meine Kranke in diefem Zuftande , der fo viel Aehnlichkeit mit dem durch den thierifchen Magnetismus hervor- gebraehten Somnambulismus hatte, ebenfalls der Wirkung des Metallreizes auszuletzen, in der Hoff- nung, bey feiner Anwendung auf diefen höchlt er- regbaren Körper vielleicht manche, noch nicht be- kannte Wirkungen de[felben zu. beobachten, wobey ich zugleich die Ablicht ‚hatte, einen Verfuch zu machen» g BEE 3 2 — 23, "sachen, ob diefes Mittel, meinem Wunfche, der ' Kranken Erleichterung zu verfchaffen, vielleicht: - belfer, als (o viele andere Mittel, die ich zehn Mo« nate Ihindurch vergebens angewendet hatte, ent# Iprechen möchte, Es war in einem der oben befchriebenen Paros xysmen, kurz nach dem Eintritte dellelben, als ich in diefer Abficht, während die Kranke heftig phan- tafirte, mit den Rändern einer Zink - und Silber- platte, die auf einander lagen, eine mit Salzwalfer r benetzte Stelle ihres rechten Arms berührte. In dem Augenblicke der Berührung verbreitete ieh Ruhe ' über ihren ganzen Körper; ihre Miene, welche vor- her Angft und unangenehme Empfindungen ausge- druckt hatte, wurde heiter und lächelnd; ihre Ar- ıne, mit welchen fie conyulfivifch geftikulirte, [an- _ ken ruhig auf das Bette, und nach ungefähr einer halben Minute fchlug fie mit völligem Bewulstleyn die Augen auf, hatte ihre Beängftigung verloren, und klagte nur noch über heftiges Stechen an den Stelle, wo die Metalle ihre Haut berührten. Diefe grolse Empfänglichkeit meiner Kranken ‚für den Metallreiz lie[s mich erwarten, dafs fie auch Für die noch feinere Wirkung des thierifchen Magne- - tismus empfänglich feyn werde, und der Erfolg be- ftätigte meine Vermuthung. Gleich den -folgenden ‚Tag verfuchte ein Verwandter der Kranken, dem ich meinen Entfchluls, fie zu magnetifiren, mitge= theilt hatte, die Anwendung des tbierifchen Magne- tisınus. Kaum hatte er dieKranke, während fie die hefüigften' Krämpfe hatte, ein Paar Minuten auf die unter er ic 2 232 Fr, unter der Benennung:ä grands courans’bekannte Wei- - fe, magnetifirt, als diefelbe Beruhigung, Sullung der Krämpfe und Wiederkehr des Bewufstleyns ‚erfolgte, die den Tag vorher durch den Galvanismus bewirkt worden war. Diefer glückliche Erfolg munterte mich zur Fortletzung diefer Ver[uche auf, und es’gelang mir falt immer, durch eines oder das andere diefer beiden Mittel, die befchriebenen Zufälle [chnell zu befänfti- gen.‘ Allmählig hörten nun die Paroxysmen auf, und ftatt ihrer fand fich gegen Abend, um die gewöhn- liche, Zeit ihres Eintritts, Schläfrigkeit' ein, die meiltentheils in wahren Schlaf überging. ‘ Da bey diefem regelmälsig wiederkehrenden Schlafe das äulsere Anfehen der Kranken eine merkliche Zu- nahme an Gelundheit und Kräften bewies; [o I ich Hoffnung, dals ihre gewöhnlichen Zufälle wiel- leicht nun ganz ausbleiben würden. Allein mehrere auf ihr Nervenlyftem nachtheilig wirkende Einflüffe, denen fie fich nicht entziehen konnte, veranlalsten jiımmer von Zeit zu Zeit Rückfälle, die im Ganzen den oben belchriebenen Krampfzufällen ähnlich wa- ren, aber nun, l[eitdem ich angefangen hatte, den thierifchen Magnetismus anzuwenden, eine ganz ej- gene Geftalt annahmen, die fie zum Gegenftande mei- ner aufmerkfamften Beobachtung machte, und die unten anzuführenden Verf[uche veranlalste. Ehe ich zu dielen felbft übergehe, muls ich den Zuftand, in welchem fich-die Kranke während diefer Anfälle befand und für welchen ich keinen palfendern Na- men, als Somnambulismus, zu finden weils, etwas genauer [childern. Ehe 2 u u 233 Ehe der Paroxysmus wirklich eintrat, befand | ‚lich die Kranke in einem Zuftande erhöheter Erreg- barl’eit, der, [einer äulsern Form nach, zwar noch . nicht Somnambulismus genannt werden konnte, h | . aber doch fchon ein geringer Grad deffelben zu [eyn fchien. Sie war dann gegen alle phylifche und wmoralifche Eindrücke höchft empfindlich; das Ta- geslicht blendete fie, und jedes etwas laute Ge- räuleh verurfachte ihr f[chmerzhafte Empfindungen, Ihre Stimme war dabey heiler; fie empfand hefti- ge Beängftigung oder ein unangenehmes Schlagen durch den ganzen Körper und Schmerz in den Augen; ihr Blick hatte etwas Ungewöhnliches, das fich nicht wohl belchreiben läfst. "Schinerzhafte Empfindungen in verfchiedenen Theilen, befonders ein fixer Schmerz im linken Hypochondrium, und eine [techende Empfindung in der Haut begleite- ten gewöhnlich diefe Zufälle, welche falt iınmer, entweder von S[elbft, oder nach Anwendung des thierilchen Magnetismus (welcher das ficherfte Be- fänftigungsmittel derfelben war) in Somnambulismus übergingen Nur felten verloren fie fich, ohne vor- her diefen [chlafäbnlichen Zuftand "hervorgebracht zu haben. Mit untrüglicher Gewifsheit konnte die Kranke, während diefer Zufälle vorausfagen, ob Somnambulismus erfolgen werde, oder nicht. Ihre Gefühle, befonders die oben erwähnten [chmerzhaf- ten Empfindungen in den Augen und der Haut, be- lehrten fie oft [chon des Morgens, ob fie am Abend Somnambule feyn werde, oder nicht, Die 234 -— Die allgemeinen Erfcheinungen, welche diefen | fchlafähnlichen Zuftand charakterifiren und aus den bisherigen Beobachtungen über Somnambulismus be- kannt genug ind, als: unwillkührliches Schliefsen der Augen, Unvermögen von Seiten der Sommnam- bülen, diefelben zu öffnen, Verfeinerung mancher Sinne, Erhöhung des Gemeingefühls und daher rüh- ' rende genauere Kenntnifs ihres innern körperlichen 'Zuftandes, Unfähigkeit, fich des während des Som- "nambulismus mit ihnen vorgegangenen zu ‚erinnern, partielle Unempfindlichkeit gegen äufsere Eindrü- ecke und Unmöglichkeit, die Kranken durch äufsere Reize zu erwecken, zeigten fich auch in dem von mir beohachteten Falle, als conftante Begleiter des magnetifchen Schlafes. Wenn die Kranke die Au- gen fehlofs, fo glich fie entweder einer ruhig Schlafenden und war von allen krankhaften Zufäl- len, die eigenthümlichen Symptome des Somnam- bulismus ausgenommen, , befreit, oder die For gegangenen Krampfzufälle dauerten fort, nahmen aber nun, wenn'der Somnambulismus eingetreten war, eine veränderte Geltalt an und erlitten, nach der jedesmal vorhandenen, mehr oder weniger krankhaften Stimmung des Nervenfyftems, mannich- faltige Modifikationen, welche aber doch nur ver- fchiedene Grade und Formen eines und delffelben Krankheitszuftandes zu [eyn fchienen. Sie äufser- ten [ich bald als eonvulßivifches, äufßserft [chnelles, röchelndes Athemholen, bald als tetanifche Zulam- menziehung und Steifigkeit der Muskeln der Extre- witäten oder heftigen Tıismus, und endigten fich in 8 —— S 235 An diefem Falle oft mit heftige Zufammenfahren des Körpers; bald verurfachten lie blofs Beklemmung der Bruft und örtliche Schmerzen in ver[chiedenen Theilen des Körpers. Eine genauere Schilderung ‚dieler Krampfzufälle und der übrigen fie begleiten- _ "den kranl;haften Erfcheinungen übergehe ich als nicht hieher gehörig Nur die aulserordentliche Erhöhung der Empfänglichkeit für äufsere und in- nere Eindrücke, welche diefen Zuftand auszeich- nete und auf den Erfolg der unten anzuführenden _ Verfuche fo grofsen Einfluls hatte, muls ich etwas näher befchreiben. Die merkwürdigfte Aeufserung derfelben war eine deutlichere Wahrnehmung des innern körper- lichen Zuftandes, als fonft durch das Gemeingefühl möglich ift. Diefe Wahrnehmung durch das Gefühl wurde oft fo deutlich, dals die Kranke die Geltalt _ mancher inneren Theile falt (o beltimmt angeben konnte, als wenn fie "diefelben vor Augen [ähe. Sie bediente fich daher auch meiltentheils, bey Befchreibung derfelben,, des Ausdrucks: ich [ehe, und nur bey geringern Graden des Somnambulis- mus l[agte lie bisweilen: ich fühle dielen oder je- nen Theil, diefe oder jene Veränderung in mir, Wenn diefe Wahrnehmung des Innern nicht auf die unten anzugebende Weile durch Berührung will-, kühbrlich hervorgebracht. wurde, fondern: von [elbft entftand; fo waren die Theile, welche die Kranke zu fehen glaubte, gewöhnlich folche, welche fich in einem gereizten Zultande befanden, oder gerade der Sitz eines Krankheitsfymptoms waren. Diefe he- \ 236 ? — beftimmte Kennmifs ihres gegenwärtigen Zuftandes gab ihr die Fähigkeit, durch Kombinationen und Schlüffe auch künftige Veränderungen deflelben vor- auszufagen. _Gleich beim Eintritt des Paroxysmus | ‚wulste fie falt immer nicht nur die Dauer deffel- | beu, fondern auch die verfchiedeneu Zufälle, wel- ehe während dellelben erfolgen würden, mit Be- Stimmung ihrer Dauer und Zeitfolge und ihres Befhn- dens nach denfelben, genau undrichtig anzugeben. Auch die Wiederkehr des Somnambulismus und die Brfcheinung mancher krankhaften Zufälle (ah fie voraus und beftimmte die Stunde ihres Eintritts, Imner trafen diele Prophezeihungen auf das ge- nauelte ein; nur in dem Falle, wenn vor Erfüllung derfelben, durch äufsere unyorhergelehene Einflül- fe wichtige Veränderungen in dem Körper der Kran. ken hervorgebracht wurden, ent[prach ihnen der Erfolg nicht ganz. Daher fprach auch die Kranke bey ihren Vorauslagungen in Fällen, wo fie derglei- chen zufällige Einwirkungen mit Wahrlcheinlichkeit vorausfehen konnte, nicht [elten bedingungsweile und gab die Veränderungen an, welche diefelben in ihren Prophezeihungen hervorbringen würden. Je nachdem nun diefe erwarteten zufälligen Ereig- nilfe erfolgten, oder nicht, traf.die eine, oder die andere Prophezeihung ein. Derlelbe tiefere Blick in den gegenwärtigen Zultand des Körpers, in Verbindung mit einer lebhaften Vorlftellung von den Wirkungen mancher Mittel, welche die Kran- ke entweder an fich lelbft erfahren oder von an- dern gehört hatte, machte es ihr möglich, über den y 237 Men vortheilbaften oder nachtheilisen Einflufs die- Ser Mittel auf ihren Körper zu urtheilen und auf diefe Weife fich bisweilen [elbft etwas zu verord- “nen. Immer hatte die genaue Befolgung diefer' Vor "fehriften den vorausgelagten guten Erfolg, und faft änder brachten Abweichungen von denfelben nach: theilige Wirkungen hervor. Als fehr wichtig zur richtigen Beurtheilung diefer Selbftverordnungen mufs ich hinzufügen, dafs die Kranke nie ein Mit- tel nannte, deffen Wirkungen ihr nicht bekannt waren; immer waren es folche Mittel, die fie ent- weder [elbft vorher gebraucht hatte, oder von de- ren Wirkungsart Ge auf andere. Art unterrichtet worden war, Das Wahrnehmen innerer Theile febien, wenn gleich nicht immer, doch meilten- theils unwillkührlich zu feyn und fich (befonders wenn es durch magnetifche Berührung, wovon ich, _ weiter unten [prechen werde, hervorgebracht wur- ' de) der Kranken gleichlfam aufzudringen, [o dafs fie fich oft mit aller Mühe diefer ihr unangenehmen Bilder nicht erwehren konnte. Doch war zu diefer - innern Anfchauung immer eine gewilfe Ruhe des Gei- _ tes und Körpers erforderlich; nie erfolgte fie, wenn h ‚die Kranke durch heftige Krämpfe oder Phantafieen i ee anrubigt wurde. Noch mehr war dieles der Fall bey den in Prophezeihungen oder Verordnungen 3 beftehenden Schlüffen, welche die Kranke aus den ihr vorfchwebenden lebhaften Vorftellungen von | dem gegenwärtigen Zuftande ihres Körpers zog, ‚ Hierzu gehörte immer eine Sammlung des Geiftes, die nur dann möglich war, wenn die Kranke wäh- rend 238 _— rend des Sommambulismus, nicht “zu [ehr durch fchmerzhafte Krankheitsgefühle oder Phantafieen zerftreut wurde. Befand fie fich in einem hohen - Grade. von krampfhafter Spannung; fo antwortete fie gewöhnlich auf die ihre Gel[undheit betreffen- den Fragen, die man ihr vorlegte, nicht [ogleich, mit fichtbarer Anftrengung mufste fie ich, ehe fie antwortete,. belinnen und ihre Aufmerklamkeit von den Gegenftänden ihres äufsern Gefühls oder ihrer Phantafie auf das Innere ihres Körpers lenken. Bisweilen bat fie auch, mit den Fragen zu warten, bis fie ruhiger feyn werde und beftimmte genau die Zeit, nach deren Verlauf fie im Stande feyn werde, fie zu beantworten, Aber nicht blofs für innere Eindrücke, auch für die Einwirkung äufserer Gegenftände war die Empfänglichkeit der Kranken während ihrer Pa- roxysmen bis auf einen unglaublichen Grad erhö- het, und eine aulserordentliche Verfeinerung ihrer äufsern Sinne, vorzüglich des Gefühlsäinns [chien mit ihrer Fähigkeit, den innern Zuftand ihres Kör- pers wahrzunehmen, unzertrennlich verbunden zu , feyn. Sie war im Stande, mit Felt verf[chloffenen Augen, durch das Gefühl, entfernte Gegenltände wahrzunehmen, ohne fie zu berühren. Wenn fie daher im Somnambulismus herumging; fo wulste -Iie ‚ allen ihr im Wege (tehenden Hindernilfen, noch ehe fie dielelben berührte, [o gefchickt auszuwei- chen, dafs fie nie in Gefahr kam, irgendwo anzu- Stolsen. Sie litt hierbey nicht, .dals fich ihr Jemand näherte, um fie zu führen und zu verhüten, dals fie fich Ä Bun 239. ich nicht fiofse, ah fie verficherte, das fie ich weit ficherer auf ihr Gefühl verlaflen könne, wenn | e allein gehe, weil durch die Annäherung anderer -Perfonen ihr Gefühl zerftreuet und fie dadurch ge- "hindert werde, die ihr im Wege ftehenden Gegen- "fiände wahrzunehmen, Weit deutlicher, als die Nähe leblofer Dinge, empfand fie aber die Gegen- ‚wart in der Nähe befindlicher Menfchen, befonders folcher, welche einen widrigen Eindruck auf fie ınachten, fo dals fie im Stande war, ihre Annähe- rung auf mehrere Schritte, wenn fie lich auch nieht in demfelben Zimmer mit ihnen befand, wahrznnch- men. Eben fo erhöhet war ihre Empfindlichkeit gegen Schall und Töne. Das leifefte Geräufch war ihr oft [chon unerträglich, und fie vermogte Töne und Worte in einer Entfernung, in welcher jeder andere nicht das geringlte davon gehört haben wür- de, felbft durch Wände und Thüren, deutlich zu vernehmen. Einen noch ftärkern Eindruck machten fchallende Körper auf fie, wenn fie durch andere felte Körper gleichfam in eine leitende Verbindung mit ihnen geletzt wurde. Eine ähnliche Verfeine- zung des Gefchmacksfinns bewies ihre Fähigkeit, E magnetilirtes Waller von gemeinem, immer mit der - gröfsten Zuverlälfigkeit zu unterfcheiden. Bisweilen fiel jedoch die Kranke, während des - Somnambulismus, in einen Zuftand, in welchem alle Empfänglichkeit für äufsere Sinneseindrücke ‘aufgehoben war. Einer Todten ähnlich, ohne Be- wegung und Empfindung, ertrug fie in dielem Zu- Stande die Einwirkung der ftärklien Reize, ohne ein Lebens- Kay { 240 —— ’ Lebenszeichen von fich zu geben. War diefer tiefe Schlaf vorüber; [o war fie nachher immer [ehr ängft- - lich und unruhig, klagte über unangenehme, fürch- terliche Phantafieen, die fie gehabt habe, und wenn fie nachher völlig aus dem Saul erwach- te; fo befand fie fich nie fo wohl, als wenn der Paroxysmus ohne Anfälle von diefem Zuftande_ ei- ner gänzlichen Empfindungslofigkeit vorübergegan- ‚ gen war. ‚Ich wende mich nun zu der Befchreibung eini- ger der merkwürdigften Verluche, welche ich in den bisher gefchilderten Paroxysmen anzulftellen Ge- legenheit hatte. ı) Verfuche mit dem thieri[chen Magnetismus. Immer hatte die Somnambule an der Stelle, auf welche meine Finger[pitzen wirkten, fie mochten nun die Oberfläche ihres Körpers wirklich berüh- ren, oder in einer kleinen Entfernung (etwa eines halben oder ganzen Zolls ) ihr genähert werden, die Empfindung, als wenn hier elektrilche Funken ein- ftrömten, _ Diefe Empfindung war oft, wenn der Somnambhulismus mit einem hohen Grade von Em- pfindlichkeit begleitet war, [o heftig, dals fie der Kranken äulser[t [chmerzhaft und unerträglich wur- de und eine [chnelle Entfernung. der Finger nöthig machte. , Jeder örtliche Krampf innerer und änfserer Theile, er'mochte in fichtbarer Zulammenziehung beltehen und unter der Geltalt von Trismus, Steifig- keit R — 241 a keit einzelner Glieder, Bruftkrampf u, Lw. er[chei- nen, oder fich blos als Schmerz äufsern, wurde immer fehnell gehoben, wenn ich den affızirten Theil mit meiner flachen Hand oder meinen Finger- - Spitzen berührte, oder diele, bis auf die Entfer- mung eines ganzen oder halben Zolls, der leiden-- den Stelle näherte, Am [chnellften erfolgte ge- . wöhnlich diele Wirkung, wenn ich, in diefer Klei- nen Entfernung, in einer vom Kopf abwärts gehen- den Richtung , über die Oberfläche des Körpers hinftrich. Auf diele Art konnte ich auch Theilen, die durch Berührung mit Metallen (wie ich wei- ter unten anführen werde) gelähmt worden waren, h Ichnell Beweglichkeit und Empfindlichkeit wieder- geben. -Hielt ich in diefer Abficht die Hand über einen Theil, fo durfte dies aber nur fo lange ge- fchehen, bis der Zufall, den ich dadurch zu heben B ‚Suchte, ‚vorüber war. Hielt ich länger damit an, fo bekam die Kranke gewöhnlich ein ängftliches Gefühl, welches mit Entfernung der Hand ver- fchwand. EN Die wohlthätigen Wirkungen des Magnetifirens Ichränkten fich aber nicht blos auf Stillung - örtli- © eher Zufälle ein; auch Beruhigung allgemeiner “ Kkrankhafter Zufälle, die von hylterifcher Stimmung . des Nervenlyftems abhingen, ein Gefühl von Wohl- - behagen und allgemeine Stärkung war die gewöhn- liche Folge deflelben. Aber nicht jede Manipula- tions - Art hatte in allen Fällen diefe wohlthätige Wir- kung, War die Kranke Somnambule, fo befiimm- te fie immer lelbft die für ihren gegenwärtigen Zu- Arch.f.d, Phyf. VI.Bd, II Heft. . o fand BA2 } N a se ; r . Stand paflendfte Berührungsart; war diefes aber der Fall nicht, fo mulste ich durch Verfuche, wobey . wich die Rücklicht auf den jedesmaligen Krank- heitszultand und die unmittelbar vorher angewand- te Methode leitete, die Sie ialsige Anwen- dungsart zu finden fuchen. 3 3 Bey Dispofition zum .Somnambulismus ud [chon vorhandenen Vorboten deffelben beförderte die An- wendung des thierilchen Magnetismus faft immer lehr bald den Uebergang in diefen [chlafähnlichen Zuftand, Aher auch hier inulste die Art, den Mag- netismus anzuwenden, nach der jedesmaligen Dis- poßlion der Kranken, [ehr verfchieden modihzirt werden. Manipulations-Arten, "die zu manchen Zei- ten die Kranke [ehr [chnell in Somnambulismus zu vexfetzen vermogten, wirkten oft zu einer an- dern Zeit auf eine ganz entgegengeletzte Weife, hinderten dem magnetifchen ‚Schlaf, wirkten als. “ Reiz und vermehrten die Unruhe und Krampfzu- - fälle, deren Befänftigung durch Hervorbringung des Somnambulismus beabfichtiigt wurde. Sehr viel fchien hierbey auf den jedesmaligen, von den pe- riodifchen, Veränderungen, welche die Krankheit durchlief, abbängenden Grad ‚der Erregbarkeit, und zum Theil auch auf Gewohnheit anzukommen, Bey den erften Verfuchen diefer Art, welche.ich anftellte, war das Abwärtsltreichen über die Ober- fläche des Körpers, in einiger Entfernung von der- felben, es mochte mit den Fingerfpitzen oder der Sachen Hand verrichtet werden, das Ächerfte Mit- tel, Somnambulismus hervorzubringen. Nachher erreich- 3 — 243 erreichte ich eine Ze. lang dielen Endzweck am Ichnelllten, wenn ich die fiache Hand über die Stirn hielt; zu einer andern Zeit brachte blölse B Berührung ihrer Arme [chon Schlaf hervor. Gro= sen Einflufs auf die jedesmalige Wirkung der ver- - - fchiedenen Arten, den. thierifchen Magnetismus an» zuwenden, hatte die unmittelbar vorher gebrauchte Methode. Hatte ich die Kranke, während des Som- nambulismus, auf eine gelind wirkende Weile, z.B, b durch Herahltreichen mit der flachen Hand, in j einiger Entfernung über die Oberfläche des Kör- ; pers, magnetilirt, fo war bisweilen [chon die Ver- - wandlung diefer Manipulation in eine ftärker wir. t Kende, z. B, dalfelbe Manoeuvre mit den Fingerfpit- zen verrichtet, oder Halten der flachen Hand über „die Stirn, hinlänglich, die Kranke zu erwecken oder wenigltens unruhig zu machen *) P - Meiftentheils erwachte fie aus dem magneti- - chen Schlaff" wenn ich ihr während deffelben die ’ - Fingerfpitzen vor die Augen hielt. Blieben, wie es. bisweilen gefchah, auch nachdem der Somnambu« 3 Jismus yorüber war, die Augen noch "krampfhaft E verfchloffen, [o machte daflelbe Manoeuvre das Oeffnen derlelben immer leicht möglich, Diefes Vermögen der genäherten Fingerfpitzen, die Au- -$ 02 gen ») Auf eine genauere Angabe deffen, was mich meine Er. fahrungen über den Unterfchied der‘ verfchiedenen Mani- pulations - Arten in therapeutifcher Rückficht gelehrt haben, kann ich mich gegenwärtig nicht einlaffen, da hier meine Abficht nicht ift, von der "Anw endung des thierifchen Mag- netismus, als Heihnittel,, zu fprechen, Ausführlich werde ' ich hiervon an einem andeın Ort handeln, 7 244 N kr gen offen zu halten, zeigte fich am auffallendften, als ich einft, um Krämpfe zu heben, die flache Hand queer über die Stirn und Augen hielt. Es er- folgte hierauf, wie gewöhnlich, Somnambulismus;, aber das linke Auge, welches zufälliger Weife ge- rade unter meinen Fingeripitzen lag, wollte fich nicht fchlielsen und blieb, lange nachdem das rech- te, welches der Ballen meiner Hand bedeckte, fich fchon feft gefechloffen hatte, noch geöffnet; erft, als ich die Fingerlpitzen von ihm entfernte, fchlols es lich. Faft immer glaubte die Kranke, wenn ihre Augen auf irgend eine Weile magnetifirt wurden, Funken vor denfelben zu [ehen. Wenn ich bey den Zufällen, welche gewöhn- ich Vorboten des Somnambulismus waren, die Kranke magnetifirte, [o wurde bisweilen, ehe noch der Somnambulismus eintrat, ihre Empfindlichkeit fo fchnell erhöhet, dals ihr Eindrügke, die ihr, wenige Minuten vorher keine unangenehme Empfin- dung gemacht haben würden, z, B. das Tageslicht, ein kleines Geräufch, nun unerträglich wurden. Das Halten meiner Hand in die Nähe der Herz- grube machte der Kranken immer widrige Empfin- dungen und Beängftigung. Am auffallendften war dies, wenn ich die Fingerfpitzen gegen die Herz- grube hielt; diefe wirkten [chon in beträchtlicher Entfernung als Reiz, verurlachten- heftige, Bruftbe- klemmung und Erfchütterungen des Körpers und er- weckten die Kranke nicht lelten, wenn fie Somnam- bule war. Wurde TE ’ 245 Wurde eineHand vor die Herzgrube und die an- - dere vor die Stirn gehalten, [o erfolgte oft eine hef- tige, wie durch einen elektrifchen Schlag, aus einer Leidner Flalche hervorgebrachte Erfchütterung des ganzen Körpers und Erwachen aus dem magneti- [chen Schlaf. Aehnliche Erfchütterungen erfolgten bisweilen, wenn die Daumen[pitzen der Somnam- bule mit einander in Berührung gebracht wurden. Am unangenehmften wirkten Striche über die . Oberfläche des Körpers aufwärts gegen den Kopf. ' Sie erregten immer die heftigfte Beängftiigung und vernichteten alle wohlthätigen Wirkungen, welche das vorher auf die gewöhnliche Art verrichtete Magnetifren hervorgebracht hatte. Das Wahrnehmen innerer Theile des Körpers und ihrer krankhaften Veränderungen, welches, wie oben erwähnt, während des Somnambulismus . bisweilen von [elbft erfolgte, konnte oft willkührlich hervorgebracht werden, wenn ich die Spitzen mei- ner Finger, oder auch bisweilen, wenn ich die Aache Hand irgend einem Theil ihres Körpers nä- R herte, oder ihn damit in Berührung brachte. Die Kranke nahm in diefem Falle immer nur folche Theile wahr, welche fich in der Nähe der berühr- ten Stelle befanden und befehrieb fie, wenn man fie fragte, ohne fie, als völlig unwiflend in der Ana- tomie, benennen zu können, auf eine ihren Einfich- ten und Kenntniffen angemellene Weile, wobey fie gewöhnlich, um fich deutlich zu machen, Verglei- ehungen und Umfchreibungen zu Hülfe nahm. Dafs alfo hierbey an keine anatomifche Terminologie zu den- 248 EN .” denken war, brauche ich wol kaum hinzuzufügen. Indef[s waren die Befchreibungen, welche die Som- nambule von den Theilen, die fie wahrnahm, mach- te, doch gewöhnlich [o treffend, dals man die ihr vorlchwebenden Bilder von denfelben unmöglich für blofse Träume oder Geburten ihrer Einbildungskraft halten konnte. Nie konnten diefe letztern Verlu- che lange fortgefetzt werden, weil die Bilder , wel- che fich während derlelben der Kranken darltellten, ihr immer widrig waren und unangenehme Empfin- dungen erregten, Seltener, als an den übrigen Theilen, gelangen fie in der Nähe der Präcor- dien, weil, wie fchon erwähnt, das Halten der Hand in diefer Gegend gewöhnlich fogleich heftige Beängfügung und Krampfzufälle zur Folge hatte, welche_die Aufmerkfamkeit der Kranken zerftreueten und ihr die Ruhe raubten, welche, wie ich oben [chon erinnerte, ‚immer. eine noth- wendige Bedingung zu dieler innern Anfchanung war. Nicht Jedermann durfte fich der Kranken, wenn fie Somnambule war, chne Nachtheil nähern, Manche Perfonen wirkten [o widrig auf fie, dals . ihre Annäherung oder, Berührung heftige Bangigkeit erregte, die oft in Krampfzufälle überging. Als einft ein Bekannter von ihr, dellen Nähe gewöhn- lich unangenehme Empfindungen ‚in ihr erregte, ohne ihr Willen, in einem Nebenzimmer- [eine Hand an. die Wand hielt, an welcher das Kanapee ftand, auf:welchem’ die Kranke lag, [o wurde fie augenhlioklich unruhig und bekam die heftigfte Beängfigung,. Wurde k j . — p 247 Wurde die Kranke von zwey Perlonen zugleich magnetilirt, [o war der Erfolg von dem des einfa- chen Magnetifirens etwas ver[chieden. Unter den Frfcheinungen, welche ich hierbey beobachtete find folgende die merkwürdiglien: Wenn die Per- _ fon, welche fich mit mir verband, um die Kranke, während fie Somnambule war und zugleich an Kräm- pfen litt, zu magnetißren, mit ihrer linken Hand die rechte der Kranken und ınit der rechten meine linke Hand falste, indem ich zugleich mit meiner rechten die linke Hand der Kranken berührte, fa ver[chwanden augenblicklich alle‘ krankhaftg Zu- fälle und ihre-Worte und Mienen drückten Wohl- behagen aus. Sobald wir aber, bey fortgeletzter Berührung der Kranken, unfere Hände, mit wel- chen wir uns verbunden batten, trennten, [o wurde ihr Körper heftig erfchüttert und es ftellten fick augenblicklich die vorigen Zufälle wieder ein, Falsten wir die Hände, der Kranken auf die oben befchriebene Art, ohne vorher die unlrigen verbun- _ den zu haben, So erfchlafften plötzlich alle Muskeln ihres Körpers, [o dals ie, wenn fie fiand, zu Bo- den fank. Schloflfen wir die Ketie mit den flachen Händen, fo machte-dies der Kranken angenehmere "Empfindungen, als wenn wir uns wit den Finger- Spitzen berübrten. Gefchah die Verbindung auf die letztere Art, [o wurde die Kranke gewöhnlich _ zu einem oder dem andern von uns hingezogen; lesten wir dann unlere flachen Hände wieder zu- Sammen, fo entfernte fich ihr Körper langlam wie- der von demjenigen, welchem fie fich genähert hat- te u. 248 — te und blieb in gleicher Entferning von uns beiden, gleichlam in dem Indifferenzpunkt rubig liegen. 5 \ 2) V erluche mit. dem Galvanismus. ‘Wenn man, während des Somnambulismus felbft, oder bey den oben befchriebenen Vorbo- ten deflelben, die Krarke an irgend einer, mit Waller oder einer Salzauflöfung benetzten Stelle ihres Körpers, mit einem aus Zink und Silber be- ftehenden Plattenpaare berührte, [o fühlte fie immer an der Stelle der Berührung ein empfindliches Ste- chen und Brennen. \ Gefchah diefe Berührung, wenn die Kranke, wachend oder im magnetifchen Schlaf, an Kräm- pfen litt, fo wurden diefe gewöhnlich [chnell da- durch beruhigt. Nur bey grolser Reizbarkeit der Kranken vermehrte diefe Anwendung des Galvanis- mus das Gefühl von Beängftigung, welches immer mit den Krampfzufällen verbunden war, [tatt es zu heben. An die Zunge gehalten, brachten die Metalle diefe Wirkungen [chneller hervor, als wenn fie ande-, re Theile berührten, Wurde die Zunge [ehr lange der Wirkung des Metallreizes ausgeletzt, (o erfolgten bis- weilen Erf[chütterungen und convulfivifches Zufam- menfahren des ganzen Körpers. Aehnliche Erfchütterungen konnte man falt im- mer willkührlich hervorbringen, wenn man zwey ver[chiedenartige Metalle, z. B. Zink und Silber, jedes abgefondert auf zwey ver[chiedene, von ein- ander entfernte Stellen ihres Körpers, z.B. die Hand und Stirn, legte und fie alsdann durch einen Drath mit | . x — \ 249 mit einander in Verbindung letzte. Nicht immer erfolgten diefe Erfehütterungen fogleich, nachdem die Metalle durch den Drath verbunden worden if “ren, [ondern oft erft nach Verlauf’ mehrerer Sekun- den. In diefer kurzen Zwifchenzeit überfiel die Kranke gewöhnlich die heftigfte Beängftigung, wel- che oft einen kaum auszulaltenden Grad erreichte, aber augenblicklich ver[chwand, [obald die Erfchüt- terung erfolgte. ' - Die Wirkungen des Galvanismus konnten durch gleichzeitige Anwendung des thierilchen Magnetis- mus verltärkt werden. Wenn ich die Somnambule, “während ich eine Stelle ihres Körpers mit zwey verfchiedenartigen Metallen berührte , zugleich a ‘ grands courans magnetifirte, fo fühlte fie den Schmerz, den die Metalle an der Stelle der Berüh- rung verurfachten, weit lehhafter. Auch erfolgten die fchon mehrmals erwähnten convullivifchen Er- fehütterungen des Körpers nicht [elten, wenn ich einen Theil der Kranken mit der Hand berührte, während zugleich ein anderer von dielem entlern- ter Theil der Wirkung des Metallreizes ausgefetzt wurde. Diele Erf[chütterungen, fie mochten auf die eine oder die andere Art hervorgebracht werden, hatten, wenn die Kranke an Krämpfen litt, immer Beruhigung und Erleichterung zur Folge. Gefchah das Galvanifiren bey den gewöhnlichen Vorboten des Somnambulismus, fo war, [elblt bey großser Dispofition zu dem magnetifchen Schlaf, und wenn man auch das Einfchlafen durch Anwendung des thierifchen Magnetismus zu befördern fuchte, dieles 250 — N diefes doch nie möglich, fo lange das Galvanifiren forigeletzt wurde. ; Es erfolgte immer erft nach Ent- fernung der Metalle. Berührte ich eine Stelle des Arms oder der Hand der Kranken, wenn fie Somnambule war, mit einem aus Silber und Zink beftehenden Metallplat- “ ienpaare, [o wurde [ehr oft'diefes Glied, befonders der unterhalb der berührten Stelle behndliche Theil deffelben völlig paralyfirt und kalt, und konnte, nach Entfernung der Metalle, nur auf die oben an- gegebene Weile, durch einfaches Hinftreichen über dallelbe, mit der Hand wieder belebt und erwärmt werden. Bey einem [ehr hohen Grad von Erregbarkeit ' war die Kranke, während des Somnambulismus; - auch für die Einwirkung einzelner Metalle! empfäng- lich, Ein einfaches Stück Silber, Gold, Eifen oder Zink, an die Oberfläche ihres Körpers gehalten, oder ihr auch nur genühert, brachte in diefem Falle fchon heftig [techende oder brennende Empfindun- gen, Zuckungen und Zulammenfahren des Kör- ‚ pers hervor. 3) Verfuche mit idioelektrilchen Körpern. Wenn ich die Kranke, während ihres magne- tifchen Schlafs, mit Glas berührte, (o empfand lie gewöhnlich an der Stelle der Berührung heftige Stiche, die bisweilen mit Zulammenfahren des Kör- pers verbunden waren. Berührte fie das Glas allein, “Io waren diele erfchütternden Stiche weit geringer, —_ 251 | als wenn daffelbe zugleich von mir berührt wurde. 14 Sie konnte z. B. aus einem Glafe, das fie m der Hand "hielt, trinken, ohne durch die erwähnten Wirkungen deflelben auf ihre Hand und’ Lippen daran gehindert zu werden, Ich brauchte aber.nur zu gleicher Zeit meine Finger an das Glas zu hal. ten, um die [chmerzhaften Empfindungen fo. zu er- höhen, dafs ihr das Trinken unmöglich wurde, Hielt ich eine Siegellackftange an ihren Arm “oder ihre Hand, fo fühlte fie ebenfalls Stiche, die Gch durch den ganzen Arm und bis in die Seite erlireckten. 4) Verluche mitdem Magnet, - Als ich einft der Kranken, während fie Som« ‚nambule war, einen Magnet näherte, [o wurde &e unruhig und klagte über [chmerzhafte Empfindun- gen. Noch mehr Schmerz fühlte he, als ich fie mit dem Magnet wirklich berührte; aber diefe [chmerz- hafte Empfindung war fehr verfchieden, je nachdem die Berührung mit dem Nord- oder Südpol gelchah. - Hielt ich den Nordpol an die Oberfläche ihres Kör- pers, fo empfand lie heftiges Stechen, das lich aber nicht blos auf die Stelle, welche der Nagnet un- mittelbar berührte, einfchbränkte, fondern fich nach innen weiter verbreitete und auch in den angrenzen- den Theilen empfunden wurde. Berührte ich z, B, die Hand, [o fühlte ie den Schmerz bis in die Mitte des Vorderarıns. Die Empfindung hingegen, welche der Südpol hervorbrachte, [chränkte fich blos auf die Stelle der Berührung ein und blieb an der Ober- fläche 252 oem fläche des Körpers; die Kranke verglich fie mit dem Schmerz, welchen ein Krampf in den Muskeln äu- Sserer Theile hervorzubringen pflegt. 5) Ver[uche mit magnetilirten Flüllig- keiten. Immer, und ohne ein einzigesmal zu fehlen, konnte die Kranke im Somnambulismus und auch ge- wöhnlich fchon bey den Vorboten dellelben, Waller, welches ich auf die bekannte Weile magnetifirt hatte, von gemeinem unterfcheiden. Den Gelchmack, den es für fie hatte, befchrieb ie nicht immer auf glei- che Weile, Gewöhnlich fchmeckte es ihr [charf, wie Salz- oder [tarkes Selterwafler, bisweilen ver- glich fie den Gelchmack deffelben mit der Empfin- dung, welche Galyanifiren der Zunge‘ hervorbringt, War fie kurz vor dem Trinken galvanifirt worden oder zeigten die übrigen Symptome einen geringern Grad von Reizbarkeit an, [o [chmeckte es ihr ge- wöhnlich wie Mandeln, Das Trinken des magnetifirten Wallers hatte ähnliche Wirkungen, wie das Magnetifiren [elbft, nur in einem geringern Grade. Es füllte örtliche und allgemeine Krämpfe und konnteffogar Somnam- bulismus, bey Dispofition zu demfelben, hervor- bringen. Der Krampfhulten, den die Kranke immer bekam, wenn fie während ihrer Krampfzufälle zu _ trinken verfuchte, konnte immer verhütet werden, wenn das Trinkwaller vorher magnetihrt wurde, Auch das heftige Augenweh, an welchem fie vor oder während ihrer Paroxysmen gewöhnlich litt, wurde er 253 würde durch kein Mittel [chneller gehoben, als durch Ausfpülen der Augen mit magnetifirtem Waller. ‘ Eben fo leicht, als Waller, konnte Wein miagne- tiirt werden. Er bekam dadurch, gleich dem Wal- fer, für die Kranke einen [charfen Salzgelchmack, ' leiftete aber auch eben die wohlthätigen Wirkungen, wie diefes. Bier hingegen war, fo wenig als Thee, für die Mittheilung der thierifch - magnetifchen Kraft empfänglich , wie mich wiederholte Werfuche belehrten, Die fchon aus dem Begriff der Natur, als einer alle Erfcheinungen der Sinnenwelt umfalfenden und zu einem organilchen Ganzen verbindenden Einheit, nothwendig folgende Wahrheit, dals die organi” fchen Körper durch diefelben allgemeinen Kräfte belebt werden, welche fich in der leblofen Natur thätig äufsern, hat durch manche der neuern Beobach- tungen und Verfuche in der' Phyfik und Phyfiologie fo wichtige Beftätigungen erhalten, dafs die Hof- mung, wozu uns diele Erfahrungen berechtigen, durch eine nähere Verbindung der Erfcheinungen, welche uns der lebende Organismus darbietet, mit den Phänomenen der anorganilchen Natur, in der Erklärung beider [chnellere Fortfchritte, als bisher, zu machen , wol 'nicht unerfüllt bleiben dürfte. Obgleich eine [yltematifche Bearbeitung der organi- fchen Phylik nach diefen Grundlätzen erft in.neuern Zeiten verfucht worden ilt , fo ilt doch nicht zu leug- nen, dafs [chon früher mehrere denkende Phyhiolo- gen >| x 2 rY N ‚gen ein unverkennbares Beftreben äufserten, die Erfcheinungen des Lebens auf allgemeine Naturge- Setze zurückzuführen und als Wirkungen ‚allgemei- ner Naftırkräfte anzufehen, welchen fie, ‘als mate- rielle Subltrate, gewille feine überall verbreitete Stoffe zum Grunde legten. So ahnete-man fchon lange einen Zulammenhang zwilchen dem Lebens- prinzip oder dem materiellen Subltrat der Lebens- kraft und der Elektrizität. ‘Die falt alles durch- dringende, unlichtbare und nur in ihren Wirkun-. gen erkennbare elektrifche Materie fchien mit der hypothetifch angenommenen feinen, die Nerven auf, eine unerklärbare Art durchftrömenden Flülßgkeit, die man Nervenfaft nannte, [o viel Aehnlichkeit zu haben, dals man [ehr bald anf die Idee geleitet wurde, beide für identifch zu halten, Diefe auf blofse Vermuthungen "gegründete Hypothefe zu be- richtigen und zum Theil. zu beltätigen, war unferm Zeitalter aufbehalten. Die neueften Galvanifchen - Verfuche und manche an Somnambulen .angeftellte Beobachtungem letzen die Gegenwart Galvanifch- elektrilcher Prozelle im lebenden Körper aulser Zweifel, und ihre Fortletzung verlpricht uns wich- tige Aufklärungen über das Verhältnifs der Elektri- zität zu dem Lebensprinzip, von welchem man bis- her nur vage und verworrene Vorftellungen’ hatte, Wenn auf der einen Seite der Galvanısmus uns von manchen bisher unbekannten Eigenlchaften und Ge- Setzen der Elektrizität unterrichtete, welche: fie “als ein wichtiges Agens in dem thierifchen Organis- mus darftellen, (o zeigen auf der andern Seite man- che ve e\ — ; 255 | che Wirkungen der menfchlichen Berührung die auf- fallendfte Aehnlichkeit mit elektrifehen Erl[cheinun- gen Ift diefe. Aehnlichkeit aber vielleicht nur [cheinbar und auf aulserwefentliche Phänomene ge- gründet, oder findet wirklich ein innerer Zulammen. hang zwifchen den Erfcheinungen des Lebens und den elektrifchen Phänomenen Statt, und liegen bei- den diefelben Gefetze und Kräfte zum Grunde? Eine befriedigende Beantwortung diefer Fragen wür- de uns dem Ziel aller phyfiologifchen Forfchung, ‚der Entdeckung des materiellen Grundes der Lebens- äußserungen um einen grolsen Schritt näher bringen. Die oben angeführten Beobachtungen find zwar, wie alle ähnliche, welche man bisher über diefen Ge- . genftand angeftellt hat, noch viel zu unvollftändig, als dals fe obige Fragen beantworten und zur Grundlage eines Syftems dienen könnten. Wenn | ‚esindels erlaubt ift, nach der Analogie, welche auf fo manche wichtige Entdeckungen in der Phyik geführt hat, von der Gleichheit einzelner Er£chei- nungen auf die Identität der bey Hervorbringung der- felben tkätgen Kräfte mit Wahrlcheinlichkeit zu fchlielsen, fo [cheinen doch mehrere det angeführ- “ten Beobachtungen, welche beweilen, dals blos durch die gegenfeitige Berührung lebender Körper Phänomene hervorgebracht werden Könuen, welche mit den Wirkungen gewöhnlicher elektrifcher Ap- parate die grölste Aehnlichkeit haben, die Annah- me einer im thierifchen Organismus thätigen ani- malilch -elektrifchen Kraft binlänglich zu rechtfer- tigen. In diefer Rücklicht verdienen, wie ich glau- be, 256 Fer ' 3 . ‘be, vorzüglich folgende von mir beobachtete Erfchei- aungen Aufmerkfamkeit: Y..h% | ı) Die Wirkungen des thierifchen Tine netismus auf die Sinnorgane. Die Kranke verglich die Empfindungen, welche ıhr das Magnetifiren verurfachte, falt immer mit | den durch Elektrizität erregten Empfindungen. Sie glaubte, bey Berührung oder Annäherung meiner Fingerlpitzen das Einftrömen elektri- fcher Funken und bey den durch gewille Be- rührungsarten hervorgebrachten Erfchütterun- gen des Körpers den Schlag einer Leidner Fla- fche zu fühlen. Magnetifirte ich die Augen, fo fah die Kranke oft Lichterfcheinungen vor denfelben, denen ähnlich, welche durchs Gal- vanıfiren der Augen hervorgebracht werden. : Magnetifirte Flülligkeiten verurlachten auf der. Zunge häufig die Empfindung, als wenn diefe | galvanifirt würde. 2) Die Gleichheit der Wirkungen des thierilchen Magnetismus und des Gal- vanısmus auf das Gemeingefühl und auf krankhafte Erfcheinungen. Aus den oben angeführten Verfuchen erhellt, dafs Berührung mit zwey yer[chiedenartigen Metallen bey krampfhaften Zufällen eben die Erleichterung und eben das Gefühl von Wohlbehagen hervor- brachte und eben fo [chnell Krämpfe füllte, als die Anwendung des thierifchen Magnetismus *), 3) *) Daß durch Galvanifiren wahrer Somnambulismus her- | vorgebracht werden könne, beweifer eine in der mediz, | chirurg, ) vi, 287 jr 3'} ‘Die: Hervorbringung heftiger Er- 5, fehütterungen des Körpers durch Be- au A. Bund N e } zübrung mit den Fingerlpitzen oder 4 r u. La, Ann äherung derfelben. Berührung eines ‚einzelnen Theiles brachte nur [elten, und nur - wenn der berührte Theil fehr nervenreich war, y ke N ‚ (wie die Präcordien), Erf[chütterungen hervor; "weit häufiger erlolgten diefelben, wenn zwey ah von einander ‘entfernte Theile auf diele Art zugleich magnetifirt wurden... Diefelbe, von der 0 Art derBerührung abhängende, Ver[chiedenheit | » des Erfolgs. bemerkte man bey Hervorbrinsung DS ‚diefer Erfchütterungen durch die galvanilche 2 Elekirizität, Verband man auf Galvanilche Art FR . zwey von einander entlernte Theile des Kör- ‚pers durch zwey verlchiedenartige Metalle, lo HL konnte man falt immer mit Gewilsheit darauf xechnen, dals Erfchütterungen. erfolgen, wür- den; weit [eltener aber und nur bey einem [ehr hohen Grad von Erregbarkeit erfolgten lie, - » "wenn nur ein einzelner Theil der Wirkung des 50, Galvanismus, ausgeletzt wurde. Beide Kräfte = Scheinen allo auch in diefer Rückhicht gleichen . . ‚Geletzen zu folgen; denn bey beiden fteht die Fu Stärke ihrer Wirkung auf den lebenden ‘Orga- 2. nismus in geradem Verhältnifs ınit der 'Gröfse des in ihrem Wirkungskreile befindlichen Thei- (les dellelben, oder mit der Summe der erreg- baren “ ehirurg. Zeitung 1802. no. 14 bekanrt gemachte merk- suwürdige Beobachtusig, über die, Anwendung’ des Galvanis: mus bey epileptifchen Zufsllen. * Arch. fd. Phyf, VL, B, 11. Heft, R » ‘ 3 ” u, j 2 Y E58 KA a baren Theile, durch welche das ihren Wirkun- gen zum Grunde liegende hypothetifch ange* "nommene materielle Prinzip geleitet wird. 4) Die Wirkung idioelektrifcher Kör- peraufdie Kranke, vorzüglich die Beöbach- tung, dafs fie dann die [tärkfte Empfindung erreg- ten, wenn fie zugleich von mir berührt würden» Bewirkten diefe idioclektrifchen Körper, als un- vollkommene Kolatoren, vielleicht in den beiden - fie berührenden Indiyiduen, eine Art von Anhäu- fung oder Spannung der beiden entgegengefetzten Elektrizitäten, welche fich an dem höchft erreg- baren Körper der Somnambule, wie an einem em- pfindlichen, Elektrometer, durch [chmerzhafte Empfindungen äulserte? Dann würde fich diele Erfcheinung aus der Theorie der.Leidner Flafche und des Condenfätors erklären laflen, Sollten fich vielleicht die Wirkungen der magnetifirten glä- L, “ Kernen Flafchen zum Theil nach denfelben Grund- , fätzen erklären lallen? 5) Die Wirkungen des gleichzeitigen Magnetifirens durch zwey verf[chie- dene, durch Berührung mit einander verbundene Perlonen, nemlich das Eintre- ten der wohlthätigen Wirkungen des Magnetili- xens unmittelbar nach Schlieflsung der thierifch- magnetilchen Kette, die Anziehungskraft, welche Ge auf die Kranke äufserten und die Erfehütterung und Entltehung von Krämpfen im Augenblick ih- rer Trennung. Man wird leichtverleitet, bey die- fen Erfcheinungen an manche analoge Phänomene bey a > 259 bey Schliefsung und Trennung galvanifcher Ker- ten, vorzüglich an die hierbey fich äulsernde Wir- kung auf dasGemeingefühl zu denken und einen Verfuch zu wagen, auf dielelben die Ideen von Er- zeugung politiver und negativer Elektrizität ddech. Berührung heterogener Metalle anzuwenden. Wenn ınan diele Erfcheinungen mit den Wirkungen der elektrifchen Fifche und mit den längft bekannten, ohne Metall, blos mit thierifchen Theilen angeltellten ‘Galvanilchen Verfuchen vergleicht, fo ift man, ia we ich glaube, berechtigt, die Erfcheinungen der Elek- trizität, des Galvanismus und thierifchen Magnetis- mus für Modihkationen Eines Phänomens und Wirkun- gen Einer Grundkraft zu halten, und als höchlft wahr- [cheinlich anzunehmen, dals die Anwendung des thie- rilchen Magnetismus,im Grunde nichts anderes fey, als Erregung der salyanilchen Elektrizität durch blos tbierifche Theile, deren Möglichkeit durch Hum- m oldts, Rittersund Aldin i’s Verfuche längft er- wielen ilt. Das Magnetiliren wäre allo im Welentli. chen ganz identifch mit den Wirkungen des Zitterro- chens auf den menf[chlichen Körper, nur mit dem Un- terfchiede, dals es, um wahrgenommen zu werden, eines fo emphndlichen Galvanofkops bedarf, wie der Körper einer Somnambule oder Nervenkranken ilt, in- dels die in dem Galvanifchen Organ des Zitterrochens erregte Elektrizität, Selbft auf den unempfindlichlten \ Organisınus , fchon als elektrilcher Schlag wirkt, Die Möglichkeit, den thierilchen Magnetismus, auch ohne, unmittelbare Berührung, mit Erfolg anzuwen- den, Steht diefer Meinung nicht entgegen, leitdem Ra die 260 die Exiftenz eines fenfiblen Wirkungskreifes thieri- fcher Theile, der auch bey den gewöhnlichen Gal- vanifchen Verfuchen eine Wirkung in die Ferne möglich macht, aulser Zweifel geletzt ilt. wiederholte Beobachtungen an Kranken haben fchon längft bewiefen, dafs der Magnet wichtige Veränderungen im thierifchen Organismus hervor- zubringen vermöge, und die Anziehungskraft, wel- che er, nach Hrn. Heinikens Beobachtungen, auf Somnambulen äufserte, macht es höchlt wahrfchein- lich, dafs der menfchliche Körper, unter gewillen Umftänden, für die Mittheilung einer magmetifchen Polarität empfänglich [ey, da ohne fie keine Anzie- hung Statt finden könnte? Zur Erklärung der Wir- kungen des Magnets überhaupt, und befonders fei- nes Einfluffes auf den menfchlichen Körper, würde es lehr wichtig [eyn, über fein Verhältnifs zur Elek-' wrizität nähere Auffchlülle zu erhalten. Merkwürdig Iind in diefer Rücklicht die von Hrn, Ritter ange- ftellten Verfuche über die Oxydirbarkeit der magneti- [chen Pole, indem hie beweifen, dafs fich die Pole des Magnets, in Rücklicht ihrer chemifchen Verwandt- Schaft zum Sauerltoff, eben fo verfchieden verhalten, wie die beiden Pole der Voltafchen Säule *). Die eben belchriebene Wirkung des Magneten auf den Körper meiner Kranken giebt einige Hoffnung, dafs fich diele Analogie zwilchen dem Magnet und dem Galvanismus künftig vielleicht noch weiter verfolgen und Sfelbft auf ihr Verhältnifs zu dem thierifchen Orga- .) *) Ritter Beitr, zur nähern Kenntnifs des Galvanismus B, Il. St, 1, S, 55+ en 261 Organismus ausdehnen lallen ‚werde. . Vergleicht man nemlich die: ver[chiedenen Empfindungen, wel- che nach Herrn Ritters Beobachtungen, der Hy- drogen- (Silber-) und Oxygen- (Zink-) pol hervor- bringt *), mit der verfchiedenen Art, wie. der Nord- und Südpol des Magneten auf das Gelühlsor- gan meiner Kranken wirkte, fo wird man, wie ich glaube, auch in Rückficht auf die Qualität.der her- vorgebrachten Empfindungen, zwilchen dem Nord- pol des Magneten und dem Hydrogenpol der Vol- tafchen Säule, [o wie zwilehen dem Südpol des Magneten und dem Oxygenpol der Säule, einige Uebereinftimmung finden. Da ich indels die erwähn- ten Verfuche mit dem Magneten nicht, wie die übri- ren, öfters wiederholte, fondern nur einmal anftel- len konnte, Io wage ich esnicht, zu entfcheiden, ob die Verfchiedenheit der Empfindung, welche de beiden Pole des Magneten hervorbrachten, für eine eonftante Wirkung derfelben zu halten fey, oder vielleicht blos in zufälligen Nebenumftänden ihren Grund gehabt habe, und begnüge mich daher, hier blos auf diefelbe aufmerklam gemacht zu haben. Sollte fie indels durch fernere Beobachtungen beltä- tigt werden, [o würde ‚fie, in Verbindung mit der Er- fahrung, dafs, auch in der Galvanilchen Kette, der Zinkpol, wie der Südpol des Magneten, fich durch eine grölsere Verwandtfchaft zum Sauerftoff vor dem Hydrogenpol auszeichnet, es höchft wahrfcheinlich wachen, dafs, fowohl bey der Elektrizität, als dem Magnetismus, gleiche chemifche Geletze und Affni- täten *) Ritter 4, 4,0,B.11, Sc, 11. S, 32. 262 — täten an gleiche Wirkungen auf den lebenden Kör- per gebunden feyen, und alfo beide Kräfte in einer gewillen nähern, bisher unbekannten Beziehung zu Einander [tehen möchten. $ Die durch Beobachtungen an Somnambulen 'er- wielene Empfänglichkeit lebender Körper für die Mittheilung magnetilcher Polarität, in Verbindung | mit den zahlreichen Verlachen Coulombs 5 welche eine Fähigkeit aller Körper magnetilch zu werden, wahrfcheinlich machen, berechtigt uns, „wie ich glaube, zu der Vermuthung, dafs fich viel- leicht, durch fernere Verfuche, ein allgemeiner . Magnetisinus in der organifchen Natur eben lo über- zeugend werde erweifen laflen, wie ein allgemei- “ner Galvanismus in demfelben fchon erwielen ift. Die eben gezeigte. Analogie zwilchen Elektrizität und Magnetismus macht es wahrfcheinlich, dals beide Kräfte vielleicht nur Modifikationen einer Grundkraft feyn möchten, Es wäre daher wol mög- lich, dals auch die Erfcheinungen des lebenden Or- ganismus, die fich uns zum Theil (o deutlich unter der Form des Galyanismus zeigen, fich unter ge- wiffen Umftänden, auch unter der Geltalt magne- ülcher Erfcheinungen äufsern könnten, und dals eben lo, wie Galyanifche Elektrizität, auch Magne- tismus, durch zweckmälsige Verbindung blos thie- zilcher Theile erregt werden könnte. Merkwürdis ift in diefer Rückficht die Erfahrung, dafs es, wenn man bey Anwendung des thierilchen Magnetismus die Oberfläche des Körpers beftreicht, eine Haupt- regel ift, die Richtung, nach welcher man die Stri- che », _ 7 N — j i 263 EOERLIE t che maeht, nie zu verändern, und dafs die hier- durch. hervorgebrachten eigenthümlichen Wirkungen des thierifchen Magnetismus durch Striche in entge- gengeletzter Richtung fogleich aufgehoben und ver- nichtet werden, da man weils, dafs auch dem Eifen durch anhaltendes Beftreichen mit dem Pol eines Magneten nach einerley Richtung magnetifche Kraft witgetheilt, durch Gegenltriche aber wieder genom- men werden kann. n i Man hat die mancherley, von der Verfchieden- heit der Manipulationen abhängenden Wirkungen des thierifchen Magnetismus, von Lenkung, Anfamm- Jung und Ableitung des Nervenlaftes zu erklären ge- Sucht. Da es aber erwielen ift, dafs das in den Ner- ven thätige Prinzip weder eine tropfbare, noch gas- _ förmige Flüffigkeit feyn kann, (wie könnte es [onft durch die Hand des Magnetifeurs [elbft in der Ent- - fernung, geleitet werden?) fondern nothwendig zur Klaffe der imponderablen Stoffe gehören mufs, fo läfst fich eine Affzirung, Veränderung, Leitung del. felben nur nach den Gel&zen, welchen diele Stoffe folgen, als möglich denken. Sollten fich daher nicht manche Erfcheinungen des thierifchen Magne, tismus zuletzt auf Erregung einer der elektrifchen oder magnetifchen ähnlichen Polarität des ganzen Körpers, oder einzelner Organe und Sylteme , vor- züglich des Nervenlyftems, zurückführen laffen, Eine weitere Ausführung dieler Ideen und eine An- wendung derfelben, zu einer Erklärung jener Er- fcheinungen, welche mich hier zu weit führen wür de, werde ich vielleicht zu einer andern Zeit ver- fuchen, 264 Ä nn Me fuchen, ‘Meine Abficht war, hier ‘blos. die Leler durch die erzählten Thatlachen anf die (Möglichkeit, die Erfcheinungen der orgauilchen und anorganilchen, Natur auf. allgemeine Grundkräfte zurückzuführen, und lo ihre Eriilärung zu vereinfachen, aufmerklam zu machen und zu feınern Verfuchen zu ermuntern. F Einige Beobachtungen über thieri- {chen Magnetismus und Somnambu- lismus von F. Fi/cher. D SE viele trefliche Thatfachen man bis jetzt [chon aufgektellt hat, um die Phyfiologie der lo wunderbar fcheinenden Phänomene des thierilchen Magnetis- mus aufzuklären, [lo kann doch durch die Verglei- chung der bey verfchiedenen Perfonen angeltellten Beobachtungen. gewils (ehr viel gewonnen werden, und nur in dielsr Hinlicht, wage ich es, meine er- ften durchdug Anvellitändigen Verfuche und Beob- achtungen über diefen Gegenftand, der an fo man. -che andere Eı (cheinungen des menfchlichen und des thierifchen Lebens erinnert, öffentlich bekanıt zu machen. Meine vortreflichen Lehren, Herr O,B.R, Reil und Herr Prof. Horkel hielten das, wasich fahe, für nicht zu unbedeutend, als dafs es nicht auch.einige Materialien zur Phyfiologie dieler Er- Icheinungen liefern } önnte,. Gern hätte ich genauere und zu wichtigern Refultaten führende galvanilche, magnetilche und elektrometrifche Verfuche angektellt; ‘ allein “ > ( } _ « x ”. D j 265 | allein bis jetzt hat “eine heftige akute Krankheit des Magnpetilirten mich ‚gehindert, mein Vorhaben aus- ‚zuführen. j . Der Kranke, den ich zu behandeln hatte, wa ein [chwächlich gebauter junger Mann von 20 ie ren, der im Jun. »802. nach einem heftigen Aerger Anfälle von Epilepfie bekommen hatte, Die Heftig- keit diefer Anfälle hatte fich immer vermehrt, fie kamen häufiger, wechlelten zuweilen mit einem krampfhaften Herzklopfen, wobey der Kranke nicht h ganz ‘die Pefinnung verlor; und die melancholifche Stimmung des Patienten wies deutlich auf das Lei- den des ganzen Organismus hin. Den epilepti- fehen Anfall konnte er ziemlich genau durch einen heftigen Widerwvillen gegen alles Metall vorher- willen. Ueberhaupt war er für metallifche Einwir- kung aufserordentlich empfänglich, fo dafs er nie über grofse Maflen von Metall, belonders von Ku- pfer, weggehen konnte, ohne die unangenehmlten, unbefchreiblichen Eınpfindungen davon durch ‘den ‚ganzen Körper zu fühlen. Dieler Abfcheu vor Me- tallen’ dau-rte während des Anfalls fort, in-wel- chem er dagegen Schwefel (eine häufig beobach- ‚tete Thatfache) mit grofser Begierde ergriff. Au- Sser jenen krampfhaften Zufällen fchien fich das Lei- den des Nervenlyftems auch durch ein wahres nächt- liehes Schlafwandeln zu äufsern, woratıf man aus veränderter La&e der Geräthe in feinem verfchloffe- nen Schlafzimmer wit ziemlicher Wahrfcheinlichkeit ‚Schlielsen konnte. z ’ Früher, Früher, als ich den Patienten kennen lernte, war er einmal von einem [einer Freunde magne- tilch behandelt, was ihn fogleich in den durch den - Namen des magnetilchen Somnambulismus bezeich- Heten Zuftand brachte, und ihn auf länger als emen Monat von epileptilehen Anfällen befreite. Im May 1803 erfuchte er mich, ihn ferner zu magnetih- ren, und folgendes find die wichtigften Erfcheinun- gen, die ich, in dem Verlaufe eines halben Jahres, wahrzunehmen Gelegenheit hatte. Von der erften Manipulation an, (die falt im- mer ä grands courans angeltellt wurden), bey der fich fchon die meilten der anzuführenden Erfchei- nungen, nur in minderem Grade zeigten, [tieg die Intenfhtät des Zuftandes, den man insgemein mit dem freilich unpaffenden Namen des Somnambulis- mus ‘belegt, und äufserte fich als der eben lo un- pällend fogenannte Doppellchlaf. Es waren nemlich jedesmal drey Perioden des magnetilchen Zuftandes genau unterfchieden. Mit dem Anfange der Mani- pulation (die in der erften Zeit oft 15 Minuten dauer- te, hachher aber, bey immer mehr erhöhter Em- pfänglichkeit für den Einfluls des Magnetileurs, oft in weniger als 3‘ geendigt war) fand fich Müdigkeit, Zufallen der Augen, Schwerhörigkeit, Furcht vor Metallen ein. Das Reden wurde er[chwert, ‘und nichtswar empfindlicher als an ihn gerichtete Fragen. Bey Berührung der Herzgrube mit den Fingerfpitzen erfolgten tiefe Seulzer, heftige Bewegungen ‚im Unterleibe, und ein unwillkührliches Herabfinken des Kopf auf die Bruft, (magnetilirte ich den Rü- cken . eken, fo wurde Ach Kopf eben lo nach hinten ge- 1 zogen), beim Anhalten der Finger in den Gelenken ' der Extremitäten, erfolgten Er[chütterungen derfel- } "ben, die fich oft durch den ganzen Körper verbrei- _ teten, und die der Kranke mit nicht unangenehmen . elektrifchen Schlägen verglich. Anfangs war die - Manipulation am wirklamften, wenn der Körper - mit den Fingerfpitzen berührt wurde; bey den [pä- tern Manipulationen hingegen, wenn die Finger- Spitzen 2 bis 3 Zoll vom Körper "entfernt waren, dann war ihm, doch nur in diefer erlten Periode des Schlafs, die unmittelbare Berührung zu empfind- lich. Merkwürdig ilt es, dafs mit der gröfsern Empfänglichkeit für Magnetismus, die Empfindlich- keit der Herzgrube abnahm. Schon’ jetzt machte ihn die Nähe von Perlonen, die unangenehm auf ihn einwirkten, unruhig; fie wurden ihm aber ganz unerträglich -in dem zweiren Stadium des magneti- fchen Zuftandes, in welchem ich das erhöhete Ge- meingefühl auf mannichfaltige Art äufserte. Er felble konnte den allmähligen Anfang dieles Zu- ftandes genau unter[cheiden; es bildete [ich nem- h; lich, feiner Befchreibung nach, eine Sphäre von E dichtem Nebel um ihn her, der ans meinen Fingern " auf ihn ausftrömte, und der ihn bald fo weit um- £ gäbe, dafs er ihn nicht mit den Armen abreichen es könne; auch um mich her fühle er einen folchen Nebel. Diefer mache ihm eine unbefchreiblich ange- nehme Empfindung, [ey faft wie Spinngewehe, nur ungleich feiner, warın, hell, trüge ihn, und ma- che, dafs er feinen Körper gar nicht fühle; eine Er 268 Erfcheinung, die fchon auf. elektrifche Verhältniffe hinzudeuten [cheint. So, weit dieler Nebel gehe, fühle. er, und nichts ley ibm widriger, als wenn feine Gleichförmigkeit geftört würde. Sobald "Ach nemlich unangenehme Perfonen näherten, fobald man Metall in feine Nähe brachte, oder ihn gar damit berührte, f[obald Metalltöna auf ihn einwirk- ten, die er aber nie hörte, wurde er unruhig, , bekam Convulfionen, und erklärte diefe jedesmal für eine Störung feines Nebels. — Perfonen, die ibm unangenehm waren; (alle Weiber und Rinder, und unter jungen Männern die fchwächlichern) em- pfand er oftin einer Entfernung von ıo bis 15 Schrit- ten; Kindergefchrey, bey dem er durchaus nichts zu hören verlicherte, war ihm in einer weit be- trächtlichern Entfernung unleidlich, und er verglich es mit der Unruhe, die ihm das Klingeln einer Glo- cke werurlachte. Er hörte [olche Perlonen nie Sprechen „ wenn lie noch [o laut riefen, aufser wenn ich mich mit ihnen in Berührung [etzte, wo er jede ihrer Fragen verftand, und beantwortete, (denn das Vermögen, frey und ungehindert zu [prechen, mit ganz natürlichem, nur etwas matten Tone, war nun wieder da, und nur zwei- oder dreimal, und immer gegen das Ende diefes Stadiums wurde es ihm befchwerlich), auch die Perfonen, wenn er fie vorher gekannt hatte, erkannte... Die Gegenwart. anderer Menfchen hingegen, (aller älteren und ltär- keren Männer) war ihm ganz gleichgültig oder an- genehm; fie konnten ihn berühren, ohne dals es ihn unangenehm affızirte, er hörte und beantwor- tete ; 269 “tete ihre ‚Fragen, und konnte fie, wenn Ge nicht ei ausgezeichnete Sprache hatten, nie vom Magne- tileur unter fcheiden. ErJfagte, fie würden hs eben "o gut magnetifiren können > alsich, die andern aber ; würden im Wachen nicht den mindeften Einflufs " aufihn haben. (Auch im Zuftande des Wachens fuchte er zu feinem Umgange ältere und kraftvoller gebauete, und vermied zarter organilirte Perfonen.) ‚Die Augen waren felt gelchloffen, er konnte fie # anfangs gar nicht, bey den fpätern Manipulatio- 0 nen mit vieler Mühe öffnen, aber dann nicht ohne P meine Hülfe [chliefsen, Die Pupille war erweitert, ganz unempfindlich für das Licht, und er konnte nichts fehen. Lichterfcheinungen (den allgemeinen Lichtnebel ausgenommen ) beiierkte er nie vor den Augen. Die erften Male hatte er oft ein periodilch - wiederkehrendes empfindliches Ausftrömen , "wie von Feuerfunken aus den Haaren tınd den Nägeln ; { das, wenn es heftig wurde, in allgemeine Convulfio- f nen überging ; oft fragte er mich, ob ich denn das "herauskommende Feuer nicht fähe und den erfti- > ekenden Schwefelgeruch, den es verbreite, nicht bemerkte. Durch Berühren mit Hacher Hand (Cal- miren) oder Anhauchen des Kopfs und der Nägey erlor es lich fogleich, Späterhin kam dies von Ibft höchft felten, oder nie wieder, doch war es icht wieder, auf eine unten anzugebende Weile; . Pofitives Manipuliren (mit den Fingerfpitzen) brachte allezeit das Gefühl von Wär- me; negatives Manipuliren (mit der Fläche der Hand) Kühlung hervor; mit dem letzten ktimmte einiger- malsen verö i malsen das ‘Anhauchen. überein , "doch “war dies noch angenehmer.- Waren während‘ des Wachens Spaftilche Schmerzen in irgend einem Theile ent- ftanden, fo wichen fie immer [chnell während des nächften magnetifchen Schlafes dem Calmiren und dem Anhauchen. Dagegen war ein chronifcher Le- berfchmerz, den der Pätient kurz nach dem Anfan. ge der Epilepfie bis zur erlten Zeit des Magnetih- rens gehabt hatte, einer anhaltenden pohitiven örtli- chen Manipulation, die ihm ungemein angenehm war, 'gewichen. Verbindende Berührungen hatten oft einen bedeutenden Einfluls auf [ein Gefühl; die eine Hand auf die Stirn, die andere auf die Herz- grube gelegt, machte ihm angenehme Empfindungen von Wärme, ohne fein Gemeingefühl noch mıehr zu erhöhen. Als ich meine Hände auf fein Herz legte, und meinen Kopf mit feineın Rückgrade in Berüh- rung [etzte, [o mufste ich [chnell die Verbindung aufheben, weil er auffchrie, es brenne ihm wie Feuer im Herzen, und mich fragte, ob ich denn das Feuer nicht fähe, (Als ich denlelben Verfuch : im Wachen wiederholte, fühlte er bey der jedesma- ligen Berührung eine angenehme durch den ganzen Körper auf- und abfteigende Wärme.) Der Puls, an dem [onft nie Veränderungen wahrzunehmen wa- ren, war äulserlt frequent und voll.geworden. Eine ganz gelinde Augenentzündung, die fich ein ande- resmal zeigte, verlor lich in Zeit von wenigen Stun- den nach negativer Manipulation: Eine [ehr auffallende Erfcheinung, die conftant vorhanden war, zeigte lich in einer Umkehrung der it- z fe 2 a 271 feitlichen Polarität des Körpers. _ Alles was in und aufser feinem Körper links war, nahm er für rechts -und umgekehrt; vorne war ihm hinten; ‘oben war ihm unten; doch verwirrte er lich zuweilen, aber nur Selten in der Beftimmung des oben und unten. © Eben fo merkwürdig find die auch wol von Andern fchon erzählten Einwirkungen äufserer Dinge, der Me- talle u..w. auf ihn. Alle Metalle wirkten, gröfsten- theils [chon in einer mehrzölligen Entfernung, un-, angenehm aufihn, Gold, Kupfer.und Zink am un- angenehmften. Er unter[chied die einzelnen Metalle " jedesmal an der eigenthümlichen Empfindung, die die ihm machten. Silber wirkte unerträglich [chnei- dend und ftechend; Eifen, das er noch am erften ertrug, drückte ihn; Stahl war ihm noch weniger unangenehm. Von mir manipulirt [chien es ihm glü- hend heifls. Metalloxyde fühlte er immer durch he£f- tigen Druck; am unerträglichften war ihm die Annä- herung des [chwarzen Magnehumoxyds. Kryftal- lifirte Säuren evregten die gleiche‘ unangenehme - Empfindung; reine Alkalien (tachen; Opium ver- " wechfelte er: conftant mit Silber. _Metallifche und andere Salze waren ihm bey der Berührung: völlig - gleichgültig. Glas verurfachte beim Berühren elek- trifche Schläge; gemeines Wafler erklärte er für kalt, magnetiirtes Waller von gleicher Temperatur für Jauwarm, - Chinarinde konnte er, wegen des pri- kelnden Schmerzes, den fie ihm machte, nicht lan- ge in der Hand behalten; vom. Cortex Mezerei, Radix Polypodii u. [;w. fühlte er nichts. Kamillenö] brannte ihn heftig. Harze mochte er yern anfallen; Schwe- Br 272 r Schwefel aber ergriff er mit der gröfsten Hefügkeit, befonders während der frühern Manipulätionen.. Er: 9 empfand ihn fchon aus der Ferne, felbft wenn man ibn andern Theilen, als der Hand näherte, und be: zeugte ungemeine Freude über [einen Behitz. ‚Er hielt ihn felt, bis zu Ende diefes zweiten Stadiums, ‚wo er ihn jedesmal regelmälsig weit wegwarf, Men Athem roch ihm jedesmal nach Schwefel oder nach Phosphor, was ihm beides angenehm war. Er trank viel Waller, war aber nie zu bewegen, magnetifßir- tes, was er iminer beltimmt unter[chied, zu trinken, was ihm fade [chmeckte; dagegen hatte ihm gemei- nes Waller einennicht unangenehmen Stahlgefchmack, den er auch ohnedies beftändig. auf der Zunge be- merkte, Die Funktion des Geruchsorgans war un- verändert. Rieb ich feine Hand mit meiner, fo be- merkte er augenblicklich einen auffallenden Schwe- felgeruch, Verdichtung [eines Nebels um.die Hand, und ich glaube gelehn zu Hahen, dals diefe elek- trifirte Hand Haare anzog; auch bemerkte ich und ein Anwelender einmal ein deutliches Auseinander- fahren zweier Strohhalme, die wir zwilchen die geriebenen Händehielten. Wenn ich die Finger- £pitzen feiner ‚beiden Hände mit ‘einander ver- band, fo machte ihm. dies ein anfangs kaum zu er- tragendes Uelberfirömen aus der. rechten. Hand in die linke. - Hielt ich meinen Kopf .dazwi- fchen, dafs er das verbindende Glied beider ‚Hän- de wurde, fo konnten: fie fich ‚nachher: berüh- ren, ohne auszuftrömen. Gemeines Glas falste ‚er ungern an, weil er ihm Schläge gab; magne: Hilıre ; — 273 E üfırt 9 verwechfelte er es oft mit meiner Hand, und berührte es gern. Hielt ich es gerieben über [einen Kopf, [o verletzte es ihm einen heftigen elektrifchen Schlag. Siegellack berührte er gern mit der Hand; gerieben war es ihm brennend heifs; über dem Kopf gehalten erregte es Ausftrömen aus den Haa- ren (was auch gefchah, wenn ich die Fingerfpitzer über die Haare hielt). Hielt ich dagegen die Wolle, mit welcher ich das Siegellack gerieben hatte, über feinen Kopf, fo empfand er einen erfchütternden elektrifehen Schlag. Hatten wir während des mag- .netifchen Zuftandes des Kranken ein Gewitter, [6 zuckte bey einem Blitze jedesmal [ein ganzer Kör- per. Beim Donner gerieth er, ohne dals er wulste, woher, in eine allgemeine Tremulation. Es thut mir leid, diefe wichtigen elektrifchen Verfuche we- nigftens bis jetzt nicht weiter und genauer fortgeletzt » haben zu können. Die Verfuche der Lähmung einer Extremität durch Streichen mit dem Rände der Hand, und der Fixation des Magnetilirten durch Manipula- tion des Rückgrades, fo wie der Unruhe und der Gefahr des Aufweckens des Patienten bey der Ma- nipulation von unten nach oben, find zu bekannt, Io dafs ich nur anführen will, dafs ich fie auch hier beftätigt fand. Dagegen halte ich Folgendes für wichtiger. Wenn ich den Kranken auch nach dem Eintritte des zweiten Stadiums fortmanipulirte, fo dau- ”) Eines folchen magnetifirten, bis zum Gebrauche durch Seide ifolirten Glafes bediente ich mich nach der gewöhn- lichen Methode, um ihn, ‚wenn ich felbft nicht zugegen feyn konnte, in magnetifchen Schlaf zu bringen, Arch, fd. Phyf. VI, Bd, Il, Heft. 5 274 — dauerte dies zwar grölstentheils kürzere Zeit, al- lein das Gemeingefühl wurde dadurch noch bedeu- tend erhöht, und nach einer folchen fortgefetzten Manipulation, als [eine Empfänglichkeit für diefelbe £chon [ehr gefiiegen war, beobachtete ich. zuerft jenes Phänomen, deflen Wahrheit fo unvorfichtig bezweifelt ift, das Erkennen nemlich von in dem Körper verborgenen Organen, Auf meine Frage, ob er gar nichts fähe, [agte er, er [ähe allerdings Seine Hand, aber nur die hellen durchfichtigen Bän- der derfelben, er [ähe fie aber nicht mit den Augen; die Art, wie er fie empfinde, könne er mir nicht befchreiben. So bemerkte er denn einen weilsen Strick, dem er vorne auf der Bruft (hinten) zeigte, der fich vom Halfe bis in die Nabelgegend erltreck- te, und fich dann verlöre; er wäre fingersdick, und in beftimmten Intervallen würde er breiter, und » wie knotig: nichts anderes als das Riückenmark. Während der folgenden Manipulationen, .zeigte er "mir alles dies deutlicher, fagte, dafs fich der weilse Strick in der Nabelgegend in Fäden zertheilte, die er mit dem Finger bis in die Mitte der Schenkel ver- folgte; aus einem der obern Knoten des Rücken- marks gingen ähnliche Fäden nach dem Arme zu; auch kämen aus jedem Knoten welche heraus. Eini- ge Tage nachher l[ahe er neben dem Rückenmarke, und mit ibm parallel zwey [ehr feine Fäden laufen, die in beftimmten Zwifchenräumen, Knoten hätten, und deren unteres Ende er als fich allmählig ver- lierend angab. Die Bezeichnung der Interkoftalner- ven ilt hier nicht zu verkennen, Aulfser dielen hel- len — 275 lem Linen (ey auch die Herzgrube ganz. hell, es feyen hier eine Menge Fäden, und einige ausgezeich- net helle gröfsere Stellen (die grofsen Nervenplexus des Unterleibes). Aufser dielen Nerven beichrieb er mir noch das Herz, als einen hellgrauen Körper, der [ich immer kreisförmig bewegte, und der fehr warm .[ey; ferner die Leber und die Milz, nach ihrer Lage und Gröfse. Beide feyen marmorirt, et- wa wie Muskatennüfle, und hellgrau, etwa in der .Mitte der Leber (an der Stelle, wo die Gallenblafe liegt) [ey ein ausgezeichneter grolser Fleck. Diele Organe fahe er, um [einen Ausdruck zu gebrauchen, conltant; andere nie, den Anfang des Rückenmarks fetzte er immer in den Hals, und es entlpringe hier aus einem Knoten, der grölser fey als die übrigen. Sehr wir uns hier mit der Erklärung auf einem dun- keln Felde, [o ilt dies noch weit mehr bey einigen Erfcheinungen der Fall, die ich die letzten Male, wo ich den Patienten manipulirte, vorzüglich durch Gmelins ähnliche Verfuche aufınerklam gemacht, - beobachtete. Wenn ich [eine Hand berührte, und mich an einer Stelle kratzte, [o fühlte er an derlel- - ben Stelle ein unangenehmes Jucken; ftach ich mich mit einer Nadel, fo fühlte er an [einem Arme die- Selbe Empfindung. Ich [tach meinen Arm einige Male ziemlich derb an der Inlertion des Deltoideus. Den folgenden Tag klagte mir,der Patient, däfs er einen heftigen Schmerz an der genannten Stelle habe. Sie war etwas hart, gefchwollen, und liefs lich wie ein Extravafat von Falerftoff anfühlen. Nach einer, faft eine Viertelfiunde fortgeletzten politiven | S2 Mani: 276 — R Manipulation der Stelle hatte fich den folgenden Tag Schmerz und Gefchwulft verloren, Wenn ich, in- dem ich [eine Hand falste, ftark huftete, fo muls- ' te er, ‘eines heftigen Juckens im Kehlkopfe wegen, auch huften. Rief eine, ihm unleidliche Perlon, in feiner Nähe [tark, [o entftand derfelbe Kützel imKehlkopfe. Verfuche, die ich ‚häufig wiederhol- te, um mich felbft von ihrer Wahrheit zu überzeugen, Einer meiner Freunde, der einen Patienten hatte, der an fehr merkwürdigen nervölen Zufällen litt, und dem der Magnetismus gute Dienfte gethan hatte, nahm, als fein Kranker im magnetilchen Schlafe war, und er fich mit ihm in Berührung geletzt hatte, Pfeffer in den Mund, den der Kranke fogleich als folchen mit Widerwillen fchmeckte; dalfelbe gelchah, ’als er Salz auf die Zunge brachte; und als der Magne- tifeur Wein trank, fo gab der Patient [ein Wohlbe- hagen durch freundliche Mienen zu erkennen. Gegen das Ende diefes zweiten Stadiums, in welchem fich die Geiftestbätigkeit nur durch ein freieres und ungezwungeneres Urtheil über alle äu- fsern Dinge zu erkennen gab, und welches längere und kürzere Zeit, von ı5 bis 60 Minuten dauerte, wurde er einlylbig, das Reden wurde ihm lauer, er hörte [chwer; auf einmal fchlägt er mit einem ‚Seufzer die Augen auf, [chliefst fie eben lo [chnell, und ift nun in der dritten Periode, die bey dielem fo wunderbar regelmälsigen magnetifchen Zuftande Statt fand, die 5 bis 15 Minuten dauerte, und ein wahrer allmähliger Uebergang aus jenem ächt [om- ' nambuliftifchen Zuftande in natürlichen Schlaf, und aus ae 277 aus dielem in das Erwachen ift. — Die Augen find eben [o vollkommen gelchloffen, aber da fie, vorhin leicht zu öffnen waren, fo ift dies hier kaum mög- lich, und damit ilt eine folche Lichtfcheue verbun- den, dafs ich nie im Staude war, die Pupille 2a fehen. Ob das Gehörorgan thätig ift, kann ich nicht, beltimmen; auf.das lautelte Zurufen folgen "höchftens einige Convulfionen, Die Fähigkeit zu reden hat aufgehört; die Hand flieht die Berührung des vor- hin fo angenehmen Schwefels. Die Eindrücke man- cher Perfonen, der Metalle, des Glafes find ‚eben fo unleidlich, als vorhin; das Berühren der Finger- Spitzen beider Hände ift höch!t empfindlich. Alles dies nimmt ganz allmählig ab, bis nach einigen Mi- nuten die äufsern Eindrücke gleichgültiger werden, das Ohr fich für Töne empfänglich zeigt, der Schla- fende träumt, und nicht [elten im Traume auf die hier gewöhnliche halb unverltändliche Weile [pricht, und wirklicher natürlicher. Schlaf ‚vorhanden ift, Nach wenigen Minuten erwacht der Schlafende mit einem tiefen Seufzer, und alle Erinnerung deflen, was Seit den erlten Touren der Manipulation vorge- gangen ilt, ift verf[chwunden. Einige Minuten fühlt der Kranke Mattigkeit und Unthätigkeit der will- kührlichen Muskeln, die bald in ein defto angeneh- meres Kraftgefühl übergeht. Gleich nach dem Er- » - wachen, dem immer ein ziemlich heftiger Hunger folgte, ift die Empfänglichkeit für die Manipulation ungemein grols, fo dals kaum merkliches Magneti- firen, Selhft aus einer Entfernung von mehreren a im Augenblicke wieder den magnetifchen Zuftand 278 — a Zuftand‘ hervorbringt, Nur'wenige Male ilt mag- NHetifcher Schlaf’ von felblt erfolgt, "was lo häufig wahrgenoinmen ilft, und der fich durch nichts von dem durch den Maönetifeur hervorgebrachten: Zu- ftande unterfcheidet, "als durch eine mindere ir tenGtät der Er[cheinungen. Seit dem Anfange’der Manipulationen hat er bis zum Januar 1804. keinen "Anfall von Epilepfie wie- _ der gehabt. Sein eliemaliger Frohfinn kehrte bald wieler Zurück. Jetzt hat ein alutes Nervenfieber, was mit [einein ganzen immer noch kräfiklichen Zu- ftände gewils in naher Beziehung fteht, "die Beob- ächtungen, die ich ohnedies nicht winde "haben fortfetzen können, unterbrochen, Vielle eicht ent! hält das Gefagte einige Data, 2 es nicht‘ ganz an Werth fehlt. | aD folk Te ’ In welchem Verhältniffe diefer [o-nierkwürdige magnetifche Zuftand zu denEifcheimmgen des'Schla- fens und Wachens ftehr/" das wird man er dänn genauer angeben können, wenn man die Zuftände des Schlafens’und Wachehis [elbft erft genauer'ken} nen wird. Schlafen ‘und Wachen darf ılan "hicht als [ehlechtliin entgegeneletzte Lebenserfeheinttigen betrachten, fondern iur als verfchiedehe Stüfen, die der 'thierifche Körper in dem allgemeinen Organis- Mus einnimmt.. Betrachten wir nemlich das organi- fche Leben als eine fiiedere Pötenz derfelben Tha- E tigkeit, die fich 'auf der höhern Stufe als thierilches - Leben äufsert; [ehen wir diefelbe Thätigkeit in je- Aem' Zuftände als bildende, in dielem als bewegende en an, und ferzen wir’ den Schlaf der höherem Thiere } N 279 Thiere jenem, das Wachen diefem Verhältniffe gleich: fo wird es dadurch leichter‘ verftändlich,; dafs man den Schlaf nur eine niedere Stufe des Le- bens im Allgemeinen nennen kann. Esiift kein an« derer Weg, als die magnetilchen Lebenserl[cheinun- gen für Mittelzuftände des Schlafens und Wachens anzunehmen, dafür fpricht auch die Verfchiedenheit diefer Erfcheinungen bey verf[chiedenen Subjekten *), die in ihrer individuellen höhern oder niedern Or- ganifation begründet ift. Der, wenn auch nicht im- mer vorhandene Mangel der Bewegung willkührlicher Muskeln und der freie Gebrauch nur weniger Gei- fteskräfte nähert die magnetilchen Erfcheinungen dem Schlafe an; andere Phänomene erinnern uns wieder deutlich an das’ Wachen. Einft, da der Geift mei- nes Kranken aufserordentlich aufgeregt war, war fein magnetifcher Schlaf unruhig, er fühlte die Ne- belfphäre um fich her, in beftändiger wogender Be- wegung, konnte leicht die Augen öffnen, und nach - feiner Verficherung, ungeachtet die Pupille wenig eontraktil war, wie durch einen Nebel die Gegen. frände umher fehen; dabey aber war die Umkeh- fung (fiehe oben) der feitlichen Polarität [chon völ- lig ausgebildet; ein, wie mir fcheint, dem Wachen angenäherter Zultand von Somnambulisimus. Ver- änder- , [2 FR So fand bey diefem Kranken die merkwürdige Verfchie. „ denheit Start, dafs das bey andern Somnambulen fo häufige " Divinationsvermögen (was ganz an Werrerprophezeihunge 1 uf. w. niederer Thiere erinnert), falt gänzlich fehlte, und fich nur in foweit durch die Aeufserung des Kranken zu erkennen gab, er werde, wenn er fortmagnetifire wür- de, feine epileptifchen Anfalle nicht mehr bekommen. 