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THB NEW YORK PUBUC UBRARY

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form 41*

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ARCHIV FÜR HYGIE

(BEGRÜNDKT VON MAX t. PETTENKOFEB.

UNTER MITWIRKUN(i

VON

Prof. Dr. O. BOLLINGER, München ; Prof. Dr. BONHOFF. Marburg a. L. ; Prof Dr. It. EMMEltlC H, München ; Prof. Dr. F. ERI8MANN, Zürich ; Prof. Dr. HEIM, Erlangen ; Prof. Dr. F. HUEPPE. Prag; Prof. Dr. KABRHEL, Prag; Prof. Dr. F. KRATSCHMER, Wien; Prof. Dr. K. LEHMANN, Würzbiirg; Prof. Dr. A. LODE, Innsbruck; Prof. Dr. L. PFEIFFER, Rostock; Prof. Dr. W. PRAU8NITZ, Gra«; Prof. Dr. F. RENK, Dresden; Prof. Dr. SCH0TTEUU8, Freiburg i. B.; Generaloberarzt Dr. A. SCHUSTER, München; Prof! Dr. WERNICKE, Posen

HERAUSGEGEBEN

VON

J. FOBSTEB, M. QBUBEB, FB. HOFMAHN, M. BUBNEB,

O.Ö.PKOnSSOREN DRR HYOIIMR UND DIKKKTORKN llRK HYU1KM8CHRN INSTITUTE AN DEN UNIVER8ITÄTKN ZU

STBAS8BURQ MÜNCHEN LBIPZIQ BERLIN.

VIEK-UNDFÜIVFZXOSTEI^ BA^V^iy.

Mit 4 Abbildungen und 2 Tafeln.

MÜNCHEN UND BERLIN. DRUCK UND VERLAG VON R. OLDENBOURG.

1005.

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Inhalt.

^efte

Spezifische Sera gegen Infasorien. Von Privatdosent Dr. Robert Röfsle in Kiel. (Aus dem Hygienischen Institat der Universität Manchen) 1

Studien xur relativen Photometrie, in. Teil. Vom Dosenten Dr. 8tan. R&iiSka. (Aus dem k. k. Hygienischen Institut des Prof Dr. Gustav Kabrhel in Prag) 32

Wasserstoffsuperoxyd als Reinigungs- und Desinfektionsmittel im Friseurgewerbe. Von Dr. R. Hilgermann. (Aus dem Hygieni- schen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Rubner) 40

Bemerkungen zur Abhandlung von E. Mettler über die bakterizide

Wirkung des Lichtes auf gefärbte Nährböden. Von H. v. Tappeiner 49

Weitere Versuche mit photodynamischen , sensibilisierenden Farb- stoffen. (Eosin, Erjrthrosin.) Prtlfung der Wirkung des Tages- lichtes auf Lebensfähigkeit und Virulenz von Bakterien, auf Toxine und Antitoxine und auf das Labferment Von Dr. Hans Huber. (Aus der bakteriologischen Abteilung des Hygiene-Institutes der Universität Zürich. Vorstand: Privatdozent Dr. W. Silber- schmidt) 58

Vernichtung von Bakterien im Wasser durch Protozoen. Von Dr. Otto

Uuntemüller aus Hoya a. d. Weser. (Mit Tafel I) . . . . <^9

Über den Gewichtsverlust des Fischfleisches beim Dünsten Von Dr. Friedrich Peters, Assistenten des Institutes. (Aus den Hygieni- schen Instituten der Universität Berlin. Direktor: Geh. Medizinalrat Prof. Dr. M. Rubner) 101

Studien über verdorbene Gemüsekonserven. Von Dr. Joseph Belser, dipl. Chemiker. (Aus dem Hygienisch-bakteriologischen Labora- torium des Eidgen. Polytechnikums. Vorstand: Prof. Dr. O. Roth) 107

IV Inhalt.

Seite

Die pchütxenden Eigenpchaften des Blutes von aggressinimmunen Htthnercholeratieren. Von Dr. Edmund Weil, Assistenten des Institutes. Ausgeführt mit Unterstützung der Gesellschaft zur Forderung deutscher Wissen.ochaft, Kunst und Literatur in Böhmen (Aus dem Hygienischen Institut der deutschen Universität in Prag. Vorstand: Prof. Hueppe) 149

Über Hämolyse im Reagenzglas und im Tierkörper. Von Dr. Oskar R. von Wunschheim, I. Assistenten am Institute. (Aus detii Hygienischen Institute der k. k. Universität Innsbruck. Vorstand : Prof. A. Lode) 185

Weitere Erfahrungen über Aggressinimmunität gegen den Shiga-Kruse- Bchen Dysenteriebazillus. Von Dr. Yonetarö K i k n c h i. (Aus dem Hygienischen Institut der deutschen Universität in Prag. Vorstand: Prof. Hueppe) 297

Über Bleivergiftungen durch eine Wasserleitung. Von Inspektor Dr. Paul Fort n er. (Ans der k. k. allg. Untersuchungsanstalt für Lebensmittel der deutschen Universität in Prag. Vorstand: Prof. Hueppe) 326

Die Bakteriendurchlässigkeit der normalen Magendarmschlei mhant im Säuglingsalter. Von Dr. med. R. Hilgermann. (Aus dem Hygie- nischen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. M. Rubner.) (Mit Tafel U) 335

Blntparasiten imd Erythrocytolyse. Von Dr. A. Nifsle. (Aus dem Hygienischen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh. Med.- Rat Prof. Dr. M. Rubner) 343

Über den Einflufs des Hungers auf die Bakteriendurchlässigkeit des Intestinaltraktus. Von Prof. M. Ficker. (Ans dem Hygieni- schen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh. Medizinalrat Prof. Dr. M. Rubner) 354

Über das Verhalten der aeroben Keime gegenüber der absoluten Sauerstoffentziehung. Von Dr. Walther Willi msky. (Ans dem Hygienischen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh. Med. - Rat Prof. Dr. Rubner) 375

Zum Nachweis fäkaler Verunreinigung von Trinkwasser. Von Oberarzt Dr. Christian. (Aus dem Hygienischen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Rubner) 386

Sind bei der bakteriziden Wirkung des Blutserums osmotische Vor- gänge im Spiele? Von Dr. Georg Le uchs. (Ans dem Hygienischen Institut der Universität München. Vorstand: Prof. Max Grub er) 3%

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Spezifische Sera gegen Infusorien.

Von

Privatdozent Dr. Robert Böfsle

in Kiel. (AuB dem Hygienischen Institute der Universität München.)

Die vorliegende Arbeit ging von dem Gedanken aus, zu versuchen, ob sich unsere Kenntnis von der Morphologie der spezifischen Toxin-Wirkung dadurch fördern liefse, dafs man statt der bisher gewöhnlich gebrauchten Antigene grofse ein- zellige Lebewesen aus der Klasse der Protozoen als Immunisierungs- material .verwendete. Es lag dabei zunächst die Absicht zu- grunde, an neuen Versuchsobjekten zu prüfen, ob die kürzlich von mir (^*) beschriebenen morphologischen Veränderungen von Erythrozyten durch das inaktivierte spezifisch lytische Serum der Ausdruck einer allgemeinen Gesetzmäfsigkeit sind. Erwies sich die Annahme, dafs sich auch mit Protozoen Antikörper lytischer und agglutinierender Natur gewinnen liefsen, was nach dem bisher über die Immunitätsreaktionen des Warmblüter- Organismus Bekannten doch grofse Wahrscheinlichkeit hatte, als richtig, so sollte die Wirkungsweise der betreffenden Stoffe auf die Protozoen dann auch im aktiven Zustande studiert werden. In zweifacher Hinsicht, gerade vom morphologischen Standpunkte aus, versprach die Immunisierung mit Protozoen einen Erfolg und bestimmte Vorteile gegenüber der Verwendung der sonst gebräuchlichen Antigene : bei den Bakterien hindert die Kleinheit

ArcblY fttr Hygiene. Bd. UV. 1

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2 Spezifische Sera {regen Infusorien.

der Zelle und die mangelnde Differenzierung in Kernapparat und Zelleib die Beobachtung der durch spezifisch lytische Stoffe erzeugten feineren morphologischen Veränderungen und die Ver- wertung der Befunde für die Erklärung der einschlägigen Störungen im höheren Organismus; bei den roten Blutkörperchen anderseits erwies sich, ein so günstiges Versuchsobjekt sie in anderer Hinsicht sein mögen, ihre fragliche Zellnatur, ihr ganz eigentümlicher Bau und die Unmöglichkeit zu entscheiden, ob man im gegebenen Falle überhaupt lebende oder tote Objekte vor sich hat, als mifslich. Gegen die Brauchbarkeit der weifsen Blutzellen zum Zweck des Studiums der morphologischen Seite der Toxinwirkung sprach von vornherein die Unmöglichkeit, die Leukozyten unter vollkommen natürlichen Existenzbedingungen zu beobachten, sowie die verhältnismäfsig kurze Dauer ihres Überlebens aufserhalb des Organismus. Alle diese Nachteile haften den freilebigen Protozoen nicht an : ihre Gröfse versprach zunächst eine bequemere Beobachtung der, wie ich nach Ana- logie der bisherigen Erfahrungen annahm, eintretenden Auflösungs- erscheinungen, ihr den höheren Zellen wenigstens ähnlicher Bau liefs hoffen, dafs man vergleichende Schlüsse zur menschlichen Pathologie wagen durfte und schliefslich bestand bei ihnen auch die Möglichkeit, die Zellen unter natürlichen Lebensverhältnissen der Toxinwirkung aussetzen und jederzeit entscheiden zu können, ob man lebende oder tote Objekte vor sich habe. Zur Ver- wendung kamen Infusorien und Flagellaten. Es soll gleich hier vorweggenommen werden, dafs die Annahme, es könnten sich durch Immunisierung mittels dieser Antikörper lytischer Natur gewinnen lassen, als irrtümlich herausgestellt hat. Wenn nun auch die Untersuchung in morphologischer Richtung bisher kein Resultat gehabt hat, so sind die dabei gemachten Beobachtungen doch in anderen Hinsichten mitteilenswert.

Der Immunisierung mit Protozoen stellten sich zunächst dadurch Schwierigkeiten entgegen, dafs es jeweils einer müh- seligen Vorarbeit bedurfte, um genügend viel und genügend reines Material zur Behandlung zu erhalten. Was die Menge betrifft, so konnte man hoffen, durch Aufstellung sehr zahlreicher

Von Privatdozent Dr. Rol)ert Röfele. 3

Zuchtgläser genügende Quantitäten zu bekommen. Als Versuchs- objekt wurde das gewöhnlich für physiologische Zwecke ver- wendete und deshalb in vielen Eigenschaften schon wohlbekannte Paramäcium caudatum gewählt, das allerdings in den Winter- monaten nicht recht zum Gedeihen zu bringen ist, weshalb die Immunisierung oft in unregelmäfsigen Zeitintervallen vorgenommen werden mufste. Eine Reinkultur von Paramäcien und Protozoen überhaupt im bakteriologischen Sinne war ja schon von vorn- herein ausgeschlossen, da sie sich ja nicht auf osmotischem Wege ernähren, sondern auf körperhche Nahrungsaufnahme an gewiesen sind. Paramäcium frifst, ohne in bezug auf die Arten wählerisch zu sein, Bakterien. Es lieFs sich also jedenfalls die gleichzeitige Einbringung von Bakterien mit den Paramäcien bei den Injektionen zur Immunisierung nicht umgehen.

Allein alle Versuche, Paramäcien zu isolieren und in iso- liertem Zustande mit bestimmten, aus den Aufgüssen gezüchteten Bakterien zu kultivieren, mifslangen. (Diese Versuche wurden gemacht, um Sicherheit dagegen zu gewinnen, dafs wenigstens nicht pathogene Mikroorganismen miteingespritzt wurden.) Da- gegen gelang dies ohne viel Schwierigkeiten bei einem anderen Infusor, dem Glaukoma scintillans Ehrenbergi. Dieses Infusor verträgt offenbar höhere Grade der Fäulnis als andere Protozoen, so dafs, wenn man in einem Aufgufs, in dem es von allen möglichen Vertretern aus dem Protistenreich wimmelt, durch Zusatz von Bouillon die Vermehrung der Fäulnisbakterien steigert, das Glaukoma alle anderen Protozoen überwuchert, bis man es zuletzt sogar ausschliefslich darin findet. Aus solchen Infusionen wurde dann das Ausgangsmaterial für die Reinzuchten^)

1) Da äer Aasdruck »Kultur« gewöhnlich im Sinne von »Reinkultur« gehraucht wird und also nur für Bakterien verwendet werden kann, so wird im folgenden das deutsche Wort »Zucht« für die künstlich gehaltenen Pro- tozoen-Stämme gebraucht und das Wort »Reinzucht« könnte dann für die- jenigen Protozoen-Zuchten reserviert sein, in denen die betreffende Infusorien- oder Flagellaten- (oder Amöben-) Art allein vorhanden ist, gleichgültig, ob sie sich dabei von einer oder von vielen Bakterienspezies dabei ernährt. Der Ausdruck »Reinzucht von Protozoen« ist für denjenigen nicht mifsver- ständlich, der sich bewufst ist, dafs es eine solche Keinzucht ohne Bakterien (resp. anderes körperliches Material) nicht geben kann.

4 Spezifische Sera gegen tnfaBorien.

des Glaukome gewonnen, indem es mit Wasser im Sinn einer Nägelischen »Einzelkultur« so verdünnt wurde, dafs man mit einer sterilisierten Pipette ein einzelnes Tier herausfangen und in einen sterilen Erlenmay ersehen Kolben einbringen konnte. Der Kolben war bis zu einer bestimmten Marke mit stark ver- dünnter steriler Bouillon gefüllt (je 1 com Bouillon auf 50 com Leitungswasser). Es überwog sehr bald eine Bakterienart, welche in der Vermehrung dann mit dem Glaukoma, welches so reich- liche Nahrung fand, geradezu wetteiferte. Wurde eine solche Zucht nun wieder stark verdünnt und mit einem Glaukoma daraus ein neuer Erlenmay er -Kolben beschickt, so erhielt man eine Reinzucht von Glaukoma mit einem einheitlichen Futter, einer einzigen Bakterienart. Diejenige, welche ich in meinen Glaukomazuchten hatte, war ein kurzes, plumpes Stäbchen, welches Gelatine verflüssigte. Ich habe es nicht weiter bestimmt, weil Glaukoma sich ebenso sicher mit vielen anderen Bakterien- arten zusammen züchten läfst und deshalb eine Indentißzierung jenes Bakteriums keinen Wert hatte. Die Zuchten wurden auf folgende Weise weitergeführt. Der Höhepunkt der Glaukoma- vermehrung tritt etwa am 4. und 5. Tag nach der Impfung eines auf die angegebene Weise beschickten Er lenmay er- Kolbens ein. Ungefähr um diese Zeit tritt aber, offenbar durch die enorme Gefräfsigkeit der Infusorien, mehr und mehr Bakterien - armut und dadurch auch bald Nahrungsmangel für Glaukoma ein. Sie gehen vom 6. oder 7. Tag ab an Zahl offenbar zurück, vielleicht gelangen in die Flüssigkeiten auch schädliche Stoff- wechselprodukte; kurz, wenn man die Zucht am Leben erhalten will, so mufs man frische verdünnte Bouillon zusetzen, am besten indem man einfach die alte Zucht bis auf Reste abgiefst und den Kolben mit verdünnter Bouillon bis zur Marke wieder auf füllt. Es findet dann sofort eine starke Vermehrung der Futter- bakterien und des Glaukoma statt, auch wenn die Kultur schon nahe dem Aussterben war (welches allerdings erst nach Wochen stattfindet). Zu Zwecken der Immunisierung erwies es sich am vor- teilhaftesten, wenn zu dem Zeitpunkte, zu welchem die stärkste Bevölkerung der Flüssigkeit mit Glaukoma gefunden wurde

Von Privatdozent Dr. Robert Röfsle. 5

etwa am 5. Tage), die Zucht bis auf Reste abgegossen wurde, der Abguls zentrifugiert und das Zentrifugat, welches die aus- geschleuderten Infusorien und verhältnismäfsig wenig Bakterien enthielt, injiziert wurde, während mit den im Kolben zurück- gebliebenen Resten die Zucht durch Auffüllung neuer Nährflüssig- keit für die Bakterien wieder zum Aufblühen gebracht wurde. Glaukoma liels sich auch in Petrischalen bequem züchten. Es ist zweckmäfsig, so zu verfahren, dafs man ^2 Agarröhrchen in der Schale schief erstarren läfst, und den übrigen Raum mit Leitungswasser so ausfüllt, dafs der Wasserspiegel eben noch den Rand der Agarschichte erreicht; dies hat den Vorteil, dafs einerseits die des Sauerstoffs bedürftigen Bakterien noch auf dem Agar wachsen können, anderseits aber den frei im Wasser schwimmenden Infusorien zugänglich sind. Die zu- nehmende Verdunstung des Wassers legt immer nur einen kleinen Teil der Agarfläche trocken. In dieser W^eise hielten sich bei Zimmertemperatur Glaukoma-Reinzuchten monatelang ohne Erneuerung. Erreicht die Verdunstung des Wassers solche Grade, dafs die Infusorien nicht mehr frei schwimmen können, so passen sie sich in merkwürdiger Weise den veränderten Lebens- und Bewegungsbedingungen an, indem ihr Protoplasma flüssiger zu werden scheint und sie dadurch befähigt, in einer an die Fortbewegung der Amöben erinnernden Art den Ort zu verändern.

Bei der Anlegung von Protozoen- Reinzuchten kommt es darauf an, Eigenschaften ausfindig zu machen, welche nur der betreffenden Art, die man züchten will, zukommen. Gelang die Reinzucht von Glaukoma dadurch, dafs es intensivere Grade der Fäulnis (und auch höhere molekulare Konzentration der Nährmedien) aushält als andere Protozoen, so fand ich später zufällig, dafs die Paramäcien in anderer Hinsicht widerstands- fähiger sind als die übrigen Tiere, welche man in Infusionen zu finden pflegt: während nämlich z. B. Glaukoma, Stentor, Col- pidium, Stylonychia u. a. bei Erwärmung der Infusion auf 37 ^ zugrunde gehen, überleben die Paramäcien allein diese Prozedur. Es ist infolgedessen höchst einfach, grofse Mengen Paramäcien

6 Spezifische Sera gegen Infusorien.

in Reiuzucht, allerdings mit den verschiedenartigsten Bakterien zusammen, zu erhalten^), und es gestaltete sich die Gewinnung des Materials zur Immunisierung gegen Paramäcien auf folgende Weise :

Ein sterilisiertes, hohes Becherglas wurde, mit Leitungswasser gefüllt und mit einer sauberen Glasschale bedeckt, mehrere Tage stehen gelassen (frisches Leitungswasser schädigt die Paramäcien), und dann mit Salatblättem, welche in heifses Wasser auf kurze Zeit getaucht waren, versehen. Impft man nun möglichst sorg- fältig isolierte Paramäcien ein, so erhält man zu günstiger Jahres- zeit in wenigen Tagen eine üppige Zucht. Es ist zunächst nicht unmer zu vermeiden, dafs sich auch andere Protisten entwickeln, aber man kann sie in den Gläsern leicht los werden, indem man diese auf 24 Stunden in den Brutschrank von 37" bringt. Dies hat gleichzeitig den Vorteil, dafs durch die erhöhte Tem- peratur den Paramäcien sehr rasch folgende Teilungen sozusagen aufgezwungen werden, so dafs man in dem Brutschrank gleich- zeitig ein Mittel hat, um sie von anderen Protozoen zu isolieren und sie allein zu enormer Vermehrung zu bringen. Die Teilungen wiederholen sich infolge des Einflusses der Wärme so schnell, dafs die Tiere nach der Teilung nicht mehr die alte Gröfse er- reichen, und man erhält durch fortgesetzte Züchtung im Brutofen Zuchten von wesentlich kleineren Tieren als die Tiere der Aus- gangszuchten waren. Diese Tatsache ist aber für die Zwecke der Immunisierung, bei der es sich zunächst nur um die Gewinnung möglichst grofsen und möglichst einheitlichen Materiales zur Vorbehandlung handelt, gleichgültig. Wenn das faulende Salat- wasser sehr dicht von Paramäcien erfüllt schien, so wurde der gröfsere Teil der Zucht zur Zentrifugierung abgegossen und das Glas mit abgestandenem, steril aufbewahrtem Leitungswasser wieder aufgefüllt. Trat Nahrungsmangel ein, was an der zu-

1) Es gibt allerdings eine winzige Flagellaten-Art, Chilodon-Para* mäcium, welche sehr gerne mit Paramäcium caudatiim vorzukommen pflegt, und welche ihm auch darin gleicht, dafs sie die Erwärmung auf 37** manchmal unter Umständen, die mir nicht näher bekannt sind (Gewöhnung ?), (Ibersteht

Von rrivatdozeiit Dr. Robert Röfslc. 7

nehmenden Magerkeit der Paramäcien leicht erkannt werden kann, so wurden wieder Salatblätter zugegeben usf. Auf diese Weise liels sich eine üppige Zucht monatelang in denselben Gläsern unterhalten. Gerade der Wechsel von Hunger und starker Ernährung liefert die gröfste Vermehrung und scheint die Zuchten vor den Dei)ressionszuständen zu bewahren, welche zuerst von Calkins und von R. Hertwig beobachtet wurden. Die »Depression« besteht in der Unfähigkeit zu Assimilation und Vermehrung und tritt am schnellsten in gleich- und übermäfsig gefütterten Zuchten auf.

Das Impfungsmaterial wurde aus den Abgüssen der Zucht- gläser durch Zentrifugieren gewonnen. Diese Arbeit ist um so mühseliger, als es sich nicht empfiehlt, sie sich dadurch zu er- leichtern, dafs man die Paramäcien zuvor abtötet und dadurch ihre Eigenbewegung, welche von schwachen Zentrifugen nicht wirksam genug unterdrückt wird, aufhebt. Es erschien vielmehr notwendig, die unveränderte Substanz der Paramäcien zur Injektion zu gebrauchen. Mittels einer kräftigen Zentrifuge kann man bei einiger Übung in einer halben Stunde ungefähr aus einem Liter Zuchtflüssigkeit die Paramäcien erhalten, indem man je zwei je 10 ccm fassende Röhrchen füllt, zehn Sekunden kräftig schleudert, ziemlich rasch anhält und sofort abgiefst, mit neuer ZuchtSüssigkeit anfüllt usf. Die zehn Sekunden genügen, die schweren Paramäcien auszuschleudern, und je kürzer man zentri- fugiert, desto weniger Bakterien wird der Bodensatz enthalten.

Zunächst wurden drei Tiere immunisiert: erstens zwei Ka- ninchen, welche subkutan Paramäcien erhielten, und ein Meer- schweinchen, welches ebenfalls subkutan die Zentrifugate der Reinzuchten des Glaukoma scintillans injiziert bekam. Dem Umstände, dafs mit letzterem nur eine und zwar offenbar un- schädliche Bakterienart einverleibt wurde, ist es wohl zuzu- schreiben, dafs das Meerschweinchen die Behandlung sehr gut vertrug und nur einmal eine harte Infiltration an einer In- jektionsstelle aufwies. Dagegen traten bei dem einen Para- mäcienkani neben mehrmals Abszesse auf, da ja mit den Para- mäcien unkontrolliert viele und verschiedene Mikroorganismen

8 Sperißsche Sera gegen Infusorien.

unter die Haut gebracht wurden. Von Protozoen wurden aufser den Paramäcien zuweilen recht zahlreiche Vertreter jener schon erwähnten winzigen Flagellatenart, des Chilodon paramäcium mit eingespritzt, weil sie sich zuweilen auch durch erhöhte Tem- peratur nicht aus der Gesellschaft der Paramäcien vertreiben lassen. Übrigens war dieser Umstand keineswegs mifslich, im Gegenteil, es wurde auf diese Weise von demselben Tiere ein zweiter Antikörper gleichzeitig gewonnen, wie aus der folgenden Schilderung hervorgehen wird. Später wurde zur Kontrolle die Immunisierung eines weiteren Kaninchens gegen Paramäcinen ausgeführt, wobei sich die jüngst von Löffler(®) angegebene Methode der Antikörpergewinnung sehr bewährt hat. Es standen also im ganzen vier Antiprotozoensera zur Verfügung, über deren Eigenschaften und Wirkungsweise hier berichtet werden soll.

Semm L

Ein janges Kaninchen erhält innerhalb eines Zeitraums von mehreren Monaten im ganzen 4 subkutane Injektionen je 10 ccm sehr dichter Auf- schwemmung von Paramäcien und wird 10 Tage nach der letzten Ein- spritzung entblutet. Es vertrug die Injektionen ohne Störung.

Semm II.

Ein junges, im Wachstum begriffenes Kaninchen (2750 g) erhält inner- halb von 27i Monaten im ganzen 6 subkutane Injektionen von Paramäcien (mit Chilodon paramäcium). Das Serum war schon nach der dritten Injektion wirksam. Das Tier litt während der Behandlung an häufiger Abszefsbildung, ohne aber an Gewicht abzunehmen. Die Abszesse wurden eröffnet, entleert und heilten gut. Die Blutproben wurden den Ohrvenen entnommen.

Serum I und II werden, weil in ihren Eigenschaften gleich, zusammen besprochen.

Da die Paramäcien in fauligem Wasser freilebende Tiere und gegenüber höheren Salzkonzentrationen so empfindlich sind, dafs sie in Konzentrationen, welche dem Serum entsprechen, und na- türlich auch in diesem selbst in ganz kurzer Zeit unter Zer flies- sungserscheinungen und rascher Gerinnung ihres Protoplasmas und Kerns absterben, so mufste vor allem zunächst diejenige schwächste Verdünnung von normalem Kaninchenserum festge- stellt werden, welche für die Paramäcien harmlos ist und mit

Von Privatdozent Dr. Robert Röfsle. 9

dieser indifferenten Verdünnung des Normalserums mufste eine gleich sehwache Verdünnung des spezifischen Serums verglichen werden. Verhielten sich in dieser die Paramäcien anders als in der gleichen Verdünnung des Normalserums und als die Kontroll- tiere aus der Zucht, so konnte das abweichende Verhalten auf besondere Stoffe des spezifischen Serums bezogen werden. Um nicht Irrtümern durch zufällige Verunreinigungen ausgesetzt zu sein, wurden nur sterile Reagenzgläser und Pipetten und sehr sorgfältig gereinigte und getrocknete Uhrschälchen verwendet; die Mischungen von Serum und Paramäcien wurden in Reagenz- gläsern angesetzt und gewöhnlich sofort nach Mischung die Hälfte in eine Uhrschale zur Untersuchung mit schwachen Vergröfserungen ausgegossen; zur genaueren Beobachtung wurden einzelne Tiere herausgefangen und unter dem mit Wachsfüfschen gestützten Deckglas, seltener im Hohlobjektträger beobachtet. Die Verdün- nungen des Serums wurden durch unmittelbare Vermischung desselben mit der die Paramäcien enthaltenden Zuchtflüssigkeit hergestellt; in besonderen Fällen war es aber erforderlich, die Paramäcien in einem anderen, für sie vollkommen indifferenten Medium der Toxinwirkung auszusetzen; als dieses erwies sich abgestandenes Leitungswasser von Zimmertemperatur.

Der Grundversuch bestand also, wie gesagt, darin, das aktive Serum eines normalen mit dem aktiven Serum des mit Paramäcien vorbehandelten Kaninchens zu vergleichen und diejenige Ver- dünnung festzustellen, bei welcher einerseits durch das erstere keinerlei Störung mehr auftrat, anderseits zu sehen, ob dieselbe Verdünnung des spezifischen Serums noch eine Wirkung ausübte. Dies war der Fall bei 20facher Verdünnung beider Sera; hier trat die spezifische Wirkung deutlich und ausschliefslich zutage. In höheren Konzentrationen war allerdings auch ein durchgreifen- der Unterschied vorhanden, allein die spezifische Schädigung war kombiniert und dadurch verwischt mit der osmotischen, und des- halb wurde in den meisten der folgenden Versuche zum Studium der reinen, spezifischen Wirkung die 20- und die 40-fache Ver- dünnung des spezifischen Serums gebraucht. Die 40-fache des- halb, weil es sich herausstellte, dafs das ganz frische aktive Nor-

10 spezifische Sera gegen InfuHorien.

malserum hie und da noch die Beweglichkeit der Paramäeien in 20-facher Verdünnung stört; die Schädigung wird aber im Gegen- satze zu der spezifischen sehr schnell überwunden.

Es besteht nämlich die spezifische toxische Wir- kung in einer intensiven, langdauernden Lähmung der Paramäeien, und zwar beteiligen sich an der Lähmung zunächst nur die Wimpern der Oberfläche, bei höherem Grade auch die kontraktilen Vakuolen und sc hliefs lieh auch die und ulierende Membran des Cytostoms, also die Organe der Fortbewegung, der Exkretion (Atmung?) und der Nahrungsaufnahme. Beschränkt sich die Lähmung auf die Cilien der Oberfläche, so erholen sich die Paramäeien nach 3 5 Tagen. Sie vermögen unter diesen Umständen im Zustande der völligen Fortbewegungs- Unfähigkeit Nahrung aufzunehmen und zu verdauen, ja sie sind sogar imstande Teilungen auszuführen und begonnene Teilungen zu vollenden.

Im einzelnen gestaltet sich der Vorgang der spezifischen Wirkung folgend ermafsen : Bringt man Paramäeien in eine 20-fache Verdünnung von Antiparamäcienserum, so tritt zunächst ein bald nur Bruchteile einer Minute, bald mehrere Minuten währendes Stadium der Erregung ein, welche sich in lebhaft hin- und her- schiefsenden Vorwärtsbewegungen äufsert. Diese werden aber bald nach einem Augenblick des Stillstandes durch kurze, sehr heftige, ruckweise Vorstöfse unterbrochen, denen zuerst schnell vorübergehende, dann immer länger dauernde rückwärts gerich- tete Wirbelbewegungen folgen. Die normale Locomotion der Paramäeien beschreibt eine Schraube mit sehr lang gezogenen Windungen nach vorwärts, die pathologische Drehbewegung nach rückwärts besteht in der Ausführung einer Schraube mit mehr und mehr verschwindender Höhe der Schraubengänge, bis schliefs- lich eine Drehung am Platze eintritt, welche immer mehr sich verlangsamt. Man kann in diesem und in dem Stadium an- scheinend vollkommener Lähmung, in die die Drehung ausläuft, durch kalorische und mechanische Reize die Paramäeien zu kur- zen, sofort nachlassenden Vorwärtsbewegungen oder auch zu

Von Privaldozent Dr. Robert Röfale. 1 1

Wirbeln veranlassen, wenn nicht unterdessen eine weitere Er- scheinung eingetreten ist, die auch selbständig vor Eintritt der Lähmung Platz greifen kann; es ist eine Erscheinung, welche an die Agglutination der Bakterien erinnert und ihr vielleicht analog ist: die Verklebung der Paramäcien mit der Oberfläche anderer fester Körper in ihrer Umgebung, vielleicht durch ein Klebrigwerden ihrer Cilien. Merkwürdigerweise bleiben sie nun nie aneinander hängen, sondern haften immer nur am Glase, an Bakterienhaufen oder an Exemplaren jener kleinen Flagellaten- art, die, bei der Immunisation mitverwendet, ebenfalls gelähmt wurde. Wurden andere, zur Immunisierung nicht verwendete Protozoen der Wirkung des Antiparamäcien-Serums gleichzeitig ausgesetzt, so wurden diese niemals in ihrer Bewegungsweise ge- stört, nicht gelähmt, und die Paramäcien blieben nicht an ihnen hängen. Dieser Versuch beweist also gleichzeitig die Spezifität des gewonnenen Serums. Ja, diese Spezifität des Serums ging soweit, dafs keine andere Paramäcienart, sondern nur Paramäcium candatum gelähmt wurde. Ob übrigens ein bestimmtes Paramä- cium infolge von Lähmung oder von Agglutination still lag, war leicht zu entscheiden, denn die festgeklebten Paramäcien machen meist, jedenfalls immer auf Reize (Erschütterung) hin, gewaltige und manchmal erfolgreiche Anstrengungen, wieder loszukommen; bleiben sie haften, so sieht man deutlich, an welchen Punkten sie festkleben und in welchen Richtungen ihre Bewegungsmög- lichkeit beschränkt ist; gelähmte Paramäcien lassen sich durch Bewegung der Uhrschale nach Willkür hin- und herschwenken; gelähmte und gleichzeitig angeklebte Tiere pendeln dabei um ihren Fixationspunkt. Es ist bekannt, dafs gesunde Paramäcien auTser zur Zeit der Konjugationsepidemien die gegenseitige Be- rührung vermeiden, jedenfalls wenn sie sich berühren, schnell entfliehen. Dies ist den vom spezifischen Serum beeinflufsten Tieren nicht möglich; geraten sie aneinander, so haben sie oft Schwierigkeiten, auseinanderzukommen; trotzdem sieht man nie- mals Paramäcien dauernd oder zu mehreren verklebt, auch dann nicht, wenn man Paramäcien allein in Wasser der Serumwirkung aussetzt. Selbst gelähmte Tiere sah ich niemals aneinander fest-

12 Spezifische Sera gegen Infusorien.

geheftet. Es ist deshalb vielleicht nicht richtig, den Ausdruck Agglutination für jene Zustände zu gebrauchen, da man darunter das Zusammenkleben gleichartiger Zellen untereinander durch spezifisches Serum zu verstehen gewohnt ist. Vorgänge, welche der Bakteriolyse analog zu setzen gewesen wären, traten nicht ein, auch nicht bei tagelanger Beobachtung, weder bei Zimmer- noch bei Brütofentemperatur von 37°. Selbst im schwach und gar nicht verdünnten Serum kamen keine eindeutigen Befunde zustande. Es wurde die Wirkung von 5- und lOfachen Verdün- nungen von aktivem normalen und spezifischen Serum verglichen. Mit dem Serum I ergab sich ein ganz deutlicher Unterschied in- sofern, als die 10-fache Verdünnung des aktiven Normalserums die Paramäcien nicht schädigte, während die gleiche Konzen- tration spezifischen Serums neben der Lähmung eine Verquellung der Tiere hervorrief, die bei einer Anzahl innerhalb 24 Stunden zu Zerfliefsungserscheinungen führte ; im lOfach verdünnten Nor- malserum waren die Tiere nach 24 Stunden sämtlich munter, gefräfsig und ihre Zahl war vermehrt. Ein Vergleich der nur öfachen Verdünnungen ergab für das Normalserum zunächst eine Lähmung ohne tiefgreifende sichtbare Gestaltveränderung, dagegen für das spezifische Serum Zerfliefsungserscheinungen fast aller Individuen ; nach 24 Stunden waren die Paramäcien in der Lösung des Normalserums unbeweglich bis auf die undulierende Membran gequollen, mit enormen aufgetriebenen Vakuolen, einige zerplatzt, einige von normalem Ansehen; in der Lösung des spezifischen Serums war die Mehrzahl zerplatzt, die übrigen un- beweglich mit enormen Vakuolen, aber mit strudelndem Peristom- feld, einige in verschiedenen Stadien der Teilung, die Teilungs- produkte hatten ein annähernd normales Aussehen. Es ergibt sich also im Grunde nur ein gradweiser Unterschied in der Wir- kung des normalen und des spezifischen Serums: die Schä- digung, die das spezifische Serum noch in grofsen Verdünnungen (s. unten) zu bewirken vermag, erzeugt in konzentrierteren Lösungen auch das Normalserum (aufser der Agglutination). Ob die be- schriebenen Erscheinungen im konzentrierten Serum in Analogie zu lytischen Vorgängen zu setzen sind, bleibt übrigens fraglich.

Von Wvatdoaent Dr. Robert Höfsle. 13

Sicher ist, dafs die Zerfliefsungserscheinungen, welche etwas leichter in konzentrierteren Mischungen des spezifischen als des uonnalen Serums eintreten, in bezug auf ihr Aussehen gegenüber den durch mechanische und chemische Mittel leicht zu bewirken- den Zerfliefsungserscheinungen nicht die geringste Eigentümlich- keit hatten. Es blieb auch zunächst unerklärlich, warum fast nie in denjenigen Verdünnungen, wo die spezifische Wirkung allein sichtbar wurde, Zerfliefsungserscheinungen an den Para- mäcien auftraten, es sei denn, dafs man diesen Umstand auf Rechnung des geringen lytischen Wertes des Serums zu setzen hat. Diese Verhältnisse sollen in den Schlufsbetrachtungen noch näher berührt werden. Es ist nötig, hier einen Punkt zu erwähnen, der bei den Versuchen mit Paramäcien immer wieder sich be- merkbar machte, das ist der grofse individuelle Unterschied im Verhalten von Paramäcien derselben Zucht den verschiedensten Eingriffen und Einflüssen gegenüber; er macht es zur unumgäng- lichen Notwendigkeit, stets mit einer beträchtUchen Anzahl von Individuen zu arbeiten, weil z. B. in einem Dutzend immer ein oder zwei Exemplare sich anders verhalten als die übrigen, welche den Durchschnitt repräsentieren. Da es sich aber immer nur um gradweise Unterschiede dabei handelt, d. h. um erhöhte oder herabgesetzte Empfindlichkeit gegenüber den experimentellen Reizen, so ist der individuelle Unterschied nicht nur nicht mifs- lich, sondern von Nutzen und in häufigen Fällen ein wertvoller Fingerzeig. Hierfür ein Beispiel : Mit der 20-fachen Verdünnung des Serums I trat bei der gröfsten Mehrzahl der behandelten Paramäcien nur eine einfache Lähmung der Fortbewegung ein; vereinzelte Exemplare blieben aber schwach beweglich, wieder andere hingegen erlitten eine tiefergreifende Lähmung, indem diese sich auf die kontraktilen Vakuolen verbreitete. Mit der Zeit nahm das aufbewahrte Serum an Wirksamkeit ab und nach Wochen war keine vollkommene Lähmung der Bewegung zu er- zielen; der Durchschnitt der Paramäcien verhielt sich jetzt wie die mehr empfindlichen Exemplare vor mehreren Wochen. Mit dem frischen starken Serum II waren anderseits nun viel zahl- reichere Lälimungen höheren Grades zu erzielen, als seinerzeit

]4 Spezifische Sera gegen Infusorien.

mit dem Serum I, so dafs die damals als Zufälligkeiten erscheinenden Ausnahmen zu gesetzmäfsigen Erscheinungen gestempelt wurden. Die feineren Vorgänge bis zum Eintritt tiefgreifender Läh- mungen sind folgende: es findet zunächst immer zuerst der all- mähUche Stillstand der Ortsveränderung auf die oben beschriebene Weise statt ; liegen die Tiere still, so ist die weitere Beobachtung natürlich sehr erleichtert ; man bemerkt dann auch an den inneren Teilen der Paramäcien zuerst eine Erregung: die Endoplasma- Strömung (»Cyclosec) ist eine sehr lebhafte, die undulierende Membran schlägt aufserordentlich schnell, die Nahrungsvakuolen füllen sich sehr schnell und stofsen sich oft ab, die kontraktilen Vakuolen bleiben zuerst klein und pulsieren mit grofser Frequenz, durchschnittlich 4 mal in 1 Minute (normale Frequenz der Ent- leerung der kontraktilen Vakuolen ist alle 25 Sekunden bei 16® C). Der Vorgang der Paralysierung kann auf jeder beschriebenen Stufe stehen bleiben ; geht er nicht weiter, als bisher beschrieben, so ist es nicht zu verwundem, dafs diejenigen Tiere, deren Stoff- wechsel so offenbar gesteigert ist, sich besonders schnell auch von der Lähmung ihrer Fortbewegungsorgane erholen; geht er hingegen weiter, so folgt der Erregung eine Verlangsamung der inneren Bewegungsvorgänge; am auffallendsten ist das seltenere Schlagen und die gleichzeitige diastolische Erweiterung der kon- traktilen Vakuolen, welche so enorme Grade erreichen kann, dafs das ganze Tier mifsgestaltet erscheint, indem es in eine von wenig Plasma umgebene Blase verwandelt wird. Dies geschieht dadurch, dafs schliefsUch überhaupt keine Entleerung der Vaku- olen mehr erfolgt und die normaliter vorhandenen zwei Vakuolen in eine einzige verschmelzen. Sehr häufig ist auch der Fall, dafs sich die sogenannten Bildungsvakuolen nicht mehr in die Haupt- Vakuolen zu entleeren vermögen, so dafs diese letzteren von einem Kranz scheinbar neugebildeter Hohlräume umgeben werden. Bemerkenswert ist, dafs in diesem Stadium noch die Nahrungsaufnahme ungehindert vor sich gehen kann, und dafs die Paramäcien in diesem aufgeblasenen Zustande tagelang leben können. Erst die höchsten Grade der Lähmung ergreifen die undulierende Membran und bedingen den Tod.

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EHe Hoffnung, eine anatomische Grundlage für die beschrie- benen Vorgänge zu finden und sie dadurch des rein funktionellen Charakters zu entkleiden, hat sich nicht erfüllt. Es gelang auch mit den stärksten Vergröfserungen nicht, Veränderungen der Cilien und ihrer Ansatzpunkte zu finden. Zuweilen schienen sie verdickt und verkürzt und an ihren äufsersten Enden mit An- schwellungen versehen. Aber die Täuschung ist dadurch, dafs Bakterien und feinste Bröckel unter dem Einflüsse des Serums an ihnen haften bleiben und mit verdickten Enden verwechselt werden können, sehr leicht möglich. Ferner erscheinen die Oi- lien-Enden, wenn sie von oben gesehen werden, infolge starker Lichtbrechung als Knöpfchen; da nun die Cilien gelähmter Pa- ramäcien wirr durcheinander hegen, so können solche Knöpfchen bei der ungemeinen Feinheit des Objekts leicht eine pathologische Anschwellung benachbarter Cilien vortäuschen. Im ganzen hat man den Eindruck einer falschen Innervation, indem die Cilien an den verschiedenen Stellen der Oberfläche in Gruppen bald schnell, bald langsam, und oft in entgegengesetzten Richtungen schlagen. Die Trichiten werden von den festklebenden Tieren ausgeschleudert, aber sehr häufig nur mangelhaft, so dafs sie von von einem Walde starrer Spiefse umgeben erscheinen ; auch bleiben sie oft an ausgestofsenen Trichiten mit den Cilien kleben.

Auch die andere Hoffnung, es würden sich vielleicht bei Behand- lung von Paramäcienmitspezifischem An tiserum Wirkungen ergeben, welche ausschliefslich nur durch solches zu erzeugen wären, ist nicht in Erfüllung gegangen. Alle genannten pathologischen Aufserungen des Paramäcien-Organismus lassen sich auch durch chemische Mittel hervorrufen. Es liegen eben dieselben Verhaltnisse vor, wie bei der Hämolyse, welche ebensogut durch chemische und thermische Mittel als durch spezifische Antikörper bewerkstelligt werden kann.

Von der Annahme ausgehend, dafs in den Eigenschaften des Plasmas gesunder einerseits und durch spezifisches Serum gelähmter Paramäcien anderseits Unterschiede bestehen müssen, unternahm ich färberische und andere Versuche, aber ohne bisher ein verschiedenes Verhalten beider zu entdecken. Gerade

16 Spezifische Sera gegen Infusorien.

beim Vergleich der Zerfliefsungserscheinungeu gesunder und spe- zifisch gelähmter Infusorien hätte man am ehesten erwarten können, Unterschiede zu finden, weil einerseits die Vorgänge der »Zerfiielsungc normaler Infusorien durch die treffliche Arbeit Kölschs (^) wohlbekannt sind und anderseits das Protoplasma hierbei in feineren Beziehungen beobachtet werden kann, als bei irgend einem anderen Vorgang. Bisher haben aber meine Ver- suche in dieser Bichtung keinen Erfolg gehabt: die durch Er- wärmung oder durch sanften Druck bewirkte Zerfiiebung spezi- fisch gelähmter Paramäcien glich vollkommen derjenigen unter gleichen Bedingungen erfolgenden normaler Kontrolltiere. Doch sollen diese Versuche gerade mit Rücksicht auf die osmotische Natur der dabei sich abspielenden Veränderungen gelegentlich wiederholt werden.

Ferner seien die Ergebnisse von Vitalfärbungen spezifisch ge- lähmter Paramäcien mitgeteilt. Dieselben wurden zu dem gleichen Zwecke unternommen wie die Zerfliefsungs- Versuche, nämlich um etwaige Unterschiede im Verhalten von spezifisch beeinflufsten und normalen Paramäcien gegenüber dem Neutralrot festzustellen. Zu gleichen Mengen Zuchtflüssigkeit mit gelähmten Paramäcien einerseits und gesunden anderseits wurden gleiche Mengen (ge- wöhnlich 3 Tropfen) verschiedener Verdünnungen einer konzen- rierten, wäfsrigen Neutralrotlösung (100-, 5000- und 10000-fache- Verdüunungen) auf Objektträger gegeben, gemischt und ein mit tWachsfüIschen versehenes Deckglas aufgesetzt. Normale Para mäcien wurden durch diesen Zusatz von 100-fach verdünntem Neutralrot in wenigen Stunden, meist unter Zuspitzung des Vor- derendes abgetötet, nachdem sie eine anfänglich distinkte, an bestimmte Granula gebundene, dann mehr und mehr diffuse Fär- bung angenommen hatten. Zuerst stirbt das Vorderende ab. Das absterbende Plasma nimmt im Gegensatz zu dem hochbordeaux- rot sich färbenden lebenden mehr und mehr eine ziegelrote bis braunrote Farbe an; schliefslich schwindet überhaupt jede Fär- bung. Gleichzeitig gehen Zerfliefsungs- und Gerinnungserschei- nungen an den Körpern der Paramäcien vor sich. Der Zusatz einer 5000-fachen Verdünnung der Neutralrotlösung bewirkt eben-

Von PrivatdozeDt Dr. Robert Röfsle. 17

falls zunächst eine isolierte Färbung der Nahrungsvakuolen- Wände und gewisser Granula am hinteren Körperpol. Je mehr mit dem Fortgang der Verdauung die Nahrungsvakuolen kleiner werden, desto intensiver färbt sich der Inhalt. Allmählich verbreitet sich die Granulafärbung nach vom und meist tritt auch eine Färbung der warzenförmigen Vorsprünge der Pellicula zwischen den Cilien- ansätzen, wahrscheinlich durch eine rein mechanisch durch die Wimperbewegung bedingte Ansammlung des Farbstoffs ein. Nach 6 Stunden liegen die Paramäcien bei Anwendung der öOOOfachen Verdünnung still, nach 24 Stunden sind sie sämtlich darin ab- gestorben. Der Zusatz von 10000-fach verdünnter Neutralrot- lösung hatte eine noch gröfsere Verlangsamung der Vitalfärbung zur Folge, so dafs noch nach 24 Stunden einzelne distinkt gefärbte Individuen am Leben waren. Diese selben Färbungen, in der- selben Konzentration und gleichzeitig angewandt, hatten nun bei spezifisch gelähmten Paramäcien nicht denselben Erfolg. Je inten- siver nämlich die Tiere gelähmt waren, desto geringer war die eintretende Färbung, desto langsamer trat sie ein, wenn sie über- haupt statt hatte. Der Zusatz von 100 facher Verdünnung des Neutralrots, welcher gesunde Paramäcien in kurzer Zeit tötet, hatte bei gelähmten nach 4 Stunden lediglich den ersten Grad der FarbstofEwirkung erzeugt, nämlich die distinkte Färbung der Vakuolen-Wände und der umliegenden Granula des Hinterendes. Noch nach 24 Stunden befanden sich die gelähmten Paramäcien am Leben, jetzt allerdings diffus gefärbt und gequollen. Die 10000-fache Verdünnung hatte bei gut gelähmten in dieser Zeit noch keine Färbung zu erzielen vermocht. Als der gleiche Ver- such mit solchen Paramäcien angestellt wurde, welche z. T. bereits die Lähmung fast überstanden hatten, ergab sich eine geringere Verzögerung der Färbung gegenüber den gelähmten Paramäcien ; die Erscheinung war ganz konstant: je mehr ein Tier die Ver- giftung überwunden und je mehr es beweglich geworden war, desto mehr glich es in bezug auf seine Färbbarkeit mit Neutral- rot den gesunden Paramäcien. Ob die besonders dunkelrote Färbung, welche einige Male bei immun gewordenen Paramäcien auffiel, auf einer Gesetzmäfsigkeit beruht, mufs noch dahingestellt

Archiv f. Hygiene. Bd. UV. -

1^ Sjiezifiscr.e Sera Zf^n Infuäonen.

bleiben und soll bei Tielegenheit weiter untersucht werden. Wie die obigen Befunde von der geringen Farbstoffaufnahme durch 8I^zifi<ich gelähmte Paramäcien zu deuten sind, ist nicht klar. Jedenfalls ist sie, wie aus einem Kontrollversuche hervorgeht, nicht allein auf Rechnung der lähmenden Substanz im spezifi- schen Serum zu setzen : Denn auch inaktives Xormal-Serum vom Kaninchen, welches in den angewandten Konzentrationen absolut keine sichtbare Wirkung auf die Paramäcien auszuüben scheint, verzögerte die Vitalfärbung erheblich, wenn auch nicht in dem Mafse wie das spezifisch-toxische Serum.

Zum Schlüsse sei noch bemerkt, dafs das Antiparamäcien- Serum ebenso im Dunklen als im Hellen auf die empfindlichen Tiere lähmend einwirkt.

Die lähmende Wirkung des Antiparamäcien-Serums läfst sich mit blofsem Auge verfolgen, wie sich gleich bei einem der ersten Versuche ergab, der den Zweck hatte, die Wirkungen von aktivem spezifischem, inaktivem spezifischem, aktivem normalem und inaktivem normalem Kaninchenserum auf die Paramäciken in 2<>facher Verdünnung zu vergleichen. Die Proben wurden in Reagenzgläsern angesetzt, und es liefs sich mit unbewaffnetem Auge verfolgen, wie in dem aktiven spezifischen Serum und in dem auf 53 ^ ^2 Stunde lang erhitzten spezifischen Serum die Flüssigkeit mehr und mehr entvölkert wurde und sich klärte, indem die darin befindlichen Paramäcien gelähmt zu Boden sanken und gleichzeitig auch die Bakterien zu grofsen Haufen agglutiniert wurden, die sich ebenfalls in der untersten Schichte ansammelten. Im aktiven Normalserum sanken anfänglich eben- falls die meisten Paramäcien zu Boden, erholten sich aber schnell und kamen wieder empor. Die Probe mit inaktivem Normal- serum dagegen blieb in allen Schichten gleichmäfsig bevölkert. Die mikroskopische Kontrolle zeigte, dafs im inaktiven Normal- serum die Paramäcien nach schnell vorübergehenden Wirbel- bewegungen, welche wohl durch die veränderten osmotischen Verhältnisse bedingt sind, sich vollkommen unbeeinfiufst zeigen.

Von t^rivatdozent Dr. Robert tlöfsle. 19

Aus dem Gesagten geht hervor, dafs die halbstündige Er- wärmung auf 53® diesem Serum die Fähigkeit, zu lähmen, nicht geraubt hatte. Auch die einstündige Erhitzung auf 53® ver- mochte dies nicht, wohl aber genügte eine darauffolgende Er- hitzung auf 55 56® (vergl. die einschlägigen Angaben bei Serum III). Merkwürdigerweise liefs sich aber das einmal inak- tivierte Serum durch Zusatz von aktivem Normalserum nicht wieder aktivieren. Ebenso war die Wirksamkeit durch Alexin- Zusatz nicht wieder herzustellen, wenn das spezifische Serum sie nach Monaten spontan eingebüfst hatte.

Die Intensität der Wirkung in bezug auf die Zahl der ge- lähmten Paramäcien und in bezug auf den Grad der Lähmung bei den einzelnen war der Menge des jeweils verwendeten Serums proportional, ebenso die Zeit, in welcher die Lähmung eintrat. Durch ganz schwaches Serum wurden nur die empfindlicheren Individuen beeinflufst. Je intensiver die Lähmung war, desto länger hielt sie an, aber noch 5 Tage lang gelähmte Paramäcien waren am Leben und konnten sich erholen. Sie erholten sich rascher, wenn sie nach Eintritt der Lähmung von dem um- gebenden Serum befreit, d. h. in Wasser gebracht wurden. Doch hielt auch hier die Wirkung tagelang an, was wohl dafür spricht, dals eine Regeneration wirklich geschädigter Teile erst notwendig war. Bei der Temperatur von 37 ® trat die lähmende Wirkung rascher als bei Zimmertemperatur ein, anfänglich konkurriert hier aber die erregende Wirkung der Wärme mit der Wirkung des Serums in der Weise, dafs das Exzitationsstadium länger an- dauert als bei den Kontroll tieren (Serum Wirkung bei 16 ® C), aber dann wird die Lähmung um so schneller vollkommen.

Die Paramäcien verhielten sich dem spezifischen Serum gegenüber negativ chemotaktisch ; diese Tatsache wurde in der Weise festgestellt, dafs der unter einem gestützten Deckgläschen befindliche Raum zur einen Hälfte mit bestimmten Verdünnungen des spezifischen Serums, zur anderen Hälfte mit Paramäcienzucht gefüllt wurde. Die Flucht der Tiere an den dem spezifischen Serum entferntesten Teil des zur Verfügung stehenden Raumes bewies die negative Chemotaxis. Im Gegensatz dazu trat bei

20 Spezifische Sera gegen InfasorieD.

Auffüllung der einen Hälfte mit indifEerenten Medien sehr bald gleichmäfsige Verteilung der Paramäcien in den beiden Deckglashälfteu ein.

Ein Verbrauch wirksamer Substanz war bei den doch ver- hältnismäfsig geringen Mengen Paramäcien, die in Berührung mit dem Serum kamen, nicht festzustellen. Wenigstens wirkte der Abgufs nach gelungenem Lähmuugsversuch anscheinend un- geschwächt auf mehrere frische Portionen Paramäcien. In starken Verdünnungen wirkten die Sera erst nach Stunden und Tagen.

So trat eine Erlahmung in dem 100 fach verdünnten Serum Nr. II erst nach Stunden ein, und nach 4 Tagen fanden sich sogar im 400 fach verdünnten Serum die meisten Paramäcien vollkommen gelähmt und an ihre Nachbarschaft festgeklebt. Die gleichzeitig angesetzten Proben mit schwächeren Verdünnungen (50 200 fach) beherbergten fast nur zerflossene und geronnene Paramäcien nach dieser Zeit; doch ist die Deutung dieses Be- fundes im Sinne eines mittlerweile schon eingetretenen lytischen Prozesses nicht einwandfrei, da ja die aseptische Vornahme dieser Versuche nicht möglich ist und durch Zusammenbringen der Paramäcienzucht mit den verschiedenen Serummischungen reichliche Fäulnis der letzteren eintritt, so dafs das Absterben der Paramäcien auf diese bezogen werden kann. Noch gröfsere Wahrscheinlichkeit aber hat die Annahme, dafs es durch die auf die Organe der Ernährung übergreifende Lähmung bedingt ist.

Antiglaukoma-Serum.

Ein 335 g schweres Meerschweinchen erhielt im Zeitraum von zwei Monaten acht subkutane Injektionen zentrifugierter Reinzuchten des Glaukoma scintillans Ehbg. ; es befand sich in den Reinzuchten nur eine einzige Bakterienart. Das Tier ver- trug die Injektionen ohne Abszefsbildung und behielt sein ur- sprüngliches Körpergewicht.

Die Schilderung der Wirkung dieses Serums kann kurz ge- fafst werden, da sich den AntiparamäcienSeris vollkommen analoge Beobachtungen ergaben. In höheren Konzentrationen war

Von Privatdozeut Dr. Ko1)ert Röfsle. 21

zwischen der Wirkung normalen Meerschweinchen-Serums und der des spezifischen Serums kein deutlicher Unterschied zu er- kennen. Erst die 20 fache Verdünnung des Normalserums er- wies sich unschädlich für Glaukoma und damit begann der Bereich der spezifischen tonischen Wirkung beim Serum des behandelten Tieres. Die höheren Verdünnungen des spezifischen Serums verhielten sich wie folgt:

20-fache Verdünnung: sofort eintretende Bewegangsstörangen, Rückwärtsrollen, nach 8 Minuten nur noch schwache Beweglichkeit, nach 14 Minuten Verklebung mit Bakterien und vollständiger Stillstand, nach 25 Minuten einseitige (»Thränenform«) oder allgemeine Abrundung der Gestalt Nach 24 Stunden einzelne zu Kugeln mit deutlich hervortretendem Kern geronnen; die übrigen liegen in vollkommener Lähmung still.

40-facheVerdünnung: sofortige Bewegungsstörung, nach 8 M inuten nur noch schwache Ortsveränderung, nach 15 Minuten fast völliger, nach 45 Minuten vollständiger Stillstand bei normaler Form. Nach 24 Stunden merkwürdige Gröfsen unterschiede (allgemeine Quell ung oder abnormes Wachstum?). Vereinzelte schwache Bewegungen.

80-fache Verdünnung: Fast sofort bewirkte Drehbewegung; nach 10 Minuten meist Stillstand; wenn wieder eintretende Bewegung, dann immer Rückwärtsrotation, nach 45 Minuten Stillstand ; die meisten erhalten »Thränenform« (ein Körperpol zugespitzt, der andere abgerundet). Nach 24 Stunden wieder eingetretene Beweglichkeit; die meisten aber bleiben schwach am Boden der Gefäfse; Gröfsen unterschiede!

160-fache Verdünnung: Nach 3 Minuten die erste rollende Be- wegung; nach 5 Minuten schwache, ruckweise Bewegungen fest am Platze; innerhalb 30 Minuten sinken sämtliche Tiere zu Boden, ohne die Fähigkeit der Fortbewegung ganz zu verlieren. Nach 24 Stunden normale Beweglich- keit wieder hergestellt; keine bedeutenden Gröfsenunterschiede zwischen den einzelnen Tieren.

320 fache Verdünnung: Innerhalb 15 Minuten keine Bewegungs- störung, nur allmähliches Absinken zu Boden, Ausführung nur kleiner Be- wegungen. Nach 24 Stunden Tiere vollkommen unbeeinfluTst.

Durch halbstündiges Erhitzen auf 56 ® verlor das Serum die Fähigkeit, Glaukoma zu lähmen, nicht aber die Fähigkeit der »Agglutination :c Die Glaukoma blieben allerorts mit ihren Cilien kleben. Die sonstigen feineren Veränderungen der Tiere durch das aktive Serum (Cilienstillstand, lebhafte Körnchenströmung) glichen vollkommen den Beobachtungen bei den Paramäcien.

22 Spezilische Sera gegen Infusorien.

Das Meerschweinchen ging bei einem Versuche, die Ver- änderungen und Schicksale der Glaukoma in der Bauchhöhle des immunisierten Tieres zu studieren, zugrunde.

Antiparamäcien-Serum Nr. III.

Von den bisherigen Erfahnmgen in dieser Untersuchungs- reihe schien das Fehlen von eigentlichen lytischen Stoffen in den spezifischen Seris die auffallendste. Es war nicht unmöglich, diese Tatsache der im allgemeinen weniger wirksamen subkutanen Injektion zur Last zu legen. Allein es war ja wegen der Natur des Injektionsmaterials nicht angängig, die intraperitoneale Ein- spritzung zu versuchen. Deshalb war es sehr willkommen, in dem kürzlich von Löffler(*) mitgeteilten »neuen Verfahren zur Gewinnung von Antikörpern« eine Methode kennen zu lernen, welche die Einbringung der Paramäcien samt den ihnen anhaf- tenden Bakterien in die Bauchhöhle ermöglichte. Sie besteht in der Erhitzung des sorgfältig getrockneten Antigens. Für die Pa- ramäcien gestaltete sich die Gewinnung eines wirksamen und bei intraperitonealer Injektion ungefährlichen Materials in folgender Weise: Möglichst dichte Reinzuchten wurden vollkommen ab- zentrifugiert, der Brei von Paramäcien in sterilen Petrischalen ausgestrichen und dann im Vakuum oder über Schwefelsäure sorgfältig getrocknet. Man erhielt dann an den dickeren Stellen fettig glänzende graugelbe Schüppchen, bei guter Verteilung in den Schalen nach Ablösung n)it einem Messer ein lockeres feines Pulver. Nun wurde im Trockenschranke ^2 Stunde erhitzt; nach dem Abkühlen wurde das so sterilisierte Material mit NaCl-Lösung versetzt, wobei es sich schlecht benetzte, und dann einem Kanin- chen intraperitoneal eingespritzt. Das Tier erhielt innerhalb drei Wochen acht derartige Injektionen, wobei sein Gewicht von 3090 g auf 2570 abnahm. Die jedesmalige Dosis an Paramäcien- trockensubstanz wurde genau gewogen, zwecks Orientierung über die aus guten Paramäcien-Zuchten gewinnbaren und der zur Immunisierung erforderhchen Mengen. Im ganzen erhielt das Tier 150 mg Paramäcieu-(-f- Bakterienj-Trockensubstanz. In 1 Liter

Von Privatdozent Dr. Robert Röfsle. 23

dichter Pararaäcienzucht sind höchstens 30 mg Trockensubstanz an Paramäcien und Bakterien). 6 Tage nach der letzten Injek- tion wurde dem Tiere Blut entzogen. Das Serum erwies sich als wirksam, obwohl anscheinend nicht in dem Grade als die vorigen Sera (trotz Verwendung gröfseren Impfmaterials). Seine physiologischen Wirkungen waren die gleichen wie die der anderen Sera. Dagegen unterschied es sich in einer höchst merkwürdigen Weise von jenen dadurch, dals es sich nicht in- aktivieren liefs: bei halbstündiger Erhitzung auf 70^ wurde es, wie jedes andere Serum trüb opaleszierend, büfste aber seine lähmende Wirkung nicht ein. Bei weiterer Erhitzung, gegen 80°, gerann es allmählich.

Auch diesmal wurde die Wirkung des unverdünnten spezifi- schen Serums verglichen mit der des unverdünnten Normal- serums: die Paramäcien starben in beiden innerhalb derselben Zeit, nämlich in VJ^ 3 Minuten, indem Kern und Plasma ge- rannen. Der einzige Unterschied, der bemerkt wurde, bestand darin, dafs im spezifischen Serum nach eingetretenem Tode an vielen Individuen nach eine Abhebung der Pellicula von dem Endosarke zu beiden Seiten des Tieres durch eine erst postmortal eintretende Flüssigkeitsansammlung eintrat.

Die Wirkung des verdünnten spezifischen Serums (gewöhn- lich wurde die 40 fache Verdünnung verwendet) hielt meist bei ausschliefslicher Lähmung der Fortbewegungsorgane, mehrere Tage an ; vom dritten Tage an mehrten sich die wieder beweglich gewordenen Tiere und von Tag zu Tag konnte man ver- folgen, wie die Zahl der gelähmten sank und diejenige der in den oberen Schichten der Flüssigkeit frei herumschwimmenden zunahm. Dies konnte nicht anders erklärt werden als dadurch, dafs vermöge des während der äufseren Lähmung unbehindert vor sich gehenden StofEwechsels die Vergiftung überstanden wird und die geschädigten Teile regeneriert werden. Damit erhob sich die Frage, ob durch ein derartiges Überstehen der Vergiftung gegenüber einer wiederholten Vergiftung ein veränderter Zustand geschaffen wird, also vielleicht Überempfindlichkeit oder Immunität eintritt. Schon der erste Versuch bewies eine ganz auffallende Herab-

24 Spezifische Sera gegen Infusorien.

Setzung derEmpfindlicbkeitgegenüber dem spezifischen Serum: eine Reihe Paramäcien, welche vor 3 Tagen gelähmt worden waren, und von denen sich die Hälfte erholt hatte, während die andere Hälfte sich noch in gelähmtem Zustande befand, wurden mit Wasser vorsichtig von Resten des alten Serums gewaschen und nach dem Zentrifu- gieren in eine frische Uhrschale gesetzt, in der die gelähmten sofort zu Boden sanken unter bald aufhörenden, ruckweisen Versuchen zur Fortbewegung, während die gesundeten Tiere in den oberen Schichten herumschössen. Zur Kontrolle wurden normale Para- mäcien auf ganz die gleiche Weise behandelt und in eine zweite Uhrschale gebracht. Beide Proben wurden nun mit der gleichen Menge spezifischen Serums versetzt, sodafs eine 40 fache Ver- dünnung derselben entstand, durch vorsichtige Mischung mittels steriler Pipetten. Während die normalen Paramäcien binnen wenigen Minuten der lähmenden Wirkung unterlfiigen, blieben diejenigen Paramäcien, die sich von der ersten Vergiftung vollkommen erholt hatten, ganz munter, und erst ungefähr nach 1 Stunde sanken einige wenige davon nach abwärts, ohne die wilden Bewegungsstörungen zu zeigen, mit denen bei normalen Tieren sonst die Serumwirkung eingeleitet wird. Was die Para- mäcien dieser Probe betrifft, welche sich noch in gelähmtem Zustande befanden, so schien die zweite Dosis des spezifischen Toxins die Vergiftung eher zu verstärken, indem bei einigen die tiefer greifende Lähmung der Vakuolen und des Peristomfeldes eintrat Der eben beschriebene Versuch wurde in verschiedener Weise, aber immer mit demselben Resultate wiederholt ; u. a. wurde gezeigt, dafs Paramäcien, welche eine zweimaHge Vergiftung überstanden hatten, auch gegen eine erhöhte Giftkonzentration nur 20 fache Verdünnung nach zweimaliger Behandlung mit 40 fachen Verdünnungen) ohne Ausnahmen ganz unempfindlich geworden waren.

Zusammenfassung.

Die vorliegenden Untersuchungen waren zum Zwecke morpho- logischer Studien unternommen worden. Wenn sie nun auch bisher gerade nach dieser Richtung keine Resultate gehabt haben,

Von Privatdozont Dr. Robert Röfsle. 25

SO bieten ihre Ergebnisse doch vielleicht in bezog auf theoretische Fragen der Immunitätslehre und in bezug auf die Klinik der durch Protozoen verursachten Infektionskrankheiten einige interessante Hinweise. Systematische Versuche über Immunisierung gegen Protozoen liegen bisher nicht vor. Die einzigen Angaben, welche über die Einwirkung eines spezifischen Serums auf Pro- tozoen existieren, stammen von Laveran und MesnilC^) und sind verzeichnet in ihren Untersuchungen über die Trypano- somiasis der Ratten. Auch die klinische Seite der Frage war voll- kommen unbearbeitet und unsicher bis in die jüngste Zeit; wufste man ja nicht einmal für die seit altersher bekannte Malaria gewifs, ob ihre Überstehung eine Immunität verschaffte, wie viel weniger für diejenigen menschlichen und tierischen Seuchen, welche noch nicht lange bekannt sind und deren Natur noch später als die der Malaria erkannt worden ist. Bevor R. Koch(') im Jahre 1900 an einem ein wandsfreien Kranken- material feststellte, dafs es eine erworbene Immunität nach Malariaerkrankung gibt, war gerade die entgegengesetzte Meinung die herrschende, dafs nämlich das Überstehen der Malaria gegen- über einer Reinfektion empfängUcher mache. Koch hat dann auch in Übereinstimmung mit Smith und Kilborne die Mit- teilung gemacht, dafs beim Texasfieber eine Immunität erworben wird (zit. nach Ko8sel(*). Es besteht zwischen dieser Proto- zoeninfektion und der Malaria darin noch eine besondere Ähnlich- keit, dafs gerade die Durchseuchung in früher Jugend einen wirk- sameren Schutz als das Überstehen in späterem Lebensalter verleiht. Seitdem mehren sich die Angaben über die Möglichkeit der Erwerbung aktiver Immunität bei Protozoen-Infektionskrank- heiten. Inwieweit diese Frage durch obige Untersuchungen über Immunisierung gegen Infusorien und Flagellaten berührt wird, darauf soll weiter unten eingegangen werden.

Schon 1899 haben L. Rabinowitsch und Kempner(") gelungene Übertragungsversuche von Trypanosomen grauer Ratten auf weifse Ratten ausgeführt und mitgeteilt, dafs die weifsen und gescheckten Ratten, welche sich niemals spontan mit Trypano- soma Lewisi infizieren, durch die einmalige Impfung eine aktive

26 Spezifische Sera gegen lufusorien.

Immunität erwerben, ferner dafs das Serum solcher weifsen Ratten anderen bei der Infektion Schutz verleiht (passive Immunität.) Doch konnten Rabinowitsch und Kempncr keine für die Parasiten schädlichen Wirkungen des ImmunSerums erkennen: Weder Agglutination noch Entwicklungshemmung. Demgegenüber stellten Laveran undMesnil (1. c.) fest, dafs das Serum von Ratten, welche eine oder mehrere Injektionen von Trypanosomen erhalten hatten, eine »Agglomerationc der Flagellaten erzeugte. Gewöhnlich trat vor der Häufchenbildung keine Immobilisation ein. Eine lähmende Wirkung gewann das Serum überhaupt nur bei langedauemder und forcierter Immunisierung mit Trypauo- soma; auch dann erschien der paralysierende Erfolg nur bei An- wendung stärkerer Konzentrationen (z. B.: eine Ratte hatte in sieben Monaten 13 Impfungen erhalten; ihr Serum lähmte nur noch in lOfacher Verdünnung). Die agglutinierten Trypanosomen sind in den Seris von gewöhnlicher Stärke ebenso beweglich wie die isolierten gesunden. Indem sie mit dem geifsellosen Hinter- ende verkleben, bilden sie, oft in Dutzenden, Rosetten, an deren Peripherie die Geifseln lebhaft schlagen. Nie sahen sie die ge- ringste morphologische Veränderung an den agglomerierten Try- panosomen. Diese blieben trotz Agglutination am Leben und infektiös. Nie vermochten sie eine Auflösung der Flagellaten durch das Serum zu konstatieren.

Vergleicht man mit diesen Angaben die obige Schilderung der Wirkung meiner Anti-Infusorien- und Anti-Flagellaten-Sera, so ergibt sich eine Übereinstimmung in der Art ihrer Wir- kungen und Unterschiede nur in den Graden der ver- schiedenen Wirkungsweisen. Während bei meinen Seris sowohl für die Infusorien (Paramäcium caudatum und Glaukoma scin- tillans) wie für das kleine Flagellat, Chilodon paramäcium, die lähmende Wirkung weit überwog, trat in jenem Anti-Trypano- somen-Serum die agglutinierende Wirkung in den Vordergrund. Auch war die Stärke der Sera erheblich verschieden: diejenigen von Laveran und Mesnil agglutinierten höchstens noch in öOfacher Verdünnung (lähmten höchstens noch in lOfacher Ver- dünnung); ich beobachtete lähmende Wirkung noch in 400facher

Von Privatdozent Dr. Robert Röfele. 27

Verdünnung. Gemeinsam ist die Feststellung, dafs es unmöglich ist, morphologische Veränderungen an den beeinflulsten Proto- zoen ausfindig zu machen, dafs niemals Auflösungserscheinungen zu sehen sind (welche an die Bildung lytischer Antikörper denken lielsen), und dals die tatsächlich gewonnenen Antikörper paraly- sierender und agglutinierender Natur die Protozoen gar nicht oder kaum schädigen. Dies ist ein neuer Beweis für die wichtige Tatsache, dafs wir nicht berechtigt sind, diese Antikörper als Schutzstoffe zum Zwecke der Überwindung der parasitären Proto- zoen anzusehen; es verbietet sich also die teleologische Auffassung der Antikörperproduktion, wenigstens soweit es sich um die paralysierenden und agglutinierenden Stoffe handelt; wenn, wie Laveran und Mesnil gesehen haben, die Trypanosomen in der Bauchhöhle des immunen Tieres lange am Leben bleiben, so weist dies darauf hin, dafs ihre endgültige Beseitigung auf anderem Wege zustande kommen mufs als durch die schädigende Wirkung der Körpersäfte. Tatsächlich haben die französischen Autoren beobachtet, dafs die Vernichtung der Parasiten allein durch Phagocytose bewerkstelligt wird.

Es ist fraglich, ob bei der natürlichen Erwerbung einer aktiven Immunität gegen Protozoen je so stark wirksame Sera zustande kommen, als ich sie durch künstliche Immunisierung erhielt. Wäre dies der Fall, so wäre ja allerdings, wie wir ge- sehen haben, die Möglichkeit gegeben, dafs die Parasiten infolge tiefergreifender Lähmung (Lähmung der exkretorischen und metri- torischen Apparate) durch die spezifische Säftewirkung absterben. Aber es mufs auch daran erinnert werden, dafs die bisher be- kannten parasitischen Protozoen fast ohne Ausnahme sich auf andere Weise ernähren als diejenigen, die ich als Antigene be- nutzt habe, so dafs ein Analogie-Schlufs von Paramäcien auf parasitische Protozoen nicht ohne weiteres zulässig ist.

Auf die Besonderheit der » Agglutination c durch die Anti- paramäcien- und AntiglaukomaSera mufs noch mit einigen Worten eingegangen werden. Am auffallendsten war, dafs niemals die spezifischen Zellen miteinander verklebten, sondern immer nur mit den Gefäfs- Wänden oder mit den anderen zur Immunisation

28 Spezifische Sera gegen InfuHtjrien.

verwendeten Zellen (Bakterien, Chilodon, Paraniäcium). Befanden sich Lebewesen in der Zucht, die nicht als Antigen gedient hatten, so blieben die Paramäcien oder das Cliilodon niemals an ihnen haften. Dies erinnert an Beobachtungen von Bordet und von Kraus (zit. nach Paltauf (^'), wonach bei Gemengen von zweierlei Blutkörperchenarten Zusatz von für die eine Art spezifischem Serum nur eben diese miteinander verkleben liefs. Die spezifisch beeinflufsten Blutkörperchen blieben niemals an den normalen hängen.

Obwohl die Paramäcien meist mit einem ihrer Körperpole haften blieben, so war doch keine ausschlielsliche Beteiligung bestimmter Körperstellen bei der Agglutination zu beobachten wie etwa bei den Trypanosomen. Die makroskopische Be- obachtung der Serumwirkung gegenüber den Paramäcien er- innerte sehr au den englischen Ausdruck für Agglutination: Sedimentation, weil im Vordergrunde der sich im spezifischen Serum abs[)ielenden V^orgänge die Lähmung und hierdurch be- dingte Absinken der Protozoen stand. Schon den ersten Be- obachtern der Agglutination fiel der Verlust der Eigenbewegung als stetes Begleitsymptom der Häufchenbildung auf (Gruber und Durham, Bordet, Metschnikoff).

Das Fehlen von lytischen Stoffen in cytotoxischen Seris und das Vortreten von paralysierenden Eigenschaften scheint sehr oft Hand in Hand zu gehen; wenigstens ist dies für die Sper- jnotoxine durch Landsheimer (^), Metschnikoff (") und Moxter(^2)^ fQr Antisera gegen Flimmerepithelien durch v. Dun- ger n (^) bekannt. Es trifft also nach den bisherigen Erfahrungen auch für die Antisera gegen Protozoen zu. Es wäre von Interesse zu sehen, ob man durch Immunisierung gegen Amöben, welche keine speziellen Bewegungsorgane besitzen, weniger lähmende und dafür ly tische Antikörper erhält. Was die Leukozyten be- trifft, so habe ich keine Angaben darüber finden können, ob durch ein Leukozytotoxin (Metschnikoff 1. c, Funck,(-) die Bewegungsfähigkeit der weifsen Blutzellen aufgehoben wird.^) Es

1) Nach einer Mitteilung von Prof. G ruber ist dies der Fall.

Von Privatdozent Dr. Robert Röfsle. 29

sind nur Aufhellungen und Kernveränderungen beschrieben. Es ist auffallend, dafs gerade die mit kräftigen Bewegungen begabten Zellen, zur Immunisierung verwendet, die Bildung vorwiegend paralysierender Antikörper auslösen. Eine Erklärung läfst sieh dafür nicht geben. (Doch mag daran erinnert werden, dafs wenigstens die freilebigen unter ihnen entsprechend der Fähigkeit der schnellen Fortbewegung und der hohen Ausbildung der Be- wegungsorgane eine andere Ernährungsweise besitzen als z. B. die Bakterien, von welchen man Lysine erhält. Vielleicht sind es die eigenartigen Enzyme der Verdauung, welche als Antigene in besonderer Weise wirken. Für die Paramäcien ist ein diastatisches Ferment von Mesnil und Mouton (^) nachgewiesen worden).

Negativ wie die Versuche, morphologische Eigentümlich- keiten an den spezifisch beeinflufsten Zellen zu entdecken, fielen die Experimente aus, welche den Zweck hatten, zu prüfen, ob geringe Dosen des paralysierenden Serums etwa lediglich eine stimulierende Wirkung besäfsen. Dies war nicht der Fall. Das gleiche negative Resultat verzeichnet übrigens Metschnikoff (1. c.) für die gleichen Versuche mit geringen Dosen von spormo- toxischem Serum. In beiden Fällen verlängerte sich mit ab- nehmender Dosis des spezifischen Giftes nur die Zeit bis zum Eintritt der Lähmung.

Was die merkwürdige Beobachtung betrifft, dafs das Serum III sich der paralysierenden Wirkung auch durch halbstündiges Er- hitzen auf über 70® C nicht berauben liefs, so steht sie meines Wissens einzig da. Die anderen Antiparamäcien-Sera liefsen sich durch einstündiges Erhitzen auf 56° der lähmenden und agglu- tinierenden Eigenschaften berauben. Worin die Verschiedenheit der Sera begründet liegt, ist nicht zu sagen (das Material für das Serum III war in der Wärme gezüchtet und nach der Löffl ersehen Methode behandelt worden). Dafs übrigens Sera mit vorwiegend paralysierenden Eigenschaften sich der Erhitzung gegenüber anders verhalten als die gewöhnlichen lytischen Sera, geht aus Angaben von La voran und Mesnil (1. c.) hervor: Die Erwärmung des Antitrypanosomenserums auf 55® zerstörte

30 Spezifische Sera gegen Infusorien.

nur halb dessen lähmende Eigenschaften^ selbst die Erwärmung auf 64® vermochte dies nicht vollständig, während bei 64® die Agglutinine vollständig zugrunde gegangen waren. Moxter (1. c.) berichtet, dafs die lähmende Wirkung seines Spermotoxins durch 1^2 2 stündiges Erhitzen auf 58® verschwand.

So viel über die Wirkungen und die Eigenschaften der spezifischen, gegen Protozoen gerichteten Sera, soweit sie bis jetzt bekannt sind. Was die gegen diese Sera von selten der Protozoen erwerbbare Immunität betrifft, so ist durch meine obigen Versuche sichergestellt, dafs eine solche, wenigstens bei den Paramäcien, sehr leicht eintritt. Diese Tatsache dürfte, wenn sie in gleicher Weise für parasitische Protozoen konstatiert wird, von klinischer Bedeutung sein, indem es bei spontaner Infektion mit krankheitserregenden Protozoen für den Verlauf der Krank- heit mafsgebend sein wird, welcher von den beiden Organismen sich zuerst eine wirksame Immunität gegen die ihm schädlichen Stoffe des anderen verschafft. Jedenfalls darf man daran denken, dafs die Chronizität mancher und die Unheilbarkeit mancher Infektionskrankheiten, insbesondere der durch Protozoen ver- ursachten, darauf beruhen kann, dafs die pathogenen Keime gerade gegenüber den vom Organismus produzierten, spezifisch gegen sie gerichteten Säften aktive Immunität erwerben können.

Von Privatdozent Dr. Robert Röfsle. 31

Literatur.

1. V. Dungern, Immunserum gegen Epithel. Münchener med. Wochen- schrift, 1899, Bd. 38.

2. Funck, Das antileukozytäre Serum. Zentralbl. f. Bakt., 1900, Bd. 27.

3. R. Koch, Deutsche med. Wochenschrift, 1900, Bd. 49 u. 50.

4. Kölsch, Untersuchungen über die Zerfliefsungserscheinungen der ciliaten Infusorien. Zool. Jahrbücher, 1902, Bd. 16, S. 273.

5. Kos sei, Die Hämoglobinurie der Rinder. Kolle Wassermann, Handbuch der path. Mikroorganismen, Bd. 1.

6. Landsteiner, Zur Kenntnis der spezifischen auf Blutkörperchen wirkenden Sera. Zentralblatt f. Bakt., Bd. 25, S. 547.

7. Laver an u. Mesnil, Recherche sur le trypanosome des rats. Ann. de rinst. Fast., 1901, Bd. 15, S. 690.

8. Löffler, Über ein neues Verfahren zur Gewinnung von Antikörpern. Deutsche med. Wochenschrift, 1904, 30. Jahrgang, Nr. 52.

9. Mesnil u. Mouton, Sur une diastase prot^olytique extraite des in- fusoires cili^. Compt. rend. Soc. de Biologie, 1903, T. 55, p. 1016.

10. Metschnikoff, Etudes sur la resorption des cellules. Ann. Inst. Fast,

1899, Bd. 13, 8. 741. U. Metschnikoff, Immunitä, 1902.

12. Moxter, Über ein spezifisches Immunserum gegen Spermatozoon. Deutsche med. Wochenschrift, 1900, 14.<

13. Pal tauf, Agglutination. In KoUe-Wassermanns Handbuch, Bd. 4.

14. Rabinowitsch u. Kempner, Z. f. Hygiene, 1899, Bd. 30, S. 251.

15. Röfsle, Morphologische Veränderungen der roten Blutkörperchen durch inaktiviertes, spezifisch lytisches Blutserum. Münchener med. Wochen- schrift, 1904, Nr. 42.

n1

Studien zur relativen Photometrie/)

III. Teü.

Vom

Dozenten Dr. Stan. Räzicka.

(Aus dem k. k. Hygienischen Institate des Prof. Dr. Gustav Kabrhel

in Prag.)

Ich habe in meiner früheren Arbeit 2) gezeigt, dafs der Lieht- charakter einzelner Arbeitsplätze (z. B. in der Schule) in bezug aut das Taglicht am besten in der folgenden Art für hygienische Zwecke fixiert und ausgedrückt werden kann: Man liest an einem nebligen dunklen Tage bei gleichmäfsig diffus leuch- tendem Himmelsgewölbe gleichzeitig die Lichtintensität des zu beurteilenden Arbeitsplatzes und des Himmelsgewölbes im Zenit mittels eines Photometers ab und berechnet das Verhältnis dieser zwei Intensitäten. So findet man z. B., dafs ein Platz nur 1% der gleichzeitigen Lichtiutensität des Himmelsgewölbes aufweist, ein anderer 2%, ein dritter 5%.

Welchen Wert hat eine solche Angabe für die hygienische Beurteilung des betreffenden Arbeitsplatzes in bezug auf seine Taglichtboleuchtung ?

Es ist nötig, sich zu vergegenwärtigen, dafs das Grund- erfordernis der Hygiene in bezug auf die Taglichtbeleuchtung

1) Vorgelegt der Böhm. Kaiser Franz-.IosephH-Akademie in Prag am 7. April 11H)5.

2; Diese« Archiv, Bd. 51.

Vom Dozenten Dr. Btan. Rftibi6ka. 33

SO lautet, dals die absolute Lichtintensität eiues Arbeitsplatzes niemals unter eine bestimmte Minimalgröfse sinken darf, als welche im allgemeinen für gewöhnliche Schularbeiten die In- tensität von etwa 20 25 Meterkerzen angenommen wird.

Wir wollen uns nun vorstellen, dafs man wüfste, innerhalb welcher Grenzen sich die Lichtintensität des Himmelsgewölbes binnen des ungünstigsten in bezug auf die Taglichtintensität Jahresteiles während der Unterrichtsstunden bewegt.

Nehmen wir an, dafs die Lichtintensität des Himmels- gewölbes an den dunkelsten nebligen Tagen (aufser der aus- nahmsweise stark dunklen Tage) nicht unter 2000 Meter- kerzen sinken würde.

Es ist klar, dals dann ein Arbeitsplatz, an welchem wir mittels meiner Methode der relativen Photometrie bei gleichmäfsig di£Eus leuchtendem Himmelsgewölbe den Quotienten 1% gefunden haben (welcher bedeutet, dafs am Arbeitsplatze eine hundertmal kleinere Lichtintensität als am Himmelsgewölbe abgelesen wurde), bei solcher »minimalere Tageslichthelligkeit (die Intensität des Himmelsgewölbes = 2000 Meterkerzen), die Lichtintensität von 20 Meterkerzeu, also die noch minimal zu- lässige haben wird. Ferner ist es klar, dafs Arbeitsplätze, welche einen kleineren Quotienten als 1% aufweisen, bei obiger mini- maler Tageshelligkeit eine geringere als die minimal noch zu- lässige (= 20 Meterkerzen) Lichtintensität haben.

Aus dem Angeführten ergibt sich, dafs man im Sinne meiner Methode der relativen Photometrie das hygienische Er- fordernis in bezug auf die Taglichtbeleuchtung eines Arbeits- platzes einfach in der Weise formulieren kann, dafs ein Arbeits- platz für gewöhnliche Schularbeit bei nebligem dunklem Wetter, bei gleichmäfsig difEus leuchtendem Himmelsgewölbe wenigstens 1% der im Zenit am Himmelsgewölbe gleichzeitig abgelesenen Lichtintensität aufweisen muls.

Die Frage aber, innerhalb welcher Grenzen sich die Licht- intensität des gleichmäfsig bedeckten Himmelsgewölbes im un- günstigsten Jahresteile während der Unterrichtsstunden bewegt, ist noch nicht systematisch bearbeitet worden.

ArahlT für Hygleiw. Bd. LIV. 3

i

34 Stadien zur relativen Photometrie.

Ich mufste also selber solche systematische Messungen aus- führen, deren Resultate für den verlaufenen Winter im folgenden mitgeteilt werden.

Die Messungen habe ich am 24. November 1904 angefangen und mit einer kleinen Unterbrechung kontinuierlich bis Ende Jänner 1905 fortgeführt. Und zwar wurde die Lichtintensität des Himmelsgewölbes im Zenit mittels eines Web ersehen Photo- meters abgelesen. Der Apparat war unter einem Dachfenster des Dachbodenraumes im Institute, gegen das Himmelsgewölbe gerichtet, dauernd aufmontiert. Zur Ablesung wurde das Fenster immer geöfEnet. Die Lampe des Apparates war gründlich von Vorhängen umgeben, um Störungen der richtigen Lage der Benzinflamme durch Luftströmungen zu vermeiden.

Die Ablesung wurde immer um 9 Uhr vormittags und um 3 Uhr nachmittags vorgenommen. Diese Ablesungszeitpunkte sind aus folgenden Gründen ausgewählt worden: Es ist nicht nötig, zu verlangen, dafs die Lichtintensität während der ganzen Unterrichtsdauer des Tages von 8 Uhr früh bis 4 Uhr nach- mittags — der oben angeführten hygienischen Anforderung ent- spräche. Denn es ist möglich für den ungünstigsten Jahresteil auf die erste und letzte Stunde solche Lektionen zu verlegen, welche kein Lesen, Schreiben und ähnliche die Augen besonders anstrengende Arbeiten erfordern.

E^ genügt also, wenn die Beleuchtung von 9 Uhr vor- mittags bis 3 Uhr nachmittags den Anforderungen entspricht. ^) Eventuell mufs man sich in der ersten bezw. letzten Stunden durch künstliche Beleuchtung aushelfen.

Anfangs habe ich die Messungen nur bei gleichmäfsiger oder wenigstens annähernd gleichmäfsiger Bedeckung des Himmels ausgeführt (Ergebnisse in der Tabelle durch fettgedruckte Zahlen ausgedrückt), später aber vergleichshalber auch bei un- gleichmäfsiger Bedeckung.

1) Natürlich kommen ausnahms weise auch nach 9 Uhr, bzw. vor 3 Uhr niedrigere Intensitäten vor als die zu diesen Zeitpunkten gemessenen.

Vom Dozenten Dr. Stan. R&üika.

35

Die Liehtintensitftt des HimmelsgrewSlbes Im Zenit (in Meterkerzen).

Datum

nm 9 rhr vorm.

Bedeckung des Uimmels

um

8 Uhr

nachm.

Bedeckung des Himmels

November

24.

5446

1209

25.

8916

unbedeckt

26. 27.

unbedeckt

> unbedeckt

28.

4707

unbedeckt

29.

75o4

5768

30.

8566

8512

Dezember

1

1.

1879

1240

2.

1148

2448

3.

1860

1106

4. 5.

1188

ungleicnmäbig bedeckt

1

6.

8896

> ungleicbmftfsig bedeckt

7.

2126

1

8.

8859

2448

9. 10.

2706 4120

,

——

ungleicbmäfsig bedeckt

11.

1824

1620

12.

8896

2158

13.

5648

1

1850

14.

2204

30')

16.

1156

ungleiclümäfsig bedeckt

16.

ungleichmäfBig bedeckt

2022

17.

1277

1889

18.

1824

1680

19.

ungleicbmäfsig bedeckt

ungleicbmäfsig bedeckt

20.

8896

527

21.

3560

etwas ungleichmäfsiger bedeckt

4572

etwas ungleicbmäfsiger bedeckt

22.

2278

blauer Himmel, wenige Wolken

1214

blauer Himmel

23

1680

dito

2926

24.

3776

ungleicbmäfsig bedeckt

4572

ungleicbmäfsig bedeckt

25. Dezember bis 3. Januar wegen Krankbeit nicht gemessen.

1) Von 10 Uhr angefangen ein ganz an fserge wohnlich dunkler Tag (nm 11 Uhr vormittags 153 Meterkerzen).

3*

36

Studien zur relativen Photometrie.

Datum

um 9 Uhr vorm.

Bedeckung des Himmels

um

3 ühr

nachm.

Bedeckung des Himmels

Jan aar

4.

8006

4282

5.

4147

2572

6.

3896

ziemlich ungleicbmäfBig bedeckt

8520

7. 8. 9.

2572

4572

2890

blauer Himmel

2448

blauer Himmel

10.

2777

ungleichmäfsig bedeckt

11.

8859

4282

'

12.

6477

4572

> ungleichmäfsig bedeckt

13.

2448

5353

14.

3779

ungleicbrnftTsig bedeckt

8859

klar, bläulicher Himmel

15.

16.

8175

4282

17.

2448

4019

18. 19.

4572

4959

> ungleichmäfsig bedeckt

5643 2777

ungleichmäfsig bedeckt blauer Himmel

20.

2448

bläulicher Himmel

4572

bläulicher Himmel

21.

4282

ungleichmäfsig bedeckt

2777

blauer Himmel

22.

23.

2688

bläulicher Himmel

24.

3175

4572

blauer Himmel

25.

8257

5956

26.

4572

ungleichmäfsig bedeckt

3667

ungleichmäfsig bedeckt

27.

4572

dito

4572

dito

28.

1898

1898

29.

2159

2159

30.

2159

2088

31.

8896

7512

Februar

1.

6478

Die Tabelle zeigt, dafs mit Ausnahme des ungünstigsten Monates: Dezember die Intensität des Himmelsgewölbes im Zenit zwischen der 9. Stunde vormittags und der 3. Stunde nach- mittags sich fast ausnahmslos oberhalb des Wertes von 1500 Meter- kerzen erhält, ja sogar fast ohne Ausnahme oberhalb des Wertes

Vom Dozenten Dr. Stan. R(iii6ka. 37

von 2000 Meterkerzen : Unter 56 Messungen ergaben nur 3 (5,4%) Fälle Intensitäten unterhalb 2000 und von diesen dreien nur ein Fall (1,8%) eine Intensität unterhalb 1500 Meterkerzen.

Im Dezember ergaben die Messungen viel ungünstigere Re- sultate: Unter 39 Messungen wiesen ganze 19 (= 48,7%) eine niedrigere Intensität als 2000 Meterkerzeu, von diesen 19 sogar 11 (28,2%) Fälle weniger als 1500, und von diesen noch 3 (7,4%) weniger als 1000 Meterkerzen.

Kehren wir jetzt zu der vorläufig vorher gemachten Annahme, dafs wir im Sinne meiner Lichtmessungsmethode als das Minimum der Taglichtintensität an einem Arbeitsplatze 1% der im Zenit des Himmelsgewölbes abgelesenen Intensität bezeichnen würden. Wie gestaltete sich die Taglichtbeleuchtung eines solchen Arbeits- platzes im Verlaufe der verflossenen Winterperiode?

Im Dezember herrschte unter 39 Fällen 19 mal an diesem Platze um 9 Uhr vormittags bzw. um 3 Uhr nachmittags eine geringere Intensität als die minimal zugelassenen 20 Meterkerzen; sogar 11 mal eine geringere als 15, ja 3 mal eine geringere als 10 Meterkerzen.

Es ist klar, dafs uns auch die Minimalanforderung 1 % für diese ungünstigste Jahreszeit nicht vor einer bedeutenden Anzahl von Fällen schützt, in welchen zwischen 9 Uhr vormittags und 3 Uhr nachmittags an den am schwächsten beleuchteten Arbeits- plätzen die Belichtungsintensität selbst bedeutend unter das zu- gelassene Minimum sinken würde.

Natürlich genügt es in solchen Fällen, einfach, die künstliche Beleuchtung anzuwenden. Das kostet natürlich Geld, und es ist einfach Sache des Kalküls, bis wieweit es vorteilhafter ist, die ungenügende Taglichtbeleuchtung der Schulzimmer mittels künstlicher Beleuchtung zu ersetzen, und wieweit man wieder besser auf seine Rechnung kommt durch Erreichung eines reich- licheren Taglichtzutrittes mittels erhöhten Bauaufwandes inklusive der Grundstückbeschaffung, wodurch man einen höheren Minimal- quotienten für die Taglichtbeleuchtung der dunkelsten Arbeits-

38 Studien zur relativen Photometrie.

platze als 1% erreichen kann.^) Vom rein hygienischen Stand- punkte mufs man natürHch immer dem TagUcht Vorzug geben. Auf Grundlage obiger Messungen nehme ich vorläufig^) als »minimale Tageshelligkeitc 2000 Meterkerzen (im Zenit des Himmelsgewölbes gemessen) au.

Was die Frage betrifft, auf welche Art es möglich ist zu ermitteln, wieviel Prozente von der Intensität des Himmelsgewölbes die an einem bestimmten Arbeitsplatze herrschende Intensität beträgt, soll folgendes angefülirt werden:

1. Bei einem fertigen Gebäude kann man die von mir in meiner oben zitierten Arbeit angegebene Methode be- nutzen. (Gleichzeitige Ablesung der Lichtintensität am Himmelsgewölbe und am betreffenden Arbeitsplatze.)

2. Wenn erst nur die Pläne eines zu bauenden Gebäudes vorliegen, so ist der folgende Weg möglich :

Es wird ein teilweises Modell des Gebäudes angefertigt, an welchem alle den Zutritt des Taglichtes beschränkenden Wände, Dächer usw. genau ausgeführt wären (dabei sind die ungünstigsten durch die Bauordnung zugelassenen Verhältnisse und nicht die gerade vorhandenen zu berücksichtigen.) Im Modell des Ge- bäudes werden nur die Parterreklassen ausgeführt und in diesen wieder nur die dunkelsten Arbeitsplätze ; denn es genügt, die un- günstigsten Plätze zu berücksichtigen : wenn diese den An- forderungen entsprechen, entsprechen desto besser die günstigeren. Auf der oberen Fläche der Decke des eben auszumessenden Raumes wird ein Apparat aufgestellt, welcher durch einen Spiegel das Bild des Zenitteils des Himmelsgewölbes') in das Auge des

1) Bei der Erhöhung der Minimalforderung auf 1,5 °/o würden von jenen 89 Fällen nur in 10 die dunkelsten Plätze eine geringere Intensität als 20, davon nur 3 eine geringere Intensität als 15 Meterkerzen aufweisen.

2) Der definitive Wert soll erst auf Grundlage eines gröfseren Materiales gewählt werden.

3) Die Messung mufs auf einem freien Platze unter freiem Himmel ausgeführt werden.

Vom Dozenten Dr. Stan. RiÜiöka. 39

Beobachters reflektiert; ein zweiter Spiegel reflektiert ebenso das Bild eines weifsen Papierstückchens, welches auf dem zu messenden Arbeitsplatze liegt (oberhalb des Arbeitsplatzes mufs zu diesem Zwecke in der Decke eine kleine OfEnung hergestellt sein). Dieses zweite Bild erscheint dem Auge des Beobachters als ein Fleck auf dem Bilde des Himmelsgewölbes. Mittels eines kalibrierten Rauchglaskeiles wird das letztere Bild soweit verdunkelt, bis es infolge kongruenter Intensität mit dem Bilde des Arbeitsplatzes eben genau verschwimmt.

Auf der Skala wird dann direkt abgelesen nach der Ein- stellung des Keiles wieviel Prozent von der Intensität des Himmelsgewölbes diejenige des betreffenden Arbeitsplatzes beträgt.

Die ziemlich schwierige Konstruktion dieses Apparates bildet den Gegenstand meiner weiteren Arbeit.

Wasserstoffsaperoxyd als Beinigungs- nnd Desinfektions-

mittel im Frisenrgewerbe.

Von

Dr. B. Hilgermann.

(AuB dem Hygienischen Institat der Universität Berlin. Direktor: Geh.

Med.-Rat Prof. Dr. Rubner.)

Bei der Fürsorge zur Verhütung der Übertragung ansteckender Krankheiten in den öffentlichen Gewerben hat sich in dem letzten Dezennium die Aufmerksamkeit der Gesundheitsbehörden auch besonders auf das Friseurgewerbe erstreckt, seitdem wieder- holt darauf hingewiesen wurde, wieviel ansteckende Krankheiten in ihrer Entstehung und Weiterverbreitung diesem Gewerbe zu- zuschreiben seien. Eine gröfsere Anzahl von Städten hat dem- entsprechende Polizeiverordnungen erhalten, welche den Friseuren strengste Reinlichkeit und sauberste Reinigung, vor allem Des- infektion der dabei in Betracht kommenden Gerätschaften vor- schreiben. Seitdem die Walze und zumeist der Rasierpinsel in Wegfall gekommen, für das Messer Reinigungsmittel zur Genüge verwendbar waren, fehlte noch stets für die Bürste, der Haupt- trägerin vieler Keime, ein genügendes Desinfektionsmittel. Die vorhandenen und erprobten Verfahren der Desinfektion mittels Formalin, Alkohol usf. waren teils zu teuer, teils zu zeitraubend, teils schädigten sie das Bürstenmaterial. Da man die Unmöglichkeit einer genügenden und billigen Desinfektion einsah, wurden zahl-

Von Dr. R. Hilgermann. 41

reiche Auswege vorgeschlagen. Jeder Kunde z. B. sollte sein eigenes Friseurbesteck haben, oder für besonders desinfizierte Bürsten sollte ein kleiner Kostenaufschlag erhoben werden. Ersterer Vorschlag ist wohl für die sogenannte Stammkundschaft anwendbar, wie verhält es sich aber mit den Fremden imd mit denjenigen, die infolge ihres Berufes gezwungen sind, täglich ihren Wohnort zu wechseln ? Der zweite Vorschlag betreffend den Kostenaufschlag für stets vorrätig zu haltende desinfizierte Bürsten dürfte gerade durch die wenn auch geringe Ver- teuerung die meisten vor dem Gebrauch einer derartigen Bürste abschrecken. Und doch mufs Publikum wie Gesundheitsbehörde strengste Sauberkeit und Gefahrlosigkeit verlangen können, anderseits ist auch den Friseuren bilUgerweise nicht zuzumuten, durch AnschafEung kostspieUger Mittel ihren Verdienst sich schmälern zu lassen.

Bei Beurteilung dieser Verhältnisse und der diesbezüglichen vielfachen Neuerungsvorschläge schien es angebracht, vor allem einmal zu untersuchen, was für Reinigungsmittel der Friseur selbst verwendet, um den an die Sauberkeit seiner Gerätschaften gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Mufste doch die Beantwortung dieser Fragen im positiven oder negativen Sinne auch für die weitere Benutzung derartiger Mittel von ausschlag- gebender Bedeutung sein. Ergaben sich nämUch bei einer Prüfung der Leistungsfähigkeit der zurzeit im Friseurgewerbe üblichen Reinigungsmethoden befriedigende Resultate, so fiel damit auch jeder Grund, die Friseure zum Gebrauch neuer Reinigungsmittel anzuhalten, fort, und würde eine genaue Fest- setzung der Anwendungsweise der einzelnen Mittel genügt haben, um einen befriedigenden Ausweg zu sichern.

Im entgegengesetzten Falle mufste gerade von seiten der Gesundheitsbehörde die Anwendung von Reinigungsmethoden untersagt werden, die nutzlos, höchstens geeignet sind, eine noch grölsere Verschmutzung und Infektionsgefahr herbeizuführen. In bezug auf letzteren Gesichtspunkt war Herr Regierungs- medizinalrat Nesemann so gütig, mir die am meisten in Frage konmienden Reinigungsverfahren zugänglich zu machen.

42 Wasserstoffsuperoxyd als Reinigmlgs- u. Dosinfektionsmittel etc.

Die zurzeit gebräuchlichsten Methoden bestehen teils in einer trockenen Reinigung, teils in einer Waschung der Bürsten. Von ersterer Art wird besonders das Ausklopfen mit Mehl be- vorzugt, von letzterer das Auswaschen in Soda- und Salmiakgeist- lösungen.

Bei einer Nachprüfung dieser Methoden ergab sich, dafs sie wohl eine leidliche, dem Auge sichtbare Reinigung der Bürsten zu erzielen imstande sind, doch ist die hierbei erfolgte etwaige Keimverminderung eine viel zu geringe, als dafs sie den vom hygienischen Standpunkte aus zu stellenden Anforderungen hätte entsprechen können.

Noch einen anderen, nicht zu gering einzuschätzenden Nachteil haben diese Reinigungsarten insofern, als sie sämtlich ziemlich zeitraubend und umständlich sind, denn nur bei einer leicht zu handhabenden und schnellen Methode wird sich der Friseur zu einer öfteren Reinigung seiner Bürsten verstehen wollen.

Eine wirklich befriedigende Lösung dürfte erst dann zu er- warten sein, sobald dem Friseur ein Mittel zur Verfügung steht, das für ihn nicht nur als Desinfektions-, sondern auch als Reini- gungsmittel brauchbar, gleichzeitig billig, völlig geruchlos, un- giftig ist und die Bürsten nicht schädigt, dabei darf das Ver- fahren nicht umständlich und zeitraubend sein.

Auf Anregung von Herrn Geheimrat Rubner habe ich diesbezügliche weitere Untersuchungen gemacht und glaube nun- mehr in dem Wasserstoffsuperoxyd ein all diesen An- forderungen genügendes Mittel gefunden zu haben.

Verwendung fand das sog. lOproz. Wasserstoffsuperoxyd (Marke Schering), das in 100 Gewichtsteilen 3 Gewichtsteile Hg Og enthält. Auch machte ich Versuche mit dem neuerdings von Merck in den Handel gebrachten 30proz. Perhydrol. Letzteres wirkte natürlich bedeutend prompter, doch kann dasselbe seines hohen Preises wegen kaum in Betracht kommen. Da es sich aber bei diesen Versuchen um eine allen zugängliche Verwertung handeln sollte, bezog ich sodann aus den verschiedensten Ge- schäften das nötige Wasserstoffsuperoxyd, um gleichzeitig die

Von Dr. R Hilgermann. 43

Möglichkeit einer allgemeinen Anwendung in ihren Erfolgen kontrollieren zu können.

Als Versuchsmaterial diente mir aufser einer grofsen Anzahl in Gebrauch befindlicher Friseurbürsten noch Bürsten, die ich mit Staphylokokkenkulturen, einmal auch mit Tricho- phyton und Favus verunreinigte. Diese Verunreinigimgs- versuche führte ich in der Weise aus, dafs ich die Bürsten mit 2 3 24 Stunden alten Staphylokokkenbouillon-Kulturen übergofs und sodann durch mehrere Stunden im Brutschrank bei 37^ trocknete.

Die zu reinigenden Bürsten wurden zusammen mit einem im Gebrauch befindlichen Kamme für wechselnde Zeiten in ver- schieden starken Lösungen in Standgefäfse gestellt, einige Male gründlichst durchgekämmt und sorgfältig mit sterilem Wasser durchspült.

Sowohl vor als nach der Behandlung der Bürsten mit H2O2 wurden stets ca. fünf Borsten aus den verschiedensten Stellen der Bürsten mit steriler Pinzette herausgezogen, auf sterile Petri- schalen gelegt und teils mit Gelatine, teils mit Agar übergössen, oder die Borsten wurden in sterile Bouillon gebracht, um auf diese Weise die besten Wachstumsbedingungen für vorhandene Keime zu ermögUchen. Gleichzeitig wurden stets Kontrollplatten angelegt.

Nach zahlreichen Vorversuchen bin ich zu '■■ dem Resultat ge- kommen, dafs für die Zwecke des Friseurgewerbes am geeignetsten eine 5proz. Lösung ist, d. h. die im Handel e>rhältlich6 Stamm- lösung ist zur Hälfte mit Wasser zu verdünnen. In dieser ver- bleiben die Bürsten 30 Minuten und werden sodann mit dem be- treffenden Kamm ausgebürstet. Bei diesem Verfahren blieben stets die nach der Reinigung angelegten Platten steril oder zeigten höchstens ausnahmsweise vereinzelte Kolonien, während die Platten vor der Reinigung massenhaft Kolonien aufwiesen. Am besten sind die Bürsten in Standgefäfse zu stellen, eventuell gewöhnliche Wassergläser, während Schalen nicht zu empfehlen sind.

Au&er den Bürsten werden auf diese Weise . gleichzeitig die Känmie gereinigt.

44 Wasserstoffsuperoxyd als Reinigungs- u. Desinfektionsmittel etc.

Folgende Tabelle zeigt die Endergebnisse:

Yersaeh L

Untersuchnngsmaterial : 5 in tftglichem Gebrauch befindliche Friseurbürsten.

KoDzentra-

Nummer

tionderzur

Einwir-

IKTut.

Bürste vor der

Desinfelctionierfolg

der

Reinigung verwandten

kungs-

Nähr- boden

Behandlung mit

nach der Behand- lung der Bürste

Bürste

H,0,- I^sung

zeit

H,0,

mit H, 0,

1.

Steril

2.

>

3.

5proz.

30 Min.

Agar,

Auf den Platten

>

4.

Gelatine,

zahlreichste Eo-

>

5.

9

Bouillon

lonienbildung , sowohl entlang den Borsten, als

»

auch im freien

Gesichtsfeld.

Bouillon stark ge-

trübt.

Yersaeh II.

Infektionsmaterial : Staphylokokken.

Nummer

der

Bürste

Konzentra- tion der zur Reinigung verwandten

H,Or Lösung

Einwir- kungs- zeit

Nähr- boden

Bürste vor der

Behandlung mit

H.O.

Desinfektionserfolg nach der Behand- lung der Bürste mit H, Ot

1. 2. 3. 4. 5.

5 proz.

30 Min.

Agar, Gelatine, Bouillon

Auf den Platten reichlichste Sta- phylokokken-Ko- lonien.

Bouillon stark ge- trübt.

Steril

> > > >

Bei Versuch I und II wurde jede Bürste für sich in einer stets neu hergestellten Lösung gereinigt, bei dem folgenden Versuch III hingegen dieselbe Lösung zur Reinigung von drei verschiedenen Bürsten benutzt. Das bei diesem Versuch erzielte Er- gebnis zeigt für die Verwendung im Friseurgewerbe, also für die allgemeine Praxis, dafs in derselben Lösung ohne Beeinträchtigung des Resultats 2— 3 Bürsten gereinigt werden können. Bedenkt man aber, dals es sich bei meinen Versuchen stets um arg ver-

Von Dr. E. Hilgermann.

45

nachlAssigte oder absichtlich mit Infektionsmaterial imprägnierte Bürsten handelte, so würde sich bei steter Anwendung des Mittels und dementsprechender zunehmender Sauberkeit die Leistungsfähigkeit derselben Lösung noch erheblich steigern lassen und hiermit die Auslagen stetig billigere werden.

Yersueh ni«

üntersuchungsmaterial : 3 in tftglichem Gebrauch befindliche Haarbürsten.

Nummer

der

Bürste

KonzeDtra- tionderzur

yerwandten

IfÖBUOg

Einwir- kungs- zeit

Nähr- boden

Vor der Be- handlung mit H,0,

Desinfektionserfolg nach der Behand- lung mit H,0,

1.

2.

3.

' 5proi.

30 Min.

Agar, Gelatine, Bouillon

135 K. 90 >

105 .

Steril 1 E.

Haben die in vorstehender Tabelle angeführten Versuchs- reihen bewiesen, dafs bei dieser Art der Reinigung eine gute desinfizierende Wirkung erzielt wird, so ergibt Versuch IV, dafs die bei meinen Versuchen verwandte Wasserstoffsuperoxydlösung vor allem auch eine prophylaktische Wirkung auszuüben im- stande ist. Mit diesem Nachweis der Prophylaxis ist aber in der Verhütung der Weiterverbreitung ansteckender Krankheiten in den öfEentlichen Gewerben ein weiterer Schritt getan.

Yersueh IV.

Üntersuchungsmaterial: 3 mit H,0, yorbehandelte Bürsten. Infektionsmaterial : Staphylokokken.

Nummer ;

der Bürste :

1

Konzentra- tion der zur Reinigung verwandten Lösung

Einwir-

kungs-

seit

Nähr- boden

Vor der Behand- lung mit HfOt. nach der Infek- tion mit Bta- phylolcokken

Nach der Be- handlung mit

H,0, (DeslnfektionB-

eifolg

Eontroll- röhrchen u. Platte

1. 2.

3.

5proz.

30 Min.

Agar, Gelatine, Bouillon

Steril

Steril

>

>

+ +

+

46 WasBentoffsuperoxyd als Reihigungs- n. DeeiiifektionBmittel etc.

Um die Desinfektionswirküng der bei obigen Versuchen be- nutzten Wasserstoffsuperoxydlösung noch eingehender festzustellen und zu prüfen, machte ich einen Kontrollversuch mit Milz- brandsporenseidenfäden. Es zeigte sich hierbei, dafs die 5proz. Lösung auch zur Abtötung dieser resistenten Sporen in verhältnismälsig kurzer Zeit ausreichend ist. Seidenfäden, die die zur Abtötung der Milzbrandsporen drei Minuten strömendem Wasserdampf und 24 Stunden Sublimatlösung (1 : 1000) ausgesetzt werden mufsten, waren nach 50 Minuten langem Verweilen in der Wasserstoffsuperoxydlösung abgetötet.

Wenn auch die im vorhergehenden mitgeteilten Resultate die Möglichkeit einer vollkommenen Sterilisierung der als Ver- suchsmaterial benutzten Friseurbürsten erwiesen haben, so mufs doch das Wasserstoffsuperoxyd noch andere Eigenschaften be- sitzen, die den Vorschlag einer eventuellen Einführung desselben in die Hygiene der Friseurstuben nicht nur als wünschenswert, sondern vor allem auch als berechtigt erscheinen lassen. Bei meinen Versuchen bin ich nun zu dem Resultat gekommen, dafs neben der Keimabtötung vor allem auch gleichzeitig eine gute Reinigung, selbst der verschmutztesten Bürsten, erzielt wird, welch letzteres mir auch von Fachleuten bestätigt wurde. Bürsten, welche vor der Reinigung mit Wasserstoffsuperoxyd eine dichte, verfilzte Schmutzschicht auf dem Bürstenboden und entlang den Bürstenbündeln zeigten, waren nach der Reinigung vollständig von diesen gesäubert.

Mit dem Moment der gleichzeitigen Reinigung und Des- infektion in kürzester Zeit fällt aber jeder Einwand der Friseure von einer unnötigen Überlastung oder Inanspruchnahme in sich zusammen, und kann sodann ein Zwang von selten der Gesund- heitsbehörde nicht mehr als unbillige Forderung angesehen werden. Da femer, wie ich oben beschrieben, die Reinigung nur Bruchteile von Minuten dauert, würde dieses Verfahren vielleicht schon an und für sich allmählich die Indolenz der Friseure überwinden können. Dazu kommt, dafs das Wasser- stoffsuperoxyd sehr billig, völlig geruchlos ist und desodorierend

Von Dr. B. Hilgermann. 47

wirkt. Wie bei Versuch III (vgl. Tabelle) angegeben, ist dieselbe Lösung für mehrere Bürsten verwendbar, auch ist sie noch nach mehreren Tagen völlig brauchbar. Das Bürstenmaterial, der Holzboden, Lack oder die Festigkeit der einzelnen Borstenbündel hat, abgesehen von ganz minderwertigem Material, niemals eine Schädigung oder eine Verminderung der Leistungsfähigkeit ge- zeigt. Die Dehnbarkeit und Reifsbelastuug^) der Borsten habe ich sowohl vor als nach Anwendung des Wasserstoffsuperoxyds mit dem Präzisionsapparat geprüft und keinerlei Veränderung gefunden. Zii erwähnen wäre, dafs allerdings Bürsten mit gelblich- weifsen Borsten eine allmähliche Bleichung erlitten, jedoch dürfte dieses in der Praxis der Friseurstuben eher als Vorteil denn als Nachteil gelten.

Infolgedessen müfste bei seinen vielen einwandsfreien Vor- zügen das Wasserstoffsuperoxyd sich wohl eignen, die Kalamität der Friseurstuben in bezug auf Mangel an Reinlichkeit und Ansteckungsgefahren zu beseitigen. Eine dementsprechende Verordnung könnte die Friseure dazu anhalten, täglich zwei- bis dreimal die im Gebrauch befindUchen Bürsten und Kämme einige Zeit in die in einem gläsernen StandgefäTs oder Wasser- glas bereitstehende Lösung zu stellen, oder sie wenigstens bei Schlufs des Geschäftes oder mindestens alle zwei bis drei Tage nach den oben angegebenen Vorschriften gründlich zu säubern. Eine Kontrolle wäre jederzeit leicht möglich.

Nicht blofs für das Friseurgewerbe, sondern auch für Krankenhäuser, Anstalten und gröfsere Betriebe wäre dieser Modus der Reinigung wohl ein willkommener Ausweg. Denn nunmehr würden stets vollständig saubere und sterile Bürsten zur Verfügung stehen, gröfsere Anschaffungsausgaben und Über- tragungsgefahren aber in Wegfall kommen.

1) Weitere Untersuchungen zu dem in § 2,1 der Bekanntmachung des Herrn Beichskanzlers vom 28. Januar 1899 für Rofshaarspinnereien usw. Yorgeschriehenen Desinfektionsverfahren mittelst Wasserdampf. Arbeiten aus dem Kais. Gesundheitsamt 1901, von Dr. P. M u s e h o 1 d , Oberstabsarzt.

Herrn Regierungsrat Dr. Weber vom Kais. Gesundheitsamt für die gütige Erlaubnis der Benutzung des Präzisionsapparates ergebenster Dank.

48 Wasserstoffsaperoxyd als BeinigongBinittel etc. Von Dr. R. Hilgermann.

Herrn Geheimen Medizinalrat Dr. Rubner spreche ich für die gütige Anregung, Herrn Professor Dr. F ick er für seine Unterstützung bei Abfassung der Arbeit meinen ganz ergebensten Dank aus. Herrn Regierungsmedizinalrat Dr. Nesemann und Herrn Geheimen Medizinalrat Dr. Granier bin ich für die gütige Unterstützung bei BeschafiEung des erforderlichen Materials zu Dank verpflichtet.

Literatur.

B ruh na, Handbuch d. Hygiene von Dr. Th. Weyl. H. Supplementband,

1902. Strafe mann, Hygienische Rundschau, 1903, Nr. 5. Berger, Zentralblatt f. Bakteriologie, 1898, Bd. 28. Lichtenstein, Deutsche med. Wochenschrift, 1900, Nr. 10. Blaschko, Berl. kl. Wochenschrift, 1893, Nr. 35. Rausch, Zentralblatt f. Bakteriologie, 1902, Bd. 31. Weichselbaum, Münchener med. Wochenschrift, 1898, Nr. 8. Musehold, Arbeiten aus dem Reichsgesundheitsamt, 1901. Kolle-Wassermann, Handbuch der pathogenen Mikroorganismen, 1903,

S. 31. Flu egge, Grundrifs der Hygiene, 1897, S. 46. Behring, Bekämpfung der Infektionskrankheiten, 1894, S. 98. Therapeutische Monatsberichte, 1905, 2. Heft

Bemerknngen zur Abhandlnng yon E. Mettler über die bakterizide Wirkung des Lichtes auf gefärbte Nährböden.

Von

H. V. Tappeinen

Die Art der Besprechung der mit dieser Abhandlung^) in Beziehung stehenden früheren Arbeiten veranlafst mich zu folgen- den Bemerkungen:

1. In der Einleitung wird gesagt, dafs diese Untersuchung durch eine Idee von Dreyer, Gewebe durch Zusatz ge- wisser Stoffe zu sensibilisieren, veranlafst worden sei. Es wird hierbei zu erwähnen unterlassen, dafs sämtliche hier- für grundlegenden Versuche inklusive dem Hinweis auf Sensibilisierung bereits von anderer Seite 1900 veröffent- licht wurden.^) Da ich schon einmal genötigt war, gegen diese historisch unrichtige Darstellung Verwahrung ein- zulegen und dieselbe von verschiedensten Seiten Zustim- Tnxing gefunden hat, genügt es, darauf hinzuweisen.

2. In der am Schlüsse folgenden Literaturzusammenstellung ist die von mi r gemeinsam mit Jodlbauer ausgeführte Unter- suchung über die Wirkung photodyuamischer(iluoreszieren-

1) Archiv f. Hygiene, Bd. 53, 8. 79.

2) H. ▼. Tappeiner, Über die Wirkung fluoreszierender Stoffe auf Infusorien nach Versuchen von 0. Baab, Münchener med. Wochenschrift, 1900, Nr. 1.

3) H. y. Tappeiner, Zur Kenntnis der lichtwirkenden (fluoreszierenden) Stoffe. Deutsche med. Wochenschrift, 1904, Nr. 16.

Archiv f Hygiene, Bd. LIV. 4

50 Bemerkungen lur Abhandlung von £. Mettler etc.

der) StofEe auf Protozoen und Enzyme^) zwar zitiert, im übrigen aber unberücksichtigt geblieben. Nur so ist es zu erklären, dafs Ansichten und Behauptungen aufs neue vorgebracht werden, welche dort experimentell widerlegt wurden und fundamenteil irrige Sätze Aufnahme finden konnten, wie der folgende: i Das Ery throsin unterscheidet sich vom Eosin durch das Fehlen der Fluoreszenz, c 3. Die Darstellung der Beziehungen der photodynamischen Erscheinung zu Fluoreszenz und Sensibilisierung scheint mir der wirklichen Sachlage nicht zu entsprechen. Da ähnliche Auffassung auch bei einzelnen anderen Bear- beitern dieses Gebietes sich findet, dürfte es angezeigt sein, den gegenwärtigen Stand der Frage, soweit sie Bak- terien betrifft, in Kürze zu präzisieren.

Die Frage, ob die photodynamische Erscheinung und die von H. W. Vogel an Bromsilberplatten entdeckte optische Sensi- bilisierung identische Vorgänge sind, wurde durch die von Jodlbauer und mir angestellten Versuche insoferne verneinend beantwortet, als erstere nach den bisherigen Erfahrungen nur durch Stoffe bewirkt wird, welche die Eigenschaft haben in wässeriger Lösung zu fluoreszieren, letztere hingegen auch durch Stoffe erfolgt, welchen diese Fähigkeit abgeht.

Unentschieden hingegen ist die weitere Frage, ob die photo- dynamische Erscheinung als Sensibilisierung aufzufassen ist, wenn man darunter ganz allgemein die Steigerung jedes Prozesses versteht; der auch durch Licht allein verursacht wird.

Nun wurde durch unsere Untersuchungen 2) ermittelt, dafs Bacillus prodigiosus, Proteus vulgaris und Bact. acidi lactici durch verschiedene fluoreszierende Stoffe (Eosin, Erythrosin, Rose bengale, Phenosaframin, Methylenblau) bei Gegenwart von zerstreutem Tages- lichte zu einer Zeit (je nach der angewandten Substanz 1 7 Tage) abgetötet werden, in der von einer Wirkung des Lichtes allein

1) D. Arch. f. klin. Medizin, Bd. 80, S. 427—487.

2) A. Jodlbauer u. H. v. Tapp einer, Über die Wirkung photo- dynamischer (fluoreszierender) Stoffe auf Bakterien. Münchener med. Wochenschrift, 1904, Nr. 25.

Von H. V. Tappeiner. 61

noch nichts zu bemerken ist. Anderseits steht fest, dafs Licht allein, insbesondere ultraviolettes Licht, Bakterien zu töten ver- mag, wenn es sehr intensiv ist. Daraus wird von melureren Au- toren der Schlufs gezogen, dafs es sich bei der Wirkung der fluoreszierenden (photodynamischen) Stoffe um eine Steigerung der einfachen Lichtwirkung handle und somit die Auffassung des Vorganges als Sensibilisation bewiesen sei. Ich halte diesen Schlufs nach dem gegenwärtigen Stande der Untersuchungen noch nicht für berechtigt. Es wird dabei aufser acht gelassen, dafs Tötung von Bakterien auf verschiedene Weise bewirkt werden kann. Zwei Vorgänge, die zu demselben Endeffekt führen, dürfen nicht ohne weiteres als identisch betrachtet werden. Die Berechtigung hierzu ist erst mit dem Nachweise gegeben, dafs dieser End- effekt, also die Tötung der Bakterien, in beiden Fällen unter den- selben Bedingungen erfolgt. Nun ist als notwendige Bedingung der Abtötung von Bakterien durch fluoreszierende Stoffe die An- wesenheit von Sauerstoff erkannt.^) Die Frage hingegen, ob diese Bedingung auch für die Abtötung der Bakterien durch Licht allein Geltung hat, ist trotz vieler Untersuchungen noch unentschieden. Der letzte Bearbeiter *'*) derselben verneint dieselbe geradezu; der erste Satz imResümmee des Resultates seiner Ver- suche hat folgenden Wortlaut: »Die bakterizide Wirkung des Lichtes ist nicht in dem Sinne ein Oxydationsprozefs, dafs das Vor- handensein des Sauerstoffs eine Bedingung für dieselbe ist. Das Licht vermag nämlich Bakterien zu töten, selbst wenn jede Spur von Sauerstoff fehlt, und wenn sich während der Belichtung kein neuer Sauerstoff durch Dekomposition chemischer Stoffe bilden kann.c

Es unterliegt daher keinem Zweifel, dafs es bei diesem gegen- wärtigen Stande der Untersuchung nicht zulässig ist, von der Auffassung der photodynamischen Erscheinung als Sensibilisierung

1) A. Jodlbauer u. H. v. Tappeiner, Die Beteiligung des Sauer- stofiFs bei der Wirkung fluoreszierender Stoffe. D. Arcb. f. klin. Medizin, Bd. 82, 8. 520.

2) V. Bie, Ist die bakterizide Wirkung des Licbtes ein Oxydations- prozefs. Finsens med. Lichtinstitut, 1905, Heft 9, S. 73.

4*

52 Bemerkungen z. Abhandlung v. £. Mettler. Von H. v. Tappeiner.

wie von einer erwiesenen Tatsache zu sprechen, und ich glaube, es war durchaus gerechtfertigt, die im Münchener Pharmakolo- gischen Institute entdeckte Lichtwirkung bis zur Klärung ihrer Beziehungen zu Fluoreszenz und Sensibilisation mit dem nichts präjudizierenden Namen photodynamische Wirkung zu belegen.

Wie bereits erwähnt, gelten diese Bemerkungen nur für Bakterien. Für Enzyme dflrfte die Frage nach Untersuchungen von Jodlbauer und mir, welche an anderer Stelle ausführlich veröffentlicht werden sollen, entschieden sein. £b sei hier nur eine Versuchsreihe als Beleg angeführt.

Gläserne Gaswaschflaschen, aus einem Stück geblasen, wurden im Dunkelidmmer zu ca. ^U ^^^ klarer Invertinlösung gefüllt und der überstehende Luftraum nach sorgfältiger Evakuierung durch Wasserstoff, resp. Sauerstoff, ersetzt. Nach dem Zuschmelzen wurden die Flaschen unter guter Kühlung durch Leitungswasser, bedeckt von einer Glasplatte, an zwei aufeinander- folgenden Tagen von VslO 5 Uhr dem intensivsten Sonnenlichte (Juli) aus- gesetzt Zur Kontrolle wurde je eine Sauerstoff- resp. Wasserstoffflasche, mit doppelter Stanniollage umhüllt, daneben gelegt. Diese Dunkelflaschen befanden sich also unter denselben Bedingungen, nur der Lichtzutritt war vollständig ausgeschlossen. Aus sämtlichen Röhren wurden hierauf je 5 ccm Fermentlösung entnommen, mit 5 ccm 15proz. Rohrzucker versetzt und die Invertierung nach 4 Stunden mit einem Halbschattenapparate nach Laurent polarimetrisch bestimmt.

Drehung

<^tebildeter Invertzucker,

wenn vollständige

Invertleraug = 100

gesetzt wird

Wasserstoffflasche, dunkel . .

(y>45'

86,9 •/«

Wasserstoffflascbe, hell'. . .

0'> 47'

87,3 o/o

Sauerstoffflasche, dunkel . .

0^48'

87,6 •/„

Sauerstoffflasche, hell . . .

+cy>34'

66,7 •/.

Der Versuch ergibt folgendes : Das Ferment wurde in Wasserstoffatmo- Sphäre durch Sonnenlicht nicht geschädigt, denn seine invertierende Wirkung ist sogar eine Kleinigkeit grOfser wie in der Dunkelröbre; bei Gegenwart von Sauerstoff hingegen ist die Schädigung unverkennbar, denn die Inver- tierung blieb um mehr als einen Grad des Polarimeters zurück. Hiermit ist anscheinend einwandfrei der Beweis erbrach t, dafs En- zyme durch Licht nur bei Gegenwart von Sauerstoff merkbar geschädigt werden, also unter d erselben Bedingung wie bei Anwesenheit von fluoreszierenden Stoffen. Die Wirkung dieser Substanzen besteht daher in einer Steigerung dieser Schädigung und kann als Sensibilisierung im weiteren Sinne des Wortes bezeichnet werden. Die Steigerung ist allerdings eine sehr grofse, denn bei Zusatz von Eosin unter denselben Bedingungen (Sauerstoffgegenwart und durch Glas und Wasser flltriertes Sonnenlicht) war das Invertin nach V4 Stunde nicht blofs deutlich geschädigt» sondern fast vollständig (zu Ve) vernichtet

Weitere Versuche mit photodynamischen, sensibili- sierenden Farbstoffen. (Eosin, Erythrosin.)

Prüfung der Wirkung de8 Tageslichtes auf Lebensfähigiceit und Virulenz von Bakterien, auf Toxine und Antitoxine und auf das

Labferment

Von

Dr. HajiB Huber.

(Aas der bakteriologischen Abteilang des Hygiene-Institutes der Universität Zürich. Vorstand: Privatdozent Dr. W. Silberschmidt)

In neuerer Zeit hat das Licht in der Medizin immer mehr an Bedeutung gewonnen. Währenddem klinische Arbeiten darüber schon in ziemlich grofser Zahl vorliegen, sind die experimentellen bis jetzt noch ziemhch spärlich.

Met 1 1er (^) hat im hiesigen Institute Versuche über die bakterizide Wirkung des Lichtes auf mit Eosin, Erythrosin und Fluoreszein gefärbten Nährböden vorgenommen. Ich habe diese Versuche fortgesetzt und erweitert; neben der Prüfung der bak- teriziden Wirkung verfolgten meine Untersuchungen vor allem den Zweck, den Einflufs des Lichtes auf Virulenz der Bakterien, auf Toxine und Antitoxine und auf das Labferment eingehend zu prüfen.

Erster Abschnitt.

Wirkung des Liclites auf Lebensfälligkeit und Viruienz patliogener

Mikroorganismen.

Wie Mettler in seiner Arbeit näher ausführt, wurde die bakterizide Wirkung des Lichtes schon von einigen Forschem wie Downes und Blunt(2), Dieudonnö (^), Finsenf*) und Andern experimentell untersucht. Von den neueren Autoren haben

54 Weitere Versuche mit photodynamisch., sensibilisierend. Farbstoffen etc.

namentlich Tappeiner (^) und seine Schüler, Dreyer(*) und Bie (^) diese Versuche auf Prüfung der Lichtwirkung bei Zusatz von photodynamischen oder sensibilisierenden Substanzen ausge- dehnt. Mettler hat diese Versuche an Choleravibrio, Staphylo- kokkus pyogenes aureus, Bact. Typhi und Bact. coli weitergeführt und dabei gefunden, dafs Eosin oder Erythrosin, dem Nährboden zugefügt, sowohl die entwicklungshemmende als die bakterien- tötende Wirkung des Lichtes erhöhen. Auch über die Fähigkeit des Lichtes, die Virulenz der pathogenen Bakterien herabzusetzen, ja selbst aufzuheben, wurden schon zahlreiche Versuche gemacht. Arloing(®) impfte verschieden lange Zeit am Sonnenlicht expo- niert gewesene Anthraxkulturen auf Meerschweinchen. Die mit den am längsten belichteten Kulturen geimpften Meerschweinchen blieben am Leben, wenn auch in der Bouillon noch Wachstum der Bakterien vorhanden war.

Duclaux(^), Palermo (^°) und Chemelewsky (^^) zeigten die Virulenzherabsetzung an verschiedenen Mikrokokken und pyogenen Bakterien, d'Arsonval et Charrin^) an Bac. pyo- cyaneus.

Von Mo m ont P) wurde nachgewiesen, dafs der B. anthracis die durch Exposition an der Sonne eingebüfste Virulenz wieder erhielt, indem die exponiert gewesenen Bakterien in Bouillon weitergezüchtet wurden und sich beim wiederholten Tierexperiment als virulent erwiesen. Die Milzbrandbazillen waren nach 6^2 Stun- den Belichtung abgetötet.

Von Santori (") wird behauptet, dafs die Milzbrandbazillen, ehe sie vom Sonnenlicht getötet werden, eine ächte Abschwächung erfahren.

Yersuchsanordnung.

Als Lichtquelle wurde bei unseren Versuchen ausschliefslich Sonnenlicht, bzw. das diffuse Tageslicht benutzt. Die Kulturen und Lösungen wurden zu diesem Zwecke auf dem Dache des hygienischen Institutes aufgestellt, das Licht hatte also von allen Seiten freien, ungehinderten Zutritt.

Die meisten Versuche wurden in gewöhnlichen Glasgefäfsen, Reagenzröhrchen und in mit Glasdeckel versehenen Schälchen

Von Dr. Hans Haber. 55

ausgeführt. Wir wissen, dafs dadurch ein Teil der wirksamen Strahlen, namentlich die ultravioletten, zurückgehalten werden; es wurden deshalb auch einige vergleichende Untersuchungen mit zugedeckten und offenen Schälchen vorgenommen.

In einigen Versuchen wurde die Exposition in einem Kasten aus Rubinglas und unter doppelwandigen Glasglocken, mit ver- dünnten Eosin- resp. Erythrosinlösungen und mit Alaunlösung ge- füllt, wie Mettler die betreffenden Instrumenteinseiner Arbeit näher beschreibt, ausgeführt. Die Versuche hatten den Zweck, die Ein- wirkung des Lichtes zu studieren, nachdem dasselbe rotes Glas passiert hatte, bzw. durch sensibilisierende Farbstofflösungen unter möglichster Wärmeausschaltung filtriert worden war. Die Versuche wurden femer zum gröfsten Teil in offenen, der Luft zugänglichen Gefäfsen ausgeführt, daneben wurden aber auch einige vergleichende Experimente im Vakuum, d. h. in zuge- schmolzenen Röhren unter Luftabschlufs gemacht, da namentlich die Untersuchungen von Bie(^^), wie auch von anderen, die Be- deutung des Sauerstoffzutrittes hervorgehoben haben.

Zur Färbung wurden benutzt Eosin (Tetrabromfluoreszein) und Erythrosin (Tetrajodfluoreszein). Die Färbung wurde durchweg vor- genommen im Verhältnis von 1 : 1000.

1. Wirkung auf Lebensfähigkeit der Bakterien.

Während Mettler seine Versuche fast nur an Gelatine bzw. Agarnährböden vornahm, wurden unsere Versuche mit Bouillon- kulturen resp. Aufschwemmungen in Bouillon ausgeführt. Im Gegensatz zu Bie wurde stets mit grofsen Mengen von Mikro- organismen gearbeitet. Wir verwendeten zu unseren Versuchen zwei pathogene Mikroorganismen und zwar wählten wir einen so- genannten infektiösen, den Streptococcus pyogenes und einen toxisch wirkenden, den Diphtheriebazillus. Die verwendete Kultur des Streptococcus pyogenes war durch eine Anzahl von Tier- passagen von Herrn Dr. Simon in ihrer Virulenz bedeutend er- höht worden, so dafs eine Menge von 0,0001 ccm genügte, um eine Maus zu töten. Der Diphtheriebazillus wurde aus einer Serumkultur eines Falles von Diphtherie isoliert.

56 Weitere Versache mit photodynamisch., sensihilisiereiid. FarhBto£fen etc.

Es wurden zu jedem Versuche frische Bouillonkulturen einer Streptokokkenreinkultur resp. Blutserumkulturen einer Rein- kultur des Diphtheriebazillus verwendet. Die Streptokokken- bouillonkultur wurde diiekt im Verhältnis von 1 : 1000 mit Eosin bzw. Erythrosin gefärbt, von der Diphtherieblutserumkultur wurde eine Aufschwemmung in Bouillon gemacht und dieselbe dann auf gleiche Weise gefärbt.

Die Exposition im Freien wurde in kleinen, sterilisierten Doppelschälchen vorgenommen, ebenso wurden Kulturen in Dop- pelschälchen in schwarzes Papier eingehüllt, unter Lichtabschlufs zu Kontrollversuchen exponiert.

Nach beendeter Exposition wurden drei Tropfen der betref- fenden Kultur auf Schrägagar überimpft und die Agarröhrchen im Brutschrank bei 36 ^ C aufbewahrt. Das Wachstum der Agar- kulturen wurde sodann mindestens zwei Tage lang beobachtet und nur deutliche Unterschiede notiert.

Für die Intensität des Wachstums wurden bei den folgenden Versuchen nachstehende Bezeichnungen gewählt:

-|--|-4- sehr reichliches Wachstum, + -f" reichliches Wachstum, -f- geringes Wachstum, L einzelne Kolonien, 0 kein Wachstum.

I. Versuche am Tageslichte.

1. Yersnch mit Streptokokken.

26. I. Streptokokkenbouillon wird ungefärbt, mit Eosin bzw. Erythrosin gefärbt dunkel und am Lichte 1, 3 und 6 Stunden lang exponiert LichtTorhältnisse : hell, keine Sonne.

Dauer d. Exposition

1 Stunde ' 3 Stunden i

6 Stunden '

; Kontroll nicht 1 exponiert

Wachstum am . .

I.Tag

2. Tag

I.Tag

2.Taß| I.Tag

2. Tag

1 I.Tag

2 Tag

Bouillon ungefärbt Bouillon mit Eosin gefärbt .... Bouillon mit Ery- throsin gefärbt .

+ +

-f-r

-1-4-

-t-4--F 0 0

0 0

+ + -1- 0 0

0 0

+ 4-h -i- + -i-

++ +

+ + +

Von Dr. Hans Haber.

57

2. Yenaeh mit Bliihtherlebarilleii.

27. I. Diphtheriebouillon wird angef&rbt, mit Eosin bzw. Erythrosin gefärbt daokel and am Lichte 1, 3 und 5 Standen lang exponiert LichtTerhältnisse : Sonne, seitweise trübe.

Daaer d. Exposition

1 Stande

8 Standen

5 Standen

Kontroll Dicht exponiert

Wachstam am . .

l.Tag

2. Tag

l.Tag

2. Tag

l.Tag

2. Tag

l.Tag

2. Tag

Boaillon angefibrbt

+

+ +

+

-f+

0

+

++-f

++-I-

Bouillon mit Eosin

gefärbt ....

1 +

+ +

0 j L

0

0

+ + +

++ +

Boaillon mit Ery-

1

throsin gefärbt .

1 +

+ +

0

L

0

0

+++

-f++

II. Vergleichende Versuche am Tageslichte und unter

dem Rubinglaskasten.

8. Yersaeh mit IHphtheriebäzillen.

2. II. Diphtherieboaillon wird angefärbt, mit Eosin resp. Erythrosin gefärbt, direkt am Lichte 2, 3 and 4 Standen lang and anter Rabinglas- kasten 6, 12, 18 and 24 Standen lang exponiert

Lichtverhältnisse: Sonne, zeitweise trübe.

a) Exposition am Tageslicht.

Dauer d. Exposition

2 Stunden

8 Stunden

4 Stunden

Kontroll

Wachstam am . .

l.Tag

2. Tag

l.Tag

2, Tag

l.Tag

2. Tag

l.Tag

2. Tag

Boaillon angefärbt

+

+

L

+

0

+

+ +

+++

Boaillon mit Eosin

gefiLrbt ....

0

L

0 L

0

0

-h-^

-r + +

Boaillon mit Ery-

1

throsin gefärbt .

0

0

0

0

0

0

+ +

+ + +

b)Ex]

Position

unter Ru

binglask

asten.

Dauer d. Exposition

6 Std. 1. T.

12 Std.

18 Std.

24 Std. 1. T.

Kontroll

Wachstam am . .

1. T.

1. T.

1. T.

Boaillon angefärbt Boaillon mit Eosin gefärbt .... Boaillon mit Ery- throsin gefärbt .

+ + + + + + + + +

+ + + + + +

+++

+ + + +

+

+ +

+ + L

+ + +

+++ +++

58 Weitare Venache mit photody namisch ., senBibilisierend. Farbstoffen etc.

4. Yenneli mit Stre|»tokokkeB.

3. II. Streptokokkenbonillon wird angefärbt, mit Eosin resp. Erythrosin gefärbt, direkt am Lichte 2, 4 ond 6 Standen lang and anter Rabinglas- kasten 6, 12, 18 and 24 Standen lang exponiert.

Lichtverhältnisse: Sonne, zeitweise trübe.

a) Exposition am Tageslicht.

Daaer d. Exposition

2 Standen

4 Stunden

6 Standen Kontroll

Wachstam am . .

I.Tag

2. Tag

1. Tag 2. Tag

I.Tag 2. Tag I.Tag 12. Tag

Boaillon angefärbt

^+-f-f

-^+-f

+

+ r-f

+

-f-^ +■[-+ ++-

Bouillon mit Eosin

r

gefärbt ....

, +

■h-h

0

0

0

0 -r+-l-

-f- + +

Boaillon mit Ery-

,

throsin gefärbt .

■■ 0

1

L

0

0

0

0 r H- -

-h-h-f

b) Exposition anter Rubinglaskasten.

Dauer d. Exposition ■■ 6 Std.

12 Std.

18 Std.

24 Std.

Kontroll

Wachstum am . . 1. T.

1. T.

1. T. 1. T.

1. T

Bouillon angefärbt i -f- H- -f- Bouillon mit Eosin

gefärbt .... 1 + + + Bouillon mit Ery- |

throsin gefärbt . !| + + +

+ + + + + + + + +

+ + +

++ +

+ +

+ L

+ + + + + + + + +

III. Vergleichende Versuche bei Luftzutritt und bei

Luftabschlufs.

5. Yersueh mit Diphtheriebazilien.

4. II. Diphtheriebouillon wird ungefärbt, mit Eosin resp. Erythrosin gefärbt, bei Luftzutritt in Doppelschälchen und bei Luftabschlufs in ge- schlossenen Glaszylindern nach Absaugen der Luft exponiert, 4 Stunden lang.

Lichtverhältnisse : Sonne.

Wachstum bei

Luftzutritt am ii Luftabschlufs am

1 1. Tag 2. Tag 1. Tag

2. Tag

Bouillon ungefärbt . . . ' L

) mit Eosin gefärbt , 0

milEfythrosingef. I 0

ü 0

+ + + + +

+ + + + 4- +

+ + +

Von Dr. Hans Haber.

59

6. Yenneh mit Blphtheriebazillen.

17. n. Diphtherieboaillon wird ungefärbt, mit Eosin resp. Erythrosin gefärbt, unter Laftzatritt in Doppelschälchen und unter Luftabachlufs in zugeschmolsenen Pipetten 4 und 10 Stunden lang exponiert

Lichtverhältnisse: Sonne, zeitweise trübe.

Dauer der Exposition .

Wachstum am

4 Stunden

I.Tag

10 Stunden

2. Tag 1. Tag

Kontroll

2. Tag 1. Tag

2. Tag

Bouillon ungefärbt bei Luftzutritt ....

Bouillon mit Eosin ge- färbt bei Luftzutritt .

Bouillon mit Er3rthro8in gefäibt bei Luftzutritt

Bouillon ungefärbt bei LuftabschluXs . . .

Bouillon mit Eosin gef. bei Luftabschlufs . .

Bouillon mit Erythrosin gef. bei LuftabschlulB

+ L

L

+ +

+ +

+ +

+ +

+ + +

0 0

L L

+ '■ + +

L L

+ + +

+ +

+ + + +++

+-■+

IV. Vergleichende Versuche in offenen undbedeckten

Schälchen.

7. Yersuch mit Streptokokken.

8. n. Streptokokkenbouillon wird ungefärbt, mit Eosin resp. Erythrosin gefärbt, in offenen und bedeckten Schälchen 4 Stunden lang exponiert Lichtverhältnisse : Sonne.

Wachstum in

Bouillon ungefärbt . . .

> mit Eosin gefärbt

> mit Erythrosin gefärbt

offenen Schälchen

1 Tg.

+ + 0

0

2 Tg.

+ + L

bedeckten Schälchen

1 Tg.

f+4

2 Tg.

+

+

8. Yenaeh mit Streptokokkan.

9. II. Streptokokkenbouillon wird ungefärbt, mit Eosin reap. Erythrosin gefärbt, 3 and 5 Standen lang in offenen und bedeckten Schalchen exponiert. lichtverhftltniBse : trüb, etwas Sonne.

60 Weitere Vereache mit photodynamisch., sensibilisiereiid. Farbstoffen etc.

Daaer der Exposition . Wachstum am ....

3 Stunden

I.Tag

2. Tag

Kontroll

I.Tag

2. Tag

Bouillon ungefärbt in

offenen Schälchen Bouillon mit Eosin gef.

in offenen Schälchen Bouillon mit Erythrosin

gef. in off. Schälchen Bouillon ungefärbt in

bedeckten Schälchen Bouillon mit Eosin gef. in

bedeckten Schälchen . Bouillon mit Er3rthro8in

gef. in bed. Schälchen

+ + + +

0

+ + + +

+

++-f

0

+ +

+

+

+ + 0

0

+

L

+

0

+ +

+ L

+ +

] + +

+ +

+ +

+ + + +

Resümee. Unter den angegebenen Versuchsbedingungen wurden Streptokokken und Diphtheriebazillen durch das Sonnen- licht bzw. diffuse Tageslicht nach etwa 5 6 Stunden Belich- tung in ihrer Weiterentwicklung gehemmt. Wurde die Kultur mit Eosin oder mit Erythrosin gefärbt, so erfolgte die Abtötung schon nach 2 3 Stunden Belichtung.

Passieren die Lichtstrahlen vor ihrer Einwirkung auf das Substrat rotes Glas, so tritt die bakterizide Wirkung des Lichtes nicht deutlich ein, d. h. es läfst sich dann selbst nach 24 stün- diger Belichtung an den ungefärbten Kulturen keine, an den ge- färbten nur eine teilweise Wachstumshemmung konstatieren. Ein Vergleich mit der Wirkung des direkten Lichtes ist nicht mög- lich, da eine genaue Messung der Lichtinteusität unter dem Rubinglaskasten nicht vorgenommen worden ist.

Wie frühere Versuche schon ergeben haben, beweisen auch unsere Resultate, dafs der Luftzutritt die bakterizide Wirkung des Lichtes bedeutend erhöht. Wurde der Sauerstoff der Luft abgehalten, so blieb auch nach länger dauernder Belichtung die bakterizide Wirkung des Lichtes aus oder war dieselbe eine sehr geringe.

Von Dr. Hans Haber. 61

Die Einwirkung der Wärme war bei unseren Versuchen jedenfalls sehr gering, indem dieselben in den Monaten Januar und Februar vorgenommen wurden, wo ja die Wärmeproduktion des Sonnenlichtes bei relativ starker Lichtintensität noch eine geringe ist.

2. Wirkunsr auf Virulenz der Bakterien.

Die folgenden Versuche wurden in gleicher Weise wie die vorher beschriebenen mit Bouillonkulturen bzw. Aufschwem- mungen von virulenten Streptokokken und Diphtheriebazillen vor- genommen.

Mit den Streptokokkenkulturen wurden sodann weifse Mäuse subkutan am Rücken injiziert, die Diphtheriebazillenaufschwem- mungen wurden Meerschweinchen subkutan am Bauche einge- spritzt. Zugleich mit diesen Injektionen wurden jeweils drei Tropfen der betreffenden Kultur auf Schrägagar überimpft, um die Wirkung des Lichtes auf Entwicklungshemmung und auf Virulenzschwächung nebeneinander beobachten zu können. Es wurden auch stets Kontrollinjektionen, wie angegeben, mit nicht belichteten Kulturen vorgenommen.

L Versuche mit Diphtheriebazillen.

») Exposition am Tageslicht.

30. I. Diphtheriebazillenaufschwemmang wird angefärbt, mit Eoain bsw. Eryihrosin gefärbt dunkel and 1, 2Vs und 4 Standen am Tageslicht exponiert. Die 4 Standen exponierte Kultur wird zum Tierversuch benutzt

LichtTerhältnisse : trüb, keine Sonne.

Tierversuch abends 5 Uhr.

Meerschweinchen Nr. 1, 165 g schwer.

Subkutane Injektion von 2,0 ccm Diphtheriebouillon, ungefärbt, nicht exponiert

Tod nach 2 Tagen.

Meerschweinchen Nr. 2, 175 g schwer.

Subkutane Injektion von 2,0 ccm Diphtheriebouillon mit Eosin gefärbt, nicht exponiert.

Tod nach 2 Tagen.

62 Weitere Versache mit photody namisch., senBibiliaierend. Farbstoffen etc.

Meerschweinchen Nr. 3, 180 g schwer.

Subkutane Injektion von 2,0 ccm Diphtherieboaillon mit Erythrosin ge- färbt, nicht exponiert.

Tod nach 2 Tagen.

Meerschweinchen Nr. 4, 185 g schwer.

Sabkatane Injektion von 2,0 ccm Diphtherieboaillon angefärbt, 4 Stan- den exponiert.

Tod nach 2 Tagen.

Meerschweinchen Nr. 5, 175g schwer.

Subkutane Injektion von 2,0 ccm Diphtherieboaillon mit Eosin gefärbt,

4 Stunden exponiert

Tod nach 9 Tagen.

Meerschweinchen Nr. 6, 175 g schwer.

Subkutane Injektion von 2,0 ccmDiphtheriebouillon mit Erythrosin ge- färbt, 4 Stunden exponiert.

Bleibt am Leben.

Bei allen gestorbenen Tieren werden durch Sektion die für Diphtherie typischen Veränderungen : subkutanes pseudomembranöses ödem, Rötung der Nebennieren und kulturell Diphtheriebazillen nachgewiesen.

b) Exposition am Tageslicht und unter Rubinglaskasten.

16. U. Diphtheriebazillenaufschwemmung wird ungefärbt, mit Eosin bzw. Erythrosin gefärbt, 4 Stunden direkt am Lichte, 7 und 14 Stunden unter Rubinglaskasten exponiert

Lichtverhältnisse : Sonne, zeitweise trübe.

17. U. Tierversuch abends 5 Uhr.

Meerschweinchen Nr. 7, 210 g schwer.

Subkutane Injektion von 2,0 ccm mit Erythrosin gefärbter, nicht ex- ponierter Diphtheriebouillon-Kontroll.

Tod nach 2Vi Tagen.

Meerschweinchen Nr. 8, 215 g schwer.

Subkutane Injektion von 2,0 ccm ungefärbter, 4 Stunden direkt ex- ponierter Diphtheriebouillon.

Tod nach 2 Tagen.

Meerschweinchen Nr. 9, 200 g schwer.

Subkutane Injektion von 2,0 ccm mit Eosin gefärbter, 4 Stunden direkt exponierter Diphtheriebouillon.

Bleibt am Leben.

Von Dr. Hans Haber.

63

Meerschweinchen Nr. 10, 220g schwer.

Sabkutane Injektion von 2,0 ccm mit Erythrosin gefärbter, 4 Standen direkt exponierter Diphtherieboaillon.

Bleibt am Leben.

Meerschweinchen Nr. 11, 680g schwer.

Sabkatane Injektion von 2,0 ccm ungefärbter Diphtherieboaillon, 14 Standen anter Rabinglaskasten exponiert.

Tod nach 2Va Tagen.

Meerschweinchen Nr. 12, 570 g schwer.

Sabkatane Injektion von 2,0 cc m mit Eosin gefärbter Diphtherieboaillon 14 Standen anter Rabinglaskasten exponiert

Tod nach 27, Tagen.

Meerschweinchen Nr. 13, 520 g schwer.

Saboktane Injektion von 2,0 ccm mit Erythrosin gefärbter Diphtherie- boaillon^ 14 Standen anter Rabinglaskasten exponiert.

Tod nach 8 Tagen.

Bei allen gestorbenen Tieren wird darch Sektion and kaltarellen Ver- sach Diphtherie als Todesursache nachgewiesen.

Das Wachstum auf Agar gibt folgende Resultate:

Yersueh a.

Dauer d. Ezpoeiüon

1 Stunde

2 V, Stunden

4 Stunden

Kontroll

Wachatam am . .

I.Tag

2. Tag

I.Tag

2. Tag

I.Tag

2. Tag

ITag

2. Tag

Bonillon nngef&rbt Boaillon mit Eoein gef&rbt .... Bouillon mit Ery- throsin gefftrbt .

+ + + + + +

+ + + + + +

+ +

+ +

+ +

+

+ + 1 + 0

+ + + +

L

+ + + + + +

+ +

+ + + +

Yersneh b.

Exposition am Tageslicht

4 Stunden

Kontroll

Wachstum am . . .

1. Tag

2. Tag

1. Tag

2. Tag

Bouillon ungefärbt .

Bouillon mit Eosin gefärbt

Bouillon mit Erythro- sin gefärbt . . .

+ + 0

0

+ + 0

0

1

+ + + + + + + + +

+ + + + + + + + +

64 Weitere Versnche mit photodynamisch., sensibilisierend. Farbstoffen etc.

ExpoBitton unter Rubingl kästen ....

Wachstam am

7 Standen

1. Tag 2. Tag

14 Stunden

1. Tag 2. Tag

Kontvoll

1. Tag 2. Tag

Bonillon angefärbt . .

Bonillon mit Eosin ge- färbt

Bouillon mit Erythrocin gefärbt

+ + ! ++ + + + + ++ 'I +

+ ++I++ +

+ +

+++i++-f

II. Versuche mit Streptokokken.

a) Exposition am Tageslicht

31. I. Streptokokkenbouillon wird ungefärbt, mit Eosin, bsw. Erythrosin gefärbt dunkel und IVs« 3, 4</i und 6 Stunden am Tageslicht exponiert. Die 3 Stunden exponierte Kultur wird anm Tierversuch benutzt Lichtverhältnisse: trüb, zeitweise etwas Sonne. Tierversuch abends 6 Uhr.

Maus Nr. 1.

Subkutane Injektion von 0,1 ccm ungefärbter, nicht exponierter

Bouillon.

Tod nach 2 Tagen.

Maus Nr 2.

Subkutane Injektion von 0,1 ccm mit Eosin gefärbter, nicht exponierter

Bouillon.

Tod nach 2 Tagen.

Maus Nr. 3.

Subkutane Injektion von 0,1 ccm mit Erythrosin gefärbter, nicht expo- nierter Bouillon.

Tod nach 2 Tagen.

Maus Nr. 4.

Snbkutane Injektion von 0,1 ccm ungefärbter, 3 Stunden exponierter

Bouillon.

Tod nach 2 Tagen.

Maus Nr. 5.

Subkutane Injektion von 0,1 ccm mit Eosin gefärbter, 3 Stunden expo- nierter Bouillon.

Bleibt am Leben.

Maus Nr. 6.

Subkutane Injektion von 0,1 ccm mit Erythrosin gefärbter, 3 Stunden

exponierter Bouillon.

Bleibt am Leben.

Bei allen gestorbenen Mäusen werden durch Überimpfung des Herz- blutes auf Schrägagar und mikroskopische Untersuchung Streptokokken nach- gewiesen.

Von Dr. Uana Haber.

65

b) Exposition anter Rabinglaskasten.

13. n. Streptokokkenbonillon wird angefärbt, mit Eosin bzw. Ery- throflin gefärbt 7 and 14 Standen unter Rabinglaskasten exponiert.

LicbtTerhflItnisse : Sonne, zeitweise trQbe.

14. n. Tierversach abends 4 Uhr.

Maas Nr. 7.

Sabkatane Injektion von 0,1 ccm angefärbter nicht exponierter Boaillon-

Kontroll.

Tod nach 1 Tag.

Maas Nr. 8.

Sabkatane Injektion von 0,1 ccm angefärbter Boaillon, 14 Standen anter Rabinglaskasten exponiert

Tod nach IV, Tag. Maas Nr. 9.

Sabkatane Injektion von 0,1 ccm mit Eosin gefärbter Boaillon, 14 Stan- den anter Rabinglaskasten exponiert

Tod nach 1 Tag. Maas Nr. 10.

Sabkatane Injektion von 0,1 ccm Boaillon, mit Erythrosin gefärbt, 14 Standen anter Rabinglaskasten exponiert.

Tod nach IV, Tagen.

Bei allen gestorbenen Mänsen werden kaltarell im Herzblat Strepto- kokken nachgewiesen.

Das Wachstam aaf Agar ergab folgende Resultate:

Yersneh a.

Dauer d. Exposition

IVs Stunden

3 Standen

Wachstam am . .

1. Tag 2. Tag

1. Tag

2. Tag

Boaillon angefärbt .

Bouillon mit Eosin gefärbt ....

Boaillon mit Erythro- sin gefärbt . . .

+ + +

1

++

+ + +

+ + L

+ + +

+ L

+ + +

+

Dauer der Exposition

Wachstam am

4V, Standen

1. Tag ± Tag

6 Stunden

Kontroll

1. Tag 2. Tag

I.Tag

2. Tag

Boaillon angefärbt . .

Boaillon mit Eosin ge- färbt

Boaillon mit Erythrosin gefärbt

++ +

0

ArehiT rOr Hygiene. Bd. UV.

++• .; L

+

L 0

L H-++J4++ 5

66 Weitere Veraache mit photodynamiBch., sensibilisierend Farbstoffen etc.

Tersaeh b.

Daaer der Exposition .

7 Stunden

14 Stnnden

Kontroll

Wacbstom am ... .

I.Tag

2. Tag

I.Tag

2. Tag

I.Tag

2. Tag

Bouillon ungefärbt . .

+ +

+ +

+ +

+ +

+ +

+ +

Bouillon mit Eosin ge-

färbt ......

+ +

+ +

+ +

+ +

+ +

+ +

Bouillon mit Erythros! n

i

gefärbt

+ +

1

+ +

L

L

+ +

+ +

c) Prüfung der Virulenz von exponierten Streptokokkenkulturen.

Diese Versuche wurden unternommen, um festzustellen, ob ein Strepto- kokkus, welcher nach Exposition am Lichte Tiere nicht mehr tötete, obschon die Kulturen noch Wachstum ergaben, dauernd abgeschwächt ist.

1. Tersaeh«

12. V. Streptokokkenbouillon wird ungefärbt, mit Eosin resp. Erythrosin gefärbt dunkel und am Lichte 2, 4 und 6 Stunden exponiert.

Die Exposition wird, um die Verdunstung der Kulturen bei der ziem- lich intensiven Sonne zu vermeiden, statt in Doppelschälchen wie gewöhn- lich in Reagenzröhrchen vorgenommen, wo die Wirkung des Lichtes weniger deutlich ist

Lichtverhältnisse: Sonne.

18. V. Tierversuch mittags 11 Uhr.

Maus Nr. 1.

Subkutane Lijektion von 0,1 ccm mit Erythrosin gefärbter, nicht expo- nierter Bouillon-Kontroll.

Tod nach 2 Tagen.

Maus Nr. 2.

Subkutane Injektion von 0,1 ccm mit ungefärbter, 6 Stunden expo- nierter Bouillon.

Tod nach 4 Tagen.

Maus Nr. 8.

Subkutane Injektion von 0,1 mit Eosin gefärbter, 6 Stunden exponierter

Bouillon.

Bleibt am Leben.

Maus Nr. 4.

Subkutane Injektion von 0,1 ccm mit Erythrosin gefärbter, 6 Stnnden

exponierter Bouillon.

Bleibt am Leben.

Bei den gestorbenen Mäusen werden durch Sektion und kulturellen Versuch im Herzblute Streptokokken nachgewiesen.

Von Dr. Hans Haber.

67

Das Wachstam auf Agar ergab folgendes Resaltat:

Daner d. Exposition

2 Stunden

4 Stunden

6 Stunden

Kontroll

Wachstnm am . .

I.Tag

2. Tag

I.Tag

2. Tag

I.Tag

2. Tag

I.Tag

2. Tag

1

Bonillon ungefärbt

+ +

+ +

+ +

+ +

+

: +

Bouillon mit £k>8in

1

1

gefärbt ....

+ +

+ +

+

+ +

L

+ ,

Bouillon mit Ery-

!

throsin gefärbt .

+ +

+ +

L

~f~

0

0

■I-4- +

+++

2. Yersuch.

15. V. Die von den 6 Stunden exponiert gewesenen Streptokokken kulturen aus Versuch 1, welche für die damit injizierten Mäuse nicht mehr oder abgeschwächt virulent waren, angelegten Agarkulturen werden zur Weiterzüchtung auf Bouillon überimpft. Die von der ungefärbten und von der mit Eosin gefärbten exponierten Kultur herrührende Bouillon ist stark getrübt, die von der mit Er3rthrosin gefärbten exponierten Kultur herrührende zeigt kein Wachstum.

16. V. Tierversuch mittags 2 Uhr.

Maus Nr. 1.

Subkutane Injektion von 0,1 ccm Bouillon, herrührend von ungefärbt

exponiert gewesener Streptokokkenkultur.

Tod nach 2 Tagen. Maus Nr. 2.

Subkutane Injektion von 0,1 ccm Bouillon, herrührend von mit Eosin gefärbt exponiert gewesenen Streptokokkenkultur.

Tod nach 2 Tagen.

Bei den gestorbenen Mäusen werden durch kulturellen Versuch im Herzblut Streptokokken nachgewiesen.

Resümee. Der Zusatz von sensibilisierenden Farbstoffen hat nicht nur auf das Wachstum, sondern auch auf die Virulenz der pathogenen Mikroorganismen einen sehr deut- lichen Einflufs. Es stellte sich heraus, dafs sehr virulente Strepto- kokkenkulturen, welche in Mengen von 0,0001 ccm Mäuse eben noch sicher töteten, selbst in einer Menge von 0,1 ccm nicht mehr den Tod der Versuchstiere hervorrufen, wenn sie, mit Eosin oder mit Erythrosin vermengt, 3 4 Stunden lang am Tageslicht exponiert wurden, während die ungefärbte exponierte Kultur in der Menge von 0,1 ccm, ähnlich wie die nicht exponierte, unge- färbt und gefärbte wirkte, also rasch den Tod der Tiere herbei-

68 Weitere Versacbe mit photodynamisch., sensibilisierend. Farbstoffen etc.

führte. Ähnliches ergaben die Versuche mit Diphtheriebazilleu an Meerschweinchen. Während eine Bouillonauf seh wemmung einer Serumkultur, in der Menge von 2,0 ccm ungefärbt dem Lichte 4 Stunden exponiert, das Tier innerhalb 2 Tagen tötete, wirkte die exponierte Kultur nicht mehr tödtlich, wenn sie vorher mit Eosin oder Erythrosin versetzt worden war.

Bei den Versuchen unter dem Rubinglaskasten konnte kon- statiert werden, dafs die durch rotes Glas filtrierten Lichtstrahlen die Virulenz von Bakterien ebenso wenig abzuschwächen ver- mögen als ihre Entwicklungsfähigkeit und zwar selbst bei tage- langer Exposition.

Wie dies schon von anderen Autoren beobachtet worden ist, haben auch unsere Versuche ergeben, dafs die Abschwächung bzw. das Verlorengehen der Virulenz früher eintritt als die vöUige Abtötung der Bakterien. Einzelne exponierte, sensibili- sierte Kulturen ergaben noch Wachstum, währenddem die inji- zierten Tiere am Leben blieben; immerhin beweisen die ange- führten Resultate, dafs Wachstumshemmung und Virulenzabnahme Hand in Hand gehen.

Sehr interessant ist auch das Resultat des letzten Versuches, dafs nämlich durch Weiterzüchtung einer exponierten Kultur von virulenten Streptokokken, welche die damit injizierte Maus nicht mehr getötet hatte, eine Kultur erhalten wurde, die sich wieder als voll virulent erwies; wir konnten also eine dauernde Ab- schwächung in diesem einen Versuche nicht nachweisen.

Zweiter Abschnitt. Wirkung des Lichtes auf Toxine und Antitoxine.

Kitasato (^^) hat in seinen experimentellen Untersuchungen über Tetanusgift die Einwirkung des Lichtes auf dasselbe durch zahlreiche Tierversuche genau geprüft. Er fand, dafs das Filtrat einer Bouillonkultur von Tetanusbazillen durch Aufstellen am Fenster bei zerstreutem Tageslichte allmählich seine Wirksamkeit verlor; es dauerte aber lange Zeit, bis die Giftwirkung vollständig

Von Dr. Hans Huber. 69

verschwand. Durch Aufstellen direkt an Sonnenlicht verlor das Tetanusgift erst nach 15 18 Stunden vollständig seine Wirksamkeit.

Das Diphtheriegift erwies sich atmosphärischen Einflüssen, also auch dem Lichte gegenüber, widerstandsfähiger.

Tizzoni und Cattani(^^) fanden ebenfalls, dafs Sonnen- licht imstande ist, das Tetanustoxin bald unwirksam zu machen, namentlich wenn der Zutritt des SauerstofEes der Luft leicht möglich war.

Auch Fermi und Celli (^^) konstatierten, dafs das Tetanus- gift, dem direkten Sonnenlichte ausgesetzt, wobei die Temperatur zwischen 40 50® schwankte, nach 8 Stunden zerstört wurde. Bei einer Temperatur von nicht mehr als 37 ® blieb das .Gift, an der Sonne exponiert, 15 Stunden lang wirksam.

Tappeiner und Jodlbauer (^^) haben die Wirkung des Lichtes auf mit fluoreszierenden StofEen gefärbtes Diphtherietoxin und Tetanustoxin geprüft. Bezüglich der Versuche mit Diph- therietoxin schreibt Tappeiner: »Man sieht, dafs der Zusatz von Eosin im Dunkeln auf das Toxin nicht ganz ohne Einflufs war, in gleicher Weise wie der Zutritt des Lichtes im Glas ohne Eosin. Die Schädigung ist indes in beiden Fällen unbedeutend, nur bei der einfachen und doppelten letalen Dosis in Form einer Verzögerung des letalen Ausganges von ^{2 1 Tag bemerkbar. Wahrhaft erstaunlich aber ist die Wirkung auf das Toxin durch Ek)sin am Lichte. Sämtliche Tiere bis inklusive den mit der 120 fachen Dosis letalis injizierten blieben vollkommen normal, c

Die 1 lOfache dosis letalis des Tetanustoxins wird ertragen bis auf lokalen Tetanus, die 25 fache Dosis ist letal.

Eine mit Tetanusantitoxin durchgeführte gröfsere Versuchs- reihe ergab eine analoge Wirkung auf Antitoxine.

Schon früher hatte Tappeiner P®) gezeigt, dafs Rizin, in Lösung mit etwas Eosin, 14 Stunden zerstreutem Tageslicht aus- gesetzt, sein charakteristisches Agglutinationsvermögen für rote Blutkörperchen vollkommen verloren hatte, während eine ebenso lang exponierte, einfache Rizinlösung und eine mit Eosin ver- setzte, im Dunkeln aufbewahrte Lösung unverändert wirksam waren.

70 Weitere Versuche mit photodynamiscb., senBibiliBierend. Farbstoffen etc.

In den folgenden Versuchen wurde Diphtherie toxin und Antitoxin, das wir der Freundlichkeit des Berner Seruminstitutes verdanken, benutzt, femer Tetanustoxin und Antitoxin, das wir von den Höchster Farbwerken bezogen.

Das Diphtherietoxin, ohne und mit Zusatz von Antitoxin, wurde Meerschweinchen von durchschnittlich 150 200 g Gewicht subkutan am Bauche injiziert. Da die Wertigkeit der Präparate nicht angegeben war, wurde dieselbe experimentell festgestellt und dabei gefunden, dafs 0,05 ccm Toxin den Tod der Ver- suchstiere in ca. 48 Stunden herbeifährte. Wurde 0,5 ccm Toxin einer Menge von 0,005 ccm Antitoxin beigefügt, das Gemisch ca. 1 Stunde lang aufbewahrt und dann injiziert, blieben die Tiere am Leben ; bekamen sie in gleicher Weise 0,5 ccm Toxin und 0,001 ccm Antitoxin, starben sie nach ca. 48 Stunden.

Die Wertigkeit des Höchster Tetanustoxin war angegeben für 1,0 g festes Toxin = 150000000+Ms, die des flüssigen Teta- nusantitoxins war diejenige eines fünffachen Normalserums, also sollte 0,1 ccm Antitoxin 0,15 g Toxin neutralisieren. In unseren Versuchen waren wir genötigt, mit ziemlich höheren Dosen von Toxin und etwas kleineren von Antitoxin zu arbeiten.

Die Wirksamkeit des Tetanustoxins wurde an Mäusen und Meerschweinchen erprobt und dabei gefunden, dafs bei Mäusen 0,0000125 ccm Toxin innerhalb zweimal 24 Stunden den Tod an Tetanus herbeiführte, bei Meerschweinchen 0,00025 ccm inner- halb 36 Stunden. Eine mit 0,00125 ccm Toxin + 0,001 ccm Anti- toxin injizierte Maus starb nach ca. 18 Stunden, eine mit einem gleich wie oben hergestellten Gemenge von 0,001 ccm Toxin -|- 0,0005 ccm Antitoxin injizierte blieb am Leben.

Die zu injizierenden Mengen wurden durch Verdünnen des Diphtherietoxins und Serums mit steriler Bouillon, die des Te- tanustoxins und Serums durch Auflösen, resp. Verdünnen mit sterilem Wasser hergestellt. Die Toxine und Antitoxine wurden im Freien exponiert und zwar teils ungefärbt, teils mit Eosin I^/qq gefärbt, daneben wurden immer Kontroilösungen direkt exponiert. Die Exposition fand teils in bedeckten, gewöhnlich in unbedeckten Glasschälchen statt.

Von Dt. Hans Haber. 71

Die Versuche wurden immer mit sehr grofsen Mengen Toxin, bzw. Toxin und Antitoxin ausgeführt behufs Erlangung un- zweideutiger Resultate.

I. Exposition von Toxinen am Tageslichte.

L Tersneh mit Dlphtherietoxiii.

27. IV. Diphtherietozin wird ungefärbt und mit Eosin ge&rbt dunkel und am Tageslichte in bedeckten und offenen Doppelschälchen 4 Stunden exponiert

Lichtverhältniase : 2 Stunden Sonne, 2 Stden trüb.

Tierversuch. Abends 4 Uhr.

Meerschweinchen Nr. 1.

Subkutane Injektion von 0,05 ccm Diphtherietoxin, ungefib*bt, nicht

exponiert.

Tod nach 2 Tagen.

Meerschweinchen Nr. 2.

Subkutane Injektion von 0,06 ccm Diphtherietoxin, mit Eosin gefärbt

nicht exponiert

Tod nach 2 Tagen.

Meerschweinchen Nr. 8.

Subkutane Injektion von 0,05 ccm Diphtherietoxin, ungefärbt, in be- deckter Schale exponiert.

Tod nach 2 Tagen.

Meerschweinchen Nr. 4.

Subkutane Injektion von 0,05 ccm Diphtherietoxin, mit Eosin gefärbt, in bedeckter Schale exponiert

Bleibt am Leben.

Meerschweinchen Nr. 5.

Subkutane Injektion von 0,05 ccm Diphtherietoxin, unge&rbt, in offener

Schale exponiert

Tod nach 2 Tagen.

Meerschweinchen Nr. 6.

Subkutane Injektion von 0,05 ccm Diphtherietoxin, mit Eosin gefärbt, in offener Schale exponiert.

Bleibt am Leben.

Bei allen gestorbenen Tieren werden bei der Sektion die für Diphtherie typischen Veränderungen gefunden.

72 Weitere Versuche mit photodynamiscb., seDBibilisierend. FarbstoflFen etc.

2. Tergueli mit Tetanustoxin.

3. V. Tetanustoxin wird ungefärbt und mit Eosin gefärbt dunkel und am Tageslichte 4 Stunden exponiert.

Lichtverhältnisse : Sonne, zeitweise trüb.

Tierversuch abends 4 Uhr.

Meerschweinchen Nr. 1.

Subkutane Injektion von 0,00025 ccni Tetanustoxin, ungefärbt, nicht

exponiert

Tod nach 2 Tagen.

Meerschweinchen Nr. 2.

Subkutane Injektion von 0,00025 ccm Tetanustoxin, mit Eosin gefärbt,

nicht exponiert.

Tod nach 2 Tagen.

Meerschweinchen Nr. 3.

Subkutane Injektion von 0,00025 ccm Tetanustoxin, ungefärbt, exponiert.

Tod nach 2 Tagen.

Meerschweinchen Nr. 4.

Subkutane Injektion von 0,00025 ccm Tetanustoxin, mit Eosin gefärbt,

exponiert.

Bleibt am Leben.

Der Tod aller drei gestorbenen Tiere trat unter deutlich tetanischen Symptomen ein.

II. Exposition von Antitoxinen am Tageslichte.

3. y ersuch mit Diphtherieantitoxin«

10. V. Diphtherieantitoxin wird ungefärbt und mit Eosin gefärbt dunkel und am Tageslichte 4 Stunden exponiert. Das exponierte Antitoxin wird im Dunkeln aufbewahrt gewesenem Diphtherietoxin beigemischt, ca. 1 Stunde stehen gelassen und dann injiziert.

Lichtverhältnisse : Sonne.

Tierversuch abends 5Vs Ubr.

Meerschweinchen Nr. 1.

Subkutane Injektion von 0,0025 ccm Antitoxin, ungefärbt, nicht exponiert

-{-0,25 ccm Toxin.

Bleibt am Leben.

Meerschweinchen Nr. 2.

Subkutane Injektion von 0,0025 ccm Antitoxin, mit Eosin gefärbt, nicht exponiert -\- 0,25 ccm Toxin.

Bleibt am Leben.

Von Dr. Hans Huber. 73

Meerschweinchen Nr. 3.

Sabkatane Injektion von 0,0025 ccm Antitoxin, angefärbt, exponiert

+ 0,25 ccm Toxin.

Tod nach 2 Tagen.

Meerschweinchen Nr. 4.

Sabkatane Injektion von 0,0025 ccm Antitoxin, mit Eosin gefärbt, exponiert -{-Oßb ccm Toxin.

Tod nach 2 Tagen.

Die Krankheitssymptome traten bei diesem Tiere etwas früher ein als bei Nr. 3.

Die Sektion der gestorbenen Tiere ergibt die für Diphtherie typischen Veränderangen.

4. Yersueh mit Tetaansantitoxin.

10. V. Tetanusantitoxin wird angefärbt und mit Eosin gefärbt dunkel und am Tageslichte 4 Stunden exponiert. Das exponierte Antitoxin wird mit im Dunkeln aufbewahrt gewesenem Tetanustoxin vermischt, ca. 1 Stande stehen gelassen und dann injiziert.

Lichtverhältnisse: Sonne.

Tierversuch abends 5 Uhr.

Maas Nr. 1.

Subkutane Injektion von 0,0005 ccm Antitoxin, ungefärbt, nicht exponiert

+ 0,001 ccm Toxin.

Bleibt am Leben. Maas Nr. 2.

Subkutane Injektion von 0,0005 ccm Antitoxin, mit Eosin gefärbt» nicht

exponiert -|- 0,001 ccm Toxin.

Bleibt am Leben. Maus Nr. 3.

Subkutane Injektion von 0,0005 ccm Antitoxin, nicht gefärbt, exponiert

-f 0,001 ccm Toxin.

Bleibt am Leben.

Die Maus xeigt die ersten Tage nach der Injektion leichte tetanische

Symptome.

Maus Nr. 4.

Subkutane Injektion von 0,0005 ccm Antitoxin, mit Eosin gefärbt, exponiert -|- 0,001 ccm Toxin.

Tod nach 3 Tagen.

Der Tod des gestorbenen Tieres erfolgte anter deutlichen Erscheinungen von Tetanus.

in. Exposition von Antitoxinen am Tageslichte und

unter Rubinglaskasten.

5. Yersiieli mit Diphtherieantitoxin. 17. V. Exposition von Diphtherieantitoxin, ungefärbt und mit Eosin gefärbt unter Rubinglaskasten und am Tageslichte 4 Stunden. Dem exponierten Antitoxin wird nicht exponiertes Diphtherietoxin zugefügt, die Mischung ca. 1 Stande stehen gelassen and dann injisiert

74 Weitere Venache mit photod juamüch., aennbilisierend. Farbstoffen etc.

LichtverhJÜtniflBe : Sonne. Tlenrersoch abends 4 Uhr. Meerschweinchen Xr. 1.

Babkatane Injektion von 0,0025 ccm Antitoxin, nngettrbt, anter Bnbin- glaskasten exponiert 4~ ^i^ ccm Toxin.

Bleibt am Leben. Meerschweinchen Xr. 8l

Sabkatane Injektion von 0,0025 ccm Antitoxin mit Eoein gefftrbt, anter Babinglaskasten exponiert -rO;25 ccm Toxin.

Bleibt am Leben.

Meerschweinchen Xr. 3.

Babkatane Injektion von 0,0025 ccm Antitoxin, angefärbt, direkt exponiert -|-0,25 ccm Toxin.

Tod nach 2 Tagen.

Meerschweinchen Nr. 4.

Babkatane Injektion von 0,0025 ccm Antitoxin, mit Eoein gefftrbt^ direkt exponiert -)- 0,25 ccm Toxin.

Tod nach 2 Tagen.

Die Sektion der gestorbenen Here ergab die fflr Diphtherie typischen Verftnderangen.

6. Tenvfh mit TetannsaatitexiB.

14. V. Exposition von Tetanosantitoxin, angefärbt and mit Eosin gefftrbt, unter Babinglaskasten nnd am Tageslicht 4 Standen. Das exponiert ge- wesene Antitoxin wird vermischt mit nicht exponiertem Tetanostoxin, ca. 1 Stande stehen gelassen and dann injiziert.

Lichtverhftltnisee : Sonne. Tierversach abends 47] ühr.

Maas Nr. 1.

Sabkutane Injektion von 0,0005 ccm Antitoxin, nicht gefftrbt, anter

Babinglaskasten exponiert -f- 0,00125 ccm Toxin.

Bleibt am Leben. Maas Nr. 2.

Subkutane Injektion von 0,0005 ccm Antitoxin, mit Eosin gefiUbt, unter

Babinglaskasten exponiert -|- 0,00125 ccm Toxin.

Bleibt am Leben. Maus Nr. 3.

Subkutane Injektion von 0,0005 ccm Antitoxin, ungefftrbt^ direkt exponiert

4- 6,00125 ccm Toxin.

Bleibt am Leben. Maus Xr. 4.

Subkutane Injektion von 0,0005 ccm Antitoxin, mit Eoein gefftrbt, direkt exponiert -{- 0,00125 ccm Toxin.

Tod nach 1 * ', Tagen.

Der Tod der Maus erfolgte unter deutlichen tetamschen Symptomen.

Von Dr. Hans Haber. 75

Resümee. Aus den mitgeteilten Versuchen erhellt, dafs die Wirksamkeit von Diphtherie- und Tetanustoxin durch eine Exposition am Tageslichte von 4 Stunden herabgesetzt wird und dafs diese Einwirkung besonders an dem mit Eosin gefärbten Toxin gegenüber dem nicht gefärbten zutage tritt, so dafs eine für das betreffende Tier mindestens 100 fach letale Dosis nicht mehr tödlich wirkt, sondern höchstens noch vorübergehende Vergiftungssymptome bewirkt, wie dies an den mit Tetanus in- jizierten Tieren etwa beobachtet wurde.

Auch auf die Diphtherie- und Tetanusantitoxine war deut- lich der schädigende EinfluTs des Lichtes mit und ohne Zusatz eines sensibilisierenden Farbstoffes zu erkennen, indem die mit nicht exponiertem Antitoxin plus Toxin injizierten Tiere nicht erkrankten und am Leben blieben, während das exponierte Anti- toxin unter denselben Bedingungen eine Neutralisierung des Toxins nicht mehr herbeizuführen im stände war.

Im Gegensatz hierzu vermochte das unter dem Rubinglas- kasten exponierte Diphtherie- und Tetanusantitoxin die Wirkung seines entsprechenden Giftes vollständig zu neutralisieren.

IV. Einwirkung des Lichtes auf die hämolytische

Wirkung von Tetanustoxin.

M a d s e n (^^) hat interessante Versuche angestellt über die schädigende Wirkung des Tetanustoxins, bzw. des Tetanolysins auf rote Blutkörperchen, wobei er fand, dafs diese schädigende Wirkung durch Tetanusantitoxin unter gewissen Versuchs- bedingungen aufgehoben wurde. Unsere Versuche bezweckten nun, nachdem die zerstörende Beeinflussung des Tetanustoxins und Antitoxins am Lichte an Tierexperimenten konstatiert war, diese Lichtwirkung auch noch an hämolytischen Versuchen zu erproben.

1. Yersueh.

15. V. Tetanustoxin, angefärbt und mit Eosin l^oo gefärbt, ebenso Antitoxin, werden teils an der Sonne 4 Stunden, teils dunkel exponiert.

Tetanusantitoxin wird direkt einem halben ccm einer ca. 5proK. Kanin- chenblut- Aufschwemmung beigefügt and dann Toxin zugesetzt, so dafs zuerst

76 Weitere Veraache mit photodynamisch., sensibilisierend. Farbstoffen etc.

Antitoxin mit dem Blnte ca. 12 Standen im Kontakt gelassen, nachher mit physiologischer Kochsalzlösung ausgewaschen und dann das Toxin beigegeben wird.

Es bedeutet:

4" + + starke Hämolyse,

-{--{- mittelstarke >

-f- schwache >

0 keine >

Das Besultat war nach 12 Stunden folgendes:

Blutlösung mit 0,01 ccm Tetanustoxin nicht exponiert . . .

> -|- Eosin nicht exp.

> exponiert

> -{~ ^sin exponiert . . Tetanusantitoxin nicht exponiert

Tetanustoxin

Tetanusantitoxin u. Eosin nicht exp.

Tetanustoxin

Tetanusantitoxin exponiert

Tetanustoxin

Tetanusantitoxin -\- Eosin exponiert Tetanustoxin

Kontroll nicht exponiert

-{- Eosin > >

mit Antitoxin 0,1 ccm Kontroll

» > 0,1 > -|- Eosin exponiert

>

0,01 *

>

0,01 *

»

O.Ol >

>

0,1 >

+

0,01 »

mit 0,1 >

+

0,01 »

mit 0,1 >

+

0,01 .

mit +

0,1 .

+

0,01 >

+++

++

+

0 0

+ ++

0 0 0 0

2. Yersueh.

17. n. Die 4 Stunden am Sonnenlicht exponiert gewesenen Lösungen werden heute noch 2 Stunden bei wenig Sonne exponiert, der Versuch dann in gleicher Weise wiederholt

Die Resultate nach 12 Stunden waren folgende:

Blutlösung mit 0,01 ccm Tetanustoxin nicht exponiert . . .

> 4~ ^8in nicht exp. » exponiert

> -|- Eosin exponiert . . Tetanusantitoxin nicht exponiert

Toxin

Tetanusantitoxin -f Eosin nicht exp.

Toxin

Tetanusantitoxin exponiert

Toxin

Tetanusantitoxin 4~ Eosin exponiert Toxin

» 0,01 »

> 0,01 »

» 0,01 »

» 0,1 >

+ 0,01 >

mit 0,1 »

+ 0.01 >

mit 0,1 »

+ 0,01 .

mit 0,1 >

+ 0,01 >

I +++ ■+++

+

0 0

+

Von Dr. Hans Haber. 77

Resümee. Die wenigen hier angeführten Versuche er- geben, dals die hämolytischen, bzw. antihämolytischen Eigen- schaften des Tatanustoxins und Antitoxins durch Exposition am Lichte ähnUch beeinflufst werden wie die rein toxischen bzw. antitoxischen Eigenschaften. Die Wirksamkeit der be- treffenden Lösungen wird auch hier bei Zusatz von sensibili- sierenden Farbstoffen viel stärker abgeschwächt.

Dritter Abschnitt. Wirkung des Lichtes auf das Labferment.

Von verschiedenen Seiten wurde die Lichtwirkung auf Enzyme untersucht und zwar machten schon Downes und Blunt(22) Versuche mit Invertinlösungen, welche längere Zeit dem SonnenUchte ausgesetzt waren. Dieselben zeigten nachher eine erhebUch geringere Fähigkeit, Rohrzucker in Traubenzucker umzuwandeln, als die im Dunkeln aufbewahrten KontroUproben.

Fermi und Pernoni(^) glaubten ebenfalls in ihren Untersuchungen gefunden zu haben, dafs Lösungen von Pepsin und Trypsin im Sonnenlicht mehr abgeschwächt werden als beim Aufbewahren im Dunkeln.

Eine sichere Wirkung des Sonnenlichtes auf Chymosin (Lab) und Maltase (Hefenextrakt) beobachtete Emmerling. (^^)

Tappeiner (2<*) veröffentUchte 1903 und in Gemeinschaft mit Jodlbauer(^) 1 904 interessante Mitteilungen über die Wirkung des SonnenUchtes auf Enzyme bei Anwesenheit fluores- zierender Stoffe. Er fand regelmäfsig, dafs Eosin die Verzuckerung der Stärke in bedeutendem Mafse hemmte, wenn die betreffende Lösung von Diastase dem gewöhnlichen Tageslicht ausgesetzt war.

Im Dunkeln war das Eosin ohne jede Einwirkung, ebenso war Tageslicht für sich allein ohne Einflufs. Die Wirkung trat nicht ein bei Filtration der Lichtstrahlen, indem man das zu- tretende Licht vorher eine Lösung des im Versuch stehenden fluoreszierenden Stoffes von 10 cm Schichtdicke passieren läfst

78 Weitere Versacbe mit photod3mainl8ch., sensibiliBierend. Farbstoffen etc.

Das zweite untersuchte Enzym war das Invertin, das sich ähnlich wie Diastase verhält. Auch die Wirkung des eiweifs- verdauenden Papayotin wurde durch Eosin im Lichte gehenmit.

Schmidt-Nielsen (2^ benutzte zu seinen Versuchen mit Chymosin das konzentrierte, elektrische Bogenlicht; die Belichtung geschah in Quarzkammem. Er hatte nämlich gefunden, dafs das Sonnenlicht und das nicht konzentrierte Licht von elektrischen Bogenlampen nur von schwacher Wirkung auf Enzyme war, femer dafs die wirksamen ultravioletten Strahlen nicht durch- drangen, wenn eine klare Glasplatte vor die Versuchskammer eingeschoben wurde. Das Chymosin büfste durch Belichtung mit konzentriertem, elektrischem Bogenlichte an Wirksamkeit ein. Versuche mit Erythrosin und Belichtung in der Quarz- kammer mit durch Glasfilter filtriertem, konzentriertem Lichte waren negativ.

Zu unseren Versuchen wurde ebenfalls das leicht erhältliche Labferment (Chymosin) benutzt. Dasselbe eignete sich für die Versuche auch deshalb besonders, weil man in der Zeit des EintrefiEens der Gerinnung von damit versetzter Milch unter den gewöhnlichen Versuchsanordnungen ziemlich genaue Werte be- kam. Es wurde zu den beschriebenen Versuchen eine 1 proz. Lab- lösung benutzt, welche mittels Auflösen einer käuflichen Lab- tablette in 100 ccm gewöhnlichen Wassers erhalten wurde. Da die Lösung nicht haltbar ist, wurde zu jedem Versuche eine frische Lösung hergestellt.

Diese Lablösung wurde nun in Reagenzröhrchen teils direkt, teils mit einer P/qq E}osin- resp. Erythrosinlösung versetzt, im Freien exponiert. Ebenso wurden die betrefiEenden Lösungen in Reagenzröhrchen mit schwarzem Papier umhüllt, also unter Lichtabschlufs zu Kontrollversuchen exponiert.

Für die Prüfung der Gerinnungsfähigkeit dieser Lablösungen wurden dieselben frischer, ungekochter Milch beigefügt und zwar 1 ccm Lablösung auf 100 ccm Milch.

In einigen Versuchen wurde auch Milch der Einwirkung des Lichtes ausgesetzt und nachher mit exponierten und nicht

Von Dr. Hans Haber.

79

exponierten Lablösungeu die Gerinnungsfähigkeit derselben unter- sucht. Die Milch wurde dazu in grofsen Doppelschalen un- gefärbt und mit I^Jqq Eosin- bzw. Erythrosinlösung versetzt exponiert. Die Prüfung der Milchgerinnung durch Lab wurde teils im Schaf f er scheu, teils in einem nach diesem konstruierten gröfseren Apparate, einem viereckigen Blechkasten mit 20 Ö£E- nungen für Bechergläser bei einer Temperatur von etwa 37 ** C vorgenommen.

Es wurde bestinunt, innerhalb welcher Zeit bei den ver- schiedenen Gemischen eine deutliche Gerinnung der Milch ein- trat und diese Zeit in Minuten notiert.

L Versuche mit Lab und Milch ohne und mit Zusatz

von Eosin.

100 ccm Milch werden mit 1 ccm Lablösung vermengt; die Zahlen geben die Minaten an, welche zwischen Labzusatz and Gerinnung ver- streichen. In den folgenden Tabellen wird die Vorbehandlang von Milch und von Lab (exponiert, nicht exponiert; ungefärbt, mit Eosin gefärbt) mit- geteilt

18. I. Lab, ungefärbt und mit Eosin gefärbt, Milch ungefärbt und mit Eosin gefärbt, werden dunkel und am Lichte 6 Stunden exponiert.

Lichtverhältnisse: trüb, keine Sonne.

Milch

TAb

Lab exponiert

Tiab nicht expon. (Kontroll)

1. nicht exponiert 1 ungefärbt j

ungefärbt .... mit Eosin gefärbt .

6

8

6

8

2. nicht exponiert \ mit Eosin gefärbt )

ungefärbt .... mit Eosin gefärbt .

16 20

12 16

3. exponiert

ungefärbt J

ungefärbt .... mit Eosin geerbt .

18 26

12 24

4. exponiert \

mit Eosin gefärbt )

ungefärbt .... mit Eosin gefärbt .

55 120

55 65

80 Weitere Versache mit photodynamiBch., senBibilisierend. Farbstoffen etc.

IL Versuche mit Lab und Milch, ungefärbt und mit

Zusatz von Erythrosin.

19. I. Lab, angefärbt und mit Erytbrosin gefärbt, Afilch angefärbt and mit Er3rthro8in gefärbt, werden dankel and am Lichte 6 Standen exponiert LichtverhältniBBe: trübe, keine Sonne.

Milch

TAb

exponiert

Lab

nicht expon.

(Kontroll)

1. nicht exponiert

>

angefärbt J

1

angefärbt .... mit Erytbrosin gef.

8 65

8 10

2. nicht exponiert \ mit Erythr. gefärbt [

angefärbt .... mit Erythrosin gef.

15

nach 100 Min.

keine

Gerinnunir

15 20

3. exponiert

ungefärbt

angefärbt .... mit Erythrosin gef.

18 70

18 30

4. exponiert \ mit Erythr. gefärbt [

angefärbt .... mit Erythrosin gef.

80

nach 140 Min.

keine

(Jerinnung

70 110

in. Vergleichende Versuche mit getrennt und mit gemeinsam exponierten Lab- und Farbstofflösungen.

26. I. Exposition von 1 7oo I^blösang, 1 ^/^ Eosinlösang getrennt und 1 7oo Lablösung gemeinsam mit 1 ^oo Eosinlösang dankel und 4 Standen am Tageslichte.

Lichtverhältnisse : Sonne, zeitweise trübe.

1

Milch

Lab

TAb exponiert

Lab

nicht expon.

(Kontroll)

nicht exponiert ungefärbt

1

>

ungefärbt .... mit Eosin gefärbt ) getrennt exponiert | mit Eosin gefärbt 1 zusammen exponiert )

14 12

120

12 12

15

20. I. Exposition von IVo Lablösung, l®/oo Erythrosinlösang, getrennt and 17o Lablösung gemeinsam mit 1^« Erythrosinlösang dankel und am Tageslichte 6 Standen.

Von Dr. Hans Huber.

81

Lichtverhältnisse : trüb, keine Sonne.

Milch

Lab

Lab exponiert

Lab

nicht expon.

(Kontroll)

nicht exponiert ungefärbt

L

angefärbt

mit Kr3rtbroBin gefärbt 1 getrennt exponiert / mit Erythrosin gefärbt 1 zusammen exponiert |

12 16

75

12 15

18

IV. Versuch mit 12 Stunden aufbewahrter Lablösung.

21. L Die am 20. I. 6 Stunden exponierten liösungen werden über Nacht, ca. 12 Stunden, im Eisschrank aufbewahrt und heute nochmals auf ihre Wirksamkeit geprüft.

Milch

Lab

TAb exponiert

Lab

nicht expon.

(Kontroll)

nicht exponiert angefärbt

ungefärbt

mit Erythrosin gefärbt 1 getrennt aufbewahrt J mit Erjrthrosin gefärbt \ zusammen aufbewahrt /

14 18

100

12 15

22

V. Versuche mit Exposition der Lablösungen bei

Luftzutritt und Luftabschluls.

3. II. Lab, ungefärbt und mit Eosiu resp. Erythrosin gefärbt, wird teils in Beagenzröhrchen unter Luftzutritt, teils unter Laftabschlufs in ge- schlossenen Glaszylindern nach Absaugen der Luft 4 Stunden exponiert.

Lichtverhältnisse: Sonne, zeitweise trübe. Nicht exponierte Milch wird versetzt mit:

Lab

bei Luftzutritt exponiert

bei Luftabschl. exponiert

nicht exponiert

1

ungefärbt

mit Eosin gefärbt . .

mit Erythrosin gefärbt

10

Nach 120 Min. 1 keine Gerinnung

Nach VJü) Min. keine Gerinnung

10 120

120

10 12

20

6. II. Milch ungefärbt und mit Eosin rosp. Erythrosin gefärbt, wird teils in offenen Glaszylindern unter Luftzutritt, teils unter LuftabHchlufs in geschlossenen Glaszylindern nach Absaugen der Luft 4 Stunden exponiert.

Lichtverhältnisse : Sonne. Archiv für Hygiene. Bd LIV. 6

82 Weitere Versuche mit photodynamiacb., sensibilisierend. Farbstoffen etc.

Nicht exponiertes Lab wird zugefügt:

Milch

i

bei Luftzutritt exponiert

bei Luftabschl. exponiert

nicht exponiert

ungefärbt

mit Eosin gefärbt . . mit Erythroain gefärbt

18 60 60

15 35 35

12 30 30

VI. Versuche u nter der Eosin-resp. Erythros! ng locke.

30. L Lab ungefärbt und mit Eosin bzw. Erythrosin gefärbt, werden teils unter der Eosin- resp. Erylhrosinglocke , teils direkt am Tageslichte 3 Stunden exponiert.

Lichtverhältnisse: trüb, keine Sonne.

Nicht exponierte Milch wird versetzt mit:

Lab

unter Eosin- Glocke exp.

unter Erythr.- Glocke exp.

direkt exp. nicht exp.

ungefärbt .... mit Eosin gefärbt . mit Erythrosin gef.

10 15

10 15

10 40 40

8 10 10

10. IL Wiederholung des obigen Versuches bei Exposition 4 Stunden am Sonnenlichte.

Nicht exponierte Milch wird versetzt mit:

Lab

unter Eosin- Glocke exp.

unter Ery thr.- Glocke exp.

direkt exp.

nicht exp.

1 ungefärbt ....

mit Eosin gefärbt . mit Erythrosin gef.

12

Nach 120 Min. «Jorinnuiig beg.

14

Nach 120 Min, (jerinnung beg.

14

Nach 120 Min. k. (ierinnung

Nach 120 Min. k. Gerinnung

10 10

10

Resümee. Aus den mitgeteihen Versuchen ist ersichtlich, dafs die Wirksamkeit einer Lablösung durch Exposition am Lichte, namentlich bei Zusatz von sensibilisierenden Farbstoffen, bedeutend abgeschwächt wird. Während z. B. eine bestimmte Lablösung, im Dunkeln aufbewahrt, die Gerinnung der Milch nach 8 10 Mi- nuten bewirkte, war die Wirksamkeit einer am Lichte exponierten, mit Eosin oder Erythrosin gefärbten Lösung unter denselben Be- dingungen um eine bis mehrere Stunden verzögert. Der Unterschied zwischen nicht gefärbter und sensibilisierter Lösung war bei der Exposition auch hier sehr deutlich, noch gröfser als zwischen der

Von Dr. Hans Huber. 83

nicht exponierten und exponierten farblosen Lablösung, während zwischen der im Dunkeln aufbewahrten ungefärbten und der ge- färbten Lösung nur ein geringer Unterschied nachweisbar war.

Es wurde auch Milch der Einwirkung des Lichtes ausgesetzt, um festzustellen, ob die Gerinnungsfähigkeit derselben nach dem Lichteinflufs verändert wird. Auch hier stellte sich hieraus, dafs, währenddem die nicht exponierte gefärbte Milch ungefähr gleich rasch zur Gerinnung gebracht wurde als die nicht gefärbte, die mit Eosin resp. Erythrosin gefärbte Milch nach Exposition viel langsamer gerinnt als die sensibilisierte, nicht exponierte.

Weitere Versuche sollten feststellen, ob durch getrennte Ex- position und nachherige Vermengung von Farbstoff und Lab- lösung der Einflufs ein ähnlicher war. Es stellte sich aber heraus, dafs die exponierte Eosinlösung auch hier nur dann wirkt, wenn sie schon während der Exposition mit dem Lab vermengt ist.

Wurde die exponierte Lablösung über Nacht aufbewahrt und erst etwa 12 Stunden nach der Exposition nochmals auf ihre Wirksamkeit geprüft, so waren die Resultate ähnlich lautend wie in den gleich nach der Exposition vorgenommenen Untersuchungen, so dafs eine nachträgliche Zunahme der Wirksamkeit einer ab- geschwächten Lablösung nicht angenommen werden kann.

Der Einflufs des Luftzutrittes bei der Abschwächung der exponierten, sensibilisierten Lablösung war auch hier nachweisbar, obschon nicht so deutlich wie bei den früher beschriebenen bak- teriziden Versuchen und bei denjenigen auf Virulenzschwächung.

Die Versuche unter der Eosin- und Erythrosinglocke ergaben, dafs ungefärbte Lablösungen, welche durch Eosin- oder Erythrosin- licht belichtet wurden, nicht stärker verändert werden als unge- färbte, dem direkten Lichte ausgesetzte Lösungen. Die unter Eosin- resp. Erythrosinglocke exponierten, sensibilisierten Lab- lösungen verhielten sich ungefähr wie die direkt exponierten ge- färbten. Entsprechend der etwas schwächern Lichtintensität war auch hier die Abschwächung der Wirksamkeit eine etwas geringere.

Aus unseren Versuchen geht hervor, dafs das diffuse Tages- licht, noch mehr aber das Sonnenlicht von schädigendem Einflufs

i

84 Weitere Versuche mit photodynamisch., sensibilisierend. Farbstoffen etc.

auf Wachstum und Virulenz patliogeuer Mikroorganismen (Strepto- coccus pyogenes und Diphtheriebacillus) , auf Tetanus- und Diphtherietoxin sowie deren Antitoxine und auf Labferment ist. Immerhin mufs hier hervorgehoben werden, dafs die bakterizide und die giftzerstörende Wirkung des Tages- bzw. Sonnenlichtes bei der von uns gewählten Versuchsanordnung keine so starke ist, wie häufig angenommen wird. Wiederholt konnten wir in unseren in den Monaten Januar, Februar und Mai ausgeführten Versuchen nachweisen, dafs trotz zweistündiger Exposition am Sonnenhchte Diphtheriebazillen und Streptokokken, Tetanus- und Diphtlierietoxine ihre Virulenz bzw. Giftigkeit noch nicht einge- büfst hatten. In einigen Fällen konnte selbst nach 5 6 stündiger Exposition am Sonnenhcht weder die bakterientötende noch toxinzerstörende Wirkung desselben nachgewiesen werden. Viel schneller und frappanter tritt diese Wirkung ein, wenn das zu beHchtende Medium vorher mit einer 1 ^/qo Eosin- oder Erythrosin- lösung, also einem sogenannten photodynamischen oder sensibi- lisierenden Farbstoffe gefärbt wird. Wie Mettler gezeigt hat, rufen auch geringere Konzentrationen dieser Farbstoffe diese Wirkung hervor, es dürfen aber nicht beliebige Farbstoffe, sondern eben nur sensibilisierende sein.

Aus weiteren Versuchen geht hervor, dafs Lichtstrahlen, welche durch Rubinglas filtriert werden, also »rotes Lichte, keine oder nur unbedeutende Wirkung auf Wachstum und Virulenz pathogener Bakterien sowie auf Antitoxine hatten und zwar selbst nach tagelanger Belichtung. Es blieb sich dabei ziemlich gleich, ob die exponierte Flüssigkeit sensibilisiert war oder nicht. Die Versuche erweitern die von Mettler angegebenen Resultate, in- dem trotz stärkerer Belichtung und längerer Expositionszeit pathogene Mikroorganismen nicht nur nicht abgetötet, sondern auch in ihrer Virulenz in keiner Weise verändert wurden. Wurde das Licht in Versuchen mit Lab durch eine sensibilisierende Farb- stofflösung filtriert, so liofs sich in der Wirkung gegenüber dem direkten Sonnenlicht kein deutlicher Unterschied konstatieren, auch sensibilisierte Lablösungen wurden dadurch nicht mehr als gewöhnlich beeinflufst.

Von Dr. Hans Uuber. 85

Was die Erklärungen der Lichtwirkung ohne und mit Sen- sibilisation durch die verschiedenen Autoren anbelangt, so sind dieselben in der Arbeit von Mettler berücksichtigt.

Die neuesten Untersuchungen von B i e (*^) haben in Bestäti- gung der Ansicht von Kruse p) ebenfalls ergeben, dafs bei der Lichtwirkung neben der Schädigung durch gebildete schädliche StofEe wie Wassersto£Esuperoxyd die Lichtstrahlen an und für sich schädlich wirken. Was die Wirkung der von Tappeiner als photodynamische und von Dreyer als sensibilisierende bezeich- neten Farbstoffe betrifft, so ist eine befriedigende Erklärung bis jetzt nicht erbracht.

Unsere Untersuchungen haben die Resultate von Mettler bestätigt, und wir können ebenfalls die Wirkung von £k)sin und von Erythrosin mit Busk(2*), Tappeiner und andern als eine Verstärkung der gewöhnlichen Lichtwirkung auffassen. In allen unseren Versuchen konnten wir ebensowenig wie Met 1 1er einen qualitativen Unterschied in der Wirkung des Lichtes auf sensi- bilisierte und auf nicht sensibilisierte Nährböden konstatieren, sondern nur quantitative, graduelle.

Schiursfolgerungen.

1. Die bakterizide Wirkung des Tages- bzw. des Sonnen- lichtes auf Bouillonkulturen oder Aufschwemmungen von Streptococcus pyogenes und Diphtheriebazillen ist eine geringe. Die Wirkung des Lichtes wird aber bedeutend erhöht, wenn den Flüssigkeiten geringe Mengen (P/oo) sensibihsierender Farbstoffe, Eosin oder Erythrosin zugesetzt werden.

2. Das Tageslicht wirkt nicht nur schädigend auf die Lebensfähigkeit, sondern auch auf die Virulenz von Bakterien. Bei unserer Versuchsanordnung war auch diese Wirkung trotz mehrstündiger Expositionszeit keine bedeutende. Wurden die exponierten Aufschwemmungen

86 Weitere Versuche mit photodynamisch., sensibilisierend. Farbstoffen etc.

liingegen vorher mit Eosin oder Erythrosin gefärbt, so war die virulenzschwächende Wirkung des Lichtes eine viel stärkere.

3. Keimtötende und virulenzschwächende Wirkung des Lichtes gehen Hand in Hand ; immerhin konnte wieder- holt beobachtet werden, dafs exponierte, sensibilisierte Kulturen nicht mehr virulent waren, obschon dieselben noch entwicklungsfähige Mikroorganismen enthielten.

4. Ähnlich wie gegenüber virulenten Kulturen war die gift- zerstörende Wirkung des Tageslichtes gegenüber unge- färbtem Diphtherie- und Tetanustoxin eine be- schränkte, währenddem sensibilisierte Giftlösungen in ziemlicli kurzer Zeit ihre Giftigkeit für Versuchstiere ein- büfsten. Die sensibihsierenden Antitoxine von Diph- therie und Tetanus verloren am Lichte ebenfalls bald ihre spezifischen Eigenschaften.

5. Labferment büfst nach mehrstündiger Exposition am Tageslicht nur wenig von seiner milchgerinnenden Eigen- schaft ein; wird die Lablösung mit Ek)sin oder Ery- throsin versetzt, so tritt nach kurzer Belichtung eine deutliche Verlangsamung der Gerinnung ein.

6. Wird das Tageslicht durch Rubin glas filtriert, so ist die bakterientötende sowohl wie die giftzerstörende Wir- kung auch bei mehrtägiger Exposition kaum nachweisbar; die sensibilisierten Lösungen werden ebenso wenig be- einflufst als die nicht gefärbten. Die geringen Unter- schiede lassen sich wohl auf eine auch während der Exposition im Dunkeln wahrzunehmende chemische Ein- wirkung des betreffenden Farbstoffes zurückführen. Das von uns geprüfte »Rote Lichte hat also weder eine bakterizide noch eine giftzerstörende Wirkung gezeigt.

7. Das durch verdünnte Eosin- bzw. Erythros! nlösungen filtrierte Licht wirkt auf ungefärbte und auf sensibili- sierte Flüssigkeiten nicht intensiver als das Tageslicht; die Wirkung des unveränderten Tageslichtes

Von Dr. Hans Huber. 87

war vielmehr stets kräftiger als die Wirkung des durch einen sensibilisierenden Farbstoff filtrierten.

8. Die schädigende Wirkung des Lichtes ist viel stärker bei Luftzutritt als unter Luftabschlufs. Dies gilt auch für die mit photodynamischen Farbstoffen gefärbten Lösungen ; wurden sensibilisierte Aufschwemmungen von Bakterien oder Lösungen von Labferment bei Luft- abschlufs am Licht exponiert, so war die Schädigung derselben nicht stärker als in den ähnlich exponierten nicht gefärbten Lösungen.

Zum Schlüsse sei es mir gestattet, Herrn Privatdozent Dr. W. Silberschmidt, Vorstand der bakteriologischen Ab- teilung am Hygiene - Institut für die Anregung zu der vor- liegenden Arbeit und für die Unterstützung bei der Ausführung derselben bestens zu danken.

88 Weitere Versuche mit Farbstoffen etc. Von Dr. Hans Huber.

Literatur,

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2. Downes u. Blunt, Proceeding of the Royal Society of London, 1877, XXVI, S. 488.

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12. d'Arsonval et Charrin, Comptes rendus. Acad. des Sciences, 1894.

13. Momont, Annales de Tlnstitut Pasteur, 1892, YL

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19. Tappeiner u. Jodlbauer, Münch. med. Wochenschrift, Nr. 17, 1904.

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21. Arrhenins u. Madsen, Zeitschrift f. physik. Chemie, 1903, Bd. 44, lieft 1.

22. Downes u. Blunt, Proceeding of the Royal Society of London, Vol. 28, S. 205.

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26. Schmidt-Nielsen, Mitteilungen aus Finsens med. Lichtinstitut, Heft 9, 1904.

27. Kruse, Zeitschrift f. Hygiene u. Infekt., Bd. 19, S. 312.

28. Busk, Mitteilungen aus Finsens med. Lichtinstitut, Heft 8, 1904.

'''"^'''^,7^

Vernichtimg der Bakterien im Wasser dnrch Protozoen.

Von

Dr. Otto Huntemüller

aus Hoya a. d. Weser. (Mit Tafel I.)

Professor Emraerich und Dr. Gern und hatten die Be- obachtung gemacht, dafs sich Typhusbazillen, die in grofser An- zahl im Mangfall-Leitungswasser ausgesät waren, nach einigen Tagen darin nicht mehr durch die Kultur nachweisen liefsen, während der Nachweis in sterilem Wasser noch nach längerer Zeit gelang. Da die chemische Zusammensetzung des Wassers in beiden Fällen so ziemlich die gleiche war, konnte hierdurch das verschiedene Verhalten der Bakterien im Wasser nicht er- klärt werden. In dem nicht sterilisierten Wasser fanden sich nach diesen Versuchen sehr wenig Keime, nur 8 bis 10 pro ccm, 80 dafs auch diese die Vernichtung der Typhusbazillen nicht verursacht haben konnten. Dagegen war in dem nicht sterilisierten Wasser eine grofse Menge Protozoen nachweisbar, während das sterilisierte natürlich frei davon war.

Aus diesen Beobachtungen glaubte Professor Emmerich die Abnahme der Typhusbakterien im Wasser auf die Tätigkeit der Protozoen zurückführen zu dürfen. Es gelang ihm auch durch die von Giemsa für die Malariaplasmodien vor- geschlagene Färbungsmethode Bazillen in den Protozoen, und zwar waren letztere Flagellaten, nachzuweisen, auch konnte er die Bakterien in verschiedenen Stadien der Auflösung im Flagellatenkörper sehen.

ArchiT fQr Hygiene. Bd. UV. 7

90 Vernichtung der Bakterien im Wasser durch Protozoen.

Auf seine Veranlassung und unter seiner gütigen Beiiiilfe befafste ich mich näher mit diesen Beobachtungen.

Die Versuche wurden mit den verschiedensten Wässern und, wenn nicht besonders erwähnt, in diffusem TagesUcht bei Zimmer- temperatur angestellt. Die Wasserentnahme geschah in sterilem Glase, das halbgefüllt etwa 100 ccm fafste. Zum Vergleich wurde meist ein Versuch mit sterilem oder keimfrei filtriertem Wasser, d. h. Wasser, in dem keine Flagellaten waren, gemacht.

In allen Brunnen, Flüssen und Quellen, die wir untersuchten, ja selbst wenn sie erst gerade aus dem Boden herauskamen, Uefsen sich Protozoen nachweisen, und zwar sind es in den reinen Wässern, z. B. dem Mangfallwasser (dem Münchener Trinkwasser) Wasser aus einem Brunnen bei Schäftlarn etc., haupt- sächlich die beiden Flagellatenarten Bodo ovatus und Bodo saltans, und unter diesen wieder besonders der erste.

Mangfall Wasser am 6. 5. 04 zu je 3,0, 2,0, 1,0 und 0,5 ccm in sterilisiertem Reagensglase mit einer grofsen Anzahl Typhus- bazillen versetzt, enthielt am 16. 5. in allen Proben reichlich diese beiden Arten. Ja, in 0,05 ccm Mangfallwasser liefsen sich auf diese Weise Flagellaten nachweisen, während in sterilem, auf gleiche Weise beschicktem Wasser keine Flagellaten ent- halten waren, so dafs also in 0,05 ccm Mangfallwasser mindestens ein Flagellat oder eine Spore vorhanden sein mufste. Auf 1 ccm Mangfallwasser treffen somit im Sommer wenigstens 20 Flagellaten.

Als Bakterienmaterial diente meist eine frische, 24 Stunden bei 37® auf Agar gewachsene Typhuskultur, doch wurden auch Versuche mit anderen Bakterien gemacht.

Alle diese Versuche ergaben dasselbe Resultat, nach 2 bis 3 mal 24 Stunden waren die Typhusbazillen aus dem Wasser nahezu verschwunden, wenigstens so, dafs sie sich durch das gewöhnliche Gelatine-Plattenverfahren nicht mehr nachweisen liefsen.

Die Zahl der Flagellaten hatte dagegen ganz bedeutend zugenommen.

Von Dr. O. HantemOller. 91

Sehr interessant ist auch das Verhalten der Wasserbakterien. Diese nahmen, solange die Flagellaten an den eingesäten Typhus- bazillen reichlich Nahrung fanden, beständig zu, doch vom dritten Tage an wieder stetig ab und waren am vierten Tage bedeutend weniger vorhanden als bei Beginn des Versuchs, da sie den stark vermehrten Flagellaten jetzt leichter zur Beute fielen.

Versuch vom 6. V. 1904.

a) Das Wasser aus dem Brannen des hygieDischen Instituts hatte am 6. Y. eine Keimzahl von 6930 pro 0,05 com (gezählt nach 48 Stunden), also in 1 ccm 138 600 Wasserbakterien und eine ziemliche Menge von Flagellaten, Infusorien und anderen Protozoen.

Von diesem Wasser werden 100 ccm mit einer Öse einer frischen Typhusagarkultur versetzt und wiederholt umgeschüttelt, um das Bakterien, material gut zu verteilen. Davon wird sofort eine Öse, die etwa 0,006 ccm faüst, zu einer Gelatineplatte ausgegossen. Diese Platte, die 24 Stunden bei 22^ im Wärmeschrank gestanden hat, ergibt am :

7. V. . . . 176400 Kolonien pro Platte nach 24 Std. 20070 > > >

> 2X24 > 360 > > >

Unter diesen 360 Kolonien waren nur noch einige wenige, welche typhusbazillenverdächtiges Aussehen hatten.

b) am 7. V. wird der Versuch mit Wasser aus dem Brunnen des hygienischen Instituts wiederholt, nach Zusatz einer Öse einer 24 Stunden bei 36^ gewachsenen Typhusagarkultur und kräftigem Umschfltteln werden drei Ösen des infizierten Wassers zu einer Gelatineplatte ausgegossen, auf dieser wachsen in 24 Stunden bei 22^ im

Warmeschrank 214200 Kolonien

aus 3 Ösen nach 24 Std 20340 >

> 5 > > 48 > 7200 >

Eine Identifizierung der wenigen, nach 48 Stunden vorhandenen typhus- bazillenähnlichen Kolonien wurde nicht ausgeführt.

Versuch vom 12. V. 1904.

Wasser aus einem Brunnen in der Nähe des Bavariadenkmals enthält in 0,01 ccm 2700 Wasserbakterien. Zu 100 ccm werden drei Ösen einer frischen Typhusagarkultur gesetzt und hiervon nach mehrmaligem Um- schütteln fünf Ösen ä 0,005 ccm zu einer Gelatineplatte ausgegossen. Es wachsen auf der wie im vorigen Versuch

behandelten Platte 261000 Kolonien

aus 5 Ösen nach 20 Std 195300 >

> 5 > > 46 > 135000 >

> 5 > > 68 > 8280 >

darunter sehr wenig typhusbazillenähnliche Kolonien.

7*

92 Vernichtung der Bakterien im Wasser darch Protozoen.

Versuch vom 19. V. 1904.

Mflnchener Leitungswasser (Mangfallwasser) enthält am 19. V. in 1 ccm 4 Kolonien des Bac. flaorescens liqnefaciens. Hiervon werden 100 ccm mit drei Ösen einer frischen Typhusagarkultar versetzt und nach gutem Umschattein drei Ösen zu einer Platte ausgegossen. Es ergeben sich

sofort 151200 Kolonien

aus 3 Ösen nach 24 Std. 56700 t

> 3 > > 48 > 16200 >

Werden von diesen letzteren alle verdächtigen Kolonien als Typhus- bazillen gezählt, so ergeben sich 2430 Typhusbazillenkolonien.

Waren in einem Wasser schon an und für sich viele Flagel- laten enthalten, so läfst sich schon nach einer Stunde eine deut- liche Ahnahme der eingesäten Typhusbazilleu konstatieren, während Typhusbazillen im sterilen Wasser nach dieser kurzen Zeit sogar öfters etwas zugenommen hatten. Dies letztere erklärt sich daraus, dals viele Bakterien der Agarkultur in Teilung begriffen waren, als sie ins Wasser verimpft wurden, in welchem sich alsdann die Teilung in der ersten Stunde noch vollständig voll- zog. Stellte man nämlich eine starke Suspension von Typhus- bazillen in einigen Kubikzentimetern sterilen Wassers her, liefs diese etwa 1 Stunde stehen und verimpfte hiervon, so fand keine Vermehrung statt.

Versuche vom 20. VL 1904.

a) Wasser aus dem Brunnen des hygienischen Instituts wird mit einer Öse einer frischen Typhusagarkultur versetzt. Die aus drei Ösen gegossene Platte ergibt

sofort 199350 Kolonien

nach 1 Std 148680 >

b) Ein am selben Tage wiederholter zweiter Versuch ergibt aus drei Ösen

sofort 124830 Kolonien

nach 1 Std 81900 >

Versuche vom 21. VI. 1904.

a) Wasser aus dem Brunnen des hygienischen Instituts, auf dieselbe Weise wie in den vorigen Versuchen mit Typhuskeimen versetzt, ergibt aus drei Ösen

sofort 241650 Kolonien

nach 1 Std 140598 >

pro Platte.

Von Dr. 0. Hantemüller. 93

b) Im Btrömenden Dampf BteriliBiertes Wasser aus dem Bronnen des Institats wird gleichfalls mit Typhusbaadllen versetzt nnd enthält in drei Ösen

sofort 134900 Typhnskeime

nach 1 Std 201600 >

Versuch vom 22. VL 1904.

a) 100 ccm Wasser ans dem Instituts-Brunnen wird mit fflnf Ösen einer Aufschwemmung in 2 ccm sterilem Wassers einer frischen Agartyphus- bazillenkaltar versetzt^ die eine Stande lang gestanden hat Ans drei Ösen ergeben sich

sofort 64350 Kolonien

nach 1 Std 43497 t

b) 100 ccm sterilisiertes Wasser aas dem Institatsbrunnen wie bei a) behandelt ergibt

sofort 50103 Typhaskolonien

nach 1 Std 52875 >

> 48 > 11700 >

> 11 X 24 Std 387

Der folgende Versuch zeigt, dafs auch die Wasserbakterien ebenso schnell wie die Typhusbazillen von den Protozoen ge- fressen werden.

Am 22. VI. werden zu Wasser aas dem Institatsbrunnen drei Ösen einer frischen, 24 Stunden bei 87 ^ auf Agar gewachsenen Kultur des Bacillus fluorescens liquefaciens gesetzt und hiervon drei Ösen zu einer Gelatine- platte ausgegossen; man erhält auf der Platte

sofort 352000 Kolonien

nach 1 Std 264600 >

> 24 > 11160 >

Versuch vom 29. VI. 1904.

Aus dem Institutsbrunnen werden drei Ösen in ein BouiUonrÖhrchen verimpft und dieses 24 Stunden bei Sl^ im Wärmeschrank stehen lassen. Von dieser Bouillonkultur, in der sich die Wasserbakterien während dieser Zeit sehr reichlich vermehrt hatten, werden drei Ösen zu ca. 100 cbm Wasser aus dem Brunnen des hygienischen Instituts gesetzt Auf der sofort nach der Einsaat aus 3 Ösen gegossenen Gelatineplatte wachsen

sofort 260380 Kolonien

nach 1 Std 236394 >

t 24 > 24930 >

> 48 > 2160 >

Die Temperatur spielt bei der Vernichtung der Bakterien auch eine Rolle; nach meinen bisherigen Versuchen scheint

94

Vernichtung der Bakterien im Wasser durch Protozoen.

26— 30^ C das Optimum für die Entwicklung und Frefs- tätigkeit der Protozoen zu sein. Auch das Licht scheint einen Einflufs hierbei auszuüben, doch sind die Versuche hierüber noch nicht abgeschlossen.

Versuch vom 24. VI. 1904.

a) Wasser aus dem Institutsbrunnen wird mit einer frischen Typhus- kultur versetzt und bei 26^ C im Warmeschrank gehalten.

Aus drei Ösen wachsen

sofort 438400 Kolonien ] gezählt

nach 1 Std 340000 > l nach

> 24 > 79200 > ) 48 Std.

nach 48 Stunden Platte fast steril, Typhusbazillen nicht mehr nachweisbar.

b) Steriles Wasser aus dem Institutsbrunnen wie, bei a behandelt, ergibt aus drei Ösen

sofort 315000 Kolonien

nach 1 Std 331794 > gezählt

> 24 > 235980 > nach

. > 4 X 24 Std. . . . 10846 > 48 Std.

> 14 X 24 > . . . 840 > nach 20 X 24 Stunden Platte steril.

Während die Abnahme der Bakterien nach 1 Stunde sehr beträchtlich ist, ist sie nach der zweiten Stunde nur gering. Dies erklärt sich daraus, dafs die Flagellaten sich in der ersten Stunde vollgefressen haben und in der zweiten Stunde verdauen, wie ich dies wiederholt unter dem Mikroskop beobachten konnte.

Versuch vom 26. VI. 1904.

a) Mit Typhuskeimen versetztes Wasser aus dem Institutsbrunnen wird bei 30^ C im Wärmeschrank gehalten; aus drei Ösen wachsen

sofort 153775 Kolonien

nach 1 Std 102960 >

> 2 > 104994 >

4 . 87957 >

> 24 > 33930 >

nach 48 Stunden Platte bleibt fast steril.

b) Derselbe Versuch mit sterilisiertem Wasser aus dem Institutsbrunnen aus drei Ösen

195075 Kolonien 203180 128 180 108420 59580 2970

gezählt

nach 48 Std.

sofort

nach 1 Std. . .

> 24 >

> 2 X 24 Std. » 4 X 24 >

> 13 X 24 >

gezählt

nach

48 Std.

Von Dr. 0. Huntemüller. 96

nach 19 X 24 Stunden Platte fast Bteril, nach 28 X 24 Stunden werden 10 Ösen in Bouillon übertragen; bei 37<^ C im Wärmeschrank entwickeln sich Typhusbazillen.

Verimpft man eine geringere Zahl Typhuskeime ins Wasser, so nehmen auch die Flagellaten nicht in dem Mafse zu, als wie bei gröfserer Aussaat, auch spielt hierbei die Menge der schon vor dem Versuch im Wasser befindlichen Flagellaten eine Rolle ; da die Bazillen bei der geringen Anzahl der Flagellaten den Nachstellungen derselben eher entgehen, so können sie sich auch länger im Wasser erhalten.

Am 7. VII. wird zu Mangfall wasser eine Ose einer Auf- schwemmung einer frischen Typhusbazillenkultur in steriles Wasser gesetzt. Auf der sofort aus 3 Ösen gegossenen Gelatine- platte wachsen 45000 Kolonien. Die Anzahl der Flagellaten ist nach 24 Stunden nicht sehr beträchtlich vermehrt. Am 17. VII. werden 10 Ösen in ein Bouillonröhrchen verimpft und dies 14 Stunden bei 37^ C im Wärmeschrank gehalten. Von dieser Bouillonkultur werden 3 Ösen zu 3 Gelatineplatten verarbeitet. Auf Platte 3. wachsen neben vielen Wasserbakterien auch einige Typhuskolonien, die in Bouillon überimpft und nach 24 stündigem Wachstum bei 37^ C durch die Agglutination als Typhus er- wiesen werden.

Ebenso liefsen sich in einem zweiten, am gleichen Tage mit Mangfall wasser angestellten Versuch, der nach der Einsaat 35010 Kolonien in 3 Ösen enthielt, nach 10 Tagen Typhusbazillen durch die Agglutination nachweisen.

Aus zwei anderen Proben, die am 11. VII. mit einer grofsen Anzahl Typhuskeime versetzt wurden, und von denen die eine in 3 Ösen sofort nach der Aussaat 225000, die andere 405000 Keime enthielt, liefsen sich auf die oben angeführte Weise nach 6 Tagen Typhusbazillen durch die Agglutination nachweisen.

Alle diese Versuche geben dasselbe Resultat; die in grofser Zahl ins Wasser verimpften Typhuskeime werden durch die Protozoen in wenigen Tagen vernichtet oder wenigstens so dezimiert, dafs sie nur noch schwer im Wasser nachzuweisen sind. Die Flagellaten haben sich während dieser Zeit ganz

96 Vemichtang der Bakterien im Wasser darch Protozoen.

bedeutend vermehrt und nehmen erst albnählich wieder bis auf ihren früheren Bestand ab. Über ihre Zahl genaue Angaben zu machen, ist jedoch nicht möglich.

Im zweiten Hefte des 52. Bandes des Archiv für Hygiene, S. 208, veröffentlicht Dr. W. Hoffmann Untersuchungen aus dem hygienischen Institut zu Berlin: über die Lebensdauer der Typhusbazillen im Aquariumwasser, welche im wesentlichen die- selben Resultate ergaben wie die meinigen.

Am 10. November 1904 hatte er eine Typhusaufschwemmung in ein Aquarium gegossen. Gleich nach der Aussaat fanden sich 336416 Typhuskeime pro 1 ccm Aquariumwasser mit 59 Ö90 Wasser- keimen. Am 13. Mai, also nach etwa dreimal 24 Stunden, wurden von der Oberfläche des Wassers an verschiedenen Stellen 4 Ösen entnommen und auf Drigalski-Conradi-Platten ausgestrichen. Hieraus wuchsen bis zum nächsten Tage zwei verdächtige Kolo- nien, von denen nur die eine durch die Agglutination als Typhus- kolonie festgestellt wurde. Nehmen wir an, dafs die Öse, wie die unsere, etwa 0,005 ccm fafste, so fand sich also in 0,02 ccm nach dreimal 24 Stunden ein Keim, in 1 ccm 50 Keime. Also hatten die Typhusbazillen nach diesem Versuche innerhalb dreimal 24 Stunden in einem Kubikzentimeter von 336416 auf 50 abge- nommen. Am 18. Mai, also nach fünfmal 24 Stunden, liefsen sich auf diese Weise keine Typhuskeime mehr nachweisen. Auch die Wasserbakterien hatten am 31. Mai von anfangs 59590 auf 900 abgenommen und betrugen am 11. Juli 1518 pro ccm. Ein Be- fund, der mit dem meinen gleichfalls übereinstimmt.

Hätte Herr Dr. Hoffmann auch dem Verhalten der Pro- tozoen Beachtung geschenkt, so würde er ihre Zahl in den ersten Tagen, solange sie reichlicheres Futter hatten, bedeutend vermehrt gefunden haben, alsdann wären sie erst allmählich zu ihrem alten Bestände bei Beginn des Versuchs wieder herabgesunken. Er würde also auch in diesem Punkte zu demselben Resultat gekommen sein wie ich:

Dafs sich durch das Anreicherungsverfahren am 19. Mai aus 45 ccm Aquariumwasser und am 7. Juni aus 90 ccm noch Typhusbazillen nachweisen liefsen, ist nichts Ungewöhnliches und

Von Dr. 0. Huntemüller. 97

stimmt auch mit meinen Beobachtungen überein. Siehe Ver- suche vom 7. und 11. Juli.

Ob aber die Typhuskeime in dieser Verdünnung eine In- fektion veranlassen können, das erscheint mir sehr zweifelhaft, zumal auch die Selbstinfektions versuche von v. Pettenkofer und Emmerich dafür sprechen, dafs Infektionen vom Intestinal- traktus aus in der Regel nur durch Zufuhr gröfserer Mengen pathogener Bakterien zustande kommen.

Wenn aus den obigen Versuchen schon hervorgeht, dafs die Abnahme der Typhuskeime im Wasser durch die Tätigkeit der Protozoen bedingt ist, so wird dies durch die mikroskopische Untersuchung aufser allen Zweifel gestellt.

Da bei Trockenpräparaten der Protozoenkörper nicht intakt bleibt, und nicht die verschiedenen Stadien der Bakterienaufnahme und Verdauung sich verfolgen lassen, so versuchte ich, die Beob- achtungen an lebenden Protozoen zu machen. Das Präparat im hängenden Tropfen war hierzu nicht brauchbar, da die tiefer liegenden Schichten, in denen sich die Protozoen meist aufhielten, unter dem Mikroskop bei starker Vergröfserung nicht einzustellen waren und die schnell beweglichen Protozoen leicht aus der ein- gestellten Ebene verschwanden. Ich versah daher ein Deck- gläschen an den vier Ecken mit kleinen Wachsfüfsen, wie es bei zoologischen Untersuchungen üblich ist, deckte dieses über den auf dem Objektträger befindlichen protozoenhaltigen Wasser- tropfen und konnte durch Abschmelzen der Wachsfüfschen mit einem erwärmten Glasstabe oder einer Platinöse den Tropfen in einer ganz dünnen Schicht ausbreiten, ohne dafs die Protozoen hierdurch beschädigt wurden. Sie schwammen sehr lebhaft im Präparat umher und konnten jetzt auch bei starker Vergröfserung unter dem Mikroskop bequem beobachtet werden. Z e i fs^ homogene

Immersion :

Brennweite 3,0 mm

Kompensationsokular 12 »

Tubuslänge 160 »

Diese Methode hatte aber noch weitere Vorteile. Der Sauer- stoff der Luft hatte zum Tropfen stets Zutritt, das verdunstete

98 Vemicbtang der Bakterien im Wasser durch Protonoen.

Wasser l&Ist sich leicht ersetzen, und der Zusatz der Bakterien konnte bequem zu jeder Zeit erfolgen, so dals man den Vor- gang bei ihrer Vernichtung durch die Protozoen von Anfang an beobachten konnte.

Das Protozoenmaterial war unschwer zu erhalten. Zu einigen Kubikzentimetern eines an Protozoen reichen Wassers setzte ich im Reagenzglase so viel frische Tvphuskeime, bis eine deutliche Trübung auftrat, wartete nun einige Tage, bis diese Trübung wieder verschwunden war und hatte jetzt in dem Wasser eine grofse Zahl von Flagellaten und Infusorien. Aus Mang- fallwasser konnte ich auf diese Weise nur die beiden Flagel- latenarten, Bodo ovatus und Bodo saltans (bestimmt von Herrn Dr. Doflein) züchten. Im Wasser aus der Ruhr, das acht Monate lang gestanden hatte, in welchem sich mikroskopisch keine Protozoen mehr auffinden liefsen, konnte man nach Ein- saat von Typhusbazillen eine reichliche Menge von Protozoen nachweisen. Beim Wasser aus dem Brunnen des hygienischen Instituts, das seit dem 23. Juli 1904 im Dunkeln gestanden und in dem sich die Flagellaten auf Zusatz von Typhusbazillen reichlich vermehrt hatten, fanden sich am 17. Februar dieses Jahres bei mikroskopischer Untersuchung keine beweglichen Flagellaten, dagegen viele Sporen, die sich unter dem Mikroskop auf Zusatz von Typhusbazillen zu Flagellaten entwickelten.

Nach einigen Tagen, während welcher Zeit die Probe am Lichte gestanden hatte, liefsen sich in dem Wasser auch ohne Bakterienzusatz Protozoen nachweisen, doch waren diese sehr wenig beweglich und nicht gröfser als die Sporen, hatten aber deut- liche Geifseln und kontraktile Vakuolen. Auf Zusatz von Typhus- bazillen wurden die Bewegungen sofort lebhafter und nach einiger Zeit hatten sie die gewöhnliche Gröfse der Flagellaten erlangt.

Da die Beobachtung des ungefärbten Präparates schwierig war, obwohl ich schon hier sehen konnte, wie die Bakterien von den Flagellaten aufgenommen wurden, so suchte ich durch verschiedene Färbungen diese Schwierigkeit zu heben, doch die Protozoen wurden durch die Farbstoffe, selbst in geringer Konzentration, getötet. Ich versuchte daher, die Bakterien zu färben, und es gelang mir, ein

Von Dr. 0. Hantemüller. 99

V^erfahren zu finden, bei welchem die Eigenbewegung der Bak* terien nicht beeinträchtigt wurde. Eine Ose Agarkultur von Typhusbazillen mit lebhafter Eigenbewegung wird auf einen Ob- jektträger gebracht, und hierzu, ohne das Material weiter zu verreiben, ein Tropfen einer starken, wäfsrigen Methylenblau- lösung gesetzt. Den Farbstoff lasse ich unter leichtem Er- wärmen über der Flamme etwa 10 Minuten einwirken; damit die Bazillen nicht eintrocknen, setze ich mit der Platinöse ein oder zwei Wassertropfen hinzu und rühre zugleich gut um. Daim übertrage ich die mit gefärbtem Bakterienmaterial beladene Öse in einen zweiten Tropfen und von da in einen dritten etc., bis sich der letzte Tropfen nur mehr schwach blau färbt. Dieser enthält dann noch eine genügend grofse Menge Typhuskeime, die man ruhig dem die Protozoen enthaltenden Präparat zusetzen kann, ohne befürchten zu müssen, dafs diese absterben. Die Protozoen verhalten sich beim Ergreifen der Bakterien verschieden. Einige Arten, wie namentlich Bodo saltans, erjagen ihre Beute im Herumschwärmen und eignen sich daher nicht so gut zur Beobachtung. Der Bodo ovatus liegt meist während der Frefs- und Verdauungsperiode still, und man kann an ihm daher diese Vorgänge sehr gut und fortdauernd beobachten. * >'V:\ ; . \

Die folgenden Untersuchungen sind am Bodo ovatus ge- macht, der sich in jedem von uns untersuchten Wasser fand und auf Bakterienzusatz besonders stark vermehrte. Gleich nach dem Zusatz werden die nach der vorhin angegebenen Methode gefärbten Typhusbazillen durch die Geifseln des Flagellats her- beigestrudelt. Nach wenigen Minuten sieht mau, wie ein Ba- zillus von dem Protoplasma umflossen wird und sich jetzt am Rande desselben in einer Nahrungsvakuole befindet. Bald folgt ihm ein zweiter und sofort. Bei reichlichem Bakterienzusatz kann man nach einer halben bis ganzen Stunde den Flagel- laten mit Bazillen ganz vollgefressen sehen. Dieser hört jetzt mit der Bakterienaufnahme für eine längere Zeit auf und liegt ruhig, er verdaut. Erst nach etwa einer halben Stunde kommt wieder mehr Bewegung in ihn, er streckt sich in die Länge, um dann, nachdem er seine alte Gestalt wieder angenommen hat.

100 Vernichtung d. Bakt. im Wasser durch Protozoen. Von Dr. Hnntemflller.

im Wasser umher zu schwimmen. Von da ab ist die weitere Beobachtung schwierig.

Den Verdauungsvorgang beobachtet man am besten, wenn man eine geringere Bakterienzahl zugesetzt hat, alsdann kann man die verschiedenen Stadien von der Aufnahme bis zur völligen Auflösung der Bakterien verfolgen. Zuerst sieht man den Bazillus, wie schon oben gesagt, am Rande des Flagellaten- körpers in einer Nahrungsvakuole in heftiger Bewegung. Er sucht aus dem ihn umschliefsenden Protoplasma wieder los zu kommen, und manchmal gelingt es ihm auch, besonders wenn die Flagellaten durch längeres Verweilen im Präparat nicht mehr so lebensfähig sind. Meist jedoch rückt die Vakuole mit dem Bazillus mehr in die Mitte des Protoplasmas vor und vereinigt sich mit anderen, die auch noch bewegUche Bakterien enthalten. Die Bewegungen derselben dauern noch zehn Minuten an, werden allmählich schwächer und hören dann ganz auf; jetzt beginnen die eingeschlossenen Bakterien nach und nach zu zerfallen, die Zerfallprodukte fliefsen zusammen und nach einiger Zeit sind auch die letzten Reste von ihnen verschwunden. Auch das Methylenblau scheint chemisch verändert zu werden, denn die Flagellaten, die mit blaugefärbten Bakterien förmUch vollgepfropft waren, haben nach der Verdauung derselben ihr ursprüngliches Aussehen wieder bekommen und sind nicht blau gefärbt. Diese Beobachtungen kann man, wenn man das ver- dunstete Wasser des Präparats von Zeit zu Zeit durch frisches ersetzt, längere Zeit ausdehnen (man setzt am besten von dem Protozoen haltenden Wasser zu, da man auf diese Weise wieder neue lebenskräftige Individuen im Präparat bekommt).

Durch diese Versuche und mikroskopische Befunde ist es wohl über allen Zweifel festgestellt, dafs die Vernichtung der Typhuskeime im Wasser nicht durch das Überwuchern und die Konkurrenz der Wasserbakterien, sondern hauptsächlich auf die Tätigkeit der Protozoen zurückzuführen ist.

Ob und welchen Einflufs hierbei Licht und Osmose ausüben, soll noch näher untersucht werden.

über den Gewichtsyerliist des Fischfleisches beim

Dttnsten.

Von

Dr. Friedrich Peters,

Assistenten des Institutes.

(Aas den Hygienischen Instituten der Universitftt Berlin. Direktor: Qeh.

Medizinalrat Prof. Dr. M. Rabner.)

Die meisten uns vorliegenden Analysen von Nahrungsmitteln betreffen die Zusammensetzung der Rohmaterialien. Von diesen Angaben ausgehend, schliefst man bei diätetischen Mafsnabmen und Untersuchungen auf dem Gebiete der Ernährungslehre dann zumeist auf die Zusammensetzung und den Wert der zugeführten Nahrung. Doch genügt, wieRubner in seiner Physiologie der Nahrung und Ernährung^) betont, die Betrachtung der Roh- materialien nicht als Basis für die Ernährungslehre, denn die Nahrungsmittel werden bei ihrer Zubereitung mehr oder minder verändert. Der Faktor, welcher dabei fast stets in Anwendung kommt, ist das Erwärmen; den Einäufs desselben hat Rubner nach verschiedenen Richtungen teils selbst, teils durch seine Schüler untersucht. So fand Nothwang^), dafs bei der durch die Wärme hervorgerufenen Veränderung aus dem Fleische neben dem Wasser und Salzen Extraktivstoff und etwas Eiweils aus- tritt. Den so eintretenden Eiweifsverlust studierte weiterhin ein- gehender für verschiedene Fleischarten von Säugetieren Ferrati^).

1) V. Leyden, Handbach, 2. Aafl., I.

2) Dieses Archiv, Bd. XVIH, S. 80.

3) Dieses Archiv, Bd. XIX, S. 317.

102 Über den Gewichtsverlust des Fiscbfleisches beim Dünsten.

Da nun schon nach den alltäglichen Erfahrungen in der Küche

Fischäeisch sich beim Erwärmen hinsichtlich der Gewichts- abnahme etwas anders zu verhalten scheint als RindSeisch oder das Fleisch von anderen Säugetieren, so forderte mein hochverehrter Chef, Herr Geheim rat Rubn er, mich auf, die Gewichtsabnahme von Fischfleisch zu studieren. Für die Anregung zu diesen Unter- suchungen spreche ich ihm an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank aus.

Die Gewichtsabnahme interessiert uns nicht so sehr hin- sichtlich der Qualität, als vielmehr wegen der Quantität, und zwar aus folgendem Grunde: Was verloren geht, ist grölstenteils Wasser, welches durch die bei der Koagulation des Eiweifses eintretende Schrumpfung unter beträchtlichem Drucke ausgeprefst wird; die zurückbleibende Masse wird also reicher an Trocken- substanz. Je reicher so das Fleisch an Trockensubstanz wird, desto mehr geronnenes Eiweifs wird sich in dem Fleische finden und desto zahlreicher die in einem bestimmten Volumen ent- haltenen Muskelfibrillen sein. Sie werden enger aneinander ge- rückt sein und zugleich zäher, so dafs der den Kauwerkzeugen sich entgegenstellende Widerstand erhöht ist. Die Kaubarkeit hat aber auch zweifellos einen bestimmenden Einflufs auf die Schmackhaftigkeit einer Fleischsorte. FreiUch hängt dieselbe noch von anderen Faktoren ab, aber die Gewichtsabnahme gibt uns doch einen Mafsstab. Und auch ein zweiter Punkt ist zu berücksichtigen. Wir können wohl annehmen, dafs Speisen, die den Kauwerkzeugen keine so grofse Arbeitsleistung auferlegen, besser zerkleinert werden ; es wird dalier bei ihnen weniger leicht die Gefahr eintreten , dafs gröbere Stücke in den Darmkanal gelangen, die dann nicht verdaut werden. Also auch die Aus- nutzung wird in Beziehung treten können zu der Gewichtsab- nahme. Allerdings ist auch die Ausnutzbarkeit wieder von so vielen Verhältnissen^) beeinflufst, dafs uns die Gewichtsabnahme nur einen Fingerzeig geben kann.

1) Bubner in v. Leyden, Handbucb, 2. Aufl., I, S. 118.

Von Dr. Friedrich Peters. 103

Bei meinen Untersuchungen ging ich in folgender Weise vor:

Die Fische, ausgenommen der Lachs, wurden lebend ins Institut gebracht, getötet und sofort verarbeitet. Nachdem sie zunächst abgeschuppt waren, wurden aus dem Rückenmuskel Stückchen von dem in der Tabelle angegebenen Gewichte, die frei von Gräten, Schuppen und Muskelhaut waren, herausgeschnitten, zwischen zwei ührschalen gewogen, und die einen sofort getrocknet, die anderen gedünstet.

Die dazu bestimmten Stückchen wurden sofort nach dem Wägen in hohe Bechergläser gebracht, welche mit einem Kork luftdicht verschlossen waren. Der Kork war durchbohrt von einem Draht, der ausgebogen war in einen Haken, an dem das Fleischstückchen hing, und ein kleines korbartiges Geüecht. Diese Vorsicht mufs man bei Fischüeisch gebrauchen, da es bis- weilen durchschneidet. Die Gläser mit den Fleischstücken kamen in den Dampftopf und wurden von dem Zeitpunkte, wo das Thermometer 98,5® C zeigte, eine Stunde daringelassen. Nach dem Abkühlen wurden die Stückchen gewogen und ebenfalls getrocknet. Die Trockenbestimmung des Fleisches geschah in der üblichen Weise im Dampfwassertrockenschrank bis zur Ge- wichtskonstauz.

Bei einer Reihe von Fischstückchen wurde eine Fettbestim- mung angeschlossen, die im Soxhletschen Extraktionsapparate vorgenommen wurde. Nach einer erstmaligen Extraktion wurde das Material weiter zerkleinert und zerrieben und nochmals ex- trahiert bis zur Gewichtskonstanz des Atherextraktes. Die Be- stimmung des Fettes mufs ausgeführt werden, denn wir müssen an- nehmen, dafs die Gewichtsabnahme von der Menge des koagulieren- den Eiweifses abhängt; ein höherer Fettgehalt könnte daher durch das relative Zurückdrängen des Eiweifses das Endresultat in dem Sinne beeinflussen, dafs fettes Fleisch im Verhältnis zu seiner Masse durch die Hitze nur wenig an Gewicht verliert, mageres aber weit mehr. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dafs nach Rubners^) Erfahrungen fettes Fleisch die Wärme weniger gut

1) V. Leyden, Handbuch, 2. Aufl., I, S. 88.

104 Über den Gewichte verlost des FiscbfleiBches beim Dflnsten.

leitet; dieselbe könnte in fettes Fleisch also weniger durchdringen» so dafs zu einer bestimmten Zeit noch nicht alle Eiweifsstoffe geronnen wären, denn, wie Milroy^) im hiesigen Institute ge- zeigt hat, nimmt die Menge des koagulierten Eiweifses mit der Temperatur zu.

Die Resultate meiner Untersuchungen habe ich in folgender Tabelle zusammengestellt :

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10. 11.

1

1

= Gewicht der

Ver- Trockensubstanz

Äthereztrakt

1

1

1

1

Fischsorte

frisch. Sahst.

g

ge- dflnst Sahst.

g

last beim Dün- sten

%

Ge- wicht

j 1 g

berecb

frisch. Subst.

0/

■'0

in. aaf

g©- i dünst

Sahst.

0/ '0

wicht i g

berechnet auf

frisch. ?e-

1

Sommerkarpfen I

' 26,06

18,49

29,05 II 4,40

16,88

23,80'

—,

.^

^_

2

>

. 22.89

16^

28,83 ' 3,90

17,04

23,94'

8

>

' 18,76

-- : 3,49

18,60

1

1

4

Sommerkarpfen II

= 20,47

13,87

84,69 3,36

16,41

25,11 '

5

>

16,61

10,93

34,20- 2,77

16,68

25,34

e;

»

22,10

4.09

18,51

1 1

7

Karpfen I

17,33

:; 3,65

21,06

j

8

>

' 26,00

16,66

35,92 4,89

18,81

29,35'

9

»

; 23,66

14,95

36,81 4,66

19,70

31,17 !

10

Karpfen n

16,69

- 3,10

18,57

1

11

>

15,75

1 '

11,92

24,32 2,68

17,02

22,48

12

>

15,40

11,76

23,64 2,65

17,21

22,53

13

Karpfen III

1 12,68

- i 2,48

19,56

0,085

0,67

14

»

1 14,64

10,77

26,43

1 2,69

18,37

24,98

0,032

0,22

0,30

15

Schlei

12,17

2,32

19,06

1

0,041

0,34

16

>

12,84

9,08

29,28 2,27

17,68

25,0

0,020

0,16

0,22

17

T^achs

' 20,25

- 6,86

33,88

2,622

12,95

18

>

! 31,84

1

22,65

28,86

1

,10,34

1

32,48

45,65

4,281

13,45

18,90

Aus der Tabelle ersehen wir, dafs der Gewichtsverlust beim Dünsten ziemlich beträchtliche Schwankungen aufweist, nicht bei den einzelnen Individuen, wohl aber in derselben Art, wie z. B. der Vergleich der bei Karpfen I und Karpfen II erhaltenen Werte zeigt. Der Durchsclmittswert beträgt 30,18ö/o. Dement-

1) Dieses Archiv, Bd. XXV, S. 156.

Von Dr. Friedrich Peters. 105

sprechend nimmt der Trockengehalt zu, wie die Betrachtung des Stabes 8 einerseits, der Werte für die nicht gedünsteten Fische aus Stabe 7 anderseits erkennen Iftfst. Was zu Verlust geht, ist hauptsächUch Wasser, denn wenn wir die Werte aus der Kolumne 7 ansehen, zeigt sich, dafs der auf die Trockensubstanz entfallende Anteil an dem Verlust die Höhe von 2% nicht er- reicht. Das, was von der Trockensubstanz verloren geht, besteht zu einem Teil aus den in Äther löshchen Stoffen, wie wir aus dem Stabe 10 der Tabelle sehen : so bei den fettarmen Fischen, während bei dem Lachse dies nicht der Fall ist.

Einen EinSuTs des Fettgehaltes auf die Gröfse der Gewichts- abnahme lassen unsere Ergebnisse ebensowenig erkennen, wie die von Ferrati^).

Vergleichen wir nun unseren für die Gewichtsabnahme von Fischfleisch beim Dünsten erhaltenen Durchschnittswert von 30,18% mit den von Ferrati gewonnenen Werten, der für Rind- fleisch 47,3%, für Kalbfleisch 47,3% und für Schweinefleisch 43,1% fand, so sehen wir unsere ursprüngliche Annahme be- stätigt, dafs das Fischfleisch sich weniger stark zusammenzieht wie das Fleisch von Säugetieren.

Betrachten wir nun die Vorteile, welche nach unserer obigen Auseinandersetzung aus der geringeren Gewichtsabnahme folgen, so sehen wir, dafs die Ausnutzbarkeit unserer Annahme nicht widerspricht, denn Rubner-) gibt an, dafs von der Trocken- substanz nicht resorbiert werden in Prozenten bei gebratenem Fleisch 5,3, bei gekochtem und gebratenem Fleisch 4,9 und bei Schellfischfleisch 4,3. Bei der Schmackhaftigkeit liegt die Sache anders, da eben das Fischfleisch weit weniger schmeckende Be- standteile besitzt wie das von Säugetieren, und dadurch der Vorzug aus der leichteren Kaubarkeit verwischt wird. Jeden- falls aber geben uns unsere Resultate das Recht, Fischfleisch in allen den Fällen zu empfehlen, wo die Kauwerkzeuge möglichst geschont werden sollen, so bei Rekonvaleszenten u. a., zumal hinsichtlich des Eiweifsgehaltes das Fischfleisch sich ähnlich

1) a. a. 0.

2) V. Leyden, Handbuch, 2. Aufl., I, 8. 119.

ArehlT ffkr Hygiene. Bd. UV. B

106 Gewichtsverlust d. Fischfleisches beim Dflnsten. Von Dr. Fr. Peters.

verhält wie das Warmblüterfleisch (Rubner^). Auch müssen wir auf Grund unserer Resultate die Bestrebungen nur biUigen, die darauf hinausgehen, dem Fischfleisch als Volksnahrungsmittel weiterhin Eingang zu verschaffen.

Ich habe zu Anfang bemerkt, dafs die meisten Nahrungs- mittelanalysen nur auf die Rohmaterialien Bezug nehmen und möchte deshalb auf eine Arbeit von Schwenkenbecher^) hinweisen, der in derselben die bereits vorhandenen und femer eigene Analysen tischfertiger Speisen zusammengestellt hat.

1) Y. Leyden, Handbach, 2. Aufl., I, S. 87.

2) Inaag.-Dlssert., Marburg, 1900.

Ans dem hTg^iaeh-bakteriolog. Labontoriam de« Eidgen. PolTtechnikomt.

vToTsund: Prof. Dr. O. Roth.'

Studien über Terdorbene (remüsekonserYen.

Von

Dr. Joseph Belser»

dipl. Chemiker.

Die meisten Gemüsearten sind bei uns nur wälirend einer verhältnismälsig kurzen Zeit des Jahres, in den Sommermonaten, frisch zu erhalten. Daher ist man seit frühester Zeit bemüht ge- wesen, durch geeignete Konservierungs- Verfahren diese Ungleich- heit der Produktion, diesen zeitlichen ÜberfluCs und wieder- kehrenden Mangel zu beheben. Aus wenig bevölkerten Gegenden lassen sich derart Nahrungsmittel in dicht bevölkerte Kultur- staaten, namentlich in grolse Städte schaffen, ohne dafs man ein Verderben derselben zu befürchten hat. Durch die Entwicklung der Konservenindustrie hat die gesamte Ernährungsfrage eine wichtige Förderung erfahren.

Zum Eintreten von Fäulnis sind drei Bedingungen er- forderlich, nämUch^):

1. Hinreichende Feuchtigkeit.

2. Genügende Wärme.

3. Gegenwart von Mikroben oder durch solche erzeugte Fermentkörper.

1) Heinzerling, Ch., Die Konservierung der Nahrungs- nnd Genufs* mittel, 1^^, S. 283.