280 — änderte Verhältnilfe.der Elektrizität [pielen bey allen diefen Er[cheinungen eine Hauptrolle und müllen fie Spielen, ‘wenn wir uns entfchlielsen, fie als das ewig rege Prinzip, des fieh mır durch Thätigkeit äufsernden Lebens anzulehn. Ritter undCaven- difh fanden den Kopf im Wachen — elektrifch ; [oll-: ten die vielen angeführten Erfchemungen von pohti- ver Elektrizität nieht auf ein hier: Statt indendes um-; gekehrtes Verhältnils [chlielsen lalfen? Doch, dies, ift eine Vermuthung,. auf die ich felbft keinen Werth legen darf. Wenn nun der, Somnambulismus genannte Zuftand durchaus nicht den Ideen, die wir über Le- bensthätigkeit haben, widerfpricht, fondern nur eine niedrigere Lebensftufe des höhern Organismus be- zeichnet (wie denn manche auf einer niedern Stufe des Lebens ftehende Organilationen, einige Molluskeny, Polypen u. f. w. ein ähnliches erhöhetes Gemeinge- fühl zeigen; an Spallanzani's 'Verfuche mjt geblen- deten Fledermäufen darf ich’ kaum erinnern ):.,[o lälst ich wohl abl[ehen, wie fich auch ohne den Ein- @ufs der magnetifchen Manipulation diefe Phänome+ ne in einem kranken Körper äufsern können, (und wie magnetifche Manipulalion auch bey andern Or- ganismen als dein menfchlichen ähnliches hervorbrin- gen könne) *). So exiltiren hier in Halle gegenwär- tig *) Vor wenigen Wochen fchreibt mir ein fehr glaubwürdiger Freund aus Berlin, dafs er vor Kurzem auf einer Reife Jemand kennen gelernt habe, deffen Mopshund nach einer ziemlich unregelmäfsigen, nur wenige Minuten dauernden Manipulation vom Halfe bis zum Anus herab, die Augen gefchloffen, und Stunden lang wie fchlafend dagelegen habe, — | 2Bı tig zwey natürliche Somnambulen, deren Krankheit fich ın äufser[t merkwürdigen Er[cheinungen äulsert. Bey dem Einen ift die Perfönlichkeit völlig vertaufcht, er [pielt eine durchaus andere Rolle, als er in der Pe- riode des Wachens [pielt, und was belonders merk- würdig ift, hat das Diyinationsvermögen in einem aufserordentlich hohen Grade. Er fagt feine An- fälle und ihre. Dauer mit der gröfsten Beftimmtheit voraus, giebt Methoden an, wie man [eine Zufälle erleichtern könne, die mit Erfolg angewandt wer- den, und zeigt in ‚allen Handlungen des Körpers und Geiltes eine Agilität und Stärke, die er im Wa-, chen nicht hat. Es thut mir leid, über diefen [ehr merkwürdigen Kranken nichts mehr hinzufügen zw können, da die bey ihm beobachteten Er[cheinun« gen gewils zu manchem wichtigen Refultate führen möchten. Doch, der Raum ift zu be[chränkt, als dafs ich mich hier noch weiter über die erzählten Thatfa- chen ausbreiten dürfte. Auf jede Erklärung dieler Phänomene thue ich gern Verzicht, und überlalle Ge den grolsen Phyfiologen, denen ich die unbedeu= tenden Kenntniffe, die ich mir in dielem Fache gr4 worben habe, verdanke, Ana- Anatomifch-phyfiologifehe Erklärung --der Sinnesverrichtung des Gelichts, "von D. Weberin Mainz. a ; y Ein großer; über [eine Zeitgenollen weit erhabe. Her, und vielleiehteben deswegen von denfelben - Boshafter Weile verleümdeter, und von feiner Nach- welt, der-für uns gegenwärtigen, noch iminer Lehr Falfch beurtheilter' Arzt erklärte mit Recht die blos mechanilche Unterfachung der todten Gemifche des; menfchlichen Körpers für unnütz und zeitverderbend, wenn man nicht auf den Zweck Rücklicht nehmey welcher durch die’ beftimmte Form und Mifchung derlelben im lebendigen Zuftande”deffelben erreicht werden [oll, d.h. wenn man über das blofse Da- feyn eines gerade fo und nicht anders Beftimmten fich nicht zu dem Organifchen derfelben erhebend, den Mechanismus in feinen Steigerungen zum Orga- Sismus verfolgend erforfche: Die Erforlchung der Zweckmäßigkeit der Naür würde aber felbft in Zweckloligkeit ausarten, wenn’ man yon einer un- bändig nach Zwecken hafchenden‘ Einbildungskrafe hingehalten, entweder diefen oder jenen Gegenftand in Seiner Caufalität ay£rlie Tetallumme. alles Seyns und Werdens ergründen, oder der Natur Zwecke unterlegen wollte, die man durch niehts beweilen, und begreiflich zu machen im Stande wäre. Nür die nächlien und ganz ungezwungen aus der Art des Seyns eines Gegenltandes, und in feiner Beziehung auf andere, fich ergebende Zwecke müllen und [ol- len 233 ‚len von dem teleologifch erforfchenden Zergliederer Band Scheidekünftler in der Natur nachgewielen, > und von denfelben in ihren Caufälverbindungen wei- . ter verfolgt und beftimmt werden. % Von diefer Idee geleitet wage ich es, einen Theil des menfchlichen Gehirns , ich meine, die Sehehügel und die aus denfelben entliehenden, eine gewilfe und beftimmte Ordnung in ihrem Laufe be obachtenden, Sehenerven in ihrer Zweckmäfsigkeit in dem lebendigen Zuftande des menfchlichen Kör- pers zu beftimmen, und weiters noch zu berich: tigen. \ In keinen Theil des menfchlichen Körpers ilt auch fchon in mechanifcher Hinficht denfelben be- trachtet, das forfchende Meflfer des Anatomikers weniger tief eingedrungen, als gerade in den wich- tiglten, zu den intellektuellen und moralifchen Ver- Fichtungen deffelben beftiminten Theil, nemlich in das Gehirn. Wenn man hey ziemlich genauer Zer- gliederung und Zerlegung anderer Theile und Or- gane deflelben, nach Jängen Träumereien falfcher Zwecke, endlich feine Unwillenheit eines Zweckes und Nutzens derfelben fich gutherzig geftehen muß- te, [o fragt es fich, wie werden wir bey der Zer- - gliederung der einzelnen Theile des Gehirns, von delfen Hauptzwecke im Ganzeh genommen wir uns Zwär für überzeugt halten, der Natur ihren in den- _ felben beabfichteten Zwecke zur Aeulserung der“ fo fchiedenen Seelenverrichtungen auf die Spur mmen, da lie durch das anatomifche Mefler noch nicht einmal mechanilch zergliedert,-am wenigften u \ aber 254 x — aber die letzten Endigungen der Nerven bis ‘in ihren Urf£prung in demfelben verfolgt werden konnten? Wenn wir uns$,aber von irgend einem Theile dielfes auch die feinfte Zergliederungskunft ermüden- den, gleichwohl aber fo änfserft wichtigen auch die auf alle fernere Erforfchung Verzicht gethane Erfor- fchungskunft immer von neuem wieder zu anato- mifch - phyliologilchen Unterfuchungen anfpornenden Organs, ‚einer gefundenen Zweckmälsigkeit verfi- chern dürfen; fo glaube ich diefes von den. Sehehü- geln, und den daher kommenden in ihrem Verlauf und Verbindung ganz eigens befchaffenen Sehener- ven behaupten zu können, N Sollte aber auch wirklich eine gründliche und vollftändige, d. h. eine anatomifch - phyfiologifche Er- Klärung des Sehens ausgemittelt werden können, lo konnte auch nur, eine genaue und‘ richtige Erfor- (chung der genannten Theile diefes Organs die Grundlage werden. Wie wenig befriedigend die blofse optifche Un- ter[uchung die Gefchichte des Sehens zu erörtern, zumal die Hauptfragen über dalfelbe zu löfen im Stande war, will ich nur dadurch in Erinnerung bringen, dafs von Akademieen vor den zwey, letzten Jahrzehnden Preile für die Beantwortung derfelben ausgeletzt wurden, die aber, wie die baldige Zu- rücknahme, zeigte, nicht beantwortet werden konn- ten. Hätten die»mit der Erklärung des Sehens be+ falst gewefenen Optiker fich diefe ihre Aufgaben auch nur deutlich gedacht, diefelben richtig, gefalst und. begriffen, fo.würden fie gefunden haben, ‚dafs zu 285 zu einer gründlichen und vollftändigen Erklärung - deffelben, aufser einer camera obleura und der fub- "ilern Lichtmaterie noch ganz andere, und zwar noch welentliche Faktoren erfordert würden; hs würden gefunden und einfehen gelernt haben, dafs fie mit ihrem Bauzeug höchltens die Abbildung eines - Objekts im Äuge, keinesweges aber ein Seben, ein lebendiges Sehen eines lebenden Organismus begreif- lich machen konnten, und [ich [onach die eitle und vergebene Mühe er[part haben, aus Bruchltücken ein Ganzes zu liefern, Um uns daher, wo möglich über die zu jeder . Zeit jeder willenfchaftlichen und gründlichen Unter- fuchung im Wege geftandene, und insbe[ondere über die hier in unferem Falle Statt gefundene Einfeitig- keit zu erheben, [o verbinden.wir mit den Erklärun- gen der Optiker das, was anatomilch- wahre, un- widerftreitbare Thatfache ilt, und [chaffen unlere anatomilch - optifche Erörterungen, bey Berück/ich- tigung der höchlten alles belebenden und ordnen- den Thätigkeit, von welcher an feinem Orte die Rede [eyn foll, zu organifch - phyfiologi- fchen Conftruktionen um; und [uchen [onach auf diefem Wege unfern Unterfuchungen diejenige Genauigkeit und Vollftändigkeit zu geben, l[o wie bey einem fo [chlüpfrigen und mühfamen Gegenftan- de erwartet werden darf. Nachdem wir uns nun über die Hauptmomente, und die Art und Weile der Unterfuchung diefes uns zur Aufgabe vorgeletzten Gegenftandes in kurzem . - _ erkläret ri a + 280 ö LM erkläret haben, [o gehen wir zu der Uniexrluchung felbften über. Das Eigentliche, worauf es bey diefer ganzen Unterfuchung vorzüglich ankömmt, betrifft eine ge- naue und vollftändige Erörterung der Dekulfation der Sehenerven. ; Wenn wir bey den berühmteften Anatomikern, die fich mit der Unterfuchung dieles Gegenftandes abgegeben haben, nachfehen, fo finden wir die wi- deripreehend(ten. Meinungen. Dies mufs allerdings den einfeitig zu denken und zu unterluchen Gewöhn- ten zweifelhaft machen, welcher Meinung beizu- . pllichten fey, ibn aber noch'nicht, wie Andere, zu dem Gedanken verleiten, alle fernere Unter[uchun- gen über diefen, obgleich mit fo vielen Schwierig- keiten verbundenen Gegenftand als zwecklos und un- fruchtbar zu verwerfen, Vielmehr follte iman [chon daraus, dals die gröfsten Anatomiker über diefen Gegenftand entgegengeletzter Meinung find, nicht nur blos muthmafsen, fondern willen, dafs, was immer der Fallift, wenn die Behauptungen grolser Männer lich entgegengeletzt find, fie beide zugleich wahr, oder vielmehr, dals das Wahre ein Drittes aus beiden zulammengelfetztes [ey. \ Zu den Vertheidigern der Dekuffation der Sehenerven fcheinen Santorinus, Boerhave, Bertrandi, Monro, Haller, Sömmering und andere zu gehören. Die Gründe, welche diefen Mämern die De- kulfation der Sehenerven wahrfcheinlich zu machen. fchienen, find ' Sa Jidie 2 287 ı) die muthmalslicheDekullution der Nerven über- haupt in ihren Urfprüngen im Gehirn, aus [o- gleich anzugebenden Gründen; 2) die bey Augen -- und Hirnverletzungen zwifchen beiden eigens Statt gefundenen pathologilchen Erfcheinungen, und endlich 3) die unmittelbare Wahrnehmung derfelben bey der Sektion. Ad ı) Unzählige Beobachtungen zeigten, dafs ‚die bey Kopfverletzungen gewöhnlich einzutreten pflegenden Conyulfionen und Lähmungen immer an den der Kopfverletzung entgegengeletzten Extremi- täten erfolgten. Von einer Magd, ‘deren Schedel eine Contufion und Fraktur erlitten hatte, meldet Hippokrates: „convulfio autem manum finiftram occupabat, in dextra tamen parte vulnus habebat,“ und an einem andern Orte „quibus tempora l[ecan- tur, ex adverla [ectionis parte convullio contingit; ‚at fi finiftra, inquit, tempora [ecta, dextra convul- Go prehendit, & vero ad dextra fuerint fecta tempo- ra, finiftra convulfio prehendit,‘* Daäffelbe beltätiget er von den Gelchwüren mit diefen Worten: „liqui- ‚dem finiltra capitis parte ulcus habuerit: dextram corporis partem eonvullio prehendit;. A.vero dextra ‚eapitis parte uleus babuerit: finiftram corporis con- wulfio prehendit.‘“ Eine auch von, ihm an der ent- gegengeletzten Seite der Kopfverletzung beobachtete Lähmung erhellt daraus, dafs er fagt, „capite vul- _ neratos impotentes fieri, fi in dextris fuerit vulnus, in finiftra parte; fi vero in fniftris; in dexta parte.“ Vallalva behauptet im Allgemeinen, dals er in den mei- ‚288 meiften Fällen, falt keine Refolution in Apoplexieen ‚gelehen, deren Urfache, nach der Section des Ka-, davers, er nicht in der entgegengeletzten Seite des «Gehirns gefunden habe, Daffelbe beftätigt Morgag- ni mit folgenden Worten: „id mihi etiam in iis, quas Bononiae, et Venetiis habui, ejusmodi cada-. verum diflectionibus, [emper, conftantergqne perlpectum elt.“ Quod£A aliquando, pergit Valfal- va, ad alteram'cerebri partem extendebatur laehio, häec tamen in parte oppofita multo fuit notabilior.‘* Metzger führt in einer Inauguraldiffertation an: Ein junger Menfch, welcher von einem Pferdehuf auf der linken Seite des Kopfs einen Schlag erhalten hatte, bekam eine, obgleich unvollkommene Läh- mung auf der rechten Seite. — Diele hier ange- führte Beobachtungen mögen einftweilen als Erläu- ° terungen für diefen Fall hinreichend leyn. Ad 2) Hieher gehören vorzüglich folgende von Haller in Ablicht auf die Dekullation, gemachte und erwähnte Beobachtungen: a) Nach einer Ver- wundung des linken Hirnlappens erfolgte ein Stupor des rechten Arms, und eine Stumpfheit des rechten ‘Auges. Db) Blindheit des rechten Auges eines An- dern von einem Afterauswuchs im rechten Hirnven- trikel. c) Die Verletzung des linken 'Sehehügels zog einen Fehler im rechten Auge nach ich. d) Nach einer Verwundung des linken Auges erfolgte Kopf- wehe und Lähmung nicht auf der linken, [ondern auf der rechten Seite, Ad3)Hieher gehören endlich alle von Schwam- merdam, Bartolin, und vorzüglich von Söm- me- “x mering bey der Sektion eitehlieher" ah "und an Thieren aller Art gemachte Beobachtun- gen, deren Berichtabltattung ich übergehe‘, 'theils, ‚weil ich ‘he als bekannt vorausletzen darf, theils . aber auch, weil fie mich von meinem Zwecke zu weit entfernen würden. Den’ Wahrnehmungen und Beobachtungen die- fer, Stehen die Wahrnehmungen und Beobachtungen anderer nicht weniger berühmten Männer entgegen, z.B, die eines Velalius, welcher zwey Fälle er- zählt, wo die Sehenerven bis zu den-Sehehügeln ungleich, und einen Fall, wo he offenbar nicht durchkreuzt, fondern yon einander getrennt waren, Camper [chrieb in.einem Briefe an Sömme- ring, „quae de nervis opticis notalti, imihi valde placent. Nefeio, utrum in homine deculfatio de, tur; memini, me Amstelodami vidiffe juvenem, cu- jus dura meninx lateris fniliri, ex cranii fractura nuda erat, oculusgque finifter eoecus evadebat ex for- "tiori, lieet non dolorofa comprellione, ‚Blumenbach erzählt in dem zweiten Bande zweiten Stücks feiner Biblioıhek Folgenden Fall: Ein Kind, welchem man die Krätze durch Bleimit- tel zurückgetrieben hatte, bekam eine Proptolis des "linken Auges; nach der Extirpation diefes Auges bekam das Kind nach drey Wochen den [chwarzen Staar am rechten Auge, und [tar darauf nach zwey Monaten. Bey der Sektion fand man auf den vorde- ren Hirnlappen eine geronnene, der Grölse eines Eies gleichkommende Malle, welche bis zum linken Sehehügel fortlief, den rechten Selenerven an den Arch.f.dı Phyf. V1.Ba. 11. Heft. A Stol- 290 — Stollenfortlätzen. 'aus [einer Lage verrückte , derge- fallt, .dals‘fich daraus deram rechten Auge entltan- dene [chwarze Staar [ehr gut erklären liels. Vereinigung der entgegengeletzten Partheien Der Bürger Profe[llor' Ackermann in Mainz hatte das Glück in einem pathologilchen Falle, welcherihm bey der Unterfuchung eines Gehirns vorkam, das bei fa m-> menzu [ehen, was die angeführten entgegengeletzten' Partheiennur einzeln gelehenund beobachtethatten. Bürger Profelfor Ackermann fand nemlich in dem angedeuteten Falle, dafs die Markfubltanz je- des Sehenerven von jedem Auge aus zum Theil an den Sehehügel derfelben, zum. Theil aber an ‚den Sehehügel der entgegengeletzten Seite, ging, wie die hinten auf der Kupfertafel ftehenden Fig. IHM. III für den berichteten Dekuflationsort am Türken- fattel begreiflich machen. Der fchattirte Theil loll die von den Augen kommende und an die Sehehügel derf[elben Seiten gehende, der unfchattirte aber die zu den, den Augen wechfelsweile entgegengeletzten Sehehügeln gehende fich am Türkenfattel dekuffiren- de Markfubftanz der Sehenetven vorlftellen. Durch diefe Entdeckung, welche wir die Partialdekuf- fation nennen wollen, wären fonach die Partheien, ihrer Wahrnehmungen und Beohachtungen ungelcha- det, vereiniget, — Durch diefen pathologilchen Fall aufmerklam gemacht, beobachtete Bürger Profellor Ackermann mehrere dergleichen fich durch dasmehr oder weniger derDeutlichkeit von einander unter- 3 Sche; — 291 [cheidende Fälle, von denen er wirklich noch meh- rere an unter£chiedlichen Prä äparaten dem fich darum intereffirenden Sachkenner vorzuweilen hat, Diefe in der Natur in einem pathologilchen Fal- le dargeltellte Partialdekulfation der Sehenerven "hätte auch [chon blos aus den angeführten und er- örterien entgegengeletzten Beobachtungen und Wahr- nehmungen zum Behuf über das pro und contra der Dekuffation. derfelben, a priori deduzirt werden können. Demjenigen, der etwa auf diele Deduk- tion begierig wäre, [tellen wir he hier auf. Jede Parthey, die ihre Meinung durct gefetzt ha- ben will, ftützt fich auf unleugbare in 'der Natur Felbft nachgewielene Thatfachen. Die Wahrheit und Richtigkeit der Thatfachen der einen Parthey zum Nachtheil der andern gerade und tehlechtkin be- haupten zu wollen, geht deswegen nicht an, weil jede Parthey auf demfelben Wege, nemlich dem der richtigen Wahrnehmung und Beobachtung das gefun- den hat, auf welchem die andere das Gegentheil ge- ‘funden zu haben behauptet. Sie müllen allo verei- nigt werden. Jedoch aber können lie, wenn jede Parthey abfolut und [chlechthin vom Ganzen über die Verbindung der Sehenerven das behauptet, was der "Behauptung der andern abfolut und [chlechthin ent- gegengeletzt ift, nicht neben einander beftelien. "Sie müflen allo die Quantität ihrer Behauptungen heilen. Jede muls von ihrer Behauptung [oviel auf- geben, und der andern zugeltehn, als nöthig ilt, dafs fie zulammen beftelien können. Dies gelchieht aber dadurch, dals jede nur von einem Theile der 22 Sehe- wi 292, Ser i Sehenerven das behauptet, was jede vom ganzen Sehenerven behauptete, nemlich dals fie fich nur zum Theile dekuffiren, indem ein Theil der Mark- fubltanz jedes vom Auge kommenden indecuflatim mit dem von dem entgegengeletzten Auge komme den Sehenerven an den Sehehügel derfelben Sarg: der andere Theil der Mark[ubftanz aber an den, den Augen wechfelsweile entgegengeletzten Sehehügel geht. Und fo wäre dann die Ackermannfche Entde- kung eine Nachweilung in der Natur von demjeni- gen, was wir hier ohne alle Berücklichtigung der- felben a priori deduzirt haben, welcher wir noch eine Haupibeftätigung dadurch geben, 'dals wir aus ihr die Hauptmomente zur Beantwortung der gleich ‘über die Gefchichte des Sehens aufzultellenden, durch fie jetzt erft leicht, ungezwungen, und befrie- digend aufzulöfenden Fragen entlehnen. Phyfliologilche Sätze. Dafs von der Struktur und der qualitativen Be- fchaffenheit der Sehehügel und Sehenerven in dem . lebendigen Körper die richtige Empfindung des Se- hens abhange, ift fo klar, als es klar ift, dafs in einem jeden Organe der hinreichende Grund [einer an ihm erkennbaren Veränderungen liege; aber wel- chen Veränderungen im Gehirne, den Sehehügeln und Sehenerven die richtige Empfindung des Sehens ent[preche, und wie die Struktur und qualitätive Befchaffenheit diefer Organe das Sehen begründen, dies find Fragen, deren Beantwortung, wie es [chei- nen B er. 293 nen dürfte, in die beinahe unerforfchlichen Tiefen der Phyfiologie eingreift. . “Indem ich nun eines Theils die Struktur, und die qualitative Befchaffenheit der genannten Organe unter einem organilchen Gefichtspunkt d. i. zur Be- gründung gewilfer Sinnesverrichtungen zweckmä- [sig eingerichteter Organe betrachte und erforfche; andern Theils aber auch zugleich mit dielen die Sät- ze der Optik verbinde, und durch die höchlte, alles belebende und zweckmälsig ordnende Seelenthätig- keit die Momente der Anatomie mit denen der Optik in ihrer inpigften Beziehung auf einander vorlftelle und umfaffe, fo glaube ich allen zu einer gründli- chen Unterfuchung diefes Gegenftandes erforderli- chen Bedingungen entlprochen zu haben, Ich gehe nun zur Aufitel'ung und Beantwortung der er[ten und wichtiglten, die Löfung aller übrigen’ faft fehon in fich [elbft enthaltenden Frage üßer, nemlich: Wie geht es zu, dals der [ichtba- reGegenltand mit einem Auge ganz gele- hen wird? Der blolse Optiker ftellt fich die Sache etwa auf folgende Art vor: Von einem „jeden leuch- tenden oder erleuchteten Körper gehen nach gera- den Linien Strahlenkegel aus, deren Spitze der ficht- bare Punkt, die Grundfläche aber die vordere Flä- ehe des Augapfels ift. Die allo nach divergenter Richtung auf die cornea transparens gefallene radii der Strahlenkegel werden bey ihrem Durchgange ‚ durch diefelbe, und die theils vor, theils hinter der "Papille fich befindende die Augenkammern erfüllen- den Feuchtigkeiten immer mehr und mehr ad per- pen- 294 a pendiculum gebrochen, bis fie hinter der Kryltallinfe fich wieder fammelnd, endlich dasBild des zu fehen- den Gegenftandes auf der Netzhaut richtig abmah- len. Diefes auf der Netzhaut abgemahlte Bild wird nun von der in einem eigens im Gehirne dazu be- fiimmten Organe befchaut und perzipirt, und ganz mit einem Äuge perzipirt deswegen, weil die See- le den Gegenltand dahin zu letzen gewohnt ilt, wo die Spitzen der von ihm ausftrömenden und auf die cornea fallenden Lichtkegel zulammentreffen. — Ich frage aber nun, welches ift denn das Organ, auf welchem die Seele ihr Oblervatorium aufgelchlagen hat? Ich kenne nach diefer Anficht der Sache nur zwey Hauptvorftellungsarten, nach denen man auf diele Frage antworten könnte. Entweder man [tellt fich vor, das Bild werde von dem auf derfel- ben Seite des Auges, in .delfen Netzhaut es abge- mahlt worden, fich befindendem Sehehügel obfer- wirt; oder man ftellt fich vor, die Seele theile ihre obferyirende Thätigkeit, (um das, verfteht für un- fern aufgeltellten Fall nur in einem Auge abge- inahlie Bild zu obflerviren) und befchaue daflelhe y von beiden Sehehügeln, eine Vorltellungsart, zu der die Optiker auch von ihrem Standpunkte aus noch nich: einmal eine Befugnils aufzeigen können, Angenommen, was man, wie ich unten erörtern werde, annehmen muß, dafs die von den Sehehü- geln gehenden Sehenerven die Empfindungsleiter der zum Sehen er forderlichen Seelenthäugkeit feyen; fo frage ich, wenn die Sektion eines bey Lebzeiten nur mit einem guten Auge verlehen gewelenen Men- z Sr 299 Menfchen eine offenbare-Cormiption an dem auf.der Seite des guten und gefunden Auges, hinter der De- kuflation liegenden Sehenerven nachgewielen habe, wie diefer, Menfch mit diefem feinem einen Auge alle Gegenftände ganz habe [ehen können, da er nach der erften Vorftellungsart keinen, nach der zweiten aber jeden Gegenftand nur halb hätte fehen müllen. In dalfelb& Argument heht, ich «der blos optilch das Sehen erklären wollende Phyfiolog ver- wickelt, wenn er erklären foll, wie,Menfchen mit beiden Augen, (abgerechnet, dafs er nicht erklären kann, ‘wie man/mit beiden Augen die Gegenltände nicht doppelt fehe). die Gegenftände noch iminer ganz fahen, wenn nach ihrem Tode die Sektion eine Corruption. der einen oder der andern Sebenerven- . fubltanz, oder gar eine. Corruption beider, Schener+ ven vor oder hinter dem Dekuüllationsorte aufgezeigt hatte. i Ing «. ‚Nachdem ich,.nun die Unzulänglich};eit der blo- Isen Optik zur Beantwortung diefer Fragen in ei- nem Beilpiele begreiflich gemacht zu haben glaube, fo gehe ich zur ‚Darltellung meiner‘, Exklärungs- eit,übersn! 4 zolı \ Nachdem wir'aus der im, Vorhergegangenen er- ‚ örterten, anatomilchen , Thatfache gelehen haben, dals jedes Auge mit beiden Sehehügeln durch die m Markfubftanz der Sehenerven dadurch, dals die eine Portion indeeulfatim an. den Seheltügel derfelben Seite, die andere decuffatim mit dem von dein ent, gegengeletzten Auge kommenden zu dem Sehehügel der entgegengeletzten Seite fich verlaufe,, in unzer- 3 trenu- N ö »7 298 —, trennlicher Vierhindung ftehe,) fo find wir als anato- milch phyliologifehe d,'h.den Bau des Organismus in feiner Zweckmälsigkeit auf die im lebenden Zu- ftande ihm zukommenden Verrichtungen zu beftim- men [uchende Forfcher nothgedrungen zu behaup- ten, dafs die Propagation der Eindrücke des im Auge ahgemahlten "Bildes ‘mittelft der Sehenerven- portionen als: der eigentlichen Empfindungsleiter für diefe Arr'von Eindrücken, 'zu den beiden Sehehü- geln, ablolut erlorderliche;' nothwendige Bedingung des Sehens fey, ‘ Für diefe Behauptung [prieht noch die Unerklärlichkeit eines [ehr einfachen "Experi- iments über Farbenmifchung aus. einem andern Prin- zip,. aufser demjenigen, von welchem wir hier ausgehen, Man fehe mit einem Auge durch ein gel- bes, und mit dem andern Ange zu gleicher Zeit'durch ein blaues Glas, [6 wird man die Gegenltände‘ grün gefärbt fehen. Diefe Farbenmifchung kann ‚nieht Schon aufserhalb der Augen vorgegangen leyn, [o dafs etwa das Bild eines [o gefehenen Gegenftandes auf der Netzhaut jedes Auges grün gefärbt abgemahlt wurde, fondern es muls das Bild auf der Netzhaut eines Auges gelb, und auf der des andern Auges blau’ abgemahlt werden. . Die Farbenmilchung kann alle nur bey Fortpflanzung der auf den Netzhäuten heider Augen verfchiedentlich gefärbt ftehenden Bil- der zu den beiden Sehehügeln, in dem Dekuflätions- punkte der beiden Sehenerven gefchehen feyn, d.h. die Fortpflanzung derEindrücke des doppelten, 'allo ‚auch des einfachen, Bildes zu den beiden Sehehügeln ilt nothwendige Bedingung des Sehens. Damit-man aber . aber das [o eben Gefagte nicht misdeuten, und mein 297 fo eben gegen die optilche Erklärungsart gemachtes Argument nicht etwa gar gegen mich [elbften um- kehren, nnd [ägen ;nöge, dafs ich mir durch die Behauptung der Nothwendigkeit einer Propagation der Eindrücke des im Auge abgemahlten Bildes zu den beiden- Sehehügeln-doch fo was von einer ge- theilten, obfervirenden Seelenthätigkeit dächte; [o mache ich gleich zu Anfange bemerklich, dafs ich durch diefe Behauptung nichts mehr und nichts we- niger lagen wolle, als dals. das Sehen durch eine 'Seelenbandlung gelchehe, die bey guter Befchaffen- heit und Affektion der.übrigen zum Sehen zweck- mälsig eingerichteter Organe, erft durch diele Affektion, die Affektion der beiden Se- hehügel als einer ablolut nothwendigen Bedingung vollkommen befltimmt und vollendet werden könne; wobey ich noeh bemerke, dafs wir über den eigentlichen Zultand der Seele in der.voll- endeten Beftimmung diefer Handlung eben lo we nig unterrichtet feyn können, als über jede andere vollkommen beftimmte Geifteshandlung, weil das Se- hen fowohl, als jede andere durchaus beltimmte Gei- Steshandlung unmittelbare Zuftände unleres Seyns aus- drucken „ und wir [onach nicht wieder unfer Sehen . feben, und unfer Denken denken können. Wir können nur foviel'von der Seele behaupten, dals irgend eine ihrer beltimmten Verrichtungen an irgend eine gewille [o und nicht anders gebaute Form und [o nichts ander beftimmteMilchung nothwendig gebunden fey, welche beltimmte Form und Milchung wir in Hin- ® ins ficht 298 zul Sicht ihres Zweckes als Bedingung zu einer zu Stande kommenden beftimmten Seelenverrichtung ein Or- gan im eigentlichen Sinne des Wortes nennen. Wie aber die Seele an ich, und in einer ihrer beftiimm- ten Handlungen modihzirt und befchaffen fey, find iranscendente Fragen, die der unfterbliche Reforma- tor der philofophifchen Wiflenfchaften, Kant, bey Zurückführung der in unbekannten Regionen ausge- fchweiften, und irre geleiteten Vernunft in ihr eige- nes Gebiet in [einer Critik der reinen Vernunft, hin- länglich diseiplinirt und in ihrer Unbeäntwortlich- keir dargeftellt hat: Man wird uns daher nicht wie- der was anmuthen zu befiimmen und zu berichtigen, was jetzt einmal als unbeltimmbar und unerforf[ch- lich bewiefen worden ilt. Wird nun das Bild eines Gegenftandes auf der Netzhaut eines Auges rich- üg, d.i. dem Gegenftande ent[prechend abgemahlt, und dadurch die erfte Bedingung zum Sehen er- füllt; fo ift erfichtlich, dafs durch die in Form und Mifchung 'unverletzten von dem Auge kommenden Sehenervenportionen der Eindruck des Bildes zu den Sehehügeln fortgepflanzt, und fonach auch die Zweite Bedingung des Sehens erfüllt werden mül- fe. Befümmt lich jetzt die freie Seelenthätigkeit *) bey ° *) Anmerkung. «Auch bey dem Gegebenfeyn aller zum Sehen norhwendigen Bedingungen wird die Seele noch nicht nothwendig ‚zur Handlung des Sehens beftimmt, Das Sehen ift eine freie Handlung. Wie wahr das fey, zeigt fchen die gemeinfte Beobachtung, dafs wir oft, bey einer Meditation mit offenen Augen dafitzen oder umhergehen, Gegenttände aller Art in unfere Augen fallen, und am-En- ‚de unferer Meditarion uns oft keines einzigen gefehenen Gegen- 299 ‚bey dem Gegebenleyn diefer zum Sehen nothwendi-- gen Bedingungen zur Hervorbringung der Gelichts- empfindung, fo wird innerlich, aber blitzfchnell, der gemeinen Beobachtung entf[chlüpfend, diejenige Impulfion, ‚welche gelchehen mufste, um durch Ent- werfung diefe Geltalt hervorzubringen, von der con- feruirenden Thätigkeit nachgeabmt, der Eindruck des Bildes im Auge, als Schema, der Nachahmung fixirt, und der Gegenltand genau in den Raum ge- Setzt, in welchen, wie die Optiker fich ausdrücken, die Spitze der von ihm ausftrömenden Lichtkegel zulammentreffen. Und fo hätten wir denn die. erfte und wichtigfte Frage beantwortet: Wie gehtes zu, dafs der fichtbare Gegenftand. mit einem Auge ganz gelehen wird? \ An die Beantwortung dieler Frage [chlielst Sch unmittelbar eine andere an: Warum wird das in beiden Augen abgemahlte Bild nicht doppelt empfunden? (fiehe Fig. Il. auf der Kupfertafel.) Da alles das, was von einem Auge behanptet _ worden it, auch vom andern Ange gilt, nemlick dafs die Markfubftanz jedes Sehenerven von der Netz- haut jedes Auges, aus zwey nach den beiden Sehe- hügeln gehenden Portionen beftehe, fo find, wenn \ beide Augen für den fichtbaren Gegenftand fich ‚öff- , nen, diefelbe zum Sehen erforderliche Bedingungen bey dem doppelten Bild des Gegenfiandes in den Augen, und. der Affektion der Sehehügel mittellt r, der Gegenftandes wähtend derfelben bewuist gewefen zu feyn, “uns entfinnen können, 300 der Sekenerven, der Leiter der Gelichtseindrücke, jetzt, damit ich mich fo ausdrücke, a vermehrter Intenlfion ihrer Stärke vorhanden; woraus folgt, dal® die Seele zu einer höhern Wirklamkeit gelteigert, ihrer conftruirenden Thätigkeit nun um [fo weniger verfehlen könne, dafs allo der fichtbare Gegenftand nur um [o vollftändiger und lebhafter, keinesweges aber doppelt gelehen werden mülfe; indem hier diefelbe Bedingungen, wie im erlten Falle, wo von der Gelichtsempfindung mittellt einem Auge die Rede war, nur in einem ftärkern Grade Statt finden, dem zufolge allo auch der Seele kein zwei- faches Repräfentiren deffelben Gegenftandes unter gleichen Umftänden angemuthet werden kann, — Wir hätten fonach in Beantwortung dieler Frage zugleich und unwillkührlich eine andere fich zu- nächft bey der Betrachtung des Sehens ergebende, gelöft, nemlich: Warum empfinden wir den. wit beiden Augen gefehenen Gegenltand vollkommener und lebhafter, als denfel- ben, wenn er nur mit einem Auge gele- hen wird, indem doch von dem mit ei- nem Auge gelehenen Gegenltand nicht mehr und nicht weniger Lichtftrahlen aus-oder zurück[trömen,als von demlel- ben, aber mit beiden Augen gelghen? Ein fcharfüinniger, und gründlich denkender Arzt, dem ich meine Ideen hierüber mittheilte, machte ir hier folgenden Einwurf: Wenh zur Er- resung der Empfindung des Sehens die Fortpflan- zung der Eindrücke »des Bildes mittellt der Sehe- nerven — 3or nerven zu den Sehehügeln erfordert wird, fo müls- ‚te denjenigen Menfchen, welche nur mit einem Auge fahen, und bey denen man nach ihrem Tode ‚bey ‘der Sektion hinter dem Dekulflationsorte den "einen Sehenerven corrumpirt fand, die Gelichts- empfindung ganz gemangelt haben. — Dals [olche Menfchen an einem Auge blind waren, ilt begreif- lich; aber fie hätten der Theorie zufolge ganz blind feyn follen! Wie ilt nun das zu erklären ?, Ich ant- worte, dafs, wenn dies der Fall nicht war, eine "Portion der corrumpirten Nervenfubftanz, und zwar diejenige, welche von dem gefunden Auge nach dem einen Sehehügel ging, nothwendig gelundes Nervenmark haben mufste; wie denn noch um [o weniger zu leugnen ilt, wenn man überlegt, das die Corruption an einem Sehenerven, welche, dann in nichts anderm als Abnormität an Gröfse und Far- be beftehen konnte, keine Totalentmifchung bewei- “Sen kann; wer mir diefe behaupten will, muls [eine Behauptung mit einem Beweile verlehen, und wie will er mir einen führen? A Bey Gelegenheit der Beantwortung diefes Ein- "wurfs habe ich noch einige Worte über den [chwar- "zen Staar zu [prechen. Man behauptet nicht [elten, dals der [ehwarze Staar entweder beide Augen be- fallt, oder wo nicht, derfelbe doch bald, auch am ähdern zur Zeit noch von demfelben frey gewelenen Auge nachfolge. Bekanntlich liegt die Urfache des Schwarzen Staars in einem Fehler des Sehenerven, Wie aber ein Fehler delfelben das Sehen unmöglich mache, ift aus unferer Tlieorie erft vollkommen klar und 302 — und begreiflich, nachdem wir im Vorhergegangenen die zum Sehen erforderlichen , aber hier beim fchwarzen Staar wegen Corruption der einen oder ‘der andern Sehenervenportion fehlenden Bedingun- gen aufgefucht, erörtert, und hinlänglich aus einan- der geletzt haben. Der [chwarze Staar wird aber dann beide Augen befallen, wenn die Corruption des einen Theils des Sehenerven dem Dekuffations-. orte am Türkenfattel zunächlt liegt, in die Dekulla- tionsftelle [onach bald eingreift, und ‚dadurch die Propagation der, Eindrücke des auf der Netzhaut in beiden Augen abgemahlten Bildes’zu den Sehe: hügeln unmöglich macht. i Nachdem wir nun gefehen haben, dafs bey einer normalen Form und Mifchungsbefchaffenheit der Sehehügel und Sehenerven das doppelte Bild in bei- den Augen kein Doppeltlehen eines Gegenftandes be- gründen könne, fo fragt ichs, wann, und durch wel- che Veränderungen in den Seheorganen dann letzte- res (das Doppeltlehn) gefchehe? — Dals das in einem Auge abgemahlte Bild empfunden werde, ift durch die Affektion der Sehehügel; dals aber das in 'beiden Au- gen abgemahlte Bild nicht doppelt empfunden werde, ilt nebft dieler Affektion auch noch durch eine ge” wilfe Symmetrie der Sehehügel und der Sehenerven i zu einander in den Hemiiphärien des Gehirns, und durch eine gleiche normale qualitative Befchaffen- heit der Mifchung derfelben bedingt. Der Gegen- ftand wird daher falfch und doppelt gelehen wer- den mülfen, a) wenn die Symmetrie, b) wenn die Mifchung diefer die Hauptmiomente des Sehens be- grün- - N -— 303 gründender innerer Seheorganen zu einander ver- letzt ift. Ich brauche daher beide Fälle nur noch durch Beilpiele darftellbar zu machen, Ad a) Hieher gehört ein 'fehr einfaches, von jedem mit zwey guten und gefunden Augen verl[ehe- nen Menlchen in jedem Augenblicke mach- und wie- derholbares Experiment, Man verrücke nemlick den einen Augapfel nach einer willkührlichen, dem innern oder äulsern Augenwinkel, dem obern öder untern Paviment des Auges (welches alles gleich viel gilt) zugekehrten Richtung,: und richte in die- fer Stellung des eines Augapfels beide Augen auf ein willkührlich gewähltes Objekt; alfobald wird daf- felbe doppelt erfcheinen,, und das täulchend nach- geahmte Objekt [ich um fo mfielır von dem Original- objekte entfernen, je ftärker und weiter man den Augapfel von und aus [einer Centrallinie verrückt hatte. Adb) Gehört das logenannte nervöle Doppelt- fehen, welches dem [chwarzen Staar vorhergeht, auch manchmal den innern Wallerkopf als Symptom begleitet. Endlich mufs ich noch einige derjenigen Fälle, von welchen Herr O.B. R. Reil in dem vierten Bande [einer Fieberlehre in dem Kapitel, wo er von der zerrütteten Imagination, und den Fehlern der Sinnorgane, in wie fern diefe zu jener Caulalität haben können, Erwähnung thut, mit wenigen Wor- ten berühren. Hier finden wir eine folche Verftim- mung der Irritabilität, und Anomalie der innern Seelen- und befonders der Seheorgane, dals entwe- de / 304 — der gar nicht "Vorhandene ' Gegenltände wirklich, oder wirklich vorhandene fallch — in äfthetifchen Formen oder als Carrikaturen gelehen werden. — Cardanus, heifsties dort, [ah im wachenden Zu- ftande alles, was er zu (ehen wünfchte, doch [tie gen die Bilder in [einen Augen auf und nieder, Wie mag das zu erklären [eyn? Nicht auders „ als folgendergeftalt: die innern Seheorgane hatten hier eine folche Modifikabilität in ihrer Form, vorzüg: lich ‘aber in ihrer Mifchung,, dafs. fcbon der blofse, wirkliche Wunfch, eine Anfchauung gewilfer Ob- jekte zu haben, diejenigen Veränderungen in den- felben hervorbrachte, welche im gefunden Zuftande nur durch das wirkliche Affzirtfeyn von derglei- chen wirklich aufser ihm vorhandenen Objekten hervorgebracht werden konnten *), Ich habe hie- mit freilich nicht die Art der Form und Milchung, welcher die befchriebenen krankhaften Seelenäufse- rungen zum Grunde liegen, angegeben, fondern nur beftimmen wollen, wie wir bey der Unvollkommen- heit und dem Mangel unlerer Kenntmifs uns die Sa- che vorftellen müffen. Tal[l[o glaubte in den letzı ten Jahren [eines Lebens, dafs ihm wie Sokrates fein Dämon, ein Geilt erfcheine. Hier war eine in Unord- *) Ahmerk, Hieraus wird abermal erfichtlich, dafs die Handlung des Sehens eine wahre Conftruktion der Seele fey. Im gefunden Zuftande des Körpers fetzt fie die Ob- jekre, deren fie fich erinnert, gerade dahin in den Raum, wo fie felbe gefehen hat; im kranken Zuftande deffelben aber bey ‘einer eigenen tind unbekannten Modifikation der Mifehung der innern Seheorgane ftellt fe felbe als wirk- lich gegenwärtig aufser ihr vorhanden vor, wenn fie nicht angehalten wird, durch den allgemeinen Gefühlsinn die Täufchung zu erkennen, — 805 x Uxordnung gerathene Phantafie, verbunden mit einer periodifch wiederkehrenden Modifikabilität der Mi- fchungsbefchaffenheit der innern Seheorgane für eine ' gewille geiftige Thätigkeit das Moment leines vor- geblich ihm erfcheinenden Geiltes, Unvollftändigkeit der blos optifchen Erklärungsart des Doppeltlehens. Der blolse Optiker [agt: ‘Die Seele letzt das Ob- jekt dahin, wo die Spitzen der von ihm ausftrömen» den und zu den Augen gehenden Lichtkegel zulam- mentreffen. Nun aber treffen die auf beiden Augen fallende Lichtkegel‘ mit ihren Spitzen alle in gemein- Ichaftlichen Punkten des Objekts zulammen; folg- lich mülfen wir das in beiden Augen gemahlte Bild des fichtbaren Gegenftandes doch nur einfach, dop- pelt aber nur dann empfinden, wenn wir durch Ver- zückung eines Augapfels aus feiner Centrallinie zu- @leich auch die Lichtkegellpitzen mit verrücken. Dies - ift nun freilich wahr. Ich frage aber nun, warum Werden die in den fichtbaren Punkten des Gegen- - Standes gemeinfchaftlich zufammentreffenden Licht: kegelfpitzen verrückt und warum enifteht jetzt ein Doppeltfehen eines und dellelben Gegenltandes? - Man antwortet: weil die Netzhäute, auf welchen - die Bilder abgemahlt ftehen, durch Verrückung ei- Eures Augapfels aus ihren [ymmetrifchen Richtungen gebracht wurden. Aber ilt denn das genug, hat denn die Veränderung der Symmetrie der Netzhäute zu einander keine weitere Caulalität auf die Form und Symmetrie der Sehenerven und Sehehügel, und wel- Arch.f. d, Phyf. V1,B. U Heft. V che x 306 — har che ift diefe? Man heht ein, dafs diefe Frage nur durch Reduktion auf unfere fo eben «bey der Erklärung des Doppeltlehens erörterten Momente erft gründlich und vollltändig' beantwortet werden könne, - Was aber der hier aufgeftellten Theorie des Se- hens überhaupt, wie ich glaube, vollkommen das Wort fpricht, ift dieErklärung des Halbfehens *), Es giebt. nemlich Krankheiten, in welchen die Kran- ken mit beiden offenen Augen alle Gegenftände nur halb [ehen, Wie geht das zu? Welchen Verände- rungen in den Seheorganen entlpricht diefe Er- fcheinung? Eine Frage, von deren Erörterung und Beantwortung vor der hier angeführten Entdeckung die Optiker und Phyliologen nicht einmal:die leife- Se Ahndung einer Möglichkeit gehabt haben konn- ten. So unauflöslich allo vor der Zeit diefe Aufgabe gelchienen haben dürfte, [o einfach und leichtauf- löslich wird de jetzt, N h : x Man *) Damit man den Begriff des Halbfehens richtig Falfe, fo glaube ich, noch Folgendes zur Erläuterung defiel- ben fagen zu müflen, Wenn ich fage: ich fehe tiefen Gegenltand, erwa diefen Mann halb; fo will ich damit fo viel fagen: ich, der ich mir meinem Blick diefen Mann in feiner gänzen Geftalr umfaflen will, fehe ihn nur erwa vom Kopf bis zu dem Anfang der Unterextremitäten; will’ich aber nur den Kopf allein, der für fich wieder als ein Ganzes angefchen werden muß, Mit meinem Blicke ümfuffen und betrachten, fo verfehwindet er mir in dem “ nemlichen Moment zur Hälfte, und ich [ehe ihn nur etwa von der Schedelfpitze bis zur Oberlippe; und fo von je- dem einzeln Theile meines zu Anfınge halb gefehenen Männes, S a 307 Man (telle fich vor, in beiden Augen Fig. IIT, “ day das Bild eines Objekts = a b abgemahlt. If - hun die vom Auge A kommende, fich mit der des Auges B dekulfirende, und zu dem Sehehügel der entgegengeletzten Seite gehende Portion des Sehe« Nerveh = x, imgleichen die vom Auge B, aber in» decullatim an den Sehehügel [einer Seite gehenda Portion = y durch eine temporäre Verltimmung ih« rer Reizbarkeit oder Anömalie ihrer Milchungsver- bältnilfe zur Fortpflanzung der Eindrücke des dop- pelten Bildes in beiden Augen bis zu den Sehehü- geln unfähig geworden, lo ift nichts begreiflicher als dafs der Gegenftand nur halb, d.h. nur der durch a aim Sehehügel bezeichnete Theil des Objekts ge. fehen werden könne, Denn, dafs er ganz gefehen werde, ift unmöglich, weil die Affektion beider Sehehügel als der ausfchliefslich nothwendigen Be. "dingung des Ganzfehens eines Objekts fehlt; dafs er aber gar nicht gelehen werde, ift wieder unmöglich, weil die Bedingung des Sehens zum Theil vorhan- den ift; er kann und muls allo nur zum Theil, d.h, halb gefehen werden *). Sonach wäre denn die 'heorie des Sehens ge: fchloffen, in welcher ich die über die Gefchichta des Sehens aufzuwerfende Hauptfragen mit derjeni- gen Vollftändigkeit beantwortet zu haben glaube, Ua wel» *) Ueber die Urfache der Halbhichtlgkeie von einer Lähmung % obern Augenlieder ,. Verdunkelung der, Hotnhaus, 'ehlern der -Pupille und Kryttallinie, ünd thronifcher Lähmung einzelner Stellen der Nerzhäute känn ich ıttich, da fie aufser meinem Zwecke liegen, nicht einlaflen, 308 — “ welche nach unfern gegenwärtigen Kenntniffen der Anatomie, Optik und der organifchen Thätigkeit überhaupt gefordert und erwartet werden darf, Anwendung der Partialdekulfationsge- ne[e aller Nerven überhaupt, als näheres Moment bey Erklärung der übrigen Sin- nesverrichtungen, mit [pezieller Bas trachtung des Gehör[innes, Es wäre eine der auffallendften und fonderbar- ften, von der Natur kaum zu erwartenden Eigenheiten, dafs die Sehenerven die einzigen Nerven wären, bey welchen eineDekuflation, und, wie aus dem Vorher- gegangenen erhellet , eine partiale Dekuffation ihrer Markfubftanz Statt fände ; alle übrigen Nerven aber nach Anficht der äulsern Hirnfläche mit getrennten, ‚gleichwohl von dem feinlten Zergliederer bis zu einer gewillen Tiefe im Gehirn nicht weiter zu verfolgen- ‚den Filamenten ihren Urfprung nähmen. Allein die fchon oben erwähnten bey Kopfverletzungen häufig wahrgenommenen pathologilchen Erfcheinungen be- ftimmen mich für die Annahme der Partialdekuflations- &enele aller Nerven, Wir finden nemlich, dafs die bey Kopfverletzungen eintretenden Convulfionen oder Lähmungen bald an den auf dexrfelben Seite ‚der Kopf- verletzung fich befindenden Extremitäten, bald an den entgegengeletzten erfolgen, oder wenn Conyul- fionen und Lähmungen zu gleicher Zeit Statt haben, die Conyulfionen an den Extremitäten der linken Seite, die Lähmungen aber an denen der rechteniSei- te oder umgekehrt er[cheinen. Dies macht mich ge- neigt, — 309 neigt, anzunehmen, dals mit den übrigen eilf Ner- venpaaren der umgekehrte Fall von dem bey den Sehenerven Statt finden werde, dafs nemlich, wenn diefe mit getrennten Urf[prüngen aus den Hirnhemi- fphärien hervortreten, und nach einem gewillen Verlaufe am Türkenfattel die Partialdekullation ihrer Markfubftanz machen, jene vielmehr partialdecufla- tim in der innern Markfubftanz des Gehirns [elbft entltehen, in rechte und linke Portionen [ich theilen, und auf der äuflsern Hirnfläche als getrennte und ne- ben einander liegende Nervenflamente erft fichtbar werden, Diele Vorftellungsart fuche ich dem Le- fer durch die hinten auf der Kupfertafel [tehende vierte Figur deutlich zu wachen. Die Stelle y [oll die von dem entgegengeletzten Seiten des Kopfs kom- mende in ihrer Dekuflation wechfelfeitig durchdrun- gene Portionen vorftellen, die mit « und ß bezeich- neten Stellen aber diejenigen Portionen, welche an beiden Seiten des Dekuflationsmarkes anliegen, und in diefer Lage ihrer Entftehung, nach einander ent- gegengeletzten Richtungen gegen die äufsere Fläche des Gehirns hineilen. z So befremdend und gewagt diefe hypothetifche Annahme der Entltehungsart der Nerven im Gehirne ‚vor der Zeit auch [cheinen möchte, fo machen wir jedoch von ihr einen ganz unfchädlichen Gebrauch, indem wir fie blos als’ näheres Moment der uns zur Betrachtung vorgeletzten Sinnesverrichtung des Gehörs in unfere Erklärung mit der Ueberzeugung aufnehmen, dals es uns als Naturforlchern nicht blos dio m blos darum zu thun feyn darf, Entdeckungen in der Natur zu machen, um zu entdecken; Hypothefen \ zu erfinnen, um zu hypothetifiren ; fondern um unfern gemachten Entdeckungen 'und für noth- wendig geachteten Hypothefen, eine vernünftige , d. i. möglichlt zweckmälsige Anwendung zu geben, Unfere Hypothefe wird daher minder hedenklich feyn, als jene eines berühmten Anatomen, welcher alle Nervenpaare nahe an den Gebirnhöhlen geendis get willen will, um der von ihm in denfelben einge- kerkerten Seele ihr Spielwerk auf die Nervenur- Sprünge, urd von da auf den ganzen übrigen Körper zu erleichtern, Der Seele ift hiermit Tre Einkerke- zung durch Anweifung mehrerer Wohnzimmer frei- lich etwas freier und darum erträglicher gemacht, ‚als wenn man fie in [o wunderkleine Plätzchen, wie. Cartef[ius und Willis gethan haben, einfperrt 5 wider[„räche nicht die Annahme der Refidenz der Seele in einem eigens dazu beftimmten Theile des Gehirns geradezu und [chlechthin dem Begriff ei- nes belebten Organism, Wir wollen indeffen nicht weiter mit Rüge von Hypothefen fortfahren, deren Nichtigkeit jeder Arzt, der fich bis zu dem Begriff eines organilchen Naturganzen erhoben hat, bey dem erften Blick einfehen muß, Zur Hervorbringung einer beltimmten Sinnesem- pfindung werden drey Stücke erfordert; ı) Ein empfindbares Objekt, 2) Eine empfindende Thätigkeit und 3) Ein — Iır 3) Ein hauptfächlich *) zur Empfänglichkeit einer " befondern Seynsart der Objekte zweckmälsig eingerichtetes Organ, welches wir in dieler Hin- ficht ein Sinnorgan nennen, Die Phyhologen nahmen zeither am wenigften auf die empfindende Thätigkeit RückGcht, [ondern befchränkten fich in der Erklärung der Sinnesver- richtungen blos mit der mechanifchen Belchaffen- heit der Sinnorgane. Ja, fie falsten felbft den bloßen Mechanismus der Sinnorgane noch nicht einmal voll- Ständig auf, indem fie eben darum aus Mangel einer mehr organifchen Anficht der Theile des Organis- mus um die Beflchaffenheit der den Sinnorganen zu ihren eigenthümlichen Verriehtungen vorgeletzten Nerven fich zu wenig beküminerten. Nachdem wir aber eines Theils durch die zu Anfange erwähn- ten, bey Kopfverletzungen häufig wahrgenommenen pathologilchen Erfcheinungen, andern Theils aber durch Schlüffe der Analogie beftimmt, für die An- nahme der Partialdekuffationsgenele allerNerven mit ' Ausnahme der Sehenerven (welche mit getrennten Urfprüngen aus der Markfubftanz des Gehirns her- vorkommen) uns zu erklären, für berechtigt hal. ten, [o glauben wir hiedurch das Mangelhafte der feinern mechanifchen Befchaffenheit der Sinnesner- ven und ihrer Entftehungsart in dem Gehirne etwas j mehr *) Ich fage ein hauptlächlich zur Empfänglichkeit einer ber fondern Seynsart der Objekte zweckmäfsig eingerichte, tes Organ, weil,jedem Sinnorgane nebft dem noch Em- pfänglichkeit für jeden andern hinlänglich ftarken Eindruck, d. h. der allgemeine Gefühlsfinn zukömmt, H j Zıa — mehr ergänzen und beftimmen zu mülfen” Da wir aber diefe hier erfchloffene Partialdekuffation der Nerven in ihrer Zweckmälsi keit in dem lebenden Zultande des Menfchen zu befiimmen haben, fo mül- fen wir fie als näheres Moment bey der Betrachtung der Sinuesverrichtungen aufnehmen, , Wir f[etzen demnach folgende zum Behuf einer zu Stande zu kommenden Sinnesverrichtung erforderliche Bedin- gungen felt. ı) Die Modifkation des der [pezifiken Reizhar- keit eines,Sinnorgans ent[prechenden Eindrucks ’ei- nes Objekts im Sinnorgane, wie wir dies bey Erörte- rung des Gelichtslinnes, wo wir die Abbildung eines fichtbaren Gegenftandes auf der Netzhaut als erlte Bedingung des Sehens aufliellten, gefehen haben, 2) Die Fortpflanzung des Eindrucks durch den in Form und Milchung unverletzten Sinnnerven von feiner Verbreitung im Sinnorgane bis zu [einem Ur- fprunge im Gehirn 3) Affektion fowohl des Dekullationsmarkes =y Fig. 4., als auch der getrennten einzeln Portion des Sinnnerven, welche fich blos an das Dekullations- mark anlegt = « oder ß. » 4) Die Thätigkeit der Seele zur Perzeption des Eindrucks, ! Nach diefer vorläufigen Feltfetzung der zu einer Sinnesverrichtung erforderlichen Bedingungen gehen wir zur Betrachtung der befondern Sinnesverrich- tung des Gehörs über. Man hat zeither und vorzüglich wieder in neuern Zeiten blos das [ogenannte achte Nervenpaar für u. } } —. NER 513 für den eigentlichen Sinnesnerven des Gehörs ange- fehen. Ich mache aber auf die gemeinfchaftliche ‚Entltehung diefes Nerven mit dem fiebeuten Paare (des [ogenannten Gelichts- und Gehörnerven) auf merl!'fam, und frage, ob nicht vielleicht diefes mit dem achten Paare, nebft dem noch zu gleicher Zeit in das innere Gehörloch des Felfenbeins gehende fie- bente Paar, zu dem Sinn des Gehörs mehr beitrage, als man bisher vermuthete, oder eigentlich gar noch nicht vermuthete? und ob dieler Nerve nicht etwa für die harte Portion des achten Paats als des . eigentlichen Gehörnerven angefehen : werden kön- ne? Sollte nicht die Affektion diefes Nerven in feinem Urfprunge im Gehirne eine noihwendige Be- _ dingung zur Empfindung der Eindrücke des Schal- les feyn, und etwa durch die von den beiden Ohren getrennt kommenden fich nicht 'dekuffirenden Ner- “venportionen = « + ß Fig. 4. bezeichnet werden dürfen? — Sollte nicht diefer Nerve in deın Innern des Gehörs um [ein Neurilem eine $challathmo[phä- re bilden, und dadurch die von den Schalleindrü- cken erregten Bebungen in ‘den Nervenpflökchen, welche in den ampullis der halbzirkelförmigen Ka- nälchen und in den Feuchtigkeiten der Schnecke flot- tiren, unterhalten, damit der Eindruck des Schal- les die zu perzipirende Seelenthätigkeit defto [tär- ker und dauerhafter ‘anrege ? Wenigltens macht mir diefes die gemeinfchaftliche Entltehung diefes Nerven mit dem achten Paare, der gleichzeitige ' Durchgang beider Nerven durch das innere Gehör- “ loch des Felfenbeins, und die im FaJlopifchen Gan- se gı4 mi ge von ihm ausgebreiteten Nervenfädchen , und wei- terhin von ihm gebildete. chorda tyınpani, wie auch die vorzügliche Affektion diefes Nerven bey dem Gelichts[chmerz (dolor faciei) im Bakennetze, wel- eher nicht [elten mit einer (ehr peinigenden Emphn- dung im Innern des Gehörs verbunden ift, und noch befonders die glückliche änfserliche Anwendung rei- zender Mittel bey der [ogenannten neryölen Hart- hörigkeit, ich fage, alle diele Betrachtungen machen, mir diefes [ehr wahrlcheinlich. Nach diefen Vorausfetzungen ‘erkläre ich die eigentliche Sinnesverrichtung des Hörens auf fol- gende Weile; a Die von einem fchallenden Körper zu einem Ohre gekommenen Schallftrahlen er[chüttern, nach- R den fie auf der äufsern Müfchel des Ohrs die erften Brechungen erlitten haben, das Trommelfell. ‘Diele Erfchütterungen werden durch die mit dem Trom- melfell verbundenen Gehörknöchelchen, den Hamr wer, Ambos und $teigbügel, bis in den Vorhof des Labyrinths fortgepflanzt, und verftärkt durch die- jenigen Strahlen, welche zu gleicher Zeit durch die Euftachilche Röhre in die Paukenhöhle eindringen, und die Gehörknöchelchen fowohl, als das tympa- num fecundarium des runden Fenfters von neuemin Erichütterung bringen, Dadurch werden die in den ampallis der halbzirkelförmigen Kanälchen und in den Feuchtigkeiten der Schnecke frey Alattirenden Nervenpflökchen inBewegung gefetzt, und durch die um die Ramifikationen des hjebenten N eryenpaars in dem H — 313 ‚dem Fallopilchen Gange gebildete, Schallathmolphä. re in mehr oder weniger anhaltender Erregung er- T "halten. (Erfüllung der exften Bedingung durch Mo, difikation des Schalles in dem Apparat. des Gehör. 'organs), Setzen wir, dafs diele hier befchriebenen Veränderungen nur in einem Ohre vorgegangen feyen, fo wird der Eindruck in das Innere des Ge, hirns eines Theils durch diejenige Portion fortge« pflanzt, welche fich mit der von der entgegenge- ‚Setzten Seite des andern Obrs kommenden dekufhire —= dem gemeinfchaftlichen Dekuffationsmark x, an» dern Theils aber durch die fich nicht dekuffirende = « oder ß, je nachdem mit einem oder beiden Oh, ren zugleich gehört wird; auf folche Weife die Stel- le y-+x oder ß afhzirt, und dadurch die zweite und dritte Bedingung, welche wir oben feltgeletzt ha» ben, erfüllt. Ift nun die Affektion ftark genug, um - die den Eindruck zu perzipirende Seelenthätigkeit aufzuregen, [o abmt diefe jetzt frey reflektirend *) diejenigen Töne nach, welche in den in Schwingun. gen gerathenen Theilen der inneren Gehörorgane £ harmonifch beben, und hält fie als Schema ihrer Nachahmung felt, g Setzen =) Dafs das deutliche Hören durch eine freie Reflexion und Conftruktion der Seele gefchehe, leuchter auch fchon dar- aus ein, dafs einige Leure öfters fragen, was man ge- fagt, da fie es demnach wohl gehört, aber nicht vernom- men haben, auch wohl bisweilen, wenn es ilınen' nicht zum zweitenmal gefagt wird, es wirklich willen, weil fie nun genörhiger find, hinzerher die Nachbildung der Töne vorzunehmen , welche fie vorher nieht vorgenommen hatten, . 316 un Setzen wir nun, dafs die hier befchriebenen Veränderungen, die Brechungen der Schallftrahlen, und die Modifikationen der Schalleindrücke in den verfchiedenen Theilen des Lahyrinths der Norma- lität des gelunden Zuftandes gemäls in beiden Ohren vorgegangen feyen, fo ilt klar, dafs die mittlere in Fig. 4. mit y bezeichnete Nervenfubltanz noch einmal fo ftark affhizirt werde, wozu noch die Affek- tionen der mit &-+-ß bezeichneten Stellen kommen, welche die Empfindungen der Schalleindrücke zur doppelten Stärke 'noch um fo mehr vermehren werden. h Sollte etwa ein Lefer, der das bisher Gelagte gehörig begriffen hat, ungehalten feyn, und mich fragen, wie ich dazu kommen könne, einer fo [ub- tilenı Hypothefe über die Entliehungsart der Nerven in dem Gehirn eine Ausdehnung bis zur Erklärung einer Sinnesverrichtung zu geben; fo antworte ich diefem: dafs wir in der Natur noch manche Sub- tilitäten diefer Art finden möchten, welche aber für diefe von [olcher Vollwichtigkeit [eyn könnten, dafs, wenn wir fie derfelben entledigen wollten und könnten, die ungereimtelten mit der Geletzmälsig- keit der Natur unvereinbarften Irregularitäten ‘und, Widerfprüche in dem Ganzen und in dem Gange der Dinge entftehen würden. Eine jede Erf[cheinung des organifchen Körpers muls von einer ihr entfpre- chenden materiellen Form und Mifchng deffelben als ihrer Urfache begründet [eyn. Den, mannichfal- tigen und verfchiedenen Aeulserungen der intellek- tuellen Seelenthätigkeit, als: Verltand, Witz, Scharf- Ann, 317 Ginn, Urtheilskraft; Gedächtnifs, Willens- und Re- flexionsyermögen, und wie fie noch mehr heifsen, müflen allo eben [o viele mannichfaltige und ver[chie- dene Formen und Mifchungen im Gehirne, als dem Sitze der intellektuellen Seelenthätigkeit zum Grun- de liegen. Wenn wir nun die den lo unendlich mannichfaltigen Aeulserungen der intellektuellen See- lenthätigkeit, eben [o unendlich mannichfaltigen Zulere he liegenden materiellen Formen und Milchun- ‚gen im Gehirne [o lange bezweifeln wollten, bis wir fie alle anatomilch und chemilch zergliedert hätten, oder etwa, weil wir dies nicht könnten, die Seelengelchäfte an einige grobe bey der alltägi- ‚gen oberflächlichen Zergliederung zunächft [ich dar- bietenden Formen und Milchungen binden wollten; bielse das nicht, handgreifliche Abfurditäten bege- hen, und die Natur, die fich lo [ehr in dem Reich- thum und der Mannichfaltügkeit ihrer Formen und Milchungen gefällt, ohne Urfache arm machen, und die höhern Seelengelchäfte zu geletzlofen, vom blin- ‚den Zufalle abbangenden Ideenf[pielen herabfetzen ? Die Grobheit unferer Sinne und Werkzeugemacht Ian uns unmöglich, die Natur bis in ihre. fein- Ste Formen und Mifehungen auf dem Wege der me- hanifchen Zergliederung und phyflifch - cheinifchen Experimentation zu verfolgen. Dieles beweilen die Schon feit Jahrhunderten mit aller Thätigkeit betrie- bene Unterfuchungen der Anatomiker und Chemi- ker, welche uns über die Natur und die Befchaf- fenheit der Form und Mifchung der Organismen noch [o wenige Auffchlüffe gegeben haben, Wollen it I wir z 318 — h wir daher die Natur und befonders diefe der Orga- nismen Zu ftudiren noch immer fortfahren, dasRäth- Telhafte derfelben kennen, und das Erkannte näher kennen lernen, fo werden wir das Mangelhafte un ferer Kenntniffe darüber neblt dem Wege der me- ichanilchen Zergliederung und phyfifch - chemilchen Experimentation noch auf dem des richtigen Schlie- Isens und Urtheilens zu ergänzen, bemüht leyn müf- fen. Ob und in wie weit ich allo auf dem Wege "des Schlielsens und Urtheilens befugt gewelen bin, dem fiebenten Nervenpaar einen [o ausgezeichneten Dienft bey der Sinnesverrichtung des Hörens einzu- räumen, die Partialdekuflationsgenefe der Nerven überhaupt ın dem Gehirne anzunehmen, und diefer R Annahme bis zur Erklärung einer Sinnesverrichtung, Ausdehnung und Einfluls zu geben, mag; jetzt der Lefer entfcheiden, jedoch aber, ehe er entfcheider, noch folgende nicht unwichtige patholögilch- thera- peutilche Erörterungen berückfichtigen, Man hat in der Taubheit (cophofis), welche man von einer krankhaften Verfimmung der Reiz- barkeit des Gehörnetven ableitete, z.B. in der Taub- heit nach Schlagfüffen, ftarkem Schall und andern einen Fehler im Gehörnerven begründender Urfa- chen, neblt der Anwendung des Galvanismus und der Elektrizität auf die Gehörorgane noch belonders den Gebrauch mehr lokal wirkender Mättel, die Auflesung von Merkurial- und Fliegenpflaftern und anderer reizender Salben auf den Jochhogen . und den Zitzenfortfatz des Schläfenbeins von [ehr wirk- famem Erfolg gefunden, In welchem Caulalzulam- . men- _ re 319 zmenharige mag hier wol der H>ilungsprozels, die Wiederherftellung des Gehärs, zu der Anwendung der genannten Mittel geftanden haben? Die An- wendung des Galvanismus und der Elektrizität auf den Körper überhaupt, die Auflegung der genann- ten Pflafter, die Einreibungen von reizenden Sal- ben auf den Rücken, die Bruft, die Waden, auf das gefunde Ohr, kurz auf jeden andern Theil aufser dem Jochbogen und Zitzenfortlatz des Schläfenbeins auf der Seite des kranken Gehörs würden ohne the rapeutilchen Erfolg auf die Wiederherftellung deffel- ben gewefen l[eyn, die Wiederherftellung des Ge- hörs war alfo keine durch eine allgemeine Wirkung auf den Körper überhaupt vermittelte Wirkung, fie war Wirkung lokalangewandier Reizmittel, Der glückliche Erfolg der lokalen Anwendung diefer ‘ Reizmittel muls allo Refultat einer Veränderung eis . nes bey der Verrichtung des Gehörs eine nicht un« wichtige Rolle fpielenden Theils in den Gehörorga« nen l[elbft gewelen feyn; und welcher Theil hät- te dies wol .(eyn können? Wir willen, dafs der Gelichtsnerve ( nerv. [acialis); nachdein er durch das innere Gehörloch des Felfenbeins durchgegangen, in dem Fallopifchen Gange fich mit dem Felfenzweis ge des Verbindungsnerven verbunden, einen Zweig zum Paukenfellfpanner und Steigbügelmuskel abge- geben, und dann die chordam tympani gebildet hat, zu einem eigenen Loche in der Paukenhöhle, den Griffelloche hinausgeht, den hintern Nerven ‚des äu- fsern Ohrs, den Griffelzungenbein- und zweibäuchi- gen Kiefermuskeluerven hilde Der Stamm geht nun 320 ES “ Aühin'der Ohrdrüfe hinab, und theilt kchäinsden’auf- und abfteigenden Zweig. Der obere Zweig des auf- fteigenden Zweiges giebt nun den obern Schläfen- Wangenzweig, drey Schläfenzweige, den obern und untern Augenhöhlennerven und noch einen Wangen- nerven, Der untere Zweig (ramus facialis) giebt den obern, mittlern und untern Gefichtsnerven, die- fe machen unter fich und mit Fäden 'des obern Zweigs viele Verbindungen, und bilden das Backen- net2 (rete buccale vel pes anferinus der Alten): Nachdem wir nun hiermit gefehen haben, dafs der Gelichtsnerve in dem! Innern der Gehörorgane be- trächtliche Verzweigungen macht, und’gerade da, wo. die Anwendung der genannten Reizmittel auf den Jochbogen und Zitzenfortlatz des Schläfenbeins von fo wirklamem Erfolg auf die Wiederherltellung des Gehörs gefunden worden, [eine [ftärkften‘, und dicht‘ neben und unter einander liegenden Verzwei- gungen bildet; ich fage, werden wir da noch zwei« feln können, dafs der Gelichtsnerve derjenige Theil in den Gehörorganen war, durch deffen heilfame Veränderung im Innern der Gehörorgane fowohl;. als in feinem Urfprunge aus dem Gehirne mit dem fogenannten ‘eigentlichen Gehörnerven das glückli- che Heilungsgelchäft begründet wurde und dafs diefer Nerve es ilt, von delfen heillamen Verän. derungen wir bey äufserlieher Anwendung derfel- ben oder anderer. Mittel in dielen und ähnlichen Fällen die Wiederherftellung des Gehörs erwarten müllen ? Sollte — 321 Sollte ich demnach dem Gelichtsnerven auf die Verrichtung des Gehörs einen gröfsern Einfluls verltat- tet haben, als mir nach diefer Anficht der Sache und der Berückfichtigung aller [chon im Vorhergegange- nen hierüber erörterten Momente zugeltanden wer- den könnte ?— Wenigltens glaube ich, dafs dieler Ge- genltand vor [einer Ent[cheidung einer nähern Prü- fung unterworfen werden mülfe, indem es nicht minder gefehlt ift, eine Sache ungeprüft zu verwer- fen, als ungeprüft bey einem leichten und [chwa- chen Scheine von Gewilsheit [chon anzunehmen. Zum Befchlufs diefer Theorie habe ich noch einige Heilanzeigen als Corollarien derlelben, wel- che dem Arzte von keiner praktifchen Unwichtig- keit leyn dürften, beizufügen. Ich lagte oben, dafs die den Gelichts[chmerz (dolor faciei) nicht [elten begleitende [chmerzhafte Empfindung im Innern des Gehörs es mir ‚gleichfalls wahrfcheinlich mache, dafs der Gelfichtsnerye bey der Sinnesverrichtung des Gehörs eine diefer ent[prechende zweckmälsige "Thätigkeit ausüben werde. _ Wenn es demnach feine Richtigkeit hat, dafs dem Gelichts[chmerze eine krankhafte Affektion des Backennetzes ( Gänfe- fuls der Alten), von welchem wir willen, dafs es durch den Gelichtsnerven gebildet werde, zum Grunde liegt, [o würde dem Heilkünftler nicht [o- wohl in dem Gefichtsfchnerze, als auch in Krank- heiten des Gehörs, und folchen, die mit jenen in näherer Caulalverbindung [tehen, und den Charak- ter des Typhus oder der Lähmung haben, z.B. ‚in der Otitis, der Phrenitis mit einem oder dem andern von Arch, fd. Phyf. VI.B, II, Heft. eh ’ beta 322 beiden Charakteren, der Ehrönilchen Harthörigkeit nach Schlagflülfen , [tarkem Schalle u, [. w. die Nög- lichkeit einer vorzüglichen Einwirkung auf dielen Nerven, in leinen Ramifikationen um das äulsere Ohr und am Backennetze, gegeben l[eyn. In dielen und , dergleichsn Krankheiten könnte die äufsere Anwen- dung narkotifcher und reizender Mittel [elır wohl zu Statten kommen., Der Erfolg davon würde be= weilen, ob die Erfahrung wit der Theorie überein- ftimmt, oder ihr widerfpricht, i Anwendung der Partialdekullationsge- nele zur Erklärung-der bey Kopfver- Jetzungen er[cheinenden Convulfionen und Lähmungen. Da, der Partialdekulfationsgenele nach, die Por- tionen aller Nervenpaare in ihren Urfprüngen jın Gel:iirn [ehr nahe an einander zu liegen kommen, fo müfsten nach der ver[chiedenen Befchaffenheit der Kopfverletzungen, die auf lie häufig zu entftehen pflegenden Convullionen bald an den Extremitäten derfelben, bald an denen der Kopfverletzung ent- gegengeletzten Seite wahrzunehmen leyn.‘ -Ent- ftanden bey Verletzungen der rechten Seite des Kopfs Conwulßonen an den Extremitäten der linken Seite, [o waren die auf der rechten Seite indecuflatim mit den der entgegengeletzten andern entftehenden Nervenportionen in ihrer Wirklamkeit unterdrückt, die entgegengeletzten linken aber wegen dem ge- fiörten Gleichgewicht der Normalthätigkeit aller entgegengeletzien Portionen eben darum verhältnils. mälsi [03 = — 325 mäfsig in der ihrigen erhöht; die Convulfionen, als Naturbemühungen, das geftörte Gleichgewicht ‚der entgegengeletzten Nervenportionen wiederherzuftel- len, mufsten alfo an den der Kopfverletzung entge- gengeletzten Extremitäten eintreten. (Siehe « und 8 in Fig.4.). Waren hingegen, nebft den in ihrer Wirk- famkeit unterdrückten indecuflatim entftchenden Neryenportionen,, noch das gemeinfchaftliche Dekuf- fationsmark eines ‚oder mehrerer Nervenurfprünge in feinen Wirkungen unterdrückt, die indeculfatim den erftern entgegengeletzten andern. aber in ihrer Wirklfamkeit noch frey, [4 fand eine noch ftärkere Verletzung des Gleichgewichts ihrer thätigen Kräfte Statt; es mufste jetzt Lähmung an den Extremitäten der verletzten Seite des Kopfs, Convullionen aber an denen der entgegengeletzten Seite eintreten, Conyulfionen werden aber an den Extremitäten bei- der Seiten des Kopfs erfolgen mülfen, wenn blos das gemeinfchaftliche Dekuflfationsmark der Ner- venurfprünge in feiner Wirkfamkeit unterdrückt ilt; denn jetzt ift die Thätigkeit der dem gemeinfchaft- lichen Dekuflationsmarke entgegengeletzten Nerven- portionen im Verhältnils zu diefem erhöht; es wer- den allo alle die von erhöhter Reizbarkeit der Ner- ven zu entftehen pflegenden Zufälle, als da-find Zuckungen, Krämpfe und Conyulfionen, entftehen mülfen. Endlich fragt es ich, wann werden denn Convwfionen an den Extremitäten derfelen Seite der Kopfverletzung entltehen? Waren die Aflek- tionen der indecuflatim in ihren Urfprüngen aus dem Gehirne entliebenden und auf dexfelben Seite . %2 der »24 og der Kopfverlerzung fich befindenden Nervenportio nen geringer, als die Energie der Thätigkeit, wel- che diefe jenen Affektionen entgegenletzten, lo mufsten die Convulfionen als tumultuarifche Bewe- gungen, deren fich die Natur nicht [elten bedient, um das geltörte Gleichgewicht der thierilchen Kräfte wiederherzuftellen, an den Extremitäten derfelben Seite der Kopfverletzung eintreten. Jedoch werden fich in der Natur diefe Fälle felten fo rein zutra- gen, als wir fie zum Behuf unferes Orientirens in diefen dunkeln Gegenden der thätigen Naturkräf- ze hier aufgeftellt haben. Wir können aus den in der Natur meiltens nur [ehr komplizirt vorkommen- den Fällen oft nur einige Hauptbeftimmungen unter äulserlt, zum richtigen Auffallen derfelben, günfti- gen Naturbegebenheiten abftrahiren, welche wirnach den uns von der thierifchen Organifation bekannten Naturgeletzen in dem Maximum ihrer fich [elbft überlaffenen Wirkungen zu verfolgen haben. Aber kaum find wir auf dem Punkt, ‚von einem uns will- kührlich erfehenen Standpunkte aus, die Natur in ihren Handlungen etwas näher beobachtet zu haben, als wir plötzlich und unerwartet von einem neuen Naturphänomen überrafeht werden, welches mit dem, was wir [fo eben kaum beobachtet hatten, in einem auf den erften Blick unauflöslichen Wider- fpruche zu ftehen [cheint. Wir müffen dann, weit entfernt, uns dadurch in unferen Erforfchungen ab- fchrecken zu laffen, vielmehr die Natur von neuem und fchärfer ftudiren und beobachten, bis wir fo glücklich werden, den Vereinigungspunkt der zu An- - — 325 Anfange in Widerfpruch mit einander zu [tehen fcheinenden, mit der organilchen Geletzmälsigkeit aber unmittelbar und nothwendig zulammenftimmen- den ‚Naturphänomene näher und zuverläffiger er- forfchet zu haben. So unauflöslich und wider- Sprechend z. B.. die bey Kopfverletzungen zu ent- Stehen pflegenden pathologifchen Erfcheinungen auch angelehen werden dürften, [o einfach'und leicht- aullöslich werden fie durch die ihnen hier von uns zum Grunde gelegte Partialdekuflationsgenefe der Nerven. Man begreift hierdurch nicht nur die Mög- lichkeit. diefer. Erfcheinungen an thierilchen Orga- nismen, fondern man fieht auch ein, wie diele Er- feheinungen nach. Verfchiedenheit. der Affektionen bald diefer bald jener Portio der Nervenpaare in ihren Urfprüngen im Gebirne, nothwendig und unausbleiblich haben erfolgen müffen. Zugleich fieht man auch ein, dafs die Affektionen der Ner- venportionen des einen oder des andern Nervenpaars nicht leicht ohne Folgen für die andern diefen ent- gegengeletzten Portionen [eyn werden. Dals daher die an den Extremitäten eingetretenen Conyulfionen ‘und Lähmungen leicht wechleln, [fo dals da, wo zuvor Convullionen waren, jetzt Lähmung; und wo Lähmung war, jetzt Convulfionen erfcheinen körnen. Die aus einer beftimmten gewaltlamen Ein- wirkung auf das Gehirn und [eine Nervenur[prünge erfolgenden ‘Zufälle müffen alfo nach der quantita- tiven und qualitativen Befchaffenheit der eingewirk- ten Schädlichkeiten einer mannichfaltigen Modifika- ion unterworfen feyn. Der Naturforfcher fieht fich hier 326" _— hier freilich in; ein Labyrinth .von Ereimiffen. des Organismus verfetzt, deflen Windungen. alle zu durchforfchen wol eine unendliche Aufgabe. [eyn möchte. Jedoch müllen wir durch Abftraktion ein- zelner Thatfachen und Erfcheinungen aus..der Man- nichfaltigkeit und dem Conflikt der Naturbegeben- heiten des lebenden Organismus noch ‚auf dem Wege der mechanilchen Zergliederungskunft und pbyhifch. chemifcher Experimentation und richtiger aus die- fen gezogenen Schlülfe das Unvollftändige und’ Man- gelhafte unferer Kenntniffe zu ergänzen, und uns der Wahrheit und Gewifsheit durch fortgefetztes Stadium: des grofsen Buches der Natur immer mehr und mehr anzunäbern bemüht [eyn, er; Ha Anzeige & Handbuch der empitifchien menfchli- chen Phyliologie, zum Gebrauch feiner Vorlefungen herausgegeben von D.J. HF Autenrieth, öffentli- chen Lehrer der Arzneikunue in Tübingen. © Theile. 5 Tübingen, ı8oı und 1802, FE: find der Gründe mancherley, dieRee. veranlaffen, aus vörliegendem Werke einen weltläufiigeren Aus- zug in fein Archiv aufzunehmen, als es eWöhnlich Sitte ift. Theils fucht er daflelbe durch eine ge- drängte Ueberlicht feines Inhalts im Auslähde 'he- kannter zu machen und daheim das ärztliche Publi- kum zum eifrigen Studium deffelben anzumuntern; theils hofft er die Naturforfcher dadurch‘, dafs’ er die Hauptmomente der Phyfiologie, 'von’ deren end- lichen Berichtigung [o vieles abhängt, noch einmal hervorhebt, zu vermögen, diele Momente, zum Gegenftande ihrer belonderen Unterfuchungen zu machen. Der Herr Verfalfer hat die Naturlehre des. Men- Schen in drey Hauptabfehnitte einzutheilen gelucht. In dem, er(ten Abfchnitt trägt er, die Lehre yon dem Lebensprozels vor, der in, leiner, allgemeinlten Bedeutung mit der Vegetation, einerley zu‘ leyn fcheint, und die Momente enthält, ‚nach. welchen fielı die Lebensäufserungen und. die Veränderungen des "328 des thierilchen Stoffs gegenleitig bedingen. In dem zweiten Ablchnitt handelt er von dem thierifchen Leben oder von den Beziehungen jenes vegetativen Lebensprozefles auf Empfindung und Willen. In dem dritten Abfchnitt foll endlich die Lehre von den Bildungskräften in der Zeugung, dem Wachs- thum und der fortfchreitenden Metamorpholfe der Individuen bis zu ihrem natürlichen Lebensziel vor- getragen werden, womit zugleich. die Theorie der Anatomie oder die Gelfetze der Geltaltung des Stoffs gegeben: [eyn würden. Dieler eigentlichen Phyhio- logie würde dann noch als Anhang die Naturge- [chichte des Menlchen, [ofern er als wirkliches Ding realifirt ift, nemlich die Mannichfaltigkeit [ei- ner dynamifchen Verhältniffe in den :Teınperamen- ten, und [einer Geltaltung in den ver[chiedenen Men- Ichenftämmen , zugefügt werden können. Allein den wichtigen und noch faft unbekannten Theil der Phy- fiologie von der Bildung ift der Herr Verfaller fchuldig geblieben, ob er gleich fo welentlich in fie eingreifi, dafs diefelbe fo lange nicht ver[tanden ift, als die Bildung nicht aus ihr vollkommen begrif- fen werden kann. Durch den Uebergang des {Ge- ftaltlolen zum Geltalteten fixirt fich gleichfam der erfte Punkt der Individualität, als ein lelbftktändi- ges Centrum für das Wechfelfpiel der Kräfte, Mit der vollendeten Geltaltung erlöfcht der Zwielpalt der Kräfte im Gleichgewicht: In der organilchen Natur wird fie nie vollendet, Bildung und Zerftörung heben fich immer gegenfeitig wieder auf, und daher kann das reglame Leben nie im Gleichgewicht erlölchen, End" ee 329 Eudlich muls: die:Anatomie dadurch, dafs fie einen Prototypus zur Norm für ihre Formen durch Abfırak- tion und Vergleichung gewinnt, erft Leben, und der Phyfiognom ‚ein Regnlativ gewinnen, wenn er in dem Aeußseren das Symbol des Inneren erblicken will. Der Grund, warum diefe Lücke offen blieb, »war Furcht für Menfchen, die über alles ‚Fremde ihre Brühe fprudeln, aber in krampfhafte Zuckun- gen verfallen, wenn ein anderer:ihre Machwerke berührt. War dem’ Verf. die Achtung des Publi- kums nicht mehr werth, ‘als der Tadel unberufener Kritiker? Rec. hat das vorliegende Werk mit Nutzen ge- lefen und Ach überzeugt, dafs, von dem gewählten Standpunkt aus, die Phyfiologie gewonnen hat und die Praxis ähnliche Fortfchritte machen wird, wenn die Pathologie in 'dem nemlichen Geifte bearbeitet werden würde. Dech glaubt er, ‚als der Verf. in feiner angekündigten Naturlehre des Menf[chen “überall, und befonders in der Lehre vom Lebenspro- zels , (o fehr in die allgemeine Naturlehre des Thier- reichs überhaupt hinübergelprungen ley, dafs fei- ne Arbeit falt fo gut für diefe als für jene gelten könne. Dann ift fie als Naturlehre des Menfchen, fofern auch diefe in eine allgemeine und befon- dere zerfällt, für diefe zu kurz, für jene zu weit- läuftigigerathen, Die Gefchichte mancher Organe fehlt entweder ganz oder fie ift blos kurz und bei- läufig in andere Materien verflochten. Endlich zwei- felt Rec. faft, ob die von dem Verf. angenommene Abtheilung der Phyfiologie für die Zukunft haltbar feyn 330 — feyn werde! Er findet überall in der Organilation. .nur Vegetation. in‘ ver[chiedenen Formen und Aliltufungen,, eine ewig rege Produktivität, die das Individuum: bildet und wieder zerfltört, je nachdenı entweder der Faktor des Anfatzes ‚oder der Aufnalı- ne vorfchlägt.. Selbft die Verdauung, Affıniilation und Ausltolsung der Refiduen find Vorbereitungen oder Folgen 'dieles Prozelfes, gefchehen durch ihn und find daher imihmbegriffen. : Produktivität und KReproduktiyität find in ihm /eins, Reizbarkeit und ‘Senfibjlität-Mittel und Zweck, zwilchen ihm und der bildenden Kraft keine Kluft. . Selblt im kran- ken Zuftande [cheintfich alles theils auf örtliche oler allgemeine kranke Vegetationen, theils auf Re- (Gduen: diefer pathologifchen Prozefle zu beziehn. Endlich würde noch Rec.'die Kluft zwifchen dem wegetativen‘ Lebensprozefs und dem Vermögen zu Empfinden'und zu Wollen, an welcher freilich jetzt noch diet Naturforfcher 'diesfeits und jenfeits ftehn, nicht fo deutlich angemerkt und Geift und Stoff als zwey ver[chiedene Welten‘getrennt, fondern viel- mehr in dem Streben nach Einheit es zum Kanon ge- nommen haben, 'einerley Geletze und Formen in der geifigen und erfcheinenden Natur nachzuweilfen, Der thierifche Stoff charakterifirt' fich durch fein Verhältnifs zum Waller, feine Gerinnbar- keit, ' Mangel der Flüchtigkeit, Auflöslichkeit in reinen Laugenlalzen, Unauflöslichkeit in Weingeift und Naphta ‚und durch feine Fäbigkeit zu verbren- nen, wenn er gleich kein Oehl enthält. ‘ In’der Glü- hehitze bleibt von ihm blos eine erdigte und falzigte ; Afche — 331 Afche zurück. Er ift alfo fähig, fich falt ganz durch den Satıerftoff zerfetzen zu lalfen, Seine Beftand- theile find Stickftoff,. Kohlenftoff und Phosphor; KohlenftofP macht den ’gröfsten, Phosphor den ge- ringften Theil feiner Malfe aus. Er exifiirt'in einem ‚dreifach verfchiedenen Aggregat- Zuftande als Gas, tropfoar -Mülfg und in felter Geltalt. “Seine Flüf- ‚ figkeit und Weichheit hat er vom Waller , aus wel« chem ‚weit genug der gröfßste Theil des Körpers be» Steht. Am reinften finden wir denlelben im Faler- ftoff des Bluts, der Muskeln, Sehnen und des Zell» gewebes. Diefer Faferftoff gerinnt fchon in der ‚ atmolphärifchen, [chnelier und fefter in der Sauer- Stoffluft und in einer grölseren Hitze. In einer wäl- _ ferichten Auflöfung von ‚Mittelfalzen wird derlelbe, wenn er vorher getrocknet war, wieder weich, halbdurchfichtig, und endlich in einen zähen Schleim verwandelt, der zuletzt in.der Auflöfung unlichtbar wird, aber fich nieht mit ihr vermifcht, fondern auf dem Boden des Gefäfses liegen bleibt.- Je nachdem die Beftandtheile der thierifchen Materie in andere Verhältniffe treten, er ihr an» - dere einfache Subftanzen zugeletzt werden, erfcheint fie in einer anderen Geltalt. In der Knochenmaterie Schlägt die Kalkerde, in den fchwarzen Pigmenten die Kohle vor; in der Gallert mangelt es an Stick- Stoff, im Harnftoff hingegen waltet er vor) Hieher gehört vielleicht auch der gelbe oder bräunlichte Extraktivftoff, der durch Walfer oder Weingeift in geringerer oder gröfserer Quantität ausgezogen wer- den kann. In Verbindung mit Eifenkalk giebt der thie- 332 — thierifche Stoff rothen Theil des Bluts; mit Schwefel vereiniget, Eiweiß[töff, der in verfchiednen Graden der Gerinnung im Körper gefunden wird. # } Der thierifche Stoff zerletzt das Waller in Wal- ferftoff und Sauerftoff, fowohl im Leben bey der Er- zeugung des Fetts und Ammoniums, als nach deın Tode in der Säurung, Fäulnifs und trocknen Deltil-- lation. : Das zerletzte Waller verbindet [ich in feinen! zweierley Formen mit dem thierifchen Stoff, der gleichfalls mehr oder weniger zerfetzt ilt. Die Be- ftandtheile des letzten trennen ich faft ganz, und die neuen Erzeugnilfe derfelben mit den zweierley, Formen des Wallers bleiben entweder zu) befondern Zwecken im Körper, oder fie werden bald unmit- telbar, bald nach einiger Zeit aus demfelben ausge- ftoßsen. os Mit Waflerftoff verbunden kömmt der thierifche' Stoff im Blute der Pfortader, ’befonders der Milz und [elbft in.den felten Theilen, z. B. in den fetten Lebern einiger Thiere vor. Ferner in der Talgdrü- fen - Schmiere, im Fette des Zellgewebes, im Milch- zucker, dem Gallenharz und dem Ohrenfchmalz; er kömmt, blos dem Stickftoff angeeignet, als Ammo- nium in dem Schweifse und Harn, vielleicht auch als Natrum vor. Endlich finden wir den Wallerftoff noch in dem Gas des Darmkanals, mit Kohle, Schwe- fel und wahrfcheinlich auch mit etwas Phosphor verbunden. Bey einigen Menfchen riecht der Athem knohlauchartig, wie gephosphorte entzündbare Luft. In dem Arterienblute, der Blafenfteinfäure, der Luftfäure, die von der Haut und aus den Lungen ent- BUN ; — $ 333 entweicht und der Phosphorfäure des Harns und der ‘Knochen ift der Sauerftoff mit einem mehr oder weniger zerletzten thierifchen Stoff verbunden. Aus diefen Gemilchen ift nun der thierilche Körper in chemifcher Hinficht zulammengeletzt, Das Vermögen des Körpers auf einen gegebnen Reiz lebendige Bewegungen hervorzubringen,' ift nieht blos in der Synthelis derfelben zur Totalität, fondern auch in [einen einzelnen und getrennten Theilen möglich. Es verfchwindet durch Hitze, Kälte, Salze, Säuren und Fäulnifs, letzt alfo eine beftimmte Temperatur und Mifchung des thierifchen Stoffs sn Allein aulserdem [cheint es noch, dafs auch der Galvanismus mit diefem Vermögen in Verbindung [tehe. Er erregt Einpfindungen im Ner- venlyftem und Bewegungen in den Muskeln. Die ' Bewegungen find am ftärkften, wenn der Zinkpol den Nerven und der Silberpol den Muskel berührt, im entgegengeletzten 'Fall fchwächer. Nerve und Muskel haben allo wahrfcheinlich eine chemifche Polarität, wie Zink und Silber, und die Metallpola- rität wirkt um’fo ftärker auf fie ein, als diefelbe mit der ihrigen inhomogene Verknüpfung gebracht wird. So finden wir auch in der Bildung des Körpers Spu- ren einer erlolchnen Polarität, die den Strömungen des Magnetismus ähneln, [trahligte Richtungen, aus einem Punkte in der Entwickelung der Theile, die es vermuthen laffen, dafs das nemliche Princip, wel- ches fich in der Bewegung der Theile thätig 'be- weilt, urlprünglich auch ihre Bildung , bewirkte, Die Elektrizität vermehrt ich ins Unendliche durch den 334 — a den Volta’fchen Condenlator, und ein Magnet kann ein anderes Stück Eifen magnetifch machen, dies | wieder ein anderes und [o fort, ‘ohne daß die ur- fprüngliche Kraft dadurch gefchwächt wird, oder die Abkömmlinge weniger [tark als ihre Stammväter 'Gind. : So vermehrt fich auch die Lebenskraft ohne Schranke, und pflanzt ich durch die abfteigende Nachkommenfchaft mit immer gleicher Jugendkraft fort. Dann fetzt noch Leben Gegenwart von Säften und Bewegung derfelben voraus. Saamenkörner wachfen, wenn Jie Waller einfaugen, und'das ein- getrocknete Räderthier regt fich wieder, wenn es befeuchtet wird. So find im menfchlichen Körper die Theile deffelben in dem Verhältniffe lebendiger, als ie mehr Feuchtigkeit in ihrem Zufammenhang enthalten. Daher ift auch weit genug die grölste Malle des Körpers Waller. ge Die thierifchen Bewegungen erfcheinen als Zu" fammenziehungen,d.h. als Annäherungen in der Länge gedehnter Körper zur Kugelgeftalt, welche Form durch die Fafer, als den allgemeinen Typus der thierilchen Geltaltung, befltimmt wird. Die ' weichen Theile des Körpers find elaftifeh, Ge Ziehn fich daher (tark zurück, wenn fe durchlchnitten werden. Ein Glied, deffen Knochen zermalmt ilt, nimmt fat eine Kugelgeftalt an, Diele Elafizität ils "Produkt der Mifchung ponderabler Beftandtheile;. von ihr hängt der Ton der Faler ab; ihr Mangel letzt Atonie. Die Wirkungen diefer todten Kraft find darin wefentlich von den lebendigen Bewegun- gen verfchieden, dals diefe auch in einem ausge- Ichnigr 335 fehnittenen und an beiden Enden’ freien "Muskel entltehen, nach einiger Zeit aufhören und den zu- Sammengezogenen Theil wieder in Seine Ausdeh- nung übergehen lalfen. Der belebte Theil ift alfo in der Ruhe gedehnt, der.elaltilche verkürzt. Der aus dem Körper gelchnittne Muskel bleibt Io lange ausgedehnt, als er noch Leben hat und verkürzt fich in dem Moment, wo [eine Lebenskraft entweicht. Die Muskeln des lebenden Körpers, felbft feine An- "tagonilten find weich, die leeren Gedärme fchlaff und plattgedrückt, die Gelenke leicht, Ichwer hin- - gegen nach dem Tode zu beugen, Die Lebenskraft verlängert allo die Faler und fie mufs fich da- her fchnell durch ihre Elaftizität zulammenziehn, wenn jene ibr [chnell entzogen wird. Entweichung der Lebenskraft bringt alfo das nemliche Phänomeır bervor , was wir in der lebendigen Contraktion wahrnehmen. Perfonen, deren Muskeln lich derb anfühlen laffen, haben meiftens viele Kraft. Die weichen alfo weniger elaftiflchen Muskeln des weib- lichen Gefchlechts find zwar reizbarer, aber doch fchwächer, als im männlichen Gelfchlechte, * Die Kraft (Energie) in der lebendigen Zulammenziehung Scheint alfo von der Elaftizität abzuhängen. Das Zittern und die Convulfionen mögen vielleicht von einem Kampfe zwilchen dem expanliven Prinzip und der - ‚Elafizität herrühren , bis bey einem gänzlichen Ent- weichen der Expanlfion der Starrkrampf erfolgt. Das Inponderable dehnt den Muskel aus, die Elalti- zität ftrebt ihr entgegen, der Nervenemflufs erregt eine Art von Entladung, durch welche die Elalti- , zität 336 _— zität das Uebergewicht bekommen und [chnell eine Zufammenziehung bewirken muls. ‚Sie allo, die von der Mifchung und Struktur des ponderablen 'Stoffs abhängt, it das eigentlich thätige in den Be- wegungen und deswegen variiren fe auch nach dem Bau der Theile, in welchen fie Start inden, wenn gleich das Inponderable überall nur, eines Welens feyn mag. | Von der Expanlıykraft des thierifchen Galva- nismus hängt wahrfcheinlich auch noch das Phäno- men ab, welches unter dem Namen des Lebens- turgors bekannt ift, und eine gleichförmige und elaftifche Schwellung der weichen Theile, [elbft der Säfte bezeichnet. Eben feine Gleichförmigkeit im ganzen Körper weilt auf die Allgemeinheit [ei- ner Urlache hin. Er finkt oft [chnell im Fieberfroft, nahe vor demı Erbrechen oder bey anderen Unter- leibsreizen. Die Blutadern, belonders unter der Haut, fchwellen plötzlich auf und finken wieder zufam- men, Selbft die Saugadern ziehn lich von einem an- gebrachten Reize rafcher zulamınen, als fie. dies, fich l[elbft überlallen, ihun, Die bewegbaren Falern der Arterien, der Ge- bährmutter, des rothen Muskelfleifches und der Mus- kelhaut der Gedärme, unterfcheiden fich merklich in Rückficht ihrer Mifchung. Von dem weichen Zellgewebe bis zu dem feften Herzmuskel wächft mit der Zunahme der Derbheit die Reizbarkeit, nimint aber bey höher fteigender Härte, z. B. im Alter, wieder ab. Die Nerven belitzen ein Lei- tungsvermögen in Beziehung auf Reize und erre- 2 — 337 erregen vermittelft deffelben Empfindungen in der Seele und Bewegungen in den Muskeln. Dies Ver- mögen kann in ihnen fteigen und fallen, ver[chwin- den und wiederkehren. Der Nerve leitet durch daffelbe Prinzip, durch welches der Muskel fich _ bewegt. Er leitet ohne Zeitverluft fowohl in Bezie- hung auf Bewegung als Eıinpfindung, wie die elek- trifchen Leiter. Dies Leitungsvermögen ohne Zeitver- luft ift ihm auslchliefslich eigenthümlich;; es [cheint an fich identifch zu feyn und die Verfchiedenheit feiner Aeufserun.en blos von der verfchiedenen Form und Mifchunz der Theile abzuhängen, in wel- chen daffelbe Statt Endet. Das nemliche Geletz ift bereits bey der bewegbaren Faler angemerkt. Ungleichartige Bewegung oder Störung des Gleichgewichts ift der gemeinfchaftliche Charakter aller Reize; für diefelben haben Nerve und Mus- kel eine folche Rezeptivität, dafs fie an Beregbar- keit jeden andern ponderablen Stoff der Natur über- treffen. Ein Grad von Elektrizität, für den das‘ zartelte Elektrometer nicht mehr empAndlich ilt, kann noch Zuckungen in dem ausgefchnittenen Mus- el erregen. Damit fcheint die leichte Mifchungs- veränderung des thierifchen Stoffs in Beziehung zu ftehn. Wärme und Sauerltoff, f[elbft das Licht ver- ändern ihn. Es färbt die Haut und bringt [elbft im Inneren des Auges, wohin nicht einmal die Luft Zu- gang hat, einen gelben Fleck hervor. Der thieri- fche Stoff verbindet fich mit unzerfetztem Waller, und zerfetzt es auch.‘ Der Weingeilt kann nur das erlte, nicht das letzte; das Metall das letzte, nicht frech, fd. Phyf. VI. B, U. Heft. Y das 338 ö — n Narr; das erfte. Der thierifche Stoff vereinigt allo jede bekannte Fähigkeit zur leichten Milchungsänderung in fch. t ! Das Vermögen zum Leben reproduzirt fich bey feinen Aeulserungen durch die Vegetation in vall- kommen gleicher Wechlelwirkung. Je energifcher diefe ift, defto ralcher und häufiger wird auch die Lebenskraft wieder erzeugt. Allein faft vom Momen- _ te des Entftehens an bleibt die Reproduktion des Vermögens zur Vegetation, freilich in unmerklichen Graden, hinter ihrem Produkte zurück, bis endlich die erfchöpfte Lebenskraft gleich[am noch in [chwa- chen Pulfem eine yibrirt, und durch letzte Anfıtren- gung ganz er[chöpft wird, In diefem Momente tritt der natürliche Tod ein. (Ihrer Intenfität nach beginnt die Vegetation mit dem Maximum, von y dem fie bis zum Minimum in unmerklichen: Abftu- fungen herunterlfteigt). Die ‘Art verlängert fich in - die Zukunft; nachdem die neue Sprolfe getrieben ilt, £ftürbt hinter ihr der alte Stamm ab, wirft fich wieder vor die vegetirende Spitze und wird von neuem in den nemlichen Kreislauf der Vegetation hineingezogen. Selbft das nemliche Individuum re- produzirt fich immerhin felbft, dies um defto ra- [cher, je ftärker. es lebt. Muskelthätigkeiten konfu- mwiren mehr als Thätigkeiten des Nervenlyftems. Gejagtes Wild’ fault [chneller als-gefchoffenes. Der Menfch geniefst unzerfetzte thierifche Speilen, aber feine Auswürfe beftehn aus einem mehr oder weni- ger in feine Beftandtheile aufgelöften thierifchen Stoff. Durch das Leben wird allo die Zerletzung des BE EEE N = % — n 339 des thierifchen Stoffs bewirkt und die . Fäulnif be- günftiget. Im Geganhel Schützen aber auch ‚wieder die, belebten Wandungen, einer Höhle ergoflenes Blut, Eiter und“Lymphe für Fäulnißs. Innerhalb. des Körpers faulen, diele Stoffe weit langfamer als, aulserhalb deffelben, Der unzerlezte thierifche, Stoff ift gewöhnlich nur im Waller, aufgelöft, hin- - gegen beltehn die Auswurfsltoffe nicht blos aus den getrennten Beltandtheilen deffelben, [ondern aus Verbindungen derfelben mit den zwey Formen des, Wallers, nemlich des Sauerftofts und Wallerftoffs, Doch unterf[cheiden fich die Auswurfsltöffe. von den Produkten der Fäulnils dadurch, dafs ihnen das Wallerftoffgas und der Phosphor fehlt, fie den Sauer- “ Stoff weniger anziehn und auf die unzerletzte Mi- [chung eine ‘geringere Alfimilation ausüben. Von den verbrannten Stoffen weichen fie darin a, dafs fie noch weiter faulen, vom Feuer noch itoee fetzt werden können und noch Verbindungen mit dem Wafferltoff enthalten. Doch hauchen auch die ‚ Lungen reine Kohlenfäure aus, und im Darmkanal finden wir ein brennbares Gas mit einem fauligten Geruch. Das Leben thut allo, was der Galvanis- mus thur, es zerfetzt das Waller in (eine beiden For- men und diefe verbinden fich mit dem einen oder anderen Beftandtheil des thierifchen Stoffs, wodurch die Wiedervereinigung derfelben zu Waller bey nie- drigen Temperaturen verbindert wird., Selblt in einem. ausgelchnittenen ‚thierifchen Theil reprodu- zirt ich der Galvanismus. _ Beugt man fanft den Muskel eines reizbaren Thiers gegen den mit ihm Yz2 ver- on 3ko“ IRRE NIT CART URN verbundenen Nerven, fo erlifteht eine Zuckuns‘ 8; 'B- le £ gar dann An Ba ein getrenntes Nervenftück zwi- chen beit Ten“ Kae fchliefs. Wenn man den Zinkpot'% hs Auge 'und den ‘Silberpol an die Zunge bfihgt, fo wird die Einpfindung‘ desLichts mit der Er- feheinung eines Blitzes vermehrt. Mit der Trennung der Kette "entfieht abermäls” ein [chwächerer Blitz uhd nach dem Helleneine Art Yon F infternils, welche Erfeheihüngen auf das Verfchwinden der erhöhten Lichremipfindung hinweifen. Die umgekehrte Anle- gung der Pole vermindert die Empfindung des Lichts [6 lange die Kette gefchloffen ilt; nach ihrer Oeffnung kehrt fchnell ein vermehrter ichtlchein Zurück. Die Polaritäten des 'Galvanismus find alfo den Pola- ritäten der Lebenskraft verwandt. Die elektrifchen Fifche wirken fo lange als fie leben, wie eine galva- nilche Batterie; [elbft bey der Zergliederung der Mäufe hat man etwas Aehnliches wahrgenommen. Die Lebenskraft reproduzirt fich felbft, letzt allo ihre eigene Exiftenz als Bedingung ihrer Fort- dauer voraus. Die jetzigen Lebensprozelle find Con- tinuationen der Lebensprozefle des erften Indivi- duums der Art. Döch fcheint fie in der Priftlei- fchen grünen Materie und in den Infufionsthierchen auch noch urfprünglich zu entltehn. Vermehrung der Lebenskraft, Lebensäufserun- gen, Walferzerfetzung und 'Zerletzung des thieri- fchen Stoffs beziehn fich wechfelfeitig auf einander. Was unterbricht hier, als erfte Urfache, die Ruhe? Nicht die Wärme, nicht die Seele, von welcher die Lebenskraft unabhängig ift, Hingegen wird die Reiz- N " Reizbarkeit durch dem Sauer[toff, „mitrihr die Lebensthätigkeit, ‚und. die, verhältnilsmälsige' Wafler- zerletzung, vermehrt. , Weun man einen Muskel mit Aüffiger Schwefelleber beltreicht, ‚die ihn [eines Sauerftoffs beraubt, (o verliert er Leine Reizbarkeit, wird. weich und Schwarz; Sauerfioff, und ‚überlaure Salzläure Stellen [eine Röthe ‚und; Beizbarkeit 'wie- der her, Ein. durch Salzfäure überreizter , .nigider und unempfindlicher Muskel, wird.durch dieSchwe- felleber wieder -einplindlich. , So. kann man zu wie- .derholten Malen'in dem nemlichen Muskel durch Zulatz oder Entziehung des. Sauerftoffs ‚die Reizbar- keit tödten und wieder erwecken. Anfeuchtung des Nerven mit Kali,bringt :zwar ‚auch ‚Zufammenzie- hung und Erfiarrung in dem anhängenden. Muskel hervor, aber wahrfcheinlich dadurch; dals es die homogenen Theile anzieht und durch die Entwicke- lung des Sticklioffs ‚die entgegengeletzte. Waller- forın, den Sauerltoff, in dem; Muskel, frey macht. Was, wie die gewöhnlichen Säuren, ‘und felblt die "Kohlenfäure, keinen Sauerftofl abletzt, fondern ihn vielmehr anzieht, ‘ fchwächt die Reizbarkeit. Der Sauerftoff ift allo allein im Stande den thierifchen ‚Stoff und das Walfer zu zerfetzen und den damit zu- Jammenhängenden Lebensprozels zu bewirken ; ‚der "Wallerltoff bedarf dazu noch der, Vermittelung eines Iritten Körpers. _Aufserdem macht er auch noch ‚die bewegbare Faler elaftifcher,, ‚ver[chafft ihr alfo „beides, ‘was zur Bewegung, erforderlieh ift, Le- ‚benskraft und Federkraft, ‚doch ift er nicht ‚die. Lebenskraft Lelbft , Sondern .blofse Bedingung af ihrer PER ! Ir 342 3 ihren, Vermehrung, wie das, \was’im Galvanismüs ' das Waller zerfetzt) weder"die eine noch die andere 'Wallerform ft!” Zunächft’fcheint er auf den Koh- "Jenftoff zu wirken. In ällen ganz zerletzten Aus- wurfsftoffen komnüt derfelbe in Geltalt der Kohlen- fäure vor: wir finden ihn in’dem Venenblut und in den [chwarzen' Pigmenten. *'Doch erfcheint auch ‘ein beträchtlicher Theil (des Kohlenftoffs mit ‘der andern Forti des Walfers ith Fette verbunden. So- fern die Organe des Körpers von verfchiedener Mi- | 'fchung find‘, ftehn he zur Lebenskraft in einem ver- fchiednen Verhältnis und äufsern ihr Leben auf eine befondere Art! Zur Fortdauer des Lebensprozelles wird nun eine Mafchineneinrichtung erfordert, vermittelft] "welcher frifcher thierifeber 'Stoff-den Organen zu- geführt, der zerfetzte abgeführt” und Sauerftofl in alle Theile verbreitet werden könne. Dielen drei-f 'fachen Zweck erreicht die Natur durch den Kreis lauf des Bluts. In demfelhen fehwimmen die Blutkügelchen, ohne fich zu berühren. Inder Ruh hängen fie fich an einander. Wird aber der Kreis lauf wieder belebt, [o entfteht anfangs eine ofeill torilche Bewegung, und nach und nach wird di abftofsende Kraft der Blutkügelchen unter einandel) wieder hergeftellt. Sie'treinen fich wieder, un) "fchwimmen, ohne fich zu berühren, in dem’ durel Achtigen Strom des Blutwaffers fort. Der Puls'wech felt, ift Klein und ünter andern Umltänden wied "gröfs , die Gefäfse unter der Haut find bald aufg, trieben wie ’Stricke, bald ver[chwinden Nie wied ; D Die Wärme [teht mit diefen Erfcheinungen nicht immer im Verhältnifs; auch kann man fie von einer Zufammenziehung oder Erweiterung der Gefälse und von einer- Compreffion der tropfbaren Flüfßgkeit- nicht herleiten. Vielmehr ilt es wahrlfcheinlich, | dafs auch die Blutkügelchen, vermöge der Lebens- kraft, (ich abltofsen und einen Turgor belitzen, der "zugleich mit der Schwellung der feften Theile dazu beiträgt, den Turgor des Ganzen zu bewirken. | “Aus der Lage der unteren Hohlader erhellt, dafs diefelbe ehemals den beiden Vorhöfen des Herzens gemeinfchaftlich angehörte, und die Euftachfche Valvel wie die Valvel des eiförmigen Lochs nichts als die freien Ränder ihrer beiden abgelchnittenen Seitenwendungen [eyen. Die Herznerven, welche grofsentheils von Interkoftalnerven ent[pringen, find weicher, gallertartiger, in dünnere Fäden und Ge- lechte vertheilt, haben einige kleine Nervenknoten, und breiten fich vorzüglich auf die Gefäfse des Her- zens aus, Ihre Leitungskraft für Reize ilt [ehr geringe, daher auch der Galvanismus keine plötz- lichen und ftarken Bewegungen erregt. Doch ver- mehrt er die Reizbarkeit delfelben und macht, dafs’ es [chneller und länger pulfir. Die Enden der Hohlader ziehn fich nicht abwech[elnd mit den Vor- höfen zulammen, auch leeren die Vorhöfe und Hexz- kaminern bey ihren Contraktionen nicht vollkommen ihr Blut ans. “ Die obere Hohlader bringt den Milchlaft und die Lymphe mit; die untere Hohlader ein Blut, aus dem die’ Galle abgefchieden ift. Dies verfchiedene Blut 344 ut Blut wird nun durch einen mannichfaltigen Mecha- nismus durch einander gemifcht. Die Blutliröme der untern und obern Hohlader begegnen fich, in (lie- felben fällt das Blut ein, welches aus der Herzkam- mer zurückgeworfen wird; von der Seite her dringt das Blut der Kranzvene ein. Dazu kömmt noch das Zurückdringen des Bluts in die Hohladern , die un- gleiche Zufammenziehung des Herzohrs und die Wirkung der kleinen rautenförmigen Vertiefungen in den Wänden des Vorhofs. . Endlich entftehn auch in den Herzkammern durch den Mechanismus der Fleifchfäulchen mancherley fich entgegengeletzte und fich durchkreuzende Strömungen des Bluts innerhalb des Herzens, Die Schilddrüfe ergiefst ihr Blut kurz vor der Vereinigung der Schlüflelbeinadern zur obern Holıl- ader in diefelbigen, verwandelt alfo auf einem kur- zen Wege vieles Schlagaderblut in venöfes, und milcht daffelbe dem Venenblut zu, das grölstentheils von fernen Theilen kömmt, kurz vorher, ehe es ‚durch die Lungen geht. Ihr ähnelt die Bruftdrüfe, die in der Frucht und bey Thieren, welche lange ohne zu athmen, unter dem Waller aushalten, z. B, dem Meerbär, der Meerotter und Filchotter [ehr grols ift In der Seekuh ift auch die Schilddrüfe aulserordentlich grols. Wie diele Drülen durch ihre Blutadern mit der obern Hohlader zulammenhängen, fo ftehn die Nebennieren auf jeder Seite der Bauch-, höhle mit der unteren Hohlader in Verbindung. Sie find gleichfalls in Kindern verhältmilsmälsig., grols; doch klein in Kindern ohne Hirn. Auch. die Milz eT- a en ei / =. 345 ergielst durch die Dazwilchenkunft der Pfortader ir Blut in die untere Hohlader, und verwandelt gleichfalls auf einem kurzen Wege vieles Schlagader- blut in Venenblut um. Alle .diele Organe haben wahrfcheinlich eine Beziehung auf das Gefchäfft des Athmens, und [cheinen dazu beltimmt zu l[eyn, das. verlchiedene Venenblut aus den verfchiedenen _ Organen des Körpers zum Uebergang in ein zleich- förmiges Arterienblut durch das Athmen vorzube- reiten. Wenigftens find diefe Organe in Thieren, die keine lange Zeit auf die Oxydation ihres Venen- bluts durch das Atlımen verwenden können, vor- züglich ausgebildet. Aufser dem mechanifchen Einflufs ,- den die Luft vermöge ihrer Elaftizität auf den Kreislauf des Bluts und auf manche andere Gefchäffte des Körpers hat, hängt vorzüglich die thierifche Wärme, die hellere Farbe des Bluts, die gehörige Keizbarkeit der Mus- keln und zwetzt das Leben felbit in dem [elbliftän- digen Menfchen vom Atlımen «bh. Mangel an Refpi- ration, oder Relpiration in untauglicher Luft, erregt Bangigkeit, blaue Farbe, Muskellchwäche, Schwin- del, Verwirrung der Sinne, Almabme der ıihieri- fchen Wärme,‘ und endlich den Tod. Doch tödter nur dann das gehemmte Athmen [chnell, wenn es bey voller Thätigkeit des Körpers plötzlich unter- _ drückt wird. Gefangene atlımen zuweilen eine Lult, die für andere irre[pirabel ift, und in Ohnmachten bleibt der Menfch eine beträchtliche Zeit zum Leben erweckbar.; Die, eingeathmete atmolpbärifche Luft verliert an Sauerftoff und 'Stickliof', und wird dafür mit j h 3 t 345 nn mit mehrerer Kohlenfläure gelättiger, Nicht blos abfoluter Mangel an Lebensluft macht die Atmofphä- re irrefpirabel, londern auch die Verbindung der- felben mit kohlenfaurer Luft. Auch gephosphorte Stickftoffluft, [chweres entzündbares Gas und andere Aüchtige Stoffe tödten unmittelbar, ohne dafs der abfolute Mangel der Lebensluft Urfache des Todes wäre. Daher kann auch ein Thier in einer Luft fterben, in welcher noch ein Licht brennt. Das eingeathmete Oxygen wird nicht blos durch die Bin- dung des Hydrogens des Venenbluts zum Waller und durch die Säurung der Kohle des nemlichen Bluts verwandt, fondern ein'Theil deffelben verbindet fich als folehes mit dem Blute, indem es die Wände der dünnen Gefälse durchdringt, denn das [chwarze Venenblut wird fogar in einer Blafe, die man mit Blutwafller angefeuchtet hat, auf feiner ganzen Fläche hellroth , wenn es der Luft ausgeletzt wird, Ver- mittelft des Kreislaufs kann nun der Sauerftoff des Bluts jedem Theile des Organismus mitgetheilt und durch denfelben in ihm die Vegetation erregt wer- den. Zwar geht bey der Erzeugung der Frucht in den Menfchen und den eierlegenden Thieren Leben der Bildung des Bluts vor. Doch finden wir in dem ausgebildeten Menfchen, dafs Vorrath des arteriellen Bluts mit der Gröfse' der Lebensäufserungen im glei- chen Verhältnifs fiehe. Das Blut verliert nach und nach feinen Sauerftof, und gelangt allo ärmer an Fähigkeit, Lebensäufserungen zu erregen, in den ‘ fernen Theile an. Daher haben diefe Theile weni- ‘ger Wärme; daher heilen bey'alten Perfonen Wunden ; der Fr 347 der Fülse [chwerer als Wunden der Schenkel; da- "her rückt das Podagra mit der Abnahme der Lebens- “ kraft von den Fulszehen immer dem Herzen näher. Daher leben das Gehirn, das Herz, die Rippeninus-. “ keln und das Zwerchfell am längften, und find un- ermüdet in ibren Funktionen. Doch fcheint ich "auch ein Theil des freien Sauerftofls im Blute Lelbft zu verlieren, und feine Milchung zu verändern, z.B. ? ‚in der Milz. Im Faulfieber ift zuweilen das Venen- blue feharlachroth , ‚doch gerinnt es blos ‚gallertartig, weil fein Falerltoff nieht fo vieles Oxygen aufge- nommen hat, ‚als. zur felten Gerinnung delleiben nöthig ift. Esift daher wahrfcheinlich, dals der SauerltofF auch, in die Mifchung des Bluts .dringe, eine halbgefäuerte [chwarze Kohle in demfelben ent- wickele, und die entgegengeletzte Form des Waflers in. ihm freimache. Im Gegeniheil können unter günftigen -Umftänden Verbindungen des Hyärogens Sauerftoff in der thierifchen Fafer entwickeln. Die Urlache des ‚dunkleren Venenhluts im Winter und die Miturfache des [corbutifchen Eluts kann alfo die (eyn, dafs die Luft, in der Kälte mehr Oxygen, ent- hält, und vollftändiger phlogililixt wird, das, rothe Venenblut vom Mangel an Sauerftoff entltebn,. der ‚daffelbe nicht zureichend carbonifirt. Daher, ift es ‚gallertartig und weich beim Gerinnen, weil [eine Feftigkeit von der Oxydation des aufgelöften Faler- ‚Süofts herr ührt. Das [chwache ‚Gefteben des fcor- butjfchen Blurs kann, Folge der ‚Verbindungen des ‚Hydrogens m mit, ‚gen, geronnenen Theilen feyn. A. Die ‚bellere Röthe des 'Schlagaderbluts Ehkkeht alfo nicht blos 348 a blos von .der mehreren Säurung feines Eifens, [on- dern zugleich von dem Entweichen des Kohlenftoffs aus dein Venenblut der Lungen. Das Kohlenoxyd des Venenbluts wird zum Theil als Kohlen[äure aus- gelchieden, zum Theil, feines Oxygens beraubt, und, unauflöslich im Waller, als [chwarzes Pigment auf der Oberfläche der Lungen und in den Saugader- drüfen getrennt. So [cheidet auch die Haut Kohlen- fäure ab, während ‘das Malpighifche Netz mehr oder weniger dunkelgefärbt wird. Die eingeathmete Stiffftoffluft mus Sich dem Blute' beigemilcht haben, denn fie erfcheint nicht mehr in irgend einem Pro- dukte der ausgeathmeten Luft. Noch werden wahr- fcheinlich auch andere riechbare Stoffe und nament- lich Verbindungen des Hydrogens durch die Lungen von Blute ausgeltofsen. Im Normalzuftande kann die Lebensinft diefe Stoffe in den Lungen völlig zer- fetzen und der Geruch deswegen fehlen, wie Hy- drogengas mit empyreumatifchen Oehlen verbunden, durchs Verbrennen, in Waller, Luftfäure und ge- yucklofe Stickluft zerfetzt wird. Fehlt es aber an Oxygen, fo werden diefe Stoffe zum Theil unzer- fetzt ausgehaucht, und können zur ferneren Ver- derbnifs der Normalmijfchung des thierifchen Kör- pers’ mitwirken, N Die halbdurchfichtigen rothen Blutkügelchen ‘verhalten fich wie Eiweils, doch bekommen fie beim Gerinnen eine leberbraune Farbe. Im Waller find fie völlig auflöslich, Ihre rothe Farbe rührt höchft wahrfcheinlich von einem Eilenoxyd her; ‚der Chy- lus aus dem Bruftgang eines Pferdes nimmt fogar N Sg er Ichon ri, 349 fehon an der Luft während dem Gerinnen eine rolen- rothe Farbe an. Das Eifen [cheint, in reiner Soda aufgelöft, in der Form eines verlchiedner Oxydation und verlchiedner Durchliebtigkeit fähigen Kalks, Ben vorhanden zu feyn. Diele Verbindung des Eilens mit Laugenialzen verhirgt dalfelbe iin Blute vor der Wirkung der gewöhnlichen Reagentien, Blaufaures Alkali entdeckt es e:ft, nachdem vorher einige Tropfen Säure beigemilcht lind. Aufser dem Eilen charakterilirt die grolse Quantität von Rohle den Cruor. Das Eilen ift der Kohle nahe verwandt, leicht oxydirbar, und wird durch Kohle und Sauer- ftoff in die mannichfaltigften und verfchiedenften Zuftände verletzt, es verbindet fich mit Phosphor, Schwefel und Langenfalzen, und leitet das Impon- derable leicht, mıit Ausnahme des Lichts. Diele Eigenfchaften fcheinen daffelbe vorzüglich fähig zu machen, in den höheren Organılationen wefentliches Verbindungsmittel zwilchen dem -Lebensprozels und der Aufsenwelt zu leyn. Selhlt für das Licht ift das Blut empfindlich; in einem Glafe, das auf der einen Hälfte mit einem Ueberzug verwahrt ilt, wird es auf dieler Seite hellroth, auf der entgegengeletzren und freien duukelroth. Noch f[cheinen auch die Phänomene, dals in der Bleichfucht der Kranke fchwach ift, und Muskeln, die wie das Herz eine tiefe Röthe haben, verhältnilsmälsig auch die ftärk- ‚ften find, auf die Wichtigkeit des Cruors iin Lebens- prozefs hinzudeuten. Auch der farbelofe Antheil des Bluts wird durchs Athınen verändert. Aulser den Körper zer- letzt R 350 — fetzt ihn die Atmo[phäre in Falerftoff und Blutwal- fer, wovon der erlte an der Luft fchon, das Re erft bey 140° Fahr. gerinnt. Ob nun gleich i im Kör- per der Faferftof£ nicht geronnen ilt, fo fcheint es doch, dals das Oxygen ihn zu einer [chnelleren und fefteren Gerinnung geneigter mache. Denn das ar- teriöfe Blut des nemlichen Thiers gerinnt [chneller und fefter als das venöle, und venöfes Blut, das an feiner Oberfläche roth wird, ift hier auch fefter, als an der entgegengefetzten, [chwarzen Seite. Diele Geneigtheit, die der Falerftoff durchs Athmen be- kKömmt, fich vom Blutwaller zu trennen, und eine fefte Form anzunehmen, ilt wahrf[cheinlich eine noihwendige Bedingung zur Ernährung des Körpers. In Menfchen und Thieren, die durch irre[pirable Luft- arten getödtet wurden, gerinnt das Blut nicht. In Gegentheil mehrt fich die Gerinnbarkeit des Arte- zienbluts in Blutungen mit dem Blutverluft, fo dals es zuletzt falt geronnen aus den verwundeten Ge- füßsen fliefst, weil hier das Verhältnifs des Oxygens zur Malle des Bluts mit dem Blutverluft fteigt. In den Veuen hört diele Neigung zur Gerinnung wieder auf, und der Faferftoff wird wieder fo Hülfig ‚als das Blutwaller. Dies wird wenig durchs Athmen , abgeändert. Der Eiweilsftoff delfelben fcheint die entgegengeletzte Wallerform anzuziehn, , und fich durch denfelben aufgelöft zu erhalten, indem der Falerftoff das Oxygen aufnimmt. Das Blut ift warm und von dem Blute ift der ganze Körper warn. Die Wärme fteigt mit der An- häufung des Bluts,in der Entzündung , und mit feiner - fchnel- Pate. 351 - fehnelleren Bewegung, in den Gefälsfhiebern. Selhlt bey gleichem Kreislauf kann Ge in einzelnen Theilen zunehmen, z. B. in den Handflächen und Fufsföhlen. Das Athmen ift allo nur entfernte Urfache der Erzeu- gung der Wärme; felbft vom Kreislauf hängt fie nicht direkt ab, fondern vielmehr von der Wirkung der kleinften Gefälse in jeden verfchiednen Theile. Aufser dem Athmen hat auch noch die Verdauung einen bedentenden Einfluls auf die Erzeugung der, thierifchen Wärme. Sie ift in den inneren Theilen grölser; geringer gegen die Peripherie; 104° in der Nähe des Herzens, 97 — 99° unter der Zunge und im Maltdarn , 94— 95° auf der Oberfläche und unter den-Achlfeln. Daher befteht auch die Zunahme der Wärme des Körpers darin, dafs die an der Oberflä- che des Körpers liegenden Theile fo warın, als die inneren werden. Sie dringt alfo immer von den inneren wärmften Theilen gegen die Peripherie und verfliegt dafelhft in die Luft. Diefer beftändige Zug der Wärme aus dem Mittelpunkt gegen den Umfang, der bey gleicher Capazität.der Leiter gradlinigt [eyn mufs, verbindet getrennte Theile, die Lungen mit den Bruftbaften, das Gehirn mit feinen Bedeckun- gen, die Gedärme mit den Wandungen der Bauch- höhle; ift vielleicht die Urfache, dafs die Eiterun- gen und die anfteckenden Gifte gegen die Haut gehn und die letzten vorzüglich den Hals affiziren,, wo die Luftwege mit der Oberfläche in der Mundhöhle zu- fammenftofsen. Daher vielleicht auch die Wirkung zertheilender Pllafter, die Förderung der Verdauung und die Stillung der Coliklchmerzen durch auf den blo- 352 _—— bloßsen Unterleib gelegten Pelz) der die Wärme zu- yöckhält. In einigen kranken Vegetationsprozellen geht mit der Wärme noch etwas anders durch die Yaut ab, welches die Nerven reizt und das Gefühl einer beilsenden Wärme verurfacht, welches für das Thermometer unbemerkbar l[eyn muls. , Die fixe _ Temperatur der Wärme des Körpers leitet der Verf. von der fixen. Temperatur des Bluts her, Damit ilt aber die Aufgabe nicht gelölt, londern übertra- sen. Das Gleichnils des Wüflers, welches nur den Grad der Siedehiize annimmt, kann fchwerlich paf- for. Unter allen Gründen, dais die Ausdünftung nicht ins Mittel trete, um eine fixe- Temperatur, bey dem Schwanken der Erzeugung und Ausleerung der Wäre, zu erhalten, hat etwa der das meilte Gewicht, dafs auch in einem heilseren Waller der lehende Körper kälter als das Wafler bleibt. ' Al- Jein hemmt das Waller die Lungerausdünftung? Muls es nothwendig die Hautausdünftung hemmnen? Das durchs Athmen aufgenommene Sauerlioffyas [cheint die Urfache der thierilchen Wärme zu feyn. Der Theil deffelben, der unverändert an das Arterien- blut übergeht, thut wenig. Mehr wirkt der Theil, welcher die Waflerdänipfe und die Kohlenfäure in den Lungen bildet. Doch muls anch die eingeath- inete kältere Luft erwärmt werden. Däher hat das Blut der linken Herzkammer um 2° Fahr, weniger Wärme als das Blut der rechten. Auch ift die Ca- pazicüu des Arterienbluts gröfser als die des Venen- hints und dies nimmt daher, indeın es in den Lun- gen in jenes verwandelt wird, einen Theil der ent: wichel- wickelten Wärme als ‚latente ‚auf; ‚Disimit-fveisin Sauerftoff. ver[ehene‘. Arterienblut fetz yunxleinen Weg von den Lungen durch den Körper ,fort,/, letzt einen Theil de[lfelben an.die Wändg.der'Gefälse ab, mit einem andern. bewirkt es die ‚Gerinnung des Flülfgen zum Feften, „welches Behufs.. der Ernäh- zung nothwendig lt, mit ‚einem ‚andern entwickelt es. die Koble.;,im ‚Blute ‘und. .'durch ‚diefe ‚Pro- zefle freie Wärme..', Endlich wird: durch. die Um- wandelung ‚des Arterienbluts. in. venöles,.das wie. derian Wärme gewannen, was durch die.entgegen- geletzte Umwandelung. verloren., gehts‘, ‚In. Jeiner grölseren Hitze der umgebenden Medien wmag\nuch die Abkühlung des Körpers dadurch bewirkt wer- den, dafs die entgegengeletzte Waller form:, die eine ungleich grölsere Capazität für die Wärme. belitzt als die Lebensluft, das Leben für ’eineZeitlang un- terhält. 3 eh: Sofern Leben mit einer beftändigen Zerletzung und mit Ausltofsung des zerletzten thierilchen Stoffs verbunden ift, wird nothwendig Wiedererlatz del, felben:zu [einer Fortdauer erfordert. Die Materia- lien dazu heilsen Speife und Trank. Einerley Nalirungsmittel nähren Tiere yerfchiedner Art, de- zen jede ihre eigene chemifche Mifchung und ihren eignen Bildungscharakter hat, wenn gleicheine all! gemeine Norm der Mifchung und. ein Prototypus,/der Bildung über alle'wältet; ‘Die genolfenen Nahrungs- mittel 'müffen allo der Art angeeignet werden, dıtzch den Prozels der. Allimilation.. Dies Vermögen ilt , befonders in den Menfchen,, befehränkt, Er kann # Arch. f. d. Phyf, VI, B, 11. Heft. 2 die 354 — die uns einfach er[cheinenden Stoffe weder weiter zerletzen, noch in feine -Nätur umwandeln; ‘auch Jaus deit reinen'Beltandtheilen "des thierifchen Stoffs «(Kohle ,' Phosphör‘, Schwefel ‚’Eilen, Natrum), Stick: luft undSauerftoff),,; ihn nicht 'zufammenfetzen; Seine Nahrung’muls allo fchon eine Mifchung haben) ‚die [einer Sabltanz wenigltens-ähnlich, wenn auch nicht gleich ift;" Doch kann er einer Mifchung, ei- nen Beltandtheil (eines Stoffs, derihr fehlt,‘ zulet: zen. Ganze Völker leben von Vegetabilien, die we* nigen öder keinen Stick[toff enthalten, und verarbei- ten fie doch zu einem ‘ihnen ‘homogenen Material; Das Alfiiilirte' wird Blut; das Blut ilt die gemein: fchaftliche ‚Quelle zum Erlatz; ‘zu dielem Behufe kreift es dürch den ganzen Organismus. Im Körper findet allo‘'ein doppelter Aneignungsprozels Statt: uf ‚der 'erften 'Stufe wird der taugliche Theil der Nahrungsmitiel in Blut verwandelt, auf der anderen das Blut in felte Organe umgewandelt. Die Mundhöhle ift nicht blos’ zum erften Ems_ pfang der’ Nahrung da, [ondern. dient auch dazy diefelbe zu.'zermalmen ‘und: mit »auflöfenden Säften zu vermifchen. ' Diele find Dunft, ‘Schleim und vor- züglich Speichel. Der letzte Saft''befteht aus. Wal- fer, thierifehem Schleim, 'Kochfalz und Natrum, In ihm erzeugen lich leicht fteinigte Conkremente;, auch: bringt 'er‘ wahrfcheinlich dem: Weinftein der Zähne hervor, »der aus phosphorfauren Salzen, ‚Bla& fenfteinfäure und zum Theil aus: Knochenerde. be« Stehen foll. Im Magen rückt: die Vorbereitung zub Alfımilation, unter dem Namen der Verdauung); “ i 5% um — = 355 "um einen grofsen Schritt vorwärts. Dies Eingewei- ‚de bekömmt feine Nerven vom-achten Paar und dem Sonnengeflecht, das aus dem [ympathifchen, phre- nilchen Nerven und dem achten Paar gewebt ilt. 'Merkwürdig ilt es, dafs an ihm der vom Hirn un- “mittelbar abltaımmende achte Nerve endet, der gleich- fam hier die Grenze eines deutlichen Gefühls letzt "und nun dem fympathilchen Nerven die Verforgung der übrigen T'heile überlallen bleibt, In ihm wir- ken der niedergelchluckte Speichel, die Wärme und ‚vorzüglich der Magehfaft chemifch auf die Speilen; ‘eine lanfte Bewegung fördert die Wirkung diefer "Kräfte, . Vorher mülfen erft alle vegetabilifchen und ani- ‚malifchen Speifen gänzlich abfterben, ehe fie ver- daut werden kö,nen. Daher leben Würmer im Ma- ‚gen und Saamen keimen noch, wenn fie gleich den ganzen Darmkanal durchwandert find. Im Gegen- theil ‚will man beobachtet haben, dafs nach dem ‚Tode den Magen [ein eigener Magenlaft auflöfe. Eiweils und Milch, [elbft das fülfg verfchluckte Blut gerinnen in dem Magen der Menfchen. Nun erlt Jöfen [ich die genoflenen Nahrungsmittel, ohne Gährung zu einem Brey auf, der bey vielen Thieren eine deutliche Säure hat, Auch im Menfchen ent- Ipiont fich Säure, obne Gährung, wenn [eine Ver- dauung ‚verletzt ift., Die iım Magen geronnene und wieder zu einem Brey aufgelöfte Lymphe gerinnt nun durch Säuren nicht mehr, ift auch gegen die freie Luft und die Siedehitze wenig empfindlich. a2 Der 356 (SP) Der Magenlaft Jcheint, eine ıthierifche mit vielem Waller. verdünnte Feuchtigkeit zu feyn, die durch die: aushauchenden Schlagadern in die Höhle ‚des Magens abgeletzt wird.und dem Dunft ähnelt, der. fich..überall im Zellgewebe. und den ‚grolsen Höhlen des Körpers befindet. -, Denn Fleilch, das ‚man in die Bauchhöhle und unter die Haut, auf, die blolsen Muskeln, brachte, löfte fich auch auf. Auf . die nemliche Art können auch das geronnene Blut der Sugillationen aufgeläft und im Beinbruch die Spitzen Enden der gebrochnen Knochen abgeltumpft werden, Wahrlcheinlich enthält er vielen: Sauer- ftof , der anderen Theilen mitgetheilt werden kann. Denn; er wird aus. Arterienblut ausgefchie- ‘den, das kurz vorher die Lungen pafhirte , coa- gulirt die lymphatifchen Stoffe, ift wirklich fauer in vielen Thieren und kann es bey Krankheiten 'auch im Menfchen werden. Lymphatifche Stoffe gerinnen von ‚weniger Säure, werden durch mehrere nach- her wieder aufgelöft, ohne dann an der Luft oder in der Siedehitze wieder zu gerinnen. Von dem fauerftoffreichen Magenfaft mag es auch herrüh- ren, dafs das Tliier in der Gegend des Magens die grölste Wärme hat. Die Nerven wirken mit zur Verdauung. Die Verdauung der Speilen hängt alfo von einer Oxydation derfelben im Magen vermit- telft des Magenlafıs; und die Chylifikation von einer Desoxydation derlelben im Darınkanal vermit- tellt der Galle ab, wodurch der Milchfaft abgefchie- den wird, — 357 "Zum Darmkanal kommen viele Nerven vom In- terkoftalnerven, daher hat er auch keine Empfin- dung. Im kranken Zuftande bringt fein oberer Theil ein’ Ekel erregendes Krankheitsgefühl, der dem After fich Hähtrnde einen [techenden Schinerz hervor, der aber weniger allgemein Krankmachend ilt. Der Maftdarm’hat aufserdem noch Aeclte von den Kreuznerven, ein deutliches Gefühl und einige willkührliche Bewegung. “Im Zwölffingerdarm mifcht fich Magendrüfen- faft und Galle dem’ Speifebrey an dem nemlichen Orte zu. Jener ähnelt dem Speichel, verdünnt den Speifebrey und mildert die Galle. Sollte wol das cholerifche Temperament ein anderes Verhältnifs der Bauch[peicheldrüfe zur Leber als das‘ normale haben? 4 Die fechsmal kleinere Milz bekömmt faft foviel Schlagaderblut als die Leber; in ihr wird das arte! rielle Blut [chnell in venöles umgewandelt; ihr Ve- "nenblut ile Aüfliger, meiftens etwas dunkler von Farbe als anderes Venenblut; und enthält mehr ent- wickelten und leiehter neue Verbindungen einge- henden Walferftoff, Noch glaubt der Verf., dafs vielleicht zwilchen der Oxydation des Magenfafts und der Hydrogenation des Milzblutes ein Gegenfatz Statt finden könne, der Gch wechfelfeitig beltimine. ı." Die Galle beltehr vorzüglich aus Gallenharz, Waller und Eiweiflsftof; aufserdem findet man noch Natrum, Kochfalz und etwas Eilen in ihr, Wahr- fcheinlich ift es» dafs fe vorzüglich aus der Pfort- ader, allo aus Venenblute, abgelchieden werde, Nicht 358 — Nicht Sauerltoff, ‚[ondern entzündbares Gas fcheint diefelbe vorzüglich “zu bezeichnen. Ihr Gallenftoff nähert fich; dem Wallrath, giebt in der Deftillation ein ftärker riechendes Waller, hindert die Gerin- nung des Bluts, und Jöft das Fleifch auf eine von der Auflöfung; in Säuren verfchiedene Art auf. ‚In fumpfigten und, heifsen Gegenden herrfchen Gallen- krankheiten; einem Huhne, [chwillt die Leber an, dem man Sumpfluft in den Kropf geblafen hat, Die Galle fcheint mehr Kohlenftoff und denfelben reiner als die übrigen Auswurfsftoffe zu enthalten, Denn die Koble, [chluckt, wenn he in einem gewillen Grad oxydirt ilt, das Walferftoffgas leicht ein, das Gal- lenextrakt lälst bey der trocknen Deftillation. yiele und leicht einzuäfchernde Kohle zurück, und giebt weniger Ammonium, aber melir Oehl. Ihre Bitter+ keit rührt wahrfcheinlich von dem Oxydationsgrad des Kohlenftoffs her, durch welchen derfelbe in Waller auflöslich und mit Anziehungskraft für, den Waflerftoff begabt wird. Auflösliche Pfllanzenkohle und ranzigtes, allo oxydirtes, Fett find gleichfalls bitter, Ueberfaure Kochfalzfäure zerftört die Farbe der Galle, wie die Farbe der Pilanzenpigmente, die \ größstentheils aus Kohlenftoff leftebn. Die Blutmafle felbft kann fich zam Theil in einen gallenähnlichen Stoff verwandeln, Daher die vielen Gallenkrank- heiten in heilsen Klimaten und die gelbe Farbe der tropilchen Fieber, Die Leber wird in dielen Fällen Reinigungsorgan, [ofern ein überwiegendes. Hydro- gen im Lebensprocels für feine Fortdauer [chädlich ift. Die Lunge fıölsı völlig geläuerte, die Leber die wälle- f) RN 355 wällerigte ‘ Verbindung »'einer- weniger "oxydirten Kohle und das entwickelte; Wallerftofigas ats,' „Nachdem im Zwölffhügerdarmn: demv»Speilebrey die Galle und der pankreatifche Saft! beigemiilcht'ife| verliert, er [eine Säure), felbft in Thieren, deren Speilebrey im Magen, vffenbare Spureni.yon Säure zeigt. Mit dem 'Entweichen: der 'Säure.bekömmt er Leine Gerinnungsfähigkeit wieder. Mit-dem' Zutritt der Galle [cheidet üich von;ihm eine weilse Materie, die überall in der Ausbreitung der dünnen‘Gedärme an die Flocken derfelben hängend gefunden ‚wird: An der Luft gerinnt dieler Stoff, wird an ihr'weißser; ınit Waller vermifcht und der Siedehitze'ausgeletzt, geriont er zu einer feften, käligten Materie.‘ Diele ‚bemerkten Veränderungen bringt die Galle .in dem Speilebrey dadurch hervor, dafs fie ihm den Sauer- ftoff entzieht, deflen. gröfsere Menge den Iymphati- [chen Stoff anfangs coagulirte, nachher wieder auf- löfte und ungerinnbar machte. Bey krankhafter Gal- lenablonderung, in der Atrophie der Kinder, ver: fchwindet die Säure nicht im Darmkanal, es zeigt Sich überflüfüge Säure in den Knochen) leichtere Bildung der Zuckerfäure in den Scrofeln, klebrigtes Blut und Mangel an Ernährung überhaupt. .Diefe Trennung des Speifebreis durch Entziehung des “ Sauerltoffs gefchieht nicht durch das: Natrum der Galle,-das zum blofsen Sauerltoff wenig Verwandt- fchaft hat; die Galle felbft, als folche, zieht ihn an und wird dadurch zerftört. Wahrfcheinlich hat fie dies Vermögen-durch den Charakter, welchen das Hydrogen ihr mittheilt, « Denn daffelbe bekömint; ; im 369 = \ in | im Fortgang: des Darmkanals nach "der Zumifchung der Galle „; jimmer mehr'das Vebergewicht. » Im Magen entwickelt dich blofse Kohlenfäure, der Spei- fehreyiriechit thierifch oder [auer; tiefer im Darm- kanalı ift„Hydrogengas und»flüchtige Schwefelleber än,den Exkrementen.;' Von der Galle [cheint blos’ihr Lymphr+, aberinicht ihr :Gallenftoff in.die Synthefis des Chylus,einzugehn. , Der’ Gallenftoff' verliert feine Auflöslichkeity und: wird: als 'untauglich ausgelchie- den, ‚Vielleicht wird er durch don dem Speilebrey FntzognenıSauerftoff aus einem Halbharze in Harz verwandelt, das im Waller unauflöslich ift. Der im Darmkanal: beigemilchte Schleim und Darmfaft' affi: milirt den, Milchfaft weiter,>und vollendet: vielleicht die Präcipitätion des Gallenftoffs aus ihm. - 0 Im weilsen Milchlaft ind undurchfichtige Kü- gelchen, vorm welchen ‘.er feine Farbe erhält, die durchs Rühren deffelben an der Luft fich von’ ihm trennen ‚„. und 'fich der angeronnenen Flüffgkeit beimifchen,’wie dies auch mit dem Cruor des Bluts gelchieht. Doch löfen diefe weilsen Kügelehen des Milchfafts ‚ich nicht wie die Blutkügelcheti im Waf- Ser auf, fondern ähneln: hierin den Kügelchen der Milch. An: der Luft geronnener Chylus wird, wie halbgeronnener Eiweilsltöff in der Wärme wieder füllig.- Es ilt nicht Oehl, im Emullionszuftande, was feine weilsen Kügelchen bildet, Denn Milchlfaft auf Papier getrocknet läfst keinen Oehlfleck zurück. Die weilsen Kügelchen, als unauflösliche Theilchen, mögen an«lich: farbelos’und’durchlichtig leyn, und ihre. weilse- Farbe blos von der''Brechung des Lights auf u 361 auf ihrer begrenzten Oberfläche haben. Der Galva- nismus des belebten Körpers: mäg zu ihrer‘ Bildung‘ beitragen. ‚Denmm wenn man‘ zwifchen zwey feinen und durchfichtigen Talkblättchen die wälferigte Feuchtigkeit aufnimmt, die nach abgewifchtem Eiter aus der Oberfläche eines entzündeten Theils dringt; fo bilden 'fich in derfelben Kügelchen, wenn man die Blättehen in’ der Wunde liegen läfst, hingegen keine, wenn man diefelben’ aus der Atmofphäre le= bender Theile: entfernt." Eben die bildende Kraft, ‚welche ganze Thiere der niedriglten Gattungen aus Kügelchen bildet, die in eine gleichfärmige Gallert eingefenkt erfcheinen, die dem erlten Keime des Mühuchens im Ey, und des menfchlichen Embryos das Anlehen einer aus Kügelchen beftehenden Wolke giebt, Scheint überhaupt aueh in’ dem Chylus, dem Blute, dem Saamen, deriMilch und dem Eiter Kü- gelchen, als erfte organifche Bildung hervorzubrin» gen. Dem Milchfaft wird während [eines Fortgangs durch ‘die Saugadern Lymphe und vermittellt der, Blutgefälse in den Saugaderdrüfen Faferltoff zuge- mifcht; dadurch wird er dem Thier weiter verähn+ licher. An fich'ift er fchon nicht [ehr mehr vom Blut verfchieden; er [cheidet fich in der Lufvim Falerftoff und ein Eiweils"enthaltendes Serum, im welchem Kügelchen Schwimmen, Doch find feine Kügelchen’kleiner, im Waffer unauflöslich , 'und ers mangeln des freien Eifens und der rothen Farbe, Dies trennt ihn noch vom Blute. " Der'Chylus’des Pferdes, der freies Alkali und einen [aamenärtigen Geruch, allo. entzündbares Gas be- 362 — hefitzt, wird fchon während des Gerinnens an der Luft roth. Dem menfchlichen Chylus gielst fich faft alle aus dem Körper :zurückkehrende Lymphe zu., Nun enthalten aber, wenigftens die eigentlichen Auswurfsltofe, Alkali, das aus Azot und Hydrogen befteht, Stickftoff aber wandelt den :Milchfaft aus Pflanzen in 'thierifehen Stoff, allo auch in Blut um, und. das Natrum löft ‚das Eilen des ‚Bluts /auf, und ertheiltihm die Blütfarbe. Wie aber.eine Auflölung des Kupfers in Ammonium nur dann eine blaue Far- be erhält, wenn fie ander Luft oxydirt wird; [o fcheint auch die Auflöfung des Eilens in.Natrum des Zutritts der refpirablen Lüft zu bedürfen ‚um eine rothe Farbe zu erhalten. Der Chylus wird dem venölen Blute zugemilcht, kurz vor deffen 'Durch- gang durch die Lungen. In denfelben. wird Stick- ftoffluft, wie Sauerftoflluft zurückgehalten. Von dem Zufatze des Stickftoffs rührt es vielleicht auch her, dafs die Blutkügelchen leichter im Waller auf- löslieh find als die Kügelchen des Milchlafts. We- nigftens läfst lich durch Fäulnils Käfeftoff leichter als Faler[ioff in Fett verwandeln... Fett aber unter- fcheidet fich vom Faferftoff, aufser feiner grölseren Menge Hydrogen, vorzüglich durch den Mangel an Stickftoff., Nach dem nemlichen Gefetze bildet die rauchende Salpeterläure aus der Blutlymphe Fett, ändem ihr Stickftoff den Stickftoff der Lymphe mit fortreifst. Zugleich entwickelt ich Zuckerläure. Der Sauerlftoff der Salpeterfäure verbindet fich mit einem Theil'der. Kohle des’ thierifchen: Stoffs, und entwi- ekelt verhältnilsmälsig Hydrogen, Ein Theil delfel- ben | —, 363 en verbindet fich mit der‘ geläuerten Kohle zur. Zuckerfäure; der andere mit der [chwach oxydirten fohle zum Fett, , Ein minderer, Zerletzungsgrad heint. das Blut in Gallenftoff umzuwandeln, und Galle gleichlam die Uebergangsftufe des thieri- fchen Stoffs in jene ivollkommene Trennung in Fett und Zuckerfäure zu [eyn, In .der,Galle grasfreflen- der Thiere findet man wirklich zuweilen ein dem Milchzucker ähnliches Salz, .. Die Gemengtheile des Bluts find gleich den Be. ftandtheilen der feften Organe, aus welchen der - Körper zulammengeletzt ift, Die -rothe Muskel- fafer befteht aus Cruor und fadigem' Stoff. Denn es giebt eine Menge von Gründen, die es höchft wahrfebeinlich machen, dafs die Muskelfafer felbft roth fey und nicht vom Blute der Gefälse diefe Röthe - habe. Daher die Verfchiedeih.it der weilsen und ‘dunkeln Muskeln; das Blafswerden der Muskeln, wenn es in der B cieiiucht an, Civor fehlt, Das Pigment der Muskeln ift alfo einerley mit dem’ des 'Cruors.. Das.Serum fcheidet fich ‘in Eiweilsftoff und Gallert. Das Nervenmark ift ein halbgeronne- ner Eiweilsftoff; Sehnen, Knorpel und Knochen "find reich an Gallert, In den Knorpeln bildet fich " Knochenmaterie, als eine neue Trennung der kalk- "erdigten Salze von der Gallerte, Das Blut ilt allo "die allgemeine Mutter aller Theile des Körpers. Al- lein welche Kraft trennt nun theils die Beftandtheile des Bluts, die den Körper nähren, theils diejenigen von ihm, die als untauglich aus denfelben ausgelchie- den werden follen? Dies Gefcnäft hat wie die Bewe- gun- 364 Baz güngen der Muskeln, ‚die Leitungen der Nerven und. die Bildungen im Körper einerley Prinzip. Dann ziehen Theile ‘aus’ dem Blute das - 'was ihnen ro ilt. e ui "Das Blut kreilet in einer überall’ gefchloflenen Höhle ; “überall gehn Einfpritzungen ununterbro- chen aus den 'Schlagadern ‘in die Venen über; nir- | gends ilt ein Parenchyma zur "Verbreitung des Schlagaderbluts in freie Zwifchenräume fichtbar, ehe es wieder von den'Venen aufgenommen wird. Der ganze Körper liegt allo aufserhalb ‘der Höhle des Blüts, von ‘dem es doch genährt'werden lol: Wie kömmt allo das Blut Behufs der ee aus feiner Höhle’heraus? ' Es giebt farbelofe Gefälse, die 'als ein me- Chanilches Seihwerkzeug das Blutwaller von dem Cruor trennen können. Sie vereinigen mehrere Aeftchen in kleine Stämme, ‘die dann wieder in Aeltchen aus einander gehn, um in die Anfangswür- zelchen der Venen zu'endigen und ähneln gleichfam dem Pfortaderlyltem, das zwilchen die Arterien und Venen des Unterleibes’als ein Intermedium ein! gelchoben ilt. Die Kryltallinfe hat gar keine, der gläferne Körper, die Knorpel; Sehnen‘; das Hirn- mark und das Zeilgewebe haben wenige rothe Ge. fälse, die zu ihrer Ernährung nicht zuzulangen [chei- nen. Allein durch’ die erwiefetie Exiltenz folcHer farbelofer Gefälse würde die Aufgabe, wie das Blut aus [einer Höhle komme, 'nöch! nicht Selöft feyn, da auch fie überall keine offene Mündungen x ’ : ua A wohisw zeigen, Warn Or- — 365 Organifche Poren giebt es nicht, auch Ichwitzen ‚die Feuchtigkeiten nicht durch die Gefäx se wie durch ein todtes wiechanifches ‚Seihwerk# zeug. Hingegen findet ein Durchdringen des Inhalts ° er Gefälse durch ihre Wandungen nach cheinifchen durch ‚den Einflufs der Lehenskraft mannichfalig abgeänderten Auflöfungs - und Präeipitationsgelet- en Statt. Alle thierifche Theile, felbft die innere aut der Gefälse find nicht allein auf ihren Flächen ondern in. ihrer ganzen Zuhftanz feucht. Der weiche Iftoff, [elbft.der Schleim , nehmen das Waffer auf d werden dadurch weicher und’ Aülliger, ohne libren Zulammenhang; zu verlieren. Jemehr 'Wafler die thierifchen Theile enthalten, defio leichter trennt [ich ein Theil .deffelben wieder von ihnen, hingegen bleiben die letzten Antheile, wie bey allen ehemifchen Verbindungen am harmäckiglien zwrück, Löfchpapier and Kreide langen von Schleim! oder Fleilch das Waller ein. Dies. Vermögen, |‚Wafler einzufchlucken, verhält fich wie Ach die Theile ver- halten, und nimmt im, Allgemeinen,mit der Annähe- | rung an die fefte Form ab, ; Weicher Zeilltoff nimme leichter als die Muskeln, die[e leichter als die wei- ISsen Häute, Sehnen und Knorpel..das' Waller auf. /Nun befteht aber der gröfste Theil unfers}Körpers, is Fafern; und ‚weichem Zellftoff‘,, der, fie zulamınen- ‚|bindet;, allu aus Seltern vom Waller ‚weniger ‚und | weichen vom Waller mehr durehdringbaren, Theilen. ann verbält.lich diele Durchdringbarkeit der thie- zifchen Theile vom Waller, wie,läch ihre Mifchung verhält. ‚.Geronnener Eiweißsftoff in den; Haaren, wu Nä- 366 zes ‚die Knochenfafer falt gar nicht erweicht.' Schleiz | nimmt leicht, ‘Fett falt gar kein Waller an. End2 dich ‘fcheint dies Vermögen Waller '&inzufchluckent nimmt aber keins weiter an, da das Blutkügelchen] gegentheils im Waller anfchwillt und ‘Gch endlich ‚darin auflöft. ' Gallertartige Stolfe'nehmen bis au jeden Grad; Zellftoff, Fleifch und: die Oberhaut nur! bis auf einen gewillen Grad Waffer an. Nun findf aber die thierifchen Stoffe; wenn gleich fürs Wal-| fer, ‘deswegen doch nicht für‘ alle "'Flüffgkeiten] 'Aurchdringbar. Fett, felbft das Aüffige , dringt nicht] ‚durch ‚"fondern [ammlet fich in Beutelchen. Cruor] äfe im Wa’fer aul’öslich ‚ aber nicht'im Blutwalfer. So dringt aus ‘der Höhle der Blutgefäfse die] "Feuchtigkeit in’alle übrige Theile desKörpers durch,| Denn alle Theile’des Körpers find beftändig feucht,| ‚aus allen geöffneten Höhlen deffelben dringt ein] feuchter Dunft ‚'aus allen Wandungen derfelben quilli| ‘eine Feuchtigkeit vor, die ich wieder erneut, went] Nie abgewilcht wird, und endlich fchwitzt eine anl beiden Enden unterbundene Ader durch und wirdl. ‚welk. Die Galle dringt wenigltens' in Krankheite und’nach dem Thde durch ihre Blafe, Umgekehrt] ‚dringt die Lebensluft von aufsen "zum Blute ein. Je -der Druck endlich auf die Vene eines Theils, del] fen Arterien frey find) erregt vermittelft ‘der dureb-J fchwitzenden Fenchtigheiten 'ein Oedem: - Die Le ‚Benskraft modifizirt diel® Durehdringbatkeit der fef kteı RE. , ‘365 ften Theile für Flülfgkeiten auf mannichfaltige Art. Zwar kömmt bey glücklichen Einfpritzungeu das Wachs falt-ungefärbt. auf der,inneren Fläche der «Mundhöhle und im Darmkanal hervor. , Allein da- mit ift noch nicht bewiefen, dafs diefe bedeutenden ‚Ausführungsgänge unmittelbar ınit der Höhle der «Gefälse zulammen hängen. . Selbft der Uinftand, dals gefärbte Haufenblale gewöhnlich mit Zurück- lallung der Farbetheile, Wachs hingegen, als eine den thierifchen Theilen weniger verwandte Subftanz, ‚mit. den Farbetheilen durchdringe, fcheint anzüzei- “gen,ı.dals dies mehr gewalt[am, jenes nach ‚dem Normal fich. den Weg; nach‘ aufsen 'bahne. Wie es mit dem Durchdringen’der-Blurkügelchen, z.B. bey Blutflüffen, und der ‚monäathlichen Reinigung, ‘und beim‘ Eindringen .der ‘Kügelchen des Milch- Jafts in die Milchgefäfse lich verhaälte, ob fie‘durch ‘gebildete Poren oder. durch! eine. Vereinigung mit ‚der Subftanz: der Darmflocken dahin gelangen , äft nicht ent[chieden. , Män hat keine Oeffnungen in den Flocken gelehn:und das Itrotzende weilse Bläs chen in ihnen ift keine. freie Höhle, fondern ein mit Milchlaft getränkter Zellltof,.. Doch macht der, _ dem Oberhäutchen analoge Ueberzug der Flocken und die geringere Auflöslich'eit des Käfeftoffs des Chylus: wahre Oeffnungen in den Flocken . wahr- Feheinlicher:' Aus dem Gelagten erhellt allo, ‚dafs weder organifche noch’ unofganifche Poren Statt fAin- den, Sondern die Feuchtigkeiten:.chemilch durch- Schwitzen. Doch weder die Schwege;, : noch die Attraktion, noch der Chemismus wirken allein, fon- 368 — | Sondern die Durchdringungen gefchebnin Verbindung mit den verwickelten Gefetzen des Lebens im Or- ganismus. Denn die umher[chweifende Wallerfucht verläfst oft;fehnell diefen nnd befällt einen anderen Theil; in Milchverfetzuugen' londern einzelne Thei- le Milch ab, 'die es fonft nicht thun, während alle übrige ihnen ähnliche Theile ganz vetwas- anders ablondern: sin. \ " Die Abfonderung der Flüffigkeiten von der Blut- maäffe vollenden die Ablonderungsorgane inach den Gefetzen der Anziehung durch Haarröhrchen. ı Es giebt äftige Höhlen’ im Körper, ‘derenurfprüngli- chen Stamm man lalsı Ausftrömungen wom Stamın gegen, die Aelte in fortgeletzten Divifioneh betrach- ten kann. Die äftigen Höhlen fürs: Blut/haben'ih- ren Stamm’ im Mittelpunkt, die Ausbreitung der Aelfte geht gegen die Peripherie. . Umgekehrt giebt ‘es andere‘ gröfsere und kleinere, einfachere und zu- Sammengeletztere' ältige'Höhlen, deren Stamm von ‚der' Oberfläche‘ her mit: leinen:: Aeften dich gegen den Mittelpunkt |verbreitet.: - Die‘ Luftröhrei, : die Gänge der Speicheldrüfen, der: Bauchfpeicheldrüfe und die Gallengänge, mögen zu ‚Beilpielen dienen, Beide Arten | von: Bildungen kommen fich, wie die äftigen Figuren der politiven ‘und 'negativen Elek? trizität auf dembeltäubten Herzkuchen entgegen. Um die serlten fichtbaren Ausführungsgänge zeigt» lich ein: vielfach 'gelchlängeltes ‚Netz von :Blutgefälseny von dielen fchwirzt die Tlüfligkeit in jene durch.,i.1 sırstie VEN — 369 In einigen Eingeweiden, den Nebennieren, Nie- ren und dem Gehirn theilt (ich die Subltanz in zwey Lagen, Rinde und Mark, die fch durch Weich. ‚heit, Farbe und Vertheilung der Gefälse unterfcheiden, ‚Die. Rindenfubltanz [cheint in dielen Fällen die Vor- bereitung zu [eyn, die erft in der Marklubftanz voll endet wird, Daher theilen fich auch in den Nieren, ‚wie im Hirne die Blutgefälse zuerl[t und vorzüglich ‚in der Rindenfubltanz aus.. Was bey anderen Thei- len Vorbereitung zur Ahlonderung beftimmter Flül- ‚Sigkeiten ift, erfcheint im. Gehirn als Vorbereitung zu einer belonderen Ernährung, indem es das Ab« gelchiedene chemifch in ich aufninmt, „Der Zellftoff fcheint das allgemeine Zwia fchenmittel der Abfonderung zur Ernährung aller in ihm liegenden Organe, felbft derjenigen zu leyn, “die dadurch aus ihm entltanden find, dafs er eine felte Form angenommen hat. In fofern kann man ihn als $ die allgemeine Rindenfubltanz zur Vorbereitung der Ernährung aller Theile betrachten.: Er macht die gröfste Malle des Körpers aus; viele Organe beltehn aus ihm, andere find in ihn eingelenkt. Er hat, we- der ; im weichen noch felten Zuftande , einen röh- Tigten Bau, denn auch um. Blutkuchen aufserhalb des Körpers bildet fich Zellftoff; ja gar ausgewalche- ner Mehikleitter , über einem Cylinder ausgelpannt, hat eine "täufehende Aehnlichkeit in leiner Geltal- tung mit dem Bau ‚des Zeilltofls. Die meilten Or- gane, die ‚gröfste "Malle der Abfonderungen und der Zellftoff felbkt, find aus dem farbelolen Blutftrom Arch. f.d. Phyf. VI.B. 177 Heft, Aa ge: 370 —— gebildet und werden auch durch ihn genährt. Die Muskeln bekommen auch noch Cruor. Dazu’mag theils die Nähe der Blutgefäfse beitragen, die falı vereinigt mit den Muskelfalern fortlaufen, theils die Modifikation der Gefälswände [elbft, theils endlich innere Veränderungen des Cruors und grölsere Auf- löfung deffelben. Der weiche Zellftoff befteht faft aus unverändertem Faferftoff und [ondert das nem- liche aus dem Blut ab. Wie kann aber aus ihm und einerley Blutftrom, der Nerve Eiweils, die Sehne Gallert u. [. w. anziehn? Hier wirkt zunächft das Gefetz der Anziehung ähnlicher Theile unter fich. Selbft in der Bildung ilt dies Geletz thätig, Die Narbe des Kindes wächft in den nemlichen Verhält- nilfen wie fein übriger Körper. Chemifche Wahl- anziehung ponderabler Stoffe (cheint immer mit all- gemeiner Anziehung überhaupt verbunden zu feyn. Von der Wirkung der allgemeinen Anziehung der in- den Zellltoff eingelenkten feften Theile rührt wahrf£cheinlich zunächft die Verdichtung des Zell- ftoffs in der Nähe aller feften Organe her. Aber die Verdichtung des Zellgewebes gegen die Grenzen der natürlichen Höhlen zu, zeigt, dafs die telteren Scheiden, die um die in den Zellftoff eingefenkten Organe entltehn, nicht allein durch die allgemeine Anziehung der ponderablen Stoffe entltehn, fondern hier eine Bildungskraft mitwirke, die nicht blos i in den gewöhnlichen phyfifchen Eigenfchaften der pon- derablen Stoffe liegt. Die bildenden Kräfte find Aeufserungen der Lebenskraft und wirklam durch das Inponderable, von welchen auch’ die allgemeine > n “© An- — nen Anziehung der feften Theile gegen den fie umgeben, den und ernährenden Stoff herrührt. Im Magnet ift in jedem Atom nach der einen Richtung ein Nordpol, nach der andern ein Südpol. Bey der Elektrizität zeigt fich die pofitive dem Raum nach getrennt von der negativen. Der Gälvanismus, dies Analogon der Lebenskraft, vereinigt die magne- tifche und elektrifche Polarität in lich. In einer galvanifchen Kette ift eine der Richtung nach 'verfehiedene- Polarität ünd im Gefolge derfelben ent Steht an dein einen Ende die eine, an dem andern die andere Form des Walfers, die dem Raume nach getrennt find. So hat der Nerve an/ich eine der Richtung nach getrennte magnetifche, und in Ver» , bindung mit dem Muskel eine dem Raume nach ge“ ‘trennte chemilche Polarität. Die magnetifche Po- larität ift durch keine Zeit eingefchränkt und durch Körper nicht fperrbar; die chemifche, dem Raume nach getrennte, hingegen den Geletzen der Zeit uns terworfen und: ihr Produkt, Hydrogen- und Oxy- gen-Gas, [perrbar. Die Ver[chiedenheit dieler di- chotomilchen Polarität [cheint allo bald in der freien Thätigkeit des Inponderablen, bald in der. chemi- fchen Bindung deffelben: mit ponderablen Stoffen zw liegen. Doch find diele ver[chiedenen Aeulserungen, des Inponderablen durch keine wahre Kluft von; einander getrennt,‘ Die pofitive und negative Elek-, ‚trizität lälst [ich zwar durch ifolirte Leiter fperren und zu ihrer gegenfeitigen Vernichtung. wird eine räumliche Annäherung erfordert. Doch läfst ich Aaz die 27 ” 372 i — die Wirkung einer Art der Eleknizität ä in Beziehung auf ‚gie Hervor bringung der/anderen noch nicht ein- fchränken. Trotz des Glales, zwilchen der äufseren. und, inneren, Belegung, einer Flafche, entlteht in der äufseren ‚Belegung negative Elektrizität, wenn, der inneren von fern her pofitive mitgetheilt is ‚So entwickelt im Galvanismus nur dann fich die eine Form des Wallers, wenn an einem andern oft ent- fernten ‚Ort fich die andere entwickelt. Die ger trennte Elektrizität ift noch nicht. ponderabel, wenn gleich ihre Kugelform bey.der Entladung eine be- ftimmte Anziehung ihrer Theile unter fich anzeigt. Hingegen {ind die Produkte des Galvanismus, Hy- drogen und Oxygen [chon ponderabel, mechanifch fperrbar und der Zeit unterworfen, Tiefer herab zeigen die Verbindungen des Hydrogens mit Stick‘ ftoff zum Laugenfalz und des Oxygens mit den-com® buftiblen Körpern zur Säure zwar noch eine Neigung fich relativ in Mittelfalze zu vernichten, aber\es bedarf nicht einmal mehr eines Körpers he zu [per: ren.‘ Das Produkt zeigt keine! Polarität mehr und ilt: zur Klalfe der, gewöhnlichen ponderablen Stoffe herabgefunken, die blos noch mechanifche Bewe: _ gung und keine Vermehrungskraft ihrer (elbft’mehr haben, ohne Zeitverluft nicht geleitet werden kön- nen, keine Polarität der Richtung nach zeigen und | blos noch in ihrer chemifchen Wahlanziehung-Phab nomene äufsern, die auf Thätigkeit in ihnen [chlie? [sen lalfen, welche ehemals Polarität hatte. Das In! ponderable ift allo nur der Form, nicht dem Welen nach, von dem Ponderablen verlchieden und vor Mag- N | a 373 Magnetismus bis zur Kielölerde ein ununterbrochner L ent da. Kal Zur 2 is " Der Nerve bat mit dem Hydrogen-, ‘der Muskel mit dem Oxygen- Pol’ mehr Affinität; "dieler Pol _ wirkt lebhafter auf den Muskel, jener lebhafter auf den Nerven. Frifches Muskelfleifch \betzt freien’ ünd’ mittheilbaren Sauerfiöff, röthet' die Lackmufs- inkede und eoagulirt ‘die Milch. Zwilchen' leben-' digen Muskeln 1öft" ch todtes Fleifchy ’ wieiin dem’ ögpdirten' Magenfaft auf.“ Di@Reizbarkeit''eines in! - Lebenslaft‘ getauchten Müskels wächft; in der Luft- ! _ fiure, die’ den Sauerltoff’bindet, wie vom’Schwe=’ felaikali verliert er diefelbe und feine’röthe Farbe,” Daher "die Verwandtfchäft des’ Muskel&''hiit dem” cal, der das Vehikel des belebenden Sauerftoffs’! zu len 'fch int. Hingegen wirken Hydrögene und ’ hiydrögelirte Körper eitjuickend "auf ervenreiche'' Theile,’ ‚die Gerüche'auf die Nafe, geöhlte 'Speifen N Magen. Wie’aber die pohtive Elektrizität ‚thätiger ift als die negative, fo hat auehlder $auer- froff in’ dem gefunden Lebensprozels das 'Ueberge-' wicht über die entgegengefetzte Wallferform."Selblt - Halbgeronnene Eiweilstoff im Nerven’ zeigt! an, ’ dafs i in ihm nicht blos däs Hydrogen fondert'auch ' das Oxygen wirkfam fey." Der Säirerftöff inrerhält” allein daurend den Lebenkpro2dß? dahi ingedeh’die ’ durch die entgegengefetäre Poölarirät herydrgebrächte ! Thätigkeit bald mir'dein Tode endet.’ Däher inufs " äuch Entziehung des Öxyge ns und Ahtwenduhg' des Kiydragens überhaupt mehr fchwächen, als die Ner.” Venialer geltärkt wird ; umgekehrt Veh; inehrung des Sauer- a, 374 — Sauerftoffs .die Muskelfafer verbälfnifsmäfsig mehr ftärken, als die Nervenfafer [chwächen. Der Sauer- ftoff hat allo das Uebergewicht im gelunden Lebens- prozels; ihn zieht der Muskelfalerftoff, hingegen zieht der Eiweilsftoff der Nerven das Hydrogen ftärker an, Daher ihre entgegengeletzte Polarität, Dazu kömmt noch eine andere Quelle anfcheinend abwei- chender Wirkung Oxygen ‚oder. Hydrogen abfetzen- der Körper, von ‚dem Geletze: entgegengefetzter Po- Jarität, 'nemlich die ats dem Dafeyn beider Walfer- formen im Nerven entftehende verfchiedene: Polarität deffelben der Richtung nach, und die durch Verän- derung diefer Richtungspolarität heryorgebrachte Veränderung, der chemifchen Polarität ‚durch Kör- per, welche blos auf den Nerven wirken, Rich- tungspolarität zeigt fich dadurch als eine zulammen- hängende.. Reihe chemilcher Polaritäten in jedem Kleinften Theile der Materie, dafs eine galvanilche Batterie, die aus abwechlelnden Lagen von Zink und Silber befteht, doch, als ein Ganzes betrachtet, nur eine Polarität der Richtung nach zeigt. Die letzte, Silberplatte.entwickelt mit gelammter Kraft aller im, der. Batterie zerftreuten Silberplatten Hydrogen ; fo die Zinkplatten Oxygen. Hieraus lälst es fich er- klären, warum eine galvanilche Kette ftärkere Zu- ekungen erregt, wenn der Hydrogenpol den Muskel und der Oxygenpol den Nerven berührt, als beym umgekehrten Verhältnils, Wenn nun der thierifche Stoff, z. B. Eiweils. und Faferftoff eine ver[chiedne Verwandtfchaft zum Galvanismus hat, (o kann durch ihn der Nahrungsftoff getrennt Merdeny ferner ift jede — 375 jede eonltante Form des thierifchen Stoffs mit einem verfchiednen Grad des Inponderablen vereinigt,‘ und dadurch mit verfchiedener Anziehung des ernähren- den Stoffs begabt. Es wird allo das Blut innerhalb des Körpers, wie.es aulserhalb deffelben durch die „Einwirkung der Atmofpbäre gefchieht, durch den Galvanisınus und die Produkte [einer Wallerzer- fetzung, Behufs der Ernährung, zerfetzt werden, Der Galvanismus wirkt nicht allein auf die Quantität, [ondern auch auf die Qualität des Abge- fonderten. Die Schnuppenmaterie, das ausflielsende Waller entzündeter Augen, die in einer galvanilirten Wunde abgefchiedene Lymphe hat eine entzündende Kraft; von Reizung der Leber entlteht eine [charfe Galle. Wahrfcheinlich ilt däefe Qualität des Abge- fonderten urlprünglich Produkt des Inponderablen, das nach [einen zwey Formen in .der Schärfe wirk- fam ift. Denn in der kranken Galle zeigt [ich offen- bar Säure tind in der Krebsjauche Hydrogen, felbft Ammonium, Vielleicht kann auch die Lage der abfondernden Organe Einflufs auf die Natur des Ab- gelonderten haben, nach dem Gefetze, nach wel- ehem die Elektrizität auch durch [perrende Körper hindureh, an einem andern Ort die entgegengeletzte Polarität entwickelt, _ Vielleicht fammlet Sich: des- ‚wegen das Fett als Produkt des Hydrogens in der Nähe der Arterien, die Oxygen im Blute führen; ftehn Magen und. Milz dadurch in Wechlelwirkung, von welchen der erfte Sauerltoff, der andere Waller- bioff entwickelt, Die 376 — j Die‘ normale Milchung thierifcher Säfte beruht auf ein beftimmtes Verhältnifs feiner entfernten Be- Ttandtheile, . Wenn daher das Blüt irgendwö vielen Kohlenftoff verliert, [o treten [eine übrigen dadurch überwiegenden beftandtheile, Schwefel, Stickftoff, Phosphöi i u.ef. w. in fo lockere Verbihdungen ein, dafs fe’leicht von irgend einem Organ, welches zu diefen Verbindungen Anziehung hat, abgelondert werden, Ein Organ mit beltimmter Struktur ruft theils durch diefelbe die Abfönderungen urlprünglich hervor, theils "nimmt es diefelhen auf, wenn fie von andern Seiten her nothwendig geworden find. Da- her riecht die Ausdänftung urinös, wenn die Nieren zerltört find; Haut, Augen und Zellgewebe werden gelb, wenn die Leber verhärtet ift, die Milch fetzt - fick im Unterleibe ab, wenn die Brüfte nach der Niederkunft nicht ahfondern; und der Harn fliefst ‚Itärker nach verminderter Hautausdünftung, In . diefen "Fällen [cheint die Sekretion nicht fowohl durch die Plafüik des Organs, als vielmehr (durch die Qualität der Säftemafle beftinmmt zu [eyn. In der Regel] muls die Entzündung ein Organ zur Eiter- erzeugung bilden; aber zuweilen 'entlteht auch über- all Eiter, ohne vorlaulende Entzündung; es bilden fich überall Abfcelle, oder die Lungen fcheiden Ei- ter aus, ohne dafs man nach dem Tode in ihnen Entzündung oder Ahfcefle findet, Der Lebenslauf eines Thiers ift eine fortfchreitende Veränderung des Ganzen; die verfchiedenen Abfonderungen‘ fiel- "len fich nicht"allein gleichzeitig leben einander ein, nach der Wechlelwirkung der pialüfchen und’ che- 13 \ mifchen En 377 wmifchen Kräfte, fondern eine Abfonderung wird in der Zeit die Urfache einer andern. Die Barthaare -wachfen nach der Abfcheidung des Saamens, die Schwangere Gebährmutter erregt die Abfonderung der Milch, In Embryonen, die zur Zeit der Kno- chenbildung abgingen, fand man Knochenblättchen auf der Gaumelidecke, Knochenftücke in der Höhle des Rückenmalks, an andern ungewöhnlichen Orten Knochenkerne. Unterdrückte Regeln und Haemor- rhoiden machen, dafs das’ Blut anderswo durch- dringt. Fehlt die primaire Abfonderung, fo ftelle ‚fich auch 'die Tecundaire nicht ein; keine Barthaare nach der Caltration, keine‘ Menftruation beim’ Man+ gel der Gebährmutter. Sofern nun Ernährung und Abfonderung gleichen Geletzen folgen, das Inpon- derable [tufenweile mit dem Ponderablen in nähere Verbindung tritt, der Galvanismus die Abfonderun- gen, diefe wieder den Galvanismus beftimmen, die verfchiednen Organe eine verf[chiedne Mifehung "hal ben, und dadurch in einem wechlelfeitigen Verhält Hiffe ftehen; kann 'aus dielen Thätfachen die unzäh- lige Mannichfaltigkeit pathologifcher Abfonderungen begriffen, werden. “Daher Steht Ausfchlagsgift mir einigen Bewegungsnerven, Canthariden mit‘ den Harnwegen, Belladonna mit den Sehenerven in'Ver- bindung; Furcht macht Diarrhoe, Zorn 'Gallener- gielsung. Das Auge thränt bey den Malern, der Schlund leidet irn Scharlach. Ha " Die Refiduen’der Vegetationsprozeffe vermittelt des Galvanisitms bey der Ernährung, Abfonderüng, den unwillkührlichen und willkührlichen Aktionen der 378 n— der Organe mülfen ausgeltolsen werden. Sie wer- den vorher wieder in die Blutmalle- gebracht, aus welcher allo gemeinfchaftlich die zur Ernährnng tauglichen und die untauglichen Theile ausgelchie- den werden. Doch fieht man nirgends eine Spur eines fichtbaren Gemengs. Die auszuliofsenden Theile mülfen allo einer chemifchen Mifchung mit dem Blut fähig feyn, ohne ihre eigenthümliche Na- tur zu verlieren, wie Salpeterlaures Ammonium ein Mittelfalz bildet, das erft in der Hitze in Waller und Stickluft fich auflölfet. _Die Auswurfsftoffe einer Art können aber ‚noch einer andern zur Nahrung dienen; Infekten leben in den Exkrementen. Doch kann die Lebenskraft, nur. bis zu einer ‚beftimmten Grenze [chon, zerfetzte, Stoffe weiter zerletzen; endlich muls ein. Pflanzenveich eintreten, und die durch den Lebensprozels getrennten Beltandtheile wieder zur Nahrung für. das Thierreich fammlen. Weder die eine nochjdie andere Form des Wallers befteht im Lebensprozels lang mit unzerl[etztem thie- rifchen Stuff. Tritt'das.Hydrogen an denlfelben, Io entlteht entweder Fett mit Trennung des Stickftoffs, oder flüchtiges Alkali im Harnftoff, oder es verbin- det, fich mit dem, Schwefel und Phosphor in den fiinkenden Gerüchen der, Fäulnils: : Eben [o. verhält es fich mit dem Sauerftoff in der ‚Erzeugung der Harnläure und. der, Kohlenlinre, ‚wobey gleichfalls der/thierifche Stoff getrennt wird. - Beim Verbren- nen wird vollends der ganze Zulammenhang der Be- Standtheile des thierifchen Stoffs aufgelöft. > > 379 Das Inponderable im Magnet und der Elektri- zität zieht an und [töfst ab, verbindet und trennt, bildet die in [eine- Sphäre tretenden Stoffe, hat Po, larität, Vermehrungsvermögen, und wirkt chemifch wie die Lebenskraft auf die leitenden Körper ein., Nur darin unterfcheidet fich die Lebenskraft, dafs fie aus den angezognen Stoffen immer wieder Werk- zeuge bildet, die ihre Thätigkeit von neuem wecken, baut fich gar einen neuen Körper, wenn der alte untauglich geworden ilt, und dauert in der Art un- fterblich fort, wenn gleich die Iudividuen fterblich find. - Nicht die Trennung der Lebenskraft in entge- gengeletzte Polarität, [ondern das, was diefe Tren- nung, verurfacht, und durch fie auf ich Lelbft zu-, rückwirkt, ift die letzte Urfache der Organilation, welche dem Menfchen eben fo unbekannt ift, als die, Urlache, die im Univerfum die Urbewegung erregt, und die unbeleelten Materien beftändig nach zweien Polen vertheilt, I Die Phaenomene des Seorbut Jalfen falt anf eine, Unabhängigkeit der Seele, des Lebensprinzips und der unzerletzten thierifchen Materie von einander fehliefsen. Der Kranke hält fich für gefund, wenn er ruht, aber bey der kleiniten Kraftäufserung unter- liegt er der Ohnınacht. Giebt man ihm aber unzer- "ip organifchen Stoff, frifcbes Fleilch oder Pilan- zen, [o ftellt er fich oft bewundernswürdig fchnell wieder zur Integrität her, Nicht blolses Abwiegen des Incitaments kany hier, [o wenig als in der Bleich- fucht, die normale Lebensthätigkeit ‚herftellen, ü Nur 386 | u Nur ein Theil’ des Organismus "wird zerletzt. “ Ein erwach[ener Menfch verliert ohngefähr den vier-" Zigften Theil feihes Gewichts in einem "Tage, wo er nichts genielst. Der zerletzte Stoff muls ausgeltolsen werden, [onlt wird bey fortgehender Zerletzung das’ Hydrogen thätig, und es entfteht Fäulnils. Seorbu- tifche werfen ein ftinkendes Blut aus, und ihr Athem riecht wie ‚gephösphor tes Wafferftoffgas. Man hat felbft ‘das aus’ der Ader gelaflfene Blut bösartiger” Fieberkranken von einem üblen Geruch gefunden. " Das Fett unterfcheidet fich dadurch von allen anderen zerletzten Stoffen, dafs es wieder zur Nah- rung verwandt wird. So nähren auch Zucker und" Güimmi, alfo Kohle in Verbindung mit beiden Wal!" ferförmen, It fie aber-ganz getrennt, z.B. in der Kohlenfäure, fo wird fie auch Ausgeltoßsen. Der fette Menfch wird mager, oline dafs ich das Fett als folches in den Auswurfsftoffen zeigte. Fett Ton dert fich in der Ruhe und als entgegengefetztes Rei! Sultat der Sauerftoffverbindungen ab. Im Anfang. der Fäulnifs geht auch aufserhalb des Körpers thieT rifcher Stoff in Fett über, und im Körper verwan-' deln fich die Knochen in eine Speck ähnliche Mafle, während anf der andern Seite eine pathologifch ent- wickelte Phospho: fäure ihre Kalker nn BON, Selbft die Muskeln gehn i in Fett über. Der thierifche Körper ift ein ideeller Durch- gangspunkt für den thierifchen Stokf> der Immerhin. in ihm we ‚chfelt, dies in den mannic ‚Faltigften Ver-, hältniffen. "In sy lten. Hälke at een nimmt er an Malle zu, in der zweiten wieder ab. Ganze " — 381 ‚Ganze Theile, z. B. Knochen bilden ich wieder, "durch Wiederholung der Zeugung, des ganzen Or- gans. Die einzelnen Theile der Totalität vollenden »icht in einerley Zeit ihren Lauf, die Milchzähne, "Bruftdrüfe, Gefchlechtstheile, Brülte fchwinden frü« ‚ber oder (päter vor dem allgemeinen, Tode. Zu- ‚weilen entfteht noch eine dritte Reihe von Zähnen, Eeifche Haare wachfen und die Brüfte heben fich wieder. Es fcheint, als bätten jene periodifchen Entwiekelungen, durch welche.die Art in einer ‚Reihe getrennter Individuen fortdauert, lich hier in dem nemlichen Individuum verfchlungen. Mit diefer Regeneration ganzer Organe kömmt es überein, wenn durch Krankheit Knochen auffehwellen, fich in ein blutiges Zellgewebe verwandeln, und nach gehobner Krankheit ihre normale Form wiederbekommen. Dies Phänomen ift gleichlam der Uebergang von der Regeneration g ganzer verlorner Organe zum unmerk- lichen Wechfel i im gefunden Zuftande. Die Knochen 'wechfeln, 'wie die Verfuche mit der Färberröthe zeigen; das Hirn wechlelt, denn Anftrengung im Denken ermüdet, fordert Wiedererlatz durch Nah-. rung, und unthätig gewordene Theile, z. B. die Se- henervenbügel [chwinden. Eben fo [chwinden auch die Eierftöcke, die Hoden, die Ohr- und Bauch- fpeicheldrüfe, wenn fie auf irgend eine Art, z.B. durchs Unterbinden ihrer Ausführungsgänge, ge- lähmt find. ‘Vom Blute wird immerhin weggenom- men, und ihm wird wieder zugeletzt; feine Beftand- theile werden zur Ernährung ausgefchieden, die ra von ihm abgefondert; und in ihm y ni we 0 Lelbfe, wlan 382 — felbft ‚ als einer Sammlung belebter Theilchen, kann endlich noch ein innerer Wechlel Statt finden. Aus diefen Phänomenen fcheint es hervorzugehn, dals dieOrgane in demMaalse, als fie lebendig und he find, auch ihren Stoff wechleln., i Die unbrauchbar gewordenen Theile gelangen ‘durch die Saugadern wieder zum Blut. Sie haben” ihre Lage im Zeilftoff, dem allgemeinften Medium, Towohl für die Ernährung der Organe als für die Aufnahme der beim Wechlel des Stoffs untauglich ‚gewordenen Beltandtheile. Wahrfcheinlich haben auch die Saugadern einen gefchloffenen Urfprung und die Feuchtigkeiten dringen chemilch durch ihre Wandungen in ihre Höhlen. Sie ähneln, wo fie einen kurzen Lauf haben, z. B. im Gekröfe, einer Schnur Bläschen, deren jedes in das, in der Richtung ge- gen das Herz hin, ihm nächftfolgende geöffnet ilk und wo die Refte der durchbrochnen Zwilchenwän- de die Klappen bilden. In den Extremitäten find die Sphären mehr in die Länge gezogen; daher die cylindrifche Form und die Seltnern Klappen. Ihre Häute ähneln den durchlichtigen in fich gefchloffe. nen Blättern des Zellftoffs. Weicher ungeformter Zellftoff, mit Waller, überladen,, ‚giebt daffelbe rein von fich ; das Waller hängt unter fich zulammen, wie der Zellltoff, der fich in einen hlättrigten Bau RR ERENN: und das ‚abgefchiedene Waller umgiebt; Die ‚gradlinigt ‚trömende Lebenskraft kann die Bil- dung, in Reihen ordnen, Wahrfcheinlich -entftehn fie‘ auch noch,, nachdem die enfte, Bildung: bereits volleüdet ilt, wie Blutgefälse in der Entzündungs- krufte, — 385 krufte. Die durch das Saugaderlyftem dem Blute zu- geführten Stoffe werden chemifch mit demfelben gemifcht, theils von neuem benutzt, theils zum Jetz- ten Male vom Blute getrennt und ganz ausgeltöfsen, “Die Organe zur Ausltolsung find die Haut, der Darmkanal, die Luft- und Harnwege; jene begren- zen die innere und äufsere Fläche, diele dringen nur bis auf eine gewille Tiefe, von unten oder von oben, in den Körper ein. Lungen und Haut, Harn- wege und Darmkanal ftehn zwar mit einander in näherer Beziehung, doch können [ich alle diele Or- gane gegenleitig übertragen. Der Menfch verliert durch unmerkliche Aus- dünftung oft mehr als durch tropfbar flülhige. "Die Neigung der Auswurfsftoffe, Gasgeltalt anzuneh- nen, wahrfcheinlich durch mehrere Zerfetzung der- felben, hat allo Einfluls auf die Quantität der Aus- fcheidung, Die Haut [cheidet Waller, den öhligt riechenden Saft der Talgdrüfen, Mineralalkali, Mit- telfalze und durch beide Wafferformen zerfetzten thierifchen Stoff aus, in welchen Zufammenfetzun- gen auch Stickftoff obwaltet. Denn die Blafenftein- fäure und Harnfäure nimmt in dem Verhältnils im Urin ab, äls die Ausdünftung vermehrt wird. Die Ausfcheidung der Stickftoffluft zum köhlenläuren Gas verhält fich wie eins zu zwey. Jener [cheinen vorzüg- lich die riechbaren Theile der Ausdünftung und das ihnen verwandte anfıeckende Gift anzuhängen, wenn fonft zwar das Hydrogen die gewöhnliche Balfıs riechbarer Stoffe zu [eyn [cheint. Im Normalzu- Stan- 384 — ftan&e fcheidet die Haut und Limgeden Antheil des zerletzten thierifchen Stoffs aus, der fchon bey der Temperatur unlers Körpers Gasgeftalt annehmen kann und zwar vorzüglich Verbindungen mit ‚dem Sauerftoff, der im gefunden Lebensprozefs überwie- gend ift. Hingegen fondert der Harn wieder zer- fetzte Stoffe ab, die nur in tiopfbar flülfiger ‚Geftalt abgehen können und zwar Beftandtheile, des thieri- fchen Stoffs, die mit beiden Formen des Walfers verbunden find. Verbindungen des Hydrogehs, die fchwerer Gasgeftalt annehmen, [cheidet die Leber aus. Die Haut hat theils durch ihre Ausdehnung, theils durch die Quantität ihres Auswurfs einen be- deutenden Einfluls auf den Lebensprozels. Durch ie Stellt die Organilation in den meiften dynamilchen Krankheiten das Gleichgewicht wieder her. Nach den Jahrszeiten wechleln die Auswurfsftoffe von beiderley Wallerformen. Im Herbfte walten von der vorausgegangnen SommerBitze die Auswurfsftof- fe mit-Hydrogen vor; die Leber ‚wird vorzüglich wirklam, befonders wenn nun noch die Hautaus- dünftung durch Kälte unterdrückt wird; es;entltehn Gallenkrankheiten, Durchfälle und "Ruhren, Im "Winter waltet die Oxydation vor und die Auswurfs- Stoffe find der Art; Lungenentzündungen und. Ca- tarrhe werden die ftehenden Krankheiten des Win- ters und Frühjahrs; ‚die Muskeln, die vielen mittheil- baren Sauerltoff aufnehmen, Sa rheumatilch, der Magen verdaut im Winter beffer. Doch ‚erzeugt er im hohen Alter um diele Zeit Säure, auf welche Gicht und Podagra und ein Abfatz ‚arthritilcher Ma- } terie a 385 terie folgt, die aus harn- und ‚phosphorfaurem’ Na- _ trum und Kalkerde belteht, Aus den Oefinungen der Talgdrüfen ragen die Haare hervor. In Fettgelchwüllten der Eierftöcke findet marı Haare ohne Wurzeln, aber nie findet man fie in folchen Gefchwüllten der Eierftöcke; die Lym: phe enthalten, Diefe haben Knorpel, Knochen und Zähne, welche wiederum in jenen nie gefunden werden, Die Enutftehurig der Haare muls allo init der Abfonderung des Fetts Zufammenhang haben. Bey Schaafen fand man Wolle in folchen Gelchwiils ften, und bey Thieren und Menfchen wuchlen Hör- ner aus denlelben hervor, wenn he än der Ober- Räche lagen, die bekanntlich bey manchen Thieren aus zulaınmengeleimten Haaren beltehn: Die Farbe der; Haare liegt nicht, blos in-ihrem Oberhäutchen, fondern in ihrer ganzen Suhftanz und ‘geht parallel init, der Hautfarbe vom rothen zum bläffen ünd wei: fsen und von diefen dureh das braune in däs [chwaär: 2e fort. Sie [cheinen aus-Fäden zu beftehn,; die einen Cylinder bilden, in welchen ihre markigte Subftanz liegt. Sie dünften wie ‘die Haut einen luft förmigen' Stoff aus; im Weichfelzöpf tehmen fie Krankheitsftöffe auf; in hitzigen Fiebern falle man; dafs fie weils wurden, doch nachher fortwüchlen; Haare Wahnlinniger entfärbten fich durchs Kochen im Waller; lebendig abgefchnittnes Haar behält fei? tieh Glanz und läfst fich leichter bearbeiten. Sie find allo Auswurfsorgäne, beftehn aus härtgewördnemi Eiweißsftoff und enthalten, nach den Knochen, die meifte phosphorfanre Kalkerde. Arch. f.d. Phıy/. VD. 11. Heft; bh Wo 386 i — Wo die Haare aus der Haut hervorkommen, bib “det fie eine einwärtsdringendejhohle Scheide, die mit den Umhüllungen der Haarzwiebel zulammen- hängt. Aehnliche weitere Scheiden macht die Epi- dermis dort, wo auch ohne Haare Talgdrüfen auf der Oberfläche fich öffnen. "An andern Stellen dringt endlich .eine unzählige Menge feinerer Fort- fätze der Oberhaut, gleich kleinen Fäden, in die Tiefe der Lederhaut. In diefen hohlen trichterför: migen Fortfätzen der Oberhaut [cheinen fich die Aus- führungsgänge zu öffnen; ans ihnen die Sangadern zu entipringen. Zieht man die Oberhaut ab, To bie- gen fich diefe Fortfätze um, fchrumpfen ein und fchliefsen fich, dals man he weder mit dem Ver$rö- fserungsglafe fieht, noch das Waller fe durchdringt. In dem Rückftand von 36 Unzen abgedampften Harn find Harnltoff und’ Eiweifsftoff 22 Theile, pbosphorlaure Salze 23 Theile, falzfaure Salze 6 Theile, Blafenfteinfäure und phosphorfaurer Kalk 2 Theile. Die Blafenfteinfäure ilt [chwer auflösbar im Walfer , fällt kryftallinifch. als rother Sand zu Bo- den und verliert fich im gefaulten Harn, ba: daher eine zulammengeletzte Bafıs, die bey ihren Zerlö- rung Stickgas, kohlenfaures Gas und Phosphorfäure entwickelt. Von der Menge des Harnltofis, diefem charakteriftifchen Beltandtheil des Urins ‚ hängt die ‘Qunkele Farbe defleiben ab. Merkwürdig. ift es noch, dals der aus frifchem Harn durch Kalkerde _ gefällte Nieder[chlag, getrocknet, fo hart wird, dafs er in Glas [chneidet. Der Harn Icheidet allo _ theils zerletzte Auswurfsltoffe, tbeils [olche Stoffe aus ’ _—— : 387 aus. demKörper aus, die zwar in ihm aufgenommen, aber ihm nicht aflimilirt werden und; auch nicht in Gasgeltalt durch die Haut und Lungen entwei- chen können. _ Merkwürdig ilt noch das viele Fett, in welchem die Nieren liegen, das auf ihr an Sauerftoff reiches Blut Bezug zu haben [cheint, So befindet fich auch gewöhnlich unter der Haut eine Lage von Fett. Haut, Lungen/und Nieren fcheinen,, lo lange der Sauerltoff im Lebensprozefls vorwaltet, die vorzüglichften Ablcheidungswerkzeu- ge zu l[eyn; im entgegengeletzten Fall prädominirt die Ausfcheidung durch, die Leber, _Je mehr - Thätigkeit in Körper ilt,; deli mehr ift zerletzter thierifcher Stoff’, Blalenfteinfäure, Phosphorf4ure und Harnftiof da. Schwäche, die geläuerten Chy- lus verurlacht, trennt den thierifchen Stoff nicht ge» nug, [ondern fäuert ihn vielmehr. In der Rachitis und den Skrofeln ift der Harn trübe, blafs und mehr fauer. Ein Urin, dem es an hinlänglichem Harnftoff fehlt, [cheint die Verbindungen der.Harn-, Phosphor-, Sauerklee - und Zuckerläure mit dem thierifchen Schleim, der Kalk- und Talkerde nicht genug auf. gelöft zu erhalten. Es bilden fich Blafenfteine, Saure Pllanzenkoft bildet auch in gefunden Menfchen eine Menge des Sandigten Niederfchlages, Hieher gehört auch die honigartige Harnruhr, in welcher die Haut ‚trocken ift und der Magen Säure zeigt, der Harn vielen Zucker enthält, Schwefelleber,, faules Fleifch und alles, was den Magen des Sanerltoff; be- raubt, heilfam ift. Die Nieren ftehn endlich noch mit dem Magen in Confens durch ihre Nerven von Bb2 den 388 — dem Interköftalnerven, der den Verdauungswerkzen- gen vorzüglich gewidmet ift, und dem Oberbauchs- geflecht, das gleichfam der Mittelpunkt des Interko- ftalnerven im Unterleibe ift und mit dem Magen in wielfacher Verbindung [teht. ; Pfanzenleben und Thierleben beruht auf einer- ley vegetativer Kraft. Nur wohnt in den Thieren noch eine andere urlprünglich-thätige Kraft, wel- che die erfte blos als Werkzeug zu ihren Zwecken zu benutzen [cheint. Beim Thier gehn feine Bewe- gungen auf. fein körperliches Wohlfeyn, beim’ Men- fchen zugleich auf [eine moralifche Vervollkommnung, Unfere willkührlichen Handlungen ind zwiefach, Bewegungen und Vorftellungen. In beiden ift auch der chemifche Lebensprozels thätig. Das höhere Organ für diefe Funktionen liegt im Nervenlyftem. Die Geltaltung des Gehirns wird auf eine inte- rellante Art von Rückenmark aus entwickelt,- das aus vier Strängen belteht und innerhalb des Schä- dels fich fo öffnet, dafs feine vier Stränge von oben her einen hälben Kanal bilden. Der Boden des Ka- nals ift das verlängerte Rückenmark, das abwärts zu in den grolsen Hirnknoten fich endigt. Der Hirn- Knoten fchickt auf jeder Seite einen dicken ftrei- figten Strang vor- und aufwärts unter dem Namen der Hirnfchenkel. Jeder derfelben [chwillt auf fei- ner oberen Fläche in zwey [tarke rundlichte Wulfte auf, von denen das hintere Paar näher zulammen- liegt (die Sehenervenhügel ), das vordere, (die ge- ftreiften Körper), wegen der Divergenz der Hirn- fchenkel mehr getrennt find. Von dem vorderen und \ _— 389 und äufseren Rande der ‚geftreiften Körper und von ihrer unteren Fläche geht auf jeder Seite leitwärts “ein dickes Blatt von Hirnfubftanz aus, das fich aus- wärts und aufwärts und im Allgemeinen von vorn rückwärts beugt, Ach über die geftreiften Hügel wegfchläst. Die äulseren Flächen beider Blätter berühren fich und fteigen wieder in die Tiefe zwi- [chen beide gelftreifte Körper und Sehehügel hinab. Dadurch entfteht, auf jeder Seite die dreihörnigte Höhle, in welcher die geftreiften Körper und die Sehenervenhügel liegen. Oben verbinden der Bal« ken; in der Tiefe der dritten Hirnhöhle, das vor: dere; nach hinten zu, das hintere Querbändchen und die vier Hügel beide Gehirnhälften brückenför- ınig. Die letzte und. ftärkfte brückenartige Verbin- dung des Halbkanals macht das. kleine Gehirn aus. Das Adergellecht in, Erwachfenen iltnur das einge- fchrumpfte Modell, über welches im Embryo die Na- tur die Halbkugeln des Gehirns baute. . Da bey den niedrigen Thieren anfangs nur ein Rückenmark Sich zeigt, die Knöpfe an dem vorderen Ende lich erlt [päter entwickeln, blos ein kleines Gehirn, nackte Sehehügel und geltreifte Körper vorkominen und in den höher potenziirten Organifationen erlt von den geftreiften Hügeln aus das Mark über hie fich zurückfchlägt und das-grolse Gehirn bildet, [o kann man allerdings das Gehirn als eine’ vollkumme- ne Evolution des Rückenmarks oder als die Nerven des inneren Sinns betrachten, die keinen Ausgang aus demSchädel fanden, und [ich daher in fich [elblt zu einem Gehirn zulamımen rollten. Den 390. TREIN x Den ‘fympatilchen Nerven kann man gleichfam ‘als ein für fich beftehendes Syltem be- trachten, das mit vielen kleinen und grolsen Ner- venknoten verfehen ilt, vielfache Geflechte hat, aus- fchlielslich den inneren Gefälsen der drey grolsen Höhlen des Körpers und bein mämlichen Gefchlechr i den inneren Theilen des Hodenfacks angehört. Seine Aelte find weiche Nerven, haben nicht [fo fehr wie die übrigen das gebänderte Anfehn, laflen fieh nicht wohl in zwey Hälften theilen, fondern machen viel- - mehr ein einzelnes zulammenhängendes unregelmä- fsiges Ganzes aus. Im Bauche bildet'er das Sonnen- gefleoht, ein knotiges und fadigtes Netz, das gleich- fam fein Hauptyereinigungspunkt zu [eyn f[cheint.' Daher .find auch in Hinficht mancher Erfcheinungen‘ das Hirn und die Geflechte ‘des Unterleibs lich ge- rade entgegengeletzt. Im Nervenmark ilt zwar auch Sauerltoff BRNO ten, welches fein halbgeronnener Zuftand anzeigt. Doch hat: das. Hydrogen in ihm das Uebergewicht. Nun bringtraber die an einem Orte thätige eine Form des Wällers,: an einem andern benachbarten Orte die entgegengeletzte hervor. Dies beltätiget lich “auch in: dem'Bau‘der: Nerven. Denn die Nerven- hülle zeigt'eine mehrere Verbindung mit Oxygen, als‘ Conft der’ 'Zellftoff anderwärts befitzt. Um die mit mehreren -Sauerftofl verbundene Nervenhülle fetzt wieder äulserlich fich Fettab, Keine bewegbare Fafer ilt mit der Anleru völlig verbunden; !blos das Nervenlyftem hat überall im - Körper einen unmittelbaren Zufammenhang. Es allein pr m Tl a m Te a a a Een A / = el ‘ Sg allein «leiter Reize. Wenn daher ein Gefühl fich weit und breit nach dem Laufe der Nerven verbrei- tet, [o ift die Urfache davon unmittelbar im Nerven; ‘ - äft hingegen daflelbe lokal, fo liegt feine Urfache in einem Theile, der nicht Nerve ilt und diefer il nur‘ Leiter deffelben zur Seele. Der Hy drogenpol des Galvanismus bringt eine tiefer in die Nerven eindringende, .der Oxygenpol eine mehr auf den be- rührten Platz eingefchränkte Empfindung hervor. Diefer Pol verurfacht in der Nale einen drückenden Schmerz ohne Neigung zum Nielen; jener bringt ei- nen [chneidenden und [techenden Schmerz und einen heftigen Drang zum Nielen hervor, Am Finger er- regt der negative Pol eine eindringendere und ver- hreitetere Empfindung, im Ohr einen gröfseren Schall; der politive am Finger eine lokale Spannung und im Ohr einen drückenden Schmerz, Das in den Nerven vorwaltende Hydrogen weckt in den angehängten Organen die entgegengefetzte Form. Nerven find verbunden mit, fauerftoffreichen Mus- keln, um die Arterien, die oxydirtes Blut enthalten, {pielt überall ein Nervennetz, um die Venen nicht; die hohlen Organe, zu welchen Nerven gehn, ent- halten Sauerftoff, und der Magen, deffen Magenfaft fo vielen Sauerftoff enthält, gehört zu den nerven- reichften Organen, Der Magen hört auf.durch Oxy- dation zu verdauen, wenn das achte Paar nam Halle abgelehnitten ilt; die Muskeln verlieren ihre Ela- füizität, wenn die zu ihnen gehenden Nerven un- terbunden find; die Ernährung hört aus der nemli- chen Urlach auf, weil es an Sauerftoff zur Solides- cenz 392 — cenz der flüffgen Materie fehlt. Das Verhältnifs des Sekre'jo ıspr. zelles kann vielleicht eher als die ee anife :» Nery.:nverbindung den Confens des Ge- hirns mit der Leber er\\lären. ‚Sie befitzt die einzige venöfe Drülenfekretion. Thierifche Wärme ift Pro- dukt des Oxydationsprozelles ; daher werden Glie- der kalt, deren Nerven gelähmt find, wenn gleich der Kreislauf fortdauert. Umgekehrt ift eine bren- nende Hitze die Begleiterin aller anhaltend hefti- gen Erregung des Neryenfyftems. Im Typhus, wo vorzüglich Hirn und Nerven leiden, finden wir eine beifsende Hitze. . Das Nervenfyftem, fofern es allein Beize leitet und deswegen, ohne Berührung von körperlichen Stoff, als erregende Potenz auf alle Syfteine einwirken kann, und fofern es als eigen- thümliche Polarität überall feine Gegenlätze hervor- ruft, wird allo eine eben fo nothwendige Bedingung des Lebensprozelfes als das Syltem der Gefälse. Es ift wahrfcheinlich das Organ, welches, vermöge feines Leitungsyermögens, gie Lebensthätigkeiten in einem Theile exaltirt und dielelben im umgekehr- ten Verhältnis in allen übrigen [chwächt; durch ört- liche Anftrengung das Ganze [chwächt; und durch örtliche Reize das Allgemeine erregt, Aufser dem Dafeyn der Nerven und ihrer Auf- fammlung in dem Gehirn und Rückenmark ader in Knoten, feheint der Nerve noch eine befondere Mi- fehung nöthig zu haben, wenn er [einen Theil zur Empfindung fähig machen fol, Wie die Härte der Nerven wächlt, nimmt die Empfindlichkeit des Theils zu, dem fie angehören. Das lebendig geöff- nete — 393 nete Thier fchreit nicht, wenn die weichen Bauch- nerven, [chreit aber augenblicklich, wenn die harten Lendenneryen geftochen werden, Unempfindliche Theile werden durch Entzündung empfindlich , viel- leicht weil der ftärkere Oxydationsprozels die Ner- ven mehr härtet, und fie dadurch zu belleren Lei- tern macht. Wenn man oberhalb eines Gelenks alle weichen Theile bis anf die Knochen abfchneidet, fo kann man die Gelenkbänder [techen und reizen ohne Schmerz; dreht man das Gelenk aber um, [o [chreit das Thier heftig, wahrfcheinlich wegen yermehrter Spannung. Im Zahne [cheinen Mifchungsyerände- rungen des Schmerzes durch Säuren denfelben felbft zum Leiter des Inponderablen zu machen, wodurch der Nerye mit ihm in einen dynamifchen Zufammen- hang tritt, Dann mufs man es nie vergelfen, dafs nicht die eine oder andere Wallerform das urfprüng- lich Thätige im Lebensprozels ift, fondern das es fey, was dem Waller feine eine oder andere Form giebt, das im ruhenden Zuftand ungetrennt, in ver- fehiedener Stärke, und in jedem Atom als Indiffe- ‚renzpunkt vorhanden feyn kann, Die Nerven wir- ken freilich nicht als gelpannte Saiten durch Oseil- lation,. Denn fowohl an ihrem Urfprungsort im Hirn als an ihren peripherifchen Ende legen fie ihre Häute ab, Doch ilt es merkwürdig, dafs mit der weilsern Farbe ihres Marks auch ihre Häute felfter und ihr Leitungsvermögen gröfser ift. Die meiften eigentlichen Sinnwerkzeuge find gefpannte Organe, Vielleicht find gar gereizte Nerven während der Empfindung gefpannt, Man will’bey der Schliefsung Starker 394 — Starker galvanilcher Batterieen in magren Perfonen das Nervennetz auf dem Rücken der Nafe und den Oberkiefer [o gelpannt gefehen haben, dafs man feine Zeräftelung mit dem Pinfel auf der Haut hätte zeichnen können. Die weilsere Farbe der vorzüg- lich reizleitenden Nerven [cheint vom Sauerftoff in ihnen abzuhängen, derfelbe allo auch zur Emphnd- lichkeit nöthig zu [eyn, wenn gleich das Hydrogen vorzüglich thätig im Nerven ift. Wahrfcheinlich be- Steht das Nervenmark aus weilsen Kügelchen, die durch eine Flülbgkeit zufammenhängen; der Nerve ähnelt dadurch einer zulammengeletzten Batterie aus vielen Lagen, die in ihrem Lauf eine Richtungs-, an den Enden eine dem Raume nach getrennte Polarität hat. Dazu kömmt noch, dafs der mit dem Muskel zufammenhängende Nerve wieder‘ einer polarilch verfchiednen Batterie gleicht, dies ewigen Mangel an Gleichgewicht, allo raftlole Thätigkeit, den Cha- wakter des Organismus, verurfacht. Da nun in. ei- nem Magneten augenblicklich das Gleichgewicht aufgehoben, der Indifferenzpunkt verlegt, und der eine Pol verändert wird, wenn man den enigegen- geletzten verändert, [o kann man es einigermalsen einlehn, wie der Nerve ohne Zeitverluft leitet, und wie er, wenn. [ein peripherifcher Pol durch den Eindruck verändert wird, dies fogleich än dem ent- gegengeletzten im Gehirn bemerkbar machen mus. Der weiflse und harte Nerye fcheint mehr ‚die Pola- 'rität des Magneten zu haben; der weiche Nerve hingegen einer Leidener Flafche zu ähneln, die in - allen Punkten ihrer Oberfläche gleichförmig geladen ift. — E 395 il. Aufserdem haben die weichen’ Nerven nock "Knoten, in welchen ihre Fafern fich zum‘ Theil auflöfen, zum Theil unverändert durch fie durch- gehn, und noch den Weg für einige Empfindung offen halten, Durch je mehrere Reihen von Knoten aber ein Nerve mit dem Gehirn in Verbindung tritt, defto unabhängiger [cheint.er,von demfelben zu wer- den, ‘wie der fympathifche Nerve. Die Sinnes- nerven bleiben bis ans Ende fibrös und weils, und nur wenige derlelben verfchlingen fich in Knoten, " Bey den äufseren Sinnen find es vorzüglich nur me- chanifche Eindrücke, für deren Eindruck und Fort- leitung ihre Nerven fo gebaut find, wenn gleich wmechanilche Eindrücke mit oft unmerklichen chemi- -fchen Veränderungen coincidiren. Diele beftimmte Richtung ift auch bey dem Eindruck der Seele auf einen zu bewegenden Muskel nothwendig, aber am Ende diefer Richtung gefchieht doch in dem Muskel die Wirkung durch einen.chemilchen Prozels. Da- her werden die zu den willkührlichen Muskeln ge- henden Nerven weich, ehe fie in denfelben fich ver- ‘ Jieren, und wir fühlen die in ihnen vorgehenden Veränderungen nicht. Wird diefe Richtung nun noch oben drein durch vielfache Knoten unterbrochen, [o hört auch die Willkühr auf, nemlich die Wahl der Richtung nach der Beftimmung des Willens, z.B. in der Bewegung der Gedärme, des Herzens u. [. w.‘, wir können diefe Organe durch einen Stofs des Nervenlyltems allgemein erfchüttern, aber keins der- b felben einzeln bewegen, Die Nerven wirken auf fie; aber nicht als Leiter, fondern durch den Le» bensprozels. . In “ 396 — In Anfehung der Sinne behauptet der Körper eine gewille Selhfiliändigkeit, vermöge welcher die Seele von den Veränderungen der Körperwelt aufser ibr mit Beltimmtheit zu urtheilen: im Stande ift. Kleine Veränderungen unlers Körpers haben keinen Einflufs auf unfer Empfindungsvermögen, [onft wür- den wir in jedem Augenblick uns in Anfehung un- fers äulseren Zultandes betrügen. Selbft bey merk- licher Differenz der Erregung fchmeckt Brodt im- mer noch wie Brodt. Im Gegentheil ind wir im Stande, die feinften Modifikationen des Objekts wahrzunehmen. Ein blattförmig gelchnittenes Stück geränchertes Fleilch, das der Luft mit einer gröfse- ren Fläche ausgefetzt war, [chmeckt anders als ein’ würfelförmiges. So beftehn auch die Krankheiten nieht in einem verf[chiednen Grad der Erregung; Podagra, 'Gefälsheber, Pocken, Mafern u. f. w. exiltiren bey einem fıhenilchen und afthenilchen Zu- ftand; ihr Welen muls alfo von diefen Zultänden ver- fchieden feyn; Reiz können wir nach unferer Will- kühr mehren und mindern, aber nicht auch mit gleicher Leichtigkeit Krankheiten heben. Wie in den Gefchmackseindrücken ein Gegenlatz zwilchen füls und bitter, fauer und alka- lifeh, Statt findet, fo auch in der Bildung der Zun- genwärzchen, Die. Zungen/[pitze hat ihre Nerven “ vom Zungenalt des fünften Paars, die Wurzel vom Zungenfchlundkopfnerven. Den Eindruck des fülsen und [auren empfinden wir mehr mit der Spitze, des bittern und alkalifchen mehr mit der Wurzel der Zunge; diefer Nerve [cheint mehr für das Hydrogen, jener Fr 397 jener mehr für das Oxygen geeignet zu feyn. Der Oxygenpol des Galvanismus bringt einen [auren, der entgegengeletzte einen alkalilchen Gelchmack her- vor. Eben fo ınerkwürdig ilt die Erfahrung, dafs der durch den. Oxygenpol hervorgehrachte Ge- fchmack vorzüglich nur auf der Spitze der Zunge fauer it, weiter hinten auf der Wurzel nalichei Menfchen fogar alkalifch erfcheint. Das Medium für den Geruch £[cheint der Wal- ferftoff zu [eyn; jeder Körper wird in dem Maalse riechender als er mehr Hydrogen in Gasgeltalt ent- wickelt. Daher der Geruch bey der Fäulnils, die ° ein Zerletzungsprozels durch Hydrogen, wie das Verbrennen ein Zerfetzungsproze[s durch Oxygen zu feyn [cheint, Geriebnes Kupfer riecht wahrlchein- lich durch die Zerfetzung des atmolfphärilchen Wa£- fers; trockne Erde, die von Waller befeuchtet wird, riecht; ein Gemilch von Eilen, Bittererde und Thon riecht bitterlich, wenn man es anhaucht. Die Na- Sermerven find unter den Sinnesnerven am weniglten hart, weils und’ falvigt. Sie leiten lebhaft, aber ohne Vorftellung der Richtung. Eine’ wichtige Rolle fpielt überhaupt das Hydrogen in den Sinnorganen. Licht entlauerftofft die Körper, und ift das Medium fürs Auge, wie das Hydrogen [elbft es für den Ge- zuch ift. Im Hydrogengas werden alle Töne höher und eindringender; eingeathmet bringt es einen an- genehmen Raufch mit Phantafieen hervor. Hydro- gen ift das Symbol der Extenlion, Oxygen Symbol ‚der Cuntraktion; dies charakterifirt den Muskel, jenes den Nerven, Der Mann.hat einen weiteren Tho- 398 .— Thorax, ftärkere Muskeln, eine feltere Faler, mehr Kraft in beiderley willkührlichen Handlungen. Das Weib hat engere Relpirationsorgane, mehr Fett, fchwächere Muskeln, [chnellere und feinere Emphn- dung, häufigere Nerverkrankheiten und ein zu den Muskeln verhältnilsmälsig grölseres Hirn. Der ne- gative Pol bildet im.Harzftaub kleinere und rund- licht - wellenförmige, der politive [tärker-[trabligt, fich ausbreitende Figuren. Alles dies weilt auf einen tief in der Natur liegenden Gegenlatz hin. Die Analogieen zwilchen Geruch und Gefchmack möchten wol vorzüglich von der mit riechbaren Beltandthei« len gefchwängerten Luft, welche während des Kau- „ens immerfort durch die Nale geltolsen wird, her- rühren. Denn wir find nicht im Stande, die Diffe- renzen [olcher Subftanzen, die einen Spiritus Rector haben, z. B, der Erdbeeren, Himbeeren, die, ver- fchiednen Arten [aurer oder fülser Weine u. f. w. zu unter[cheiden, wenn wir während ihres Genuffes | die Nafe zuhalten, in dem Moment ihrer Oeffnung entfteht erlt der Ipecililch eigenthümliche Ge- [chmack. Das Licht ift in feinen chemifchen Wirkungen dem Sauerltoff entgegengeletzt, hingegen dem Wal: ferftoff analog. Es verwandelt die oxygenirte Salz- fiure iin gemeine; färbt die weilsen Metallkalke dunkler, nähert fie allo ihrer Desoxydation; eben fo das Blut; färbt die lebenden Pflanzen grün; Men- ° [chen und einige Thiere in den heifsen Climaten Schwarz; es wirkt erquickend wie die Gerüche auf den Körper, und erregt Nielen,: wenn es in die f Nale / w; ; 399 ° Nafe fällt. Beim’ Mohren [augt das Malpighifche Netz das Licht ein; beim Weifsen dringt das went- gere Licht tiefer ein, welches das Durchfcheinen einer gegen ein Licht gehaltenen Hand zeigt, Dazu kömmt noch, dafs überhaupt das Hydrogen in dem Lebensproze[s des Negers thätiger ift. Auch im Weilsen bringt Mangel an Zerletzung der Lungen- Ausdünftung wegen Mangel an Sauerltoff einen rie- chenden Athem hervor; halboxydirte Kohle“ it fchwarz; halboxydirte Kohle-und Hydrogen bilden . Fett. Licht wird nun. dazu beitragen, die Oxyda- tion noch mehr zu [chwächen; der Weilse geht dureh Zwifchenftufen über zum Neger. Der eiumal begründete Prozels beharrt, und-der Neger bleibt durch mehrere Generationen auch im kalten Clima Schwarz. Die durch Hitze, übereilte Entwickelung vollendet’endlich, durch die dävon abbängende Form, den Neger, der das unentwickelte Kind des Men- fchengefchlechts bleibt. Hier’beginnt das Gebiet der Naturgefchichte des ‘Menfchen, wiefern nemlich - Clima und Lebensart auf den chemilchen und bils denden Prozels des Lebens einllielst. Wie ift Weinen von Leidenfchaften mög- lich? Die Seele belitzt das Vermögen’, von innen her nach gewillen Richtungen zu wirken, ohne dafs ' diefe Richtung durch die anatomilche Verbindung der Nerven beftimmt wird. Sie letzt durch einen Stamm einen Seiner zahllofen Aelte, wiederum mehrere Nerven, verfchiednen Urfprungs, in Thä- tigkeit, als wenn fie nur ein Faden wären. Sie wirkt auf einen einzelnen Muskel, auf die Thränen- drüle 400 ri ; drüfe allein, die ihre Aelte vom fünften Paar hat. Auf die Drüfen- Sekretionen wirkt aber die Seele nur überhaupt, nicht beftinmmt. Wenn fie den Hun- ger fühlt, dadurch Begierde nach Speilen entfteht, fo richten fich die Zungenwärzchen auf, und der Speichel: wird ftärker abgelondert. Wohllüftige . Bilder bewirken Aufrichtung der Ruthe und ver: mehrte Saamenabfonderung. Das Auge ilt der Spie= gel der Seele; Sorge runzelt die Surn, Zorn be- fchattet den feurigen Blick durch Zulammenziehüng der Augenbraunen, ein fchmächtendes Verlangen fenkt das obere Augenlied. Das’Auge felbft ift fchneller und ver[chiedner Grade des Turgors fähig. Ueberhaupt [cheint es, als wenn die Wirkung des Gehirns, vorwärts, vom Rückenmark gegen die Stirne ginge. Nach diefem allgemeinen Richtüngsgeletze läfst fich das Weinen bey traurigen Leidenfchaften einigermalsen erklären. Merkwürdig ift die Uebereinftiimmung des Ein- tritts der drey Sinnesnerven des Geruchs,; Gelichts und Gehörs durch fiebförmige Platteri in ihre Organe. Der Gehörnerve hat die feinlten, der Ge- . Yuchsnerve die gröbfterı Löcher. Der Sehnerve ilt nicht blos für Mangel oder Dafeyn’der Lichtftrahlen empfänglich, fondern hat auch eine Einrichtung ; die unabhängig vor feinem übrigen Vermögen, die Ver- , fehiedenheit des Farbeneindrucks fortpflanzt; ‘ Die Spectra’ und die Erfahrungen, dafs Menfehben Zwar Licht, aber keine Farben [ahen, lehren, dals die Farben zwey polarilch einander entgegengeletztg; doch no y 401 “ doch’ ungleiche Reihen bilden, deren jede das Re- fultat zweier noch unbekannter Faktoren find. Beim Gehör unterfcheiden wir Höhe, Stär- ke und Laut des Schalls. Die halbzirkelförmigen Kanäle fcheinen zur Wahrnehmung der Ri ehtung des Schalls zu dienen. Sie find den drey Seiten ei- nes Cubus gleich gelagert. . Es muls allo immer ein Schall, der von einer der drey Richtungen kömmt, und durch die Kopfknochen fich fortgepflanzt hat, die Fläche des einen Kanals [enkrecht oder die eines andern [einer Länge nach treffen. Die Schnecke ift vielleicht vorzüglich dazu beftimmt, den Laut des Schalls wahrzunehmen; vielleicht fällt in ihr mit der Wahrnehmung des Lautes die Wahrnehmung. der Höhe des Tons zulammen. Stärke, oder blofse Quantität des Schalls, wird wahrlcheinlich von jedem Theile des Organs auf [eine eigene Art gefühlt werden. Dies, was von der Stärke, Richtung und dem Laut des Schals gelagt ift, follte auf [chwer- hörende Perfonen angewandt, und damit der Befund des Zuftandes ihrer Organe nach dem Tode vergli- chen werden, um zur beffern Diagnoftik dieler dunkelen Krankheit zu gelangen. Den Eindrücken des Gemeingefühls fehlt das Bewufstfeyn der Richtung der Empfindungen; fie find allo ohne Vorftellung der erregenden Ur- Sache. Es [cheint, daflelbe entftehe von Verände- rungen der Nerven, bey welchen ihre Richtungs- polarität am wenigfien affizirt wird. Es hat daher auch mehr Einlluls auf die Erregung des Körpers, als die Sinne, Arch. f.d. Phyf.VI.B. II. Heft, Co Die 402 - —n } .. Die Phänomene der-Mitleiden[chaft kön nen nicht allein. vom. Zulammenhang der Nerven oder der Blutgefälse oder des inneren Seelenorgans mit dem Ganzen, nicht von dem gegenleitigen Vica-' rıren beftimmter Organe, ihrem ähnlichen Bau, dem Strom der Wärme, dem Entftehen entgegengeletzter: Polaritäten-u. [. w. erklärt werden. Jeder.diefer' Umftände erklärt manches; alle zulammen nur Alles. Vielleicht ift auch ‚der in den Bildungsge- fetzen noch unerklärte Zufammenhang [elbft entfern« ter Organe noch thätig, wenn he. [chon gebildet find, Wo vorzüglich vom Gefühl in: der: Mitleidenfchaft die Rede ilt, da fcheint das Gefetz Statt zu finden, dafs Veränderungen in den Nerven eines zulammenhän- genden Syftems nur an den Grenzen. fühlbar wer- den, die Reize der Würmer durch Jucken in den Nafe. Durch den thierifchen Magnetismus "entfteht fogar eine Mitleidenfchaft zwifchen werfchiednen Individuen. Durch das eina Glied in diefer‘ Kette, nemlich den Magnetifeur,; kann die Kette verlängert werden. Wäs ihn be, rührt, tritt mit der magnetißirten Perfon in Verbin- “ dung. Die ftärkere Perfon wirkt als ftärkere Pola«, rität auf die [chwächere, und. bewirkt eine Erhö- hung des Gemeingefühls»auf Unkoften der willkühr- lichen inneren und äufseren Handlungen. Die, At- molphäre ilt der Leiter des Galvanismus' eines Men- Schen zu dem andern. Der Magnetifirte nimmt, andere Menfchen wahr, ohne fie zu berühren, zu hören, zu [ehen, wie es Menfchen giebt, die nach eben dem Geletz Katzen im Zimmer wahrneh- men; it 403 men; er unter[cheidet rohes und magnetifhirtes Wal. fer. Auch andere Menfchen fühlen einen, Wind nach dem Strich des Daumens eines Menf[chen auf ihrer Hand , ohne dals fie es [ehen, oder der Daumen fie berührte. So ift der 'Zeugungsakt ein ' auf befimmte Organe eingelchränkter Magnetis- mus, wo der vom Manne lich losreifsende Saamen der Leiter des ganzen Einfluffes [einer Lebenskraft auf das Weib und das von beiden erzeugte Produkt wird, Das vom thierilchen Magnetismus erhöhte Gemeingefühl ift Urfache, dafs der Manjpulirte den Zuftand [eines Körpers und einzelner Theile deffel- ben mit einer Klarheit wahrnimmt, die fonft nur den Siuneseindrücken eigen ilt. Die Phantalie wird in Confens gezogen, und produzirt Ideen, die den Vorherfagungen ähneln, weil wir den vorhandnen vrfachlichen Zulammenhang, überfehn. Die Gabe des andern Gelichts weilt vielleicht auf einen unerforfehlichen Zulammenhang aller Organifatio- nen, aller Handlungen organifcher Welen und der ganzen Natur mit der Vergangenheit nnd Zukunft hin. So finden wir, zwar einen befchränkteren Zu- faınmenhang,, blos unter den Individuen einer Gat- tung, wenn fie gleich auf der ganzen Erdfläche zer- fireut leben; es wird eine gleiche Zahl von Knaben und Mädchen gezeugt; die Men[chenmafle nimmt an einem Theil der Erde zu, wenn fie an einem an. dern abnimmt. Die Wichtigkeit der Magengegend im tbierifchen Magnetismus erklärt fich aus der Un- abhängigkeit des fympaihifchen Nerven von der Willkühr , feinem Sonnengeflecht in der Gegend Cce2 des 404 ze .des Magens, feiner Weichheit und) feier Befim- mung die Blutgefäfse der drey Haupthöhlen des Kör- pers zu bekleiden. Die ‚oherfächlichite Andicht des vollkommnern Organismus nöthigt uns, irgendwo i in demfelben einen Brennpunkt zu [uchen, in welchem feine Mannich- , faltigkeit zur Einheit verknüpft if, Knochen, Häu- te, Muskeln n. [, w, find an fich getrennte Theile; blos das Nervenfyftem hät einen dynamifchen Zu- fammenhang; in ihm ift allo auch der Brennpunkt zu fuchen; Selbft die Vegetation findet in demfelben den Grund ihres allgemeinen und normalen Einfluf- fes. Dies Nervenlyltem ift aber aueh noch gleich- fam ein Ausfluls eines. höher herauf liegenden Mit- telpunkts. Wird ein Nerve unterbunden, [o, er- krankt er und die Theile zu denen er geht, blos unter dem Bande. Auch die Nerven, die nicht lei- ten, [ondern ohne Richtung die Lebenskraft über- haupt unterhalten und als blos chemifche Polarität zur Integrität der unwillkührlichen Bewegungsorgane beizutragen [cheinen, müllen im Zufammenhang mit dem allgemeinen Mittelpunkt ftehn. Nach Abfchnei- dung des Rückenmarks hört das Herz augenblicklich auf zu [chlagen. Dieler Brennpunkt ift das Gehirn. Doch hat. es nicht in feiner ganzen Malle überall einerley Dignität. Die Rindenfubftanz fcheint em- pfindungslos zu feyn, Selbft vom obern Theil des grolsen und kleinen Gehirns, alfo von den rückwärts gelchlagnen Hirmblättern kann man beträchtliche Stü- ecke wegnehmen, ohne f[chnellen Tod, Hingegen tödten — & 403. tödten tiefere‘ Stiche in die Schenkel des grolsen Ge- hirns, den Hirnknoten und das verlängerte Mark augenblicklich. Diefer netzfürmige Vereini- gungspunkt des Nerven[yftems Icheint al: fo der Breanpunkt aller Nerventhätigkeit zu feyn, die aufwärts im Hirn und abwärts im Rückenmark und den Nerven verhältnilsmälsig ınit der Entfernung abnimmt. Die Seele ift der dynamifche Indifferenzpunkt aller Arten von Thätigkeit des Organismus, fo wie der dynamilche Vereinigungspunkt jeder gefchieder nen Polarität. Sie trennt in der willkührlichen Be- wegung und verbindet das Gefchiedene wieder in der Empfindung durch eine Art von Vereinigungs- explofion. Ihr Sitz ift ein ideeller Punkt in der netzförmigen Vereinigung des Gehirns und Rücken» ınarks, wie fich unter Magneten, die in verfchied- ner Richtung neben einander liegen und jeder für fich einen Indifferenzpunkt haben, ein vielleicht ir keinem liegender ideeller Indifferenzpunkt bilden ınuls, der dureh die Lage und Stärke aller beftimmt - wird. Diefer jdeelle Punkt kann beweglich [eyn, wie es der Indifferenzpunkt eines Magneten durch die Veränderung einer feiner Pole ilt, ader wie der gemeinfchaftliche Coneentrationspunkt aller fich än- dert, wenn einer aus der Grupe weggenommen wird. In Thieren auf einer niederern Stufe ift er wahrl[chein- lich noch beweglicher. Doch entfteht die Seele nicht durch die Vereinigung aller Theile des Körpers und wird nicht vernichtet durch das Auseinanderweichen dieler Syfteme, Denn fie hatFreiheitund Bewufstleyn ihrer dos Ar " ihrer Willkühr , welches jeder. Mafe 'hineneinrichtung feblt; ihre Freiheit leitet, da nichts ohne Urfache feyn kann, das ihr inwohnende Moralprinzip, als Sittengefetz. Dies Urfprünglich-- Thätige, welches die Seele im Bewufstfeyn ihrer Ereiheit aus- übt, begründet die Hoffnung ihrer Fortdauer, nach der Zerftörung ihrer Werkzeuge, Das Gehirn ilt das Organ derinneren Sinne, Die Nerven der äufseren Sinne und der willkührli- chen Muskeln entlchlüpfen ‚vorwärts und rückwärts dem Schädel und breiten fich aus durch den ganzen Körper, um ihn mit dem Seelenorgan zur Totalitäs zu bilden; hingegen finden die Nerven der inneren Sinne keinen Zweck für fich zum Ausgang aus dem Schädel, fondern rollen fich in fich zur Malle des Gehirns zulammen. Die Nerven des äufseren Kör- pers kreuzen [ich mit dem Gehirn, wo nicht allgemein, doch vielleicht partiell. Daher innigere Vereinigung. Das Gehirn theilt fich in eine rechte und linke Hälfte, als Folge des Gegen- fatzes in der Bildung des Organismus; diefer reale Gegenlatz fpricht fich im ideellen in dem Gegenfatz ‚des Denkens aus. Doch [cheint nicht die eine Hirn- hälfte gerade die politive, die andere beltändig die.ne- gative zu feyn.. Vielleicht entftehn in heiden, bey glei- chem Bau, aych die gleichen Thätigkeiten, nur immer zugleich auch die entgegengeletzten; [onlt könnte ja in der Seele keine Wabl Statt finden, Doch zeigt [ch inKrankheiten ein Uebergewicht der einen Seite des Körpers über die andere, die auch in der Bildung des Stammes ‘Aichtbar ift.. Die üchtbaren Verletzungen [an- \ rn 407 fanguiner Apoplexieen find meiftens in der rechten, der feröfen in der linken Hälfte des Gehirns; akute Lungenkrankheiten rechts, chronifche links. Im Schwindel macht das fchnelle und abwech[elnde Er- - heben ein und eben deffelben Eindrucks, bald in ‚der einen, bald in der andern Hälfte des Gehirns, die Seele irre in der Richtung ihrer Empfindungen; im leiehtern Grade wankt das Aeulsere, im [tär- keren auch das Innere und zuletzt‘ erfolgt Bewulst- lofigkeit. 'Thiere, deren eine Gehirnhälfte verletzt ift, drehen fich im Kreife herum. Hievon mag auch die Erfcheinung einer duplizirten Individualität und Perfönlichkeit in Nervenkrankheiten abhängen. Das Ponderable und Inponderable ift fich ver- wandt, doch auch verfchieden, [chon durch das Geletz der Schwere, Thierifche Gelüfte fcheinen fich zunächft auf den Zuftand eines ponderablen Or- gans zu beziehn. Was aber im inneren dynamifchen Seelenorgan blos in Hinfcht auf das allgemeine mo- ralifche Geletz des einzig angenehmen Fort{chrei-. tens wichtig wird und dadurch Einfluls auf den Wil- len hat, gehört ins Gebiete der Pf[ychologie. Wo diefer Einflufs fo ftark und daurend ift, dafs die Seele darüber ihrer Freiheit verluftig geht, da fängt das Reich der Leiden[chaften an. Das Inpon- derable wirkt ein auf das Ponderable und die Folgen der Leidenfchaften treten ein in das Gebiet der Phy- fiologie und Pathologie. Die Lehre von den Mus- keln und Knochen befchliefset dies an Ideen und Thatfachen gehaltreiche Werk, dem Rec. um [o mehr eine klare Darftellung in einer leichtfalslichen n Schreib- 468 —— Schreibart gewünfcht hätte, damit jeder praktifche Arzt es lefen, verftehn und fich aneignen möchte. So gewils der Deutfche in dem Anbau der Natur- lehre des Menfchen vor allen anderen Nationen einen ungeheuren Vorfprung behauptet, [o dankbar follte auch der Deutfche gegen die Wenigen unter ihm feyn, dem er vorzüglich dies Nationalverdienft [chul- dig ift, Denn auch unter uns giebt es zwar der Kläffer an beiden Polen eine Legion, aber der wah- ren Empiriker und fpekulativen Rhilofophen blut» wenige. Re. Seite #00. Reilr. Archiv fd. Ehyjil-PIB.2.H. — 40 A hanuafide re de mammarum phyfiologia, fpecimen inaugurale ana- tomico- phyliologicum. Halae ‚1801, 4. Die Gelegenheit zu diefer Streitfchrift gab eine junge und [tarke Frau, mit grofsen Brüften, die [eit einem Vierteljahre- ein Kind ftillte, hier ergriffen wurde, und lich nach aa Tagen in Gefängnifs erhing. Rec. obducirte fie, "Ihre Brüße ‚waren, weil fie während ihres Arreltes nicht gektille hatte, enorm angefchwollen und. firotzend voll von Milch. Um die Brufidrüfe herum und in den Intervallen der einzelnen ! pen, aus welchen fie befteht, lag vieles Fettz aber keins zwilchen den Körnern, aus welchen jeder. einzelne Lappen zulammengeletzt ift. Hingegen befand. ‚Geh zwilchen den Körnern jedes Lappens eine lo. grölse Menge eines weichen, geron- nenen und durchlichtigen Stoffs (weicher Zellltoff), dals jeder Lappen bis ins Innerlie,wie in eine Sul- ze eingegollen zu feyn fchien. ‚Dieler Stoff fehlie “ wieder im Umfang der Drüfe. Die Milchgänge hat- _ ten nach der Injektion zwifchen der Warze und der „Bruftdrüfe, in der Gegend ihrer erften Spaltung, die Dicke einer Schwanenfeder, an dem Orte der Spal- tung die Gelralt- kulbigter Säcke, aus welchen dann mehrere und kleinere Aefte, dichotomifch entfpran- gen, Die,Injektion mit gefärbtem Wachs drang von den Milchgängen bis in die Körner, füllte fie aus, machte 41a \ — machte fie hart und roth. Wurde ein folcher inji- zirter, Lappen in Salpeter[äure mazerirt und dadurch _ das Zellgewebe zerltört, [o löfte er fich in flache Schollen auf, die wie Schuppen über einander la- gen. Jede Schuppe trennte [ich in lauter haarfeine ‚Aeltchen, an jedem derfelben hing ein Korn, wie die Holunder oder Weinbeeren an den Stengeln ihrer Traube hangen. Die einzelnen Körner hattendie Grö- se eines gelben Senfkorns, und waren linfenförmig- plattgedrückt nach der Lage der Schollen. Schnitt man fie.ein, [o liefs ich das Wachs nicht aus ihnen, wie aus einem hohlen Bläschen ausdrücken. Die Drüfe hatte nach der Wegnahme der Haut und des Fetts eine blalsrothe Rofenfarbe. Was vorzüglich fie merkwürdig machte, war ihre ganz ver[chiedene Struktur von der Struktur einer frifchen gleichfalls Starken jungfräulichen Bruftdrüfe, die Rec, zur Ver- g eichung vor fich liegen hatte. Jene war vollkom« ‚men körnigt gebaut, wie aus ihrer obigen Zerglie- derung erhellt; diefe fahe im Schnitt fich überall gleich, wie ein bläulicht - milchfarbner, halbwei- cher Knorpel oder wie halbgeronnenes Eiweils aus, fo dafs man überall nichts von einem körnigten Bau entdecken konnte. Zuverläffig hängt diefe Differenz der Struktur mit der Differenz der Funktion zufam- men; diefe Drüfe hatte nie, jene [ehr thätig abge- Sondert. Sie war durch die Abfonderung anders 'geltaltet und ihre Geltaltung war wieder Urfache --ihrer -Abfonderung. Zuverläfig ift dabey die ver- (wmehrte Vitalität und der ihr analoge thierifche Gal- ‚vanismus‘ wirkfam, der die gleichförmige Malle i * durch Y ” a N SR _— 4ıı durch feine Repulfivkyaft trennt und um jedes Aelt- chen der Milchgänge ein Körnchen bildet, Daher die verfchjednen Meinungen der Anatomen über die - Natur der Bruftdrülfe, wiefern fie zu den körnigten Drüfen gehöre oder eine eigenthümliche Struktur habe, je nachdem der eine eine jungfräuliche, der andere eine Brult von einer Fran unterfucht hatte, die im Kindbeite gewelfen war, In dem angehäng- ten Kupfer bezeichnen A A die Haut; BB das Fett; CCC den Körper der Drüfe; DDD die Körner; EEE die Lappen; FFF die Aelte der, Milchgänge ; G G G ihre kulbigten Säcke; und HH die Endigun- gen der Milchgänge in die Warze, ' In der anatomifch - phyliologifchen Gefehichte der Brüfte erwähnt der Verf. der bekannten Hun- . ter’fchen Beobachtung, dals nicht blos die Säuge- thiere, fondern auch die Tauben und vielleicht noch audere körnerfrelfende Vögel, zur Zeit, wo fie Junge haben, Milch ablondern. Der Kropf fchwillt an, nicht allein in der Taube, fondern auch im Tau- ber, [cheidet eine alchgraue mflchigtkäfigte Materie - ab, mit der die Jungen anfangs allein und in der Folge mit ihr und mit Körnern genährt werden. In dem Tauber daurt diefe Milchlekretion am Jäng- ften fort; in der Taube hört fie auf, wenn fie wie- der anfängt, Eier zu legen. Die Zahl der Brüfte in den Säugethieren von zwey bis zwölfe und ihre, ver- fchiedene Lage an der Bruft, dem Bauch und in der Inguinalgegend, Beltimmungen, die mit der Form der Gebährmutter und ihrer Fruchtbarkeit einerley Prin- zip haben, ift wie gewöhnlich bemerkt, ohne dafs die 4ı2 — die Urfache davon in der theoretifchen Anatomie und in den Bildungsgeletzen thierifcher Körper nach- gewielen wäre. In denfelben liegt wahrfcheinlich auch der Grund, dafs (elbft in männlichen Rörpern Keime von Brüften an den gewöhnlichen Orten oder in einigen Tbieren an dem Hodenfack und der Vor- haut fich zeigen. Die Verwandtfchaft der Brülte mit dem Generationsgel[chäft im Realen zeigt ich im Ide- alen auch noch dadurch, dafs fie nächlt den Ge- fchlechtstheilen am ftärkften auf das männliche Ge- fchlecht zur Erregung der Wohlluft wirken, Die Milchgänge enden in einem f[phärifchen Raum der Haut, ziehn diefelbe bey der Entwickelung der Brü- fte im jungfräulichen Alter nach innen; durchs Sau- gen wird diele nach innen gehende Scheide nach aulsen gezogen, das Zellsewebe mehrt fich, hefe- fügt Ach in diefer Lage an die Haut und die Milch- gänge und es wird eigentlich erft jetzt die hervor- xagende Warze gebildet, die nachher wegen der Verwachflung des Zellgewebes, nicht wieder zurück- weichen kann. Das viele Fett jm Umfang der Bruft- drüfe weift wahrfcheinlich auf Polarität zwilchen ihm und dem oxydirten Arterienblut; fo wie der ‘weiche Zellftoff um die Körner in Brüften, die ab- gefondert haben, auf einen Gegenlatz der inneren and äuflseren Seite des Sekretionsorgans hin, Der Milchgänge giebt es ı5 bis 24 in einer, Bruft. Jeder derfelben befteht aus einer aftigen Höhle, deren Stamm an der Peripherie in der Bruft- warze liest, die Aefte dringen nach innen und en- ‘den, wahrfcheinlich ftumpf und gefchlollen, in den - N EIER E 413 Körnern. Keiner derfelben hat Verbindung mit den benachbarten; jeder ift allo ein für ich beftehendes Abfonderungsorgan;; he liegen nur zufammen und durchbohren an einem Ort die Haut. Was bey Thie- ren mit wenigen Brüften an einem Ort zufaınmen- gehäuft ift, das hat die Natur an andern, mit vie- len Brüften, zerftreut vertheilt, Die Arterien, Ve- nen, Saugadern und Nerven der Brüfte find mit vie- ler Genauigkeit angegeben. In neugebohrnen Kindern findet man eine Aül- Gige, zur Zeit der Pubertät oft eine geronnene Lym- phe in den Milchgängen, unter der Warze, die fich durchgehends ohne äufsere Hülfe wieder auflöft, Mit der Mannbarkeit beginnt erft, durch Erhöhung der Vitalität, gleichzeitig mit der Entwickelung der Gefchlechtstheile, das eigentliche Leben der Brülte, das fich aber bis zur Schwangerlchaft blos durch j Wachsthum derfelben äulsert. Dem Apparat zur Abfonderung ftrömt mehr arterielles Blut zu, die Bruftdrüfe bildet fich aus; und die Tettanlammlun- gen in ihrem Umfang mehren lich, Ihr Gefchäft tritt ein.in der letzten Periode der Schwangerfchaft und nach der Geburt; die Brultdrüfe, die bis dahin, im Schniti einem halbweichen und milchweilsen Knor- pel ähnelte, granulirt fich; wit einer allgemeinen Krife tritt die Milchabfonderung ein, die Brülte fchwellen an, die Milchgänge entfalten fich, die Bruftwarze wird aus der Tiefe hervorgetrieben und ihre innere cavernöfe Subfianz jetzt er[t gebildet. Das Saugen des Kindes und die Ausleerung der Milch 414 — “ Milch unterhalten die erhöhte Temperatur der Vira- tat, die zu dielem Gefchäft nothwendig ilt. Sie 'ver[chwindet aber, und mit ihr die Milchabfonde. tung, wenn nach dem Aufhören des Stillens die angehäufte Milch ‘das Orgän beträchtlich ausdehnt. Vor der Pubertät und nach ‘der Ceflfation der Men- Siruation find die Brüfte zu diefem Ablonderungsg.- ‘fchäft unfähig. Die Umbildung der Bruftdrüfe, das Aufhören der rothen Kindbetterreinigungen, die Sym- pathie zwilchen den Brüften und der Gebährmutter und das Saugen des Kindes find Urfachen, die den Prozels der Sekretion zu Stande bringen, in welchem zuverlälfig die Richtung des thierifchen Galyanismus und delfen Produkte Oxygen und Hydrogen nicht unwirklam find. Eine Sekretion weckt die ändere; die Abfcheijdung des Saamens das Wachsthum der Barthaare, die Ablonderung der [chwangeren Ge- bährmutter in der Folge die Abfonderung der Milch, Die Exkretion der Milch [cheint zu mechanifch erklärt zu werden. Man glaubt, das Kind bilde anit feinen Lippen einen.Cylinder, in dem die Zunge den Embolus macht; das Zurückziehen derfelben bewirke einen leeren Raum, in welchen der äulsere Druck der Atmolphäre die Milch hineinpreffe. Al- lein alle anderen Ausleerungen bewirkt der Orga- nismus durch feine eigene Kraft, nemlich vermittelt Fortfchreitender Contraktionen feiner Kanäle von ihren Urfprüngen her ;egen ihre Mündungem, Der Reiz: des Saugens erregt diele Thätigkeit. Beim j Mel- — 415 Melken der Kühe wirkt der Druck der Luft gar nicht; die Milch dringt von hinten, zu durch die Zufammenziehung der Milchgänge in die ausgeltrich- nen. Zitzen ein. Esıgiebt Thiere und Menfchen, die die Milch ohne Saugen.und Melken fahren lal. fen; gern läuft die eine Brult, wenn die andere ge- fogen wird und die Milchpumpe evacuirt die Milch weit unvollkommner als das Saugen, ob Ge gleich den leeren Raum vollkommner bewirkt, Auf dem Coloftrum bilden fich einige Flocken, die dem Rahm ähneln, aber keine Butter geben. Die untenftebende Flülfigkeit ift faft durchlichtig, enthält wenig Käfe, gerinnt fchon in der Siedebitze - wie Eiweils, aber nicht vom Kälberlab. Nach eini- gen Tagen verwandelt fich das Coloftrum in Milch, die ich in Rahm, Käfe und Wattig [cheidet. Dies Gemenge wird aber, nach des Verf, Meinung, nicht fo abgefchieden, [ondern erft in der Bruft gebildet. Der Rahin verwandelt fich durchs Schütteln in But- ter, die ıman durch Schmelzung von der noch an- hängenden Wattig und dem Käfeltoff trennen kann. Nach der Entfernung des Rahms fcheidet fich die Milch ohne Säurung, durch Lab, in Wattig und Käfe. Der Käfe ift eine Modifikation des Eiweiß- ftoffs. Vom Wattig, zur Honigdicke eingekochr, bekömmt man Milchzucker, ein Mittelding zwi- Ichen Gummi und Zucker, das durch Salpeterfäure in Sauerkleefäure und Milchzuckerläure -( acide muqueux) zerletzt wird. Aufserdem ift noch Salzlaures Kali und phosphorfaurer Kalk in dey Wat- u, } x N Tr 416 >) i Wattig. , Merkwürdig ift es, dafs im Milchfaft, wie in den krankhaften Ablonderungen nach der Geburt, die man Milchverfetzungen nennt, Oehl und Zucker, die beiden charakteriftilchen Beltand- theile der Milch, fehlen. Reil, Archiv für die Phyfiologie, Sechsten Bandes drittes Heft, nn 3 01 — Veränderungen, welche das Blut un- ter einem Microfcopium compoli- tum auf dieEinwirkung des Sonnen- lichtes, der verftärkten galvani- fchen Elektrizität und verfchiede- ner Reagentien erleidet von Joh. Ant, Heidmann, Med.Doct, in Wien, Sr überräfchend inufste für mich die Nachricht desJ. Tourdes(inGilberts Annalender Phylik 10.B. 5. 499.)und die bald darauf erfolgte des Gab. Fr. Circaud (im Journal de Phyfique par Delame« thrie T.55. p.ı3. 