König, J., Die Chemie der menschlichen Nuhrungs- und GonufH- mittel, IV. Aufl., 1904, 8. 612 u. 928.

8*

108 Studien Aber verdorbene Gemflsekonserven.

Die Mittel der Konservierung bestehen nun darin, eine oder mehrere dieser Bedingungen aufzuheben, aber zugleich dafür zu sorgen, dafs das betreffende Nahrungs- oder Genufsmittel bei der Haltbarmachung nicht leidet.

Eines der besten und zugleich am meisten angewendeten Verfahren ist im Jahre 1804 von Appert angegeben worden. Im Laufe der Zeit hat es allerdings eine Reihe von Verbesse- rungen erfahren. Es beruht auf dem Erhitzen der verschiedenen Nahrungsmittel unter Luftabschlufs. Letzterer wirkt nur insofern konservierend, als dadurch Fäulnisbakterien und andere Mikroben femgehalten werden. In den Fabriken wird gegenwärtig wie folgt gearbeitet: Die sorgfältig gereinigten und einige Minuten vor- gekochten Gemüse werden mit der nötigen Menge Wasser und Kochsalz in Blechdosen hineingelegt, diese verschlossen und je nach Art und Zusammensetzung der betreffenden Sorte 15 25 Minuten im Autoklaven mit gespanntem Dampfe bei 112^ 117°^) sterilisiert, rasch herausgenommen und zur Abkühlung der ganze Inhalt in kaltes Wasser getaucht.

Das Reichsgesetz 2) von 1887, welches die Innenverzinnung der Konservendosen auf einen maximalen Bleigehalt von 1% normierte und für die Verlötung ein Lot von höchstens 10% vor- schrieb, hatte neben anderen Vorteilen auch eine gewaltige Um- änderung in der Konstruktion der angewandten Dosen im Gefolge. Da die Lötung mit dem vorgeschriebenen Lote eine schwierige war, so suchte man die Zulötung der Dosen so viel wie möglich zu umgehen, und dies gab die Anregung zur Erfindung der so- genannten Falzdose. Mit dem Konserveninhalt kommt derart nur noch eine kleine, schmale Lötnat in Berührung, entsprechend der Höhe der Dose. Zur Erzielung eines hermetischen Ab- schlusses am Boden und Deckel der Falzdose ist das Einlegen eines Dichtungsringes aus Gummi erforderlich.

1) Ad er hold, R., Zentralbl. f. Bakt, IL Abt., 1899, S. 17—20. Kon- ■erven-Zeitang, Jahrg. 1901, S. 365.

2) Chemiker-Zeitung, Jahrg. 1891, S. 1109, Reichsgesetz, betr. den Ver- kehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen vom 25. Juni 1887.

Von Dr. Joseph Belser. 109

Da die durch Kochen konservierten grünen Gemüse meist ihre lebhafte, natürliche Farbe verändern, grau- oder braungrün- mifsf arbig werden, so sucht man dem Wunsche des konsumierenden Publikums gemäfs das ursprüngliche, frische Aussehen dadurch wieder herzustellen, dals man dem Wasser, das beim Vorkochen angewendet wird, eine geringe Menge Kupfersulfat zusetzt; so verwendet man nach Tschirch^) auf 60 70 kg Gemüse 30 70 g Kupfersulfat und 100 1 Wasser. Nach Lehmann^) geschieht die Grünfärbung durch kurzes, 3 8 Minuten dauern- des Brühen in einem Kupferkessel, auf 30 40 kg Gemüse 100 1 Wasser und 10 15 g Kupfersulfat.

Die geringen Mengen von Kupfer, welche nach zahlreichen Untersuchungen (Gautier'), Lehmann, Tschirch, Nikitin*) bei dieser Gelegenheit von den Gemüsen aufgenommen werden, haben jedenfalls keine konservierende Wirkung.

Nach Tschirch bildet sich bei Kupferanwesenheit das brillantgrüne Kupfersalz der bräunlichen Phyllocyaninsäure (C24 H27 N2 04)2 Cu, welches hauptsächlich die Erhaltung der grünen Farbe bedingt.

Während bis vor kurzer Zeit niemand an eine organische Vergiftung durch derartig hergestellte Konserven mit Gemüse dachte, trat die Möglichkeit einer solchen durch die bedauerlichen Vorgänge in der Darmstädter Alicenkochschule in den Vorder- grund, als dort im Januar des vorigen Jahres durch den Genufs von in Salat verwendeten Bohnenkonserven von 52 Personen 21 schwer erkrankten, wovon dann 11 ihr Leben einbüfsen mufsten.

Wie die angestellte Untersuchung ergab, waren die be- treffenden Bohnen in der Kochschule selbst, in Büchsen mit Gummiring, Deckel und federndem Bügel verschlossen, konser-

1) Tschirch« A., Das Kupfer. Stattgart, 1893.

2) Lehmann, K. B., Hygienische Studien über Kupfer. Archiv f. Hygiene, Bd. 24, 1895, S. 1.

3) Gautier, E. J. Armand, Le Cuivre et le Plomb dans l'alimen- tation et Tindastrie au point de vue de l'hygi^ne, Paris, 1883.

4) Nikitin, A., Das Färben der grünen Erbsen mit Kupfersalzen und ihr einfachster Nachweis. Zeitschr. f. Unters, d. Nahrungs- u. Genufsmittel, Jahrg. 1900, S. 703.

110 Studien über verdorbene Gemdsekonserven.

viert worden. Beim Offnen derselben soll nach den Angaben äufserlich keine stärkere Zersetzung aufgetreten sein ; nur machte sich ein ungewöhnlicher Geruch geltend.

Aus den seither veröffentüchten Berichten und den geschil- derten Krankheitssymptomen ist zu entnehmen, dafs es sich bei diesem bedauerlichen Unglücksfall nicht um eine Vergiftung mit Metallen, sondern um eine solche mit Toxinen, die als Stoff- wechselprodukte von Bakterien auftraten, gehandelt hat. Dafs hierbei nicht, wie in verschiedenen Tagesblättem zurzeit be- hauptet wurde, ein ungenügender Kochsalzzusatz in Betracht kam, ist schon von anderer Seite ^) genügend betont worden. Landmann ^) gewann aus einem Stückchen Bohnensalat, das er noch in einem Kohlenkasten vorfand, durch Schütteln mit 5 com physiologischer Kochsalzlösung und nachheriges keimfreies Filtrieren ein Gift, von dem 2 weifse Mäuse bei subkutaner Injektion von 0,5 ccm nach 24 Stunden starben. Wurde das erhaltene Filtrat kurze Zeit aufgekocht, so hatte es seine toxische Wirkung eingebüfst. Hiermit stimmt auch die Tatsache überein, dafs diejenigen, welche von dem gleichen Salat genossen hatten, der kurze Zeit auf dem heifsen Herde gestanden und derart durch Zufall ins Kochen geraten war, absolut keine schädlichen Wir- kungen verspürten.

Nachdem Landmann derart die Anwesenheit eines starken, durch Kochen zerstörbaren Giftes im Bohnensalate nachgewiesen hatte, suchte er auch die Herkunft desselben festzustellen und fand als Ursache der Toxinbildung einen sporenbildenden, an- aeroben Bazillus, der mit dem von van Ermengen zuerst in Schinken gefundenen Bacillus botulinus die weitgehendste Ähnlichkeit besafs. Schon öfter war derselbe als Ursache von Fleischvergiftungen erkannt worden.

G af f ky '^j, dem neben zwei leeren noch eine 1^2 ^^g wiegende uneröffnete, mit Bohnen gefüllte Weifsblechbüchse zur ünter-

1) Konserven-Zeitung, Jahrg. 1904, Nr. 8, S. 80.

3) Land mann. Ct., Über die Ursache der Darmstädter Bohnenvergif- tnng. Hygienische Rundschau, XIV. Jahrg., Nr. 10.

3) Gaffky, Alice-Kochschule. Darmstädter >Täglicher Anzeiger« vom 9. Februar 1904.

Von Dr. Joseph Belser. 111

suchung übergeben worden war, konnte ebenfalls ein nur bei Luft- abschlufs wachsendes, Buttersäure bildendes Bakterium isolieren, das kräftig wirkende Toxine bildete und, wie er sich ausdrückt, mit Bacillus botuünus »einige Ähnlichkeitc besafs.

Auch in einigen Artikeln der »Konserven-Zeitungc^] wird entschieden die Ansicht vertreten, dafs es sich bei vorliegendem Unglücksfall um eine Vergiftung mit Bakterien, resp. mit Toxinen handelte, daCs aber nicht der Bacillus botulinus in Frage komme, sondern die beiden fakultativ anaeroben Proteusarten : Bacillus proteus mirabilis und Bacillus proteus vulgaris, die ja in faulenden Substanzen öfters anzutre£Een sind.

Der tragische Vorfall in Darmstadt war leicht geeignet, Be- ängstigungen hervorzurufen und gegen die Konservennahrung Mifstrauen zu erwecken ; da ja auch in den bestgeleiteten Fabriken alljährlich ein gewisser Prozentsatz der sterilisierten Gemüse zu- grunde geht, was sich namentlich durch eine kräftige Gasbildung im Innern der Dose bemerkbar macht. Solche Büchsen werden in Fachkreisen ihrer veränderten Form wegen als »bombierte bezeichnet.

Trotz einer sorgfältig ausgeübten Kontrolle seitens der Fabrik kommt es hin und wieder vor, dafs solche Konserven in die Hände des konsumierenden Publikums gelangen, indem sie etwa erst nachträglich noch bombieren können.

Es schien mir daher vom hygienischen Standpunkte aus äufserst wichtig, derart verdorbene Gemüsekonserven näher zu untersuchen, da ja, wie auch von anderer Seite wiederholt her- vorgehoben, anzunehmen war, dafs sich auch hier ähnliche toxische Wirkungen geltend machen könnten wie bei denjenigen in der Alicen-Kochschule und vielleicht bis anhin nur deshalb noch keinen Schaden bewirkt hatten, weil sie vor dem Genüsse gekocht worden waren.

Der Umstand, dafs über die biologischen Eigenschaften der Zerstörer von Gemüsekonserven in der Literatur bis jetzt nur

1) Konserven-Zeitang, Jahrg. 1904, Nr. 6, 7, 8. Redaktear G. Brandau, Braonschweig.

112 Stadien über verdorbene Gemüsekonserven.

ganz wenig bekannt ist, wahrscheinlich weil solche bombierte Dosen im Handel nur selten anzutre£Een sind und für die be- treffenden Forscher nur schwierig zu erhalten waren, liels es gerechtfertigt erscheinen, diese interessanten Lebewesen, die ent- weder grofse Widerstandsfähigkeit gegen hohe Temperaturen haben müssen oder vielleicht erst nachträglich in die Büchsen gelangen, näher kennen zu lernen.

Das zu meinen Untersuchungen nötige Material wurde mir in zuvorkommender Weise teils von Konserven-Handlungen, zum gröfsten Teile aber von verschiedenen Fabriken zur Verfügung gestellt und gab man mir, meinem Wunsche gemäfs, möglichst solche Objekte, bei denen man glaubte, dafs die Bombage nicht auf einen Defekt der Dose, sondern auf mangelhafte Sterilisation zurückzuführen sei.

Wie aus der Literatur ersichtlich, war Aderhold ^) der erste, der sich mit diesem Gegenstande etwas eingehender be- fafste. Er versuchte aus zehn verschiedenen bombierten Gemüse- konserven die Verderber zu züchten, doch gelang es ihm trotz der vielseitigsten Bemühungen nie, in den hergestellten Kulturen Wachstum zu erhalten, nach seiner Meinung, weil die betreffenden Organismen »einfach abgestorben waren c.

Wie bereits angedeutet, ist die sachbezügliche Literatur zur- zeit noch eine recht spärliche. Neben der schon zitierten Arbeit von Aderhold kommt noch namentlich diejenige von K. von WahP) in Betracht.

Wie aus den kurzen interessanten Abhandlungen ersichtlich ist, hat Verfasser anfänglich selbst Konserven eingemacht und zu diesem Zwecke Karotten, Spargeln, Erbsen in Gläsern bei strömendem Dampfe sterilisiert. Trotz zweistündiger Kochdauer verdarben alle und es konnten als Zerstörer Endosporen bildende Stäbchenbakterien isoliert werden, die aber leider sonst nicht

1) Ader hold, R., Zentralbl. f. Bakt, IL Abt., 1899, Bd. 6, S. 17—20.

2) K. V. Wahl, Über das Verderben der Konserven. Konserven-Zeitung, Jahrg. 1903, Nr. 11 n. 12. Untersuchungen über Konservenverderber. Berichte der Grofsherzoglich Badischen landwirtschaftlichen Versuchsanstalt, Augustenberg, 1902, S. 33—35 Bericht 1903, S. 35—36.

Von Dr. Joseph Belser. 113

näher beschrieben wurden. Später untersuchte genannter Autor auch Fabrikkonserven, und konnte hier wieder mehrere Arten von Mikroorganismen isolieren, die zum Teil sehr widerstands- fähige Sporen zeigten, welche ein zweistündiges Kochen über- dauerten. Höchst interessant ist femer die Mitteilung, dals die Sporen je nach dem Nährsubstrat, auf dem sie sich gebildet und dem Material, auf dem sie zur Prüfung angetrocknet wurden, an Lebensdauer einbülsten oder gewannen. Leider gibt K. v. Wahl in beiden Notizen keine näheren biologischen Eigenschaften der gefundenen Mikroben an, doch stellt er eine ausführliche Dar- stellung seiner Untersuchimgen in Aussicht.

Aderhold ^) glaubt, dals es keine für eine bestimmte Ge- müseart spezifischen Zerstörer gebe, und wahrscheinlich keine >8pezifi8chen Gemüsezerstörer überhaupt. c K. v. Wahl aber fand in gleichartigen Konserven verschiedener Herkunft oft die gleichen Verderber und in Konserven verschiedener Sorte nie- mals die gleichen Bakterien.

Nach letzterem Forscher würde sich somit die in Fach- kreisen gehegte Ansicht bestätigen, dafs sich verschiedene Gemüse- arten, imter den gleichen Bedingungen konserviert, verschieden lang halten.

Nach einer anderen von K. Kroemer^) erstatteten, kurzen Notiz ist zu ersehen, dafs man sich in der Versuchsanstalt Geisenheim ebenfalls mit dem gleichen Gegenstand befafst. Doch war bei Abschlufs meiner Untersuchungen eine weitere Publi- kation noch nicht erfolgt.

Die Redaktion der >Konserven-Zeitung€ hat seit einigen Jahren in Braunschweig eine Untersuchungsstation errichtet, wo die Konservenfabriken in kürzester Zeit ihre Produkte auf Keimgehalt untersuchen lassen können. Diese Einrichtung soll sich nach Mitteilungen der Praxis sehr gut bewährt haben, indem die betreffenden Fabriken derart eine gewisse Kontrolle für ge-

1) a. a. 0., 8. 6.

2) Untersachangen über die Bakterien der Obst- und Gemüsekonserven. Bericht der Königl. Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau zu Geisen- heim a. Rh., 1903, S. 114—115. (Berlin bei P. Parey.)

114 Studien über verdorbene Gemüsekonserven.

nügende Sterilisation besitzen. Will also ein Fabrikant die Zeit- dauer und die Höhe der Temperatur, die notwendig ist, um eine bestimmte Konserve sicher steril zu bekommen, genau kennen, so braucht er nur eine gewisse Anzahl verschieden lang und bei verschiedenen Drucken hergestellter Büchsen zur Untersuchung zu senden und wird die gewünschten Daten erhalten.

Die Redaktion obiger Zeitschrift berichtet in einem Auf- sätze^), betitelt: >Nochmals die Vergiftung in Darmstadtc von Versuchen, bei denen in bombierten Büchsen einige streng anaerobe Buttersäurebazillen, femer solche vom Kolitypus und einige unbekannte Mikroorganismen gefunden wurden.

Bakteriologische Untersuchungen.

Die von mir vorgenommenen Untersuchungen wurden wie folgt ausgeführt: Unmittelbar vor der Probeentnahme aus einer bombierten Büchse wurde diese tüchtig geschüttelt, nach Ent- fernen der Etiketten mit Bürste und Seife gut gereinigt und der Deckel und die obersten Partien der Wand mittels eines Bunsenbrenners gut abgebrannt, bis zum Erkalten mit einem vorher sterilisierten GlasgefäTse bedeckt, alsdann mit einem spitzigen, mehrere Male durch die Gasflamme gezogenen, langen Eisennagel eine Öffnung in die Mitte des Deckels gebohrt.

Mit einer sterilen Wasserpipette wurde nun Flüssigkeit aus dem Innern in verschiedenen Höhenlagen herausgenommen und jedesmal folgende Kulturen damit angesetzt:

Je 1 hohe Kultur in Traubenzuckeragar mit 0,1 und 1 com Brühe, bei Temperaturen von 37° und 30® gehalten.

Je 2 Kulturen in Traubenzuckerbouillon mit 0,1 und 1 ccm Brühe bei 37 «, 30 <> und 22 «.

Um einen möglichst passenden Nährboden zu schaffen, ver- wendete ich jeweils den flüssigen Inhalt steril gebliebener Büchsen der betreffenden Gemüseart und gab jedesmal 1 ccm

1) Konserven-Zeitung, Nochmals die Vergiftung in Darmstadt, Jahrg. 1904, Nr. a

Von Dr. Joseph Belser. 115

der zu untersachenden Brühe in solche Röhrchen, die ich bei 370, 30^ uDd 22 0 beobachtete.

Öfters leistete mir auch ein Nährboden, hergestellt mit der Flüssigkeit einer keimfreien Dose und der nötigen Menge Gelatine oder Agar-Agar versetzt, gute Dienste.

Neben obigen Kulturen wurden noch 2 anaerobe in Trauben- zuckergelatine hergestellt unter Verwendung von 0,5 ccm flüssigem Büchseninhalt. Überdies machte ich jedesmal mit einer Platinöse zwei Strichkulturen auf schiefem Agar für die Züchtung bei Bruttemperatur. Schliefslich gab ich noch je 1 ccm in zwei verflüssigte Traubenzuckergelatine und stellte damit Platten her.

War während vier Wochen kein Wachstum auf obigen Kulturen zu bemerken, so wurden sie zerstört.

Kleine Mengen des Büchseninhaltes wurden sowohl im hängenden Tropfen als auch im gefärbten Präparate jedesmal auf Bakterien mikroskopisch untersucht.

Eine jedesmalige Prüfung der betreffenden Dose auf Dichtigkeit nahm ich in der Weise vor, dafs im Deckel mit einer Blechschere eine runde OfEnung gemacht wurde, der Inhalt mit Wasser ausgespült und die Büchse durch Auflötung eines mit einem Rohrstutzen versehenen Bleches wieder verschlossen. Die derartig vorbereitete Büchse wurde hierauf in eine starke Fluores- ceünlösung gestellt, der Stutzen durch Schlauch mit einer Wasser- strahlpumpe in Verbindung gesetzt und während ca. 4 Stunden einem Vakuum von 15 mm Hg. ausgesetzt. Nach dieser Zeit wurde die Büchse herausgenommen, möglichst von FarbstofE befreit, gut abgetrocknet und in der Mitte ihrer Höhe durch- schnitten. Mit Leichtigkeit war derart ein eventueller Eintritt von FarbstofElösung bzw. Undichtigkeit zu erkennen.

Die Tierversuche wurden in Gegenwart von Herrn Professor Dr. O. Roth ausgeführt. Als Versuchstiere verwendete ich weifse Mäuse, denen ich in den weitaus meisten Fällen etwas von dem unfiltrierten Inhalt bombierter Büchsen unter die Rückenhaut einspritzte. Da anfänglich Toxine in den ver- dorbenen Dosen vermutet wurden, so filtrierte ich in Nr. 1, 2

116 Studien über verdorbene Gemüsekonserven.

und 3 die Brühe durch Porzellanfilter mit der Absicht, sobald sich schädliche Wirkungen bemerkbar machen sollten, auch Tierversuche mit den isolierten Bakterien vorzunehmen.

Meistens wurden die Versuchstiere während vier Wochen beobachtet und dann seziert.

Ich lasse nun die Protokolle meiner Untersuchungen folgen :

Bttehse Nr. 1.

Inhalt ca. 16 Monate alte, grüne Erbsen, äafserlich sehr kräftig bombiert, daher beim öflfnen eine Menge unangenehm riechende GkMe ; Brühe schäumt stark auf, getrübt, unansehnliche, gelbgraue Farbe.

Säureproduktion: 10 ccm Brühe erforderten cur Neutralisation

4,25 ccm ^ Na OH.

Mikroskopischer Befund: GroüBe Zahl etwa 5 6 mal so langer als dicker Stäbchen; im hängenden Tropfen stark beweglich; daneben ver- einzelt lange, fadenförmig aneinandergelagerte Stäbchen. Zuweilen findet man grofse, stark lichtbrechende Sporen.

Bemerkungen: Auf den wie oben angegeben hergestellten Kulturen erhielt ich nur eine Bakterien art, die nach ihrem morphologischen, wie auch biologischen Verhalten in die Gruppe des Bacillus amylobacter van Tieghem^) Clostridium bntyricum Prazmowski gehört.

Tierversuche: Traubenzuckerbonillon mit der isolierten Bakterienart eingeimpft^ wurde nach 8 Tagen filtriert, mit steriler, physiologischer Koch- salzlösung 1:4 verdünnt und zwei Mäusen subkutan injiziert: Maus Nr. 1 0,5 ccm. Maus Nr. 2 1 ccm. Tiere bleiben gesund, auch Verfütterung einer 5 Tage alten unfiltrierten Bouillonknltur ergibt ein negatives Resultat. Zwei weitere Mäuse erhielten von einer 10 Tage alten, keimfrei filtrierten Traubenzuckerbouillon : Maus Nr. 3 1 ccm. Maus Nr. 4 1 ccm ; trotzdem Tiere normal. Auch die Sektion aller Tiere zeigt keine Veränderungen.

Dichtigkeit der Büchse: Dicht.

Bttehse Nr. 2.

Enthaltend Vt ^ Erbsen, 11 Monate alt; äufserlich wenig bombiert, daher beim öflfnen nur geringe Mengen Gas. Geruch und Farbe der Büchse normal, schwach getrübt.

Mikroskopischer Befund: Mehrere grofse, spindelförmige Stäbchen, ähnlich Bacillus amylobakter; vereinzelt Fäden von grolsen, dicken Stäbchen an Bacillus megatherium erinnernd; im ganzen sind viele Kokken vor- herrschend.

1) Matzusohita, Bakteriolog. Diagnostik, 1902, S. 492. M i g u 1 a , System der Bakterien, II. Bd., S. 53G.

Von Dr. Joseph Belser. 117

Säureprodaktion: 10 ccm Erbsenbrühe verlangten 1,05 com

Tierversnche: Zwei Mäuse bekamen subkutan keimfrei filtrierte Erbsenbrühe: Maus Nr. 5 0,6 ccm, Maus Nr. 6 0,4 ccm, Befinden normal.

Bemerkungen: Obschon der mikroskopische Befund auf die An- wesenheit einer grolsen Zahl von Bakterien schliefsen liefs, konnte trotz der verschiedenen Kulturen nie Wachstum erhalten werden.

Dichtigkeit der Büchse: Dicht.

Bttehse Nr.

Inhalt 11 Monate alte grüne Erbsen, Boden und Deckel stark bombiert, beim öffnen neben stark aufschäumender Flüssigkeit nach Buttersäure riechende Gase. Erbsenbrühe stark trübe, schmutiig graugrün. Im Innern der Dose an vielen Stellen grauschwarze, matte, moir^artige Flecken von Zinnsulfid >).

Säuregrad: 10 ccm Brühe verlangten 2,90 ccm ^k Na OH.

Mikroskopischer Befund: Qrofse Zahl Kokken oder Kurzstäbchen, vielfach kettenförmig aneinandergelagert.

Tierversuche: Zwei Mäuse erhielten subkutan keimfrei filtrierte Erbsenbrühe: Maus Nr. 7 = 0,7 ccm; Maus Nr. 8 = 0,8 ccm: Verhalten normal.

Bemerkungen: Leider läCst sich hier die Frage, durch welche Bakterienart die Bombage verursacht wurde, nicht beantworten, da die Kul- turen kein Wachstum zeigten.

Dichtigkeit der Büchse: Undicht an der Lötnatfalz.

Bttehse Nr. 4.

Inhalt Vt i Erbsen, wenig bombiert, zeigt Erscheinung des >Flattems« ; deshalb beim öffnen wenig Gas, Flüssigkeit wenig trübe, von graugrüner Farbe. Innerlich war Zinnüberzug stark angegriffen (> mattiert«.)

Säuregrad: 10 ccm Erbsenbrühe entsprachen 3,62 ccm r^rNaOH.

Mikroskopischer Befund: Viele kurze, etwa 1,5 mal so lang als breite Stäbchen, an den Enden abgerundet ; vereinzelt kommen noch schwach bewegliche, nach Gram färbbare, grOfsere, fadenförmig aneinandergelagerte Stäbchen vor. Hefezellen mit deutlichen Sprossungen sind vereinzelt an- wesend.

In 1 ccm Brühe sind im Mittel 300 Keime enthalten.

1) Beckurts, H., Bildung von Schwefelzinn in WeiTsblechbüchsen. Chemiker-Zeitung, 1889, S. 1523.

Reufs, W., Zur Chemie der Konservenfabrikation. Chemiker- Zeitung, 1889, S. 1428.

Rössing, A., Mitteilungen über das Schwarzwerden der Gemüse- konserven in Weifsblechdosen. Zeitschr. f. analyt. Chemie, 1896, Bd. 35, S. 38.

11g Studien über verdorbene GemOsekonBerven.

Tierversache: Zwei M&use bekamen subkotan direkt entnommenen Büchfleninhalt : Maas Nr. 9 ^= 1 com; Maus Nr. 10 = 1 com, ohne StOrang im Befinden.

Bemerkungen: Aus den verschiedenen Kulturen isolierte ich zwei Mikroorganismen, nämlich: Bacillus subtilis (Ehrenberg) Cohn*) und eine Hefe, die trauben zuckerhaltige N&hrbOden rasch und krftftig vergährte.

Dichtigkeit der Büchse: Undicht, wo, war nicht mehr zu er- mitteln, da zu viel FarbstoflflOsung eingesaugt worden war.

Büchse Nr. 6.

Inhalt 1 1 junge Bohnen, 1 Jahr alt, Aufserlich wenig bombiert, Geruch der Flüssigkeit normal, Farbe graugrün, stark trübe.

Säureproduktion: 10 ccm Bohnenbrühe erforderten 3,1 8 j^ NaOH.

Mikroskopischer Befund: Grolse, etwa achtmal so lange als breite, schlanke Stäbchen ; viele sind gekrümmt, und da sie sich gerne faden- förmig hintereinander lagern, so erwecken sie den Eindruck eines Spirillums ; nach Gram nicht färbbar.

Auf den Gelatineplatten zählte ich im Mittel pro 1 ccm Brühe 15000 Kolonien.

Morphologie der Reinkultur: Grofse, etwa achtmal so lange als breite Stäbchen, bilden gerne die genannten, gekrümmten Involutions- formen.

Gelatineplatten: Makroskopisch: Oberflächenkolonien bläulich- weifs, durchsichtig ; Wachstum langsam. Tiefenkolonien erscheinen als gelbe Pünktchen. Bei schwacher Vergröfserung zarter, dünner Belag ; Randabgren- zung unscharf; die ganze Kolonie ist gleichmäfsig, fein gekörnt. Die tiefer liegenden sind meistens rund, auch oval, ebenfalls schwach gekörnt

Gelatinestich: Im Stichkanal nur ganz geringes Wachstum, der dünne, zarte, oberflächliche Rand zeigt keine Ausbuchtungen; Verfltissigung tritt nie ein.

Agarstrich: Bei 30^ zarter, glatter, feuchtglänzender, durchsichtiger Belag.

Kartoffeln: Zarter Belag, am Rande Ausbuchtungen.

Milch: Gallertartige, gleichmäfsige Gerinnung, die nach 8 Tagen klumpig wird mit wässerigem Serum.

Traubenzuckerbouillon: Trübung nach 3 Tagen, schwache Gasbildung.

Temperaturverhältnisse: W ächst bei Zimmertemperatur langsam.

Luftbedürfnis: Fakultativ anaerob.

Tierversuche: Maus Nr. 11 = 0,6 ccm. Maus Nr. 12 =3 0,3 ccm un- Ültrierte Brühe subkutan; normal.

Bemerkungen: Nach diesem Befunde war mir eine Artbestimmung nicht möglich.

Dichtigkeit der Dose: Undicht am Lötstellefalz.

1) MatzuBchita, Diagn., 1. Aufl., S. 2.

Von Dr. Joseph Belser. 119

Bichae Nr. 6.

1 Jahr alte Erbaen, beidsdtig stark bombiert, beim Ofiben Gerach nach Batteniare: Flflnigkeit gelblichweiA,- stark trflbe.

Aiiditit: 10 ccm BrOhe erforderten 4,7 ccm j^ NaOH.

Mikroskopischer Befand: Grofse, dicke, sporenhaltige, manch- mal spindelfOnnig angeschwollene 8tAbchen, seigen Granolosereaktion, be- wegen sich lebhaft

Tierversuche: Maas Nr. 13 = 0,3 ccm, Maus Nr. 14 = 0,5 ccm un- filtrierter BrQhe, subkutan, ohne Wirkung.

Bemerkungen: Diese Bakterienart stimmt morphologisch, wie auch biologisch mit der in Büchse Nr. 1 gefundenen überein. Dichtigkeit der Dose: Dicht.

Biehse Nr. 7.

Inhalt grüne Bohnen, 1 Jahr alt, wenig bombiert, Flüssigkeit schwach trübe, Grerach normal.

S&ureproduktion: Für 10 ccm Brühe waren 6,2 ccm -^ NaOH er- forderlich.

1 ccm Brühe enthielt im Mittel 400 Keime.

Mikroskopischer Befund: Kurse, dicke, 2 3 mal so lang als breite Stäbchen mit abgerundeten Enden, nach Gram nicht färbbar ; sie sind lebhaft beweglich.

Gelatineplatten: Makroskopisch: Nach 3 Tagen gelblichweifse, punktförmige Kolonien; bei schwacher Vergröfserung durchscheinende, kOmige Struktur.

Gelatinestich: Wachstum bis in die Tiefe des Stichkanales, ober- flächlich zarter, gelblichweifser Belag.

Agarstrich: Schwach gelbliche, feuchtglänzende Auflagerung.

Kartoffeln: Feuchtglänzender, zitronengelber Belag.

Traubensuckerbouillon: Nach 48 Stunden starke Trübung; schwache Gasentwicklung; Nährböden aus Bohnen werden ebenfalls schwach vergärt.

Temperaturverhältnisse: Wächst bei 30^ am besten.

Tierversuche: Maus Nr. 15=0,6 ccm, Maus Nr. 16 = 0,3 ccm sub- kutan unfiltrierter Bohnenbrühe; keine Wirkung.

Bemerkungen: Identifizierung mit einer schon beschriebenen Bakterienart war mir nicht möglich.

Dichtigkeit der Büchse: Undicht, an Berührungsstelle Lötnat und Falz.

Bttehse Nr. 8.

Inhalt junge Erbsen, 1 Jahr alt^ stark bombiert, beim Öffnen widerlich riechende Gase, Flüssigkeit schäumt stark auf, trübe, graugrün. Innerlich zeigt Büchse vielerorts Belag von Schwefelzinn.

120 Studien über verdorbene Gemüsekonserven.

Azidität: 10 ccoi Erbsenbrühe verlangten 4,73 ccmr^NaOH.

Mikroskopischer Befund: Mittellange dicke Stäbchen mit abge- rundeten Enden, neben kurzen, dicken, die sich nach Gram färben.

Tierversuche: Maus Nr. 17=0,6 ccm unfiltrierte Brühe, subkutan. Maus Nr. 18 mit ebensolcher Brühe gefüttert ; Maus Nr 19 = 0,3 ccm keimfrei filtrierter Erbsenbrühe subkutan. Befinden aller Tiere normal.

Bemerkungen: Trotz verschiedener Kulturen, auch auf solchen mit Erbsen, kein Wachstum.

Dichtigkeit der Dose: Dicht.

Bttchse Nr. 9.

Inhalt Wacbsbohnen, 1 Jahr alt, wenig bombiert, daher nur wenig Gas beim öffnen; Flüssigkeit schwach trübe, sonst normal.

Säureproduktion: 10 ccm Bohnenbrühe erforderten 1,34 ccm ^ Na OH.

MikroskopischerBefund: Lange, dünne, schwachgebogene, manch- mal spirillenförmig angeordnete Stäbchen, wahrscheinlich sind es Involutions- formen. Daneben vereinzelt noch kurze, dicke Stäbchen.

Tierversuche: Maus Nr. 20 ==0,2 ccm, Maus Nr. 21=0,7 ccm un- filtrierter Brühe subkutan; normal.

Kulturversuche: Sowohl aerob als auch anaerob in den verschiedenen Nährböden kein Wachstum.

Dichtigkeit der Dose: Undicht, wo, war nicht zu ermitteln.

Bttchse Nr. 10.

1 Jahr alte Erbsen, sehr kräftig bombiert, beim Offnen heftige Gas- entwicklung, Flüssigkeit stark trübe, säuerlich.

Azidität: 10 ccm erforderten zur Neutralisation 5,52 ccm ^tv Na OH.

Mikroskopischer Befund: Kurze, etwa 2 4mal so lange als breite Stäbchen in grofser Zahl, an den Enden abgerundet, häufig reihenförmig an- geordnet; lebhaft beweglich. Es scheint sich nur um eine einzige Art zu handeln.

Bemerkungen: Alle durch die Kulturen erhaltenen Merkmale, auch die Widerstandsfähigkeit lassen auf Identität dieser Bakterienart mit Bacillus brassicae acidae^) schliefsen, der zuerst von Conrad als ein Erreger der Sauerkrautgärung erkannt worden war.

Tierversuche: Subkutan Maus Nr. 28=0,5 ccm ; Maus Nr. 24=0,9 ccm direkt entnommener Brühe; Verhalten normal.

Dichtigkeit der Büchse: Dicht.

1) Matzuschita,Diagn. S. 318. Migula, System d. Bakt. ü, S. 737.

Von Dr. Joseph Belser. 121

Bttchse Nr. 11.

Inhalt 13 Monate alte Erbsen, anf beiden Seiten kräftig bombiert; beim Offnen eine grofise Menge anangenehm riechende Gase neben schmatiig grangrüner stark aufschäumender Brühe.

Säure gr ad: 10 ccm Brühe erforderten 8,45 ccm jz: Na OH.

Mikroskopischer Befund: Kurze, dicke Stäbchen von lebhafter Be- weglichkeit, neben vereinzelten Ilefezellen und Langstäbchen, die an Kar- toffelbazillen erinnern.

Durch die Kultur konnte nur eine einzelne Art isoliert werden, die folgende Eigenschaften zeigt:

Morphologisches. Verhalten: Kurze, 2 4mal so lang als breite Stäbchen, Gram positiv.

Gelatineplatten: Nach 2 Tagen oberflächliche Kolonien stark ent- wickelt, einzelne mit gelber Färbung. Mikroskopisch um das lichtere Zentrum radiäre Fasern, nach gekerbtem, stark glänzenden Bande zu erkennen. Früh zeigt sich um die Kolonie herum eine verflüssigte Zone von gelber Farbe. Kleinere Kolonien haben ein gegen gekerbten Rand verlaufendes Ldnien- system. Auf Erbsengelatine entwickeln sich Kolonien in gleicher Weise, aber langsamer.

Gelatinestich: Wachstum bis in die Tiefe des Impf Stiches; an der Oberfläche flach ausgebreitete, zitronengelbe Auflagerung; bald beginnt die Verflüssigung, zuerst schreitet sie gegen die Glaswand vor und greift dann erst in die Tiefe ; in der verflüssigten Gelatine entsteht ein gelber, flockiger Niederschlag.

A garstrich: Gelblich weisse, feuchtglänzende Auflagerung mit feinen Einbuchtungen am Rande.

Kartoffeln: Gelbe, glänzende Auflagerung mit kräftigen Ausbuchtungen am Rande.

Bouillon: Nach 24 Stunden Trübung; später bildet sich eine gelblich gefärbte Kahmhaut.

Gasentwicklung: Traubenzuckerhaltige Nährboden werden rasch und kräftig vergärt; solche aus Erbsen weniger rasch.

Temperaturverhältnisse: Wächst bei Zimmer- und Bruttemperatur.

Schnelligkeit des Wachstums: Wächst rasch.

Farbenproduktion: Erzeugt bei Luftzutritt einen gelben Farbstoff.

Sporenbildung: Bildet mittelständige Sporen, die aber an Seiden- fäden angetrocknet 20 Minuten strömenden Dampf nicht aushalten.

Peptonwasser: Trübt sich stark und gibt die Indolreaktion.

Luftbedürf nis: Fakultativ anaerob.

Tierversuche: Maus Nr. 25 = 0,6 ccm, Maus Nr. 26 = 0,8 ccm subkutan, ohne Störungen.

Bemerkungen: Eine Artbestimmung war mir nicht möglich.

Dichtigkeit der Büchse: Dicht. ArchiT für Hygiene. Bd. LIV. 9

122 Stadien über verdorbene Gemüsekonserven.

Bttehse Nr. 12.

3 Monate alte grüne Scbmalzbohnen, nor ganz wenig bombiert; die Brühe war stark trübe, von gelblich weiTser Farbe, sonst normal. Innerlich war die Büchse an sehr vielen Sti)llen stark angegriffen.

Azidität: 10 ccm Bohnenbrühe verlangten 8,66 ccm t^t Na OH.

Mikroskopischer Befund: Grofse Zahl langer, schlanker Stäbchen, neben kürzeren, dicken, die sich nach Gram färben

Tierversache: Zwei weifse Mäuse erhielten subkutan folgende Mengen unfiltrierter Bohnenbrühe:

Maus Nr. 27 = 0,5 ccm , Maus Nr. 28 =: 1,0 ccm ; trotzdem keine Ver- änderungen.

Kulturversuche: Alle fielen negativ aus ; auch solche auf Bohnen- nährbOden, was wohl zum Schlüsse berechtigt, dafs diese Organismen abge- storben waren.

Dichtigkeit der Büchse: Undicht am Falze.

Btlehse Nr. 13.

Enthaltend ca. 4 Monate alte, gemischte Gemüse, wenig bombiert: Flüssigkeit nur schwach getrübt

Säureproduktion: 10 ccm Brühe verlangten 1,79 ccm rrr Na OH.

Mikroskopischer Befund: Kurze, dicke, an den Enden abgerundete Stäbchen von lebhafter Bewegung.

In 1 ccm Brühe wurden im Mittel 14 Kolonien gezählt.

Gelatineplatte: Makroskopisch : Oberflächenkolonien meistens rund, mattweiTs, glänzend, mit bläulichem Schimmer, gewöhnlich zentralem Kern, Rand scharf und zeigt eine schon makroskopisch leicht zu erkennende Buchtung. Mikroskopisch sind tiefer liegende Kolonien gelblich, scharf um- grenzt; oberflächliche haben am Rande starke Furchungen, um das hell- gelbe Zentrum verläuft ein System konzentrischer Kreise.

Gelatinestich: Wachstum bis in die Tiefe des Stichkanales, ober- flächlich zarter, ausgebuchteter Belag.

Agarstrich: Weifse, feucht glänzende Auflagerang, am Rande schwach ausgebuchtet.

Kartoffeln: Feuchtglänzender, bräunlichgelber Belag.

Traubenzuckerbouillon: Starke Trübung, weifser Bodensatz, Gasentwicklung (auch Nährboden von Erbsen), Indolreaktion positiv.

Temperatur Verhältnisse: Wächst rasch und Üppig bei Zimmer- temperatur, bei 37" kümmerlich.

Milch: Wird koaguliert.

Tierversuche: Maus Nr. 29 = 0,6 ccm, Maus Nr. 30 = 0,6 ccm direkter Brühe, subkutan, normales Verhalten.

Bemerkungen: Artbestimmungen nicht möglich. Plattenwachstum erinnert an die Koligruppe, gegen dieses spricht aber mangelhaftes Wachs- tum bei 37».

Dichtigkeit der Büchse: Undicht bei Lötnatfalz.

Von Dr. Joseph Belser. 123

Bttehse Nr. 14.

Inhalt grOne Erbsen 5 Monate alt, stark bombiert, daher kam beim Offnen Flüssigkeit unter starkem Aufsch&omen hervor.

Azidität: 10 com Erbsenbrühe verbrauchten 2^68 ccm r^ NaOH.

Bemerkungen: Morphologisch und biologisches Verhalten genau gleich wie der in Nr. 13 beschriebene Bazillus.

Tierversuche: Maus Nr. 31 = 0,2 ccm; Maus Nr. 32 = 0,5 ccm sub- kutan, der unfiltrierten Brühe ; normal.

Dichtigkeit der Büchse: Undicht an Lötnat und Falz.

Bliehse Nr. 15.

Inhalt Schinalzbohnen, stark bombiert, unangenehm riechende Gase beim Offnen; Flüssigkeit stark trübe, mifsf arbig.

8&ure Produktion: 10 ccm Bohnenbrühe verlangten 5,74 ccm r^NaOH

zur Neutralisation.

Mikroskopischer Befund: Zweimal so lange als breite Stäbchen neben vereinzelten Hefezellen und Langstäbchen.

1 ccm Bohnenbrühe enthielt im Mittel 3500 Keime.

Aus dieser Büchse konnte nur eine Art isoliert werden:

Morphologisches Verhalten: Kurze, dicke, an den Enden ab- gerundete, nach Gram färbbare Stäbchen, träge beweglich.

Gelatineplatten: Ohne VergröfiBerung : Die oberflächlichen Kolonien erreichen nach 3 Tagen einen Durchmesser von 1 2 nmi; später ver- grölsem sie sich nur noch wenig, sie sind rein milchweifs und ragen knopf- artig über die Gelatine heraus. Bei schwacher VergrOlserung ist nichts be- sonderes zu erkennen.

Gelatinestich: Wachstum bis in die Tiefe des Kanals; der Stich erscheint am Rande fein gezähnt, oben sind nach einer Seite kleine, perl- mutterglänzende Ausläufer.

Agars trieb: Zarter, weiÜBer Belag, der Länge nach gestreift.

Kartoffeln: Kein Wachstum.

Bouillon: Wird getrübt, weifser Bodensatz.

Gasentwicklung: Zuckerhaltige Nährboden werden vergärt^ auch solche mit Bohnen hergestellte.

Temp erat urVerhältnisse: Wächst gut bei Zimmertemperatur, bei 37* gar nicht

Tierversuche: Maus Nr. 33 = 0,6 ccm; Maus Nr. 34 = 0,8 ccm direkter Brühe, subkutan; normal.

Bemerkungen: Eine Identifizierung war nicht möglich.

Dichtigkeit der Dose: Dicht

Büchse Nr. 16.

Inhalt 115 Monate alte Bohnen, kräftig bombiert, beim Offnen nur wenig Gas, Flüssigkeit stark trübe.

Azidität: 10 ccm entsprachen 8,40 ccm l- NaOH.

124 Studien über verdorbene Gemüsekonserven.

Mikroskopischer Befand: Überwiegend kurze, dicke Stäbchen, neben vereinzelten Langstäbchen; erstere gering beweglich.

Tierversuche: Maus 35 und 36 wurde 0,5, resp. 0,6 ccm unfiltrierter BrQhe injiziert; letztere wurde später noch mit ebensolcher Brühe gefüttert; beide Tiere bleiben normal.

Bemerkungen: Die erhaltene Reinkultur hatte morphologisch, wie auch biologisch die gleichen Eigenschaften wie diejenige in Büchse Nr. 15 vorgefundene.

Dichtigkeit der Büchse: Undicht, wo, nicht zu ermitteln.

Bttchse Nr. 17.

5 Monate alte Erbsen, kräftig bombiert; beim öffnen unangenehm riechende Gase; Flüssigkeit schäumt stark auf, schmutzig, graugrün.

Säuregrad: 10 ccm Erbsenflüssigkeit erforderten 2,35 ccm r^ Na OH.

Mikroskopischer Befund: Nur eine Art von Bakterien nachweis- bar, zwei bis vier mal so lange als breite Stäbchen, Enden abgerundet, Gram positiv, lebhaft beweglich.

In Übereinstimmung damit könnte nur eine Art isoliert werden.

Gelatineplatten: Die oberflächlichen Kolonien sind stark erhaben. Mitte Kern, perlmutterglänzend, weilsgrau. Mikroskopisch Rand scharf, Kolonien stark gefurcht durch eine Menge radiärer Strahlen, gegen Peri- pherie hin sich verästelnd; ganze Kolonie schwach gekörnt.

Agarplatten: Koliähnliche Kolonien.

Gelatinestich: Wachstum bis in die Tiefe des Stichkanals, Rand gezähnt^ oberflächlich feucht glänzende, ausgebuchtete Auflagerung.

Agar strich: Kräftiger, dicker, gelblichweifser Belag.

Kartoffeln: Dicke, wurzelähnlich verzweigte, gelbe bis grauweifse Auf- lagerung.

Traubenzuckerbouillon: Starke Trübung mit Häutchen, Indol- reaktion positiv; kräftige Gasentwicklung (aus erbsenhaltigen Nährböden ebenfalls).

Milch: Wird koaguliert, keine Serumabscheidung.

Temperaturverhältnisse: Wächst bei 22 30^ rasch und am besten.

Sporenbildung: Bildet mittelständige Sporen, Stäbchen schwellen hierbei tonnenförmig an.

Tierversuche: Maus Nr. 37 = 0,9 ccm; Maus Nr. 38 = 0,8 ccm sub- kutan unfiltrierter Brühe; keine Veränderungen.

Bemerkungen: Identifizierung nicht möglich, scheint in die Koli- gruppe zu gehören.

Dichtigkeit der Büchse: Undicht, wahrscheinlich durch kräftige

Bombage.

Bttchse Nr. 18.

Inhalt 4 Monate alte Wachsbohnen, stark bombiert; daher kam beim Offnen Flüssigkeit zum Vorschein, stark getrübt.

Azidität: 10 ccm Bohnenbrühe verlangten 6,17 ccm r^ Na OH.

Von Dr. Joseph Belser. 125

Mikroskopischer Befund: Kurze, dicke Stäbchen mit abgerundeten Enden, mft£Big beweglich, offenbar derselben Art angehörend. In 1 ccm Brühe sind im Mittel 10000 Keime enthalten.

Gelatineplatten: Makroskopisch: Oberflächen kolonien bilden nach 3 Tagen gelblich weiTse Punkte, sich mehr und mehr verfärbend, bis sie schliefslich goldgelb werden. Mikroskopisch meistens kreisrund, Rand scharf, Zentrum etwas dunkler, ganze Kolonie gekörnt.

Agarplatten: Kleinen, gelben Kolonien sind grob gekörnt, in der Mitte etwas dunkler; Rand unscharf.

Gelatinestich: Wachstum bis in die Tiefe des Stichkanals; ober- flächlich leichter, gelber Belag mit schwachen Furch ungen.

Kartoffeln: Kräftiger, feuchtglänzender, goldgelber Belag ; Rand aus- gebuchtet, stellenweise korallenartige Ausläufer.

Traubenzuckerbouillon: Trübung, gelbe Haut; später wird ganze Flüssigkeit gelb, Gasbildung; Kulturen in Bohnenbrühe entwickeln ebenfalls Gas, auch gelbe Haut.

Dieses Bakterium greift Bohnen an, indem Epidermis eine Menge Blasen zeigt

Milch: Koaguliert, peptonisiert ; Serum färbt sich gelb.

Temperaturverhältnisse: Wächst rasch bei 22^30^ bei 37« nur schlecht.

Luftbedürfnis: Fakultativ anaerob; bei LuftabschluTs kein gelber Farbstoff.

Tierversuche: Maus Nr. 39 = 0,4 ccm; Maus Nr. 40 = (i,8 ccm direkter Brühe, ohne schädliche Wirkung.

Bemerkungen: Einige Merkmale (Farbstoffbildung, Morphologie, Pathogenität für Bohnen) lassen auf Identität mit Bacillus phaseoli, Smith, Bchliefsen. Leider sind die Angaben in den mir zugänglichen Werken^) nur sehr kurz gehalten.

Büchse dicht

Bttchse Nr. 19.

5 Monate alte Erbsen, schwach bombiert, Flüssigkeit wenig trübe. Säureproduktion: 10 ccm Brühe entsprachen 5,5 ccm -r^ NaOH.

Mikroskopischer Befund: Viele mittelgrofse, dicke Stäbchen, Eindruck von Involutionsformen.

Tierversuche: Maus Nr. 41 = 0,2 ccm; Maus Nr. 42 = 0,7 ccm unfiltriert, subkutan; normal.

Bemerkungen: Alle Kulturversuche negativ: Artbestimmung daher unmöglich.

Dichtigkeit der Büchse: Dicht.

1) Matz Uschi ta, Diagnostik, S. 348.

Migula, System d. Bakterien, H. Bd., S. 776.

126 Studien über verdorbene Gemüsekonserven.

Bttehse Nr. 20.

Vi l Bohnen, 4 Monate alt, sehr stark bombiert; beim öffnen viel Gas, Flüssigkeit schäamt stark auf, trübe.

Säureproduktion: 10 ccm erforderten 1,79 ccm r^r Na OH.

Mikroskopischer Befund: Grofse Zahl Stäbchen von wechselnder Länge, aber gleicher Dicke, mäfsig beweglich, nach Gram nicht färbbar. Im Mittel wurden in 1 ccm Brühe 350 Kolonien gezählt.

Gelatineplatten: Nach 2 Tagen erreichen die oberflächlichen Kolonien eine Gröüse von 2 3 mm. Dünner, weifser, durchsichtiger Belag. Unter dem Mikroskop grob gekörnt^ Rand scharf, ausgebuchtet, nach einigen Tagen am Rande schwache Verflüssigung.

Agarplatten: Mikroskopische Tiefenkolonien am Rande Strahlen- kraus, oberflächlicher, weifser, dünner, durchsichtiger Belag.

Kartoffeln: Kräftiger, stark erhabener, anfänglich gelbbrauner, später fleischfarbener Belag mit Ausbuchtungen.

Traubenzuckerbouillon: Stark getrübt, Häutchen, lockeres Sediment, Indolreaktion -j- ; starke Gasentwicklung (auch Milchzuckerglyzerin, Erbsen- und Bohnennährböden).

Sporenbildung: Mittelständige Sporen, sporenhaltiges Material an Seidenfäden hält 20 Minuten Dampf nicht aus.

Gelatinestich: Leichter Belag, später trichterförmige Verflüssigung.

Temperaturverhältnisse: Wächst bei Zimmertemperatur etwas langsamer, bei Bruttemperatur hingegen sehr rasch.

Milch: Koaguliert, peptonisiert, aromatischer Geruch.

Tierversuche: Maus Nr. 43 = 0,8 ccm; Maus Nr. 44 = 0,7 ccm subkutan, direkte Brühe; keine Veränderungen.

Bemerkungen: Identifizierung nicht möglich.

Büchse undicht; scheint durch starken Gasdruck im Innern aufgerissen worden zu sein.

Büchse Nr. 21.

5 Monate alte Bohnen, sehr wenig bombiert ; Flüssigkeit schwach trübe. Säureproduktion: 10 ccm Brühe erforderten 1,05 ccm rpr NaOU.

Mikroskopischer Befund: Wenige, lange, schlanke Stäbchen, vielfach fadenförmig angeordnet.

Tierversuche: Maus Nr. 45 = 0,2 ccm. Maus Nr. 46 = 0,4 ccm Brühe, subkutan, ohne Wirkung.

Bemerkungen: Morphologie, wie auch Biologie der gezüchteten Reinkultur liefsen auf Identität mit Bacillus mycoides Flügge') schliefsen.

Büchse dicht.

1) Matzuschita, Diagnostik, S. 150.

Migula, System d. Bakterien, Bd. U, S. 527.

Von Dr. Joseph Belser. 127

Bttehse Nr. 22.

6 Monate alte Erbsen, kräftig bombiert, heftige Gasentwicklung, Flüssig- keit tritt anter starkem Aufschäumen heraus; stark trübe.

Säureproduktion: 10 ccm Brühe verlangten 2,98 ccm r^ Na OH.

Mikroskopischer Befund: Viele kurze, dicke Stäbchen, an den Enden abgerundet, gerne fadenförmig aneinander gelagert, Gram negativ.

Tierversuche: Maus Nr. 47 = 0,6 ccm. Maus Nr. 48 = 0,3 ccm unfiltrierte Brühe, subkutan; keine Störungen wahrzunehmen.

Bemerkungen: Aus den verschiedenen Kulturen ergab sich Identität mit dem in Büchse Nr. 10 schon gefundenen Bacillus brassicae addae. Büchse dicht.

Bttehse Nr. 28.

Inhalt 6 Monate alte Erbsen, schwach bombiert, Flüssigkeit wenig getrübt.

Säuregrad: 10 ccm Brühe erforderten 5,5 ccm t^t Na OH.

MikroskopischerBefnnd: Grofse Zahl kurze, dicke, an den Enden abgerundete, nach Gram schlecht färbbare, wenig bewegliche Stäbchen. Vereinzelt kommen noch Langstäbchen vor.

Tierversuche: Maus Nr. 49 = 0,2 ccm, Maus Nr. 50 = 0,8 ccm unfiltrierter Flüssigkeit^ subkutan; keine Veränderungen.

Bemerkungen: Aus allen Kulturen konnte ich nur eine Bakterienart isolieren, die ich mit Bacillus acidi lactici Hueppe^) identisch erklären möchte.

Büchse dicht

Bttehse Nr. 24.

Inhalt Erbsen, Alter unbestimmt^ wenig bombiert, zeigt > Flattern«. Brühegeruch nach Buttersäure, graugrün, trübe.

Säureproduktion: 10 ccm Brühe erforderten 2,94 ccm Na OH.

Mikroskopischer Befund: Kurze, dicke Stäbchen mit abgerundeten Enden; vereinzelt auch Hefezellen.

Tierversuche: Maus Nr. 51 = 0,8 ccm. Maus Nr. 52 = 0,2 ccm un- filtrierter Brühe, subkutan; normaler Befund.

Bemerkungen: Auf allen Kulturen konnte kein Wachstum kon- statiert werden. Büchse dicht.

Bttehse Nr. 25.

6 Monate alte Bohnen, kräftig bombiert ; Flüssigkeit schäumt stark auf, starke trübe, Geruch normal.

Sänregrad: 10 ccm Brühe entsprachen 1,57 ccm j^ Na OH.

1^ Matznschita, Diagnostik, S. 370.

Migula, System d. Bakterien, 11. Bd., S. 827.

128 Stadien über verdory>ene Gemüsekonserven.

Mikroskopischer Befund: Grofse Zahl lange, ziemlich dicke, an den Enden schwach abgerundete, etwa 4 8 mal so lang als breite Stabeben, reihen sich gerne fadenförmig aneinander, nach Gram nicht oder nur schlecht färbbar; zeigen keine Bewegung.

Es konnte hier nur eine einzelne Art isoliert werden.

Gelatineplatten: Makroskopisch und mikroskopisch colifthnlich-

Gelatinestich: Wachstum bis in die Tiefe, oberflächlich dflnne, zarte Auflagerung, Perlmutterglanz; Verflüssigung tritt nie ein.

Agarst rieh: Feuchter, weifser Belag, Rand ausgebuchtet^ am Rande dünner und heller, in der Mitte Querstreifung.

Kartoffeln: Coliähnliches Wachstum.

Traubenzuckerbouillon: Lebhafte Trübung mit Häutchen, weifses Sediment; Indolreaktion -}-; starke Gasbildung (auch in bobnenhaltigen Nährböden).

Milch: Koaguliert.

Sporenbildung: Endogene, stark lichtbrechende Sporen; sporen- haltiges Material hält an Seidenfäden angetrocknet 10 Minuten strömenden Dampf nicht mehr aus.

Temperaturverhältnisse: Wächst gut bei Zimmertemperatur; bei 37® schon nach 10 Stunden kräftiger Belag auf schiefem Agar.

Tierversuche: Maus Nr. 53==0,5ccm; Maus Nr. 54 = 0,8ccm sub- kutan, unfiltrierte Brühe; normales Befinden.

Bemerkungen: Artbestimmung nicht möglich, morphologisch gleich wie die in Büchse Nr. 12 gefundene Bakterienart. Büchse dicht.

Bttchse Nr. 26.

Spinat, Alter unbestimmt, wenig bombiert; beim öffnen Buttersäure- geruch; innerlich Flecken von Schwefelzinn.

Azidität: 10 ccm Brühe verlangten 3,66 ccm :^— Na OH.

Mikroskopischer Befund: Lange, schlanke Stäbchen, 4 8mal so lang als breit, scheinen schwach gekörnt, zuweilen fadenförmig angeordnet; nach Gram teilweise färbbar; viele gekrümmt, wahrscheinlich Involutions- formen, einige sind mäfsig beweglich; daneben kommen noch schlanke, 6— lOmal so lang als breite Stäbchen, Grampositive, ebenfalls fadenförmig angeordnete Stäbchen vor.

Tierversuche: Maus Nr. 55 = 0,7 ccm ; Maus Nr. 56 = 0,4 ccm direkt entnommene Brühe, subkutan, normales Verhalten.

Bemerkungen: Aus den erhaltenen Kulturen konnte ich zwei Mikro- organismen isolieren, nämlich den schon in Büchse Nr. 25 gefundenen und beschriebenen coliähnlich wachsenden Bazillus und Bacillus bntyricus*) Botkin. Bei letzterem konnte einzig kein Wachstum auf Kartoffeln er- halten werden.

Blechdose dicht.

1) Matz Uschi ta, Diagn. S. 250.

Von Dr. Joseph Belser. 129

Bttchse Xr. 27.

Gemischte Gemüse, wenig bombiert, zeigt > Flattern c, 8 Monate alt. FlflBsigkeit stark trübe.

Azidität: 10 ccm Brühe verlangten 0,58 ccm -^i Na OH.

Mikroskopischer Befand: Lange, plampe Stäbchen, fadenförmig angeordnet.

Tierversnche: Maus Nr. 57 = 0,2 ccm; Maus Nr. 58:= 0,4 ccm sub- kutan direkter Brühe; normales Verhalten.

Bemerkungen: Die Kulturversuche ergaben zwei Mikroorganismen; nämlich Bacillus mycoides (Wurzel- oder Erdbazillus) und einen Schimmel- pilz, zu den Penicilliumarten gehörend.

Büchse undicht, an Lötnat und Falz.

Bftchse Nr. 28.

Inhalt Wachsbohnen, nicht bombiert, zeigt das >Flatternc ; Geruch der Flüssigkeit normal, wenig getrübt.

Säureproduktion: lOccm Brühe erforderten 3,66 ccm :r^ NaOH.

Mikroskopischer Befund: Grofse, 3 5 mal so lang als breite Stäbchen, fadenförmig; daneben sind vereinzelt feine dünne Stäbchen zu erkennen, die leicht beweglich sind.

Tierversuche: Maus Nr. 59 = 1,0 ccm; Maus Nr. 60 = 0,3 ccm un- filtrierter Brühe, subkutan; Befinden normal.

Bemerkungen: Auf den wie früher angegebenen Kulturen konnte ich hier drei Mikroorganismen in Reinkulturen isolieren, nämlich: Bacillus fluorescens liquefacieus,^) Bacillus subtilis und ein zu den Penicilliumarten gehörender Schimmelpilz.

Büchse stark undicht, wo« war nicht zu ermitteln.

Bttchse Nr. 29.

IVs Jahre alte Erbsen, sehr stark bombiert; beim öffnen neben einer Menge nach Buttersäure riechender Gase« heftig aufschäumende Flüssigkeit, miÜBfarbig, trübe. Innerlich hat Dose viele matte, dunkelgraue Flecken.

Azidität: 10 ccm Erbsenbrühe erforderten 2,36 ccm ^x NaOH.

Mikroskopischer Befund: Lebhaft bewegliche, stark lichtbrechende Sporen besitzende, manchmal spindelförmig angeschwollene 5 6 mal so lang als dicke Stäbchen; schlecht färbbar, besser, wenn sie mit Chloroform be- handelt werden; Bazillen sind gekörnt, geben sog. Granulosereaktion.

Tierversuche: Maus Nr. 61 =0,6 ccm; Maus Nr. 62 = 0,7 ccm direkt entnommene Erbsenbrühe, subkutan, ohne Wirkung,

Bemerkungen: Kulturen ergaben Identität mit dem in Büchse Nr. 1 schon gefundenen Bacillus amylobacter.

Büchse war dicht

1) Eisenberg, Diagn.,ni. Aufl. S. 112. Matsuschita, Diagn., S. 182.

X30 Studien über verdorbene Gemüsekonserven.

Bttehse Nr. 30.

Inhalt 18 Monate alte Erbsen, stark bombiert ; heftige Gasentwicklung, starkes Aufschäumen der Flüssigkeit beim öffnen; Brühe gelbgrau, mifs- farbig, stark trübe.

Säureproduktion: 10 ccm Erbsenbrühe erforderten 5,85 ccm r— NaOH.

Mikroskopischer Befund: Kurse, plumpe, an den Enden abge- rundete Stäbchen; zu zweien oder auch su vieren fadenförmig aneinander- gelagert; nach Gram nicht oder nur schlecht färbbar; lebhaft beweglich.

Tierversuche: Maus Nr. 63 = 0,8 ccm; Maus Nr. 64 = 0,8 ccm un- filtriert, subkutan, ohne Störungen.

Bemerkungen: Morphologisch und biologisch identisch mit dem in Büchse Nr. 23 schon gefundenen Bazillus

Büchse undicht ; wahrscheinlich wurde durch den starken Gasdruck im Innern diese Undichtigkeit erzeugt, indem Falz wenig aufgerissen war.

Bttchse Nr. 31.

17s J&hre alter Rosenkohl, sehr stark bombiert; Flüssigkeit säuerlich, stark trübe; Blechdose im Innern an vielen Stellen mit grauschwarzen Flecken bedeckt.

In 1 ccm Brühe wurden im Mittel 52 Keime gezählt

Tierversuche: Maus Nr. 66 = 0,6 ccm; Maus Nr. 66 = 0,8 ccm un- filtrierte Brühe, subkutan; Verhalten normal.

Bemerkungen: Der mikroskopische Befund, wie auch die angesetzten Kulturen, ergaben die gleiche Bakterienart wie die in Büchse Nr. 28, resp. SO schon gefundene.

Dose war dicht.

Bttchse Nr. 32.

7 Monate alte Bohnen, äufserst kräftig bombiert; Flüssigkeit war grau grün, trübe; Geruch normal.

Säuregrad: 10 ccm Brühe erforderten 2,71 ccm j^ Na OH.

Mikroskopischer Befund: 4 8mal so lange als breite Stäbchen, Gramnegativ.

Tierversuche: Maus Nr. 67 = 0,5 ccm ; Maus Nr. 68 = 0,5 ccm sub- kutan, direkt entnommene Brühe ; Befinden normal.

Bemerkungen: Morphologische und biologische Eig«^nschaf ten (auf den verschiedensten Nährböden) sprechen für Identität mit dem in Büchse Nr. 25 schon beschriebenen Mikroorganismus.

Büchse undicht, doch, wie leicht zu erkennen ist Falz durch den grofsen Gasdruck im Innern aufgerissen worden.

Bttchse Nr. 33.

P>bsenp()ree, 8 Monate alt, sehr kräftig bombiert; beim öffnen Geruch nach Buttersäure.

Tierversuche: Gleiche Mengen Erbsenpüree mit Bouillon geschüttelt, absetzen gelassen und von dieser Flüssigkeit zwei Mäusen folgende

Von Dr. Joseph Belser. 131

Mengen injiziert: Maas Nr. 69=0,5 ccm; Maus Nr. 70 = 0,7 com; keine pathogene Wirkung.

Bemerkungen: Mikroskopischer Befund und Verhalten auf den verschiedenen Nährmedien sprechen fflr Identität mit dem in Büchse Nr. 1 schon gefundenen Bacillus amylobacter.

Büchse undicht; auch durch grofsen Gasdruck im Innern am Falz auf- gerissen.

Bttchse Nr. 34.

Bohnen, 7 Monate alt, sehr stark bombiert; Flüssigkeit stark trübe. Säureproduktion: 10 ccm Brühe erforderten im Mittel 3,78 ccm ^ Na OH.

Im Mittel sind in 1 ccm Brühe 3200 Keime enthalten.

Bemerkungen: Im mikroskopischen Präparate konnte nur eine einzelne Bakterienart konstatiert werden, was sich dann später in den Kulturen bestätigte. Morphologisch und biologisch ist dieser Mikroorganismus identisch mit denjenigen in Büchse Nr. 25, resp. 32 schon gefundenen.

Tierrersuche: Maus Nr. 71=0,7 ccm; Maus Nr. 72 = 0,7 ccm un- filtrierte BrQhe, subkutan; keine Wirkung zu erkennen.

Büchse dicht.

Anschliefseud an die obigen Untersuchungen wurden nach den gleichen Methoden 16 Stück verschiedene unver- dorbene Gemüsekonserven auf den Keimgehalt untersucht. Wenn auch im Präparate vereinzelt hin und wieder ein Stäbchen angetroffen wurde, so ergaben die Kulturen doch ein negatives Resultat; es scheinen also diese Konserven frei von entwicklungs- fähigen Bakterien gewesen zu sein.

Fassen wir die Resultate der vorstehend 34 untersuchten verdorbenen Gemüsekonserven kurz zusammen, so ergeben sich aus deren Befunde folgende Schlüsse :

1 . Die Bombagen wurden durch Mikroorganismen verursacht, was sich in 27 Fällen direkt durch die Kulturen, in 7 Fällen aber durch den mikroskopischen Nachweis einer grolsen Zahl von Bakterien in den betreffenden Büchsen beweisen liefs; in letzteren waren höchst wahrscheinlich die Organismen abge- storben.

2. Von den 34 verdorbenen Dosen waren 16 undicht, wovon 5 (Nr. 17, 20, 30, 32, 33) walirscheinlich während der Aufbewahrung durch den kräftigen Gasdruck im Innern aufgerissen wurden,

132 Studien über verdorbene Gemüsekonserven.

was schon äufserlich leicht erkannt werden konnte, da der Falz zum Teil aufgesprengt war.

3. Die betreflEende Undichtigkeit ist in den weitaus meisten Fällen an der Übergangsstelle von seitlicher Lötnat und Falz zu finden.

4. Aus den verschiedenen Büchsen gelang es, 20 verschiedene Bakterienarten zu züchten, wovon ich 12 identifizieren konnte.

5. In 9, resp. 12, der 18 dicht befundenen bombierten Büchsen, wenn der in 3 Fällen vorgefundene, nach Ansicht von Hueppe^) sporenbildende Bacillus acidi lactici Hueppe noch dazu genommen wird, gelang es mir, mehr oder weniger hitze- beständige Mikroben als Ursache der Bombage aufzufinden, die wohl die Sterilisation in irgend einer Weise überdauert hatten. In 4 Büchsen waren wohl mikroskopisch zahlreiche Bakterien nachzuweisen, während in den Kulturen keine solchen wuchsen. Die Frage der Sporogenität war somit nicht zu entscheiden.

5. Für Erbsen kommt von diesen Dauerformen bildenden Mikroben, namentlich Bacillus amylobacter (in 4 Büchsen gefunden) in Betracht. Daneben konnte ich noch je zweimal Bacillus acidi lactici Hueppe und Bacillus brassicae acidae neben einigen unbekannten, in ihrem Wachstum coliähnlichen Orga- nismen finden.

6. Der unter Nr. 25 beschriebene und wiederholt vorgefundene Bazillus scheint namentlich für Bohnen gefährlich zu sein.

7. Auffallend ist die immer vorhandene, wenn auch zuweilen geringe Steigerung des Säuregehaltes in bombierten Gemüse- konserven.

Während ich in guten, keimfreien Bohnen- und Erbsenbüchsen für 10 ccm der betreffenden Büchse eine Acidität von 0/J5 1 ,30

ccm YTj Na OH finden konnte, variierte dieselbe in verdorbenen

Büchsen der gleichen Gemüseart von 1,05 8,66 ccm T^NaOH.

Bemerkenswert ist die stärkere Säuerung in den Büchsen Nr. 12 und 16.

1) Vgl. Migula, System d. Bakt., 11, 8. 327.

Von Dr. Joseph Belser. 133

8. Die jeweils mit der Brühe der Büchsen ausgeführten Tierversuche an Mäusen verliefen alle resultatlos. Allerdings müssen wir zugeben, dafs diese Versuche für das Auffinden von Krankheitserregern insofern nicht erschöpfend waren, als bei denselben nur Mäuse angewendet wurden, weil andere Tiere in der nötigen Anzahl nicht zur Disposition standen. Aber das Eine geht aus denselben hervor, dafs in den Büchsen der erwähnte, für Mäuse stark toxische Bacillus botulinus nicht enthalten war, was auch mit den Kulturversuchen übereinstimmt. Das Gleiche gilt von dem ebenfalls mäusepathogenen Proteus, der, wie eingangs erwähnt, u. a. als Ursache von Konservenver- giftung angesehen wurde.

Folgende Versuche haben den Zweck, die Frage zu studieren, ob genannte Mikroben in den in Betracht fallenden Konserven überhaupt zu gedeihen vermögen.

Bacillus botulinus und Proteus in Konservenbrülie.

Der als Erreger der Darmstädter Vergiftung angenommene Bacillus botulinus wurde, wie früher erwähnt, wieder angezweifelt^), indem Proteusarten als Ursache der Toxinbildung angesehen wurden.

Nach den bisherigen Beobachtungen ist der Bacillus botulinus gegen Säuren sehr empfindlich. Es mufste deshalb über- raschen, dafs nach G. Landmann genannter Organismus auch auf Bohnenkonserven, also auf entschieden sauren Nährböden, Toxine bilde. Um diesen Widerspruch aufzuklären, führte ich folgende Versuche aus :

Der von Kräl bezogene Bacillus botulinus zeigte in seinem ganzen morphologischen wie auch biologischen Verhalten die gleichen Merkmale wie der von van Erm engen beschriebene 2) ; nur hatte der Stamm, wie verschiedene Tierversuche gezeigt, die Eigenschaft verloren, auf glykosehaltigen Nährböden Toxine zu bilden. Da mir leider keine andere Kultur zur V^erfügung stand, mufste ich mich auf die Frage beschränken, ob dieser

1) Konserven-Zeitang, Jahrg. 1904, Nr. 8.

2) Kolle-Wassermann, Handbuch d. pathogenen MikroorganiBmen. 9. Q. 10. Liefg., 1903, S. 637.

134 Studien über verdorbene Gemüsekonserven.

Bazillus in den genannten Substraten, die aus keimfreien Büchsen des Handels entnommen wurden, zu gedeihen vermag. Bei wiederholten, auch bei verschiedenen Temperaturen ausgeführten Versuchen konnte immer in Bouillon mit Traubenzucker, ebenso in Erbsenbrühe bei Einimpfung von Bacillus botuliuus starke Trübung und Gasentwicklung mit Buttersäuregeruch konstatiert werden; in gleichzeitig beimpfter Bohnenbrühe war niemals Wachstum zu bemerken, obschon diese unter gleichen Bedingungen gehalten wurde. Auch im mikroskopischen Präparat war keine Vermehrung zu bemerken. Der allerdings nicht toxisch wirkende Stamm von Bacillus botulinus, mit dem diese Versuche gemacht, wuchs also in Bohnenbrühe nicht, wohl aber in Erbsenbrühe.

Wie erwähnt, prüfte ich auch das Verhalten von Bacillus proteus vulgaris auf diesen Nährböden. Die Kulturen wurden 6 Tage anaerob bei 22® gehalten.

In Traubenzuckerbouillon, in Erbsen- und Bohnenbrühe war ein üppiges Wachstum und Gasentwicklung zu verzeichnen. Auf all diesen Substraten bildeten sich kräftig wirkende Toxine, so dafs weifse Mäuse nach 1 3 Tagen daran zugrunde gingen bei subkutaner Injektion von 0,6 0,7 ccm der keimfrei filtrierten Flüssigkeit.

Lebensdauer der Baktsrien, welche die Bombage verursachen.

Aus den bakteriologischen Untersuchungen ist ersichtlich, dafs es nur bei einzehien bombierten Konservenbüchsen, trotz vielseitiger Versuche, nicht gelang, die Verderber zu züchten, obschon in den diesbezüglichen mikroskopischen Präparaten eine Menge solcher nachweisbar waren.

Dies konnte ich mir kaum anders erklären, als dafs die Organismen abgestorben waren. Sie haben sich wohl anfänglich in den schwach sauren Gemüsekonserven gut entwickelt, sind aber später mit zunehmendem Säuregrad in ihren eigenen Stoff- wechselprodukten zugrunde gegangen.

Um dieser Frage näher zu treten, stellte ich folgende Ver- suche an: Bohnen oder Erbsen mit Kochsalz und Wasser in dem

Von Dr. Joseph Belser. 135

in den Konserven vorkommenden Verhältnis versetzt, in Glas- röhren in drei aufeinanderfolgenden Tagen je eine Stunde im Dampftopf sterilisiert und nachher nach den bekannten Me- thoden auf Keimfreiheit geprüft, wurden mit einigen aus Kon- serven isolierten Bakterien beimpft, die Röhren zugeschmolzen und längere Zeit bei Zimmertemperatur im Dunkeln sich selbst überlassen. Schon nach kurzer Zeit war in den erwähnten Glas- röhren Wachstum und lebhafte Gasentwicklung im Innern zu bemerken.

Organismen aus den Büchsen Nr. 13, 18, 28 in der er- wähnten Weise in Bohnen eingeimpft waren trotz kräftiger Gas- und Säurebildung nach fünf Monaten noch lebensfähig; zur Neutralisation der gebildeten Säure wurden pro 10 ccm Brühe:

3,57 ; 0,79 ; 3,49 ccm j^ Na OH verbraucht. Die ursprüngUche

Säuerung einer gleich lang, ebenfalls eingeschmolzenen sterilen

Probe betrug für 10 ccm 0,79 ccm ^tJ Na OH.

Eine in gleicher Weise, mit dem aus Büchse 10 isolierten Organismen eingeimpfte, mit Erbsen beschickte Probe zeigte

nach neun Monaten bei einer Säuerung von 9,82 ccm ^j^ Na 0 H

pro 10 ccm Erbseubrühe keine entwicklungsfähigen Bakterien mehr. Doch liefsen sich solche in grofser Zahl durch das mikro- skopische Präparat nachweisen. Versuche mit den aus Büchse Nr. 1 und 14 gefundenen Bazillen gaben nach acht resp. fünf Monaten noch Lebensfähigkeit.

Wohl möglich, dafs ich zu einem anderen Resultate gelangt wäre, wenn ich die Röhren noch länger sich selbst überlassen hätte, was mir aus äufseren Gründen nicht möglich war.

Immerhin ist durch den einen Versuch erwiesen, dafs Bakterien auch in Konserven in ihren eigenen StoflEwechsel- produkten zugrunde gehen können Möglich wäre auch, dafs diejenige Bakterien, welche die Sterilisation in irgend welcher Art überstanden haben, oder solche, welche nachträglich von aufsen hineingelangt sind, sich erst dann in den Büchsen nicht

136 Studien Qber verdorbene Gemüsekonserven.

mehr entwickeln, wenn die zu ihrem Lebensunterhalte nötige Menge Sauerstoff aus der Luft, die doch immer in kleinen Mengen in den Dosen vorkommt, aufgezelnl ist.

Gasdruck bombierter Gemüsekonserven.

Bei meinen Untersuchungen fiel mir öfters der enorme Druck im Lmem der Dosen auf, und ich entschlofs mich, denselben durch einige Messungen festzustellen.

Um den Gasdruck in bombierten Büchsen zu bestimmen, wurde an der betreffenden Dose in der Mitte des Deckels ein kurzes Messingröhrchen aufgelötet und darüber ein dickwandiges, möglichst kurzes, enges Gummischlauchstück (Vakuumschlauch) mittels Drahtligaturen gut befestigt. In das Rohr, resp. in den Schlauch wurde nun ein scharf zugespitzter, kurzer, oben mit einem Knopf versehener Stahlnagel hineingelegt und der ganze Schlauch mit Wasser gefüllt. Bei den ersten Versuchen wurde das Schlauchende mit einem Quetschhahn verschlossen und hierauf der Schlauch wenig umgebogen und mit der Hand fest auf den Nagelknopf gedrückt, so dafs die Spitze in die Blech- dose eindrang und derart eine Verbindung mit dem Innern der Büchse und dem Schlauche herstellte. Zuerst wurde zur Druck- messung ein U-förmig gebogenes, langes, mit Quecksilber ge- fülltes Glasrohr angesetzt und der Quetschhahn geöffnet; sodann konnte durch Bestimmung der Niveaudiffereuz der beiden Queck- silberkuppen der Gasdruck in mm Hg abgelesen werden. Wie aus untenstehender Tabelle ersichtlich, war der Druck manchmal so grols, dafs diese Vorrichtung nicht zu gebrauchen war, daher ver- wendete ich in der Folge anstatt des U-Rohres ein Metallmano- meter und stellte die Verbindung des Doseninnein mit dem Manometer in gleicher Weise her.

In untenstehender Zusammenstellung sind die erhaltenen Resultate in Atmosphüren-Überdruck angegeben.

(Siehe die Tabelle auf S. 137.)

Wie aus dieser Tabelle ersichtlich, ist der Druck in den ver- dorbenen Konserven manclnnal ein enormer, und es braucht uns

Von Dr. Joseph fielser.

1S7

nicht zu verwundern, wenn ein spontanes Platzen der Dosen vorkommt, wobei der Falz gewöhnlich aufgesprengt werden soll.

GröÜBO der Büchse

Inhalt der Büchse

Druck in Atmosphären

1 Liter

Schwarzworzeln

0,4 Atmosphären

1 1

Erbsen

0,2

1 j

Erbsen

0,3

V. ' 1 1

Karotten Bohnen

0,7 2,0

V. ' 1 ^

Erbsen Erbsen

8,5

1.9

1 : 1 :

Bohnen Erbsen Erbsen

2,0 2,2 2,1

Prflfung des BDchssnmatsriales auf Dichtigkeit.

Aus meinen früher erwähnten Untersuchungen ist zu entnehmen, daTs ein grofser Teil der Bombagen auf Undichtigkeit der be- treffenden Dosen, die entweder schlecht gefalzt oder nachträglich gehtten, zurückzuführen ist. Um den Orund näher kennen zu lernen, untersuchte ich 30 Stück leere, beiderseitig verschlossene, neue Dosen verschiedener Gröfse ohne Inhalt, die mir in zuvor- kommender Weise von mehreren Fabriken übermittelt worden waren, nach der früher erwähnten Evakuierung mit einer Wasserstrahlpumpe. Von diesen 30 derartig geprüften Büchsen waren vier Stück an der Übergangsstelle von Lötnat und Falz undicht.

Woher es kommt, daTs ein so hoher Prozentsatz (13^8%) von Dosen undicht war, kann ich mir nicht genau erklären, Vielleicht ist es einem Zufall zu verdanken, oder, was wahr- scheinlicher ist und man mir auch seitens einer Fabrik nach- trägUch mitgeteilt hat, dafs mau namentlich solche Büchsen vom Lager genommen hatte, bei denen am ehesten eine Mög- lichkeit einer späteren Undichtigkeit vermutet wurde.

Gestützt auf diesen Befund und namentlich auch darauf, dafs bei den bombierten Büchsen in sehr vielen Fällen die Ur- sache des Zerstörens auf Undichtigkeit zurückzuführen ist,

▲rehlT Ar Hygiene. Bd. UV. 10

138

Stadien über verdorbene Gemüsekonserven.

möchte ich die Frage aufwerfen, ob es vom ökonomischen Stand- punkte aus nicht empfehlenswert wäre, die maschinellen Ein- richtungen für das Falzen zu verbessern oder, wenn dies nicht möglich, diese verdächtige Stelle noch nach dem Falzen zu verlöten ?

Chemische Zusammensetzung der Gase.

Diese Frage besitzt zwar kein praktisches, wohl aber wissen- schaftliches Interesse. Daher entschlofs ich mich, eine Reihe diesbezüglicher Untersuchungen zu machen.

Dazu wurden mehr oder weniger stark bombierte Büchsen verwendet und die Gase nach der Methode von HempeP) untersucht. Schwere Kohlenwasserstoffe und Methan konnten niemals gefunden werden. Der durch die Absorption erhaltene Gasrest wurde in der Explosionspipette verbrannt und die Kon- traktion bestimmt.

Znsammensetziiiiir der Gase in Prozenten.

Inhalt der Büchse

CO,in«/p

0 in ^0

H in •/.

N in V.

Bohnen .... stark bombiert

38,1

0,4

21,5

40,0

Erbsen .... wenig >

69,8

30.2

Erbsen .... stark >

81,8

0.1

18,1

Bohnen .... wenig »

86,0

0,6

11,4

52,1

Erbsen u. Karotten, stark >

72,6

0,7

26,7

Erbsen . . . schwach >

70.8

0,8

28,4

Erbsen . . . sehr stark >

21,8

0,3

60,3

18,1

Erbsen .... kräftig >

68,6

21,2

10,2

Erbsen .... mfllsig »

87,4

12,6

Erbsen . . . sehr stark >

77,8

0,2

22,0

Bohnen .... mäfsig >

82,5

0.7

20,0

46,8

Karotten . . . wenig >

17,2

6,7

ri6,o

20,1

Bohnen . . sehr gering >

34,4

0,6

5,0

60,1

Bohnen . . . schwach >

21,7

0,5

5,3

72,5

Gemischte Qemüse, wenig >

16,2

60,4

24,4

Spinat . . . schwach >

12,8

0.8

45,1

41,3

1) Treadwell, F. P., Quantitative chemische Analyse, I. Aufl., S. 465.

Von Dr. Joseph Belser. 139

Der Sauerstoff dürfte der bei dem Verschlufs der Büchsen zurückgebliebeDen Luft entstammen, ebenso ein Teil des Stick- stoffs. Der andere Teil des letzteren aber, sowie die Kohlensäure und der Wasserstoff, sind als Produkte der Bakterientätigkeit auf- zufassen, durch welche auch ein Teil des ursprünglichen Luft- sauerstoffs verbraucht wurde.

Maximaltemperatur in den Gemüsekonserven während der

Sterilisation in den Autoiclaven.

Zu wiederholten Malen war mir die zum Teil geringe Hitze- beständigkeit einzelner Mikroorganismen, die ich in bombierten, als dicht befundenen Gemüsekonservenbüchsen vorgefunden hatte, aufgefallen, und es stieg in mir die Vermutung auf, dafs unter Umständen die Temperatur in den Büchsen während der Sterilisation im Autoklaven nicht so hoch sei, wie man vermuten konnte. Um darüber klar zu werden, führte ich einige dies- bezügliche Temperaturmessungen aus. (Bei diesen Versuchen möchte ich noch besonders darauf aufmerksam machen, dafs ich allerdings nur die Temperatur der die Gemüse umgebenden Flüssigkeit ermitteln konnte. Wie sich die Verhältnisse im Innern einer Bohnenhülse oder Erbse, wo doch auch Bakterien hineingelangen können, gestalten, konnte ich aus naheliegenden Gründen leider nicht ermitteln.)

Zu diesem Zwecke wurden eine Reihe kleiner, von 90 110^ bzw. 105 125^ eingeteilter Maximalthermometer benutzt. Die- selben wurden so klein wie möglich angefertigt und hatten eine Länge von 5,5 cm und einen Durchmesser von 4 5 mm. Alle Thermometer waren vor dem Gebrauche auf ihre Richtigkeit genau geprüft worden.

Bei den Versuchen im Laboratorium wurde in dem Deckel der Büchse eine kleine Öffnung gemacht, das an einem Drahte befestigte Thermometer möglichst in die Mitte des Gemüses ge- steckt und das Ganze wieder zugelötet.

Während der Versuche bestimmte ich jedesmal auch die

die Büchsen umgebende Maximaltemperatur in dem Autoklaven

während der Konservierung; zum Vergleiche wurde auch der

10*

140

StnoMii flbcr TCfdoriMiM G^nflMkonMWciL

Druck, resp. die Tempeiatnr am Manometer abgelesen und die Zeit genau eingebalten. In einem kleinen Amoklayen des Labo- ralorimns worden folgene Zahlen ertialtea, wenn die Loft voll- ständig durch ausströmenden Dampf Terdrftngt wurde:

Dauer 20 Minuten; Temperatur an der Temperaturskala des Manometers 117^, Temperatur am Maximalthermometer im

Autoklaven 121^ ^

L Vttl BQchse Bohnen 119,6<> Mazimaitemperatur,

%\ > Erbsen 1209» >

1 1 f Erbsen 119,2» >

V)l > Erbsen 119,6« >

überraschenden Zahlen waren durch die Kleinheit des Apparates bedingt, da, wie aus Versuchen hervorging, die Aus- strahlung der groÜBen Metallmasse zu sehr in Betracht kam.

Bei den folgenden Messungen wurde ein gröCserer Autoklav, System Lautenschlfiger (innere Tiefe bis zur Wasseroberfläche 300 mm; innerer Diameter 250 mm), mit Manometerregulator versehen, benutzt. Auch hier wurde die Luft möglichst voll- ständig entfernt.

IL 20 Minuten 113» (Temperaturskala des Manometers). 1 1 Büchse Erbsen 108,5» Maximaltemperatur,

in.

11

i ]

109,0»

1

4

11

109,1»

1

Val

> 7

111,0»

i

V2I

> ]

110,5»

^

21

> :

106,0»

i

Maximaltemperatur im Autoklaven 112,5o.

20

Minuten 11£

(Manometerablesung).

1 I Bflchae Rrbaen

J 1 .^7 » AfATiTTiftltAmpAratur.

11

9 gemischte

Gemüse

1 13,20 »

1 1

> Erbsen

113,4» 1

21

» 9

110,8» 1

V.1

% 9

116,0» I

>

%

»

1

115,8»

]

>

Von Dr. Joseph Belser. 141

Die maximale Temperatur im Autoklaven betrug während des Prozesses, au zwei verschiedenen Stelleu gemessen, überein- stimmend 117,5 ^

IV. 15 Minuten 112^ (Manometerablesung).

1 1 Büchse Bohnen

108,0** Maximaltemperatur,

11

> Wachsbohnen

109,0» »

11

> feine Bohnen

107,5« »

11

» ganz feine Bohnen

106,8»

V«i

> grobe Bohnen

111,0» >

11

» Erbsen

109,6» »

Maximaltemperatur im Autoklaven 112,5^

Diese auffallenden Verschiedenheiten lassen sich vielleicht dadurch erklären, dals die Flüssigkeit bei den gröfseren, den groben Bohnen, wie z. B. den Wachsbohnen, besser zirkulieren kann wie bei den kleineren, wo die Zwischenräume viel enger sind.

V. 15 Minuten 109^ (Manometerablesung).

I 1 Büchse Bohnen 105,0^ Maximaltemperatur,

II 1 > 104,0° t 1 1 > Karotten 106,0 » >

V2I » Bohnen 107,0 » >

Maximaltemperatur im Autoklaven 109,5°.

VI. 15 Minuten 115° (Manometerablesung).

I 1 Büchse Bohnen 111,0° Maximaltemperatur.

II 1 > 109,9°

1 1 > gelbe Rüben 112,2° >

V2I •> Bohnen 113,0° >

Maximaltemperatur im Innern des Apparates 115,4°.

Durch das freundliche Entgegenkommen seitens der Direktion einer Konservenfabrik wurde es mir auch ermöglicht, einige Messungen in den von der Fabrik selbst benutzten Autoklaven auszuführen.

*

An den Thermometern wurde oben wieder ein Draht be- festigt und dieser in der Mitte des Dosendeckels derart angelötet.

142 Stadien über verdorbene GremüBekonserven.

dafs der Draht und damit das Thermometer beim nachherigen Falzen durch die Maschine in die Mitte der Büchse zu hegen kam. Es wurden hier folgende Versuche und Ablesungen an den Maximalthermometern gemacht:

VII. 20 Minuten 105^ (Manometerablesung).

I 1 Büchse Tomatenpüree 102,8 ^ Maximaltemperatur in der Büchse,

I I > Konfitüre 102,2 » >

Maximaltemperatur im Autoklaven 110^.

VIII. 25 Minuten 112® (Manometerablesung).

1 1 Büchse rote Kirschen 108 o. Maximaltemperatur im Autoklaven 113^.

IX. 20 Minuten 115^ (Manometerablesung).

1 1 Büchse Schwarzwurzeln 113,9^. Maximal temperatur im Apparat 120,0^.

X. 20 Minuten 117^ (Manometerablesung).

1 1 Büchse Bohnen 110,0^ Maximaltemperatur,

1 1 f Spinat 104,00

1 1 » Erbsen 112,0^ >

Maximaltemperatur im Autoklaven 119,0^.

Die Temperaturen im Innern des Autoklaven sind hier bei obigen Versuchen deshalb höher, wie diejenigen, welche den- selben laut Manometerablesung entsprechen sollten, weil bei den Versuchen der betreflEende Arbeiter in der Fabrik meinem Wunsche gemäls den auf etwa 7 8 Atmosphären gespannten Dampf derart einströmen liefs, wie es gewöhnlich geschieht. Durch das zu rasche Einströmenlassen des Dampfes wurde das Thermo- meter im Autoklaven für ganz kurze Zeit einer höheren Tem- peratur ausgesetzt als diejenige ^ bei der in Wirklichkeit die Sterilisation erfolgte.

Bei den folgenden Versuchen liefs ich den Dampf vorsichtig einströmen.

XI. 20 Minuten 125^ (Manometerablesung).

2 1 Büchse Sauerkraut 106,5 ^ Maximaltemperatur im Autoklaven 124,5^.

Von Dr. Joseph Belser. 143

XII. 30 Minuten 105^ (Manometerablesung).

5 1 Büchse Tomatenpüree 105,0 ^ Maximaltemperatur, V2I » » 105,5« »

XIII. 60 Minuten 105« (Manometer).

5 1 Büchse Äpfelmark 105,0 ^ 21 » Erbsen 106,0«, 1/2 1 » Äpfelmark 105,9«. Maximaltemperatur im Apparate 106,5«.

XIV. 20 Minuten 117« (Manometerablesung).

1 1 Büchse Kirschen 111,0« Maximaltemperatur, 1 1 » Spinat 104,0« 1 1 » Erbsen 112,0« ^

1 1 » Bohnen 109,5« »

Maximaltemperatur im Autoklaven 117,9«.

Bemerkenswert sind die Zahlen in X, XI, XIV, welche uns zeigen, dafs Spinat und Sauerkraut schwer zu sterilisieren sind. Das dichte, kompakte Material verhindert offenbar einen raschen Ausgleich der Temperatur. Ich will noch besonders bemerken, dafs diese Temperaturen nur teilweise im Einklang mit den sonst von der Fabrik verwendeten stehen.

Von gröfster Wichtigkeit ist die Kenntnis der Geschwindig- keit, mit welcher die verschiedenen Konserven die umgebende Dampftemperatur im Autoklaven bis zu einem gewissen Grade annehmen.

Folgende Bestimmungen geben uns hierüber AufschluTs:

I 1 Büchse Erbsen gleicher Qualität erreichten 105,8 « nach 5 Min. 11»» » » » 108,2« » 10 »

II » » » » » 111,9« » 15 » 11»! 1 1 » 113,0« » 20 »

Die Temperatur, am Manometer entnommen, betrug bei diesen Versuchen 115«; diejenige im Innern des Autoklaven 115,5«.

1 1 Büchse Bohnen erreichten 104,5« nach 5 Min., 11» » » 107,5« » 10 »

11» )^ » 109,0« » 15 »

144 Stadien über verdorbene Gemüsekonserven.

Die Maximaltemperatur am Manometer betrug 112^; die- jenige im Innern des Autoklaven bei allen drei Versuchen 112,0".

Hey den reich ^) untersuchte diese Frage beim Wasser, indem er, in mit demselben gefüllte Glaskolben verschiedener Gröüse Maximalthermometer legte und das Ganze in den Dampftopf brachte. Nachher verglich er die Temperatur des in dem Deckel des Dampftopfes steckenden Thermometers mit demjenigen im Wasserkolben. Er fand:

für 1200

(Thermometer des Deckels des Dampfkessels)

3^/4 1 Wasser erreichten 120® in wenig mehr als 15 Min.,

2 1 > > 120® in ca. 15 »

11» » 120" zwischen 5—10 »

V2 1 » » 120*^ in wenig mehr als 2 >

für 110«

1 1 Wasser erreichte 110® zwischen 5 und 10 Min.,

V2I » » 110® » 2 » 5 »

200 ccm » » 110® » 2 > 5 »

100 ccm » » 110® in ca. 2 »

Auch andere^) haben ähnliche Versuche angestellt.

Wie aus diesen Zahlen ersichtlich, nimmt Wasser in einem offenen Gefässe die Temperatur des umgebenden Dampfes ver- hältnismäTsig sehr rasch an, während es bei den in Büchsen liegenden Konserven viel länger geht. Es kommt offenbar das schlechte Wärmeleitungsvermögen des Gemüses und der be- hinderte Ausgleich durch Strömung der Flüssigkeit in der Büchse in Betracht.

1) Heydenreich, Sterilisation mittels des Dampfkochtopfes für bak- teriologische Zwecke. Zeitschr. f. wissenschaftl. Mikroskopie and f. mikro- skopische Technik. Bd. I, Heft 1, 1884; zit. nach Th. Christen, Dissert., Bern, 1895: Untersachungen über die Dauer des Sterilisationsproxesses im gespannten Dampfe bei gegebenen fixen Temperataren.

2) Koch, Bob., Gaffky, Löffler, Versache über die Verwertbarkeit helTser Wasserdämpfe zu Desinfektionszwecken. Mitteilangen aas dem Kais. Gesandheitsamte, 1881, Bd. I, S. 322.

Von Dr. Joseph Belser. 145

Sehr ungünstig gestalten sich die Verhältnisse, wenn man absichtlich Luft in dem Autoklaven läfst. Da auch dieser Faktor bei der Konservierung eine grofse Rolle spielt, so führte ich einige diesbezügliche Messungen aus. Die Luft wurde nicht aus den Apparaten entfernt.

20 Minuten 114^ (Manometerablesung).

1 1 Büchse Erbsen 103,5^ Maximaltemperatur in der Büchse, V2I > » 105,5<> » » » »

1 1 1 Bohnen 103,0 « » » » »

V2I » > 104,50 » > » »

1 1 » Spinat 101,0« » » » »

Die Maximaltemperatur im Autoklaven betrug in der Nähe des Deckels gemessen nur 100,0 ^ wohl wegen der Anwesenheit von Luft.

Der Einflufs der zurückgebliebenen Luft geht auch aus folgendem Versuche hervor, bei welchem im Innern des Apparates in verschiedene Höhenlagen Maximalthermometer angebracht wurden.

15 Minuten 118« (Manometerablesung).

Thermometer in der Nähe des Deckels 101,0«, > » » Mitte des Autoklaven 105,5«,

» über der Wasseroberfläche 117,0«.

Die Einbufse, welche die Fabrikanten alljährlich durch das Verderben der Konserven erleiden, sind bei einem geordneten Betriebe gegenwärtig bedeutend zurückgedrängt, während man früher, wo die Arbeitsmethoden nicht so genau ausprobiert waren, mit viel gröfseren Verlusten rechnen mufste. Es konnte mitunter vorkommen, dafs ein ganzer Satz verdarb.

Als die hauptsächlichsten Gründe, die Bombagen von Kon- serven bewirken können, möchte ich, gestützt auf vorhergehende Versuche, resümierend folgende anführen^):

1. Die Temperaturen im Innern der Büchsen erreichen gelegentlich nicht die notwendige Höhe.

1) Vgl. aach v. Wahl, Konserven-Zeitung, Jahrg. 1903, Nr. 11.

146 Stadien über verdorbene Gemüsekonserven.

Dies kann vorkommen:

a) Wenn zu wenig lang sterilisiert wird,

b) durch das Zurückbleiben von Luft, sowohl in dem Autoklaven als auch in den Büchsen.

Eis ist daher dringend notwendig, die Luft aus den Autoklaven bei der Sterilisation vollständig ausströmen zu lassen und die Dosen möglichst mit Wasser zu füllen ; denn die Luft erwärmt sich viel langsamer als Wasser- dampf. Wenn sich nur an einer einzelnen Stelle der Büchse im Innern eine kühlere Luftinsel bildet, in der sich zufällig vereinzelte, auch nicht sehr hitzebeständige Sporen finden, so können sie den Sterilisationsprozers überdauern, um sich dann nachher auf dem günstigen Nähr- boden zu vermehren und eine Zersetzung herbeizuführen.

2. Die Verderber können durch Undichtigkeit der Dosen von aufsen hereindringen, indem die Büchse schlecht ge- falzt wurde oder nachträglich aus irgend einem Grunde gelitten hat.^) Solche Büchsen können dann trotz einer ursprünglich bestehenden Verbindung nach aufsen bom- bieren. Eine Ausgleichung des Druckes braucht nicht stattzufinden, indem eine winzig kleine ÖfiEnung, welche den Verderbem als Eingangspforte gedient hat, nach- träglich durch den Gummiring im Falz oder durch ein kleines Partikelchen des Gemüses ventilartig wieder ver- schlossen werden kann. Dafür spricht auch, dafs sehr häufig aus bombierten Büchsen kleine Mengen des Ge- müseinhaltes aussickern. Auch ist ein nachträglicher Verschlufs durch Zurostung der Büchse denkbar.

Eine solche nachträgliche Infektion wird bei undichten Büchsen u. a. dadurch begünstigt, dafs die den Auto- klaven verlassenden Konserven zur Abkühlung in Wasser untergetaucht werden, welches wiederholt zu diesem Zwecke

1) Vgl. auch Pfuhl, £., Über die Entstehung, Erkennung und Be- handlung undichter Fleischkonservenbachsen. Zeitschr. f. Hygiene u. In- fektionskrankheiten, Bd. 50, Heft 2, 19. Mai 1905, S. 317.

Von Dr. Joseph Belser. 147

gebraucht wird und deshalb eine gröfsere Zahl von Bak- terien beherbergt. Undichte Dosen können solches ver- unreinigtes Wasser aspirieren, wodurch dann ebenfalls eine Bombage zustande kommen kann. Hier wird es sich wohl meist um Saprophyten handeln, doch ist die Infektion mit pathogenen Keimen nicht ausgeschlossen, namentlich aber können Toxinbildner auch auf diesem Wege in die Konserven gelangen.

Es ist hier zu empfehlen, möglichst gutes, einwand- freies Brunnenwasser zur Abkühlung anzuwenden und dasselbe tunlichst häufig zu wechseln, wodurch die Gefahr einer nachträglichen Einwanderung von Mikroorganismen irgend welcher Art herabgemindert wird.

3. In vielen Fällen spielt sicherlich auch die grofse Wider- standsfähigkeit der Mikroben gegen hohe Temperaturen eine Rolle. Allerdings konnten von anderen und auch von mir aus verdorbenen Gemüsekonserven keine Mikroben isoliert werden, die die oben angeführten Temperaturen aushalten.

Es ist bekannt, dafs Erbsen schwieriger zu konser- vieren sind als Bohnen. Obschon man erstere viel höher und länger sterilisiert, bombiert ein gröCserer Prozentsatz. Diese Verschiedenheit ist vielleicht in der chemischen Zusammensetzung der betreffenden Gemüse zu suchen. So ist es beispielsweise nicht unmöglich, dals der stärkere Säuregehalt bei Bohnen auch das Sterilisieren erleichtert oder nachträglich wachstumshemmend wirkt. Aufser der Säure kommen in den Gemüsen noch andere Bestand- teile in Betracht, die einen Einfiuls auf Organismen haben können, so scheinen z. B. Karotten eine solche entwicklungshemmende Substanz zu enthalten, da sie leicht steril zu erhalten sind.

Zum Schlüsse möchte ich noch darauf aufmerksam machen, dafs es, um Vorgängen wie in Darmstadt tunlichst entgegen- zutreten, ratsam ist, Konservennahrung nur nach nochmaligem

148 Studien über verdorbene Gemüsekonserven. Von Dr. Joseph Belser.

Aufkochen zu geniefsen und alle solche Büchsen, welche beim OfEnen die geringste Spur einer Zersetzung zeigen, unschädlich zu machen mit Rücksicht darauf, daCs die Möglichkeit der An- wesenheit von Toxinen oder pathogenen Keimen nicht ausge- schlossen ist.

Bombierte Büchsen sind auch noch aus dem Grunde vom Handel auszuschlielsen, weil bei ihnen gewöhnlich eine starke Säuerung auftritt und nach Lehmann^) die durch die Gärung gebildeten Säuren die Lösung des Zinns erleichtem und so unter Umständen zu Zinnvergiftungen führen können.

1) Lehmann, K. B., Untersnchnngen Ober die hygien. Bedentnng des Zinns, insbesondere in Konserven. Archiv f. Hygiene, Bd. 45, Jahig. 1902 S. 88—116. Praktische Hygiene, 8. ii5.

(Aus dem Hygienischen Institat der deatsehen tJnivendtftt in Prag.

Vorstand: Prof. H neppe.)

Die schützenden Eigenschaften des Blutes von aggressin-

immnnen Hfihnercholeratieren.

Von

Dr. Edmund Weil,

Assistenten des Institutes.

Ausgeführt mit Unterstütxnng der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen.

Schon die Erzeugung der aktiven Immunität bei den Er- regem der von H u e p p e so benannten hämorrhagischen Septikämie stieb auf greise Schwierigkeiten. Die Pasteursche Methode mit abgeschwächten Kulturen (Vaccins) war sehr mangelhaft. Voges, der in der bakteriziden Aera mit toten Bakterien Im- munität zu erzielen suchte, hatte nur Mifserfolge. Bessere Re- sultate hatte Kitt, worauf schon in einer früheren Arbeit hin- gewiesen wurde. Daselbst konnte auch gezeigt werden, auf welch einfache und sichere Weise es gelingt, hohe und dauernde aktive Immunität beim gefährlichsten Erreger der hämorrhagischen Septikämie, beim Hühnercholerabazillus, zu erzeugen, wenn man die Itumunisienmg nach einer Methode vornimmt, die auf der Grundlage der Bai Ischen Aggressintheorie basiert, nämlich durch Behandlung mit aggressinhaltigem Exsudat. Es sei hier nach- getragen, dals der Schutz, den die aktive Immunität verleiht, soweit bisher festgestellt werden konnte, auf mindestens 3 Monate anhält, indem ein Kaninchen, das vor dieser Zeit die letzte

150 ^io schätzenden Eigenschaften des Blutes von Hflhnercholeratieren.

Exsudatinjektion erhalten hatte, die enorme Menge von 1 com virulenter Bouillonkultur reaktionslos vertrug*).

Was die passive Immunität anlangt, mit der sieh die nach- folgenden Untersuchungen hauptsächlich beschäftigen, so können wir sagen, dafs ein sicher schützendes Immunserum bei Hübner- cholera bisher überhaupt nicht existiert. Voges konnte bei seinen Tieren nie eine spezifische Eigenschaft im Blute auffinden ; die Schutzwirkung, die er mit dem Blute seiner behandelten Tiere erzielte, verlieh auch das Serum von normalen Tieren; aufserdem bezog sich der Schutz auf Meerschweinchen, die gegen die Erreger der hämmorrhagischen Septikämie natürliche Resistenz besitzen. Seine Uutersuchungsergebnisse fafst er folgendermafsen zusammen: »Mithin ist das einzige positive Resultat dieser unendlichen Bemühungen die Erkenntnis von der Unmöglichkeit spezifischer Wirkung der Sera von Tieren, die wir mit den Bakterien der hämmorrhagischen Septikämie zu immunisieren versucht haben.«

Die in neuerer Zeit hergestellten Immunsera von Jefs und Piorkowski, von Niebel und Hoffmann, ferner von Schreiber verliehen, wie die Nachprüfungen ergeben haben, keinen genügenden Schutz. Die nach der Kitts eben Methode immunisierten Tiere liefern, wie der Autor berichtet, ein Serum, welches in allerdings hohen Dosen Schutz verleiht. Ligni^res konnte ein Serum von sicherer Wirksamkeit nicht erzeugen. Leclainche und Nocard konnten bei Mäusen und Kaninchen durch Serumbehandlung lediglich eine Lebensverläugerung er- zielen, wirklicher Schutz trat nicht auf. Wir sehen, dafs die grofsen Schwierigkeiten, ein wirksames Serum gegen die Erreger der Hühnercholera zu erzielen, bisher nicht überwunden sind.

Die sicheren Resultate, welche die aktive Immunisierung gegen Hühnercholera ergeben hatte, liefsen erwarten, dafs das Blut der mit aggressivem Exsudat behandelten Tiere Schutz verleihende Stoffe enthalten würde. Konnte schon Bail bei Milzbrand durch Behandlung mit aggressinhaltigem Ödem ein Serum erlangen.

1) Siehe Wiener klin. Wochenschr., 1905, Nr. 16.

Von Dr. Edmund Weil. 151

das die bisher bekannten an Wirksamkeit weit übertrifEt, so mulste gewissermafsen die Hühnercholera, bei der wir über ein sicher wirkendes Immunserum überhaupt nicht verfügen, einen Prüfstein abgeben für den Wert dieser neuen Methode.

Es wurden, da sich behufs Serumgewinnung an gröfseren Tieren vorläufig äufsere Schwierigkeiten in den Weg stellten, ausschliefslich Kaninchen verwendet. Sterilisiertes Exsudat ver- trugen dieselben selbst in gröfsten Mengen reaktionslos. Infil- trate, welche auftreten, beruhen stets darauf, dals das Exsudat noch gröfsere Mengen toter Bakterien enthält und lassen sich mit Sicherheit vermeiden, wenn dieselben durch Zentrifugieren entfernt sind. Die Behandlung mit Exsudat ist sehr einfach, und die Immunität wird, wie aus beifolgendem Beispiele zu er- sehen ist, auf folgende Weise hochgetrieben.

Kanlnehen IT.

20. XI. 04. 7s ccm sterilisiertefl Kaninchenexsadat subkutan . . 1975 g

27. XI. 04. IV, ccm » » > 2050 »

3. Xn. 04. 3 ccm > > > 2115 >

14. XII. 04. Via ^Be HOhnercholerabazillen subkutan (zur Prüfung

der Immunität) 2140 >

6. I. 05. 5 ccm sterilisiertes Exsudat subkutan 2150 >

19. I. 05. Blutentnahme aus der Jugularis externa. (Schützt in

Dosen von 1 ccm Kaninchen.)

4. II. 05. 8 ccm sterilisiertes Exsudat subkutan 2150 >

10. II. 05. 10 ccm > > > 2270 >

7. m. 05. 15 ccm > > > 2350 >

30. m. 05. 20 ccm > > > 2550 >

17. IV. 05. Blutentnahme von 25 ccm aus der Jugularis externa

(Schützt Mause in der Dosis von Vio ccm, Kaninchen

V, ccm) 2450 »

22. IV. 05. 30 ccm sterilisiertes Exsudat subkutan 2500 >

10. V. 05. 40 ccm > > > 2400 >

8. VI. 05. Entblutet (mit diesem Serum wurden die letzten Ver-

suche angestellt)

Alle hier zur Verwendung gelangten Immunsera stammten von Kaninchen, zu deren Immunisierung Exsudate verwendet wurden, welche mit dem Stamm »Präge erzeugt waren. Wir verfügen über drei Stämme von Hühnercholerabakterien: den Stamm i Präge, der durch mehr als 100 Kaninchenpassagen eine

154 I^ie schützenden Eigenschaften des Blutes von Hühnercholeratieren.

Infektion mit Stamm „Teplitz".

Maus a (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach weniger als 18 Stunden. An der Infektionsstelle graues, schmieriges Infiltrat, im Aufstrich von demselben massenhaft Bazillen. Im Herzblut mikrosko^iisch massenhaft Bazillen.

Maus b. 1 ccm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Lebt.

Maus c. Vs cc^ Immunserum subkutan: nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonknltur subkutan. Lebt.

Maus d. Vio cc^ Immunserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Jjebt.

Infektion mit Stanun „Münohen^^

Maus a (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan; nach

16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach 24 Stunden.

An der Infektionsstelle im Infiltrat mikroskopisch massenhaft Bazillen.

Herzblut wimmelnd von Bazillen. Maus b. 1 ccm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden 7io Tropfen

Bouillonkultnr subkutan. Lebt. Maus c. V, ccm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen

Bouillonkultur subkutan. Lebt Maus d. Vio ccm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen

Bouillonkultur subkutan. Lebt.

Das Immunserum zu dem folgenden Versuche stammte von Kaninchen VII, welches durch acht Injekti onen 57 ccm Exsudat erhalten hatte.

Infektion mit Stamm „Prag^S

Maus a (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach weniger als 18 Stunden. Im Infiltrate an der Infektionsstelle und im Herzblute mikroskopisch massenhaft Bazillen.

Maus b. ',\ ccm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. I^bt.

Mause. Vs ccm Immunserum subkutan ; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Lebt.

Maus d. Vio ccm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Lebt.

Infektion mit Stamm „Teplitz".

Maus a (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan; nacb 16 Stunden ';'io Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach weniger als 18 Stunden. Im Herzblute und im Infiltrate mikroskopisch massen- haft Bazillen.

Von Dr. Edmund Weil. 155

Maas b. */« ^^ Immunserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen

Bouillonkultur subkutan. Lebt. Maus c. Vs ccm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen

Bouillonkultur subkutan. Lebt. Maus d. Vio ^^^ Immunserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen

Bouillonkultur subkutan. Lebt

Infektion mit Stamm ,3^ünchen".

Maus a (Kontrolle). 1 ccm normales Eaninchenserom subkutan; nach

16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach 22 Stunden.

Im Herzblute und im Infiltrate an der Infektionsstelle mikroskopisch

massenhaft Bazillen. Maus b. ccm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen

Bouillonkultur subkutan. Lebt

Maus c. Vs cc™ Immunserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen

Bouillonkultur subkutan. Lebt. Maus d. Vio ccm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen

Bouillonkultur subkutan. (An der Schwanzwurzel im Glase eingeklemmt

in der Frühe nach weniger als 18 Stunden tot aufgefunden. Im

Herzblute und im Infiltrate massenhaft Bazillen).

Die Immunisierung in dem folgenden Versuche wurde mit dem Blutserum von Kaninchen VI ausgeführt, welches durch sechs Injektionen 49 ccm Exsudat erhalten hatte.

Infektion mit Stamm „Prag**.

Maus a (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan: nach 14 Stunden 7io Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach weniger als 18 Stunden. Im Infiltrate der Infektionsstelle und im Henblute mikro- skopisch massenhaft Bazillen.

Maus b. 1 ccm Immunserum subkutan; nach 14 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Lebt.

Maus c. Vt <^c°> Immunserum subkutan; nach 14 Stunden ^,\q Tropfen Bouillonkultur subkutan. Lebt.

Maus d. Vio ^c™ Immunserum subkutan i nach 14 Stunden Vio ^^^ Bouillon- kultur subkutan. Lebt.

Infektion mit Stajnm „Teplitz^

Maus a (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan; nach 14 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach weniger als 18 Stunden. An der Infektionsstelle und im Herzblute mikroskopisch massenhaft Bazillen.

Maus b. 1 ccm Immunserum subkutan; nach 14 Stunden ^\o Tropfen Bouillonkultur subkutan. Lebt.

11»

1 56 ^i® schützenden Eigenschaften des Blutes von Htihnercholeratieren.

Maas c. Vs ^^^ Immnnserum sahkutan; nach 14 Stunden Vio Tropfen

Bouillonkultur subkutan. Lebt. Maus d. ^/lo ccm Immunserum subkutan; nach 14 Stunden Vio Tropfen

Bouillonkultur subkutan. Lebt.

Infektion mit Stamm „München*'.

Maus a (Kontrolle) 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan; nach 14 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach weniger als 18 Stunden. Im Herzblute und an der Infektionsstelle mikroskopisch massenhaft Bazillen.

Maus b. 1 ccm Immunserum subkutan; nach 14 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Lebt.

Maus c. Vs ccm Immunserum subkutan; nach 14 Stunden 7io Tropfen Bouillonkultur subkutan. Lebt.

Maus d. Vio ccm Immunserum subkutan; nach 14 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Lebt.

Wir entnehmen aus diesen Versuchen in übereinstimmender Weise, dafs alle hier zur Verwendung gelangten Immunsera in Mengen von ^/jq ccm Mäuse schützen gegen eine die Kontroll- tiere in weniger als 24 Stunden tötende Bakteriendosis. Bei sämtlichen Kontrolltieren wurde stets die dem Immunserum ent- sprechende Menge normales Serum gegeben, weil Voges gerade bei den Bakterien der hämorrhagischen Septikämie die Beob- achtung gemacht hatte, dals normale Sera von verschiedenen Tieren Resistenzerhöhung verursachen. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dafs Voges mit Meerschweinchen arbeitete, welche gegen die hämorrhagische Septikämie natürliche Resistenz besitzen, worauf auch Kitt hinweist, ferner dafs Voges als Infektionsort die Peritonealhöhle wählte, wo eine nicht spezifische künstlich erzeugte Resistenz stets am stärksten ausgesprochen ist. Bei unseren Versuchen, weder bei Mäusen noch bei Ka- ninchen und Vögeln, wo bei den Kontrolltieren stets normales Serum injiziert wurde, konnte nie eine Spur jener Resistenz- erhöhung beobachtet werden, wie aus diesen und den folgenden Versuchen ersichtlich ist. Vielleicht ist dies darauf zurückzu- führen, dafs als Infektionsort die Subcutis gewählt wurde, oder darauf, dafs die hohe Pathogenität der hier verwendeten Stämme oder das natürlich empfängliche Tier dabei eine Rolle spielt. Das soll jedoch nicht entschieden werden.

Von Dr. Edmund Weil. 157

Nach der Infektion zeigen die Mäuse kurze Zeit einen Tag - geringe Krankheitserscheinungen, es tritt auch manch- mal an der Infektionsstelle eine geringe Infiltration auf, welche jedoch rasch schwindet. Alle hier verwendeten Mäuse wurden mindestens drei Wochen beobachtet, damit sicher festgestellt werden konnte, ob der Schutz nicht vielleicht nur in einer Lebensverlängerung besteht. Auch entnimmt mau aus diesen Versuchen, dafs Unterschiede im Sinne einer Polyvalenz nicht bestehen, denn in bezug auf die drei hier verwendeten Stämme liefs sich eine solche nicht feststellen, und es ist auch, wie wir aus dem folgenden ersehen werden, eine solche nicht anzunehmen.

Nun folgen die Immunisierungsversuche mit Kaninchen, auf deren hohe Empfänglichkeit schon hingewiesen wurde. Zu den folgenden Versuchen wurden ausschliefslich junge bis 800 g schwere Kaninchen verwendet, welche den höchsten Grad der Empfindlichkeit darstellen. Auch bei diesen Versuchen wurde die Serumbehandlung am Abend vor der Infektion vorgenommen. Serum- und Bakterieneinspritzung wurde an verschiedenen Körper- stellen ausgeführt. Zur Immunitätsprüfung wurden die Sera der vier gennannten Kaninchen verwendet und zur Infektion dienten die drei zur Verfügung stehenden Stämme.

Das zu den folgenden Versuchen verwendete Immunserum stammte von Kaninchen VI.

InfeküoD mit Stamm „Prag".

Kaninchen I. 1 ccm Immunserum subkutan ; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 24 Stunden haselnufsgrofses Infiltrat. Nach 1 Woche Infiltrat nekrotisch. Nach 14 Tagen Infiltrat verschwunden. Lebt

K a n i n c h e n n. Vs ccm Immunserum subkutan ; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultor subkutan. Nach 24 Stunden flaches, talergrofses Infiltrat. Nach 6 Tagen gestorben. An der Infektionsstelle ausgedehntes, zum Teil nekrotisches Infiltrat, am Rand desselben frisches Ödem. Im Herz- blut mikroskopisch vereinzelte Bazillen.

Infektion mit Stamm „Teplitz'^

Kaninchen I. 1 ccm Immunserum subuktan; nach 16 Stunden V/^g Tropfen Bouillonkultur subkutan. Schon am Tage der Infektion deutlich krank. Nach 24 Stunden erbsengrofses Infiltrat Stirbt nach 3 Tagen. Kitrige Pleuritis und Perikarditis (Seuche).

158 ^^ schützenden Eigenschaften des Blutes von Hühnercholeratieren.

K a n i n c h e n IL 7s ccm Immnnserum subkutan ; nach 16 Stunden 7io Tropfen ßonillonknltnr, subkutan. Nach 24 Stunden erbsengrofses Infiltrat Nach 1 Woche verflachtes, hellergroDBes, nekrotisches Infiltrat Nach 14 Tagen Infiltrat verschwunden. Lebt

Infektion mit Stamm „München".

Kaninchen I. 1 com Immunserum subkutan ; nach 16 Stunden ^/|o Tropfen Bouillonknltur subkutan. Nach 24 Standen haselnufsgrofses Infiltrat. Nach 8 Tage Infiltrat nekrotisch. Nach 2 Wochen Infiltrat verschwunden. Lebt.

Kaninchen n Vs ccm Immunserum subkutan ; nach 16 Stunden 7io Tropfen Bouillonknltur subkutan. Stirbt nach 48 Stunden. In der Bauchhöhle dicker Eiter, darin mikroskopisch Stäbchen, Fäden und Hefen. (Wahr- scheinlich intraperitoneal infiziert und Darm angestochen. An der In- fektionsstelle subkutan keine Erscheinungen.

Die sicher schützende Dosis dieses Immunserums beträgt 1 com. ^/2 ccm Immunserum hat, wie aus Kaninchen II »Präge zu ersehen ist, lediglich eine sechstägige Lebensverlängerung zur Folge. Kaninchen I »Teplitzc erlag der Kaninchenseuche (chronische Hühnercholera in der Form der Pyämie ist hier sicher auszuschliefsen), welche leider das ganze Jahr unter den jungen Kaninchen in unseren Ställen wütet, und gerade zu der Zeit, als diese Versuche ausgeführt wurden, im Rückgange war; sonst wäre ein Arbeiten mit jungen Kaninchen, die lange Zeit be- obachtet werden mulsten, überhaupt unausführbar gewesen. Kanin- chen II München ist wahrscheinlich ein unglücklicher Zufall.

Das Immunserum für die folgenden Versuche lieferte Kanin- chen IV.

Infektion mit Stamm „Prag**.

Kaninchen I. 1 ccm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden 7io Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 2 Tagen starken Nasenflnfs. Stirbt nach 5 Tagen. Eitrige Rhinitis (Seuche). An der Infektionsstelle scharf begrenztes, zum Teil nekrotisches Infiltrat. Darin mikroskopisch Bazillen. Im Herzblut mikroskopisch keine Bazillen. Herzblut kulturell steril.

Kaninchen II. Vs <^cm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden 7io Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 2 Tagen erbsengrofses Infiltrat. Nach 4 Tagen Infiltrat talergrofs, hart. Nach 1 Woche Infiltrat nekrotisch. Nach 14 Tagen Infiltrat verschwunden. Lebt.

Infektion mit Stamm „Teplitz**.

Kaninchen I. 1 ccm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden ^I^q Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 2 Tagen erbsengrofses Infiltrat Nach

Von Dr. Edmund Weil. 159

8 Tagen Infiltrat nekrotisch. Nach 2 Wochen Infiltrat verschwunden.

Lebt

K a n i n c h e n n. Vs ccm Immunserum subkutan ; nach 16 Stunden Vio Tropfen

Bonillonknltur subkutan. Nach 48 Stunden erbsengrofses Infiltrat. Nach

1 Woche Infiltrat nekrotisch. Nach 14 Tagen Infiltrat verschwunden.

Lebt.

Infektion mit Stamm „München**.

Kaninchen I. 1 ccm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bonillonknltur subkutan. Nach 2 Tagen haselnufsgrofses Infiltrat. Nach 1 Woche Infiltrat nekrotisch. Nach 2 Wochen Infiltrat verschwunden. Lebt

Kaninchen II. V, ccm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden Vio'^op^^A Bouillonkultur subkutan. Nach 2 Tagen Infiltrat haselnufsgrofs. Nach 1 Woche Infiltrat nekrotisch. Nach 2 Wochen Infiltrat verschwunden. Lebt.

Das Immunserum dieses Kaninchens schützt sicher in der Dosis von ^/g ccm. Kaninchen I »Präge hatte die Infektion mit Hühnercholera vollständig überwunden, wie aus dem sterilen Herzblutbefund hervorgeht, und wurde ein Opfer der Kaninchen - seuche. (Eitrige Rhinitis.)

Für die folgenden Versuche wurde das Immunserum von Kaninchen VII verwendet.

Infektion mit Stamm „Prag*^

Kaninchen III. 1 ccm Immunseruro subkutan ; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 2 Tagen walnursgroDses Infiltrat. Nach 1 Woche Infiltrat nekrotisch. Nach 2 Wochen Infiltrat verschwunden. Lebt.

K a n i n c h e n n. Vs ^^^ Immunserum subkutan ; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 2 Tagen Infiltrat walnuTsgrofs. Nach 5 Tagen Infiltrat verfiacht, handtellergrofs. Nach 10 Tagen beginnt es nekrotisch zu werden. Nach 14 Tagen vollständig nekrotisch. Nach 3 Wochen verschwunden. Lebt.

Infektion mit Stamm „Teplitz''.

Kaninchen I. 1 ccm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 5 Tagen erbsengroftfes Infiltrat. Nach 1 Woche vollständig nekrotisch. Nach 14 Tagen verschwunden. Lebt.

Ka n i n c h e n n. Vs ccm Immunserum subkutan ; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 2 Tagen erbsengrofses Infiltrat. Nach 1 Woche Infiltrat nekrotisch. Nach 14 Tagen verschwunden. Lebt.

Infektion mit Stamm „München*^

Kaninchen I. 1 ccm Immunserum subkutan ; nach 16 Stunden Vio Tropfen BouillonkultuT subkutan. Nach 5 Tagen hellergrofses, fiaches Infiltrat. Nach 8 Tagen Infiltrat nekrotisch. Nach 14 Tagen verschwunden. Lebt.

160 Die schützenden Eigenschaften des Blutes von Hühnereholeratieren.

K a ni n c h e n II. Vs ^^^ Immunserum subkutan ; nach 16 Stunden ^\q Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 5 Tagen talergrofses Infiltrat Nach 8 Tagen Infiltrat nekrotisch. Nach 14 Tagen Infiltrat verschwunden. Lebt.

Da die vorangehenden Kaninchen versuche gleichzeitig aus- geführt wurden, so ergab sich nur die Notwendigkeit, je ein Kontrolltier für jeden Stamm zu verwenden. Kontrolltiere wären jedoch für solche Versuche vollständig überflüssig. Die Infektion wurde hier mit der halben Bakterienmenge vorgenommen.

Infektion mit Stamm „Prag''.

Kaninchen I (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan; nach 16 Stunden 7>o Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach 12 Stunden. An der Infektionsstelle geringes ödem. Mikroskopisch im Aufstrich von demselben massenhaft Bazillen. Im Herzblut mikroskopisch massenhaft Bazillen. In der Brusthöhle klare Flüssigkeit.

Infektion mit Stanmi „Teplitz*'.

Kaninchen II (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan ; nach 16 Stunden Vso Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach weniger als 20 Stunden. An der Infektionsstelle geringes, blutiges ödem, darin mikroskopisch massenhaft Bazillen. Im Herzblut mikroskopisch wimmelnd von Bazillen. In der Pleura- und Peritonealhöhle klare Flüssigkeit.