5.236) leyn, welche beide durch direkte Verfuche die Contraktilität des Falerltoffes des Arch. fi dı Phyf. V1, B, 111. Heft, D4 Blü« 418 _—- Blutes auf die Einwirkung der galvanifchen Elektri- zität beobachtet haben wollen, da auch wir, Herr Prof. Prohaska und ich, uns [chon lange zuvor vor- genommen hatten, ähnliche Unterfuchungen anzu- ftellen, und die Veränderungen, welche der Fa- ferftoff auf die Einwirkung der verftärkten galvanı- fchen Elektrizität erleidet, mit jenen der Muskel- fafern zu vergleichen. Diefes Vorhaben ift in uns dadurch &rregt worden, theils weil der Falerftoff das meilte zur Bildung der Muskelfafern beiträgt, theils weil auch beide in ihrem chemifchen Verhal- ten die grölste Uebereinltimmung zeigen. Allein wir hielten die Ausführung diefer Unterfuchungen fo lange zurück, bis uns die [chon angegebenen Erfahrungen des J, Tourdes und Circaud früher- überrafchten, wo wir denEntfchlufs fafsten, uns von der Richtigkeit ihrer Beobachtungen zu überzeugen. Gegen Ende May ı8o3 Stellte ich in Gelellfchaft der Herrn Prof. Prokaska, Pelsina und der Herrn D,Schreiber und Wagner folgende Verfuche an. j Erlkeer Verfuch. Einem Pferde, das an verdächtigen Dräüfen litt, wurde die vena jugularis geöffnet, und das her- ausfliefsende Blut in ein Gefäls mit warmem Waller, deffen Temperatur jene des Blutes wenig überftieg, gelaflen. Dies gefchah in der Abficht, um den Fa- ferftoff bald möglichft, und von allen übrigen Be- ftandtheilen des Bluts abgelondert zu erhalten. Der fchon in einer Minute nach Eröffnung der, Ader fich \ game 419 fich erzeugte Falerftoff wurde mittelft eines Haar- fiebes aufgefangen, und auf einer Glastafel ‚mit bei- ‚den Endungen einer Voltaifchen Säule von dreifsig Lagen, wovon jede Metallplatte, auch bey den fol. genden Verfuchen, drey Zoll im Durchmeller, hatte, durch filberne Spiralketten in Verbindung gebracht, Allein bey helleın Sonnenf[chein und unter freiem Himmel konnten wir weder mit freiem Auge, noch mittelft einer Loupe, die geringfte Bewegung wahr- nehmen, die uns auf einige Einwirkung des galva- nilchen Fluidums und auf einige Contraktilität des Faferftoffes hätte [chlielsen laffen. | Dals die Voltaifche Säule hinlänglich wirkte, konn- tenwir daraus abnehmen, weil bey jeder hergeltellten Verbindung des Faferltoffes mig Volta’s Säule eine Menge Luftbläschen auf Art eines Schaumes, das mit, der Kupferfeite in Verbindung geltandene Drathen- de umgeben hatten. Zweiter Verl[wch Ich wiederholte diefen Verfuch mit der Aban- derung, dafs einem ganz gefunden lebhaften Pferde die Ader geöffnet wurde; weil fich nach unferer Meinung der Faferl[toff aus dem Blute des erlten Pferdes nur [ehr langfam gebildet hatte, Allein auch hier konnten wir bey der gröfsten Aufinerk- "Samkeit auf die Einwirkung der galvanilchen Elek- srizität nicht die geringlte Bewegung an dem Faler- fioffe beobachten, Dda2 Ob- 420 = Obgleich Herr Tourdes, in feinem Briefe an Volta, blos den fibrölen Theil des Blutes, der zu- rückbleibt, nachdem man alle wällerigte Feuchtig- keit, das Blutwafler u. [, w. abgelchieden, hat, der Einwirkung der Voltaifchen Säule bey einer Tempe- ratur von ungefähr 30° R. ausfetzte, und Contrak- tionen, jenen ähnlich, welche das Fleilch erft ge- tödteter Thiere zeigt, beobachten wollte; [fo [chrieb. ich doch das Mislingen diefer Verfuche theils der, gegen jene des Herrn Circauds abgeänderten Ver- fahrungsart, welcher den Faferftoff aus dem Blute erft getödteter Ochlen, und durch Schlagen mit Stä- ben und mit der Hand erzeugt, wählte, theils der zu geringen Wirkfamkeit meiner Voltaifchen Säule von dreilsig Lagen zu. - Ich beftimmte daher den $ten Jul. 1803, diel[e Verfuche unter den von Herrn Circaud angegebenen Umftänden zu wie- derholen. Dritter Verfuch Temperatur der atmolphärifchen Luft 20 R., Barometerltand 28 Zoll 5 Linien. Einem gefunden lebhaften Pferde wurde die vena jugularis geöffnet, das Blut in ein kupfernes Gefäls aufgefangen, und der Fafeı[toff des Blutes theils durch Schlagen mit einer Ruthe, theils mit der Hand [chon nach einer Minute erhalten. Dieler wurde augenblicklich auf einer Glastafel der Einwirkung einer Voltailchen Säule von fünf und fechzig Lagen ausgeletzt. Al- lein auch bier war nicht die geringfte Bewegung weder 421 weder mit freiem Auge, noch mit einem doppelten Vergröfserungsglafe zu beobachten , obgleich bey jeder hergeftellten Verbindungmit V olta’s Säule der Falerftoff fowohl als der [chon geronnene Blutku- chen eine hellrothe Farbe an den berührten Stel- len annahm, und eine Menge Luftbläschen um das Drathende lich bildeten. ı‘ Vierter Verfuch. Einem gefunden und lebhaften Schaafe wurde die arteria jugularis geöffnet; das [ehr fchöne und hellrothe Blut in ein hölzernes Gefäls aufgefangen, und blos mit der Hand gelchlagen und bewegt. Schon in einer halben Minute nach Eröffnung der Ader hatte fich der Faferftoff gebildet, welcher auf der Stelle, und noch von 23° R. Wärme, der Einwirkung der nemlichen Voltaifchen Säule von fünf und lechzig Lagen auf einer Glastafel-ausge- letzt wurde. Allein auch hier blieb jede herge- ftellte Verbindung mit Volta’s Säule biszur völligen Erkaltung des Faferftoffes ohne alle Wirkung. Auch das aus der geöffneten Arterie, bis zur gänzlichen Verblutung des Thieres, zuletzt heraus- flielsende Blut, aus welchem fich der Falerftoff au- genblicklich erzengte, verhielt fich unter gleichen Umftänden der Einwirkung der galvanifchen Elek- trizität ausgeletzt, eben lo unbeweglich und unwirk- fam, wie in den vorigen Verfuchen. Da ich unter den nemlichen Umftänden, die Herr Circaud angab, an dem Faferltoffe, der fich ‚aüs 422 aus dem Blute der Pferde und eines Schaafes er- zeugte, nicht die geringlten Contraktionen auf die Einwirkung des galvanifchen Fluidums entdecken konnte, [o [uchte ich Gelegenheit in einer Schlacht- bank diefe nemlichen Verfuche mit dem Blute erft getödteter Ochfen anzuftellen. - Dies gefchah den ı2ten Jul. früh um ıı Uhr an einem [ehr heiteren Tage, und unter freiem Himmel. “ Fünfter Verfuch. Temperatur der atmolphärifchen Luft 20° R., Barometeıltand 28 Zoll 3 Linien. Einem [ehr -leb- haften Ochfen wurde, nachdem er gelchlagen war, die arteria und vena jugularis zu gleicher Zeit ge- öffnet, Das im ftarken Strome herausfliesende Blut wurde in ein hölzernes Gefäls aufgefangen, und mit einem hölzernen Stabe bewegt und gelchlagen, bis fich der Falerftoff beiläufig in einer Minute ge- bildet hatte. ‘Ein grofser Klumpen diefes Fafer- ftoffs wurde auf einer Glastafel der Einwirkung ei- ner Voltailchen Säule von zwey und achtzig Lagen un- ' terworfen. Aber auch in diefem Verfuche konnte ich an dem noch ganz warmen Faferftoff nicht das geringlte Ofcilliren, welches mit der Contraktilität der Muskelfalern nur einigermalsen verglichen wer- ‚den könnte, weder mit freien noch mit bewaffne- ten Augen beobachten, ı Sechs- Er 423 Sechster Verfuch'- Eine halbe Stunde darauf wurde ein zweiter Ochs gefchlagen, das Blut in ein hölzernes Gefäls aufgefangen und der Falerftoff durch blofses Schla- gen und Bewegen mit der Hand erhalten. . Schon innerhalb einer Minute‘ nach Eröffnung der Adern befand lich ein grolser Klumpe Falferftoff unter der Einwirkung der nemlichen Säule; allein auch hier nahm ich keine andere Veränderung gewahr, als die ich fchon oben an dem Blute der Pferde und des Schaafes beobachtet und angemerkt habe; nemlich ein Rötherwerden der mit den Verbindungsdrä- then berührten Stellen des Blutkuchens, die Ent- ftehung häufiger Luftbläschen, und. ein ‚fchnelleres Felterwerden des Faferftoffes gegen jenen, der blog der Einwirkung der atmolphärifchen Luft aus- geletzt blieb. Noch habe ich an diefem Ichönen und heifsen Sommertage die Beobachtung gemacht, dafs fich aus dem Blute, dem Sonnenlichte unmittelbar aus- gefetzt, viel früher der Falerftoff als aus jenem erzeugte, welches ich ablichtlich im Schatten Ite- . hen liels. Diefe Verluche fchienen nach meiner Meinung hinzureichen, die Richtigkeit der von den Herrn Tourdes und Circaud angegebenen und bekannt gemachten Erfahrungen zu bezweifeln ; da uns überdies auch aus andern Unterluchungen, die zeither über die Reitzbarkeit der Muskellafern angeltellt wurden , bekannt ift, dafs die Einwir- kung der Nervenkraft, welche hier ganz aulser Spiel 424 mr Spiel gefetzt wäre, "auf Hervorbringung der Muskel- contraktionen ganz unentbehrlich [ey. Aber auch angenommen , ‘dafs fich diefe‘ Erfahrungen durch fernere Verluche beftätigen [ollten, [o [cheinen hie dennoch die von Herrn Circaud daraus gezogene Folgerung (Gilberts Annalen B, 13, S. 239.) keines. wegs zu rechtfertigen, dafs die Muskeln nicht ver- möge ihrer Nerven, [ondern vermöge einer andern uns noch unbekannten Urfache contraktil find, Denn die Nerven müfsten im: belebten thierilchen "Organismus für die Muskeln auf eine ähnliche Art, wie hier das galvanifche Flujdum auf den Faler- ftoff und auf die Nerven und Muskeln präparirter Thiere in den gewöhnlichen galvanifchen Verfuchen, wirkfam gedacht und gleichfam als Leiter jener thierifchen Elektrizität angefehen werden, die Prof, Galvani zuerft entdeckte, die nachher Aldini durch-abgeänderte Verfuche beftätigte, und die ich ebenfalls bey meinen häufigen hierüber angeltellten Unterfuchungen gleich anfangs vorausletzte, | Eben als ich befchäfftiget war, die Refultate meiner fruchtlolfen Verfuche aufzuzeichnen, um fie in den dazu geeigneten Zeitfchriften öffentlich be- kannt zu machen, fiellte fich mir eine Beobachtung ins Gedächtmifs zurück , die jch fchon vor drey Jahren machte , und die mir fchon damals [ehr interellant zu feyn [chien. - Ich wollte nemlich an einem [ehr 'heitern Sommertage die freiwilligen Veränderungen, die das Blut in der atmolpärilchen Luft erleidet, etwas genauer beobachten. Zu die- h fer D 425 fer Abficht gab ich einen Tropfen Blut eines erft getödteten Frolches auf das Obfervationsgläs eines Microfcopii eompofiti, und ich war nicht wenig erftaunt, durch eine ganze Minute, während das Sonnenlicht darauf einwirkte, die lebhafteften Be- wegungen in allen Theilen .diefes Tropfen Blutes, der aus einem [chönen netzförmigen Gewehe zu be- ftehen [chien, wahrzunehmen. Diefe Beobachtung leitete mich gegenwärtig auf die Idee, ob nicht vielleicht das blolse Gerinnen des Blutes, während welchem lich der Falerftoff entwickelt, mit (olchen regelmälsigen Bewegungen, die den Muskelcontrak- tionen gleichen, auch ohne allen Einilufs des gal- vanilchen Fluidums begleitet feyen, welche Bewe- gungen durch [eine Einwirkung blos befchleuniget oder verändert werden. Um dieles zu befiinmen, habe ich folgende Verluche durch Hülfe eines Mi- erofcopii compoliti fowohl mit dem Sonnenlichte als auch mit jenem einer grolsen Lampe bey einer z5omaligen Vergrölserung des Objekts unternommen, Erfter Verfuch. Ich fchnitt einem Frofeh den Kopf ab, und liels unmittelbar aus dem Herz einen Tropfen Blut auf das Obfervationsglas des Inftrumentes fal- len. Dieler ausgebreitete Tropfen Blut bildete auf der Stelle, unter der angeführten Vergröfserung beobachtet, ein röthliches netzförmiges Gewebe von ziemlicher Regelmäfsigkeit, welches durch zehn Minuten ununterbrochene Bewegungen äulserte. Diele ‚426\ u , * Diefe Bewegungen hatten die grölste Aehnlichkeit mit (ehwachen Contraktionen und Dilatationen der Muskelfibern und ltellten dem Beobachter wirk- lich ein fchönes Schaufpiel dar. © Als fchon alles ruhig war , unterfuchte ich mit freien Augen die Veränderungen , die das Blut während dieler Zeit erlitten hatte, und ich fand es zu einem kleinen Blutklumpen vollkommen geronnen, Zweiter Verfuch. Die Deutlichkeit dieles netzförmigen Gewebes, und die hegelmäfsigkeit der Bewegungen, vorzüg- lich aber, um jede Täulchung, die unter einer fo beträchtlichen Vargrölserung leichteintreten könnte, zu beleitigen, leiteten mich auf den Verfuch, einige Tropfen Blut dem Focus eines Vergröfserungsglales auszuletzen, und die Veränderungen mit freien Augen- oder höchltens mit. einer einfachen Loupe zu beobachten. Ich nahm dann wirklich die nem- lichen Erfcheinungen mit blolsem Auge wahr, die ich in dem vorigen Verfuche aufgezeichnet habe; nur mit dem Unter[chiede, dals fie dem Auge viel früher unfichtbar wurden. Auch habe ich die Be- obachtung gemacht, dafs der Focus, an jeder Stelle des Blutes, die er einige Zeit hindurch be- zührte, eine augenblickliche Gerinnung, und Ver- brennung des Bluts bewirkte, jener ähnlich, wel- che das mit der Zinkfeite der Säule verbundene Drathende jederzeit bewirket. Drit- —— 427 2 / Dritter Verfuch. Ich liefs aus einer abAchtlich gemachten Wunde an dem Schenkel’eines Fro[ches zwey Tropfen Blut unmittelbar auf das Beobachtungsglas des Inftru- ments fallen, breitete hie etwas aus einander, und beobachtete unter der nemlichen Vergrößserung die fchon angeführten Bewegungen durch funfzehn Mi- nuten. In dem Augenblicke, als die freiwilliger Bewegungen aufbörten, unterwar£ ich das fchon ge» ronnene Blut der Einwirkung einer Säule von funf- zig Lagen; und auf .der Stelle nahin' ich noch ei- nige Bewegungen gewahr, die aber nicht durch das ganze Blut, [ondern blos um die Peripherie ver- breitet und durch zwey Minuten fichtbar waren. Vierter Verfuch, Ich fchnitt einem Frofch den Kopf ab, und liefs zwey Tropfen Blut auf das Obfervationsglas fal- len, beobachtete unter der nemlichen Vergröfse- rung die freiwilligen Bewegungen, und in dem Zeitpunkte,, als fie fich noch lebhaft äulserten,, fetzte ich das Blut der Einwirkung der nemlichen Voltaifchen Säule aus, worau‘ ich nicht allein leb- haftere Bewegungen durch die ganze Blutmaffe, vorzüglich aber an den mit den Verbindungsdrä- then berülırten Stellen, fondern auch ein ftärkeres und fchnelleres Gerinmen des Blutes beobachtete, fo, dafs in zehn Minuten fchon alles ruhig, und die beiden Tropfen Blut vollkommen geronnen waren. Fünf-- 428, ea y Fünfter Verfuch. Diefen nemlichen Verfuch wiederholte ich mit: der Abänderung , dafs ich beide Tropfen Blut ii dem Zeitpunkte, wo es noch freiwillige Bewegungen äufserte, [tatt des Galvanismus, mit einem kleinen Tropfen [ehr oxygenirter Salzläure benetzte, worauf diefe ‚regelmäfsige Bewegungen auf der Stelle merk- lich verftärlıt, aber mit einem baldigen 'Gerinnen begleitet waren. Sechster Verfuch. Ich wiederholte den vorigen Verfuch mit der Abänderung, dals ich auf das Blut, als es noch ein lebhaftes Oscilliren äufserte, einen Tropfen oxygenirter Salzläure fallen liefs, worauf nicht al- lein alle Bewegungen augenblicklich aufgehoben, das regelmälsige netzförmige Gewebe zerliört, [on- dern auch ein vollkommenes Gerinnen des Blutes, in Geltalt der Flocken beobachtet wurde. Diele nemlichen Veränderungen hatten auch die Salzfäure, Salpeterläure, Eflhigfäure u.f.w. in dem Blute zu ‘ Stande gebracht. " Siebenter Verfuch. Ich wiederholte den vorigen Verluch mit der Abänderung, dafs ich mit dem Blute in dem Zeit- punkte , wo es noch freiwillige Bewegungen äu- fserte, einen Tropfen reiner Kaliauflöfung vermifch- te, Diefer hob nicht allein augenblicklich jede freiwillige Bewegung auf, fondern das Blut wurde auch 429 auch gänzlich in [einer Befchaffenheit geändert, gelb und braun gefärbt, und in unregelmälsige Flo- cken aufgelöft. Um mich zu überzeugen, ob die- les regelmälsige netzförmige Gewebe und diele frei- willigen Bewegungen ausfchlielslich dem Blute, "und nicht auch andern animalilchen und vegetabilifchen Feuchtigkeiten bey gleicher Vergrölserung zukom- men, unternahm ich folgende Verfuche. Achter Verfuch. Ich fchnitt einem Frofch den Kopf.ab, um ihn verbluten zu laflen. Nach feiner gänzlichen Ver- blutang drückte ich das im Herz noch vorhandene Blutwaller auf das Obfervationsglas des Inftruments, und beobachtete feine Veränderungen. Allein we- der die gering[ten Bewegungen, noch jenes regei- mälsige netzförmige Gewebe konnte ich beobachten, fondern das Blutwafler erichien als eine gleichför- mige, Mülfige, körnige Malle, in welcher fich die Blutkügelchen zerftreut, und ohne alle gehörige Mifchung ausnehmen lielsen. Diefen nemlichen Verfuch wiederholte ich mit dem Speichel, mit dem thierifchen Saamen, wit den Auflölungen verfchiedener Salze, des Kleifters, des arabifchen Gummi und anderer Feuchtigkeiten; allein nirgends konnte ich etwas beobachten, was mit diefen freiwilligen und regelmäßigen Bewegungen des Blutes nur einigermalsen ubereinftimmte. Diele merkwürdige Erfcheinungen habe ich nicht allein an dem Blute der Fröfche, londern auch an 436 wu \ an jenem der Vögel, der Kaninchen, der Katzen‘ u. £. w. beobachtet, und in allen dielen vergleichen- den-Verluchen gleiche Refultate erhalten. Aus diefen Verfuchen und Erfahrungen glaube ich einige vorläufige Folgerungen ziehen zu können. ı) Dals [owohl jene regelmälsige Geltalt und jene auffallende Bewegungen, die mit Contraktionen ‘und Dilatationen der Muskelfalern [o viele Ue: bereinfimmung zeigen, von [elbft und ohne Einwirkung der galvanifchen Elektrizität an dem aus feiner Circulation ‚geletzten Blute er- folgen. 2) Dafs diefe Erfcheinungen des Blutes, die ich fowohl mit bewaffneten als mit freien Augen beobachten laflen, blos dem, mit.dem Blute vermifchten, und unter diefen Umftänden aus feiner Verbindung tretenden Faferftoffe zuzu- fchreiben feyen, weil ie mit der Dauer des Ge- rinnens des Blutes im Verhältnifs ftehen. Diele Erlcheinungen werden daher auch durch viel “längere Zeit beobachtet, wenn eine grölsere Quantität Blut einer folchen Beobachtung unter- worfen wird, j 3) Dafs fowohl diefe Bewegungen, als auch alle übrige Erfcheinungen, ‘die lich an dem Blute wahrnehmen lallen, aus einer chemilchen Ein- wirkung [owohl der atmo[phärifchen Luft, des galvanifchen und elektrifchen-Fluidums , des ‚verltärkten Lichtes, der verdünnten oxygenirten % Salzläure uf, w. herzuleiten feyen. Daher auch diele — 431 diele freiwillige Veränderungen his in den Zu- ftand des vollkommenen Gerinnens des Blutes auf die Einwirkung der eben angeführten Einflüflle befchleuniget werden. 4) Dals die Verfolgung diefer und ähnlicher Un- terfuchungen uns vielleicht näher, als bisher gelchah, zu dem Ziel führen kann, die nächfte Urfache der Muskelbewegungen und ihren Me- chanismus, diefe fo fchwere Aufgabe in der Phyfiologie, einzulehen und zu beleuchten, Die 432 h un Die gleichförmige Wirkung der Na turinder Hervorbringung der Pflan- zenkörper. Eine Rede, die von D. Gerard Vrolik, Profeffor der Ana- tomie, Phyliologie, Geburtshülfe und Botanik am illuftren Athenäum zu Amfterdam in der Gefellfchaft Felix ‚Meritis gehalten ifu Aus dem Holländiflchen überfetzt von Joh. Aug. Schmidt, M. D. in Neu- wied*) e — Werten wir einen aufmerklamen Blick auf die Natur, [o fällt uns vorzüglich jene grolse Verlchie- denheit der Gegenftände in die Augen, die, jeder in der ilım eigerthümlichen Geltalt und Form, [6 viele Jahrhunderte hindurch lich unverletzt erhal: ten haben. Diefe fich gleich bleibende Wirkung, die fich nur durch allgemeine Naturgelfetze erklären läfst, wird für uns defto anziehender, je [orgfältiger wir der [chaffenden Kralt nach[püren. . Diefe befolgt bey der Hervorbringung eines jeden Individuums ihre feltgefetzte Regeln, lälst alles in der engften Ver- *) Aus der Nieuwe Scheikundige Bibliocheek, Stuk VII. (ztenBandes ztes), Amfterdam, bey Hoetrop, 1800, gr. & er 433 "Verbindung fortdauern, und richtet ihr ganzes Be- fireben auf die Entfernung aller der Hindernilfe, die ihrer Wirkung in den Weg treten könnten. Da- her kommt es, dafs der vielen Abwechfelungen ungeachtet, denen inmerfort Alles unterworfen ift, noch die nemlichen organilchen hörper vorhanden find, die, bey ihrer erften Entltehung, zur Erhal- tung der Ordnung in der Natur der Dinge für un- ‚entbehrlich gehalten wurden, Welch. ein auffallender Unterf[chied zwilchen diefem Verfahren der Natur und dem unfigen! Wir Menfchen müffen unfere Werke nach Wochen, Monden „ 'höchftens nach” Jahren berechnen: die Nätur fchaut Jahrhunderte zurück , und finder da noch kaum die erften Grundzüge jenes ausgelrei- teten Planes, der in Seinem ganzen Umfange fo deut- liche Merlimale von Ordnung und Harmonie an lieh trägt. — Nicht genug! Die Stoffe, deren wir ums bedienen, find roh und plump ;- die ihrigen (ehr fein, und rein: unfere Mittel befchränkt, fie gehen nicht über die Natur unferer finnlichen Kräfte hin- aus; die ihrigen mannichfaltig, grols , unüberleh- bar. So weit ausgedehnt aber auch dief[e Verfchie- denheit feyn mag, welche die Natur durch‘ die mannichfaltige Vereinigung, Verkettung und Entfe[- felung ihrer Grundliofle darzuftellen weils: [o gewils iltes, dafs lie in ihren weit verbreiteten Werken dergeltalt mit Gleichförmigkeit verfährt, dals diefelben Gegenftände , die bey einer oberflächli- Arch. f.d. Phy/f. V1.B. III, Heft. Ee chen 4 DIR N U Regen chen Befchauung von allen andern völlig verlchte- den zu feyn fcheinen, bey näherer Erwägung die deutlichlten Spuren gegenfeitiger Uebereinfiimmung an fich blicken laflen. Diele Gleichförmigkeit in den Wir- kungen der Natur leuchtet aus allen ihren Wer- ken hervor; vorzüglich aber finden wir fie in der Hervorbringung der Pflanzenkörper beftätiget. Was ich hier darüber fagen will , felıe man blos als eine unvollkommene, unvollftändige Skizze an, Ich begnüge mich damit, die Hauptzüge hin- zuzeichnen, und durch einige Beilpiele zu zeigen, wie die Natur auf [ehr verfehiedenen Wegen zu deın nemlichen Ziele gelangt, und wie unmerklich he ihre Gebilde aus diefer Form in eine andere, aus dieler Geltalt| in eine andere übergehen läfst. Je mehr man fie in. diefen Wirkungen verfolgt, defto ınehr findet man fich in dem Gedanken be- ftärkt, dafs alle verfehiedene Geltalten blos Modi- fikationen einer und derfelben Haupr form find, die durch die geringlte Veränderung fehr leicht aus einer Geltalt in die andere übergeht. Man [ey aber hey diefen Betrachtungen vorzüg- lich dagegen auf feiner Hut, dafs man fich nicht durch die Vergleichung einzelner Gegenftände mit einander, fo viel Mühe es auch koften mag, irre führen Jälst, fondern man trachte, lo viel möglich, das Ganze in [einem weiten .Umfange zu überle- hen, und. man merke auf alle Beziehungen insbe- Sondere, auf alle Vebereinftimmungen insbefondere. Auch ‚Auch laffe man'es nicht blos bey einer Betrach- tung der äulseren Geltalt bewenden, [ondern man nehme zugleich Rückficht auf den inneren Bau der Natorerzeugnilfe, und vergleiche damit ihre Eigen- fchaften, die als eine unmittelbare Folge deflelben anzufehen find, Nur aul diefem Wege können unfere, auf Ue=. bereinltimmung fich gründende Räfonnements einige Feltigkeit erlangen. Sicher ermangelt;, wenn wir hierin mit der nöthigen Vorficht zu Werke gehen, die Natur nicht, uns je länger je hellere Blicke in ihre Geheimnilfe thun zu lalfen, und offenbart uns oft da, wo man bey einer oberflächlichen Betrachtung nichts als Ungleichförmigkeit gewahr wurde, die vollkommenfte Uebereinltimmung. Zwifchen Wurzel und Stängel, fo verlchie. den auch der äufsern Geltalt nach, ‘findet man fo- gleich jenen unmerklichen Uebergang, den die Na» tur durch die kleinfien Veränderungen darzuftellen weils. Die Hauptwurzel ilt ja nichts anderes, als ein Stängel unter der Erde, dem es nicht an Veräftungen, und an anderen übereinkommen- den Werkzeugen fehlt, die man über der Erde an« trifft; fo wie man den Hauptftamm als eine Verlän- gerung der Wurzel über dem Erdboden, und feine Veräftungen als delfen getheilte Verlängerungen an- zufeben hat: Was ift der Stamm der Palmbäume änders, als eine Wurzelfaler, die, wiewohl zu einer Ehr- furcht-gebietenden Höhe aufgefchoffen, alle, den Eea Wur 436 Wurzeln unter der Erde zukommende Eigenfchaf- ten behält? Man fichere nur den Stängel durch eine leichte Bedeckung gegen den Einflufs des Lichtes, und man wird nach Gefallen aus allen Punkten neue Wurzeln hervorlocken; er’treibet fie logar un- ter [einen eigenen, von den abgefallenen Blattltie- len zurückgelaflfenen Hüllen in Menge hervor. Einen Beweis können auch die fortkriechenden Wurzeln, womit das Sandrietgras*) und viele .. andere Pflanzen verfehen find, abgeben. Sie bilden unter der Erde fehr viele Vertheilungen „die von Entfernung zu Entfernung neue Haarwurzeln treiben, woraus Sprölslinge hervorgehen, und wodurch fie Sch als eben fo viele befondere Gewächfe unter- fcheiden, auf die nemliche Art, wie ein kriechen- der Stängel über der Erde an gewiflen Stellen Wur- zel fallet, und mittellt derlelben neue Gewächle hbervorwachlen lälst, die wiederum daflelbe Ge- fchäfft zu verrichten im Stande find. Die nemliche Uebereinftimmung nehmen wir an den Ausläufern (Flagellae) der Erdbee- ren-und anderer Pflanzen wahr, die man deswe- gen als den Mittelpunkt der Vereinigung. der bei- den vorhergehenden betrachten kann. Durch diefe Beobachtungen kam man, wie es [cheint, auf den Gedanken, Ableger zu machen; eine Kunft, die olne dielelben Acher nicht die Stufe der Vollkommenheit erreicht hätte, worauf { fie heutzutage [teht. Node #2) Carex arenaria Linn. re 437 Noch mehr! Die Wurzeln dringen mit der nem- lichen Kraft in die Erde, womit der Stamm fich über diefelbe erhebet. Sie vertheilen fich eben fo, wie die Aefte, ‚ergefialt, dafs man, ‚einzelne Ge-- wächle ausgenommen, von. den Veräftungen auf die Wurzeln, und von diefen auf jene [chlielsen kaun. Diefes ift eine fo allgemeine Wahrheit, dals Bäumef die durch das Schnittmelfer an ihrem Wachtsthume gehindert werden, nie grolse Wurzeln treiben, de- ren Enden hingegen bey der hoch auffchiefsenden Eiche falt unerreichbar find. Treffen die Wurzeln einen unüberwindlichen Widerftand an, fo dehnen fie fich, wie die Zweige, blos in die Breite aus. Ift das Hindernifs von der Art, dafs fie noch hie und da einen Ausweg finden: fo_ dringen fie mit Gewalt durch, befonders, wenn es jenleit delfelben fruchtbaren Boden giebt. Dals Pflanzenkörper auch über der Erde unter fchweren’ “ Balken oder unbeweglichen Steinklumpen fich durch- arbeiten, um Licht und Luft zu fuchen, ilt. allge-. mein bekannt. \ \ Wie weit Wurzeln fich verbreiten, und Alles das, was ihrem Fortgange in den Weg kommt, zu, unterft und zu oberft kehren, fehen wir deutlich, wenn [chwere Gebäude einftürzen, deren Wände ; durch die dabey wirkende’ Kraft aus einander ge- zilfen; und aus ihrem Schwerpunkte „gerückt wer- - den, Befonders aber lehrt uns diefes das Reifpiel einer Acacie bey Neuüyork, deren Wurzel mit- « ten 438 _—— | ten durch den Keller eines nahe gelegenen Haufes drang, und auf der andern Seite in einer Strecke von fiebzehn Schuhen fortlief, wo fie [ich in einen; funfzehn Schule tiefen Brunnen herabliefs , dann, abermals eine andere Richtung nahm, und fich ei- nen Weg durch die Steine bahnte, fo dafs diefa Wurzel in ihrer ganzen Länge einen Weg von zwey und fechziz Schuhen zurücklegte, Schon diefe Beifpiele beweilen, wie viel Ue- hereinfiimmung zwifchen Wurzeln und über dem Erdboden wachf[enden Stängeln Statt findet, Allein bey folchen einzelnen Vergleichungen muls ein auf. merl:;famer Beobachter nicht ftehen bleiben. Die Entftehung von Knospen, die man, um, ter günftigen Umftänden, an verfchiedenen Wur- zeln wahrnimmt, zeiget aufs deutlichlte ,. dafs Wurzeln und Stängel, in die nemlichen Verhältniffe gebracht, einander völlig gleich find; dafs allo in dem Einflulfe des Lichtes die einzige fcheinbare Verfchiedenheit diefer Theile befteht, Der Einflufs diefes mächtigen Reizmittels, ift es ja, wodurch Veräftungen in Wurzeln, und Wurzeln in Zweige verwandelt werden. — Das nemliche Mittel, wo- durch unter der Erde neue Wurzeln entltanden, bringt, wenn es unmittelbar auf ihre Oberfläche wirket, Blatt, Blume und Frucht hervor. Wahrfcheinlich gab diefe Beobachtung Anlei- tung zu den Verfuchen, wo man durch die gänz- liche Umkehrung eines Gewächfes die belondera Wirkfamkeit der Theile dergeltalt verändert, dals, wie Sur ‚88 wie in einem Augenblicke, die Blätter gezwungen werden, in Wurzeln, und diefe, in Blätter über- zugehen, Die fo in neue Verhältnilfe geletzten Wurzeln ‚entfprechen denfelben nicht weniger regelmäfsig, als fie es in ihrem vorigen Zuftande thaten, wäh- rend die Veräftungen unter der Erde auch nicht mü- fsig bleiben. _ Wurzeln unterfcheiden fich daher von Stängeln über der Erde auf keine andere Weife, als durch die Verhältniffe, worin fie mit den fe umgebenden Theilen ftehen. Ihr gegenleitiger Unterfchied ift nicht wefentlich , fondern hängt von zufälligen Uinftänden ab, die ihn entweder ganz aufheben, oder dergeltalt vermindern können, dafs, wenn fie in ganz entgegengefetzte Verhältniffe gebracht wer- ' den, he diefen entlprechen, ohne dafs dadurch dem Ganzen der geringlte Nachtheil zugefügt wird. Wer bewundert hier nicht die Weisheit des Schöpfers, die Gegenltänden, beraubt aller Fähig- keit, ihren Zuftand willkührlich zu vertaufchen, einen folchen Organismus verliehen hat, dals fe unter allen Umftänden,, die in ihrem vorigen Zu- ftande Veränderungen verurfachen, ohne die min- defte Gefahr beftehen und leben können! Von diefer gleichförmigen Wirkung giebt uns die Vergleichung der Zwiebelgewächfe mit andern Pflanzenkörpern neue Beweife an die Hand. Diefe Zwiebeln hätte man in der That nicht Wurzeln nennen follen; denn fie gehören mit den ühri- „440 — ‚ übrigen. Gewächlen mit Knospen » eh Spröfslingen durchaus in eine Klalfe, und felbft in der, Art und Weife, fich fortzupflanzen , kommen fie mit den - meilten derfelben überein, ’ Sie beftehen alle aus dünnen Häuten.. feften Schichten-oder Schuppen, die durch ihre untere ‘Fläche mit einem felteren Körper zulammenhängen, der ‚den Kern ausmacht. Diefem Kerne, deffen Oberfläche durchgän- gig etwas g-wölht ift, hat man gewöhnlich nicht viel Aufmerklamkeit gewidinet, (ondern man ilt vorzugs- weile bey der Betrachtung der Schalen oder Schuppen ftehen geblieben; wahrfcheinlich deswegen, weil man diefe (ehr lange für die welentlichen Beltand- theile und die unentbehrlichen Erfordernilfe einer Zwiebel hielt; wozu man aber ganz und gar keinen Grund hatte. Die Wurzeln der Päonie und vie- ler anderer Gewächle letzen ja ihre Knospen eben fo an, wie fie an den Schuppen des felten Körpers der Sogenannten Zwiebelwurzeln - zum Vorfchein }o men, Auch trifft man an den Knospen, die aus Stängeln entfpringen, die nemlichen Hüllen an, die dem neuen Gewächle zur Befchützung und Nah- zung dienen follen. Zwifchen den Schuppen EM Zwiebeln en die Blätter und Blumen des künftigen Gewächles.fo volltow@men entwickelt, dals man nicht nur die - Blätter, [ondern auch die Blumen mit allen Befruch- tungswerkzeugen dehtlich unterfcheiden kann. Man hebt allo, dafs die ganze Pflanze in diefem feften ‚ Körper verborgen, oder ısit demfelben verbunden ilt; Sohee 441 ift; und es erhellet zugleich, dafs Zwiebelpflanzen mit den übrigen Gewächlen in der genauelten Ver- "bindung [tehen.- Die Kugel, oder der fefte Körper, der fich unten an jeder Zwiebel befindet, fiimmt mit dem Knospen treibenden Theile, oder mit dem eigent- lichen Stamıne, mit dem Mittelftücke des Stängels, vollkommen überein, [o wie die Schuppen, Blätter und übrige Theile, welche die Knospe ausmachen, andere Merkmale dieler Uebereinfiimmung darftellen. Zwiebelgewächfe pflanzen fich hauptfächlich dadurch fort, dafs ich junge Zwiebelchen daran abfetzen, die, nachdem fie lich auf verfchiedene Weile auf der Mutterzwiebel gebildet haben, fich ‚von diefer losreilsen, und als befondere Individuen für fich felbft fortdauern, Hierin f[cheinen fie, auf den erften Anblick, von den übrigen Pflanzen gar [ehr abzuweichen, und nur die Vergleichung vieler Gewächfe nıit ein- ander fetzet uns in den Stand, gleichlam die Stu- fenleiter, wodurch ihre enge Verbindung bewirkt wird, darzuftellen. ‚ Den erften Anlafs indeffen zur Hebung jenes ‘fcheinbaren Unterfchiedes, den man in der Art, Sch fortzupflanzen, antrifft, inden wir in der Be- “raehtung der Zwiebelgewächle felbft. Denn key einigen entlprielsen die neuerzeugten Zwiebeln nicht unmittelbar aus der unterften Kugel, [ondern fte- he ı 442 — hen durch eine befondere Verlängerung von Gefä- fsen, oder mittelft der Schuppen, mit derfelben in Verbindung. $o bemerkt man z.B. bey einer Art von Milch- ftern (Ornithogalum), dafs die jungen Zwiebeln aus den Schuppen heräusgetrieben werden, und blos durch diefe mit dem feften Körper zulammenhän- gen. Die Gefälse fteigen aus der unterlten Kugel durch die Schuppen empor , bleiben bis zu einer gewillen Höhe mit derfelben vereiniget, wo fie fich endlich ausbreiten, und in der Geltalt von Zwiebel- chen zum Vor[chein kommen. Ob nun allo gleich die jungen Zwiebeln mit ‚dem felten Körper nicht in unmittelbarer Verbin- dung ftehen, fo find doch, weit entfernt, dafs hie keine Gemeinfchaft mit demfelben haben follten, fogar befondere Bündel von Gefälsen vorhanden, wodurch ihre Verbindung mit einander fo lange un- terhalten wird, bis fie, nach ihrer Trennung von der Mutterzwiebel im Stande find, felbft ihre Nah- rung gehörig aufzuluchen, Eine andere Abweichung findet man bey dem [chwarzen Lauche (zwarteLook)*). Hier kom- men ähnliche Verlängerungen aus der Hauptwurzel hervor, deren viele als Fadenwurzeln horizontal um die Mutterzwiebel herumliegen, und an deren Enden die jungen Zwiebelchen beifammenätzen. ? Andere *) Unftreitig ift das, in Frankreich und der Barbarey ein- heimifche Allium nigrum Linn, gemeint, Anın, des Ueberf: 443 Andere Verlüngerungen, an den Spitzen ebenfalls mit Zwiebelchen verfehen, Steigen durch die Schup-. pen eıwpor. Der ganze Unterfchied alfo zwilchen dem Sehwarzen Lauche und dem vorhergehenden : 'Gewächle belteht darin, daß ia jenem die faferigen Verlängerungen frey fortlaufen, und in diefem die Geläfsbündel mit den Schuppen zulammengewach- Ten find. Aus diefer Beobachtung fehen wir, dafs kleine Veränderungen zuweilen einen [cheinbar grofsen Unterfchied verurlachen, werden aber dadurch zu- gleich in der Meinung beftärkt, dals die Natur picht nur einfach, fondern auf gleichlörmig in ih- ren Werken verfährt, Naeh diefer Beohachtung wird es auch Niche mehr befremdend oder unerklärlich fcheinen, dafs in den Winkeln der Blätter, bisweilen felbft zwi- fohen den Blumen, fich junge Zwiebelchen erzeu- gen. Können einige Bündel von Gefälsen bis zur Länge eines Zolles herauswachlen, und in verfchie- denen Richtungen Zwiebelchen hervorhringen, war- um Sollten Ge fich nicht auf einen bis zwey Fufs hoch über die Erde begeh»n können, und bier auf dielelbe Weile in jenen Winkela oder an andern Stellen des Stävgels neue Zwiebeln heraustreiben ? Dieler Satz wird dadurch delto wahrfchemlicher, ‚dals die Zwiebeln, die an den Stängeln der foge- nannten Zwiebelgewächle entlteheu, den unter der Erde befindlichen völlig gleich find. Der ganze Stängel des Knohblauchs alfo, und anderer ähn- lieben 444 - Era lichen Pflanzen, ift nichts anderes, als eine Ver- Jängerung des, unter den Schuppen der Hauptzwie- bel liegenden feften Körpers , und er verrichtet über der Erde zum Theil die nemlichen Gefchäffte, welche die Zwiebeln unter der Erde zu verrichten pflegen. Die erfte und gewöhnlichfte Zwiebelerzeugung gelchieht unmittelbar durch den felten Körper. Die- fer treibet einige Gefälsbündel heraus, und bringt die Zwiebeln auf l[einen Schalen zum Vorfchein; diefe Bündel trennen fich von den Schuppen, und laffen an ihren Spitzen Zwiebelchen enıltehen; alle diefe Bündel vereinigen fich zu einem Stängel, er- heben fich über die ‚Erde, und geben hier an ver- fchiedenen Stellen ähnlichen Individuen Daleyn und Leben. Diefe, auf Thatfache und Erfahrung fo [chön fich ftützende Vergleichung mufs nothwendig von fehr fruchtbaren Folgen [eyn, wenn es darauf an- kommt, die Verbindung, worin Zwiebeln und an- " dere’ Gewächfe mit einander [tehen, näher vor das Auge zu bringen. Sicher entltehen die Zwiebeln, ' die am Stängel, oder an dem allgemeinen Blumen- ' behältnilfe hervorfpriefsen, auf diefelbe Weile, wie die Naumknospen; fie können aber auf dem - Blumenftängel, dellen Geburtsjahr auch das Jahr [ei- ' nes Todes ilt, keinen befchützten Standort finden; weswegen fie diefen Platz verlalfen, und, nach vollbrachtem Wachsthum, am Stängel näederfallen, wo — 445 | wo fe Wurzel fallen, und oft noch in demfelben "Jahre klätter treiben, | Dafs blos der Tod der Mutterpflanze diefen Unter[chied veranlalst, dafs er allein das Abfallen ‚der neuerzeugten Knospen, oder, wenn man will, der Zwiebeln beltimmnt,. lehrt uns das Beifpiel an- derer Gewächle. Die Agave viviparavon Vera Pflänzchen an dem Blumenftängel hervor, die nach einiger Zeit bey der Mutterpflanze niederfallen, und in dem nemlichen Boden, der fie fo lange nährte, Wurzel falfen, und zu neuen Agaven auf- fchiefsen. "Auf die nemliche Weile bringt das. Pölygo- num viviparum nicht reife Saamen hervor‘, lon- | dein‘ erzeuget an deren Stelle "Jängliche Zwiebel- chen, die noch auf der Mütterpfanze ihre Blätter entfalten, und .als völlig gebildete Pflänzchen lich ‘von den Blumenftängel losreilsen. * Es giebt Gewächle, die, wie Bäume und Sträu- ‚eher, ihre Knospen in den Winkeln der Blätter und Zweige treiben. Allein, von dem Schöpfer der Natur in folche Verhälträffe geletzt, dals fie ich in Ermarigelung eines felten Standortes; von der Mutterpflanze trennen müllen, verlalfen fie diefelbe; nnd Schiefsen im folgenden Jahre als neue Gewächle auf. | . Dals diefe von Raumknospen fich durchaus durch ichs unterfcheiden, als durch den Mangel des Wohnortes, brauche ich wol nicht durch mehrere di \ Be- Crux bringt auf die nemliche Weile fehr viele - a 44% ne Beweile zu bekräftigen ‚ da noelı aulserdem ihre Art, fich fortzupflanzen , ihre Uebereinftimmung mit den Zwiebelwurzeln aufs deutlichlie charakte- rihrt, „Die Bertramwurzel*) vereiniget alle dicle Eigenfchaften in einem Subjekte. Diele bringt voll- kommene Knospen in den Winkeln der Blätter und "Zweige hervor, erhält durch diefelben ihr Ge- fchlecht, entlälst fie in diefer Abficht ‚von ihrem Standorte, und erlaubet ihnen, in den Erdboden einzudringen, wo fie eine bequeme Gelegenheit zu ihrer Entwickelung abwarten, $o wie nun diefe, aus der Vergleichung mit Baumknospen hergenonimenen Beifpiele die genaue Verbindung, ‚worin fie mit Zwiebeln [tehen, aufser allen Zweifel fetzen: fo findet man auf der andern Seite diele: Uebereinfiimmung mit vollkommenen Gewächlen durch die Betrachtung der Zwiebel. »llanze lelbft beftätigt. i Kein Erzeugnils der Natur'ift hiezu gefchickter, als die Zwiebel der Lilie. Hier findet man im Erdboden: alle die Theile verborgen, die eine Alo& über der Erde vor uns ausbreitet, ‚Man darf nur eine Alo& zulammenbinden, und fie wird eine Ichuppigte Zwiebel bilden ; fo wie eine Lilien- Zwies ®) Diefe, die Radix Pyrethri, denken wir, hät Heıt Violik unter dem Namen Boldtagende Tandwors tel (zwiebeltragende Zahnwurzel) verftanden, Aumerk, des Ueberf, — 447 .zwiebel, die über dem Boden wächft, eine voll- _ kommene Alo& vorltellt, Das klingt vielleicht auf den erften Anfchein et- was [eltfam. Allein, bedenken wir, dals es fir eine Lilienzwiebel kein welentliches Erfordernifs ilt, Gch unter der Erde aufzuhalten, um Blätter „und Blumenftängel zu treiben, dals fie vielmehr, ganz von Erde entblölst, regelmäfsig wächft, und ihr dadurch von ihren Kräften nichts zu entgehen fcheint; dafs endlich gewiffe Zwiebeln fich am lieb- ften über der Erde aufhalten, dergeftalt, dafs fie, wenn fie fich unter derfelben befinden , nicht fo gut gedeihen, fo wie fie auch zuweilen fich über den Boden herausarbeiten, um ihrer Beftimmung gemäfs zu leben, und alle damit ftreitende Bemü- hungen der Kunft vereiteln: dann wird Jeder leicht einfehen, dafs diefe Uebereinftimmung nicht gefucht ift, fondern fich auf Beobachtungen gründet. Und ‘ was anders, als diele, ift der Probierftein unferer Räfonnements ,„ der über ihren Werth entf[cheiden kann? " Einen andern Beweis für diefe gleichförmige Wirkung der Natur findet man in der Art und Weife, fich fortzupflanzen, die bey beiderley Ar- ten von Gewächlen die nemliche ift. Eine Alo& fetzet während ihres Wachsthums von Zeit zu Zeit neue Pflänzchen an, die fie feitwärts heraustreibet, - und zur Frhaltung ihres Gefchlechts aufwachfen läfst. Auf gleiche Weile bringt die Lilienzwiebel zwilchen ihren Schuppen neue Zwiebeln hervor, die 448 Te .! die ebenfalls heranwachlen, und nach einiger Zeit. für fich [elbft beftehen, und für ihreh Lebensun- terhalt forgen können. ; Zertheilt man die kilenzeevel in mehrere Stücke, . [o behält jedes derfeiben das Vermögen, einen Spröfsling zu treiben. Jede Schuppe macht nun ein Ganzes aus, treibet Wurzel und Blatt, und ilt in einigen Jahren im Stande, neue Zwiebeln aus fich ent[prielsen zu laflen. Auf gleiche Weile kann man Aloüpflanzen ver- vielfältigen, und es koftet wenig Mühe, durch diefe einfache Operation die [eltenlten Gewächle vor ihrem Untergange zu bewahren. Diefer Methode verdan- ken‘wir die Vervielfältigung, der Alo& dilfticha, die beinahe ein halbes Jahrhundert in unlerem bo- tanilchen Garten geltanden hatte, ohne neue Pflan- zen herforzubringen, bis man? endlich Blätter ab- fchnitt und fie in. Erde letzte, wodurch man fie gleich[am in ihrer Nachkommenlchaft: wieder auf- leben liefs, Verf£chiedene Arten der Alot Sörh ‚wenn.Ge‘ einmal geblüht haben, wobey, fie.aber durch das ' Abletzen junger Pflanzen dafür forgen, dals ihr- Gefchlecht nicht: verloren geht. Dieles Abfterben gefchieht jedoch nicht plötzlich, fondern der Stän- gel vertroeknet nach und nach, die Blätter verwel- ken, und endlich erlöfcht der letzte Funke des Lebens. Das Nemliche fehen wir an Liliengewächfen ; fich zutragen. Haben die Blumen Frucht ‚angeleızt,. fo Pe Ts en 449 £6 wird der Stängel nach und nach {pröder, die Blätter vertrocknen , und endlich verderben auch die übrigen Theile, während def[fen die Natur Ichon für neue Nebenpflanzen geforgt hat, Etwas Aehnliches findet bey allen Zwiebelgen wächlen Statt. Bey manchen geht freilich die ganze - Zwiebel nicht verloren, fondern fie bülst blos ihre auswendigen Schalen ein, indels ich iunmerfort aus der Mitte neue Schuppen erzeugen, und hierdurch der Grund zu einem anderen Blumenftängel für das folgende Jahr gelegt wird. Allein diefes ift kein welentlicher Unterfchied, weil die Natur im Ue-, ‚brigen auf diefelbe Weile zu Werke geht . Bey an- dern dient die Hauptzwiebel blos zur Ernährung ‚des Blumenftängels und derjenigen Zwiebeln, welche zwilchen ihren Schalen fich aufs Neue erzeugen, fie ift nach vollbrachtem Wachsthum diefer Theile falı ganz verzehrt, und {trbt zugleich mit der Pflanze, die fie ernährte, So wirdz. B.eine Tulpenzwiebel dadurch, dals ein Blumenftängel.und neue Zwiebelchen aus ihr hervorgehen, eben fo, wie verlchiedene Alor. arten, ganz verzehrt, und man würde, wenn der Stängel geblüht hat, vergebens die alte Zwiebel Suchen, Den Stängel, der vor dem Blühen in der Mitte der Zwiebel (als, findet man jetzt aufßserhalb der- felben, und er ift an eine der neuentltäandenen Zwiebeln fo felt angedrückt, dals an .diefer die Arch. fd, Phyf. Vi. B, Ill. Heft, F£ Merk- 450 2 —— Merkmale davon feln Gchıbar find, und ich durch ; eine Grube zu erkennen geben. 4 Diele -Erfcheinung, an Tülpenzwieheln. "as h faft von allen Liebhabern der Gewächskunde als .et- was Befonderes angemerkt; Niemand aber hat, ıneines Willens, die Natur in diefer ihrer Wirkung verfolgt, oder durch Verfuche ausgemacht , was bier vor fich gebe, oder was die Urlache davon ey, dals der Stängel nach dem Verblühen aulser- ‘a halb der neuen Zwiebel einen folchen Stand Kan wie er beftändig wahrgenommen wird. Vor zwey Jahren, als ich mich mit der Unter- fuchung diefes Gegenftandes befchäfftigte,, glaube ich mich durch fortgeletzte Beobachtungen davon überzeugt zu haben, dafs diele Veränderungen in der Mutterzwiebel 'haupıfächlich in der Blühezeit vor fich gehen; def alsdenn erft die junge Zwie- bel,‘ woran fich der Stängel lehnt, und die bis da- hin kaum bemerklich war , gröfser wird ‚ und durch ihr fortdauerndes Wachsthym die alten Schich- ten von dem feften Körper , oder der wnterlten Kugel, losreilset, ihre Gefäfse zerltört, aller Nah- rung beraubet, und macht, dals fie, als unnütze, abgeftorbene Theile vertrocknen oder verwelen. Die nemliche Zwiebel allo, die beim Hervor- fpriefsen des Stängels kaum fichtbar ilt, wächft in fehr kurzer Zeit als Hauptzwiebel für das folgende Jahr heran, während dellen die übrigen neuerzeug- ten Zwiebeln, welche bisher durch die alten Scha- len genährt und gepflegt wurden, fich um diefelbe. an- ER 451 anfetzen, und erlt nach Verlauf, von zwey bis drey Jahren gefchickt werden, Blumen und Früchte zu tragen. Man fieht hier abermals neue Erfcheinungen, die aber im Welen der Sache nichts ändern. Denn wie an den Lilienzwiebeln durch ihr -Wachsthum -und ibre Fortpflanzung die gröfste Aehnlichkeit mit Alo“pflanzen, tind durch diefe mit andern Gewächlen , fich zu erkennen giebt: [o beweilen ‚auf«der andern Seite die Tulpenzwiebeln dadurch, dals Ge nach dem Verblühen völlig zu Grunde ge- ben,.dals auch zwilchen ihnen und den oft er- wähnten Pflanzen eine genaue Verbindung Siatt An- det, und fie beftätigen zugleich, ‚was ich vorhin anführte, dals ıman bey folchen Unterfuchungen der Natur, wo die Uebereinftimmung dargelegt werden [oll; worin ihre Erzeugnille mit einander Stehen, fich nıcht blos auf zwey oder drey Gegen» ftände einfehränken dürfe, l[ondern [o viel möglich das Ganze in feinem Umfange überl[chauen, und als len. Beziehungen insbefondere hach[püren mülle, um jede fcheinbare Abweichung von ‚der gleiehför- migen Wirkung, die aus Alleın fo fichtbar hervor- leuchtet, auf ihren wahren Standpunkt zurückzüs bringen, Ffo Etwas 458 ge s - Etwas über das Athemholen Eid die: thierifeche Wärme; eine Vorlefung von D. Gerard Vrolikin der Gelelk ‚Ichaft Felix Meritis zu BR: raue auaalten), K.:. Thier,, in dellen Gefäls[yftem vothes Blut‘ umgetrieben wird, kann in der Länge in derfelber Luft das Leben behalten, dergelftalt, dafs kein, für die Fortdauer des Menfchen fchädlicheres und feiner Gefundheit nachtheiligeres Gift gefunden wird, als eine Atmolphäre , worin keine Abwechfelung Statt findet, oder wo es’ nicht möglich it, diefer elaftifchen Flüffgkeit aufs Neue und in hinlängli- cher Menge Zutritt zu verf[chaffen. Als im Jahr 1756. die Indier in Bengalen das Fort Williams erobert hatten, warfen fie hundert und fechs und vierzig kriegsgefangene Eng- länder in ein enges Loch unter der Erde, das je- doch mit zwey kleinen Fenltern verfehen war. Von diefen hundert und fechs und vierzig Unglückli- chen ftarben in der.erften Nacht hundert, und drey‘ und zwanzig, nach‘/(chweren Beklemmungen, einem Starken Schweilse, und einem unerträglichen Durlte. Nur *) Aus der Nieuwe Scheikundige Bibliorheek, BL St, 4 (der ganzen Sammlung ıztes und letztes) 1802. 2 — 453 Nur drey und zwanzig, die Gala nahe wie mög- lich an jene zwey Luftlöcher geftellt hatten, fand inan des Morgens noch am Leben, aber [o [chwach, dafs fie nicht viel weniger, als Leichen, waren, und gewils geltorben wären, wenn fie vielleicht nur einige Augenblicke länger in diefer verderbli- chen Höhle gelteckt hätten. Manche ältere Naturforfcher nahmen, wenn fie die Urfache dieler Schädlichkeit einer oft ein- geathmeten Luft angeben wollten, an, es mache ein, ich weils nicht, welcher, Verluflt an Ela- fticität fie für das Athemholen und das thieri- fche Leben fo ungefchickt, dafs diefe durchaus nicht dabey beltehen könnten, Andere fuchten den Grund in einer Ueberla- dung mit Brennftoff, der, wenn er aus dem Venenblute entbunden würde, fich müt der einge- athmeten Luft vereinigte, und [o lange in dielfelbe fich ausleerte, als fie fähig wäre, diefes Phlo- gilton, dielen Brenn[töff aufzunehmen; dafs aber diefes Aufnehmen in einer beftimmten Menge Luft nicht ins Unendliche fortgehen könnte, [on- dern [ehr bald aufhörte, und zwar [ogleich, wenn Ge hinlänglich mit Brennftoff gefättiget wäre. Diefem Syftem zufolge ift es allo nicht fowohl die Luft, die durch ihre giftartige Eigenfchaft dem Athemholen Nachtheil zufügt, fondern vielmehr die Unmöglichkeit, worin unter diefen Umftänden das Blut ich befindet, fich von einem ungefunden Stoffe zu befreien, Andere 454 S— Andere erfannen andere Theorieen, um diefe erftaunenswürdige Erfcheinung in der thierifchen Haushaltung zu erklären, wovon jedoch keine den rechten Punkt treffen konnte, weil fie fich auf Hypothefen gründeten , die ganz und gar nicht aus der Natur [elbft hergenommen waren, Sie hetrachteten alle die Atmofphäre, als ein amzerlegbares Element, [o wie fie das Wafler, das Feuer und die Erde dafür wollten gehalten willen; waren daher genöthigt, ihre Zuflucht zu hinzu. kommenden Grundltoffen zu nehmen, die blos in der Idee der Erfinder, in" der Natur aber nir- gends vorhanden waren ; oder lich einer Erklä- rungsart zu bedienen, die bey näherer Beleuchtung in ihr Nichts zurückfallen mufste, Weit entfernt, . nreinen Zuhörern das Unge. gründete jener Theorieen auseinanderfetzen zu wol- len, ift meine Abficht blos gerichtet auf eine ein. fache, und, ich wünfchte hinzufetzen zu können, befriedigende Erklärung der Erfcheinungen , die gewöhnlich bey dem Athemholen der Thiere: ange: troffen werden, Die atmofphärifche Luft, die, bis Lavoifier fie in.ihre Beftandtheile zerlegte, für ein Element gehalten wurde , ilt allezeitzulammengeletzt aus drey ‚ganz verfchiedenen Luftarten, wovon zwey an und für (ich dem Athemholen äufserft nachtheilig, die dritte aber zuträglich ift. — Zu unferm gegenwär- tigen Zwecke genügt es uns, nur einige Eigenfchaf- ten diefer Luftarten zu berühren, diejenigen nem. R Ich, — ı 455 Jich, ‘welche bey der Erklärung jener 'Lebensver- richtung in Fetrachtung kommen. Man wille allo, dafs jede diefer Luft- oder Gasarten, wie die neuere Scheidekunft alle luft-- förmige Flüffigkeiten benennt, aus:zwey Beltand- theilen belteht, aus einer eigenen Grundlage, oder einem Grund[toffe, und aus Wärme- ftoffe. Der Wärmeltoff ift die Urfache des luftförmigen Zultandes , worin diefe Grundlagen “oder Grundftofie immerfort und fo lange fich be- finden, als keine befondere Kraft fie nöthiget, aus diefem Zuftande herauszutreten, und [ich als Grund: Stoff mit andern Körpern zu verbinden. Auf diefelbe Artınemlich, wie Waller in Dampf fich verwandelt, fobald es einem hinlänglichen Wär- megrade ausgeletzt wird: fo nimmt auch, unter gewillen Umftänden, der Grundftoff der verfchie- denen Gasarten eine luftförmige Geltalt an, [obald ein hoher Grad von Wärme auf he wirket, ‚mit dem Unterfchiede jedoch, dafs Luftarten nie an- ders wieder zu :Grundltoffen werden, als durch Dazwilchenkunft eines dritten Körpers, womit lie fich verbinden können, indellen Dämpfe den Zu- ftand luftförmiger Flülligkeiten in dem Augenblicke verlallen, als fe in einem gewillen Grade ihreg Wärmeftoffes beraubt werden. Die drey Gasarten nun, welche die Beltand- theile der atmofphärifchen Luft ausmachen, befitzen vwerfchiedene Eigenfchaften, denen zufolge man ih- ven verfchiedene Namen bzigelegt hat. Diele find: erlt- 456 — erftlich Stickluft oder Gaz azöte; zweitens kohlenlaure Luft oder Gaz acide carbo- nique; und drittens Sauerftoffluft ‘oder Gaz oxygene Die Sauer[toffluft wird durch Metalle und einige andere Körper’ bey einem hohen Grade jvon Wärme in ihren Grund- und Wärmeftoff zerletzt; ift die Grundlage der Säuren; dient zur Ernährung der Flamme und zur Unterhaltung des Athemholens. Sie verhält fich zu den übrigen Luftarten, wie fechs und zwanzig zu vier und fiebenzig, [o dafs in hundert Theilen atmol[phärifcher Luft von dieler Lebensluft nur lechs und zwanzig gefunden werden. Die Stickluft, la Mofette oder das Ghz azöte ilt in der atmolphärilchen Luft in einem Ver- bältnilfe von drey und fiebenzig zu hundert ent- halten. Sie ift nicht gefchickt, die‘Flamme zu nähren, und das Leben der Thiere zu unterhalten. In dem Kalkwaller bringt fie keine. Veränderung hervor. & Obgleich das Gaz acide carbonique, oder die kohlen[aure Luft, ehemals unter dem Na- men der fixen Luft bekannt, mit dem Gaz azöte die Eigenfchaften gemein hat, dals fie die Flamme. auslöfcht, und das thierifche Leben ver- nichtet, fo unterfcheidet fie fich doch von derfel- ben durch ihre grölsere Schwere, durch ihr leich- tes Eindringen in Walfer, durch‘ den Niederfchlag, den fie in Kaikwalfler verurfacht, und duich ihre grolse Verwandtfchaft mit ätzenden Laugeufalzen, ande- anderer, fie eliarakterifirender Eigenfchaften nicht, zu gedenken, Sie verhält &ch in der Atmolphäre wie eins zu hundert. Wie benebmen fich nun” diele Luftarten bey dem Athemholen, uud welche Veränderungen er- fährt das Blut bey dieler natürlichen Wirkung? Um fich hievon einen richtigen Begriff zu mar ohen, erinnere man fich des grolsen Unterfchiedes, der zwilchen dem Blute der Venen und Arterien Statt findet, dasilt, zwilchen derjenigen Flülfigkeit, welche mittelft des Venenfyltems dem Herzen zuge-. führt, und derjenigen, welche, nachdem fie ihren Umlauf durch die Lungen vollbracht hat, alsdenr von dem Herzen nach den übrigen Theilen des Körpers geleitet wird, bis fie die Enden der Schlagadern erreicht, und in die feinften Veräftun- gen der Blutadern übergeht, um dann aufs Neue ins Herz [ich zu ergielsen. Man muls fich alfo vorltellen, dals das nemli- che blut, welches durch die Blutadern dem Her- zen zugeführt wird, und durch die Schlagadern von demlelben zurückkehrt , ganz und gar nicht die nemliche befchaffenheit hat, und nicht die nem- lichen Eigenfchaften befitzet, f[ondern nicht nur ° durch die Farbe, f[ondern auch durch die Kraft, das Herz uud das übrige Gefälsfyftem zu reitzen, und feinen eigenen Umlauf in, Gange zu erhalten, gar [ehr fich unterfcheidet. Denn das Venenblut hat eine Ichwarze Farbe, ift mit fehr vielem Koh- len- #58 BEER ARE Jenltoffe beladen, ‘und, "wenn es fich von diefem nicht befreien kann, nicht gelfchickt,. "das Gefäls- ı Syltem zur Gegenwirkung zu reitzen, oder den Um- lauf (einer eigenen Flülfgkeit zu befördern. _ Das Schlagaderblut hingegen, ift hellroth , befonders dann, wenn es [o eben aus dem gemeinfchaftli- chen Lebensquell ftrrömet, es hat nicht den Koh- lenfıof , wodurch das Venenblut [chwarz ‘gefärbt wird, und ift überdem ausnehmend gelchickt, le- bende Organe zu A und zur Gegenwirkung anzutreiben. Obgleich allo mit demlelben Namen belegt „ unter[cheidet fich diefes Blut fo fehr von jener Flülßgkeit, die durch die Venen dem Herzen zugeführt wird , dafs, man fie mit dem. grölsten Rechte zwey. verlchiedene Flülfgkeiten nennen könnte. Diefer Unterfchied nun in einer und derfelben Flüffigkeit entfteht in den Lungen, muls allo noth- wendig von der Luft, die wir einathmen, herrüh- ren. Diefe Luft indelfen'ift Kein einfacher gleich- artiger Stoff, fondern befteht, wie wir [o eben fa- hen, aus drey verfchiedenen Gasarten, wovon zwey, für fich felbft genommen, ein durchaus töd- liches Gift find. Diefe können daher zum Athem- holen nicht dienen; und, da fie unverändert in die Lungen und aus denfelben kommen, und ihre , Tauglichkeit weder einer Vermehrung, noch einer "Verminderung fähig ift, fo betrachtet man fie bey der Erllärung diefer Lebensverrichtung als abwe- Send, «Send, oder allein dazu gefchickt , die zu heftige "Reitzung der Sanerfoffluft zu mälsigen. ü Ja, blos die Sauerltoffluft ift es, die zur Er- haltung des thierilchen Lebens erfordert wird, und deswegen mit Recht den Namen Lebensluft be- lommen hat. Diele ift es, woiwnit Ach der Kohlen- ftofF des Venenblutes verbindet , und von ihr er- hält daflelbe Blut, nach [einer Befreiung von dem Kohlenftoffe, einen neuen Beltandtheil, wodurch es "zum Kreislauf tanglich, und zur gleichmälsigen Ver- breitung der thierifchen Wärme wird, gelchickt gemacht Ift nemlich das Venenblut aus der vordern Herz- "kammer in die Lungen gebracht, [o fucht es fich von [einem Kohlenftoffe frey zu machen, wozu es bequeme Gelegenheit bey der Lebensluft findet, die durch ihren Sauer[toff, oder das [ogenannte Oxygene, fich mit diefem Kohlenftoffe vereiniget, indefs die frey gewordene Wärıne theils dazu ver- wendet wird, diefen vereinigten Beltandtheilen zu dem luftförmigen Zuftande zu verhelfen, theils ich‘ diefelbe in dem Schlagaderhlute feftfetzet, Der gi- fammte Wärmeltoff aber, der bey dieler Vereini- "gung frey wird, ift nicht zur Hervorbringung der kohlenfauren Luft erforderlich. Dies ilt die erfte Veränderung, die das Venen- "blut in den Lungen erfährt, Doch, da die Blu:- «malfe an und für fich eine [ehr grofse Verwandt- Schaft zu dem Sauer[toffe hat; fo reifst fe auch diefen Stoff zum Theil an fich, auf dielelbe Weile, wie 460 sr ‚wie Kupfer, Queckfilber, oder ‚ein ‚ander Metall, ihn mit fich verbindet, wenn es zu Metallkalk wird. Und’ fo wie dort, wenn diefe Verbindung entfteht, der Wärmeltof, der den Sauerltoff in dem luftförmigen Zuftande erhielt, frey wird, und Ech in der Atmofphäre und den ihın zunächlt ge- 3egenen Körpern verbreitet: [o gelchieht diefes auch hier, nur mit der Ausnahme, dafs der ‚Wär- meltoff fich in der nemlichen Flüffigkeit feftfetzet, womit fich die Bafıs oder Grundlage -der Lebens- ' luft verbunden hat, Um fich von diefer Sache eine deutliche Vor- ftellung zu machen, muls man bedenken, dals, obgleich der Wärmeltoff fich verhältnilsmäßsig a breitet, und er, wenn er bey einem Gegenftande mehr angehäuft ilr, durch eine gleichmäfsige Ver- theilung in den benachbarten Körpern im Gleich- gewichte zu bleiben fucht, doch nicht alle Stoffe gleich empfänglich für ihn find. Man wird, zum Beifpiel, wenn man durch‘ Marmor einen gewillen Grad des Wärmemellers will anzeigen lalfen, eine weit grölsere Menge Wärmeftoff nöthig haben, als, um das Queckfilber zu demfelben Grade Steigen zu lallen, wenn man ‚ fich dazu eines Stüekes wollenen Tuches, der Baum- . wolle, oder eines ähnlichen Stoffes, bedient, Hier- aus lälst fich die Urfache [ehr leicht herleiten, warum man zur Erwärmung mancher Stoffe, oder daraus gebauter Zimmer, ein [o [tarkes Feuer nö- Y . thig- — ‘ 468 thig hat, da andere, eben fo behandelt, eine un- erträgliche Hitze von [ich geben würden. Die Empfänglichkeit für Wärmeftoff ift allo nach Verfchiedenheit der Gegenftände verf[chieden. Sie richtet ich nach der Art und Weile, wie die Beftandiheile mit einander verbunden find, und _ kann erhöht oder vermindert werden, je nachdem man die Gegenftände [elbft Veränderungen unter- wirft, Laffen Sie uns dielen letzten Satz durch e* Beilpiele erläutern. Waller und Salmiak haben, jedes für fich, eine beflimmte Empfänglichkeit für Wärmefioff, der, [o lange fie ich mit der Atmofphäre und den fie umgebenden Körpern in dem nemlichen Ver- hältnilfe befinden, als gebundene Wärme darin Sitzen bleibet. Allein man vereinige diele zwey Körper mit einander, und fiehe! die Empfänglich- - keit für Wärmeltoff ift plötzlich zu einem Grade erhöht, wovon man fich von vorn her nicht leicht einen Begriff gemacht hätte. Denn die Kälte läfst fich an dem Niederfallen der atmofphärifchen Dün- fte [o augenlcheinlich wahrnehmen , dafs kein Zweifel übrig bleibet, es mülle eine [ehr grolse: Menge Wärmeltoff nöthig leyn, um diele Flüffg- keit, worin blos eine Veränderung der Belftand- theile vorgegangen ik, bis zu dem Wärmegrade hinaufzubringen, der in dielem Hörlaale Statt findet. 5 Al — fto!! zunehmen kann, wenn lich die Eige: alchalten der Körper ändern, fo kann fie auch un:er ner. ben Bedingungen abnehmen. Diefes foll das zweite Beifpiel erläutern. Waller und Vitxiolöl befitzen jedes ibre eigene Empfänglichkeit für Wärmeltof‘. Man tröpfele die letztere Flüffigkeit nur ın kleiner Menge in die er- ftere, und man wich keinen andern Zeugen, als das blofse Gefühl , aufrufen dürfen, um fich zu verfichern, dafs (ehr viel Wärme entwickelt wird, die, weil Vitriolgeift weniger empfänglich für Wär- meltoff ift, als Vitriolöl oder Waffer für fich allein, fich 'einen Weg nach aufsen bahnt , und lich mit den fie umgebenden Körpern wieder ins Gleichge- wicht zu bringen fucht. a. r Man wende diefes auf das Blut und die thieri- [che Wärme an, And ich hoffe, man hat den Schlüf. fel zu jener hen Werk laut der Natur gefunden, Da das Venenblut ganz andere Beltandtheile ent- hält, als das Schlagaderblut: fo müllen auch diele beide Flüffigkeiten eine verfchiedene Empfänglich- keit für Wärmeftoff befitzen, 2 “ Mar nehme an, in dem Schlagaderblute, das in den Lungen bereitet wird, (ey diele Empfänglich- keit geringer, und ınan nehme zugleich ein Frei- werden des Wärmeltoffs an, der lich [owohl’ durch das Gefühl, als an dem Wärmemeller, u zu erkennen geben, i Allein So, wie nun ‚die Empfängliehkeit Bir Wärmes, A eh N A BZ 463 „Allein, weder ‚das Eine, noch das Andere trägt Eh; wirklich zu, „Denn, öffnet 'maı die Bruf, böhlg ins" lebendigen Tbieres: fo lälst ich ‚weder dureh Gefühl, noch Wärmemeller hier ein höherer Grad von Wärme ‚entdecken, als an irgend einer, andern Stelle des thierifchen Baues. h H a urns „ „1, Man nehıne einmal an (worauf, jedoch ein Na, pirfanlcher nicht Jeicht fallen wird), die Empfängs lichkeit, für Wärmneltoff (ey bey; dem Schlagader, und Venenblute die nemliche. Ift das lo, dann wird er, bey Entltehung ‚der, koblenlauren Luft und bey der Vereinigung ‚des Grundftoffes der Lebens; luft mit dem Blute, auf die nemliche Weile in deu ihn umgebenden. Subltanzen fich ‚verbreiten , wie man ‚diefes,bey der Verkalkung der Metalle wahr- nimmt, und man wird auch an dem Wärmemeller eine Zunahme von Wärme bemerken, Allein auch hiervon hat uns dieErfahrung das Gegentheil gelehrts Es leider ‚daher keinen Zweifel, die Enpfäng- lichkeit für Wärmeltof nimmt in dem Schlagader- blute zu, oder; mit andern Worten, diele Flülfig- keitkann, wenn fie an dem Wärmemefler den nent- lichen Grad von Wärme anzeigen foll, eine. viel’ grölsere Menge von Wärmeltoff in fich nehmen, ais das Venenblut, Diefes Blut behält. jedoch Iicht lange diat: Ei genfchaft; denn bey Seinem Umtriebe durch ‚das Gefälslyltiem erfährt es von Punkt zu Punkt neire Veräuderungen. Indem es bey [einem Umlaufe die felten Theile zur Gegenwirkung antreibet, nehmen diele = u RU diefe immerfort gewille Beftandtheife” aus demfel- ben auf, bringen es immer mehr in den Zuftand des Venenblutes zurück,- und’ in’ dem Maalse wird auch die Empfänglichkeit‘ für Wärmeltoff vermin. dert, das ift, das, durch fein Gefäfsfyftem Unge- triebene Schlagaderblut }älst immerfort etwas Wärme fahren, die fich durch den ganzen Körper in allen Richtungen gleichmälsig entwickelt, und als die Urf[ache der thierilchen Wärme anzulehen ift, " = Was nun den Grund betrifft, warum wir Men- fchen "unter allen Himmelsftrichen denfelben Grad von Wärme befitzen, fo dafs, indem fie in den nördlichften Ländern an dem Fahrenheitifchen Wär- anemeller immer zwilehen go und 96 Graden zei- get, fie auf Batävia und anderwärts auf gleiche Weife diefen Grad niemals überfteiget: fo darf man hiebey mur die Ausdünftung unlers Körpers in Be- - trachtung ziehen, ‘und man braucht fich nicht nach einer andern Urfache umzufehen. Denn da felte Körper, wenn fiein einen flüß figen, und füffge, wenn fie in einen dunftförmi- gen Zuftand übergehen, allezeit eine gewille Menge Wärmeftoff bey fich führen, und die Ausdünltung grölstentheils für nichts anderes, als für die Ver. wandelung einer‘ fAüffigen Feuchtigkeit in einen Auftförmigen Dunft anzufehen ift, und diefe wieder fich richtet nach den verfchiedenen Graden der Wärme, denen der menlchliche Körper ausgelfetzt ift: fo erxhellet deutlich , dals diefe Wirkung al- lein BE 465 lein hinlänglich ilk, in unferer Mafchine jenen noth- i wendigen Grad von Wärme zu unterhalten, der zur Erhaltung des Lebens und zum gehörigen Fortgange aller Verriehtungen durchaus erfordert wird, Der menfchliche Körper allo entlediget fich un: aufhörlich jener zu grolsen Hitze, der er unter war- nen Himmelsftrichen ausgeletzt.ilt, indels er im kalten Norden durch den trägeren Blutumlauf und durch die geringe Ausdünftung der Hautgefäfse die -Wärme gleichfam in fich verfchlielst und felthält, Beides hat feinen natürlichen Grund, der eben fo einfach als bewundernswürdig it, und der ei- nen neuen Beweis aufftellt, wie vortreffich in un- fere Mafchive die Mittel gelegt find, die zur Be- [chirmung desLebens und zu [einer Erhaltung dienen können. _ Es fey mir erlaubt, diele Betrachtung ‚mit eini- gen Folgerungen zu [chlielsen, die unmittelbar aus derfelben hervorzugehen [cheinen, Erfte Folgerung. Nach meiner Erklärung hat man nicht nöthig, die thierifchen Dünfte, die mit der ausgeathmeten Luft aus den Lungen entweichen;, \‚berzuleiten von Arch, f.d.Phyf. VB, UL, Heft w; 'Gg ‘einer 466 — 0 ‘ einer chemifchen Vereinigung des Wälferfioffes aus dem Blute mit dem Sauerftoffe aus der Atmolfphäre, fondern fie ind "zu betrachten als ein Erzengnifs der Schlagadern, die in den Lungen diefe Fläfg: keit eben [o ablondern, wie in andern Höhlen unfe- res Körpers. Ki: | Zweite Folgerung. Man mie die Lungen nicht für den Feuerheerd der tbierifchen Wärme halten , fondern der, bey dem Athemholen entweichende Wärmeltof letzet fich in dem Schlagaderblute felt, macht fich, wäh- rend des Blutumlaufes , von Stelle zu Stelle los, und verbreitet [ich gleichmälsig durch den ganzen Körper. Dritte Folgerun 8. Des Blutes reitzende Eigenfchaft wird erhöht, {obald es fich in den Lungen ‚nicht in Schlagader- blut verwandelt, Vierte Folgerung. Diefem Fehler ilt es zuzufchreiben, wenn der Blutumlauf aus Mangel an Lebensluft ftockt. Fünfte Rolgerung. Bey Erftickten‘,;, Erhängten und Ertrunkene muls demnach unfere exfte Sorge dahin gericht Seyn, feyn, einen neuen Zufluls von Luft-zu veranlalfen, und im ‚Nothialle, diefelbe in die Lungen einzu- blafen. ; Seachste Folgerung. Man handelt ganz verkehrt, wenn man, um Hörläle, Krankenfiuben, Hofpitäler und ähnliche Gebäude von [chädlichen Dünften und Luftarten zu befreien, im, Zimmer in der Höhe Fenfter oder an- dere Oefinungen anlegt, ‚um frifche Luft einzulal- fen. Denn da die fixe Luft, die wir beltändig aus- athmen, viel [chwerer, als die atmolphärifche, ift: fo [chwebet fie um’ das Lager der Elenden herum, indefs ihr beklagenswerther Zuftand noch durch einen oft abwechlelnden Zug ver[chlimmert wirds der fie zwar auf einen Augenblick verfrifcht, , nicht felten aber auch die unausbleibliche Url[ache des Todes wird. Siebente Folgerung. j Es kann nützlich (eyn, Fäller mit Waffer in Krankenzimmer etc, zu letzen. Achte Folgerung, Diefe müllen aber von Zeit zu Zeit mit fri- fcheın Waller verlehen werden, damit es die fixe oder kohlenfaure Luit defto begieriger in Ach nehme, 082 Neunte 468 —— "Neunte Folgerung. | Man kann diefes Eindringen durch Kalkwaller | oder ätzendes Laugenlalz be[chleunigen. Diefen Folgerungen könnte man leicht noch andere von Bedeutung beifügen. Ich fchliefse aber diesmal mit dem Wunfche, es möge diele wichtige Materie, an deren Bearbeitung ich mich wagte, von Andern ‘wieder vorgenommen, und, wo möglich, zu dem höchften Grade der Aufklärung gebracht werden. © am- Camper’s und Hunters Gedanken über den Nutzen der Röhrenknochen bey Vögeln. Näher erwogen und ge- prüft von D. Gerard Vrolikin einer, in der Amfterdamer Gefellfchaft Fe- lix Meritis den 25ften Januar ı805° gehaltenen Vorlefung *). “ Teleft !ordre admirable et conftant de la na- ture, qu'elle fait partir les etfers les plus frappans des caufes les plus petires, les plus leEgeres en apparence. Dumas, Principes de Phyfiologie, Zar Erhaltung jener unnachahmlichen Ordnung, die der Schöpfer der Natur bey der Ausfüh-' zung [eines ausgebreiteten Planes bezweckte, wurde ‘ohne Zweifel ein angemellenes Verhältnifs zwilchen den Gelchöpfen erfordert,” dergelftalt, dafs weder die einen [ich zu fehr vermehrten, noch an andern Mangel wäre, Hiezu war es vor allen Dingen n6- . thig, \ ”) Diefe Abhandlung erfchien unter dem Titel: De Ge- dachten van Camper en Hunter, over het Nutder holle Beenen, nader erwogen en ter toetfe gebragt door G. Vrolik, Amfterdam, bey Holtiop , 180,. 27 5. gr. 8. 470 — thig, dafs jedes Individuum für fich fo gebauet war, dafs es ungehindert alle die Abfichten und Beftim- mungen erfüllen konnte, die ihm fowohl in Anle- hung l[einer, als in Anfehung feiner Verhältnilfe zu anderen, mit einem Worte, zu der ganzen Schö- pfung, von dem Allmächtigen vorgelchrieben waren. Daher die falt unendliche Verfchiedenheit in Geftalt und Form, die man [elbft bey der oberfläch- Jichften Betrachtung, überall antrifft; eine Ver[chie- denheit indellen, die auf fo unabänderlichen Ge- (tzen beruhet, dafs, wenn wir einınal die äufsere Form eines Gegenftandes gut gelalst haben, wir in der Folge ihre charakteriltifohen Eigenfchaften nie wieder mit andern verwechfeln können. Diefe beftändige Gleichheit der Geftalt, nicht nur des Ganzen, fondern auch der befonderen Theile, leitet uns [chon von vorn her zu dem vernünltigen Schluffe, dafs fie gerade lo, wie hie ift, nothwen- dig war, In Anfehung des Menfchen haben wir dieles bey einer andern Gelegenheit, wo wir Be- trachtungen über den Zulammenhang feines fittli- ehen Werthes mit der aufrechten Stellung und dem aufrechten Gange anltellten, deutlich zu machen ge- fucht *), Gegenwärtig [ollen die Vögel der Ge- E gen- ‚ ®) Der würdige Verfaffer meiner die Schrift: Gerardi Vrelik Diff. acad. de Homine, ad ftatum gref- fumque per corporis fabricam dispofito, Lugd. Bar, 1795: 9% 5. 8. Anm. des Veberf. j Ba le di genltand unferer Betrachtung [eyn, jedoch allein in Beziehung auf'ihre Werkzeuge des Athemho- lens. , Wollten wir weiter gehen, und unfere For- fchungen auch auf die übrigen Organe ausdehnen: fo würden wir nicht leicht fertig werden. Denn wie ilt das Ende einer Unterfuchung abzulehen, wo nicht nur jedes Individuum , aulser der allgemei- nen,.,noch für üch feine befondere Beftimmungen hat, [ondern auch jeder Theil des organifchen Kör- pers gekannt, und in [einer Wirkungsart und Nutz- barkeit erforfcht feyn will? Die Schranken dielfer Vorlefung erlauben aber nur, folgendes beizubringen. Sie fehen hier zwey Knochengerüfte. Schon ein oberflächlicher Blick .auf diefeiben lälst Sie [o- gleich einen beträchtlichen Unterlchied bemerken, nicht nur darin, dafs bey dem Reiher die Ge- ftalt and Form der Brultköhle ganz anders befchaf- fen ift, als bey diefem Fuch[e, [ondern es fällt auch die relative Stärke des Rückgrates bey beiden in derfelben Gegend [o deutlich in die Augen, dafs diefer Unter[chied auch dem Ungeühtelten nicht ent-, gehen kann. Die Halswirbel find bey dem.Rei- her fehr lang, dünne und beweglich, verkürzen und verlängern ich, und find am Rücken, wo an ihre Stelle ein feltes Knochenftück tritt, welches bey zunehmendem Alter mit den Hüftbeinen zu ei- nem Ganzen zulammenwächlt, kaum beweglich, Bey dem Fuchf[e hingegen find die Rückenwir- bel 2 uns. bel Sehr dünne,‘ geben leicht nach, und befitzen wenig Kralt, indem der Hals (um hier der Len- denwirbel nicht zu gedenken) mit einer ausneh- menden Stärke begabt, und vollkommen gelchickt ilt, kräftigen Muskeln zum Stützpunkte zu dienen. Und wo findet man einen [chöneren Organismus? Denn die Anwendung der Gewalt hängt bey dem Fuchle, als Raubthier, vorzüglich von dem Na- cken ab, den er mit Macht zurückwerfen muls, während die Beute zwifchen den Zähnen einge- fchlolfen und mit den Vorderpfoten feltgehalten wird, um fie defto bequemer zerreilsen zu können, Da der Reiker, der feinen Raub aus dem Waller herausholen follte, übrigens nicht nöthig hat, ihn vor dem Verfchlingen zu zerreilsen: fo ift er in diefer Ablicht mit einem langen, [ehr be- weglichen , aber mit geringer Kraft ausgerüfteten Halle verfehen: allein es ward ihm ein fefter und ftarker Rücken zu Theil, weil auf diefem die An- wendung feiner Kraft im geltreckten Fluge ganz allein beruht. h Nicht genug! Auch in dem Bruftbeine ift ein beträchtlicher Unter[chied. Bey dem Fuchfe ilt es falt nur dazu nothwendig, um die knorpeligen En- den der eılten Ribben zu befeftigen, und in fo- fern das Athemholen zu befördern, es belteht dage- gen bey dem Reiher dellen Nutzen hauptlächlich darin, dals es den Umfang der Oberfläche vermeh- vet, woran die vornehmften,, zur Bewegung der Flügel dienlschen-Muskeln ihren Urfprung nehmen. ) Um — RE Um diefer Oberfläche die möglichfte Ausdehnung‘ zu geben, bekam das Bruftbein nicht nur mehr Breite, fondern wurde auch mit einem Kamme oder Kiele'verfehen, und es bildet auf diefe Art eine “ Oberfläche, angemellen der Grölse und dem Ver- mögen der Muskeln, die zu dem Durchfchneiden der Luft erfordert werden. Dafs in der That blos der grölsere oder gerin- gere Aufwand von Kraft, den diefe Muskeln machen müflen, den Grund enthält, warum das Bruftbein bey diefen grölser, bey jenen kleiner ilt, erheht man befonders aus der Vergleichung ver[chiedener Vögel mit einander. Wir nennen nur den Strauls ünd den Caluar; Vögel, die, ' wie Jeder weils, zum Fliegen völlig ungefchiekt, und eben darum mit einem Bruftbeine verlehen find , woran auch nicht eine Spur von einem Kamme zu entdecken ilt. Auch die Schlülfelbeine, die man bey den Vögeln für doppelt hält, dienen zu der 'nemlichen Ablicht. Das dicklie, welches Camper die Stütze des Schulterblattes nannte, "dienet zwar vorzüglich zur Artikulation des erften' Knochens der Flügel, wozu das lange, [chmiale Schulterblatt für fich al- lein nicht viel geholfen hätte: alleimes ift zugleich durch eine andere Artikulation mit-dem oberen Ende des Bruftbeines verbunden, Viele vierfülsige Thiere, zum Beifpiel das Rind- vieh, haben gar kein Schlüffelbein, und, wo.es gefunden wird, wie bey den Affen, dem Eich- horne, und andern, da macht es blos die Ver- bin- 474 - | bindung zwifchen dem Schulterblatte und dem Brult- beine aus, dienet aber, [o viel mir bekannt ilt, niemals zur Artikulation. des Oberarmes. - Dielen Knochen haben allo die Vögel vor den Säugthieren voraus. Dagegen kann man die fogenannte Brille, die bey den vierfülsigen Thieren das Verbindungs- ftück zwilchen dem Brultbeine und dem Schulter- blatte ausmacht, am beften mit dem Schlüffelbeine vergleichen. Auch in Anfehung der Ribben findet ein be-. trächtlicher Unterfchied Statt ; und dieler beruht auf ihrer Lage, auf ihrer Verbindung mit dem Bruft- beine, und auf ihrer Geltalt. Bey vierfülsigen Thieren [enken fich die Ribben, inden fie an den Rückenwirbeln falt in gleicher Richtung, die mit den letzteren einen rech- ten Winkel bildet, ihren Urfprung nehmen, herun- ter, und verbinden fich mit dem Bruftbeine durch dazwifchen liegende knorpelige Verlängerungen, Dieles ift befonders der Fall bey den erften, die deswegen auch den Namen der wahren Ribben erhielten, indem die letzten oder falfchen Rib- ben mit ihren knorpeligen Verlängerungen an die nächft vorhergehenden ich anfügen, oder, ohne eine folche Befeftigung, zwifchen den Muskeln eine freie Beweglichkeit ausüben. Bey den Vögeln yerhält ieh die Sache ganz ander, Wahre und fallche Ribben finder man zwar auch hier: allein die letztern [chränken fich nicht blos auf den hinterften Theil der Brulft- \ höhle — 47 höhle ein, fondern befinden fich auch an der Vor, derfeite, wo fie indelfen mehr zur Bildung diefer Höhle und zur Befchützung ihrer Eingeweide, als zum Athemholen dienen. Außerdem begeben fie fi-h hier nicht in einem rechten Winkel nach vorn, fondern gehen, mit den Wirbeln- und ihren Quer- fortlätzen durch [ehr bewegliche Gelenke vereinigt, in einem [ehr [pitzigen Winkel nach hinten, und werden, nachdem fie eine gewilfe Länge erreicht haben, durch einen zweiten Knochen erfletzt, der die Stelle der [o eben erwähnten knorpeligen Ver- längerung vertritt, durch ein freies Gelenk mit den Ribben und dem Bruftbeine verbunden ift, und in diefer Abficht nach vorn um [o vieles abfteht, als es das Zurücktreten der Ribben nach hinten noth- wendig machte. Wenn man auch nicht der Meinung des Herrn Chernak ilt, dafs die Ribben bey vierfülsigen Thieren wegen ihrer rechtwinkeligen Lage lich nicht erheben: [o erhellet doch aus dieler Betrach- tung deutlich, dafs die Vögel in diefer Hinficht die vierfüfsigen Thiere, und [elbft den Menfchen, weit übertreffen, ob man gleich bey diefem die Ribben wegen ihrer Krümmung nach hinten und wegen ihrer [chiefen Richtung nach vorn für [ehr berg; lich halten mufs. BAR Zum Behuf jener grolsen Beweglichkeit beka- men auch, wie es [cheint, die Ribben bey den Vö- geln eine, von der bey andern Thieren durchaus abweichende GeStalt. Haben fie nemlich eine gewille 476 Iran gewille Länge erreicht, [o find fie mit Querfort- fätzen verfehen, die durchgängig eine folche Länge haben, dafs fie die nächftfolgende Ribbe zum Theil decken, und bey der Verengerung der Brulfthöhle als fo viele elaftilche Federn auf diefelbe wirken. So viel hielt ich für nöthig, um den Unter- "[chied zwilchen der Brufthöhle bey Vögeln und vier- fülsigen Thieren ins Ficht zu [etzen. Finden wir ihn aber auch bey den übrigen Or- ganen? Allerdings. Auch diefe weichen in mehr als einer Rückficht von einander ab. Bey den Säugthieren find die Bruft- und Bauchhöhle durch einen gewölbten Muskel von einander gefchieden. Durch die Anfpannung oder Erfchlaffung diefes Fleilchtheils verengern oder er- weitern fich jene Höhlen wechlelsweile beim. Ein - und Ausathmen. Hier ift er allo von welentlichem Nützen. Die Vögel hingegen bedürfen (einer ganz und gar nicht, wiewohl man einige zwilchen der Bruft - und Bauchhöhle befindliche häutige Verlän- gerungen , für ein ‚wahres Zwerchfell hat anfe- hen wollen, Bey dem Straulse jedoch, der in fo vieler Rückficht Aehnlichkeit mit den ungefieder- ten Tbieren hat, nimmt man [chon einige dahin gehörige Fleifchfafern wahr. h Es fehlt alfo, wo nicht allen, doch bey wei- tem den meilten Vögeln dr Zwerchmuskel ganz und gar, und das aus feh:' wichtigen Grün- den. Die Lungen nemlich, (ihres verfchiedenen Baues hier nicht einmal zu gedenken) denen hey v'er- Kr 477 ‘ wierfülsigen Thieren die Brufthöhle zu ihrem abge- fonderten Behältnilfe dienet,"find bey dem Geflügel durchlöchert, welches macht, dafs fie fich in häu- tige, lackartige Verlängerungen [tark ausdehnen, dergeltalt , dals beim Einathmen nicht allein die Bruft, fondern auch die ganze Bauchhöhle mit Luft angefüllt wird; und das könnte, wenn ein, dem- jenigen ähnlicher Muskel, welcher Bruft und Bauch von einander [cheidet, vorhanden wäre, nicht Statt finden, Jener Zwerchmuskel allo, deffen ungehinderte Bewegung bey Säugthieren ein [o wefentliches Er- fordernifs des Athemholens ift, darf, um eben die- fes Athemholen bey Vögeln im Gange zu erhalten, nicht vorhanden [eyn. Doch, .nicht genug. Jeder Arzt weils, was für Befchwerden des Athemholens blos das Anwachf[en der Lungen bey uns Menfchen verurfacht; und der nemliche Zuftand ift dem Geflügel nicht nur nicht nachtheilig, [ondern fogar unentbehrlich. Denn, wäre dieles Organ hier eben [o frey, wie bey uns Menfchen und bey andern Thieren, in der Bruft- höhle enthalten : fo würde die Luft, die immer geneigt it, dahin zu gehen, wo fie den geringften Widerftand antrifft, die Lungen nicht regelmälsig ausdehnen, fondern in die erfte, ihr vorkommende Oeffnung eindringen, und fich in die gedachten häutigen Verlängerungen begeben, bevor fie die, ganze innere Oberfläche der Lungen berührt hätte, wel- T 478 wurden welches diefer Lebensverrichtung 'nöthwendig zu grofsem Nachtheil gereichen mülste. Jetzt aber, da die Lungen, durch ihre Verbin- ‚dung mit der Brufthöhle , beftändig in einem Zu- ftande von Ausdehnung erhalten werden, kann die- fer Durchgang der Luft keinen Schaden verurlachen, weil, fo geringe auch der Umfang diefes Organs ift, doch ihre innere Oberfläche einer grolsen Menge Luft ausgeletzt wird. So weit war man, mit einiger Ausnahme, in der Kenntnils dieles Organs gekommen, , als Cam- per, jenes erhabene Genie, ein neues Licht dar- über verbreitete, und zwar durch die gröfselte Entdeckung [einer Zeit, dafs nicht blos die Lungen und die gedachten häutigen Säcke, fondern auch » die Knochen der Vögel zur Aufnahme der Luft gefchickt wären *), Zwar *) Siehe Camper’s Verhandeling over het Sa. menftel der groote Beenderen in 'de Vogelen etc. zu finden in den Verhandelingen vanıhet Bataafsch Genootschap der Proefondervin- delyke Wysbegeerte te Rotterdam, Deel I, S. 255. Diefelbe franzöfifch, unter dem Titel: Memoi- re fur la ftructure des Os dans les Oifeaux etc, abgedruckt in den Memoires, prefentees A V Acad, Tome VII, p. 328. Camper’s famtliche kleine‘ Schriften, "herausgegeben von Herbell. Leipzig, 1784. S. 108, Brief aan de Uitgeevers der Hedendaägfche Vaderland[che Letteroef- feningen, 5. January 1775 St 479 Zwar hatten Galilei*) und Borelli **) Tchon bemerkt, dals die Knochen der Vögel hohl, und dünne von Sukltanz wären: allein es war Cami- per’n vorbehalten, den Zufammenhang aufzufu- chen, worin diefe Theile mit den Werkzeugen des Athemholens ftehen; wiewoöhl er, da er fein Au- genmerk allein auf den Flug der Vögel richtete, geradezu behauptete, man mülfe diefe Anfüllung mit Luft und diefe ihre nothwendige Verdünnung für den einzigen Zweck dieler Organifation halten; denn dadurch werde die Beltimmung diefer Thiere, fich in höheren Regionen