Infektion mit Stamm „München'*.

Kaninchen III (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan ; nach 16 Stunden ^'^q Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach weniger als 20 Stunden. An der Infektionsstelle geringe Reaktion, etwas ödem, darin mikroskopisch massenhaft Bazillen. Im Herzblut mikroskopisch massenhaft Bazillen. In der Brusthöhle klares Transsudat.

Das Immunserum zu dem folgenden Versuche lieferte Kanin- chen VIII.

Infektion mit Stanmi „Prag''.

Kaninchen I (Kontrolle). 1 ccm normales Schafserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt in weniger als 16 Stunden. An der Infektionsstelle diffusses ödematöses Infiltrat. Darin und im Herzblute mikroskopisch enorme Mengen Bazillen.

Kaninchen II. 1 ccm Immunserum subkutan ; nach 16 Stunden ^\o Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 24 Stunden erbsengrofses Infiltrat. Nach 2 Tagen Infiltrat haselnufsgrofs. Nach 5 Tagen Infiltrat walnufsgrofs, verhärtet. Nach 14 Tagen Infiltrat derb, nekrotisch, käsigen Eiter ent- leerend. Nach 3 Wochen Infiltrat verschwunden. Lebt.

Kaninchen III. ^'^ ccm Imniunserum subkutan: nach 16 Stunden V,« Tropfen Bouillonkultur Rubkutan. Nach 24 Stunden erbsengrofses Infiltrat

Von Dr. Edmund Weil. 161

Nach 2 Tagen Infiltrat vergrOlBert, doch scharf von der Umgebung ab- gegrenzt. Nach 8 Tagen Infiltrat von der Gröfse eines kindlichen Hand- tellers, flach, derb. Nach 14 Tagen Infiltrat nekrotisch. Nach 3 Wochen Infiltrat verschwunden. Lebt

Infektion mit Stamm „Teplitz^^

Kaninchen I (Kontrolle) 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan ; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouilloukultur subkutan. Stirbt nach weniger als 16 Stunden. An der Infektionsstelle fast keine Reaktion. Im Auf- strich von der Infektionsstelle mikroskopisch massenhaft Bazillen, eben' falls mikroskopisch im Herzblute.

Kaninchen II. 1 ccm Immunserum subkutan ; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 24 Stunden erbsengrofses, scharf abge- grenztes Infiltrat Nach 2 Tagen Infiltrat hart Nach 8 Tagen Infiltrat nekrotisch. Nach 14 Tagen Infiltrat verschwunden. Lebt

Kaninchen IIL Vi ccm Immunserum subkutan ; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 24 Stunden Infiltrat walnufsgrofs. Nach 8 Tagen Infiltrat nekrotisch. Nach 2 Wochen Infiltrat verschwunden. Lebt

Infektion mit Stamm „München*^

Kaninchen I (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach 20 Stunden. An der Infektionsstelle diffuses ödem. Darin und im Herzblute mikroskopisch massenhaft Bazillen. In der Brusthöhle klare Flüssigkeit

Kaninchen II. 1 ccm Immunserum subkutan; nach 16 Stunden V/j« Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 24 Stunden erbsengrofses Infiltrat Nach 48 Stunden Infiltrat walnuDsgrofs ; beginnt am oberen Ende sich zu verhärten. Nach 8 Tagen Infiltrat ganz hart, beginnt nekrotisch zu werden. Nach 14 Tagen Infiltrat nekrotisch. Nach 3 Wochen Infiltrat verschwunden. Lebt.

Kaninchen III. Vi ccm Immunserum subkutan ; nach 16 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 24 Stunden bohnengrofses Infiltrat. Nach 8 Tagen Infiltrat flach, handtellergrofs, derb, hart. Nach 14 Tagen Infiltrat nekrotisch. Nach 3 Wochen Infiltrat verschwunden. Lebt.

Wir entnebmeu aus diesen Versuchsprotokollen, dafs die hier verwendeten Immunsera Kaninchen in der Dosis von ^/a ccm sicher schützen, gegen eine Bakterienmenge, welche die Kontroll- tiere in weniger als 20 Stunden tötet. Die immunisierten Tiere reagieren auf die Infektion mit der Ausbildung von Infiltraten, die sich im Laufe der ersten Tage vergrölsern, dann stationär bleiben, sich verhärten und schliefslich nekrotisch werden. So- lange letzterer Umstand nicht eingetreten ist, sind die Tiere noch

162 ^i® schützeDden Eigenscbaften des Blutes von HQhnercholeratieren.

in Gefahr, das Leben zu verlieren. (Kaninchen IE iPragc. S. 157.) Das nekrotische Infiltrat jedoch wird rasch resorbiert und die Tiere, die manchmal unter dem Einflufs der Infiltrate zu leiden haben, erholen sich dann rasch. Man mufs, um von der sicheren Wirkung des Immunserums überzeugt zu sein, die Tiere so lange in Beobachtung halten, als das Infiltrat nekrotisch zu werden beginnt. Die Kaninchen dieser Versuche wurden mindestens drei Wochen und länger beobachtet.

Von den drei Bakterienstämmen setzt die geringsten Verände- rungen der Stamm iTeplitz«. Die Infiltrate bei den immunisierten Tieren erreichen nie eine nennenswerte Gröfse und schwinden rasch. Am stärksten sind die Infiltrate auffallenderweise beim Stamm »Präge ausgebildet, gegen den die Tiere immunisiert waren. Auch dieser Umstand spricht gegen die Wirkung des Immunserums im Sinne einer Polyvalenz. Der Stamm > München« hält betreffs der Erscheinungen an der Infektionsstelle die Mitte zwischen beiden. Es hat doch den Anschein, dafs die Intensität der Reaktionserscheinungen am Infektionsorte, d. i. die Aus- bildung der Infiltrate, mit der Stärke der Aggressivität dieser drei Stämme in Zusammenhang gebracht werden mufs. Wir müssen uns vorstellen, dals die Wirkung eines Hühnercholera - Immun- serums gegen die Vermehrungsfähigkeit der Bakterien, gegen ihre Aggressivität, gerichtet sein mufs. Ein stark wirkendes Immunserum wird die Vermehrungsfähigkeit der Bakterien stark hemmen, oder umgekehrt, wird jener Bakterienstamm die stärkste Aggressivität aufw-eisen, welcher sich trotz des Immunserums noch an der Infektionsstelle zu vermehren vermag. Der Ein- bruch und die Vermehrung im Blute wird ein sicher wirkendes Immunserum stets zu verhindern imstande sein. Wir sind nun aus dem Grunde geneigt, dem Stamm »Prag« der infolge seiner Vermehrung am Infektionsorte die Ausbildung der Infiltrate be- dingt, die stärkste Aggressivität zuzuschreiben. Der fortwährende Aufenthalt dieses Stammes im Tier wird wohl als Grund hierfür angesehen werden müssen. Der Virulenz nach, d. h. was die Zahl der einzuführenden Keime betrifft, um ein Tier zu töten, bestehen in bezug auf diese drei Stämme keine Unterschiede.

Von Dr. Edmund Weil. 163

Alle drei sind imstande, vielleicht in einem Bakterienexemplar ein Kaninchen zu töten, die Differenzen dieser drei Bakterien- stAmme beziehen sich nur auf ihre Aggressivität.

Um eine hohe Immunität zu erzeugen, ist es auch not- wendig, mit einem mögUchst aggressiven Stamm die zur Immuni* sierung verwendeten Exsudate zu gewinnen; denn von der Stärke der Aggressivität wird hauptsächlich der antiaggressive Zustand des Tieres abhängen. Exsudate, denen durch Erhitzen die Aggressivität genonmien ist, wirken nur schwach oder gar nicht immunisatorisch, wie wir aus Versuchen von Bail bei Typhus- bazillen wissen. Bei den hämorrhagischen Septikämieerregern die Virulenz für Kaninchen zu steigern, wird man kaum nötig haben, anders ist es aber mit der Aggressivität, wie man es besonders schön bei Schweineseuche beobachten kann. Man sieht im Laufe der Tierpassagen das Exsudat gewissermafsen aggressiv werden. Die anfangs dicke, zähe, zellreiche Flüssigkeit wird dünn, die Zellen schwinden, Bakterien finden sich in Unmengen vor, Phagocytose ist nie zu beobachten. Derartige Exsudate sind für die Immunisierung die geeignetsten.

Ober den Mechanismus der Aggressinimmunität läfst sich vorderhand nichts Bestimmtes aussagen. In einer früheren Arbeit über die aktive Immunität bei Hühnercholera konnte durch die Aggressintheorie die Pasteurschelmmuuisierungsmethode damit erklärt werden, dals durch geeignete Ab Schwächungsmethoden (Luftzutritt) den Hühnercholerabazillen ein Teil ihrer Aggressivität genommen wird, so dafs diese Bakterien, in den Tierkörper ge- langt, nicht mehr so viel Aggressin bilden, als zur schranken- losen Vermehrung ausreicht. Infolge dieses Defektes ihrer Aggres- sivität verhalten sich diese Bakterien wie Halbparasiten, die das Tier nicht mehr unter allen Umständen töten. Das durch die Vermehrung im Infiltrate gebildete Aggressin reicht jedoch aus, nach der Resorption das Tier immun zu machen. Haben wir nun ein Tier mit Immunserum behandelt und spritzen darnach virulente Bazillen ein, so entstehen ebenfalls durch die einge- führten Bakterien Infiltrate, welche vollständig denen durch die Pasteurschen Vaccins entstandenen entsprechen. Das dem

164 I^ie schützenden Eigenschaften des Blutes von Hühnercholeratieren.

Tier einverleibte Immunserum übt im Tierkörper dieselbe Wirkung auf die Bakterien aus, die Pasteur extra corpus durch Abschwächungsmethoden erzielt hat, es nimmt den Bakterien ihre unbegrenzte Vermehrungsfähigkeit, ihre Aggressivität. Aus dem Grunde wollen wir dieses Immunserum als antiaggressives bezeichnen. Dafs das Immunserum nicht bakteriolytische Wirkung entfaltet, zeigt schon der Umstand, dafs sich die Bakterien im Infiltrate der immunen Tiere vermehren und ihre Virulenz un- geschwächt beibehalten.

Wir müssen auch in Erwägung ziehen, dafs der Schutzwert von ^2 ^'Cm Immunserum schon ein sehr hoher ist. Wir dürfen denselben selbstverständlich nicht mit einem bakteriziden oder antitoxischen Serum in Parallele setzen, wo Bruchteile von tausendstel Kubikzentimeter Schutz verleihen. Denn dabei ist der Schutz gegen die einfach tödliche Dosis gerichtet. In unserem Falle ist aber die einfach tödliche Dosis eine Bakterienzelle. Es sei hier auf eine Äufserung von Sobernheim im Handbuch von Wassermann und KoUe hingewiesen, der von einem hochwertigen Milzbrandimmunserum folgendes verlangt: »Wenn z. B. von sechs Kaninchen, die mit steigenden Mengen von 1 6 ccm Serum intravenös behandelt und kurz darauf mit Viooo Os® virulenter Milzbrandkultur subkutan geimpft werden, die Hälfte oder gar mehr mit dem Leben davonkommen, auch die übrigen später als die Kontrolltiere sterben, so ist dies ein Re- sultat, wie es nur von einem hochwertigen Serum zu erwarten ist.« Wir sehen, dafs die Ansprüche, die man an ein Immun- serum stellt, das gegen septikämische , intensiv vermehrungs- fähige Keime gerichtet ist, recht bescheidene sind. Immerhin sind die Resultate, die man durch Immunisierung mit aggressivem Exsudat bekommt, ungleich bessere. So kann Bail durch eine einmalige Injektion von ^{2 ccm antiaggressiven Immunserums jedes Kaninchen sicher gegen virulenten Milzbrand schützen. Ebenso verleiht, wie aus den vorhergehenden Versuchen er- sichtlich, V2 ccm Immunserum den Kaninchen sicheren Schutz gegen Hühnercholerabakterien, welche, was Aggressivität anlangt, den Milzbrand sicher überragen.

Von Dr. Edmund Weil. 165

Es erübrigt noch, auf einen Punkt im Anschlufs an die Kaninchenversuche einzugehen. Wir wissen, dafs der übertragene Schutz nur kurze Zeit, zwei Wochen wird im allgemeinen an- genommen, andauert, was wohl auch beim Hühnercholera-Immun- serum der Fall sein wird. Nun bleiben aber die Bakterien noch sehr lange im Infiltrate lebensfähig und virulent. Man müfste also denken, dafs theoretisch aus dem Grunde eine passive Immunisierung unmöglich wäre, da zu einer Zeit, wo der passive Impfschutz schon geschwunden ist, die noch lebenden Bazillen das Tier töten. Die praktische Erfahrung spricht jedoch dagegen. Dieser Umstand wird sich wohl damit erklären lassen, dafs durch die Aufsaugung der Infiltrate, die beim passiv immunisierten Tiere entstehen, die Tiere nachher aktiv immun werden, wie durch Impfung mit Pas teur sehen Vaccins.

Was die Immunisierungsversuche mit Vögeln anlangt, so sind dieselben nicht so günstig. Das Kaninchenimmunserum schützt zwar Tauben, andere Vögel wurden bisher nicht untersucht , doch sind die Resultate nicht so befriedigend wie die mit Kaninchen und Mäusen.

Das hierzu verwendete Immunserum stammte von Kanin- chen VI. Die Infektion wurde mit Stamm »Prag« vorgenommen.

Taabe I (Kontrolle). 2 ccm nonnales Kaninchenserum subkutan; nach 14 Stunden V/,o Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach 21 Stunden. An der Infektionsstelle harte Schwellung von gelblichweiTser Farbe, auf die Muskulatur übergreifend. Im Infiltrate mikroskopisch enorme Mengen von Bazillen, keine Zellen. Das Herzblut mikroskopisch wimmelnd von Bazillen.

Tauben. 2 ccm Immunserum subkutan. Nach 14 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 48 Stunden bohnengrofse, harte, begrenzte Infiltration. Nach drei Tagen Infiltrat unverändert. Nach 8 Tagen ge- storben. Im Infiltrate zahlreiche, im Herzblut mikroskopisch spärliche Bazillen.

Taube Ul. 1 ccm Immunserum subkutan; nach 14 Stunden Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 48 Stunden wie Taube UI. Nach 3 Tagen ebenso. Stirbt nach 5 Tagen. Im Infiltrate an der Infektions- stelle zahlreiche Bazillen, im Herzblute mikroskopisch sehr spärliche Bazillen.

Taube IV. 0,25 ccm Immunserum subkutan; nach 14 Stunden ^/j^ Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 48 Stunden mehr diffuse, weiche, erbsen-

156 Die schützenden Eigenschaften des Blutes von Hühnercholeratieren.

grofse Infiltration. Nach 3 Tagen Infiltration derb, hart. Nach 5 Tagen ebenso. Nach 14 Tagen Infiltrat verschwunden. Lebt.

Die individuelle Verschiedenheit dieser Taube dürfte der Grund für das Überleben sein.

In einer früheren Arbeit konnte gezeigt werden, dals die aktive Immunisierung von Hühnern und Tauben mit Kaninehen- exsudat relativ leicht gelingt und eine vollkommene ist. Wenn nun die passive Immunität mit Kaninchenimmunserum bei Tauben teil- weise versagt, so dürfte die Ursache davon in dem eigentümlichen Verhältnis homologer und heterologer Sera begründet sein. Da- bei darf nicht vergessen werden, dafs die Heterologie in diesen Versuchen eine zweifache ist, indem einerseits das Kaninchen- immunserum eine Tauben fremdartige Flüssigkeit ist, anderseits die Kaninchen mit Kaninchenexsudat also ebenfalls einer Tauben fremden Flüssigkeit behandelt wurden. Das dürfte nicht ohne Einflufs sein. Das Aggressin mufs ja, auch wenn es von ver- schiedenen Tieren stammt, im Prinzip dasselbe sein, geringe, vielleicht nur quantitative Differenzen lassen sich wohl je nach der verwendeten Tierart erwarten. Bei Mäusen, und wie wir auch sehen werden bei Meerschweinchen kommen diese Um- stände weniger in Betracht, vielleicht aus dem Grunde, weil sie als Nager dem Kaninchen verwandte Tiere sind. Mit Sicherheit läfst sich aber über diese kompUzierten Verhältnisse nichts aus- sagen. Doch lätst sich erwarten, dafs ein höherwertiges Immun- serum, von geeigneten Tieren gewonnen, auch bei Vögeln sichere Resultate erzielen wird.

Alle vorhergehenden Versuche wurden, wie schon des öfteren erwähnt und auch aus den Versuchsprotokollen ersichtlich ist, derart ausgeführt, dafs das Immunserum mehrere Stunden vor den Bak- terien gegeben wurde. Dieser Infektionsmodus wurde teils aus dem Grunde gewählt, weil für eine praktische Anwendung nur eine solche Immunisierungsart in Betracht kommen konnte, teils auch deshalb, weil wir es hier nicht mit einem bakteriziden oder antitoxischeu Serum zu tun haben. Der Schutz, den ^in bak- terizides Immunserum verleiht,, ist sofort gegeben, denn die

Von Dr. Edmund Weil. 167

gleichzeitig eingespritzten Keime, die mit Immunkörpern beladen sind, finden im Tierkörper Komplement vor und werden aufge- löst, und sind, wenn die durch die Auflösung freiwerdende Gift- menge nicht zu grofs ist, um von den Leukozyten paralysiert zu werden, dem Organismus unschädUch. Vorzeitig einverleibt, wirkt das bakterizide Immunserum, wie die Erfahrung ergibt, ungleich schwächer. Ebenso wirkt das gleichzeitig mit dem Toxin eingespritzte antitoxische Immunserum sofort, weil es ja schon im Glase das Gift unwirksam macht. Andere Verhältnisse liegen jedoch beim antiaggressiven Immunserum vor, da die ein- geführten Keime nicht abgetötet werden, sondern nur ihre inten- sive Vermehrung gehemmt wird. Wenn wir also ein antiaggres- sives Immunserum gleichzeitig mit den Bazillen einspritzen, so wird vielleicht schon die Zeit, welche verstreicht, bis das Immun- serum resorbiert ist und in die Gewebssäfte übergeht, während welcher es noch keinen Schutz verleiht, genügen, dafs sich die Bakterien schon zu sehr vermehrt haben; denn die Vermehrung der Hühnercholerabakterien setzt beim Kaninchen im Gegensatz zum Milzbrand sofort ein. Das Immunserum wird also nach dieser Zeit aufserstande sein, gegen die zu grofse Bakterienmenge zu schützen. Denn jede Immunität, und besonders die passive, ist begrenzt und kann gebrochen werden. Immerhin mulste bei einem hochwertigen Immunserum dieser Umstand in Wegfall kommen. Aus dem Grunde wurde Kaninchen IV höher im- munisiert, und mit dem Blutserum dieses Tieres wurden die nachfolgenden Versuche an Kaninchen und Mäusen ausgeführt.

Das hier verwendete Immunserum stammte von Kanin- chen IV ^), welches inzwischen durch zwei neuerliche Injektionen um 70 ccm Exsudat mehr bekommen hatte.

1) Siehe 8. 151. Es sei hier darauf hingewiesen, dafs man mit dem Karholzasatz behafs Sterilisiening der Exsudate dieselbe wurde in der früheren Publikation über Hühnercholera genau beschrieben bei Anwen- dung so grofser Exsudatmengen wie 30 oder 40 ccm heruntergehen mufs, damit die Tiere nicht einer Karbolvergiftung erliegen. Dieser Umstand ist oft recht schwierig, hängt zum grofsen Teile von der Zahl der Keime im Exsudate ab und lassen sich da leider genaue Vorschriften nicht geben.

168 ^i^ Bchützenden Eigenschaften des Blutes von Hühnercholeratieren.

Infektion mit Stamm „Prag*S

Maus I (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan; gleich darauf V^o Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach weniger als 14 Stunden. An der Infektionsstelle und im Herzblut mikroskopisch massenhaft Bazillen.

Maus II. 0,75 ccm Immunserum subkutan ; gleich darauf Vio Tropfen Bonillon- kultur subkutan. I^bt.

Maus ni. 0,25 ccm Immunserum subkutan; gleich darauf V/j, Tropfen Bouillonkultur subkutan. Lebt.

Infektion mit Stanun „Teplitz**. Maus I (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan; gleich

darauf Vio Tropfen Bouillonkultnr subkutan. Stirbt nach 20 Stunden.

An der Infektionsstelle und im Herzblut mikroskopisch massenhaft

Bazillen. Maus II. 0,75 ccm Immunserum subkutan; gleich darauf V^« Tropfen

Bouillonkultur subkutan. Lebt. Maus ni. 0,25 ccm Immunserum subkutan; gleich darauf Vio Tropfen

Bonillonkultur subkutan. Lebt.

Infektion mit Stanun „München*'.

M a u 8 I (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan ; gleich darnach Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach weniger als 14 Stunden. An der Infektionsstelle und im Herzblut mikroskopisch massenhaft Bazillen.

Maus II. 0,75 ccm Immunsernm subkutan; gleich darnach Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Lebt.

Maus UI. 0,25 ccm Immunserum subkutan; gleich darauf Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Lebt.

Immunserum von Kaninchen IV.

Infektion mit Stanun „Prag**.

Kaninchen I (Kontrolle). 1400 g 1 ccm normales Kaninchenserum, auf der einen Seite subkutan; gleich darnach auf der anderen Seite subkutan Vio Tropfen Bouillonkultur. Stirbt nach weniger als 14 Stunden. An der Infektionsstelle geringes ödem, darin mikroskopisch massenhaft Bazillen, keine Zellen. Im Herzblut mikroskopisch wimmelnd von Bazillen. In der Pleurahöhle klare Flüssigkeit.

Kaninchen H. 750 g 1 ccm Immunserum subkutan ; gleich darnach auf der anderen Seite V^^q Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 48 Stunden an der Infektionsstelle haselnuTsgrofses derbes Infiltrat. Nach 8 Tagen Infiltrat nekrotisch. Nach 2 Wochen Infiltrat verschwunden. Lebt.

Infektion mit Stanmi „TepUtz'S

Kaninchen I (Kontrolle). 2000 g I ccm normales Kaninchenserum, darin aufgeschwemmt Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach weniger als 18 Stunden. An der Infektionsstelle diffuses, blutiges, geringes Odem

Von Dr. Edmund Weil. 169

Darin mikroskopisch massenhaft Bazillen, keine Zellen. Im Herzblute mikroskopisch massenhaft Bazillen. In der Pleura- und Peritonealhöhle klare Flüssigkeit. Kaninchen II. 850 g 1 ccm Immunsernm, darin aufgeschwemmt ^/j^ Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 24 Stunden erbsengrofses, begrenztes Infiltrat Nach 5 Tagen Infiltrat derb. Nach 1 Woche Infiltrat ver- schwunden. Lebt.

Infektion mit Stamm „München'^

Kaninchenl (Kontrolle). 1600 g 1 ccm normales Kaninchenserum subkutan ; gleich darnach auf der anderen Seite Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Stirbt nach weniger als 14 Stunden. An der Infektionsstelle geringes blutiges Odem; darin mikroskopisch massenhaft Bazillen, keine Zellen. Im Herzblute mikroskopisch massenhaft Bazillen. In der Pleurahöhle klare Flüssigkeit.

Kaninchen II. 820 g 1 ccm Immunserum subkutan; gleichzeitig auf der anderen Seite Vio Tropfen Bouillonkultur subkutan. Nach 48 Stunden erbsengrofses, derbes Infiltrat, scharf begrenzt. Nach 8 Tagen Infiltrat nekrotisch. Nach 14 Tagen Infiltrat vollständig verschwunden. Lebt.

Wir entnehmen daraus, dals ein hochwertiges Immunserum auch bei gleichzeitiger Einverleibung Mäusen und Kaninchen und, wie wir später sehen werden, Meerschweinchen sicheren Schutz verleiht. Auch geht aus diesen Versuchen hervor, dafs trotz gleichzeitiger Einverleibung die Reaktionserscheinungen an der Infektionsstelle bei Kaninchen viel geringere sind, als in den früheren Versuchen, wo das Immunserum noch nicht so hoch- wertig war, und es läfst sich erwarten, dafs, wenn die Immuni- tät noch höher getrieben wird, die Infektion bei passiver Im- munität ganz reaktionslos verlaufen wird.

Die vollkommen sicheren Resultate, welche die vorangehen- den Versuche mit gleichzeitiger Einverleibung des Immunserums und der Bazillen ergaben, liefsen auch Erfolge erwarten, wenn man ein schon infiziertes Tier mit Immunserum behandelt. Kaninchen I (Kontrolle), 820 g, erhält V20 Tropfen Bouillonkultur Stamm »Präge und stirbt nach acht Stunden typisch. Kanin- chen II, 760 g, erhält % Tropfen Bouillonkultur und nach zwei Stunden 2^/2 ccm Immunserum von Kaninchen IV. An der In- fektionsstelle bildet sich ein handtellergrofses Infiltrat aus, das sich verhärtet, dadurch eine Kontraktur des einen Hinterbeines bedingt. Stirbt nach neun Tagen.

Archiv für Hygiene. Bd. LIV. 12

170 ^io schützenden Eigenschaften des Blates von Hühuercholeratieren.

Der rasche Tod des KontroUtieres ist darauf zurückzuführen, dafs zu diesem Versuche ein der Gröfse des Immuntieres ent- sprechendes gewählt wurde. Die Kontrolltiere in den früheren Versuchen, wo der Tod nach 12 20 Stunden erfolgte, waren stets gröfsere Tiere ; als Immuntiere wurden auch dort, wie schon erwähnt, nur kleine Tiere gewählt. Beim Inmauntier dieses Ver- suches, welches zwei Stunden nach der Infektion, wo sich die Bakterien schon sehr stark vermehrt hatten, mit Serum behandelt wurde und nach neun Tagen starb, erfolgte der Tod nicht durch die Infektion, denn das Blut enthielt keine Bakterien. Den Tod hatte die Ausbildung des starken Infiltrates an der Infek- tionsstelle durch Marasmus bedingt. Letzteres hatte die hier an- gewendete Immunserummenge nicht zu verhindern vermocht; eine gröfsere Dosis wäre auch hier wirkungsvoll gewesen. Dies konnte aus dem Grunde nicht durchgeführt werden, weil zu diesem Versuche der letzte Rest des Immunserums von Kaninchen IV aufgebraucht wurde. Jedenfalls spricht schon dieser Versuch für die ungemein starke und sichere Wirkung des Immunserums.

Hatten schon die Kaninchenimmunversuche ein vollständiges Fehlen von bakteriziden Eigenschaften des Immunserums ergeben, 80 war es doch noch von Interesse; die Vorgänge in der Bauch- höhle von passiv immunisierten Meerschweinchen zu verfolgen, um auch dabei zu beobachten, welche Rolle die Leukozyten spielen. Betreffs derselben konnten auch im immunen Kaninchen nie phagozytierende Eigenschaften beobachtet werden; im Infil- trate der immunen Tiere finden sich zwar massenhaft Leukozyten, aber keine Phagozytose, und selbst wenn das Infiltrat nekrotisch wird, finden sich neben Leukozytentrümmem noch immer freie Bazillen. Voges, der intraperitoneale Meerschweinchenversuche mit Schweineseuchebakterien anstellte, fand bei resistenten Tieren, welche die Infektion überstanden, nie Bakteriolyse, auch eine Tätigkeit der Leukozyten als Phagozyten konnte er nicht kon- statieren. Die eingespritzten Keime wurden immer spärlicher, und die Bauchhöhle war gewöhnlich nach 48 72 Stunden steril. Bei diesen Versuchen hatte Voges auch die Beobachtung ge- macht, dafs auf gleiche Weise das normale Serum von verschie-

Von Dr. Edmund Weil. 171

denen Tieren, wie das Blutserum von Tieren, die mit den Schweineseuchebakterien vorbehandelt waren, den Meerschwein- chen gegen eine intraperitoneale Infektion Schutz verleiht, wenn er das Serum 24 Stunden vor der Infektion einspritzt. Auf gleiche Weise aber blieb sowohl normales Serum als auch Serum von behandelten Tieren, bei gleichzeitiger Einführung oder wenige Stunden vor der Infektion eingeführt, wirkungslos. Wir konnten schon mehrfach darauf hinweisen, dafs wir bei Mäusen, Kanin- chen und Tauben bei subkutaner Infektion mit Hühnercholera- bakterien nie eine Spur jener Resistenz beobachten konnten; denn die Kontrolltiere, die stets die dem Immunserum entspre- chende Menge normalen Serums bekommen, zeigten nie eine da- durch bewirkte Lebensverlängerung oder atypischen Befund. Voges verlangt von der spez. Wirkung eines Immunserums, dafs es, gleichzeitig mit den Bakterien eingespritzt, Schutz ver- leiht. Es werden auch beim Meerschweinchen in bezug auf dij gleichzeitige und vorzeitige Immunserumgabe dieselben Umstände in Betracht zu ziehen sein wie beim Kaninchen. Immerhin wurden die nachfolgenden Versuche mit Meerschweinchen, da wir über ein ziemlich hochwertiges Immunserum verfügten, der- art angestellt, dafs Immunserum und Bazillen gleichzeitig intra- peritoneal eingespritzt wurden.

Das Immunserum zu diesen Versuchen stammte von Kanin- chen IV, welches auch zu den letzten Versuchen verwendet

wurde.

Infektion mit Stamm „Prag".

Meerschweinchen I (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum intra- peritoneal; gleich darnach Vio <^cm Bouillon kultur intraperitoneal.

Nach 1 Stunde: Vereinzelte Bazillen, vereinzelte Leukozyten, keine Phagozytose.

Nach 2 Stunden: Deutliche Vermehrung der Bazillen, zahlreiche Leuko- zyten, keine Phagozytose.

Nach 6 Stunden : Massenhaft Bazillen, spärliche Leukozyten, keine Phagozytose.

Nach 7 Stunden : Enorme Mengen von Bazillen, wenige Leukozyten, keine Phagozytose (schwer krank).

Stirbt nach 9 Stunden. In der Bauchhöhle 2 ccm dicken trüben Exsudates, darin mikroskopisch enorme Mengen von Bazillen, wenige Zellen, keine Phagozytose, keine Auflagerungen. Im Herzblute mikroskopisch Bazillen.

r2»

172 ^^0 schützenden Eigenschaften des Blates von Hühnercholeratieren.

Meerschweinchen n. Iccm Immanserum intraperitoneal ; gleich darauf

Vio ccm Bouillonkaltur intraperitoneal. Nach 1 Stunde: Vereinzelte Bazillen, spärliche Leukozjrten, keine

Phagozytose. Nach 2 Stunden: Vereinzelte Bazillen, zahlreiche Leukozyten, keine

Phagozytose. Nach 6 Stunden: Spftrliche Bazillen, zahlreiche Leukozyten, keine

Phagozytose. Nach 7 Stunden : Spärliche Bazillen, sehr zahlreiche Leukozyten, keine

Phagozytose. Nach 9 Stunden: Beginnende Vermehrung der Bazillen, massenhaft

Leukozyten, keine Phagozytose. Nach 24 Stunden : Massenhaft Bazillen, reiner Eiter (grofse polynukleäre

Leukozyten und Makrophagen), keine Phagozytose. Tier vollkommen

munter. Nach 48 Stunden: Noch ungemein zahlreiche Bazillen, dicker Eiter,

Phagozytose nicht sicher. Tier vollkommen munter. Nach 72 Stunden : Weniger Bazillen, zum Teil schlecht gefärbt, zum Teil

in feine Fädchen oder in Kömchen zerfallen, zahlreiche Leukozyten,

Phagozytose nicht sicher. Nach 96 Stunden: Vereinzelte Bazillen, zahlreiche Leukozyten, keine

Phagozytose. Lebt.

Infektion mit Stamm „Teplitz'*.

Meerschweinchenl (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum intra- peritoneal; gleich darnach 7io ^^^ Bouillonkultur intraperitoneal.

Nach 1 Stunde: Vereinzelte Bazillen, spärliche Leukozyten, keine Phagozytose.

Nach 2 Stunden: Vereinzelte Bazillen, zahlreiche Leukozyten, keine Phagozytose.

Nach 5 .Stunden : Sehr zahlreiche Bazillen, wenige Leukozyten, keine Phagozytose.

Nach 6 Stunden: Massenhaft Bazillen, spärliche Leukozyten, keine Phagozytose (schwer krank).

Nach 7 Stunden: Enorme Mengen von Bazillen, einzelne Leukozyten, keine Phagozytose.

Nach 9 Stunden sterbend. Stirbt in der Nacht In der Bauchhöhle dicktrübes Exsudat, darin mikroskopisch massenhaft Bazillen, wenige Zellen, keine Phagozytose. Peritoneum des Darmes intensiv gerötet (akute Peritonitis). Im Herzblut mikroskopisch zahlreiche Bazillen. In der Brusthöhle klare Flüssigkeit.

Meerschweinchen U, 255 g. Iccm Immunserum intraperitoneal; gleich darauf 7s cc^^ Bouillonkultur intraperitoneal. Nach 1 Stunde: Vereinzelte Bazillen, spärliche Leukozyten, keine Phagozytose.

Von Dr. Edmund Weil. 173

Nach 2 Stunden: Vereinzelte Bazillen, zahlreiche Leukozyten, keine

Phagozytose. Nach 5 Stunden: Einzelne Bazillen, sehr zahlreiche Leukozyten, keine

Phagozytose. Nach 6 Stunden: Einzelne Bazillen, massenhaft Leukozyten, keine

Phagozytose. Nach 7 Stunden : Hie und da ein Bazillus, reiner Eiter, keine Phagozytose. Nach 24 Stunden: Massenhaft Bazillen, reiner, dicker Eiter, keine

Phagozytose, Tier vollkommen munter. Nach 48 Stunden: Kapillarentnahme wahrscheinlich wegen des dicken

Eiters unmöglich. Lebt.

Infektion mit Stamm „München'^

Meerschweinchen I (Kontrolle). 1 ccm normales Kaninchenserum intra- peritoneal; gleich darnach Vio Tropfen Bouillonkultur intraperitoneal.

Nach 1 Stunde: Vereinzelte Bazillen, spärliche Leukozyten, keine Phagoz3rtose.

Nach 2 Stunden: Spärliche Bazillen, zahlreiche Leukozyten, keine Phagozytose.

Nach 5 Stunden: Sehr zahlreiche Bazillen, spärliche Leukozyten, keine Phagozytose (schwer krank).

Nach 6 Stunden: Massenhaft Bazillen, wenige Leukozyten, keine Ptiagoz3rtose.

Nach 7 Stunden: Massenhaft Bazillen, spärliche Leukozyten, keine Phagozytose.

Nach 9 Stunden sterbend. Stirbt in der Nacht. In der Bauchhöhle leicht blutiges, dicktrObes Exsudat, darin mikroskopisch enorme Mengen von Bazillen, wenige Zellen, keine Phagozytose. Ungemein starke Rötung des Darmperitoneums und Blutung ins Netz (akute Peritonitis). Im Herzblut mikroskopisch zahlreiche Bazillen. Meerschweinchen II. 290 g. 1 ccm Immuuserum intraperitoneal; gleich darauf Vio ^^^ Bouillonkultur intraperitoneal.

Nach 1 Stunde: Vereinzelte Bazillen, spärliche I^ukozyten, keine Phagozytose.

Nach 2 Stunden: Vereinzelte Bazillen, zahlreiche Leukozyten, keine Phagozytose.

Nach 5 Stunden: Einzelne Bazillen, sehr zahlreiche Leukozyten, keine Phagozytose.

Nach 6 Stunden: Hie und da ein Bazillus, massenhaft Leukozyten, keine Phagozytose.

Nach 7 Stunden: Einzelne Bazillen, reiner Eiter, keine Phagozytose.

Nach 24 Stunden: Spärliche Bazillen, dicker Eiter, keine Phagozytose.

Nach 48 Stunden : Spärliche Bazillen, dicker Eiter, keine Phagozytose. Lebt.

In dem folgenden Versuche wurde das Immuntier mit einer gröfseren Menge Bazillen infiziert; Immunserum von Kaninchen IV. Infektion mit Stamm » München c.

174 ^0 schOtzeuden Eigenschaften des Blates von Hühnercholeratieren.

Meerschweinchen I (Kontrolle). 1 ccrn normales Kaninchenserum intra- peritoneal; gleich darauf Vio ccm Boaillonkaltur intraperitoneal.

Nach 1 Stunde: Spärliche Bazillen, zahlreiche Leukozyten, keine Phagozytose.

Nach 3 Stunden: Ziemlich zahlreiche Bazillen, zahlreiche Leukozyten, keine Phagozytose.

Nach 6 Stunden: Massenhaft Bazillen. Spärliche Leukozyten, keine Phagozytose. (Tier schwer krank.)

Nach 8 Stunden: Massenhaft Bazillen. Vereinzelte Leukozyten, keine Phagozytose.

Stirbt nach 9^-, Stunden. In der Bauchhöhle dicktrQbes Exsudat, darin spärliche Zellen, keine Phagozjrtose, massenhaft Bazillen. Im Herz- blut mikroskopisch Bazillen.

Meerschweinchen U. 1 ccm Immunserum intraperitoneal ; gleich darauf

Vi ccm Bouillonkultur intraperitoneal. Nach 1 Stunde : Ziemlich zahlreiche Bazillen, spärliche Leukozyten, keine

Phagozytose. Nach 3 Stunden : Ziemlich zahlreiche Bazillen, sehr zahlreiche Leukozyten,

keine Phagozytose. Nach 6 Stunden: Spärliche Bazillen, sehr zahlreiche Leukoz3rten, keine

Phagozytose. Nach 8 Stunden: Spärliche Bazillen, sehr zahlreiche Leukozyten, keine

Phagozytose. Nach 10 Stunden: Spärliche Bazillen, Eiter, keine Phagozytose. Nach 24 Stunden: Vereinzelte Bazillen, dicker Eiter, keine Phagozytose.

Lebt.

Die Vorgänge in der Bauchhöhle spielen sich folgender- mafsen ab. In den ersten zwei Stunden treten zwischen Kou- troll- und Immuntier keine Differenzen auf. Das der Bauch- höhle entnommene Exsudat weist in jedem Gesichtsfeld verein- zelte Keime die eingespritzten Bazillen auf und ziemlich zahlreiche Leukozyten. Letztere sind durch den Reiz, welchen die injizierte Flüssigkeit gesetzt hat, herbeigelockt, da nach dieser Zeit eine wesentUche Vermehrung der Bazillen und eine Beeinflussung der Leukozyten (beim Kontrolltier) durch dieselben noch nicht stattgefunden hat. Anders gestaltet sich das Bild nach 5 Stunden. Beim Kontrolltiere merkt man nach dieser Zeit schon eine starke Vermehrung der Bazillen, während die Leukozylenzahl abnimmt, beim Immuntiere hingegen ist die Zahl der Bazillen nicht vermehrt, wohingegen massenhaft Leukozyten auftreten. Phagozytose konnte weder beim Kontrolltier noch

Von Dr. Edmund Weil. 175

beim Immuntier mit Sicherheit beobachtet werden. In den folgenden Stunden spielen sich beim Immuntier und Kontrolltier die entgegengesetzten Vorgänge ab. Während bei ersterem die Zahl der Bazillen sich nicht vermehrt und die Leukozytenzahl ungemein reichlich bis zur dicken Eiterbildung zunimmt, ver- ringern sich bei letzterem die Leukozyten, die Zahl der Bazillen hingegen wächst rapide bis zum Tode des Tieres, welcher stets unter starker Abnahme der Temperatur erfolgt.

Auffallend und überraschend ist der Befund bei den Immun- tieren nach 24 Stunden. Man findet nach dieser Zeit eine starke, fast erschreckende Vermehrung der Bazillen, so dafs man nach dem Bauchhöhlenbefund um das Leben des Tieres fürchtet. In unserem Versuche tritt dies besonders beim Stamm »Präge und iTeplitzc hervor. Die Vermehrung der Bazillen im Immun- tiere ist eine so intensive wie beim Kontrolltiere etwa zwei Stunden vor dem Tode, dabei befinden sich die Tiere voll- kommen munter und zeigen nicht die geringsten Krankheits- erscheinungen. Neben den massenhaften Bazillen finden sich aber grofse Mengen von Leukozyten, dicker Eiter, welche wohl zum gröfsten Teile die Unschädlichkeit der Bakterien be- wirken. Auffallenderweise konnte Phagozytose nie mit Sicher- heit beobachtet werden. Wir haben also bei der intraperitonealen Infektion passiv immuner Meerschweinchen in der Bauchhöhle die- selben Vorgänge wie in der Subkutis subkutan infizierter passiv im- muner Kaninchen, wo sich ebenfalls die Bakterien im Infiltrate ver- mehren und durch Anlockung der Leukozyten die Infiltrate bilden. Allerdings können wir uns vorstellen, dafs die in der Subkutis angesammelten Leukozyten eher einen für die Bakterien schwer zu durchdringenden Wall abgeben, so dafs eine Durch- wachsung des Körpers unterbleibt, als in der freien Bauchhöhle. Es scheint aber auch hier den Leukozyten, wenn auch nicht als Frefszellen, eine grofse Bedeutung zuzukommen. Es konnten nämlich Bail bei Cholera und Kikuchi bei Dysentrie den Nach- weis erbringen, dafs das Aggressin unter Leukozyteneinflufs ge- schädigt wird. Ahnliche Verhältnisse könnten auch hier vor- liegen, indem die in grofser Menge angesammelten Leukozyten

176 ^io schützenden Eigenschaften des Blutes von Hühnercholeratieren.

die Bakterien ihrer Aggressivität beraubten, demnach die inten- sive Durchwucherung des Körpers ausbleibt, und selbst eine Vermehrung in oer Bauchhöhle von so gefährlichen Parasiten, denen ihre Aggressivität genommen, unschädlich ist. Wie weit Entgiftungsverhältnisse dabei in Betracht kommen, soll, da wir von dem Toxin und Eudotoxin gerade der echten Parasiten so wenig Sicheres wissen, unentschieden bleiben. Die hinter- herige Vermehrung tritt jedoch, wie schon Stamm »Münchenc zeigt, nicht konstant auf, der Grund hierfür wurde nicht ermittelt. Eine analoge Beobachtung bei Milzbrand machte Sobernheim, welcher das Blut von immunen Tieren voll von Milzbrand- bazillen fand. Dals auch dieser Befund nicht konstant ist, zeigen Versuche von Bail, der zwar ebenfalls noch nach Tagen bei milzbrandimmunen Tieren die Bazillen lebend im Blut und in den Organen nachweisen konnte, aber nur in geringer Zahl. Die nun folgenden Versuche zeigen, dafs die hinterherige Vermehrung der Bakterien in der Bauchhöhle auch bei aktiver Immunität und auch bei einem anderen Vertreter aus der Gruppe der Hüpp eschen hämorrhagischen Septikämie, dem Schweine- seuchebakterium, auftritt. Zur Immunisierung dieser Meer- schweinchen wurde ebenfalls das sterilisierte, von den Bakterien befreite Brusthöhlenexsudat intrapleural mit Schweineseuche- bakterien infizierter Kaninchen verwendet. Zur Infektion wurde ein frisch aus der Lunge eines Schweines gezüchteter Stamm verwendet.

Meerschweinchen I. 240 g.

Vi com sterilisiertes Schweineseacheexsudat subkutan.

Nach 6 Tagen 1 ccm sterilisiertes Schweineseucbeexsudat subkutan.

Nach 5 Tagen: IVa ccm sterilisiertes Schweineseucheezsudat subkutan.

Nach 14 Tagen mit Vi <^cm Bouillonkultur von Schweineseuche intra- peritoneal infiziert.

Nach 1 Stunde: Spärliche Bazillen, wenige Leukozyten.

Nach 2 Stunden : Spärliche Bazillen, wenige Leukozyten.

Nach 5 Stunden : Deutliche, jedoch nicht starke Vermehrung der Bazillen, sehr zahlreiche Leukozyten.

Nach 24 Stunden : Sehr starke Vermehrung der Bazillen, sehr zahlreiche I^ukozyten, Phagojj-tose nicht sicher. (Tier munter.)

Nach 48 Stunden : Weniger Bazillen, zahlreiche Leukozyten. Lebt und wurde weiter immunisiert.

Von Dr. Edmund Weil. 177

Meerschweinchen 11. 860 g. (Kontrolle.)

7s com Bonillonknltur von Schweineseuche intraperitoneal.

Nach 1 Stunde: Spärliche Bazillen, wenige Leukozyten.

Nach 2 Stunden: Wenige Bazillen, wenige Leukozyten.

Nach 5 Stunden: ungemein starke Vermehrung der Bazillen, wenige

Leukozyten. Stirbt nach 20 Stunden. In der Bauchhöhle 1 ccm Exsudat, darin

mikroskopisch enorme Mengen von Bazillen, keine Zellen. Keine

Auflagerungen. In der Brusthöhle 1 ccm bazillenreiches Exsudat.

Im Herzblut mikroskopisch massenhaft Bazillen.

Meerschweinchen UI. 250 g.

Vi ccm sterilisiertes Schweineseucheexsudat subkutan.

Nach 6 Tagen: 1 ccm sterilisiertes Schweineseucheexsudat subkutan.

Nach 6 Tagen 1'', ccm sterilisiertes Schweineseucheexsudat subkutan.

Nach 15 Tagen : Vio ^<^^ Exsudat des Kontrolltieres des vorigen Versuches intraperitoneal.

Nach 1 Stunde: Spärliche Bazillen, vereinzelte Zellen.

Nach 2 Stunden: Spärliche Bazillen, vereinzelte Zellen.

Nach 5 Stunden : Spärliche Bazillen, zahlreiche Leukozyten, Phagozytose nicht sicher.

Nach 24 Stunden: Zahlreiche Bazillen, zahlreiche Leukozyten (Tier munter).

Nach 48 Stunden : Abnahme der Bazillen, jedoch immer noch sehr zahl- reich, zahlreiche L.eukozyten. Wurde weiterimmunisiert.

Meerschweinchen IT. (Kontrolle.) 280 gr

Intraperitoneal infiziert mit Vio ^cm Exsudat wie Meerschweinchen IIL

Nach 1 Stunde: Spärliche Bazillen, vereinzelte Zellen.

Nach 2 Stunden: Spärliche Bazillen, vereinzelte Zellen.

Nach 5 Stunden: Starke Vermehrung der Bazillen, wenige Leukozyten.

Stirbt nach weniger als 18 Stunden. Subkutanes Odem, darin mikro- skopisch 0. In der Bauchhöhle trübes Exsudat, mikroskopisch wimmelnd von Bazillen, sehr spärliche Zellen. Keine Auflagerungen auf Leber und Netz. Darmperitoneum intensiv gerötet. In der Brust- höhle trübes Exsudat, darin mikroskopisch zahlreiche Bazillen. Im Herzblut mikroskopisch massenhaft Bazillen.

Jedenfalls zeigen diese Versuche infolge der Erscheinung der nachträglichen Vermehrung iu der Bauchhöhle, dafs weder die Wirkung des Hühnercholera-Immunserums, noch das Wesen der aktiven Aggressinimmunität gegen Schweineseuchebakterien auf bakteriolytische Eigenschaften zurückzuführen ist. Bakterizide Reagenzglasversuche anzustellen, erschien angesichts der Tier- versuche überflüssig. Was die agglutinierende Wirkung des

178 ^1® schützenden Eigenschaften des Blutes von Hflhnercholeratieren.

Immunserums betrifft, so zeigt dieselbe, wie aus der folgenden Tabelle ersichtlich ist, einen fast negativen Befund. Wir wissen ja, dafs die Bedeutung der Agglutination für die Immunität eine sehr problematische ist.

Immonsenim Ton Kaninehen IT.

Serum-

Nach 1 Stunde

Nach 24 Stunden

verdünnung

bei 60°

bei Zimmertemperatur

1:10

negativ

etwas Bodensatz, überstehende Flüssigkeit trüb

1:50

negativ

negativ

1:100

negativ

negativ

1:1000

negativ

negativ

Meerschweinchen 800 g. Intraperitoneal infiziert mit Vs ccm Bauch- höhlenezsudates eines passiv immunisierten und infizierten Meer- schweinchens ^).

Nach 1 Stunde: Zahlreiche Zellen, keine Bazillen.

Nach 2 Stunden: Zahlreiche Zellen, keine Bazillen.

Nach 8 Stunden: Massenhaft Leukozyten, keine Bazillen.

Nach 24 Stunden: Zahlreiche Bazillen, spärliche Leukozyten, keine Phagozytose. (Tier krank.)

Nach 25 Stunden: Massenhaft Bazillen, spärliche Leukozyten, keine Phagozytose.

Nach 27 Stunden: Enorme Mengen von Bazillen, wenige Leukozyten, keine Phagozytose.

Stirbt nach 30 Stunden. In der Bauchhöhle trübes Exsudat, darin mikroskopisch enorme Mengen von Bazillen, wenige Zellen, keine Phagozytose. Nirgends Auflagerungen. In der Brusthöhle klare Flüssigkeit Im Herzblut mikroskopisch Bazillen.

Der vorangehende Versuch wurde ausgeführt, um zu er- weisen, dafs die Bakterien im passiv immunen Meerschweinchen ihre Virulenz nicht verlieren. Das Bauchhöhlenexsudat wurde einem Meerschweinchen 24 Stunden nach der Infektion ent- nommen, welches nicht die nachträgliche Vermehrung der Ba- zillen in der Bauchhöhle gezeigt hatte und demgemäfs nur sehr wenige Keime, in dem Exsudate aber ungemein zahlreiche Leu- kozyten aufwies. Wie der vorhergehende Versuch zeigt, waren

1) Meerschweinchen II, S. 174.

Von Dr. Edmund Weil. 179

durch 8 Stundeu keine Bazillen in der Bauchhöhle aufgetreten. Der Grund hierfür kann entweder der sein, dals die Zahl der eingespritzten Keime eine sehr geringe war oder der, dafs die massenhaft miteingespritzten lebenden Leukozyten, die aus einem immunen Tiere stammten, die Vermehrung der Bakterien für einige Stunden aufgehalten haben. Nach 24 Stunden ändert sich jedoch der Befund, indem sich die Bakterien in der Bauch- höhle vermehren und die Vermehrung derselben bis zum Tode des Tieres anhält. Die hinterherige Vermehrung, die immunen Tiere keinen Schaden bringt, bedeutet für ein normales Tier den Tod. Diesem Versuche entnimmt man also, dals die Bak- terien an sich im immunen Tier keine Veränderung erleiden, denn sie sind in geringster Menge befähigt, ein normales Tier zu töten. Nur der Zustand des aggressinimmunen Tieres mufs ein anderer geworden sein, um sich der lebenden Bakterien zu erwehren. Dieser Umstand, der für den Mechanismus der Aggressinimmunität von grofser Bedeutung zu sein scheint, und weiterer Untersuchungen bedarf, zeigt auch, dals sich die Aggressin- immunität prinzipiell von der bakteriziden oder antitoxischen Immunität unterscheidet. Bei diesen beiden Arten der Immunität bedeutet eine Nichtzerstörung der Bakterien oder eine Nicht- paralysierung des Giftes ein Verhängnis für das Tier.

Konnten wir durch eine frühere Untersuchung mit dem Exsudate infizierter Tiere, aus dem die lebenden Bakterien voll- ständig und zum gröfsten Teile auch die toten entfernt sind, bei flühnercholera aktive Immunität erzielen, so zeigen diese Untersuchungen, dafs es gelang, durch Steigerung derselben im Blute dieser Tiere spezifisch wirkende Schutzstoffe aufzufinden. Drei von den hier verwendeten Kaninchen, von denen das Immunserum stammt, hatten, um ihre aktive Immunität zu prüfen, eine Infektion durchgemacht, hatten also einmal lebende Bazillen bekommen. Des theoretischen Interesses halber wurde Kaninchen VII nie infiziert, war also nur mit steriUsiertem Exsudat behandelt und nie mit lebenden Bazillen, und trotzdem wirkt sein Serum, wie ja zu erwarten war, in demselben Malse schützend. Dasselbe gilt auch, wie noch nicht abgeschlossene

180 ^io schützenden Eigenschaften des Blutes von Hühnercholeratieren.

Untersuchungen gezeigt haben, für Schweineseuche. Die Mit- wirkung lebender Bazillen erscheint also für diese Immunität nicht unbedingt nötig. Wir kommen noch auf diesen Punkt zurück. In diesem Jahre erschien von Wassermann und Citron eine Arbeit, in welcher sich die Verfasser mit der lo- kalen Immunität der Gewebe befassen. Dabei erörtern sie auch die Frage, dafs es bei vielen Mikroorganismen nicht gelingt, durch Behandlung mit toten Bakterien, welche zur Erzeugung der bakteriziden Immunität hinreichen, Immunität zu erzielen, und dies mifslingt, wie die Autoren meinen, gerade bei jenen Mikroorganismen, welche die Tiere spontan infizieren, welche für die betreffende Tierspezies homolog sind ; hierzu ist unbedingt die Einführung lebender Mikroorganismen nötig, selbst auf die schonendste Weise abgetötete sind vollkommen wirkungslos.

Tatsächlich sind die Methoden, welche zur Erzeugung der bakteriziden Immunität führen, allen jenen Bakterien gegenüber machtlos, welche nicht befähigt sind, im Tierkörper bakterizide Stoffe zu bilden. Und gerade auf Grund der Erkenntnis von der unzureichenden Wirkung der bakteriziden Immunität ist die Aggressintheorie entstanden, welche die Schwierigkeiten, welche für die bakterizide Immunität unüberwindliche waren, über- wunden hat, V oges war der erste, der bei der hämorrhagischen Septikämie die vollständige Nutzlosigkeit der Behandlung mit toten Bakterien einsehen mufste, obgleich gerade hier von Pasteur schon der richtige Weg gezeigt war. Sobernheim spricht sich bei Milzbrand dahin aus, dafs es bisher nicht ge- lungen ist, durch tote Milzbrandbazillen oder durch chemische Produkte derselben Immunität zu erzeugen, und Wassermann und Citron präzisieren diesen Standpunkt dahin, dafs sie meinen, dafs gerade jenen Mikroorganismen gegenüber, welche die Tiere spontan infizieren, die Methoden der bakteriziden Immunität machtlos sind. Unserer Ansicht sind das alle echte Parasiten, wie hämorrhagische Septikämie und Milzbrand. Wir stimmen mit Wassermann und Citron vollkommen darin überein, dafs, wenn man Immunität mit Bakterien erzeugen will, man sie lebend einführen mufs; denn diese vermehren sich im Tier-

Von Dr. Edmund Weil. 181

körper, erzeugen Aggressin, welches die ImmuDität bewirkt. Das sind tote Bakterien nie imstande. Der Wert der Aggressin- tbeorie liegt darin, dafs sie erkannt hat, dafs Krankheit und Tod sowohl, als auch Immunität, an gewisse Eigenschaften der Krankheitserreger, an die aggressiven, unbedingt gebunden sind, und dafs es genügt, diese in das zu immunisierende Tier hinein- zubringen. Und der grofse Vorteü, den die Aggressintheorie den praktischen Immunisierungsmethoden gebracht hat, liegt darin, dafs sie das Aggressin von den lebenden Bakterien trennt, so dafs die Immunisierung mit einer sterilen, gröfstenteils, wie bei Hühnercholera, Schweineseuche und Milzbrand vollkommen ungiftigen Flüssigkeit vorgenommen wird. Die Gefahr, die die Einführung lebender Bakterien mit sich bringt, wie Impfverluste oder Infektion gesunder Tiere, ist dabei vollständig ausgeschlossen. Die dadurch erzeugte Immunität ist eine hohe und dauernde und trotzdem lassen die Gewebssäfte dieser Tiere, es mufs hier auf alle nach der Richtung hin publizierten Arbeiten verwiesen werden, meistenteils keine bakteriziden Eigenschaften erkennen. Und gerade diejenigen Mikroorganismen, welche die Tiere spontan infizieren, wie Hühnercholera und Milzbrand, denen gegenüber die Methoden der bakteriziden Immunität versagen, zeigen in- folge ihrer starken Aggressivität die besten Resultate. Wir führen zwar nicht lebende Bakterien ein, sondern das Produkt, welches das Leben der Bakterien im Körper anfacht, das Aggressin, und den allgemeinen Gesetzen folgend bildet der Organismus einen Gegenkörper, welcher die Aggressivität der Bakterien, ihre unbegrenzte Vermehrungsfähigkeit zunichte macht, und darin besteht das Wesen dieser Immunität.

Für eine hohe und dauernde aktive Immunität reicht die Behandlung mit sterilem Exsudat vollkommen aus, auch erreicht das Blutserum dieser Tiere einen starken Schutz, wenn die Immunität nur mit sterilem Exsudat hochgetrieben ist. Da aber durch die Sterilisierung des Exsudates die Aggressivität doch abgeschwächt wird, und da, wie wir aus bereits erwähnten Ver- suchen wissen, eine Abschwächung der Aggressivität auch eine Abschwächung der Immunität bedeutet, so wird man, um ein

182 ^^ schützenden Eigenschaften des Blutes von Hühnercholeratieren.

hochwertiges Serum zu erlangen, sehlielslich den Tieren unver- ändertes Exsudat einführen, selbstverständlich erst dann, wenn die aktive Immunität eine entsprechend hohe ist, was bei Milz- brand von Bail schon durchgeführt wurde. Bei Hühnercholera wurde des theoretischen Interesses halber davon abgesehen, und werden diese Umstände er^t bei Schweineseuche, worüber in nächster Zeit berichtet w^erden wird, in Betracht gezogen.

Nach Abschlufs dieser Arbeit erschien von Wassermann und C i t r o n eine Publikation in der Deutschen medizinischen Wochenschrift, in welcher sich die beiden Autoren gegen die Bedeutung resp. Deutung der von Bail entdeckten Aggressine wenden. Von der den Aggressinen snpponierten Wirkung greifen die Autoren nur eine heraus, nämlich die Infektions- befördernng derselben. Wenn es gelingt, meinen die Verfasser, im Vereine mit den Bakterien aufs erhalb des lebenden Körpers Substanzen zu er- zeugen, welche die Infektion begünstigen, so hätten die Aggressine ihre Bedeutung verloren. Derartige Substanzen erzeugen sie aufserhalb des Tier- körpers durch Behandlung von Flüssigkeiten mit Bakterien. Auf dieselbe Art und Weise konnten auch Pfeiffer und Friedberger im normalen Serum Stoffe auffinden, welche die Bakteiiolyse in der Meerschweinchen- bauchhöhle aufheben. Die völlige Bedeutungslosigkeit letzterer für die Aggressine konnte aber Bail in einer im Archiv für Hygiene erschienenen Arbeit nachweisen. Abgesehen davon, daTs nirgends behauptet wurde, dafs die Aggressine ausschliefslich im Tierkörper gebildet werden, dafs sich im Gegenteil Bail bemühte, sie auch aufserhalb des Tierkörpers aufzufinden, um Sicherheit zu erlangen, dafs es Sekretionsprodukte der Bakterien sind, geht aus den Versuchen von Wassermann und Citron nicht mit Bestimmtheit hervor, ob die Tiere der Infektion, der fortschreitenden Vermehrung der Bakterien erlegen sind. Es ist aber immerhin möglich, dafs verschiedene Substanzen eine oder die andere Wirkungsweise gemeinsam haben können. Denn andere Eigenschaften der Aggressine als die Infektions- begünstigung, wie Labilität, Leukozytenbeeinflussung, die sich, wie aus noch nicht veröffentlichten Versuchen mit Subtilis, sogar in der Eprouvette nach- weisen lassen etc. haben die Verfasser nicht in den Rahmen ihrer Unter- suchungen gezogen. Übrigens sind zurzeit ganz analoge Versuche im hiesigen Institute im Gange, wie die Untersuchungen über aggressive Eigenschaften junger Bouillonkulturen von Bail (siehe Salus, Wiener klin. Wochenschrift, 1905, Nr. 25), und nur der Beginn der Sommerferien setzte der Vollendung derselben ein Ziel. Was jedoch die Aggressinimmunität betrifft, von der Wassermann und Citron behaupten, dafs dieselbe auf einfachere und viel billigere Weise durch die von ihnen hergestellten, angeblich den A};;j;re»8inen analogen Präparaten erzielt werden kann, so mufs daran doch entschieden gezweifelt worden. Abgesehen davon, dafs die Aggressinimmunität

Von Dr. Edmund Weil. 183

nicht auf bakteriziden Eigenschaften der Gewebssäfte beruht, worauf immer hingewiesen wurde, was aber der Fall sein mQfste, wenn Bakterienleibes- snbstanzen die Ursache davon wären, so wurde mit Aggressinen gerade bei den Infektionserregern Immunität erzielt, wo die Methoden mit toten Bakterien oder Bakterienleibesbestandteilen unzureichend sind. So bei Milzbrand, Schweineseuche und Hühnercholera, wo gerade, wie in dieser Arbeit schon erwähnt, Wassermann und Citron angeben, dafs mit toten Bakterien- demnach wohl ebensowenig mit den von ihnen hergestellten >künstlichen Aggressinen < nichts auszurichten ist. Vollkommen sicher gelingt dies jedoch, w^ie auch diese Arbeit beweist, mit Aggressinen, die aus dem lebenden Organismus gewonnen sind.

Herr Professor Bail, der zurzeit abwesend ist, wird gelegentlich selbst auf die Fragen, die Wassermann und Citron berühren, zurückkommen.

184 ^^ schätzenden Eigenschaften des Blutes etc. Von Dr. Edmund Weil.

Literatur.

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Zentralblatt f. Bakt, Bd. 36, Nr. 2 u. 3. Derselbe, Untersuchungen über Tjrphus- und Choleraimmunität. Archiv f.

Hygiene, Bd. 52. Xikuchi, Untersuchungen über das Dysenterieaggressin. Berliner klin.

Wochenschr., 1905, Nr. 15. Kitt, Immunität bei Geflügelcholera. Wassermann und Kolle, Hand- buch d. pathogenen Mikroorganismen. Sobernheim, Immunität bei Milzbrand. Wassermann und Rolle,

Handbuch d. pathogenen Mikroorganismen. Yoges, Untersuchungen über die Erreger der hämorrhagischen Septikämie.

Zeitschrift f. Hygiene u. Infektionskrankh., Bd. 23. Wassermann und Citron, Die lokale Immunität der Gewebe und ihre

praktische Wichtigkeit. Deutsche med. Wochenschr., 1905, Nr. 15. Weil, Untersuchungen über Infektion und Immunität bei Hühnercholera.

Archiv f. Hygiene, Bd. 52. Derselbe, Die passive Aggressinimmunität bei Hühnercholera. Wiener klin.

Wochenschr., 1905, Nr. 16.

Arohiv fttr Hygiene. B<L LIY.

Tafel I.

VeFBchiedene Stadien der Anfiiahme nnd Yerdaanng Yon gefftrbtea Typhusbanllen

durch Bodo oyatim.

Fit. 1.

Fig. 2.

V.

Flf . 8.

Fl«. 4.

Vtf . 6.

Flf. 6.

Pif. 7.

Fl«. 8.

Flf. 9.

n'

)}

•ff

Flf. la

Fig. u.

rif . 12.

Flf. 13.

ZeiDi, Homogme Immenion. Brennweite 8,0 mm. Tabaslflnge 160 mm. (yompens.

Okular IS.

^•fftf Ton R. OMMbomf, MttMteB und B«rtla.

\A\\\.Y.^\^\^o\ai.'Vi^>wäc

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V

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^«^T^R. LENOX AND - L . N FoUNDATIONft.

über Hämolyse im Reagensglas nnd im Tier

Von

Dr. Oskar B. von Wunschheim,

I. Asfliitenten am Institute.

(Aus dem Hygienischen Institute der k. k. Universität Innsbruck. V

Prof. A. Lode.)

Einleitung.

Bis vor wenigen Jahren war man gewohnt, den Begriff der Bakterientoxine einfach so zu fassen, dafs wir unter Toxin ganz allgemein eine giftige Substanz verstanden, welche durch ihre deletäre Wirkung auf den tierischen Organismus ausgezeichnet war. Den eingehenden Arbeiten derjenigen Forscher, welche sich zur Aufgabe gemacht hatten, die Wirkungen der Bakterien- toxine auf einzelne Elemente des tierischen Körpers, zunächst das Blut, zu studieren, haben wir die Erkenntnis zu danken, dafs in den Toxinen mancher Bakterien Giftanteile sich nach- weisen lassen, welche eine spezielle Wirkung auf gewisse geformte Teile des Blutes ausüben, so sind die Bakteriohämolysine jene Toxinkomponenten, welche die Eigenschaft besitzen, Blutzellen in vitro zu vernichten.

Die Mehrzahl der heute vorliegenden Arbeiten befafst sich mit den sowohl von pathogenen als auch von nicht pathogenen Mikroorganismen produzierten Hämolysinen, welche Erythrozyten zu lösen pflegen. Aufser diesen kennen wir auch ein Gift, das imstande ist, Leukozyten zu vernichten, das »Leukozidin«.

Arohiv t Uyffiena. Bd. UV. 1^

186 Über Hämolyse im Reagensglas und im TierkOrper.

Die Ansiebt, dafs Bakterien hämolytische Eigenschaften haben könnten, hat kein Geringerer als Robert Koch (^) im Jahre 1884 wohl als erster ausgesprochen, indem er sagt, »dafs die Kommabazillen auf die Pormelemente des Blutes höchstwahr- scheinlich auch auf andere Zellen einen zerstörenden Einflufs ausüben können €.

Zwei Jahre später hat Bitter {^) die Blutauflösung durch Choleravibrionen studiert, und van de Velde (^) hat 1894 im Exsudate von Kaninchen, die er durch intrapleurale Injektion von Staph. pyog. aureus getötet hatte, ein Gift gefunden und beschrieben, welches lebende Leukozyten absterben machte, das oben erwähnte Leukozidin. Bail (*) hat später darüber weitere Mitteilungen gemacht.

Ehrlich (^) fand in Kulturen des Tetanusbazillus ein Gift, welches vom eigentlichen Tetanusgifte, dem krampferregenden Tetanospasmin, funktionell verschieden sich durch seine hämo- lytischen Eigenschaften auszeichnete, das Tetanolysin. Diesen Körper hat Madsen (^) genauer studiert, und mit seinen Unter- suchungen beginnt die Reihe der planmäfsigen Arbeiten über die Wirkung der Bakteriohämolysine.

Fast alle diese Untersuchungen, die wir bei den einschlägigen Kapiteln unserer Tierversuche kurz besprechen wollen, bezogen sich auf Reagensglasversuche. Wenige nur, so Kraus und Ludwig P) sowie Schur (^) haben bisher auch den Tierversuch etwas berücksichtigt.

Kraus und Ludwig haben Kaninchen Bouillonkulturen (auch Filtrate) von Staph. aureus und eines nicht pathogenen Vibrio, der im Reagensglas hämolytisches Vermögen zeigte, sub- kutan injiziert und durch Zählung der Blutkörperchen deren Abnalime konstatiert. Kontrollversuche, welche mit Stämmen von Typhusbakterien, Bacterum coli, und Choleravibrionen an- gestellt waren, die von Haus aus kein oder nur geringes hämo- lytisches Vermögen hatten, zeigten keinen nennenswerten Einflufs der genannten Bakterien auf die Zahl der P>ythrozyten des Kaninchens.

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim. 187

Schur konnte bei mit Staphylolysin vergifteten Kaninchen keine Hämoglobinämie beobachten, aber nachweisen, dafs das in isotonischer Kochsalzlösung suspendierte Blut dieser Kaninchen gegenüber dem Kontrollblute normaler Tiere deutliche Lösung zeigte.

Wir wollen in unseren Untersuchungen der Frage näher- treten, wie denn bei Infektionen mit pathogenen Mikroorganismen im Verlaufe des Prozesses die Erythrozyten bezüglich der Hämo- lyse sich verhalten und nachsehen, ob ein Parallelismus zwischen Hämolyse in vitro und im Tierkörper bestehe.

Methodik.

Um für unsere Fragestellung verwertbare Resultate zu er- halten, mufsten wir uns zunächst eine geeignete Untersuchungs- methode zurechtlegen.

Für die Feststellung, ob bei Infektionskrankheiten Erythro- zyten zugrunde gehen, eine klinisch für den Menschen ja längst gezeigte Tatsache, ist die Methode der Blutkörperchenzählung bekanntlich sehr gut brauchbar. Für uns schien dieses Ver- fahren nicht empfehlenswert. Aus zwei Gründen: einmal weil es ja durchaus nicht bewiesen war, dafs die Abnahme der Erythrozyten auf Lysinproduktion von seiten der infizierenden Bakterien zurückzuführen sei, und zweitens weil ja in sehr kurzen Intervallen Blutuntersuchungen vorzunehmen waren, bei denen die Zählung mit der Entnahme nicht gut gleichen Schritt hätte halten können.

Noch auf andere Punkte war Rücksicht zu nehmen. So

mufsten wir, da wir ja eine gröfsere Zahl von Blutentnahmen

in Betracht zogen, darauf bedacht sein, möglichst kleine Mengen

von Blut bei jeder Entnahme dem Versuchstiere zu entziehen,

da wir ja durch öfteres Abzapfen gröfserer Mengen unvermeidlich

einen Zustand von Anämie hervorgerufen und so möglicherweise

den normalen Verlauf der Infektion beeinflufst hätten. Dann

war noch zu bedenken, dafs, wie eingangs erwähnt, Schur darauf

aufmerksam gemacht hat, dafs das Blut staphylolysinvergifteter

Kaninchen in isotonischer Kochsalzlösung gegenüber dem Blute

13

188 Über Hämolyse im Reagensglas und im Tierkörper.

normaler Tiere starke Tendenz zur Lösung gezeigt hatte. Es war ja von vornherein durchaus nicht auszuschliefsen, dafs nicht vielleicht beim lebenden infizierten Tiere während des Verlaufes des Krankheitsprozesses von seiten der beteiligten Mikroorganis- men Hämolysin produziert und von den Erythrozyten gebunden würde, doch war ja damit keineswegs gesagt, dafs auch die Lösung der Blutzellen sofort erfolgen müsse. Wir wissen ja, dafs im Reagensglasversuch nach erfolgter Bindung des Lysins durch die roten Blutkörperchen erst eine gewisse Latenzzeit ver- streicht, ehe die Blutkörperchen ihr Hämoglobin abzugeben pflegen.

ÄhnHche Verhältnisse waren ja auch für das lebende Tier als möglich anzunehmen ; durch Bakteriolysin geschädigte Erythro- zyten konnten erst nach einiger Zeit in Lösung gehen und wir mufsten also bestrebt sein, eine Versuchsanordnung zu treffen, welche es uns ermöglicht, gleichzeitig entnommene Blutproben zu verschiedenen Zeiten auf den Austritt von Hämoglobin ins Serum zu untersuchen, um, im Sinne von Schur gesprochen, eine Nachlösung, die Nachhämolyse, konstatieren zu können.

Unter Erfüllung aller dieser Postulate glauben wir eine möglichst bequeme und auch leicht den Regeln aseptischen Ar- beitens entsprechende Methodik eingeschlagen zu haben. Wir verwendeten zu den periodischen Blutentnahmen möglichst dünne, wenig Blut fassende Glaskapillaren in U form in einer Länge von ca. 8 cm bei einer Lichte von 1 mm. Es ist wichtig, darauf zu sehen, dafs stets Kapillaren von gleichem Querschnitt angefertigt werden. Indem wir eine Anzahl dieser Kapillaren sofort nach der Entnahme (vgl. weiter unten), andere erst nach beliebigen Zeiten zentrifugierten, erreichten wir unseren Zweck in einfacher Weise, indem wir in den sofort zentrifugierten Proben eine etwa bestehende Hämoglobinämie nachweisen, in den gelagerten Röhr- chen eine etwa später erfolgte Lösung, die Nachhämolyse, kon- statieren konnten.

Voruntersuchungen an normalen, nicht infizierten Tieren sollten uns zunächst eventuelle Fehlerquellen aufdecken.

Da kamen zwei Momente in Betracht.

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim. 189

Einmal die Frage nach der normalen Färbung der Blutsera der verschiedenen Tierspezies, ferner das Verhalten der normalen Blute mit Hinsieht auf den Begriff der spontanen aseptischen Hämolyse (v. Limbeck, Nolf, Schur).

Die normalen Sera verschiedener Tiere verhalten sich auch verschieden, was ihre Farbe anbelangt, eine bekannte Tatsache, welche aber bei Heranziehung der Serumfarbe zu Schlufsfolge- rungen aus Farbenänderungen neues Interesse gewinnen mufste. Unter Verwendung unseres Kapillarentyps besitzen das Kanin- chen, der Hund, die Katze ein fast farbloses Serum, das Meer- schweinchen zeigt meist einen Stich ins Gelbe, doch kommen hier auch farblose Sera vor. Beim Huhne fanden wir als Regel farbloses Serum, nur ein einziges Tier zeigte aus nicht festzu- stellender Ursache eine ölgelbe Färbung und wurde nicht zum Versuche verwendet. Bei der Taube zeigten die normalen Sera ein schwankendes Verhalten. Wir sahen solche, die fast farblos waren, neben dunkelgelben und bräunlichgelben. Altersunter- schiede schienen uns da eine Rolle zu spielen.

Wenn wir nun der spontanen aseptischen Hämolyse unsere Aufmerksamkeit ein wenig zuwenden, so erfahren wir, dafs schon V. Limbeck (^) angibt, dafs normalerweise Blutkörperchen in isotonischen Kochsalzlösungen nach längerer Zeit der Auflösung anheimfallen: Nolf (^®j erwähnt die Autolyse der roten Blut- körperchen.

Schur (1. c) hat sich mit dem Studium dieser Tatsache experimentell eingehender befafst und nachgewiesen, dafs nach einer mehrtägigen Frist Blutkörperchen des Kaninchens in ste- rilen isotonischen Kochsalzlösungen sich lösen, dafs wir also mit der Existenz einer »aseptischen spontanen Hämolysec zu rechnen haben. Wir mufsten also auch untersuchen, inwieweit diese eben erwähnten sozusagen physiologischen Eigenschaften der roten Blutzellen unsere Versuchsanordnung tangieren könnten, und dies war ja um so wichtiger, als die eben erwähnten Forscher die Blutkörperchen in isotonischen Kochsalzlösungen beobachteten, während bei unserer Untersuchungsmethode die Erythrozyten ja in ihrem eigenen Serum aufbewahrt werden mufsten. Schur

190 Über Hämolyse im Reagensglas und im Tierkörper.

hat des ferneren gezeigt, dafs bei der Spontanhämolyse die Tem- peratur von grofsem Einflüsse sei. Bei niedriger Temperatur konnte der genannte Autor nach fünf Tagen noch keine be- deutende Lösung konstatieren. Es gaben da 8 Tropfen Kaninchen- blut in 0,85% Kochsalzlösung (Bestimmung mit dem Hämometer von Fl ei sohl) nur Werte < 10 Fleischlgrade, nach 8 Tagen erst 110 Fleischl. Wurden die Versuche bei einer Temperatur von 32° R angestellt, so ergaben sich, verglichen mit den bei Zimmer- temperatur gehaltenen Proben, bedeutende Unterschiede hinsicht- lich der Lösung zugunsten der höheren Temperatur. So erhielt Schur bei Zimmertemperatur nach 3 Tagen Werte < 10, bei 32° R jedoch schon nach 24 Stunden eine Fleischlzahl < 35, nach 2 Tagen von 70, nach 3 Tagen war schon vollstÄndige Lösung eingetreten.

Für unsere Versuche war da zunächst zu ermitteln, inner- halb welcher Zeit normale Blutarten eventuell so viel Hämoglobin in das Serum austreten liefsen, dafs wir durch die aseptische spontane Hämolyse (als Nachhämolyse) in der Auffassung patho- logischer Effekte zu Irrtümern hätten geführt werden können.

Wir liefsen also normale Blutproben in unseren Kapillaren lagern und verglichen von Zeit zu Zeit die Farbe des Serums der nun erst zentrifugierten Röhrchen mit der Serumfarbe der- jenigen, welche sofort nach der Entnahme zentrifugiert worden waren. Man erhält da verschiedene Resultate, je nach der Tier- spezies, aber auch individuelle Schwankungen kommen vor.

Vor allem mufs aber in technischer Hinsicht bei der Blut- entnahme in äufserst vorsichtiger Weise vorgegangen werden, will man sich nicht von vornherein eines Versuchsfehlers schuldig machen. Nicht jeder Beobachter, der mit defibriniertem Blute zu arbeiten hat, ist sich vielleicht dessen genügend bewufst, und erst kürzlich hat Löwit(^^) wiederum darauf aufmerksam gemacht, wie vorsichtig man beim Schütteln des geronnenen Blutes vor- gehen mufs, will man das Serum möglichst frei von Blutfarbstoff erhalten. Je nachdem wir das Defibrinieren mit mehr oder weniger energischen Schüttelbewegungen vornehmen, können wir konstatieren, dafs das Serum einen mehr oder minder rötlichen

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim. 191

Farbenton annimmt, da durch Traumen offenbar Erythrozyten der- mafsen lädiert werden, dafs sie ihren Blutfarbstoff austreten lassen. Starkes Quetschen u. dgl. kann auch bei unserer Technik der Blutentnahme einen gleich unerwünschten Einflufs ausüben.

Wir eröffneten, meist an Kaninchen experimentierend, durch einen senkrecht zur Längsachse des Kaninchenohres geführten, das Ohr durchtrennenden 1 cm langen Schnitt die am Rande verlaufenden Gefäfse. Für jede neue Blutentnahme wurde parallel der alten Entnahmestelle ein neuer Einschnitt gemacht. Beim Huhn entnahmen wir das Blut aus dem Kamme, bei der Taube aus der Flügelvene. Hund und Katze geben beim Ein- stich in das Ohr reichlich Blut; bei Meerschweinchen kann man durch Abtrennen kleiner Randpartien der Ohren genügende Blut- mengen erhalten, doch eignen sich diese Tiere wegen ihrer Klein- heit und der geringen Angriffspunkte für die Blutentnahme nicht zu Versuchen, die sich über ein paar Tage erstrecken und zahl- reiche Abnahmen erfordern.

Manchmal, allerdings seltener, konnten wir, trotzdem wir uns hinsichtlich unserer Behutsamkeit keinen Vorwurf zumachen hatten, einen stärkeren Stich ins Rötliche bei einer Serumprobe konstatieren, während andere gleichzeitig entnommene und mit derselben zentrifugierte Proben farblos waren ; daran tragen viel- leicht manche besonders empfindliche Erythrozyten die Schuld, wir konnten wenigstens eine andere Erklärung hierfür nicht finden. Aber diese Fälle sind doch so selten, zudem so leicht als »Versuchsfehlerc zuerkennen, dafs sie nicht vermocht haben, einen Grund gegen die Verläfslichkeit unserer Methode zu bilden. Aufserdem schützt ja eine sogleich wiederholte Entnahme und der Vergleich mehrerer Röhrchen genügend vor Irrtum. Am besten verwendet man solche Tiere gar nicht, die bei der Blut- kontrolle, welche unbedingt an jedem Tiere auszuführen ist, ehe man es in den Versuch einstellt, in dem Beobachter das Gefühl der Unsicherheit aufkommen lassen. Ebenso hat man Tiere, die bei der Serumkontrolle eine von der Norm abweichende Farbe des Serums zeigen, z. B. kanariengelb statt farblos beim Huhne oder Kaninchen unbedingt auszuschliefsen.

192 Über Hämolyse im Reagensglas und im TierkOrper.

Aber nicht nur die Sera sind in ihrer normalen Farbe ver- schieden, auch die Erythrozyten verschiedener Tiere dififerieren in ihrem Verhalten bezüglich der normalen spontanen Hämolyse im eigenen Serum.

Ein gutes Beispiel ist das normale Hundeblut. Läfst man mit solchem Blute gefüllte Kapillaren bei Zimmertemperatur liegen, so kann man oft schon nach wenigen, immer aber nach Verlauf von 18 24 Stunden sehen, dafs das beim Zentrifugieren abge- schiedene Serum dunkelbraun, braunrot, ja weinrot gefärbt ist, Ausnahmen sind äufserst selten. Es ist also beim Hundeblut schon zu einer Zeit die spontane aseptische Hämolyse eingetreten, zu welcher die Sera anderer Tiere (Kaninchen, Katze, Huhn) noch ohne nennenswerte Färbung sind.

Dieses Verhalten des normalen Hundeblutes schliefst seine Verwertung, was die Nachhämolyse anbelangt, natürlich völlig aus.

Tabelle I zeigt das Verhalten normaler Sera, die zu ver- schiedenen Zeiten nach der Entnahme zentrifugiert wurden.

(Siehe Tabelle I auf Seite 193.)

Wir bezeichnen in unseren Tabellen unter Anwendung der Kapillarröhrchenmethode mit Hämolyse (H) die Lösung von Blutkörperchen, welche in den nicht länger als 30 Minuten nach der aus dem lebenden oder toten Tiere erfolgten Entnahme zen- trifugierten Röhrchen konstatiert wurde. Als Nachhämolyse (NH) bezeichnen wir demgemäfs jede Hämolyse, welche bei erst später (über 30 Minuten) zentrifugierten Proben konstatiert wurde. Hier wäre zu bemerken, dafs besondere Fälle natürlich aus- genommen — im allgemeinen die Blutproben zur Bestinmiung der Hämolyse bis zu 30 Minuten bei Zimmertemperatur liegen gelassen wurden, um den Gerinnungsprozefs ablaufen zu lassen. Besonders bei den dem lebenden Tiere entnommenen Proben ist dies von Vorteil. Zentrifugiert man unmittelbar ^ nach der Entnahme, so gerinnt das Fibrin ober den abgesetzten Blutkörper- chen zu einer trüben glasigen Masse, welche die Beurteilung der Serumfarbe aufserordentlich erschwert. Die Zeit von 30 Minuten ist meist (Ausnahmen bei Streptokokkeninfektionen) nicht lange genug, um eine Nachhämolyse auch bei pathologischen Blut-

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim.

193

proben schou eintreten zu lassen, doch ist sie das Maximum an Verzögerung bei Feststellung des Farbentones der frischen Sera. Bei Sektionen wird man gut tun, Proben auch sofort zu zentri- fugieren. Findet man bei am lebenden Tiere gemachten Ent- nahmen nach 30 Minuten Rotfärbung des Serums, so ist es rat- sam, sofort eine neue Probe zu entnehmen und sogleich zu zen-

trifugieren.

Tabelle I.

Farbe des Serums normaler Tiere zu verschiedenen Zeiten ^^aseptische

Spontanbftmolyse).

Die Blutprobe wurde lentri-

fuglert, nach der Entnahme

Stunden

ir

Sofort Kontrolle

16 Stunden

24 Stunden

Kaninchen I . .

> II . .

in . .

Meerschweinchen I

U

ni

IV

Katze I, alt . .

» II, alt . .

Hund, 7 Wochen

> 3 Monate 1—2 Jahre

> 4 Jahre Taube 1 . .

> II . .

» III . .

» IV . .

Huhn I . .

> n, atypisch

farblos

farblos

fast farblos

gelblich

gelblich

schwach gelblich

farblos

farblos farblos farblos farblos farblos farblos farblos dunkelgelb

gelbbräunlich gelbbräunlich

farblos

ölgelb

Stich ins Bräunliche

fast farblos

farblos

I

wie bei 16*)

fast farblos

fast farblos

wenig stärker gelblich als die Kontrolle

detto

wie die Kontrolle

ziemlich stark bräun- lich

farblos

fast farblos

weinrot

braunrot

braunrot

braunrot

etwas dunkler als die Kontrolle

wie die Kontrolle

wie die Kontrolle

fast farblos')

wie die Kontrolle

Der Gerinnungsprozefs wird durch Aufenthalt im Thermo- staten (37 ° C) beschleunigt, doch möchten wir dieses Verfahren nicht empfehlen.

1) Nach 40 Stunden rötlichbraun, nach 64 Stunden rotbraun.

2) Nach 40 Stunden leichter Stich ins Bräunliche, nach 72 Stunden gelbbräunlicb.

194 Über Hämolyse im Reagensglas und im Tierkörper.

Dafs natürlich darauf zu sehen ist, dafs Verunreinigungen bei der Blutentnahme vermieden werden, bedarf kaum der Er- wähnung. Wir haben aber, um die Gefahr möglicher Bakterien- beimengung richtig einschätzen zu können, zu wiederholten Malen normalen Kaninchen ohne Wahrung aseptischer Mafsnahmen mit nicht sterilisierten Kapillaren Blut entnommen, auch Hautschup- pen und Haare dem Blute zugesetzt, ohne einen Unterschied im Vergleiche mit aseptischen Proben wahrnehmen zu können.

Nicht unerwähnt bleibe auch, dafs die verwendete Glassorte sorgfältig auf ihre Brauchbarkeit zu prüfen ist.

Unsere Beobachtungszeit der entnommenen Proben erstreckte sich meist auf mehrere Tage, doch haben wir bei Konstatierung unserer in den Tabellen verzeichneten Resultate wenn nicht ausdrücklich anders angegeben ist für die Nachhämolyse nur die Zeit von 24 Stunden in Betracht gezogen. Unsere Erfahrung lehrte, dafs innerhalb dieser Zeit nennenswerte Grade von asep- tischer Spontanhämolyse nicht aufzutreten pflegen, anderseits aber dieser Zeitraum genügt, um das Eintreten oder Ausbleiben der Nachhämolyse festzustellen. Normales Kaninchenserum zeigte sich nach 24 Stunden meist ebenso farblos wie die Proben, welche sofort nach der Entnahme zentrif ugiert wurden ; allerdings finden wir, wie schon erwähnt, mitunter Tiere, deren Sera nach 24 Stun- den einen leichten Stich ins Bräunliche zeigen, eine deutlich bemerkbare Farbenschwankung, die wir wohl auf ausgetretenen Blutfarbstoff zu beziehen haben werden. Es dürften ja normaler- weise gewifs innerhalb von 24 Stunden Blutkörperchen spontan zugrunde gehen, doch ist diese durch Austritt des Hämoglobins bewirkte Färbung des Serums immerhin seltener und dann auch relativ noch so mäfsig, dafs sie für unsere Beurteilung nicht von Bedeutung sein kann, zumal ja alle Beobachtungen diesmal nur mit unbewaffnetem Auge gemacht werden mufsten und vorsich- tigerweise nur auffallend starke Verfärbungen des Serums ver- wertet wurden. Bei einiger Erfahrung und Übung wird man nicht leicht Gefahr laufen, innerhalb der Grenzen normaler Schwankungen pathologische Prozesse zu sehen.

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim. 195

Als Grundsatz für unsere Untersuchungen wurde aufgestellt, erst solche Farbentöne für pathologisch zu nehmen, die stärker sind als der stärkste bei normalem Blute innerhalb von 24 Stun- den jemals beobachtete Farbenton. Die Feststellung von Zahlen hätte für uns da eine grofse Erleichterung bedeutet, leider steht uns zurzeit kein Apparat, welcher uns in dieser Hinsicht hätte von Nutzen sein können, zur Verfügung. Für unsere, ja nicht in quantitativer, sondern nur rein prinzipieller Richtung ange- stellten Untersuchungen erwies sich ein bald erreichtes Mafs von Übung im Auseinanderhalten der Farbenintensitäten der Sera als durchaus genügend, um so mehr, als das Übersehen einer aus- gesprochenen Hämoglobinämie (Hämolyse) völlig unmöglich ist.

Viel eher ist schon ein Fehler nach unten hin, natürlich in Hinsicht auf die Nachhämolyse möglich, insofern als wir viel- leicht schon pathologische Farbentöne des Serums noch für nor- malerweise mögliche ansehen konnten. Aber es kommt nicht darauf an, gewissermafsen die Schwelle zwischen normaler und pathologischer Nachhämolyse zu bestimmen, es ist in prinzipieller Hinsicht vollständig interesselos, ob diese Schwelle tiefer oder höher liegt ; der Fehler aber, einen schon schwach pathologischen Effekt noch für normales Verhalten zu nehmen, wäre in unseren Versuchen höchstens zeitlich ins Gewicht gefallen, da bei Ver- kennung der einen Blutprobe die nächste Blutentnahme uns ja deutlich genug orientieren konnte. Ein Auffassen von normal möglichen Serumfärbungen als pathologisch aber hätte einen tadelnswerten Fehler bezüglich der Deutung unserer Versuchs- resultate bedingt.

Jedes Tier, das zur Blutuntersuchung nach erfolgter Infektion dienen soll, ist zunächst daraufhin zu untersuchen, ob

1. die Farbe seines Serums der normalen Farbe seiner Tier- spezies entspricht,

2. ob sein Blut bezüglich der spontanen aseptischen Hämolyse sich so verhält, dafs das Serum nach 24 stündigem Lagern der Blutprobe gegenüber der Farbe, die das Serum bei so- fort nach erfolgter Entnahme ausgeführter Zentrifugierung aufwies, keinen nennenswerten Farben unterschied zeigt.

196 Über Hämolyse im Reagenaglas and im Tierkörper.

Abweichen von der normalen Farbe kann durch Krankheits- prozesse (z. B. Ikterus) bedingt sein, eine innerhalb von 24 Stun- den auftretende stärkere Lösung der Blutkörperchen im Serum etwa als Eigenschaft einer Spezies (Hund) kann hinsichtlich der Nachhämolyse zu groben Irrtümern verleiten.

So haben wir einmal bei dieser Vorprüfung eines Kanin- chens eine ziemlich starke Hämoglobinämie gefunden. Erhebungen ergaben, dafs das Tier, am Versuchstage von auswärts zur Stadt gebracht, einen mehrstündigen Aufenthalt in einem Korbe auf offenem Schlitten bei einer Temperatur von 19° R (in der Stadt) hinter sich gehabt hatte. Am nächsten Tage war keine Hämo- globinämie mehr zu konstatieren, das Tier verhielt sich durchaus normal. Wir setzten dann ein anderes Kaninchen der herrschen- den Temperatur von einigen Minusgraden durch 3—4 Stunden aus, ohne jedoch eine Hämoglobinämie zu erzielen und verfolgten dieses aufserhalb unseres Programmes liegende Thema nicht weiter.

Zeigt sich bei der Vorprüfung das Tier brauchbar, so wird es infiziert und dann zu verschiedenen Zeiten Blut entnommen (vgl. oben). Das gew^onnene Blut wird aus dem blutenden Ge- fäfse direkt in unsere sterilen U förmigen Kapillaren einfüefsen gelassen, dann wird nach erfolgter Gerinnung der inzwischen formierte Blutfaden ausgezogen und die Röhrchen zentrifugiert.

Wir entnehmen, wenn nicht besondere Umstände mehr er- heischen, jedesmal 4 Kapillaren. Zwei werden sofort bzw. innerhalb von 30 Minuten zentrifugiert, zwei werden gefüllt liegen gelassen und nicht später als höchstens 24 Stunden nach der Entnahme der Zentrifugierung unterworfen. Erstere Proben zeigen nun eine etwa bestehende Hämoglobinämie (beim leben- den oder eben verendeten Tiere) an, letztere dienen uns zum Nachweise einer eventuellen Nachhämolyse.

Es ist hier wohl angezeigt, auf den Begriff der Hämoglobin- ämie etwas näher einzugehen.

Nach den allgemein gültigen Anschauungen der Kliniker, die ja praktisch zunächst interessant sind, verstehen wir unter Hämoglobinämie das Auftreten von gelöstem Hämoglobin im

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim. 197

Blute. Die Methoden, welche von klinischer Seite (Vierordt, V. Jaksch) zur Konstatierung dieser Krankheitserscheinung angegeben werden, bestehen darin, dafs man das dem Kranken mittels Schröpfkopfes entnommene Blut 24 Stunden im Eis- schranke stehen läfst und das nach dieser Zeit abgesetzte Serum rubinrot verfärbt findet. Wir sind, wie aus unseren in der Folge mitgeteilten Protokollen ersichtlich sein wird, heutzutage nicht mehr berechtigt, aus einer Beobachtung, die solange nach der erfolgten Blutentnahme gemacht wird, einen sicheren Schlufs darauf zu ziehen, dafs zur Zeit der Entnahme schon gelöstes Hämoglobin im Blute gekreist hätte. Es kann der Fall sein, aber es mufs durchaus nicht so sein. Die herkömmliche Methode der Konstatierung einer Hämoglobinämie ist durchaus zu verwerfen, wenn sie allgemeine Gültigkeit beanspruchen will, sie mag in manchen Fällen vielleicht richtige Resultate ergeben, bei Infektionskrankheiten ist sie nicht brauchbar, weil nach unseren Untersuchungen Blutsera infizierter Tiere, die, sofort nach der Entnahme zentrifugiert, normale Färbung zeigen, schon nach wenigen Stunden rötlich, ja weinrot sein können. Es war da also im lebenden Blute noch kein Hämoglobin in nennenswerten Mengen ausgetreten und keine Hämoglobinämie vorhanden gewesen; vielleicht war aber intra vitam eine Schädigung der Blutkörperchen schon da, welche sich dann aufserhalb des leben- den Körpers in der Lösung der Erythrozyten und Rotfärbung des Serums manifestierte. Wir möchten also den Begriff Hämo- globinämie fernerhin so aufgefafst wissen, dafs derselbe anzeigt, dafs eine dem lebenden Individuum oder sofort nach dem Tode entnommene, und möglichst sofort, längstens aber innerhalb von 30 Minuten zentrifugierte Blutprobe eine Rotfärbung des Serums ergiebt. Finden wir also im Kadaver bei der etwa einige Stun- den post mortem vorgenommenen Sektion »Hämoglobinämie«, so müssen wir richtig sagen, es sei :&Hämolyse.« Haben wir eine Probe sofort zentrifugiert und keine Lösung konstatiert, finden aber bei gleichzeitig entnommenen aber erst später zentri- fugierten Proben dann Hämolyse, so bezeichnen wir diesen Vor- gang als Nachhämolyse, ebenso wenn sich in Parallelproben von

198 Über Hämolyse im Reagenaglaa and im Tierkörper.

iiolchen, die bei der Entnahme (z. B. sehr bald, aber nicht un- mittelbar nach dem Tode) einen geringen Grad von Hämolyse gezeigt hatten, eine deutliche Zunahme der Färbuugsintensität nachweisen läfst.

Wir waren, um zu klaren Resultaten in unseren Versuchen zu kommen, genötigt, den Tod der Versuchstiere abzuwarten und unmittelbar nach erfolgtem Tode die Sektion der Tiere und so- fort die Blutuntersuchung vorzunehmen. So fanden wir, dafs bei sämtlichen Infektionsversuchen, mit Ausnahme der Milz- brandinfektionen und gewissen Fällen von Staphylokokkeniufek- tionen eine Hämoglobinämie (Hämolyse intra vitam) im allge- meinen nicht bestanden hat, da wir bei den sofort nach dem Tode entnommenen Blutproben das Serum normal fanden. Li dieser Hinsicht ist in unserer seinerzeit über das gleiche Thema erfolgten vorläufigen Mitteilung^ der in herkömmlicher Weise angewendete Begriff Hämoglobinämie insbesondere dort in Hämolyse zu korrigieren, wo wir (S. 1119) sagen »von anderen Bakterienarten konnten wir konstatieren, dafs Hühnercholera- bakterien beim Kaninchen (6 Fälle) durchaus Hämoglobinämie vom Typus serum purpureum zu erzeugen imstande waren, c Wir hatten ja bei den Sektionen der Tiere, die etwa in der Nacht verendet waren, »Hämoglobinämie« konstatiert, aber das Abwarten des Todes und die sofortige Untersuchung des Blutes, ein Verfahren, das zur theoretischen ßegriffsfomiierung sich als unerläfslich herausstellte, zeigte uns später, dafs diese »Hämo- globinämie« nur als Hämolyse, genauer als Nachhämolyse auf- gefafst werden darf.

Um nochmals kurz zusammenzufassen : Die intra vitam oder sogleich nach dem Tode mit ein wandsfreier Methode sicher- gestellte Hämolyse ist Hämoglobinämie, die einige Zeit nach dem Tode erhobene »Hämoglobinämiec im bisher üblichen Sinne ist absolut genommen als Hämolyse, bzw. wenn man dem Um- stände Rechnung trägt, dafs zur Zeit des Eintrittes des Todes keine oder eine quantitativ geringere Hämoglobinämie vorhanden war, als Nachhämolyse aufzufassen.

1; Münchner med. Wochenschrift, 11H)3.

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Wir wollen nicht behaupten, dals das in Lehrbüchern noch stehengebliebene Verfahren zur Konstatierung von Hämoglobin- ämie heute noch allgemein üblich sei, die moderne Zentrifuge wird wohl damit aufgeräumt haben, aber die Methoden werden in den Lehrbüchern weiter geführt und der alte Begriff der Hämo- globinämie ist erhalten geblieben.

Der Kliniker und der pathologische Anatom werden wohl nur selten in die Lage kommen, sofort nach dem Tode die Sektion vornehmen zu können, es werden daher unsere Untersuchungen, was die Befunde bei eben eingetretenem Tode anbelangt, am Menschen schwer ausführbar sein. Doch wird man auch für die menschliche Pathologie an dem Unterschiede zwischen Hämoglobinämie und Nachhämolyse festhalten müssen. Viel- leicht bringt uns auch die Zukunft eine feinere Methode, die die Menge gelösten Blutfarbstoffes quantitativ zu bestimmen ge- stattet.

Vor Besprechung der einzelnen Infektionen wäre noch über einige Erfahrungen Mitteilung zu machen, die hinsichtUch all- gemeiner Fragen aus dem Gebiete der Hämolyse nicht ohne Interesse sein dürften.

I. Über die SehBdlgung der Erythrocyten Im TlerkOrper als Folge der Einverleibung von in vitro erzeugtem Bakterio- hSmolysln. Über Bindung von HBmolysin im Tierkörper und

Im Reagensglas.

Versuche mit Staphylolysin am Kaninchen.

Es ist ein strenges Postulat der Ehrlichschen Theorie, dafs ein Bakteriohämolysin zur Entfaltung seiner Wirksamkeit an die roten Blutzellen gebunden werde, dafs also die haptophore Gruppe des Lysins die Verankerung an das Blutkörperchen bewerkstellige, während dann nach Ablauf einer gewissen Zeit die toxophore Gruppe durch Auflösen des Blutkörperchens bzw. nach Ehrlich durch Erwirken der Durchlässigkeit der diffusionsverhinderuden Membran Diskoplasma Ehrlichs ihre Wirksamkeit äufsert.

200 Über Hämolyse im Reagensglas und im Tierkörper.

Es war für uns natürlich wichtig, auch über diese Frage experimentell am Tiere orientiert zu sein, einmal weil ja die Reagensglasversuche, au denen diese Frage studiert; worden ist, nicht auch unbedingte Gültigkeit für die komplizierten Verhält- nisse im Tierkörper haben müssen, dann aber auch, weil diese Frage von Wichtigkeit für die Auffassung unserer Injektions- versuche ist, die Literatur aber eine genügende Orientierung nicht zu bieten vermag.

Es hat zwar S c h u r (a. a. 0.), um ganz allgemein zu konstatieren, ob die Injektion von Hämolysin bei Kaninchen eine die Erythro- zyten schädigende Wirkung ausübe, einige Versuche in dieser Richtung angestellt. Schur hat drei Kaninchen subkutan Staphylolysin injiziert und die Tiere nach 1, 2 bzw. 4 Tagen entblutet, von den Blutmengen sterile Aufschwemmungen in isotonischen Kochsalzlösungen angelegt und die Versuchsröhrchen neben den entsprechenden mit normalem Blute beschickten Kon- trollen im Brutofen bei 30® aufbewahrt. Es zeigte nun nur das Blut jenes Tieres, welches nach Ablauf von 2 Tagen entblutet worden war, eine deutliche Lösung, während das Blut der beiden anderen Tiere sich wie normales Blut verhielt. Die Lösung im Reagensglas trat erst nach 2tägigem Verweilen im Brutschranke in Erscheinung. Die Reaktion verlief also sehr langsam. Be- züglich der beiden anderen negativ ausgefallenen Versuche kann man zur Erklärung annehmen, dals vielleicht bei dem nach 24 Stunden getöteten Kaninchen die Wirkungszeit des Lysins zu kurz bemessen gewesen sei, beim anderen (4 Tage) ist die Möglichkeit vorhanden, dafs eine erfolgte Schädigung schon wieder ausgeglichen worden war.

Wir benutzten deshalb zum Studium dieser Frage den Weg, den Tieren das Lysin direkt in die Blutbahn zu injizieren. Um deutliche Resultate zu erhalten, verwendeten wir auch gröfsere Mengen Lysins (30 ccm) als Schur (0,5 ccm).

Wir injizierten einem Kaninchen 30 ccm eines Staphylolysins von Titer Lo < 0,0125, Lc = 0,4 ccm, zentripetal in die rechte Vena jugularis. 10 Minuten nach beendeter Operation wurde das Tier aus der linken Art. carotis entblutet, das Blut vorsichtig

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim.

201

defibriniert, sodann in mehrere Röhrchen zu je 2 ccm 0,85 proz. Kochsalzlösung je ein Tropfen des Blutes eingebracht, die Röhrchen 2 Stunden bei 37® C gehalten, in der Kälte aufbe- wahrt und nach 24 Stunden das Resultat notiert. Eine gleiche Anzahl von Proben wurde ohne Brutofenaufenthalt von vorn- herein in der Kälte gehalten, beiden Versuchen die entspre- chenden Kontrollen beigegeben. Aufserdem wurde aktives und inaktives Serum des injizierten Tieres auf seine eventuelle Lösungsfähigkeit gegenüber Normalkaninchenblut geprüft. Tab. II macht das Resultat ersichtlich.

Tabelle II.

I Erst 2h bei 370 C, dann Kälte

Immer In der Kalte

2 ccm 0,86 pro«. Na Cl-Lösung -j- 1 Tropfen Blut (6 Röhrchen)

2 ccm 0,86 pro». Na Cl-Lösang -|- 1 Tropfen nor- males Blat

2 ccm aktives Serum -{- ^ Tropfen normales Blut

2 ccm inaktives Serum -f- 1 Tropfen norm. Blut

Lösung

Lösung

ti

0

e

e

0

0

Dieser nur zur Orientierung angestellte Versuch zeigt uns deutlich, dafs durch die Injektion von Staphylolysin im Gefäfs« System eines Kaninchens die roten Blutzellen derart alteriert waren, dafs sie der Auflösung anheimfallen.

Als wir kurz darauf denselben Versuch unter denselben Bedingungen wiederholten, zeigte das Blut des »Lysinkaninchensc in isotonischer Kochsalzlösung nach 24 Stunden noch keine Lösung; erst nach weiteren 24 Stunden Aufenthalts bei Zimmer- temperatur konnten wir in den Röhrchen deutliche Rotfärbung der Flüssigkeit (»Kuppec) konstatieren. Das defibrinierte Blut aber des Lysinkaninchens, das über Nacht in der Kälte aufbe- wahrt worden war, zeigte eine intensive Hämolyse, das abge- setzte Serum war purpurrot. Es war auffallend, dafs das ge- schädigte Blut in seinem eigenen Serum schon nach relativ kurzer Zeit selbst bei geringer Temperatur (ca. 10® C) der Auf- Archiv fQr Hygiene. Bd. LIV. 14

V

204 Über Hämolyse im Reagenzglas und im Tierkörper.

Tabelle IV.

T^ösung des Lysinblutes in isotonischer Kochsalzlösung. Bestimmung mit

dem Hämometer nach Fleischl.

0,85 proz. Na Ol- ; Zugesetzte Tropfen- Tiösung ccm |! zahl des Blutes

Hämometer- zahlen

1 ! 932

3 ! 2344

2

2

2 5 4035

2 I 10 7780

2 3 Tropfen normales i keine Lösung

I Blut

Die Hämometerzahlen sind mg Hämoglobin in 1000 ccm.

Man könnte nun einwenden, dafa in Tabelle III eine Lösung der normalen Kaninchenerythrozyten im Lysinserum deshalb nicht erfolgt sei, weil das Lysin durch Mischung mit dem Blute des Versuchstieres eine derartige Verdünnung erfahren habe, dafs eine lytische Wirkung schon aus diesem Grunde ausgeblieben wäre. Eine einfache Rechnung wird nun zeigen, dafs der Ein- wand nichtig sei.

Das verwendete Kaninchen wog 1720 g. Nach den An- gaben der Physiologie beträgt die Blutmenge des Kaninchens ^ji^ seines Körpergewichtes. Unser Versuchstier hatte also 90 g Blut besessen. Zu diesen 90 g, die wir der Einfachheit halber gleich 90 ccm setzen wollen, kamen 30 ccm injiziertes Lysin vom Titre Lc = 0,4 ccm. Wir hatten also eine Flüssigkeitsmenge von 120 ccm und wollen ganz davon absehen, dafs dieselbe gewifs durch regulatorische Vorgänge von selten des Organismus ver- mindert worden war. Die 120 ccm enthielten 30 ccm Lysin, also im ccm 0,25 oder in 2 ccm der im Versuch verwendeten Menge von Serum 0,5 ccm Lysin. Da nun der Titer unseres Lysins ■^=^ 0,4 war, also 0,4 ccm unseres Lysins einen Tropfen Kaninchenblutes komplett löste, so müfsten ja doch 2 ccm Serum mit einem ausgerechneten Gehalte von 0,5 ccm Lysin, also noch mehr als Lc gewifs eine lytische Wirkung gehabt haben, wenn eben noch freies Lysin in der Mischung vorhanden gewesen wäre.

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim. 205

Wir können also mit Fug und Recht annehmen, dafs im Serum kein freies Lysin vorhanden gewesen sei, ohne dafs eine Ver- dünnung für die ausbleibende Lösung verantwortlich zu machen gewesen wäre.

Als wir nun gesehen hatten, dafs im Tierkörper die voll- ständige Bindung des Lysins in äufserst prompter Weise vor sich gehe, wollten wir noch feststellen, wie sich denn die Bindungs- verhältnisse in vitro stellen mögen, denn wir wissen ja seit den Versuchen von Madsen mit dem Tetanolysin, dafs der Nachweis einer solchen Bindung zu gelingen pflegt. Hier war gleichfalls das theoretische Postulat aufrechtzuerhalten, dafs bei ent- sprechender Bindung von selten der Blutkörperchen die nach dem Zenlrifugieren abgesetzte Flüssigkeit, das Absorbat, keine lösende Wirkung mehr auf rote Blutzellen ausüben dürfe. Be- dient man sich bei solchen Bindungsversuchen nicht der Methode von Sachs (^^), so ist es mitunter unvermeidlich, dafs infolge bereits eingetretener Lyse eine Rotfärbung des Absorbats eintritt, welche uns dann bei der Auswertung des Lösungsvermögens natürlich hindernd in den Weg tritt. Um da die Lösungskraft des Absorbates einwandsfrei feststellen zu können, sieht man sich genötigt, zunächst die Hämometerzahlen des Absorbates in den dem wirklichen Versuche entsprechenden Verdünnungen, natürlich ohne Blutzusatz, festzustellen. Stellt man dann den Versuch mit dem Absorbate und Blutkörperchen an (je ein Tropfen Blut in jedes Röhrchen) und bestimmt nun die Hämometerzahlen der einzelnen Röhrchen, so mufs ein Steigen der Zahlen im Absorbat- versuch zugunsten eingetretener Lösung sprechen, uns also an- zeigen, dafs unser Absorbat eben nicht frei von Lysin gewesen ist. Differieren die Hämometerzahlen des Versuches nicht wesentlich gegenüber den Zahlen des Absorbates, so kann man annehmen, dafs eine vollständige Bindung des Lysins stattge- funden habe. Schwankungen von 10 Graden beim Fleischlscheu Hämometer liegen wohl innerhalb der möglichen Fehlergrenzen und sind erst Differenzen über 10 von Bedeutung. Wir kamen gar nicht in die Lage, diese Erfahrung praktisch verwerten zu können, da in unseren Versuchen die geringste mefsbare Differenz

206

Über Hftmolyse im KeagODsglas und im Tierkörper.

zwischen Absorbatzahl und der im Versuche erhobenen Zahl 17 betrug.

Von Wichtigkeit ist, bei solchen Versuchen darauf zu sehen, dals dem Lysin eine solche Blutmenge zugesetzt wird, dafs dem Titer des Lysins entsprechend ein Überschufs an Blut vorhanden sein mufe. Wenn wir z. B. (Tab. V Versuch I) 9 ccm eines

Lysins vom Titer 0,4 = Lc absättigen wollen, so müssen wir

g theoretisch den Lösungswert der 9 ccm mit mindestens j-r- also 22,5

Tropfen berechnen, da ja 0,4 ccm des Lysins einen Tropfen Blut komplett zu lösen vermögen. Wenn wir nun statt 22,5 etwa 50 60 Tropfen Kaninchenblut zusetzen, so können wir wohl annehmen, dafs ein Überschufs von Blut vorhanden sei. Die folgenden Tabellen registrieren die unter verschiedenen Bedin- gungen angestellten drei Bindungsversuche.

Tabelle V. Versuch I.

9 ccm Staphylolysin vom Titer 0,4 = Lc + 2,8 ccm = 56 Tropfen Kaninchen* blat werden bei Zimmertemperatur gemischt und 24 Std. bei 10^ C gehalten. Absorbat dunkelrot. Gewöhnliche Technik der Auswertung eines Lysins. Die Hämometerzahlen geben an wieviel mg Hämoglobin in 1000 ccm der

Blutlösung enthalten waren.

Absorbat-

0,85 pro«.

Hämometerzahlen

Zunahme des

menge in

Na Cl-Lösung

vor

nach 1

Hämoglobin-

2 ccm

in 2 ccm

1

dem V(

1 ersuche '

gehaltes in Vo

1,00

1,00

4425

4612

4

0,60

1,40

3000

3802

27

0,40

J,60

2112

2450

16

0,20

1,80

914

1612

76

0,10

1,90

537

759 '

41

0,05

1,95

259

422

62

0,0125

1,987

<96

' <96

1

(Siehe Tabelle VI und VH auf 8. 207.)

Wenn wir die Resultate der vorstehenden Versuche über- blicken, so konstatieren wir als allen gemeinsam die Tatsache, dafs in keinem derselben eine vollständige Bindung des Lysins an die im Überschufs zugesetzten Blutmengen erfolgt war, nach- dem ja immer das Absorbat auf Zusatz von 1 Tropfen Blut hin

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim.

207

Tabelle VI. Versuch ü.

20 ccm Staphylolysin vom Titer 0,4 = Lc werden mit 150 Tropfen = 7,5 ccm

Eaninchenblut gemischt und 30 Minuten bei 37^ C gehalten.

Absorbat purpurrot. Gewöhnliche Technik der Auswertung eines Lysins.

Absorbat-

0,85 proz. Na Cl-Lösung

Hfimome vor

1

terzahlen

Zunahme des

menge in

nach

Hämoglobin-

2 ccm

in 2 ccm

dem Versuche

1 _ '

gehaltes in Vo

0,8

1,2

3460

4770 1

37

0,6

1,4

3690

4192

13

0,4 i

i 1,6

2460

3285 '

33

0,2

1,8

951

2245

136

0,15

1,85

! 845

1

2385

182

0,10 1

1,90 !

691

1534

122

0,05

1,95

326

624

91

0,025

1,975

260

374

49

0,0125

1,9875 1

1

; <96

298

Tabelle Vn. Versuch III.

16 ccm Staphylolysin vom Titer 0,4 = Lc und 5 ccm = 100 Tropfen Kanin- chenblut werden gesondert, IVs Std. bei 31^ C vorgewärmt, dann vereinigt und weitere 3 Std. bei 37® C gehalten. Absorbat rubinrot. Flüssigkeit steril.

Absorbat- ,

0,85 proz.

Hämometerzahlen

Zunahme des

menge in

Na ClLösung

vor nach

Hämoglobin-

2 ccm

in 2 ccm

dem Versuche

gehaltes in 7o

2 j

0

2422

3114

28

1

1

1

1326 1956 1

47

0,8 1

1,2

1000 1384 !

38

0,6

1,4

615 920 1

49

0,4

1,6

471 1080 i

129

0,2

1,8

172 ' 711

313

0,1 i

1,9

' <96 615 1

0,05

1,95

< 96 259

0,025

1,975

< 96 < 96

0,0125 1

1,987

<96

<96 j

ansteigende Hämometerzahlen zeigt, also das Absorbat noch Bin- dungs- und Lösungsvermögen besals. Wenn wir schon bei Versuch I

(Tab. V) a priori nicht angenommen hatten, dafs bei der niedrigen Temperatur eine vollständige Bindung erfolgen werde, auch noch zugeben wollen, dafs in Versuch II (Tab. VI) die Zeit von 30 Min. nicht lange genug bemessen gewesen wäre, um den gewünschten

208 Über Hämolyse im Reagensglas und im Tierkörper.

Effekt zu erzielen, so mulste uns doch in hohem Malse befrem- den, dafs auch die in Versuch III (Tab. VII) angewandten Zeiten : eineinhalbstündiges Vorwärmen, dann Verweilen der Mischung durch 3 Stunden bei 37° C nicht genügt hatten, um eine voll- ständige Bindung zu erzielen.

Ziehen wir nun in Betracht, dafs nach unseren weiter oben mitgeteilten Erfahrungen im Tierkörper sicher 20 Minuten, ja auch schon 10 Minuten nach vollendeter intravasaler Injektion des nicht vorgewärmten Lysins die Bindung voUzogen war, so müssen wir zugeben, dafs die Reagensglasversuche dem Tierversuch gegen- über ein recht kümmerliches Surrogat bedeuten; wenn aber im Tierkörper etwa noch andere Zellenelemente eine Affinität für Bakteriolysine besitzen sollten, so würde dieser Umstand erst recht einen Vergleich zwischen Reagensglas- und Tierversuch verbieten müssen.

U. Über die TTirkung des Staphylolysins im TierkOrper bei subkutaner, intraperitonealer oder intravenOser Einverleibung.

Im vorigen Abschnitte haben wir den Nachweis erbracht, dafs man nach intravenöser Injektion von Staphylolysin eine Lösung des Blutes des vergifteten Kaninchens sowohl in seinem eigenen als auch im Serum der homologen Tierart beobachten könne, sowie dafs eine Lösung zum Unterschiede von normalem Kaninchenblut auch in isotouischer Kochsalzlösung erfolge. Wir konnten zeigen, dafs die Bindung zwischen Lysin und Erythro- zyten im Tierkörper in weitaus vollkommenerer Weise zu be- wirken und nachzuweisen sei als im Reagensglasversuch. Aber unsere Versuchsanordnung mufste es mit sich bringen, das ver- giftete Tier zu entbluten, und somit wurde es uns unmöglich, den zeitlichen Verlauf einer solchen Vergiftung in ihrer Einwirkung auf das Blut zu studieren. Diese Lücke auszufüllen sind die folgenden Versuche berufen.

Wir bedienten uns hierbei unserer Kapillarmethode, welche sich aufs beste bewährte und vor allem in den Versuchen schön zur Darstellung bringt, wie wichtig es ist, die Konstatierung der Nachhämolyse zur Beobachtung heranzuziehen, da uns ohne

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim.

209

diesen Behelf mancher wertvolle Aufschlufs verborgen bleiben würde (vgl. Nr. 178 u. 193).

Wir injizierten den Kaninchen das Staphylolysin zunächst subkutan. Das Auftreten einer Hämoglobinämie wurde bei diesem Vorgehen nicht beobachtet (vgl. Tab. VIII u. IX). Die Proben, welche sofort nach der Entnahme zentrifugiert worden waren, liefsen ausnahmslos eine Hämolyse vermissen, jedoch zeigten viele Proben deutliche Nachhämolyse. Die Beeinflussung der roten Blutzellen ist durch mehrere Tage hindurch deutlich wahr- nehmbar, in Tabelle VIII ist am 4. Tage, in Tabelle IX am 7. Tage noch Nachhämolyse zu beobachten. Bei der zweiten Injektion bei Nr. 178 wird keine Schädigung der Erythrozyten mehr wahrnehmbar, das Tier ist offenbar bereits immun geworden.

Tabelle VIII. Kaninchen Nr. 193. Subkutane Injektion von Staphylolysin.

7

Datum

Gewicht Zeit 1

der Entnahme

H

NH

15. III. 04

Injektion

12h 30'

16. m.

17. UI.

18. III.

19. m. 21.111.

1172

1087 995

1005 1045 1080

Kontrolle 4h

lOh 30'

11h 30' 12h 30'

11h 15'

11h 15'

lOh

+

+ +

- ,. +

Injektion von 10 ccm Staphylo- lysin. Staph. 88 vom Titre I-^ < 0,02, I^c zwischen 0,2 und 0,06. Infiltrat. Nekrose. Schorf. Heilung.

(Siehe Tabelle IX auf Seite 210.)

Anders wiederum liegen die Verhältnisse bei intraperitonealer Einverleibung des Lysins. Hier sehen wir in jedem der beiden mitgeteilten Fälle überhaupt nur je einmal eine Schädigung der Erythrozyten zum Ausdruck kommen und zwar als Nachhämo- lyse wie bei der subkutanen Applikation. Die eine Beobachtung (Nr. 194) ist einwandsfrei, bezüglich der anderen (Nr. 177) sagt uns schon das Zeichen ±, dafs die Hämolyse durchaus nicht von zweifelloser Intensität gewesen ist. Im Gegensatze zu den subkutan injizierten Tieren trat hier das Manifestwerden der Schädigung in beiden Fällen schon am Tage nach der Injektion

210

Über Hämolyse im Reagensglas und im Tierkörper.

auf. Dann aber konnte keine Lösung mehr beobachtet werden. Bei Nr. 177 trat auf eine zweite Injektion hin der Tod ein. Bei der Sektion fanden wir das Serum durch Hämoglobin gefärbt. Diese Hämolyse, die in der Folge keine Verstärkung in ihrer Intensität erfuhr, war quantitativ zur Zeit, als wir das Tier sezierten, bereits abgelaufen.

Tabelle IX. Kaninchen Nr. 178. Subkutane Injektion von Staphylolysin. Immunität.

Datum

Zeit

Gewicht

der Entnahme

H

NH

22.1.04 'Kontrolle I. Injektion 12h 30*

12h 15'

23. I.

25. I.

26. I.

27. I. 29. I.

4h 30' 12h 15' 11h 30' 12h 30' 11h 15' 12h 15'

1575 i _

I

1505 1430 1375 1310 1144

+

+

+

I. Injektion 10 ccm Staphylo- lysin. Staph. 88 vom Titre Lo < 0,02, Lc zwischen 0,5 und Ol.

2 Tage nach der Injektion beginnende Nekrose der Injektionsstelle , Demarka- tion, Schorf. Heilung.

11. m. 04

IL Injektion

Ih 15'

12. m.

13. III.

14. m.

15. III.

Kontrolle

1380

1

5h 15'

11

i;

11h 30*

1332

1 1

; 1

1

5h

1322

1

Uh

1382

1

i

1385

1 i

U. Injektion 7 ccm Staphylo- lysin. Staph. 88. Titre Lo < 0,02, Lc zwischen 0,2 und 0,06.

Keine Reaktion an der Injektionsstelle. GeringeGe- wichtsabnahme, die schon am 3. Tage aasgeglichen erscheint

Tabelle X. Kaninchen Nr. 194. Intraperitoneale Injektion von Staphylolysin.

Datum

Zeit der Entnahme

H

1 NH

-1

1

1

14. HL 04

Injektion 12h

15. m.

16. m.

17. 111.

Kontrolle

12h 15'

Ih 6h 80'

11h 30'

12h 30'

12h

- - +

Anfangsgewicht 1360 g, erhält 10 ccm Filtrat einer 11 Tage alten Boaillon- kultur Stamm Staph. 88, Titre Lo unter 0,02, Lc zwischen 0,2 und 0,06 ; nimmt stetig ab und wird am 15. lY. bei einem Gewicht von 905 g getötet

Von Dr. Oskar R. von Wnnschheim.

211

Tabelle XI. Kaninchen Nr. 177. Intraperitoneale Injektion von Siaphylolysin. Tod.

Datum

Zeit der Entnahme

H

NH

21. I. 04

I. Injektion

nm 12h

22. 1.

23. I.

I!

Kontrolle

12h 15'

5h

11h 30' Vm.

4h 30' Sm.

12h lO*

+ ?

I

Anfangsgewicht 975 g.

I. Injektion 10 ccm Filtrat einer 13 Tage

alten Boaillonknltor Stamm Staph. 88.

Titre Lo anter 0,02, Lc zwischen 0,5

and 0,1.

Gewicht sinkt bis zam 30. I. aaf 870 g,

steigt dann wieder an. Das Tier wiegt

am 11. m. 1107 g.

11. m. '! II. Injektion | Ih 15'

Kontrolle

5h 15' Sektion

+

II. Injektion 7 ccm Filtrat einer 11 Tage alten Boaillonkaltar Stamm Staph. 88. Titre Lo anter 0,02, Lc zwischen 0,2 and 0,06.

Tod in der Nacht zam 12. in. Sektion am 13. ni. 7h p. m. Im Baachraum hellrotes Seram, in der Plearahöhle viel helles seröses Exsudat, im Herzbeatel ebenfalls viel helles Exsa- dat mit frischen fibrinös. Auflagerungen. Kultur- Bauchexsadat

Pleuralexsudat

Herzblut

Leber

steril.

Gänzlich anders als bei der subkutanen oder intraperitonealen Injektion gestaltet sich die intravenöse Einverleibung des Lysins. Hier tritt entweder eine Hämoglobinämie oder wenigstens Nach- hämolyse schon kurze Zeit nach der Injektion in Erscheinung. So bei Nr. 192 schon zehn Minuten nach der Injektion Hämo- globinämie, Nachhämolyse bei Nr. 182 nach 15 Minuten. In beiden Fällen aber finden wir schon in sehr kurzer Zeit den ganzen Prozefs abgelaufen, bei Nr. 182 schon nach 5 Stunden das Blut ohne freies Hämoglobin, bei Nr. 192 ist dies sicher nach 7 Stunden der Fall. Da beide Male auch keine Nachhämolyse nachweisbar ist, so können wir annehmen, dafs zu den an- gegebenen Zeiten keine geschädigten Erythrozyten mehr kreisten.

Wie wir bei Nr. 182 sehen, hat das Tier auf die zweite intra- venöse Injektion kaum mehr reagiert NH), nach der dritten In-

212

Über Uämolyse im Keagensglas und im Tierkörper.

jektion ist gar kein Eiuflufs auf die Erythrozyten mehr zu sehen, es war Immunität eingetreten.

Tabelle XU. Kaninchen Nr. 192. Intravenöse Injektion von Staphylolysin.

Datum

I Gewicht

Zeit der Entnahme

H

NH

1

1

12. lU. 04

' 1650

Kontrolle

' Injektion von 7 ccm Staphylo-

Injektion

1 1

lysin Staph. 88. Titre Lo

12h 45'

< 0,02, JjC zwischen 0,2

i

12h 55'

+

und 0,06.

Ih 15'

+

+

4h 45'

+

1

1

7h

1

13. III.

1435

11h Siy

- -

1

14. m.

1465

11h 45'

Tabelle XIII. ELaninchen Nr. 182. Intravenöse Injektion von Staphylolysin. Immunität.

Datum

Ge- i wicht

Zeit der Entnahme

1 H

1 NH

1

1

29. I. 04

, 1827

Kontrolle

' I. Injektion 10 ccm Staphylo-

I. Injektion

12h 05'

+

lysin Staph. 88. Titre Lo

11h 50'

12h 50' 4h 50'

< 0,02, Lc = 0,2.

30. I.

' 1820

11h 30'

1. n.

' 1805

11h 30'

- -

11. III.

' 1795

Kontrolle

II. Injektion 7 ccm Staphylo-

II. Injektion

11h 45'

+ ?

lysin Staph. 88. Titre Lo

11h 30'

12h 30'

+ ••'

< 0,02, Lc zwischen 0,2

5h 30'

und 0,06.

12. lU.

1772

11h 30'

13. m.

1800

Uh 30'

14. m.

1820

11h 15'

1

!• '1

2. IV.

1790

Kontrolle

1 III. Injektion 10 ccm Staphylo-

III. Injektion

1

11h 08'

lysin Staph. 88. Titre Lo

10h 53'

11h 38'

-

j < 0,02, 1x5 0,1.

11h 53'

2h 53'

!

4h 53'

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim.

213

Es scheint uns hier nötig, daraufhinzuweisen, dafsNeifser und Wechsberg (^^) in ihrer noch mehrfach zu zitierenden Arbeit angeben, dafs ihnen die Erzeugung eines Antistaphylolysins am besten bei subkutaner Einverleibung gelungen sei; die intra- venöse Injektion hätte sich entschieden als unzuverlässiger ge- zeigt als jene und nur in einem Falle ist es den Autoren gelungen, durch intravenöse Injektion ein > Antitoxin mäfsiger Stärke c zu erzeugen, die intraperitoneale Immunisierung aber hätte den Autoren mehrfach versagt. Letztere Angabe konnten wir nicht nachprüfen, da unsere intraperitoneal injizierten Tiere den ab- sichtlich hoch bemessenen Dosen erlagen, während die mit gleichen Dosen subkutan und intravenös vorbehandelten Kanin- chen nur vorübergehend im Gewicht abfielen und eine voll- kommene Immunität erlangten. Einen Unterschied aber in der Stärke der auf dem einen oder anderen der beiden Wege erlangten Immunsera konnten wir nicht beobachten, die intra- venöse Immunisierung leistete nicht weniger als die subkutane, wie die beiden folgenden Tabellen zeigen mögen. Die Immun- sera wurden mit den Lysinmengen gemischt, eine Stunde bei 37^ C gehalten, sodann erst jedem Röhrchen ein Tropfen nor- malen Kaninchenblutes zugefügt und nach üblicher Methode beobachtet.

Tabelle XIV.

tistaphylolysi]

QS des Kaninchens Nr. 178

(subkutan

Staphylo-

Antitoxin

0,85 proz.

Lösang -f-

lysin

1

(Serum) i

1

NaCl-I^sunj?

kei

ine I^s. 0

0,5

1 0,5

1

0

0,5

0,4

1,1

0

0.5

0,3 '

1.2

t)

0,5

0,2

1.3

0

0,5

0,1

1,4

1

e

0,5

0.08 '

1,5

0

0,5

0,06

1,5

1

+

Kontrolle

0,5

1,5

0

Kontrolle

2

0

214

Über Hämolyse im Beagensglas und im Tierkörper.

Tabelle XV. Titer des Antistaphylolysins des Kaninchens Nr. 182 (intravenöse Injektion).

Staphylo-

Antitoxin

0,85 pros.

LOBung -|-

lysin

(Semm)

Na Cl-LOsang

keine LOs. 0

0,5

! 0,6

1

0

0,5

0,4

1.1

0

0,5

; 0.3 i

1.2

! »

0,5

i 0,2

1,3

0

0,5

0,1

' 1,4

0

0,5

0,08

1.S

0

0,5

0,06

1,6

0

0,5

0,06

1,6

+

0,5

0,08

1,5

' +

0,5

0,01

1.6

, +

0,5

{ 0,006

1,5

+

Kontrolle

0,5

1,5

0

Kontrolle

^^

2

: 1

0

III. über die Resistenz nonnaler Kanlnehenerythroeyten

gegenüber Staphylolysln.

Das Vorhandensein von Antihämolysin in normalen Tier- seris ist eine von allen Beobachtern, die über Hämolysine ge- arbeitet haben, mit grolser Einhelligkeit berichtete Tatsache, ebenso wird über grofse Schwankungen im Antihämolysin kon- stant Mitteilung gemacht. Neisser und Wechsberg (1. c.) haben gelegentlich ihrer Untersuchungen über das Staphylotoxin natürlich auch das Verhalten normaler Erythrozyten (gewaschen und un- gewaschen) dem Staphylolysin gegenüber geprüft. Sie fanden, dafs die Empfindlichkeit der genuinen Kaninchenerythrozyten sich nicht unterschied von der der gewaschenen. Diese Eigen- schaft des normalen Kaninchenblutes, in seinem Senun keinen Antikörper gegen das Staphylotoxin zu beherbergen, hatte es zur Folge, dafs mit Staphylolysin arbeitende Untersucher mit Vor- liebe Kaninchenblut benutzen, weil man der immerhin zeit- raubenden Aufgabe, die roten Blutzellen vor der Verwendung waschen und so vom Serum befreien zu müssen, gänzlich über- hoben wird.

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim. 215

Eine zweite Versuchsreihe der genannten Forscher zeigte, dafs bei Einstellung eines Toxins gegen Blutkörperchen ver- schiedener Kaninchen bei gleichem Lc-Wert der Wert für Lo sehr verschieden hegen kann. Neisser und Wechsberg er- klären diese Tatsache damit, dafs ja nicht alle Erythrozyten gleich empfindUch gegen das Staphylolysin zu sein brauchen, dafs stets eine gewisse Menge von widerstandsfähigeren roten Blutzellen vorhanden sei, welche den Wert Lc des Toxins be- stimmen, dafs aber anderseits sehr empfindliche Erythrozyten, von deren Lösung der Wert Lo abhängt, nicht immer vorhanden sein müssen.

Als wir ein Staphylolysin, das zur Austitrierung eines Anti- toxins bestimmt war, auf seine Lösungsfähigkeit prüften, bemerkten wir, dafs in unserem Auswertungsversuch der Wert Lc überhaupt nicht erreicht wurde, was uns umsomehr überraschte, als wir unter Einhaltung der gleichen Kulturbedingungen mit dem be- trefEenden Staphylokokkenstamme immer einen Wert von Lc nicht über 0,2 erhalten hatten.

Da wir überhaupt den Verdacht hegten, es könne doch vielleicht etwa als individuelle Eigenschaft mitunter im Serum der Kaninchen ein Antikörper normalerweise vorhanden sein, so hatten wir, wie immer bei wichtigeren Versuchen, so auch diesmal den Versuch mit gewaschenen und ungewaschenen Erythrozyten vorgenommen. Das absolut gleiche Verhalten beider bewies a priori, dafs es sich hier hinsichtlich der äufserst geringen Wirkung des ver- wendeten Lysins keineswegs um eine Herabsetzung der lytischen Kraft desselben durch einen normalerweise im Serum vorhan- denen Antikörper handeln könne, und wir vermuten eine ab- norme Resistenz der Erythrozyten als Grund der mangelhaften Lösung.

Das Experiment gab uns recht.

Wir stellten sofort einen zweiten Versuch mit gewaschenen Erythrozyten eines zweiten Kaninchens und demselben Lysin an und erhielten diesmal einen Wert von Lc < 0,06, während, wie oben bemerkt, im anderen Versuche Lc überhaupt nicht erreicht worden war.

216

Über Hämolyse im ReagensKlas und im Tierkörper.

Tabelle XVI.

Stapbylo-

lysin D

in 2 ccm

0,85 proz. Erythrozyten Kaninchen I ' NaClLös. ~ '

in 2 ccm

gewaschen

un-

{rewaschen

Kaninchen II gewaschen

1

0,8

0,6

0,4

0,2

0,1

0,08

0,06

0 1

1.6 1,8

1,9 1,92

1,94

tark rot, kleine Linse')

rot.

nicht agglat. Linse

do. 1

komplett

do.

do.

do.

do.

stark rot, grofse Linse

do.

do.

do.

do.

do.

do.

do.

do.

do.

Dieses Resultat steht in gewaltigem Widerspruche zur Be- hauptung von Neisser und Wechsberg, die sagen, dafs »die Blutkörperchen verschiedener Kaninchen bezüglich der Grenze komplette Lösung erhebliche Schwankungen in ihrer Empfind- lichkeit nicht aufwiesen, c Der Abstand der Werte Lc < 0,06 bei Kaninchen II und Lc auch in 100 proz. Konzentration im reinen unverdünnten Staphylolysin bei Kaninchen I überhaupt nicht erreicht, ist wohl so grofs, dafs die Gültigkeit des Aus- spruches von Neisser und Wechsberg fernerhin nicht mehr aufrechterhalten werden kann.

Eine Erklärung für dieses ungleiche Verhalten des Blutes zweier verschiedener Individuen derselben Spezies gegen ein und dasselbe Lysin ist nicht so leicht zu geben. Wir können nur sagen, dafs viele der Blutkörperchen des Kaninchens I eine ganz besondere Resistenz besessen haben müssen, nach der Ehrlichschen Theorie ausgedrückt, dafs vielen Erythrozyten einfach das Vermögen abgegangen sein müsse, Lysin zu binden. Den Chemismus dieser Erscheinung aber aufzuklären, wird späte- ren Zeiten vorbehalten sein müssen.

1) Der Aasdruck Linse bezieht sich auf die am Boden in Linsenform liegenden, meist agghitinierten Blutkörperchen.

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim. 217

IT. Über die Resistenz der Erythroeyten mit Staphylolysln Immunisierter Kaninehen gegen Staphylolysln.

Die auffallende Resistenz, welche die normalen Blutkörper- chen in Tabelle XVI gezeigt hatten, veranlafste uns, Unter- suchungen darüber anzustellen, ob denn bei immunisierten Tieren die Immunität gegen weitere Injektionen von Lysin lediglich als Serum Wirkung aufzufassen sei, oder ob vielleicht neben der- selben auch eine gesteigerte Resistenz der serumfreien Erythro- eyten zu beobachten sein werde.

Injiziert man normalen Kaninchen Staphylotoxin in eine Vene, so kommt es zur Hämolyse, die sich entweder als Hämoglobin- ämie oder als Nachhämolyse äufsert. Wiederholt man nach einiger Zeit solche Injektionen, so kommen wir zu dem Resul- tate, dafs eine Lösung der Erythroeyten nicht mehr stattfindet, das Tier ist immun geworden, was die Hämolysierung seines Blutes anbelangt. Das Serum der Immuntiere ist in vitro im- stande, die Wirkung von Staphylolysin auf Erythroeyten zu paralysieren und so vor der Auflösung zu schützen. Solche Ver- suche sind in genügender Anzahl gemacht worden, aber über das Verhalten der Erythroeyten der immunisierten Tiere sind uns Angaben in der Literatur bisher nicht vorgelegen.

Wir verwendeten zu den entsprechenden Versuchen das Blut von zwei Kaninchen, die durch subkutane und durch in- travenöse Einverleibung entsprechender Lysinmengen immuni- siert worden waren. Der Antitoxingehalt der Sera dieser Tiere war so grofs, dais die Einheit des Serums die Wirkung der zehn- fachen Menge Staphylolysins aufzuheben imstande war. Das defibrinierte Blut der Tiere, bzw. die gewaschenen Erythroeyten wurden in der Weise geprüft, wie man einen Auswertungsversuch mit einem zu untersuchenden Lysin anstellt, die erhaltenen Resultate illustrieren die folgenden Tabellen.

(Siehe Tabelle XVH und XVIH auf 8. 218.)

Ein kurzer Blick genügt nun, um zu ersehen, dafs die Ery- throeyten der Immuntiere durchaus keine Resistenz gegen die Wirkung des Lysins aufzuweisen haben, in beiden Versuchen

ArohiT für Hygiene. Bd. LIV. 15

218

Über Hämolyse im Reagensglas and im Tierkörper.

Tabelle XVH. Kaninchen Nr. 178, darch sabkntane Injektion immunisiert

Lysin in 2 ccm

0,85 proz.

Na Cl-Lösung

in 2 ccm

Erythrocyten

gewaschen

angewaschen

2

« i

komplett

komplett

1

1 !

do.

do.

0,8

1,2

do.

do.

0.6

1,4

do.

do.

0,4

Ifi

do.

fast komplett

0,2

1,8

do.

stark rot

0,1 ,

1,9

do.

do.

0,08 :

1,92 !

do.

rosenrot

0,06 ]

1,94

fast komplett

0

Die Wirksamkeit des Lysins auf Normalblut siehe Tabelle XVI.

Tabelle XVm. Kaninchen Nr. 182, durch intravenöse Injektion immunisiert

0,85 proz. ,

. ^f *"" NaCl-Lösungl; m 2 ccm . -. '.\

Erythrocyten

in 2 ccm

gewaschen

2

1

0,8

0,6

0,4

0,2

0,1

0,08

0,06

1

1,2 1,4

1,6

1,8

1,9

1,92

1,94

ungewaschen

komplett do. do. do. do. do. do. do. fast komplett

komplett do. do. do. do. fast komplett

stark rot

schwach rot

rosenrot

Die Wirksamkeit des Lysins auf Normalblut ist in Tabelle XVI aufgezeichnet.

war Lc bei 0,08 (gewaschene Blutkörperchen) gelegen. Nur die gewaschenen Blutkörperchen konnten ja für diesen Versuch aus- schlaggebend erscheinen, denn die nicht gewaschenen hatten ja naturgemäfs Immunserum anhaften. Diese schützende Wirkung kommt auch bei letzteren in der Tabelle gut zur Darstellung, nur ist es erstaunlich, eine wie grofse Wirkung hier so kleine Mengen von Serum, wie sie auf den entsprechenden Anteil eines Tropfens entfallen, auszuüben in der Lage sind. Bei

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim. 219

Kaninchen 178 geht der Wert von Lc = 0,08 auf 0,6 zurück, bei Kaninchen 182 von ebenfalls 0,08 auf 0,4. Auch Mei nicke (15) weist in einer eben erschienenen Arbeit darauf hin, welch starke schützende Kraft die in einem Bluttropfen enthaltene Menge spezifischen Serums zu entfalten vermag.

Aus den vorstehenden Versuchen geht klar hervor, dafs die Erythrocyten von Kaninchen, deren Blut einen spezifischen Anti- körper gegen das homologe Bakteriolysin besitzt, von diesem Bakteriolysin ebenso gelöst werden, wie normale Erythrocyten ; die schützende Kraft haftet am Serum der Immuntiere. Aus dem Be- funde, dafs wir intravenös immunisierten Kaninchen-Lysinmengen in die Blutbahn einspritzen können, ohne dafs eine Lösung er- folgt, trotzdem ja doch ein inniger Kontakt zwischen der in- jizierten Flüssigkeit und den roten Blutzellen des Tieres anzu- nehmen ist, schliefsen wir, dafs der Antikörper im Serum des Immuntieres eine gröfsere Avidität zum Lysin besitzen mufs, als für dieses die Erythrocyten besitzen, dafs der avide Anti- körper also alles Lysin rasch an sich reifst und neutralisiert, so dafs die Erythrocyten nicht durch Bindung des Lysins geschädigt werden können.

InfektionsYersnche.

I. Staphylococens pyogenes aureus.

Kraus und Clairmont (^^ fanden 1900, dafs es Stämme von Aureus gibt, welche kein Bakteriolysin erzeugen, neben solchen, denen Hämolysinbildung eigen ist.

Neisser und Wechsberg haben 1901 dann das Staphylo- toxin in eingehender und genauer Weise studiert; ihre Technik ist von den meisten Autoren akzeptiert worden, und ihre Arbeit ist zurzeit so viel zitiert und so bekannt, dafs es überflüssig er- scheint, auf dieselbe genauer einzugehen.

Bajardi (^^) hat im selben Jahre das hämolytische Ver- mögen der Staphylokokken untersucht und berichtet, dafs Bouillon- kulturen des Staph. aureus und albus auf die roten Blut- körperchen des Kaninchens (gewaschen und ungewaschen) hämo-

15

220 Über Hämolyse im Reagensglas and im Tierkörper.

lytisch wirken. Bajardi behauptet auch den Zusammenhang zwischen hämolytischer und pyogener Eigenschaft.

Kraus und Ludwig haben Kaninchen subkutan Bouillon- kulturen von Staphylococcus aureus injiziert, also gleichzeitig Hämolysin und lebende Bakterien einverleibt; sie konnten kon- statieren, dafs eine bedeutende Abnahme der roten Blutzellen erfolgte. Die normale Zahl derselben war durch Kontrollen auf 5^/2 6^/2 Millionen im Kubikzentimeter festgestellt worden, und nach der Injektion vorgenommene Zählungen zeigten, dafs Ab- nahmen von 1, 2, ja bis 4 Millionen stattgefimden hatten. Dafs wir heute schon ein Recht hätten^ solche Abnahmen ganz allein durch die Hämolysinwirkung zu erklären Kraus und Lud- wig berühren diese Frage nicht möchten wir sehr bezweifeln, denn es ist ja durchaus nicht ausgeschlossen, dafs nicht im Ver- laufe der Infektion durch ein Damiederliegen der Blutbildung durch toxische nicht hämolytische Einflüsse ein Ersatz der durch das Lysin zerstörten Blutzellen hintangehalten werde. Wenn wir bedenken, dafs wir in unseren Versuchen bei der chronischen Staphylokokkeninfektion mit Ausgang in multiple Abszefsbildung Hämolyse niemals konstatieren konnten, während das Tier doch zugrunde geht, so gewinnt vielleicht unsere Anschauung an Be- rechtigung.

Die Arbeit von van Dur me (^®) ist im wesentlichen eine Nach- prüfung und Bestätigung der Befunde von Ne isser und Wechs- berg. Er neigt der Ansicht zu, die heute nicht von allen Autoren geteilt wird, dafs ein enger Zusammenhang zwischen Pathogenität und hämolytischem Vermögen der Traubenkokken bestehe, gibt aber gleichzeitig zu, dafs die Akten über diese Frage noch nicht geschlossen sind.

Kutscher imd Konrich(^^) haben das Verhältnis studiert, in dem die Agglutinationsfähigkeit der Staphylokokken zur Hämolysinbildung steht und gefunden, dafs zwischen beiden gesetzmäfsige Beziehungen bestehen. Echte, eitererregende, durch ein spezifisches Serum agglutinable Staphylokokken bildeten ausnahmslos Hämolysin, eine Eigenschaft, welche sich nach der Ansicht der Verfasser bei saprophytischen Kokken nicht finde

\

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim. 221

und zur Differenzierung pathogener und nicht pathogener Kokken zu verwenden wäre.

Eine während der Abfassung des vorliegenden Berichtes von Fränkel und Baumann(^) publizierte Arbeit zeigt sich nicht in allen Punkten mit den Resultaten vonNeisser und Wechs- berg einverstanden. So berichten Fränkel und Baumann, dafs sie bei den meisten ihrer Kulturen die ersten Spuren der blutlösenden Fähigkeit schon nach eintägigem Aufenthalte im Brutschranke konstatieren konnten , während N e i s s e r und Wechsberg erst nach 4 Tagen Hämolysinbildung beobachtet haben. Auch betonen Fränkel und Baumann, dafs sie den Höhepunkt der Lysinproduktion zwischen dem 6. und 10. gegen- über dem 10. und 14. Tage von Neisser und Wechsberg gefunden hätten.

Scheinen nun auch diese Unterschiede von untergeordneter Bedeutung, so müssen wir doch ein Moment in der Methodik hervorheben, das gewifs nicht gleichgültig sein kann.

Fränkel und Baumann arbeiteten mit nichtfiltrierten Bouillonkulturen, Neisser und Wechsberg haben Filtrate verwendet. Schon dieser Unterschied in der Technik schliefst einen Vergleich der Resultate aus. Einmal könnte ja bei der Verwendung von Bouillonkulturen die Wirkung der lebenden Bakterienleiber, über deren Einflufs auf die Blutkörperchen nicht viele Erfahrungen gesammelt sind, gewifs neben dem Einflüsse der Stoffwechselprodukte in Betracht kommen, anderseits geben Fränkel und Baumann ja selbst an, dafs sie fanden, dafs durch den Filtrationsprozefs die hämolytische Kraft der Kulturen vermindert zu werden scheine, eine Erfahrung, die auch wir ge- macht haben. Kann da nicht in den Versuchen von Fränkel und Bau mann eine additive Wirkung von Stoffwechsel produkt und Bakterienleibern, und wenn es sich bezüglich letzterer auch nur um katalytische Beeinflussung handeln sollte, einen stärkeren hämolytischen Effekt erzielt haben gegenüber der durch die Fil- tration vielleicht verminderten hämolytischen Kraft der Kulturen von Neisser und Wechsberg?

222 Über Hämolyse im Reagensglas und im Tierkörper^

Prinzipiell wichtiger ist eine andere Beobachtung, die Frän- kel und Baumann gemacht haben. Sie betrifft die Thermo- Stabilität des Staphylolysins. Neisser und Wechsberg er- reichten eine Inaktivierung ihrer Kulturfiltrate durch 20 Minuten langes Erwärmen bei 56 ^ Fränkel und Baumann erziel- ten durch halbstündiges Erwärmthalten bei 60® nur eine Ab- nahme der hämolytischen Kraft; ja zwei Filtrate wurden durch Erhitzen auf 80 bzw. 100° nicht ihrer hämolytischen Fähigkeit beraubt. Diese Hitzebeständigkeit hat Analoga im Typhus-, Koli- und Pyocyaneus-Lysin.

Wir hatten zu wiederholten Malen Inaktivierungen von Staphylo- lysin verschiedener Stämme vorzunehmen, aber bei unseren Filtraten genügte stets ein halbstündiges Verweilen im Wasser- bade von 65° C, um den gewünschten Zweck zu erreichen. Es scheinen sich auch hierin nicht alle Staphylokokkenstämme gleich zu verhalten, vielleicht auch beeinflufst die Kulturmethode die Eigenschaften des Lysins.

Untersuchungen über Hämolyse bei mit Staph. pyog. aureus

infizierten Kaninchen.

Das Kaninchen stellt nach Neisser und Li pst ein P) das klassische Versuchstier für Staphylokokkeninjektionen dar und die klassische Applikation ist nach Ausspruch der beiden Autoren die intravenöse Einspritzung. Es ist ja ein jedem Bakteriologen bekannter Laboratoriumsversuch, die Injektion des Kaninchens durch intravenöse Einverleibung von Kartoffelbrei mit Staphylo- kokkenkultur vermischt vorzunehmen. Eine alte Erfahrung aber im Laboratorium ist es, dafs die Staphylokokken in fast allen ihren Eigenschaften eine grofse Unverlälslichkeit an den Tag legen. Die Stämme schwanken sehr in ihrer Virulenz, auch die Bildung von Hämolysin geht in vitro nicht immer Hand in Hand mit der Virulenz; so berichten uns Neisser und Wechsberg in einem Stamme, der bei erhaltener Virulenz die Fähigkeit der Hämolysinproduktion gänzlich verloren hatte.

Tödlich verlaufende Infektionen kann man sowohl durch intravenöse als auch durch intraperitoneale Einverleibung des

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim. 223

InfektioDsmaterials erzielen, wobei es ziemlich gleichgültig sein dürfte, welchen Modus man wählt, wenn man nur bei der intraperitonealen Einverleibung grofse Mengen von Kultur ein- bringt, denn das Kaninchen gilt für die intraperitoneale Infektion verhältnismäfsig weniger empfänglich.

Jedenfalls war für unseren Versuchsplan zunächst die intra- venöse Infektion als die günstigere Chancen bietende heranzu- ziehen, wenn wir auch später die intraperitoneale nicht aufser acht lassen wollten. Die Infektionen nahmen wir immer nur mit Agarkulturen vor. Die Einbringung von Bouillonkulturen schliefst ja auch das Einverleiben von Giftmengen in sich, ein Umstand, den wir lieber vermieden wissen wollten. Der chronische Krankheitsverlauf mit multiplen Abscedierungen , der so oft beobachteten Endo- und Pericarditis sollte ebenso für unsere Unter- suchungen herangezogen werden, wie der durch hochvirulente Kultur bedingte innerhalb weniger Stunden mitunter schon tödlich verlaufende Prozefs.

Beide Typen des Verlaufes zeigen bezüglich der Hämolyse ein durchaus verschiedenes Verhalten. Bei dem chronischen Verlaufe (Tab. XIX) sehen wir intra vitam weder Hämolyse noch Nachhämolyse auftreten, ja auch bei der Sektion ist weder Hämolyse noch Nachhämolyse zu beobachten. Trotzdem Staphylo- kokken im Blute zirkulieren, üben dieselben hier keine hämo- lytische Wirkung aus. Gänzlich anders stehen die Dinge aber bei jenem Falle, wo der Tod rasch nach der Injektion erfolgte (Tab. XX). Da finden wir schon 1 Stunde nach der Einver- leibung Hämolyse, hier Hämoglobinämie, ein Befund, der na- türlich bei der sofort nach dem Tode (ca. 5 Std. nach der In- jektion) vorgenommenen Sektion bestätigt wird.

(Siehe Tabelle XIX und XX auf S. 224.)

Besprechen wir nun die Resultate der intraperitonealen In- fektionen (Tab. XXI und XXII), so sehen wir, dafs hier die Verhältnisse ganz eigentümlich sich gestalten. Das eine Tier (Nr. 90) reagiert auf die erste Infektion nur mit einer +^ NH. Nach 7 Tagen wird ihm eine zweite Kultur (1 Agarröhrchen) einge-

^4 Über HBmolyw im Reagen^l« and Im TÜMtkOtpw.

E I

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim. 225

spritzt, das Tier geht innerhalb von 6 Stunden zugrunde, es zeigt weder intra vitam noch bei der Sektion eine auf voraus- gegangene Blutkörperchenlösung hinweisende Veränderung des Serums. Wenn wir das Sektionsprotokoll genauer beachten, so wird uns aber auffallen, dafs eine alte Peritonitis (noch von der ersten Injektion verursacht) bestand und dafs wir in der Bauch- wand Abszefsbildung konstatieren konnten. Wir haben es hier also offenbar auch mit einem chronischen Prozefs zu tun (vgl. Tab. XIX) und ebenso wie in dem Falle, auf welchen wir eben verwiesen haben, kam auch hier eine Hämolyse in keiner Form zur Beobachtung.

Anders im zweiten Falle (Tab. XXII). Dieses Tier erhielt am 16. Juni 1903 eine Aufschwemmung von Staphylokokken (Agar- kultur) intraperitoneal, es reagierte kaum, ja sein Gewicht über- traf am 6. Tage nach der Infektion sein Anfangsgewicht. Am 7. Tage erhält das Tier zwei Agarröhrchen intraperitoneal injiziert. Es zeigt uns ± NH am Tage darauf, nimmt ab, erholt sich rasch und zeigt dann eine schwankende Gewichtskurve. Zirka 14 Tage nach der zweiten Infektion erhält das Tier vier Röhrchen Agar- kultur intraperitoneal. Es zeigt zirka 3^2 Stunden später Hämoglobinämie, geht 4 Stunden nach der Infektion zugrunde, die Sektion zeigt das Andauern der Hämoglobinämie, aber keine Anhaltspunkte, dafs die beiden ersten Injektionen irgendwelche Läsionen im Gefolge gehabt hätten.

Wir haben also bei unseren Staphylokokkeninfektionen sowohl mit intravenöser wie auch mit intraperitonealer Infektion zweierlei durchaus verschiedene Resultate erhalten.

Einmal jene Fälle (Nr. 86 und 90), in denen der Verlauf der Krankheit ein langsamer war, wo es zur Ausbildung von. Abs- zessen in den Nieren, zu entzündlichen Prozessen des Pericards, zu schwartigen Verwachsungen gekommen ist, wo bei intra- peritonealer Einverleibung eine fibrinöse Peritonitis und Abscedierung der Bauchwand die Infektion bezeugen, bei denen aber Hämolyse in keiner Form konstatiert werden konnte. Die andere Gruppe ist jene (Nr. 88 und 206), wo die Tiere entweder der ersten (intravenösen) Infektion in kürzester Zeit erlagen, oder,

226 Über Hämolyse im Reagensglas and im Tierkörper.

ohne auf eine wiederholte (intraperitoneale) Infektion reagiert za haben, infolge einer gröberen Dosis von Infektionsmaterial eben- falls in kürzester Zeit starben. In beiden Fällen konstatieren wir Hämolyse als Hämoglobinämie und Nachhämolyse.

Wir sehen da Hämolyse zunächst in den Fällen auftreten, wo der Tod akutest eintritt (Nr. 88 imd 206). Hier werden wir zur Erklärung des Auftretens der Hämolyse leicht mit der Aus- kunft uns zufrieden geben, es seien die Kulturen hochvirulent ge- wesen und dementsprechend eine tödliche und nach der Ansicht vieler Autoren auch entsprechend stark hämolysierende Wirkung erfolgt. Letztere kann man sich vorstellen, als durch direkte Einwirkung der Bakterienleiber auf die roten Blutzellen bedingt, insbesondere in jenen Fällen, wo ja durch intravenöse Injektion die Staphylokokken direkt in die Blutbahn gelangen (Nr. 206), für die intraperitoneale Einverleibung könnte auch noch der Auf- fassung Rechnung getragen werden, dafs etwa durch die Peritoneal- flQssigkeit Giftsubstanzen der Staphylokokken ausgelaugt und im Wege des Kreislaufes rasch an die Erythrocyten gebracht würden.

Wie stehen wir aber Nr. 90 Tabelle XXI gegenüber?

Hier ist ebenfalls auf die intraperitoneale Einverleibung des Bakterienmaterials hin in kurzer Zeit, innerhalb von 6 Stunden der Tod erfolgt, aber wir konnten weder Hämolyse noch Nach- hämolyse weder intra vitam noch bei der Sektion konstatieren. Wohl aber fand sich, wie schon oben bemerkt, eine Peritonitis älteren Datums und Abszefsbildung. Wir sind da vielleicht mit unserer erneuten Injektion der Entwicklung eines kachektischen Stadiums, das auch mit dem Tode geendet hätte, zuvorgekommen, indem wir durch Einführung frischen, nicht als Hämolysin son- dern als Endotoxin zu charakterisierenden Giftes den Prozefs zum raschen letalen Ende brachten. Aber die Hämolyse blieb hier aus, und für diese Erscheinung möchten wir uns bemühen, eine Erklärung zu finden.

Es erscheint uns nicht unmöglich, dafs infolge der früheren Injektion eine gewisse einseitige, nur das hämolytische Vermögen der dann frisch eingebrachten Kulturmengen paralysierende Immunität erreicht worden sei. Die Annahme dieser MögHchkeit

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim.

227

scheint uns wohl etwas gezwungen zu sein, insbesondere wenn wir uns erinnern, dafs durch intraperitoneale Einverleibung von Staphylolysin Neisser und Wechsberg eine Antikörperbildung beim Kaninchen nicht gelungen ist. Auch wenn wir Ta- belle XXII Nr. 88 in Betracht ziehen, steigen uns Bedenken auf. Hier ist ja das Tier nach zwei erfolglosen Injektionen der dritten binnen wenigen Stunden unter der Erscheinung von Hämoglobin- ämie erlegen, ohne dafs die vorangehenden Infektionen eine Immunität gegen Hämolyse erzeugt hätten. Aber da müssen wir doch in Rechnung bringen, dafs die Immunitätslehre bei Staphylo- kokkeninfektionen ein noch zu wenig bekanntes Gebiet darstellt, um aus einigen nach anderer Richtung hin angestellten Ver- suchen daraus Schlüsse für oder wider ziehen zu können.

Tabelle XXI. StaphylococcQS pyogenes aareas. Intraperitoneale Injektion. Kanineben Nr. 90.

II

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Datum

jl Hämo- i Nach- ij lyse j' hämolyse I

Bakteriologiscber Befund

mikro- skopiscb

Agaratrich

16. VI. 1903 ; Seramkontrolle

Cl^ p. m. Aufschwemmang von Agarkoltnr intraperitoneal

17. VI. i! 12h 05'

18. VI. ' 12h 30'

19. VI. l 6h 45'

23. VI. 1 12h

nm 12h 05' i Röbrcb. Agarkaltur- aufscbwemmung intraperitoneal

|j 4h 42'

Sektion li 5h 54'

-♦-?

0 0

e

steril

steril

Staph. aar.

Am 17. VI. sebr krank. 18. VI. Zustand besser.

Am 20. VI. so munter, dafs von weiteren Entnahmen abgesehen wird.

Am 23. um 4h agonal. Tod innerhalb 6 Std. um 5h 54'. Sektion sofort.

Befand : Fibrinöse Peritonitis, Abszefsbildang in der Bauch wand. Im Abdomen ca. 3 ccm trflbe Flüssigkeit.

Kultur: Leber 1 «* i. a ui * * -i

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Bauchwandabszeis I

228

Über Hämolyse im Reagensglas and im TierkOrper.

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Von Dr. Oskar R. von Wanschheim. 229

Für die Staphylokokkeninjektionen des Kaninchens hätten wir demnach hinsichtlich der Hämolyse den Grundsatz aufzu- stellen: Die chronische Staphylomykose mit Ausgang in multiple Abscedierung läfst uns während ihres ganzen Verlaufes und nach erfolgtem Tode eine Hämolyse in irgend einer Form nicht erkennen; die Anwesenheit von Bakterien im strömenden Blute hatte hiebei keinen hämolytischen Effekt zu bedingen vermocht.

Bei akutem Verlauf der Infektion ist jedoch Hämolyse als Hämoglobinämie und Nachhämolyse zu beobachten, gleichgültig ob die Einverleibung des Bakterienmaterials intravenös oder intraperitoneal erfolgt.

n. Streptokokken.

Gelegentlich der zahlreichen Untersuchungen, die man über das Gift der Kettenkokken angestellt hat, wurde man auch darauf aufmerksam, dafs dieselben unter Umständen blutlösende Eigenschaften besäTsen.

Der erste, der einen solchen Befund verzeichnet, ist wohl Bor de t P^), der im Jahre 1897 darauf hinweist, dafs man bei der Sektion von Kaninchen, die Streptokokkeninfektionen erlegen waren, Serum finde, welches durch Hämoglobin rot gefärbt sei. Da wir uns im folgenden mit diesem Befunde Bordets zu be- schäftigen haben werden, seien seine eigenen Worte hier wieder- gegeben. Er sagt: >Au moment de la mort Texamen du sang trahit des altärations manifestes des globules rouges. Ceux-ci sont presque enti^rement disparu. Le coeur d'un lapin autopsiö immddiatement apr^s la mort contient un caillot, assez volu- mineux, rouge clair, imbibä d^un särum Thdmoglobine s'est largement diSusäe.c

V. Lingelsheim(22) hat die Blutveränderungen bei Strepto- kokkeninfektionen genau studiert. Er konstatierte als sehr häufigen Befund bei Obduktionen von Tieren, die an solchen In- fektionen zugrunde gegangen waren, eine lackfarbene Beschaffen- heit der Blutflüssigkeit. V. Lingelsheim impfte dann mit dem

230 Über Hämolyse im Reagensglas and im Tierkörper.

Blute solcher Tiere Röhrchen, die mit Blut derselben Tierart beschickt waren, und konnte beobachten, dafs oft schon nach 3 4 Stunden Aufenthaltes im Thermostaten das Plasma anfing sich rot zu färben, Hämoglobin also aus den roten Blutzellen ausgetreten sein mufste. v. Lingelsheim versuchte nun festzustellen, ob sich diese hämolytischen Veränderungen schon intra vitam zeigen, und ob diesem Nachweise eine besondere Bedeutung für den Krankheitsprozefs überhaupt beigemessen werden könne. Von der Ansicht ausgehend, dafs die Anwesenheit von zahlreichen Streptokokken im Blute Hand in Hand gehen werde mit der Aufserung der blutlösenden Eigenschaft, versprach sich v. Lingels- heim nicht viel für die Beurteilung des Krankheitsbildes, da ja erfahrungsgemäfs die Überschwemmung des Blutes mit Strepto- kokken erst spät, nach v. Lingelsheim in den allerletzten Lebensstunden, einzutreten pflegt, v. Lingelsheim bediente sich der Methode, das Blut der zu untersuchenden Tiere in eine Lösung von zitronensaurem Natron (4 Teile Blut auf 1 Teil 5proz. zitrouensaures Natron und Kochsalz ana) einfliefsen zu lassen. Das auf diese Weise vor dem Gerinnen geschützte Blut wurde dann zentrifugiert. Bei dieser Methode fand v. Lingels- heim erst etwa eine Stunde vor dem Tode auf Hämolyse deutende Veränderungen, indem das Plasma rosenrot erschien. Mikro- skopisch waren zu dieser Zeit zahlreiche Streptokokken im Blute nachweisbar, v. Lingelsheim mifst nun aus dem Grunde, weil ja die hämolytischen Veränderungen beim Streptokokken- kaninchen erst zu einer Zeit aufzutreten pflegen, wo das Schicksal des Tieres ohnehin »als besiegelt angesehen werden kannc, den- selben für das Kaninchen keine Bedeutung bei. Beim Menschen aber sieht er in der blutschädigendeu Wirkung, die gelegentlich einer Streptokokkeninfektion die Mikroorganismen ausüben können, leinen der Gründe für die schweren Anämien, die im Anschlufsan septische Erkrankungen vielfach beobachtet werden, c V. Lingelsheim gibt seiner Vermutung Ausdruck, dafs es sich bei der blutlösenden Wirkung der Streptokokken um den Einflufs von Stoffen handle, die Absonderungsprodukte sind. Da es ihm nicht gelang, in den Filtraten von Streptokokkenkulturen

Von Dr. Oekar R. von Wunschheim. 231

hämolytisch wirkende Stoffe nachzuweisen, auch der Zusatz ab- getöteter Streptokokken zu Blut vergeblich war, hält v. Lingels- heim zum Zustandekommen der Hämolyse die Anwesenheit der lebenden Bakterien für unbedingtes Erfordernis.

Nach einigen vergeblichen Versuchen ist es Besredka (^ gelungen, ein wirksames Filtrat von Streptokokkenkulturen zu erlangen. Besredka züchtete seine Streptokokken in inaktiviertem Kaninchenserum und filtrierte nach Verdünnung mit einer 0,75proz. Na Cl- Lösung durch Chamberlandfilter. Auch Schaf serum, zu einem Viertel mit Hasenserum versetzt, erwies sich als eine gute Hämolysinproduktion gestattende Kulturflüssigkeit.

Wir möchten hier darauf aufmerksam machen, dafs Schlesinger (^) in seinen i Untersuchungen über das Hämo- lysin der Streptokokken« sagt, »Besredka fand im Gegensatz zu Aronson in den Filtraten von Streptokokkenkulturen nie Hämolysin. Er sah dies als Beweis an, dafs das Hämolysin in den Bakterien selbst enthalten sei.c

Allerdings sagt Besredka (Annales de Tlnstitut Pasteur Tome XV, 1901, pag. 881 et 882), den negativ ausgefalleneu Versuch, durch Züchtung in Ascitesbouillon nach Marmorek wirksame Filtrate zu erhalten, besprechend: »uous avons präparä une culture en bouillon-ascite et 24 heures aprös quand eile a 6t6 d^jä trös abondante nous Tavons säpar^e des microbes ä la bougie Chamberland dans l'espoir de d^couvrir dans le filtrat rhdmolysine. Or ce filtrat essayä vis-ä vis de diffäreutes esp^ces de globules rouges se montra aussi peu h^molytique que Test le bouillon-ascite avant qu'il soit ensemenc^.c Dem aufmerk- samen Leser der Besredkaschen Arbeit wird aber kaum ent- gehen können, dafs nur wenige Zeilen unter obigen der Einleitung angehörenden Worten zu lesen ist: »Sans nous d^courager de ce räsultat n^gatif nous avons cherche ä varier les milieux de culture; apr^s de nombreux tätonnements dont il särait inutile d'entretenir le lecteur nous avons rdussi ä obtenir une Solution d'hämolysine streptococcique, qui par Tintensitö de son action ne c^de presque en rien ä celle de la culture enti^re de strepto- coque vivant et virulent.*

23S Cher EEÜimiiTW im Bcatfefuigiai tmd iz. Ti«rkurp«r.

yatäriica miiifl auch gegen den zweiu&n Satz Ton Schlesinger pmtestiert: werden. Denn ganz im Gegenteil hierza hac ^a Besredka in meinen SchluläfoIgeTnngen Doch aosdräcklich hervorgehoben: ^Dans certainea conditiona bien d^rmin^es. le screptocoqae f^crete ane »abstance de natore probablement diastasiqae. «lai possede des propri^t^s h^moiytiqae« eres pronon- ceeä.c Wir maCiten wohl auf Schlesingers Bemerkung ein- gehen, am daa Weiterschleppen einer falschen Angabe in der Literatur, wenn m^lich, zu verhindern.

Lubenau f^) teilt uns mit, dals er durch Kultivieren von Streptokokken in einer >2'Vo Pepton enthaltenden EIxtraktbouillonc wirksames Himolysin nachweisen konnte. Es ist seiner Arbeit ans dem Zusammenhange zu entnehmen, daCs es sich um Filtrate gehandelt hat,

Aronson P) ist es nicht gelungen, mit Filtraten von Strepto- kokkenboaillonkulturen Hftmolyse zu erzielen, während die Kul- turen vor dem Filtrieren hämolytische Kraft besessen hatten. Meyer (^) bestätigt die Brauchbarkeit der Methode von Bes- redka, mit welcher er gute Resultate erhalten hat.

Schlesinger (1. c.) beobachtete in Streptokokkenbouillon- kultureu Blutlösung. Eine Arbeit von Breton (^ steht uns leider nur im lief erat zur Verfügung. Breton soll in mit Streptokokken injizierten Tieren schon 10 Stunden nach der In- fektion eine Andeutung von Hämolyse konstatiert haben. Dieser Erfahrung, welche weder den Befunden von v. Lingelsheim noch den unsrigen zu entsprechen scheint, nachzugehen, ist uns leider mangels der einschlägigen französischen Literatur derzeit unmöglich gewesen.

Simon (^ hat eingehende Untersuchungen über die Gifte der Streptokokken angestellt und ist bezüglich toxischer und hämolytischer Wirkungen der Streptokokken zu höchst interes- Muten Resultaten gelangt. Obwohl die Besprechung seiner Versuche über die toxinbildende Fähigkeit der Kettenkokken eigentlich nicht zu unserem Thema gehört, so können wir doch nicht umhin, uns mit denselben zu befassen, da Simon Befunde erhoben bat, die seiner Ansicht nach dafür sprechen, dafs

VoB I¥. <Mar R ivhi W«M(iai«UB. JSJt

xwiscbeii Toxialnldaiig and Lysinbildang bei Str^okokki^n <^ini^ gewisse RdmtioD allerdings in negmUTem Sinne b^lünde.

Der genannte Forscher hat tnnichsu um xo erfahren« ob im Körper der mit Streptokokken inäxierten Tieie ein ge](\$tes Toxin sich nachweisen lasse^ Kaninchen vor der Infektion Alenronatanfschwemmnngen in die Pleurahöhle injiuert« dann nach Verlauf Ton 6 34 Stunden eine tödliche Dosus virulenter Streptokokken nachgespritxt Nach eingetretenem Tode wurde das Exsudat gewonnen, filtriert und gesunden Kaninchen ein« verleibt. Der Erfolg war verschieden; manche Tiere starben^ andere erioankten unter Gewichtsacnahme und xwei Verbuche fielen n^ativ aus.

Diese Erfahrungen bewogen Simon« lu untersuchen« ob sich nicht die Exsudate als Kulturboden für den Streptokokkus eignen würden« ob es also gelingen würde, auf diesem \V<^^ im Reagensglas wirksame Toxine danustellen. Die Kultivienmg wurde im Buchnerröhrchen voi^euommen, entsprechend einer Empfehlung von Manfredi und Traversa und im Sinne von Roger. Diese Methode erwies sich als brauchbar« es gelang Si mon, mit den Kulturfiltraten Kaninchen xu töten. Die Sektionen dieser Tiere ließen stets eine lackfarbene Beschaftenheit des Blutes vermissen, ebensowenig konnten blutig geerbte Er- güsse im Pleuraserum oder Perikad konstatiert werden, wfthnnid Simon bei an Streptokokkeninfektionen lugrunde gegangenen Tieren allerdings nicht immer, so doch meist blutige Exsudate in Pleuraraum und Perikard gefunden hatte.

Simon bemerkt nun bei dieser Gelegenheit, dtvTs er die THämolvse in vivo, welche nach Marmore k (**) für die Staphylo- kokkeninjektion pathognonomisch sein solle bei den Tieren, welche mit lebenden Kulturen seiner drei virulenten Streptokokken- stämme getötet wurden, nur in einer sehr kleinen Mindorziüd der Fälle gesehen habe. Über die bei den letztgenannten Ver- suchen angewendete Untersuchungsmethode, die ja, wie wir im folgenden sehen werden, äufserst wichtig ist, fehlen ontsprochondo Angaben, infolgedessen müssen wir uns hier kritischer Bemer- kungen enthalten.

ArehiT für Uygien«. Bd. UV. U>

234 über H&molyse im Beagensglas und im Tiericörper.

Die mit den Filtraten, welche erwiesenermarsen ein Kaninchen schädigendes Toxin enthalten hatten, augestellten Hftmolysever- suche im Reagensglase fielen negativ aus. Da Simon die Schuld an diesem Ausfall einem zu geringen hämolytischen Vermögen seiner Streptokokkenstämme beimafis, suchte er durch Tierpassagen dasselbe zu steigern. Ein Stamm wurde nacheinander durch vier Tiere geschickt, indem jedes Tier direkt mit dem Herzblute seines Vorgängers geimpft wurde, ohne dafs Kulturen auf künst- lichem Nährboden eingeschaltet worden waren. Tier 2, 3 und 4 zeigten bei der Sektion lackfarbenes Blut Das fünfte Tier wurde mit einer Bouillonkultur geimpft, welche aus dem Herz- blut von Tier 4 gewonnen worden war. Simon bemerkt, dafs »bei dessen Autopsie von einer Hämolyse in vivo nichts zu sehen c war.

Nach Ansicht von Simon habe die einmalige Anwendung der künstlichen Kultur die hämolytische Eigenschaft der Strepto- kokken verschwinden lassen, während die erhaltene Virulenz durch den Tod des Tieres zur Genüge bewiesen ist. Simon will daher die Aufserung von Marmorek eingeschränkt haben und wünscht, dieselbe solle lauten: Die Hämolyse in vivo wird bei Tieren beobachtet, welche der Infektion mit dem Blut eines Streptokokken-Tieres erliegen.

Wir kommen weiter unten auf diese Frage ausführlich zurück.

Bei den Untersuchungen Simons zeigte sich nun bezüglich der toxischen und hämolytischen Wirkung zweier Filtrate, die aus Exsudatbouillonkulturen gewonnen worden waren, eine eigen- tümliche Divergenz der Wirkungen. Beide Exsudatbouillon- kulturen waren mit dem gleichen Streptokokkus angelegt worden. Das eine Filtrat erwies sich hämolytisch wirksam aber wenig giftig, das andere ergab ein tödlich wirkendes Filtrat, aber die hämolytische Eigenschaft fehlte gänzlich. Die Kulturen waren ungefähr gleich alt gewesen, zeigten aber eine erhebliche Differenz bezüglich ihres Wachstums. Simon konnte beobachten, dafs diejenigen Filtrate den gröfsten Toxingehalt ergeben hatten, welche aus Kulturen stammten, welche eine sichtbare Wachs- tumshemmung durch, wie Simon meint, die bakteriziden Stoffe

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim. 235

des als Nährboden verwendeten Pleuraexsadates erlitten hatten, und er konnte zeigen, dafs das toxische Vermögen seiner Filtrate abnahm, ja gänzlich verschwand, wenn die Kultur zur üppigen Entwicklung gelangte. Nach Simon also produzieren die Streptokokken nur dann Toxine, wenn sie durch die bakteriziden Säfte des Tierkörpers bis zu einem gewissen Grade in ihrem Wachstum beeinträchtigt werden. Simon ist auch, jedoch mit berechtigter Reserve, da er tiber zu wenig Versuche verfügt, der Ansicht, dafs andererseits, nachdem in jenen Kulturen, welche ofifenbar infolge einer geringen bakteriziden Energie den Strepto- kokken gutes Wachstum gestatteten, reichliche Hämolysinbildung zu beobachten war, Streptokokken nur dort Hämolysin erzeugen, wo sie keinen grofsen antibakteriellen Widerständen ausgesetzt sind. Mit Recht beruft er sich hierbei auf die Erfolge der Me- thode von Besredka, der zur Hämolysingewinnung Kulturen in inaktiviertem Kaninchenserum verwendete. Nach Simon also sind die Bedingungen, unter denen Toxin und Hämolysin der Streptokokken gebildet werden, gänzlich entgegengesetzte.

In neuester Zeit hat Kern er (31) über die Hämolyse der Streptokokken Untersuchungen angestellt. Er konnte konstatieren, dafs Bouillonkulturen hämolytisch wirkten; Filtrate von solchen zeigten keine hämolytische Wirkung, jedoch erwiesen sich Filtrate aus Kulturen in flüssigem Blutserum als blutlösend; auch hier war eine durch den Filtrationsprozefs bedingte Abnahme der hämolytischen Wirkung zu bemerken.

Unterauchungen Dber Hämolyae bei mit Streptoicokicen infizierten

Kaninclien.

Wir heben aus 14 Versuchen, die uns über die Hämolyse bei infizierten Kaninchen orientiert haben, vier Versuche heraus. V^or allem wäre aber zu bemerken, dafs von einer »Hämolyse in vivo« bei der Streptokokkeninjektion insofern nicht die Rede sein kann, als man die Beurteilung der sofort nach der Ent- nahme zentrifugierten Probe in Betracht zieht. Aber auch die- jenigen Proben, welche unmittelbar nach dem Tode entnommen

und sofort untersucht worden waren, liefsen eine Hämolyse

16*

236 Über Hämolyse im ReageDsglas oDd im Tierkörper.

(Hämoglobinämie) in keinem Falle erkennen. Zieht man jedoch die Konstatierung der Nachhämolyse als verfeinerten Nachweis heran, so sehen wir in allen Versuchen eine erfolgte Schädigung der Erythrocyten deutlich ausgesprochen.

Die Frage nach der iHämolyse in vivoc oder der bei so- fortiger Sektion (Bord et) gesehenen Blutlösung ist nicht ohne Interesse, schon deshalb, weil wir, wie oben bereits angeführt, Marmorek behauptet, erstere sei für die Streptokokkeninfektion charakteristisch. Er sagt: iSeit Beginn unserer Versuche über die Virulenzsteigerung des Streptokokkus haben wir konstatiert, dafs das Blut von Kaninchen, welche uns zur Tierpassage dienen, sich noch im Körper löst und eine klare durchsichtige Burgunderfarbe annimmt. Diese Eigenschaft, die roten Blutkörperchen in den Gefäfsen selbst aufzulösen, ist nicht blofs eine Fähigkeit, welche den Streptokokken allein zukommt, sondern und dies steigert ganz besonders den Wert dieses unterscheidenden Merkmales sie wächst im geraden Verhältnis mit der Virulenz. Je viru- lenter ein Streptokokkus ist, um so rascher und besser löst er das Blut im Körper seines Wirtes.«

Wir haben da in erster Linie zu konstatieren, dafs vor un- seren Untersuchungen die Methode auch die Nachhämolyse zur Beurteilung des Verhaltens des Blutes infizierter Tiere zu ver- wenden wohl nicht eingeführt gewesen ist, und dafs nur mit Hilfe dieser Methodik auf eine eventuelle Schädigung »in vivo« geschlossen werden kann, alle aber bei Streptokokkeniujektionen dem lebenden Tiere oder dem eben verendeten sofort ent- nommenen und untersuchten Proben ergaben uns ausnahmslos das Fehlen einer Hämolyse. Das Verstreichenlassen aber einer relativ geringen Zeit zwischen Tod und Zentrifugieren der sofort nach dem Tode entnommenen Proben genügte, um wesentlich andere Resultate sehen zu lassen. Das 12 Minuten vor dem Tode entnommene Blut zeigte bei Kaninchen Nr. 81 Tabelle XXVI farbloses Serum, das Serum des Sektionsblutes war gleichfalls ohne Färbung, eine 3 Stunden später untersuchte Blutprobe zeigte bereits purpurrotes Serum! Ja in einem zweiten Falle, wo wir die Sektion nur wenig mehr als 30 Minuten nach dem

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim.

237

Exitus vornahmen, zeigte das Serum bereits einen starken Stich ins Rötliche.

Dies wäre also als Nachhämolyse, nicht als Hämolyse »in vivo« als Hämoglobinämie zu deuten. Diese konnten wir nie- mals bei der Streptokokkeuinfektion beobachten, eine Schädigung der roten Blutzellen im Verlaufe der Infektion ist jedoch sicher und als NH in unseren Protokollen ausgewiesen.

Nicht nur der Angabe Marmoreks bezügUch der Hämolyse in vivo begegnen unsere Zweifel, auch bezüglich des Zusammen- hanges, den er zwischen Virulenz und Hämolyse konstruiert hat, haben wir schwere Bedenken. Wie stimmt denn diese Wechselbeziehung mit dem Versuche Simons (1. c), der in fünfter Passage durch das Kaninchen von einer Hämolyse »in vivoc bei der Sektion nichts bemerken konnte und wie stimmen seine Angaben zu unseren Versuchsprotokollen?

Bezüglich der Hämolyse als Obduktionsbefund haben wir genau zu unterscheiden, ob die Sektion unmittelbar nach erfolgtem Tode vorgenommen wird oder nicht. In ersterem Falle finden wir das Serum ungefärbt, in letzterem ausnahmslos eine deutliche, jedoch je nach der verstrichenen Zeit mehr oder minder intensive Blutlösung eingetreten.

Tabelle XXHI. Verhalten des Blutes von Streptokokken-Kaninchen je nach der Z^eit der Sektion.

Nr.

Sektion nach dem Tode

Hämolyse

77

Sofort

79

>

80

>

81

>

16

30—40 Minuten

+

78 1

1 V, Stunden

1 +

44 1

5 Stunden

: +

22

7 Stunden

! +

Auf diese Blutlösung als Sektionsbefund hat ja, wie schon oben erwähnt, seinerzeit Bord et aufmerksam gemacht, nur befremdet uns die zitierte Bemerkung des französischen Forschers

238 Über Hämolyse im Reagensglas and im Tierkörper.

»autopsiä immödiatementc, da wir, wie gesagt, in allen unseren Fällen, wo wir den Eintritt des Todes ad hoc abgewartet und die Sektion sofort vorgenommen hatten, niemals eine Hämolyse (Hämoglobinämie) konstatieren konnten. Vielleicht dürfen wir das »immödiatementc nicht ganz wörtlich nehmen und soll da- mit nur gemeint sein, dafs die Sektion sehr bald nach dem Tode vorgenommen wurde. Dafür spricht auch der Umstand, dafs Bord et selbst sagt »le coeur . . . contient un caillot assez volumineux.c Wir haben unmittelbar nach dem Tode das Blut stets flüssig gefunden.

Dals eine Verzögerung von 30—40 Minuten schon genügt, um eine Nachhämolyse beobachten zu können, haben wir ja oben gezeigt, und dafs es nötig ist, einen so scharfen Unterschied zwischen Hämoglobinämie und Nachhämolyse zu machen, ist ja erst ein Resultat der vorliegenden Untersuchungen. Auch auf die Arbeit von v. Lingelsheim wäre noch einmal zurückzu- kommen. V. Lingelsheim hat ja angegeben, dafs das in den letzten Lebensstunden der Streptokokkentiere in 5 proz. Lösung von zitronensaurem Natron und Kochsalz ana aufgefangene Blut Hämolyse gezeigt habe.

Gegen diese Befunde läfst sich vor allem einwenden, dafs die Flüssigkeit, in der sich die ja zweifellos schon geschä- digten roten Blutzellen befanden, den Bedingungen der Jsotonie nicht entsprach.

Es wurden 4 Teile Blut mit 1 Teil der Mischung versetzt, was eine Kochsalzkonzentration von 1\ plus einer solchen von 1% zitronensaurem Natron entspricht. Nun ist ja bekanntlich die isotonische Kochsalzlösung für Kaninchenblut 0,85 ^/g und wir wissen, dafs geschädigte Erythroeyten auch nur geringe Schwankungen des isotonischen Gleichgewichtes mit Hämoglobin- austritt beantworten; es summiert sich hier zudem noch die hyperisotonische Kochsalzkonzentration mit der Konzentration des zitronensauren Natrons. Es dürfte also unserer Meinung nach die Erklärung für die intra vitam beobachtete Lösung der roten Blutzellen in den Versuchen von v. Lingelsheim ledig- lich in der ungeeigneten Untersuchungsmethodik zu suchen sein.

Von Dr. Oskar R. von WanBchheim. 239

Wenn wir die in den folgenden Tabellen niedergelegten Resultate betrachten, so können wir in dreien der Versuche parallel gehend mit dem positiven bakteriologischen Nachweise der Bakterien eine Schädigung des Blutes, Nachhämolyse, beob- achten. Es könnte uns diese Konstatierung zu dem Schlüsse, verleiten, dafs die Hämolyse unbedingt abhängig sei von dem Auftreten der Bakterien im Blute. Dafs dies nicht zutreffen mufs, zeigt uns Tabelle XXV Kaninchen Nr. 80. Hier konnten wir am Tage nach der Infektion Bakterien im Blute mikroskopisch nachweisen, letzteres wohl ein Zeichen, dafs sie in grofser Anzahl kreisen mochten, aber eine Nachhämolyse ist zu dieser Zeit nicht zu konstatieren. Noch am zweiten Tage nach der Infektion kreisen Streptokokken, wie der kulturelle Nachweis ergibt; auch diesmal finden wir weder Hämoglobinämie noch Nachhämolyse. Ungefähr 9 Stunden später bleibt die Kultur steril und die Untersuchung auf Hämolyse wie Nachhämolyse fällt negativ aus. Vier Stunden vor dem Tode ist die Zahl der Bakterien im Blute noch eine keineswegs sehr grofse, denn der mikroskopische Nachweis ist nicht gelungen, die Kultur hingegen positiv ; gleich- zeitig tritt Nachhämolyse in Erscheinung. Die sofort nach dem Tode vorgenommene Sektion zeigt keine Hämoglobinämie, jedoch Nachhämolyse.

Diese Befunde bestätigen durchaus die Ansicht von v. Lingelsheim, dafs die Hämolyse erst eine Erscheinung der letzten Lebensstunden des ohnedies dem Tode geweihten Tieres sei, aber sie scheinen uns auch die Möglichkeit zu bieten, die betreffs der Reagensglas versuche geäufserte Ansicht von Simon, dafs die Streptokokken nur dann imstande seien, ein Hämolysin zu bilden, wenn sie gute Wachstumsbedingungen finden, auf den Tierversuch zu übertragen. Die bakteriziden Kräfte des Tieres kämpften gegen die Streptokokkeninvasion, die produ- zierten Toxine der Bakterien neutralisieren gleichsam nach und nach die Widerstandsfähigkeit und siegen im Kampfe. Jetzt kann eine Vermehrung der Streptokokken ungehindert erfolgen, und da die Säfte des Tierkörpers nun einen guten Nährboden für die Bakterien darstellen, sind im Sinne von Simon

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Von Dr. Oskar B. von WnDBcbheim.

Tabelle XXV.

Streptococcus pyogenee. Kaninchen 80. Intraperitoneal« Injektion i 2 ccm Tod noch ca. 4 Tagen.

Tabelle XXVI.

StreptococcQs pjrogenes. Kaninchen Nr. 81. Intraperitoneale Injektioc 20 ccm Tod nach ^ Stunden.

242

Über Hämolyse im Reagensglas und im Tierkörper.

Tabelle XXVH.

Streptococcus pyogenes. Kaninchen 82. Intraperitoneale Injektion von

1 Röhrchen 248tflndiger Agarknltur. Tod innerhalb 57 69 Stunden.

Datum

Zeit der Ent- nahme

Hämo- lyse

Nach- hämo- lyse

BakterioloKischer Befund

mikro- skopisch

Agarstrich

1.VL1903 10h 55' 2. VL 8. VL

4. VL

Kontrolle 1 Infektion 11h 30' 12h 45'

Sektion

+ \

1 1

1

1 1 i

; + '

+ :

i

0 0

+

1

Steril

Strepto- kokken

!Lebtam8.VL8h25' ! p.m., wird am 4. VI.

Früh tot gefund.

Sektion 11h 30'. i Im Herzblut wenig, ; in der Milz und ' Leber massenhaft 1 viel Kokken. Kul- ' tur aus Herzblut,

Leber U.Milz ergibt

Streptokokken.

Bei den Streptokokkeninfektioneu des Kaninchens zeigt sich eine Schädigung der Erythrocyten ledig- lich in Form einer Naehhämolyse, eine Hämoglobin- ämie ist nicht zu beobachtenl Der von Marmorek aus- gesprochene Grundsatz betreffs der in vivo vor sich gehenden Auflösung des Kaninchenblutes besitzt keine allgemeine Gültigkeit, er ist auch in der von Simon gewünschten Modifikation nicht haltbar. Bei Kaninchen, welche einige Zeit nach dem Tode zur Sektion gelangen, ist ausnahmslos Hämolyse zu beobachten gewesen. Ob im Sinne der Reagensglas- versuche Simons eine Relation zwischen Hämolysin- produktion und erloschener oder herabgesetzter Baktericidie auch im Tierkörper besteht, scheint durch vorliegende Untersuchungen nicht ausge- schlossen, doch mufs eine Klärung dieser Frage von ausgedehnten, zu diesem Zwecke angestellten Ver- suchen abhängig gemacht werden.

III. Milzbrand.

An Versuchen, das Gift des Milzbrandbazillus etwa in Analogie zum Diphtherie- oder Tetanustoxin aufzufinden, fehlt es nicht. Zahlreiche üntersucher sind bemüht gewesen, durch

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim. 243

mannigfache Variationen der Versuchs- und Kulturbedingungen den Beweis zu erbringen, dafs auch der Milzbrandbazillus ein eigentliches Toxin bebitze. Nachprüfungen aber haben Beobach- tungen, die von einem Milzbrandtoxin berichten, nicht Stand halten können und wir stehen noch heute auf dem Standpunkte, dafs ein echtes Milzbrandtoxin nicht nachgewiesen erscheint. Aus der umfangreichen Literatur sei hier nur die schöne Arbeit von Conradi (^) zitiert, deren Einleitung uns einen historischen Oberblick über die Frage des Milzbrandtoxines in erschöpfender Weise bietet. Auch Conradi ist zu dem Resultate gekommen, dafs der Anthraxbazillus ein extrazoUuläres lösliches oder ein intra- zelluläres Gift im Organismus empfänglicher oder refraktärer Tiere nicht bilde. Er ist ferner der Ansicht, dafs grofse Wahr- scheinlichkeit bestehe, dafs der Milzbrand überhaupt keine gif- tigen Substanzen im Tierkörper erzeuge, und dafs die Hypothese von der Existenz eines Milzbrandgiftes zurückzuweisen sein werde.

Wir haben, als wir unsere Untersuchungen bei injizierten Tieren auch auf die Milzbrandinfektion des Kaninchens aus- dehnten, einen überraschenden Befund zu verzeichnen gehabt, der geeignet sein dürfte, die Frage nach der Existenz des Milz- brandtoxines nicht ruhen zu lassen.

Es war in unserer Untersuchungsmethode begründet, zu trachten nicht nur von einem und demselben Versuchstiere möglichst zahlreiche Blutproben untersuchen zu können, sondern auch Proben zu erhalten, die möglichst kurz vor dem Tode ent- nommen waren. Wir haben ja bei der Besprechung der Strepto- kokkeninfektionen ganz im Sinne von v. Lingelsheim zeigen können, dafs erst gegen das Lebensende des Tieres zu Verän> derungen des Blutes vor sich gehen, welche uns meist als Nach« hämolyse erkennbar wurden.

Es ist nun nicht leicht, bei der Milzbrandinjektion beiden Postulaten gerecht zu werden, da wir gerade hier keinerlei An- haltspunkte dafür besitzen, ob der Tod voraussichtlicli in längerer oder kürzerer Zeit eintreten werde. Die individuelle Resistenz der Kaninchen schwankt ja bezüglich des Todes auch bei gut ausprobierten Milzbrandstämmen immerhin um mehrere Stunden

244 über Hämolyse im ReagensgUs und im Tierkörper.

und auB dem Wohlbefinden der Tiere IftCsi sich durchaus kein Schlafs ziehen, da in den meisten FäUen das Tier noch einen vollständig gesunden Eindruck macht, im nächsten Momente aber schon anter starken Zuckungen apoplektiform zugrunde gehen kann. Die erwähnten Schwankungen, welche in unseren Ver- suchen zwischen 26 Stunden 45 Min. (frühester Tod) und 49 Stunden 45 Min. (spätester Tod) pendelten, also einen Zeitraum von 23 Stunden beherrschten, liefern den Experimentator mehr minder dem Zu- falle aus und nur eine grofse Reihe von Versuchen ermöglichte es uns schliefslich, zu gut verwertbaren Resultaten zu gelangen.

Gleich der erste Versuch brachte uns prinzipiell die wich- tigste Orientierung. Das eben vor unseren Augen plötzlich ver- endete Tier wurde sofort geöffnet, aus dem Herzen rasch eine Blutentnahme gemacht, zentrifugiert und wir fanden das Serum puqiurrot gefärbt.

Zahlreiche andere Versuche haben dieses Resultat bestätigt, wir hatten unter 24 Experimenten 8 mal Gelegenheit, die Sektion unmittelbar nach dem Tode vorzunehmen und konnten immer eine Hämolyse konstatieren. Da zwischen Tod und Blutent- nahme gewifs nur ein Zeitraum von höchstens 5 Minuten ver- strichen war, so werden wir wohl nicht fehlgehen, anzunehmen, dafs diese hier konstatierte Hämolyse als Hämoglobinämie auf- zufassen sein wird.

Diesen Befund bei der Milzbrandinjektion des Kaninchens haben wir seinerzeit in einer vorläufigen Mitteilung (^^) beschrieben und gelegentlich der Naturforscherversammlung in Kassel (^) besprochen. Wir glauben, dals er geeignet sein dürfte, etwas Licht über die Art und Weise der Giftwirkung bei der Milzbrand- injektion zu verbreiten.

Wir sehen, wie gesagt, beim Milzbrandtode des Kaninchens das Blutserum meist purpurrot verfärbt, nur in einem Falle war eine braune Farbe an Stelle der purpurroten getreten. Aus der Literatur wie aus eigenen Versuchen ist uns bekannt, dafs gewilse Mikroorganismen die Eigenschaft besitzen, in vitro unter geeig- neten Bedingungen Stoffwechselprodukte zu bilden, welche hämo- lytisches Vermögen gegen die Erythrocyten der verschiedensten

Von Dr. Oskmr R von Wonschheim. 245

Tiere sowie des Menschen besitzen. Viele dieser Mikroorganismen, aber durchaus nicht alle, sind Infektionserreger. Wir haben in dieser Arbeit am Staphylolysin gezeigt, dalüs dasselbe in vitro prftformiert Kaninchen in die Blutbahn eingespritzt, eine Auf- lösung der roten Blutzellen zu bewerkstelligen imstande ist, welche sich entweder als H&moglobinämie oder als Nachhämolyse doku* mentiert. Wir konnten bei der Infektion mit Staphylokokken ganz ähnliche Verhältnisse darlegen.

Wenn wir nun beobachten, dafs mitunter bei Infektions- krankheiten, welche durch in vitro hämolysinbildende Erreger ver- ursacht werden, eine Lösung der Erythrocyten auch im Tierkörper stattfindet, so liegt der Schlufs ja nicht weit, anzunehmen, dafs es sich bei der Milzbrandinfektion vielleicht um den Effekt einer innerhalb des Tierkörpers erfolgten Lysinproduktion von selten der Milzbrandbakterien handeln könne. Ob dieser Schlufs noch durch den Nachweis einer hämolytischen Substanz in Milzbrandkulturen gestützt wird oder nicht, ist vorläufig ja nicht von Belang, denn es erscheint plausibel, dafs Bakterien im komplizierten Tierkörper Stoffe bilden können, zu deren Aufbau in vitro die Bedingungen vielleicht nicht günstig sind. So annehmbar nun auch diese theoretische Erwägung scheint, so schwierig, vielleicht unmöglich wird es sein, den direkten Nachweis des Lysins im Tierkörper zu führen; er wird nur zu erbringen sein, indem wir die beob- achtete Hämolyse als solche gelten lassen. Denn wie wir schon eingangs auseinandersetzten, mub nach der Ehrl ich sehen Theorie eine Bindung des Lysins durch die Zelle des Tierkörpers (Erythrocyt) erfolgen und solange wir keine Methode besitzen, um den direkten chemischen Nachweis dieser erfolgten Bindung führen zu können, wird nur die Hämolyse als Folge der Ver- ankerung das einzige Kriterium im Tierversuch bleiben müssen.

Ebenso wie wir also das Staphylolysin für die Schädigung der Erythrocyten bei den Staphylokokkeninfektionen verantwort- lich machen können, so ist es wohl auch erlaubt, hypothetisch anzunehmen, dafs der Milzbrandbazillus im Tierkörper ein Lysin, das Anthracolysin bilde, dieses an die Erythrocyten verankert werde und in letzter Folge dann deren Auflösung bedinge und

246 Über Hämolyse im Reagensglas und im Tierkörper.

damit vielleicht auch am Tode des Tieres Anteil habe. Unsere Bemühungen, festzustellen, ob eine Hämolyse schon einige Zeit vor dem Tode aufzutreten pflege, haben mit Ausnahme eines klinisch ganz atypisch verlaufenen Falles (Tabelle XXIX, Nr. 47) gezeigt, dafs bei Entnahmen, welche 1 Stunde 25 Min., 1 Stunde 45 Min. und 2 Stunden 22 Min. vor dem Tode gemacht worden waren (Tabelle XXVIII, Nr. 1, 3, 68), Hämoglobinämie nicht zu konstatieren war, dafs wir aber zu verschiedenen Zeiten in der Lage waren, durch Verwertung der Nachhämolyse den Schlufs auf eingetretene Schädigung der Erythrocyten zu ziehen. Die oben dargelegten Schwierigkeiten verhinderten es, die zwischen letzter Entnahme und Tod verstrichene Zeit unter 1 Stunde 25 Min. herabzudrücken; dafs aber schon 1 Stunde 30 Min. und 2 Stunden 22 Min. vor dem Tode Blutkörperchen geschädigt sind, zeigt uns die Nachhämolyse bei Nr. 68 und 74.

Also auch bei der Milzbrandinfektion tritt die Schädigung der roten Blutzellen spät in Erscheinung, erst in den letzten Stunden vor dem Tode; es besteht da, wie schon oben ange- deutet, eine gewifse Ähnlichkeit mit den von v. Lingelsheim für die Streptokokkeniufektiou gemachten Beobachtungen. Aber während ja für die Streptokokken Gifte, die mit der Lysiuwirkung sicher nichts zu tun haben, beschrieben sind, so fehlen uns beim Milzbrande derartige einwandsfreie Beobachtungen gänzlich.

Sclavo berichtet in neuester Zeit über Lähmungen. Er (^) hat Kaninchen mit einem vom Schafe stammenden Milzbrand- serum geimpft, um passive Immunität gegen Milzbrand zu er- reichen. Die Injektion des Serums wurde intravenös vorgenommen, gleichzeitig das Tier subkutan mit Milzbiandbazillen injiziert. Bei diesem Verfahren nun beobachtete Sclavo in 9 von 352 Fällen das Auftreten von sensiblen und motorischen Lähmungen an den hinteren Extremitäten mit Ausgang in Tod. Die Läh- mungen traten meist ziemlich spät, 16 bis 31 Tage nach der Impfung auf. Sclavo meint, dafs durch die Einverleibungen des Serums seine Kaninchen einen gewissen Schutz gegen die Milzbrandinfektion erlangt hätten, welcher es verhinderte, dafs sie in gewöhnlicher Weise akut zugrunde gingen, während die nun

Von Dr. 0«kar B. von Wanschheim. 247

gegebene längere Frist eine Erzeugung des lähmenden Giftes gestatte.

Es scheint in der Tat ab und zu allerdings sehr selten und wohl nur in jenen Fällen, welche klinisch atypisch verlaufen, also solchen, bei denen eine längere Agonie dem Tode vorangeht, zu nervösen Erscheinungen kommen zu können.

Wir sahen unter den Fällen, bei denen wir zur Zeit des Exitus zugegen waren, zweimal einen abnormalen Verlauf der Milzbrandinfektion. In dem einen Falle insofern, als der Tod nicht plötzlich sondern erst nach einem deutlich ausgeprägten längeren agonalen Stadium eintrat, während der zweite Fall mit Lähmungserscheinungen einherging. Da es sich hier durchaus um »neue« Tiere handelte, von denen mit Sicherheit auszu- schliefsen war, dafs sie etwa schon einmal im Versuch gestanden hätten, so gewinnt die Beobachtung der nervösen Symptome im zweiten atypischen Falle vielleicht auch noch den Charakter des Einwandes gegen die Auffassung von Sclavo, nachdem ja unsere Tiere keineswegs immunisiert worden waren, sondern der ersten Infektion erlagen. Es müssen da wohl uns noch gänzlich unbe- kannte Vorgänge im Spiele sein.

Hinsichtlich der Hämolyse boten beide Tiere interessante Befunde. Wir haben ja schon oben konstatiert, dafs bei nor- malem Verlaufe der Milzbrandinfektion des Kaninchens zirka 2^/2 Stunden vor dem Tode eine Veränderung des Blutes niemals nachzuweisen war, dafs das Tier plötzlich zugrunde geht, ohne vorher wesentliche Krankheitserscheinungen dargeboten zu haben, sowie dafs wir bei der sofort vorgenommenen Sektion in typischen Fällen purpurrotes Serum vorfinden.

Anders verhielten sich die erwähnten Ausnahmen.

Nr. 67 (Tab. XXIX) zeigte schon zirka 3 Stunden vor dem Tode Hämoglobinämie, während sonst ja Schädigungen der Blut- körperchen vor dem Tode immer nur durch Konstatierung der Nachhämolyse zu erkennen waren, und zudem war noch auf- fallend, dafs dem Tode ein immerhin eine Zeitlang dauernder Somnolenzzustand vorausging. Bei der Sektion zeigte das Serum

248 Über Hämolyse im Reagensglas und im Tierkörper.

nicht den gewohnten purpurroten Farbenton, sondern eine gelb- braune Färbung.

Nicht minder interessant gestaltete sich der Verlauf bei Nr. 47, Tabelle XXIX. Hier begannen ungefähr 33 Stunden nach erfolgter Infektion nervöse Symptome aufzutreten. Das Tier sitzt zunächst mit gespreizten Vorderläufen da, beim Gehen gleiten dieselben nach rechts und links aus. Dann stellen sich Ruderbewegungen ein ; die Vorderläufe sind nun bei eingetretener Ruhe senkrecht vom Leibe abgestreckt, die Hinterläufe ange- zogen. Später nimmt das Tier eine Stellung ein, die der eines sitzenden Frosches in der Haltung der Hinterläufe ähnelt, während die vorderen Extremitäten starr und senkrecht zur Längsachse des Körpers abgestreckt seitlich verharren. Nun verfällt das Tier zusehends, wird so schwach, dafs es auf der Seite liegend verharrt und wird dann, da ein Ende des agonalen Zustandes nicht abzusehen war, getötet. Dieser Fall ist uns leider im An- fange unserer Versuche zur Beobachtung gekommen, zu einer Zeit also, wo wir den Wert der Nachhämolyse noch nicht schätzen gelernt hatten. Später ist uns ein ähnlicher Fall nicht mehr vorgekommen. Das eben erwähnte Tier zeigte bei künstlicher Beleuchtung schwach rosenrotes Serum, das dann bei Tageslicht betrachtet, gelb aussah. Bakterien im Blute wurden sehr früh- zeitig nachgewiesen, kulturell schon 16^2 Stunden, mikroskopisch (5 7 pro Gesichtsfeld) 6 Stunden vor der Tötung.

Wenn wir aber etwa glaubten, zwischen dem Auftreten der Bakterien im Blute und der Schädigung der Erythrocyten ätio- logische Schlüsse ziehen zu dürfen, wird ein Blick in Tab. XXVIH uns überzeugen, dafs wir im Irrtume uns befänden. Bei Nr. 74 sind 10 Stunden vor dem Tode Bakterien im Blute beobachtet, ohne dafs es zur Hämoglobinämie oder Nachhämolyse zu dieser Zeit und in den nächsten Stunden gekommen wäre. Erst 1 Uhr 30 Min. vor dem Tode sehen wir Nachhämolyse auftreten. Erst jetzt können wir die Bakterien nicht nur kulturell wie vorher, sondern auch mikroskopisch feststellen, also als in gröfserer An- zahl auftretend, konstatieren. Wollten wir nun beweisen, dafs offenbar eine gröfsere Menge von Bakterien im Blute (mikro-

Von Dr. 'Oskar R von Wunschheim. 249

skopischer Nachweis) erst eine Alteration der Erythrozyten im Gefolge habe, so könnten wir uns an Nr. 68 und 74 halten, aber Nr. 63 würde uns sofort einsehen lassen, dafs die Richtigkeit dieser Annahme nicht aufrecht zu erhalten wäre.

(Siehe Tabelle XXVIU und XXIX auf S. 250, 251 und 252.)

Wir möchten darauf hinweisen, dafs vielleicht auch bei der Milzbrandinfektion erst nach erfolgter Aufserkraftsetzung des leukozytären Apparates (Knochenmark) nach überwundener Bak- terizidie eine Lysinproduktion stattfinde. Dafür scheint uns sehr der Umstand zu sprechen, dafs wir die Schädigung der roten Blutzellen erst in den letzten Stunden nachweisen können. Für die Erklärung der tödlichen Wirkung kann man einmal die Möglichkeit heranziehen, dafs durch die Lysinbindung die be- troffenen Erythrozyten für die Respiration unbrauchbar geworden sein können; aber auch noch ein zweiter Punkt verdient Be- rücksichtigung.

Bei Vergiftungen mit Blutkörperchengiften findet man neben der Auflösung der Erythrozyten meist, wie Kionka (^) meint, vielleicht als Folgeerscheinung, die Gerinnungsfähigkeit des Blutes gesteigert, so dafs es zu Gerinnungen im strömenden Blute kommen kann. Dafs dann Embolien wichtiger Zentren auch bei der Milzbrandinfektion eine Rolle spielen können, liegt auf der Hand.

Bei der Milzbrandinfektion des Kaninchens finden wir zur Zeit des Todes eine intensive Hämoglobinämie. Eine Schädigung der Erythrozyten läfst sich schon einige Zeit vor dem Tode als Nachhämolyse erkennen, doch ist die Alteration der roten Blutzellen im all- gemeinen erst ein Effekt der letzten Lebensstunden.

Erzeugt der Miizbrandbaziilu8 in kanatlichem Nährboden ein

Hämoiy8in7

Die Beantwortung dieser Frage mufste sich logischerweise unseren im vorigen Kapitel dargestellten Untersuchungen an- reihen. Die Literatur versagt bei dieser Frage. Nur bei Sobernheim (^) finden wir eine kurze Bemerkung bezüglich

AiohiT für Hygi«ii«. Bd. LTV'. 17

240

Über Hämolyse im Reagensglas and im Tierkörper.

günstige Bedingungen für die Lysinproduktion geschafEen. Zur Zeit, als wir in Tabelle XXV bei Kaninchen 80 Streptokokken im Blute nachwiesen, ohne dafs es zur Nachhämolyse kam, könnte vielleicht das Blut noch widerstandsfähig genug gewesen sein, es bot noch keinen guten Nährboden dar. In der Tat verschwinden auch die Streptokokken wieder aus der Blutbahn. Die Toxine belagern und schwächen den Organismus weiter, seine Bakterizidie ist vielleicht überwunden, nun treten die Streptokokken neuer- dings im Blute auf und diesmal kommt es wenige Stunden vor dem Tode zur Schädigung der Erythrocyten.

In Tabelle XXVI bei Kaninchen Nr. 81 haben >^4r durch Verwendung gröfserer Mengen von Bouillonkultur gleichzeitig gröfsere Mengen von Toxin mit einverleibt und so vielleicht den Verlauf des ganzen Prozesses beschleunigt.

Dafs aber bei Einverleibung von Agarkultur abgesehen von der Verlaufsdauer ein Unterschied hinsichtlich der Hämolyse gegenüber den Injektionen mit Bouillonkulturen nicht zu bemerken ist, zeigt Nr. 82 in Tabelle XXVII. Hier verläuft die Injektion langsamer, weil sich die Bakterien wohl erst ihren Boden durch Toxinbildung im Körper erkämpfen müssen, während ihnen im vorigen Falle die Einbringung schon präformierten Toxines die Arbeit erleichtert hatte.

Tabelle XXIV. Streptococcus pyogenes. Kaninchen 77. Intraperitoneale Injektion von

2 ccm Bouillon kultur. Tod nach 46 Stunden.

Datum

Zeit der

Ent- nahme

Hämo- lyse

Nach- hämo- lyse

Bakteriologischer Befund

mikro- skopisch

Agars trieb

25.V. 1903 6h SC p.m.

26. V.

27. V.

!f

Kontrolle

Infektion

7h

7ii30'

lOh

11h

4h 30'

11h 15'

Sektion

+ +

0

+

Strepto- 1 kokken i

Exitus am 27. V. um 4h 35'. Sektion so- fort.

Befund: Mikrosko- pisch in Herzblut und Milz verein- zelte, in der Leber zahlreiche Diplo- kokken. Kultur aus Herzblut,

i Leber und Milz Streptokokken.

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim.

241

Tabelle XXV.

Streptococcas pyogenes. Kaninchen 80. Intraperitoneale Injektion von

2 ccm BoaiUonkaltnr. Tod nach ca. 4 Tagen.

Datum

Zeit der

Ent- nahme

Hämo- lyse

Nach- hämo-

lyse

Bakteriologischer Befanfi

mikro- Bkopixch

Agaratiich

27.V. 1903

&^ p. m.

28. V.

29. V.

30. V.

31. V.

Kontrolle

Infektion

12h 30'

10h 40^ , - 8h p.m.

Ilh30' Sektion 1;

+ ;; +

Diplo- kokken

0

+

Kultur

nicht

angelegt

Strepto- kokken

steril

Strepto- kokken

Exitus am 31. V. um 3h 28' Sektion so- fort.

Mikroskopisch in

Herzblut, Milz und

Leber spärliche

ij Kokken, in der

M Kultur aus Herz-

" blut, Milz u. Leber

Streptokokken.

+

Tabelle XXVL

Streptococcus pyogenes. Kaninchen Nr. 81. Intraperitoneale Injektion von

20 ccm Bonillonkultur. Tod nach 25 Stunden.

Datum

Bakteriologisch er Befund

mikro- skopisch

Agars trich

27. V. 03

6h

28. V.

Kontrolle

Infektion

12h

7h 20' 1 Sektion

+

+ +

r

zahlreich.! Strepto- Kokken kokken

do.

+

do.

+

Exitus am 28. V. um 7h 32' p. m. Sek- tion sofort.

Peritonitis. Im Bauchraum zirka 5 ccm nicht bluti- ges Exsudat.

Eine 3 Std. nach der Entnahme zentri- f ugierteProbe zeigt bereits purpur- rotes Serum!

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I-

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim.

253

des Milzbrandbazillus »in Blutbouillon macht sich schwach hämolytische Wirkung bemerkbare.

Zun&chst untersuchten wir, ob Blut, Bouillon kulturen zu- gesetzt, gelöst werde. Das Resultat war ein höchst zweifelhaftes. Der mit gewöhnlicher, schwach alkalischer Bouillon angestellte Versuch liefs, in üblicher Weise ausgeführt, von hämolytischer Wirkung der Milzbrandkulturen nicht viel erkennen ; erst als die mit Blut beschickten Röhrchen neuerdings auf einige Stunden in den Thermostaten gebracht worden waren, zeigte sich Lösung, konstant in den jüngeren Kulturen bei gewaschenen Blutkörper- chen (Kaninchen), aber nur in manchen derjenigen Röhrchen, welchen Kaninchenblut zugesetzt worden war.

Tabelle XXX.

Hämolytisches yermögen von MiUbrandbouillonkaltaren.

(Kaninchenblatkörperchen.)

Alter der

Gewaschen

Nicht gewaschen

Kulturen

in Tagen

a

b

a

b

1

0

+

6

0

2

6

+

0

0

3

0

+

0

0

4

0

+

0

0

5

0

-h

0

0

6

0

6

0

+

7

0

0

0

0

8

0

0

0

+

9

0

6

6

0

10

0

0

6

6

11

0

0

0

0

12

0

0

0

0

a. Nach dem Blatznsatz 2^ bei 37 «* C, dann über Nacht in der Kälte gehalten.

b. Die a-Proben weitere 12 Standen bei 37 ^ C gehalten und dann das Reaaltal notiert.

Der Möglichkeit Rechnung tragend, dafs auch beim Milz- brand der Alkaligehalt der Bouillon von Einflufs auf die Lysin- produktion sein könne, beschickten wir Kolben mit Fleischwasser von verschiedener Alkaliuität, nach dem Vorbilde von Neisser und Wechsberg (Vsi %i Vs) hergestellt mit Milzbrandbazillen,

254

Über Hämolyse im Reagensglas and im TierkOrper.

bewahrten dieselben bei 37® C auf und prüften nach ver- schiedenen Zeiten die hämolytische Fähigkeit der Filtrate auf Kaninchenblut (gewaschen). Das Arbeiten mit BouUlonkulturen hatte Schwierigkeiten in der Beurteilung der Resultate ergeben. Die Bouillonen vom Gehalte '/g ergaben ein negatives Resultat (7, 14, 21 Tage). Der Kolben von a/, AlkaUnität, nach 8 Tagen untersucht, liefs ebenfalls ein Hämolysin nicht erkennen. Das nach 14täg]gem Wachstum aber gewonnene Filtrat zeigte blut- lösende Kraft (Tab. XXXI). Ebenso Ueferte ein Filtrat von Vs Alkalinität nach 7tägigem Wachstum der Kultur Hämolysin (Tab. XXXII).

Tabelle XXXI.

Filtrat: 14 Tage alte Bouillonkultnr Anthrax 74, '/s alkalisch, gewaschene Kaninchenblntkörperchen, die inaktiven Proben 1 Stunde bei 65° C gehalten.

Isotom. '

Filtrat

Kochsalz- i

Aktiv

Inaktiv

in 2 ccm

lösung in 2 ccm

2 1

1 i

Flüssigkeit schwach rötlich, rote Kuppe

1

0

1

1

Spur 1

0

0,8

1,2

Spur

0,6

1,4

0

0

0,2

1,8

0

0,06

1,94 i

0

0,02

1 1,98 1

i)

Tabelle XXXH.

Filtrat: 7 Tage alte Bouillonkultur Anthrax 74, Vg alkalisch, gewaschene KaninchenblutkOrperchen, die inaktiven Proben 1 Stunde bei 65° C gehalten.

Filtrat in 2 ccm

Isotom.

Kochsalz- lösung

in 2 ccm

Inaktiv

2

1 0,8 0.2 0,06 0,02

Flüssigkeit rötlich, sehr starke Kuppe 1 Vs der Flüssigkeit stark rot

1,2 l' V^ der Flüssigkeit stark rot

1,8 I Spur

1,94 ' 0

1,98 jl 0

0

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim. 255

Um einen besseren Überblick über die Bedingungen zu er- halten, unter denen der Milzbrandbazillus Hämolysin produziert, wurde der in Tabelle XXXTTT ausgewiesene Versuch angestellt.

Aus technischen Gründen wurde der im Zusammenhange dargestellte Versuch in zwei Etappen ausgeführt; in der ersten Hälfte untersuchten wir die hämolytische Kraft innerhalb der ersten 12 Tage, in der zweiten die zwischen dem 15. und 24. Tage produzierten Lysinmengen.

(Siehe Tabelle XXXUI u. XXXIV auf 8. 256 u. 257.)

Die Filtrate, welche aus ^/g und ^/j Bouillonkulturen gewonnen worden waren, lassen jeglichen Einflufs auf die Erythrozyten des Kaninchens vermissen, diese Grade von Alkalinität, die Extreme, scheinen der Hämolysinproduktion des Milzbrandbazillus nicht günstig zu sein. Anders verhält sich die Sache bei den Filtrateu der 2/3 Bouillon. Hier fiel uns sofort nach dem Versetzen des Filtrates mit dem Blutstropfen beim Umschütteln auf, dafs das Blut in manchen Röhrchen (Tab. XXXHI in Stab 5, 6, 11, 12, 17 und 18 mit ß bezeichnet) Schokoladenfarbe zeigte. Von diesen Röhrchen zeigten nach Ablauf des üblichen Aufenthaltes in Wärme und Kälte einzelne (in der Tab. ß\) eine mehr oder min- der starke braune Färbung der überstehenden Flüssigkeit. Diese Erscheinung trat bei den gewaschenen Blutkörperchen noch bei einer Verdünnung auf, wo sie bei den ungewaschenen ausblieb, auch hatte das Inaktivieren der Proben keinen Einfiufs auf dieses Phänomen gezeitigt. Da wir aus den füheren Versuchen (Tab. XXXI und XXXII) wufsten, dafs das hämolytische Ver- mögen der Filtrate durch Inaktivieren (1 Stunde bei 65® C) stets aufgehoben worden war, so mufsten wir uns mit der Annahme, dafs es sich hier keinesfalls um eine typische Hämolyse, sondern vielleicht um eine Salzwirkung handeln könne, bescheiden.

Sichere Hämolyse jedoch erzielten wir mit dem Filtrat 15 Tage 2/3 (Stab 29 und 30 der Tab. XXXHI). Doch war die hämolytische Wirkung äufserst schwach, sie äufserte sich in der konzentrierten Lösung (2 ccm Lysin) in rötlicher Färbung, ohne dafs der Tropfen komplett gelöst worden wäre, in den nächsten

256 Über HlmolyM im BMig«nig)u and im TSericOrper.

T »belle XXXin.

Hftmolftiacbe Wirknng von FIIInteD TeTBchiedon alter Milzbrmndbonillon-

kaltnren mit Terscbiedeoer Alkklioitlt.

Gewaschene (g) und nicht gewaachene (n) Kanin chenblaikörperchen.

^ ^

p Chokoladen färbe den auf geschüttelten Blutes. I Braunfärbung der FlQasitikeit. -|- Botfärbuog d«r Flaasigkeit (typische HBmolyse).

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim.

257

Proben schwankte der Wert zwischen starker Kuppe und Spur; 0,1 hatte schon keine Wirkung mehr geäufsert. Das Verweilen der Proben bei 65 ^ C durch eine Stunde (Stab 29 und 30) ver- nichtete die hämolytische Fähigkeit.

Tabelle XXXIV. Säaregrad der in Tabelle XXXIII verwendeten Filtrate.

Alter der Kultar in Tagen

3

6

9

12

16

18

21

24

Alkaligehalt Vt ) Titre der Bouillon/

0,80

0,80

0,80

0,80

0,80

0,80

0,80

0,80

Titre des Filtrates

1,60

1,30

1,30

1,30

1,20

1,15

0,80

1.10

Differenz

+0,80

+0,50

+0,50

+0,60

+0,40

+0,35

0

+ 0,30

Alkaligebalt V, 1 Titre der Boaillon J

0,60

0,60

0,60

0,60

0,60

0,60

0,60

0,60

Titre des Filtrates

1,20

1,10

0,90

0,90

0,90

1,20

1,10

1.10

Differenz

+0,60

+0,60

+0,30

+0,30

+0,30

+0.60

+0,60

+0,60

Alkaligebalt >/, 1 Titre der Boaillon J

0,40

0,40

0,40

0,40

0,30

0,30

0,30

0,80

Titre des Filtrates

1,00

1,00

1,00

1,00

0,60

0.60

0,60

0,50

Differenz

+0,60

+0,60

+0,60

+0,60

-H>,30

+0,30

+0,30

+0,20

Die Zahlen geben an , wieviel Kubikzentimeter einer Vio ^ * l>ftuge zu 5 ccm Boaillon bzw. Filtrat zugesetzt werdeo mufsten, am mit Phenolphthalein Rot- färbung zu erhalten.

Auffallend ist in unserer Tabelle XXXIII verglichen mit Tabelle XXXII, dafs, während wir in letzterer bei ^s Alkalinität Hämolyse konstatiert hatten, hier mit ^/s Bouillon niemals ein hämolytisch wirkendes Filtrat erzielt wurde, obwohl doch in allen Versuchen ein und derselbe Stamm verwendet worden war. Auch fällt uns auf, dafs die hämolytische Wirkung im allgemeinen sich hinsichtlich ihrer Stärke innerhalb sehr bescheidener Gren- zen bewegt. Verglichen mit den starken Graden von Hämolyse, welcher wir im Tier bei der Milzbrand- infektion begegnen, scheint die Aussicht bei dem Milzbrandbazillus aus Bouillonkulturen wirksame Filtrate zu erhalten, recht unsicher und quantitativ wenig Ausbeute versprechend zu sein.

268 Über Hftmolyse im Reagensglas and im Tierkörper.

Wie verhält sich der NaCI-Gehalt des Blutes bei der Milzbrand-

infelction des Kaninchens?

Zweck der folgenden Untersuchungen war, zu erfahren, ob beim Verlaufe der Milzbrandinfektion eine nennenswerte Änderung im Kochsalzgehalte des Blutes einzutreten pflege; eine solche Änderung des osmotischen Druckes könnte ja durch Ansteigen des Salzgehaltes (Hyperisotonie) oder durch Abfallen desselben (Hypisotonie) die roten Blutzellen zum Austretenlassen ihres Hämoglobins zwingen.

In erster Linie sollten uns einige Untersuchungen an nor- malem Kanincheublut Aufschlufs über den Gehalt desselben an Cl geben, welcher Wert dann als NaCl berechnet unseren Resul- taten zugrunde liegt.

Nach Abderhalden pj finden sich in 1000 Gewichtsteilen Blut 2,898 Teile Chlor. Auf NaCl berechnet entspricht diese Zahl einem Gehalte von 4,775 NaCl für 1000 Teile, also 0,47 V Wir haben in unseren Untersuchungen gewogene Blutmengen verascht, die Asche gelöst, iin der Lösung den Cl-Gehalt nach Mohr bestimmt und die Werte zusammen auf NaCl% um- gerechnet. Tabelle XXXV gibt eine Übersicht über die gefun- denen Werte. Nimmt man den Durchschnitt aus den sechs Be- stimmungen, so erhalten wir einen Wert von 0,46 ®/o NaCl für Kaninchenblut, also eine zu den Analysen von Abderhalden (0,47%) durchaus gut stimmende Zahl.

Tabelle XXXV. Cl-Gehalt normalen Kaninchenblutes als NaClVo berechnet.

Durchschnitt 0,46 V©.

Chlorgebalt des Blutes nach Abder- halden auf Na Cl % berechnet 0,470 V

Gröfste Differenz normaler Zahlen 0,13.

Um den Gehalt des Blutserums an NaCl zu bestimmen, niüfste man natürlich eine komplizierte Rechnung anstellen, um den auf die Blutkörperchen selbst entfallenden Wert, für Cl zu

I

0,48

II ,

0,52

III

0,50

IV

0,45

V ,

0,39

VI

0.46

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim.

259

bestimmen, um welchen verringert die für das Blut gefundene

Zahl beim Serum Gültigkeit hätte.

Den mit Milzbrand infizierten Tieren wurden von Zeit zu

Zeit Blutentnahmen gemacht, der Cl-Gehalt des Blutes wie oben

bestimmt und auf NaCl% umgerechnet. Die Zahlen sind in

folgender Tabelle verzeichnet.

Tabelle XXXVI. Cl-Gehalt des Blutes bei Milzbrandinfekt, des Kaninchens berechnet als Na Gl.

Nr.

Stunden nach der Infektion

Stunden

vor dem Tode

23 6

DiffereoK

zwischen

Kontrolle u.

Sektions-

blnt

62 1 Kontrolle l| 24

41

I 47 (Sektion)

67 <j Kontrolle

II 24

|l 47V.

l! 50'/, (Sektion)

ii

68 ll Kontrolle li 24 i! 47 !! 49V, (Seküon)

Gröfste Differenz unter normalen Bluten

0,39

26V,

0,43

3

0,48

0,46

0,46

25V,

0,40

2V',

0,60

0,57

0,01

0,07

0,11

0,13

Wie wir sehen, sind keine besonderen Differenzen zwischen den Na Cl- Werten des Kontrollblutes (vor der Infektion) und den- jenigen des Sektionsblutes zu verzeichnen. Die gröfste Differenz beträgt 0,11. Sehen wir uns in Tabelle XXXV die gröfste Differenz an, welche der Na Cl-Gehalt des Blutes bei normalen Tieren aufweist, so finden wir eine gröfsere Zahl, nämlich 0,13. Die Schwankungen dieser Zahlen unter normalen Tieren sind also gröfser als die gröfste Differenz zwischen Normalblut und Sektionsblut eines Milzbrandkaninchens gewesen. Wir glauben also die Annahme einer Störung der Isotonie für die roten Blut- zellen des Kaninchens, soweit der Na Cl-Gehalt in Betracht kommen könnte und unsere wenigen Versuche ein Urteil gestatten, als ätiologisches Moment für die Hämolyse bei der Milzbrand- infektion als nicht genügend begründet zurückweisen zu müssen.

260 Über Hämolyse im Reagensglas und im TierkOrper.

Aber wir sind imstande, noch einen anderen Beweis dagegen zu führen, dafs Störung der Isotonie bei der Milzbrandinfektion für die Hämolyse verantworthch zu machen sei.

Wenn im Serum des milzbrandkranken Kaninchens zur Zeit, wo wir eine Schädigung der Erythrozyten nachweisen können, geänderte isotonische Verhältnisse Schuld tragen sollen an der Auflösung, so mufs es uns ja gelingen, durch Einbringen von normalen Blutkörperchen in das kranke Serum dieselben zur Auflösung zu bringen. Dieses Experiment versagt gänzlich; nebenbei sei erwähnt, dafs es mit grofsen Schwierigkeiten ver- bunden ist, das zum Versuche geeignete Serum zu erhalten. Wir haben schon oben darauf hingewiesen, dafs die Schädigung der roten Blutzellen erst in den letzten Stunden vor dem Tode, und zwar als Nachhämolyse, erkennbar zu werden pflegt. Dafs eine Nachhämolyse eingetreten ist, können wir aber erst am Tage nach der Entnahme konstatieren, und wir wissen zur Zeit derselben noch nicht, ob wir Nachhämolyse beobachten werden; dieser Umstand fordert einerseits möglichst viele Entnahmen, anderseits aber wollen wir ja eine Entziehung gröfserer Blut- mengen tunhchst vermeiden. Zu beachten ist auch noch der Umstand, dafs das Serum des entnommenen Blutes nicht mit demselben in Berührung bleiben darf, sondern sofort abgesondert werden mufs, da wir ja im Falle einer Nachhämolyse auch in der Probe, mit welcher wir dann den Versuch zu machen haben werden, Färbung des Serums erhalten würde und eine kolori- metrische Bestimmung dann nicht mehr gut durchführbar wäre.

Tabelle XXXVII und XXXVIII stellt die Resultate dar. In Tabelle XXXVII haben wir zwei Versuche verzeichnet, welche uns zunächst im Kopfe der Tabelle Aufschlufs über das Ver- halten des Tieres geben. Wir sehen hier registriert, ob und wann Hämolyse (H) oder Nachhämolyse (NH) aufgetreten sei, wir finden auch angegeben, ob mikropisch (m) oder kulturell (k) zu dieser Zeit Bakterien im Blute nachgewiesen worden seien. Die Versuche wurden so angestellt, dafs die entsprechenden Sera (aktiv und inaktiv) mit normalen gewaschenen Kaninchenerythro- zyten gemischt und mit dem Gemisch 3 Kapillaren gefüllt wurden.

Von Dr. Oskar B. yon Wanschheim.

261

Eine dieser Kapillaren wurde sofort zentrifugiert und das ab- gesetzte Serum neuerdings in eine Kapillare so umgefüllt, dafs keine Blutkörperehen mehr zugegen waren. Dieses Röbrchen diente als Vergleichsobjekt; die anderen Röhrchen blieben bis zum nächsten Tage bei Zimmertemperatur liegen, wurden dann zentrifugiert und mit dem Teströhrchen verglichen. Dieselbe Technik wurde bei Tabelle XXXVIII geübt, nur wurde hier in Stab 4, 5 und 6 Kochsalzlösung an Stelle des Serums verwendet.

In Tabelle XXXVII Nr. 67 kam nun der Umstand zugute, dafs die schon intra vitam aufgetretene und weiter oben bereits genügend gewürdigte Färbung des Serums nicht so intensiv war, dafs es nicht noch möglich gewesen wäre, bei Blutkörperchen- zusatz und eventueller Lösung eine Verstärkung des Farbentones zu konstatieren. Auch hier trat keine Lösung der dem Serum zugesetzten normalen Kaninchenerythrozyten ein.

Dafs aber eine Schädigung der Blutkörperchen des kranken Tieres erfolgt war, zeigt uns auch der Versuch in Tabelle XXXVIII, wo sich die Blutkörperchen, in Na Cl suspendiert, lösten, während die mit normalen Blutkörperchen angesetzte Kontrolle keine Lösung aufwies. Hier verhalten sich die Blutkörperchen genau so wie die durch Staphylolysininjektion geschädigten Blutzellen, und auch dadurch gewinnt der Schlufs, dafs es sich bei der Milzbrandinfektion um die Bindung von Anthrakolysin, das im Tierkörper erzeugt wird, handle, vielleicht an Wahrscheinlichkeit.

Tabelle XXXVII.

Einflafs des Serums milzbrandkranker Kaninchen auf normale Kaninchen- erythrozyten.

H

^^^

^^^

H

'! +

+

NH

+

NH

- .i +

+

m

+

m

- \ +

+

k

+

k

1

+

-4-

vordem Tode

Serum des

Tieres vor d.

Infektion

25h 42'

18h 22'

2h 42*

vordem Tode

17h 45'

2h 58'

sofort

nachdem

Tode

Nr.

a

* 1

a

1

a! i

1 . a 1

Nr. 1

a

1

a

1

a

1

68 1

0

6

0

0

0 ; 0

0

0

67

0

0

0

0

0

0

a =. aktives Serum, i = inaktives Serum.

262

Über Hämolyse im Keagensglas and im Tierkörper.

Tabelle XXXVm.

Einflafs des Serams milzbrandkranker Kaninchen auf normale Kaninchen- erythrozyten. Nachlösnng der kranken Blutkörperchen in isotonischer Koch- salzlösung.

H

NH

m

k

vor dem

Tode

ca. 20 Std.

+

+ ca. 3»/, Std.

+

+ ca. 3V, Std.

+

+ +

Sektion

Kontrolle

Nr. 73

Serum 73 +

normale gewaschene Erythrozyten

Serum 73 +

normale

gewaschene

Erythrozyten

Blutkörper- chen 73 in 0,85 proz. Na Cl-Lösung

Blutkörper- chen 73 in 0,85 proz. Na Cl-Lösung

NormaleBlut- körperch«a in 0,85 proz.

Na Cl-Lösung

keine Jjösung 2

keine Lösung Lösung

3 ; 4

Lösung |keine Lösung 5 6

Kreist bei der Miizbrandlnfelction des Kaninchens freies Lysin

im Serum?

Wir haben dieselbe Frage gelegentlich der Versuche mit Staphylolysin für den Staphylokokkus verneint. Auch für den Milzbrand stehen wir auf demselben Standpunkte, der theoretisch wohl fundiert ist und oben bereits besprochen wurde. Als ex- perimenteller Beweis hätte auch hier das durchaus negative Verhalten der Serumproben in den oben zitierten Tabellen XXXVII und XXXVIII bei Nr. 67, 68 und 73 zu gelten. Im Serum be- findliches, freies, nicht verankertes Lysin hätte von den Erythro- zyten gebunden werden müssen, welche dann der Lösung anlieim- gefallen wären.

Warum sehen wir beim Milzbrandicaninchen icelne Hämoglobinurie?

Wir konnten bei der Milzbrandinfektion des Kaninchens zeigen, dafs eine sehr intensive Hämoglobinämie bei unmittelbar nach dem Tode vorgenommenen Sektionen bereits vorhanden ist. Da wir ja heute über die Existenz eines Milzbrandtoxins so gut wie nichts wissen, war der Gedanke nur selbstverständlich, den Tod des Milzbrandkaninchens mit der intensiven Auflösung von

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim. 263

roten Blutkörperchen in Zusammenhang zu bringen. Nun wissen wir, dab es eme ganze Menge von Krankheitsprozessen des Mensehen gibt, bei denen Hämoglobinurie aufzutreten pflegt, die ja eine Folge bestehender Hämoglobinämie ist, Hämoglo- binurien, die eine Zeitlang anhalten, durchaus nicht immer tödlich enden, sondern in vielen Fällen mit Genesung des Patienten ablaufen. Wir wollen nur an die paroxysmale Hämo- globinurie, an Fälle von Hämoglobinurie bei Scharlach (Heub- ner) und anderen Infektionskrankheiten erinnern, auch des Schwarzwasserfiebers nicht vergessen. Niemals aber haben wir beim Milzbrandkaninchen Hämoglobinurie beobachten können, obwohl die Intensität der Hämolyse zweifellos so grofs war (purpurrotes Blutserum), dafs für das Zustandekommen einer Hämoglobinurie, soweit es auf die Hämoglobinmenge im Blute ankommt, sicherlich die nötigen Bedingungen gegeben gewesen sein müfsten. Immerhin wollten wir Vergleichsmaterial unter- suchen, um bei Vergiftungen mit Blutgiften nachzusehen, wie sich einerseits Auftreten von freiem Hämoglobin im Serum zur Hämoglobinurie verhalte, und wie sich andererseits wiedervun die Intensität der Hämolyse zum Erlöschen der Lebensfunktion stellen möge.

Es ist eine bekannte Tatsache, dafs bei subkutaner Einver- leibung von Glyzerin beim Kaninchen Hämoglobinämie und Hämoglobinurie sich einzustellen pflegt, während angeblich bei intravenöser Einverleibung die Lösung der roten Blutzellen aus- bleiben soll. Fi 1 ebne (^) erklärt auf Grund von experimentellen Erfahrungen die Vorgänge folgen dermafseu : Bei der subkutanen Injektion von Glyzerin treten die die Injektionsstelle passierenden Erythrozyten in DifEusionsverkehr mit dem Glyzerin, verlieren Wasser und die in diesem gelösten Salze, sie schrumpfen; ge- langen nun solche Blutkörperchen in normales Blut oder nor- males Serum, so quellen dieselben vermöge erfolgender Blut- wasseraufnahme auf und nun diffundiert der Blutfarbstoff ins normale Senmi, die Hämoglobinämie ist da. Bei intravenöser Zuführung des Glyzerins hingegen ist nach Fi lehne den roten Blutzellen wohl die Diffusionsmöglichkeit gegen das Glyzerin

264

über Hftmoljte im BeageiiBgUs and im Tierkörper.

gegeben, aber es sei hier kein Lösungsmittel und deshalb die Bedingungen zum Austritte de^ Blutfarbstoffes nicht vorhanden. Ohne weiter diese Ansicht von Filehne diskutieren zu wollen, sei nur erwähnt, dafs wir durch intravenöse Injektion von Glyzerin (10 ccm) beim Kaninchen intensive Hämoglobinämie auslösen konnten. Diese Eigenschaft des Glyzerins nun verwendeten wir, um aus der Intensität der Hämoglobinämie bei der Glyzerin- vergiftung eventuelle Rückschlüsse auf den in respiratorischer Hinsicht gewifs nicht zu unterschätzenden Ausfall an roten Blut- zellen bei der Milzbrandinfektion ziehen zu können.

Die Versuche wurden mit subkutaner und intravenöser Applikation des Glyzerins angestellt, der Einfachheit halber seien nur erstere besprochen. Nach kurzer Zeit, schon 5 Minuten nach beendeter Injektion des Glyzerins, bemerken wir beginnende Hämoglobinämie, dieselbe ist nach 15 30 Minuten bereits so deutlich erkennbar, dafs ein Zweifel ausgeschlossen erscheint. Starke Grade wurden schon 1 Stunde 40 Minuten nach der Ein- verleibung beobachtet und bei zwei Tieren, die 1,22% bzw. 1,37% ihres Körpergewichtes an Glyzerin injiziert erhalten hatten, trat der Tod ein, ohne dafs es zur Hämoglobinurie gekommen wäre.

(Siehe Tabelle XXXIX auf S. 265.)

Diese Fälle zeigen, dafs durchaus nicht immer eine Hämo- globinämie auch von Hämoglobinurie begleitet oder gefolgt sein müsse. Dies scheint erst dann der Fall zu sein, wenn die Hämoglobinämie im Tierkörper durch längere Zeit perisistiert und zwar vielleicht gerade in den Fällen, in welchen zunächst durch einige Zeit nur mildere Grade von Hämoglobinämie be- stehen. Wir haben in Tabelle 40 einen solchen Fall dargestellt. Das Tier, welches eine viel gröfsere Prozentmenge von Glyzerin erhalten hatte als die beiden vorerwähnten, von dem wir also einen zu mindest ebenso raschen Tod annehmen konnten, erlag der Vergiftung viel langsamer als die anderen. Hier kam es zur Hämoglobinurie, die wir intra vitam und bei der Sektion kon- statieren konnten.

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim.

265

Tabelle XXXTX.

Sabkutane Injektion von Glyxerin bei Kaninchen. Fehlen der Hämo- globin urie bei starker HämoglobinAmie.

Kanin-

Blut-

Seit der

chen

, probe

Injektion

Farbe des Blutsemms

Nr.

1

; Nr.

verstrichen

61

1

Kontrolle

fast farblos

Erhält 1,37 Vo »eines

t

2

5 Min.

schwach rötlich

Körpergewichtes rei-

1 3

1

10 Min.

do.

! nes Glyserin sub-

> 4

20 Min.

do.

kutan.

5

30 Min.

st&rker rötlich als Nr. 4

Der Blaseninhalt seigt

1

!

6

45 Min.

stärker rötlich als Nr. 5

sich bei der Sektion

1 1

7

1 Std.

sehr stark rötlich

lichtgelb.

1

1

1

8

1 Std. 40 Min.

purpurrot

1

1

1

' 9

2 Std. 07 Min.

purpurrot

10

2 Std. 11 Min. (Tod,Seklion)

purpurrot

60

1

Kontrolle

farblos

Erhält 1,22 »/o seines

1

2

15 Min.

rötlich

Körpergewichtes rei-

1

1 3

30 Min.

nes Glyzerin subkut.

1 1

4

50 Min.

snnehmende Intensität

Die 15 Min. vor dem

1

5

1 Std. 20 Min.

der Rotfärbung

Tode vorgenommene

1

6

1 Std 50 Min.

/

Blasenpunktion zeigt

1

1

7

2 Std. 50 Min.

hellgelb, nicht hämo-

1

Tod, Sektion

stark weinrot

1 globinurischen Harn.

Tabelle XL.

Kaninchen Nr. 302 erhält 33,8 g Glyzerin (2^/^ seines Körpergewichtes) subkutan. Hämoglobinämie und Hämoglobinurie.

Seit Nr.' der Injektion verstrichen

Serumfarbe des

sofort zentri- fugierten Blutes

Hämo- tflobi* nurie

1 2 3 4 5 6 7 8 9

lii

3

Kontrolle 7 Min.

15 Min.

30 Min.

45 Min.

60 Min. St<i. 18 Min. Std. 18 Min. Std. 18 Min.

Sektion

fast farblos

leicht gelbl. Stich

gelber als Nr. 2

bräunlich

rötlichbraun

stärker als Nr. 5

wie Nr. 6

purpurrot

purpurrot

dunkelrot

- : +

Wurde abends 8^ 30' kalt und starr gefunden. Sek- tion am Vormit- tag des nächsten Tages. Blase mit

dunkelrotem Harn gefüllt

Archiv fOr Hygiene. Bd. LIV.

18

266 Über Hämolyse im Reagensglas und im Tierkörper.

Sehen wir uns nun in unseren Tabellen das Verhalten der Blutsera an, so sehen wir insbesondere bei Nr. 302 in klarer Weise, dafs ein Tier mit einer beträchtlichen Hämoglobinämie immerhin einige Zeit am Leben bleiben kann; im angezogenen Falle war schon 45 Minuten nach der Injektion das Serum rötlichbraun, 3 Stunden 18 Minuten nach derselben purpurrot; diese Intensität hatte durch mindestens eine Stunde, ja wahr- scheinlich noch länger bestanden. Noch eine weitere Beob- achtung scheint uns von einiger Bedeutung. Betrachten wir bei unseren Milzbrandkaninchen das Verhalten der Blutproben bezüglich der Nachhämolyse, so sehen wir, dafs das Auftreten derselben innerhalb der letzten Lebensstunden die Regel ist. Vergleichen wir aber diesen Befund mit den Beobachtungen an den Glyzerinkaninchen, wo eine Nachhämolyse durchaus zu fehlen pflegt, wo niemals eine Verstärkung der Blutserumfarbe bei 24 Stunden gelagerten Serumproben zu konstatieren war, so werden wir einen Fingerzeig erhalten, wo der Schlüssel zu diesen Vorgängen zu finden sei. Die Hämolyse bei der Glyzerin- vergiftung ist wohl zweifellos auf eine Störung der isotonischen Verhältnisse zurückzuführen, nicht aber auf eine Giftbindung, wie wir sie etwa bei den Versuchen mit Kaninchen injiziertem in vitro präformiertem Staphylolysin zeigen konnten. Bei der Glyzeriuvergiftung scheinen die Dinge so zu liegen, dafs die durch den Wechsel des osmotischen Druckes geschädigten Erythrozyten im Blute äufserst rasch ihr Hämoglobin abgeben, sonst würden wir ja eine Nachhämolyse regelmäfsig beobachten müssen; bei der Giftbindung (Staphylolysinvei-such) mufs ja erfahrungsgemäfs erst eine gewisse Zeit vergehen, ehe die ver- gifteten Erythrozyten sich lösen. Nun haben wir aber ja bei den Glyzerinversuchen gesehen, dafs eine starke Hämoglobinämie (Serum in unserer Normalkapillare purpurrot) eine Zeitlang er- tragen werden kann, ohne dafs der Tod rasch eintritt, wie dies bei der Milzbrandinfektion meist der Fall ist. Das mag ganz richtig sein, aber bei der Milzbrandinfektion sind ja gewifs noch viel mehr Erythrozyten für die Respiration unbrauchbar ge- worden, als der Hämoglobinmenge entspricht, welche den i)urpur-

Von Dr. Oekar E. von Wunschheim. 267

roten Ton des Serums erzeugt. Wir können dies ja aus der Nacbhämolyse schliefsen, und so erscheint uns der rasche Tod beim Milzbrandtier gut erklärlich. Dieses rasche Eintreten des Todes (Erstickung?) erklärt auch das Ausbleiben der Hämo- globinurie beim Milzbrandtier.

rv. Bacillus pyocyaneus.

C harr in (^) bat seinerzeit nachgewiesen, dafs Filtrate von Pyocyaneuskulturen, Kaninchen und Meerschweinchen einverleibt, dieselben Symptome hervorzurufen imstande seien, wie dies von Seiten der lebenden Bakterien zu geschehen pflegt.

Wassermann (^) hat sich eingehend mit der Frage be- schäftigt, ob der Bacillus pyocyaneus ein echtes, von den leben- den Bakterien sezemiertes Toxin produziere, oder ob es sich bei der Giftwirkung abgetöteter Pyocyaneuskulturen lediglich um ein »ausgelaugtes Endotoxinc handle. Wohl mehr dem Stand- punkte zuneigend, dafs es sich hauptsächlich um echtes sezer- niertes Toxin handle, kommt Wassermann doch zu dem End- ergebnis, dafs die Giftwirkung sterilisierter Pyocyaneusbouillon- kulturen sich aus der Wirkung echten Toxins und ausgelaugter Endotoxine zusammensetze. Es wird neben der giftigen Eigen- schaft des Toxins demselben in neuerer Zeit auch eine blut- lösende zugeschrieben, welche prinzipiell und funktionell von demselben verschieden sein soll, etwa in Analogie zum Tetano- spasmin und Tetanolysin. Diese hämolytische Eigenschaft der Pyocyaneuskulturfiltrate, mit dem Namen Pyocyanolysin belegt, ist Gegenstand mehrerer allerdings in ihren Resultaten recht divergierender Untersuchungen geworden, die wir im folgenden kurz anführen wollen.

Zuerst haben Bull och und Hunter (^^) angegeben, dafs sich in Bouillonkulturen von Bact. pyocyaneum ein Körper be- finde, das Pyocyanolysin, welches im Reagensglase die Erythro- zyten des Ochsen, des Schafes, des Kaninchens und anderer Tiere aufzulösen imstande sei. Dieses Gift variiere in verschiedenen Kulturen, sei in jungen in geringerer Menge vorhanden als in

268 Über Hämolyse im Reagensglaa and im Tierkörper.

solchen vom Alter von 3 4 Wochen, Durch 15 Minuten langes Kochen unfiltrierter Kulturen werde das hämolytische Vermögen nicht beeinträchtigt, jedoch gehe dasselbe verloren, wenn man Pyocyanolysin enthaltende Filtrate in gleicher Weise behandle. Die beiden Autoren haben sich bei ihren Versuchen einer 0,6proz. Kochsalzlösung bedient.

Weingeroff (^®) macht den Versuchen von Bull och und Hunter den Einwand, dafs ihre Kochsalzlösung von 0,6% nicht isotonisch gewesen sei und er wiederholt gesehen habe, dafs bei dieser Salzkonzentration Erythrozyten sich ohne jeden anderen Zusatz schon gelöst hätten. In der Tat ist ja die Verwendung einer 0,85proz. NaCl-Lösung zu solchen Versuchen heute die all- gemein übliche. Bezüglich der Hitzebeständigkeit der Kultur- filtrate stellt sich Weingeroff in direkten Gegensatz zu Bulloch und Hunter, indem er berichtet, dafs ein 30 Minuten währendes Erhitzen auf 120° dem hämolytischen Vermögen seiner Filtrate nicht geschadet hätte. Weingeroff tritt auch für eine prin- zipielle Verschiedenheit von Toxin und Hämolysin ein.

L üben au P) steigen und wohl mit vollem Rechte, Zweifel auf, ob denn wirklich die Wirkung hämolysierender Piocyaneus- filtrate als iLysiiiwirkungc aufzufassen sei. Das Zusammen- treffen der starken Lysinwirkung mit stark alkalischer Reaktion der Filtrate ist ihm sehr verdächtig und Lubenau schon meint, »dafs es möglicherweise relativ einfache chemische Bakterien- produkte wie Ammoniak und dergleichen seien, welche das Hämolysierungsvermögen der Bakterienkulturen, wenn auch nicht ganz bedinge, so doch wenigstens einen wesentüchen Anteil daran haben«. Diese Richtigkeit dieser Ansicht wird bedeutend unter- stützt, wenn man bedenkt, dafs es Lubenau gelungen ist, durch Neutralisieren der Filtrate auf den Lackmuspunkt eine Vermin- derung der hämolytischen Wirkung nachzuweisen.

Margarethe Breymann (*^) widerlegt einige der Schlufs- sätze von Bulloch und Hunter und steht auf demselben Standpunkte wie Weinger off, nachdem es auch ihr nicht ge- lungen ist, durch Erhitzen von Kulturen oder Filtraten von Piocyaueus eine Inaktivierung zu erreichen.

Von Dr. Oskar R. von Wnnschheim. 269

Loew und Kozai (*2) behaupten ebenso wie Weingeroff eine Verschiedenheit zwischen Pyocyaneustoxin und Pyocyaneus- lysin.

Jordan (*^) aber scheint nun in der ganzen Frage, soweit sie die Reagensglasversuche mit Bouillonkulturen oder Filtraten anbelangt, das richtige Urteil gesprochen zu haben. Nach seinen Versuchen kann man mit steigender oder fallender Alkaleszenz der Filtrate von B. Pyocyaneus die hämolysierende Kraft in gleichem Mafse zu Zu- oder Abnahme veranlassen, ja sie durch Neutralisation zerstören. Mit diesem Befunde erhält die Theorie von der Existenz des Pyocyanolysin in Filtraten einen argen Stofs, jedenfalls aber werden kommende Untersucher gut daran tun, eine Alkaliwirkung im Reagensglase erst sorgfältig auszu- schliefsen, ehe sie die hämolysierende Wirkung von Pyocyaneus- filtraten mit Recht einem Pyocyanolysin zuschreiben dürfen.

Untersuchungen Über Hämolyse bei mit Bacillus pyocyaneus

infizierten Kaninchen.

Wie liegen nun die Dinge bei der Einverleibung von Pyo- cyaneusbazillen im Tierkörper? Das Meerschweinchen, welches wohl seiner Empfänglichkeit wegen als bestes Testobjekt für für unsere Untersuchungen in erster Linie hätte in Verwendung kommen sollen, konnte aus schon oben ausgeführten Gründen für systematische Versuchsreihen leider nicht in Betracht ge- zogen werden. Aber die Blut Veränderungen am Kaninchen zu studieren, bot auch manche Schwierigkeiten. Bei Einverleibung kleiner Dosen gelingt die tödliche Infektion in vielen Fällen nicht, nimmt man grofse Dosen, so tritt der Tod oft überaus rasch ein und man verfügt nun nicht über eine genügende Zahl von Blutproben; insbesondere bei intraperitonealer Infektion ist dies meist der Fall. Die subkutane Infektion mit relativ grofsen Dosen (etwa 1 Agarröhrchen) bot nun Gelegenheit, an einigen Entnahmen die Verhältnisse gut studieren zu können, später gaben wir gröfsere Dosen Agarkultur auch intraperitoneal, so dafs innerhalb von 1 3 Stunden der Tod eintrat und wir leicht imstande waren, denselben abzuwarten.

270 Über Hämolyse im Reagensglas and im Tierkörper.

Bei der Sektion von Tieren, die akut zugrunde gegangen, aber z. B. nachts gestorben, erst einige Stunden post mortem zur Obduktion gelangten, fanden wir ausnahmslos das Serum von rötlichbrauner, weinroter, purpurroter Farbe, also Befunde, die mit Sicherheit auf Austritt von Hämoglobin im Serum schhefsen lassen. Gelangten die Tiere sofort nach dem Tode zur Sektion, so konnten wir konstatieren, dafs zu dieser Zeit eine Lösung von Blutkörperchen im Serum noch nicht stattgefunden hatte, wohl aber waren die Parallelproben, zur Untersuchung auf Nach- hämolyse bestimmt, stets stark rot gefärbt. Auch bei Tieren, welche der Infektion nicht erlagen, konnten wir durch den Befund der Nachhämolyse eine stattgehabte Schädigung der Erythrozyten beweisen. Wir heben hier einen interessanten Befund in Tabelle XLI Nr. 157 hervor. Das Tier hatte ein Röhrchen 48 Stunden alter Agarkultur subkutan erhalten. Zirka 24 Stunden nach der Infektion zeigte sich Nachhämolyse, welche durch einen Zeitraum von mindestens drei Tagen anhaltend die Beeinflussung der Erythrozyten erkennen liefs. Dasselbe Tier erhielt dann später eine zweite Injektion von der doppelten Dosis inzwischen in ihrer Virulenz gesteigerter Kultur, es zeigte keinerlei Erscheinungen von Blutlösung mehr, ging aber dessen- ungeachtet im Verlaufe von 20 Tagen marantisch zugrunde. Es ist das einer von jenen Fällen, welche uns zur Untersuchung anregen, ob man bei mit lebenden Reinkulturen vorbehandelten Tieren eine gewisse Immunität der Blutkörperchen gegen hämo- lytische Einflüsse, über die wir zurzeit ja noch wenig orientiert sind, erzielen könne, natürlich ohne eine wirkliche Immunität gegen den betreffenden Erreger zu erreichen. Diese derzeit aufser- halb unseres Programmes gelegenen Untersuchungen sollen dem- nächst in Betracht gezogen werden, da sie uns hinsichtlich des Immunitätsproblemes nicht ohne Interesse zu sein scheinen. Wir haben oben bei der Staphylokokkeninfektion auf einen Fall aufmerksam gemacht, welcher ganz analog verlaufen ist. In Tabelle XLII sehen wir drei Fälle verzeichnet, welche während der ganzen Zeit von der erfolgten Infektion an genau beobachtet wurden, aufserdem ist ein Fall ('^) augereiht, welcher

Von Dr. Oakar R. von Wnnschfaeim. 271

zeigen soll, wie rasch nach dem Tode innerhalb des Tierkörpers Hämolyse eintreten kann. Während bei Nr. 314, 365 und 366 die sofort nach dem Tode entnommene Blutprobe ein Serum zeigte, dessen Farbe sich nicht oder zumindest nicht wesentlich von der der Kontrollprobe desselben Tieres unterschied, sehen wir bei Nr. 304, dessen Sektion sicher nicht später als höchstens 3 Stunden nach dem Tode gemacht wurde, das Serum bereits hämolytisch (rötUchbraun). Auch hier bei der Pyocyaneusinfektion sehen wir also dieselbe Erscheinung, die wir schon bei der Staphylokokken- und Streptokokkeuinfektion beobachten konnten, dafs zur Zeit des Todes eine Hämoglobinämie nicht besteht, dals wir aber die Läsion der Erythrozyten vermittelst der Unter- suchung auf Nacbhämolyse nachzuweisen imstande sind.