aufzuhalten, erreicht, in- dem ihre eigenthümliche Schwere lich [ehr vermin- dere. i Der berühmte John Hunter, ***) es [ey nun dals er [eine Entdeckung Camper’s früheren ana- tomifchen Forfchungen zu verdanken hatte, oder dafs er ungefähr zu derlelben Zeit, wie Camper, ohne etwas davon zu willen, (eine fchätzbaren Verf[uche anltellte, genug, er wurde durch diefel- ben ”) Galiläus Mechanica Cosmicum, Dial, I. p. 132. ”")De Motu aniımalium, Cap. XXI, de Volacu, Prop, 182. p. 182. "+, Accountofcertainreceptacles ofairinBirds, which communicate with the lungs, and are lodged both among the fleshy parts and in thehollow bones ofthofe animals. In den Phi- 1of. Transact, Vol. LXIV, pı 205. — Obferva- tions of certain parts ofthe anımaloeconomy, London 1786, 4: * 480 — ‘ben zu der Folgerung geleitet, nicht das Fliegen, fondern das Athemholen [ey die Abficht, war- ‚um. der Schöpfer der Natur den meilten Runochen der Vögel einen folehen Bau ertheilt habe. Bevor wir,die Gründe erwägen, welche diefe ausgezeichneten Männer zu diefer doppelten Behaup- tung bewogen, wobey vielleicht der Unterf[chied nicht fo 'großs ilt, alsıhe ihn [elbft , darin fanden *), mülfen wir diefen Knochenbau etwas näher be- trachten. Bey *) Indem Algemeen Magazijn van Weetenschap, Konft en Scmaak, Amfterdam, bey Meyer’s Erben u. Warnars, Deel 1. S. 978-990, finder man eineNieuwe Theorie wegens het vliegen der vogelen, volgens de grondbeginfelen der A&rofta tica, aan denHeer Opperconfiftoriaalraad Gedike door J. R.Forfter, Diefe ganze Theorie gründet fich auf die damals herr- fchende Idee, ‚die Luft, werde beim Achemholen phlogitti. firt, nehme fo an fpecifilcher Schwere fehr ab, und das müffe die Folge haben, dafs die Aır von Thieren,, wo, nachdem die Luft die Lungen berührt hat, und hierdurch phlogiftifirt worden ift, faf der ganze Körper damit ange- fülle wird, beträchtlich leichter, und zu natürlichen Mon- golfitren werden, ; Sie ift aber falfch, Denn erftlich wird die in die Lun- gen gekommene‘Luft nicht leichter, fondern fpecififch fchwerer. Wer kennt gegenwärtig nicht die Eigenfchaften der kohlenfauren Luft? Und zweitens, wie konnte, wenn man auch zugäbe, dafs fie durch diefe Phlogiltiirung wirk- lich leichter würde, diefes im Kopfe, wohin fie dringt, ohne durch die- Lungen zu gehen, Statt finden ? Was hierbey in Betrachtung kommen kann, ilt blos die thierifche Wärme, die auch fchon Camper aus diefem Gefichtspunkte betrachtete, — 4Bi ' Bey ins Menfchen und bey anderen Thieren befit: zen die Knochen da, wo fie dicker, als eine halbe Li: nie (ind, inwendig Zellen, die mit einem bligen Stof: fe, dem.fogenannten Marke, angefüllt find, Diefes findet auch bey vielen Vögelknochen Stätt} weit entfernt aber, dals fie alle init diefem Nülligen Fette verlehen (eyn follten,. findet man bey den tneilten nicht die geringfte Spur von dielem oder einem an- deren Stoffe, fondern eitiett leeren Raum, der, zur Vermehrung der Feftigkeit, blos hie und da mit kleis nen Querbalken von Knochenmalle beletzt ilt, Unterfucht man diele Knochen genauer, fo findet inah ferner, dals fie eine viel geringere eigenthümli: - che Schwere haben, als Knochen von derleiben Grö: fse und Dicke bey irgend einen vierfüfsigen Thiere; dafs fe minder gefälsreich, dals hie weilser, weniger hart und ftark, und endlich mit Öeffnungen verfehen find, die üunmittelbär in die Höhlungen der Knochen ficherltrecken, und dazu dienen, Luft einzulaffen, Mittelft diefer Löcher; und durch diefelben mits teift der ganzen Höhle des Knochens, gefchieht es, dafs die Lungen durch häutige Röhren mit ihnen in Gemeinlchaft fiehen. : Wer erinnert [ich hierbey nicht des ftarkei Auf: blafetis des Halfes bey vielen Vögeln, oder des loge: nannten Kropfimächehs, wehn he zum Zorne gereizt werden, oder von dein Feuer des Gelchlechtstriebes entglühen? Vielleicht aber wird nicht jeder dabey ah die bäutigen Säcke gedacht haben, wörin diefe Arch. f.d. Phyf. VI: B: III, Heft: Hh Aus: 482 Ausdehnung blos durch. Anfüllung mit 'folcher- Luft, die in das Knochengebäude übergehen foll, verur- facht wird. Bey einigen Thieren [cheint falt das ganze Knochensebäude zur Unterhaltung der ge- dachten Gemiin chaft zu dienen, wie z. B. bey dem Adler, wo vielleicht nur die Hälfte der un- teren Gliedmalsen (denn auch der Schenkelknochen wird mit Luft angefüllt) mit demgewöhnlichen Kno- chenmarke verlehen ift. _ Es giebt ihrer aber auch, wo nur einige Knochen zur Aufnahme der Luft die- nen, worunter befonders unfere gemeinen Vögel ge- hören. Faft bey allen jedoch ift der erfte Knochen - der Flügel hohl und zur Einlaflung der Luft einge- vichtet, den Straufs, den Cafuar, und einige andere, ausgenommen, und zwar dergeltalt, dafs, ob- gleich bey dem Straulse der Schenkelknochen mit den Lungen in Verbindung fteht, und er aus diefem Grunde mit Luftlöchern ver[ehen ift, der Armknochen deren ganz und gar keine belitzet. Was das Becken der Vögel betrifft, fo muls ? ich, wiewohl auch dieles bey vielen nicht der Aufnah- me der Luft gewidmet ilt, doch bemerken, dafs die Luft, die in delfelben Zellen eindringt, auf einem ganz anderen Wege, alsdurch die Lungen, in dallelbe geführt wird. Hinter dem weichen Gaumen nemlich befindet fich die Oeffnung einer Röhre, die fich auf beiden Sei- ten in die Euftachilche Gehörtrompete endiget. Durch diefe gelangt die Luft unmittelbar ins Becken, und geht bey vielen fogar durch einen belonderen Kanal bis zu 483 bis in die fich erweiternden Zellen des Unterkiefers hinein, Bey dem Rhinocerosvogel (’Buceros Rhino- “ceros Linn. ) findet man befondere Röhren , die Zwar mit der Euftachifchen Gehörtrompete in keiner Gemeinfchaft ftehen, aber hinter dem weichen Gau- men eine [olche Lage haben, dafs die Luft durch diefelben [ehr bequem in ihre geräumigen Behälter übergehen kann, Nicht alle Luft enthaltende Knochen alfo (tehen init den Lungen in Zulammenhang; ein Umftand,, der uns bey der Prüfung der ver[chiedenen Meinungen eines Camper und Hunter belonders wird zu Statten kommen. Fürs Erfte wollen wir nach jeuem Zulammenhange forfchen, und ihn durch Ver[uche beftätigen. Man darf in diefer Abficht nur, nachdem man die äufseren Bedeckungen zer[chnitten hat, in einen der Luft führenden Knochen, z. B. in den erften Kno- chen der Flügel, ein Loch bohren, und dann die Lungen aufblalen , worauf diefe eingeblafene Luft [o. gleich einen Ausweg durch den geöffneten Knochen finden wird, Umgekehrt kann man die Luft durch "ein Loch im Armbeine eindringen laffen, und man wird fehen, dafs ie, nachdem lie zuvor die Lungen h angefüllt hat, fich einen Weg durch die Luftröhre bahnet, welches nicht gefchehen könnte, wenn es zwilchen denLungen und dielen Höhlungen keine Ge- meinfchaft gäbe. Hha 3 Man 484 N Man braucht aber bey diefem einen, nach dem Tode kunftmälsig angeltellten Verluche nicht ftehen zu bleiben. Chernak’s Bemerkungen zufolge *), haben [chon Camper und Hunter den Durchgang der Luft durch Knochen, jener durch das Armbein, diefer durch den Schenkelknochen, bey atheinho- lenden Thieren wahrgenommen, welche Verfuche ich vor etwas über einem Jahre Willens war, zu wiederholen und zu beltätigen. Ich bin zwar durch vielerley Gefchäffte daran verhindert worden, kann aber veriichern, dafs mir ein fcharffinniger Natur- forfcher inBremen, Namens Albers **), hierin zuvor- gekommen ift, und vortreffliche Bemerkungen dar- über mitgetheilt hat. Für die Wahrheit der Sache indellen ift es gleich viel, weın die Ehre der Entdeckung gebührt. Diele aufzuklären, und fie durch einen mir eigenen Ver- {uch zu beltätigen, ift meine Ablicht. Man durchbohre demnach an irgend einem Vo- gel, nachdem man die äufseren Bedeckungen, die ınan zuvor von den Federn entblölset, durchgefchnit- ten hat, das hohle Armbein ungefähr in der Mitte [ei- ner Länge, jedoch mit der Vorlicht, dafs man diefe Operation auf dellen äulserfter Oberfläche verrichtet, um eine Verletzung beträchtlicher Blutgefälse und Nerven zu verhüten. Hat man Lult, [o verfahre man nit | *) Differtatio de Respirarione animalium, ‚Gro- ningae,, 1773. ®*) Verfuche über das Arhemholen der Vögel, von P. A, Albers, in feinen Beiträgen, S, 107 fgg. mit dem Armbeine der andern Seite auf dielelbe Weile, / 5 ‘ Hat man nun die Gemeinfchaft zwilchen der Aufsenluft und der Höhle diefes Knochens oder bei- der Knochen zu Stande gehracht, [o drücke man die Luftröhre zulammen, und verhindere auf diefem Wege den Zutritt dieler Flülfigkeit zu den Lungen, ; Nach meiner Erfahrung gelingt dieles am belten mit Hülfe einer Handfchraube, deren fich Silber- fchmiede und andere Handwerker bedienen, um kleine Gegenftände feftzuhalten. Da nun die Luft auf dem gewöhnlichen Wege nicht ınehr eindringen kann, fo müfste das Thier nothwendig in kurzer Zeit eben [o erfticken, wie Gehängte nach dem Zufchnüren des unglücklichen Stranges in einigen Augenblicken ihres Lebens ver- luftiig find. Aber nichts weniger, als diefes. Das Thier fcheint nicht nur keine befondere Befchwerde von dieler Operation zu leiden, [ondern es lebet [o lange ungeltört fort, als die in dem Armbeine ge- machten Oeffnungen nicht verltopft werden. Ja ich bin überzeugt, man könnte es dureh eine fchickliche Behandlung fo weit bringen, dafs, nach aufgehobe- ner Wirkung der Luftröbre, das Leben ungehindert fortdauerte, Sollte jemand noch einen Zweifel über diele Sa- che Hegen, fo wird er durch den Verfuch, den ich fo eben machen will, gehoben werden. Sie "486 RR | | Sie (ehen, meine Herren, dafs, ungeachtet bey diefer Ente die Luftröhre [o dicht verfchloffen if dals auf diefem Wege der Zutritt zu den Lungen dur chaus abgefchnitten ilt, es dem Thiere dennoch nicht an Luft gebricht, fondern fie in hinlänglicher Menge durch diefe künftlichen Oeffnungen erhält. Wir haben allo den augenfcheinlichen Beweis, dafs die Luft wirklich durch das hohle Armbein in die Lungen dringt und dafelbft die nemlichen Verän- derungen erfährt, als wenn fie durch die Luftröhre ihren Zugang; findet. Vier Beweile bieten fich uns dar. Der er[te ift die abwech[elnde Bewegung der Bruft und des Bauches. derjenigen gleich, welche bey dem gewöhn- lichen Athemholen Statt findet, Den zweiten An- den wir in demTone, den die in die kleinen Oeffnun- gen der Armbeine eindringende Luft von fich giebt. Der dritte liegt darin, dafs die Flamme eines Lich- wes angezogen und zurückgeftolsen wird, wenn wir eine dünne Röhre auf eines dieler Löcher [etzen, und diefe der Flamme nahe bringen. Den vierten und ftärkften Beweis, wodurch fich unler Verfuch von al- lenbisherigen unter[cheidet, liefert uns der Zuftand der Er[tickung, worein wir das Thier durch die j Verfchlielsung dieler Löcher verletzen können. Dals übrigens die, auf diefem Wege in die Lun- gen gebrachte Luft die nemlichen Veränderungen er- fährt, als bey dem gewöhnlichen Athemholen, lei- det keinen Zweifel. Die Erltickung [elbft lehrt es offen — - 455 offenbar, und es kann unter andern auch durch das, was wir in einer andern Rede *) angeführt haben, unwiderleglich bewielen. werden. Denn das mit Kohlenftoff gefehwängerte Elut verliert, wenn es, aus Mangel an Sauerftoff, keine Gelegenheit findet, fich deffelben zu entledigen, fein Vermögen, das Ge- Fälslyftem zur Gegenwirkung zu reizen, wovon ein völliger Stillftand feines Umlaufs, und folglich eine gänzliche Zerftörung der Lebenskraft die nothwen- dige Folge ilt. Auch wirken unter diefen Umftänden fchädliche Luftarten gerade lo, wie wir es voriges Jahr bey dem gewöhnlichen Athemholen gezeigt haben, und wie aus den [chönen Verfuche des erwähnten Albers erhellet. ; Was hat man, nach dem Allen, vonCampe rs mit fo viel Gründen ausgeltatteten Meinung zu halten, als ob alle diefe Luftbehälter blos dazu dienten, die- fer Thierart zu ihrer Bewegung behülflich zu [eyn? In gewifler Rückficht ift fie über allen Widerfpruch erbaben. Nur Schade, dafs diefer vortreffliche Mann ihren zweiten “Nutzen verkannte, und der Natur bey diefer Organifation nur einen Zweck zufchrieb, da fie doch gewils eine doppelte Ablicht, Verminderung der Schwere, und für das Athem- holen gefchickte Vergrößerung der Oberfläche, da- durch erreichen wollte. ‘, . Dals P ®) $, Archiv £. Phyf, 6, Bd. $, 452. Dafs diefes in der That fo ift, fieht man befon- ders daraus, dafs bey vielen Vögeln Luftbehälter ge- funden werden, die nicht die geringfte Gemeinfchaft mit den Lungen haben, [o wie bey dem Taucan, dem Rhinacerosvogel, und vielen anderen, wo die Luft unmittelbar hinter dem weichen Gaumen in die von einander weichenden Blätter des Beckens eindringt, ja lelbft in befonders angebrachte Behält- nille aufgenommen wird, Wozu anders kann diefes Anfüllen mit Luft die» Ren follen, als um den Theil, worin fie aufgenum- men wird, leichter zu machen? So hilft bey dem Elephanten das kololfalifche Becken, welches zur Einpflanzung der Kaumuskeln von einer folchen Gröfse erfordert wurde, jene Vergröfserung der Ober: fläche durch eine unzählige Menge Luftzellen beför- dern. Denn beltände diefes Becken ganz aus Kno- ehenmaterie und aus zwifchenliegendem Marke; fo wären die daran hefeftigten Muskeln und das Nacken- band auf keine Weile im Stande, diele [(chwere Malfe zu regieren. Nun aber füllt die Luft jenen Raum aus, wo weder Knochenmaterie, noch Mark leyn darf, dringt durch die Nafenhöhle in denfelben ein, und findet auch auf demfelben Wege wieder ihren Ausweg. Wer zweifelt noch, dals, da such die verglei- ehende Zergliederungskunde uns mit ihrem Lichte vorgeht, diel[e Luftbehälter in der That dazu dienen, die eigenthümliche Schwere zu vermindern? Man mache ‘mir nicht den Einwurf ‚ dals, wenn es auf diefen Zweck ankam, der Straufs dielen Bau at- i "behren behren konnte. Denn, wer kennt nicht die fchnelle Bewegung, womit diefe Thiere wild fortfchie- ben? EineBewegung, woran Leute, die fich darauf fetzen wollen, durchaus gewöhnt feyn mülfen ‚ wenn fie nicht durch den Widerltand der Luft erlti- eken follen. Es ift indelfen auf der andern Seite eben fo unbe- zweifelt wahr, dafs diefe Behälter auch zum Athem. holen dienen, nicht wegen der Veränderungen, welche die Luft darin erfährt, fondern in der Rück- ficht, dafs fie bey ihrer gewöhnlichen Wirkung fowohl, als bey vorkommenden Erichwerungen, für diele Flüffigkeit, ohne die kein Leben beftehenkam, eine Vorrathskammer abgeben. Und wo finden wir wohl jene Erfchwerung am meiften? Sicher haupt- fächlich bey den [chnellen Bewegungen, wo die Vögel die Luft durchfchneiden. Man merke nur auf den Flug der Gänle, und man wird unlere Behauptung beftätigt finden. Verändern fie nicht, von der erlften bis zur letzten, beftändig den Ort? Nicht fowohl, una von Ermüdung fich zu erholen, als vorzüglich des- wegen, um, bey der,. durch heftigen Widerltand verhinderten freyen Ausleerung der Luft, erft durch eine minder [chnelle Bewegung, und dann durch allmähliges Annehmen der Stellung hinter ihren Vor- gängerinnen, für diele natürliche Wirkung gehörig. zu [orgen. Auch Hunters Meinung allo ift der Natur ge- mäls, Doch wie Camper’s Meinung (wenn es zär erlaubt ift,mich zwilchen diefen grolsen Männern zum ‚zum Schiedsrichter aufzuwerfen) auf der einen Seite -fich zu fehr und allein auf den Nutzen befchränkte, ‘den dieler Bau den Vögeln beim Fliegen leiftet: [o \ ‚hing Hunter auf der andern Seite zu (ehr an der Idee, das Athemholen [ey bey diefem Baue das Au- genmerk des Schöpfers gewelen. Beide Beftimmungen werden, durch eine und diefelbe Organifation aufs zweckmäfsigfte erfüllt; eine Organilation, die der Thierart, wo wir lie antreffen, vollkommen angemellen ilt, und die, fo wie die Natur hieryon überall die auffallendften "Beweife aufltellt, uns lehrt, wie einfach die Mittel find, deren [ich der Schöpfer der Natur zur Errei- chung [o grolser Zwecke zu bedienen weils. Ueber — 4gı Ueber die Grundkräfte, nach den Vor- ftellungen des Immanuel Kant, von Johann Rudolph Deimann, Med. Doce. zu Amfterdam. Aus dem Hollän* difchen überfetzt, von Joh. Aug. Schmidt, Med. Doc:.*) Kant war es, von dem, in feiner Kritik der reinen Vernunft, unfere Verftandeskräfte vollkommen gemellen wurden, und der unfern Vor- ftellungen bis in ihrem erften Keime nachlpürte. Er hat uns nicht nur die Quellen, woraus unlere Erkenntnifs Nielst, deutlich angezeigt, fondern auch mit mathematilcher Gewilsheit, die Grenzli- nien gezogen, worauf die Vernunft, wenn fie ihr Anfehen behaupten will, fich einfchränken mufs; indem alles, was jenfeit -dieler Grenzen liegt, kein Gegenltand unferer Forfchungen feyn kann. Der Weltweile von Königsberg allo ilt es, der den, in uns, als vernünftigen Welen, liegenden Vorrath von Erkenntnils in ein wohlgeordnetes Gan- ze brachte, und der dadurch den Grund zu einer Metaphylik legte, welche die Grundfätze aller möglichen Erfahrung, oder vielmehr, die Grund- fütze enthält, wodurch es uns Menfchen, in dielem Leben, *) Aus dem Magazyn voor deCritifche Wysgeer- ? te (Philofophie) en de Gefchiedenis van dezelve, door Paulus van Hemert, Derde Deels, Eerfte Stuk, gr, 3, Amfterdam, bey Schalekamp ( wahrfcheinlich 1800.) 492 PRRIBG: Leben, möglich wird,, Erfabrungskenntnils ’zu er- langen. N f Habe ich aber wohl nöthig, die Verdienfte _ eines Mannes aus einander zu [etzen, der durch [eine Schriften die Bewunderung von Europa geworden, und der auch unter unlern Landsleuten fchon als einer der tiefhnnigften Weltweifen bekannt ilt — ei- nes Mannes, der, in feiner Kritik der reinen Vernunft, auf achttındert Seiten mehrgründliche Philofophie lehrte, als alle, feit Ari[toteles dar- über gefchriebene Bücher zulammen in lich fallen ? — Meine Abficht geht gegenwärtig blos dahin, meine Zuhörer einige Augenblicke mit der Betrachtung ei. nes Gegenl:andes zu befchäffiigen , der nicht allein mit Kants Philofophie in Verbindung fteht , [ondern worüber er auch, [owobhl in [einerKritik derrei- nen Vernunft, alsin [einenmetaphyliflchen Anfangsgründen der Naturwilfenf[chaft, das meilte Licht verbreitet hat, Ich meine die Unterfuehungder ver[chiedenenKräfte, die wir in der Natur antreffen, ob, und in wiefern [ie unter gewill[e allgemeine Grundkräfte gebracht, oder davon her geleitet werden können? Der Schauplatz der Natur, worauf wir uns, neblt einer unendlichen Zahl von Welen, befinden, fcheint durch eine [o geheime Zauberkraft regiert zu werden, dals, aller Forfchungen der [charffin- nigften Naturforfcher ungeachtet, die verborgenen Triebfedern, wodurch alle diele Er[cheinungen her- vor- — 493 vorgebracht werden, noch unbekannt, und wie mit einem dichten Schleier bedeckt find. Durch die un- ‚überfehbare Kette von Urfachen und Wirkungen ermüdet, und gleich/am betäubt, fragt hier der denkende Weltweile: - Durch welche Kraft wirken denn die Elemente der Dinge? Durch welchen Kunft- griff der Natur werden lebende Welen organilirt, Körper gelchaffen, und Körper zerftöxt? Sind die zannichfaltigen Erfcheinungen, die wir in den ver- fchiedenen Reichen der Natur antreffen, und die uns, fo zu fagen, auf allen Seiten umgeben, Erzeugniffe ‚fo vieler befonderen Kräfte? Wie kommt es, dafs. alle diefe Kräfte beftändig im Gleichgewichte blei- ben? Warum werden die [chwächeren nicht von den ftärkeren verdrängt? Welches ilt das allgemei- ne Mittel, die Regel, wornach fie wirken? Welche Ausnahme leidet die[e bey der unendlichen Verlchie- denheit ihrer Wirkungen? Oder ift es eine einzige Grundkraft, eine alle Matefie bildende Kraft, die, auf unendlich verfchiedene Weile modificirt, die Natur gleichl/am befeelt, alle Erfcheinungen in der Natur darltellt, und den fo unendlich: verfchiedenen Welen Geltalt und Eigenfchaften ertheilt? — Diefe und viele andere Fragen, die fich uns, bey der Erforfchung der Natur, auf eine ganz eige- ne Art darbieten, eröffnen ein weites Feld zu fehr ‚änterellanten Entdeckungen. Wie aber die Natur ihre geheimen Wirkungen [elbft vor dem Auge ihrer ver- trautelten Lieblinge zu verbergen pflegt, Io ftofsen ‚aueh dem Scharflinnigften Naturforfcher auf diefem Woge 494 5 a, Wege der Unterfuchung Schwierigkeiten auf, die vielleicht auf immer ein Hindernis [eyn werden, dafs man nicht bis zu Be erften Urfachen aller Din- ge hindurch dringen kann. — Allein das muls uns ‚nicht abhalten, mit unermüdetem Eifer den gehei- ınen Gang der Natur zu verfolgen. Jeder Schritt vorwärts öffnet neue Auslichten; jede neue Entde- ckung bahnt den Weg zu vielen anderen. Um indeffen bey der Unterfuchung einer fo wichtigen Sache ‘einen fichern Weg einzufchlagen, und um die eben gethanen Fragen mit aller Genauig- keit zu beantworten, wird es nöthig feyn, Folgen- des voraus zu [chicken. Was ift Materie? oder vielmehr, ift die Materie thätig, oder verhält fie fich leidend? Ift fe ein wirkendes, oder ein unthä- tiges Princip? Eins von beiden läfst ich nur denken. —In dem letzten Falle ift man genöthiget, ein anderes thätiges Princip, ein Principium hylargicum, eine Welt[eele, eine Natur, anzunehmen; da in dem erften Falle unterfucht werden muls, worin denn eigentlich die Thätigkeit der Materie be- ‘ftehe. — Ohne mich bey den ver[chiedenen Meinun- gen aufzuhalten, die in den Schulen der Weltweilen. über die Eigen[chaften der Grundltoffe vorgebrach, wurden, wende ich mich fogleich zu der Beantwor- tung der Frage felbft. Dals bey aller Erfahrungskenntnißs, und alfo auch bey der Kenntnifs der Natur, eine reine Erkenntnis, oder eine Erkenntnils a‘ priori, zum Grunde hiegt, wozu man durch Befolgung der reinen Geletze des j Ver- we 455 Verltandes gelangt, oder, mit andern Worten, dafs alle unfere Erkenntnils, die wir durch Erfahrung erlangen, fich auf gewiflfe allgemeine philofophifche Grundlehren oder Principien gründet, worauf ei- gentlich das Gebäude unferer Erfahrungskenntnifs zuhrt— das hat Kant, in [einer Kritik der rei- nen Vernunft, deutlich gezeige. Wir müllen demnach nothwendig unterfuchen, wie vielen An- theil die reine Vernunft an dem Begriffe hat, den wir uns, erfahrungsmälsig, von der Materie ma- chen.,— Dieles ift ja die Quelle, woraus alle Me- taphylik der Naturwiflfenfchaft gefchöpfe werden muls, i Man hat fich zwar diefer metaphy[iflchen Grundfätze in der Naturwilfenfchaft bisher immer „bedient, und bedienen mülfen, um den allgemeinen Naturgeletzen, z. B. in Betreff der Bewegung, der Undurchdringlichkeit, der Trägheit, u. [. w. Ge- wilsheit zu geben: allein man hat ihren Urfprung und ihre Gewilsheit nicht hinlänglich erforf[cht, undeben deswegen hat manreine Grundlätze und Er- fahrungsgrundfätze nicht [elten mit einander ver- wechfelt. Da indeffen hieraus in der Naturwillen- Ichaft Unbeltimmtheit und Ungewifsheit entftehen müffen, fo kann es dem Naturforfcher nicht anders, als aufserordentlich angenehm [eyn, die reinen Grund- fätze von den Erfahrungsgrundfätzen unterfcheiden zu können; und auch biezu hat Kant in [einen zmetaphyliichen Anfangsgründen der Na- turwilfen[chaft den Grund gelegt, Er hat die Vor- 496 I ; Vorftellung, die wir, erfahrungsmäfsig, won der Materie,haben, den reinen Naturgefetzen zufolge zergliedert, und hieraus dasjenige hergeleitet, was wir, im Allgemeinen und von vornher;, von der Materie willen können, N Es würde mich zu weit von meinem Zwecke entfernen, undihnen vielleicht Langeweile mächen; wenn ich hier tiefer in die Metaphyfik der Natur: wilfenfchaft eingehen wollte. Um indellen meinem Vortrage mehr Deutlichkeit zu geben, will ich ei: nige allgemeine Kantilche Sätze mittheilen, und Sie in der Folge auf unfern Gegenltand anwenden. Die einzige Vorftellung, die ich unfer Verltand 'von der Materie, in fofern fie ein Gegenftand unlerer finnlichen Währnehmüng ift, machen kant , ift das Vorhandenleynhin einem Raume. Da nun, einenRäum einnehmen, Io viel bedeütet, als; verhin- dern, dals eine andere, lich bewegende Mäterie, in diefen Raum eindringe: fo folgt, dals die Materie, in fofern fie einen gewillen Raum einnimmt, eiher andern Materie, die in dielen Raum einzudringen fucht, lich widerlerzet. Nun aber ilt die Frage: worin belteht dieler Widerftand der Materie? verhält Ge fich leidend, oder thätig dabey? — Um diefe Frage zu beantworten, will ich folgende Kanti: fche Sätze näher entwickeln: 1) Die Materie nimmt einen Raum ei, nieht durch ihre blofse Gegeuwärt,; fondern durch eine bewegende Kraft, Das ‘ N Das Eindringen in einen Raum, oder das Belftre- ben einer Materie, in einen [chon befetzten Raum ' einzudringen, ilt eine Bewegung, und der, einer > Bewegung entgegengeletzte Widerftand ilt die Ur- - Sache, wodurch diefe Bewegung vermehrt wird. Da _ nun einer Bewegung nichts wider[tehen kann, als ei- ne Bewegung in entgegengeletzter Richtung: [o mufs folgen, dals der Widerltand, den die Materie in einem Raume, den lie einnimmt, einer andern ein, dringenden Materie bietet, eine Urfache der Bewe- ; gung in entgegengeletzter Richtung ift. — Nun aber nennt man die Urlache einer Bewegung bewegen- de Kraft. Folglich muls die Materie ihren Raum durch eine bewegende Kraft, und nicht blos durch ihre Gegenwart, einnehmen. Die meilten Philofophen " haben die Eigenfchaft der Materie, ihren Raum ein- zunehmen ‚Dichtheit (Solidität) oder Un- “ durchdringlichkeit genannt, Nun läfst Gch _ zwar aus diefer Eigenfchaft der Materie. erklären, warum in einem Raume, der durch eine Materie eingenommen wird, nicht zugleich eine andere Sub- [tanz vorharden feyn kann. Allein, warum eine " Materie mit Bewegung eine andere ohne Bewegung _ nicht aus dem nemlichen Rauıme verdrängen könne, h erhellet keinesweges aus der Undurchdringlichkeit "der letzteren; wohl aber, dals, um der Undurch- dringlichkeit willen, die Materie, fo lange die Be- wegung des eindringenden Stoffes fortdauerte, aus einem Raume in den andern getrieben werden wür, " Ferner müfste man in dielem Falle annehmen, Archiv f. d. Phy/. Vi. B, III. Heft. Ti dals 498 ns, dafs bey der einen Materie, die in den Raum einzu- dringen [ucht, eine bewegende Kraft vorhanden [ey,, indefs die andere, ohne bewegende Kraft, jener blos dureh ilıre Undurchdrin;lichkeit Widerltand biete. Die Anwendung diefes metaphyfilchenLehr- Satzes auf die Naturwilfen[chaft würde ficher grofse Verwirrung verurlachen. Denn man fieht aufs deut- lichfte, dafs die Undurchdringlichkeit, die man bisher für eine wefentliche Grundeigen[chaft der Materie hielt, vermöge welcher fie ihren Raum ein- nimmt, “allein auf der bewegenden Kraft der Materie felbft beruht, wodurch fie verhindert, dafs kein. anderer, fich bewegender Stoff in ihren Raum eindringen kann. Und, da diefe Eigenfchaft der Materie, die Undurchdringlichkeit, blos auf die Leiltung des Widerftandes fich gründet: [o verdient die letztere mit Recht den Namen einer Grundkraft der Materie. 2) Die Materie nimmtihrenRaum durch diezurückftolsendeKraft aller ihrer Theile ein, das ilt, durch eine, ihr befon- ders eigene Ausdehnungskraft, die einen be- £timmten Grad hat, über den hinaus man fich diefelbe kleiner und gröfser ins Unendliche den- ken kann, Wir haben gefehen, dafs die Materie durch eine bewegende oder zurückftofsende Kraft ihren Raum einnimmt, Dafs inde[len diefe zurück/[tofsende Kraft auf alle Theile der Materie, die fich in einem ge- gebe- | _— 499 gebenen Rauıne befindet, wirke, ergiebt'fich von h Solbft aus diefer Vorftellung; denn es würde fouft | ein Teil diefes Raumes unbeletzt, und eine Art von Lücke bleiben. Da nun die, allen Theilen einer Materie eigene zurückftofsende Kraft eine Ausdeh- nungskra ft genannt wird: [o folgt, dafs die Ma- terie ihren Raum einnimmt, durch eine ausdehnende Kraft, die ihr welentlich zukommt, und als eine Grundkraft der Materie anzulehen ift. Dafs indellen. diefe ausdehnende Kraft, ihren beftim:M :n Grad ha- be, über und unter welchem noch verfchiedene Grade denkbar find, ift eine leicht zu erweilende Sache. Eine gegebene Kraft, über die hinaus fich keine größere denken lielse, würde eine [olche [eyn, die, in einer endlichen Zeit, einen unendlichen Raum ‚ durchliefe; und das ift unmöglich. Eben fo müffen - auch unter einer gegebenen bewegenden Kraft noch unendlich kleinere Grade denkbar ieh; weil der P kleinfte eine [olche Kraft [eyn würde, wodurch alle bewegende Kralt aufhören mülste, oder, mit andern Worten, wodurch die Materie aufhören würde, ‚ei. nen Raum einzunehmen, und mithin aufhörte,, Mate- Tie zu feyn. Folglich muls unter jedem gegebenen "Grade einer bewegenden Kraft noch ein kleinerer 4 denkbar feyn. Es hat daher die Ausdehnungskraft, " wodurch die Materie ihren Raum einnimmt, einen ) Grad, der nie der gröfste und’ nie der kleinfte ift, ; "fondern über und unter welchem fich noch unendlich (größere und kleinere denken laflen. > Li i2 Diele 500 — Diefe Ausdelinungskraft einer Materie nennt an in der Naturwiffenfehaft Elaftieität ‚„ oder. Federkraft. Da nun jene der Grund jft, worauf das Einnehmen eines Raumes, als eine welentliche Ei- genfchaft aller Materie, beruht: fo muls diefe, die Federkraft, uranfänglich feyn; denn fie kann von keiner andern Eigenf[chaft der Materie hergeleitet werden. Alle Materie alfo ilt urlprünglich elaftifch. 3) Die Materie kannins Unendliche zu- fammrngedrückt, nie aber vonirgend einer Materie, [lo grols auch ihre zu- fammendrückende Kraft [ey, durch- drungen werden, Diefer Satz läfst ieh aus dem Vorhergehenden leicht beweilen. Eine uranfängliche Kraft, wodurch eine Materie fich aulser dem gegebenen Raunie, den . fie einnimmt, noch weiter auszudehnen [ucht, mufs, wenn fie in einen kleineren Raum eingefchloffen ift, grölser, und, ift fie in einen unendlich kleinen Raum zulammengepreflst, unendlich feyn. Nun kann es für eine beftimmte ausdehnende Kraft der Materie | eine größere zulammendrückende geben, die die- felbe in einen engern Raum zulammenpreßst, und [o ins Unendliche, Um jedoch durch eine Materie völ- lig durchzudringen, das heilst, um fie in einen un- endlich kleinen Raum zulammen zu drücken, dazu würde eine unendliche Kraft erfordert, welches un-" möglich if. Denn, da wir gefehen haben, dals in dem Maafse, wie der Raum der ausdehnenden Kraft abnimmt, ihr Widerftand zunimmt: [o läfst lich kei- ne L” — 5o1- ne zulammendrückende Kraft denken, welche die- "fen zunehmenden Widerftand ganz überwinden könnte. Auch würde die Materie mit der gänzli- ‘chen Vernichtung ihrer Grundkraft aufhören, Mate- ‚rie zu[eyn. Naeh dem mathematif[chen Begrif- fe der Undürchdringlichkeit, der keine uranfäng- liche bewegende Kraft bey. der Materie zuläfst, ift keine Materie für das Zulammendrücken empfäng- lich, als nur in lofern, dafs fie leere Zwilchen- räume enthält. Diefer Vorftellung zufolge ift die Materie, als Materie, für kein Zulammendrücken empfänglich, mithin ablolut undurchdring- lich. ' Da indeflen aus dem Vorhergehenden deutlich erhellet, dafs die Undurchdringlichkeit blos auf der zurückwirkenden Kraft der Materie [elbft, (die zwar durch eine zufammendrückende Kraft in ver- ‚fchiedenen Graden vermindert, nie aber ganz über- wunden werden kann), und folglich auf einem, in der Natur vorhandenen Grunde beruht: [o mufs auch das Einnehmen des Raumes nur als eine rela_ tive Undurchdringlichkeit der Materie be- trachtet werden *). Die %) Ich begnüge mich, unter den verfchiedenen elaftifchen f Flüffigkeiten, die ich hier als Beifpiel anführen könnte, an die gemeine atmofphärifche Luft zu erinnern, Diefe läfst (ich durch Zufammenpreffen in einen engern Raum zufammendrücken, Wem aber ift es unbekannt, dafs in demfelben Verhälrniffe auch ihre ausdehnende Kraft grö- fser wird, und endlich dergefralr zunimmt, dafs fie fich aller ", ferneren zufammendrückenden Kraft widerfetzer, und folg- lich aur eine relative Durchdringlichkeit befitzer ? r v 502 — Die mathematifche, oder abfolute Un- durchdringlichkeit ift, nach Kant, in der That weiter nichts, als eine qualitas oeculta.— Fragt man: Was ift die Urfache,, dafs die Materien, bey ihrer Bewegung, nicht durch einander hindurch- dringen können? [o ilt die Antwort: Weil fie un- durehdringlich find. — Nimmt man hingegen eine bewegende Kraft bey der Materie an, und erklärt man hieraus die Undurchdringlichkeit: fo hat man wenigftens einen Begriff von einer thätigen Urfache, ‚und von den Geletzen, wornach die Wirkung, nem- * Jich das Bieten des Widerltandes in dem ausgefüllten Raume, nach [einen verf[chiedenen Gründen und Re- geln, fch berechnen läfst. Diefe Grundkraft der Materie indeflen, worauf “ihr Wefen und ihre Undurchdringlichkeit beruht, und ohne die wir uns keine Vorltellung von der Ma- terie, als einem Gegenltande der Sinnenwelt, ma- chen können, ift nicht die einzige welentliche Grund- kraft der Materie. Die Möglichkeit der Materie er- heifcht noch eine zweite welentliche Grundkraft, und das ift die Anziehungskraft. Wir haben oben gezeigt, dafs die Ausdehnungs- kraft der Materie eine befondere Modifikation ihrer | zurücktreibenden Kraft ift. — Nun ift nichts leich-| ıer, als darzuthun, dafs eine wef[entliche bewegende | Kraft, wodurch die Theile einander zurückltolsen, erftlich, nicht nur durch fich felbft nicht be- fchränkt werden kann, ( denn, vermöge dieler Kraft, bat die Materie immerfort ein Beltreben,} ‚den — 503 den Raum, den fie einnimmt, zu vergröfsern), [on- dern zweitens auch, nicht durch den Raum [elbft. Dieler kann zwar den Grund in fich enthalten, dafs» bey zunehmender Ausdehnung, die ausdehnende Kraft in einem umgekehrten Verhältnilfe [chwächer wird: allein, da eine gegebene Bewegung, wovon immer noch kleinere Grade möglich find, niemals die Urfache werden kann, dafs diefe Kraft ganz auf- hört, fo würde die Materie, blos durch ihre ausdeh- nende Kraft, wenn ihr keine andere bewegende Kraft widerftünde, fich ins Unendliche zerftreuen, und’‘in keinem beftimmten Raume vorhanden [eyn; aller Raum würde leer f[eyn, und es folglich keine Materie geben. — Die Materie erfordert alfo zu ih- rem Daleyn eine zulammendrückende Kraft, die der ausdehnenden Kraft widerltehet. Diele widerftehende Kraft darf man nicht als ur- fprünglich in einer andern Materie [uchen, weileben diefe, um Materie zu leyn, eine zulammendrückende Kraft, als Grundkraft, befitzen, mufs. Es muls daher irgend eine uranfängliche Kraft der Materie da leyn, die, in einer, der Ausdehnungskraft entgegengeletz- ten Richtung, wirket, und wodurch die Materien näher an einander gebracht werden — und diele ilt die Anziehungskraft. Da nun diefe Anzie- hungskraft zum Wefen der Materie, als Materie, er- fordert wird: [o kann man fie keiner befonderen Art yon Materie zufchreiben ; fondern fie mufs über, haupt jeder Materie, und zwar urfprünglich, zuer- kannt werden. Es erhellet demnach aufs deutlich- Ite 504 — _ fte, dafs alle Materie eine uranfängliche Anziehungs- kraft, als eine, zu ihrem Welen Be Grund- Kraft, befitzen muls, Eben fo, wie wir gelehen haben , dafs mit aus- dehnender Grundkraft allein keine Materie als mög- lich gedacht werden kann, und dafs die Materie ohne anziehende , oder widerftehende Kraft, fich ins Un- endliche zerftreuen würde: fo ift es auch unmöglich, fich eine Materie vorzultellen, die blos Anziehungs- kraft, und keine zurückltolsende Kraft, belitzet, weil alsdenn das Gegentheil Statt finden‘ würde. Die Anziehungskraft würde, wenu fie allein wirkte, und keinen Widerltänd fände, [o lange fortwirken, bis fie die Materie in einen mathematifchen Punkt zulammenzöge — das ift, der Raum würde leer und keine Materie darin [eyn. Da indelfen eine Eigenfchaft, worauf die inne- re Möglichkeit eines Dinges beruht, etwas Welent- liches an demfelhen ausmacht: fo muls auch folgen, dafs fowohl die zurückftofsende , als die anziehende Kraft, zum Wellen der Materie gehören, und dafs, in dem Begriffe der Materie, fie nicht von einander getrennt werden können, Die Möglichkeit der Grundkräfte, fagt Kant, begreiflich zu machen, heilst, etwas Unmögliches fordern, Eben deswegen nennt man fie Grund- kräfte, weil fie von keinen anderen hergeleiter, das ift, nicht begreiflich gemacht werden können, Diefe, aus dem Welen und der Grundeigen- fehaft der Materie bergenommene metaphyfifche Ent- wicke- = us 505 wiekelung der Grundkräfte, worin ich ganz dem Philufophen von Königsberg gefolgt bin, wird binlänglich feyn, uns zu überzeugen, dafs die Materie, auf deren Eigenfchaften und Kenntnils die ganze Naturwiffenfchaft gebauet ilt, ein wirklich „thätiges Princip fey. Ich übergehe alle fernere Anwendung, die Kant von diefen feinen metaphyfifchen Grundfätzen auf die Naturwillenfchaft gemacht hat, und beant- worte in der Zeit, die mir noch übrigilt, die Fragen: Sind die übrigen Kräfte ‚ die wir bey den zulammge- fetzten Welfen antreffen, untergeordnete, von dielen beiden allgemeinen Grundkräften der Materie her- rührende Kräfte? Sind die mannichfaltigen Erfchei- nungen, die wir in der Sinnenwelt antreffen, Wir- kungen einer allgemeinen Grundkraft, die, unter ver[chiedenen Umftänden ver[chiedentlich modifiirt, fo viele, von einander unter(chiedene Erzeugnilfe darltellt, die, nach Maafsgabe ihrer befonderen Zu- \fammenletzung und Bildung, ganz verfchiedene Ei- genfchaften befitzen? Ift die Bildungskraft, ift die allgemeine Lebenskraft organifirter Welen, die Wachsthum und Leben durch die ganze Natur ver- breitet, und deren Wirkungen unendlich verfchieden find, eine, von der allgemeinen Grundkraft der leb- kofen Natur abftammende Kraft? Läfst ich, in der thierifchen Oekonomie, die [onderbare Wirkung der Nerven und Muskeln blos aus der anziehenden und zurückftofsenden Kraft erklären? Oder müllen wir hier ganz andere Kräfte annehinen ? y Unfere 506 — Unfere reine Vernunft, deren Welen Allgemein- heit ift, und die eine Neigung befitzet, aus den All- gemeinen befondere Folgen herzuleiten, um den Stoff der Anfchaunng zu der höchft möglichen Einheit zu bringen, oder, mit anderen Worten, um die ver- fchiedenen Vorftellungen des Verftandes unter einen allgemeinen Begriff zu bringen, und dadurch der Erfahrungskenntnifs und den Vorftellungen des Ver- Standes einen wohlgeordneten Zufammenhang zu ge-' hen, verlangt auch hier, wie bey aller möglichen Erfahrungskenntmils, eine (yftematifche Einheit, und folglich eine allgemeine Grundkraft, von der alle übrige, als [o viele befondere Arten, hergeleitet werden können, Da indeffen die Vernunft nicht entfcheidenkann, ob ein folcher regelmälsiger Lehrbegriff von Kräften in der Natur vorhanden [ey, und dieles erlt, auf dem Wege der Erfahrung, durch den Verltand unterfucht “werden mülste: [o begreifet man leicht, dafs diele Vernunfteinheit nur ein logifches, dazu beftimmtes Princip ilt, wo möglich, die mannichfaltigen Kräfte in ein Syftem zu bringen. Der berühmte Kant hat, in feiner Kritik der reinen Vernunft, diefen Vernunftgebrauch deutlich entwickelt, und gezeigt, dals er auf folgenden drey Grundlätzen beruht: Erftlich, auf dem Princip der Allgemeinheit; zweitens, auf dem Princip der Verlfchiedenheit; drittens, auf dem Princip der Verwandtfchaft, Mittelft des er[ten trachtet die Vernunft, alle mögliche Erfcheinungen, die wir in der Natur an- treffen — 507 treffen — alle belondere Kräfte, die wir an den ver- fchiedenen Welen entdecken — unter den Begriff ei- ner einzigen Grundkraft zu bringen, um dadurch zu einer [yftematifchen Einheit, zu einem regelmälsigen Ganzen, zu gelangen. , Mittellt des zweiten, des Princips der Verfchiedenheit, fteiget die Vernunft vom All- gemeinen zum Befonderen herab, und bemüht ich, unter dem Befonderen noch neue Befonderheiten, un- ter dem mannichfaltigen [chon Bekannten neue Ver- Ichiedenheiten, unter den Arten noch Unterarten zu entdecken, um dadurch den Reichthum der Kennt- nils zu vermehren, und dem Syftem der Krätte eine grölsere Ausdehnung und mehr Vollftändigkeit zu ‚geben. Das dritte, das Princip der Verwandt- [chaft, fetzet die beiden vorhergehenden in Verbin. dung; denn die Vernunft fucht, indem fie zu der angenommenen allgemeinen Grundkraft hinauflteiget, und zu den befonderen Arten und Unterarten der Kräfte herabfteiget, die verfchiedenen Beziehungen der Verwandtfchaft, welche die befonderen Kräfte zu einander und zu der allgemeinen Grundkraft ha- ben, zu beftimmen; und dadurch in ihrer Vorftellung das ganze Syltem der Kräfte zu vollenden, und ihm Einheit zu geben. Auf diefe Art bildet fich die Vernunft aus den werf[chiedenen Kräften, die wir bey [o unendlich man- nichfaltigen Erfcheinungen, in der organifchen und nichtorganilchen Natur, antreffen, ein vollftändiges Ganze; 508 PRO Ganze. — Und wiewohl man nicht ohne Grund eine folche f[yftematifche Einheit in der Natur annehmen kann, weil die Vernunft hierin nicht willkührlich zu Werke geht: [o ilt fie dennoch nicht aus der Natur gelchöpft, fondern die Vernunft, die diefe höchlte Einheit in fich [elbft enthält, und dadurch ihre er- habene Abkunft zu erkennen giebt, läfst, weil fe mit Gegenltänden der Erfahrung nicht in unmittelbarer Verbindung fteht, den Verftand mit der Natur zu - Rathe gehen, und auf dem Wege der Erfahrung fein Urtheil darüber fällen, indem in dielem Stücke unfe- re welentliche Kenntnifs immer mangelhaft bleibet, fo lange uns nicht die Erfahrung Gewilsheit darüber gegeben hat. ) Bs ift hier nicht nöthig, weitläuftig aus einander zu fetzen, wie grols hierin der Nutzen der Vernunft fey, um den drey genannten Grundlätzen, dem der Allgemeinheit,. der Ver[chiedenheit und der Verwanmdt[chaft zufolge, einenPlan zu ent- werfen, dem gemäls der Verftand, mittellt der Er- fahrung, eine [yltematifche Einheit in der Natur muls _ ausfündig zu machen fuchen. Alle unfere Naturfor- [chungen gelchehen nach einem Plane, den wirbe- folgen, wenn wir unfere Verfuche anftellen. Und alle die mannichfaltigen Entdeckungen, die.in den ver[chiedenen Fächern der Naturwillenfchaft gemacht wurden, verdanken wir diefem lo 8 ilchen Gebrau- che der Vernunft. Fragen wir nun, in wiefern die Erfahrung bisher den Forderungen der Vernunft Ge- nüge gethan habe, und was wir mit Gewilsheit von der | — og der [yftematifchen Einheit der verfchiedenen Natur- kräfte willen: [o antworte ich, [o viel die Kürze der Zeit es noch zulälst, Folgendes darauf. Ziehen wir die Erfcheinungen, die wir in der nichtorganifchen Natur gewahr werden, mit.einiger Aufmerklamkeit in Erwägung: [o entdecken wir bald, dafs die meilten derfelben fich leicht aus der allgemeinen Grundkraft erklären laffen, und dafs die befonderen Umftände, unter denen die ver[chiedenen Kräfte wirken, auch ver[chiedene Zufammenfetzun- gen der Körper, worin und worauf fie wirken, ja felbft eine grofse Verfchiedenheit der Wirkungen, zur wahrnehmbaren Folge haben. Allein bey nähe- rer Unterfuchung, und bey forgfältigerer Zergliede- xung der Umftände, macht man die [o deutliche Ent- deckung, dals die Geletze, wornach fie wirken, mit den Geletzen der zurückftolsenden und anziehenden Kraft vollkommen übereinftimmen , und dafs fich folglich die Erfcheinungen aus der allgemeinen Grundkraft der Materie erklären laflen. \ j Um jedoch nicht das Anfehen zu haben, als ob ich eine oberflächliche Fetrachtung an die Stelle der Beweife [etzen wollte, will ich wenigftens noch der bekanntef ten allgemeinen Naturerf[cheinungen erwäh- nen. Dahin ilt zu rechnen: Erftlich, die beltändige Neigung der Körper, fich gegenleitig zu nähern, und einander in weiten Entfernungen anzu- ziehen, Dieles ift die grolse und allgemeine Er- Scheinung, die wir überall in der Sinnenwelt wahr- neh- 510 f nehmen, und die bey den Naturforfchern unter dem Namen der Schwerkraft oder der Anzie- hungskraft bekamnt ift. ‚ Diefe Erfcheinung erkireckt fich auf alle Aichtba- re Gegenftände der Natur. — Die Theile der felten Körper hängen zulammen, und widerftehen ihrer Trennung. Auch die Flülfgkeiten laffen fe‘: nicht fcheiden, fondern verwandeln fich in Tropfen. . Das Licht, beuget ich, wenn es bey grolsen und felten Körpern vorbejgeht. Das Meer erhebet lich gegen den Mond. Diefer wird durch eine anziehende Kraft an die Erde, und die Erde wieder mit allen übrigen Planeten an die Sonne gefelfelt — ‘dergeltalt, dals in dem ganzen Laufe der Himmelskörper immerfort das Geletz einer unaufhörlichen Neigung zu gegenlei- tiger "Anziehung [eine Herrfchaft ausübet. Diefe allgemeine Erfcheinung,, die an allen feften und Nüffgen Körpern, an grolsen und kleinen, an von einander entfernten und fich berührenden Kör- pern, nicht nur auf der Erde, fondern auch am Him- mel, 'wahrgenommen wird, betrachtete der unlterb- liche Newton als das allgemeine Princip der Be. wegung, ohne fich zu rühmen, die wahre Urfache diefer Erfcheinung entdeckt zu haben. Und in der That, aus der Undurchdringlichkeit der Materie liels Gie lich auch nicht erklären. — Newton — dielfer, durch Genie und Befcheidenheit gleich grofse Kenner der Natur — [chlug den gewillen Weg der Erfahrung ein. Aus übereinftinnnenden Verfuchen und Beobach- tungen leitete er allgemeine Geletze her, und be- ftimmte, Ti 5ıı ftimmte, unbekümmert über die verborgenen Urfa- ‘chen dieler Erfcheinung, mittellt der erhabenften 'Hülfsmittel der Geometrie, die Folgen dieler Ge- letze für diejenigen Fälle, wo es an unmittelbarer Er- - fahrung fehlte. — Auf dielem nachabmungswürdi- gen Wege beftimmte er das Geletz der allgemeinen Anziehungskraft für unfere Erde und für den Mond, und zog daraus die Folgerung, diefes nemliche Geletz lalle fich auch auf das ganze Sonnenl[yltem anwen- den. — Und mit welcher bewundernswürdigen Rich- tigkeit [eine Folgerungen mit dem wirklichen Laufe -und der Beweguug der Himmelskörper übereinftim- men, das haben zu [einem unlterblichen Rulıme, fpätere Entdeckungen hinlänglich beftätiget. — Da zun Newton bey der Materie eine [olche Anzie- hungskraft angenommen, und als die einzige Urfa- che diefer allgemeinen Naturer[cheinung angelehen hat, uud wir [o eben bewielen haben, dafs die Ma- terie eine anziehende und zurück/[toflsende Kraft, als welentliche Grundkraft, befitzet: [o erhellet aufs deutlichfte, dafs die allgemeine Anzie- hungskraft der natürlichen Körper eine modihcirte Wirkung der Grundkräfte der Materie [elbft ift. Die zweite allgemeine Naturerf[chei- nung ift die gegenfeitige Verwandt/[chaft der chemilchen Grund[toffe. Unter diefer Benennung verfteht man die befondere Neigung der Grundftoffe, fich unter gewillen Umftänden, mit an- dern gleichartigen und ungleichartigen Stoffen innig zu verbinden, und in diefer Verbindung einen Kör- per 512 — per darzuftellen, der ganz andere Eigenfchaften be- kommt, als die Beftandtheile an und für ich bela- fsen. — Ohne mich gegenwärtig auf die Beftim- mung aller der befondern Grade der Verwandtl[chaf- ten, und der unendlich verfchiedenen Modifikatio- nen einzulalfen, die durch eben fo viel Umftände, darin entftehen können, bemerke ich nur, dafs die- fe befondere Fähigkeit der Grundltoffe , einander vorzugsweile anzuziehen , und unter veränderten Umftänden, fich wieder zurückzulftolsen, und neue Verbindungen einzugehen, das grolse und allgemei- ne Mittel ilt, welches die Natur ununterbrochen zu ihrer Erhaltung anwendet, um durch immerwäh- rende Auflöfung und Zufammenletzung der Grund- ftoffe immer neue Wefen zu [chaffen: fo dafs kein Theilchen der Materie in der Natur verloren geht, und wir allo mit Ovid fagen können: Nec peritin tanto quidquam, mihi credite, mundo: Sed variat faciemque nova. — — Diele Verwandtfchaft der Grundltoffe ift es, wor- auf die Scheidekunft , und alle damit verwandte Wiffenfchaften fich gründen. Alle Zerfetzungen und Zufammenletzungen, alle Kunftoperationen der Ma- terie, und die dabey wahrnehmbaren Erfcheinun- , gen, hängen blos von dieler befonderen Eigenlchaft der Grundftoffe ab; und es ilt eine ausgemachte Wahrheit, dafs in dem Maalse, wie man in der Kenntnils der chemifchen Verwandtfchaft und ihrer belonderen Geletze weiter kam, - auch die Verbefle- rung ee 513 zung, chemifcher Operationen anfehnliche Fortfchrit- te machte. Dafs indellen diefe befondere Kraft der chemı- fchen Grundftoffe als eine belondere Modifikation der allgemeinen Anziehungskraft anzul[ehen [ey, das haben nicht nur Newton, Taylor, Buffon, und andere grolse Natwrforfeher [chon vermuthet, fon- dern es ift auch von den berühmtelten Naturfor- Ichern unlerer Zeit als eine, auf unumftößsliche Be- weile gebauete Wahrheit behauptet worden. — Da nun, wie wir gefehen haben, die allgemeine An- ziehungskraft der Körper eine Modihkation der we- fentlichen Grundkräfte der Materie ift: [o erblicken wir auch hier wieder die Meilterhand der Natur, die im Stande ift, durch ein einfaches allgemeines Princip fo viele und [o unendlich verfchiedene Wir- kungen hervorzubringen. Die dritte allgemeine Naturerf[chei:= nung ift die magnetilche Kraft. — Hierunter verlteht man die befondere Eigenl[chäft mancher Na- tur- und Kunftprodukte, das Eilen an fich zu zie- hen und zuruckzultolsen,. — Die fonderbaren Er- fcheinungen dieler Flülfigkeit, worüber ich Sie [chon bey einer andern Gelegenheit unterhalten habe, wa- ren zu auffallend, als dals hie der Aufmerklamkeit ‘der Naturforfcher hätten entfchlüpfen Tollen, — Eine Reihe von Forfchungen gab Gelegenheit zu der richtigen Entdeckung , dafs die magnetifche Kraft ein Mittel wurde, den Seefahrer äuf dem un» ‚ermelslichen Ocean licheren Pfades zu -geleiten. Archiv, fd. Phyf, VLB 111, Heft: Kk Und, 514 — | | Und, ob wir gleich, alles Forfchens ungeachtet, ' die eigentliche Natur und die Beftandtheile diefer elaftifchen Flüfügkeit nicht kennen:- fo haben wir doch alle Urfache anzunehmen, dafs fie, wie ande- re feine Flüffgkeiten, nur eine befondere Modihika- tion einer allgemeinen Flüffigkeit ift. Wenigftens ilt kein Grund da, warum bier die Natur von ihrer allgemeinen Regel der Sparfamkeit abweichen Sollte, — Dem [ey aber, wie ihm wolle, fo viel ift gewiß, alle Wirkungen der magnetifchen Materie rühren von einer anziehenden und zurückftolsenden Kraft | her, und find, in diefer Hinficht, vollkommen identilch mit den welentlichen Grundkräften der Materie, Die letzte allgemeine Naturer[chei- nung, die wir noch zu betrachten haben, ift die Elektrizität. — Diefe, durch die ganze Natur | verbreitete Flülfigkeit, deren Entdeckung die Ge- fellfchaft fo viele unzuberechnende Vortheile zu ver- |] danken hat, ift, ihrer Wirkung nach, zu bekannt, als dafs ich nöthig hätte, ein Wort darüber zu [a- gen. — Auch handelte ich in einer andern, hier ge- \ Erfcheinungen, die wir an diefer Flülfgkeit wahr- nehmen, fich aus einer anziehenden und zurück- manchen Körpern durch den Druck der Luft zulam- menprellen lälst, und dadurch jene erltaunende Wir- — 515 irkungen verurfacht, die wir fo oft in der Nasur ewahr werden — da endlich, nach der Meinung er neuern Chewilten, diefe Flülfigkeit aus andern chemiichen Erunditoffen zulammengeletzt zu [eyn. cheint, und folglich, aus diefem Grunde, den Ge- etzen der chemilchen Verwandtflchaft eben fo un- Iterworfen ift, wie das Licht und der Wärmeftoff: | fo dürfen wir nicht zweifeln, die elektrifche Flüf- figkeit ilt eine befondere Modilikation der Grund- kräfte der Materie. Da nun faft alle Erfcheinungen und Wirkungen, die wir in der nichtorganifchen Natur antreffen, von den eben genannten allgemeinen Naturerfchei- nungen abhängen, und wir zugleich, wie in einem Ueberblicke, gefehen haben, dafs die letzteren als ‚J£o viele befondere Modihkationen der allgemeinen 'Grundkräfte der'Materie können betrachtet wer- den: fo läfst ieh hieraus überhaupt abnehmen, in ‚| wiefern der Verftand, ‚mittelft der Erfahrung, der -| Vorftellung, die .fich die reine Vernunft von der [y- ‚| ftematifchen Einheit der Naturkräfte macht, ent- Sprochen hat. —. In der organifchen Natur indeffen | giebt es noch ganz andere Kräfte, die von den wor-.- hergehenden [ehr verlchieden Gind, und die auch nach ganz andern Geletzen wirken — ich meine die allgemeine Lebenskraft im Thier- und Pflanzenreiche. — Hier fragt man mit Recht: in wiefern ftehen diele Kräfte in Verbin- dung mit den allgemeinen Grundkräften der Mate- ‚| zie? Wo ift bier der Uebergang von der nichtorga- Kka nilchen 516 Be nifchen zu der organilchen Natur, von der Bildung der Folfilien zu der Bildung der Pflanzenkörper, und von dielen zu der thierifchen Organilation ? Die Beantwortung diefer Frage, und die Ent- wickelung der darin liegenden Begriffe ver[pare ich "bis zu einer andern Gelegenheit, und [chliefse die } gegenwärtige Abhandlung mit folgender allgeınei- | nen Bemerkung, L “ ’ Je mehr wir die Einrichtungen der Natur unter- | fuchen, und den grolsen Plan, wornach fie wirket, einigermalsen kennen lernen, defto mehr Schönheit, Ordnung und Regelmäfsigkeit entdecken wir in al- | len ihren Verrichtungen, und defto mehr werden wir überzeugt, dafs alle Erfcheinungen, die uns auf | dem greinzenlolen Schauplatze der Sinnenwelt um- geben, Wirkungen fehr einfacher Principe‘ find, und dafs die [cheinbaren Verwirrungen , die wir, | bey einer oberflächlichen Betrachtung, zuweilen an- | zutreffen glauben, bey genauerem Forl[chen fich in die [chönfte Harmonie auflöfen — Wohin wir un- | (ern Blick werfen, worauf wir unfere Gedanken richten, da finden wir überall, [elbft in den klein- ften, dem unbewaffneten Auge entfliehenden Dingen, eine unaufhörliche Thätigkeit — überall: Urfachen und Wirkungen, Mittel und Zwecke fo genau gegen | einander abgemellen, [o regelmäfsig ihr Ziel, die Einheit erreichend, dafs wir, [o zu [agen, gezwun- gen werden, darin die Fulsftapfen einer allweilen} Vorfehung zu verehren, und entzückt auszurufen: Be 517 Het hemelrond, deze aarde, en’ rui- me pekelveld, En heldre maan, en zon, en [terren ) nooit geteld, t Wordt alles door een’ gee[t vervuld, gevoed, bewogen, Die’ E groot geltel bezielt, verborgen vooronze oogen*). *) Di, Der Kreis des Himmels, die Erde und des Welt- meers weite Fläche, das Mondlicht und die Sonne, und der Sterne nie gezähltes Heer, Alles wird von Einem, ‘des Sterblichen Auge verborgenen Geilte, der Seele des = gtofsen Ganzen, beleber, genahrt, bewegen Ift 518 Ift die Lebenskraft im Thier- und Pflanzenreiche der allgemeinen Gruhdkraft der Materie unterge- ordnet,oder ilt fie eine eigne Grund-] "kraft? von Joh. Rud, Deimann, Med. Doc«“ in Amfterdam*). A: ich, im vorigen Winter, eine Vorlefung hielt, | über die allgemeinen Grundkräfte der Ma- terie, und darin zeigte, dafs die zurückftofsende | und anziehende Kraft die einzigen und welfentlichen | Grundkräfte find, ohne welche wir uns keine Ma- terie denken können, und dafs alle übrige Kräfte, die wir in der nichtorganilchen Natur an den zu- | “fammengeletzteren Körpern wahrnehmen, als lo viele befondere Modifikationen diefer allgemeinen Grundkräfte müllen betrachtet werden, verf[prach ich, über dielen Gegenftand weiter nachzudenken, und zu unterfuchen, ob und in wiefern man Gründe| hat, anzunehmen, dafs auch die Kräfte, die wir bey den organifchen Welfen antreffen, als fo viele befondere Modifikationen der beiden allgemeinen| Grundkräfte der Materie anzufehen find? ob mithin] die Lebenskraft, die im Thier- und Pflanzenreiche fo eigenthümliche Erfcheinungen hervorbringt, und] die nach ganz andern Geletzen zu wirken Icheint,| eine, ®) Ans van Hemert’s Maga’. voor de Eritifche Wysgeerte, IVde Deels Ifte Stuk, 180% —— Sıg eine, der allgemeinen Grundkraft der Materie un- tergeordnete Kraft ift, oder ob wir genöthiget find, hier, um die vorkommenden Erfcheinungen zu er- klären, eine befondere, blos den organilchen We-_ fen eigene relative Grundkraft anzunehmen ? Ich känn nicht leugnen, ich kannte anfangs nicht alle die Schwierigkeiten, welche die Behand- lung diefes. Gegenltandes mit fich bringt, und die fieh in dem Maalse vermehrten, wie fich meine Ge- danken mehr damit befchäfftigten. Wer einige Kenntnils von diefem Theile der Naturwilfenf[chaft hat, wird gern zugeben, dals auf diefem Wege des. Forlchens Sich Schwierigkeiten hervorthun, die uns vielleicht auf immer abhalten werden, in die Ge- heimnilfe der Natur einzudringen. — Die Er[chei- nungen, die wir in der nichtorganilchen Natur an- treffen, unterfcheiden fich von denjenigen, welche die organifche Natur liefert, lo [ehr, dals es faft unmöglich fcheint, zwilchen beiden eine Verbin- dung, einen Zulammenhang zu vermuthen, [o [ehr "auch Vernunft und Einheit es zu erfordern [cheinen. In der todten Natur herrf[cht ein Art von ein- förmiger Wirkung; und die Veränderungen, wel- che die Gegenltände erfahren, gefchehen langlam, und durch Urf[achen von aulsen. ; In der lebenden Natur hingegen ift alles thätig alles zweckmälsig zulammengekettet, eine unauf- hörliche Hervorbringung und Zerftörung von Welen, die, von-dem Augenblicke ilırer Entftehung an, bis zu dem Punkte ihrer Zerftörung, durch einen un- unter- 320 — unterhrochenen Strom von. Abwechlelungen und Veränderungen fortgetrieben werden, Die Gegenftände, welche die nichtarganifche Natur unferer Betrachtung darhietet, find. weniger zufammengeletzt, und lallen fich leichter unterfu-) chen und zergliedern. Die unermüdeten Bemühun- gen der Natur’or[eher haben uns fogsr den Weg ge- bahnt und uns die Mittel kennen gelehrt, die Natur in der Zulammenfetzung vieler-nichtorganifcher Kör- per nachzuahmen, und folglich die Erfcheinungen, die fich bey ihrer Zerlegung und Zulammenfetzung hervorthun, glücklich zu erforfchen. Eine ganz andere Belchaffenheit hingegen hat es mit den Gegenltänden der organilchen Natur, Hier it alles, bis auf die kleinften Theile, aus Or- ganen zufammengeletzt, die fo regelmälsig und in der engften Verbindung auf einander wirken,. dafs die menfchliche Vernunft außer Stande zu feyn feheint, die erften Triehfedern zu entdecken, wel- che Hsele unepdlich verf[chiedenen Organe in Bewe- gung letzen; dergeftalt, dals alles unfer Beftreben, die Natur der lebendigen Materie zu unter[uchen, fruchtlos zu feyn fcheint, weil alles, was die Mi- fchung und Form dieler Materie verändert, auch die Erfcheinungen des Lebens verändert, und, [o zu Sagen macht, dafs die todte Natur an die Stelle der lebenden tritt, ; Wir treffen in der organifchen Natur die nemli- ehen Grundftoffe an, worans die nichtorganilchen Körper beftehen: allein fie (ind mit ganz anderen Ei- gen- | ü | 1 | | 521 genlchaften und Kräften ausgerüftet, Die nemlichen Grund(toffe, woraus in der nichtorganifchen Natur ' der rohe Klumpen zufammengefetzt ilt, zeigen (ich uns bey den lebenden Wefen als Beftandtheile . der feinften Or;ane, als Beftandtheile einer reiz- baren Muskelfafer, oder eines emphndlichen Ner- ven, Woher der [onderbare Wechfel der Geltalten? Woher die Alles bildende Kraft der Materie, die, durch eine ver[chiedene Vermifchungurd Zufammer- fügung der Grundftoife, hier einen rohen Klumpen, und dort ein empfind'iches Sinnorgan bildet? Durch welchen befonderen Kunftgriff der Natur gelfchieht hier der unmerkliche Uebergang von dem ungebil- deten zu dem gebildeten Wefen, Oder, wo haben wir die Grenzlinien zwilchen beiden zu ziehen? — Was für ein weites Feld der Betrachtung breitet fich hier in der Ferne vor unferem Geifte aus! Aber zu- gleich, welche Schwierigkeiten, die Natur auf die- fen dunkelen Wegen zu verfolgen, und, wo möglich, fie in ihrer geheimen Werkftatt zu belaufchen! — Ich liefs mich indelfen, um mein Verfprechen zu erfüllen, durch alle diefe Befchwerden nicht ab- fehrecken, und ich [chmeichele mir, meine Zuhö- rer werden meine Bemühungen mit Nachlicht be- urtheilen. Damit unfere Unterfuchung einen regelmäßigen Gang nehme, ift es nöthig, zuyörderft folgende zwey Fragen zu beantworten: erklich, was ilt Kraft? und zweitens, was verfteht man un- ter Lebenskraft? Es \ 922 Re ar - Y © Es ift vielleicht kein Wort, das öfterer gebraucht wird, und dem [o verfchiedene Bedeutungen beige- legt werden, als das Wort Kraft. Bald verlteht mar darunter die belondere Eigenfchaft eines Körpers gewilfe Erfcheinungen darzultellen; bald denkt man fich dabey eine feine Flülfgkeit, welche die Körper durehftrömt, und ihnen gewille Fähigkeiten (ver- mogens) ertheilt; bald wiederum verwechfelt man ein gewilles Kraftvermögen mit der Kraft [elbft. Meiltens aber betrachtet man Kraft als etwas, das, von der Materie unter[chieden, für fich felbft befteht, und das man der Materie als etwas Objectives zu- fchreibet. i Zu den mannichfaltigen, bisher noch nicht genug erkannten Verdienften, wödurch der unfterbliche Kant fch auf immer in den Jahrbüchern der Philo- fophie als ein tiefdenkender Weltweiler ausgezeich- net hat, kann man auch mit Recht denjenigen Theil feiner Kritik der Vernunft rechnen, wo er die reine Vorftellung Kraft aus den ur[prünglichen Stammbegriffen unferes Denkvermögens hergeleitet, und wo er uns gelehrt hat, dafs die Vorftellung Kraft eine zulammgeletzte a priori ilt, derenBe- ftandiheile* ( deelvor/tellingen) Ach in die Stamm- begtiffe des Selbfltftändigen und des Ur[äch- Ii 2 hen auflöfen. Ohne mich jetzt aufdie Unterfuchung des $SelbL[t. ftänligen, des Urfächlichen, und der Ge- meinf:haft, oder der gegenleitigen Wir- Kung einzulallen;, ohne dem grolsen Kant auf fei- . ner EB 523 ner Bahn der Forfchungen zu folgen, und Ihnen zu "zeigen, wie er die reine Vorltellung Kraft aus den “ genannten Stammbegriffen hergeleitet hat, fchränke ich mich auf folgende Bemerkungen ein. Denken wir uns etwas Selbfiftändiges dergeltalt in Gemein- fchaft mit etwas Zufälligem, dafs wir uns däs Eine als den Grund des Andern vorftellen, und wenden wir hierauf ‚den Stammbegriff des Urfächlichen an, fo dals wir in unferer Vorftellung das Eine als Ur- flache, das Andere als Wirkung anlehen: fo ilt diefes Verhälmifs, welches wir uns zwilchen Urfa- che und Wirkung denken, gerade das, worin der Kantilche begrif Kraft befteht. Oder, um uns die Sache mehr auf die Erfahrung angewandt vor- zuftellen, denken wir uns zwey Naturer[cheinun- gen in einer folchen Verbindung, dafs die.eine den Grund der andern in fich enthält, und fie mithin als Urfache und Folge in Wechlelwirkung mit einander - ftehen, dann bilden wir aus dem Verhältnille, aus der Gemeinfchaft diefer zwey Erfcheinungen mit einander, den Begriff Kraft. So nennen wir z B, die Fähigkeit (eigen/chap) eines Körpers, andere Körper an [ich zu ziehen, in dem Moment der An- ziehung, Anziehungskraft, und drücken da- durch aus das Verhältnifls zwilchen dem anziehen- den Körper, als Grund, und der Erfcheinung der Anziehung als Folge. Wir [ehen alflo [chon aus diefem Wenigen, dals der Begriff Kraft erftlich ein zufammengeletzter Begriff a priori ift, hergeleitet aus den Deukfor- men 524 — men unferes Verftandes; zweitens, dals er ein transcendentaler Begriff ift, der, angewandt auf Erfabrungsgegenltände, Erfahrung möglich macht - ein Begriff, wodurch alle Erf[cheinungen in der Natur, wie Glieder einer Kette, in eine gewille Verbindung, in einen Zufammenhang gebracht wer- den, und der 'allo in den Erfcheinungen felbft feine Wirklichkeit (daadlijkheid) findet — und endlich drittens, dafs der Begriff Kraft ein [ubjektiver Begriff ift, der eine Handlung unfers Verftandes an- zeiget, wodurch wir uns die Verbindung der Natur- erfcheiningen als Urfache und Wirkung denken, und dadurch Einheit und Zulammenhang in die Na- tur bringen, Es ift bey der Naturforfchung, von der äufser- ften Wichtigkeit, diefen Punkt vor Augen zu haben; um defto mehr, da, wie wir bereits bemerkt haben, viele berühmte Naturforfcher fich die Idee Kraft. als etwas Objektives vorftellen, und mithin ihre Vorftellungen in die Materie hineintragen. Daher die Menge Hypothefen, wodurch man die Erfchei- nungen des Lebens in der organifchen Natur zu er- klären fuchte. Man bildete nemlich aus Materie und Kraft zwey verlchiedene Begriffe, und [ah nicht ein, dafs Materie und Kraft der Materie Ein und Daffelbe ift. Wenn nun, wie wir gefehen haben, der Begriff Kraft in der Vorftellung von dem Verhältnilfe zwi- [chen Grund und Folge lieget: fo kann man fich, nach Anleitung der reinen Grundlätze von Möglieh- keit, / \ — 525 keit, Wirklichkeit und Nothwendigkeit, diefen Grund als möglich, als wirklich, oder als nothwendig vorltellen. In dem erften Falle nennt man ihn Kraftvermögen, im zweiten Kraftäufserung, und im dritten Naturkraft oder Naturgeletz. Meine zweite Frage war: Wasift Lebens- kraft? Es hiefse in der That, Ihre Geduld mis- brauchen, wenn ich hier Ihre Aufmerkfamkeit mit einer anatomilchen und naturhiftorifchen Betrach- tung des Baues und der verlchiedenen Zufammen. ! fetzungen der organifchen Welen belchäfftigen, wenn ich alle die Erfcheinungen verfolgen wollte, die wir an den lebenden Welen wahrnehmen, und wo- durch fie [ich 'nicht nur von der nichtorganifchen Natur [o merklich unter[cheiden, fondern wodurch auch jede Art von lebenden Welen lich vor allen übrigen auszeichnet, Ich würde mich von meinem _ eigentlichen Ziele weit entfernen, wenn ich Ihnen das unbefchreiblich Kunltvolle und Zweckmälsige fchildern wollte, welches wir, bey einer aufmerk- famen Betrachtung, in der thierifchen Haushaltung wahrnehmen, und wodurch jede Art vollkommen ihrer Beftimmung entlpricht. Zu meinem gegen- wärtigen Zwecke wird es genug leyn, Folgendes zu bemerken. ı) Jeder zufammengefetzte Körper, er fey or. ganifch, oder nichtorganifch, zeiget bey der Zer- legung leiner Beftandtheile eine befondere, blos die-- fem Körper eigene Milchung und Geltalt der Mate. zie, 5 > a 526 AR ua h xie, die in diefer Verbindung bey keiner andern, Art von Körper gefunden wird, Gleichfalls lehrt die Erfahrung, dafs die Erfcheinungen, die man bey den verf[chiedenen Arten zulammengeletzter Körper wahrnimmt, zulammengenommen, etwas \ Befonderes haben, wodurch hie fich von der ganzen Summe der Erfcheinungen anderer Körper deutlich unterfcheiden laflen, 2) Die organilchen Wefen unterfcheiden fich von den nichtorganilchen nicht allein durch eine vollkommmere Milchung und eigenthünliche Ver- bindung der Materie, "und die davon abhängende Form und Geltalt der Beftandtheile, die für fo viele unendlich kleine, dem gewaffneten Auge unfichtbare Organe gelten können, [ondern wir entdecken auch an den organifchen Welen Erfcheinungen, wodurch fie fich in mehr als einer Hinficht von den nichtor- ganilchen Körpern unter[cheiden. 3) Eine Reihe von Verfuchen und Beobachtun- gen hat gelehrt, dafs, fobald hey einem Körper, er [ey organifch, oder nichtorganifch, die Mifchung und Geltalt der Beftandtheile fich ändert, auch un- mittelbar eine Veränderung in den Erf[cheinungen dieles Körpers wahrgenommen wird. — Die Er- fcheinungen alfo, die zulammengeletzte Körper lie- fern, ftehen in unmittelbärer Verbindung mit der befonderen Art, wie dieler oder jener Körper zu- fammengeletzt ift; oder vielmehr, die Er[cheinungen haben ihren Grund in der Zufammenletzung desjeni- gen Körpers, woran fie wahrgenommen werden. — Hier- — 927 Hieraus folgt “denn auch , dafs die Erfcheinun- ‚gen, welche die organifchen Welen liefern, ihren Grund haben müffen, in der befonderen Mifchung und Vereinigung der Materie, und in der, dayon ' abhängenden Zufainmenfetzung der Organe. Da nun bey jeder Art von lebenden Welen befondere und eigenthümlicbe Erfcheinungen wahrgenommen werden, fo muls bey jedem derlelben eine eigen- tbümliche Mifchung und Vereinigung der Materie» und eine befondere Bildung der Organe Statt fin- den *). | 4) Wir finden nicht nur, dafs die Erfcheinun- gen, die man an den befonderen lebenden Welen wahrnimmt, fich merklich: von einander unterfchei- den, fondern auch, dafs diefer Unterfchied in den befonderen Theilen eines und de[felben Gegenftan- des Statt findet. Es muß folglich in den befonderen _Theilen eines und deflelben Gegenftandes eine be- fondere Form der Organe vorhanden leyn. — Da indellen alle Erfcheinungen eines lebenden Welens ‘mit einander in Verbindung [tehen, und’ alle Thä- tig- *) Einer der berühmteften Aerzte unferer Zeit, der Pro- feffor Reil, har, in einer eigenen Abhandlung über die Lebenskraft, diefen Gegenftand mit fo viel Scharffinn behandelt, dafs ich nicht umhin kann, feinen Verdieniten hier öffentlich zu huldigen. Er war der Erite, der diefe Sache aus dem rechten Gefiehtspunlire betrachtes te, oder der wenigftens die eriten Winke gab, dafs die Lebenskraft in den Eigenfchaften der Mareiie zu luchen fey, Siehe deffen Archiv für die Phyfioiogie, Band I, ’ 928 tigkeiten der befonderen Theile dergeftalt einander untergeordnet find, und fo zweckmälsig zufammen. wirken, dafs dadurch der Hauptzweck und die Be- fümmung des Welens erreicht werden: [fo müllen auch die verfchiedenen Organe in den befonderen Theilen des Gegenftandes in einer [olchen Verbin- “dung ftehen, dals lie regelmäfsig auf einander wir- ken können. Diefes könnte man eigentlich die Or ganilation eines lebenden Welens nennen; und in diefer Organifation mülfen wir den Grund von der ganzen Summe der Erf[cheinungen eines le- benden Gegenftandes fuchen, 5) Alle Erfcheinungen eines lebenden Gegen- ftandes, die fich nicht aus den phyfifchen und che. mifchen Eigenfchaften der Materie erklären lallen, nennt man gemeimiglich organilche Kräfte; und zu diefen geuören die bildende Kraft, die Reizbarkeit der Muskelfaleın‘ und die der Nerven. Der erlten [chreibet män die Bil- dung der Organe zu, der zweiten die Erfcheinun- gen der Einpfindung und der wilikührlichen Bewe- gung. Da indeffen weder die Muskelfalern, noch die Nerven irgend eine Erfcheinung von Kraft oder von Lebensbewegung därftellen, ohne zuvor durch eine, ihrer Natur und ihren Eigenfchaften angemel- fene Reizung angetrieben zu [eyn: fo kann man, dem Unterfchiede zufolge, den wir oben zwilchen Kraftvermögen und wirklicher Kraft feft- geletzt haben, den Organen nicht die letztere, [on- dern nur das erftere zufchreiben, Die Muskelfafer 2, B, Sch 529 2. B. enthält zwar in fich den möglichen Grund Bewegungen hervorzubringen: allein, foll fie diefes wirklich thun, und folglich Kraft äulsern, fo ' muls fie durch eine gewifle Reizung dazu angetrie- ben werden. 2 6) Da endlich die Erfcheinungen der in Thätig- keit ‚geletzten organifchen Fähigkeiten die eigentli- chen Lebenserfcheinungen darltellen: fo lälst fich daraus fehr leicht der begriff des Lebens und der Lebenskraft herleiten. Leben neın- lich ift das Refultat der Verbindung der verfchiedenen Reizemitden organifchen Kraftvermögen; Lebenskraft hingegen ilt die Wirkung diefer Verbindung, oder viel- mehr, dem oben angegebenen Begriffe von Kraft zu- folge, der Begriff von dem Verhältniffe zwifchen der Wirkung der Organe als Grund, und den Lebenser[cheinungenals Folge, oder als Wirkung. , Unter Lebenser- Icheinungen verliehen wir alie die Thätig keiten, die wir bey einem organifchen Wefen von dem Augenblicke [einer Ent ftehung an, bis zudem Augenblicke [ei- ner Zer[törung, wahrnehmen, und wo. von feine Fortdauer und [ein Daleyn ab- hängt, vermöge dellen es nicht nur fich Telbft entwickelt, und dem genoflenen nährenden Stoffe eine eigenthümliche ‚und mit feiner Natur übereinltimmende - Form und Geltalt giebt, londern auch Archiv. f. d, Phyf, VI, B. 111, Heft, Ll [eine 530 — [eine eigene Art forıpflanzet, und mit hin bey allen Veränderungen, denen es unterworfen ift, doch der Vergänglich- keittrotzet. Und hieraus folgt, dafs nicht nur bey jedem organilch.n Wefen eine unendliche An- zahl verfchiedener Lebenserfcheinungen wahrge- ' nommen wird, fondern auch, dals, nach Maaß- gabe der verfchiedenen und mehr zulammengeletz- ten Zwecke der organil[chen Welen, die Lebenser-: fcheinungen fich ins Unendliche vervielfältigen. Wie einfach find nicht, zum Beifpiel, die Lebenser[chei- nungen der Pflanzenkörper, wenn wir fe mit den Lebenserf[cheinungen der Thiere vergleichen! Welch‘ | eine Anzahl verfchiedener Thätigkeiten wird nicht erfordert, um das Leben eines Thieres auch nur einen Augenblick zu verlängern! Und wie geringe | ift diefe Zahl von Erfcheinungen in Vergleichung mit denen, die ünferen gewaffneten Sinnwerkzeu- | gen entfliehen! — Wenn wir.indellen behaupten, dafs alle diefe ‘Erfcheinungen , die, zulammen genommen ‚jede belondere Art von organifchen Welen charakterifi- xen, ihren Grund haben in der Verbindung der or- ganilchen Kräfte mit den natürlichen Reizen: fo _ verltehen wir ‘unter diefer. Verbindung eine gegen- feitige Wirkung zwifchen den Kräften der Organe und den Kräften der Reize, wovon die Lebenser- [I fcheinungen die Folge oder die Wirkung find. Wir |l fagen mit Fleils, eine gegenleitige Wirkung, um dem Misverltande vorzubeugen, als.ob, wie Einige 31 — 5 Sinige fich einbilden, die Organe. hierbey lich lei- .dend verhalten, und folglich alle Wirkungen von der Wirkung der Reize abhängen. In der Folge werden wir Gelegenheit haben, die hierauf fich be- | ziehenden Ideen.weiter aus einander zu [etzen. | Inzwilchen bemerken wir, dafs der von uns aufgeftellte Begriff von Leben und Lebenskraft ich nicht nur au: alle lebende Welen anwenden läfst, fondern auch die Unterfcheidungszei- chen zwifchen Pflanzen und Thieren in Sich fchliefst. “ An organifehen Kräften befitzen die Pflanzen blos die bildende Kraft und die Reizbarkeit der Muskelfafer, indem fie, nach neuern Beobachtun- gen, nicht mit Nerven begabt find. In Anfehung ' der reizerregenden Dinge, fehlen den Pflanzen auch die, als Reize zu willkührlichen Bewegungen wir- kenden Vorftellungen. Das Pflanzenleben allo ift das Relultat der Verbindung der bil- denden Kraft und der Reizbarkeit der: Muskelfafer mit den natürlichen Reizen. Das thierilche Leben hingegen ift das Reful- at der Verbindung aller organifchen raftvermögen mit den verfchiedenen atürlichen Reizen, Aus Allem, was wir bisher über Leben und ebenskraft gefagı haben, erhellet, dafs die ebenser[cheinungen gegründet find, erft- ich, in den organilchen Kraftvermögen, eitens, in der Wirkung der natürlichen Lla Reize. 