Tabelle XLI. PyocyaneuBinfektion. Kaninchen Nr. 15T. Subkutane Einverleibung.

272

Über Hämolyse im Reagensglas und im Tierkörper.

Tabelle XLH. Pyocyaneusinfektlon. Kaninchen. Grofse Dosen intraperitoneal.

Nr.

Zeiten

H

NH

314

Kontrollle

1

1 s

6. n.

Ih 2 Agarröhrchen 24^ Kultur

sl

intraperitoneal, 2^ (n. 1 Stunde)

-

: d ^

1

Exitus 3h 03' Sektion sofort

1

+

iine, i nach'

365

Kontrolle

2? ^

17. VI.

12h 20' 2 Röhrchen 24h Agar-

Serum gelblich

+

1 w

' - 'S

kultur intraperitoneal, Ih 45'

stärker als die

Exsudat 2h 28'

Kontrolle + ?

1 im He iche .y Leber

Sektion Bofort

+ ■■

366

Kontrolle

1 2:2

17. VI.

Um 12h 20^ Infektion wie bei

'i'll

Nr. 365 Exitus Ih 19' Sektion sofort

+

Mikrosk mäfsig 2 r aus He

304

Kontrolle

^4 9^m ^^

1. IL

12h 15' Agarkultur intraperitoneal

Ih 15'

+

1 «s

CO

Lebte noch um 2h, f gefunden

3h 15'

Sektion 5h

+

» Ö

Wir haben gesehen, dafs man bei subkutaner oder intra- peritonealer Einverleibung entsprechender Mengen von Agar- kulturen des Bazilluspyocyaneus beim Kaninehen eine Alteration der Erythrozyten bewirken kann. Zur Erklärung des Zustande- kommens der Blutschädigung können wir verschiedene Momente heranziehen.

Konform dem allgemein theoretischen Grundsatz, den wir im Laufe unserer Untersuchungen aufgestellt haben, könnten wir auch hier annehmen, dafs von Seiten der Bakterien im Tier- körper ein Lysin gebildet und von den Erythrozyten gebunden wird. Aber wenn wir berücksichtigen, dafs in den auf Ta- belle XLII verzeichneten Fällen der Tod (Toxinwirkung) innerhalb von wenigen Stunden eintrat, so können wir uns der

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim. 273

Annahme nicht verschlielsen, dafs wohl auch ausgelaugte Endo- toxine, mit hämolytischer Fähigkeit begabt, bezüglich der Hämo- lyse eine Rolle spielen könnten.

Wir können dieses Kapitel nicht schliefsen, ohne auf einen Einwand zu kommen, den man uns mit unseren eigenen Worten vielleicht machen wollte. Da wir bei Besprechung der Reagens- glasversuche mit Hinsicht auf die starke Alkalibildung in Pyocyaneuskulturen kein grofses Vertrauen in die wirkliche Existenz des Pyocyanolysins gesetzt haben, könnte es verwundern, dafs wir von Lysinproduktion im Organismus reden. Wir halten es aber durchaus nicht für ausgeschlossen, dafs Bakteriohämolysine mit pathogenen Bakterien im Reagensglas erzeugt werden können, während bei der Infektion mit dem betreffenden zugehörigen Mikro- organismus Hämolyse ausbleibt und umgekehrt. Auch die bekannte Tatsache, dafs man mit nicht patho- genen Bakterien Hämolysine erzeugen kann, spricht dafür, dafs Reagensglasversuch und Tierinfektion separat beurteilt werden müssen. Die weiter unten bei Tetanus mitgeteilten Erfahrungen werden einen weiteren Beweis- grund für die Richtigkeit dieser Ansicht bilden,

Y. Bazillus der HQhnercholera.

Pasteur hat im Jahre 1880 als Erster den Nachweis ge- liefert, dafs Bakterien unter Umständen lösliche giftige Stoff- wechselprodukte absondern und zwar gelang es ihm mit Filtraten von Bouillonkulturen der Hühnercholera bei Hühnern einen Zu- stand der Schlafsucht hervorzurufen.

Calamida (**) hat im vorigen Jahre die Bakterien der Hühnercholera auf ihr hämolytisches Vermögen im Reagensglas- versuch geprüft. Die Filtrate von Bouillonkulturen zeigten hämo- lytische Wirkung auf die Blutkörperchen des Kaninchens, des Meerschweinchens und des Huhnes. Die Tiere sind nach dem Grade der Empfindlichkeit in absteigender Richtung angeführt. Eine toxische Wirkung seines Hämolysins konnte Calamida

274 Über Himolyse im Reagensglas und im Tierkörper.

nicht erweisen, ebensowenig fand sich ein Leukozidin in den Kulturfiltraten vor.

Wir untersuchten zunächst die Maus auf ihr Verhaken bei der Höhnercholerainfektion.

Eine subkutane Infektion mit einer Öse Agarkultur tütete innerhalb von 17 Stunden. Die Sektion wurde 4 Stunden post mortem vorgenommen. Das Serum zeigte sich rötlich. Eine Wiederholung des Versuches ergab eine Bestätigung des ersten. Wir können also von der Maus zumindest sagen, dafs bei der- selben eine Nachhämolyse konstatiert wurde.

Als nächstes Versuchstier wählten wir das Huhn in der Annahme, dafs dieses für die Infektion so empfängliche Tier ein ausgezeichnetes Objekt für unsere Untersuchungen abgeben werde. Unsere a priori wohl berechtigte Annahme erwies sich als trügerisch. Die in den folgenden Tabellen niedergelegten Er- fahrungen zeigen deutlich, dafs konstante Resultate beim Huhne nicht zu erlangen waren.

Bisher gewohnt, bei unseren Untersuchungen einen strengen Mafsstab anzulegen und prinzipiell nur solche Proben als hämo- lytisch zu bezeichnen, welche einen ganz einwandsfreien Befund hinsichtlich ihrer Serumfärbung darboten, kamen wir bei der Beurteilung der Resultate beim Huhne mitunter in recht arge Verlegenheit.

Betrachten wir zunächst Tabelle XLIII Nr. V. Das Tier er- lag der Infektion innerhalb 24 Stunden, und wir konnten im Momente des Verendens noch rasch eine Blutentnahme machen. Das Serum erwies sich schwach weinrot, liefs also auf eine Lösung von Erythrozyten bei der Hühnercholerainjektion schlielsen, ein Resultat, das wir eigentlich von vornherein er- wartet hatten. Wir liefsen das Tier bei Zimmertemperatur bis zum nächsten Tage liegen und waren sehr verwundert, bei der Sektion keineswegs eine Verstärkung des Farbentones zu finden. Wir hatten doch annehmen zu müssen geglaubt, dafs eine Schä- digung der Erythrozyten in reichem Mafse erfolgt sei und eine intensive Färbung des Serums sich nun als Nachhämolyse zeigen müsse.

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim.

275

Der zweite in derselben Tabelle verzeichnete Fall Nr. 289 ergab ein gänzlich anderes Resultat^). Hier sezierten wir, eine Blutentnahme in extremis war nicht vorgenommen worden, das Tier sofort nach dem Tode ; das Serum zeigte sich diesmal gelb, von einem rötlichen Tone keine Spur. Die zur Konstatierung der Nachhämolyse aber am nächsten Tage zentrifugierten Proben zeigten uns purpurrotes Serum.

Tabelle XTJH. Infektion mit Hühnercholera beim Huhne.

1 Datum

Zeiten

H

]■ Bakteriolog. ^i_f Befund

„' mikro- ,, skopisch

Agar- Btrich

1. XTT.

Kontrolle

farblos

1

1

Infektion

&^ p. m.

1

j

2. XII.

lii 15'

Stich ins Gelbe

17h nach dem Tode i

4h

do.

untersuchte ''

ll

1

! 5h 45'

do.

Proben zeigen das i

6h

do.

Serum nicht '

Nr. V

6h 10'

\ do.

wesentlich röter J

, 1

t

6h 25'

; do.

1

als zur Zeit des ,|

; t 6h 28' !

1 ' 1

1

i schwach weinrot

Todes 1 +

1 II ^^

+

15. VII. '

1

Kontrolle ]

1 farblos !

, ,1

;i

Infektion 1

6h p. m. !

1 1

il ll

16. VII.

t 10h 45'

1

1' ll

Nr. 289

Sektion sofort

i gelb

purpurrot n +

ll

+

Zwischen diesen beiden Fällen, welche wir absichtlich als Extreme aus unseren Protokollen zur Wiedergabe gewählt haben, gibt es nun eine Menge von Zwischenstufen. Wir haben in Tabelle XLIV eine Reihe von Befunden bei der Hühner- cholera des Huhnes zusammengefafst. Die genaue Angabe der Zeit der Infektion, die ungefähre Angabe des Eintrittes des Todes sowie die Angabe der Zeit der Sektion sind wohl nötig, um ein Urteil zu gewinnen, ob eine Nachlösung der Blut- körperchen eingetreten oder ausgeblieben sei. Ein eigentlich in jeder Hinsicht sowohl was Hämolyse als auch was Nachhämo-

Erst nach unserem Vortrag in Kassel 1903 beobachtet worden.

276 Über HAmolTie im ReafenepAff and im Ticrk4rp«r

lyae anbelangt, negativer Fall ist Nr. 1j*. Tn^tzdem hier die Sektion mehrere .Standen nach dem Tode vorgenommen worden war, hatte da« Serom nar eine leicht gelbliche Färbung, die wir nicht recht als hämolytisch zu bezeichnen uns getraaen würden. eine Kotfärbung war anch nach weiteren 24 Standen nicht zu bemerken.

Tabelle XUV.

Hahn. Infektion

mit Hfthnercholen.

Xr.

Zeit der lofektioD

Tod

Zeit

der Sektion

Farbe des Seroms bei der Sektion

Nach

weiteren

24 Standen

I

13, XI. 4h p. m.

i.d.ymchtzam 14.XI.

14. XI 4h 31/ p. m.

sehr schwach rötlich

II

20. XL 12b

: ^ » 21 XL

21. XL 12h 30'

brftnnlich

III

27. XI. oh 45'

> > » » 29.XJ-

•29. XL 11h

rOtlichgelb

IV

1. XII. 6b p. m.

» > > » 3.XIL

3. XIL 12h 30*

schwach weinrot

V

1. XII. ßh p. m.

2. XII. 6h 28'

3. XII 11h 30

rOtlichbrlLnn- lich

132

3. Vin. 6b 30*

i.d.Nacht z. 7.VIII.

I.MIL 11h 30

gelbbrftnnL

gelbbrftanl.

133

do.

do.

7. VIIL 11h 45'

gelbbrftanl.

gelbbrftanl.

134

do.

5.VIILzw.7n 10h V.

5. Vin. 12h

rötlichbraan

rötlichbraan

148,: 20. VIII 12h i. d. Nacht 1.21. Vin. 21. MIL Ih 15' leicht gelbl. leicht gelbl. 289 1 15. Vn 6h p. m. 16. VIL 10h 45' j I6. VU. 10h 45' . gelb parpurrot

Angenommen, dafs die Blutkörperchen des Huhnes in den Fällen, in welchen eine Färbung des Serums zweifellos kon- statiert wurde, durch im Körper von Seiten der Höhnercholera- bakterien produziertes Lysin geschädigt wurden, so wäre es nicht uninteressant, die Frage zu studieren, ob der Grund des Aus- bleibens dieses Phänomens darin zu suchen sei, dafs mitunter vielleicht kein Lysin produziert wurde oder aber, ob nicht etwa manchmal das Hühnerblut einen Antikörper enthält, welcher das Lysin paralysiert. Eins aber scheint uns schon jetzt sicher, dafs bei der tödliclien Hühnercholerainjektion des Huhnes die Schä- digung der roten Blutzellen eine sehr geringe Rolle zu spielen scheint, wenigstens insofern, als der Nachweis mit unserer Methode möglich ist.

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim.

277

Unsere nun mit der Taube angestellten Versuche haben die- selben, wenn nicht noch ungenauere Resultate ergeben. Das bei der Sektion mitunter erst Stunden nach dem Tode gewonnene Serum zeigte sich in zwei Fällen durchaus von gleicher Farbe, wie die Kontrolle des normalen Tieres, liefs also durchaus keine Lösung der Blutkörperchen erkennen, in einem Falle war ein geringerer Grad von Nachhämolyse zu konstatieren.

Tabelle XLV. Taube. Infektion mit Hühnercholera.

Nr.

Zeit der Infektion |

Farbe des

normalen

Serums

'I

Tod

Zeit der Sektion

Farbe des Serums

bei der Sektion

24 Stunden später

140 7. VIII. Ih 20^

143

144

18. VIII. 12h

20. VIII. 1211

dunkelgelb in d. Nacht l; 8. VIII. ' dunkel- ;| z.8.vm. ;, llhSO' ,! gelb»;

gelbbräun. '' 19. Vm. ', 19. VIII. i gelbbräun-

lich

gelbbräun- |i lieb

7h p. m. ji 7h p. m. \\ lieh »)

ind.Narhtii 21. VIII. l! bräunlich- z. 21. VIII. I 12h 45' i rot

dunkel- gelb 0

gelbbräun- lich »)

himbeerrot

Es scheinen sich die kernhaltigen Blutkörperchen der Vögel durchaus anders zu verhalten als die kernlosen Erythrozyten der Säuger, denn, wie wir im folgenden sehen werden, geben Meer- schweinchen und Kaninchen bei der Hühnercholerainfektion durchaus befriedigende und glatte Versuchsresultate.

Wir fanden bei Sektionen von Kaninchen, welche einige Zeit nach dem Tode vorgenommen worden waren, immer das Serum purpurrot gefärbt, also war Hämoglobin in beträchtlicher Menge ausgetreten. Wenn wir aber die Sektion unmittelbar nach eingetretenem Tode vornehmen, finden wir keine Färbung des Serums beim Sektionsblute , also keine Hämoglobinämie, wohl aber eine äufserst starke Nachhämolyse.

Ein Hase erhält um 1 Uhr mittags 2 ccm einer mitteldichten Auf- schwemmung Agarkultur intraperitoneal. Nach wenigen Stunden erscheint er schwer krank und geht um 5 Uhr 52 Min. zugrunde. Bei der sofort vor- genommenen Sektion zeigt sich viel helles Exsudat im Pleuraräume. Mikro- skopisch sind im Herzblut und Brustexsudat ziemlich zahlreiche, in der

1) Farbe genau wie die der Kontrolle.

278 Ober Hämolyse im Reagensglas and im Tierkörper.

Leber massenhafte HQhnercholerabakterien nachweisbar. IMe Kultar ergibt aoB Herzblut, Brastexsudat, Leber and Milz Reinkaltaren von Hühnercholera.

Das Serum ist fast farblos, die am nächsten Tage zentri- fugierte Parallelprobe purpurrot.

Auch das Meerschweinehen zeigte bei der Hühnercholera- infektion Hämolyse. Ein junges Tier, das innerhalb von 48 Stunden der Injektion erlegen war, zeigte bei der Sektion das Tier war in der Naclit gestorben und wurde Vormittag seziert himbeerfarbenes Serum, das nach weiteren 24 Stunden purpurrot war. Ein zweites, altes Tier, das abends 6 Uhr subkutan infiziert wurde, war am nächsten Morgen 8 Uhr 30 Min. noch am Leben, starb zwischen 9 Uhr 30 Min. und 10 Uhr. Bei der um 11 Uhr vorgenommenen Sektion zeigte sich das Serum bräun- Uch, am nächsten Tage ziegelrot.

Bei Infektionen mit Hühnercholerabakterien zeigten Mäuse und Meerschweinchen bei der einige Zeit nach dem Tode vorgenommenen Sektion Hämo- lyse. Kaninchen, sofort nach dem Tode untersucht, lassen Hämolyse bzw. Hämoglobinämie nicht er- kennen, doch tritt eine intensive Nachhämolyse auf. Bei Tauben und Hühnern ist wohlHämolvse und Nach- hämolyse beobachtet worden, doch ist eine Konstanz dieser Erscheinungen keineswegs zu beobachten ge- wesen; neben vereinzelten Fällen mit zweifellos po- sitivem Resultate finden sich solche von ausge- sprochen negativem, ein eindeutiger Befund ist also bei Huhn und Taube nicht zu verzeichnen.

VI. Tetanus.

Ehrlich (^) hat 1898 in Kulturen des Tetanusbacillus einen Körper gefunden, der imstande war, die roten Blutkörperchen mancher Tiere im Reagensglas zu lösen. Er hat gleichzeitig nachgewiesen, dafs das Tetanolysin prinzipiell verschieden sei von der die Krämpfe bewirkenden Komponente des Tetanus- giftes, von dem Tetanospasmin. Der Nachweis wurde erbracht durch Bindungsversuche mit roten Blutzellen, bei denen das

Von Dr. Oskar R. von Wunschbeim. 279

Lysin an die Erythrozyten gebunden wurde. Die nun resen- tierende Flüssigkeit hatte kein Lösungs vermögen mehr gegen- über den Blutkörperchen, aber die toxische Wirkung war erhalten geblieben. Aufserdem gelang es Ehrlich auch zu zeigen, dafs man für jede der beiden Giftkoraponenten für das Lysin und das Spasmin je ein spezifisches Antitoxin darstellen könne.

Man hat versucht, der Wirkung des Tetanolysins neben der des Tetanospasmins bei der Tetanuserkrankung auch eine Rolle zuzuschreiben, vor allem wollte man die Tetanuskachexie durch den Einflufs des Tetanolysins erklären, doch hat diese Annahme keine Freunde gefunden. In diesem negativen Sinne deutet auch V. Lingelsheim die Versuche von Miy am oto^), welcher imstande war, mit tetanolysinfreien Filtraten den Zustand der Tetanuskachexie hervorzurufen.

Durch Blutuntersuchungen bei an Tetanus erkrankten Kaninchen haben wir getrachtet, ein eigenes Urteil über diese Frage zu gewinnen.

Wir haben zuerst ein Kaninchen durch Einverleibung von tetauusbazillenhaltiger Gartenerde tetanisch gemacht , als sich dann im Eiter der Infektionsstelle reichliche Tetanusbazillen mikroskopisch nachweisen liefsen, mit dem Eiter kleine W^atte- bäuschchen getränkt und diese als Infektionsmaterial für weitere Versuche verwendet. Allerdings ist hierbei zu bedenken, dafs wir es in diesen Fällen nicht mit einer reinen Infektion mit Tetanusbazillon zu tun hatten, also die Möglichkeit zu beachten war, dafs positive Ergebnisse (Hämolyse oder Nachhämolyse) durch gleichzeitig eingebrachte Hilfsbakterien verursacht werden konnten.

Bei dem mit Gartenerde infizierten Kaninchen (Tab. XLVI Nr. 114) fanden wir vor Ausbruch der tetanischen Symptome schon am Tage nach der Infektion Nachhämolyse, auch am zweiten Tage dasselbe Symptom ; am dritten Tage konnten wir nur mehr eine sehr zweifelhafte (±?) Nachhämolyse beobachten,

1) Zit. nach v. Lingelsheim, Tetanus im Handbuch von Kolle and Wassermann.

280 Über Hftmolyse im Reagensglas and im Tierkörper.

die Untersuchung des bei der Sektion gewonnenen Blutes liefs jeden Anhaltspunkt für eine zu dieser Zeit bestehende Schädigung der Erytlirozyteu vermissen. Die aus Herzblut, Leber und Milz- saft angelegten aeroben Kulturen erwiesen sich als steril, eine septikämische Infektion von aeroben Bakterien war also nicht er- folgt. Wir nehmen an, dafs in dem erwähnten Falle irgend- welche Bakterien aeroben Charakters im Anfange der Infektion für die Schädigung der roten Blutkörperchen verantwortlich zu machen sind, dafs sie aber am letzten Tage noch irgend eine nennenswerte Rolle gespielt hätten, dafür liegt kein Grund vor. Diese Verhältnisse werden nun noch viel klarer, wenn wir Fall 123 der gleichen Tabelle betrachten. Hier kam es kaum zu einer sicher nachweisbaren Schädigung der Erythrozyten, wir können nur eine zweifelhafte Nachhämolyse beobachten, die bald gänzlich verschwindet. Die letzten Blutentnahmen vor dem Tode und das Sektionsblut lassen wiederum Färbungen des Blutserums vermissen, die aeroben Kulturen bleiben steril. Den gleichen Verhältnissen begegnen wir in dem dritten mitgeteilten Falle Nr. 124. Wir haben also keinen Grund bei der Tetanus- infektion irgendwelche Schädigungen, die durch ein etwa im Tierkörper gebildetes Tetanolysin hervorgerufen sein könnten, anzunehmen, wenigstens insoweit unsere Methode uns ein Urteil gestattet.

(Siehe Tabelle XLVI auf 8. 281.)

Um vor falschen Schlüssen hinsichtlich beobachteter Hämo- lyse zu warnen, mag noch der in Tabelle XL VII verzeich- nete Fall kurz besprochen werden. Hier sehen wir ganz ähn- lich, wie in den anderen Fällen Nachhämolyse auftreten. Bei der Sektion finden wir aber diesmal das Serum purpurrot gefärbt, ein Befund, der uns leicht irreführen könnte, wenn w^ir nicht imstande wären, durch den Ausfall der Kultur zu beweisen, dafs hier offenbar ein septikämischer Erreger Hämolyse und Tod herbeigeführt hatte. Das gefundene Stäbehen verhielt sich sehr ähnlich einem von Kolb^) beschriebenen Bakterium.

1) Atlas von Lehmann und Neumann, 1896, S. 194.

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim.

281

Tabelle XLVI. Tetanusinfektion beim Kaninchen (typisch).

1

1

1 ■' H

1 NH

Kultur

aerob

anaerob

Nr. 114») 1

16. Vn. li Kontrolle

7b 30' V, g Tetanuserde

subkutan

17. VII. 1 5b 30'

18. VII. 1 10h 30'«)

+ +

Herzblut Leber

> steril

Tetanus

1 5b 30*

1

+

Milz )

19. VII.

1

10b 30'

±?

Exitus

5b i(y

Sektion sofort

Nr. 123») jj

21. VII. ; Kontrolle

1

Hb 35' Tetanuseiterwatte-

1

1

bäuschchen subkutan

1 1

6b

22. VII.

Hb 30'

7b

.

+ ?

Herzblut ^ ., _ , steril Leber

Tetanus

23. vn.

Ihi)

±?

5b 30'

24. VIL

Hb 40'

Hb 48'

Exitus

Sektion sofort

Nr. 124

22. VIL

Kontrolle

6b 30* Infektion wie Nr. 123 1

1 «

23. vn.

24. VIL

4b 30' 6b 30'«)

+

Leber . ., Herzblut

Tetanus

6b 50*

Exitus

Sektion t

lofort

1

Die tetanischen Symptome waren hier nicht zu vollständiger Entwicklung gekommen; offenbar hatte das der Gruppe der Bakterien der hämorrhagischen Septikämie angehörige Stäbchen in seiner Wirkung den Tetanustod sozusagen überholt. Es mufs also zum strengen Postulat für andere Untersucher gemacht

1) Typischer Tetanus.

2) VgL ▼. Sagasser und Posselt, Zur Frage der Serognostik des Tetanus. Zeitschr. f. Heilkunde, 1905.

ArchlT Ar Hygiene. Bd. LIV. 19

282

Über HämolyHe im Reagensglas und im Tierkörper.

werden, stets auch durch Anlegen aerober Kulturen aus den Or- ganen des Versuchstieres eine etwaige Wirkung anderer Bakterien

zu kontrollieren.

Tabelle XI.Vn. Tetanusinfektion beim Kaninchen (atypisch).

1

1

NH

Mikroskopischer i

Kultur

!i

Befund

aerob

anaerob

20. VII.

Kontrolle

1

i

Uli Vm. Einbringen eines mit Tetanuseiter getränkt. Wattebauschchens subkut ;

1

1

21.VIL 11h 15'

+

Tetanusbaz. im Elter 1 der Infektionsatelle ,

6h

+

Zahlreiche Tetanus- ' bazillen

22. Vn. 11h»)

1

+

1

6h 45'

1

+

1

23. VII. Früh tot gefunden

1

'

Sektion

1

: +

i

i

Leber und Herz ein ; kurzes Stäbchen ähn- lich dem Bact. haem.

Kolb. 1 Milz: steril.

Teta- nus

Die Annahme, dafs vielleicht die bei der Mischinfektion, und das ist ja wohl der Tetanus in der Mehrzahl der Fälle, beteiligt gewesenen Bakterien eine Antikörperproduktion angeregt hätten, als deren Folge eine Neutralisation des vom Tetanus- bazillus gebildeten Lysins gedacht werden sollte, scheint uns gezwungen, könnte aber eventuell mit unseren eigenen Versuchen gestützt werden. Bei Mischinfektioneu kann nämlich Blutlösung ausbleiben trotz Beteiligung solcher Bakterien, die allein im Tier- körper verbreitet, Hämolyse hervorrufen (vgl. S. 287). Wir möchten aber doch nicht ohne experimentelle Gegenbeweise unsere An- sicht aufgeben, dafs bei der Tetanusinfektion des Kaninchens das Tetanolysin keine Rolle spielt. Jeden- falls sind die vorliegenden Versuche eine neuerliche Bestätigung dafür, dafs ein Parallelismus zwischen Reagensglasversuchen und Tierexperiment nur bedingungsweise und mit Vorsicht konstruiert werden darf.

1) Das der Infektionsstelle zunächst gelegene linke Hinterbein steif weggestreckt; allgemein tetanische Symptome nicht ausgesprochen.

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim. 283

yn. Bacterium typhi.

E. Levy und P. Levy haben in Filtraten von schwach alkalischen Bouillonkulturen des Typhusbazillus ein Hämolysin für Hundeblutkörperchen nachgewiesen. Dieses Hämolysin war durch hohe Wärmegrade nicht inaktivierbar; es gehört also in die Gruppe der hitzebeständigen Bakteriohämolysine. Die ge- nannten Forscher bedienten sich der von Neisser und Wechs- berg angegebenen Methodik.

Die Frage, ob der Typhusbazillus für Tiere pathogen sei, wird uns gewöhnlich damit beantwortet, dafs wir bei Tieren wohl nicht mit Infektionen zu rechnen haben, welche der des Menschen etwa gleichwertig an die Seite gestellt werden könnten. Immer- hin aber, und das ist für unsere Blutuntersuchungen das wich- tigste, besteht die Ansicht zu Recht, dafs im Tierkörper eine Vermehrung der eingebrachten Typhusbazillen, wenn auch im beschränkten Mafse stattfinde; da bei der Typhusinfektion der Tiere ebenso wie bei der des Menschen für das Zustandekommen der eigentlichen Krankheitserscheinungen eine Resorption von Giftstoffen im allgemeinen verantwortlich gemacht wird, so gingen wir daran, auch bei Infektionen mit Typhusbazillen das Verhalten des Blutes von Meerschweinchen und Kaninchen zu studieren.

Fall I. Meerschweineben Nr. 210 erhält um 12 Uhr mittags ein halbes Röhrchen 24 stündiger Agarkultur intraperitoneal. Am nächsten Tag 10 Uhr 15 Min. Exitus. Sektion sofort. Akute Peritonitis.

Mikroskopisch im Herzblute und Lebersaft keine Bakterien nachweis- bar, im Bauchexsudat typhusähnliche Stäbchen in Reinkultur.. Die Kultur ergab aus Herzblut, Lebersaft und Bauchexsudat nur Typhusbazillen.

Das sofort nach der Entnahme zentrifugierte Blut zeigte keinerlei Färbung des Serums, da letzteres hier fast farblos ebenso wie die Kontrolle gewesen war. Das Serum der nach 24 Stunden zentrifugierten Parallelproben unterschied sich in keiner Weise von dem des Sektionsblutes.

Ein zweiter Fall, in welchem an Stelle der Agarkultur

Bouillonkultur verwendet wurde, verlief rascher, indem das Tier

schon 8 Stunden nach der Injektion starb. Auch hier war das

19*

284

Über Hämolyse im Reagensglas and im Tierkörper.

Serum bei der sofort vorgenommenen Sektion nicht gefärbt, ebensowenig war eine Nachhämolyse zu konstatieren.

Beim Kaninchen scheinen die Verhältnisse anders zu liegen als beim Meerschweinchen. In Tabelle XLVIII sehen wir einen Fall verzeichnet, dessen Sektion wir unmittelbar nach dem Tode machten. Hier konnten wir innerhalb von 7 Stunden nach erfolgter Infektion beim lebenden Tiere weder Hämolyse noch Nachhämolyse beobachten. Das Tier ging erst am 4. Tage zu- grunde. Bei der Sektion fand sich eine ausgedehnte Peritonitis mit viel aber nicht blutigem Exsudate in Bauchhöhle und Pleuraraum. Mikroskopisch waren weder in den Exsudaten noch in Leber oder Milzsaft Bakterien nachweisbar. Die Kultur ergab Wachstum in dem vom Bauchexsudate angelegten Striche, die Kultur am Herzblut blieb steril ; das mit Lebersaft beschickte Agarröhrchen liefs nur zwei Kolonien Typhus angeben. Das Serum des Sektionsblutes erwies sich als fast farblos, die am nächsten Tage zentrifugierten Proben zeigten ziegelrotes Serum.

Tabelle XLVIIL Typhusinfektion beim Kaninchen (Nr. 367).

1

1

1 H

NH

17. VI. 1 KontroUe

1

__

12h 25' 10 ccra Bouillonkultur

intraperitoneal

Ih 60' J

"

; 7b SO'

1

t 21. VI. ; 9b 30' 1

Sektion

sofort

+

Ein zweiter akutest verlaufener Fall sei noch kurz ange- führt. Kaninchen Nr. 214 hatte um 11 Uhr 30 Minuten 10 ccm Typhusbouillonkultur erhalten. Es wurde um 1 Uhr 15 Minuten tot noch warm und ohne Totenstarre gefunden, um 4 Uhr seziert. Hier zeigte sich das Serum braunrot gefärbt, eine Zu- nahme der Färbungsintensität war nach weiteren 24 Stunden nicht zu beobachten. In letzterem Falle ist es wohl zweifellos, dafs die Einverleibung von StofiEwechselprodukten, also eine

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim. 285

direkte Toxinvergiftung, den Tod herbeigeführt hat. Es lag für diesmal ja nicht in unserem Versuchsplane, zu konstatieren, in- wieweit einverleibte Toxine eine Rolle bei der Hämolyse zu spielen pflegen, wir wollten in unseren vorliegenden Unter- suchungen ja nur erheben, ob und wann bei Einverleibung von Infektionsmaterial Schädigungen der roten Blutzellen im Tier- körper auftreten.

Bei der Infektion mit Typhusbazillen zeigt das Meerschweinchen weder Hämo gl obinämie noch Nach- hämolyse. Das Kaninchen lälst ebenfalls Hämo- globinämie vermissen, zeigt jedoch intensive Nach- hämolyse.

Yin. Bacterium eolL

Auch von diesem Mikroorganismus ist ein Stoffwechsel- produkt bekannt, welches hämolytische Eigenschaft besitzt. Es ist das Verdienst von Kays er (^^), das Kolilysin studiert und beschrieben zu haben. Es gehört ebenso wie das Typhuslysin zu den hitzebeständigen Lysinen, es verträgt Siedehitze, ohne an Wirksamkeit einzubüfsen.

Bei Infektionen des Meerschweinchens mit Kolibazillen konnten wir nur konstatieren, dafs bei Tieren, welche einige Zeit nach dem Tode zur Autopsie gelangten, ausnahmslos das Serum braun, bräunlichrötlich oder rötlich gefärbt war. Es ist uns hier nicht gelungen, den Eintritt des Todes abzuwarten; die Zeiten schwankten so sehr, dafs Zeitbestimmungen selbst mit Opferung einer ganzen Nacht sich als trügerisch erwiesen und uns niemals Gelegenheit gegeben war, die Sektion unmittelbar nach erfolgtem Tode vorzunehmen.

Anders beim Kaninchen. Hier waren wir in der Lage, einige Sektionen gleich nach dem Exitus auszuführen und die Blutuntersuchung ergab, dafs das Serum zu dieser Zeit unge- färbt, dafs Hämoglobin in demselben nicht gelöst ist. Die nach 24 Stunden untersuchten Parallelproben zeigten Nachhämolyse. Tabelle XLIX verzeichnet zwei Fälle. Es gilt hier bezüglich der Toxinwirkung dasselbe, was wir bei der Typhusinfektion

286

Über Hämolyse im Reagensglas und im TierkOrper.

erwähnt haben, nur fällt hier bei Nr. 361 auch noch die starke Wirkung gröfserer Mengen intraperitoneal eingebrachter Agar- kulturen auf.

Tabelle XLIX. Koliinfektion beim Kaninchen.

H

NH

Nr. 361

17. VI. I! Kontrolle

12h 15' zwei Agarröbrchen Kultur intraperitoneal

Ih 25'

i

t ! 5b 05'

Sektion Bofort

--

Nr. 363

i

1

17. VI.

Kontrolle

12h 15' 5 ccm 48 stund. Bouillon- kultur

t :: Ih 13' !

Sektion

sofort

+

Mit Bacterium coli infizierte Meerschweinchen zeigen bei der einige Zeit nach dem Tode vorgenom- menen Sektion Hämolyse.

Kaninchen lassen zurZeit desTodes keineHämo- globinämie erkennen, jedoch ist die Schädigung der Erythrozyten in Form einer Nachhämolyse ausge- sprochen.

IX. Dlplocoecus pneumoniae Frftnkel-Welehselbaum.

Wir haben bei der Tetanusinfektion zeigen können, dafs eine Schädigung der Erythrozyten bei dieser Erkrankung keine Rolle zu spielen pflegt, wenigstens insoweit der Tetanusbazillus allein in Betracht kommt. In gröfserer Zahl pflegt es zur Ver- breitung des genannten Mikroorganismus im Blute und in den Organen im Sinne einer septikämischen Erkrankung nicht zu kommen, wenn auch das Vorkommen in Milz, Herzblut, Gehini, Muskel und ünterhautzellgewebe entfernt von der Impfstelle

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim. 287

nach den Untersuchungen von Tizzoni, Zumpe und v. Ot- tinger sowie v. Hibler einwandfrei nachgewiesen erscheint^).

Im Diplococcus pneumoniae F. W. sehen wir nun einen Typus von Bakterien repräsentiert, weichertrotz septikämischer Verbreitung in Blut und Organen eine Schädigung der roten Blutzellen nicht erkennen liefs.

Wir infizierten ein Kaninchen subkutan mit Sputum, welches normalerweise die typischen Diplokokken zu beherbergen pflegte. Das Tier starb am 3. Tage nach der Infektion und wurde sofort seziert. Insbesondere zahlreich waren hier die Bakterien im Herzblute zu finden. Blutproben, die aus dem Herzen und aus der Leber entnommen wurden, liefsen, weder sogleich noch nach 24 Stunden zentrifugiert, eine Färbung des Serums erkennen. Es ist also bei der Infektion des Kaninchens mit Diplokokkus Fränkel und Weichselbaum eine Lösung der Erythrozyten weder als Hämoglobinämie noch als Nachhämolyse konstatierbar gewesen.

Über die Toxinbildung des Diplokokkus Fränkel-Weichsel- bäum ist noch wenig Sicheres bekannt geworden; nach Weichselbaum (^'^) neigt man der Ansicht zu, dafs das spezi- fische Toxin an die lebende Bakterienzelle gebunden sei, also in die Gruppe der Endotoxine gehöre. Wenn wir dieser Auf- fassung Rechnung tragen, so wäre nach unseren Erfahrungen noch hinzuzufügen, dafs dieses Endotoxin des Diplokokkus im Verlaufe der Infektion beim Kaninchen keine hämolytische Endotoxinkomponente zu äufsern scheint, da Hämolyse im Tier- versuch nicht auftrat.

X. Über Hftmolysc bei Misehinfektionen.

Der Bericht über unsere Erfahrungen bei Infektionen, welche durch einen einzigen Infektionserreger verursacht worden waren, soll nicht abgeschlossen werden, ohne auf das schwierige und noch so wenig geklärte Kapitel der Mischinfektionen ein wenig Rücksicht genommen zu haben.

1) Zit. nach v. Lingelsheim, Tetanus im Handbach yon Kolle und Wassermann.

288 Über Hämolyse im Reagensglas und im Tierkdrper.

Wir hatten nicht die Absicht gehabt, den hier so kompliziert liegenden Verhältnissen experimentell näher zu treten, aber im Laufe der Untersuchungen haben sich ab und zu bei den Sek- tionen interessante Befunde ergeben, von denen der eine oder der andere noch in Kürze mitgeteilt werden soll.

Wir haben gelegentlich der Infektion mit Bazillenpyocyaneus (Kaninchen) gesehen, dafs eine Schädigung der Erythrocyten aufzutreten pflegt, welche wir stets als Nachhämolyse konstatieren konnten. Gelegentlich dieser Versuchsreihen beobachteten wir auch einen Fall (Tab. L) welcher mit Pyocyaneus infiziert im Sektionsblute die Nachhämolyse vermissen liefs. Da wir glücklicherweise gerade bei diesem Falle die einzelnen Ent- nahmen sowohl mikroskopisch als kulturell genau auf ihren Bakteriengehalt untersucht haben, so bot der Sektionsbefund mit den während des Lebens gemachten Beobachtungen zusammen- gehalten ein aufserordentlich instruktives Bild. Am Tage nach der Infektion, auch noch am zweiten Tage nachher, sehen wir Nachhämolyse auftreten wohl als Folge der Pyocyaneus- infektion weiterhin hört diese Erscheinung auf und das Sektions- blut zeigt nun ebenfalls einen hinsichtlich der Erythrocyten- schädigung völlig negativen Befund. Die genaue bakteriologische Untersuchung aber zeigt uns, dafs wir im Blute und den Or- ganen des ja unmittelbar nach dem Tode sezierten Tieres nicht weniger als dreierlei voneinander verschiedene Bakterienarten vertreten finden Einmal im Herzblute kurze dicke, nicht weiter bestimmte Stäbchen und Staphylokokken, in der Leber Bacillus Pyocyaneus und die erwähnten kurzen Stäbchen, in der Milz endlich wiederum das Stäbchen und aufserdem noch Staphylo- kokken.

(Siehe Tabelle L auf S. 289.)

Das angeführte Beispiel dokumentiert uns wohl in eindring- licher Weise, dafs bei derartigen Untersuchungen die ausgiebigste Anwendung aller uns zur Verfügung stehenden bakteriologischen Behelfe in den einzelnen Phasen der Infektion eine dringende Notwendigkeit ist, um zunächst einwandsfreie Resultate zu er- halten. Von diesen bis zum vollen Verständnis des Mechanismus

Von Dr. Oskar R. von Wanschheim.

289

der Mischinfektion liegt ja leider noch ein weiter und ver- schlungener Weg. Hatten wir im eben beschriebenen Falle von Haus aus die Wirkung unseres Erregers auf die roten Blut- körperchen ja gekannt und die ausgebliebene vermifst, so lagen in einem anderen Versuche die Verhältnisse umgekehrt.

Tabelle L. Mischinfektion bei arsprünglicher Infektion mit Bacillas pyocyaneas

(Kaninchen Nr. 89/III).

H |! NH

Bakterioloßiscber Blutbefund

Agantrich

16. VI. IJKontrolle

5h30'Agarknltur intraperitoneal

17. VI.

18. VI.

19. VI.

20. VI

t

11h 30^ !

1211 16' ;i

7h

6h 30' 11h 30' 12h 42^

+

+

li

0

0

0 0

Sektion sofort ' i'

Herz

Leber

Milz

0

2 Kolonien Pyocyaneus steril

Pyocyaneus rein 1 Kolonie kurze dicke Stäbchen

Herz: Kurze dicke Stäbch. -{- Staph. Leber: 2 Kolonien Pyocyaneus -|-

12 Kolon, kurze dicke Stäbchen Milz: Kurze dicke Stäbch. -f- Staph.

Um bei einem Meerschweinchen Tetanus zu erzeugen, hatten wir demselben ein mit Tetauuseiter getränktes Wattebäuschchen subkutan eingebracht. Das Eiter war durch subkutane Impfung mit tetanushaltiger Gartenerde von einem Kaninchen gewonnen worden. Es war also natürlich, dafs dasselbe neben Tetanus- bazillen auch noch andere Bakterien enthalten mufste. Das Tier starb in der auf den Infektionstag folgenden Nacht, ohne te- tonische Symptome dargeboten zu haben, da wohl die Zeit zur Entwicklung derselben zu kurz gewesen war. Bei der Sektion nun fand sich eine ausgedehnte mit difEusen Blutungen durch- setzte ödematöse Infiltration der Brust- und Bauchmuskulatur, im Anschlüsse an die Infektionsstelle sich ausbreitend. Mikro- skopisch fanden sich an der Infektionsstelle die verschiedensten Formen von Bakterien neben Tetanusbazillen auch ferner an die

290 Ober Hämolyse im Reagensglas und im Tiet'körper.

Bakterien des malignen Odems erinnernd, im Odem zahlreiche kurze plumpe Stäbchen in Reinkultur.

Das Serum des Tieres zeigte weder bei der Sektion noch nach weiteren 24 Stunden irgend eine Verfärbung, also war eine Lösung der Erythrozyten mit Sicherheit auszuschliefsen.

Die bakteriologische Untersuchung des Odemsaftes sowie der Organe wurde mit aeroben und anaeroben Kulturmethoden vor- genommen. Die aerobe Kultivierung ergab das erwähnte plumpe Stäbchen aus Odemflüssigkeit, Herzblut und Leber in Reinkultur, während in den anaeroben von der Impfstelle und dem Muskel- ödem angelegten Kulturen aufser Tetanusbazillen noch ver- schiedene andere Bakterien wuchsen. Als wir nun eine Rein- kultur des sonst nicht weiter bestimmten aeroben plumpen Stäbchens, das seinem Verhalten nach in die Gruppe der Bak- terien der hämorrhagischen Septikämie zu gehören schien, einem zweiten Meerschweinchen inokulierten, erlag dasselbe der Infektion innerhalb von 48 Stunden ; die Blutuntersuchung ergab deutliche Hämolyse! Da nun ja diese Erscheinung bei dem anderen Meer- schweinchen ausgeblieben war, so unterliegt es wohl keinem Zweifel, dafs bei der Mischinfektion sich Vorgänge abgespielt hatten, welche von der normalen Wirkung des in Reinkultur applizierten Stäbchens wesentlich abwichen, indem Hämolyse das eine Mal (Reinkultur) beobachtet, das andere Mal aber Mischinfektion vermifst wurde.

Schiurswort.

Fassen wir die Resultate der vorstehenden Untersuchungen kurz zusammen, so haben wir hinsichtlich der durch Bakterien- infektionen (beim Kaninchen) bewirkten oder ausbleibenden Blutlösung, wenn wir Hämoglobinämie und Nachhämolyse in Betracht ziehen, drei grofse Gruppen zu unterscheiden. Eine, bei der wir sofort nach dem Tode, also auch zur Zeit des Todes, keine Lösung von Erj^throzyten, jedocli deren Schädigung als Nachhämolyse konstatieren können, während wir bei der zweiten unmittelbar nach dem Tode intensive Hämoglobinämie beob- achten. Die dritte Gruppe umfafst jene Infektionen, bei denen

Von Dt. Oskar R. von Wunschheim. 291

zur Zeit des Todes weder eine Hämoglobinäraie noch auch Nach- hämolyse nachzuweisen ist, bei denen also eine Schädigung der roten Blutzellen keine besondere Rolle zu spielen scheint.

Zu Gruppe I gehören die Infektionen mit Streptokokken, Bacillus pyocyaneus, Hühuercholera, Bacterium coli und Typhus- bazillen. Gruppe II vertritt die Milzbrandinfektion. Gruppe III repräsentieren der Diplokokkus pneumoniae Fränkel und Weichsel bäum und die Tetanusinfektion.

Die Staphylokokkeninfektionen teilen sich je nach ihrem Verlauf in Gruppe II oder III. In erstere gehören die hoch- akuten, in letztere die chronischen Fälle mit multipler Absce- dierung. Ziehen wir aber die Grenzen noch enger und basieren wir die Einteilung nur auf Lösung oder Nichtlösung der Ery- throzyten, ohne den Lösungsmodus zu spezialisieren, so können wir zwei Typen der Infektionen aufstellen, solche, in derem Ver- laufe eine Bakterienwirkung auf die roten Blutzellen auftritt: bämolysiereude und solche, in denen keine Wirkung sich äufsert, nichthämolysierende Infektionen.

Dem Wesen der Hämolyse seien noch einige Zeilen ge- widmet.

Über die Konstitution jenes von Bakterien gelieferten Körpers, der im Reagensglase Erythrozyten löst, sind wir zurzeit noch völlig im Unklaren. Uns sagt die Bezeichnung Staphylolysin, Tetanolysin usw. nichts anderes, als dafs gewisse Bakterien Stoffe bilden, welche, in vitro präformiert, imstande sind, in vitro Erythro- zyten zu lösen. Dafs manche dieser Stoffe, Tieren einverleibt, dieselbe Wirkung ausüben, konnten wir für das Staphylolysin zeigen, dafs aber durchaus nicht alle Bakterien, welche in vitro ein Hämolysin erzeugen, auch bei Infektionen im Tiere Blut- körperchen lösen, haben wir beim Tetanusbazillus gesehen. Be- vor noch die moderne Forschung sich mit den Bakteriohämo- lysinen befafste, hatte man die Eigenschaft mancher Sera, heterogene Blutkörperchen zu lösen, studiert, aber trotz vieler dieses Gebiet bearbeitenden Untersuchungen sind die Beobachter heute noch über Wirkungsweise und Konstitution der Serum- hämolysine nicht einig. Zwei Richtungen stehen sich gegenüber.

292 Über Hämolyse im Reagensglas und im Tierkörper.

Buchner, Bordet, Ehrlich treten dafür ein, dafs rein chemische Vorgänge als Gründe für die Hämolyse im hetero- genen Serum aufzufassen seien, während in neuester Zeit ins- besondere V. Baumgarten (*^) den Standpunkt vertritt, »dafs osmotische Prozesse eine mafsgebende Rolle bei Hämolyse im heterogenen resp. Immunserum spielen c

Wir haben dieses Gebiet in unserer Arbeit nicht betreten, denn die wenigen Versuche, in denen es sich darum handelte, nachzuweisen, ob z. B. Milzbrandkaninchenserum normale Kaninchenerythrozyten löse, gehören ja nicht hierher, die Auf- gabe, die wir uns gestellt hatten, ist ja eigentlich mit dem Nachweise und der Aufstellung der grofsen Hauptgruppen »hämo- lysierende und nicht hämolysierende Infektionen c gelöst, aber die Gründe, die für und wider bei der Serumhämolyse geltend gemacht werden, fallen ja möglicherweise auch bei der Bakterio- hämolyse und den Bakteriohämolysinen ins Gewicht, und von diesem Standpunkte aus möchten wir ein oder das andere Ver- suchsresultat noch einmal Revue passieren lassen.

Der wohl interessanteste Befund bei sämtlichen Infektionen ist die intensive Hämoglobinämie, die wir zur Zeit des Todes beim Milzbrandkaninchen fanden. Schon einige Zeit vor dem Tode zeigen uns Proben mit erfolgter Nachhämolyse an, dafs eine Schädigung der Erythrozyten eingetreten sei.

Handelt es sich hier um Giftbindung oder um Anisotonie des Mediums, in dem die roten Blutzellen sich befinden, also des Serums?

Von dem Gedanken ausgehend, dafs vielleicht im Blute durch die zirkulierenden Bakterien ein Abbau des Kochsalzes erfolge und dadurch eine Hypotonie des Serums bedingt sein könne, haben wir ja oben den Kochsalzgehalt in verschiedenen Phasen der Infektion bestimmt, aber keine Verminderung des- selben gefunden. Doch da wäre immer noch die Möglichkeit gegebeil, dafs bei normalem Kochsalzgehalt der Gesamtsalzgehalt des Blutes, das wir ja nicht bestimmt haben, verändert, herab- gesetzt worden sein konnte, und trotz normalen NaCl-Gehaltes eine Ilypo-, event. eine Hypertonie des Plasmas bestanden haben

Von Dr. Oskar R. von Wunschheim. 293

könne. Dagegen sprechen deutlich die Versuche mit Milzbrand- kaninchenserum und normalen Erythrozyten, die hätten gelöst werden müssen, wenn das Serum nicht isotonisch gewesen wäre. Eine Anisotonie des Mediums hat also hier keine Rolle gespielt. Wir wenden uns also der zweiten der herrschenden Ansichten zu, der Theorie der Giftbindung. Direkte Beweise hierfür lassen sich begreiflicherweise schwer geben, so lange wir keine Methoden des chemischen Nachweises besitzen, wir werden immer nur auf Analogieschlüsse angewiesen sein und auch negative Momente, wie der Nachweis, dafs mangelnde Isotonie für eintretende Hämo- lyse nicht verantwortlich zu machen gewesen sei, werden die Gifttheorie zu stützen haben. Zur Ansicht Ehrlichs, dafs wir uns die Giftwirkung im Erwirken der Durchlässigkeit der diffusions- verhindernden Membran der Erythrozyten vorzustellen haben, liefert Pascucci (^) in einer Arbeit aus dem Hofmeister- sehen Institute einen instruktiven Beitrag. Er konnte zeigen, dafs Blutgifte ganz verschiedenen Ursprungs und Charakters (Saponin, Solanin, Kobragift und Tetanotoxin) Lecithin-Cholesterin- membranen alterieren und permeabel machen. Dieser Vorgang lief um so rascher ab, je geringer der Cholesteringehalt der Mem- bran bemessen wurde. Nun tritt Pascucci auf Grund des chemisch-physikalischen Verhaltens der Erythrozyten dafür ein, dafs wir uns die Blutkörperchen nicht mit einem »schwammartig aufgebauten protoplasmatischen Gerüste ausgestattet zu denken haben, sondern als bläschenförmig gebaute Körper, deren Mem- bran das Stroma bildet, vorstellen sollen. Nach den Ausfüh- rungen desselben Beobachters besteht nahezu ein Drittel der Trockensubstanz der Stromata aus Lecithin und Cholesterin, und Pascucci wirft die Frage auf, ob es nicht unter den geschil- derten Verhältnissen gestattet sei, anzunehmen, »dafs die Wir- kung der blutscheibenlösenden Gifte nicht ganz oder doch in erster Reihe durch chemische Einwirkung, auf die die Membran zusammensetzenden Stoffe zustande kommt«. Die Ansicht hat gewifs etwas Bestechendes. Ob sie für die Infektion im Tier- körper geltend gemacht werden kann, mufs erst durch ent- sprechende Versuche erwiesen werden, doch scheint uns die

294 Über Hämolyse im Reagensglas und im Tierkörper.

Auffassung Pascucci» mit unserer Ansicht vereinbar, dafs bei Infektionen das die roten Blutzellen schädigende Agens, das hypothetische Bakteriohämolysin (etwa nach Pascucci eine Lecithin und Cholesterin lösende Substanz) von seiten der Bakterien im Tierkörper produziert werde.

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THE N ZV. . '^V

Weitere Erfahrnngen Aber Aggressinimmimilllt gegen den Shiga-Emseschen DysenteriebazUlns.

Von

Dr. Yonetarö Kikuchi.

(Aus dem Hygienischen Institut der deatschen üniversitAt in Pirag.

Vorstand: Prof. Hueppe.)

In einer vorläufigen Mitteilung (> Wiener kl. Wochenscbriftc 1905, Nr. 17) wurde bereits über Versuche berichtet, vermittelst der Aggressine des Shiga-Kruse sehen Dysenteriebazillus empfäng- liche Tiere aktiv und passiv zu immunisieren. Die Versuche sind seither weiter geführt worden, ohne noch mit völlig befriedigen- den Resultaten abgeschlossen werden zu können. Da aber äufsere Umstände zu einer langen Unterbrechung zwingen, mögen die erzielten Ergebnisse hier mitgeteilt werden, besonders da sie bereits erkennen lassen, welche Verhältnisse besonders bei der Immunisierung gegen den Dysenteriebazillus und bei der even- tuellen Herstellung eines Heilserums für den Menschen in Frage kommen können.

Der Shiga-Krusesche Dysenteriebazillus gehört seiner Wirkung im Tierversuche nach in die nächste Nähe des Cholera- vibrio, Typhus- und Kolonbazillus. Es handelt sich um die Gruppe der fakultativ invasiven oder Halbparasiten, deren Hauptkenn- zeichen in ihrer sehr geringen Aggressivität besteht. Sie ver- mögen erst in einer gewissen Anzahl von Individuen im Körper (der Bauchhöhle) geeigneter Lebewesen so viel Aggressivität auf- zubringen, um sich reichUch zu vermehren. Auch dann aber

ArohlT f. Hyfi«ii«. Bd. UV. ^

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Von Dr. YonetarO Kikachi. 299

stattgefanden hat, der Phagozytose so gut wie nicht unterworfen^); ebenso wie bei Milzbrand können bei geringer intraperitonealer Infektion Leukozyten in beträchtlicher Zahl in die Bauchhöhle übertreten, ohne dafs Phagozytose zu beobachten w&re. Diese findet hingegen bei Halbparasiten stets statt, wenn nur nicht die Infektion eine derartige war (grolse Bazillenmenge, gleichzeitige Aggressineinspritzung), dafs Leukozyten ferngehalten wurden. Der BegrifE der Virulenz hat mit diesem Verhältnisse wenig zu tun; ob ein Typhus- oder Dysenteriebazillus mit Vöo ^^^^ ^ai^ 5 Ösen tötet, stets findet bei Anwendung einfach oder wenig mehr- fach tödlichen Dosen starke Hyperleukozytose und Phagozytose statt, und bei Verwendung von vielfach tödlichen Mengen bleiben Leukozyten bei den wenig wie bei den hochvirulenten aus; die wenigen, meist am Netze abgelagerten Zellen zeigen dennoch Phagozytose.

Es liegt also [diesem abweichenden Verhalten gegen die Zellen wie gegen die Flüssigkeiten des Körpers eine vollkommene gegensätzliche Organisation von Halbparasiten und echten Para- siten zugrunde, und es ist klar, dafs diese Feststellungen auch auf das Vorgehen bei der aktiven Immunisierung und der Her- stellung von Immunserum nicht ohne Einfiufs bleiben können.

Wenn denselben im folgenden noch nicht überall Rechnung getragen ist, so liegt die Ursache darin, dals diese Umstände erst im Laufe der Immunisierungsversuche von Prof. Bail mit Typhus und Cholera und der eigenen mit Dysenterie ermittelt wurden.

Aus den eben erwähnten Darlegungen geht hervor, dafs für die Erzielung einer aktiven Immunität zur Verhütung einer drohenden und für die Herstellung eines Serums zur Heilung einer bereits ausgebrochenen Krankheit verschiedene Wege ein- geschlagen werden können.

Die aktive Immunisierung kann nach dem bisherigen Stande der Kenntnisse eine zweifache sein und entweder Bakteriolyse oder Antiaggressivität erzielen wollen. Mittels ersterer sollen

1) Vgl. Zilberberg und Zeliony, Annales de llnstitut Pasteor, 1901, S. 615.

20*

300 Aggrewriniinmanitat gegen den Bhiga-KroBeschen DyBenteriebaiillaB.

sollen die Infektionserreger abgetödet werden, noch ehe sie sich im Körper in gefahrdrohender Weise vermehren können. Dafs dieses Ziel bei der intraperitonealen Impfung von Meerschweinchen verhältnismäfsig leicht und sicher erreicht werden kann, ist sicher bewiesen. Ob das, was für einen intraperitonealen Versuch gilt, auch auf die natürliche Menscheninfektion übertragen werden darf, ist aber fraglich. Denn zunächst hat Bail zeigen können, dafs die Abtötung von Typhusbazillen, die in der Meerschweinchen- bauchöhle relativ glatt und rasch erfolgt, schon innerhalb der Organe nicht in gleicher Weise sich sichtbar machen läfst; ob durch die hak terioly tische Fähigkeit des Blutes innerhalb des Darmlumens überhaupt eine Wirkung erzielt werden kann, muls aber als sehr unsicher erscheinen. Die klinischen Erfahrungen von Stern, Körte und Steinberg, Jürgens, wonach trotz ausgebildeter, natürlich erworbener bakteriolytischer und agglu- tinierender Fähigkeiten Typhusrezidive nicht verhütet werden, sprechen nicht dafür. Da in neuerer Zeit durch Wright in England, durch das Institut für Infektionskrankheiten ^) in Deutsch- land Menschenimpfungen zur Erzielung aktiver Immunität gegen Typhus angewendet worden sind, wird ihr Ergebnis abgewartet werden müssen. Für die Choleraimpfungen nach Haffkin, die DysenterieimpfuDg von Shiga u. a. gilt das Gleiche.

Inzwischen mufs aber angesichts der erwähnten Bedenken das Bestreben berechtigt erscheinen, die zur Verfügung stehenden Impfmethoden durch Einführung und Erprobung der Aggressin- immunität zu vermehren. Ihr Prinzip weicht von der bakterio- lytischen Immunisierung sehr beträchtlich ab.

Hier handelt es sich nicht so sehr um Abtötung der in den Körper bereits eingedrungenen Bakterien, die mindestens bei Typhus schon in den Organen und wohl ebenso im Darminhalt schwer zu erreichen sein dürfte. Ein direkter Angriff auf die Lebensfähigkeit der Infektionserreger wird hier gar nicht beab- sichtigt, nur die Aggressivität derselben, d. h. die Ausschaltung

1) Klinisches Jahrbuch, Bd. XIV, Heft 2 (Gaffky,Kolle, Heisch und Kutscher).

Von Dr. Tonetarö Kikuchi. 301

der natürlichen Schutzkrftfte des Organismus soll aufgehoben werden.

B a i 1 hat diese Immunisierung bereits mit der antitoxischen verglichen, welche sich ebenfalls nicht so sehr um die Erreger als um ihr Gift, also das eigentlich krankmachende Agens kümmert.

Für Halbparasiten nach Art des Dysenteriebazillus ist die Aggressivität aber die unerläfsliche Voraussetzung der Krankheit: denn nur die Ausbildung von Aggressinen ermöglicht es dem so labilen Bazillus im normalen Tierkörper bis zur krankheits- erzeugenden Menge heranzuwachsen.

Gelingt es, durch passive oder aktive Immunisierung einen 1 antiaggressiven Körperzustand c herzustellen, so bleiben die Schutzkräfte des Organismus, die sonst gelähmt werden, tätig und beseitigen früher oder später die Krankheitserreger.

So einleuchtend diese Vorstellungsweise ist, so bedarf sie doch nach der Eigenart der halbparasitischen Dysenteriebazillen und den inzwischen über Aggressinimmunität gemachten Er- fahrungen mehrfacher Ergänzungen.^) Das Studium der Aggressin- immunität gegen echte Parasiten hat nämlich das eigentümliche Resultat gehabt, dals zwar, wie vorauszusehen war, eine rasche Abtötung der Bazillen im Tiere nicht stattfindet, dafs aber ge- legentlich auch eine sehr bedeutende Vermehrung im immunen Organismus eintreten kann, ohne dafs diese von den geringsten Krankheitserscheinungen begleitet ist. Namentlich die schönen Versuche von Weil mit Hühnercholera und Schweineseuche im Peritoneum aktiv und passiv immuner Meerschweinchen haben dies deutlich gemacht.

Aber auch für Milzbrand fand B a i 1 im immunen Tiere lange Zeit Bazillen. Sobernheim, dessen Milzbrandimmunität sicher eine antiaggressive ist, fand sogar Vermehrung im kreisenden Blute. Keine der gegenwärtig geltenden Anschauungen über

1) Ich bin Herrn Prof. Bail und Herrn Dr. Weil für die gütige Über- laissang ihrer diesbezüglichen, ausführlich erst später zu veröffentlichenden Erfahrungen zu groÜBem Danke verpflichtet

302 AggreBsinimmunität gegen den Shiga-EmseBchen DysenteriebazillaB.

Immunität vermag sich mit diesen Feststellungen abzufinden, als die Aggressintheorie. Denn sobald nur die Aggressine durch den Immunzustand paralysiert sind, hat die Vermehrung, die ja doch nicht eine schrankenlose Durchwucherung bedeutet, keine gröfsere Wichtigkeit als das Bakterienwachstum etwa in der Mundhöhle. Schliefslich fallen die Bakterien doch den Körper- schutzkräften zum Opfer. Die grofse Bedeutung der Unter- scheidung von obligat invasiven Parasiten und Halbparasiten zeigt sich also gerade hier wieder sehr deutlich.

Parasiten im natürlich virulenten Zustande unterliegen der Auflösung durch die Eörpersäfte^ wie der Phagozytose so gut wie gar nicht und wahrscheinlich deshalb wirken sie nicht un- mittelbar vergiftend. Anders bei den Halbparasiten und unter diesen ganz besonders bei Dysenteriebazillen.

Sie unterliegen der Phagozytose wie der Auflösung durch Körpersäfte sehr leicht. Erstere stellt die unschädliche Beseiti- gungsweise dar, denn dadurch wird das etwa freiwerdende Gift sofort unschädlich gemacht. Letztere bedeutet die plötzliche Resorption von Endotoxin. Denn es ist wohl kaum zu be- zweifeln, dafs sowohl die Giftwirkung im Exsudate infizierter Tiere als die in älteren Bouillonkulturen auf gelöste Endotoxine zurückzuführen ist. Da man nun gezwungen ist, zur erfolg- reichen Infektion eines Tieres mit Dysenteriebazillen grofse Mengen zu injizieren, so kann auch trotz bestehender Anti- aggressivität Vergiftung eintreten, wenn nicht, wie dies Regel ist, Leukozyten das Gift paralysieren. Erfolgt aber im immunen Tiere, so wie bei der Immunität Weils gegen Hühnercholera Vermehrung so bedeutet das bei Halbparasiten eine Giftanhäufung, der gegenüber auch die Leukozyten schliefslich versagen müssen. Es ist also das, was bei einem Parasiten für den Tierkörper ganz unschädlich ist, bei einem Halbparasiten gefährlich.

Aus diesen Darlegungen geht hervor, dafs die Immunität gegen den Dysenteriebazillus eine ganze Reihe von Momenten berücksichtigen mufs, unter denen aber dem gegen die Gift- wirkung gerichteten unter allen Umständen eine sehr grofse Be- deutung zukommt. Diese kann wieder in zweifacher Weise er-

Von Dr. TonetarO Kikachi.

303

folgen : durch Erzeugung einer direkten Antitoxinimmunität und durch Steigerung der normalen Giftbindung durch die Leukozyten. Dafs die Zellen dazu imstande sind, wurde bereits bewiesen^); wenn solche rasch und reichlich zuströmen, so können sie durch Phagozytose an der Zerstörung der Bazillen in ungefährlicher Weise arbeiten und überdies das sonst entstandene Gift be- seitigen. In der Tat sind aktiv aggressinimmune Tiere, wie bereits angeführt wurde, dazu imstande. Aber solche werden auch bis zu einem gewissen Grade antitoxisch immun sein, da das zur Injektion verwendete Peritonealexsudat dysenterischer Meer- schweinchen aufser Aggressin auch Gift enthält und dieses im Blute vorbehandelter Tiere Antitoxin erzeugen kann. In der Tat sind Meerschweiuchen nach zweimaliger Injektion sterilen, auch von toten Bazillen so viel als möglich befreiten Aggressins völlig immun, auch gegen schwere Infektion, die für Kontrolltiere in kurzer Zeit tödlich ist. Aufser den bisher angeführten Bei- spielen seien noch zwei Versuche hierüber angeführt:

Tabelle I.

Infektion I Tod

Bemerkungen

90 i! 12. XII. I 1,0 ccm I Agfrrensin 'subkutan ,1 28. I. ,| 1,5 ccm ,' Agfo'essin li subkutan

153 1 Kontrolle

12. II. 2 Agar* knltnren 1. perit.

wie 90

lebt

in der Nacht

Nach 1 Std. merkt man viele Haufen von Bazillen, vielfach um Leukozyten herum. Nach 2 Std. hochgradige Haufenbildung der Bazillen. Die Haufen liegen vielfach, aber nicht sämtlich, um Leukozyten herum. Nach 3 Std. sind sowohl die Haufen wie die Phagozytose verschwunden. Freie Ba- zillen fehlen in dem leukozytenreichen Exsudate. Lebt.

Nach 1 Std. massenhaft Bazillen. Nach 2 Std. deutliche, starke Vermehrung ; einige Leuko- zyten. Nach 3 Std. keine Zunahme der Leukozyten, von denen einige schwache Phagozytose zeigen. Enorme Bazillen- mengen. Die Sektion ergibt das Bild schwerer Infektion.

1) Berliner klin. Wochonschr., 1905, Nr. 15.

304 Aggretsininimanität gegen den Bhiga-EniBeBcben Dysenteriebaallas.

Tabelle ü.

Nr.

Vorbe- handlang

Infektion

Tod

Bemerkungen

91

158

12. XII.

1,0 ccm

Aggreesin

subkutan

38. L

1^ ccm Aggressin subkutan

13. n.

2,5 ccm

Exsudat

von T. 152

i. perit

lebt

Kontrolle

Wie 91

nacb 8 8td.

Nacb 1 Std. haben sich alle Bazillen zusam- mengeballt Leukozyten, davon die poly- nuklearen mit schwacher Phagozytose, be- reits zahlreich. Nach 2 Std. haben die Bazillen stark abgenommen, die Zahl der Leukozyten ist sehr gestiegen. Hochgradige Phagoz3rtose. Nach 3 Std. nur vereinzelte Bazillen noch zu finden. Weitere Vermeh- rung der Leukozyten, nur noch hie und da mit Phagozytose. Nach 4 und 7 Std. reiner Eiter ohne Bazillen. Das Tier sieht krank aus, erholt sich am nächsten Tage.

Nach 1 Std. wenig Lymphozyten, massenhaft Bazillen ohne Haufenbildung. Nach 2 Std. : In dem von Bazillen dicht erfüllten Tropfen finden sich vereinzelte polynukleäre Leuko- zyten mit Phagozytose. Nach 3 Std. noch weniger Leukozyten wie vorher. Ununter- brochene Vermehrung der Bazillen. Nach 4 u. 7 Std. fast nur Bazillen im Exsudate. Sektionsbefund der schwersten Infektion.

Durch eine einmalige Injektion von sterilem Aggressin konnte bisher eine sichere und ausgiebige Immunität gegen grofse Bazillenmengen nicht erzielt werden.

Tabelle HL

Nr.

Vorbe- handlung

Infektion

Tod

Bemerkungen

214

215

216

0,5 ccm

steriles

Aggressin

subkutan

1,5 ccm

steriles

Aggressin

subkutan

Nach 15 Tg.

iVt Agai-

iniltar

i. peilt.

wie 214

Kontrolle

in der Nacht

nach 24 Std.

wie 214

Inder Nacht

Kein Unterschied gegen 216.

Nach Vt S^* trat undeutliche, nach 2 Std. auffallend starke Haufenbildung ein. Nach 3 Std. erschienen viele polynukleäre Leuko- zyten mit starker Phagozytose, und die Zahl der Bazillen nahm ab. Nach 7 Std. trat wieder Vermehrung der Bazillen ein, trotz reichlichem Leukozytengehalt der Bauchhöhle. Die Sektion lieferte das Bild einer leichten Infektion mit dickem eitrigem Exsudate und reichlichen Auflagerungen.

Bild schwerster Infektion mit progressiTer Bazillenzunahme ohne Leukozytenzutritt

Von Dr. TonetarO Kikaehi. 305

Was die Immunisienmgsmethode betrifEt, so ist bisher aller- dings eine einfache Injektion von 0,5 und 1,5 com Aggressin noch nicht hinreichend gewesen, um vollständige Immunität gegen grofse Bazillenmengen zu verleihen, was bei Typhus nach dem Versuche von Bail leicht gelingt. Immerhin ist der Infektions- verlauf bei Meerschweinchen 215 bereits ein weit leichterer als der der anderen Tiere, so dafs die Wirkung der immunisierenden Aggressininjektion bereits ganz klar hervortritt. Es ist dazu weiter zu bemerken, dals es sehr auf die Stärke des verwendeten Aggressins ankommt, worauf in den bisherigen Versuchen noch nicht genügend geachtet worden war. Wenig wirksame Aggressine hinterlassen, ebenso wie durch Erhitzen auf 60^ gröfstenteils zer- störte, nur sehr geringe Immunitätsgrade, von denen es dazu noch sehr unsicher ist, ob es nicht etwa Spuren von bakterizider Immunität sind.

In allen Versuchen mit aktiver Aggressinimmunität tritt das rasche und reichliche Erscheinen der Leukozyten deutlich her- vor. Was das Verhalten der Bazillen betrifft, so wird über die merkwürdige Haufenbildung im Tierkörper noch unten einiges zu sagen sein. Wodurch die Bazillen selbst zugrundegehen, ist mit aller Sicherheit bisher noch nicht festgestellt worden. Eine typische Granulabildung wurde nur selten und stets nur in sehr geringem Grade beobachtet; von den bakteriolytischen Lösungs- erscheinungen, über die Kruse, Shiga und Lentz im Serum berichten, war nichts zu finden. Phagozytose, manchmal sehr hochgradig, fehlte zwar nie, aber der grölste Teil der Bazillen war oft schon verschwunden, noch ehe die Zellen reichlich ein- getreten waren. Es ist sehr wahrscheinlich, dafs die Dysenterie- bazillen in kurzer Zeit förmlich ausgefällt wurden und sich an die Wand der Bauchhöhle und namentlich am Netze nieder- schlagen, wo Leukozyten sich ansammeln und als Phagozyten wirken. Das ist dann im aggressinimmunen Tiere der gleiche Verlauf, wie ich ihn in gemeinsamer Arbeit mit Herrn Dr. Weil*) bei intraperitouealer Injektion von Pseudodiphtheriebazillen, welche nicht imstande sind aggressiv zu wirken, beobachten konnte, so

1) ^ener klin. Wochenschr., 1905, Nr. 25.

306 AggreMinimmanität gegen den Shiga Kroseschen Dysenteriebazillns.

dafs die Dysenteriebazillen im aggressinimmunen Tiere sich ein- fach wie reine Saprophyten verhalten. Ob dabei auch eine ge- wisse Bakteriolyse mitwirkt, ist mit Sicherheit nicht auszu- schliefsen, Hauptsache ist sie jedenfalls nicht.

Eine Vermehrung der Bazillen, wie sie bei der Aggressin- immunität gegen Parasiten möglich ist, trat nicht ein, wo sie schliefslich, wie z. B. bei Meerschweinchen 215 erfolgte, war sie von Krankheit und Tod gefolgt. In der Tat bedeutet ja Ver- mehrung der Bazillen bei Dysenterie gleichzeitig Giftanhäufung, welcher die Immunität gewachsen sein müfste. Das rasche und reichliche Erscheinen der Leukozyten hat jedenfalls die Gift- und Aggressinbeseitigung zur Folge. In den erwähnten beiden Versuchen ist Giftmenge (zwei Agarkulturen) und Aggressin- menge (2,5 ccm Exsudat, vgl. den Infektionsverlauf beim Kontroll- tiere) verhältnismäfsig eine ungeheuere, und dennoch hat die Immunität standgehalten. Aber dennoch ist die Giftparalysierung keine ganz vollständige gewesen. Denn abgesehen davon, dafs die Immuntiere infolge der Peritonitis am Versuchstage krank aussahen, folgte stets Abmagerung, die erst nach zwei und mehr Wochen wieder der vollständigen Wiederherstellung wich, ein Ereignis übrigens, das auch fast nach jedem Versuche mit grofsen Dosen von Typhus und Cholera mit dem entsprechenden bakterio- lytischen Immunserum eintritt. Marasmus ist aber das Kenn- zeichen der chronisch gewordenen Vergiftung.

Wenngleich damit gezeigt ist, dafs die Giftbeseitigung nach aktiver Aggressinimmunisierung noch einiges zu wünschen übrig läfst, so kann doch das Ergebnis bei der Schwere der Infektion mit und ohne Aggressin als ein günstiges bezeichnet werden. Da die Vorbehandlung mit Aggressin mindestens für Meer- schweinchen eine gänzlich ungefährliche ist, jedenfalls unschäd- licher als die Injektion von Bazillen mit ihren schweren Re- aktionen zur Erzeugung der bakteriziden Immunität^), so dürfte ein Versuch am Menschen für die nächste Zeit gerecht- fertigt sein, wobei zu bedenken ist, dafs der Eintritt der

1) Vgl. Leute, Handbuch von Kolle -Wassermann, Bd. 4, S. 900.

Von Dr. YonetarO Kikuchi. 307

Aggressinimmunität ein relativ später ist (bei Meerschweinchen wenigstens 10, besser 14 Tage bis 3 Wochen), und dafs die be- bandelten Individuen bis zur Erlangung derselben im hohen Grade überempfindlich sind.

Kann so durch die bisherigen Versuche wenigstens das Prinzip der aktiven Aggressinimmunisierung als anwendbar und aussichtsreich bezeichnet werden, so ist die nächste Forderung nach Herstellung eines, womöglich zur Behandlung der mensch- lichen Krankheit geeigneten Immunserums viel schwerer zu er- füllen. Shiga^) wie Kruse'^) gelang es, sehr hochwertige Sera durch vorsichtige Vorbehandlung verschiedener Tiere mit den Bazillen selbst zu gewinnen. Im bakterisiden Reagenzglasver- suche erwiesen sich dieselben als bakterizide Immunsera, während im TierkOrper selbst eine typische Auflösimg nur wenig be- obachtet zu sein scheint.

Agglutination bewirken aber solche Sera sicher, und die Literatur über die Dysenteriebazillenagglutination im Blute von Kranken, Genesenen und immunisierten Tieren ist bereits eine sehr ansehnliche. Da aber erfahrungsgemäfs agglutinierende Bluteigenschaften nicht notwendig mit bakteriolytischen in Be- ziehung stehen müssen, läfst sich über die Natur der Wirkung der von verschiedenen Autoren (Shiga, Kruse, Lentz, Rosenthal) hergestellten und angewendeten Sera nichts sicheres aussagen, obwohl sie schon nach ihrer Entstehungsweise eine bakterizide zu sein scheint. Auch die Versuche an Menschen, die von Shiga, Kruse und Rosenthal mit Serum angestellt sind, geben über die Natur der Senimwirkung keine Anhalts- punkte, wenngleich die Resultate ermutigende sind.

Im wesentlichen gelten für die Gewinnung eines Immrm- serums für kranke oder in kürzester Zeit passiv zu immunisierende Menschen die gleichen Gesichtspunkte, wie sie oben für die aktive Immunität besprochen wurden. Aber ob nun das eventuell ge- wonnene Serum nur bakterizid oder nur antiaggressiv ist, seiner

1) Shiga, Deatsche medix. Wochenschr., 1903, Nr. 18. Zeitschrift f. Hygiene, Bd. 41.

2) Kruse, Deatsche med. Wochenschr., 1901, Nr. 28, 24, 1908, Nr. 1 ff.

308 AggreBainimmonität gegen den Shiga-Enuieschen DyBenteriebaallaB.

giftDeutralisierenden Eigenschaft wird die gröfste Bedeutung zu- erkannt werden müssen. Das geht bereits aus der Beobachtung der Bazillen Wirkung im Tierversuche hervor: die imponierende und relativ rasche Vergiftung von Kaninchen, die langdauemde Abmagerung von Meerschweinchen nach Einführung von Bazillen- mengen, die an sich noch gar nicht imstande sind, sich zu ver- mehren, wirken sehr überzeugend. Giftwirkungen, die sämtlich mit Sicherheit von den Leibessubstanzen der Bazillen hergeleitet werden können, sind ohne Intervention von lebenden Kulturen mehrfach beobachtet worden. Conradi^), sowie N e i f s e r und Shiga^ gewannen Gifte aus Agarkulturen durch Autolyse und Extraktion, in Bouillonkulturen verschiedener Zusammensetzung wurden sie von Todd'), Rosenthal*) und Kraus^) und Dörr aufgefunden. Rosenthal, Todd und Kraus berichten auch in gelungenen Versuchen über Herstellung und Wirkungs- weise antitoxischer Sera.

Wie bereits früher nachgewiesen, enthalten Exsudate dysen- terischer Meerschweinchen neben Aggressin sehr wirksames Toxin, das aber natürlich je nach der Infektion, welcher die betreffenden Tiere erlagen, nach dem Zellgehalte der Flüssigkeit u. dgl. an Intensität wechseln mufs. Es ist kaum zu bezweifeln, dafs auch dieses Toxin als Endotoxin angesehen werden mufs, da in der Meerschweinchenbauchhöhle die Bazillenauflösung schneller und wohl auch ausgiebiger stattfindet als in der Bouillonkultur der erwähnten Autoren. Bekanntlich hat A. Wolf®) der Frage der Endotoxine und der Immunität besondere Aufmerksamkeit ge- widmet und war dabei im wesentlichen zu dem Schlüsse gelangt, dafs zur Erzeugung einer Anti Endotoxinimmunität wenig günstige Aussichten vorhanden sind. Die V^ersuche mit Dysenteriebazillen beweisen, dafs dies für gewisse Mikroorganismen doch gelingt,

1) Conradi, Deatsche med. Wochenschr., 1903, Nr. 2.

2) N elf 8 er und Shiga, Deutsche med. Wochenschr., 1903, Nr. 4.

3) Todd, zit. nach Leute, a. a. 0., S. 899. Journal of Hygiene, 1904, Bd. IV.

4) Bosenthal, Deutsche med. Wochenschr., 1908 u. 1904.

5) Kraus und Dörr, Wiener kiin. Wochenschr., 1905, Nr. 7.

6) Wolf, Zentralbl. f. Bakteriol., 1904, Bd. XXXVII, 8. 890 ff.

Von Dr. TonetarG Eikuchi.

309

und auch jede Aggressinimmunität bei Dysenterie muls schoQ ihrer Herkunft nach antitoxisch sein. Das ist ein sehr groCser Vorteil der durch Aggressineinspritzung gewonnenen Sera, die sich somit gegen die eigentliche Krankheitsursache, die Aggres- sivität der Bazillen, wie gegen das Moment richten, welches die Krankheitserscheinungen auslöst, das Gift.

Das Studium des Dysenteriegiftes im Meerschweinchenexsudate, dessen immunisatorische Wirkung, die Beeinflussung des Giftes durch das erzeugte Antitoxin, der Zusammenhang der dabei selbstverständlich stets zu beobachtenden Präzipitation auf die Giftbeseitigung und Antitoxinstärke^), bilden ebensoviele Probleme von grofser Wichtigkeit, deren Studium hauptsächlich wegen des öfter eintretenden Tiermangels noch nicht bewältigt werden konnte, und die deshalb vorbehalten sein mögen. Es wird ihr Ergebnis später mitgeteilt werden.

Jedenfalls gelingt die Herstellung antitoxischer Sera bei allen Tieren vermittelst aggressinhaltiger Exsudate sicher und ver- hältnismäfsig leicht, wobei allerdings niemals antitoxische Serum- wirkungen von der Stärke etwa der Tetanussera beobachtet werden konnten. Keines der bisher erhaltenen Kaninchen- und Meerschweinchensera schützte bisher mit Leichtigkeit in der Menge von 0,1 ccm Kaninchen. Auch das Serum eines lange behandelten Schafes (s. unten) schützte nur in mäfsigem Grade.

Tabelle IV.

Seram yon Eaniachen 14, nach 7 maliger Injektion von im ganzen 1,08 ccm

Meerschweinchenaggressin binnen 3 Monaten. Als Toxin dient sterilisiertes

Ezsadat des dysenterischen Meerschweinchens 152.

Nr.

Serum

Toxin

Tod

Bemerkungen

67

2,0 ccm

Imman-

senim

sabkutan

Nach 1 St.

0,1 ccm

Toxin

subkutan

Am Abend des 3. Tages wurde schwache Parese der Extremitäten beobachtet, die ohne stärker zu werden, 2 Tage lang be- stand, dann völlig zurückging.

1) Dehne and Hamburger, Wiener klin. Wochenschr., 1904, Nr. 29, vgl. dazu die erst nach Fertigstellung dieser Versuche erschienenen Arbeiten von Sacharoff und Kraus und Pribram, beide Zentralbl. f. Bakteriol., Bd. 39, Heft 1.

810 Aggrearinimmanitit gegen den Shiga-Kraseschen Dysenteriebasillas.

Nr. ü Serum

Toxin Tod

Bemerkungen

68

69

0,5 ccm Immun-

Berum subkutan

wie 67

wie 67

t Wurde am Morien des 4. Tages tot gefun- den, ohne dafs Lähmung beobachtet wor- den wäre.

Am 3. Tage typische Lähmung, die lunahm und am 4. Tage zum Tode führte.

Tabelle V. Serum von Kaninchen 28 (s. Tab. VII) und Meerschweinchen 89 (s. Tab. VII). Als Toxin dient das sterile Exsudat des dysenterischen Meerschweinchens 180.

Nr.

Bemerkungen

88 1,0 ccm Kaninchen- immun- serum i. V.

89 0,25 ccm des gleichen Serums i. v.

87 1,0 ccm normales Kaninchen- serum i. V.

91 1,0 ccm ji Meerschw.- || Immnn- serum i. v.

92.: 0,25 ccm ; des gleichen - Serums i. v.

90 '; 1,0 ccm Normal- Meerschw.- Serum i. v.

Nach 2 St. , 0,1 ccm ■Toxin i. v.

wie 88

> wie 88

Keinerlei Störung.

- wie 88

Keinerlei Störung.

„Am nächsten Tage bereits leichte Parese i der Hinter! üfse und Vorderf üfse, die lang- i| sam bis zum Tode nach 3 Tagen, lu- 'I nahm.

Keinerlei Störung.

wie 88

wie 88

Nach 1 Woche wurde das Tier tot gefun- den, ohne dafs Lähmung beobachtet wurde.

Die Lähmung trat erst am 6. Tage ein, führte aber bereits am Morgen des nächsten Tages zum Tode.

Zu den Giftversueben ist noch einiges zu bemerken. Sie werden natürlicb am besten an Kaninchen angestellt, welche rasch eintretende und sehr charakteristische Erscheinungen^) darbieten. Meerschweinchen zeigen keine Lähmungen, wohl aber Marasmus, dessen Stärke vielleicht sehr von individuellen Ver- hältnissen abhängt. Es war nun sehr auffallend, dafs Meer-

1) Vgl. Archiv f. Hygiene, Bd. 62, S. 404.

Von Dr. Yonetar5 Kikachi.

311

schweinchen, die zur Prüfung der antiaggressiven Serumwirkung Bazillen in grofser Menge intraperitoneal erhalten hatten, auch nach vollständiger Beseitigung jeder Infektionsgefahr sehr oft abmagerten, manchmal auch nach Wochen steril an Kachexie zugrunde gingen. Überdies zeigten solche Tiere oft, trotz des nach einigen Stunden eintretenden günstigen Bazillen- und Zell- befundes in der Bauchhöhle, starke Krankheitserscheinungen, oft ausgeprägter als die Kontrolltiere, deren Bauchhöhle von Bazillen erfüllt war, und die kurze Zeit darauf starben. Gleichwohl war von Bazillenauflösung, wie etwa bei Cholera, nichts zu bemerken, und doch müssen diese Vergiftungserscheinungen auch auf die Bazillen bezogen werden. Gegen sie scheint das im Kaninchen- versuche so deutlich die Lähmungen verhindernde antitoxische Serum nur sehr schlecht zu schützen. Auch bei Kaninchen wurde nach Serum-Exsudatinjektion mehrfach beobachtet, dafs die Tiere, ohne je die geringste Lähmung zu zeigen, nach Tagen oder Wochen eingingen, und zwar meist, ohne dafs Marasmus hohen Grades beobachtet worden wäre. Diese Verhältnisse, welche vielleicht auf eine Mehrheit von Giftwirkungen hindeuten, bedürfen noch sehr der Untersuchung, zu der die relativ leichte und einfache Gewinnung des Dysenterietoxins im Meerschweinchen- exsudate günstige Bedingungen bieten dürfte.

In bezug auf die Wirkung von durch Aggressinimmunisierung gewonnenen Sera mögen zunächst einige Angaben folgen:

Tabelle VI. Qualitativer Verench mit Serum von Kaninchen 14 (e. Tab. IV).

Tod

Bemerkungen

156

157

2,5 ccm Nachestd.

suDKUian, Exsudat eines dysen- ! terischen I Meerschw. i. perlt.

wie 156

lebt

ca. 16Std.

Schon nach Vs Std. finden sich weder Bazillen noch Granula, wohl aber bereits kleine poly- nukleare Leukozyten. Nach 1 Std. starke Vermehrung von kleinen polynukleären Zellen. Nach 2 Std. treten auch grofse poly- nukleäre Leukozyten in dem eitrigen Ex- sudate auf. Nach 3 Std. reiner £iter. Lebt.

Fortschreitende Vermehrung der Bazillen, aber doch nur Sektionsbefund einer mittel- schweren Infektion.

312

Tabelle VIL

Bernm von Meerechweincbeii 89, dae innerhalb 3 Monate 7^ ccm Meer-

Hchweinebenagn^eeein erhalten hatte and Ton Kaninchen 28, das in der

gleieben Zeit mit 0,96 ocm behandelt worden war.

Nr. Herum Infektion Tod

]78i 1,0 ccm Nach ' Meer- 15 Std. „•chwein.- V\ Agar ' Imman- kaltar semm i. perit. flobkatan

lebt

179

1,0 ccm Kanin- chen- Imman- semm fiabkatan

wie 178 i lebt

1801

wie 178

mner-

halb

208td.

Nach V, Stande sind bereite sehr viele Leoko- zjten, aber keine Bazillen mehr in finden. Einige zweifelhafte Granula worden be- obachtet Weiterhin warde daa Ezsodat rasch eitrig, ohne daA noch BaziUen zn sehen waren.

Nach 7i 3^- groIiM Mengen Ton Bazillen, wenig Leakozyten. Nach 1 Std. noch viele Bazillen, aber weniger ala im Kontrolltiere ; hie und da Zaeaiumenballang derselben, meist nm Leukozyten hemm. Nach 2 Std. vermehren sich die Leakozyten onter lang- samer Bazillenabnahme. Nach 3 Std Leako- zyten vermehren sich weiter, die Zahl der Bazillen stark in Abnahme, doch finden sich noch Haafen von Zellen hemm. Starke Phagozytose. Nach 7 Std. sind in dem eitrigen Ezsadate weder Bazillen, noch Granula, noch Phagozytose zu finden.

Progressive Bazillen vermehmng. Nach 2 Std. sind einige Leakozyten vorhanden, die anch PhagozjTtose zeigen, sich aber nicht ver- mehren. Befand der schwersten Infektion.

Alle Autoren, die sich mit DysenterieimmunisieruDg be- schäftigen, betonen die Schwierigkeit der Immunisierung von Kaninchen mit Bazillen, während die Behandlung mit Aggressin bei einiger Vorsicht eine sehr leichte ist. Man mufs natürlich nur »Sorge tragen, die erste Injektion wegen der grofsen Giftig- keit der Exsudate sehr klein zu machen (0,005 0,01 ccm). Üble Zufälle wurden bei vorsichtiger Steigerung nicht beobachtet, (jewiclitHubnahmen gleichen sich schnell wieder aus.

Grofse Sorgfalt wurde auf die Behandlung eines Schafes mit Dysenterieaggressin verwendet, um zu sehen, ob sich in grofsen Mengen wirksames Serum gewinnen liefse. Im ganzen ist der Krfolg der fast achtmonatlichen Bemühungen an diesem Tier ein mäfsiger, wenngleich er im Prinzip vollständig den gehegten

Von Dr. ToneUurO Kikachi.

313

Erwartungen entspricht und dieselben bestAtigt. DaTs nicht bessere Resultate erzielt wurden, liegt vielleicht an der untweckin&Tsigen Wahl der Tierart. Mit Pferden (Shiga, Kruse), wohl auch mit Ziegen (Lentz), dürften nach den bisherigen Erfahrungen die Versuche leichter sein.

Das Schaf war zuerst mit geringen Dosen sterilen Meer- schweinchenaggressins, die gut vertragen wurden, subkutan be- handelt worden. Als die Dose hoher wurde, stellte sich starke lokale Reaktion in Gestalt von lange bestehenden Infiltraten ein« auch das Allgemeinbefinden war gestOrt Nach jeder Injektion wurde eine grofse Pause eintreten gelassen, schon deshalb, weil die Erfahrung bei allen Äggressinimmunisierungen gelehrt hat, dafs die allzufrühe Entnahme von Blut leicht ein Serum liefert, das statt zu schützen, die Infektion begünstigt, also aggressiv ist, genau so wie bei aktiver Immunisierung eine gewisse, nicht zu kurze Zeit verstreichen mufs, damit die Infektion nicht ein überempfindliches Tier betre£fe. Bei der subkutanen Injektion des Aggressins mufs darauf geachtet werden, dafs dieselbe im lokalen Zellgewebe ausgeführt wird, wonach die entstehenden Infiltrate nach kurzer Zeit zum grofsen Teil verschwinden, während sie sonst sehr langsam resorbiert werden.

Nachdem das Tier im ganzen 17,5 ccm Aggressin in sieben Injektionen erhalten hatte, wurde das Serum geprüft und zwar mit sehr schlechtem Erfolge.

Tabelle VIII.

Schafsemm nach Injektion von im gansen 17,51 ccin Meerschweinchen- aggressins innerhalb ca. 2Vs Monaten. Antiaggressive Wirkung.

Nr.

Semm

Infektion

1

Tod

Bemerkungen

137 138

2,0 ccm Immun- serum subk.

2,0 ccm Normal- Schafserum subk.

Nach 16 8td. 2 ccm KxHudat eines dysenterischen

Meerachw. 1. perit.

wie 137

in der Nacht

in der Nacht

Ohne Unterschied. Verlauf und Befund schwerster In- fektion.

ArohiT für Hygiene. Bd. UV.

21

314 Aggressinimmunität gegen den Shiga-Kruseschen DyBenteriebazillus.

Tabelle IX. Das gleiche SchafBemm wie oben in Tabelle VIII. Antitoxische Wirkung an

Kaninchen von ca. 1000 f?.

Nr. 1: Serum

Toxin

j

Tod Bemerkungen

1

M

; 2,0 ccm Normal- Schafserom subk.

Nach 1 Std. 0,1 ccm subkut.

5 Tage

Lähmung trat erst am Monren des 4. Tages ein nnd wurde rasch vollständig.

55

2,0 ccm Immnn- serom subk.

wie 54

lebt

Dauernd gesund geblieben.

56

0,5 ccm Immon- semm subk.

wie 54

4 Tage

Am 3. Tage bereits Lähmnng« die langsam zunahm.

Damach erhielt das Schaf auf einmal 8,0 ccm Meerschweinchen- aggressin subkutan und nach Verlauf von 3 Wochen wurde neuer- lich Serum genommen.

Tabelle X

Tod

Bemerkungen

1,5 ccm i Immun- ji serum '! subkutan

164 ohne Serum

Nach

15 Std.

2 Agar-

kulturen

i. perit.

wie 163

in der Nacht

I

in der Nacht

Der einzige Unterschied gegen das Kontroll- tier bestand in dem reichlichen Auftreten von LieukoEyten während der Infektion und dem Befunde eitriger Auflagerungen bei der Sektion. Die Basillenvermehrung war nicht beeinflufst.

Infolge dieses ungünstigen Ergebnisses wurde die intra- venöse Injektion (8,0 ccm Meerschweinchenaggressins in zwei In- jektionen) versucht. Darnach war das Serum deutlich wirksam.

Tabelle XI.

Nr.

Serum Infektion

Tod

II

Bemerkungen

183 i 2,0 ccm Immun- serum subkutan

Nach

ca. 20 Std.

1 Agar-

kultur

i. perit.

lebt

Nach 1 Std. waren Leukozyten bereits auf- getreten, daneben Bazillen. >ach 2 Std. noch reichliche Bazillen. Schwache Phago- zytose. Nach 3 Std. sind die Bazillen viel spärlicher geworden, daneben Eiter mit Makrophagen, grofsen und kleinen poly- nukleären Leukozyten. Nach 6 Std. Kiter fast ohne freie Bazillen mit schwacher Phagozytose.

Von Dr. YonetarS Kikuchi.

315

1 Nr.

1

I Serum

Infektion

i Tod

Bemerkangen

1841

0,5 ccm Immnn-

seram subkatan

1 1

1

1

wie 183

lebt

Bereits nach Vi Std. ansehnliche Zahl von Lenkotyten. Bazillen schon vermindert^ nehmen aber dann wieder sa. Nach 3 Std. ist der Unterschied gegen das Kontrolltier gering. Nach 6 8td. sind die Bazillen stark vermindert und massenhaft Leukozyten mit mäfsiger Phagozytose sind ai^getreten. Das Tier war krank, erholte sich dann aber wieder.

185

i

wie 183

ca. 20Std.

Beständig fortschreitende Bazillenvermeh- rung und Befund der schweren Infektion.

Nach einer weiteren intravenösen Injektion von 7,0 ccm Meer^ schweinchenaggressins und einmonatlicher Pause ergab die Serum- prüfung bei gleichzeitiger intraperitonealer Impfung:

Tabelle XII.

Nr.

Infektion

Bemerkungen

201

202

203

1,0 ccm Exsudat eines dysen-

teriischen Meer- schweinchens -|- 0,75 ccm Immunserum i. perit.

1,0 ccm Exsudat

-f- 0,25 ccm

Immunserum

i. perit

Kontrolle ohne Serum

lebt

nach 24 Std.

in der Nacht

Nach ^4 Std. relativ spärliche Bazillen, zum Teil in Haufen. Spärliche Leukozyten. Nach Vs Std. wenige Bazillen, keine Granula. Nach 1 Std. viele Leukozyten mit schwacher Phagozytose. Spärliche Bazillen, hie und da Granula. Nach 2 Std. im wesentlichen gleich. Nach 3 Std. massenhaft Leukozyten, von denen die grofsen polynukleären Phagozytose zeigen Weder Bazillen noch Granula.

Nach Std. sind die Bazillen zu grofsen und kleinen Haufen zusammengeballt. Nach Vs Stunde ungefähr ebenso, aber unter fiazillenverminderung. Nach 1 Std. sind erst wenig Leukozyten bei gleichem Ba- zillenbefunde aufgetreten, ebenso nach 2 Std. Nach 3 Std. nehmen die Leukozyten unter energischer Phagoz3rto8e zu, aber auch die Bazillen. Die Sektion ergibt wenig dickes eitriges Exsudat mit grofsen und kleinen polynukleären Leukozyten und starker Phagozytose, daneben viele freie Bazillen. Viele Auflagerungen.

Progressive ununterbrochene Bazillenver- mehrung, ohne Leukozytenzutritt ,* schwerste Infektion.

21*

316 Aggreflsinimmunität gegen den Shiga-Kruseschen DTsenteriebazillus.

Ein Vergleich der Wirkung von Kruses Serum und dem erwähnten Schafserum unter schwerster Infektion zeigt:

Tabelle XIU.

Np.

Infektion

Bemerkungen

204

0,5 ccro Kruses Serum

0,5 ccm Schaf- serum

Gleich danach 1,5 ccm Exsudat

von Nr. 203

lebt

Nach 74 Std. sind nur noch wenige Bacillen mit viel Granulabildung vorhanden, keine Haufenbildung, keine Zellen. Nach 1 Std. ebenso. Nach 2 Std. wenige Granula und Bazillen, keine Zellen. Nach 3 Std weder Bazillen noch Granula, fast keine Zellen. Erst nach 8 Std. finden sich reichliche Leukozyten, einige zeigen Phagozytose. Bleibt am Leben.

205 0,5 ccm wie 204 Nach Std. sind sämtliche Bazillen zu

Haufen vereint. Es finden sich bereits ansehnliche Mengen von kleinen poly- nuklearen Zellen mit intensiver Phagozy- tose. Nach Vj Std. wie vorher, aber Ver- minderung der Bazillen. Nach 1 Std. ist die Zahl der Bazillen weiter gesunken. Die Haufen sind klein, die Phagozytose wird schwächer. Nach 2 Std weitere Bazillenver- minderung und Leukozytenvermehrung. Nach 3 Std. sind nur noch einige kleineHauf en mit Mühe zu finden. Nach 8 Std. reiner Eiter ohne Bazillen und Granula. Bleibt am Leben.

Beide Sera hätten also in der Menge von 0,5 ccm schützen können ; die Verschiedenheit der Wirkungsweise, das Fehlen der Agglutination und das spätere Eintreten der Leukozytose in Ver- suchen mit Kruses Serum tritt deutlich hervor.

Trotz der auffallend gesteigerten Wirkung niufste die in- travenöse Injektion des Aggressins wieder aufgegeben werden, da dieselbe nur mit sichtlicher Lebensgefahr auszuführen war. Bald nach der Injektion wurde das Schaf krank, die Atmung frequent und dann röchelnd, kurz, das Tier bot die Symptome eines akutesten Lungenödems. Dann erfolgte die Erholung sehr rasch, das Tier war am nächsten Tage wieder gesund und zeigte auch nur kurze Zeit hindurch Gewichtsabnahme. Ob diese bedrohlichen Erscheinungen auf das Toxin des Exsudates zurück- zuführen sind, oder einfach auf die artfremde Flüssigkeit^), ist nicht entschieden, doch ist letzteres wahrscheinlicher.

1) Vgl. »Die Serumkrankheit« von y. Pirquet und Schick.

Von Dr. Yonetarö Kikacbi.

317

Es wurde dann noch Aggressin in grofsen Dosen je 10 und 20 com auf einmal in das lockere Gewebe der Schenkelfalte in- jiziert, wonach die Infiltrationen rasch zurückgingen. Wesentlich stärker war aber darnach die schützende Serumwirkung nicht geworden.

Tabelle XIV.

Bemerknngen

218

0,5 ccm Serum

IV, Agar- kultnr

lebt

219

0,1 ccm Serum

IV, Agar- kultur

in der Nacbt

Nach 10 Min. findet sich starke Haufenbil- dung der injizierten Bazillen, meist um polynnkleäre Leukozyten herum. Nach V, Std. auffallende Abnahme der Bazillen, ohne Granulabildung. Gleichzeitig sind auch die Leukozyten fast verschwunden. Nach 1 Std. nehmen die Leukozyten wieder etwas zu, die Bazillen sind weniger ge- worden, hie und da findet sich nnsichpre, vereinzelte Granulabildung. Nach 2 Std. haben sich die Bazillen gegen früher etwas, aber immer unter Haufenbildung, vermehrt. Gleichzeitig treten reichlich kleine, weniger grofse polynukleäre Leukozyten auf mit energischer Phagozytose. Nach 3 Std. Ab- nahme der Bazillen, sonst wie vorher. Nach 7 Std. sind noch immer Bazillen in unge- fähr gleicher Zahl, vorher neben massen- haft I^ukozyten zu finden; die Phagozy- tose hat an Intensität nachgelassen. Das Tier war noch am nächsten Morgen krank und wurde sehr marastisch.

Nach 10 Min. bilden viele Bazillen um kleine polynukleäre Leukozyten kleine Häufchen« Nach V, Std. ist die Haufenbildung der Bazillen sehr ausgesprochen. Zellen wie vorher. Nach 1 Std. haben sich die Bazillen unter stärkster Haufenbildung etwas ver- mindert. Zellen nicht auffällig vermehrt. Nach 2 Std. ist die Haufenbildung gröfsten- teils verschwunden, die Zahl der Bazillen hat sich vergröfsert, aber auch die der Zellen, welche stärkste Phagozytose zeigen. Nach 3 Std. sind die Bazillen vermindert, die Leukozyten aber nur wenig vermehrt. Nach 7 Std. neben vielen, meist kleinen polynukleären Leukozyten mit schwacher Phatrozytose wieder sehr zahlreich freie Bazillen vorhanden. Ln toten Tiere findet sich eine starke Verunreinigung durch grofse dicke Stäbchen.

318 Aggressinimmanität gegen den Shiga-RrnBeechen Dysenteriebazilliu.

Infektion

Bemerkungen

220

Kontrolle

221

0,5 com

Serum

i. perit.

222

Kontrolle

ohne

Serum

223; 0,4 ccm Serum

224

0,1 ccm Serum

225

Kontrolle

ohne

Sttrum

IV, Agar- kultnr

gleich darauf 0,75 ccm frisches Exsudat von 220 i. perit.

wie 221

gleich darauf 0,5 ccm frisches Exsudat von 222

wie 223

wie 2l^3

in der I Die Bazillen vermehren sich ohne jede Nacht HaufenbildunK ununterbrochen. Leukozyten treten während der ganzen Beobachtung^ nur in sehr gerin)2:er Zahl in die Bauch- höhle ein. Die Sektion ergibt den Befund schwerster Infektion.

nach Nach V/^ Std. ist starke Haufenbildung bei 5 Tag. Anwesenheit weniger Leukozyten zu be- obachten. Nach V, Std. sind die Bazillen fant verschwunden. Nach 1 Std. ebenso, es treten einige polynukleäre Zellen mit schwacher Phagozytose auf. Nach 3 Std. sind noch spärliche Bazillen, neben massen- haften Zellen mit schwacher Phagozytose zu finden. Das Tier wurde schwer krank, erholte sich dann, ging aber nach 5 Tagen marastisch ohne Bazillen zugrunde.

I

in der ; Fortschreitende Vermehrung der Bazillen, Nacht |{ ohne Leukozytenübertritt, schwerste In- fektion.

nach Nach Vs Stunde schöne Haufenbildung der 32 Std. Bazillen, wenig Leukozyten. Nach 1 Std. vermindern sich die Bazillen sehr stark. Nach 2 Std. treten massenhaft I.ieukozyten mit Phagozytose in die Bauchhöhle über ohne sichtliche Veränderung der Zahl der freien Bazillen. Die Bazillenzahl bleibt im wenentlichen trotz Eiters in der Bauch- höhle gleich bis nach 8 Std., wo wieder Vermehrung eintritt. Die Sektion ergab ein dick eitriges Exsudat mit vielen Auf- lagerungen auf I^her, Milz und Netz. Leuko- zyten mit starker Phagozytose, daneben reichliche freie Bazillen.

nach Nach V, Std. finden sich nur wenig Andeu- 24Std. I tungcn von Haufenbildunginder ungeheuren I Menge der Bazillen. Keine Leukozyten. Nach 1 Std. wie vorher. Nach 2 Std. treten Leukozyten auf, aber viel weniger zahlreich als bei 223. Das Bild bleibt unter bestän- diger Zunahme der Bazillen und langsamer Abnahme der Leukozyten so bis zum nächsten Mort^en. Die Sektion ergibt ein dickes eitriges Exsudat mit massenhaft Ba- zillen und sehr vielen polynukleären Zellen mit intensiver Phagozytose. Reich liehe eitrige Auflagerungen.

nach Fortschreitende Bazillenvermebrung ohne 8*/, St.; Lenkozytenzutritt. Befund der schwersten Infektion.

Von Dr. YonetarS Kikachi. 819.

Die Schutzkraft des Scbafserums kann also bei der ge- wählten Infektionsart gegenwärtig mit 0,5 com für ein Meer- schweinchen von 200—300 g angenommen werden. Das scheint auf den ersten Blick sehr wenig im Vergleiche z. B. mit den Kruseseben Seris, die in kleinen Bruchteilen eines Milligramms noch schützten. Das Ergebnis wird aber ein anderes, wenn man die Infektionsart berücksichtigt, die gewählt wurde und gewählt werden mufste, um Infektion und Gift, oder auch Infektion, Aggressin und Gift gleichzeitig zur Wirkung zu bringen. Leider war es wegen empfindlichen Tiermangels nicht möglich, das Serum, welches Herr Prof. Kruse in liebenswürdigster und dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt hatte, im Meer- schweinchenversuch ausführlich vergleichend zu prüfen, wie es für Agglutination und ßakteriolyse in vitro geschehen konnte.

Was den Schützwert des Schafserums gegen Toxinwirkung beim Kaninchen betrifft, so wurde derselbe nur qualitativ geprüft; 0,6 ccm Schafserum schützte vollständig gegen 0,25 ccm Toxin (mindestens fünffach tödliche Dosis), beides subkutan und örtlich und zeitlich getrennt (das Antitoxin 8 Stunden vorher) angewendet.

Bei der Durchsicht der bei Zuführung der Wirkung des Schafserums ausführlich wiedergegebenen Versuche fällt sofort in Übereinstimmung mit den Ergebnissen bei der aktiven Aggressin- immunisierung das rasche und reichliche Zuströmen der Leuko- zyten auf, dem wohl hier dieselbe Bedeutung wie dort beigelegt werden mufs. Es findet auch dann noch statt, wenn, wie bei Nr. 224, beständig grolse Mengen von sich vermehrenden Bazillen in der Bauchhöhle sind, und liefert das Sektionsbild der relativ leichten Infektion, wo die Bauchhöhle des Kontrolltieres fast leukozytenfrei bleibt.

In den Fällen, wo der Schutz deutlich ausgesprochen ist, er- folgt aber auch mehr oder minder rasche Abnahme der in grofser Menge eingespritzten Bakterien. Von einer sicheren Auflösung^ Quellung und Körnchenbildung war nur selten eine Spur zu bemerken, obwohl sie nach den Versuchen von Lentz^) in der Meerschweinchenbauchhöhle gut beobachtet werden kann.

1) Lentz, Handbuch von Kolle und Wassermann, Bd. 4, 8. 898.

320 AggreflHnimmanitftl ^egen den Shigm-KniBeschen

Im Reagenzglasversacbe fehlte jede Bedeutung von Immun- körperwirkung so vollständig, dafs Zusatz des inaktivierten Serums sogar eine Verschlechterung der als Komplement benutzten Kaninchenseris herbeiführte.

Tabelle XV. Schaf Mram, wie da« in Tabelle XII mit Heench weinchen 201, 202 benatste.

Sofort Nach 4 St.

1. 0,1 inakt Schafseram + 0,3 akt. Kanin.Seram -f 0,6 XaCK

2 0,05 » . +0,3 » . +065

3. 0,01 t , -1-0^ > . +0,69

4. 0,001 » . —0,3 > > +0,69

5. 0^ > > +0,7 » 0

6. 1 . 104

.88

einige Taosend

Tabelle XVL Schafeernm, wie da« in Tabelle XII mit Meerschweinchen 201, 202 benatate.

Sofort Nach 4 St.

1. 04 inakt. Schafsemm + 0,3 akt. Kanin.-Semm + 0,6 Na Gl

2. 0,05 » t

+ 0,3 .

+ 0.65 *

3. 0,01 > >

+ 0,3 1

+ 0,69 »

4. 0,1 Krose-Seram

+ 0,3 1

+ 0.6 ,

5. 0,05 >

+ 0,3 :

+ 0,65 »

6. 0,01

+ 0,3 :

+ 0,69 »

7.

0,3 1

-0,7 >

CO

ca. 30 000

ca. 10000

Sehr auffällig trat auch die Wirkung des Kruse sehen Serums (dasselbe war ungefähr zwei Jahre alt) nicht her\'or, doch bestand immerhin ein sehr deutlicher Unterschied gegen das Schafserum. Die benutzte Kultur war die wenig virulente Krusesche Stammkultur.

Während der Mangel von sichtbar zu machenden, bakteri- ziden Eigenschaften nicht auffallend war, kam die Ausbildung hoher agglutinierender Fähigkeiten im Tierkörper selbst über- raschend, um so mehr als das Serum im Glase nur wenig agglu- tinierte. Schon bei aktiv immunisierten, weit schöner aber bei Serumtieren trat diese Eigentümlichkeit schon ganz kurze Zeit nach der Bazilleneinführung auf. Die Haufen, die sich bildeten, waren oft sehr grofs und unterschieden sich einigermafsen von denen, wie sie aufserhalb des Tierkörpers durch z. B. das

Von Dr. YonetarCS Kikachi. 321

Kruse sehe Serum erzeugt wurden. Sie waren nämlich aufser^ ordentlich dicht und machten einen sehr kompakten Eindruck. In sehr vielen Fällen gaben Leukozyten, die meist mit Bazillen erfüllt waren, den Kern der Haufen ab, in anderen waren die Leukozyten nur noch undeutlich zu sehen, öfters fehlten sie ganz. Wie die oben mitgeteilten Versuchsauszüge erkennen lassen, konnte auf die Haufenbildung vollständiges Verschwinden, aber auch wieder Auseinandergehen der Bazillen und Vermehrung erfolgen. Auch BaiP) hatte bei Typhusaggressinimmunität Bazillenagglutination in der Bauchhölile von Meerschweinchen be- obachtet, während aber seine Sera dabei auch aufserhalb der Tier- körper agglutinierten, erwies sich das in dieser Richtung wiederholt und sehr genau untersuchte Schafserum als dauernd sehr wenig wirksam.

Tabelle XVH

Schafseram wie in den Versuchen mit Meerschweinchen 201, 202, 203 in Tabelle XII. Agglutination 2 Stunden bei 37 « G.

Verdflnnung Kruses Serum Schafserum

1:50

Komplett,

1:100

1:&00

1:1000

1:2000

1 : 5000 Deutlich, aber unvollständig

klar geworden, mit Satz

Keine Agglutination.

Tabelle XVm.

Die gleiche Sera wie in Tabelle XVII, 3 Tage später untersucht. Aggluti- nationsprüfnng nach Weil bei 55 <^ C. Das Ergebnis ist nach halbstflndiger Beobachtung bei dieser Temperatur notiert Auch später trat keine Ver- änderung ein.

VerdOnnung Kruses Serum Schafserum

50 ^ Schwache Haufenbildung.

100 I TT 1 xi ündeutl. Beginn ohne Fortschreiten

600 [ Komplett

1000 J } Keine Agglutination.

5000 Deutlich

Tierische Bazillen aus dem Exsudate infizierter Tiere unter- liegen der Agglutination durch das Kruse sehe Serum etwas

1 1 1 1 1

1) Wiener klin. Wochenschr., 1905, Nr. 17.

322 Aggreasimmmaiiität gegen den ShigA-Kmseschen D3r8enteriebarilla8.

schwächer als KultarbaziUen, ein Ergebnis, das mit Rücksicht auf die Verhältnisse bei Typhus nicht ohne Bedeutung ist, das Schafserum agglutinierte dieselbe überliaupt nicht.

Tabelle XIX. Gewaschene Bazillen aus dem Exsadate eines der intraperitonealen Infek- tion erlegenen Meerschweinchens. Anordnung wie in der vorigen Tabelle ;

4 Tage später angestellter Versuch. Verdünnung Kruses Serum Schafserum

1 1 1 1 1

50

100 \ Komplett

500

1000 Schwache

5000 Keine

> Agglutination

Keine Agglutination.

Erst die letzte der bisher untersuchten Serumproben des Schafes liefs eine deutliche Agglutination bei 55® bis zur Ver- dünnung 1 : 100 erkennen.

Tabelle XX. Schafserum wie das in Tabelle XIV, für die Meerschweinchen von 218 ff.

benutzt. Agglutination bei 55®.

Verdünnung Kruses Serum Schafperum

1 : 50 \ Nach 10 Min. beginnende, nach V/, Std.

I Nach 10 Min. komplette komplette

1 : 100 j Agglutination Nach 10 Min. keine, nach St. komplette

! ' ^^ ^ Nach Vj Std noch nicht ) ^ , ...... . , . ^

1 : lüOO \ deutlich, erst nach 4 Std. f ^^ch nach 4 Std. keine Agglutination

1:5000 I komplett J

Bessere Resultate in bezug auf Agglutination aufserhalb des Tierkörpers lieferten Aggressinimmunisierungen an Kaninchen und Meerschweinchen, doch waren auch hier die erzielten Werte nicht bedeutend.

Tabelle XXI. Serum von Kaninchen 28 und Meerschweinchen 89 (s. Tab. VII).

Agglutinations versuch bei b^°. Verdünnung Kaninchenserum Meerschweinchenserum

1 : 50 Nach 7i ß^- keine, nach

1 Std. unvollständig 1:100

> Keine Agglutination

Nach v, Std. keine

Nach 1 Std. ziemlich komplette 1 : 500 / *''^*"« «gg.— .*«.v»>,.. Keine Agglutination

Dieses eigentümliche V^erhalten des Serums, das auch nach seiner subkutanen Anwendung nach Bazilleninjektion in die

Von Dr. YonetarQ Kikachi. 328

Bauchhöhle auftrat, aufserhalb des Tieres aber bereits in relativ starker Konzentration fehlte, aufzuklären, gelang nicht. Es er- innert sofort an Versuche von ßaiP) bei Typhus in der Meer- schweinchenbauchhöhle, wo eine getrennte Entstehung der hapto- phoren Agglutiningruppe (des Agglutinophors) und der toxophoren (des Hemiagglutinins) wahrscheinlich gemacht werden konnte.

Es sieht so aus, als ob dem Aggressinserum einer dieser beiden Bestandteile fehlte und erst im Tiere selbst dazutreten würde. Versuche aufserhalb des Tierkörpers, die »Ergänzung! der fehlenden Bestandteile vorzunehmen, hatten bisher keinen sicheren Erfolg. Da es aber in neuerer Zeit immer wahrscheinlicher wird, dafs die Agglutination im wesentlichen auf physikalische Zustandsänderungen in den Suspensierungsfiüssigkeiten beruht, wird wohl auch eine andere Erklärung gesucht werden müssen.

Der unmittelbare Eindruck aber, den man bei Verfolgung dieser merkwürdigen Haufenbildung über ihren Zweck erhält, geht dahin, dafs es darauf ankommt, die Bazillen aus der freien Bauchhöhle zu entfernen und sie am Netze u. dgl. niederzu- schlagen, also in den unmittelbaren Wirkungsbereich der hier besonders reichlich auftretenden grofsen polynukleären Leuko- zyten und den Makrophagen zu bringen. Das müfste natürlich durch die Haufenbildung sehr erleichtert werden.

Bei der in kurzer Zeit stattfindenden Bakteriolyse z. B. von Choleravibrionen unter dem Einflüsse hochwertiger Sera, kann das gar nicht erfolgen, der Mechanismus ist ein ganz anderer. Sowie das Stadium der Aggressinimmunität bei Typhus und hier bei Dysenterie zum ersten Male eine Haufenbildung in grofsem Mafsstabe im Tierkörper hat auffinden lassen, würde sie jetzt auch, teleologisch gesprochen, einen Zweck der sonst ganz un- verständlichen Agglutination zu erkennen geben.

In kurzer Zusammenfassung lieferte die Untersuchung über Aggressinimmunität bei Dysenterie bisher folgende Ergebnisse:

1. Es gelingt Meerschweinchen gegen schwere und schwerste intraperitoneale Infektion mit Dysenteriebazillen durch

1) Archiv f. Hygiene, Bd. 42, S. 307.

324 Shiga-Krasescher Dysenteriebaiillas. Von Dr. Yonetarö Kikuchi.

zweimalige iDfektion sterilen aggressiven Meerschweinchen- exsudats aktiv zu immunisieren.

2. Kaninchen können durch ähnliche, entsprechend kleinere Injektionen gegen das Dysenterietoxin immunisiert werden.

3. Nach langer Vorbehandlung mit solchen Exsudaten liefern Meerschweinchen, Kaninchen und Schafe ein Serum, welches in Mengen von etwa 0,5 ccm Meer- schweinchen von intraperitonealer Infektion, Kaninchen vor Vergiftung zu schützen vermag.

4. In der Bauchhöhle aktiv und passiv immunisierter Meer- schweinchen findet eine eigentümliche und starke Haufen- bildung der injizierten Dysenteriebazillen statt, obwohl die agglutinierenden Eigenschaften des Serums in vitro nur sehr wenig ausgeprägte sind.

5. Das durch Aggressinbehandlung gewonnene Immunserum zeigt in vitro nicht die bekannten Eigenschaften eines bakteriolytischen Serums, im aktiv und passiv immuni- sierten Meerschweinchen lassen sich, wenn überhaupt, nur Spuren einer Bakteriolyse auffinden.

6. Die hier studierte Immunitätsform mufs daher, abgesehen von ihrer antitoxischen Komponente, als eine neuartige, antiaggressive bezeichnet werden.

Zum Schlüsse meines Aufenthaltes in Europa ist es mir Be- dürfnis, Herrn Prof. Hueppe für die gewährte Arbeitsmöglichkeit und das beständige Interesse an meiner Arbeit und Herrn Prof. Bail für die tatkräftige Unterstützung bei der Ausführung derselben meinen ergebensten Dank auszusprechen.

über Bleiyergiftnngen durch eine Wasserleitung.

Von

Inspektor Dr. Paul Portner.

(Aas der k. k. allg. Untersachangsanstalt für Lebensmittel der deutschen Universit&t in Prag. Vorstand: Prof. Hueppe.)

In den folgenden Zeilen soll über eine Bleivergiftung be- richtet werden, für deren Entstehung anfänglich unter Berück- sichtigung der in der diesbezüglichen Literatur niedergelegten E2r- fahrungen unter Vorbehalt eine Erklärung gegeben wurde, welche namentlich auch im Hinblicke auf das vorliegende Protokoll nahe lag, sich aber, wie spätere Versuche zeigten, nicht aufrecht er- halten liefs. Es scheint vielmehr im vorliegenden Falle ein einziger Faktor mafsgebend gewesen zu sein, die Bleilösung zu bewirken bzw. zu fördern. Allerdings wirkte entschieden be- günstigend die Länge der Bleiröhrenleitung.

Der Sachverhalt war folgender:

In einem isoliert stehenden, einer Betriebsunternehmung ge- hörigen Gebäude, in welchem nur Arbeiterwohnungen imter- gebracht waren, erkrankten im Dezember 1903 neun Inwohner unter Symptomen von Bleivergiftung. Stuhlverstopfung, krampf- artiges Zusammenziehen im Leibe, namentlich um die Nabel- gegend, schiefergrauer oder blauschwarzer Saum am Zahnfleische,

326 Über Bleivergiftangen durch eine Wiaserleitiiiig.

allgemeine Blfisse, Appetitlosigkeitt übler Geschmack im Mande und Erbrechen deuteten mit gröfster Wahrscheinlichkeit auf schwere Bleivergiftungen. Die ganze Sachlage lieis gleichzeitig einen gemeinsamen Herd vermuten, als welcher das von allen Bewohnern in gleicher Weise genossene Trinkwasser angesehen wurde. Eine an Ort und Stelle von den hierzu berufenen SanitAts- Organen vorgenommene vorläufige Prüfung ergab die Anwesen- heit von Blei, Salpetersäure und salpetriger Säure in dem Wasser. Es wurden nun der Leitung zwei Liter Wasser entnommen und dieselbe sodann gesperrt. Aufiser diesen zwei Litern Wasser wurden noch weitere zwei Liter Wasser aus jenem Teil der Leitung entnommen, welcher sich vor dem Anschlufs des Bleirohres befand.

Die Leitung ist, wie das Protokoll anführt, eine seit 1896 bestehende Hochquellenleitung, von welcher ein Strang bis zu einem der obenerwähnten Betriebsuntemehmung gehörigen Kohlen- schachte führt. Von diesem Schachte aus liefs die Betriebsunter- nehmung einen Bleirohrstrang bis zu dem Gebäude legen, in welchem die Erkrankungen beobachtet worden waren. Diese Blei- rohrleitung lag etwa 1,3 1,5 m tief knapp unter dem Kanal- graben, welcher die heifsen Kondenswässer des Schachtes iührt und stark durchlässig sein soll, und passierte endlich im Hofe des Gebäudes die Nähe einer vollständig undichten Senkgrube, deren umgebendes Terrain mit Senkgrubeninhalt durchsetzt sein soll. Die ganze Bleirohrleituug ist 680 m lang und war seit August 1903 in Betrieb. Die ersten Erkrankungen waren im Oktober beobachtet worden und zur Zeit der Untersuchung waren von den 27 in dem Hause wohnenden Leuten 17, d. i. 63%, teils leichter, teils schwerer erkrankt und 2, d. i. 7,4%, ge- storben. Die der ßleiintoxikation Erlegenen waren zwei Kinder im Alter von 2 Jahren, bzw. 9 Monaten. Bemerkt sei noch, dals die Zweigleitung am tiefsten Punkte der Hauptleitung ange- schlossen war, und dafs sich häu6g Druckunregelmäfsigkeiten einstellten.

Die chemische Analyse der beiden eingesendeten Wasser- proben ergab folgendes Resultat (mit I ist das vor Anschlufs des

Von Inspektor Dr. Panl Fortner. 327

Bleirohres entnommene Wasser, mit II jenes aus der Bleirohr- leitung bezeichnet):

Milligramm Milligramm im Liter im Liter

i. n.

Gesamtrückstand bei 100^ C . . . 105,0 120,8

Kalk 14,4 14,8

Magnesia 7,7 7,3

Eisenoxyd + Tonerde 0,4 0,8

Ammoniak 0 0

Chlor 8,4 8,0

Salpetrige Säure 8 starke Reakt.

Salpetersäure Spur Spur

Schwefelsäure 24,4 21,3

Schwefelwasserstoff 0 8

Kaliumpermanganat- Verbrauch . . 7,8 10,3

Gesamthärte (in deutschen Graden) 2,5 2,5

Bleioxyd 8 17,5

Die chemische Analyse läfst also erkennen, dafs das Wasser (II) der Zweigleitung stark bleihaltig ist und bestätigt so die aus- gesprochene Vermutung der gemeinsamen Ursache der Ver- giftungen.

Da leider nur zwei Liter des bleihaltigen Wassers zur Unter- suchung eingesendet worden waren, konnte eine quantitative Be- stimmung des Gehaltes an salpetriger Säure nicht mehr vor- genommen werden. Eine nach drei Wochen nachgesendete Probe aus der Bleirohrleitung, welche während dieser Zeit gesperrt war, ergab eine anscheinend gleich starke, qualitative Reaktion auf salpetrige Säure; die quantitative Bestimmung ergab einen Gehalt von nur 2,0 mg salpetriger Säure im Liter. Dagegen war der Bleigehalt von 17,5 mg auf 3,2 mg im Liter gesunken.

Dieses Sinken des Bleigehaltes legte die Vermutung nahe, dafs der Gehalt an salpetriger Säure, welchen man in Zusammen- hang mit dem gelösten Blei brachte, äufseren Ursachen zuzu- schreiben sein dürfte, wenngleich logischerweise in diesem Falle auch ein Ansteigen des Chlorgehaltes hätte erwartet werden sollen.

Usuüi ii5r "Äiait ui irsaniacaia' Tuusanr irw zeac "-anomal ^n rCjuiiimnemangirag Ji lkz. Tiser itsr Z^^^^nemn^ IZ süss

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hitf«Li>Kaii^ '^'.rxiiii^r i»t5 ^-iriftganien nenüeii "roicjüiai "Visos uirÄnnitÄ ▼■■irien »in i^irm L iuris, üe siöiiiiiiii -.kn^ ty^'j 3x1 Ei*ir;r*r>MraiiÄ, 2. innh, de 2«5fi<iiiaäaiiieir ies "STiäiers 1:1 ^i*n

T'^n ^Tjir.rjTiCji*^: zuzizim^'Ziri^ FLcu-vlseni. üe \f.!»r-'-t»r j^^

.friÄL.ftr. ir^r.khar ir.ii .r.:':u»ie»eci -az, ZlniirLi^c t:ci Aii»ar w*.«er. ii/fiATAr'iT. TTirie ta- :- iitisei: Az-iMc: i:ircii iez. i"^- fcul.^r.r: -:**ii7r=r^ B-.ei^trLi.: i-rr ier ir»L "^iccen rfsr-rm g^

Kifidr.v^ri ron L«::?: :::ri'i Fr^icii"izi-T:i: toq a:iirii 'iie bl-riljäeadea

ÜThrA dÄ^<:g<!rri da^ Wasser in der Le::un^. s*:- tat ein Diffundifrre:* vori nm^ehender Fenchrizkei: dirch den iai Irmem dftr I^ritang herrsoaeriden Druck erscn-yer: iz-y. unmC-güch ge- rriA/;ht, daher der geringere Bleig'rhal: der Wasäerprobe au3 der 3 W/y.'hen gesperrt ge-s^-eserien Leitung. Die im Protokoll er- wÄhnten DnickücbwankuTigen in der Leimng liefsen sieh auch ziemlich ungezwungen rnit L'ndichtigkeiten bzw. einer äufseren V^irlelzung oder Korrosion des Bleirohres in Einklang bringen« wiewohl Hie ja auch anderen Crsachen hätten zugesehrieben werden kennen, und, nebenbei bemerkt, nach WolffhügeH* bei dem Vorgänge der Bleiaufnahme eine mehr untergeordnete Rolle Hfiielen.

]j Ar^Miiten a tl. Kmb, Gefl.-Amte, II (1807^, S. 509.

Von Inspektor Dr, PküI Forinet. 329

Auf jeden Fall wurde auf Entfernung der 680 m langen Bleirohrleitung gedrungen und dieselbe bei der Beschaffenheit des Wassers höchstens unter den üblichen Vorsichtsmafsregeln für die Hauseinleitung als zulässig erklärt.

Da den ausgesprochenen Vermutungen, namentlich was die Undichtigkeit der Leitung anbelangte, von der die Untersuchung leitenden Behörde nicht widersprochen wurde, mufste schUefslich angenommen werden, dafs dieselben den Tatsachen entsprechen, wiewohl alledem der sich in beiden Wasserproben gleichbleibende Chlorgehalt zu widersprechen schien.

Durch 1^/2 Jahre später ausgeführte Versuche wurde un- zweideutig festgestellt, dals die Annahme der Undichtigkeit der Röhren, um die Anwesenheit der salpetrigen Säure zu erklären, gar nicht nötig war und sich die beobachteten Erscheinungen auch sonst ebensogut, wenn nicht besser anders erklären lassen. In einer von der grofsen Literatur, betreffend die Einwirkung von Wasser auf Bleiröhren, bisher völlig unberücksichtigt gebliebenen Abhandlung »Über Nitrifikation, III. Über die Umwandlung der alkalischen Nitrate in Nitrite c hat Schönbein ^) schon im Jahre 1861 darauf hingewiesen, dafs Blei wässerige Lösungen von Alkalinitraten reduziert, indem Alkalinitrit gebildet wird und Blei in Lösung geht. Er hat diese Einwirkung auch bei anderen Metallen studiert und gefunden, dals Cd, Zn, K und Na ebenso reduzierend wirken, Fe, Sn und AI dagegen nicht.

Ich habe zunächst diese Angaben hinsichtlich des Bleies nachgeprüft und kann sie bestätigen. Sodann erweiterte ich diese Nachprüfung hinsichtlich der für den Wasserleitungsbetrieb hauptsächlich in Betracht kommenden Metalle: Zink, Eisen, Kupfer, Zinn und der Legierung Messing, und kann für das Zink Schönbeins Beobachtung bestätigen, für Eisen dagegen nicht insoferne Eisen die anwesenden Nitrate auch, wenn auch in ge- ringerem Orade reduziert als Zink. Kupier, Zinn und Messing verhalten sich ganz indifferent. Die Versuchsanordnung war folgende : Zirka 20 cm lange, 0,8 cm dicke zylindrische Stäbe mit

1) Joom. f. prakt Chemie, 84, 204. ArehlT fflr HygtoM. Bd. UV. 22

330 Über BleiTCffgiffaiiigeii dordi eine Wa—erieitang.

blanker Oberflftche aus Zink, Elisen, Zinn, Kupfer und Messing wurden in 22 cm hohe mit eingeriebenen Glasstopfen verschliefs- bare Glaszylinder gestellt, in welchen sich nitrathaltiges Quell- wasser (ungefähr 20 mg SalpetersAure im Ldter entsprechend) befand. Die Zylinder wurden unter Vermeidung von Luft- blasen verschlossen und zwölf Stunden im Dunkeln stehen ge- lassen. Die Probe mit dem Zinkstabe war ganz milchig trübe, mit weilsem Bodensatz; das Filtrat liels nach dem Ansäuern mit verdünnter Schwefelsäure und Zufügen von Jodzinkstärkekleister sofort durch Blaufärbung salpetrige Säure erkennen. Die Probe mit dem Eisenstab hatte reichlich Flocken von Eisenoxydhydrat abgeschieden; auch dieses Filtrat gab deuthch, wenngleich schwächer, die Reaktion auf salpetrige Säure. Die Zylinder mit den Kupfer-, Zinn- und Messingstäben enthielten ganz klare, farblose Lösungen, welche frei von salpetriger Säure waren.

Die von Schönbein zuerst ausgesprochene Einwirkung von Blei auf im Wasser gelöste Nitrate hat im vorliegenden Falle entschieden die gröfste Bedeutung und ein direkter Ver- such gab nun Aufklänmg über die Entstehung der salpetrigen Säure in dem Wasser der Bleirohrleitung.

Von dem Wasser der Hauptleitung war noch eine zwei Liter enthaltende, mit Pergament verbundene Flasche vorhanden. Eis wurde zunächst die Bleifreiheit des Wassers konstatiert, sodann auf Salpetersäure und salpetrige Säure geprüft. Die Reaktion mit Diphenylamin-Schwefelsäure fiel auch diesmal, wievorl72J&hren schwach positiv aus; es konnte nur auf Spuren geschlossen werden, da die Reaktion äufserst langsam und nur ganz schwach eintrat. Salpetrige Säure war keine vorhanden, wie die Reaktion mit Jodzinkstärkekleister und verdünnter Schwefelsäure zeigte; selbst nach 1^/2 stündigem Stehen trat keine Blaufärbung auf. Nun wurde in einen der oben erwähnten Glaszylinder ein ca. 10 cm langes, innen geschwefeltes Bleirohr ^) von 0,5 cm Dicke und 1,3 cm lichter Weite gebracht, mit dem von salpetriger

]) Herrührend von der inkriminierten Leitung mit einem Grehalte von 99,92% BleL

Von tnspektor Dr. Paal Fortn^ir. ^^1

Säure freien Wasser der Hauptleitung vollgefüllt und unter Ver- meidung von Luftblasen verschlossen 24 Stunden an einen dunkeln Ort gestellt. Nach dieser Zeit war das Wasser im Zylinder von weifsen Flocken erfüllt, am Boden selbst befand sich ein weifser Niederschlag und im Wasser war Blei auf- gelöst. Das durch Filtrieren von der Suspension getrennte, mit verdünnter Schwefelsäure angesäuerte Wasser gab mit Jodzink- stärkekleister sofort deutlich und bald stärker werdend die für salpetrige Säure charakteristische Blaufärbung, so dals durch diesen Versuch unzweideutig die Herkunft der salpetrigen Säure im Wasser der Zweigleitung erwiesen erscheint.

Natürlich interessierte unter diesen Umständen auch der Gehalt des Wassers der Hauptleitung an Salpetersäure, von welcher die Diphenylamin-Schwefelsäure-Reaktion nur Spuren angezeigt hatte. Die durchgeführte quantitative volumetrische Bestimmung ergab einen Gehalt von 9,1 mg im Liter. Wiewohl eine solche Menge nie einen Grund zur Beanstandung geboten hätte, läfst der Versuch doch erkennen, dafs die qucditative Salpetersäurreaktion mit Diphenylamin und konzentrierter Schwefel- säure unter Umständen zu Täuschungen über die Menge der wirklich vorhandenen Salpetersäure Anlafs geben kann; denn die Reaktion trat erst nach mehreren Minuten und dann nur kaum erkennbar ein, und als »Spure ist eine scheinbar so geringe Menge wohl kaum zu bezeichnen. Die Reaktion auf salpetrige Säure hingegen war sehr intensiv, so dafs man anfänglich ihr Vor- handensein mit dem der Salpetersäure nicht in Zusammenhang brachte. Erst die quantitativen Bestimmungen führten auf diesen Gedanken. Der Versuch lehrt aber auch, wie geringe Mengen von Nitraten genügen, eine Bleilösung herbeizuführen, wobei im vorliegenden Falle die Länge der Bleirohrleitung allerdings als wesentlich unterstützendes Moment in Betracht zu ziehen ist. Ein wenn auch noch so geringer Nitratgelialt des Wassers dürfte daher jedenfalls bei Bleirohrleitungen als ganz besonders gefähr- lich anzusehen sein, ja sogar den Anlafs dazu bieten, bei einem solchen von Bleirohrleitungen überhaupt abzusehen. Auf die

den Bleiangriff befördernde Fähigkeit der Nitrate hat auch neuer-

22*

332 Über BleivergiftaDgen darch eine Wasserleitang.

dings Ru2iöka^) in seinen »Systematischen Untersuchungen über die Angreifbarkeit des Bleies durch das Wassere mit Recht hin- gewiesen. Der YorUegende Fall bestätigt diese Tatsache ganz eklatant. ^)

Die im ersten Gutachten auffallenden Umstände fallen nun- mehr ohne weiteres fort, weil sie sich mit den später festgestellten Tatsachen ganz gut in Einklang bringen lassen.

Es könnte aber jetzt, wo die Annahme einer Undichtigkeit in den Röhren überflüssig ist, auf den ersten Blick befremdend erscheinen, dafs, wie früher erwähnt, das Wasser, während es gesperrt in der Leitung gestanden, also seine Einwirkungsdauer auf die Bleiröhren eine gröfsere war, weniger Blei aufgelöst hatte als bei beständigem oder doch normalem Gebrauch. Eine Er- klärung, welche die gröfste Wahrscheinlichkeit für sich hat, dürfte in der Überlegung gefunden werden, dafs die Einwirkungs- dauer des Wassers nur scheinbar einen die Bleilösung begünsti- genden Einflufs hat, der ja schon durch die vorhandene Nitrat- menge begrenzt erscheint, in der Tat aber eigentlich einen hemmenden Einflufs zeigen mufs. Ru^iöka^) stellt folgende Reihe von Salzen in bezug auf ihre Fähigkeit, den Bleiangriff zu beschränken, auf: Nitrat, Chlorid, Sulfat, Karbonat. Nitrate greifen am stärksten an, werden also zunächst mit dem Blei in Wechselwirkung treten, und es ist leicht denkbar, dafs bei ge- ringen Mengen, wie sie z. B. hier vorliegen, die ganze verfüg- bare Menge in Reaktion tritt. Es wird dann bei beständig fliefsendem Wasser der hemmende Einflufs der Chloride, Sulfate und Karbonate gar nicht zur Geltung kommen, weil die Bildung der betreffenden Bleisalze, ihrer geringeren Löslichkeit ent- sprechend, in der kurzen Zeit nicht statthaben kann. Steht da- gegen das Wasser in der Leitung, so kommt dieser hemmende

1) Archiv f. Hygiene, 41 (1902), 8. 23.

2) Mit Ausnahme Kerstings (s. Wolffhügel, Arb. a. d. Kais. Ges.- Amte, II (1887), S. 507), der diese Tatsache in Abrede stellt, weisen alle Forscher, welche sich mit dem Stadium der Einwirkung der im Wasser ge- lösten Nitrate auf Bleiröhren beschäftigt haben, auf die Fähigkeit derselben hin, die lösende Wirkung des Wassers zu erhöhen.

3) Archiv f. Hygiene, 41, S. 31.

Von Inspektor Dr. Paal Fortner. 333

Einflufs sehr wohl zur Geltung, indem jetzt die Umsetzung mit den Chloriden, Sulfaten und Karbonaten allmählich vor sich gehen kann und so ein Teil des ursprünglich gebildeten löslichen Bleisalz in unlösliches übergeht, also der Lösung entzogen wird und durch Bildung einer Schichte an den Rohrwandungen einen weiteren Bleiangriff wesentlich erschweren wird. Es kommt also beim Stehen des Wassers in der Leitung namentlich der Über- schufs der Chloride, Sulfate und Karbonate gegenüber den Ni- traten in Betracht, und hiermit scheint die auf den ersten Blick auffallende Erscheinung, dafs das stehende Wasser weniger Blei aufgelöst hatte als das füefsende, ziemlich ungezwungen erklärt. Es soll diese Erklärung nicht als die einzig mögUche hingestellt und der Einflufs des Luftsauerstoffs, der ja immerhin im fliefsenden Wasser mehr zur Geltung kommen könnte als im stehenden, dadurch in Abrede gestellt werden.

Was die Erklärung des Bleiangriffs überhaupt anbelangt, kann man der Anschauung, welche sich Ru^iöka^) hierüber bildet, vollkommen beipflichten; nur hat man, wie ich glaube, nicht notwendig, bei der Einwirkung des blofsen destillierten Wassers auf Blei die Anwesenheit von gelöster Luft bzw. Sauer- stoff anzunehmen^), da ja das destillierte Wasser selbst zu einem (wenn auch geringen) Teile jonisiert ist und die Anwesenheit von geringen Mengen von freien H- und OH-Jonen die Bildung des Bleioxydhydrates auch im destillierten Wasser hinreichend erklärt. Aus den Tabellen, welche Ru^iöka bei seinen Ex- perimenten über den Einflufs der verschiedenen Salze auf die Löslichkeit des Bleies in Wasser aufgestellt hat, geht ferner her- vor, dafs dieser Einflufs durchwegs und zwar bei verhältnismäfsig kleiner Konzentration der Lösungen ein Maximum erreicht, welches sehr wahrscheinlich das Maximum der Jonisation des betreffenden Salzes anzeigt, bei welchem der stärkste Bleiangriff erfolgt. Bei zunehmender Konzentration erfolgt dann wieder eine Abnahme der Bleilöslichkeit. Es scheint nicht unwichtig,

1) Archiv f. Hygiene, 41, S. 42.

2) R. sagt »destillierteB Wasser, welches angeblich Luft resp. Sauef- stoff enthalten mnfs«.

334 Ober Bleivergiftnngen durch eine WaMerleitang. Von Dr. Pftol Fortner.

auf diese Tatsache hinzuweisen, wiewohl der obgenannte Autor selbst es unterlassen hat, weil sie vollkommen in Einklang mit den Jonisationsvorgängen steht.

Auch die Bildung der salpetrigen Säure ist auf diese Vor- gänge zurückzuführen. Denn die im Wasser vorhandenen H-Jonen (von der Jonisation des Wassers herstammend) und die aus den Nitraten stammenden NOs-Jonen wirken bleilösend ; der hierdurch disponibel werdende Wasserstoff hat nun Gelegenheit, auf einen Teil der vorhandenen Nitrate reduzierend zu wirken und dadurch die Bildung von salpetriger Säure bzw. Nitriten zu veranlassen.

Bei allen diesen Lösungsvorgängen hat sich auch im vor- liegenden Fall die Schwefelung der Bleirohre, welche auch in Österreich durch einen Ministerial-Erlafs vom 27. November 1884 gefordert wird, ziemlich illusorisch erwiesen. Darauf haben früher schon B^lohoubek, Hammon und Reichardt hin- gewiesen. Die leichte und stets ungleich dichte oberflächliche Schichte von Schwefelblei, welche sich bei der üblichen Schwefelung bilden kann, bietet sicher den Angriffen der einzig und allein bei einer Bleilösung in Betracht kommenden Säuren der betreffenden Salze kein genügendes Hindernis. Im vor- liegenden Falle ist das zum mindesten als er^nesen zu betrachten, da der Bleiangriff erfolgte, trotzdem die Rohre geschwefelt waren. Geschwefelte dürften daher ungeschwefelten Rohreu ziemlich gleichzuhalten sein und zur Beurteilung, ob in einem konkreten Falle Blei röhren überhaupt zuzulassen sind, lediglich das be- treffende Wasser nach eingehenden Versuchen bezüglich seiner Fähigkeit, Blei anzugreifen, zu gelten haben.

Die Bakteriendurchlässigkeit der normalen Magendarm-

schleimhaut im Säuglingsalter.

Von

Dr. med. B. Hilgermajin.

(Aas dem Hygienischen Institut der Universität Berlin. Direktor : Geli. Med.-

Rat Prof. Dr. M. Rubner.)

(Mit Tafel EL)

In der kürzlich erschienenen Arbeit^) Kickers, in welcher letzterer die Durchtrittsmöglichkeit von Bakterien durch die normale Schleimhaut des Intestinaltraktus säugender Tiere kulturell erwiesen hatte, deutete er bereits auf den Wert des Studiums von Schnittpräparaten hin, um oben erwähnte Über- trittsverhältnisse und das Verhalten des Schleimhautepithels noch genauer prüfen und präzisieren zu können.

Auf Anregung von Herrn Geheimrat Rubner habe ich in Gemeinschaft mit Herrn Professor Dr. Ficker, dem ich an dieser Stelle für seine Unterstützung und Anleitung bei Abfassung der Arbeit meinen herzlichsten Dank ausspreche, einige weitere Fütterungsversuche an neugeborenen Tieren gemacht und deren Ergebnisse vom pathologischanatomischen Gesichtspunkt aus festzustellen versucht. Gemäfs der Versuchsanordnung Fickers in seiner Arbeit wurde wiederum ein Bazillus aus der Gruppe der säurefesten und zwar der unbewegliche Blindschleichen- tuberkelbazillus gewählt, dessen Nachweis in der Darmwand oder

1) M. Ficker, Über die Keimdichte der normalen Schleimbant deß Jntestinaltraktas. Archiy f. Hygiene, Bd. 52.

336 BakteriendarehllHigkeit der nonnalen MagendarmMfaleimhAot eic.

den Organen unschwer ist. Um aber den etwaigen Eünwnrf zu

entkräften, dafs es sieh hierbei doch immerhin am einen

infektiösen Keim handle, kam aufserdem ein nicht infektiöser

Bazillus aus der Gruppe der säurefesten, der iPetribazillusc, noch

zur Verwendung.

Tenaeh L

Einem 1 Tag alten Kaninchen wird aas der Pipette ca. 1 com einer Anfachwemmnng von 2 Blindachleichentnberkaloee-Agarkaltaren in ca. 50 com Milch aof die Zonge getr&afelt. Das Tier macht deatliche Schlack- and Saagbewegnngen. Kach IV, Standen Tötang dorch Strangnlation and aofortige Sektion. Magen, Milz, Leber and Nieren werden in toto in 6proz. FormAl- dehjdlöflang gelegt, der Darm in kleinste, ca. ^.\ Vi cm lange Stückchen serschnitten and ebenfalls in Formalin gebracht Daranff olgende Paraffin- einbettang teils nach dem Verfahren von Labarsch, teils gernftCs dem von Henke*; angegebenen Azeton-Paraffinverfahren.

Von dem Magen- and Darmtraktna warde sodann in verschiedenen Höhen mit lieracksichtigang der einzelnen Übeig&nge Serien in der Schnitt- dicke von 5 10 /i gefertigt. Fftrbang mit Hämatoxylin^Earbolfachsin nach der Ziehl-Nielsenschen Methode oder mit Karbolfnxin-Methylenblaa.

Yersaeh IL

Meerschweinchen, 1 Tag alt, wird mit der gleichen Saspension ge- füttert. Weitere Veraachaanordnang wie bei Versach L

Tersneh IIL

Kaninchen, 1 Tag alt, erhält eine Anfschwemmang von 5 Ösen einer 48 Stunden alten Petribazillenaufschwemmung in 2 ccm sterilem Wasser anf die Zunfc« geträufelt. Tötung nach IVs Standen durch Strangulation and sofortige Süktion.

IMe Organe werden teils in 6proz. Formaldehydlösung, teils in Zenk ersehe Lösung gelegt.

Paraffinbettang and Färbung wie bei Versach I.

Parallel mit diesen Verfütterungsversuchen wurden Kontroll- prüfungsversuche angelegt behufs Feststellung der Fixations- ffthigkoit der zur Anwendung gelangenden Lösungen. Es wurden 3 O.seii der verwandten Kulturen sowohl in Formalin als in Zenk er scher L(^sung aufgeschwemmt und von dieser Auf- schwemmung je 5 Ösen nach 5, 10, 15 und 20 Minuten in Bouillon übertragen. Gleichzeitige Anlegung von Kontrollröhrchen,

1) Henke-Zeller, Aseton-Paraffin-Schnelleinbettung. Zentralbl. f. allgeui. Pathologie u. patholog. Anatomie, Bd. XVJ, Nr. 1.

Von Dr. med. R. Hilgennann. 337

d. h. es wurden BouillonrOhrchen mit 1 Nadelspitze Kultar und 5 Ösen der verwandten Bixationsflüssigkeiten beschickt. Sämtliche Röhreben wurden durch ca. 8 Tage beobachtet. Die Röhrchen der Serie I blieben steril, die Kontrollröhrchen dagegen waren stets positiv. Aulserdem wurden noch späterhin von sämtlichen Röhrchen Agarplatten angelegt, die dasselbe Resultat wie oben ergaben.

Postmortale Wachstums Vorgänge, bedingt durch ungenügendes Abtöten der Kulturen innerhalb der verwendeten Fixationsflüssig- keiten, sind also auszuschliefsen.

Die durch die Versuche I und III, also beim Kaninchen gewonnenen Serienschnitte ergaben zunächst, dals die verfütterten Bakterien im Magen einer Auflösung nicht anheimgefallen, sondern dafs sie in den Darmkanal selbst gelangt waren.

In den oberen Partien des Dünndarmes liefsen sie sich am reichlichsten nachweisen, um sodann gegen das Oebiet des Dick- darmes hin und in diesem selbst allmählich an Intensität abzu- nehmen. In der Lagerung der Bakterien innerhalb des Lumens war eine gewisse Gruppierung insofern zu erkennen, als sie sich im Magen und Dünndarm teils im freien Lumen selbst befanden, teils in kleineren Häufchen der Höhe der Zotten angelagert waren. Im Dickdarm hingegen fanden sich wohl im Anfangs- gebiet spärliche Häufchen, weiterhin aber nur einzelne, ver- sprengte Keime.

Aufser dieser Passage der Bakterien in den Darmtraktus konnte ferner sowohl im Magen, als auch im Verlaufe des ganzen Darmkanals ein Durchtritt in die Schleimhaut selbst konstatiert werden. Abgesehen von einzelnen, ohne besonderes Bindeglied übergetretenen Bazillen, möchte ich gemäfs der Übereinstimmung der verschiedenen Bilder eine Art etappenförmige Lagerung der Bakterien in der Schleim- haut annehmen.

Betrachten wir uns im mikroskopischen Bilde die Magen- schleimhaut, so sehen wir zunächst, wie bereits oben ange- geben, Bakterien der Höhe der Zotten angelagert. Diese An- lagerung einzelner Bakterien, vielleicht von dem übrigen, unge-

338 Bakteriendurchlässigkeit der normalen Magendarmschleimhant etc.

hindert passierenden Hauptteil passiv abgesondert, vielleicht auch durch aktive Kräfte zur Resorption herangezogen, dürfte die erste Stufe und gewissermafsen den Stützpunkt für den Eintritt bilden. Läfst sich doch gerade an dieser Stelle das typisch-stufen- förmige Vordringen der Bakterien studieren. Schon an diesen Bakterienhäufchen selbst kann man eine losere und eine engere Anlagerung an die Zotte erkennen. Etwas abgelöst von dem eigentlichen Häufchen sieht man, wie ein vorgeschobener Bazillus sich auf das innigste dem achsialsten Teil der Zelle anlagert, fast als ob sein Durchgang in die Schleimhaut unmittelbar bevor- stände. In einem zweiten Stadium ist ein anderer bereits im Zustande des Übertritts zu erkennen, wie er gerade durch die Schleimhautgrenze hindurchschlüpft. Besonders gut lälst sich dieser Eintritt in die Schleimhaut studieren, wenn der Bazillus noch halb im freien Lumen, halb in der Zellpartie gelagert an- zutreffen ist. In den verschiedensten Richtungen vollzieht sich der Übergang, bald sind die Bazillen direkt senkrecht, bald schräg, bald horizontal gelagert. Immer aber handelt es sich, um diesen Punkt noch einmal hervorzuheben, um vereinzelte Bakterien, die in der Zahl ihres Übertritts in keinem Verhältnis zu der des Lumeninhaltes stehen. Als Folge auf diesen im Durchtritt begriffenen Bazillus kann man sodann einen anderen, d. h. den nächst vorhergegangenen wohl, bereits völlig durch- getreten sehen. Seinen Abschlufs findet also dieser Übertritt mit der Lagerung des Bazillus in der Zelle selbst. In der Zelle ist die Lagerung eine stets völlig gleichartige: in der Mitte des Protoplasmas zwischen Kern und Grenze der Zelle (Fig. I).

Gemäfs den Difseschen^) Untersuchungen über die unvoll- kommene Schleimbildung in jugendlichen Zellen wird diese Lagerung mitten im Protoplasma verständlich. Geschlüpft durch die Lücken des natürlichen Schutzwalles des vorerst noch aus einzelnen zusammenhangslosen Kugeln bestehenden Schleimüber- zuges, muTs der Bazillus, tritt er in die Zelle ein, an dieser Stelle des Protoplasmas zu liegen kommen. Eine Kombination von

1) Difse, XJntersnchangen über die Durcbgängigkeit der jugendlichen Magendarmwand für Taberkelbazillen. Berliner klin. Wocbenscbr., 1903, S. 4.

Von Dr. med. R. Hilgttinann. 339

Schleim- und Basillenftrbung, die wohl am ehesten in diese Verhältnisse Klarheit bringen konnte, ist mir nicht gelungen.

Handelt es sich nun inrklich bei diesen Bildern um eine Aufnahme seitens der Schleimhaut, nicht um ein Kunstprodukt beim Einbetten oder Schneiden, so mufs man die Bakterien auch weiterhin verfolgen kOnnen. Ist ja doch eine Verschleppung der Bakterien, sind sie einmal in die Zelle gelangt, auf dem Wege der Blut- oder Lymphbahn, leicht erklärbar. In der Tat folgte auf die Lagerung in der Zelle wie die mikroskopischen Bilder zeigten der Durchtritt in das Zottenlunien und schlielslich in die inneren Organe, vor allem in die Milz. Letzteres habe ich vorweggenommen, da ja diese Ergebnisse für den Magen wie den Darm gleichbedeutend sind.

Was den Darm anbetrifft, so wurde sowohl der Dünndarm, als der Dickdarm, besonders auch der proo. vermif. untersucht. Hier zeigte sich ein wesentlicher Unterschied in der Anzahl der durchgetretenen Keime im Verhältnis von Dünn- und Dickdarm. Während im Dünndarm, zumal im oberen Drittel, ein reichlicher Übertritt erfolgt war, nahm derselbe im Dickdarm bedeutend an Stärke ab. Nur noch vereinzelte Bakterien wurden innerhalb der Schleimhaut gefunden. Zieht man aber in Betracht, was ich oben bereits über die geringe Anzahl der Bakterien im Lumen des Dickdarmes sagte, so wird diese anscheinend verminderte Schleimhau tdurchgängigkeit verständlich. Ist doch sicherlich von der jedesmaligen Menge der Bakterien im Lumen die Durch- trittsmOglichkeit durch die Schleimhaut abhängig.

Im allgemeinen boten die mikroskopischen Bilder des Darmes Übereinstimmung mit denen des Magens, indem auch sie einen allmählichen Übertritt der verfütterten Bakterien zeigten. Erst wiederum die Anlagerung der Bakterien auf der Höhe der Zelle, dann der Durchtritt und schliefslich ihre Lagerung im Proto- plasma (Fig. II).

Im proc. vermif. waren die Übertrittsverhältnisse denen im Dünndarm gleich zu achten, eine stärkere Beteiligung also direkt nicht vorhanden. Bedenkt man aber, dafs die Knickung des proc. vennil. eigentlich an und tiXr sich eine Passage für

340 Bakfeeriendorchlttssigkeit der normalen MmgendannBchleimhaat etc.

durchgehende Fremdkörper einschränken müfste, so kann man in Erwägung der gleichen Übertrittsverhältnisse wie im Dünn- darm immerhin von einer stärkeren Beteiligung sprechen. Da femer der proc- vermif, gerade zu Entzündungen und Läsionen geneigt ist, so ist er vielleicht doch als Prädilektionsstelle für einen Übertritt von Bakterien in Betracht zu ziehen.

Die in Vorstehendem angegebenen Resultate beziehen sich auf die Versuche I und III, also beim Kaninchen. Bei dem Versuch II, bei dem das Meerschweinchen als Versuchstier benutzt wurde, zeigten die Untersuchungsergebnisse, obwohl der Versuch in derselben Weise wie beim Kaninchen ausgeführt worden war, das Tier also die ungefähr gleiche Bakterienmenge erhalten haben mufste, wesentliche Unterschiede gegenüber Ver- such I und III. Fanden sich beim Kaninchen die verfütterten Bakterien in reichlicher Menge im Lumen des Magen- und Darmkanals wieder, so war beim Meerschweinchen ein bedeutend geringeres Vorhandensein derselben zu konstatieren, insonderheit zeigte das Lumen des Magens dieselben nur in spärlichen Resten. Was die Eintrittsverhältnisse in die Schleimhaut selbst anbetri£Et, so habe ich im Magen einen Übertritt nicht finden können. Im Darm war ein Eintritt in die Schleimhaut wohl erfolgt, doch waren nur ganz vereinzelte Bakterien übergetreten, auch diese meist noch im Anfangsstadium des Übertritts. Der Schleim- hautoberfläche eng angelagert, sah man öfters vereinzelte Bakterien, ohne aber gleichzeitig einen Eintritt flnden zu können, fast ge- wann man hierbei den Eindruck, als ob die Bakterien durch einen natürlichen Wall den die Schleimhautoberfläche zu bilden schien, nicht hindurchdringen könnten. Sicherlich waren die Durch- tritts- und Eingangsverhältnisse in die Schleimhaut nicht mit denen beim Kaninchen zu vergleichen. Während hier ein deut- lich stufenförmiges Eintreten beobachtet werden konnte, das unbehindert vor sich zu gehen schien, konnte beim Meer- schweinchen nur von einem verein/.elten und mühsamen Ein- dringen die Rede sein. Ob hierbei Rassenunterschiede, bzw. besondere Schutzvorrichtungen der Schleimhaut mitsprachen, kann zurzeit nicht entschieden werden.

Von Dr. med. R. Hilgennann. 341

Mit dem Beweis des Eintritts der Bakterien in die Schleim- haut ergab sieh die weitere Frage, welche Faktoren diesen Durchtritt ermöglicht haben konnten, und auf welchem Wege derselbe erfolgt sein mochte. Zunächst lag gewifs der Gedanke nahe, an einzelne, zufällig vorhandene Läsionsstellen zu denken. Diese Annahme war aber auszuschliefsen, da sich zeigte, dafs der Übertritt nicht an einzelnen Punkten, sondern im Verlaufe der ganzen Länge des Magen- Darmkanals erfolgt war. Ebensowenig konnte bei der immerhin grofsen Anzahl ver- fütterter Keime von einem natürUchen Überfluten, von einer durch Reizwirkung hervorgebrachten direkten EintrittsmögUchkeit die Rede sein. Wäre dies wirklich der Fall gewesen, dann hätten viel zahlreicher und nicht in so typisch-vereinzelter Anordnung innerhalb der Zellen und Zotten die Bakterien durchtreten müssen. Besteht ferner ein Unterschied zwischen Meerschweinchen und Kaninchen in ihrer Aufnahmefähigkeit für Bakterien wirklich zu recht, so würden gerade die beim Meerschweinchen gefundenen Verhältnisse letztere Behauptung bestätigen, indem hier trotz einer geringen Menge von Bakterien innerhalb des Darmlumens doch Bakterien übergetreten waren. Auch wäre vom technischen Standpunkt aus ein Durchtrittsnachweis einzelner verfütterter Keime bei der grofsen Länge des Magen-Darmkanals unmöglich gewesen.

Viel näher liegt wohl der Gedanke, zu glauben, dafs gemäfs der Behauptung v. Behrings die Schleimhaut im jugendlichen Alter der natürlichen Schutzstoffe entbehre, um einen Übertritt durchwandernder Bakterien verhindern zu können.

Der Nachweis der verfütterten Keime in inneren Organen dürfte femer den Einwurf entkräften, dafs es sich bei diesen Lagerungsverhältnissen innerhalb der Schleimhäute vielleicht um eine mechanische Einwirkung beim Einbetten oder beim Schneiden handeln könnte. Gegen diese Annahme spricht auch der Um- stand, dafs ich sowohl beim Magen wie beim Darmtraktus die Bakterien innerhalb der Zotten auch an Stellen gefunden habe, wo weder auf der Zottenhöhe noch in der sichtbaren Peripherie des Lumens Bakterienhaufen vorhanden waren.

342 BakfrtonfiiiililiMighiir ete. Voa Dr. dmiL B. Hngennann.

£0 bleibt noch die Fra^ oUsa, an wdcher Stelle eigentlich der Dorchtritt erfolgt sei. Ob nun. wie Difäe nacbgewieeea. die mangelhafte ächleimbildnng im jugendlichen Alter wenigstens für den Magen, oder ob die Interzellnlarräome- and Brücken einen Durchtritt begünstigen, oder ob die Zelle aelbet aktive Fonktionen übernimmt, entzieht sich der Beobachtung. Oremäb dem oben beschriebenen stofenweiaen Elintreten möchte ich aber glauben, dala ee sich am eine aktive Tätigkeit seitens der Sohleimhaat handele. Bei dieser gewissermafsen sich aneinander reibenden Lagerang der Bakterien ist wohl eine Tätigkeit der 2^11e selbst, event. ein Weiterschleppen darch dazu befähigte Zellen, anzunehmen.

Mit dem Nachweis, dals Bakterien durch die noch unge- schützte Magendarmwand aufgenommen werden können, darf auch mit einer InfektionsmögÜchkeit im jugendlichen Alter ge- rechnet werden. Denn ähnlich wie bei den Fütterungsversuchen, bei denen eine gröfsere Menge Bakterien den Mageu-Darmtraktus ül>erscljwemmt, liegen schliefshch auch die Verhältnisse bei einer bakterienhaltigen Ernährung, bei der die stete Summation dem augenblicklichen Reichtum an Bakterien der Fütterungsversuche ziemlich gleichzusetzen ist.

Erklärung der Abbildungen.

KiKur ]. IjeUz: Okol. ]. Obj. V',, Ollmmersion. Tabuslänge 170 min. Tech- nik: Paraffine! nbettong, Hämatozylin-Karbolf achsin. Das Bild zeigt einen Durchschnitt darch die Schleinihaatoberfl&che des Kaninchen- fnagens. Die Tuberkel bazillen sind teils im freien Lamen, teils bereits in den Kpithelzellen selbst gelagert.

Figur II. J^its: Okul. I. Obj. Vn Öl-Immersion. Tubaslänge 170 mm. Tech- nik: I'arafflneinbettung, Karbolfachsin- Methylenblau. Figur II gibt einen QuerHchnitt und einen I^lngsschnitt einer Dünndarmzotte vom Kaninchen wieder. Die Tuberkelbazillen sind sowohl im Begriffe des Durchgangs durch die Schleimhautoberfläche als auch innerhalb der Zellen.

Blutparasiten und Erythrocytolyse.

Von

Dr. A. Nitele.

(Aqb dem Hygienischen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh.

Medinnalrat Prof. Dr. M. Babner.)

Am Schlüsse eines kürzlich in diesem Archiv erschienenen Aufsatzes habe ich auf die engen Beziehungen hingewiesen, die zwischen dem Verschwinden von Trypanosomen aus der Blut- bahn eines infizierten Tieres und dem gleichzeitigen Auftreten einer bisweilen erheblichen Anämie bestehen, mochte die Heilung oder Remission eine spontane oder eine durch künstliche Mittel herbeigeführte sein. Hierin zeigten auch alle drei mir zu Gebote stehenden Trypanosomenarten , Tr. Brucei, Tr. equinum und Tr. Lewisii keine prinzipiellen Unterschiede.

Diese Erscheinung tritt naturgemäfs um so deutlicher hervor, je reichlicher Trypanosomen im Blut vorhanden sind und je akuter sie daraus verschwinden; denn so wird es dem Blut- regenerationsapparat unmöglich, für die gleichzeitig erfolgte Zer- störung von roten Blutkörperchen auch nur mit minderwertigem Material in der nächsten Zeit einen irgendwie erhebUchen Ersatz zu schaffen. Dementsprechend liegen die Resultate der Blut- körperchenzählung in diesen Fällen weit aufserhalb der Fehler- grenzen; bei meinen Versuchen an kleinen Tieren betrugen die Differenzen stets Millionen pro EubikmiUimeter.

344 Blatparasiten and Erythrocytolyse.

Von dem zeitlichen Zusammenfall der beiden Erscheinungen kann man sich am besten in der Weise überzeugen, dafs man Mäuse, die schon einigermafsen reichlich Cadärastrypanosomen oder die von Martini aus einem Togohengst gewonnene Na- ganaparasiten aufweisen, mit schwachen Trypanrotdosen , etwa 0,2 0,3 der Iproz. Lösung pro 15 g Maus, behandelt. Unter diesen Bedingungen tritt häufig in 24 Stunden noch keine Heil- wirkung ein, im Gegenteil haben sich die Trypanosomen in dieser Zeit manchmal noch vermehrt und ebenso findet man die Zahl der roten Blutkörperchen kaum oder doch nur wenig vermindert, und erst am Tage darauf läfst sich das Verschwinden der Trypa- nosomen und das gleichzeitige Einsetzen der oft recht erheb- lichen Anämie mit Sicherheit konstatieren. Dieser Synchronismus tritt aber auch bei den spontanen Remissionen, wie sie im Verlauf einer Cadäras- oder Naganainfektion bei Meerschweinchen häufig zn beobachten sind, sowie bei Ratten unmittelbar nach der spontanen Heilung von einer Infektion mit Tr. Lewisii deutlich hervor, vorausgesetzt, dafs Remission bzw. Heilung einigermafsen akut verlaufen.

Es lag daher nahe, zu prüfen, ob Stoffe, die anerkannter- mafsen Hämolyse hervorbringen, auch imstande sind, die Para- siten zu beeinflussen. In der Tat ist es mit derartigen Sub- stanzen — nach den bisherigen Versuchen besonders mittels Toluylendiamin gelungen, Trypanosomen selbst bei ziemlich weit vorgeschrittenen Erkrankungen teils bis auf vereinzelte Exemplare, teils vollständig, wenn auch nur zeitweise, zum Ver- schwinden zu bringen. Von den Resultaten dieser Versuche mag in diesem Aufsatz nur erwähnt werden, dafs auch hier manchmal erst am zweiten Tage die Wirkung sich zeigte, und dafs in solchen Fällen die Blutkörperchenzählung die gleichen Veränderungen ergab, wie sie eben bei der Anwendung von Trypanrot geschildert wurden. Reichte die Dosis nicht hin, eine deutliche Hämolyse zu erzeugen, so war auch eine Verminderung der Flagellaten nicht zu konstatieren.

All diese Beobachtungen waren geeignet, in mir immer mehr die Überzeugung zu befestigen, dafs Vernichtung der Trypa-

Von Dr. A. Nifsle. 345

nosomen und Hämolyse die eug miteinander verbundenen Funktionen einer Substanz darstellen. Da die Anhäufung dieser Substanz bei Infektionen von Ratten mit Tr. Lewisii zu lang dauernder Immunität führt, so halte ich auch in allen Fällen, wo es zu einer spontanen Verminderung von Trypanosomen unter gleichzeitiger Blutkörperchenzerstörung kommt, die An- nahme für berechtigt, dafs das wirksame Prinzip von Körper- Zellen erzeugt wird, die in dieser Weise auf die Schädigung re- agieren, welche durch Einwirkung der im Blut enthaltenen Para- siten entsteht.

Wenn nun auch die Schädigung, auf die eine chemische Reaktion erfolgt, in letzter Linie selbst chemischer Natur sein mufs, so dürfen doch wohl mechanische Momente, wie das Ein- dringen von Trypanosomen in Erythrozyten und ihr Durch- schlüpfen durch dieselben, auf die ich in meiner vorigen Arbeit aufmerksam machte, als Vorbedingungen in Betracht gezogen werden. Dafür spräche die Tatsache, dafs das Durchschlüpfen durch die Blutkörperchen besonders häufig bei längerem Vor- handensein zahlreicher Flagellaten im Blut, also auch kurz vor den Remissionen beobachtet werden kann. Anderseits mag auch allein schon eine Erklärung in dem Sinne ausreichend er- scheinen, dafs die Trypanosomen als tierische Zellen in ihrer chemischen Zusammensetzung eine relative Ähnlichkeit mit den Erythrozyten besitzen und durch ihre Anhäufung deshalb auch eine gegen diese gerichtete Reaktion auslösen ; denn vorläufig liegt für mich kein Grund vor, die Blutkörperchenauflösung nur als eine Nebenwirkung eines Zellimmuukörpers aufzufassen, wie sie V. Dungern als solche bei seinen Versuchen über Epithel- immunserum festgestellt hat, da doch sonst eine bisher wenigstens als rein hämolytisch bekannte Substanz, wie das Toluylendiamin, nicht gleichzeitig in solchem Mafse die Trypanosomen zerstören könnte.

Auf die Tatsache, dafs die Beziehungen zwischen Trypa- nosomen und roten Blutkörperchen enger sind als zuerst scheinen mag, deuten aufser den in meinem letzten Aufsatz angeführten Beobachtungen eine Anzahl wesentlicher Übereinstimmungen mit

ArchiT mr Hygiene. Bd. UV. 23

346 Blatparasiten und Erythrocytolyse.

dem Verlauf einer Blutkrankheit, bei der die endoglobuläre Lage des Erregers von vornherein auf nähere Beziehungen zwischen ihm und dem Erythrozyten schliefsen läfst, uämHch der mensch- lichen Malaria und besonders des auf dieser Basis entstandenen Schwarzwasserfiebers.

Ehe ich auf eine Untersuchung derselben eingehe, möchte ich noch auf eine Erfahrung hinweisen, die ich an der Wirkungs- weise von verschieden grofsen Dosen solcher Stoffe machen konnte , welche Trypanosomeninfektionen günstig beeinflussen. Der sichtbare Effekt steigt nämlich nicht gleichmäfsig proportional der angewandten Menge des Mittels, sondern mehr sprungweise, so dafs er graphisch als eine terrassenförmig ansteigende Linie, deren erster Abschnitt in der Abszisse selbst verläuft, dargestellt werden müfste. Bei manchen Stoffen mufs man sogar weit über 50 7o derjenigen Menge hinausgehen, die gerade zur vollkommenen Beseitigung der Trypanosomen erforderlich ist, um überhaupt einen, wenn auch meist gleich reichlichen Erfolg zu erzielen; und das ist ja auch natürlich, da man doch wohl annehmen mufs, dafs die Widerstandsfähigkeit eines grofsen Teils der Parasiten ungefähr die gleiche ist. Deshalb ist es auch kaum zu verwundem, wenn auch die spontanen Verringerungen der Parasitenanzahl, mag es sich um Remission oder Heilung handeln, sehr häufig ebenfalls deutlich sprungweise erfolgen; besonders tritt dies bei der Infektion von Ratten mit Tr. Lewisii hervor. Die Anhäufung von Antikörpern mufs eben erst einen gewissen Grad erreicht haben, ehe ihre Wiikung manifest werden kann.

Wenn ich nun dazu übergehe, die menschliche Malaria zum Vergleich mit den bei Trypanosomiasis gewonnenen Resultaten heranzuziehen, so ist für die Auswahl dieser Bluterkrankung aufser der endoglobulären Lage der Parasiten das Vorhandensein der grofsen Menge von Literatur mafsgebend gewesen, die den Mangel entsprechender, eigener Versuche bis zu einem gewissen Grade zu erset/.en vermag.

Ich beginne mit dem Schwarzwasserfieber, da hier die Hämolyse in den Vordergrund der Erscheinungen tritt und des- halb am genauesten studiert worden ist.

Von Dr. A. Nifsle. 347

In der Mehrzahl der Fälle sind es zwei Momente, die bei dieser Erkrankung konstatiert werden können, das Vorhandensein von Malaria und eine dem Anfall kurz voraufgegangene Chinin- gabe. Dazu ist zu bemerken, da[s für das Chinin auch manche anderen Medikamente eintreten können wie Phenacetin, Salipyrin, Methylenblau (F. Plehn, A.Plehn, Kleine, Pause), ferner Er- kältungen, Überanstrengungen, Verletzungen (A. Plehn), dafs aber auch sichere Fälle beobachtet worden sind, wo aufser der Malaria keine weiteren Anhaltspunkte gefunden werden konnten (A.Plehn, Daniels, Moffat); i . . . . und selbst ohne nachweisbare besondere Veranlassung tritt der Blutzerfall zuweilen im Verlauf eines Malariafiebers eint (A. Plehn).

Dagegen dürfte heutzutage die auf vielen Erfahrungen be- ruhende Ansicht kaum mehr ernstlichen Zweifeln begegnen, dafs Schwarz Wasserfieber nur bei Malariakranken vorkommt; daran kann auch der ganz vereinzelt dastehende, von Krönig ver- öffentlichte Fall einer Sepsis nichts ändern, bei dem auf 1 g Phenacetin Ikterus, Hämoglobinurie und Temperatursteigerung eingetreten war. Anderseits verursacht Chinin allein auch in hohen Dosen niemals Hämoglobinurie.

R. Koch hat zuerst festgestellt, dafs Schwarzwasser nicht nur bei Tropica, sondern auch bei Tertiana beobachtet werden kann; Otto führt aufserdem einen Fall an, bei dem Quartana- parasiten als Malariaerreger diagnostiziert worden waren.

Da das Schwarzwasser nur in bestimmten Bezirken heimisch ist, so hat Koch ferner das Klima als disponierendes Moment beschuldigt, doch kann auch diese Theorie keine absolute all- gemeine Gültigkeit beanspruchen, da, wie der Ottosche Fall beweist, die Disposition bisweilen auch in unsern Breiten er- worben wird.

Die Beschränkung des Schwarzwasserfiebers auf bestimmte

Bezirke, die allerdings in Afrika nach F. Plehns Angaben

deutlich an Umfang gewinnen, sucht dieser Autor mit der

eventuellen Verbreitung bestimmter Arten der Malariamücken zu

erklären. Stephens nimmt eine höhere Virulenz der Parasiten

und eine Änderung der Konstitution der in Schwarzwassergegenden

28*

348 Blotparasiten und Erythrocytolyse.

lebenden Europäer an. A. Plehn glaubt, »dafs die Schwarz- wasserdisposition auf einer zeitweisen funktionellen Erschöpfung der blutbereitenden Organe beruht, und dafs diese Erschöpfung infolge der übermäfsig gesteigerten Regenerationstätigkeit ein- tritt, welche notwendig wird, um die durch latente und manifeste Malaria fortgesetzt geschaffenen Verluste zu decken. c F. Plehn führt die Disposition auf die gelegentliche Bildung eines Blut- giftes durch die Malariaparasiten zurück, welches die Blut- körperchen aufserordentlich geneigt zum Zerfall mache.

Dafür, dafs die Menge der Parasiten nicht in Betracht kommt, sind besonders zwei von Koch beobachtete Fälle be- weisend, die tödlich verliefen, aber, obgleich in dem einen 30, in dem andern gar 80% der Erythrozyten infiziert waren, keine Spur von Hämoglobinurie zeigten; im Gegensatz dazu berichtet Koch über Schwarzwasserfälle, die vor Beginn der Hämoglobi- nurie nur ganz spärliche Parasiten aufwiesen.

Nun ist bisher allen, die Schwarzwasserkranke zu beobachten Gelegenheit hatten, aufgefallen, dafs bei der grofsen Mehrzahl der Patienten mit dem Anfall die Parasiten verschwinden. Der Zeit|:)unkt des Verschwindens hängt von der Schnelligkeit und Ausdehnung des Blutzerfalles ab (A. Plehn); dieses selbst erfolgt zweifellos rascher als bei einer unter Chininbehandlung normal verlaufenden Malaria (Panse). Aufserdem deutet das relativ häufigere und längere Ausbleiben von Rezidiven, auch wenn kein Chinin weiter gegeben wurde, darauf hin, dafs die Chinin- wirkung nicht unmittelbar mit dem Verschwinden der Parasiten in Zusammenhang stehen kann.

Wollte man nun annehmen, dafs die mit Parasiten besetzten Erythrozyten zuerst und mit diesen die Parasiten bei der Hämolyse zerstört werden, so müfsten nach dem Anfall die Parasiten jedes- mal vermifst werden.

Eine verhältnismäfsig einfache Erklärung findet diese Er- scheinung erst, wenn man die Resultate, welche die Beob- achtungen am try{)anosomenkranken Tieren ergeben haben, heranzieht und auch hier annimmt, dafs während jeden Malaria- anfalls mikrobizide Stoffe als Reaktion auf die Anwesenheit

Von Dr. A Nifsle. 349

bzw. Vermehrung der Parasiten von Zellen geschaffen und auf- gespeichert werden, und dafs auch hier mit der mikrobiziden Eigenschaft dieser Stoffe eine hämolytische eng verbunden ist. Diese letztere tritt bei Schwarzwasserfieber in den Vordergrund und zeigt an, dafs, wenn dieses spontan eingetreten ist, die Konzentration der Antikörper einen Grad erreicht hat, bei dem gleichzeitig mit der Parasitenvernichtung eine ausgedehnte Hämolyse erfolgen mufs, also genau so, wie es die Beobachtungen an trypanosomenkranken Tieren ergeben haben.

In allen den Fällen, wo kurz nach Verabreichung von Chinin oder ähnlichen Medikamenten Schwarzwasser entstanden ist und mit ihm die Malariaparasiten ganz oder fast ganz ver- schwunden sind, ist anzunehmen, dafs dieser Konzentrationsgrad der reaktiven Stoffe, spontan wenigstens, bisher nicht erreicht wurde, sondern dafs erst durch das Hinzutreten der in der gleichen Richtung sich erstreckenden Chinin Wirkung die Be- dingungen für das Entstehen der Hämoglobinurie erfüllt wurden. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, dafs auch ohne das Chinin, nur später, die Hämolyse mit derselben Heftigkeit hätte eintreten müssen.

Wesentlich seltner sind die Fälle, bei denen mit dem Schwarz- wasseranfall keine deutliche Verminderung der Parasiten Hand in Hand geht, über diese Ausnahmefälle auf sichere Beobach- tungen gestützte Erklärungen aufzufinden, ist mir bisher nicht möglich gewesen. Doch scheint es, als ob in einem Teil die besonders hochgradige Schwäche des Organismus eine normale Anhäufung von Immunkörpern während der Malariaanfälle hat vermissen lassen, da unter diesen Bedingungen ebenso wie die andern Funktionen des Körpers auch die Fähigkeit gelitten haben mufs, in ausreichendem Mafse Schutzstoffe gegen Kranheits- erreger zu produzieren; anderseits zeigen Fälle wie der von Schlayer veröffentlichte, dafs unter Umständen gleich nach dem ersten Malariaanfall Schwarz Wasserfieber einsetzen kann, also zu einer Zeit, in der man die Aufspeicherung antiparasitärer Stoffe in irgendwie erheblicher Menge noch nicht zu vermuten berechtigt ist (vorhergehender, längerer, das Fieber vollkommen

350 Blatparasiten und Erythrocytolyse.

hintanhaltender Chiningebrauch, nach Aussetzen erstes Fieber in der Heimat, auf 0,75 Phenazetin Hämoglobinurie).

Bei der einfachen Malaria treten Hämolyse und Parasiten- vemichtung nicht in dem Mafse hervor wie beim Schwarzwasser- fieber; doch wissen wir, dafs mit jedem Anfall, dessen Beginn bekanntlich mit der Schizogonie zeitlich zusammenfällt, eine mehr oder minder weitgehende Zerstörung von roten Blutkörperchen verbunden ist, und ferner, dafs dieselbe nicht von der Menge der vorhandenen Parasiten abhängt, sondern eventuell bedeutende Dimensionen annehmen kann, ohne dafs die Zahl der Parasiten eine grofse sein braucht, und umgekehrt.

Nun ist allerdings mit dem Fieberanfall ein Verschwinden der Parasiten meistens nicht verknüpft, und doch [müssen wir annehmen, dafs ein grofser Teil derselben während der Hämolyse zugrunde geht, da sonst nach der Schizogonie stets eine ganz gewaltige Vermehrung der Parasiten erwartet werden müfste. Wo eine stärkere Vermehrung der Parasiten angetroffen wird, wie z. B. bei den beiden oben erwähnten Koch sehen Fällen, ist dies nach meiner Ansicht in derselben Weise durch einen abnorm schwachen Organismus zu erklären, wie es eben im Anschlufs an die Besprechung des Schwarzwasserfiebers ge- schehen ist.

Ich nehme also auch beim einfachen Malariaanfall die Bildung eines zugleich antiparasitär und hämolytisch wirkenden Körpers innerhalb von Zellen an, dessen Anhäufung während weiterer Fieberanfälle allmählich zu einer immer mehr ausgesprochenen Immunität den Parasiten gegenüber führen mufs.

Unter Berücksichtigung dieser Anschauung erscheint mir deshalb der Malariaanfall von dem Sclnvarzwasseranfall nur graduell verschieden, mag dieser spontan oder auf eine Chinin- gabe hin eingetreten sein, sofern nur eine deutliche Verminderung der Parasitenzahl zu konstatieren ist; denn der mäfsigen Para- sitenzerstörung und gleichzeitigen mäfsigen Hämolyse des ersteren entspricht hier die Kombination der gleichen nur weitergehenden Reaktionen Es liegt daher für mich nahe, die Disposition für Schwarzwasser mit einer höheren X'iriilenz der Parasiten in Ver-

Von Dr. A. Nifsle. 351

bindung zu bringen, wie es auch Stephens getan hat; mit diesem wesentlichen Punkte würden sich auch leicht die Hypothesen vom Einflufs des KUmas (Koch) und der Übertragung durch bestimmte Mückenarten (F. Plehn), sowie die Änderung der Konstitution der in Schwarzwasserbezirken lebenden Europäer (Stephens) in einen kausalen Zusammenhang bringen lassen.

Was die Hämolyse anbetrifft, so ist auch Pause auf Grund seiner Beobachtungen an 35 Schwarzwasserkranken über das Verhältnis vom Schwarzwasser zur Malariainfektion zum gleichen Resultat gelangt: »Sobald feststeht, dafs Erythrocytolyse mit konsekutiver Hämoglobinämie zum Wesen der Malariainfektion gehört, wäre demnach die Folgerung mögUch, dafs Schwarz- wasserfieber nichts anderes zu sein braucht, als ein auf Grund höherer Intensität der Infektion erreichter höherer Grad jener Erythrocytolyse. Dann würden wir dem Chinin und anderen Medikamenten, deren zweifellosen Einflufs keine Überlegung je mehr aufser acht lassen darf, nur noch die Fähigkeit zuschreiben dürfen, Steigerungen der iMalariahämocytolyse« zu unterstützen, zu begünstigen, nicht aber die Fähigkeit, eine Hämocytolyse bei Malaria überhaupt erst » hervorzurufen c, zu »veranlassen« oder »auszulösen €.«

Es erübrigt noch auf die Beobachtungen einzugehen, die sich mit der Diagnose der Disposition für Schwarz Wasserfieber beschäftigen. Koch hat als Symptome dafür das Ansteigen der Temperatur in den nächsten Stunden nach einer Chiningabe auf 38° und darüber, auffallendes Dunklerwerden des Urins und eine am nächsten Morgen sich zeigende ikterische Verfärbung der Haut angegeben. Rüge konstatierte in einem Fall auf 0,3 Chinin subkutan eine bedeutende Vermehrung der poly- chromatischen Erythrozyten und einige Tage später auf dieselbe Dosis einen Schwarzwasseranfall; er hielt es deshalb für be- rechtigt darauf hinzuweisen, dafs vielleicht durch derartige Blut- befunde eine drohende Hämoglobinurie erkannt werden könnte. Da die Polychromasie ebenso wie der Koch sehe Symptomen- komplex stets ein Ausdruck dafür ist, dafs nicht unbeträchtliche Mengen von roten Blutkörperchen zugrunde gegangen sein

352 Blutparaeiten und Erythrocytolyse.

müssen, da ferner eine Zählung der polychromatischen Erythro- zyten nach meinen Erfahrungen am Blut mit Trypanosomen infizierter Tiere insofern auf Schwierigkeiten stöfst, als die Färbung nicht immer gleichmäfsig deutlich ausfällt, un(i bei einer gewissen Menge von Blutscheiben nicht sicher entschieden w^erden kann, ob sie zu den orthochromatischen oder zu den polychromatischen zu rechnen sind, so möchte ich eine Modifizierung des Rugeschen Vorschlags durch die einwandsfreiere Blutköri)erchenzählung vor und nach der Chiningabe empfehlen. Vielleicht gelingt es so, in der Praxis einen ungefähren Grenzwert der Differenzen festzustellen, der die drohende Schwarzwassergefahr anzeigt und damit die weitere V^erabreichung von Chinin, wenigstens in der- selben Dosis, verbietet.

Es liegt nahe, nachdem sich in dem V^erhalten der Parasiten zur Blutkörperchenzerstörung eine prinzipielle Übereinstimmung zwischen Trypanosomiasis und Malaria ergeben hat, den Vergleich auch auf die Piroplasmosen, die ja durch die häufig bei ihnen auftretende Hämoglobinurie charakterisiert sind, auszudehnen.

Auch bei den Piroplasmosen, z. B. der Hämoglobinurie der Rinder, verschwinden mit den Blutharnen meist ziemlich akut die Parasiten vollständig oder bis auf vereinzelte Exemplare; nur bedarf es dazu einer weit reichlicheren Ansammlung, von Parasiten als bei der menschlichen Malaria. Der Verlauf der Piroplasmose steht daher bis auf die bei Trypanosomeninfektionen bisher nicht beobachtete Hämoglobinurie diesen näher als dem Schwarzwasser xMalari akranker. Häufig tritt noch nach dem Verschwinden der Piroplasnien dadurch, dafs die Hämolyse noch weiter fortschreitet, der Tod ein. Diese hier spontane P>scheinung erinnert lebhaft an Beobachtungen, die ich bisweilen an cad^ras- oder naganakranken Mäusen, die mit Trypanrot behandelt waren, machen konnte; die Tiere gingen noch nach der vollkommenen Heilung von der Infektion an der weiter zunehmenden Anämie ein. Derartige Befunde beweisen aber meines Erachtens, dafs auch bei den Piroplasmosen die Erythrozytolyse im wesentlichen nicht durch eine unmittelbare Einwirkung der Parasiten auf die Blutkörperchen hervorgerufen wird, sondern dafs dieser Prozefs

Von Dr. A. Nifsle. 353

hier in der gleichen Weise einen indirekten Verlauf nimmt und ebenso mit der Bildung von mikrobiziden Stoffen eng verknüpft ist wie bei der Trypanosomiasis und der menschlichen Malaria bzw. dem Schwarzwasserfieber bei menschlicher Malaria.

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report. Vol. V, 1903, Nr. 1. (Ref. Zentralblatt f. Bakteriologie, 1904).

über den Einflufs des Hangers anf die Bakterien- dnrchlässigkeit des Intestinaltraktns.

Von

Prof. M. Picker.

(AuB dem Hygienischen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh.

Medizinalrat Prof. Dr. M. Rubner.)

Wenn man berücksichtigt, mit wieviel Unbekannten wir bei experimentellen Untersuchungen über die Entstehungsweise in- testinaler Infektionen zu rechnen haben, so kann es nicht wunder- nehmen, dafs unsere Kenntnisse über diese Frage heute noch nicht weiter gediehen sind. Solange z. B. die Rolle der Darm- s&fte oder der im Darme heimischen Mikroorganismen gegenüber infektiösen Keimen nicht eingehender untersucht ist oder solange wir über die Virulenzabschwächung und -Verstärkung, wie sie unter natürlichen Verhältnissen erfolgt, nicht besser unterrichtet sind oder solange wir den Begriff der Disposition, der so Ver- schiedenartiges zusammenfafst und so oft herhalten mufs, um Unbekanntes zu verbergen, mit spezieller Rücksichtnahme auf die Infektion vom Darme aus nicht zergliedern und schärfer präzisieren, wird es schwer fallen, Gesetze von allgemeinerer Gültigkeit aufzustellen.

Um eine Gnmdlage für Untersuchungen in der in Rede stehenden Richtung zu gewinnen, habe ich, wie früher mitgeteilt (^), bei Innehaltung einer bestimmten Methodik das Verhalten des normalen Darms von Tieren gegenüber einverleibten Saprophyten

Einflafs d. Haugers auf d. Bakteriendurchlässigkeit etc. Von Prof. Ficker. 355

und den normalen Darmkeimen geprüft. Da mir so bei einheit- licher Versuchsanordnung die Verhältnisse bei bestimmten Tier- gattungen bekannt waren, legte ich mir, um einen Schritt weiter zu kommen, die Frage vor, ob an diesem normalen Verhalten etwas geändert wird, wenn solche Einflüsse, wie sie bei der Ent- wicklung von Darminfektionen in Betracht zu kommen scheinen, auf die Versuchstiere einwirken würden: nach Variation dieser Bedingungen könnte sich bei Prüfung des Blutes und der Organe eines Versuchstieres auf verfütterte, leicht wieder erkennbare Saprophyten oder auf Darmbakterien vielleicht beobachten lassen, ob lediglich den geprüften Faktoren eine Bedeutung für den Übertritt von Bakterien aus dem Darm beizumessen sei. Bei solchen Versuchen würde der Vorteil gegeben sein, dafs aus der Gleichung zunächst die komplizierende Frage der Infektion bzw. Virulenz ausgeschaltet ist.

Es erschien in dieser Beziehung der Einflufs des Hungers der Untersuchung wert.

I. Versuche.

Die Versuche erstreckten sich auf Kaninchen, Hunde, Katzen, Mäuse und Ratten. Nur den Hunden wurde Wasser verabreicht, die übrigen Tiere wurden unter kompletter Abstinenz gehalten. Für Reinhaltung der Käfige wurde Sorge getragen, erfahrungs- gemäfs wird z.B. bei Feuchtsitzen der Hunger sehr schlecht er- tragen. — Die Versuchsanordnung war im übrigen dieselbe, wie sie in dieser Zeitschrift Bd. 52, S. 180 ff. geschildert wurde.

Bei Versuch 1 4 wurden nur diejenigen Kulturröhrchen näher unter- sucht, bei denen ein Kulturwachstnm an der Oberfläche in roter Farbe er- folgte. Das Aufbewahren der Röhrchen geschah bei 27 ^ Diejenigen Gläser, bei denen nach 14 Tagen anscheinend kein Wachstum oder eine farblose Vegetation auftrat, wurden vernachlässigt. Bei den übrigen Versuchen wurden alle getrübten Röhrchen und Kolben untersucht, die gefundene Stäbchenart, sofern sie nicht der Heubazillengruppe angehörte, wurde weiter identifiziert. Die klar gebliebenen Kulturgläser oder diejenigen, die Kokken, Sarcinen oder Hefen enthielten, blieben aufser weiterer Beachtung. Versuche an Hunden, bei denen Askariden gefunden wurden, sind nicht mitaufgeführt.

1. Kaninchen gelb, 2280 g, hungert 6 Tage. Darnach Verfütterung von Rotem Kieler (Agarbelag einer Schale von 16 cm Durchmesser, 20 Stunden bei 21^ gewachsen) mit Rüben. Nach 37« Stunden stranguliert. Roter Kieler

356 Einflafs d. Hangers auf d. Bakteriendurchlässigkeit d. Intestinaltraktus.

vorhanden in 2 Leberröhrchen, 1 Blntröhrchen, im DOnndarm bis zam Cöcam reichlich, im Dickdarm sehr vereinzelt.

2. Kaninchen grau, 2230 g, hungert 4 Taee. Darnach Verfütterung von Rotem Kieler (Agarbelag einer Schale von 16 cm Durchmesser, 16 Stunden 27*^) mit Kohlrabi. Nach 4 Stunden stranguliert. Roter Kieler nachweisbar in 1 Leber, 1 Milz- und 1 Blutröhrchen, ebenso in der ganzen Länge des Darmkanals.

3. Kaninchen grau, 1960 g, hungert 3 Tage, erhält vom Roten Kieler 1 Agarplattenbelag (16 cm Durchmesser, 16 Stunden 27^) mit Kohlrabi. Nach 4Vj Stunden stranguliert. Roter Kieler nachweinbar in 1 Leber-, 1 Milz- und 1 Mesenterialdrüsenröhrchen, ebenso in der ganzen Länge des Darmkanals.

4. Kaninchen grau, 1980 g, hungert 2 Tage, erhält 1 Agarplattenbelag Roten Kieler zwischen Kohlrabi wie Tier 3. Nach 4Vs Stunden stranguliert. Roter Kieler im ganzen Darmtraktus nachweisbar, sonst nirgends.

5. Kaninchen weifH, 2120 g, hungert 7 Tage, erhält mit Runkelrül)en 1 Platte Roten Kielei (9 cm Durchmesser, 1 Tag, 27®). Nach 4 Stunden stranguliert. I. Kulturkolben mit 250 com Bouillon, a) Leber: von 4 Kolben enthält 1 Roten Kieler, aufMerdem Proteus, b) Niere : 1 Kolben, enthält Roten Kieler, c) Herzblut: 2 Kolben steril, 1 enthält Roten Kieler. IL Kultur- röhrchen, a) I^ber: von ca. 60 Röhrchen enthalten 12 Roten Kieler, 1 fluo- rescens liquefaciens, 15 Buct. coli, 6 Proteus, b) von 12 Nierenröhrchen ent- halten 2 Roten Kieler, c) Mesenterialdrüsen : von 11 Röhrchen enthalten 3 Bact. coli, 1 Roten Kieler, d) Blut: 14 steril.

6. Kaninchen grau, 2510 g, hungert 6 Tagi*, erhält 1 Agarplatte (8,9 cm Durchmesser, 1 Tag, 27°) Roten Kieler mit Rüben. Nach 3^1^ Stunden stran- guliert. I. Kolben, a) Leber: 4 Kolben beschickt, davon enthalten 2 Bact. coli, 1 Roten Kieler, 1 steril, b) Herzblut: 1 Kolben steril. 11. Röhrclien.

a) I^bcr: von 43 Röhrchen enthält 1 Bact. coli, b) Blut: von 29 Röhrchen enthält 1 Roten Kieler, c) Nieren: alle 11 Röhrchen steril, d) Milz: von 9 Röhrchen enthält 1 Roten Kieler, c) Mesenterialdrüsen: von 14 Röhrchen enthalten 2 Bact. coli.

7. Kaninchen gelb, 2640 g, hungert 6 Tage. Stranguliert ohne vorherige Fütterung. I. Kolben. Leber: von 3 Kolben verbleiben 2 steril, 1 enthält B. coli. II. Röhrchen, a) Leber: von 25 Röhrchen enthalten 3 B. coli,

b) Blut: 26 Röhrchen geimpft, sämtlich steril, c) Mesenterialdrüsen: 14 Röhr- chen geimpft, 1 enthält B. coli, d) Milz: alle 0 Röhrchen steril, e) Nieren: alle 15 Röhrchen steril.

8. Kaninchen weifs, 2890 g, hungert 8 Tage, darnach stranguliert ohne vorherige Fütterung. I. Kolben. Leber: 3 Kolbon. Davon enthält Nr. 1 Proteus, Nr. 2 B. coli und Proteus, Nr. 3 steril. II. Röhrchen, a) Leber: von 48 Röhrchen enthalten 5 B. coli, b) Blut: 16 Rölirchen, davon enthalten 3 Proteus, c) Mesenterialdrüsen: von 7 Röhrchen enthält 1 B. coli, d) Milz: alle 8 Röhrchen steril, e) Nieren : alle 13 Röhrchen steril.

9. Hund, Fox, 8,5 kg, erhält nach 8 Tage langem Hungern 0,5 kg ge- wiegtes Pfenletlcisch, vermischt mit 3 Agarplatten ;^9 cm Durchmesser, 1 Tag 27") Roten Kieler. Nach 8 Stunden mit Nikotin vei giftet. Starke ^Schaum-

Von Prof. M. Ficker. 357

bildang am Maal und wiederholte tiefe InBpirationen vor dem exitas. Re- sultat: Alle Lungenröhrchen enthalten Roten Kieler, ebenno der Darm bis zum Cöcum. In den Organen, im Blut und in Mesenterialdrüsen: 0 Roter Kieler.

10. Hund gelb, »Fuchs«, 13,5 kg, hungert 12 Tage. Gewichtsabnahme 1,73 kg. Erhält mit 0,5 kg Hackfleisch 3 Agarplatten Roten Kieler (9 cm Durchmesser, 1 Tag 27°). Nach 3Vt Stunden entblutet von rechter Karotis aus. Resultat: a) Leber: beschickt 52 Röhrchen, davon enthält 1 B. coli, 1 Proteus, b) Blut: 21 Röhrchen, alle steril, c)Mi]z: 11 Röhrchen, alle steril, d) Nieren : 19 Röhrchen, alle steril, e) Mesenterial drQsen : 14, davon in 2 B. coli. In keinem Röhrchen Roter Kieler. Im Dünndarm reichliche Mengen, im Cöcum und weiter nach abwärts etwa 4 5 °/o Kolonien von Rotem Kieler.

11. Teckel, 6,1 kg, braun, hungert 13 Tage. Erhält 0,5 kg Pferdefleisch mit 2 Platten (9 cm Durchmesser, 1 Tag 27 °) Koten Kieler. Nach 4 Stunden von rechter Karotis aus entblutet. Resultat: a) Leber: beschickt 76 Röhr- chen, davon enthalten 3 B. coli, 4 Proteus, b) Milz: 6 Röhrchen, alle steril, c) Nieren: 12 Röhrchen, davon 1 B.coli, d) Mesenterialdrüsen: 11 Röhrchen, davon 2 B. coli, e) Blut: 23 Röhrchen, alle steril. In keinem Röhrchen Roter Kieler nachweisbar. Der Dünndarm enthält massenhaft Roten Kieler. Vom Cöcum nach abwärts nur noch 5 10% neben den üblichen Darm- bakterien.

12. Terrier, 9,2 kg, hungert 16 Tage. Erhält mit 0,5 kg Pferdefleisch 3 Platten Roten Kieler (Agar, 9 cm Durchmesser, 1 Tag 27 <>). Nach 4V4 Stunden entblutet. Resultat: a) Leber: beschickt 70 Röhrchen, davon enthalten Roten Kieler 3 Röhrchen, B. coli 5, Proteus 1, b) Milz : 5 Röhrchen, sämtlich steril,

c) Nieren : 8 Röhrchen, davon 1 Proteus, d) Mesenterialdrüsen : 10, davon 1 Roten Kieler, 2 B. coli, 1 Proteus, e) Blut: 34 Röhrchen, davon 1 Roten Kieler. Im Dünndarm reichlich Roter Kieler, im Cöcum und weiter abwärts ca. 5% Kolonien von Rotem Kieler unter Darmbakterien.

13. Spitz, 7,3 kg, hungert 17 Tat^e. Erhält mit 0,5 kg Pferdefleisch 3 Platten Roten Kieler wie 12. Nach 4Vt Stunden entblutet. Resultat: a) Leber: beschickt ca. 60 Röhrchen, davon enthalten 4 Roten Kieler, 2 B. coli, b) Milz: 6 Röhrchen, alle steril, c) Nieren: 7 Röhrchen, alle steril,

d) Mesenterialdrüsen : 13 Röhrchen, davon 2 Roten Kieler, 1 B. coli, 1 Pro- teus, e) Blut: 37 Röhrchen, sämtlich steril. In der ganzen Länge des Darm- kanals Roter Kieler, vom Cöcum abwärts ca. 5 10% neben Darmbakterien.

14. Katze, grau-weifs, 2300 g, hungert 3Vt Tage. Erhält darnach mit V, Pfund Hackfleisch 2 Petrischalen (8,9 cm Durchmesser, 18 Stunden 27«) Roten Kieler. Nach 3 Stunden entblutet von rechter Karotis aus. Resultat: Roter Kieler in 2 Röhrchen von Leber, ebenfalls in 2 Röhrchen von Mesen- terialdrüsen. B. coli in einem Röhrchen von Mesenterialdrüsen.

15. Katze, schwarz, 2400 g, hungert 5 Tage. Ohne vorherige Fütterung von rechter Karotis ans entblutet. Resultat : a) Leber : geimpft 65 Röhrchen, davon weisen 3 B. coli, 1 Proteus auf, b) Mesenterialdrüsen: 12 Röhrchen, davon in 1 B. coli, c) Blut: 39 Röhrchen, alle steril.

358 Einflolfl d. Hangera auf d. BakteriendnrchllMigkeit d. Intestiiialtraktiia.

16. Katie, grma, 2160 g; hungert 6*', Tag. Ohne vorherige FOttemag entblutet. Reeulut: a; Leber: 61 Rdhrchen, davon in 8 B. coli, in 2 B. coli -|- Proteas^ b) Meeenteriaidrüflen . 6 Röhrchen, davon in 3 B. coli, inl B. coli -|- Proteoa, c) Milz : 5 Röhrchen, davon in 1 B. coli, d) Nieren : 5 Röhrchen, alle steril, e Biat : S4 Röhrchen, davon in 5 B. coli, in 2 B. coli -f- Proteiu.

17. Maas 1, hungert 3 Tage, darnach stranguliert. B. coli Ist enthalten in 21 Röhrchen von Leber, in 4 von Mili, in 1 von Herzblut. Steril sind 19 Röhrchen von Leber, alle 6 von Nieren, 1 von Milz.

18. 5Iaus 2, hungert 30 Stunden. 3 Röhrchen von Leber enthjüten K coli, 1 Proteus. Die ttbrigen 13 Röhrchen von Leber, 7 von Blut, 5 Ton Niere, 3 von Milz, 4 von Lunge sind steril.

19. Maus 3, hungert 16 Standen, darnach stranguliert. Beschickt werden 16 Röhrehen mit Leber, 9 mit Nieren, 3 mit Milz, 3 mit Blut, 4 mit Lunge. Sämtliche Röhrchen steril.

20. Mauä 4, hungert 30 Stunden. Damach Verffitterung von 5 Ösen Roten Kielers ,20 Stunden alte Agarkultur, 27 ^„ vermischt mit SemmeL Nach 3*/« Stunden stranguliert. Roter Kieler in 2 I^ber- und 1 Blotröhrchen. B. coli in 3 Lel^rröhrchen. Steril sind 8 Röhrchen von Leiter, 4 von Blut, 4 von Nieren, 2 von Milz, 3 von Lunge.

21. Ratte 1, weifs, 240 e, hungert 6^ , Taze, darnach stranguliert. B. coli enthalten 14 Röhrchen von Leber, 5 von Nieren, 4 von Mesenterial drüsen. Steril sind 7 von Blut, 15 von Lel>er, 3 von MesenterialdrQsen, 2 von Lunge, 4 von Bronchialdrüsen, -^ von Nieren, 5 von Milz.

22. Ratte 2, weifs, 265 {?, hundert 5 T^ge, darnach stranguliert. B. coli enthalten 2 Röhrchen von Leber, 1 von Mesenterialdrü«en, 1 von Blut. Steril sind 26 Röhrchen von Leber, 6 von Nieren, 4 von Milz, 4 von Mesenterial- drOsen, 8 von Blut, 4 von Lunge.

23. Ratte 3, weifs, 255 ^, hungert 2 Tage, darnach stranguliert. Geimpft werden 24 Röhrchen von Leber, 9 von Blut, 8 von Nieren, 5 von Milz, 4 von MesenterialdrQsen, 5 von Lunge. In keinem Röhrchen sind Darmkeime nach- zuweisen.

II.

Der Einflufs des Hungers trat mir zum ersten Male deutlich zutage, als ich in früheren Versuchen jungen Kaninchen nicht sofort nach der Herausnahme aus dem Nest die Keimaufschwem- mung verabreichte, sondern die Tiere erst einige Zeit von der Mutter absetzte, um nach dieser Hungerperiode eine vollständigere Aufnahme der im Saugtiäschclien dargebotenen Kulturdosis zu erreichen. Bei der kulturellen Untersuchung des Blutes und der Organe der Hungertiere war stets in einer gröfseren Anzahl von Röhrchen der verfütterte Keim nachzuweisen wie bei den Kon- trollticren. Indessen sind die Resuhate dieser Versuche, die ja

Von Prof. M. Ficker. 359

dieser Fragestellung gar nicht dienen sollten, vielleicht im Zu- sammenhange mit den anderen, hier mitzuteilenden verwertbar, für eine exakte Klarlegung sind sie nicht ausreichend; es hätte dazu einer quantitativ genauen Zerlegung des Organismus und einer Verteilung auf entsprechende Nährbodenmengen zum Ge- winnen vergleichbarer Ergebnisse bedurft. Bei der an und für sich so hohen Empfindlichkeit des Magendarmtraktus jugendlicher Kaninchen erschien es mir vielmehr richtiger, erwachsene Kaninchen hungern zu lassen, um sie sodann mit Rotem Kieler zu füttern und darnach Blut und Organe kulturell zu untersuchen.

Wie aus den Versuchen hervorgeht, konnten bei sämt- lichen erwachsenen Kaninchen, die 3 7 Tage ge- hungert hatten und dann mit dem Futter Roten Kieler erhielten, die verfütterten Keime in Organen oder im Blut nachgewiesen werden. Da bei nicht hun- gernden Kaninchen unter Innehaltung der im übrigen gleichen Versuchsanordnung nur in 35% der Fälle ein Übertritt ver- fütterter Mikroorganismen beobachtet worden war(^), so kommt hier schon zum Ausdruck, dafs die Schutzvorrichtungen gegen- über dem Eindringen von per os aufgenommenen Keimen bei Nahrungsentziehung in ihrer Funktion beeinträchtigt werden.

Bei diesen Fütterungsversuchen am hungernden Kaninchen fiel mir bald auf, dafs gegenüber den Befunden bei normalen Kaninchen bei w^eitem mehr von denjenigen Röhrchen, in denen nicht Roter Kieler angegangen war, fremde Keime enthielten ; die nähere Untersuchung ergab, dafs es sich hierbei vor allem um Bact. coli, B. lactis aörogenes, Proteus und Bazillen aus der S üb tilis- Gruppe handelte. Es erschien mir daher für weitere Versuche am Kaninchen nicht nur überflüssig, eine Keimverfütterung vorzunehmen, sondern auch rätlich, die Keim- zufuhr wegzulassen und vielmehr die Organe des Hungertieres auf Darmkeime zu untersuchen. Gegen die Versuche mit Keimverfütterung kann ja der Einwand erhoben werden, dafs man damit, selbst w^enn man Saprophyten wählt, doch auch die Stoff Wechselprodukte dieser Mikroorganismen, die nicht indifferent sein könnten, einführt. Da man nun mit Hinblick auf die grofse

360 Einflufs (1. Hangers auf d. Bakteriendarchlässigkeit d. Intestinaltraktas.

Oberfläche, auf welche sich die verfütterten und in den Säfte- kreislauf eindringenden Keime verteilen, kulturell einen Aus- schlag nur erwarten darf, wenn man die Keimdosis nicht zu gering bemifst, so besteht darin vielleicht die Gefahr, dafs die Einfuhr solchen Materials direkt Schleimhautalterationen ver- anlassen könnte. Man müfste freilich dann auch zugeben, dafs ähnliche Alterationen schon durch viele unserer Nahrungsmittel hervorgerufen werden müfsten, die massenhafte Bakterien und deren StofEwechselprodukte enthalten, so Milch, Butter, Käse, Hackfleisch, Wurst usf., gar nicht zu reden von den Bakterien- massen, die das Tierfutter enthält.

Um alle Bedenken zu zerstreuen, habe ich in einer Anzahl von Versuchen die Verfütterung von Reinkulturen aufgegeben und eine kulturelle Untersuchung des hungernden Organismus auf Darmkeime vorgenommen.

Um Darmbakterien in den Organen nachzuweisen, ist die Kenntnis der Bakterienflora des Darmes und der Luft des Untersuchungsraumes nötig. Die konstanten Bewohner des Kaninchendarmes sind Bazillen aus der Koli-, Proteus- und Sub- tilis-Gruppe. Zur Koli-Gruppe rechne ich im folgenden auch den B. lactis aerogenes mit Verwandten. Die eingehenden Luft- untersuchungen, die ich nun schon längere Zeit hindurch und bei jedem Tierversuch aufs neue in dem Arbeitsraura durch Exponieren von Luftplatten (vgl. diese Zeitschr. Bd. 52, S. 182) vornehme, habe ich dahin erweitert, dafs ich mehrfach mitten im Versuch oder am Anfang und Ende an Bouillonröhrchen Kontroll- impfungen mit Rindsleber vornahm, die im Autoklaven bei 112^ 1 Stunde sterilisiert und mit denselben Manipulationen wie die Organe des Versuchstiers verarbeitet wurde. Aus allen Luft- untersuchungen ergab sich, dafs Koli- und Proteus ähnliche Keime nicht in der Luft, hingegen dann und wann Heubaziilen oder ihm Nahestehende vorkamen. Es wurde daher das Augen- merk zunächst nur auf B. coli und Proteus gerichtet.

Es ergeben nun die Versuche, dafs in der Tat bei erwach- senen Kaninchen im Ilungerzustande Darmbakterien in den Organen und im Blute zu finden sind.

Von Ihrof. M. Fickeif. 361

Ein zutreffendes Bild von der Verteilung der Darmbakterien oder der verfütterten Keime auf die einzelnen Organe zu geben, bin ich zunächst nicht imstande, da es unmöglich erschien, den Gesamtorganismus kulturell abzusuchen. E^ kommt eben, wie ich schon früher ausgeführt habe, für die Methodik der kulturellen Untersuchung von Blut und Organen ganz besonders darauf an, das Mengenverhältnis zwischen Organmasse bzw. Blut und Nähr- boden zu berücksichtigen. Fernerhin mufs für ausreichende Aufschliefsung des Organs gesorgt werden. Es ist ganz falsch zu glauben, dafs vereinzelte mit Organstücken in Bouillon über- tragene Keime unter allen Umständen hier nachgewiesen werden können: so mufs das Kulturverfahreu auf den Nachweis der toten Bakterien verzichten; da wir femer bei der Einsaat von irgendwelchem Kulturmaterial in ein anderes Nährsubstrat einen anfänglichen Rückgang der Keimzahl beobachten, so mufs an- genommen werden, dafs, wenn vereinzelte, in abgeschwächter Verfassung befindliche Mikroorganismen aus dem Organ in Bouillon übertragen werden, solche überhaupt nicht zum Aus- keimen zu kommen brauchen. Aber man mufs noch weiter gehen: Die in ein Bouillonröhrchen gegebenen Organstücke verfallen der Autolyse. Hierbei werden, wie ich in mehreren, bei anderer Gelegenheit zu publizierenden Versuchen festgestellt habe, nicht nur entwicklungshemmende Produkte frei, sondern wir haben es dabei auch mit deutlich bakteriziden Stoffen zu tun, deren Existenz schon H. Conrad i(^) feststellte. Die Be- obachtung dieser Tatsache bei meinen Versuchen ist insofern nicht ohne Wert, als hierbei die sonst bei autolytischen Ver- suchen üblichen antiseptischen Zusätze niemals zur Anwendung kamen. Auch nach meinen Erfahrungen ist von allen Organen die Leber zum Studium der autolytischen Vorgänge am geeig- netsten und zwar Kaninchen- und Hundeleber. Bei 37° war oft nach 2 Tagen, bei 27° nach 3 5 Tagen in zahlreichen Leberröhrchen eine intensive Schaumbildung wahzunehmen; die vom Boden des Röhrchens aufsteigenden Bläschen rissen oft ganze Leberstücke mit in die Höhe. In manchen Fällen war die Gasbildung eine so starke, dals Leberstücke bis zum Watte-

AichiY rar Hygien«. Bd. UV. 24

362 EinfloXs d. Hungers auf d. Bakteriendorchlässigkeit d. Intestinaltraktaa.

stopfen hinaufgeschleudert wurden. Hierbei war sowohl im direkten mikroskopischen Präparate als auch im Kulturversuch mit kleineren und gröfseren Quantitäten der gärenden Flüssig- keit oder der Organstückchen unter Variierung der Nährböden (Bouillon, Gelatine, Agar, Kartoffel) in vielen Fällen Keimfreiheit, sofern wir bei Anwendung der jetzt üblichen Methoden davon sprechen dürfen, zu konstatieren. In allen diesen Röhrchen war Schwefelwasserstoff nachweisbar. Die Stärke der in den sterilen Bouillonröhrchen auftretenden Gasentwicklung hing von der Menge der Einsaat von Lebermasse ab. Bei einzelnen Tieren ergaben sich merkwürdige Verschiedenheiten, die ich nicht auf- zuklären vermochte. Die geringste Gasbildung trat bei Leber von Tieren ein, die längere Zeit hungerten. Es stimmt das mit den Beobachtungen E. Schlesingers (') überein, der durch Bestimmung der Zunahme des nicht koagulablen Stickstoffs die Wirkungsintensität des autolytischen Ferments bei atrophischen Kindern stark vermindert fand.

Wenn nun, wie erwiesen, bei den autolytischen Vorgängen antiseptische oder bakterizide Stoffe die mit den Organpartikeln übertragenen Keime in der Entwicklung ganz oder eine Zeitlang hindern, so ergibt sich daraus für unsere Untersuchungstechnik die Forderung, die Kulturgläser öfters und längere Zeit hindurch zu beobachten, sowie möglichst wenig von dem Organmaterial und dieses im aufgeschlossenen Zustande den Bouillonröhrchen zu übergeben. Wollte man unter Berücksichtigung dieser Momente den Gesamtorganismus von gröfseren Versuchstieren durch das kultureile Verfahren auf Keime untersuchen, so würde man das nur unter weitgehender Arbeitsteilung tun können, um in kurzer Zeit die Impfungen zu vollziehen. Damit aber würde die Ver- gleichbarkeit der Resultate wieder in Frage gestellt. Ich habe mich daiier darauf beschränkt, bei Kaninchen etwa den sechsten, bei Katzen und Hunden etwa den zehnten Teil der Organe auf Nährböden auszusäen. Rechnet man das alles zusammen, so mufs man die in den Versuchen erhaltenen positiven Resultate als ein Minimum ansehen, in Wirklichkeit sind die verfütterten

Von Prof. M. locket, 563

Keime bzw. die Darmbakterien in den Organen in gröfserer Zahl vorbanden gewesen.

Als ein nocb geeigneteres Versucbstier wie das Kaninchen muls für das Studium der den Übertritt von Darmkeimen be- günstigenden Faktoren der Hund erscheinen: selbst nach Ver- fütterung grofser Quantitäten von saprophytischem Bakterien- material konnte in meinen früheren Versuchen der verfütterte Keim beim normalen Hund im Blut oder in den Organen nie* mals nachgewiesen werden. Gelingt es, beim Hunde Bedingungen zu schaffen, welche den im Darmlumen befindlichen Keimen ein Eindringen in Blut- und Lymphbahnen und in die Organe er- mögUchen, so müfste bei der hohen sonstigen Widerstandsfähig- keit des Intestinaltraktus des Hundes einem solchen Moment in der Tat eine gewichtige Rolle bei der Entstehung von Darm- infektionen zuzuerkennen sein.

In den Hungerversuchen zeigte auch der Hund wieder, wie ungleich besser als das Kaninchen er mit seinem Verdauungs- kanal gestellt ist. Während beim Kaninchen schon ein drei Tage langes Hungern genügte, um den ver- fütterten Keimen die Wege vom Darmlumen ins Körperinnere zu öffnen, mufste beim Hund die Hun- gerperiode auf 16 Tage ausgedehnt werden, dann erst waren die verfütterten Keime in Organen aufzufinden. Auf- fallend aber mufs es erscheinen, dals nach der 12 und 13 Tage währenden Nahrungsentziehung statt der gesuchten verfütterten Keime beim Hund in den Organen Darmkeime beobachtet wurden. Vergleicht man mit diesen Befunden die Ergebnisse der Organuntersuchungen am normalen Hund, wie ich sie an der Hand derselben Methodik früher mitteilte (1., 8. 186, 187), so ist der Einflufs des Hungers unverkennbar.

Fafst man den Widerspruch ins Auge, der darin zu liegen scheint, dafs bei Nahrungsentziehung obligate Darmbakterien eher überzutreten vermögen als selbst in grofsen Mengen ver- fütterte Keime, so könnte man in dieser Beobachtung einen Be- weis dafür erblicken, dafs die Aufnahme nicht im Dünndarm

24»

364 Kinflars d. Hangers auf d. Bakteriendurchlässigkeit d. Intestinaltiukiafl.

sondern im Dickdarm erfolge ; denn die quantitative Prüfung des Darminhaltes in allen Partien ergab, dafs gegenüber dem Befund von reichliehen verfütterten Keimen im Dünndarm ihre Menge im Dickdarm im Verhältnis zu den hier vorhandenen einheimi- schen Darmbakterien eine spärliche, im Höchstfalle ca. 10 ^/o war. Es ist hier aber auf eine Beobachtung aufmerksam zu machen, die für die weitere Klärung der Frage vielleicht nicht unwichtig erscheint: während bei normalen Kaninchen und Hunden der Dünndarm auch in seinen unteren Partien relativ arm an Darmbakterien zu finden ist, sind hier bei den Hungertieren bei weitem gröfsere Keimmengen, insbesondere auch mehr B. coli vorhanden. Während man sonst die Anwesenheit von Keimen im Dünndarm mit dem Vorhandensein von Nahrungsbestandteilen in Zusammenhang bringt, kommen bei den vorliegenden Ver- suchen Ingesta nicht in Frage, vielmehr scheint im Hunger- zustand ein Ascendieren von Dickdarmbakterien nach dem Dünndarm regelmäfsig einzutreten. Es könnte demnach als Ort des Übertritts auch der Dünndarm in Frage kommen. Da drängt sich aber die Frage auf, warum denn die verfütterten Keime, die sich hier doch auch reichlich fanden, zu- nächst nicht auch zur Aufnahme kamen. Man könnte sich dann vorstellen, dafs die bakterizide Fähigkeit der Darmsäfte oder der Schleimhautzellen den einheimischen Darmbakterieuarten gegen- über bei Nahrungsentziehung deshalb eher versagt, weil diese Mikroorganismen doch durch die ständige Berührung mit diesen Schutzkräften des Intestinaltraktus eine gewisse Widerstands- fähigkeit erworben haben, während den verfütterten Saprophyten gegenüber die Abwehrvorrichtungen zunächst noch ausreichen. Da nun aufserdem bei diesen letzten Versuchen (Vers. 12, 13) das Verhältnis der verfütterten zu den einheimischen Darm- bakterien im Dickdarm nicht ein anderes war wie bei den vor- aufgehenden, in denen ein Übertritt des verabreichten Roten Kielers nicht nachgewiesen werden konnte, so ist auch hierin nicht ein Beweis dafür zu erblicken, dafs die Aufnahme nun unter allen Umständen im Dickdarm vor sich gegangen sein mufs.

Von Prof. M. Flcker. 365

Man könnte auch zur Erklärung der Tatsache, dafs beim Hungerhund in den Organen viel frühzeitiger die Darmbewohner anzutreffen sind als verfütterte Keime, auf die Vermutung kom- men, dafs es sich bei dem ersteren Befunde um latente Keime handelt, die bei früherer Gelegenheit übergetreten sind und nun in dem hungernden Organismus an Vitalität gewinnen, so dafs jetzt ihr Nachweis in der Kultur gelingt, der sonst wegen ihres in der Latenz geschwächten Zustandes oder wegen der im Kultur- glas vor sich gehenden Organautolyse auf Schwierigkeiten stiefs. Nach meinen früheren Untersuchungen am normalen Hund, bei denen schon eine weitgehende Aufschliefsung der Organe erfolgte, ist mir eine so umfangreiche Latenz, wie sie hier vor- gelegen haben müfste, sehr unwahrscheinlich.

Schliefslich möchte ich noch eine Beobachtung mitteilen, die ich an allen Hungerhunden machen konnte. Das ist die starke Schwellung der Mesenterialdrüsen. Es ist mir nicht bekannt, dafs man bei der Sektion von Hungertieren hier- auf aufmerksam geworden ist. Da mir aber durch die Unter- suchungen an normalen Hunden Gelegenheit zu vergleichenden Beobachtungen gegeben war, so möchte ich diesen Befund her- vorheben, der ja mit den sonstigen Resultaten in Zusammenhang zu bringen ist.

Die Versuche an den übrigen Tieren bedürfen keiner Er- läuterung. Es ergibt sich aus allen Untersuchungen, dafs bei Kaninchen, Hunden, Katzen, Mäusen und Ratten durch Inanition sowohl für verfütterte sa- prophytische Keime als auch für im Darm heimische Bakterien Bedingungen für das Eindringen in die Lymph- und Blutbahn sowie in die Organe geschaf- fen werden.

Es ist unschwer, mit Hilfe dieser Tatsache die Entstehung einer Reihe von infektiösen Krankheitsprozessen zu beleuchten und klarer zu erkennen, als das bisher der Fall war. Da diese Fragen indessen weiterer experimenteller Bearbeitung zugängig sind, so begnüge ich mich vorläufig, hier noch Erörterungen über den Einflufs des Hungers auf die Einverleibung von Mikr<>

366 P'"^*"^« d. Hangen aaf d. BakteriendarehliMifkefl d. IntMtinmltrmktiM.

Organismen anzoschlielaenf die das Hauptsächliche des Bekannten berühren nnd einige eigene weitere Beobachtungen verwerten.

Schon Pastear brachte experimentell die Nahrungsentzie- hnng in Beziehong zur Infektion : er liels Hühner nach der Imp- fung mit Milzbrand 2 8 Tage hungern und stellte fest, daEs die Hühner nicht an Milzbrand erkrankten. Hiermit widerlegte er zugleich die Ansicht Colins, die dahin ging, dals die von Pa- ste ur durch Abkühlung milzbrandempAnglich gemachten Hühner nicht infolge der Abkühlung, sondern u. a. infolge der Inanition ihre MilzbrandimmunitAt verloren hätten. In grö&eren Versuchs- reihen prüften Canalis und Morpurgo(^) den Eanflufs des Hungers auf die Milzbrandinfektion. Sie gingen von den Unter- suchungen von Delafond und Bourguignon aus, die die Empfänglichkeit der schlechtgenährten Schafe für Krätze gegen- über der Unempfänglichkeit wohlgenährter Tiere erwiesen hatten. Canalis und Morpurgo wählten als Versuchstiere die gegen Milzbrand relativ resistenten Tauben, Hühner und Ratten. Sie fanden, dafs Tauben konstant der Milzbrandinfektion erliegen, wenn man sie gleichzeitig mit der Inokulation in den Hunger- zustand versetzt; Tauben, welche vor der Impfung sechs Tage lang gehungert hatten, widerstanden der Infektion, wenn sie un- mittelbar nach der Impfung wieder gefüttert wurden. Dauerte die voraufgehende Hungerperiode länger als sechs Tage, so gingen sie in der Regel trotz der Fütterung zugrunde. Bei der Mehr- zahl der Hühner gelang es, die Infektion hervorzurufen, wenn der Impfung eine Hungerperiode von 3 7 Tagen vorausging. Liefs man die Hühner erst nach der Impfung hungern, so be- hielten sie ihre Immunität. Weifse Ratten konnten durch Hunger nicht empfänglich für Milzbrand gemacht werden. Canalis und Morpurgo weisen noch nach, dafs bei hungernden Tauben der Verlust der Milzbrandimmunität nicht auf die Temperaturemied- rigung, welche den Hunger begleitet, bezogen werden kann, denn die Infektion blieb aus, wenn bei geimpften niehthungemden Tieren eine analoge Temperaturverminderung hervorgerufen wurde. Die Beweiskraft dieser Versuche von Canalis und Morpurgo zweifelt Baumgarten an, da bei Tauben an und für sich die

Von Prof. M. Ficker. 367

Empfänglichkeit für Milzbrand eine sehr ungleiche ist, ein Ein- wand, den man auch gegen die Versuche von Bakunin und Boccardi(^ machen muls. Doch läfst sich wohl bei den grofsen Versuchsreihen, wie wir sie bei Canalis und Morpurgo finden, ein Einfluls des Hungers nicht leugnen. Wenn die infektion- begünstigende Rolle des Hungers im übrigen nicht eindeutig zum Ausdruck kam, so liegt das wohl in der Wahl des infizieren- den Keims und in der subkutanen Anwendungsweise, bei der ja doch die Verhältnisse ganz anders liegen wie bei der unter natürlichen Bedingungen erfolgenden Tierinfektion. Zudem ist für den Tiermilzbrand es nicht erwiesen, dafs gerade der Hunger ein Hilfsmoment für die Infektion bildet, es gibt sogar Stimmen von Praktikern, die gerade die besternährten Tiere als am meisten disponiert für Milzbrand halten [John G'errard(^), Oemler(^)]. Andere systematische Infektionsversuche als die genannten sind am hungernden Organismus nicht ausgeführt, wohl aber hat man gelegentUch Tiere fasten lassen, um bei Verfütterung infektiösen Materials eine raschere und reichlichere Aufnahme zu erreichen, so liefs Harris(®) Mäuse 12 15 Stunden lang fasten, um sie dann mit Milzbrandsporen zu füttern. Der Einflufs des Fastens kam aber oflEenbar der kurzen Frist wegen nicht zum Ausdruck, von 26 Mäusen starb nur eine an Milz- brand. —

Einige Arbeiten befassen sich mit der Frage, ob auch der als sicher angenommene, die Infektion begünstigende Einflufs des Hungers ebenso wie die durch andere Momente verminderte natürliche Immunität etwa in der Abnahme der bakteriziden Fähigkeit des Blutes der Tiere seine Erklärung finde. So hatten schon Bakunin und Boccardi bei hungernden Tauben eine Verminderung der bakteriziden Serumwirkung gegenüber Milz- brandbazillen gefunden. E. S. London(^<*) beobachtete, dafs unter 13 Tauben, die er gänzlich oder teilweise fasten Uefs, nur eine ein Serum lieferte, das noch bakterizides Vermögen gegen Milzbrandbazillen besafs, bei den übrigen war das Vermögen ganz oder teilweise zu Verlust gegangen. Zu anderen Ergeb- nissen kam Rosatzin(^^) bei Kaninchen, er fand, dafs das

368 Einflols d. Hangen aaf d. Bakteriendnrchläasigkeit d. Intestmaltraktiu.

Serum dieser Tiere, wenn sie hungerten, nicht an Wirksamkeit gegen Milzbrand- und Typhusbazillen sowie Choleravibrionen einbülste. Für Typhusbazillen hatten Meltzer und Norris(*^ beim Hund dasselbe konstatiert. Diese differenten Beobachtungen erklären sich vielleicht dadurch, dals man früher auf die bei der Einsaat in Serum eintretende Agglutination oder auf das erfolgte Fadenwachstum keine Rücksicht genommen hat, so dafs das Plattenverfahren dann unsicheren Aufschlufs geben nmtste. Wert- voller als diese Reagenzglasversuche dürften die am Kaninehen angestellten Untersuchungen von Ferra nini(^') sein, der nor- male und hungernde Tiere mit B. coli impfte und nachweisen konnte, dafs der verimpfte Keim aus dem Blut des normalen Tieres bald verschwindet, hingegen im Blute der Hungertiere 14 Tage lang persistierte. Was die Bakterien giftempfindlichkeit fastender Tiere anlangt, so konnten T eis sie r und Guinard(") durch Fasten Hunde gegen die Toxine des Diphtherie- und Pueumoniebazillus sogar widerstandsfähiger machen.

Aus der jüngsten Zeit sind schliefslich noch die Versuche F. Th. Müllers (^*) zu erwähnen, der hungernde Tauben mit Bact. typhi, Pyocyaneus, B. dysenteriae, Proteus und V. Metsch- nikoff behandelte, um dann den Agglutinationswert des Serums zu vergleichen mit dem von nicht hungernden und in gleicher Weise immunisatorisch vorbehandelten Tieren derselben Art. Bei den mit B. typhi und Pyocyaneus behandelten Hungertauben traten mehr, bei den gegen Dysenterie, Proteus und W Metsch- nikofE immunisierten Hungertauben traten weniger Agglutinine als bei den Kontrolltieren auf. Eine ebenfalls ungleiche Wirkung des Einflusses des Hungers auf den Komplementgehalt des Blutes geht auch aus den Untersuchungen von Bendivegna und Carini(^*) hervor, die hämolytische Komplemente bald vermehrt, bald vermindert fanden.

Meine eigenen Versuche sollten zunächst die Frage beant- worten, ob im Serum hungernder Tiere eine Ab- oder Zunahme der natürlicherweise gegenüber einer Reihe von Keimarten vor- handenen Agglutinine erfolge; ob ferner ein hungerndes Tier Agglutinine gegen die im Darm einheimischen Bakterien bildet;

Von Prof. M. Ftcker. 369

ob schlielelicb beim Hunger durch Verfütterung solcher Keime, die, wie ich beobachtet hatte, vom Darm aofl in Organe ein- dringen, eine spezifische ÄgglutiniubildaDg eingeleitet wird.

Versuchsanordnung: Erwacbaeoen Kaninchen wird vor der Hungerperiode Blut zur Bestimmung des Agglutinlngehaltes ent- nommen. Damach bungero die Tiere die angegebene Zeit und werden sodann 1 Woche lang gefüttert, nun zweite Blutentnahme, bei Kauincbeo 1 und 2 abermaliges Hungern, dann 1 Woche lang Fütterung, zweite Blutentnahme. Beim erst- und zweitmatigen Füttern nach der Hungerperiode wurden dem Futter je eine Platte (Agar, Dorchmesser 16 cm, 1 Tag 27") Roten Kielers beigemengt.

Die A^latination wurde makroskopisch geprüft.

I. HaDgeiperiod« 3 Tafe

l

. HiiBr«rp«rio4e i Täte.

1:2

1:4

1 : 8 1 : 16

...

1:64

1:128

1:266

1. EaniDchen, scbwars.

a. Roter Kieler

vor Hnngem

nach I. Hungerperiode . nach n. .

b. B. coli vom glichen Ka-

ninchen isoliert vor Hangern

nach n.

c. TyphuB .Dr..

TOt Haogern

nach U.

d. Cholera .8.

vor Hungern

nach I. Hongerperiode

nach U.

S. Kaninchen, gelb.

a. Roter Kieler

vor Hungern

nach .

b. KoU desaelben Tieren

+

+ +

+ +

+ +

- -

S + ' -

+ +

^ I I

+ + +''

+

-

-

nach >

+ i +'l - i - i -

-

870 Einflofs d. Hangen aaf d. Bakteriendarchlftasigkeit d. Intestinaltraktas.

i!l:2

1:4

1:8

1:16

1:32

1:64

1:128

1:256

c. Typhus »Dr.<

▼or Hangern +

nach > -|-

d. Friedlftnd. fthnl. Darmkeim

vor Hangern +

nach > -f~

3. Kaninchen, gelb.

a. Roter Kieler

vor Hangern +

nach » -f-?

b. Koli desselben Tieres

vor Hungern Ii -|~

+ +

nach >

c. Typhus >Dr.< vor Hangern nach >

d. Cholera >S< vor Hungern nach >

+

+

+

I

+ 1-

+ +

4. Kaninchen, grau.

a. Roter Kieler

vor Hungern

nach >

b. Koli desselben Tieres

vor Hungern -f-

nach > -f~

5. Kaninchen, grau.

a. Roter Kieler

vor Hungern

nach »

b. Koli desselben Tieres

vor Hungern -|-

nach > -f"

c. Typhus »Dr.c

vor Hungern -|-

nach > -|-

d. Cholera >ä<

vor Hungern +14"

nach » + +

+ +

+

+

Tl;

+ +

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+ ! - -

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+ +■> - - -

Aus diesen Versuchen geht hervor, dafs die Agglutinations- werte des Kanincheuserums gegenüber Typhus und Cholera

Von Prof. M. Ficker. 371

durch Hungern weder eine erhebliche Verminderung noch Er- höhung erfahren, sie blieben ungefähr auf gleicher Höhe. Auch gegen den dem hungernden Tiere verabreichten Roten Kieler, der, wie die voraufgehenden Versuche zeigten, bei der gleichen Versuchsanordnung in die Blutbahn und in die Organe über- tritt, wurden Agglutinine nicht gebildet. Um so auffallender ist die Beobachtung, dafs bei drei von fünf Kaninchen unter dem Einflüsse des Hungers der Agglutinations- wert des Serums gegenüber dem aus dem Darm derselben Tiere vor der Hungerperiode isolierten Bact. coli deut- lich anstieg. Es liegt die Vermutung nahe, dafs diese Erhöhung des Agglutinationstiters spezifischer Art ist und im Zusammen- hange mit den oben wiedergegebenen Beobachtungen über den Übertritt von Darmkeimen während des Hungers steht. Man könnte hier einwenden, daCs ja dann auch gegenüber dem Roten Kieler Agglutinine gebildet sein müfsten. Es steht dahin, ob nicht bei Fortsetzung der Versuche und häufigerer Einführung dieses Keimes mit der Nahrung nicht doch auch eine Agglutinin- bildung angeregt werden kann. Man wird auch, um diese Diffe- renz zu verstehen, an die verschiedenartige Qualität der geprüften Keimarten denken müssen. So darf man vermuten, dals B. coli eher dazu befähigt sein dürfte, im Organismus eine Gregenreaktion anzuregen wie der saprophytische Kieler Wasserbazillus. Dafs die Agglutininbildung gegenüber dem B. coli des gleichen Tiers in einigen Fällen so prompt erfolgte, ja in einem Falle sogar ein beträchtliches Emporschnellen zur Beobachtung kam, deutet viel- leicht darauf hin, dafs beim Kaninchen öfters Gelegenheit zum Eindringen von Darmkeimen gegeben ist; hierbei kann eine mehr oder weniger starke Bildung von Agglutininen hervorgerufen werden, die sich in der Folgezeit ganz oder teilweise verlieren. So wie man nun aber bei der künstlichen Immunisierung bei Tieren, die man nach Vorbehandlung mit spezifischen Keimen solange in Ruhe lälst, bis die spezifischen Agglutinine aus dem Blute verschwinden, durch eine erneute Verabreichung selbst kleiner, an und für sich zu stärkerer Agglutininanregung nicht befähigter Mengen des Inlektionsstoffes einen rapiden Anstieg des Aggluti-

372 EinflnXfl d. Hungers auf d. Bakteriendurchlässigkeit d. Intestinaltraktus.

nationswertes erzielen kann (Rufus J. Cole(^'^), so ist es auch hier möglieh, dafs der Körper, der durch vorherige von Darm- keimen aus erfolgende Invasionen schon Agglutinine gebildet hatte, auf ein abermaliges späteres Eindringen, z. B. während des Hungems, in intensiver Weise reagiert. Es würde damit auch zu verstehen sein, dafs nicht in jedem Falle beim Hunger dieser Anstieg kenntlich wird, und es würde sich der Widerspruch lösen, dafs gegenüber den verfütterten Keimen zunächst eine Erhöhung des Agglutinationswertes in den vorliegenden Ver- suchen nicht eintrat. Man kann es mithin nicht in jedem Falle einem Serum ansehen, ob der Rezeptorenapparat des Körpers keine oder sogar eine intensivere Reaktionsfähigkeit besitzt: in dem einen Falle zeigt das Fehlen der spezifischen Stoffe im Serum in der Tat, dafs der Organismus auf eindringende fremde Keime noch nicht eingestellt ist, im anderen Falle aber kann bei einer geringsten Attacke der Rezeptorenapparat in eine Aktion treten, die in keinem Verhältnis zu dem Angriff zu stehen braucht, d. h. ein geringer Anlafs könnte eine sehr starke Gegen- reaktion auslösen: in beiden Fällen kann der Serumbefund der- selbe, der Ausgang aber ein total verschiedener sein.

Ganz kurz soll schliefsUch noch über Versuche berichtet werden, die die Frage nach dem Verhalten der bakteriziden Wirkung des Serums hungernder Tiere zum Gegenstande hatten. Die oben angeführten, bisher bekannt gewordenen Ver- suche in der gleichen Richtung widersprechen einander. Auch mir ist es bis jetzt nicht gelungen, Gesetzmäfsigkeiten aufzufinden. Die Versuche werden noch fortgesetzt und erweitert, hier soll nur berichtet werden, dafs ich beim bakteriziden Reagensglasversuche, entgegen der naheliegenden Annahme, das bakterizide Vermögen des Blutes müsse im Inanitionszustande unbedingt heruntergehen, in ebensoviel Fällen sogar eine Verstärkung der bakterieutötenden Eigenschaften, in einigen Fällen ein Gleichbleiben konstatieren konnte. Eine Verallgemeinerung der am einzelnen Tier erhal- tenen Ergebnisse ist auch hier durchaus nicht am Platze, und eben- sowenig mufs es richtig erscheinen, sich an die zur Gewohnheit

Von Prof. M. Fickor. 373

gewordene Identifizierung von Blutserum- und Körperbeschaffen- heit zu binden.

Wenn wir so bei der Untersuchung des Blutes hungernder Tiere keine Anhaltspunkte dafür gewinnen, dafs für den beim Hunger erfolgenden Übertritt von Darmkeimen das ausschlag- gebende Moment in dem Serumverhalten zu finden sei, so ist es doch ebenso verfrüht, andere Veränderungen im Organismus, wie sie bei Nahrungsentziehung sich einstellen, dafür verant- wortlich zu machen. Rechnet man aber zunächst mit dem, was wir wissen, so ist es doch wohl das Ungezwungenste, für die weitere Betrachtung von der beim Hunger so offensichtlich ein- tretenden Minderwertigkeit der Organe , von der Infirmität der £inzelzelle auszugehen. Wir wissen, dafs bei der Inanition die Funktion der Drüsen, insbesondere der Verdauungsdrüsen, aufs schwerste alteriert wird, und dafs der Darm zu denjenigen Organen gehört, die die relativ stärkste Gewichtsabnahme auf- weisen; dafs ferner die Peristaltik damiederliegt und dafs, wie der Hungerkot zeigt, das Schleimhautepithel einer starken Abschilferung anheimfällt. Obwohl unsere Kenntnisse über die Verteidigungskräfte des normalen Magendarmkanals gegenüber Mikroorganismen noch sehr der Vertiefung bedürfen , so darf man wohl heute schon annehmen, dafs gerade die Integrität der Schleimhautdecke, die normale Quantität und Qualität der Ver- dauungsdrüsensäfte und die geordnete Funktion der Peristaltik wichtige Glieder in dem komplizierten Mechanismus der Schutz- apparate des Intestinaltraktus sein dürften.

Die vorliegenden, sowie die in Bd. 52, S. 179 und Bd. 53, S. 50 dieser Zeitschrift mitgeteilten Tierversuche sind mit Unter* Stützung der Gräfin Bose-Stiftung ausgeführt. Dem Kuratorium der Stiftung bin ich zu ergebenem Danke verpflichtet.

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5, S. 4SQ.

über das Yerhalten der aeroben Keime gegenllber der

absoluten Sanerstoffentziehnng.

I

Von

Dr. Walther Willimsky.

(Ans dem Hygienischen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh.

Med.-Rat Prof. Dr. Rabner.)

Während die Frage der Saaerstoffbedürftigkeit der sogenann- ten Anaerobier zum extensiven Leben heute noch der definitiven Beantwortung harrt, ist es bei den aeroben Keimen keinem Zweifel unterworfen, dafs sie den Sauerstoff zur aktiven Lebens- führung nötig haben. In der Oxydation der Nahrungsstoffe fin- den sie ihre Lebensenergie. Fehlt der Sauerstoff, so tritt Stillstand der Funktionen ein. Hesse(^) hat durch gasanaly- tische Versuche gefunden, dafs bei absoluter Sauerstoffentzie- hung eine Entwicklung der aeroben Keime auch nicht in Spuren nachweisbar ist. Die Gröfse des Wachstums läuft proportional mit der Gröfse der Sauerstoffaufnahme und der Kohlensäureaus- scheidung. Eine andere Frage ist es, ob die schädigende Ein- wirkung der Sauerstoffentziehung besonders bei längerer Dauer so eingreifend ist, dafs das Leben völlig erlischt, oder ob die Keime ein latentes, bei günstigen Bedingungen zu aktivem Leben wieder erweckbares Dasein zu fristen vermögen. Da Untersuchungen dieser interessanten Frage systematischer Natur wenigstens nicht zu bestehen scheinen, so habe ich eine Klärung dieser Verhältnisse herbeizuführen versucht.

376 Verhalten der aeroben Keime gegenüber der absol. Saaerstoffentziehong.

Zu meinen Untersuchungen verwandte ich aerobe Keime, die keine Sporen bilden, und zwar die Institutsreinkulturen: Cholera »Saratowc, Alcaligenes 11 und Fluoresceus non liquefa- ciens. Bei der Versuchsanordnung ging ich aus von 20stüQdigen Agarstrichkulturen, die im Brutschrank bei optimaler Temperatur gewachsen waren, also Cholera und Alcaligenes bei 37 ^, Fluores- ceus non liquefaciens bei 27^. Angelegt waren die Kulturen so, dafs vorher aufgekochter Agar, immer in gleicher Menge und von derselben Herkunft, auf Petrischalen gleichen Durch- messers gegossen, und dann auf der festgewordenen Fläche mit derselben sterilen Platinnadel die gleiche Menge Material einer ebenfalls 20 Stunden bei optimaler Temperatur gewachsenen Kultur in parallelen Strichen aufgetragen wurde.

Zur Erzielung der Anaerobiose wurde die Methode der Ver- drängung der atmosphärischen Luft durch Wasserstoff gewählt, unter Benutzung des von Bischoff^) zur Auaerobenzüchtung angegebenen Apparates, eines mit Ab- und Zuflufsvorrichtung versehenen und luftdicht abschhefsbaren Glaszylinders, der in zweckmäfsiger Weise den exakten Gastausch gestattet. Der Wasserstoff wurde nicht entwickelt, sondern einer fabrikmäfsig hergestellten Wasserstoffbombe mit 15001 Inhalt entnommen. Er er- wies sich bei der Prüfung als chemisch rein. Die Handhabung der Technik war folgende : Nachdem in dem im Bischof f sehen Apparat befindlichen Plattengestell die Kulturplatten so untergebracht waren, dafs die Impffläche nach unten sah, wurde das unter starkem Druck ausfliefsende Wasserstoffgas 15 20 Minuten durch den Apparat geleitet. Um die womöglich noch zurück- gebliebenen Spuren von Sauerstoff zu tilgen, wurde in die am Boden des ZyUnders befindliche Glasschale mit Pyrogallussäure lOproz. Kalilauge aspiriert, nachdem vorher mittels der Wasser- strahlpumpe ein Vakuum erzeugt worden war. Alle diese Hand- habungen w^urden mit äufserster Vorsicht ausgeführt und zum Schlufs der Apparat überall da, wo er nicht in toto zusammen- hing, mit Paraffin überzogen. Auf diese Weise wurde eine sauerstofffreie Atmosphäre gewährleistet und dadurch demon- striert, dafs auch nach mehreren Wochen die Pyrogallussäure

Von Dr. Walther Willimsky. dll

nicht den bekannten braunschwarzen Ton annahm, sondern eine helle, leicht gelbliche Farbe behielt.

Wenn in der eben erschienenen Arbeit von Cl. Fermi und Bassu('), die sich mit der Kritik der Technik der Anaerobiose beschäftigt, die Unzulänglichkeit der Methode der Luftverdrän- gung durch Wasserstoff aus der sofortigen Bräunung der Pyro- gallussäure gefolgert werden konnte, so liegt das meiner Über- zeugung nach daran, dafs das Durchleiten des unter gar keinem oder nur sehr geringem Druck stehenden, auf gewöhnliche Art entwickelten Gases nicht den Effekt hat wie der energische Strahl des komprimierten Gases der Bombe, der die Luft vor sich hinwegfegt und den Raum sozusagen auswäscht.

Auf die Frage der Sauerstoffreinheit des Nährbodens wird noch zurückgekommen werden.

Um Fehlerquellen auszuschalten, wurde das Femhalten sekundärer schädigender Momente nicht aufser acht gelassen. Die Wirkung des Lichtes, dem im sauerstofffreien Raum eine erhöhte bakterizide Wirkung zukommt, wurde ausgeschaltet, in- dem die Zylinder in einem dunklen Raum untergebracht wurden. Der Austrocknung des Nährbodens war nach Möglichkeit vor- gebeugt, da der Apparat in seiner Anordnung an und für sich eine feuchte Kammer darstellte. Was die Temperatur betrifft, so wurden die Apparate bei Zimmertemperatur belassen, da nach den Untersuchungen von Gotschlich und Weigang(*) bei längerem als 20 stündigem Verweilen im Brutschrank ein rapides Zugrundegehen der Keime stattfindet, so dals z. B. die bei 37 o gehaltene Cholerakultur nach zwei Tagen nur noch 10%, nach drei Tagen nur noch 1% der Individuen am Leben hat, wäh- rend eine rechtzeitige Übertragung aus dem Brutschrank in eine niedere Temperatur ein längeres Verweilen der Individuen- zahl auf der ursprünglichen Höhe zur Folge hat.

Zum Vergleich ging parallel mit dieser anaeroben Anord- nung eine aerobe, indem diesmal die Zylinder die Luftatmo- sphäre behielten, im übrigen aber die Kulturen unter denselben Bedingungen gehalten wurden.

AichlT f. Hygiene, Bd. LIV. 25

ä?8 Verhalten der aeroben Keime gegenflber der absol. SanerBtoffentsiehiing.

Nachdem die KultarplatteD yerschieden lange Zeit unter ÄDaerobiose gehalten worden waren, wurde die Methode der quantitativen Keimbestimmung angewandt, um zu ermitteln, ob und wieviel Individuen beim Überführen in günstige Liebens- bedingungen wieder zum Keimen gebracht werden können.

Von dem Kulturbelag wurde eine Pfeiffersche Normal- öse (1 mg), die, wie wir uns überzeugten, auch in unseren Händen ein brauchbares Mafs abgab ohne strikte Unter- scheidung von Randpartien und Zentrum des Kulturrasens ab- gehoben. Die nötige Verdünnung wurde erzielt durch Auf- schwemmung dieser Einheitsmenge in indifferenter Aufschwem- mungsflüssigkeit (Ficker(^) Erlenmeierkölbchen mit 50 com und weitere Verteilung von 0,2 ccm dieser ersten Aufschwem- mung in einem zweiten Kölbchen mit 50 ccm derselben Flüssig- keit. Mit der mit 0,2 ccm dieser zweiten Aufschwemmung innig vermischten Nährgelatine von immer der gleichen Menge (8 ccm) wurden dann Platten gegossen und nach zweitägigem Aufbewahren bei optimaler Temperatur die Kolonienzählung mit dem Zählmikroskop vorgenommen.

Die Berechnung ergab die folgenden Zahlenwerte.

I. Cholera «ySaratow^.

Keimzahl der in 20 Standen bei 37^ gewachsenen Kultur im Darchschnitt :

1 Normalöse = 720000000.

Keimzahl der bei Zimmerteuiperatur gehaltenen Kultur

in Luft

nach ! in VVasserstofif- Tagen atmosphäre

796 109 OüO 723 759 000 689 375 OUO 458 326 000 372 532 000 256 938 000 160 240000 21 209 100

l 2 3 4 5 6 7 23

470 800 000

374 750 000

359 429 000

169 801 000

137 625 OUO

93 587 000

72 360 000

12 550000

Von t)r. Walther Willimaky.

379

II. llkallgenes IL

Keimzahl der in 20 Stunden bei Sl^

gewachsenen Kultur:

1 Normalöse = 475000 000.

Keimzahl der bei Zimmertemperatur gehaltenen Kultur

in Luft

482 487 000 471754000 313 529 000 226841000 110 493000

nach Tagen

1 3 4 5 6

in Wasserstoff- atmosphäre

310 062 000 271143 000 227 598 000 184 485000 105 271000

III« Flnoreflcens non llqaefaelens.

Keimzahl der in 20 Stunden bei 27 <"

gewachsenen Kultur:

1 Normalöse = 1 175 000000.

Keimzahl der bei Zimmertemperatur gehaltenen Kultur

in Luft

1 649 867 000

1 262 216 000

1155000000

751000000

493 587 000

nach I in Wasserstoff - Tagen atmosphäre

1 2 3 5 6

696 840 000 408 745 000 376 500000 321 580 000 235 875 000

Am auffallendsten I. Cholera ,,8aratow«^

ist zunächst an diesen 2qstünd.f(ultur

Resultaten der Unter- 800\^^\^ \ ^ schied in der Keim- § zahl der anaerobio- ?i 700

tisch und der aero- !^ biotisch gehaltenen |^^*^ Reihe» der am mar- :^ kantesten gleich am ^

1. Tage einsetzt. Dafs ^ dieser Unterschied ^ nicht blofs in dem Wachstumsstillstand der anaerob gehalte- nen Kulturen einer- seits und einer weite- ren Vermehrung der aerob gehaltenen an- derseits besteht, zeigt die Keimzahl der 20-

stündigen Kultur, von der jedesmal ausgegangen wurde, und die sich in denselben engen Grenzen hielt. Wie schon Got- schlich und W ei gang zeigten, ist nämlich das Maximum der

Entwicklung der bei Bruttemperatur gehaltenen Kulturen schon

26*

Kurven der aerohen Reihen. Kurven der anaeroben Reihen.

38Ö Verhalten der aeroben Keime gegenüber der absol. Sanerstoffentxiehang.

in den ersten 12 bis 20 Stunden erreicht, und dann tritt der Abfall ein, oder es erfolgt beim Versetzen in niedere Temperatur höchstens noch ein kurzer Anstieg, der, wie in unseren Ver- suchen, einen Zuwachs, am 1. Tage von 9,5% an Keimen bei Cholera, 1,75% bei Alcaligenes und 40% bei Fluorescens non liquefaciens in der Einheit darstellt.

Wenn wir bei der anaeroben Anordnung die Vermehrung als durch Wachstumsstillstand aufgehoben betrachten was, wie wir noch sehen werden, nicht ganz den Tatsachen entspricht und beim zahlenmälsigen Vergleich von der Individuenmenge

n. Alkaligenes II.