532 ie Reize. Man kann dä:;ı mit Recht fragen: Eala_ fen lich diefe beiden Fäiigkeiten aus den allgemei- nen Grundkräften der Materie erklären? und kann anan mit Grunde annehmen, dafs die allgemeinen chemifchen Grundftoffe, vermittelt einer befondern Mifchung und Zufammenfetzung , 'eine folche uns unbegreifliche Modifikation erfahren können, dals fie, als Beftandtheile organilcher Welen; Eilchei- nungen des Lebens hervorbringen ? Oder müllen wir, um die Lebenser[cheinungen zu erklären, eine. befondere, blos den organilchen Welen eigene Grund- kraft annehmen? Da nun die Beantwortung dieler Frage die eigentliche Abficht der gegenwärtigen Rede ilt, [o gönnen Sie mir noch einige Augenblicke Ihre Aufmerklamkeit. Alle die Dinge, wodurch, im gefunden Zu- ftande, die organilchen Kräfte in dem thierifchen Körper erregt und in Thätigkeit geletzt werden, kann man, in [ofern es unlerm gegenwärtigen Zwe- cke gemäls ift, füglich in folgende drey Klal- fen bringen. Sie find erftlich diejenigen, wel. che chemifch‘ und nach den Gefetzen der Verwandtfchaft wirken. Dahin gehören die Nahrungsmittel, die Luft, die Elektrizi- ‚tät, die magnetilche Flüffigkeit, und eine “ Menge anderer Urfachen. Zu der zweiten Klal. fe der reizerregenden Dinge find zu rechnen die organilchen Kräfte f[elbft, die in der engften Verbindung mit einander [tehen, und unaufhörlich auf einander wirken, wo ich unter [o vielen Bei- fpie. | 533 'fpielen nur die Wirkung der Nerven auf die Mus- -kelfafern anzuführen brauche. Zu der dritten Klafle der reizenden Urfachen gehören die Vor- ftellungen felbft, und die davon abhängenden willkührlichen Bewegungen. Da indelfen alle die Urfachen, welche che- ‘milch und nach den Gefetzen der Verwandifchaft auf unfere Organe wirken, eigentlich zu der nicht- organifchen Natur gehören, und wir [chon in der erlten Rede gezeigt haben, dafs die chemilche Ver- wandtfchaft, nach welcher diele feinen Flüfügkei- ten wirken, Modifikationen der allgemeinen Grund- kräfte der Materie find: fo kommen alle, zu die- fer Klalle gehörende reizende Urfachen hier nicht in Betrachtung. . Ueber die zweite Klalle der Reize, ‘über die organifchen Kräfte, werden wir uns [ogleich ‚näher erklären. ı Was endlich die Vorftellungen betrifft, 'diefe können zwar die organifchen Kräfte bey den ' Thieren in Thätigkeit fetzen: allein, da wir von den organifchen Welen im Allgemeinen [prechen, -wnd die Pflanzen weder Nerven, noch Vorftellun- ‘gen haben, fo fehen wir hieraus deutlich, dafs alle die verfchiedenen Urfachen, wodurch die organi- fchen Kräfte in Thätigkeit gefetzt werden, kein Gegenltand unferer gegenwärtigen For[chung feyn können, und wir fie allo hier blos als Mittel be- trachten, die Kräfte zu erregen; indem der Grund der Lebenserfcheinungen hauptfächlieh in den or- ganı- 334 - Se ganifehen Kräften zu [uchen ift, und wir daher auch bey der Beantwortung unferer Frage blos aus- zumittein haben, ob diele organilchen Kräfte aus den allgemeinen Eigenfchaften und Grundkräften der Materie fich erklären laffen. Viele berühmte Naturforfcher und Aerzte, er- ftaunt über den bewundernswürdigen Bau des thie- ‚rilchen Körpers, und über das zweckmälsige Zu- fammentreffen fo vieler unendlich verfchiedener Thä- tigkeiten, die fe aus den bekannten Eigen[chaften der Materie nicht erklären konnten, kamen auf den Gedanken, hier zu dem Einflulle unfichtbarer We- : fen ihre Zuflucht zu nehmen, und den Grund aller dieler Erfcheinungen in einer allbelebenden Welt. feele zu fuchen, oder mit Stahl, für jeden, thie- rifchen- Körper eine -befondere Seele anzunehmen, die ihren eigenen Körper und ihre eigenen Organe bildet, Da wir indelfen für das Dafeyn folcher Wefen keinen Erfahrungsbeweis haben, und wir uns auch keine Idee von einer Seele machen können, die in gänzlicher Unabhängigkeit yon den Organen wirkt; (und fo mülste doch eine Seele- wirken, die ihre eigenen Organe bildete; zu gelchweigen, dafs man, 'jn diefem Falle, auch den Organen eine Seele bei- legen müfste) fo fällt diefe Vorftellung von f[elbft weg, $o fchwer es uns auch fallen möge, den vollkommenen Grund der Leberserfcheinungen aus’ der Materie felbft zu erklären: fo berechtiget uns das noch nicht, zu unfichtbaren Welen unfere Zu. Huchg: [N 4 u = 535 Alucht zu nehmen, von deren Difeyn uns die Erfah- rung keinen hinlänglichen Beweis giebt, Spätere Naturforfcher und Aerzte, überzeugt, dafs die Wirkung der Materie in der Materie [elbft ihren Grund haben mülfe, behalfen fich mit gewil- fen feinen Flüffigkeiten, die gieichlam die, Organe durchftrömen, und ihnen die befondere Eigenfchaft ertheilen, die Erfcheinungen des Lebens hervorzu- bringen. Da dachte.man fich entweder eine feine Flüffgkeit, die, im Gehirne abgefondert, die Ner- ven durchftröme, und allen Theilen des Körpers zugeführt werde, wodurch fie Empfindung und Be- wegung hervorbringe; und diefe feine Flülfigkeit nannten fie Nervenfaft: oder Andere [uchten den Hauptgrund der Lebenserf[cheinungen in der elek- trilchen, wieder Andere in der m agnetilchen Flüffigkeit. Keiner von denen, die mit diefem Theile der Naturwilfenfchaft vertraut find, wird leugnen wol- len, dafs die elektrilche und magnetilche Flülfigkeit — dafs das Licht, die Wärme, und vielleicht viele andere, uns nech nicht bekannte Flülfigkeiten in der Natur — dem Thier- und Pflan- zenreiche unentbehrlich find, und unaufhörlich auf die organifchen Welen wirken; dafs fie vielleicht in verfchiedenen Verhältniffen unfere Organe helfen zulammenfügen, oder die befondere Mifchung und Bildung des organifchen Stoffes befördern, und folg- lich nicht nur als allgemeine Reize, fondern auch als welentliche Beftandtheile zu den organilchen Welen“ 536 I Welfen gehören. Allein, will man in einer .diefer ‚ Flüffgkeiten den Grund der Lebenserfeheinungen finden, dann fieht man nicht ein, warum. nicht auch die nichtorganifche Materie, die eben fo gut dem Einflufle diefer feinen Flülfigkeiten ausgeletzt ift, eben fo gut Erlcheinungen des Lebens darftellt. - Zu gelchweigen, ‘dafs es ein. Wider[pruch wäre, Lebenserfcheinungen organifirter Welen aus einer Flüffgkeit erklären zu wollen, die felbft nicht or» ganifirt ift, und deren Wirkung blos von der che- mifchen Verwandtfchaft mit andern abhängen mußs. Man denke nun aber auch über die Wirkung diefer, theils hekansten, theils noch unbekannten Flüffigkeiten, wie man wolle, und man räume ih- nen noch fo‘ viel Antheil an der Totalflumme der Lebenserfcheinungen bey jeder befonderen Art von Welen ein: [o ift es gewils, der Hauptgrund des Lebens, oder der Grund der organifchen Kraftver- mögen, ilt zu fuchen in der urfprünglichen Verfchiedenheit und Milchung.der Grundftoffe, und in der belonderen Form und dem befonderen Baue der Organe. Hierdurch wird die Frage, deren Beantwortung wir übernommen haben, näher beftimmt, und wir müf- fen nun lagen: liegt der Grund der organifchen Kraftvermögen in der urfprünglichen Verfchieden. heit und Mifchung der Materie, fo ift die Frage; Hängt diele zweckmäfsige Form der Materie ab von den Verwandtfchaftskräften der chemifchen Grund- ftoffe, die bey jedem organilehen Welen helonder; | modi- N Fi) M) # % % — 537 nodihcirt find? oder ilt noch eine 'befondere Kraft in der Natur vorhanden, die, gemeinfchaftlich mit den Verwandtfchaftskräften, eine folche Mifchung und Form der Materie zu Stande bringt? Mit an- dern Worten, ift. die Bildungskraft eine Modihka- tion der Verwandtfchaftskraft, oder ift fe eing ganz b:[ondere Kraft? — Wollte man das Letzte annehmen, dafs nem. lich aufser der Verwandtfchaftskraft, noch eine anı dere Eigenfchaft der Materie exiltire: lo müfste man das doch beweilen können. Denn, zu lagen, ie Bildung hängt von der bildenden Kraft der Nis- terie ab, ift fo viel als nichts. Ueberdem, find Materie und Kraft nicht zwey verfchiedene mer taphylilche Begriffe; ift Materie nichts ande- res, als Kraft, betrachtet aus einem objektiven Ge- fichtspnunkte, und Kraft nichts anderes, als Mate- rie, unter einem fubjeltüiven Gehchtspunkte; find Anziehung und Zurückftofsung die einzigen Erfchei- nungen, wodurch wir die Materie als Objekt der Erfahrung kennen, und find alle übrige Erl[cheinun- gen, die wir an der zufammengeletzten Materie wahrnehmen, befondere Modifikationen dieler all- gemeinen Grundkräfte; dann muls gleichfalls die bildende Kraft, als Eigenlchaft der orgarifchen Ma- terie, entweder eine Modifikation der allgemeinen Grundkräfte feyn, oder die organifche Materie kann nicht unter den allgemeinen Begriff Materie ge- bracht werden — das ilt, mit andern Worten, die Materie, woraus die Organe zulammengefetzt find, ift BI Yo Ke 5 ift dann welentlich von der übrigen Materie in der “Natur unter[chieden, und-befitzet, aufser der Ni gemeinen wefentlichen Grundkraft, noch eine an- dere Grundkraft, nemlich die bildende. Da nun “ diefe Vorftellung in fich felbft den sıöfsten Wider- fpruch enthält, und wir [chon oben bemerkt ha- ben, dafs, den genauelten Zergliederungen zufolge, die organifirten Welen die nemlichen Grundltoffe liefern, die wir in der nichtorganifchen Natur an- treffen: [o bleibet uns nichts übrig, als. anzuneh- ‚ men, -die urf[prüngliche Verfchiedenheit „und Mifchung der organilchen Materie, und die davon abhängende Organilation der lebenden Welen, ift eine Wirkung der Verwandtfchaftskräfte der chemi- Ichen Grundftoffe, die bey jeder befonderen "Art von organilchen Welen auf eine befondere Weile modihcirt ift. ' Da nun die organifchen Kraftvermögen, als Ur- lachen der Lebenser[cheinungen, in der befonderen Mifchung und der eigenthümlichen Organifation je- des befonderen Welens gegründet find: fo fehen wir fchon, wie in der Ferne, welchen Einfluls die Verwandtfchaftskräfte der Grundftoffe auf die Le- benserfcheinungen der organifirten Wellen haben. -— Dieler Satz, den wir aus unferer vorhergehen- den Betrachtung als eine natürliche ‚Folgerung her- geleitet haben, wird Vielen von Ihnen, die viel- leicht noch zu [ehr an die Idee eines belonderen Le- bensprincips gefellelt ind, etwas gewagt [cheinen, und ae 539 und ich will auch richt in Abrede feyn, .dals es auf den erften Anblck etwas [eltlam [cheinen mag, die Lebenser[cheinungen aus den Eigeufchaften der todıen Materie erklären zu wollen. Allein diefes Selt/'ame hat feinen Grund blos in unlerer Vorlftel- fun,sart, und in den verkehrten Begriffen, die wir uns von Materie und Kraft machen. Als man uns zuer[t aus der Chemie heweilen wollte, das Waller beftehe aus zwey belonderen Lufiaiten, und bey der Verbrennung eines Körpers werde aus der Luft etwas angezogen, da glaubten wir, unfern Sinnen nicht mehr trauen zu dürfen, und unfere Verwunderung war eben fo grols, wie die der Zeitgenollen des Copernicus, als er be- hauptete, nicht die Sonne, [ondern unfere Erde, halte täglich ihren Umlauf. Unfere Verwunderung aber pflegt in dem Maalse abzunehmen, wie unfere Ueberzeugung zunimmt, und wir gewöhnen uns nach und-nach, uns die Sachen anders vorzuftel- len. Ich will auch gern zugeben, dafs wir noch weit entfernt find, durch unfere Erklärungsart der Natur den Schleier abgenommen zu haben; . dals wir dadurch , dafs wir den Grund der Lebenser- fcheinungen in den befonderen Eigenfchaften der Materie fuchen, bey weiten noch nicht Alles auf- geklärt, noch nicht alle Fragen beantwortet hahen, - die fich jedem aufmerkfamen Naturforfcher bey der Betrachtung des organilchen Reiches darbieten; dals wir bey weiteın noch nicht im Stande find, die 540 PER) “die zahlreichen Erfcheinungen zu erklären, die wir hey den organifchen Welfen antreffen, Man hat indefl[en fchon viel gewonnen, wenn man gewille Irrwege kennen lernte, welche mach- ten, dafs wir uns bey unfern Forfchungen fo oft “von der geraden Bahn der Wahrheit verirrten. Und ich Itütze mich auf felte Gründe, wenn ich ver- fichere, dafs eine vernünftige, nicht zu weit ge- ; triebene Anwendung der Chemie auf das Tbier. und Pflanzenreich uns ‘unendlich weiter bringen wird ın der Kenntnils der Beftandtheile, und der fo fehr verfchirdenen Thätigkeiten des’ thierifchen Körpers, im gefünden und im kranken Zuftande, äls wenn wir diefes Alles einem Princip zufchrei- ben wollen, das wir nicht kennen, und ‚von def- fen Dafeyn wir nicht den geringften Beweis haben. Dafs jedoch viele Erfcheinungen an den orga- n!fchen Wefen fich bequem aus der chemilchen Ver- wrandtfchaft der Grundftoffe erklären laflen, und dafs diefe Verwandtfchaftskraft bey jeder Art der organifchen Wefen befonders modihcirt ift, werde ich vielleicht bey einer andern Gelegenheit umlftänd- licher darthun, Gegenwärtig begnüge ich mich mit folgenden Bemerkungen, Wenn wir von Leben, von Grund oder Urlache des Lebens [prechen, fo müllen wir damit nicht verwechleln Ur(prung des Lebens ind erften Urfprung alles Lebens. Das Letzte, nemlich erfter Urfprung alles Le- bens, ılt ein begriff, der allein in der höch- ften 541 kten Sphäre des Ueberfinnlichen (des Trauscenden- talismus) zu finden äft, eine Höhe, zu der aueh der abfiraktefte Philofoph fich kaum in feinem Ideen- Auge erheben kann. Urfprung des Lebens ilt ein Begriff, wobey wir uns den erften Keim des Leben‘, bey jedem organifchen Welen insbefon- dere denken; und der begriff von Grund oder Urfache der Lebenser[cheinungen ilt vor- züglich auf [chon gebildete lebende Welen anwend- bar. . So wenig wir auch von der eigentlichen Na- tur diefes Keimes willen, [o lehret dennoch dia Eriahrung, dals bey allen organifchen Welen ein Keim vorhanden ift, wodurch jedes Thier, jede Pilanze ihr Gefchlecht ins Unendliche fortpflanzet. Es ift bier nieht der Ort, zu unterluchen, ob die Keime jeder Art von Welen fehon in der Na- tur vorhanden find, und allo gleichfam fortfchlum- mern, bis fie durch ihren natürlıchen Reiz erweckt und in Bewegung geletzt werden; oder, ob jedes organifche Welen in fich [elbft einen gewillen Keim abfondert und bereitet? Ob ferner in dielem Keime das künfiige Welen ganz, oder zum Theil, gebildet vorhanden ift, oder ob der klopfende Punkt, als das. erlte Zeichen des Lebens, die Materie zu fer- merer Entwickelung reizet? So viel ifı gewils, da die bleibende Form und die bleibenden Eigenfchaf- ten des entltehenden Welens in dielem Keime lier gen, lo müllen wir auch den erften Grund der ei« gentkümlichen Milchung der Materie, und die da- von 942 = } von abhängende Organifation jeder befonderen Art von lebenden Welen in dem erften Keiire fuchen. Da nun, wie wir gelehen, die Bildung der Or- gane und die Mifchung der Materie das Produkt der Verwandtfchaftskräfte der, bey jeder Art von We- fen befonders modificirten Grundltoffe ir «!: fo mufs auch der Grund diefer befonderen Modifikation in dem erften Keime des Lebens, ‚das ilt, in einer urfprünglichen und eigenthümlichen Form und Mi- fchung der Materie liegen. Diefe befonders modi- ficirte Affinitit der Materie in den organifchen. We- fen könnte man, zum Unterfchiede von der Affı- nität der Materie in der nichtorganifchen Natur, die organilirte Affinität der Materie nennen, Erwägen wir nun alle Erfcheinungen, z.B. bey einem Thiere, von dem klopfenden Punkte, als der erlten Erf[cheinung des Lebens, an, bis zur vollen- deten Bildung dieles Gefchöpfes : fo werden wir aufs einleuchtendite gewahr, dals Alles nach den Geletzen der Verwandtfchaft diefer thierifchen Ma- terie thätig ilt. j So lange die Organe noch nicht entwickelt find, ift die zugeführte Materie, deren der Keim bedarf, fchon ausgearbeitet, und der eigentbümlichen Mi- fchung angemellen, Es wird daher bey denr erlt entlchlüpften Keime nichts erfordert, ais dafs die zugeführte Materie , nach den Geletzen der ‚Ver- wandtlchaft, in der Richtung änge2og:n wird, die gerade gelchickt ift, den fich entwickelnden Thei- len die, dem Welen eigenthümliche Form und Ge- Stalt ee 543 ftalt zu geben; eben fo, wie wir es in der nicht- organilchen Natur bey der Kıylıallilirung der Salze wahrnehinen. - k i Es ift bekannt, dafs jede befondere Art von Salz befondere Kryitallen bildet; und es ift ein un- terhaltendes Schauipiel, wenn man, mit gewaffne- teın Auge das Anlchielsen diefer befonderen Kry- ftallen beobachtet, und heht, wie jede befondere Art von Salz die Theilchen in verfchiedener Rich- tung anzieht. Unter allen Kryftallifationen jedoch ift keine, welche die be ondere Verwandtfchaft der Materie fo fehr beweifet, und die [o anwendbar auf unlern Gegenftand ilt, als folgende. Läfst man Salpeter und Glauber[alz, mit einander zu Pulver gefiofsen, in warmem Waller zergehen, lo dals das Waller fich vollkommen damit lättiget, und letzet man diefe Auflöfung in eine mittlere Temperatur lo fchielsen keine Kryftallen an, Füllt man aber mit dıeler Auflölung zwey Gläschen an, wirft man in das eine ein Stückchen Salpeter, in das andere ein Stückchen Glauberl[alz, und 'bringt man hierauf \beide Flafchen in eine künft- liche Kälte: fo feht man in dem einen lauter $al- peter, in dem andern lauter Glauberlalz in Kryftallen anfchiefsen, indels das übrige Salz im Waller aufgelöfet bleibet; zu einem Beweil:, dals die Natur ihre eigenen Gefetze Standhaft befolgt. Sobald die Organe bey dem gebildeten Welen binlänglich entwickelt, und zur Bearbeitung der Materie gelcbickt find, richtet lich abermals Alles nach nach den Gelfetzen der Verwändtfchaft, ven dem Genulfe der Speilen an bis zu ihrem Uebergange ins Blut. Wer ift im Stande, die ordnungsvoll: ehemilche Behandlung zu befchreiben, welche die Materie von einem Augenblicke zum ändern er- fährt? Wer im Stande, die unendliche Zahl von Organen zu berechnen, die thätig find, um ‘die empfangene Nahrung in eine thierifche Feuch» tigkeit zu verwandeln? Zwar finden wir bey der chemifchen Zerlegung die newlichen: Gründftoffe wieder, welche die Nahrungsmittel enthalten: al- lein wie [o ganz verändert in ihrer Natur und Ei- genfchaften!- in wie ganz anderem Verhältniffe ge» mifcht! Und wie viele Veränderungen erleidet nicht noch das Blut bey [einem Umlaufe, nieht nur beim Athemholen, f[ondern auch in jedem 'befonderen Theile des Körpers! Und mülfen nicht alle diefe' Operationen nach chemifchen Grundlätzen erklärt werden? Kann man die Abfcheidung der verfchie- denen Feuchtigkeiten falt in jedem Theile des Kör- pers anders, als durch eine animalifche Verwandt. fchaft der Materie erklären? Hängt nicht die Wirs "kung der bef[onderen Reize auf die befonderen Or- gane ganz von der Verwandtfchaft der Materie ab? — Doch, wenn würde ich fertig werden, wennick alle Erfcheinungen aufzählen wollte, die wir, un ter [o verlchiedenen Forınen, jeden Augenblick an dem thierifchen Körper wahrnehmen. Alles, was ich hier gefagt habe lind blos Winke, um Ihnen zu zeigen, welch eine Rolle die Verwandtfchaft der Grundlioffg bey den Le- bens- — 545 benserlcheinungen fpielet, Da nun diefe Verwandt- fchaft der Grundltoffe, wie wir oben zu erkeänen gaben, eine Modihkation der allgemeinen Grundkräfte ilt: ([o fehen wir aufs überzeugendfte, dafs wir, um die Lebenser[cheinungen = erklären, nicht nöthig) baben, eine befondere Kralt in. der Natur anzuneh- men, und auch aus den beigebrachten Gründen, nicht annehmen können. Meine zweite Bemerkung ift diefe. In der erften Rede haben wir gezeigt, dals diechemilche Verwandtfchaft der Grundf£ioffe das grolse Mittel ift, . wodurch die Natur eine immerwährende Schöpfung und Vernichtung von Welen bewirket; dafs durch die ver[chiedenen Verhältnilfe diefer Grundftoffe zu einander ganz verl[chiedene Wirkungen und Erfchei- nungen hervorgebracht werden, und dafs folglich, wenn bey einem zulammengeletztien Körper diele Mifehung der Beftandtheile Sich ändert, augenblick- lich auch eine Veränderung in den Erfcheinungen er- folgen mufs. Da wir nun bey der Zerlegung thieri- fcher Subftanzen die,nemlichen Grundftoffe antreffen, und taufend Verfuche und Beobachtungen uns lehren, dafs alle Veränderungen, die [owohl in der Mifchung der flüfffgen, als der feften Theile des thierifchen Körpers, vor lich gehen, blos die Wirkung der Ver- wandtlchaftskräfte find: & erblicken wir auch hier "eine Menge von Erfcheinüngen, die eben fo, wie die, wovon wir fo eben [prachen, aus der thierifchen Verwand:fchaft der Materie erklärt werden können und müffen. f Archiv f.d. Phyf. V1.B, 111. Heft. Mm. Was, a6 Was, glauben Sie wohl, ift die Ausartung der Säfte und der felten Theile anders , als eine ver- änderte Wirkung in der Verwandtfchaft der Grund- Stoffe, fie fechränke fich nun auf einen einzelnen Theil des Körpers ein, oder erftrecke fich auf das Ganze? Gründet lich nicht die Kenntnifs der verfehiedenen Krankheiten und Unpäfslichkeiten auf die Kenntnifs von den Geletzen der Verwandt/chaft? Und worin [onft kann die Wirkung der Arzneimittel beftehen? Doch, ich [ehe, m. H., dafs ich mich in die Betrachtung meines Gegenftandes [chon zu [ehr ver- tiefthabe., Ich hatte blos die Ablicht, Ihnen gleichfaın in der Ferne zu zeigen , dafs [ehr viele Lebenserlchei- nungen der organifirten Welen fich aus einer befor.- deren Modifikation der allgemeinen Grundkräfte der Materie eıklären lallen; eine Ablicht, die ich, lo viel die engen Schranken einer Rede erlaubten, mei- nes Erachtens erreicht:habe, Ich weils indellen fehr wohl, dafs, befonders in dem thierilchen Körper, Er[cheinungen [ich ereignen, die man nicht leicht aus den Eigenfchaften dertodten Materie erklären kann: allein ich weifs auch eben [o gut, dafs diefe Schwierigkeit dadurch nicht aus dem Wege geräumt wird, dafs man ein belonderes Lebens- princip annimmt. _Giebt es nicht in der nichtorgani- fchen Natur ebenfalls eine Menge Erfcheinungen, deren Erklärung vielleicht auf immer ein Räthfel für uns bleiben wird? Willen wir denn von den Er- fchei- _ = 547 £cheinungen mehr, als uns die Erfahrung davon lehrt? Sollte es der Natur unmöglich feyn, die Grund- Stoffe dergeltalt mit einander zu vereinigen, dals dar- aus Er[cheinungen hervorgehen, die in einer andern Verbindung, und unter andern Umftänden, bey den nichtorganilchen Körpern nicht gefunden werden? Stehen nicht der Natur taufend Mittel zu Gebotg um, auf eine uns unbekannte Weile, ihre Wirkuns ‚gen hervorzubringen? Kennen wir denn [chon al- le, in der Natur vorhandene Grundfioffe? und haben wir nicht alle Urfache, anzunehmen, dafs die Grundftoffe, die wir kennen, und die wir bisher nicht weiter zerlegen konnten, aus noch feineren Stoffen zulammengelezt find? Kannnicht die Natur, durch ihre vielvermögende Kraft, diele weitere Zer- legung bey den organilirten Welen bewirken? und mülfn hieraus niebt neue Verbindungen, neue Er- feheinungen entfiehen, die wir von den bekannten Zufammenletzungen in der nichtorganifchen Natur nicht erwarten können? Sehen wir nicht fchon in der nichtorganilchen Natür eine Menge Beifpiele von diefer unnachahmlichen Kunft der Natur? Welch ein Unterfchied zwilchen dem Kiefel und dem Dia- manten, zwilchen dem rohen Klumpen Salz und dem kryftallifirten Salze! Wie [ehr nähert (ich hier Schon die unorganifche Natur der örganifchen! Wa- zum wollen wir hier nıehr, als in andern Fällen, die Natur nach unlern befchränkten Einfichten beur- theilen? warum die Lücken in unferem Verltande in die Natur felbft hiueintragen, wo wir loviel Ordnung, Min 2 ‚lo 5483 rc ” fo viel Zulammenhang, fo viel zweckmäfsige Einheit entdecken? N N Ueberlege ich bey mir [elbft , welche grolse Fortfchritte die Wilfenichaften überhaupt, und die. Naturwillenfchaft insbefondere , dem verfloffenen . Jahrhunderte zu danken haben; er[cheinen vor mei- nem Geilte alle die wichtigen Entdeckungen, die in den verf[chiedenen Fächern der Naturwiflenfchaft gemacht wurden, und wodurch diefe Wiflenfchaft eine falt durchaus neue Geltalt bekam; [ehe ich, dals fo viele grofse Männer, in den verfchiedenen Ländern Europens, fich um die Wette beeifern, und ihre vereinigten Bemühungen verdoppeln, um mit ih- ren Forfchungen der Natur nachzulpüren, und, er- leuchtet durch die Fackel einer reinen, aus unferer | Denkkraft felbft entwickelten Philofophie,* in die Geheimnilfe der Natur einzudringen — dann [chmei-' chele ieh mir mit der angenehmen Hofnung, und mit der erfreulichen Ausficht, dafs das Jahrhundert, welches wir ım Begriffe find, anzutreten, an heil- bringenden Begebenheiten für die Menfchheit, und. an wichtigen Entdeckungen in den verlchiedenen Fä- chern der Wiffenfchaften, alle vorige Jahrhunderte weit übertreffen, und auch über denjenigen Theil der Naturwilfenfchaft, worüber ich Ihnen nur meine Muthmafsungen vorgetragen habe, ein helles Licht verbreiten wird, Veber = — 549 Ueber die Bildungsfehler des Her- zens; vom-Herrn Prof. Meckel. D.. pathologifche Anatomie verdient in mehr als 'einer Rücklicht die Aufinerklamkeit eines jeden denkenden Arztes, Gewöhnlich fieht man in ihr _ blos eine Aufzeichnung aller möglichen Abweichun- gen der Organe inForm und Mifchung vom Normal- zuftande entweder im Allgemeinen, ohne Rücklicht auf die Störungen der Verrichtungen zu nehmen, unter welchen die[e Degenerationen entftanden und die von ihnen veranlalst wurden, öder man nimmt auf diefe Störungen in denVerrichtungen hey Befchreibung der Degenerationen nicht alleinRückficht, [ondern be- trachtet die Befchreibung der letztern blos als Supple- ment zu den Unterfuchungen über die Krankheiten, Unter der erften Anficht haben Baillie und Söm- merring in unlern Tagen die pathologifche Anato- - mie mit einer Genauigkeit abgehandelt, die man nur dann richtig würdigen kann, wenn man gleichfalls fich genau mit demfelben Gegenftande befchäfftigte; unter der letztern in der Mitte des vorigen Jahrhün- derts Morgagni mit einem bewunderuswerthen ın- ernrüdeten Fleilse und oftüberrafchenden Scharfüinng, Diele Männer, und faft alle übrigen Gelehrten, die fich mit pathologifch- anatomifchen Arbeiten belchüff- tigten, wandten ihre Aufinerklamkeit vorzüglich auf die Veränderungen der Organe, welche während des Lebens invorher normalgebildetenOrganisinen eintre- ten, nicht auf die urfprünglichen Bildungstehler,, oder ’ ‚ wenig- { 550 rn wenigftens nur beiläufg, Es ift indels einleuchtend und auch von den pathologifch - anatomilchen Schrift- ftellern durch die, wenn auch nur beiläufige, Betrach- tung der urfprünglichen Bildungsfehler der Organe anerkannt, dafs diefe gleichfalls ein Theil der pa- thologifehen Anatomie feyn müffen. Das Normal der Bildung eines individuellen Organismus kann ‚ eben [o wenig als das Normal der Gefundheit van dielem: individuellen Organismus [elbft, [ondern noth- wendig nur von feiner Gattung ahltrahirt werden, ein urfprünglicher Bildungsfehler muls daher eben fowohl als Abweichung vom Normal, die in ihm be- gründeten abweichenden Verriehtungen des misgebil- deten Organs eben [owohl als krankhaft betrachtet werden, als die, welche lich nach deı Geburt in einem vorher gefunden Körper ereignen. Sowohl Misge- . burten, d, h, nach der gewöhnlichen Definition, - Körper, die in ihrer äufsern, ohne Zergliederung wahrnehmharen Bildung beträchtlich von der Nor- . malbildung ihrer Gattung abweichen, als die Misbil- dungen einzelner verborgener Organe, find daher Ge- genltände der pathologilchen Anatomie, weil es ganz gleich ift, ob eine Abweichung vom Normalzuftande mit dem erften Entftehen des Organismus, mit der Formung des erlten Flüfigen eintrat oder [päter, ob allo ein individueller Organismus je dem Normal lei» ner Gattung in [einer Bildung entfprach oder nicht, Dafs vorzüglich der Theil der pathologifchen Anatomie exkolirt wurde, der die Degenerationen der Organe betrifft, die fich-in vorher normalgebil» deten —— | 551 deten Individuen im Gefolge von Krankheiten. ereig- nen, hat. natürlich feinen Grund in dem frühern In- terelle, welches dielelben für den praktifchen Arzt hzben mulsten: allein, da diefe Veränderungen des Baues der Organe noch ein höheres Interelle erwe- cken, [o frägt es ich, ob nicht die Unterfuchung der urfprünglichen Bildungsfehler diefem in einem wenigftens eben [o hohen Grade Genüge leifter und deshalb eine eben fo genaue Bearbeitung verdiene? Diefes höhere Intereffe ift unftreitig der Auffchlufs, den Misbildungen erftens über die Bildungsge- Ichichte der Organe im Normalzuftande und zwei- tens über das Zufammenltimmen verfchiedener Or- gane und Syfteme gaben. Ich hoffe im Verlauf der gegenwärtigen Abhandlung einiges zu liefern, das für die Wichtigkeit der Betrachtung der Bildungs- fehler unter der erften Anfieht fpricht; in Rück- ficht auf die zweite brauche ich nur an die Hew- fonfche Beobachtung zu erinnern, dafs mit gänz- lich und falt ganz fehlendem Gehirn bey den fogenannten acephalis [puriis die Nebennieren con- ftant kleiner gefunden werden. Das conltante Zu- fammenleiden gewilfer Organen bey urfprünglichen Bildungsfehlern, lälst defto eher auf ein Zufammen- Stimmen im Normalzuftande [chliefsen, wenn es auch in Später entftandenen Krankheiten eintritt, wie dies auch bey den Nebennieren der Fall zu feyn Scheint. Wenigftens fand Wagler in einem lieb- zehnjährigen wallerköp"gen Mädchen, welche im erfien halben Jahre ihres Lebens ganz gefund war 552 — war *), deffen ganze Hirnfubftanz weich , zum Theil zerltört war **), die Nebennieren [ehr Naceide und klein ***). So wie allo bey den Katzenköpfen das Gehirn urfprünglich misgebildet ilt, lo war es hier [päter diwch Krankheit falt in denfelben Zultand ver- Setzt und gleichzeitig waren, ‘die mit dem urfprüng- lich mangelnden Gehirn zu kleinen Organe, die Ne- bennieren, unvollkommen, Man hat freilich ‚noch nicht viele folcher Wech- felbeziehungen ausfindig gemacht, allein wahr fchein- lich doch, weil man bey Misgeburten fowohl, als noch vielmehr bey krankhaften Degenerationen [ehr wenig darnach fuchte. Der gegenwärtige Auflätz giebt mir keine Gelegenheit, das Zulammenleiden beltimmter Organe belonders zu betrachten, doch habe ich an eineın andern Orte beiläufig des. Zulam- menleidens der Suprarenaldrülen mit den Relpira- tionsorganen erwähnt, und werde künftig weilläuf- tiger über das Verhältnils der Thymusorgane, fowohl. der Thywusdrüfe als der Schilddrüle und der Neben- nieren, aulserdem auch noch der Milz und Leber bey Lungenkrankbeiten [prechen, > Jeizt zur Betrachtung des Gegenftandes Ielbft, der Bildungsfehler des Herzens - und des Gefäfsly- fiems, Die angelohrnen Abweichungen des Herz- und Getafsbaues vom Normalzuftande betreffen enut- weder bios die äußere Form, und find ohne Fintlußs auf n Blumenbuchs medic, Bibliorhek zter Theil pag eg * )=ebdf. pag. 630. 35 ? “) ebdf. pag, 629, FIRE, 555 6; ie Verrichturgerudirlelben, Abweichungen, die vorzüglich nur in fofern merkwürdig-find, als man- che derfelben bey Thieren Normalbau find, oder, fe, "greifen tiefer in den Bau derlelben ein, fiören die Verrichtungen, und {ind aulserdem, dals auch fie häufig bey niedern Thierklaffen als Normalbildung vorkommen, wegen ihres Einfluffes auf die Verrich- tungen der Organe, wodurch die allgemeine Gefund- heit mehr oder weniger geltört wird, merkwürdigs Ich werde zuer{t jene, dann die letztern betrachten. Bey Betrachtung der abweichenden Form des Herzens kann man blos auf das Herz an lich oder _ auf (ein Verhältnils zum übrigen Körper Rücklicht nehmen und in der letzten Beziehung kommt vorzüg- lich feine Lage und Zahl in Erwägung. h Die Form des Herzens an fich betrachtet bietet verfchiedene Abweichungen, dar. Die Normalform deflelben ift konifch und daher jede andere als ab. weichend anzufehen. Man fand das Herz platt, Straten fand das Herz eines erwachfenen Men- Ichen ganz platt, wie er anführt, zugleich ohne Herzbeutel. Immer hatte man im Leben die Radial- arterien ungleich pullirend gefühlt. Wahrfchein- lich war Lier nur der Herzbeutel mit dem Herzen verwachlen *). Auch Kulmus fand ein fehr gro- Sses Herz, das die Geftalt einer Kegelgrundfläche hatte, allo platt und rundlich war **). Ein übri- gens ganz regelmälsig gebildetes, aber ganz plattes Herz *) Stalpırt van der Wiel obf, rar, med, I, pag. 149. ”®) Act. Lipfisnf, annus 1727, 554 —. Herz habe ich gleichfalls aus einem Fötus vor mit, . deffen, durch eine hervorfpringende ‘Falte in zwey mit einander communicirende Säcke getheilte Harn- blafe nicht allein falt den ganzen Unterleib ein- nahın, fondern auch die Brufthöhle beträchtlich ver- engte und alfo dadurch Veranlallung zu dieler ab- weichenden Bildung gab. Die Herzkammern find etwas kleiner, enger als gewöhnlich, das Herz wur- de allo durch diefen äulsern Druck eben [o an [einer vollltändigen Entwickelung gehindert, als man es häu- figer, bey der Lunge bemerkt, deren einer Lappen bey Kindern, deren Brufthöhle von den durch das Zwerchfell eingedrungenen Gedärmen erfüllt ilt, ge- wöhnlich viel kleiner als der andere angetroffen wird. Der Einfluls diefer Formabweichung des Her-. ‚ zens auf feine Verrichtungen [cheint von wenigerBe- deutung zu feyn, da die Menf[chen, bey denen es Straten und Kulmus fanden, erwachlen waren, und bey dem Stratenfchen Falle zugleich eine wichtigere Abweichung vom Normalzuftande eintrat, welche immer unregelmäfsigen Pulsfchlag veranlafst. Eine zweite Abweichung des Herzens von der gewöhnlichen Form ilt die mehr rundliche, Mor- gagni gedenkt diefer Veränderung *) und es ilt [ehr merkwürdig, dafs diefe rundliche Geftalt gerade bey einem Menlchen gefunden wurde, deffen Herz fich Sehr den Amphibienherzen näherte, Bekanntlich ha- ben die Tbiere, welche nur auf eine kurze Zeit tau- chen, *) De cruf er fech morb. Top. XV 12 m 555 chen, die Filch- und Meerottern ein mehr Konifches, dem Herzen der nichttauchenden Säugthiere ähnli- ches Herz, die aber, welclie anf längere Zeit.tauchen, die Seehunde z. B., ein weit rundlicheres. In dem Herzen, das Morgagni befchreibt, und das klein, gegen die Spitze rundiich war, fand er zugleich das eirunde Loch fo breit offen, dafs der kleine Finger eingebracht werden konnte, zugleich das rechte Herzohr gröfser und Neifehiger als das linke, eben fo der rechte Ventrikel weiter und fleifchiger als der entgegengeletzte. Die übrigen Veränderungen übergehe ich, da ich auf die Befchreibung dieles Herzens und der diefe Bildung begleitenden Störun- gen [einer Verrichtungen bey den Bildungsfehlern, welche in den insern Bau des Herzens eingreifen, noch einmal zurückkommen werde. Ohne diefe in- nern Veränderungen des Herzbaues fand auch Wal-. ‚ter diefelbe äulsere Form bey einem gerade hängen-, den Herzen. Gewöhnlich fieht man auch beim Menfchen und den höhern Säugthieren die Zufammenfetzung der Spitze des Herzens aus den zwey untern Enden der Herzkammern, doch immer undeutlich, deutlicher beim Fötus als beim Frwachlenen. Bartholin fand auch bey einem Erwachfenen die Spitzen bei- der Ventrikeln deutlich von einander abgefondert, Es findet auch hier Annäherung an die Thierbildung in folern Statt *), als Tyfon heim Braunfilch (Deı- phinus *) Anatomy »f a porpefs pagı 31, Tab. U, fg. 6, 556 ai pbinus phocaena) eiuen Einfchnitt in der Herzfpitze und‘Steller bey der Seekuh, (Manatus borealis ) deren Herz er mehr breit als lang (2% Fußs breit in der Gegend der Ohren und nur 2 'Fußs 2 Zell breit von der.Bafis zur Spitze) fand, die Spitze gleich- falls doppelt antraf, lo zwar, dals diefe Spalte ein Drittel der ganzen Herzlänge einnahm, bis lich beide Spitzen vereinigten und die Herz/cheidewand bilde- ten. Die rechte Spitze war nur wenig kürzer. und dicker als die linke.‘ Jeder Ventrikel verlängerte Sich auch unter dem Septum in die Spitze feiner Seite *), Die Lage des ER“ varürt fo, dafs das Herz in der Brult oder außer derfelben gefunden wird. Man findet im. erften Falle die Abweichungen der Lage des Herzens von der normalen in fofern ab- weichend, als dabey zugleich die Aorta und alle Eingeweide der Bruft und des Unterleibes ihre Lage umkehren, oder dafs ie ihre Normallage behalten, Ich erinnere mich nicht beltimmt, welcher neuere Schrift- fteller anführt, dafs er der Meinung Bailli’es [ey, der zufolge immer die umgekehrte Lage des Her- zens Umkehrung aller übrigen Eingeweide zur Folge habe; allein es finden fich Beobachtungen, welche ’ gegen diefe Meinung [prechenn Möllenbröck Fand‘ ein vollkommen verkehrt liegendes Herz , wo der linke Ventrikel auf der rechten Seite lag, fich aber *) Steller de befiis marinis Noyi comment, Petropol. 1751. Tom, Il. pag, 316, 17, v — 957 aber delfen ungeachtet die Aorta [ogleich nach ih- rem Austritte aus dem Herzen links wandte und die übrigen Organen ganz normal lagen *), Unftrei- tig aber ‚findet man häufiger Umkehrung der Lage des Herzens mit gleichzeitiger Umkehrung der-übri- gen Eingeweide, wie ich dies auch in einem Falle, ‘den ich vor mir habe, [ehe, wo die Bafis des Her- zens obeh und links, die Spitze unten und recktsliegr, und wo die linke Lunge Jdrey, die rechte zwey Ein- Schnitte hat, der linke Bronchialaft kürzer und wei- ter, der rechte enger und länger ift, die Leber auf der linken, Magen und Milz auf der rechten Seite liegen und die Aorta nicht auf der linken, [ondern auf der rechten Rückgratsfeite herablteigt. In andern Fällen nähert ich die Lage des Her- zens mehr der bey Vierfülsern, indem feine Axe mehr mit der Axe des Körpers zulammenfällt. Des Walter[chen geraden Herzens habeich [chon vor- hin erwähnt: ein noch merkwürdigerer Fall findet fich in den Abhandlungen der jofephinifchen Akade- mie * ), Das Herz hing ganz perpendikulär in der Brufthöhle und die Aorta bildete überdies nicht den gewöhnlichen Bogen, fondern theilte [ich fogleich nach ihrem Austritte aus dem linken Ventrikel in zwey grolse Stämme, deren einer herab, der andere her- aufftieg. Der herauffteigende verlief mehr als vier Zoll lang ohne einen Alt abzugeben, gerade in die Höhe, bis er [ich in die zwey. Armfchlagadern und einen ”) Dec, act, nat, Curiof, 1. ann. a, pag. 139. **) Tom. I, tab. VI, 558 — einen gemeinfchaftlichen Stamm für die Hals[chlags adern theilte. ‚A An demf[elben Orte findet fich die Befchreibung | und Abbildung eines ganz horizontalen Herzens, auf | welches ich bey Belchreibung der merkwürdigften | Gefälsabweichungen zurückkommen werde. £ Wenn das Herz aufserhalb der Brufthöhle liegts fo kann es fich in einer andern Höhle des Körpers, oder freihängend an der äufsern Oberfläche deflelben finden. Dieler letztere Fall wurde häufiger als jener beobachtet. Von jenem kenne ich kein gewilles Bey- ‚Spiel, weder aus Menfchen noch aus höhern Säug- thieren. Doch findet lich eine hieher gehörige Beob- achtung bey Boerhaave *) aus den Edinburgifchen Beobachtungen. Ein Zergliederer fand bey Zerglie-. derung einer Ratte auf der rechten Seite neben der \ Niere ein in einem Herzbeutel einge[chloflenes Herz, in welchem er deutlich die Herzkammern, die Blut behälter und die venölen Klappen der rechten und linken Seite, aber keine Spur vom rechten Herzohre, der Hohlader, der Aorta und der arteriölen Klappen und eben fo wenig von Kranzarterien und Venen wahrnahm. In der Brulthöhle fand fich aufser den Lungen in der Mitte nur der grolse durch das Zufam- menfliefsen beider Hohladern gebildete Sinus und das rechte Herzohr, das von den Rückenwirbeln im untern Theile der Bruft feinen Urfprungnahm, Aus der ®) Pathologifche Betrachtung desfHerzens, Auserl. Abhandl, | für pr, Acızte. Band IX, pag, 491: , e 559 der Hohlader und dem rechten Herzohr entfpraugen Gefäßse, die ich , fo wie gewöhnlich, in die Lun- gen einfenkten, arteriöle [owohl als venöle, Einge- blafene Luft drang in die Hohlader, das Herzohr und die Lungen, Die befchriebenen Gefälse vereinig- ten fich in einen Stamm , der fich in einen obeın und einen untern theilte. Es ift kaum glaublich, dals fich alles fo verhielt wie die Befchreibung auslagt. Wäre die Ratte noch nicht gebohren gewelen, [o wäre freilich kein Grund zum Zweifel an der Vollftändig- keit der Erzählung da; allein da ausdrücklich ge- Sagt wird, dafs die Ratte lebendig zergliedert,wurde, fo ilt man anzunehmen genöthigt, dafs zwifchen dem Theile des Herzens, der in der Bruft, und zwilchen dem, der im Unterleibe lag, eine Communication Statt gefunden habe, welche den gewöhnlichen Blut- umlauf möglich ınachte. Van Swieten nimmt an, dafs das im Unterleibe liegende Herz in dielem Falle ganz unnütz gewelen fey *); allein wenn man auch begreifen kann, wie das Blut ungeachtet des fehlen- den kräftigtreibenden Organs cirkuliren konnte, [o begreift man doch nicht, wie ein vollkommneres Säug- thier ımit einem Herzen leben könnte, ia welchem lich oxydirtes und desoxydirtes Blut beftändig mit einan« der vermifchen mulste, da Lungen. und Körperarte- rien und Venen aus derfelben Höhle entlprangen. Wahrfcheinlich allo exiftirte hier zwilchen den bei- den Herzen durch die Gefälse eine Communication, die .) Comment, Tom, I. pag, 257; 560 er | die den normalen Bintlauf möglich machte, defto _ mehr, da mam gerade den Thail des Herzens, der im Unterleibe fehlte, in der Brufihöhle fand. Häufger bemerkt man das Herz auf der äufsern Oberfläche des Körpers, wovon Büttner *), Marti- nez **), Weber ***) und Vallonnays +) Fälle be- fchrieben haben. Das allgemeine dieler Bildungsak- weichung ilt Mangel an Coalefcenz desBruftbeins, per- pendikuläre Lage des Herzens und Mangel des Herz- beutels Im Büttnerf[chen Falle war das Herz an der Spitze fo breit als an der Grundfläche, das rechte Herzohr lag vor, das ganze Herz hing durch. eine Oefinung, welche durch den Mangel des obern und mittlern Theils des Bruftbeins gebildet wurde, vor. Durch diefe-Oeffnung. gingen fowohl die Körper-als Lungengefälse zu den Herzohren und Kammern. In einem von Schulz tt) beobachieten Falle fand ich an der Stelle des Herzbeutels ein dichtes Zellgewehe, das lich von den grolsen.Blutgefäfsen an bis zur Spitze des Herzens allmählig feiner werdend verbreitete. ‚ Aufserdem verdient noch die abweichende Zahl des Herzens Erwähnung. Gewöhnlich bemerkt man ein doppeltes Herz nur bey Organismen, die durch } das %) Büttners anat. Wahrnehm. Königsb. 1768. ®r) Halleri difput. anat, Vol, II, p. 973- 1001. **) Baldingers Magazin für Aerzte, 6tes Stück. h *F) Medic. Abhandl, der Academie der Wiffenfch. zu Paris, 4ter Theil, p, 53. +F) Schwedifche Abhandlungen.Band XXV. pag. 29, et 566 das Zulammentreten mehrerer Individuen zu einem | gebildet werden , bey doppelleibigen Misgeburten: Gewöhnlich bemerkt man bey dielen zugleich im in- nern Bau des Herzeris und in der Gefälsvertheilung Abweichungen vom Normal, welche die Bedingungen der Lebensunfähigkeit dielerMisgeburten in ich ent- halten, und ich werde lie daher erfi [päter betrachten, Hier erwähne ich nur die Fälle, wo blos Gedoppelt- heit des Herzens ohne anderweitige Abnormität beobachtet wurde. N ‘Man findet diefe Misbildung bey Vögeln nicht felten. Sömmerring erwähnt *), dafser felbft zwey Herzen aus einer Gans befitze, bey welchen Thiere der Fall nicht (elten ‘zu [eyn fcheine. Ich ha® be gleichfalls ein doppeltes Herz aus einer Gans vor mir, von dem man aber weiter nichts als die Zufammenfeizung eines jeden einzelnen aus zwey Kammern und zwey Ohren deutlich fieht, weil es in einer gekochten Gans gefunden wurde, Von dem Falken wulste [chon Kaifer Friedrich II, dafs fie häufig doppelte Herzen haben, denn er fagt an einer Stelle feines für die Naturgefchichte äufserft in- terellanten Werkes: de arte venandi cum avibus, die Falken aus kalten Gegenden haben grofse Herzen mit herzähnlichen Anhängen: D’Aboville fand bey " 48 amerikanilchen Rebhühnern doppelte Herzen, und nach Littre’s Bemerkung kommen fie auch unter Hüh«- *) Baillie Anat, des krankh, Baues, not, IT, pag. 27. Archiv. f,d. Phyf. VL, B. Il, Heft. Nn 562 —— Hühnern nicht felten vor, da ein Menfch bald hinter einander völlig doppelte Herzen zweimal bey Hühnern fand. Littre’s Befchreibung davon ift genau *). Er fand von beiden Herzen jedes nur etwas kleiner’ als das einfache Herz eines gleich alten Huhnes, ‚ beide einen halben Zoll von einander entfernt, je- des mit feinen Kammern, Ohren und Gefälsen wie im Normalzuftande ver[ehen. Beide waren mit ihrer untern Hohlader an denfelben Leberlappen befeltigt, Merkwürdig ift dabey, dafs hier nicht die Gröfse eines jeden Herzens um [o viel abnahm, dafs dadurch dennoch nur ein Organ von derfelben Maffe als ein gewöhnliches einfaches Herz conltituirt worden wäre: auch in. dem Falle, den ich vor mir habe, ift zwar das eine Herz faft ein Drittel kleiner als das andere, allein beide zulammen find doch gröfser, und auch die Capacität ihrer Höhlen beträchtlicher, als die eines einfachen Gänfeherzens. Dies ilt darum merkwürdig, weil’es eine Abweichung von dem ge- wöhnlichen, [ehr conftanten Geletze ift, dem zu Folge ein gewöhnlich einfaches Organ in dem Ver- hältnils kleiner wird, als es ich in mehrere Theile | theilt,‘ wie z. B, die Milz, wo man jedesmal be- merkt, dafs, wenn drey bis vier einigermalsen be- trächtliche Nebenmilzen gegenwärtig find, die ei- gentliche Milz kleiner ift als gewöhnlich. Nach eben dem Geletze bemerkt man bekanntlich auch beträchtlichere Grölse eines gewöhnlich doppelten Or- *) Medteinitche Abhandlungen der Parifer ABAERIT der Wiffenfchaften, Band 3, pag, 459, Pe 563 Organs, wenn es durch Fehler der Urhildung einfach ift und beträchtliche Grölse des Organs der einen Seite mit Kleinbeit des correlpondirenden Organs der andern, was die Betrachtung auf diefe Art abwei- chender Nieren deutlich zeigt. In diefer Rücklicht kann man alfo diefe abweichende Bildung des Her- zens in l[ofern für nicht ganz gleichgültige Misbil- dung anfehen, als das Herz dabey wirklich für den Körper zu grols war. Im Menfchen fand man bey übrigens normaler Bildung [elten oder nie (wenigftens habe ich Lis jetzt keinen Fall der Art aufgezeichnet gefunden) ein doppeltes Herz. In einem auch übrigens misgebil- deten, aber ganz einfachen Kinde, fand Collomb indels zwey Herzen, deren jedes in feinen Herzbeu- tel gehüllt war. Beide waren durch das Mittelfell getrennt, das eine lag in der rechten, das andere in der linken Brufthöhlenhälfte , die ‘Spitze des rechten war gegen die rechte, des linken gegen die linke Seite gekehrt. Die aus ihnen heraus- und in ‚ fie hineingehenden Gefälse waren gleichfalls gedop- pelt, vereinigten [ich aber etwa neun Linien vom Herzen, [o, dafs fie von da an aus die gewöhnlichen Gefälsftämme bildeten *). Das Herz weicht in Rückficht auf fein Verhältnils zum Körper zuweilen auch in [ofern vom Normal ab, als es entweder zu grols,oder zu klein ilt, Die Erweiterun” gea dellelben, welche Später im Leben entweder durch Nn 2 blofse ®) Reils Archiv, Band IV. $, 218, 19, 564 _ E blofse Ausdehnung oder durch verftärktes Wachs- tının delfelben, vorzüglich der linken Seite eintreten, gehören meinem Plane nach bierher. Sie find nicht felten, äufserft [elten aber ift die angebohrne zu be- trächtliche Gröfse des Herzens. Delto interellanter ilt der erft kürzlich befchriebene Fall des verltorbe- nen Fritze, der von Jugend auf afıhmatifch war, und bey dem man nach dem Tode das Gewicht des Herzens vier Pfund und fünf und zwanzig Loıh be- tragend, die linke Kammer gröfser als die rechte, die grofse Kranzader einen halben Zoll im Durch- melle ‘fand. Der Fall ift freilich äufserft unvollftän- dig befchrieben * ), allein die Zulammendrückung derLungen durch das Herz und das beträchtliche Ge- wicht beweilt doch die ungeheure Vergröfserung des Herzens. Findet diefe unverhältnilsmäfsige Gröfse des Herzens ohne andere Abweichungen in [einem Baue Statt, fo kann man diefen Zuftand mit Bail- lie**) für eine monltröfe Bildung anfehen, Doch muls denn immer beltimmt werden, ob es Fehler der Urbildung oder fpäter entltandene Krankheit war, da man zwilchen Monftrohtät und Desorganilation noch keinen Unterfchied als den der Lebensperiode, hat, in welcher beide entftanden. Dann gehört die von Baillie ***) angeführte Erweiterung des Her- zens, ‚welche durch Verdickung der venöfen Klap- pen entfteht, nicht hierher, Im * ") Hufelands Journal für pr, Heilk, XVIlltes Heft, $, 3. *#) Am angef. Orte $. 25. "*) Ebendf. — 565 . Im Gegentheil findet man, wie gefagt, das Herz zum Körper zu klein. Sömmerring führt aus dem London medical Journal 1787 einen Fall an, wo man bey einem fechzigjährigen Manne das Herz fo klein als in einem neugebohrnen Kinde, eine Stelle der Aortenkanımer verknöchert und diele an ihrer Spitze gerillen fand, Der Menlfch hatte zwanzig Jahre lang an Engbrüftigkeit mit lehr Janglamem Pulfe und an Herzklopfen nach jeder Starken Leibesbe- wegung gelitten *). Ich habe gleichfalls zwey Fälle von Erwachl[enen vor mir, wo die übrigens normalgebildeten Herzen die Gröfse eines vierjähri- gen Kinderherzens, die Lungen- und Körpergefäfse aber die gewöhnlichen Durchmefler haben. Dies find die hauptfächlichften Abweichungen der äufsern Form des Herzens; ehe ich zu Betrach- tang der Misbildungen übergehe, welche das Ver- hältnifs feiner Theile unter einander betreffen, eini- ges über die bemerkenswertheltien Abweichungen der Gelälsvertheilung. "Wenn man fich das ganze Gefäls[yftem mit feinem Central- und Vereinigungspunkte, dem Her- |zen, als aus zwey grolsen Hälften zulammenge- | tzt, denkt, der Aorten- und der Lungenhälfte, nd auf eine jede Hälfte die Theile des Gefäls- | s zulammenftellt, welche durch Gleichheit Blutes, welches fie führen, als ein Syftem arakterifirt werden, fo erhält man eines Theils den ”) Baillie wa, 0, $28, 566 den linken Ventrikel und linken Vorhof mit der gan- zen Aortenvertheilung und den Lungenblutadern und ‚auf der andern Seite die rechte Herzhälfte mit den Lungenpulsadern und dem Hohlvenenlyftem, zu dem u noch das Pfortaderfyftem tritt. Die linke Herzleite, der Anfang der Aorta und der linke Ventrikel, er[cheinen nach Hallers Ver- Suchen am bebrüteten Ey früher als die rechte, und ich halte es daher für zweckmälsig, zuerft die Ah- une u weichungen der linken Seite vom Normalbaue durch- zugehen. Verfchiedenheiten in Rücklicht auf den Urfprung der Aorta aus dem Herzen [elblt fpäter, jetzt nur einiges über die hauptfächlichlten Abwei- chungen des Urfprungs der grolsen Arterien aus dem Bogen derfelken. Der Bogen der Aorta fehlt zuweilen. Sie fteigt ’ perpendikulär vier Zoll hoch in die Höhe und theilt fich dann in drey Hauptäfte: 1) die rechte Schlüffel- ® beinfchlagader und Carotis, 2) die linke Carotis, 3) die linke Schlüffelbeinfchlagader, Rückwärts ent[pringt die ablteigende Anrta als eigner Stamm aus jenem vier Zoll langen Perpendikulärftamme enger als gewöhnlich *), Aus dem Bogen der Aorta entfpringen gewöhn- lich drey Aelte, auf der rechten Seite der gemein- | via, in.der Mitte die linke Carotis und am meiften, nach linl;s die linke Schlüffelbeinfchlagader.. Die . Hauptverfchiedenheiten find hier; ı) Es ? *) Abhandl, der Jof. Akademie, Band I. Taf, 6. = 567 ı) Es ent[pringen weniger Aelıe als gewöhnlich aus dem Bogen;'nur zwey. Entweder ent[pringt dann aus einem jeden die Schlüffelbeinfchlagader und fa-- rotis derfelben Seite gemeinfchaftlich: es ilt allo eine mehr [ymmetrifche Ur[prungsart als gewöhnlich. M a- lacarne [ah diele äußerlt leltne Vertheilung zwei- mal *). Es entlprangen zwey Schlüffelbeinarterien > aus dem Bogen der Aorta und aus jeder die Carotis derfelben Seite. Bey mehreren Thieren findet fich diefe Bildung conltant als die normale; fo beim Mus eitillus, (dem kleinen ruffifchen Murmeltbier) **). Oder es entlpringen auch nur zwey Hauptftämme, aber, ftatt dafs bey der erften Art von Duplicität des Urfprungs grölsere Symmetrie hervortrat, ift die letzte- re unfymmetrifcher als die gewöhnliche. Es entfpringt ein gemeinfchaftlicher Stamm, der rechte weit grö- fsere giebt die linke, und etwas höher die rechte Carotis ab und wird dann rechte Schlüffelbeinfchlag- ader, der linke ift die blofse linke Schlüffelbein- Schlagader ***), gerade die Gefälsvertheilung, welche man beim Hunde und bey andern Thieren, z.B. dem Hyrax Capenlis findet, bey welchem die aus dem Herzbeutel emergirende Aorta [ich in zwey Stämme theilt, deren rechter die rechte Subclavia und beide Caro- ®) Malacarne offeryazioni in chirurgia, Tom. II. P. 128. ®*) Pallas novae fpecies quadrup. e; glirium ordine. Er- lang, 1778: p. 151, we) Malac, ebend. Tab. I, fig. 3. Walter nouveaux mem, dejl’acad, de Berlin. Annee 1785. Tab, III. fig. ı, 568 — -Carotiden abgiebe} aus deren linken die linke Sub- clayia und dann die herablteigende Aorta entfteben Ed -Diefe Vertheilungsart ift eine geringere Abwei- chung vom Normalzultande als die mehr [ymmetri- [che erfte Verfchiedenheit, denn eine Reihe von Va- rietäten dieler Art beweilt mir, dafs diegewöhnliche Urfprungsart in diefe dadurch übergeht, dafs der Stamm.der linken Carotis dem ungenannten Stamme näher rückt als gewöhnlich. Im vollkoinmen nor- malen Zuftande enilpringt dieler einigeLinien vom un- genannten Stamme. Diefem nähert er fich in dem Falle, wo eine Gemeinfchaft beider nur leife ange- deutet ilt, fo,. dals fe dicht neben einander 'ver- laufen und ungelchieden aus der Aorta enifpringen. Darauf folgt der'höhere Grad von Vereinigung, wo fchon einige Linien über dem Urlprunge aus der Aorta beide innern Wände der beiden Gefälse, des : ungenannten Stammes und der linken Carotis fich vereinigen, fo dafs wirklich fchon ein gemeinfchaftli-_ eher Stamm. da ilt, den man aber noch deutlich als aus zwey ver[chiedenen zufammengefchmolzen, vorzüg- lich aus der Oyalität des Urfprungs aus der Aorta er- kennt, Diele verliert fich immer mehr, je höher über der Aorta die Scheidungslinie zwilchen beiden Stäm- men aufhört: doch ift dieler Grad der Vereinigung der häufiglte; von ihm habe ich 8, von jenem erften nur 2 Fälle vor mir. Endlich geht diefe Vereinigung in die, auch. von Malacarne und Walter’ belchrie- bene Urfprungsart über, Die linke Carotis ent- fpringt ”) Ballas fpfeil..Zool, Berof. 1767. p- 39. h > ‚ == 369 [pringt nicht mehr gemeinfchaftlich ınit dem unge- “ , nannten Staınme aus der Aorta, [ondern ihr Urfprung ift höher hinaufgerückt, fie entfpringt aus dem’un- genannten Stamme [elbft, (in drey Fällen, die ich vor mir habe, einen halben Zoll über dem Uıfprunge del- felben aus dem Bogen) und man heht am Urfprunge des gemeinfchaftlichen Stammes nicht, dals er nur durch ‚einen Zulammenfluls von mehrern entftand ‚ die nicht -So weit als gewöhnlich aus einander gerückt waren. 2) Esent[pringen drey Aefıe aus dem Bogen, die fich aber nicht anf die gewohnte Art theilen. Ent- weder es entlpringt ein ausgezeichnet grolser und. zwey kleinere Aelte abgelondert, aus deren erltern die rechte Subelavia und beide Carotiden entfprin- gen, deren zweiter die linke Wirbelarterie und de- ren dritter/die linke Suhelavia if: *),; oder von den’ drey Aelten theilt [ich einer in die. zwey Carotiden, die beiden einzelnen find die Schlüffelbeinarterien jeder Seite **). 3) Es entlpringen. vier Aelte, wo fich viele Ver- fchiedenheiten Anden, Am gewöhnlichften ift dann die Vertheilung der grolsen Aefte normal, es findet fich ein ungenannter Stamm, eine linke Carotis und linke Subelavia und zwilchen beiden entfpringt nur die linke Wirbelarterie. Von diefer Urfprungsart habe ich l[echs Fälle vor mir. Oder, Seltner ; enılpiingen alle. vier Hauptilte abgelondert, wo es merkwürdig ift, dals jedesmal 2 die *) Waliter l.fc, Tab. UL fig. 5; ) ebendal. fig, 2, i 570 — die rechte Subclavia nicht rechts, fondern noch mehr links als die linke, mehr nach aufsen und "unten als diele ent[pringt, und fich hinter der Speileröhre nach rechts wendet. Davon [ehe ich vier Fälle vor mir. Die Abbildungen von Böhmer *), Sandifort **) und Walter ***) zeigen ganz diefelbe Bildung. Eine ähnliche Urfprungsart bildet Sandifort f) ab. Die linke Subelavia entftand an ihrer Seite, nach- dem fich vorher die herabfteigende Aorta in einen beträchtlichen Sack erweitert hatte, Der arteriöfe Kanal war länger als fonft, .bandartig und endigte fich in die linke Subclavia. d Oder die drey Aefte ent[pringen normal, und nur zwilchen dem ungenannten Stamm und der Jinken Carotis entlpringt die untere Schilddrüfenarterie, fonft die dritte grolse Pulsader aus der Schlüffel- beinarterie, dieima Neubaueri +), offenbar nächft dem [ymmetrifchen Doppelurfprunge der [eltenfte Fall. len 4) Es entfpringen fünf Aefte }t}), der unge- nannte Stamm, die linke Subelavia und Carotis, abge- fondert ganz normal, vor dem ungenannten Stamm aber ) *) Boehmer de gets ramis etc, in Halleri difp, anat. Vol, 1, p."449 - 454. **) Thef, anat. Tom. II. Tab, CVL fig. = BERINIC HG. +) Thef. anat. Tab, CVIL, fig. ı. =. ++) Neubaueri Opp, anat, Tab, VII, rrt) Böhmer l.c, fg. S7ı 'äber entfpringt die innere rechte Mammaria und zwilchen der linken Carotis und Schlüffelbeinarte- rie die linke Ve:tebralis. In einemFalle, den ich vor mir habe, entf[pringen beide Vertebralarterien mit übrigens normaler Vertheilung der grolsen Aefte aus dem Bogen, die rechte zwilchen dem ungenanntenr Stamme und der linken Carotis, die linke zwilchen diefer und der linken Schlülfelbeinarterie. Ich finde weder mehr als fünf, noch weniger als zwey aus dem Bogen entfpringende Stämme anfge- zeichnet, man mülste denn den in den Jol[ephini- [chen Abhandlungen befchriebenen Fall als einen [ol- chen anfehen wollen, wo nur ein Stamm ent[prang. In der Urfprungsart der Aorta aus dem linken Ventrikel finden fich merkwürdige Verlchiedenhei- ten. Ungeachtet hier, wo ich die Bildungsabweichun- gen des Herzens und der Gefälse vom Normalzu- Stande nur als Bildungsabweichungen von den ‚allge- meinen Geletzen, nicht mit befonderer Rückficht auf den Einflufls betrachte, welchen fie auf die Ver- richtungen des misgebildeten Organs haben, fo werde ich doch zuerft die Abweichungen des Aorten- urfprungs abhandeln, welche ohne Einfufs auf die Verrichtungen des Gefäls[yftems find. Statt dafs die Aorta im Normalzuftande mit ei- nem einfachen Stamme aus dem linken Ventrikel ent- Springt, entfieht fie in einem fehr [eltnen Falle ge- theilt aus demfelben. Dies beobachtete Malacar- ne *). Die Aorta entfpringt mit einem ovalen Um- I fange ”")1.c,p. 119-127. Tab, I, fig. 1, 572 Bee fange, eigentlich einfach, hat an ihrer Urfprungsftelle 22: Linie im Queerdurchmelfer, ı6 Linien im per- ‘pendikwlären Durchmefler von vorn’ nach hinten. Nachdem die Kranzarterien aus der noch .einfa- chen Aorta entfprungen find, theilt fich diefer ein-. fache Stamm 3 Linien über der Herzbafis in zwey, deren jeder ı8 Linien im Durchmelfer hält: Beide biegen fich ftark convex nach aulsen, fteigen vier Zoll hoch, verkleinern fich allmählig bis zum Durch- meller von dreizehn Linien und vereinigen fich dann mit einander., Jeder diefer zwey Stämme gieht erft die Subelavia, dann die äufsere, und endlich ganz oben nahe an der Vereinigungsftelle die innere Caro- tis [einer Seite ab, an der Vereinigungsltelle aber ent- fpringt nach hinten die herabfteigende Aorta, deren Durchmeller vierzehn Linien beträgt. Der rechte Stamın, welcher die wahre Aorta ilt, ilt an [einer Zufammenmündungsftelle mit dem linken doppelt ‚fo weit als diefer, und aus ihm ent[pringt eigentlich die abfteigende Aorta. An der Vereinigungsftelle ife überdies die linke durch eine Verdoppelung der in- nern Membran verengt, wodurch fein Durchmeffer an derfelben noch einnal [o klein als kurz vorher wird, Ungeachtet die beiden Stämme mehr Capacität, als gewöhnlich hatten, erhielten doch die Theile, in welche fich die aus ihnen entlpringenden Gefälse ver- theilen, nicht mehr Blut als gewöhnlich, weil die von der Aorta ausgehenden Gefälse fich nach und nach fo verengern, dafs fie aulserhalb der Brufthöble nur das WE ERRETEEREERE WEB _—— 973 das gewöhnliche Kaliber haben. An der Urfprungs- ftelle bemerkte man 5 Klappen. Bd Höher getheilt als in diefem Falle bemerkte Honnerlag *) die Aorta, Sie lteigt über zwey Zoll boch ungetheilt empor, theilt Gch dann in zwey Aelte, einen vordern, engern, einen hinternz weitern, zwilchen welchen Speilfe - und Luftröhre durchgehen, die fich nach einzölliger Entfernung von einander vereinigen und darauf der normalen abfteigenden Aorta den Urlprung geben. Aus denn vordern Alte entlpringen die linke. Subclavia und Carotis, aus dem hiutern die gleichnamigen Arte- rien der rechten Seite, alle einzeln. Sehr merkwürdig, [owohl als Bildungsfehler als wegen des Einflulfes auf alle Functionen des Organisı mus, ilt die Abweichung des Aortenurfprungs vom Normalzuftande, welche in dem Urfprunge derlelben aus beiden Ventrikeln zugleich gegründet ilt. Nach- dem ich die mir darüber bekannten Fälle aufgezeich- nethaben werde, werde ich meine vielleichtnicht ganz uninterellanten Vermuthungen über die Ur[ache die- fer normwidrigen Urfprungsart anführen, Die ältelte Beobachtung darüber findet ich bey Nicolaus Ste- nonis **). Er unterfuchte ein gänzlich misgebildel tes Kind. Am Kopfe fand er eine Hafenfcharte mit Wolfsrachen und dadurch unmittelbare Communica: tion zwilchen Mund - und Nafenhöhlen, -an den Ex- tremitäten Verwachlung der Finger der linken Hand *),Commerc, lirerar; Norimbeigenf. ann, 1737, Tab, II, ig,’ ı, ”) Act. Hafnienf, Tom, I. p. 200, 574. — F Hand mit Ausnahme des Daumens, Kürze des Mittel- Angers derfelben Hand, an der Bruftein nur nach oben zu an einem kleinen Theile zulammenhängendes Bruft- bein, am Unterleibe Mangel der allgemeinen Bedeckun. genund daher Hervorhängen der freiliegenden Einge- weide. Die Lungenarterie war weit enger alsgewöhn- lich, enger als die Aorta; als die Lungenarterien geöff- net wurden, fand man von dem arteriölen Kanal keine Spur. Nach Oeffnung des rechten Ventrikels fand man, dals eine Sonde aus demfelben mit derfelben Leich- tigkeit in die Aorta drang als aus dem linken. Die Lungenarterie entlprang an der gewöhnlichen Stelle; zwilchen beiden Ventrikeln befand lich an der Stelle; wo die Aorta aus beiden zugleich ent[prang, in der Herzfcheidewand eine Oeffnung, wodurch beide mit einander communicirten. Aeulserlt merkwürdig ilt, aufser dieler Communication beider Ventrikel durch das geöffnete Septum, hier das Zulammentreten von unvollendeter Bildung andrer Organe, die gleichfalls än der Mittellinie des Körpers liegen, die Hafen, [charte, die Trennung des Bruftbeins und der Haut- anangel am Unterleibe. Genau mit dielem Falle kommt ein von Sandi- £ort befchriebenerj*) überein, der, gleichfalls in einem Fötus, Nabelbruch, 'allo unvollftändige Bildung der allgemeinen Bedeckungen an der Stelle, wo die Unterleibeseingeweide vorlagen (was überhaupt jer desmal das Welen des angebohrnen Nabelbruches ilt) ») “ n ken ort obf. anat, pathol. Tom, III, p, ı - 41,: Tab. - VL 2 er 978 ift ) gefpaltenes Rückgrat, alfo unvollkommene Ent- wicklung des Rückgrates und der Haut an derfelben Stelle, mwembranöfe Interftitien zwilchen den obern Ribben beider Seiten und die gleichzubelchreibende, abweichende Herzbildung fand. Das Herz war rund- licher als gewöhnlich, aulsen normal, der arteriöle Ka- nal zwar nicht verfchloffen, aber doch [ehr eng, fo dals, er kein Fortlatz des Lungenarterienftammes, [ondern ein kleiner Zweig des linken Altes derfelben zu feyn fchien. Die rechte Vorkammer war normal, aus der rechten Kammer aber führte hinter der Klappe, welche die Scheidung der Kammer in den yenöfen und arteriöfen Theil bewirket, eine beträchtliche Oeffnung in die Aorta und tiefer unten eine andere in die Lungenarterie. Durch eben jene Aortenäfl: nung, aus welcher gemeinfchaftlich aus beiden Herzkammern mit einem grölsern Durchmelfler a der rechten, mit einem kleinern aus der linken dis‘ Aorta ent[prang, communicirten beide Herzkammern mit einander. Die Lungenarterie hatte die gewöhn- liche Weite, aber eine engere Mündung und nur zwey Klappen, das eirunde Loch war offen. j Diefelbe Bildung fand Sandifort *) in einem Knaben von dreizehn Jahren. Das Herz war unge. heuer erweitert, vorzüglich [eine rechte Hälfte nebft allen Kranzvenen bis auf die letzten Enden, fo auch die untere Hohlader. Die Lungenarterie war von ih- rem Urfprunge bis zu ihrer Doppeltheilung [ehr ver- engt, vom arteriölenKanal keine Spur. Bey der innern Unter- ”) Sandif. obf. anat, pathol, ‚Tom. I, cap, I, Tab, 1-11, 576 i et Unterfichung fand man Communication zwilchen der rechten und linken Herzkammer durch eine Oelf- nung in der Herzfcheidewand und an derfelben Stelle die Aorta aus beiden“ Herzhälften zugleich entlprin- gend und bey ihrem Urfprunge erweitert., Ihr grö- fserer Theil entprang auch hier aus dem rechten Herzen. Die Lungenarterienklappen waren kleir, feft verwachlen, mit körnigten, Heifchigen Excrel- , eenzen bedeckt, [o dafs man durch die kleine, zwi- fchen ihnen belindliche Oeffnung aus dem Herzen nicht in die Lungenarterien, wohl aber äus dieler rückwärts mit der Sonde zum Herzen gelangen konnte. Auch bierfand er nur zwey Lungenarterien- klappen. Beide Herzkammern waren gleich dick, die Lungen klein,» zuflammengedrückt, hart, das eirunde Loch zum Theil offen, „In einem zweijährigen Kinde fand Abernethy Kalt denfelben Bau *). Das rechte Herzohr: war gröfser als gewöhnlich, das eirunde Loch völlig offen, der ' rechte Ventrikel gleichfalls (ehr erweitert, feine "Wände fo dick als -des linken. Aus ihm entfprang ein grolses Gefäfs im gewöhnlichen Laufe der Lun- genfehlagader, das man aber bey näherer Unterfu- chung als die erweiterte Aorta erkannte. Die Com- iMmunication zwifchen dem rechten Ventrikel und der Aorta war gerade und [ehr weit, und das Blut [chien bey der Contraction 'deflelben frey und ungehindert - dielelbe gelangt zu [eyn. Die Lungenarterie ents _ fprang *) Abernethy chirur gilche und phyfiologifche Verfuche, P, 158 - 160, - - Iprang eleichfalls aus dem rechten Ventrikel, allein die Oeffnung derfelben war klein, auch die Aorta Selbft $ kleiner als im Normalzuftande, die Wände fo dünn wie Venenwände. Das Blut war auf dem gewöhnlichen Wege durch vier Lungenvenen zum Herzen zurückgeführt worden. Das linke Herz war um ein Drittheil enger als das rechte; aus dem lin- ken Ventrikel ging kein Gefäls hervor, allein im obern Theile der Herzfcheidewand war eine’ Oeffnung, welche das Blut aus der linken Herzhälfte in die Aorta leitete, Mehrere Beobachtungen diefes doppelten Ur- fprungs der Aorta aus beiden Ventrikeln im normal- gebildeten Körper, als diele letzten drey, kenne ich nicht: die angeführten kommen im Welfentlichen dar- ‚in überein, dafs die Aorta mit ihrem gröfsern Theile aus dem rechten Ventrikel entlprang , und dafs an derfelben Stelle durch eine Oeffnung in der Herz- fcheidewand Communication zwilchen beiden Ven- trikeln Statt fand. In einer befondern Klaffe von. Misgeburten findet man falt conftant Perforation des Septums und daher Urfprung der Aorta aus beiden Ventrikeln. Diefe Misgeburten find die vollkommen oder unvollkommen doppeltleibigen, Mehrere, welche ich vor mir habe, und andere von " werfchiedenen Schriftltellern befchriebene,, beweilen " dies. Es fey mir erlaubt, die von mir aufbewahrten Fälle zu befchreiben. In einer doppeltleibigen und doppeltköpfgen Schaafmisgeburt, deren beide Bruft- beine an ihren untern Enden mit einander verwachlen Arch. f.d. Phyf. VI. B. III. Heft. Oo find, 378 . ureN, \ find, finde ich beide Herzen in eineuı gemeinfchaft- lichen Herzbeutel einge[chloffen, das rechte grölser - als das linke, (ein falı allgemeines Geletz, indem falt jedesmal, auch der eine Körper einer folchen- Misgeburt, genau betrachtet, etwas kleiner als der an- dere ift) übrigens die äulsere Geftalt der beiden voll- Ständig von einander getrennten Herzen ganz normal, Nicht fo. der innere Bau und dieLage. Die Lage des rechten Herzens ilt zwar normal, die Baliıs nach rechts und oben, die Spitze nach links und unten, umgekehrt aber liegt die Balıs des linken unten und links, die Spitze nach oben und rechts. Der innere Bau weicht gleichfalls dadurch ab, dafs die Aortain beiden Herzen aus dem rechten und linken Ventrikel entfpringt und beide durch eine an derlelben Stelle befindliche Oeffnung mit einander communiciren. In einer Schweinsmisgeburt, wo fich ein dop- pelter Körper und zulammengewachfene Köpfe fin- den, liegen die Herzen abgefondert, jedes in feinen eignen Herzbeutel, das vordere ift weit gröfser als: das hintere, Beide Aorten verbinden fich durch ei- nen Zwilchenkanal vor den zwey Luftröhren. Auch hier entfpringt eben fo die Aorta aus beiden, mit einander communicirenden Ventrikeln. Auch in einer menfchlichen Misgeburt finde ich denfelben Bau, Auf’ einem einfachen’ Becken und zwey Schenkeln Steht Eh vollkommen doppelter: Rumpf und Kopf. Die’Bruftbeine und Ribben beider” Körper vereinigen fich mit einander. In einem gemeinfchaftlichen Herzbeutel liegen zwey Herzen ‚ dicht er 579 dicht neben einander, deren beide innern Ohren fich berühren und weit gröfser als die äulsern find. Aus der Aorta des rechten Herzens entlpringt die rechte Lungenarterie, aus der rechten obern Hohlyene die rechte Lungenvene, aus dem linken Herzen entfalten fich alle Gefälse nach der gewohnten Regel. Durch einen kleinen Queeralt communieirt die rechte Lun- genarterie mit der Kranzarterie des rechten Herzens. Aus dem Unterleibe treten zwey untere Hohlvenen herauf, die [ich neblt drey, obern Hohlvenen, deren anittlere beiden Körpern gemein ift, und den linken Lungenvenen in einen grolsen beiden Herzen gemein- fchaftlichen Vorhof endigen. Von den Herzen weicht nur das rechte von der Regel ab, indem die Scheidewand der Kammern an der Urfprungsftelle der Aorta eine halbmondförmige Oeffnung hat und keine Lungenpulsader aus der rechten Kammer ent- fpringt. Das linke Herz ilt nicht blos vollkommner ausgebildet, fondern nebft feiner ganzen Seite [tär- ker und grölser als das rechte, Auch in dervon Walter befchriebenen und ab- gebildeten Misgeburt, ift das eine Herz normal, das andere durch Perforation des Septums abnorm. Eben das findet fich auch bey weniger vollftän- dig doppelten Misgeburten, In einem Kalbe, das auf einem ganz einfachen Rumpfe zwey Köpfe trägt, "ift das Herz dem äufsern Anfehen nach einfach, grö- Sser als gewöhnlich, Es beftebt nur aus zwey Kam- mern und zwey Vorhöfen. Oben in der Scheidewand ilt eine Communicationsöffnung. Aus jeder Kammer 002 ent- 580 — i ent[pringt eine Aorta und eine Lungenarterie, ‚getrennt von einander, beide auf der linken Seite am färkften. Nur die linke Aorta macht den Bogen und vertheilt ich aufser dem Kopfe ihrer Seite in den ganzen Körper, die rechte, mit welcher fie fich durch einen grofsen Communicationsaft verbindet, verforgt den Kopf ih- rer Scite allein. Die rechte Lungenarterie geht zur Lunge ihrer Seite, die linke zur Linken, Die Vor- höfe communiciren mit einander, der rechte nimmt eine obere Hohlvene und die einzige untere, der linke eine obere Hohlvene und die Lungenvenen auf. _ Diefe fo conftante Perforation des Septums und daher rührende Duplicität des Urfprungs der Aorta in doppeltleibigen nnd doppeltköpfigen Misgeburten, dals das Gegentheil unter die Ausnahmen gezählt werden mus, macht es äulser[t wahrfcheinlich, dafs das Welfen diefer Misbildung unvollkommne Entwicklung des Herzens an der Stelle ift, wo fich die Aorta aus dem linken Ventrikel über die Herz- [cheidewand näch vorn und in die Höhe beugt. Wabrfcheiniich giebt es eine Periode in der Fölus- entwickelung, wo beide Ventrikeln, nicht beide Herzohren allein mit einander durch jene Oeffnung communiciren. In diefer Periode ift theils die Herz- [cheidewand hier nicht vollkommen gebildet, theils fehlt noch der Theil der Aortenwand, der fich nach- her über die Scheidewand und einen Theil des rech- ten Ventrikels legt. Geht die Entwickelung des Fötus ihren normalen Gang, lo [chlielst fich in einer darauf folgenden Periode diele Oeffnung und nur das eirun- de — 581 de Loch erhält die Communication zwifchen beiden Herzhälften, wird aber die vollltändige Fötusentwi- ckelung geftört, fo bleibt die Herzbildung auf diefer Y Stufe Stehen. Ich habe für diefe Meinung havptlfäch- lich drey' Gründe: - Erftens, diefe abnorme Herzbildung co“xiltirt mit Bildungsfeblern, welche uhne Zweilel in unvollftän- digerEntwicklung der Theile, die ie betreffen, be- gründet find, In Stenonis Falle war Halenfcharte, Nabelbruch und Mangel des Bruftbeins, in Sandiforts Fälle Nabelbruch, gefpaltnes Rückgrat und mangelhaf- te Ausbildung der Ribben zugegen. Der Nabeibruch entfteht blos daher, dafs fich die Haut an. der Stelle, wo der Nabelltrang fich in den Unterleib einlenkt, nicht gleichmälsig wie an andern Theilen des Kör- pers generirt, (bey ganz jungen Embryonen ilt Man- gel der allgemeinen Bedeckungen an diefer Stelle Normalbildung) von der Halenfcharte und Wolfsra- ‘chen hat der fcharliinnige Autenrieth in feinen additamentis ad hiltwriam embryonum bewielen, dafs fe von einer nicht normalen Entwickelung des Gaumens herrührt, indem in den früheften Perioden der Fötusentwickelung jedesmal Communication zwi- fchen Nalen-und Mundhöhle Statt finder. Den zweiten Grund bietet mir die Entwickelungs- gefchichte desHerzens dar. Nach Haller’s Unter. fuchungen am bebrüteten Ey bildet fich die linke Seite des Herzens zuerft. Man nimmt den livken Ventrikel um die acht und vierzigfte Stunde nach dem Anfange der Bebrütung zuerlt wahr, erlt um die bun- 582 hundert vier und vierzigfte die erften Spuren des rechten *) als eine kleine Erhöhung auf dem ‘Bulbus der Aorta, die beträchtlich kleiner als der Tchon exiftirende linke Ventrikel ift, und queer über dem- felben liegt. Die Geltalt des neuentltehenden Ven- trikels ilt oval. In Zeit von einem Tage befindet Sich der rechte Ventrikel an feiner normalen Stelle, an der rechten Seite des linken Ventrikels, indem fich das Herz mehr in die Axe des Körpers gewandt hat **), Zwifchen den beiden Ohren und Kammern befindet fch der canalis auricularis und zwi- Ichen ihm und dem Aortenbulbus eine Oeffnung, durch welche man die Scalpellpitze bringen kann, Schlielst fich diefe Oeffnung, nachdem beide Herz- kammern mit einander verbunden find, nicht, fo bleibt’ das Herz auf diefer Stufe ftehn und die Aorta . Icheint daher aus beiden Ventrikeln zu ent[pringen. Drittens fand Morgagni in drey Herzen von Erwachfenen wirklich Communication zwilchen der linken und rechten Herzhälfte dürch eine, in dem einen Falle, auch durch mehrere Oeffnungen, durch. welche er eine Sonde bringen konnte. Diele Oef. _ nungen waren immer in der unter der Lungenarterie befindlichen Stelle des Septums, immer weiter nach der rechten als nach der linken Herzkammer hin, immer in den Vertiefungen, welche durch das Aus- ein- *) Sur la formation du coeur dans le pouler, Tome II, pag. 79. 80. $I. ”*) Ebend, pag. 76. ee 583 einanderweichen der Muskclfafern eniftehen *). Eine Erwähnung der Befchaffenheit der Lungen &indet fich nicht bey Morgagni. Sollte nicht auch die von Albers bemerkte dünne Stelle in der Scheidewand des Robbenherzens bier in Erwägung kommen, fo wie die in niedern Thierbildungen conftant vorkommende Communi- cation beider Ventrikeln ? Nicht in allen Fällen Jälst ich eine wahrlchein- liche Urfache diefer Nichtentwickelung angehen, allein in den meilten der bisher befchriebenen, findet man fie angedentet. Im Stenonisfehen, und den beiden Sandifortfchen Fällen und ‚dem Aber- . nethyfchen Falle nemslich fand man die Lungen- fchlagader beträchtlich verengt: in den ans Misgebur- ten aufgezeichneten Fällen, findet fich zwar kein [ol- cher Bau der Lungenarterje, indefs genügen jene vier aufgezeichneten Fälle, Ungeachtet; die Bluteircula- tion, in den Lungen des Fötus äufserft iunbedeutend feyn mag, fo ift doch an derfelben kaum zu zweifeln und jedes Hindernils für den Eintritt. des Bluts in die Lungenarterie muls alflo von nachtheiligem Einfluls auf die Bildung des Herzens feyn. Doch braucht man hierbey gar nicht auf den Rlutumlauf durch die Lungen Rücklicht zunehmen, daim Normalzuftande } das Blut aus denı rechten Herzen in die Lungenpuls- ader und aus diefer dureh den arteriöfen Kanal in die ®) Ep, Anat, XV, 62, 584 — die Aorta geworfen wird. Ift allo die Lungenfchlag- ader ganz verfchloflen oder nur zu eng, um das Blut frey aus dem rechten Ventrikel in die Aorta zu leiten, fo muls, da dadurch der gröfste Theil des Bluts, was für den ganzen Körper beltimmt ift, zurückge- halten wird, dies nothwendig auf einem ‚andern Wege zur Aortd gehen. Der normale Weg ift das eirunde Loch, warum aber [chlägt diefen das Blut, wenn es durch die Lungen[chlagader in die Aorta zu geben gehindert ift, nicht jedesmal ein? Ich werde fogleich einige Fälle anführen, wo man Ver- fchliefsung der Lungenarterien und die dadurch ge- wöhnlich veranlalsten Folgen für die Gefundheit des ganzen Körpers, welche man unter dem Namen der blauen Krankheit au/ftellt, ohne diele abweichende Bildung der Herzfeheidewand und des Aortenur- fprungs fand; Fälle, aus denen mir das Welen der Krankheit als gehemmte Entwicklung, als Stehen- bleiben auf einer beftiminten Entwickelungsltufe, auf der Amphibienftiufe, äußserft wahrfcheinlich wird. Hunter befchreibt einen Fall, wo bey einem drejzehntägigen Kinde die Lungenkammer und die Lungenarterie äußerft klein, bey ihrem Urfprunge aus jener ganz gelchloffen, der arteriöfe Kanal [ehr Klein ilt und mit dem linken Alte der Lungenarterie communicirt. Dabey ilt der Hohlyenenlack gröfser als gewöhnlich, die Communication mittellt des ovalen Loches zwifchen dein rechten und linken Vorhofe viel weiter als gewöhnlich. Tar- — 585 Tacconi fand in einem funfzehnjährigen Mäd- chen, das denfelben Zufällen unterworfen gewelen war, das Herz an der Spitze gleich breit als an der Balıs, mehr winkelförmig als conilch, den rechten Ventrikel weit [tärker und gröfser als den linken, die Lungenarterienklappen [o enge mit einander ver- wachlen, dafs fe injieirtes Waller nur durch eine fehr' kleine, nach [einer Meinung wahrfcheinlich durch die vorher eingebrachte Sonde gemachte Oeffnung durchliefsen, die Lungen aber runzlich, [ehr zulam« wmengezogen , blutleer, den arteriöfen Kanal ver- . fchloffen, das eirunde Loch grölser als im Fötus, vorzüglich nach dem rechten Ventrikel hin, y Morgagni *) fand unter denfelben Umftänden bey einem fechzehnjährigen Mädchen, das Herz, ‚kleiner, rundlicher als fonft ( der Fall, deffen ich _ fchon oben gedachte), den rechten Ventrikel wie den linken, den linken wie den rechten geformt. Der rechte war weiter, die Wände dicker, das rechte Herzohr doppelt fo grofs als das linke, doppelt fo ftark, zwilchen beiden das eirunde Loch von der Capacität des kleinenFingers, Von den drey rechten Venenlilappen war eine gewöhnlich grols, die zwey andern kleiner, die Lungenarterienklappen an derBalis normal, an ihren obern Theilen knorp- lich, ja zum Theil knöchern und fo mit einander verwachlen, dals fie nur eine linfengrolse Oeffnung zwifchen Sich liefsen, An dieler Stelle hatten fie’ Beilch.' *) De cauff, et fed, morb, XVII, 14. 586 regt Wh Neilchhäutige Productionen, die fo geftelle‘waren, dafs fie das Blut'heraus, nicht herein lielsen, In diefen Fällen verurlachte die Verfchliefsung der Lungenarterie nicht Communication beiderHerz- hälften mit einander durch Trennung der Scheide- wand, fondern durch Erweiterung des eirunden Loches. Woher rührte diefer Unterfchied? Ich weils wohl, dafs man: ihn daher leiten kann, dals in den Stenonisfchen, Sandifortfchen und Abernethy£chen .Fällen, * die Misbildung der Herzfcheidewand gleichzeitig mit der Misbildung der Lungenarterie eintrat, nichtdurch die verf[chlol- fene Lungenarterie veranlafst wurde, um [o "mehr, da man bey Misgeburten diefelbe Conformation des Septums ohne .ein folches Hindernifs für die Circu- laiion durch die Lungenarterie fand; allein dadurch trägt man nichts zur Erklärung bey, fondern fagt dann nur eben: das Kind hatte ein misgebildetes- Herz. Ift’es nicht wahrfcheinlicher anzunehmen, dafs in den Fällen, wo man mit der verfchloffenen Lun- genarterie doppelten Urfprung der Aorta und per-' forirtes Septum fand, die Verfchliefsung der Lungen- arterie in der Fötusperiode eintrat, wo die Kammern noch mit einander unmittelbar ‘communicirten, ftatt dafs fie in den Fällen, wo man, wie bey Hun- ter, Tacconi, Morgagni nur Erweiterung des eirtiuden Loches zugleich fand, erft da eintrat, wo das Septum [chon gelchloflen war, das Blut aifo nur durch das eirunde Loch dringen konnte? Die ge ur Die Kran*engefchichten [cheinen diele Meinung zu beftätigen. Taeconi’s Kranke war bis zum fünften Jahre gefund und erft von dieler Zeit an be- merkte man die blaue Krankheit an ihr, nach einem . hohen Falle. Sandiforts Knabe war zwar auch in dem erften Jahre gefund , allein die weite 'Oeff- mung des eirunden Loches während des er[ten Jahres, welche man bey den meiften- Kindern findet, die Hautfarbe der meiften Kinder in diefer Periode, die Feıtheit derfelben, fcheint daraufhinzudeuten, dafs im erften Jahre und häufig vielleicht noch länger, un- mittelbarer Uebergang des hydrogenirten Venenbluts in die linke Herzhälfte durch das eirunde Loch zum Normalzuftande gehört, -und ein von Vieullenser- zählterF all fcheint diefe Meinung zu befiätigen. Er fand *) in einem Kinde, das dreifsig Stunden nach feiner Gehurt unter Zufällen der blauen Krank- heit ftarb, das eirundeLoch ganz ver[chlolfen, nicht die geringfte Spur davon da, die Lungen [ehr aus- 'gedehnt, das ganze,wechte Herz, belonders die Lun- genarterie und Kammern, viel gröfser als gewöhnlich. Die Lungen waren voll Schleim, [o dals dem Blüte der Durchgang unmöglich gewelen war. Freilich kann man annehmen, dafs hier die Lungen krank waren, und daher dem Blute den Durchgang nicht er- Jaubten: allein könnte man nicht eben’fo gut die Krankheit der Lungen, als erft durch das Einftrömen, einer für ihre immer gegen das Ende der Fötuspe- riode nicht hinlänglicbe Entwicklung zu grofsen Menge *) Trait€ du coeur. 588 — Menge von Blut veranlafst annehmen? Vieuflens fagt nichts von der Belfchaffenheit des arteriölen Kanals, der aber wahrfcheinlich verf[chloffen war, weil er fonft die Stelle des eirunden Loches ver- treten’ gekonnt hätte. h In Morgagnifchen, Hunterfchen und Tacconifchen Falle, wurde übrigens die Störung der Gefundheit nicht durch die Oeffnung des eirunden Loches, [ondern durch die Verfchliefsung der Lun- genarterie veranlalst. Dies beweilt mir das Herz eines lechzigjährigen Weibes, deffen eirundes Loch wenigltens zwey Drittheil Zoll im Durchmelffer hält und die doch vollkommen gefund war. Der Ueber- gang des [chwarzen Blutes aus dem rechten Vorhofk in den linken, wurde hier nicht, wie in den gewöhn- lichen Fällen von Oeffnung des eirunden Loches da- durch gehindert, dafs die Klappe dellelben in den linken Vorhof, weiter hineinragte als in den rech- ten, [o dafs durch ihr Andrücken an die Scheide- wand der Vorhöfe mittellt des Stolses des rothen Blutes im linken Vorhofe die Oefinung gefchloffen gewefen wäre; [ondern die Communication war ganz frey, die Klappe erhob fich, einen halben Zoll breit, nur zwey bis drey Linien über den untern Theil des Randes des eirunden Loches, und war allo nie im Stande eine vollkommne Scheidewand hervorzu- bringen. Allein, dies war auch nicht nöthig, da in den Lungen kein Hindernifs für die freie Circulation war, das Blut aus dem rechten Herzen allo nicht mit einer Heftigkeit gegen das linke getrieben wurde, welch: / - r 589 welche den Widerftand ‚ den ihm das rothe Blut des linken Herzyorhofes leiftete, überftiegen hätte, Nur in [ofern die Lungenarterie verfchloffen war, die Oeffnung des eirunden Loches allo wegen der Gewalt, mit welcher das Blut des rechten Herzens durch die Verfchlielsung der Lungenarterie unmit- telbar in den linken Vorhof geworfen wurde, das Mittel der Circulation eines nicht oxydirten Blutes im Körper wurde, nur in [ofern war in den ange- führten Fällen die Oefinung des eirunden Loches Moment der Krankheit, zugleich aber das einzige Mittel, ein Leben zu erhalten, dafs man freilich ein Hydrogen-oder Azotleben nennen könnte. Dennoch [cheint zuweilen die zu beträchtliche Oeff- nung des eirunden Loches allein zur Hervorbringung der blauen Krankheit, alfo der nicht gehörigen Oxy- dation des Blutes Anlafs geben zu können, wovon einvon Jurine erzählter Fall *) zum Beweile die- nen kann. Ein fechsmonathliches Kind wurde von [ei- ner Amme zu [einen Aeltern zurück gebracht, weil [ei- ne Hände und Finger beftändig violett waren: [ein Ge- ficht war bleilarben, die Augen eingefunken und alle Nähte des Kopfes noch geöffnet. Nach vergeblicher Anwendung mehrerer Mittel [tarb das Kind in einem . Alter von zehn Monatlhıen. Bey der Oeffnung fand man das eirunde Loch nur halb durch ein muskulöfes Band gefckloffen, den arteriöfen Kanal noch offen, wiewohl beträchtlich verengt, das rechte Herzohr Sehr *) Memoires de la fociet€ de medecine Tom, X. I’an VI, Pag. 52. 598 | a - — febr geräumig und das Venenblut[o [chwarz, als wäre es mit Rufs vermifcht. Indefs war hier freilich der arteriöfe Kanal, der [onft Schon in den erften Tagen nach der Geburt fich [chliefst, noch offen, wiewohl verengt. Da eine Befchreibung der Lungen und der zu ihnen gehenden Production des rechten Herzens, der Lungenarterien fehlt, fo kann man kein be- ftimmtes Urtheil über die entfernte Urfach der Krankheit fällen, f Ueber den Einflufs der Oeffnung des arteriellen Kanals auf Hervorbringung der Erweiterung des ei- runden Loches zunächl[t, und weiterhin der durch die Circulation eines nicht oxydirten Blutes im Kör- per erfolgenden Er[cheinungen, läfst ich nichts mit Gewifsheit [agen, nur fcheint es mir, als mülste man auch fein Offenbleiben erft wieder durch ein Hindernifs in der Lungeneirculation veranlalst annehmen, da man es fich [onft kaum erklären kann. Brendel *) fand ihn in einem zwey und zwanzigjährigen Jüngling zu- - gleich mit Fötusöffnung des eirunden Loches offen: da in diefem Falle der Thorax äufserlt enge, die Lungen [tark adhärirend waren, [o war vermuthlich die entfernte Urfache der Oeffnung des arteriölen Kanals in jgehinderter freier Circulation begründet. Uebrigens beweilt die Häufigkeit des Offenbleibens des eirunden Loches und die Seltenheit des Offen- bleibens des arteriöfen Kanals, dafs die Meyer- [che Behauptung, der zufolge der arteriöfe Kanal mit Offenbleiben des eirunden Loches offen bleibe, und *) Act. natur, curiof. Cent, IV. obf, 166, | | | —— Igı ind nur zugleich mit ihm gefchloffen werde, offen- bar unrichtig il. Nur bey, von der Geburt an, [ehr beträchtlichen Refpirationshindernilfen, könnte man annehmen, dals arteriöfer Kanal und eirundes Loch zugleich offen bleiben, indes auch dagegen [treitet die Hunter’[che und Morgagni’fche Beobach- tung, welche ich oben anführte. Taeconi glaubt, das eirunde Loch habe fich durch den Fall geöflnet, und daher abe die Krank- heit des bis dahin gelunden Mädchens ihren Anfang genenimen. Dafs in der blufsen_Oeflnung des ei- runden Loches nieht der Grund der Kranlıheit ge- legen habe, führte ich [chon vorher an: [ehr wahr- fcheinlich ift es mir auch, dafs das Kind [chon vor dem Falle krank war, da man gar keinen 'Zulam- meuhang zwilchen dem Falle und der Veränderung in der Lungenarterie auffinden kan, Auf beftimm- te’ Nachrichten konnte man nicht rechnen, da die Kranke eine Bettlerin war und keine Verwandte hatte, welche über ihre frühere Gelundheit Auskunft geben konnten. Dals lie gerade das fünfte Jahr als das angab, wo fie den Anfang der Krankheit be- inerkt haben wollte, ift (ehr natürlich, da fich das Gedächtnils derKinder [elten weiter erftreckt als bis in das vierte oder füufte Jahr, und überdies gerade inı fünften Jahre die Kranke einen hohen.Fal] gethan hatte, der fie zuerft auf ihr Befinden aufmerklam machen mulste. Aufser diefem doppelten Urfprunge der Aörta, delfen Folgen für die allgemeine Gefundheit ich bier nicht Pe 592 ho sm ‘nicht weitläuftiger unterfuche, weil diefe Betrach- tung theils ganz aufser meinem Plan lieget, theils andere Bildungsfehler anderer Herztheile mir wieder darauf zurück zu kommen Gelegenheit geben, fin- den fich nicht weniger merkwürdige Aborstaten in Rückficht auf den Urfpruug der Aorta. Baillie *) befchreibt eine fehr merkwürdige. . In einem ungefähr zwey Jahr alten Kinde, das auch an Zufällen der blauen Krankheit gelitten hatte, ent- fpringt die Aorta aus der rechten Kammer, die Lun- genarterie aus der linken und zwilchen beiden befand fich keine andere als die durch den arteriöfen Kanal hervorgebrachte Verbindung. Dieler hatte die Weite einer Rabenfeder. Das eirundeLoch wär etwas mehr verfchlof[en als bey einem neugebohrnen Kinde, Das Herz war gewöhnlich grofs. Zwifchen den Lungen, und dem linken Herzen circulirte alfo immer ein oxy- dirtes Blut und daffelbe Blut, was desoxydirt und hy- drogenirt aus dem ganzen Körper in das rechte Herz- ohr zurückkehrte, ging die’ kleine Veränderung, welche es durch die Beimifchung des Bluts aus dem arteriölen Kanal erhielt, abgerechnet, immer hydro- genirt wieder in den Körper zurück. Nicht weniger merkwürdig ift eine andre Ver- theilung der Aorta, dieSteidele aus einem übri- gens normalgebildeten, bald nach der Geburt verftor- benen Kinde befchreibt **) und .abbilde. Die Aorta *) Auserlefene Abhandl, zum Gebrauch für pr. A. Tom. XX, Pag. 332. 333. ”") Steidele Sammlung chirurg. Beobachtungen Band. 2, Pag. 114 — 116, -— 593 Aorta ent[pringt wie gewöhnlich aus dem linken Ventrikel’, eben fo die Lungenarterie aus dem rechten. Die Aorta aber vertheilt fich nur am Hals, Kopf und obern Extremitäten, aus der Lun- genarterie aber entlpringt die ganze abfteigende Aorta, nach Abgabe einer verhältnifsmälsig kleinen Lungenfchlagader für jede Seite. Es fand fich hier alfo Annäherung zu der Arterienvertheilung, die man bey den niedern Reptilien findet, wo keine eigne Lungenpulsader aus dem Herzen entlpringt, [ondern die Aorta die Lungenlchlagader abgiebt, nur dafs in diefem Falle nicht gleichzeitige Inlertion der Lungenvenen in die Hohlvene Statt hatte, wie bey den niedern Reptilien. Weiter unten werde ich ei- nige Herzbildungen anführen, die dem Bau delfelben bey Reptilien vollkommen gleichen, Dies Ind die merkwürdiglten mir bekannten " Abweichungen des Urfprungs und der Vertheilung der Aorta vom Normalzuftande. So wenig man falt _ je zu beträchtliche Extenfion des Herzens als Fehler der erften Bildung wahrnimmt, [o wenig findet mar abnorme Ausdehnung der Arterien als folchen, wohl aber das Gegentheil, Enge derfelben. Morgagni fand mehrmals die Aorta und die aus ihr entlprin- genden Arterien zu klein zum Körper, entweder mit normaler Organilation derfelben *), oder mit Verknöcherungen und Ungleichheiten auf ihrer in- nern ”) Defed. et caufl. morb. XVill. 4, Archivf.d. Pıyf. VI. EB» 111. Heft. Pp 594 —— nern Oberfläche *); In dem zuletzt angeführten Falle, war fie bey einem wallerfüchtigen‘ Mönche kaum etwas weiter als eines Fingers diek und zu- gleich alle übrigen Gefäfse beträchtlich verengt, un- geachtet er grols und ftark war. An einer auch übri- gens abnorm gebildeten Aorta fand man gleichfalls den ‘abfteigenden Theil enger als gewöhnlich, die Bruftäfte normal, allein alle Unterleibsäfte kleiner, fo dafs die iliacae nicht vie} dicker als ein Federkiel waren **), Zuweilen ilt der Caliber der Arterie [o vermin-, dert ,. dals dadurch Diftenion des Herzens hervor- gebracht wird. So fand Morgagni in einem jun- gen gefunden Menichen die Aorta fehr eng, dünn, eben fo auch alle aus ihr ent[pringenden Arterien fo- wohl im Verhältnils zum Körper als zu den Hohl- venen [ehr klein und das Herz eher gröfser als ge- wöhnlich ***). Einen (ehr merkwürdigen Fall der Art belchreibt auch mein Grolsvater und bilder ihn ab, In dem Körper eines funfzehnjährigen Mädchens, die von Jugend auf an Herzklopfen, Anglt,, zitterndem Puls gelitten hatte und die endlich unter den fürchterlichlten Refpirationsbefchwerden geftorben war, fand er die ganze, [owohl Bruft- als Unterleibsaorta aufserordentlich verengt, indem die Aorta bey ihrem Austritte aus dem Herzen ftatt des nor- =) 1d, ibid. XXI. 4. KXX. 12. ”*) Abh, d, jofeph. Akad. S. 275. "*)l,c. LIV. 37. — 595 zormalen Durchmelfers von dreizehn Linien nur acht bielt. Dabey war das ganze Herz beträchtlich er- weitert, befonders aber das linke Herzohr dreifach weiter als gewöhnlich. In einem andern Falle fand er die Aorta bey ibrem Ausfritte nur 7 Linien im Durchmeller , 2 Linie dick, ihre Klappen dünn, zerrillen, die Aorten« kammer [ehr dünn und erweitert *), ‘Gewöhnlich nimmt diefe Misbildung der Aorta ibren Anfang [chon beim Austritt. derfelben aus dem linken Venirikel, doch fahe Morgagni fie [päter erft inder Gegend des Zwerchfelles in einem Körper entftehen, wo der linke Ventrikel weiter als ge- wöhnlich war, diekere und mehr tendinöfe Säulen hatte, die Fleilchfafern überhaupt mehr [ehnigter Natur waren und die Aorta vom Zwerchfelle an, bis zu ihrem Ur/prunge aus dem Herzen, ungeachtet nicht fehr beträchtlich, erweitert war **), _ In den übrigen Theilen des linken Herzens, dem Ventrikel, dem Herzohre und den Lungenvenen finden fich wenig ur[prüngliche Bildungsabweichun« gen, fo häufig und bey weitem häufiger als die rechte Herzhälfte auch -diele Seite [päter im Leben durch Krankheit der Aorta hauptlächlich ihre Normalform - verliert, indem lie entweder beträchtlich ausgedehnt wird oder zerreilst. Abweichende Bildung der Aortenkammer ohne - gänzliche Misbildung des Herzens kenne ich gar # Ppa2 nicht ; *) Men. de lacad, des fc. de Berlin, an. 1756, obß ı7. "1. c. XLV. 33. so un nicht; ward aber abweichende Bildung des linken Herzohrs in einem von de Haen’ befchriebenen Falle, wo fich aus dem Herzvorhofe ein: eigner, darmähnlicher Fortlatz fortbegab, der mit ihm com* dnünicirte, wie er, muskulös war, durch einge- blalene Luft gleichfalls ausgedehnt wurde, Doch‘ befinne ich mich nicht auf die Stelle, wo er davon redet. Die Lungenvenex variiren urlprünglich blos ‚Ihrer Zahl nach, am gewöhnlichften findet man fünf ftatt vier, wie ich den Fall zweimal vor mir habe, wo auf der rechten Seite fich jedesmal drey be- finden, von denen zwey kleiner als gewöhnlich find. Sandifort fahe zweimal auch 6 Lungenvenen *), in dem einen Falle. vier auf einer Seite, im andern auf jeder Seite drey. Zu wenig lahe er gleichfalls, auf der rechten Seite des linken Vorhofes zwey, auf der linken eine *), Haller fahe diefe Abwei- chung, die [eltenfte, dadurch entftehen, dafs zwey Lungenvenen der einen Seite kurz vor ihrem 'Ein- tritte in einen [ehr kurzen Stamm zufammenflof- fen ***), | Ich habe einen Bildungsfehler der Limgenvenen vor mir, der äulserft merkwürdig ilt, weil er ein Schritt zur Aufhebung der Differenz in den Polari- täten beider Herzhälften, der politiven linken und der negativen rechten ilt. So wie dies Beltreben in’ ‚den früher angeführten Fällen deutlicher ausgefpro- eben, : \ “) Obf, anat, path. Lib, II, 41, IV. 97. *‘) Ibid. I11. 18. f ”*) EI, phyf, II, p. 123, —— 537 chen, die Fölgen für den thierif[chen Organismus, in dem diefe Misbildung vortrat, Krankheit.und Tod waren, [o bemerkte man in dem Herzen, was ich vor ınir habe, nur eine leichte Annäherung dazu. Statt dafs nemlich [onft alle vier Lungenvenen in den linken Ventrikel einfenken, [enkt ich hier die rechte ober& Lungenvene in die obere Hohlader und nur drey Lun= ‚genvenen inferiren [ich in die gewohnte Stelle. Das rechte Herz erhielt alfo jedesmal die Quantität Blur zu viel, welche diefe obere rechte Lungenblutader führte. Wahrfcheinlich würde in diefem Falle die Reizbarkeit desrechten Ventrikels nicht in demfelber Verhältniffe früher erlofchen feyn als die Reizbarkeit des linken, in welchem man diefe Differenz beim Normalzuftande findet, Ich wende mich jetzt zur Betrachtung der Bildungs- ‚fehler der rechten Herzfeite, um nachher mit Unter- _ ‚fuchung der Lildungsabweichungen des ganzen Her- zens, [ofern fie feinen innern Bau, feine Zularnmen- Setzung aus mehrern Höhlen betreffen, zu Ichlielsen. Wie vorher die Aorta, [o betrachte ich jetzt zu- erft die Lungenarterie, _ Ihre Hauptabweichungen, fowohl in Rückficht auf Urfprung als auf Caliber habe ich fchon bey den Bildungsfehlern der Aorta berückfichtigt, und ich kann alfo hier nur wenig zu- fügen. Den Urfprung der Lungenarterie fand Kerk- ring in fofern vom gewöhnlichen ahweichend, als fie nicht mit einem, [ondern zwey Stämmen aus dem ' gleichfalls gedoppelten rechten Ventrikel ent- fprang 598 — 7 ‘fprang *), die fich nach ihrem Austritte aus dein. Herzen zu einem Stamme vereimigten und dann in den rechten und linken Alt theilten. Doppelt ent- Springt die Lungenarterie auch aus dem in Rücklicht auf [eine Höhlen normalen Herzen eines zweiköp- figen Kalbes, das ich fchon oben befehrieb, Aus jeder Kammer nemlich ent[pringt eine Lungenarterie [o wie eine Aorta Die Lungenarterien vereinigen fich nicht mit einander, jede geht mit den Lungenlap- pen ihrer Seite, jede ift mit ihrer Aorta durch den arteriöfen Kanal verbunden, Die abweichende Bildung der arteriöfen Klappen des Herzens, habe ich beyBelchreibung der Aortenfehler nicht erwähnt, weil fie dort weit feltner als bey der Lungenfchlagader vorkommt. Man findet entweder mehr oder weniger Klappen als gewöhnlich, vier oder zwey, häufiger inehr als weniger. In meiner Differtation habe ich beide Fälle abgebildet, Die Anwelenheit von weni» ger als drey Klappen, kommt mit dem Normalbaue bey den höhern Amphibien überein, indenrdie Meer- Schildkröte fowohl in der Aorten - als Lungenfchlag- adermündung nur zwey Klappen hat **), Die eigentlich fagenannte rechte Herzfeite, weicht [fo felten als die linke, durch Fehler der Ur- bildung vom Normal ab, viel feltner als diefe verän- dert fich bekanntlich ihre Form im Laufe des Lebens, durch Krankheit der vor ihr gelegenen Theile. Die verfchiedenen Verhältniffe des eirunden Loches, ! ; der *) Kerkri ing fpieil. anatom, ; =) Morgagni ndverf, anatom, V. animadv, KVIr. \ ü 77 599 der Euftachifchen Klappe, der großen Kranzvene des Herzens werde ich fogleich betrachten, wenn ich vorher die Hauptftämme des durch den ganzen Körper verbreiteten Theils des Hydsngenbluriyktenag, die Hohlvenen’beleitigt haben werde, Statt dafs man im Normalzuftande nur eine obere und eine untere Hohlvene antrifft, indet man zuweilen drey. ZweyFälle, die ich von diefer Abweichung vor mir habe, und der von Böhmer *) befchriebene, kommen darin überein, dafs die rechte und linke Halsvene ‘nicht zu einem Stamme zulammentreten, fondern die rechte als obere Hohlvene an der Nor- malftelle in das rechte Herzohr tritt, die linke aber Sich um die Bafıs des Herzens [chlägt und zwifchen dem linken Herzohr und den beiden linken Lungen- venen, dann über den linken Ventrikel weg fich zur untern Hohlvene wendet, mit welcher vereint fie fich in den rechten Vorhof endigt. Die zuweilen bemerkte [ehr frühe Theilung der unteren Hohlvenen übergehe ich und erwähne nur noch einen fehr [eltnen Bildungsfehler der untern Hohlvene, den die fünfte Tafel des erften Theils der Jofephinifehen Abhandlungen abbildet. Aus der con. vexen Fläche des rechten Leberlappens ent[prang eincylindrifches, Daumens weites, einen Zoll langes Gefäls, das mit der auflteigenden Hohlader, ihr ge- genüber [chief durch das Zwerchfell drang und fich unmittelbar in die rechte Kammer einlenkte, während jene fich an der normalen Stelle inlerirte. Das Ge. fäls- *) De triplici venarum cavarum ordine, Halae. ° 60P fäls[yften der Leber war normal, ihre Subftanz aber hart und ihr Mall vergröfsert. An der erhabenen Fläche der Leber ging dies Gefäls in einen Sinus, der etwa 3 Zoll im Dürchmelfer hatte und aus dem fich drey kleine Kanäle zur Leber fortfetzten, Die Inler- tionsftelle des Gefälses in das Herz war rund, ein wenig unter dem vordern Rande und nahe an der Oeffnung befanden fich im Gefäfse drey kleine halb- mondförmige Klappen, die nach dem Herzen concav, nach derLeber convex waren, zum Beweile, dals das Gefäls Blut zum Herzen geführt hatte. r Der Caliber der Hohlvene weicht [elten durch urf[prünglichen Bildungsfehler vom Normal ab, Doch fand Morg agni bey beträchtlicher Enge der Aorta und der aus ihr ent[pringenden Gefälse die un- tere Hohlvene beträchtlich weiter als gewöhn- lich *). Wasin diefem Falle Fehler der erften Bil- dung war, fand Lanci[i **) durch Verknöcherung der Aortenklappen in einem fo hohen Grade hervor- gebracht, dafs die mit der untern Hohlader zugleich beträchtlich ausgedehnte rechte Herzfeite die geballte Hand aufnahm. Wieder Annäherung an eine Bil- dung, die bey den Taucherthieren normallilt, an das von Schallhammer entdeckte diverticulum in der untern Hobhlader des Seehundes. Einen ganz ähnlichen Bau der untern Hohlader habe ich auch kürzlich beim columbus criftatus gefunden, nur mit dem Unterfchiede, dals bey ihm die Ausdeh- \ nung *) 1, c. Ep. LIV. art. 37, =) De mortibus fubitaneis p, 33. Eee 601 nung der untern Hohlader unmittelbar bey ihrer Verbindung mit dem rechten Herzohr ihren Anfang nimmt, Statt dals fie beim Seehunde vom rechten Herzohre, bis zum Zwerchfell enge ift, Dies ift merkwürdig, da doch auch beim columbus criftatu& fich eine Art von Zwerchfell in der grolsen Luftblale findet, die Unterleib und Brulthöhle [cheidet. So wie beim Seehunde [etzten lich auch hier vom diverticu- lum viele und grolse Venen in die grolse und weiche Leber fort. Bey einer vorkommenden Gelegenheit werde ich einen Vogel dieler Art injiciren, um mich noch genauer über diefe Gefälsbildung zu unterrich- ten. i £ In den rechten Vorhof endigt fich die großse Kranzyvene des Herzens. Vor ihrer Mündung il, die im Normalzuftande undurchlöcherte Thebelifche Klappe mit einem nach oben freien concaven Rande ausgelpannt, Im regelwidrigen Zuftande [ahe ich diefen freien Rand fehlen, an der Mündung der Kranzvene die Klappe ringsum befeftist, nur an einer kleinen Stelle durchlöchert und dadurch die Herzvenen varikös, Mehrere Filamente, die [ich kreuzten und nur in der Mitte von einander wichen, fahe auch Morgagni [tatt der Klappe *). Be- trächtlich grölser als gewöhnlich, falt einen halben Zoll breit, finde ich fie vor mir, mit einem hibter ihr befindlichen faft zollweiten Sinus, in dem fich mehrere, gleichfalls mit Klappen an ihrer Mündung verfehene Venen öffnen — eine Annäherung an die Klap- ”) Morg, epiftol. anatom, XV, 20, 602 Klappenftructur der Kranzvenen, die Steller con- ftant in der Seekuh fand *). Gänzlich-fehlend fand ich fie einigemal, Morgagni [echsmal_und bey drey von diefen Herzen die Mündung grölser als ge- _ wöhnlich; weit kleiner fand er fie achtmal und drei- mal auch hier die Mündung grölser als gewöhnlich, fo dals fie eine Fingerfpitze einliels **), Merkwürdig ilt ihre normwidrige Endigung. Entweder endigt fie fich zwar in das Syftem des fchwarzen Blutes, aber an einer andern Stelle, wie fie le Cat in die linke Schlüffelbeinblutader inferirt fand; oder, eine weit gıölsere Abweichung von den allgemeinen Bildungsgeletzen, fie endigt fich in das Oxygen[yftem, wovon ich einen Fall vor mir babe. Sie endigt lich nemilich nicht in den rechten Herz- vorhof, fondern in den linken an einer Stelle, die genau der gewöhnlichen Infertionsftelle in demrech- ten correlpondirt. Dabey fehlt hier die Klappe, was merkwürdig ilt, weil im Aortenlyftem die Klappen überhaupt fehlen und nur beim, Austritt der Aorta aus dem Herzen vorkommen. Den rechten Vorhof trennt vom linken eine im Normalzuftande-vollkommne Scheidewand, in deren Mitte fich als eine dünnere Stelle die überall ver- wachlene ehemalige Klappe des eirunden Loches be- findet. Sie ift entweder ganz platt oder mit einem neızförmigen Gewebe [ehnenartiger Fäden nach dem rechten Vorhofe hin beftrickt, die durch ihr Zufam- men- WIN cı “) Ibid, ' N ER 603 mentreten zu einer Membran zuweilen eine zweite, nach oben freigerandete Klappe bilden. Faft eben [o häufig als diele Klappe ringsum mit dem Rande des eirunden Loches verwachfen und dadurch gänzliche Trennung des rechten Ventrikels vom linken bewerkltelligt ift, findet man eine kleine Oeffnung durch nicht vollftändiges Verwachlen ders» felben hervorgebracht. Doch habe ich [chon oben angeführt, dafs auch diefes Offenfeyn ohne Einfluls auf die Circulation des Blutes ift. Gewöhnlich be- findet fich diefe Oeffnung im obern Theile der Klappe, indem fie durch unvollendetes Wachsthum der von unten nach oben wachfenden Klappe her- vorgebracht wird; doch fahe fie Morgagni auch einmal als merkwürdigen Bildungsfehler an ih- rem untern Umfange durchlöchert, Trewin der Mitte, Man findet die erfte Spur der Klappe als eine kleine Hervorragung über den untern Rand des ei- runden Loches im zweimonatlichen Fötus. Im [eehs- ten und fiebenten Monate hat fie gleiche Höhe mit der Oeffnung und jft im hintern Vorhofe nach rechts und links Sogar breiter als diefe, Sie bildet fich ent- weder gar nicht, oder fie bleibt auf einer gewilfen- Entwickelungsftufe ftehen, Gar nicht gebildet fand fie Morgagni *) in einem funfzehntägigen Kinde, das ovale Loch alfo ganz offen, keine Spur von ihr, alles übrige normal, Norm- *) De cauf. et fed, morb, XLVIIT, 62, 604° RAS Normwidrigiift auch der Vieuffenfche, oben angeführte Fall von Mangel diefes Theils der hintern untern Hohladerwand als Klappe in einem. neu- gebohrnen Kinde. Das eirunde Loch war ganz ge- fchlolfen: dieler Theil der hintern Hohladerwand exiltirte allo zwar, aber nicht als K'appe, [on- dern als Theil einer vollkommnen- Scheidewand — ein Fall von anticipirter Ausbildung, [tatt dafs ımarı häufiger Misbildungen als Produkte gehemmter Ent- wieklung bemerkt. Abweichend vom Normal. ift auch ihre Duplieität.. Vieullens fand zwey ei- zunde Oeffnungen, jede müt ihrer Klappe verlehen*). Wolf, Lobftein, Levelingund ein Verfal- fer in den Abhandlungen der jolephirifchen Akade- nie haben das Geletz aufgeltellt, dals zwifchen der Klappe des eirunden Loches und der Euftachifchen Klappe, in foleın ein Wechlelverhältnils beftehe, als mit Integrität jener netzförmiger Bau der letztern und umgekehrt mit Integrität der Euftachifchen Valvel unvollkommne Schlielsung der Klappe des eirunden Loches vorkomme, Die Euftachifche Klap- pe erftreckt fich vom linken Rande der eirunden Grube nach vorn und links über die untere Hohlvene ‘beim Eintritt derlelben in das rechte Herzohr,, lo dafs das Blut über fie hinweg zum eirunden Loche geleitet ER Der Andrang des Blutes gegen daf- felbe wird allo vermehrt, wenn fich in ihr keine Zwilchenräume befinden, die einem Theile des aus der ”) Trait@ du coeut, p, 53, — . 608 der Hohlvene in den rechten Vorhof ergoöffenen Blu- tes den Durchgang nach andern Stellen des rechten Vorhofes erlauben oder wenn fie nichtfehr dünn und locker ilt. Je ltärker, grölser, dichter diefe Klap- pe ilt, defto mehr wird ‚hie daher das Blut. gerade, auf das eirunde Loch zulei:en.' Dies beftätigt; lich vorzüglich durch die Unterfuchung der Tauchertbie-, re, wodie Eultachifche Klappe,mit immer ofinem eirunden Loche fehr grofs und ftark ift. Gb diefe Behauptung aber beim Menfchen fich auch nur fo Häufig bewährt, dafs man jenes Wechfelverhältnifs els eine allgemeine Regel aufltellen könnte, möchte ich bezweifeln, da ich in [chr vielen Herzen aufser- ordentlich grofse unzerriflene Eufiachifche Klappe mit vollkommner Integrität der Verf[chlielsung des eirunden Loches und in vielen Fällen Beulron. beider Klappen zulammen antraf. Schon Haller war der Meinung, dafs ein beträchtliches Hinder- nils in der Lungencirculation fowohl die Klappe, des eirunden Loches Sprengen, als die Euftachifche, ‚Klappe zerreilsen könne. Einige von den Fällen, die ich von gleichzeitiger Reticulation beider Klappen vor mir habe , [prechen für die Richtigkeit diefer Be- hauptung, indeın fie aus Menfchen find, die an lang- wieriger Lungenkrankheit ftarben, [o dafs die Rlap- pen ur[prünglich normal gebildet, und erft durch die. Zurückhaltung des Blutes in der rechten Herzleite zerrilfen feyn konnten: andere find aus Menfchen, die an keiner Lungenkrankheit Starben ‚ wo die Re- Spiration ungehindert vor fich ging, und diele [pre- chen 606 — chen alfo delto mehr gegen jenes Geletz, da hier mangelnde Integrität beider Klappen als Fehler der Urbildung vorkam, Eben fo [ehr [prechen gegen die- fes Geletz die oben angeführten Fälle von gleichzeiti- ger Integrität beider Klappen. ° Hiermit glaube ich die Betrachtung ‘der Misbil- dungen einzelner Herztheile [chlielsen und zur Be- fchreibung der abweichenden Bildungen des ganzen Herzens, in fofern es ein aus zwey, ganz entgegenge- fetzten Functionen vorltehenden Theilen zulammen. geletztes Organ ift, übergehen zu können, Diefe find vorzüglich in [ofern interellant, als fie gerade Bildungen darltellen, die beyniedern Thier- klaflen normal find. Wenn man die [ehr gute Be: fchreibung, die Morgagnı *) vom Herzen der Meerlchildkröte giebt, mit der vergleicht, welche Chemineau **) vom Herzen eines übrigens nor- mal gebildeten Fötus, der auch eine Zeitlang gelebt’ hatte, liefert, [o findet fich die genauelfte Ueberein- ftimmung zwilchenbeiden. Das Herz derMeerfchild- } Kröte hat zwey gleich grofse Ohren. Die Hoblvenen treten zu einem falt membranöfen [ehr weiten Sacke zulammen, der mit dem rechten Herzvorhofe durch ‘ eine grolse, faft kreisrunde Oeffnung zulammenhängt, an welcher fich zwey häutige Klappen, die mit Fleifchfafern verfehen find, befinden, Diele Augen- wınm« ”) Adverf. anat. animadv, XVII. =) Anat. Chemif, und Botan, Abhandlungen der Soc, der Wil. zu Paris, Jahr 1699. $, 199, — 607 wimpern ähnliche Klappen liegen fo vor dieler Mün- dung, dals fie diefelbe, da fie breiter find, wenn fie fich zufammenziehn , ganz verfchlielsen können: Zwifchen beiden Vorhöfen befindet fich ein breites, membranöfes, dünnes, aber oben doch mit Muskel- fafern verfehenes Septum, von deflen unterm Theile fich zwey dicke muskulöfe Valveln, eine in die rechte, die andere in die linke Kammer fortlfetzen, die [o geneigt find, dals man vermuthen mufs, fie werden bey Zulammenziehung der Ventrikeln gegen die Vorhöfe gedrängt und verfchliefsen diefelben, ' Die in die rechte Kammer herabhängende Klappe ilt dicker als die andern. Aus dem obern Theile des rechten Ventrikels ent[pringt dieAorta, die fich bald nachher in den obern und untern Stamrn theilt: aus den[elben entfpringt etwas mehr nach vornein andres Gefäls, das fich, nachdem es zehn Queerfinger lang verlaufen ift, in den untern Stamm der Aorta ein- fenkt. Die linke Wand des rechten Ventrikels, allo die Scheidewand, ift an zwey Stellen durchlöchert. Die vordere, kreisrunde Oeffnung lälst die Spitze- des Daumens durch, die hintere, dreieckige, ift weiter, wird aber von jenen zwey Klappen an ihrem obern Drittheil umgeben, allo um fo viel Kleiner, undin den übrigen zwey Drittheilen der Oeflnung - befindet ich ein netzförmiges [ehnigtes Gewebe, das aber doch das Blut durchläfst. Durch diefe „letzte, [o verkleinerte Oeffnung communicirt der rechte Ventrikel mit dem linken, durch jenes vor- dere runde, mit einem mittlern dritten, der zwifchen deui 608 — | dem vordern Theile des rechten’ und linken. Ventri- kels liegt. Diefer’dritte Ventrikel erftreckt fich, fei- ner Kleinheit ungeachtet, doch falt von dem .unter- ften Theile des Herzens zum höchften und gab in der Bafis des Herzens der Lungen[chlagader den Ur- [prung. , Die Lungenvenen öffnen fich in:die linke Vorkammer, diefe in die linkeKammer, beides ohne Klappen. Der linke Ventrikel ift der dickfte, der mittlere der dünnfte. Aufser jener hintern Oeffnung befindet fich keine im linken Ventrikel, wodurch er Blut heraus[chicken gekonnt hätte, eben lo. aufser: jener runden im mittlern Ventrikel keine, wodurch er Blut hätte erhalten können, Alles Blut aus dem ganzen Körper [owohl als aus den Lungen vereinigt fich im rechten Ventrikel, aus dem ganzen Körper, tritt es ohne Umweg durch die Hohlvenen und das rechte Herzohr hinein, aus den Lungen durch die Lungenvenen, das linke Herzohr und endlich durch; die linke Kammer. Aus der rechten Kammer tritt es dann wieder in den Körper, aus dem mittlern in die Lungen, [o dafs allo im Körper der Schildkröte im- mer ein viel [chwächer oxydirtes Blut circulirt als in den höhern Thierkörpern, ungeachtet wahrl[chein- Aich durch die, von der Herzohrfcheidewand in den rechten Ventrikel hereinhängende Scheidewand die Vermilehung des Lungen - und Körperblutes etwas werhütet wird. Das von Chemineau befchriebene menfch- liche Herz beltand gleichfalls aus drey Höhlen, in deren eine, die rechte, die Hohlader, in deren r linke — I 609 linke die ‚Lungenblutader ging und aus deren ‚mittlern die Aorta und Lungenarterie ent[pran- „gen. Hier ift zwar eine Differenz zwifchen die- fem Baue und dem Baue des Schildkrötenherzens, ‚indem dort die Lungenfchlagader aus dem mittlern, „ die Aorta aus demrechten Ventrikel entlpringt, allein „der Unterfchied ift nicht welentlich, indem ‚logleich hinzugefügt wird, dafs dieMündungen beider Gefälse ‚Jo gerichtet waren, dals das aus der rechten Herz- ‚höhle in die mittlere getriebene in die Lungenarterie, ! ‚das aus der linken aberin die Aorta drang. Anders "wäre -auch das Leben des Kindes unerklärlich ‚ge- welen, da überdies der arteriöfe Kanal ganz fehlte. “ So wie dies Herz.’ mit den Herzen der höhern | „Amphibien übereinkömint, fo unterfeheidet üch eine „andre von Willon befchriebene Mishildung durch- „aus ia keiner Rücklicht von der Normalbildung des Herzens niedrigerer Amphibien, des, Frofches, des * ‚„Salamanders, der Schlangen. Es beftand nemlich nieht, aus vier Höhlen, [ondern nur aus zwey, einer .-Vorkammer und einer Kainmer. _ Aus,der. Kammer ‚eutfprang eine Arterie, die zwilchen den ‚beiden ‘Lungen gerade emporliieg und,fich darauf in zwey grolse Aelte theilte, einen obern, der fich als Aorta regelmälsig vertheilte und einen untern, der ficheben So regelmälsig als Lungenarterie zu den Lungen be« gab. Die Aorta war an der Theilungsltelle etwas über # weiter als die Lungenarterie, Die zwey Lun- genvenen lenkten lich vor dem Eintritte der obern Hohlader in den Vorhof in diefelbe. Herz und Lun- Archiv. fd. Phyf.V1.B. I, Hift, Qq gen 610 > gen waren EN öfser als gewöhnlich. Das Kind‘ ftarb am fiebenien Tage. Willon’s Unterlüchungen über die Lebensfähigkeit diefes Kindes übergehe ich, da man [ie im vierten Bande diefes Archivs findet. Dies find die hauptfächlichften mir bekannten Bildungsfehler des Herzens. Ich hatte anfänglich die Abficht, zugleich eine Clalfiffikation ‘der Misbildungen des Herzens in den gewöhnlich fogenannten 'Misge- . burten zu geben, in fofern beftimmten Abweichungen der Form des ganzen Körpers beftimmte Bildungs- fehler des Herzens und andrer Lebensorgane ent{pre- chen; allein ich glaubte, die Grenzen diefer Abhand- lung nicht noch weiter ausdehnen zu dürfen. Eben Io wollte ‚ich den Einfluls der Misbildungen des Ge- fälslyltems auf die allgemeine Gefundheit angeben, in fofern das Leiden der beiden ver[chiedenen Herz- bälften nothwendig ganz andere Erfcheinungen her- vorbringen muls: vorzüglich wollte ich eine Gradation der Bildungsfehler des Lungenherzens und der da- durch verurfachten Hinderniffe des Oxydationspro- celfes angeben, allein auch dies würde die gegen- wärtige Abhandlung zu [ehr ausgedehnt haben, und beides mag daher Gegenltand einer künftigen Arbeit werden. Regilter x ‘ > [371 Regifer des fechften Bandes D.2 Au, mit demfelben gemachte Verfuche zum Behuf der Muskelzulammenziehnungen 179. Abhandlung über die Zergliederung des menfchlichen Körpers im Alter t.; über die ver[chiedenen Ar- ten des Vegetationsprozelles in der animälifchen Natur, und die fie beftimmenden Geletze 120, Prüfung neuer Theorieen über die nächfte Urfache der Muskelzulammenziehung ı68. Aufserordent= liche Erhöhung der Senhbilität,, als ein Beitrag zu den Erfahrungen über Somnambulismus und thierifchen Magnetismus 225, . Acacie, Lauf der Wurzeln, durch welche die Ue- bereinftimmung mit den über der Erde wachlen- den Stängeln bewielen ilt 438. Aeftchen der Venen ı08. Aeltchen der Gefälse, Bes fchaffenheit derfelben bey alten Per[onen ı0e. Affinität organifchen Materie, was fie ley 542. | Aliment, was es ilt, und Wirkung delfelben ı22, Alo&, Arten ihrer Erzeugung und Fortpflanzung 446. Alter, dellen Anfang, Stufen und Ende 7.; wodurch Menfchen wider, die Regel der Natur früher altern können 8. 7 Anatomie alter Perfonen ı. Zweck der Anatomie 3 Mittel zu deren Vervollkommnung und Nutzen Qqg2 daraus 440 F 612 N ne daraus 5. Erfordernilfe der Leichname alter Per- (onen und wie die Anatomie auf vollkommne Art gefchehen muls 10. Anatomilche Erklärung der Gelichtsverrichtungen 282, y h Ancylofen , diefen foll der männliche Körper mehr als der weibliche unterworfen feyn 54. Alle Gelenke der Gliedmalsen find ancylodifch 55. Anziehungskraft, was fie in philofophilcher Hinficht fey 502. 510. 528. Aorta, Abweichungen des Urf[prungs derfelben aus ihren Bogen 56t.;, doppelter Urfprung der Aorta 597.. Anfang der Misbildung der Aorta 599. Arterien, Befchaffenheit derfelben bey Greifen, nach verlfchiedenen Beobachtungen 99. Arterien des Kopfs, der Schenkel und Kniekehlen, deren Verfchie- denbeitfin Rücklicht ihrer Lage 101. Verknöche- zung der Arterien und Wirkung davon 103. Un. terluchungen desSitzes und der Entftehungsart der Verknöcherung 104. Arterienblut, Lauf deffelben und daraus entltehende Wirkung 353. Alkmilationsproze/s, ilt doppelter Art und Beftim- mung jeder derfelben 354. -Athemholen, Erfordernils der Atmofphäre hiezu zur Fortdauer des. thierilchen. Körpers 452. ; zum Athemholen ‘wird ‘bey, Säugthieren eine fortwäh- . rende Bewegung des Zwerchmuskels welentlich erfordert 477. "Auge desGreifes, Befchaffenheit delfelben 70. Theile deffelben verknöchern bisweilen 73.; phyfiologi- [che Unterfichung, dafs ein fichtbarer Gegenltand mit einem ganz gelehen werden könrie 293. Auge fteht mit den Sehehügelchen in Verbindung 295. Augapfel, dellen Befchaffenheit im hohen Alter 70. Wirkung, welche aus dem Mangel des Fettes für das Auge entlteht 70. Augentriefen, wodurch es bey Greifen entltehe 77: Augenbraune, Augenlie- der, Augenwimpern, Befchaffenheit derfelben bey Greifen 77. . " Ausdehnungskraft, was fie in philofophifcher Hinficht fey 499. Aus- ve — 613 Ausdünftung , was Be fey 464.; bev unmerklicher “ Ausdünltung geht oft mehr Stoff ab, als bey - tropfbar Aüffiger 383. Bänder, Befchaffenheit derfelben im Alter 21, Bauchfpeicheldrüjen, Zultand derfelben bey Greilen 89. Becker, foll fich häufig verknöchern 51. Bey den Vögeln wird die Luft nicht durch die Lungen, [on- ‚dern auf einem andern Wege in das Becken ge- führt 482. Beobachtungen über thierifchen Magnetismus und Som- nambulismus 264. Bertramswurzel, Entltehung ihrer Knofpen und de- ren Entwickelung 446. , Blafen, zwey, beiın Embryo, deren Wirkung durch den Vegetationsprozels 128, ' Blinddarm, deren Belchaffenheit bey alten Per[onen 88. Blut, deffen Wirkung in dem thierifchen Körper ı22, Gerinnung des Bluts in den Gefälsen hindert die Muskelzufammenziehung nicht ıg9ı. Beweile, dafs ohne Zuflufs von Blut in die Gefäfse der Muskel- fiber Muskelzufammenziehung erfolge 189. Ob während der Contraktion die Muskeln blut erhal- ten 202. Zerletzung des Bluts während des Um- Jaufs durch die Lungen 206. Das Blut foll das hey der Contraktion des Herzens verlorne Princip wieder erfetzen 2ı2. Wodurch das: Blut ahbfor- birt und der Sauerftoff dellelben wieder erfetzt wird 2ı3.; ernährende Subftanzen, welche lich dem Blute in der Schlüffelbeinader beimifchen 217. Wirkung, wenn das Blut den Sauerftoff ver- liert346.; der farbelofe Autheil des Bluts wird durch Athemholen verändert 349. Gerinnnng und Wär- me des Bluts und daraus entftehende Wirkung 350. ; angeftellte Verfuche von den Veränderungen, wel- che das Blut unter einen Microlcopium compoh- tum auf die Einwirkung des Sonnenlichts der galvanifchen Elektrizität und ver[chiedener Reagen- tien erleidet 417. Das Blut verändert ich, wenn es der atmofphärifchen Luft ausgeletzt wird 424. 430. Stillftands- Urlachen des Bluts und Folgen daraus 487. Bruft- 614 rn \ } Bruftdrüfe, die Nattr derfelben fol, nach den Mei- nungen der- Anatomen , ver[chieden leyn gıı. ‚Bruftfell, wie es hey Greifen be[chaffen ilt 83. Bruftgang der Greife, Zuftand deffelben ‚113, “ Brufthöhle, knöcherne, Folge für diefelbe wegen der veränderten Geftalt des Rückgrates 49.. Un- . terfchied der Brufihöhle bey Vögeln und vierfü- [sigen Thieren 476. Brüjte wannbarer Mädchen und. der alten Weiber, Befchaffenheit derfelben und Ausnahme von der Regel’84. Thätigkeit der Fa- ctoren der Vegetation in den Weiberbrülten 188, Befchaffenheit der Bruft bey einer [tark bebrü- teten fäugenden Frau zur Zeit der Obduction 409, Verwandtlchaft der Brüfte mit dem Generations- gelchäfft und daraus entltehende Wirkung 4ı2. Eigentliche Entwickelung der Brülte and Eintritt der Milch in diefelben 413. Cry/ftalllinfe, Befchaffenheit derfelben bey Greifen 75. Darmkanal, woher [eine Empfindungslofigkeit rühre 3657. Doppelfehern, wenn und durch welche Veränderun- | gen es in den Seheorganen gelchehe 302. Un- vollftändigkeit der blos optilchen Erklärungsare | des Doppelfehens 305. Drüfen des Kopfs , ihre Belchaffenheit bey Greifen 80. 110, Eierftöcke alter Weiber, deren Befch alten Ge- wicht derfelben nach Verfchiedenheit des Alters 94. Eingeweide , Befchreibung BIETBANE 70, Belchaffen- heit derfelben bey, Greifen 88. Elajticität, was fie in philofophifcher Hinficht fey| 500. Elektrizität, was fie fey und Wirkung derfelben 514) Erregbarkeit, aufserordentlich'erhöhete 225. Nutzen für die Medicin, wenn deren Erfcheinungen i . kranken Körper beobachtet werden 228, Erfcheinungen des .organifchen Körpers, durch wel che Urlachen fie begründet werden mülfen 316. | E x — 7 i 615 Erftickte, Erhängte und Ertrunkere, welche Mittel bey “ dielen anzuwenden [ind 466. N Factoren des Anfatzes von Stoff und Wegnahme del- ‚ felben beim Vegetationsprozels; Wirkung derlel- ben nach ihren ver[chiedenen Verhältniffen ı125.; Wirkung, wenn einer den andern überlteigt 127.5; \.Gefetze und Urlachen , durch welche lie wir- ken 164. ; Fafer, bewegliche, ilt mit keiner andern verbun- den 390 Faferftoff wird von dem Blute erzeugt 418. Falerftoff wird, wenn das Blut dem Licht unmittelbar ausgeletzt wird, früher erzeugt, als im Schatten 423. ö Federkraft (Elalticität) 500. } Fell der Greife, Befchaffenuheit deffelben 64. Fett der Greile, in den Zellen des Zellgewebes liegend, Befchaffenheit delfelben 66. Wirkung bey dellen Mangel 67. 70. Unterfchied deffelben vom Falerftoff und andern Stoffen 362. 380. Ver- wandlung und Abfonderung des Fettes, 380. Feuchtigkeit, wällerige, in den Augen der Greife, Befchaffenheit derlelben 74. 76. Flecke auf der Hornhaut bey Greifen 72.; ver[chwin- den allmählig durch den Vegetationsprozels 161. Flecke der Nervenhaut, Belchaffenheit derfel- ben 74. Flocken der Eingeweide, Zuftand derfelben. bey al- ten Perfonen 88. ; Eortfatz (proceflus Ravii), deffen Verwachlun 32. 50. Frofeh, mit demlelben angeftellte Verfuche, zum Be- huf der Urfachen der Muskelcoutraktionen ı8ı. 186. Fuchs, delfen Knochengebäude ift verfchieden von dem des Reihers 471. Galle, Beltandtheile und Beftimmnung derfelhen 357. Galvanismus , angeltellte Verfuche [einer Wirkung bey Nervenkrankheiten und beim Somnambulis- mus 248, 254.; dellen Wirkung auf das Gemein- gefühl 616 -— gefühl und: auf krankhafte Erfcheinungen 256% Wirkung dellelben auf das Abgefönderte 375. Gasarten, "als Beftandtheil der atmofphärifehen Luft 455; a Gebährmitter, wie fie bey alten Perfonen befchukfbn ift g2.; deren Verknöcherung 108. Gedü:me, deren Zuftand bey Greilen 88. Gefäfse, in den Knorpeln, deren Beftimmung und Nutzen 20, Belchreibung der Gefälse 95. Farben- lofe Grfülse, Exiltenz derfeiben 364.; deren Vers Knöcherung 107. Gehirn, Belchaftenheit deflelben, beim Embryo bis zum Greifenalter 114.5; Wok ahe Geftaltung entwickelt werde 388, Gehirn jlt das Organ 3 nerer Sinne 406, Gekör, unter[cheidet den Schall auf dreifache Art 4oı.; zu welchem Nervenpaar dieles Sinnorgan zu rechnen 3ı2.,; wodurch die Verrichtungen des Gebärs bewirkt werden 314.321. Mittel, ‘wo- durch der Verlult des Gehörs wieder hergeltellt werden, und wodurch es verloren gehen könne 318. 3241. Gehörorgan, Belchaffenheit deffelbea bey Greifen 77. ‘Gehörorgan ilt mit dem RE nerven verwebt 319, Gekrösdrüfen, Zuftand derfelben ine Greifen vor He nach dem Tode 111. Gekröfe, deren -Befchaffen- heit im Greilenalter 89. 110. Gekrösfaugadern, wie [ie im hohen Alter befchaffen feyen sıa. ; Geruchsorgane, deren Befchaffenheit bey Greifen 79. Gefchlechtstheile, männliche 'und weibliche, wie fie im hohen Alter helchaffen feyen go, Gejchmacksargane der Greife 79. i "Gefichtsknochen, Verwachlung derfelben im Alter 23. Gefichtsnerve, bewirkt wegen [einer Ver- 'zweigung mit dem Gehörorgane bey Anwendung äulserlicher Heilmittel die Wiederherftellung ‘des Gehörs 320. Gefichtsfchmerz, Einfluls deflelben auf das Gehirn 314. Mittel zur Heilung des er, fichtsfchmerzes 321. Gefetze und Urfachen, wodurch die fünf Modi i Im ve. getationsprozelle beftimmt werden 164.- Glas, &1r Glas, deflen Wirkung bein Berühren eines Som- nambulen mit demfelben 250. Glaskörper, Belchaf- fenheit deflelben bey Greilen 7b. Gliedmafsen, Zuftand derlelhen hey Greilen 54. Grundkräfte nach Kunts Vorftellungen, eine Abhand- lung von Herrn Deimann 491. Grundjtoffe, chemilche, gegenfeitige Verwandtfchaft ‚gertelben 511. Haare, der Greile, Befchaffenheit derfelben Gy. Zu- nälihe der Haare von Kindneit anı68. _ Stärke derfelben und Theile, an welchen fie zuerlt bey Greifen ausfallen 69. Graue Haare, lollen ihre na- türliche Farbe wieder erhalten ibid. Haare der al- ten Weiber um die Lippen und das Kinn 70.. Die Entltehung der Haare hängt mit der Ablondlerung des Fettes zulamımen 385. Halbfehen, das, Urlache, wodurch es gefchieht 306. Hallers Entdeckung der "Muskelzulammenziehungen Pa Beftandtheile des abgedampften Harns 386, Hisphehrzed, was lie ley 433. Haut der Greile, Befchreibung, und Befchaffenheit derfelben 63. Haut der Augen? deren Verände- rung 72. Haut der Milz 86. Hüäute der Harnblale 90. Hüute der Aorta, Zultand derfelben im Al- ter und Urfache davon ı00. Heilkunde, deren Verbeflerung durch eine vervoll- kommnete Anatomie 5. Herz, Belchaffenheit deffelben bey Greifen 95. in den Herzen derfelben werden oft knöcherne Con- cremente gefunden 97.; auch in den Herzen ei- niger Thiere find Knochen gefunden worden 98, Mittel, wodurch das Herz zur Contraktion gereitzt wird, und deffen Verbindung mit dem Oxygen 212. 217. Das lerz ilt nervenlos 220. Ueber die Bildungsfehler des Herzens, eine Abhandlung von Herrn Meckel 549. Doppelherz, in welchen Organismen es gefunden wird 560. Abweichung des Herzens vom Normal in Rückficht auf fein Verhältnifs zum Körper 563. Belfchaflenheit del- felben bey Misgeburten 579. Herzjeite, vechte, ' delfen 618 - a — deffen Bildungsfehler 598. abweichende Bildung des Herzens bob. Hirnhaut, felte, Zuftand derfelben bey Greifen 116. Hirnmark, Befchaffenheit deffelben im hohen Al- ter 114. Der Einfluls auf den Verl[tand und See- lenkräfte junger Menfchen wird durch [eine Ver- tchiedenheit beftiimmt ı15. Hirnfand, acervulus Soemmeringiji, bey Gieilen 117. Hohlader, obere un. untere, ihre Beftimmung für andere Organe 343. Hornhaut, deren Befchaffenheit und Einfluß, welche fie bey Greifen auf «lie Aug-n haben foll 72. Hügelchen, bey Greifen um die Nalenflügel 65. Keim, im organilchen Wefen 541. Kiefer, 6: Unterlchied der zahnlofen Kiefer bey den Greilen von denen der Kinder 39. Deren Folsen und Nutzen bey zahnlofen Perlonen 40, : Ver[chiedenheit der Bewegungen der Kiefer bey jreifen und jungen Mönchen 42. > Kniekehlarterien bey Greilen ı02. Kunocher der Greile ı2. _ Gelchichte derfelben 23.; einige Knochen hängen wegen ihrer Belchaffen- heit von dem Alter, Gewerbe ab ı48. Weichheit der Knochen und Verwandlung derfelben in Gal- lerte bey gewiflen Krankheiten ı62. Knochen der Vögel [öllen zur Aufnahme der Luft gelchickt -. leyn 478. Belchaffenheit der Knoechenlubltanz bey “ den Vögeln 479. Knochenbau der Vögel, Befchaf- fenheit derlelben und ihre Beftinmung 481. Kno- chen, welche Luft enthalten, find nicht immer mit den Lungen verbunden 483. Kuochenmaterie letzt fich in die Kaplelbänder der Rippen ab, und Wirkung davon 51. . ‘ Knorpel der Greile 18. Verwandlung deffelben in Knochen und dellen Eintheilung ı9\50. Gelchichte deılelben 23. Knorpel der Rippen, verwandelt fich bisweilen in Knochen 50. Schwerdtlörmige Knorp:! verknöchert bey Greifen ‚5o. —Ino/ven, können an den Wurzeln wahrgenommen | werden und deren verfchiedene Wirkung 438. Inater in den weichen Nerven 395, Körper, — 6ıy Körper, thierifcher,. deffen Veränderung und Stru- etur 4. Entitehung dellelben 122. Körperbax, del- fen Veränderung feiner Belchaffenheit 7. Was zur ‘Fortdauer des Körpers gehöre 125. Idinelektri= "firte Körper, deren Wirkung auf den Somnambu- lismus 250. 258. Der gröfste Theil des Körpers befteht aus Walfer 334. Vermögen des Körpers durch Reitze lebendig» Bewegungen hervorzubrin- gen 335. Alle Theile des Körpers iind in beftän- diver Feuchtigkeit 366. Ilt ideeller Durchgangs- punkt für den thierifehen Stoff 380. Gegenleitige Neigung der Körper Iich in nähern und in weiten Entfernungen anzuziehen 509. 'Kopfarterien der Greile, Verlchiedenheit ir Rück- Sicht ihrer Lage ıoı. Kopfverletzunger , Urfachen der hiebey entsehenden.. Convullionen und Lähmungen 322, Kraft, 522. Magnetifche Kraft 5 5. 13» Kr aftählfserung, Kraftvermögen, Begriff derfelben 525. Organijche Kräfte, Begriff und was dazu gehöre 528. Mit- tel, wodurch organifche Kräfte im thierifchen Körper i in Thätiekeit geletzt werden können 532. ‚Krankheiten, Begriff und Eintbeilung derfelben 156. Krarzvene des Herzens bo1. Leben, was es fey 529. Thierifckes Lehen 531.5; worin der Hauptgrund des Lebens zu fuchen 556. Ur- fprung, Grund und Urlache des Lebens 540... Le- benskraft im Thier und inPllanzen, ob fie der all- gemeinen Grundkraft der Materie, untergeordnet, oder eine eigene Grundkraft [ey, eine Abhandlung von Herrn Deimann 518. Lebenskraft, worin fie beftehe 525. 529. Ledenserfcheinung, was fie fey 529. 535. Sie vervielfältigt lich ins ‚Unendliche 530.; worin fie fich gründe 550. Lebensluft, Zer- Setzung derfelben, während des Athemholens 20d. Aufnahme derlelben vom Blute beim Athemholen 208. Gewicht der mitllern Quantität der Lebens- luft und Confumtion_derlelben 210.; woher ihr Name, und Wirkung derlelben 459. Lebensproze/s Erforderniffe zur Fortdauer deflelben 342, Le- bensturgor, Kennzeichen delfelben 336. L:ber, 620 { — Leber, Be[chaffenheit derfelben bey alten Perfonen 86. " Leichnam, wie er zur Anatomie befchaffen leyn follte LÄyTaR SH : Zufe, Einfufs derfelben auf die Verrichtungen des Körpers 345. _ Atmofphärifche Luft, . Beftandtheile derfelben 454. ‘Mittel zur Reinigung der Luft in Krankenftuben 467. ' Zuftbehälter bey Thieren 481. Luftbehälter find zum Athemholen mit beftimmt,\ 489. Eindringen der Luft dureh das hohle Arın- ‚bein ın die Lungen 486. . Luftröhre, deren Be- fchaffenheit bey Greifen 81. Lungen der Greife, Zuftand derfelben 83. Eymphe in den Milchgängen neugebohrner Kinder und zur Zeit der Pubertät 413. x Magen, delfen Befchaffenheit bey Greilen 87. Soll nach dem Tode durch [einen Magenlaft aufgelölt werden 355. Magenfaft, worin er beftehe, und Wirkung deffelhen 356. Mughet, Wirkung deffelben beim Somnambulismus 251. 260. [eine Eigenfchaft hängt vou der Rich- tung. der Polarität ab 371. . Magnetismus, thieriz ‚[eher, deflen Wirkung bey Nervenkrankheiten 231.5; angeltellte Verfuche mit demlelben beim Somnam- bulismus 240. Wirkung deflelben in Verbindun mit dem Galvanismus 249. Deflen Wir uf die Sinnorgane, das Gemeingefühl und auf krank- hafte Er[cheinungen 256. Def[fen Wirkung, wenn "zwey durch Berührung mit einander verbun- dene-Perlonen durch lerührung magnetifirt wer- den’ 258. Beobachtungen üher thierilchen Magne- tismus 264. j Malpighifcher Schleim bey Greilen,. deffen Befchaffen- heit 64. Marasmus fenilis 159. IR Majtdarm, dellen Verlchiedenheit [einer Grölse 89. Materie, was fie in philofophilcher Hinficht [ey 494. Einnehmung des Raums durch eine bewegende Kraft 495. ; ilt abfolut undurchdringlich 500. Metallreiz, dellen b»wielene Wirkung in Nerven- krankheiten 230, 1 Mileh- , ae: Gr Milchgänge, Befchaffenheit derfelhen BERN den ver- Ichiedenen Stufen des Alters ung deren Anzahl 2,7" Pr bie weilser, in demfelben. befinden Eab. un- durchlichiige Kügelchen 3bo. i " Milz ,' wie die Hautiderlelhen bey ’Greilen ers fen 86. ' Umwandlung des Blutslin ihr 357. Misgeburtei, wodurch fie: emftehndollen 580, x) Mundhöhle, deren Beltimmwig 354. | " 'Mujchelbeine, ob lie mit dem Oberkiefer rmnchied 34. Muskeln der Greile, wie und wodurch ihre Verän- “derung entftehe 58. | Sollen knochenartige Thei- "Je mit enthalten vo. Uhlachen der Spannung) bey “mehreren Muskeln’ 60. Muskeln der Frucht und N " neugebohrner Kinder, Belehaflsnheit derlelben ı60. Verwandlung der Muskeln 'und’andere Farbe und Materie 161. Ausmelfung des Muskelvolums 176. 'Glifjons angeftellte Verfuche „ den Umfang der Muskeln, zum Behuf der Urfachen der Zulam- inenziehung , auszunieflen 177. Befchaffenheit _ der Flüffigkeiten' während der Zulammenziehung »" der Muskeln 185. Ob’ während ‚der Contraktion " sdie Muskeln ’Blut' erhalten 202. ‘ Sind mit dem Oxygenpol verwandt und Wirkung daraus 373. Muskeltafer'n werden durch den Falerftoff gröls- tentheils gebildet 418. Muskelzufammenziehung, "" erlte Entdeckung derfelben durch Herrn Haller 170. Nächfte Urfache der Contraktion 172. 341.35 £ angeltellte Verluche zwn Behuf der Muskelcon- traktion 177. 187. ° Wodurch den Muskeln die Keizbarkeit genommen und wieder Bade wer- den könne 341. Muskelfafer, Beftandtheile derfelben 362. Hebrdar. nilfe zur Hervorbringung ihrer Bewegung 5.9. aafer Befchaffenheit derfelben bey Greifen 79: Na- Jengang, Zuftand derfelben bey alten Perlonen 79. 'Näthe des Schädels, wodurch fie vertilgt werden und deren Fulgen 26. Ferwachjung der Näthe 27. Nüthe der Ge/ichtsknochen (harmoniae) ob fie verwachlen 80. Nath am Hodenfack, deren Belchaffenheit bey Greilen gı. Natur- ‚622 — "Naturgefets, Natwkraft? 525. Unterfehied ae fahrens der Natur:und des. der Aerzte 433. Natur, gleichförmige Wirkung derfelben zur Hervorbhrin- gung der Pflänzenkörper, eine.Iede von Herrn Vrolik 432. ‚Nerven in den Nifenhöhlen, Steuhair derfelben bey Greifen 29. Befchreibung der-Nerven ı13, Be- fchaffenheit derfelben 117. Die Nerven haben ayf die Bewegung und Zulamnengiehung des Herzens Keinen Einfluß 220.5 . find mit. dem Hydrogenpol verwandt und Wirkung davon 373. Sympatheti- feher Nerve ilt als ein für fich beftehendes Sy- ftem'zu betrachten«390. _ Verbindung derfelben mit’den Muskeln 391. Empfindlichkeit der Ner- ven 393; richtet fich'naeh der Härte. derfelben 393. Nerve ilt das Organ der äufsern Sinne 406, Nerv enf[aft wurde von fpätern Naturforfchern und Aerzten als: die Wirkung der’ Toben RER En gen gehalten 535.1 + Nervenknoten, Zuftand derfelben bey Greilen ı1 Nervenknoten in den. weichen-Nerven 395, b Lebenskraft der Nerven zur Muskelzulammenzie- hung wefentlich „erforderlich fey 201. Nerven- mark enthält Sauerftof 390. Netz alter Perfonen 89, Netzhaut "des Auges nimmt zuerft den Gegenltand wahr 289. h Nieren, Befchaflenheit derfelben im Greifenalter 99 Oberhaut, Zuftand derfelben bey Greilen 64. Organe des Kopfs, im hohen Alter 70, Der Wech- el, die Ruhe und Thätigkeit derfelben wird durch die Vegetation bewirkt 154. '"Organifation ‚eines lebenden Welens 528. Palınbaum, worin der Stamm deffelben beftehe 435. Paukenfell, Befchaffenheit‘delfelben bey Greifen. 7B. Pflanzen, deren Metamorphofen durch den Vegeta- tionsprozels 163. Fflanzerkörper, durch die Natur erzeugte 432. Aflanzenleben, worin es beftehe 531. Es beruht mit dem Thierleben auf einerley vege.- ‘tativer Kraft 388. Pflanzenreich, welentliche Be- ftandtheile delfelben 535, Poren, organilche, 365. Recen- Recenfon, über Hoffhauers Unterfuchung von den Krankheiten der Seele 222. Der empirilchen menfchlichen ErSAABIE 323. De wammarum phy- fiologia 4og. Reiher, dellen Knochenbau So verfchieden von dem des Fuchles 471. "Reiz; pofitiver und negativer 204. 'Wodurch Reiz hervorgebracht werden könne 337. Refpiration, Wirkung bein Mangel derlelben oder in werdorbener Enlt 345: Ribben der vierfülsigen Thiere,, Unterfchied in An- fehung ihrer lichtung, Lage, Beitünunung. von den der. Vögel 474. Bingknorpel, deffen Befchaffenheit bey Greifen 81. Ringel der Mutterfcheide, Befchaffenheit derfel- "ben im hohen'Alter g2. Röhrknochen, über den Nützen derfelben bey. Vö- " geln, eine Unterfuchung von Herrn Vrolik 469. Rückenmark, Belchaffenheit deffelben bey Greifen 117. Rückgrat 44. Wirkung wegen der zwifchen dein Wirbelbeine dünner gewordenen Kinorpel 46, Runzeln des Gelichts bey Greifen, deren Richtung 64. „Saamenbläschen, Befchaffenheit derfelben im 2 - männlichen Alter gı. Säfte des thierifchen Körpers, ‚Wechfel und Wir- ‚kung derfelben durch die Gerinnung ı2ı. Die normale Milchung derfelben' beruht auf einem be- fümmten Verhältniffe der-Beltandtheile 376. Sauerjtoff, ob lelbiger während der Relpiratior ins Blut gehe? 205. Aufnahme des Sauerftofls bey der Ausbildung thierilcher Subltanzen 210. Sax- erftoffluft dıent zur Ernährung der Flamme und zur Unterha.tung des Athıdmhalens 456 Ile zur Erhaltung des Lebens erforderlich 459 z Saugadern, Saugaderdrüjen ,, welchen Veränderungen hie im Greilenalier unterworfen, und Zultand der- '[elben überhaupt 109 Schädelknochen, Belchaffenheit derlelben bey Erei. fen und deren Gelchichte 23. Gewicht, Uınlang, Durchmelfer und Höhe des Schädels nach den ver- fchiedenen Stufen des Alters 24, Scheidchaut der Hoden, deran Zultand beim Greife gı, Schei- 624 — a Sch "Befchaffenheit derfelben im hoben Al- ter 2 w) (#2; - Schenkelarterien der Greife »01. (bakenhalkäie wird bey dielen in feiner Richtung durch den ‚Gang ver- ändert 56: Schenkellinochen des! Kindes ilt ver- [chieden von dem des Erwachlenen 148, Schilddrüfe, Belöüwnmung des von ihr zu ergiefsenden Bluts 344- ve IA CH } \ Schildknorpel, Refchaflenheit deffelben bey Greilen 87. Schlaf, ılt nur eine niedere Stufe des: Lebens 279. Schlagaderblut, Wirkung und Färbe deflelben 458. 'Schleimbeutel der Sehnen im Greilenalter 63. Schleim- hüntchen,, deren Befchaffenheit im /hohen Alter ‚116. Schleuhbeutel der, Sehnen 63. < - Schlüffelbein, feBlt einigen vierfülsigen Thhieren 473. Schmierköhlen , -Befchaffenbeit derlelben im Alter, und Wirkung; daraus‘ 65. Schöpfknorpel, Befchaffenheit derfelben bey Greifen "BL. i Schulterblatt , Zufland deffelben bey Greilen 55. Schwanzbein, verwachlen mit dem Kreuzbeine 48. Schwerkraft , was die Naturforfcher darunter verfte- hen 510. SE Seele, was lie [ey und Sitz derfelben 405. Durch deren Thätigkeit wird das Sehen bewirkt 297. Sehen, das, Erfordernils zur richtigen Empfindung deflelben 292. Wird durch eine Seelenhandlung bewirkt 297. ER Sehenerven ,„ ob Decullation derfelben angenommen werden könne 286. j x A Sehnen, follen Gch bey zunehmendem Alter verlän- gernund vermehren 6bı. Woher lie entltehn 61. Dr. ren Veränderung 62. Schleimbeutel der Nerven 63, Senfibilität, aulserordentlich erhöhete 225. Sefamknöchelchen, bey welchen Menfchen lie gewöhn- lich find 57. 62. a Sinne, deren Selbftftändigkeit in Hinficht auf den Körper und werden in ihrem Empfindungsvermö- gen auch bey kleinen Veränderungen des Körpers nicht geftört 396., Sinuempfindung, Erfordernifle ‚zur Hervorbringung derfelben 310. Sinnesverrich- tung, erforderliche Bedingungen hiezu.. 312. h Ste m 625 Skelete, des Menfchen, im hohen Alter 12. Unter- fuchung derfelben in Hinlicht ihrer Veränderung nach dem verf[chiedenen Alter ı7. Somnambulismus, Schilderung [eines Zuftandes bey einer Somnambule 232. Charakteriltik der allge- meinen Erfcheinungen 234. Beobachtungen über thierifchen Magnetismus und. Somnambulismus 264, Speicheldrüfen, deren Belchaffenheit bey Greilen 8o. Staar , [chwarzer, worin derl[elbe beltehe 301. Ur- fache, wenn er beide Augen befällt 3e2. Stickftoff ilt das Princip der Irritabilität 2ı0. Stirnnath, Verwachlung derfelben 27. Stoff, thierifcher , Beftandtheile deffelben 330, Ver: änderung [einer Geftalt bey Zufetzung anderer Sub- ftanzen 331. Zerfetzung des Wallers in andere . Stoffe 332., was durch den Stoff gebildet wird 122.; ift im Thiere mannichfaltigen Veränderungen unterworfen ı23. Natur, Art und Zweck dieler Veränderurf ilt unbekannt 124. Subftanz, [chwammige, des Bruftbeins, verwandelt fich oft in knöcherne 5o. Taubheit, (copholis) Entftehung derfelben und Mittel zur Wiederherftellung des Gehörs 318. Thierleben, beruht mit dem Pflanzenleben auf einerley vegetativer Kraft 388. Thränenwege bey Greifen 70. Tod, natürlicher, Eintritt deflelben 338. Tulpenzwiebel, wird durch den aus ihr hervorgehen- den Blumenftengel und die neuen Zwiebelchen verzehrt 449. Urin, Belchaffenheit ideffelben in der Ofteolarcolis 162. Urfachen und Gefetze, durch welche die fünf Modi des Vegetationsprozelles beltimmt werden ı64 Vegetat'on, Entftehung und Wirkung derfelben vor und nach dem Tode ı20.Erfordernille zurVegetation ı22. Wechfel der Ruhe und Thätigkeit in den Or- ganen wird durch die Vegetation bewirkt 154. Arten der Vegetation und Grad ihrer Thätigkeit 254. Vegetationsprozels, wurin er beftehe ı20. Arch. fd. Phyf. VI.B. UI, Heft. Rr Wir- 626 nn Wirkung deffelben 'ı24. Delfen Erfordernifs 125. Modi dellelben und Wirkung des erften modi 128., befchleunigt das Wachsthum zuweilen auf eine un. gewöhnliche Art 129.; zurReproduction.des Thier- und Pflanzenreichs bedient fich die Natur des er- ften modus der Vegetation 130. Wirkung dieles modi im kranken Zuftande 133. Wirkung des zweiten mod. d. Veget. »35. 140. Gegenleitige' Wirkungen der beiden Factoren in dem dritten modo des Vegetationsprozelles 142. 143. Be- weile. durch Thatfachen für die Exiltenz dieles Vegetationsprozelfes 144. Wirkfamkeit dieles meodi auf die weichen Theile 149. Beftimmung’ des vierten modi 150. Verrichtungen des fünften modi 158. Wirkungen delfelben 160. Geletze und Urlaehen, wodurch die 5 modi diefes Pro. zelles beftimmt werden 164. Verknöcherung der Luftröhre 82.; der Gefälse ı97. Entftehung der Verknöcherung 105. Venelfche Apparat, deflen Wirkung 148, Venen, deren Zuftand im hohen Alter 109. Deren Verknöcherung 108. Venenblut, Urfache feiner Farbe und Erfordernille, wenn es wirklam lfeyn foll 457. 4 er Verwandtjchaftskräfte der chemilchen Grundftoffe, Wirkung derfelben 538. 545. - Vitriolöhl, dellen Empfänglichkeit für Wärmeftoff 462, Vorhandenfeyn in einem Raume, was es [ey 496, . Vorfteherdrüfe, Befchaffenheit derfelben gı. j - Wärme, ilt ein Stimulus für die irritable Fiber 216, Wärme des Körpers, worin die Zunahme delfelben heftehe und Wirkung derfelben 350. 464. Entfte- hung der thieriflchen Wärme ‚352. 464. ‘ Wärme. Staff, verhältnifsmälsige Verbreitung in andere be. nachbarte Körper 460. ı Warzer, der Mutter[cheide,, Befchaffenheit derfelben im hohen Alter 92. Warzen der Brülte 110, za welches in den Hirnhöhlen eines: Greifes ge- unden worden ı15. Magnetifirtes Waller, deflen Wirkung beim Genuls im Somnambulismus. 252, Ver. at _— 627 Verwandlung deffelben in Dampf 455. Empfäng- lichkeit deflelben für Wärmeltoff 462. Wirbelbein, deren Bef[chaffenheit bey Greifen 45.; de- ren Verwachfung mit dem Schwanzbeine 48. Wurzel, was fie fey 435. Ihr Wachsthum fteht mit dem Stamme in gleichem Verbältniffe 437. Un- ter[chied der Wurzeln von den Stängeln über der Erde 439. Zähne , alter Perfonen, Befchaffenheit der Gefäßse und Kanäle der Zähne 34. Abnutzung der Zähne 35. Wirkung der.neuen Malle in den Zahnhöhlen 36. Urfachen des Ausfallens der Zähne 37. Beobach- tungen des Zahnens alter Perlonen 38. Einflufs, welchen der Verluft der Zähne auf die Sprache hat 435. Zuftand der Zähne bey gewilfen Krank- heiten 162. Zehenglieder, verknächern häufig bey Greilen, oft auch bey jungen Menfchen 37. ; ü Zellen des Zitzenfortlatzes, deren Verwach[ung und Verfchwindung 31. Zellgewebe, delfen Wirkung und Befchafferheit bey Greifen 66. Zeilftoff, Be- fchaffenheit und Beftimmung deflelben 369. Zergliederung des menfchl. Körpers; eine Abhandl, von Herrn Seiler ı. deren Ausbildung 2, Zunge, deren Befchaffenheit bey Greilen 79, Zungenbein, verknöchern oft im Alter 44. Zwerchmuskel, die fortwährende Bewegung deffelben ift eine welentl, Erfordernils zum Athemholen bey Säugthieren 477. Zwiebeln, erzeugen fich in den Winkeln der Blätter und bisweilen zwifchen den Blumen 443. Erfte und gewöhnliche Zwiebelerzeugung 444. Zwie- belgewächfe können eigentlich nicht.zu den Wur- zeln gezählt werden 439. Beltandtheile der Zwie- beln 440. Art ihrer Fortpflanzung 441. — Age uber Aaer I BE WET. . 000, en et a ee es: Re nn E Anika DE -s # POLEN a Sa = mai ur u u = ® >