20 stund. Kultur

500

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6

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1

^300

^200 !00

der 20 stündigen Kultur ausgehen, so zeigt sich, dafs schon nach eintägiger Einwirkung bei Cholera 35%, bei Alcaligenes 35% und bei Fluorescens non liquefaciens 43% nicht mehr zum Auskeimen gelangen. Dafs dieser Ausfall auf dem Absterben der Keime und nicht blofs auf einem weiteren Verharren in einem latenten Zustand beruht, erhellt daraus, dafs die opti- malen Lebensbedingungen freier Zutritt von Sauerstoff, günsti- ger Nährboden, Bruttemperatur selbst nach mehrtägiger Ein- wirkung keinen anderen Erfolg hatten, eine weitere fortgesetzte Beobachtung der Aussaatplatten keinen Zuwachs etwa sich er- holender Kolonien konstatieren konnte, und dafs schliefslich eine fortgesetzte Zählung der nach der Anaerobiose an die Luft gebrachten Ausstrichplatten eine Zunahme der Keime nicht ergab. Der andere ausgekeimte Teil hatte die Schädigung vertragen, und es lag die Frage nahe, ob denn auch alle Keime der Kul-

Von Dr. Walther Willimsky. 381

tureD unter denselbea anaeroben BedinguDgen geatandeD batton. Wie das schon von vornherein zu verneinen war, so ergab auch eine andere Versuchsanordnung, dals dies nicht der Fall war.

Beideraufserordent- m. Finorweeiu lon Uqneradeni.

liehen Schwierigkeit der technischen Auf- gabe, absolut anae- robe Verhältnisse im strengsten Sinne zu schaffen, war von vorn- herein damit zu rech- nen, dals, wenn schon die Atmosphäre sauer- stofffrei genannt wer- den konnte , doch Spuren am Glase und vor allem im Nähr- boden trotz der Erhit- zung desselben zurück- bleiben würden. Und daraus war weiter zu Bchliefsen, dafs bei der beschriebenen Anord- nung die Keime des Kulturrasens, die dem Nfthrboden am näch- sten sind, ihm die Spuren von Sauerstoff begierig entziehen und so ihr Leben fristen, anfangs sogar eines geringen Wachstums f&hig sein könnten.

Dafs das tatsächhch der Fall war, hatte eine zweite Versuchs- anordnuDg gezeigt. Hier wurden nicht, wie oben, die zu massigen Bel&gen herangewachsenen Strichkulturen dem Versuch unter-

382 Verhalten der aeroben Keime gegenüber der absol. Saaerstoffentriehazig.

werfen, sondern es wurden auf einer Agarplatte 2 Tropfen einer Aufschwemmung der 3 Keimarten in indifferenter Flüssigkeit mit dem Glasspatel verrieben, und die so präparierten Petri- schalen unter dieselbe anaerobiotische Anordnung wie oben ge- bracht, nur dals die Zylinder gleich in den Brutschrank kaoien. Hierbei zeigte sich nun schon nach einem Tage, dafs die Keime keine Abnahme zeigten, sondern zu Kolonien herangewachsen waren, die allerdings im Verhältnis zu den auf den aerob ge- haltenen Koutrollplatteu verschwindend klein waren und sich nicht weiter vergröfserten. Damit stimmt auch die Beobachtung Hess es überein, wonach Choleraeiweifskulturen, die in Wasser- sloffatmosphäre gehalten wurden, nur in den ersten Tagen ab- nehmende Mengen von Kohlensäure produzierten, was sich nur damit erklären läfst, dafs der Nährboden Spuren von Sauersto£f enthielt, die eine Respiration und Vegetation gestatteten. Daraus ergeben sich die Schlüsse:

Während in diesem Falle jeder Keim sozusagen seinen eigenen Acker hatte, der ihm in den Zeiten der Not auch den Sauerstoff lieferte und ihn der einsetzenden Schädigung nicht ganz hilflos aussetzte, konnten bei der anderen Versuchsanordnung, wo die Keime in grolsen dicken Massen zusammengelagert waren, nur die zum Nährboden günstig postierten diesen Orts- vorteil geniefsen, die anderen aber wurden, des Sauerstoffs der Luft und des Bodens beraubt, tatsächlich unter absolut anaero- biotische Verhältnisse gesetzt und mufsten, von der plötzlichen SauerstoflEentziehung überrascht, ersticken.

Vergleichen wir den Erfolg dieser eintägigen Einwirkung der Anaerobiose mit dem einer zunehmenden mehrtägigen und denken uns zur besseren Anschaulichkeit die Zahlenwerte graphisch dargestellt, so kommen wir unter Berücksichtigung des Verhaltens der aerobiotisch gehaltenen Reihe noch zu fol- genden weiteren Schlüssen:

Die Kurve der aerobiotisch gehaltenen Keime ist bei allen 3 Keimarten dadurch ausgezeichnet, dafs nach dem kurzen An- stieg am ersten Tage ein kontinuierlicher Abfall folgt, und dafs dieser Abstieg am 4. Tage am steilsten ist. Diese Erscheinung

Von Dr. Walther Willimsky.

383

des Absterbens mit den bekannten ursächlichen Faktoren wird naturgemäfs auch bei der Beurteilung der Resultate der anaero- biotisch gehaltenen Reihe Berücksichtigung finden müssen. Die Zahlenkurve der anaerob belassenen Keime charakterisiert sich durch einen steilen Abfall am ersten Tage, der aber an den folgenden Tagen nicht in gleicher Weise anhält, sondern in einen sanfter absteigenden Bogen übergeht. Mit der aeroben Reihe vergUchen, sind die täglichen Differenzen der anaeroben Zahlenwerte noch geringer, so dafs die beiden in demselben Felde eingetragenen Kurven einander immer näher kommen, mit anderen Worten: der Effekt der Sauerstoffeutziehung ist in den ersten Stunden der Einwirkung weitaus am gröfsten; alle un- günstig gelagerten und weniger widerstandsfähigen Keime gehen bald zugrunde, die anderen günstiger postierten vermögen ihr Leben auf die Spuren des Sauerstoffs im Nährboden einzustellen und unter steter Auslese der passendsten dahin geführt zu wer- den, mit immer geringeren Mengen von Sauerstoff auszukommen, so dafs auf diese Weise wenigstens ein latentes Leben möglich ist. Die im Verhältnis zur aeroben Reihe geringeren Differenzen in der Abnahme der Keime sind damit zu erklären, dafs die überlebenden Keime auf demselben Räume infolge ihrer gerin- geren Anzahl nicht mit soviel Konkurrenten zu kämpfen haben und jene Faktoren der Nährbodenerschöpfung und Stoffwechsel- giftbildung infolgedessen in schwächerem Mafse einwirken.

Die Frage der allmählichen Anpassung, die hiermit berührt wurde, wurde noch durch weitere Versuche zu beant- worten gesucht. Ausgegangen wurde diesmal von einer schon 8 Tage anaerobiotisch gehaltenen Fluorescens non liquefaciens-Kul- tur. In bekannter Weise folgte dem Ausstrich dieser Kultur auf eine neue Agarplatte ein 20stün- diger Aufenthalt bei 27° im Brut- schrank und dann die Anaerobiose bei Zimmertemperatur.

Flnoreseens non liquefaciens.

n. GoDeration (I. Generation 8 Tage in WasserstoffatmoHph&re gehalten).

208tündige bei 27 o gewachsene Kaltur: 700 000000 Keime (1 Normalöse).

Keimzahl in

Laft

809119 000 792 533 000 304 337 000 226 402000 91 928 000

nach Tagen

1 2 4 5

7

Wasserstoff- atmosphäre

499 860 000 384 407 000 219060000 173 041 000 56 663 00Q

384 Verhalten der aeroben Keime gegenüber der absol. Saaerstoffentsiehang.

5

.1

900

800

700

600

I

^ soo

I

Vergleichen wir die Zahlenwerte dieser zwei Generationen

hindurch anaerobiotisch gehaltenen Kultur mit jener nur eine

Generation unter Anaerobiose gestandenen, so ergibt sich, dals

die Zahlenkurven an und für sich im Prinzip gleich verlaufen.

Eine Verschiedenheit besteht aber darin, dafs in der zweiten

Generation eine durchgehende beträchtliche annähernd proper-

^ . tionale Verminderung

Fluoreseeng non llquefaeieiiB« ^

der Keimzahl in der Einheit zu konstatieren ist, die, wie die Zahl der 20 stündigen Kul- tur zeigt, 33% aus- macht. Die Wachs- tumsintensität der Keime hat also durch die Stägige Anaero- biose um ^/3 gelitten. Ein weiterer Unter- schied besteht in dem Verhältnis der aeroben und anaeroben Reihe. Zwar ist auch hier der Untergang der Keime am ersten Tage am bedeutendsten , doch ist das Prozentverhält- nis der lebengeblie- benen Keime ein anderes. Während dort nach eintägiger An- aerobiose nur 57% der Keime am Leben blieben, sind es bei der 2. Generation schon 70%. Es scheint also, dafs durch die achttägige Anaerobiose eine Auslese der geeignetsten Keime stattgefunden hat, die, auf eine erneute Anaerobiose besser ge- rüstet und angepafst, der einsetzenden Schädigung nicht mehr so schnell erliegen. Man wird allerdings auch beachten müssen, dafs bei der, wie oben hervorgehoben, eingetretenen Vermin- derung der Keimzahl in der Einheit die Keime im ganzen besser

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Von Dr. Walther Willimsky. 385

gestellt sind, und dieser Umstand zur Verbesserung des Sterblich- keitsverhältnisses beigetragen haben kann.

Weiterhin wurde in einem zweiten Versuch die Anaerobiose durch 10 Generationen fortgesetzt. Ausgegangen wurde von einer 23 Tage anaerobiotisch gehaltenen Choleraagarstrichkultur. Von dieser wurden Keime in gleicher Menge auf neue Agar- platten übertragen und der anaerobiotischen Anordnung mehrere Tage unterworfen. Die zu kümmerlichen Kolonien ausgewach- senen Keime der zweiten Generation wurden erneut auf Agar- platten ausgestrichen und sofort wieder anaerobiotisch gehal- ten, und dies so 10 Generationen hindurch fortgesetzt, wobei jede 3 7 Tage unter anaerobiotischen Bedingungen stand. Eine merkbare Anpassung, die sich durch schnelleres Wachstum oder Zunahme in der Gröfse der Kolonien gezeigt hätte, konnte aber nicht nachgewiesen werden.

Die Hauptergebnisse der Arbeit lassen sich kurz, wie folgt, formulieren :

Die aeroben Keime vermögen ihr Leben auf minimale Spuren von Sauerstoff einzustellen und zwar um so besser, je langsamer die Sauerstoffentziehung erfolgt; bei absoluter Anaero- biose aber sterben sie ab, und zwar um so schneller, je plötz- licher diese herbeigeführt wird.

Es ist mir eine angenehme Pflicht, Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. Rubner für die Anregung zu dieser Arbeit, Herrn Professor Dr. Ficker für seine stets freundliche Unterstützung meinen aufrichtigen Dank auszusprechen.

Literatur.

1. Hesse, Zeitschr. f. Hygiene, Bd. XV, 8. 17.

2. Bischoff, Veröffentl. a. d. Gebiet d. MilitAr-Sanit- Wesens, Heft 28.

3. Cl. Permi u. Bas SU, Centralbl. f. BakterioL, Origin.-Mitt, I, Bd. XXXV.

4. GotBchlich u. Weigang, Zeitschr. f. Hygiene, Bd. XX, 8. 376.

5. Ficker, Zeitschr. f. Hygiene, Bd. XXIX.

Zum Nachweis fäkaler Verunreinigung von Trinkwasser.

Von

Oberarzt Dr. Ohristian.

(Ans dem hygienischen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh. Med.-

Rat Prof. Dr. Rubner.)

unter Brauchbarkeit eines Trinkwassers versteht man eine Summe von Eigenschaften, die schon seit längerer Zeit feststeht und als Richtschnur für Begutachtungen dienen soll. Die An- forderungen, welche zu stellen sind, unterliegen je nach den Bedürfnissen der Konsumenten des Wassers in gewissem Grade Schwankungen, welche im Einzelfalle sorgsam zu erwägen sind. Für viele Bestandteile lassen sich unabänderliche Grenzwerte gar nicht angeben, weil einzelne Vorkommnisse z. B. der Chloride, des Ammoniaks, mit Rücksicht auf die Herkunft und Entstehung des Wassers eine wechselnde gesundheitliche Bedeutung haben.

Je eingehender ein Wasser in seinen Eigenschaften studiert wird, je mehr Merkmale desselben genau untersucht werden, um so zuverlässiger wird auch die kritische Beurteilung werden.

Wenn von einigen Autoren die Beurteilung von Trinkwasser und speziell der Brunnenwässer soweit eingeschränkt wird, dafs man nur auf die örtliche Inaugenscheinnalime Wert legen soll, so ist dieser Standpunkt in vielen Fällen geradezu ein Verzicht auf jede wissenschaftlich exakte Beurteilung eines Wassers, und mit Recht haben sich weite Kreise von Sachverständigen gegen eine derartige oberflächliche Betrachtungsweise der vorstehenden bedeutungsvollen Fragen ausgesprochen.

Chemische, physikalische und biologische Methoden liefern uns wichtige Unterlagen für die Beurteilung des Trinkwassers,

Nachweis fäkaler Verunreinigung von Trinkwasser. Von Dr. Christian. 387

nur das fehlerhafte Bestreben, schematisch an der Hand von wenigen Charakteren alle Trinkwässer beurteilen zu wollen, hat zu ergebnislosen Prüfungsreihen geführt.

Die Beurteilung des Wassers ist eine schwierige Aufgabe, und wer die Mittel zur fachmännischen Beurteilung nicht besitzt, sollte auf gutachtliche Äufserungen verzichten ; diejenigen Kreise, welche sich berufen fühlen, in Sachen der Trinkwässer mit zu beraten, können nicht verlangen, dafs die Trinkwasserprüfung mit Rücksicht auf mangelnde Vorkenntnisse tunlichst vereinfacht werde, sondern haben ihre Ausbildung entsprechend den zu lösenden Aufgaben zu vervollkommnen.

Es erscheint auch viel wichtiger, wenige Wässer genau als zahllose Wasserproben nach unzureichender Methodik zu unter- suchen.

Die weitere Ausbildung der Untersuchungsmethodik ist dringend zu wünschen und jeder Fortschritt in der Möglichkeit, weitere Merkmale des Trinkwassers mit Sicherheit zu bestimmen, mit Genugtuung zu begrüfsen.

Die bakteriologische Untersuchung hat sich zumeist nur auf Keimzählung erstreckt, eine Methode, die wohl für bekannte, unter dauernder Kontrolle stehende Wässer einen feinen Indikator für Verunreinigung darstellt, für erstmalige Untersuchungen aber völlig unzureichend ist.

Hier liegt das Bedürfnis nach einer Methode vor, die Schäd- lichkeit bzw. Gefährlichkeit eines Wassers oder dessen Unschäd- lichkeit deutlich zu erweisen. In diesem Sinne sind schon eine ganze Anzahl von Versuchen gemacht worden, die in verschiedene Richtungen gegangen sind. Ich will nur einen Weg verfolgen, der mir der aussichtsreichste zu sein scheint.

Fragen wir uns, woher die Gefabreu stammen, die im Trink- wasser die Gesundheit des Menschen bedrohen, so kommen fast ausschliefslich die menschlichen Ausscheidungen, und hierbei in erster Linie der Kot, in Betracht. Bei Cholera und Dysenterie scheinen die Fäces die einzige Infektionsquelle zu bilden, beim Typhus kommt noch der Urin hinzu, aber erst in zweiter Reihe. Hinter diesen beiden treten die übrigen Abf allstofEe , was die

388 Znm Nachweis fäkaler Veranreinigang von Trinkwaseer.

Trink Wasserinfektion anlangen könnte, ganz zurück. Abgesehen davon werden wohl in der Mehrzahl der Fälle sämtliche meuscb- liehe Ausscheidungen auf demselben Weg in das Wasser gelangen können, oder wenigstens wo das eine möglich ist, kann das an- dere nicht ausgeschlossen werden. Es ist also gerechtfertigt, wenn man nur aus dem Vorhandensein einer Verunreinigung durch Fäces auf die bedrohliche Nähe einer Infektionsquelle schliefst. Zum Nachweis einer solchen fäkalen Verunreinigung liegt es nahe, den im Kot so reichlich vorhandenen Kolibazillus als Indikator zu wählen. Und das ist seit langem des öfteren geschehen. Wie richtig man diese Überlegung angestellt hatte, zeigt beispielsweise eine Filterprüfung, die Clark und M*Gage(^) in der amerikanischen Stadt Lawrence ausgeführt haben. Nach einer Reparatur des Filters war dasselbe undicht geworden. Im filtrierten Wasser konnten Kolibakterien nachgewiesen werden. Zugleich trat in der Stadt eine Typhusepidemie auf, die nach 3 Monaten wieder erlosch, zur selben Zeit, als im filtrierten Wasser in je 1 ecm Bacterium coli nicht mehr gefunden werden konnte. Hier steht es aufser Frage, dafs der Kolibazillus die fäkale Verunreinigung und somit die Infektion des Wassers an- zeigte. Kann man nun diese Schlufsfolgerungen , deren Be- rechtigung in dem besonderen Falle aufser Zweifel steht, ver- allgemeinern?

Zur Entscheidung dieser Frage mufs man auf den Begriff »Bacterium colic näher eingehen. Wir verstehen unter diesem Namen ein Stäbchen, das gewisse Eigenschaften besitzt und im Darm vorkommt. Es gibt aber auch aufserhalb des Darms Bak- terien, die sämtliche allgemein bekannten Eigenschaften des Darmbewohners besitzen, ohne jemals selbst durch ihre Herkunft oder vermöge ihrer Abstammung zu den Darmbewohnem zu zählen. Nehmen wir nur einige dieser Eigenschaften zum Kriterium, so fällt der Begriff »Bacterium colic so weit aus, dafs wir eine ganze Gattung darunter rechnen müssen. Aus diesem Grunde hält Krusep) das Bacterium coli für ganz ungeeignet zum Nach- weis fäkaler Verunreinigung. Wenn er zum Nachweis die morpho- logischen Verhältnisse, das Wachstum auf den gewöhnlichen

Von Oberarzt Dr. ChriBtian. 389

Nährböden, das Verhalten zu zuckerhaltigen Substraten und zu Milch in Betracht zog, so glaubte er sie fast überall finden zu können, »oft genug in Wässern, die nicht einmal anderen Ver- unreinigungen, geschweige denn denen durch Fäkalien ausgesetzt seienc. WeifsenfeldC) hat hierfür einen experimentellen Bei- trag geliefert, indem er eine gröfsere Anzahl von Brunnenwässern untersuchte. Er fand in jedem Falle Kolibazillen , freilich bei den guten Wässern erst, wenn er 1 1 dem Anreicherungsverfahren unterzog. In gleicher Weise fand v. Freudenreich (*) in den meisten Wässern Kolibazillen, wenn er nur eine genügend grofse Menge zur Untersuchung nahm; nur die »sehr gutenc Wässer waren frei von ihnen.

Diesen Befunden, die für die übiquität der Kolibakterien zu sprechen scheinen, wird durch andere Beobachtungen wider- sprochen, und das hat seinen Grund in der Verschiedenheit der Nachweismethoden. Je strenger man die Anforderungen zur Identitätsbestimmung stellte, desto seltener wurden die ubiquitären Kolibazillen. Weifsenfeld betrachtete alle diejenigen Mikro- organismen als Kolibakterien, die mittelgrofse Bazillen darstellten, auf Gelatine weinblattähnliche Kolonien und im Zuckeragar- stich Gas bildeten, mehr oder weniger beweglich oder unbeweg- lich waren und sich nicht nach Gram färbten. Er versuchte zunächst ihr Wachstum bei 37 ^ in Bouillon oder Peptonkochsalz- lösung mit Pariettischem Zusatz (Phenol und Salzsäure) zu er- halten; kam er damit nicht zum Ziel, so liefs er den (Parietti- schen) Zusatz weg.

V. Freudenreich benutzte die Pariettische oder die Vincent- sche Methode (Peptonwasser, 0,07% Phenol, Bebrütung bei 42°) oder auch die Milchzuckervergärungsprobe bei 35° und fand so das Fehlen der Kolibakterien in den sehr guten Wässern.

Schardinger (^), der das Wasser mit Traubenzuckerbouillon vermischte, bei 37 ° bebrütete und dann den Kolinachweis durch Prüfung auf fäkulenten Geruch, auf Indol und Schwefelwasser- stoff führte, fand die in Frage stehenden Bakterien nicht so ungemein verbreitet, in vielen hundert Wasseruntersuchungen nur ö Mal und niemals als zufällige Luftverunreinigung auf

390 2iim Nachweis fäkaler Veranreinigüng von Trinkwasaei'.

Platten. Abbe(^) benutzt eine Milchzuckerpeptonkochsalzlösung zu seinen Versuchen, Houston ("^ anderseits legt Schüttelkulturen in Zuckergelatine an und hält sie bei 20 ^ in der Absicht, sämt- lichen vergärenden Keimen, auch denen, die höhere Temperaturen nicht vertragen, das Wachstum zu gestatten.

Petruschky und Pusch(*) wieder legen Wert darauf, die Kolibakterien bei 37 ^ in Bouillon anzureichern und glauben auf diese Weise die Wasserkeime auszuschlielsen , die bei niederen Temperaturen sich immer vorgedrängt und die Täuschung einer Fäkalverunreinigung hervorgerufen hatten. Sie fügen den kenn- zeichnenden Merkmalen noch die Säurebildung (Rötung der Lackmusmolke) hinzu. Alle die zuletzt erwähnten Untersucher finden in reinen Wässern keine Kolibakterien und stellen diesen Mikroorganismen ein gutes Zeugnis für ihre Brauchbarkeit als Indikatoren fäkaler Verunreinigung aus.

Es ist leicht zu sehen, dafs man in der Erkenntnis des wahren Zusammenhanges weiter gekommen ist, je mehr man den Begriff »Bakterium colic einschränkte. Auf die Methoden hierzu im einzelnen kritisch einzugehen, ist nicht nötig; zweifel- los beruhen sie auf sorgfältigem Studium der Lebensvorgänge des Mikroben und bestehen zu recht. Nur möchte ich das Phänomen der Indolbildung und die Fähigkeit derTierpathogenität, das beispielsweise von Levy und Bruns(®) vorgeschlagen ist, nicht für eben wertvoll anschlagen, da es echte Kolistämme gibt, die diese beiden Forderungen nicht erfüllen.

Was nun aus der Erörterung der ganzen Frage hervorgeht, ist die Tatsache, dafs der Nachweis des Bact. coli ein sehr komplizierter ist, wenn man sicher sein \vill, das echte Bact. coli vor sich zu haben. Alle erwähnten Methoden zusammen sind aber noch nicht einmal einwandsfrei, weil der Beweis fehlt, dafs die mit ihrer Hilfe identifizierten Bakterien nur aus dem mensch- lichen Darm stammen können, vielmehr wird später gezeigt werden, dafs dies sehr zweifelhaft ist. Dieser Beweis könnte er- bracht werden, wenn man ein spezifisches Serum anzuwenden in der Lage wäre, wie dies auch schon gefordert worden ist. Allein hier läfst uns die Technik im Stich, da es ja schon sehr

Von ObeMnt Dr. Christian. 391

schwer ist, ein polyvalentes Koli-Serum zu erlangen, wird uns ein omnivalentes kaum jemals gelingen. Auch ist ein solches Verfahren für die Praxis viel zu umständlich.

Einen grofsen Fortschritt in der Frage des Koli-Nachweises haben wir meines Erachtens Eijkmann(^^) zu verdanken, der die Fähigkeit der Kolibazillen, noch bei 46^ üppig zu gedeihen, be- tont und diese zusammen mit dem Zuckervergärungsvermögen als Versuchsbasis benutzt hat. Vor ihm haben bereits Vincent (s. o.) und V. Freudenreich (s. o.) eine Temperatur von 42^ angewandt. Rodet(") hat für Typhusisolierung ein Verfahren angegeben, das die Temperatur von 45 45,5 ^ erfordert, hat aber auch be- reits darauf hingewiesen, dafs die Ermittelung des Temperatur- maximums für alle Bakterien ein ausgezeichnetes Mittel zu ihrer Identifizierung sei. Eijkmann setzt Gärungskölbcheu mit dem zu untersuchenden Wasser an, dem er durch Zusatz einer Vorratslösung einen Gehalt von ca. 1 % Traubenzucker, 1 % Pep- ton und 0,5% Kochsalz verleiht, und bebrütet sie bei 46^. Bei verunreinigtem Wasser findet er nach 24 Stunden Bact. coli in Reinkultur, oder wenigstens in überwiegender Mehrheit, die ge- samte Flüssigkeit diffus getrübt und mehr oder weniger, aber stets deutliche Gasbildung. Bei reinem Wasser bleibt die Flüssig- keit meist klar, um höchstens nach 2 mal 24 Stunden nur im offenen Schenkel und dem daran grenzenden Teil des geschlos- senen Schenkels eine leichte Trübung, aber keine Gasbildung zu zeigen.

Das Verfahren hat den Vorzug, einfach und leicht ausführ- bar zu sein; die Frage ist nur die: ist es hinreichend experi- mentell gestützt, um von vornherein als einwandsfrei zu gelten. Das ist nun zunächst nicht der Fall und zwar aus dem Grunde, weil wir kein absolutes Kriterium für den echten Kolibazillus haben. Es bleibt also nichts übrig, als die praktische Leistungs- fähigkeit der Methode an einer mögUchst grofsen Anzahl von Wässern zu erproben, deren Verhältnisse bekannt sind, und einen Rückschlufs auf den Wert der Methode erlauben. In die- sem Sinne hat uns Eijkmann bereits ein beachtenswertes Material geliefert. In sämtlichen »unverdächtigen i Wassersorten

392 Zorn Nachweis fäkaler Verunreinigung von Trinkwaseei'.

wurde 46^ Gärung auch bei gröfseren Versuchsmengen (300 com) niemals, bei > verdächtigen c auch in Bruchteilen eines Tropfens stets gefunden. Ferner zeigten 2 Wässer, die vor Verunreini- gung mit menschlichen Fäces geschützt waren, sonst aber so- wohl offensichtlichen Schmutz (Entengrün, Laub, Insektenlarven) als auch eine reiche mikroskopische Fauna und Flora erkennen liefsen, in mehrfachen Untersuchungen negativen Ausfall der Probe.

Von den Berliner Wässern, die ich mit dieser Methode oder vielmehr mit denen ich die Methode prüfte, zeigten die ver- unreinigten stets positiven Ausfall, meist noch, wenn ich dem Versuch winzige Quantitäten unterzog. Ich stellte mir zu die- sem Zweck » Verdünnungen c mit sterilem Wasser von 1 : 100, 1 : 1000, je nach Bedürfnis her und tat hiervon 0,01, 0,02 com etc. zu der Zuckerbouillon je eines Gärungskölbchens. Dals die Berliner Kanaljauche noch in riesigen Verdünnungen Gärung geben würde, war von vornherein anzunehmen, und tatsächlich konnte ich bei 0,000001 ccm noch stets das Phänomen be- obachten. Aber auch das Rieselwasser, das bereits in den Riesel- feldern filtriert ist, enthält noch bei 0,0001 ccm regelmäfsig Kolibakterien. Ebenso geben 0,001 ccm Spreewasser und 0,0002 ccm Wasser der Panke stets einen positiven Ausfall der Probe. Bei gröfseren Verdünnungen trat auch wohl noch hier und da Gärung auf, doch nicht mehr regelmäfsig.

Unsere ein wandsfreien Wässer dagegen, das Berliner Leitungs- wasser und mehrere gute Brunnen, gaben niemals 46^ Gärung auch bei Verwendung gröfserer Mengen (bis 100 ccm und da- rüber). Ich glaubte hierbei im allgemeinen von der Verwendung gröfserer Versuchsmengen als 100 ccm absehen zu dürfen, da dieselbe tatsächlich überflüssig ist. Ich bin sogar der Ansicht, dafs für den praktischen Zweck ein Versucli mit 10—20 ccm vollständig ausreichen würde, einmal deswegen, weil ich niemals gesehen habe, dafs in einer gröfseren Zahl von Kubikzentimetern noch Koliwachstum aufgetreten wäre, wenn in 1 ccm keines mehr zu konstatieren war, und anderseits, weil obenerwähnte Unter- suchung von Clark und M'Gage gezeigt hat, dafs mit dem

Von Oberant t)r. Christian. 3$3

Verschwinden der Kolibakterien aus 1 ccm Wasser festgestellt durch gewöhnliche Plattenuntersuchung die Verunreinigung aufgehört hatte. Das Bacterium coli entwickelt eben auch bei niederer Temperatur und mäfsigen Nahrungsbedingungen noch so viel Wachstumsenergie, dafs es in 1 ccm Wasser gefunden werden mufs, wenn es nur in der den geringsten Grad der Ver- unreinigung anzeigenden Menge vorhanden ist. Die lOOfache Menge scheint mir Sicherheit genug zu verbürgen, und die Me- thode hat sich als fein genug erwiesen, um jeden einzelnen Kolibazillus abzufangen. Die Verwendung gröfserer Quantitäten würde einen gröfseren Apparat erfordern, während man ca. 100 ccm nach Ei j km an ns Methode mit Pepton, Traubenzucker und Kochsalz versetzt und auf ca. 10 Gärungskölbchen verteilt.

Beim positiven Ausfall des Versuchs fand ich stets nach 24 Stunden diffuse Trübung des gesamten Kolbeninhalts und meist reichliche Gasbildung. Nur sehr selten war die Gasbil- dung so gering, dafs eine Verwechslung mit der Luftblase, welche von im Wasser absorbiert gewesenen Gasen stammt, möglich gewesen wäre; doch löste eine zuckerlose Kontrolle stets etwaigen Zweifel. In den bei weitem meisten Fällen fanden sich im hängenden Tropfen mehr oder weniger schlecht be- wegliche Stäbchen, die die Charakteristica des Bacterium coli zeigten. Mitunter fanden sich auch einzelne wenige Diplo-, Strepto- und Staphylokokken. Beim Ausstrich auf Agarplatten wurden mäfsig viel Koli Kolonien, mitunter einige Staphylokok- ken-Kolonien gefunden. Ein grofser Teil der Kolibakterien so- wie manche Kokkenarten scheinen durch die Säurebildung ver- giftet zu werden, wie dies Smithp) sowohl für KoUbazillen als auch Staphylokokken als möglich nachgewiesen hat. Einen Buttersäurebazillus habe ich niemals gefunden.

Bei negativem Ausfall bleibt die Flüssigkeit fast immer steril; mitunter bildet sich nach 2 Tagen eine geringe Trübung im offenen Schenkel des Gärungskölbchens, meist mit Kamhaut- bildung; man findet dann gröfstenteils Heubazillen, mitunter ein paar Kokkenarten.

Arohiy Ar HygieiM. Bd. LIV. ^

394 Znm Nachweis fftkaler Verunreinigung von tVinkwassei^.

um auch zweifelhafte Wässer zu prüfen, wählte ich einige Brunnen in der Stadt, vor denen die Polizei durch die Auf- schrift »Kein Trinkwasser« warnt. Aus welchem Grunde diese Brunnen im einzelnen eine solche Aufschrift nötig gemacht haben, konnte ich noch nicht feststellen ; wahrscheinlich ist dies aber geschehen, weil ihr Wasser nicht sehr rein im physikali- schen Sinne ist; es zeigt etwas Bodensatz und eine gelbliche Trübung, ohne einen unangenehmen Geruch oder Geschmack zu besitzen. Alle diese Wässer zeigten bei mehrfacher Unter- suchung zu verschiedenen Zeiten niemals 46 ^ Gärung, besonders auch nicht nach einem wolkenbruchartigen Regen und an einem Regentage. Dagegen zeigten 2 dieser Wässer bei niederer Tem- peratur starke Gärung.

Es ist dies dieselbe Beobachtung, die Eijkmann bei einer grofsen Anzahl tatsächlich unverdächtiger Wassersorten, z. B. in sterilem Fals aufgefangenem Regenwasser, gemacht hat, dafs nämlich dieselben bei Zimmer- oder gewöhnlicher Bruttemperatur (37®) Gärung geben, welche von Bakterien der weiteren Koli- gruppe herrührt.

Wenn hier jemand einwenden wollte, auch diese Bakterien, die bei 37® noch wachsen, bei 46® aber nicht mehr, seien wert- voll als Anzeichen gefahrdrohender Verunreinigung, so mufs dem widersprochen werden. Die im hiesigen Institut vorhandenen Kolistämme, sowie eine Anzahl besonders aus Fäces von Erwach- senen, Kindern, Kaninchen, Meerschweinchen, Kanarienvögeln etc. isolierten Stämme gaben sämtlich 46® Gärung. Es scheint also, dafs sämtliche Mikroben der Koligruppe, die aus dem Warm- blüterorganismus stammen, bei 46® noch ausgezeichnet gedeihen können, während z. B. die vom Frosch stammenden Darm- bakterien bei 37® noch Traubenzucker vergären, bei 46® aber nicht. Auch die des Fisches scheinen, wie Eijkmann unter Zitierung einer Inaugiu'aldissertation (^^) erwähnt, bei höherer Temperatur nicht mehr kultivierbar zu sein. Von sonstigen Bak- terien, die eine Täuschung durch Vergärung bei 46 ® hervorrufen könnten, kommt wohl keiner, auch der gewöhnliche Buttersäure- bazillus nicht, in Betracht, da dieser in Zuckerbouillon erst

Von Oberarzt i)r. Christian. ^^5

nach 2 Tagen ganz spärlich im geschlossenen Schenkel zu wachsen anfängt, wenn er überhaupt angeht. Ihn kann man ausschalten, wenn man die Probe nur auf 24 Stunden ausdehnt, was nach meiner Erfahrung vollständig ausreicht.

Versuche mit Vergärung des Milchzuckers bei sonst gleicher Versuchsanordnung haben dasselbe Resultat wie Glykosegärung gegeben, einen Vorteil eines der beiden Verfahren habe ich nicht feststellen können.

Es besteht m. E. ein Vorzug der Gärungsprobe bei 46® darin, dafs sie Verunreinigungen durch Kaltblüterfäces nicht anzeigt. Man kann ein Wasser nicht immer vom Genuls ausschlief sen, blofs weil Fische oder Frösche sich in ihm aufhalten. Wer einen höheren Grad der Reinheit verlangt, kann ja weitere Unter- suchungen anstellen, jedenfalls wird er vorher zu konstatieren vermögen, dafs eine direkte Gefahr durch den Genulis nicht besteht.

Meinem hochverehrten Chef, Herrn Geheimrat Rubner, erlaube ich mir für die Anregung zu der Arbeit und sein Interesse an derselben meinen gehorsamsten Dank zu sagen.

Literatur.

1. Clark and M'Gage, Ref. Gentralbl. f. Bakteriol., 1900.

2. Kruse, Zeitschrift f. Hygiene u. Infektionskrankh., XVII.

3. Weifsenfeld, Zeitschrift f. Hygiene u. Infektionskrankh., XXXV.

4. V. Frendenreich, Centralbl. f. Bakteriol. u. Parasitenk., XVIU.

5. Schardinger, Centralbl. f. Bakteriol., XVI.

6. Abbe, Centralbl. f. Bakteriol, XIX.

7. Houston, 2nd Report of the Royal Comm. on sewage disposal (Wyman et Sons, London 1902), zitiert nach Eijkinann.

8. Petruschky und Pusch, Zeitschrift f. Hygiene, XLUI.

9. Levy und Bruns, Archiv f. Hygiene, XXXVI.

10. Eijkmann, Centralbl. f. Bakteriol, XXXVU.

11. Rodet, Compt. rend. Acad. soc. de biologie. Ref. Centralbl. f. Bakt., VI.

12. Smith, Centralbl. f. Bakteriol., XVUI.

26

Sind bei der bakteriziden Wirkung des Blutserums

osmotische Vorgänge im Spiele?

Von

Dr. Georg Leuchs.

(Ans dem Hygienischen Institut der Universität München. Vorstand: Prof.

Max Grub er.)

Gegen die Lehre, dafs die bakterizide Wirkung des Blut- serums auf die Anwesenheit besonderer bakterienfeindlicher Stoffe, der Alexine, zurückzuführen sei, wurde seinerzeit der Einwand erhoben, dafs der schroffe Wechsel des Mediums bei der Über- tragung der Bakterien von dem künstlichen Nährboden in das Serum eine Schädlichkeit sei, die für sich allein völlig genüge, den Tod der Keime herbeizuführen. Einerseits der Hunger, andrer- seits osmotische Vorgänge seien die Ursachen ihres Absterbens.

Dieser Einwand ist durch die Untersuchungen von Buch- ner, Trommsdorff, Hegeler und v. Lingelsheim widerlegt worden: Die Verschiedenheit des osmotischen Druckes von Nährboden und Serum wie der Hunger spielen keine Rolle bei der Abtötung der Bakterien durch frisches Serum; die An- nahme besonderer, leicht zerstörbarer bakterizider Substanzen im frischen Blutserum ist unvermeidlich.

Dagegen schien doch manches darauf hinzudeuten, dafs bei der Abtötung der Bakterien durch frisches Immun serum os- motische Vorgänge im Spiele seien. Die osmotische HüU- schichte der Keime, welche in normalem Zustande als semi- permeable Membran angesehen werden mufs, konnte möglicher- weise durch die Präparatoren (Amboceptoren) der Immunsera

Bakterixide Wirkung des Blatseroms etc. Von Dr. Georg Leachs. 397

derartig verändert werden, dafs sie nun nicht mehr blofs Was- ser, sondern auch andere wasserlösliche Substanzen durchtreten Heise und so einerseits dem Alexin den Eintritt erleichterte, andrerseits den Austritt von Salzen und anderen lebenswichtigen Substanzen aus dem Innern der Zelle ermöglichte, was den Tod der Bakterien zur Folge hätte. Gruber, der diese Ansicht verfocht, führte dafür ins Feld, dafs die Vorgänge der Bakterio- lyse, wie man sie z. B. beim Pfeif ferschen Versuch beobachten kann, entschiedene Ähnlichkeit zeigen mit den Veränderungen der Zellen bei Störungen der normalen Osmose, dafs ferner bei der der Bakteriolyse analogen Hämolyse nichts anderes zu kon- statieren sei als Diffusion des Hämoglobins aus dem Stroma der Blutscheiben in die umgebende Flüssigkeit unter Zurück- lassung der »Schattenc.

Auf die Richtigkeit dieser Ansicht liefs sich die Probe machen: wenn die Immunkörper die Beschaffenheit der osmo- tischen Membran verändern, so muTsten die damit behandelten Zellen sich gegen Änderungen des osmotischen Druckes in ihrem Medium anders verhalten als die normalen. Auf Veran- lassung von Herrn Prof. Gruber habe ich daher zur selben Zeit, als Röfsle seine in der »Münchner mediz. Wochenschriftc, Jahrg. 1904, Nr. 42, veröffentlichten Untersuchungen über das osmotische Verhalten der mit Immunkörpern behandelten Ery- throcyten begann, Versuche über den Einfluls der Immunkörper auf die Abtötung der Bakterien durch destilliertes Wasser be- gonnen. Über einen Teil der Resultate dieser Versuche habe ich bereits in der Sitzung der Gesellschaft für Morphologie und Physiologie in München, am 22. November 1904, berichtet. Es sei gestattet, das Wichtigste aus meinen Versuchsprotokollen hier anzuführen.

Bevor das Verhalten der mit Immunserum vorbehandelten Bakterien gegen destilliertes Wasser untersucht werden konnte, mufste die Widerstandsfähigkeit der normalen Bakterien er- mittelt werden. Da sich die gewöhnlichen Typhusbakterien als sehr resistent gegen destilliertes Wasser erwiesen (selbst bei schwacheq f)insaaten war das infizierte Wasser nach eineip

398 Si^cl bei d. bakt. Wirknng d. Blatsernms osmotische Vorgänge im Spiele?

Monat noch nicht steril), so wurden die Versuche mit Vibrio Danubicus angestellt. Dabei zeigte sich, dafs bei der Über- tragung der Keime aus einer 20 24 stündigen Agarkultur (Agar mit dem gebräuchlichen Zusatz von Ofi% Kochsalz) Id destil- liertes Wasser schon binnen 5 Minuten Massentod eintritt. 90 bis 95 ^/o der eingesäten Keime gehen fast sofort zugrunde und nur 5 10% überleben. Auch 0,3 und 0,66 proz. Kochsalz- lösungen schädigen die Danubicuskeime in hohem Mafse. Auch in diesen Lösungen sterben etwa 50% der eingesäten Keime binnen 5 Minuten. Ich will nur einen einschlägigen Versuch mit allen Einzelheiten mitteilen:

Von einer 24 stündigen Agarkultur wurden 4 Ösen, deren Füllung durch Wägung des Agarröhrchens vor und nach der Entnahme der Ose festgestellt wurde , entnommen und in 50 ccm destilliertes Wasser, bzw. 0,3 proz. Kochsalzlösung, 0,66 proz. Kochsalzlösung, Bouillon verteilt. (Die Ösen wurden vom Rande des Bakterienbelags entnommen, da anzunehmen ist, dafs im Innern desselben sehr viele tote Keime vorhanden sind. Das Agarröhrchen wurde in abgekühltem Zustand, mit einer Kautschukkappe bedeckt, gewogen.) Aus diesen Aufschwem- mungen wurde, ohne dafs sie filtriert worden wären, sofort (d. h. nach weniger als 5 Minuten) 1 ccm übertragen in ein mit 50 ccm Peptonwasser (0,5% Kochsalz + 0,1% Pepton, s. u.) ge- fülltes Verdünnungstropfgläschen ^), von welchem aus einerseits je 1 Tropfen ausgesät wurde auf 3 Gelatineplatten (»grofse Aus- saatc), andrerseits 4 Tropfen gegeben wurden in ein zweites, 50 ccm Peptonwasser enthaltendes Verdünnungstropfgläschen, von dem aus je 5 Tropfen auf 3 Gelatineplatten ausgesät wurden (»kleine Aussaatc). Die Platten der grofsen Aussaat wurden mikroskopisch (16 oder 32 Gesichtsfelder), die der kleinen Aussaat wurden direkt gezählt. Dafs die Berechnung hier, wie bei den späteren Versuchen, für die grofse Aussaat in der Regel eine geringere

1) Nach FickerH Vorgang (Zeitschr. f. Hyp., Bd. 29) benutzte ich, um genau gleich grofse Quantitäten entnehmen zu können, Tropfgläschen. Die Tropfengröfse jedes einzelnen Tropfgläschens für die benutzten Lösungen (dest. Wasser, Peptonwasser, Bouillon, KochöiilzlösunK) bestimmte ich durch wiederholtes Zählen der Tropfen, welche notwendig waren, um 10 ccm sa füllen.

Von Dr. Georg Leachs.

399

Keimzahl ergibt als für die kleine, erklärt sieh ohue weiteres daraus, dafs in einer direkt besäten Platte viele Kolonien aus zwei oder mehr Keimen entstehen.

Kolonienzahl, Mittel-

Keimzahl auf 1 mg Kultur

wert ans je

3 Platten

berechnet aus der

grofse

kleine ,

grofsen kleinen

Aassaat

Aussaat

Aussaat | Aussaat

1

Bouillon \

' 24 600

933

1 180000000 290000000

0,66 proz. Kochsalz . i

1 12311

722

68000000 147000000

0,3proz. Kochsalz . . |

1 14 711

1

466 ;

96000000 1 127000000

1

Destill. Wasser . . .

2 942

81

13400000 , 14500000

1 1

Jene Keime, welche den ersten Ansturm überstanden haben, halten dann viel länger lebend aus. Es ist sehr wahrscheinlich, dafs dies zum Teil darin begründet ist, dafs sie durch die in Lösung gegangenen Leibesbestandteile ihrer unglücklicheren Brüder eine gewisse Stärkung oder Schutz erhalten. Wenigstens ist es sehr auffallend, wie grofs der Einflufs ist, welchen die Zahl der eingesäten Bakterien auf die Schnelligkeit des Ab- sterbens besitzt: Bringt man viele Bakterien in die schädigende Flüssigkeit, so erfolgt das Absterben der Keime verhältnismäßig viel langsamer, als wenn man nur wenige Bakterien einsät, eine Tatsache, die bereits von zahlreichen Forschern konstatiert worden ist. Zur Bestätigung des eben Gesagten sei daher nur em Beispiel angeführt:

Ich schwemmte 5 Ösen einer 20 stündigen Agarkultur von Vibrio Danubicus in 5 ccm destilliertem Wasser auf, filtrierte die Aufschwemmung durch ein Leinwandfilter und stellte nun wie bei der Agglutinationsprobe fünf verschiedene Verdünnungen derart her, dafs je 1 ccm der verschiedenen Probeflüssigkeiten den 40., 1600., 64000., 2560000., 102400000. Teil einer Kultur- öse enthielt. Hiervon entnahm ich von Zeit zu Zeit Proben und zwar, um zählbare (Gelatine-) Platten zu bekommen, von dem letzten Tropfgläschen 12 Tropfen, von dem 3. und 4. 1 Tropfen und von den ersten beiden ^/^oo Tropfen, d. h. ich verdünnte deu entnommenen Tropfen mit physiol. Kochsalj?^

400 Sind bei d. bakt. Wirkung d. Blutserums osmotische Vorgänge im Spiele?

lösiing auf das 500 fache und brachte erst von dieser Flüssig- keit 1 Tropfen in die Gelatine.

a) Kolonienzahl (Mittelwert aus je zwei Platten):

Grad der Verdünnung

der Öse '

1

40

1/

/600

1600

1/

'MO

64000

1

2560000

.. _ .—

1

102 400000

Aussaat in die Gelatine, Tropfen :

12

Nach weniger als 5 Min.

> 1 Stunde ....

> 3V» Stunden . . .

> 1 Tag

> 2 Tagen ....

> 17 > (12 Tropfen I)

' 5900

1 2350

2 950

12

23

0

100

45

17

0

1

0

780 5 0 0 0 0

16 1 0 0 0 0

9 2

0 0 0 0

b) Berechnung: 1 ccra der ProbeflQssigkeit enthielt Keime :

1

Grad der Verdünnung der Ose

40

1600

1

64000

2560000'

102 400000

Nach weniger als 5 Min. |

1 33000000 570000

8 970

' 189

9

Nach 1 Stunde . . . . i

1 18 200 000 252 OüO

68

1 12

2

> 3V, Stunden . . .

16 500000

95 200

0

0

0

> 1 Tag ...

67 200

0

0

0

0

> 2 Tagen ....

128 800

5 700

0

0

0

> 17 » ....

1

0

1

0

ü

1 0

1

0

Es ist also wohl zu beachten, dafs nach dem Mitgeteilten die folgenden Versuche über den Einflufs der Immunkörper nur an den widerstandsfähigeren Individuen der verwendeten Kul- turen angestellt werden konnten.

Nachdem ich mich durch den Versuch überzeugt hatte, dafs die von mir verwendeten Sera (inaktiviertes Meerschweinchen- Immunserum und -Normalserum) in 1 proz. Verdünnung die Vermehrung der Keime in gleicher Weise beeiuflufsten , ging ich dazu über, mittels der Plattenmethode zu prüfen, ob mit Immunkörper beladene Bakterien in destilliertem Wasser schneller zugrunde gehen als solche, welche nur mit inaktiviertem Normal- serum oder gar nicht vorbehandelt waren.

Von einer 22 stündigen Agarkultur von Vibrio Danubicus wurden 4 Ösen -.= 12,8 mg entnommen, und in 2i}() a-m 0,3proz. Kochsalzlösung aufgeschwemmt. Von dieser Aufschwemmung

Von Dr. Georg Leuchs.

401

wurden 49,5 ccm versetzt mit 0,5 ccm Meerschweinchen-Immun- serum, welches bei Verdünnung 1 : 320 noch deutliche Aggluti- nation zeigte, ferner 49,5 ccm mit 0,5 ccm inaktiviertem Meer- schweinchen-Normalserum. Diese Mischungen nebst 50 ccm der Originalaufschwemmung kamen für 1 Stunde in den Eis- schrank, um die vollständige Bindung der Immunkörper herbei- zuführen. Darauf wurde von den drei Flüssigkeiten nach kräf- tigem Schütteln je ^/2 ccm entnommen und in Tropfgläschen ge- bracht, welche mit 49,5 ccm destilliertem Wasser gefüllt waren. Aus diesen wurde nun sofort und später nach bestimmten Zeiten je ein Tropfen entnommen und in Gelatine gebracht (»grofse Aussaatc), femer wurden vier Tropfen gegeben in ein mit 50 ccm Pepton-Kochsalzlösung gefülltes Verdünnungstropfgläschen , aus diesem wieder je fünf Tropfen in drei Gelatineröhrchen (»kleine Aussaatc). Natürlich wurde vor jeder Entnahme von Tropfen geschüttelt, um gleichmäfsige Verteilung der Keime zu bewirken. (Als Verdünnungsflüssigkeit für die dem destillierten Wasser entnommenen Proben wurde hier wie später eine Lösung von O,lproz. Pepton und 0,3proz. Kochsalz in Wasser benutzt, eine Flüssigkeit, welche höchstens nur eine ganz langsame Vermehrung der eingesäten Danubicuskeime zulassen dürfte, und welche anderseits, wie ich vorher durch einen besonderen Versuch fest- gestellt hatte, diesen Keimen bei kurzer Einwirkungsdauer nicht schädlich ist.) Das Resultat, berechnet auf 1 ccm des destil- lierten Wassers, war folgendes:

1 ccm des destillierten Wassers enthielt Keime:

1

Berechnet aus der kleinen

Berechnet aus dei

' grofsen

1

Aussaat

Aussaat

Immun-

Normal-

Kochsalz-

Immun-

Normal-

Kochsalz-

1

serum

serum

lösung

sernm

serum

lösung

Sogleich . . .

136 000

115000

111000

88400

93 800

68 300

Nach 1 Stunde ;

78 000

91000

62000 ;

60300

56 300

39000

> 3 7, Std.

47 000

64000

23000 1

! 52300

32 500

> 1 Tag .

10900

2180

227 '

' 7300

1500

39

> 3 Tagen, i

1

1

i 2350

0

0

»6 > . ,

94

0

0

. 8 . .|

1

.

4

402 Suid bei <L Ymkt, Wirkung <L BlatBenuna onnodflcfae Voigftnge im

Die mit Nonnalsemm vorbehandelten Bakterien starben also im destillierten Wasser nahezu ebenso schnell ab wie die nur mit 0,3% Kochsalz vorbehandelten. Die geringe Differenz in der Resistenz erklärt sich wohl aus dem Umstände, dais mit den mit Serum vorbehandelten Bakterien gleichzeitig eine geringe Menge (0.005 ccm) Normalserums in das destillierte Wasser ein- getragen wurde, so dafs das Wasser eigentlich eine 0,01 proz. Serumlösung darstellte. Dagegen starben die mit Immunsenuu vorbehandelten Bakterien deutlich langsamer ab als die mit Nor- malserum vorbehandelten. Dies muls jedoch nicht auf einer tatsächlichen gröfseren Resistenz der ersteren beruhen, sondern kann vorgetftuscht sein durch Agglutination, indem die in Agglu- tinationshftufchen eingeschlossenen Bakterien lange Zeit vor dem destillierten Wasser geschützt sein könnten Gegen letzteres spricht nicht, dafs nach Bord et die Agglutinationshfiufchen im destil- lierten Wasser durch Schütteln zerfallen, denn es handelt sich hier, wie eben erwähnt, eigentlich nicht um destilUertes Wasser, sondern um eine 0,01 proz. Serumlösung. Wohl aber spr&che da- gegen der Umstand, dafs die Kolonienzahlen der Kontrollplatten bei der > kleinen Aussaat c sehr gut zusammenstimmen.

Es wurde nun der Versuch wiederholt mit der Modifikation, dafs nach erfolgter Bindung der Immunkörper das Serum durch mehrmaliges Waschen der Bakterien mit 0.3 proz. Kochsalzlösung entfernt wurde, um den Einflufs der Nährstoffe des Serums mög- liehst auszuschalten. Um die Vermehrung der Keime während des Zentrifugierens zu verhindern, wurde mit Eiskühlung zentri- fugiert. Femer wurde die Serumwirkung verstärkt, indem eine Serumverdünnung von 1 : 15 gewälilt wurde. Um den durch das Waschen entstehenden Keimverlust auszugleichen, wurde eine gröfsere Aussaat gemacht.

(Siehe die Tabelle auf S 403

Wie die Tabelle zeigt, sind die Differenzen in der Keimzahl von Anfang an so grofs gewesen, dafs bestimmte Schlüsse unzu- lässig wären. Da sich herausstellte, dafs die wesentlich schlechter abzuzentrifugierenden Nonnalserumbakterien beim Waschen zum gröfsten Teil weggeschüttet werden, so blieb nichts übrig, als

Von Dr. Georg Leache.

403

Keimzahl pro 1 ccm dest. Wassers (Mittelwerte, berechnet aas grofser und

kleiner Anssaat):

Immun- serum

Normal- serum

0,3 «/o Kochsalz

Zahl der in das destill. Wasser eingetragenen

Bakterien pro 1 ccm desselben ....

Nach 2 5 Minuten

650000

486000

450000

300000

435000

57 000

5100

4100

925

19000

2000

1500

270

189

12

0

0

1000000 776 000

> 1 Stande

691000

> 3 Stunden i

227 000

,6 . '

209000

> 1 Tau

22000

*• •"■••o

» 2 Tagen

> 3 >

1500 339

> 4 * ' . . .

83

von vornherein eine bedeutend gröfsere Menge von Bakterien für die Normalserumprüfung zu verwenden, sowie gründlicher zu zentrifugieren. Dies ist im folgenden Versuch geschehen.

Von einer 22 stündigen Danubicusagarkultur wurden auf- geschwemmt :

1 Öse in 7,0 ccm einer 0,3proz. Kochsalzlösung -\- Vi ccm Immunserum 5 Ösen > 7,0 > » > » + Vi » inakt. Normals.

1 Öse » 7,5 > > > >

Diese Aufschwemmungen kamen auf 1 Stunde in den Eis- schrank, worauf die beiden Serumaufschwemmungen ^2 Stunde mit Eiskühlung zentrifugiert wurden. Nun wurde die Flüssigkeit vollständig abgegossen, das Sediment aufgerührt, 7 ccm 0,3 proz. Kochsalzlösung zugegeben und mit dem Sediment verrührt. Nach weiterem ^/4 stündigem Zentrifugieren wurde zum Bodensatz soviel 0,3 proz. Kochsalzlösung gegeben, dafs die Trübung in beiden Gläschen ungefähr gleich stark schien, d. h. zu den Immunserum- bakterien 10 ccm, zu den Normalserumbakterien 2 ccm. Um gröfsere Agglutinationshäufchen zu entfernen, wurden beide Proben durch ein Leinwandfilter filtriert in Tropfgläschen, hier stark ge- schüttelt, und nun wurden von allen drei Aufschwemmungen (die reine Kochsalzaufschwemmung war unterdessen im Eisschrank gestanden) 7 Tropfen = ^/a ccm in 50 ccm destilhertes Wasser gebracht. Von diesem wurde von Zeit zu Zeit je 1 Tropfen direkt in zwei Gelatineröbrchen übertragen (»grolse Aussaatc),

404 Sind bei d. bakt. Wirkung d. Blutserunin OBmotiscbe Vorgänge im Spiele?

andrerseits 4 Tropfen in 50 ccm Peptonwasser und hieraus je 5 Tropfen in 2 Gelatineröhrchen (»kleine Aussaat«). Von der Ab- nahme der Kultur bis zum ersten Plattengufs vergingen 2^2 Stunden. Um den Keimgehalt der Aufschwemmungen im Moment der Mi- schung mit dem destillierten Wasser zu bestimmen, wurden gleich- grofse Proben statt in letzteres in Peptonwasser gegeben und in ganz entsprechender Weise zu Platten verarbeitet.

Keimzabl pro 1 ccm des destillierten Wassers:

Berechnet aus der kleinen

Berechnet aus der

grofsen

Aussaat

Aussaat

Immun-

Normal-

0,3%

Immun-

Normal-

0,3 V.

serum

serum

Kpchsalz

serum

serum

Kochsals

Im Moment der

1

Eintragung .

t 56000

1

580000

2080000

40000

242000

unzählbar

Sogleich darnach

77 000

416000

718000

62000

122000

unz&hlbar

Nach 1 Stunde

72000

229 000

693000

61000

115000

258000

> 37, Std. .

17 600

210

12 600

22 300

72

10 600

> 6 > .

225

0

0 i

' 864

6

84

> ITag .

0

0

0,

0

0

0

> 2 Tagen .

0

0

0.

0

0

0

. 3 » .

~""^

0

0

0

Obwohl also hier von den Immunserumbakterien zehnmal weniger in das Wasser eingetragen wurden als von den Normal- serumbakterien und 40 mal weniger als von den unvorbehandelten Bakterien, so erfolgte doch die Abnahme der Keimzahl bei ersteren langsamer als bei den beiden letzteren. Dies mufs jedoch keineswegs als Beweis für eine gröfsere Resistenz der Immun- serumbakterien angesehen werden. Der Einflufs der Nährstoffe ist zwar durch das Waschen ausgeschaltet, wie ja auch das gleiche Verhalten der Normalserum- und der unvorbehandelten Bakterien beweist; dagegen sprechen mehrere Momente düfür, dafs die lang- samere Abtötung derlmraunserumbakterien doch auf die schützende Wirkung kleiner Agglutinationshäufchen zurückzuführen ist:

Vergleicht man nämlich diesen Versuch mit dem vorher- gehenden, so findet man, dafs im einen Falle, wo filtriert wurde, also gröfsere Agglutinationshäufchen zurückgehalten wurden, schon nach einem Tage in sämtlichen Proben SteriHtät eingetreten war; im anderen Falle dagegen wurde nicht filtriert, hier waren noch

Von Ür. C^org Leachs. 405

nach vier Tagen viele Immunserumkeime entwicklungsfähig. Aufser der Filtration aber bot die Ausführung beider Versuche keine prin- zipiellen Unterschiede. Sind somit gröfsere Agglutinationshäufcben imstande, die in ihrem Innern liegenden Bakterien tagelang vor der tötenden Wirkung des destillierten Wassers zu bewahren, so darf angenommen werden, dafs auch kleinere Häufchen, welche noch durch ein Leinwandfilter hindurchgehen, eine gewisse schützende Wirkung ausüben können, wenn auch nur für einige Stunden.

Dafs tatsächUch in der Immunserumaufschwemmung auch nach der Filtration noch kleine Agglutinationshäufchen vorhanden waren, und dafs sich diese teilweise nach dem Einbringen in das Wasser wieder auflösten, dafür scheinen die beiden ersten Zahlen- reihen der Tabelle zu sprechen : Bei den Normalserum- und den unvorbehandelten Bakterien ist sofort nach der Eintragung in das destillierte Wasser eine Abnahme der Keimzahl zu beobachten (von 580000 auf 416000 und von 2000000 auf 718000), worin sich die rapid einsetzende deletäre Wirkung des Wassers doku- mentiert. Bei den Immunserumbakterien aber tritt sogar eine Steigerung der Keimzahl ein, welche sich wohl nur dadurch er- klären läfst, dafs ein Teil der Agglutinationshäufchen sich auf- gelöst hat und zahlreiche Keime frei geworden sind.

Ist somit die scheinbar gröfsere Resistenz der mit Immun- serum vorbehandelten Bakterien wohl nur auf den störenden Einflufs der Agglutination zurückzuführen, so geht aus den Zahlen der Tabelle doch auch soviel hervor, dafs die Widerstandsfähigkeit dieser Bakterien gegen destilliertes Wasser keineswegs vermindert ist.

Das Ergebnis meiner Versuche ist somit ein negatives. Es liefs sich keine gröfsere Hinfälligkeit der mit Im- munkörpern präparierten Danubicuskeime gegen os- motische Schädlichkeiten erweisen. Der Gedanke, dafs Veränderungen in den osmotischen Verhältnissen das Entschei- dende bei der Bakterizidie seien, mufs also wohl fallen gelassen werden, wenn auch zugegeben werden mufs, dafs die Umstände der Agglutination und des raschen Massentodes der empfindlichen Keime bei der Übertragung der Kultur in die Aufschwemmungs- medien für meine Versuche recht störend waren.

406 Sind bei d. bakt. Wirkang d. ^^latseramd oBmotische Vorgänge im Spielet

Röfsles Versuche au Erythrozyten haben bekanntlich für diese das gleiche Resultat ergeben, dafs ihr osmotischer Zustand durch die Immunkörper nicht merklich verändert wird.

Ich untersuchte auch mikroskopisch, ob mit Immunkörpern beladene Bakterien in bezug auf Plasmolyse sich anders ver- halten als un vorbehandelte Bakterien. Verwendet wurden hierzu: Bacterium typhi, pyocyaneum und megatherium. Ich konnte irgendeinen Unterschied in bezug auf den Eintritt und die Dauer der Plasmolyse nicht beobachten, stiefs jedoch sehr bald auf jene Erscheinung, die Alfred Fischer^) entdeckt und als tPlasmoptyse« bezeichnet hat.

Fischer beobachtete nach gewissen Vorbereitungen im hängenden Tropfen aufserhalb der Bakterienleiber eigentümliche kugelartige Gebilde, stärker lichtbrechend als die Flüssigkeit des Tropfens, im Inneren vollkommen homogen, von wechselnder Gröfse, den Querdurchmesser der Bakterien meist weit über- treffend. Ihr Kontur ist deutlich, aber zart, ihre Form ist nicht immer kreisrund, sondern manchmal oval, birnförmig oder ganz unregelmäfsig. Oft liegen die Kugeln der Seite der Bakterien an. Sie finden sich in der Regel nicht von Anfang an im Hängetropfen vor, sondern entstehen erst im Laufe von Minuten und Stunden.

Fischer fafste die Kugeln auf als Plasmateile der Bakterien, welche von diesen ausgestofsen, ausgespieen sein sollten. Er nannte den Vorgang des Ausspeiens Plasmoptyse und erklärte ihn auf folgende Weise:

Werden Bakterien in 2proz. Kochsalzlösung gebracht, so tritt infolge Steigerung des osmotischen Aufsendruckes Plasmo- lyse ein, d. h. man beobachtet das Auftreten von stärker licht- brechenden und stärker färbbaren Kügelehen, Bändern oder Klümpchen innerhalb der Bakterienmembran. Um die Plasmo- lyse der Bakterien zu verstehen, hat man sich nach Fischer die Bakterienzelle ebenso gebaut vorzustellen, wie die Zelle der höheren Pflanzen, also ausgestattet mit einer Membran, dem Zellsaft und dem Protoplasma, welches letztere einen dünnen,

1) Zeitschrift f. Hygiene, 36. Bd.

Von Dr. Georg Lenchs. 407

den Zellsaft einschliefsenden Wandbelag bildet. Für Wasser sind die Membran und das Protoplasma leicht durchgängig, für ge- löste Stoffe, z. B. Salzmoleküle jedoch nur die Membran, während der Protoplasmaschlauch mehr oder minder undurchgängig ist (wenigstens bei den »plasmolysierbaren Bakterien c), das Protoplasma ist also, wie der terminus technicus lautet, eine semipermeable Membran. Solange die umgebende Flüssigkeit weniger osmotisch wirksame Stoffe enthält als der Zellsaft, ist daher im Innern der Zelle ein Überdruck vorhanden, welcher den Turgor der Zelle aufrechterhält. Dieser Überdruck hört aber auf, sobald die um- gebende Flüssigkeit eine stärkere Konzentration an osmotisch wirksamen Substanzen enthält als der Zellsaft. Jetzt drücken vielmehr die Salzmoleküle von aufsen auf den für sie undurch- gängigen Protoplasmaschlauch, es wird Wasser ausgeprefst, das Protoplasma wird entspannt, löst sich teilweise von der Zell- membran ab und zieht sich zusammen, es tritt Plasmolyse ein.

Mit der Zeit aber dringt doch soviel Salz durch die Proto- plasmahülle in den Zellsaft ein, dafs der Innendruck den Aufsen- druck mehr oder minder kompensiert. Führt man nun diese salz- beladenen und durch Hunger geschwächten Bakterien in eine weniger konzentrierte Lösung, z. B. in Leitungswasser über, so sollte man erwarten, dafs nun das Salz aus der Bakterieuzelle wieder austritt, bis der Salzgehalt der Zelle und der dieselbe umspülenden Flüssigkeit gleich ist. Dies geschieht jedoch nicht, da infolge einer den Bakterien überhaupt anhaftenden oder erst im Laufe des Versuches erworbenen Eigenschaft das Salz viel langsamer exosmiert als es endosmiert ist; es bleibt vielmehr der osmotische Innendruck bestehen, während der Aufsendruck plötzlich rapid sinkt, die Membran ist dieser gewaltigen Druck- differenz auf die Dauer nicht gewachsen, sie reifst an ihrer nach- giebigsten Stelle, in der Regel dem Pol des Bakteriums, ein ; durch den Rifs wird ein Teil des Protoplasmas hervorgeprefst, der sich nun in Form einer Kugel, die bald gröfser und matter wird, dem Bakterienpol anlegt, es tritt Plasmoptyse ein.

Soweit wäre ja die Theorie der Plasmoptyse annehmbar. Die Entstehung dieser Kugeln beobachtete aber Fischer nicht

408 ^11^^ boi ^' bakt Wirkung d. Blatserums osmoÜBche Vorgänge im Spiele?

nur unter den angegebenen Bedingungen, sondern auch unter gerade entgegengesetzten Verhältnissen, d. h. wenn Bakterien von einem 0,15% NaCl enthaltenden Medium, in 0,75 proz. oder in 2proz. Kochsalzlösung oder in eine der letzteren isotonische Flüssig- keit, z. B. 5% Glyzerin übertragen werden. Die Erklärung, welche Fischer für diese, wie er selbst sagt, scheinbar allen osmotischen Gresetzen widersprechende Erscheinung gibt, ist zu kompliziert und zu wenig verständlich, als dafs ich sie hier wiedergeben könnte.

Fischer verwertete die Plasmoptyse hauptsächlich gegen die Alexiniehre. Beim Pfeifferschen Phänomen tritt bekaunt- lich durch die Wirkung des aktiven Immunserums ein Aufquellen des Bakteriums und schliefsUch Umwandlung seiner Protoplasma- masse in eine kleine Kugel ein, welche allmählich abblafst und verschwindet. Fischer hielt diese Kügelchen für identisch mit seinen Plasmoptysekugeln und glaubte infolgedessen auch für die einfache Alexinwirkung die Plasmoptyse als Ursache an- sprechen zu müssen.

Durch die früher genannten Forscher ist bereits erwiesen worden, dafs das Pfeiffersche Phänomen keinesfalls mit der Plasmoptyse Fischers identifiziert werden könne; bei meinen Kontrolluntersuchungen stellte sich weiter die überraschende Tat- sache heraus, dafs eine Plasmoptyse der Bakterien überhaupt gar nicht existiert, dafs die von Fischer be- obachteten Kugeln gar keine Bakterienprodukte sind.

Ich will vorausschicken, dafs ich mehrere hundert hängende Tropfen untersucht habe, jeden mehrmals und so gründlich als möglich. Die Tropfen wurden unter verschiedenen Variationen hergestellt, meist genau nach Fischers Vorschrift. Sie bestanden aus destilliertem Wasser, Leitungswasser, 0,75 proz., 2 proz. oder höherprozentiger Kochsalzlösung oder 5 proz. Glyzerin und ent- hielten aufgeschwemmt Milzbrand-, Tyj)hus-, Koli-, Pyocyaneus-, Prodigiosus-, Proteus-, Danubicus- oder Cholerabakterien. Die Bakterien waren teils auf gewöhnlichem Agar mit und ohne den gebräuchlichen 0,5 proz. Kochsalzzusatz, teils auf dem von Fi- scher benutzten Nährboden gewachsen, das Alter der Kultur wechselte von 16 Stunden bis zxx 4 Tagen.

Von Dr. Georg Lenchs. 409

Sehr auffällig war zunächst die aufserordentliche Inkonstanz, welche die Kugeln in ihrer Grölse, in ihrem Auftreten nach Ort, Zahl und Zeit zeigen. So wechselt die Gröfse etwa zwischen 0,5 bis 6 fi, die Zahl, ganz unabhängig von der eingesäten Bakterien- menge, zwischen 0 50 Stück pro Gesichtsfeld. Meist findet man sie nur im Randgebiet des Tropfens oder nur in einzelnen Teilen desselben. Auch bilden sich die Kugeln durchaus nicht nur in 2proz. Lösungen, sondern ebenso auch in 0,75 prozentigen und in Wasser, unabhängig davon, ob die Bakterien einem Konzen- trationsunterschied ausgesetzt werden oder nicht. Beträchtliche Schwankungen ergeben sich auch in bezug auf den Zeitpunkt, an welchem die Kugeln zuerst sichtbar werden. Fischer be- obachtete sie meist schon im Verlauf der ersten Stunde nach Herstellung des Tropfens. Ich konnte sie selten so bald wahr- nehmen, meist erst bei der zweiten Untersuchung, nach zwei, drei, oft erst nach vier bis sechs Stunden oder nach einem Tage.

Femer konnte ich den Vorgang des Ausspeiens des Plasmas wie anscheinend auch Fischer selbst niemals beobachten. Dafs die Kugeln oft den Bakterien anliegen, kann man nicht als Beweis ansehen dafür, dafs die Kugeln von den Bakterien ausgestofsen worden sind. Durch die lebhafte Molekular- oder Eigenbewegung der Bakterien können beide Elemente in Be- rührung kommen, auch kann sich eine Kugel in nächster Nähe einer Stelle bilden, wo sich ein Bakterium befindet. Die kugel- tragenden Bakterien sehen auch ganz gesund aus, unterscheiden sich nicht von ihren kugelfreien Genossen, zeigen eventuell wie diese deutliche plasmolytische Schrumpfung und lebhaft zappelnde Bewegung, wie wenn sie sich abmühten, von dem klebrigen Ding wieder loszukommen; wiederholt beobachtete ich Keime, welche mit einer Kugel belastet mit grolser Geschwindigkeit durch das Gesichtsfeld sausten; man kann sich schwer vorstellen, dafs Bakterien, welche einen grofsen Teil ihres Protoplasmas verloren haben, sich noch so lebhaft sollen bewegen können.

Die Färbung der Kugeln mit basischen Anilinfarbstoffen, welche doch möglich sein müfste, wenn es sich um plasmatische Substanz handelte, gelang weder Fischer noch mir. Wieder-

AiolüT für 97gtoQ«. 9<1. LIV- S7

410 ^^^^ ^®i ^' bakt. Wirkung d. Blatserams osmotische Vorgänge im Spiele ?

holt gelang es mir, ein Gesichtsfeld mit zahlreichen Kugeln und Bakterien, welches ich abgezeichnet hatte, nach der Eintrocknung und Färbung des Tropfens wieder aufzufinden : Die mit Methylen- blau gefärbten Milzbrandfäden, sowie einige Schmutzpartikel waren vollzählig und in ihrer Lage fast unverändert erhalten geblieben, während die Kugeln spurlos verschwunden waren. (Die Fixie- rung der Deckgläschen war hierbei erreicht worden durch kon- zentrierte Sublimatlösung, Waschen in Alkohol und Äther.)

Bedeutungsvoller noch ist die Tatsache, dafs sich die Kugeln nur im hängenden Tropfen, nicht z. B. im Reagensglas bilden. Schwemmt man im Reagensglas in einer 2proz. Kochsalzlösung Bakterien auf und entnimmt zu beliebiger Zeit einen Hänge- tropfen, so kann man bei sofortiger Beobachtung keine Kugeln entdecken, trotzdem doch die Kochsalzlösung lange genug auf die Bakterien hat einwirken können; die Kugeln entstehen erst nach einiger Zeit. Auch Fischer hat dies beobachtet und er hat auch hier eine Erklärung bereit: Die Bakterien, sagt er, sinken in der Salzlösung sehr schnell zu Boden und nehmen hier, dicht beieinander, soviel Salz auf, dafs die am Boden des Probierröhrchens befindliche Salzlösung einen geringeren Pro- zentgehalt bekommt, bevor noch die zur Plasmoptyse erforder- liche Salzmenge in die Bakterien eingedrungen ist. Diese eigen- tümliche Vorstellung kann man experimentell leicht widerlegen: man braucht nur die Proben nicht vom Sediment, sondern von der überstehenden Flüssigkeit, welche in den ersten Stunden noch viele Bakterien enthält, zu nehmen, oder man kann eine Sedimentierung verhindern, indem man die Röhrchen im Schüttel- apparat aufbewahrt. Das Resultat ist immer das gleiche.

Die Plasmoptyse darüber läfst Fischer keinen Zweifel kann sich nur an lebenden Bakterien abspielen. Brachte ich nun in einen hängenden Tropfen Milzbrandfäden, welche durch 1 stündiges Erhitzen auf 70^ getötet waren, (drei damit besäte Platten blieben steril), so traten trotzdem die Kugeln auf.

Schliefslich überzeugte ich mich, dafs zur Kugelbildung die Anwesenheit von Bakterien überhaupt nicht erforderlich ist, ^^ondern dafs die Kugeln auch im bakterien freien Hänge-

Von Dr. Creorg Leuchs. 411

tropfen, bestehend aus Aq. dest., 0,75 proz., 2proz. oder lOproz. Kochsalzlösung auftreten. War hierdurch erwiesen, dals die Kugelbildung gänzlich unabhängig ist von den Bakterien, so zeigte sich andrerseits, dafs sie aufs innigste zusanunenhängt mit der Beschaffenheit des Deckglases. Benutzte ich nämlich Deckgläser, welche durch Kochen mit Kaliumbichromat- Schwefelsäurelösung, Waschen mit Wasser, Alkohol und Äther gründlich gereinigt und bis zum Gebrauch vor der Berührung mit verunreinigenden Gegenständen ängstlich behütet worden waren, so traten die Kugeln nicht auf. Diese Tatsache konsta- tierte ich an etwa 70 hängenden Tropfen. Die Plasmoptyse- kugeln haben sonach ihre Entstehung zweifelsohne un- genügend gereinigten Deckgläsern zu verdanken.

Welcher Art die Stoffe sind, aus welchen sich die Kugeln bilden, darüber haben weitere Versuche kein sicheres Resultat ergeben. Die Färbung mit Osmiumsäure oder Sudan III gelang nicht in dem Grade, dafs man die Kugeln als Fett hätte be- zeichnen können. Sicher ist, dafs das Vaselin oder das flüssige Paraffin, welches zum Abschlufs des Deckglases dient, keine Rolle spielt, denn die Resultate blieben die gleichen, wenn ich das Deckglas mit Siegellack oder Paraffin von hohem Schmelzpunkt (40^) abschlols. Wahrscheinlich handelt es sich um Kohlen- wasserstoffe, welche sich bei der Fabrikation der Deckgläser auf diesen aus der rauchenden Flamme kondensieren.

Erst einige Zeit nachdem ich diese Untersuchungen ab- geschlossen und in der Gesellschaft für Morphologie und Physio- logie in München darüber berichtet hatte, wurde ich darauf auf- merksam gemacht, dafs Fischer in der zweiten Auflage seines Lehrbuches »Vorlesungen über Bakterien« (erschienen 1903) seine Ansichten über die Plasmoptyse modifiziert habe. In der Tat findet sich in diesem Buche eine Anmerkung folgen- den Inhalts: ». . . . Besonders wird man eine Beschreibung der Plasmoptyse an dieser Stelle vermissen. Ich benutze gerne die Gelegenheit, bereits hier, auf eine später zu veröffentlichende

Arbeit verweisend, hervorzuheben, dafs einige Irrtümer in meiner

27*

412 Bakteriside Wirkang des Blatsemms etc. Von Dr. Georg Lauchs.

früheren Arbeit sich eingeschh'chen haben, die zum Teil auf einem ungeahnten Einflufs der Deckgläser beruhen c

Fischer hat sich also ohne Zweifel schon selbst davon überzeugt, dals er durch die Unreinheit seiner Deckgl&ser ge- täuscht worden ist. Da er es aber, soviel mir bekannt ist, bis- her unterlassen hat, den Sachverhalt genauer darzulegen, hielt ich mich für berechtigt, im vorstehenden über das Ergebnis meiner Untersuchungen zu berichten, auch nachdem mir der Widerruf Fischers bekannt geworden war.

Für Choleravibrionen will Fischer, wie aus der Darstel- lung auf S. 48 seines Lehrbuches hervorgeht, die Plasmoptyse auch jetzt noch retten, wenn er sie auch nicht mehr als osmo- tische Erscheinung, sondern nur als Degenerationserscheinung aufgefalst wissen will. Er schreibt: »Zwischen den schlanken Vibrionen finden sich zahlreiche, genau kugelige Gebilde mit mattem Inhalt, in dem oft ein glänzendes Körperchen schärfer hervortritt. Diese Plasmoptysekugeln sind in 1 2 Tage alten Kulturen zum Teil noch gut beweglich und tragen eine Geifsel, wie der Choleravibrio. Wie die noch schlank gebliebenen Vibrio- nen sind auch die Kugeln plasmolysierbar, sie haben eine be- sondere Zell wand und protoplasmatischen Inhalt, c Diese Ge- bilde, welche Fischer, wieder im Irrtum, jetzt für identisch erklärt mit den Pfeifferschen Kügelchen, sind natürlich scharf verschieden von den oben charakterisierten »Plasmoptyse- kugeln. c Es ist wohl kein Zweifel, dafs diese Kugeln das- selbe sind wie die Ferr an sehen Körperchen, welche auch Firtsch in dem Laboratorium von Prof Gruber in Graz bei Vibrio Proteus gefimden und beschrieben hat. Ob nun diese Kugeln durch Aufquellung oder Aufblähung des Bakterienleibes entstehen, oder ob sie, wie Fischer meint, ausgestofsenes Proto- plasma darstellen, welches alsbald eine neue Zellmembran aus- scheidet, möge dahingestellt bleiben.

■<JJ—

oliv fOr Hygiene. Bd. LW. Tafelll.

^^w

ARCHIV FÜR HYGIENE

(BEGRÜNDET VON MAX T. PETTENKOPER.)

UNTER MITWIRKUNG

VON

Prof. Dr. O. BOLLINGER, München ; I»rof. Dr. BON HOFF, Marburg a. L. ; Prof. Dp. R. EMMERICH, München ; Prof. Dr. F. ERI8MANN, Zürich ; Prof. Dr. HELM, Erlangen ; Prof. Dr. F. HUEPPE, I»rag; I>rof. Dr. KABRnEI., Prag; Prof. Dr. F. KR.VTSCHMER, Wien; Prof. Dr. K. LEHMANN, Wünsburg; Prof. Dr. A. LODE, Innsbruck; Prof. Dr. L. PFEIFFER, Rostock; Prof. Dr. W. PRAÜSNITZ, Graz; Prof. Dr. F. RENK, Dresden; Prof. Dr. SCH0TTELIÜ8, Freiburg I. B. ; <"feneraloberarzt Dr. A. SCHUSTER, München; Prof Dr. WERNICKE, Posen.

HERAUSGEGEBEN

VON

J. FOBSTEB, M. QBUBEB, FB. HOFMAM, M. BUBNEB,

0. ö. PR0PC880RIN DIR HTOIRMB UND DIREKTORIN DIR HTOIBNISCBIN INSTITUT! AN DIN UNlTIRfllTlTBN ZO

STRASSBURa MÜNCHEN LEIPZIG BBRUN.

Mit 7 Abbildungen und 1 TafeL

MÜNCHEN UND BERLIN. DRUCK UND VERTAG VON R OLDENBOURG.

1006.

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Inhalt.

Seite

Experimentelle Stadien über die Durchgängigkeit der Wandungen des Magendarm kanales neugeborener Tiere für Bakterien und genuine Eiweifsstoffe. Von Dr. Albert Uffenheimer, Kinderarzt in München. (Aus dem Hygienischen Institut der Universität München. Direktor: Obermedizinahat Prof. Dr. Gruber.) (Mit Tafel 1) 1

Reagentien und Versuchsmethoden zum Studium der proteolytischen und gelatinolytischen Enzyme. Von Prof. Claudio F e r m i. (Hygie- nisches Institut der Kgl. Universität Sassari [Sardinien]) .... 140

Über die Feuchtigkeit verschiedener Mauerarten. Experimentelle Unter- suchungen von Ing. Riccardo B i a n c h i n i. (Hygienisches Institut der Kgl. Universität Turin. Direktor: Prof. Dr. L. Pagliani) . 206

Über das Eindringen der Wärme in feste Objekte und Organteile

tierischer Herkunft. Von Max Rubner 225

Über den Mäusetyphusbazillus und seine Verwandten. Von Dr. Richard Trommsdorff, Assistenten des Institutes. (Aus dem Hygieni- schen Institute der Universität München) 279

Die Tageskurve der Wasserdampfabgabe des Menschen. Von Prof. Dr. med. H. Wolpert, Oberassistenten am Institut, und Dr. med. F. Peters, früherem Assistenten am Institut. (Aus dem Hygieni- schen Institut der Universität Berlin) 299

Über die Nachwirkung körperlicher Arbeit auf die Wasserdampf- abgabe beim Menschen. Von Prof. Dr. med. H. Wolpert, Ober- assistenten am Institut, und Dr. med. F. Peters, früherem Assistenten am Institut. (Aus dem Hygienischen Institut der Uni- versität BerUn) 309

Organeiweifs und Nahrungseiweifs. Von Dr. Ulrich Friedemaun, Assistenten am Institut. (Aus dem Hygienischen Institut der Uni- versität Berlin. Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Rubner) . . 323

IV Inhalt.

Seite

Nene biologische Beziehungen zwischen Koli- und Typhusbakterien. Zugleich ein Beitrag zur Lehre vom Aggressin. Von Dr. Gottlieb Salus. (Aus dem Hygienischen Institut der deutschen Universität in Prag. Vorstand: Prof. F. Hueppe) 335

Über die Fällungen von Eiweifs durch andere Kolloide und ihre Beziehungen zu den ImmunkOrperreaktionen. Von Dr. Ulrich Friedemann, Assistent am Hygienischen Institut der Uni- versität Berlin. (Aus dem Hygienischen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. M. Rubner) . . . 361

Der Einflufs der Verankerung des lytischen Ambozeptors auf die Zelle. (Bemerkung zu der von Leuchs in diesem Archiv, Bd. 54, Heft 4, erschienenen Arbeit »Sind bei der bakteriziden Wirkung des Blut- serums osmotische Vorgänge im Spiel?«) Von Privatdozent Dr. E Friedberger, I. Assistenten am Institut. (Aus dem Kgl. Hygienischen Institut der Universität Königsberg i. P. Direktor: Prof. R. Pfeiffer) 390

Zusatz zu der vorstehenden Bemerkung Dr. Friedbergers. Von

Prof. Max Gruber 392

THE NEW \..

PUBLIC UßRÄiV.

TIL08N raUNOMkUOIIS.

Experimentelle Studien über die Durchgängigkeit der

Wandungen des Magendannkanales neugeborener Tiere

für Bakterien und genuine Eiweifsstoffe.

Von

Dr. Albert Uffenheimer,

Rinderarxt in .>ffinchen.

(AuH dem Hy^eniHchen Institut der Universität München. Direktor:

Obermedizinalrat Prof. Dr. Grub er.)

(Mit Tafel I.)

> Manuskript abgeschlossen Ende Juni 1900. <

Am 25. September 1903 hielt E. v. Behring auf der 75. Versammlung von Naturforschern und Ärzten in Kassel einen Vortrag über iTuberkulosebekämpfungc Ausgehend von seinen Experimenten der Immunisierung des Rindes gegen die Tuberkulose kam er nach einer Reihe von Überlegungen, speziell pathologisch-anatomischer und tiermedizinischer Art, dazu, zu leugnen, dafs die Gelegenheit zur Infektion mit Tuberkel- bazillen (wie sie in der Natur vorhanden ist) für erwachsene Menschen allein für sich einen entscheidenden Faktor reprä- sentiere für die Entstehung der Lungenschwindsucht. Er gestand vielmehr ein Vorkommen tuberkulöser Lungenerkrankungen mit schliefslichem Ausgang in Schwindsucht durch Infektionen er- wachsener Menschen nur in dem Sinne zu, »dafs auf der Grundlage infantiler Infektion eine Lungenschwind- sucht durch die additionellen Infektionen erst zum Ausbruch« gelange. Seine Meinung, wie diese infantile An- steckung zustande komme, präzisierte er in dem überraschenden Satz: »Die Säuglingsmilch ist die Hauptquelle für die Schwindsuchtsentstehungc.

V. Behring ging dabei aus von den Befunden seines Mit- arbeiters Römer, >dafs genuine Eiweifskörper die Intestinal- schleimhaut neugeborener Fohlen, Kälber und kleinerer Laborap

Archiv för Hyiriene. Bd. LV. 1

2 Ezperim. Studien über die Durchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

toriumstiere ebenso unverändert durchdringen und ebensolche Wirkungen auf den Gesamtorganismus ausüben, wie wenn man sie direkt in die Blutbahn hineinbringt, während erwachsene Individuen aller Tierarten die genuinen Eiweifskörper erst ver- dauen und in sog. Peptone umwandeln müssen, ehe sie die Intestinalschleimhaut passieren können c

»Das Diphtherieheilserum und das Tetanusheilserum ent- halten Heilkörper in Gestalt von genuinem Eiweils. Davon geht nun keine Spur nach stomachaler Einverleibung in das Blut von gesunden erwachsenen Tieren und Menschen über; bei Neu- geborenen dagegen kann man nach stomachaler Einverleibung fast quantitativ das unveränderte antitoxische Eiweifs experi- mentell im Blute nachweisen. Diese Entdeckung besagt, dafs die gröfsten Moleküle, welche wir kennen, die genuinen Eiweifs- moleküle, durch die bei Erwachsenen als dialysierende Membranen fungierenden Schleimhäute nicht unverändert hindurchgehen können, während die Schleimhäute des Säuglings sich ihnen gegenüber verhalten wie ein grofsporiges Filter, c

V. Behri ng dehnte konsequenterweise seine Nachforschungen auch auf das Verhalten der Bakterien gegenüber dem Darm- kanale des Säuglings aus und benutzte zu seinen Versuchen Milzbrand- und Tuberkelbazillen.

Es wird in den folgenden Teilen genau einzugehen sein auf die Einzelheiten dieser Untersuchungen, soweit die Protokolle darüber bis heute vorliegen, hier seien nur kurz die Resultate wiedergegeben, wie sie v. Behring in Kassel referierte.

Meerschweine im Alter bis zu 8 Tagen starben bei Fütterung mit virulenten sporenfreien Milzbrandbazillen (mit Milch gegeben) »ebenso schnell an Milzbrand, wie nach der sonst üblichen Infektionsmethode .

Nach Verfütterung abgeschwächter Milzbrandbazillen an neu- geborene Meerschweine »wurde das Blut bazillenhaltig gefunden, ohne dafs die Versuchstiere hinterher an Milzbrand zugrunde gingen €. Bei der einmaligen Verfütterung von Tuberkelbazillen in sehr geringer Menge zeigte es sich, dafs die neugeborenen oder wenige Tage alten Tiere tuberkulös wurden. »Gab man

%

Von Dr» Albert Uffenbeimcr. 3

gröfsere Dosen, dann kam es vor, dals auch ältere Tiere tuberkulös wurden. Bei neugeborenen Tieren fanden wir wenige Tage später als Sektionsbefund submiliare Verdickungen im kleinen und grofsen Netz mit Tuberkelbazilleu, sowie kleine Knötchen an einer dem Blinddarm nahegelegeneu Stelle der Mesenterial- Wurzel. Von besonderem Interesse ist der Entwicklungsgang der alimentären Meerschweintuberkulose bei den am Leben gelassenen Tieren. Immer kann man bei den mit positivem Erfolge ge- fütterten Tieren, während ihr Allgemeinbefinden noch durchaus normal ist, zuerst Halsdrüsentuberkulose feststellen, ein Erkran- kungsmodus, welcher der menschlichen Skrofulöse am meisten entsprechen dürfte. Später entwickelt sich nicht selten dasjenige Bild der Meerschweintuberkulose, welches man bisher als den Ausdruck einer Inhalationstuberkulose aufgefafst hat.c

lieh sehe in diesen Versuchsergebnissen eine experimentelle Bestätigung meiner schon früher vertretenen Auffassung von der Entstehung auch der epidemiologischen Lungentuberkulose des Menschen und der epizootischen Lungentuberkulose des Rindes durch primär-intestinale Infektion und zwar durch eine intestinale Infektion in sehr jugendlichem Lebensalter, wobei ich unent- schieden lasse, ob die intestinale Infektion durch Fütterung oder durch Einatmung zustande kommt, c

V. Behring zog aus seinen experimentellen Feststellungen noch die logische Konsequenz, dafs auch alle Milchbakterien die Möglichkeit des Übergangs in die Blutbahn haben, und dafs die zufällige Anwesenheit krankmachender Bakterien in der Säuglings- milch eine verderbliche Wirkung auf den jugendlichen Kindes- körper ausübe. Selbstverständlich suchte der Forscher auch nach dem zwingenden Grund für diesen fundamentalen Unterschied zwischen der Durchlässigkeit der intestinalen Schleimhäute im jugendlichen und im späteren Alter und er konnte noch in diesem Vortrage angeben, dafs neugeborene Individuen keine zu- sammenhängende Epitheldecke auf ihren Schleimhäuten besitzen, und dafs ihre fermentabsondernden Drüsenschläuche noch wenig oder gar nicht entwickelt sind. Dies sind die Hauptgrundlagen der neuen Lehre.

^ Ezperim. Studien über die Durch gängigkeit des Magendarmkanales etc.

Alsbald nach dem Kongrefs erhoben sich zahlreiche Stimmen, die den Behringschen Anschauungen in mehr oder minder scharfer Weise widersprachen. Glänzende Namen, wie Flügge, Orth, Albrecht, B. Fränkel, A. Baginsky hielten es für ihre Pflicht, einer grofsen Reihe von Ableitungen und Theorien des Kasseler Vortrages und weiterer ergänzender Veröffent- lichungen zu widersprechen. Aber ein Punkt war es, gegen den sich bis zum Beginn meiner Arbeit nicht ein Wort des Widerspruchs erhob, die behauptete Durch- lässigkeit des Intestinaltraktes Neugeborener für Bakterien und genuine Eiweifse.

Gerade hier jedoch mufste nach meiner Meinung eine genaue experimentelle Prüfung erweisen, inwieweit die Behringsche Be- hauptung generelle Bedeutung habe.

Bei diesem Punkt also setzt meine Arbeit ein. Das Ein- gehen auf andere Details der Behringschen Veröffentlichungen, so interessant es gerade für den Kliniker wäre, mufs ich mir an dieser Stelle versagen, doch hoffe ich später noch Gelegenheit zu finden, unter Benutzung meiner experimentellen Resultate das gesamte Thema von einer höheren Warte aus zu betrachten.

Die Möglichkeit, dafs sich der Magendarmkanal Neugeborener anders verhält wie der Erwachsener, kann man nicht ablehnen, weil gewisse Verschiedenheiten in den sekretorischen Funktionen unzweifelhaft sind.

In bezug auf die Desinfektion des Inhalts ist nämlich der Kinderniagen wie wir durch Biedert wissen wenig leistungsfähig; nur die leicht verdauliche Muttermilch läfst in gehörigen Zwischenräumen die bakterienfeindliche freie Salzsäure aufkommen ; bei Kuhmilchnahrung bleibt diese unter Kasein und Salzen gewöhnlich unterdrückt.

Aus der Langer mann sehen Arbeit über den gleichen Gegenstand geht hervor, dafs das mehr oder minder starke Her- vortreten von freier Salzsäure ganz allein die Höhe der Kolouien- zahl des Mageninhaltes beoinflufst. Auch Hamburger fand dementsi)rechend, dafs beim Vorhandensein von freier Salzsäure im Mageninhalt keine Mikroben vorkommen. Ähnliche Ergebnisse

Von Dr. Albert Üffenbeimer. '

lernen wir für verschiedene Altersstufen aus Arbeiten von Kijanowsky und Seiffert kennen. Die Keimfreiheit der von Nahrungsbrei oder Fäces nicht berührten Darmschleimhaut konnte Kohlbrugge nachweisen; für den leeren Dünndarm hat erst kürzlich J und eil das Gleiche gefunden. Bei künstlich ernährten Kindern traf Langermann nie freie Säure, da der kindliche Magen an und für sich schon weniger HCl sezerniert als der des Erwachsenen (van Puteren). Hierzu kommt noch und nicht in letzter Linie die HCl bindende Kraft des Kaseins und der Milchsalze (Leo und Es cherich, Heubner, Müller). Besonders wichtig erscheint mir der Müll ersehe Nachweis, dafs die Kuhmilch ca. dreimal soviel Salzsäure zu binden imst^inde ist wie die Frauenmilch. Das sind also Ver- hältnisse, die an eine mögliche Erleichterung, speziell des Bakterien- übertritts aus dem kindlichen Magen in die Blutbahn denken lassen müssen, und die bei der Feststellung der Versuchsan- orduungen Berücksichtigung verdienen.

Ich habe die folgenden Untersuchungen am hygienischen Institut der Universität München von November 1903 ab bis zum Juni 1905 vorgenommen.

Die Versuche wurden zum gröfsten Teile an neugeborenen Meerschweinchen angestellt. Einerseits waren die Experimente so zahlreich und nach so verschiedenen Richtungen hin aus- gedehnt, dafs nicht gut mehr als eine Tierart zur Verwendung kommen konnte, anderseits liefsen äufsere Bedingungen (Stall- Verhältnisse, relative Leichtigkeit genügend viel neugeborene Meerschweinchen zu erhalten) im grofsen Ganzen eine Be- schränkung der Arbeiten auf das Meerschweinchen für geraten erscheinen. Schliefslich ergab sich aber doch die Notwendigkeit, vergleichende Experimente an Kaninchen anzustellen. Einige wenige Untersuchungen konnten auch am Menschen vor- genommen werden.

Die Versuche gliedern sich naturgemäfs in solche der Ver- fütterung von Bakterien und von genuinen Eiweifs- körpern. An Bakterien habe ich den Mikrokokkus tetra- genus zu einer Reihe von Vorversuchen verwendet, um dann,

g Experim. Stadien über die Durchgftogigkeit des Magendarmkanales etc.

gleich y. Behring, ausgedehnte Experimente mit dem Milz- brand- und Tuberkelbazillus anzustellen. Sehr interessante Wahrnehmungen konnte ich zuletzt noch bei der Verfütterung des Bazillus prodigiosus machen. Von genuinen Eiwei&körpem wurde eine gröfsere Anzahl zur Anwendung gezogen. Die y. Behringsche Behauptung yon der Durchlässigkeit der Magen- darmwand des Neugeborenen für dieselben stützt sich nur auf die Rom ersehen Versuche mit Antitoxinen, die ja wahrscheinlich an natiyes Eiweifs gebunden sind, vielleicht aber sie rein dar- zustellen ist sicher noch nicht gelungen auch ohne solches ihre Wirkungen entfalten können. Es galt also Eiweifskörper mit heranzuziehen, die wir besser kennen. Als solche waren das Kuhkasein und das Hühnereier-Ei weifs am geeignetsten. Weiter habe ich noch Experimente angestellt mit einem hämo- lytischen Serum, und yon Antitoxinen habe ich das der Diphtherie und des Tetanus verwendet. Es lag nahe, auch einige Versuche mit Toxinen vorzunehmen. Diese werden in einem kurzen Anbange Berücksichtigung finden.

Nach den Behringschen Angaben von dem Fehlen einer zusammenhängenden Epithelschicbt auf den Schleimhäuten des Intestinums schienen auch anatomische (histologische) Unter- suchungen in gröfserer Menge erforderlich. Ein besonderes Augenmerk mufste hierbei auf den etwa mikroskopisch nachweis- baren Übergang der Bakterien durch die Schleimhäute gerichtet werden. Auch hierüber will ich in einem zweiten Anhang in Kürze referieren.

Sämtliche Versuche sollten eine möglichst einfache Anordnung haben, welche die im Leben vorhandenen Bedingungen, so weit es anging, nachahmte.

Ganz besonders kam es bei jeder Art von Fütterung darauf an, Verletzungen der Schleimhäute sicher zu ver- meiden. Alle Experimente mufsten untereinander die gröfste Übereinstimmung zeigen, um gut verglichen werden zu können.

Von Dr. Albert Uffenheimer. 7

Die Fütterungen mit flüssigen Medien wurden unter Zuhilfe- nahme von Pipetten^) vorgenommen. Mit diesen gelingt es leicht, die notwendigen Mengen zu verabreichen. Man nimmt die kleinen Tierchen auf die hohle Hand, legt sie auf den Rücken und schiebt (ohne dafs irgendeine Art von Knebel oder Mundsperre verwendet zu werden braucht, wobei Verletzungen sich nicht vermeiden lassen), das spitzige Ende der Pipette seitlich zwischen die Zahnreihen. Hierauf läfst man das zu verfütternde Medium tropfenweise dem Tier auf die Zunge fliefsen und wartet mit dem neuen Tropfen, bis der letzte geschluckt ist^). Manchmal ist das keine geringe Geduldprobe, speziell bei den Heilseris, deren Ein- gabe die Tiere wegen des Carbolgeschmackes widerstreben. Es gibt allerlei kleine Hilfsmittel, um das Hinunterschlucken zu befördern, z. B. ein leichtes Hinabziehen des Unterkiefers von aufsen, ähn- lich dem bei Narkosen üblichen englischen Handgriff usw.

Bei der notwendigen Übung und Geduld gelingt es auf diese Weise, jegliches flüssige Medium quanti- tativ zu verfüttern.

Für die Bakterien-Fütterungen fertigte ich mir eine Glas- Öse an, die dem von Metschnikoff in seiner Arbeit >Recherches sur le cholära et les vibrionsc beschriebenen Instrument ähnelte. Es gelang mit dieser Ose leicht, den Milzbrandbazillen brei oder die Tuberkelbazillenhäute den Tieren ohne jede Verletzung (seit^ lieh durch die Zahnreihen hindurch) in die Mundhöhle ein- zuführen.

Jedenfalls scheint mir die von mir angewandte Methodik besser, als wenn man Milch als Vehikel benutzt. Gegen die Ver- fütterung mit Kuhmilch ist ganz besonders in Betracht zu ziehen, dafs dieselbe ungefähr dreimal so viel Salzsäure bindet wie beispielsweise Frauenmilch, es wird damit also dem Magen

1) Zu den ersten Fütterungen mit hämolytischem Serum und mit Tnberkelbazillen dienten gewöhnliche kalibrierte Pipetten, alle Übrigen wurden mit solchen von 2 ccm Inhalt, die an ihrem Ende einen derben Gummi- ball trugen, vorgenommen.

2) Mehr als 2 ccm Flüssigkeit auf einmal zu geben, ist nicht rfttlich. Der Magen eines 70 g schweren neugeborenen Meerschweinchens fauste wie ich mich durch Wägung überzeugte 2,19 g Wasser.

^ Experim. Studien Qber die Durchgängigkeit des Magendariukanales etc.

ein gut Teil seines Denaturierungsvermogens genommen. Wes- halb ich bei den Bakterien dazu gekommen bin, dieselben trocken zu verabreichen, wird an späterer Stelle ausgeführt werden^). Den Einwand, dafs die nicht in Flüssigkeiten aufgeschwemmten Mikroben viel weniger Möglichkeit haben, mit der Magendarm- wand in direkte Berührung zu treten und durch dieselbe durch- zudringen, kann ich auf Grund von Beobachtungen mit dem B. prodigiosus widerlegen. Es zeigte sich nämlich, wenn eine Stunde nach der Fütterung die Sektion vorgenommen wurde, gerade an den äufseren, der Schleimhaut naheliegenden Teilen des Magens der Speisebrei rosarot gefärbt (zumeist bedeutend stärker als in der Mitte), und die Untersuchung eben dieser Teile ergab eine Unmasse von Prodigiosuskeimen.

Über die Vorversuche der Verfütterung von Mikrokokkus tetragenus gehe ich schnell hinweg, da sie mir in der Haupt- sache nur zur Feststellung der geeigneten Fütterungs- und Unter- suchungstechnik dienten. Der Tetragenus selbst war für das Meerschweinchen wenig virulent, so dafs ein spontaner Tod der Tiere überhaupt nicht zu erwarten war. V^on den 5 genau unter- suchten Tieren konnte bei keinem in irgendeinem Organ noch Mikrokokkus tetragenus aufgefunden werden.

Versuche mit dem Milzbrandbaztllus.

Über seine mit Much ausgeführten Milzbrandexperimente gibt von Behring im 8. Heft seiner Beiträge Näheres an. Darnach hat er abgewogene Mengen junger sporenfreier Agar- kulturen, in gekochter Milch suspendiert, mittels einer Pipette an die kleinen Tiere verfüttert. Während ausgewachsene Meer- schweinchen die Fütterung mit solchen sporenfreien Milzbrand- bazillen, welche für sie nach subkutaner Impfung sicher tödtlich sind, ohne Schaden vertrugen, starben ganz junge Meerschwein- chen, auf die gleiche Art gefüttert, an Milzbrand wie nach sub- kutaner Injektion. Fünf Experimente führte von Behring des Genaueren an. Es sei erlaubt, das Wichtigste von ihnen wieder-

1) Beim Kapitel »Taberkelbazillen«.

Von Dr. Albert Uffenheimer.

zugeben, denn sie müssen als Vergleichspunkte für meine eigenen Versuche dienen. Die ersten vier sind mit einem Milzbrand- bazillus angestellt, der für Meerschweinchen avirulent war.

Nr. 1 und 2 waren neugeborene l^ere, mit je 0,1 g einer eintägigen Axb.^)-Agarkultur gefüttert. Bei Nr. 1 fanden sich eine Stunde nach der Fütterung aufser im Darmkanal keine Axb in den Organen. Bei Nr. 2 waren in der Magenschleimhaut und zwar in der obersten Schicht, spärlich Axb. »Die inneren Organe liefsen bei mikroskopischer Untei*suchung und bei der üblichen kulturellen Untersuchung von kleinen Impfproben keine Bazillen erkennen. Dagegen gingen aus 1,5 ccm Blut, die wir auf Agar in einer Petri-Schale ausgössen, mehrere Axb-Kolonien an und aus einem anderen Teil des in einem Bouillon-Reagenzglas auf- gefangenen Blutes kam es gleichfalls zum Wachstum einer typischen Milzbrandkultur. Die mikroskopische Untersuchung des frisch aufgefangenen Blutes und die Überimpfung einer Platinöse voll Blut auf Agar hatte ein negatives Ergebnis, c

Bei Nr. 3 wurden durch das Plattenkulturverfahren 6 Keime pro 1 ccm Blut nachgewiesen. >Bei diesem Meerschweinchen gelang auch der Axb-Nachweis für ein in der Nähe des Blind- darms gelegenes Lymphknötchen in der Radix mesenterii.€

Nr. 4. » Von einem 8 Stunden alten Meerschweinchen wurde 20 Stunden nach der Fütterung 1 ccm Blut an der Art. femoralis entleert und nach Zusatz von etwas Bouillon auf Petri-Schalen ausgegossen. Es ging darnach nur 1 Axb-Kolonie an. 24 Stun- den später wurde etwas Blut aus der Vena jugularis entnommen ; in dieser Blutprobe konnten wir wieder mikroskopisch Axb nach- weisen. 6 Stunden nach der zweiten Blutentnahme ging das Tier (an Erschöpfung?) zugrunde. Wir konnten nach der Sektion weder im Tubus alimentarius, noch im Blut und in den Organen Axb auffinden, c

V. Behring glaubt darnach, dafs avirulente Milzbrand- bazillen normalerweise die Wandung des Tubus alimentarius durchdringen und in die Blutbahn gelangen können. Als Piä-

1) Die Abkürzung >Axb< = Anthrazbazillus übernehme ich ^von Behring.

1 9

' ^ Experim. Studien über die Durchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

vorher mit 10 ccm einer 5proz. Sodalösung neutralisiert war. Verfütterte Axb Menge zwischen 0,0f) und 0,07 g. Die alten Tiere blieben ebenfalls völlig gesund.

2. Reihe. 4. U. 1904.

Kontrolltier zwischen 30. und 45. Stunde nach der Impfung ge- storben. Obduktion: Typischer Milzbrand. In Herzblut und Leber mafsige Axb-Mengen, in Milz aufserordentlich reichliche Azl>Exemplare.

Die gefütterten Meerschweinchen waren iVa Tage alt, die 17 stündige Kultur war sporenfrei.

5. Junges Y I, erhält 0,075 g Axb per os.

G. Junges Y II, erhält 0,052 g Axb per os.

Beide Tiere bleiben völlig gesund.

Drei gleichzeitig mit bedeutend höheren Axb-Mengen (0,1 bis 0,23 g) behandelte alte Meerschweinehen, z. T. wieder mit durch Soda neutralisiertem Magensaft, blieben ebenfalls gesund.

In dem einem gefütterten Tier nach 3 Tagen entnommeneu Kot gelaug es weder mikroskopisch noch durch Kultur oder Tierversuch mehr, Axb nachzuweisen.

3. Reihe. 12. IL 1904.

Seit der zweiten Meerschweinchen passuge bildete der AxV) aufserordent- lieh schnell (in 15 16 Stunden) reichliche freie Sporen. Schliefslich wunle eine 6 Stunden alte Kultur völlig s porenfrei befunden.

Das Kontrolltier starb in weniger als 2 Tagen an typischem Milz- brand.

7. Junges TI, 3 Tage alt, 125 g schwer, erhält stomachal 0,037 g Axb einverleibt.

Das Tier bleibt völlig gesund.

In dem 17^2 Stunden nach der Fütterung abge- drückten Kot liefsen sich weder mikroskopisch, noch durch Kultur (Bouillon, Agar, Gelatine), noch auch durch den Tierversuch Axb nachweisen.

4. Reihe. 17. H. 1004.

Die benutzte Agarkultur war spuren frei. Das geimpfte Kontroll - tier ging nach 2 mal 24 Stunden an Milzbrand ein. Ein weiteres Kontroll- tier, mit einer an der Platinspitze kaum mehr sichtbaren Axb-Menge infiziert, starb nach 3 mal 24 Stunden an Milzbrand. Die Jungen waren bei der Fütterung 2—3 Tage alt und 90 g schwer.

8. Junges al, erhält mittels Glasöse 0,045 g Axb.

Von Dr. Albert üffenheimer.

13

9. Junges a II erhält per ob 0,0725 g Azb. Beide Tiere bleiben völlig gesund.

Sofort nach der Fütterung werden die beiden Tierchen in ein leeres Glasgefäfs gebracht, wo 6 Stunden lang ihr Kot aufgefangen wird. Von diesem werden 5 6 Ballen mit 1 ccm steriler physiologischer Kochsalzlösung verrieben. Die hiervon angefertigten Präparate zeigen zahl- reiche Stäbchen, die wie Axb aussehen. Ein Teil dieser Stäbchen erweist sich als sporenhaltig (wobei die Frage o£fen gelassen werden kann, ob die Sporen erst nach dem Gelangen des Kots an die Aufsenwelt sich gebildet haben). Auf den verschiedensten Kulturmedien gehen reichlich Milzbrandbazillen auf. Es werden mit der Kotverreibung eine Anzahl Agar- platten hintereinander beschickt. Auf der vierten Platte wachsen überhaupt nur Axb.

Einem älteren Meerschweinchen werden 5 Kotballen in eine Hauttasche über dem Genitale gebracht. Das Tier wird am 9. Tag darnach tot auf- gefunden. Die Obduktion ergibt ödem an den Inguinalbeugen, grofse Milz. Im Herzblut wenig, in Leber mäfsig viel, in Milz aufiserordentlich viel Azb. Kulturen aus den verschiedenen Organen zeigen Azb in Reinkultur.

Es ist also festgestellt, dafs der Milzbrandbazillus aufserordentlich schnell den Intestinaltraktus wieder verlälst. In dem in den ersten 6 Stunden nach der Füt- terung entleerten Kot waren Axb in grofser Anzahl vor- handen. Dagegen waren schon 17^2 Stunden nach der V^erabreichung reichlicher Mengen auf keine Weise mehr auch nur vereinzelte Exemplare zu finden.*) Durch das Passieren des Darmes, vor allem des Magens, war der Milzbrandbazillus seiner pathogenen Kraft nicht be- raubt worden.^) Die Verlängerung der Frist bis zum Tode bei dem geimpften Meerschweinchen ist wahrscheinlich nicht zu er- klären aus einer Abschwächung der Pathogenität, sondern aus der Schwierigkeit der Bazillen, aus dem umhüllenden Kot in die Blutbahn zu gelangen.

1) Aus späteren Versuchen geht hervor, dafs im Magen und Darm sich auch in der zweiten Hälfte des zweiten Tages nach der Fütterung noch einzelne Azb nachweisen lassen.

2) Wenn die an erwachsenen Meerschweinchen erhaltenen Resultate von Falck richtig sind, dafs der Magensaft die freien Axb tötet und nur einen Teil der freien Sporen unversehrt läfst, so würde sich also auch hieraus ein Unterschied zwischen der desinfizierenden Tätigkeit des Magens neugeborener und erwachsener Meerschweinchen ergeben.

^^ Ezperim. Studien über die Durcbgängigkeit des Magendarmkanales etc.

5. Reihe. 26. IL 1004.

Dies ist der einzige Fütterungsversucb, wo aus augenblick- lichem Mangel kein Meerschweinchen als Kontrolltier verwendet wurde. Die geimpfte Maus starb erst nach 4 Tagen ; die benutzte Kultur hatte also aus einem unkontrollierbaren Grund an Virulenz abgenommen. Durch Züchtung aus dem Tierkörper war eine starke Virulenzsteigerung wieder möglich, es wurden aber doch die weiteren Experimente mit einem neuen Axb-Stamm vorgenom- men. Der Vollständigkeit halber führe ich den Versuch hier an :

10. Junges ylf 105 g schwer, wenige Stunden alt, erhält stoinachai 0,019g sporenhaltiger Axb beigebracht. £s bleibt völlig gesund.

II. Versuche mit dem Wiener Axb-Stamm.

Dieser Stamm tötete zu Beginn der Versuche eine Maus in 10 20 Stunden (über Nacht), ein Meerschweinchen in unge- fähr einem Tag.

6. Reihe. 24. V. 1904.

Kultur 6 Stunden alt, völlig sporenfrei. Todeszeit des Kontroll- tieres nicbt genau festzustellen, da es nacb etwas über 2 Tagen in stark fauligem Zustand aufgefunden wird. Mikroskopiscbe und kulturelle Unter- sucbung ergibt in Milz, Leber, Herzblut Axb und Bac. aerogenes.

Alter der gefütterten Tiere 24 Stunden.

11. Junges p I, 90 g schwer, erhält 0,333 g Axb per 08, also eine ganz aufserordentlicbe Menge.

Nun wollte ich es mir nicht daran genügen lassen, einfach zu beobachten, ob die Tiere sterben oder nicht, sondern in diesem und dem folgenden Fall verfolgte ich die Absicht, kurze Zeit nach der Fütterung, im Blut und in den Organen nachzusehen, ob sich dort nicht einzelne Axb durch genaue bakteriologische Untersuchung nachweisen liefsen. Hierbei war vor allem eine Gefahr zu vermeiden, dafs nämlich die herauszunehmenden Or- gane resp. die anzulegenden Kulturen durch Milzbrandbazillen, die aus dem Kote stammten und mit diesem an den Körper- haaren klebten, verunreinigt würden. Ich wandte deshalb die im folgenden beschriebene Technik an : das auf das Operations- brett aufgespannte Tier wurde so tief narkotisiert, dafs jegliche

Von Dr. Albert Uffenheimer. |5

Schmerzempfindung sicher geschwunden war.^) Dann wurde es an Bauch-, Brust- und Halshaut rasiert, hierauf mit Seife, Alko- hol, Äther und Sublimatalkohol sorgfältig desinfiziert. Nun wurde die Brusthaut nach beiden Seiten hin abpräpariert und (mit immer neuen Instrumenten) die Brusthöhle durch Abtragung der gesam- ten vorderen Brustwand breit eröffnet. Der Herzbeutel wurde aufgeschnitten und nun mit einer gutschliefsenden Pravazspritze Blut direkt aus dem Herzen angesaugt. Wenn hierdurch keine genügende Menge erhalten werden konnte, so war auch nach dem Anschneiden des Herzens in die Brusthöhle ausgeflossenes Blut leicht aufzusaugen und zur Untersuchung benutzbar.

Nach der Blutentnahme völlige Tötung des Tieres und nun, unter stetigem Wechseln der Instrumente, Obduktion unter allen Kautelen.

Im vorliegenden Fall, wo Blutentnahme und Obduktion nach 17^/4 Stunden vorgenommen wurden, waren Organ Veränderungen nicht nachweisbar.

AusBtrichpräparate vom Mageninhalt ergaben: Charakte- ristische Axb in geringer Anzahl (viele Gesichtsfelder frei), meist mehrere Exemplare beisammen. Im Prozessus-Inhalt fanden sich noch ziem- lich viele Axb, auch zumeist zu mehreren Exemplaren beisammenliegeud.

Quetschpräparate von MesenterialdrQse, Milz und Leber (mit dem Pistill angefertigt) zeigten keine Axb.

Bouillonkulturen von den im Mörser zerquetschten Prozessus- drüsen, von Milz, von Leber, sowie die von ihnen nach 3 Tagen gegossenen Agarplatten ergaben keine Milzbrandbazilien.

3/4 ccm des aus dem Herzen gewonnenen Blutes wurden mit gleich viel Bouillon vermischt, später wurde mit dieser ganzen Flüssig- keit eine Agarplatte gegossen: sie blieb steril.

Agarplatten, direkt angelegt von Leberund Milz, zeigten eben- falls völliges Freisein von Axb.

Platten, angelegt aus Magen- und Cöcalinhalt, ergaben zahlreiche resp. mäfsig viele Axb-Kolonien.

Während also im Magen und Darm sowohl mikro- skopisch wie kulturell noch Milzbrandbazillen sich

1) Der Versuch war mir sehr unangenehm. Indes fehlte dem Tier sicher jede Empfindung, und es wurde sofort nach der Blutentnahme zu Tode narkotisiert. Auf andere Weise war eine zweifelsfreie reichliche Blut- entnahme nicht zu bewerkstelligen.

I /• Experim. Studien über die Durchgängigkeit des MagendarmkanaleB etc.

fanden, konnten im Blut, den inneren Organen und Darmdrüsen bei reich lieh verarbeitete mMaterial keine solchen nachgewiesen werden.

Ich versuchte nun, ob vielleicht ein Durchtreten oder Durch- wachsen der Bazillen durch die Magen wand wie von Behring es beschreibt durch histologische Untersuchung sich zeigen lasse. Ein grofser Teil des Magens wurde in Serienschnitte zerlegt.

Es konnte aber nirgends ein Durchtritt der Axb beobachtet werden.

12. Junges n I, 100 g schwer, erhält per es 0,022 g Axb. Nach 4IV4 Stunden wird es auf dieselbe Weise getötet wie pl, die Organe werden auf die gleiche Art verarbeitet.

Ausstrichpräparate aus dem Mageninhalt: Keine sichern Axb

Ausstrichpräparate aus dem Prozessusinhalt: Wenige Exemplare von Axb.

Quetschpräparate aus Milz, Leber und Mesenterialdrüse: Keine Axb.

Bouillonkuliuren von Prozessusdrüse (die ganze Drüse verarbeitet ) Leber {*!^ des ganzen Organs verwendet) und Milz (das halbe Organ ver- wendet) zeigen bei tagelanger Beobachtung kein Wachstum von Axb, eben- sowenig eine Reihe nach 4 Tagen von ihnen ausgesäter A garplatten.

Agarpl alten direkt angelegt aus 1 ccm Herzblut (mit Bouillon ver- dünnt), I^bcr und Milz ergeben gleichfalls ein negatives Resultat.

Aus einer grofsen Ose vom Mageninhalt konnten auf Agnrplatten noch zwei Axb-Kolonien gezüchtet werden, vom Cökalinhalt eine mäfsige Anzahl von solchen.

Der ganze Magen wurde in 6 Teile zerlegt, und nach der Härtung in Alkohol wurden dieselben zu Schnittserien verarbeitet. Ein Teil diente .wie bei dem vorigen Tier) zur Dissefärbung 0, der andere Teil wunie auf Bak- terien untersucht. Im ganzen waren es gegen 2000 Schnitte. Bei sorgfältigstem Durchsuchen finden sich nur an einigen Stellen mitten unter Resten von Gras oder Heu im TiUmen des Magens einige Milzbrandbazillen. Schleimhaut, Sub- mucosa und dem Magen anliegendes kleines Lymphknötchen sind völlig frei von ihnen.

13. Junges n II, 110 g schwer, erhält per os 0,028 g Axb. Es bleibt im weiteren Verlauf völlig gesund.

1) Vergl. Anhang II.

Von Dr. Albert Uffenheiiuer. 17

7. Reihe.

Von jetzt ab machte sicli bei dem Wiener Milzbrandbazillus eine Erscheinung geltend, die bereits beim ersten nach einer Reihe von Tierpassagen unangenehm aufgefallen war, nämUch das ungemein rasche Auftreten freier Spore]). Wollte man zur Verfütterung genügende Mengen Axb erlangen, so konnte man nicht leicht unter 5 Stunden alte Agarkulturen benützen. Es zeigten sich aber schon in dieser Zeit freie Sporen. Das Proto- koll über die 7. Reihe sagt wörtlich^): »In einer grofsen Anzahl von Fäden finden sich (nach ö Stunden) bereits die Sporen ge- bildet, ja es liegt schon eine geringe Anzahl von Sporen einzeln da, zum Teil mit einem geringen, noch färbbaren Mantel um- geben, ein ganz kleiner Teil liegt schon völlig frei da. Trotzdem wird ein Fütterungsversuch unternommen, c

1. VI. 1904.

Kontrulltier starb nach ca. 24 Standen. Typischer MiUbrand- befand. Bei der Fütterang waren die Tiere sl and rl etwas über 1 Tag, die Tiere Alt I, Alt 11, Alt III etwas ttber 3 Tage alt

14. Janges s I, 90 g schwer, erhält per os 0,01 g dieser schwach sporenhaltigen Axb.

Es bleibt völlig gesund.

15. Junges »Alt I<, Gewicht 80 g, erhält per os 0,008 g Axb der gleichen Kultur.

Am 3. VI., also 37 Standen nach der Fatterang, stirbt das Tier.

Die Obduktion ergibt grofse, blutreiche, rotbraune Milz. In Milf aufser- ordentlioh zahlreiche, in Leber viele, im Herzblut eine Anzahl Axb. Im Mageninhalt keine, im Prozessusinhalt einige Axb. Der Magendarmkanal ist frei von Veränderungen.

Hier also, bei einem mit sporenhaltigen Axb ge- fütterten Tier, haben wir einen echten Milzbrandtod.

16. und 17. Junge > Alt II und IIIc, Geschwister des Vorigen, 90 und 100g schwer, mit je 0,01 g der gleichen Axb gefüttert, bleiben völlig gesund.

1) Ich brauche wohl nicht zu versichern, dafs diese Befunde für die alle ich übrigens Testpräparate aufbewahrt habe sofort nieder- geschrieben wurden, also rein objektive Beobachtungen, unbeeinflnfst vom Ausgang des Experimentes, darstellen.

Arohiv fttr Hygiene. Rd. LV. 2

1^ Experim. Stadien über die Darchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

18. Junges rl, 70 g schwer, erhält per os 3 Glasösen einer alten i in Eisschrank aufbewahrten, stark yersporten Axb-Kaltnr (eben von der, Ton welcher die f a den vorstehenden Fütterungen benntxten Kaltaren angelegt waren). Während ein damit geimpftes Kontrolltier rasch an Milzbrand starb, blieb dies Tierchen völlig gesund.

8. Reihe. 4. VI. 1904.

Diesmal waren die Axb-Kulturen nur 3^/2 Stunden bei 37^ gewachsen. Sie zeigten im Präparat »schön ausgebildete Axb-Fäden, dazwischen liegend noch Sporen (von den eingesäten), z. T. auskeimende Formen. In den neuen Axb aber noch keinerlei Beginn der Sporen- bildung,«*)

Das Kontrolltier starb nach etwas über 1 Tag (typischer Milz- brandtod).

Die am ersten Lebenstage gefflttfrten Jungen erhielten jedes die Ober- fläche von drei Schrägagarkaltaren. Eine Wägung der Mengen wurde nicht vorgenommen.

>Bei der Fütterung sträuben sich beide Tiere stark, so daTs vielleicht kleine Verletzungen mit der Giasöse vorgekommen sein können, besonders beim Herausziehen, wo sie von den Zähnen festgehalten wurde. Keine Blutung. < *)

19. Junges >Jung 11 , Gewicht 60g, bleibt nach der Fütterung völlig gesund.

20. Junges >Jung III <, Gewicht 80 g, wird am 7. VI. morgens, nachdem es am vorhergehenden Tag noch völlig mobil war, tot und völlig even- teriert aufgefunden. Es ist nicht zu konstatieren, wann der Tod eingetreten ist. In der Muskulatur finden sich spär- liche Axb.

9. Reihe. 7. VI. 1004.

Die verwendete Kultur war 3'^/4 Stunden alt, enthielt noch viele eingesäte, aber keine neuen Sporen. »Die mit eingesäten Sporen finden sieh an den Stellen, wo das Impf- material dick aufgetragen ist, so dafs dort weifsliche Massen vor- handen sind, während Abstriche von den Stellen, auf denen nur die zarten, frisch gewachsenen Bazillen zu sehen sind, auch keine Sporen mehr enthalten, c

Dbü K(»ntrolltier starb nach weniger als 24 Stunden (typischer Axb- Befund). Die gefütterten Tierchen waren IVt Tage alt, wogen 50, &0 und 70 g.

1) Vgl. die Fufsnote der 7. Reihe.

V'on Dr. Albert Uffenheiiner. 19

21., 22. und 23. Alle drei Tierchen (cU, cUI» dl) erhielten je 0,1 g Axb per 08 nach 58tQ];idigem Hangern. Sie blieben yöllig gesund.

10. Reihe. 7.VL 1904.

Gleichzeitig mit dem vorigen Versuch wurde eine Verfüt- terung einerreichversportenüberSTage'im Eis seh rank aufbewahrten Axb- Kultur vorgenommen.

Während das Kontrolltier in weniger als 24 Stunden starb, blieben

24.» 25. und 26. die Tierchen e I, e II und e III, 40, 50 und 56 g schwer, IV, Tage alt, gefüttert mit je 0,083 g Axb, am Leben.

11. Reihe. 9.VL 1904.

Einen letzten Versuch nahm ich schliefslich mit einer 24 Stun- den alten Agarkultur vor, welche von der Kultur stammte, mit der die 9. Reihe behandelt wurde.

»Es sind schöne Fäden, die zum grofsen Teil ver- sport sind. Ganz aufserordentlich viel freie Sporen. c

Ein Kontrollversuch ist hierbei nicht vorgenommen.

Die Tierchen waren wenige Stunden alt.

27. Junges tili, 60 g schwer, erhält 0,1 g dieser Kultur per os, bleibt yöllig gesund.

28. Junges tIV, 65 g schwer, erhält 0,a3d g der gleichen Kultur, stirbt nach 3 Tagen. Die Obduktion und mikroskopische Untersuchung ergibt typischen Milzbrandbefund.

Ziehen wir in Kürze das Fazit aus diesen Milzbrandversuchen, so sehen wir, dafs auch dieVerfütterung sehr grofser Mengen des Axb ohne jeglichen Nachteil für das neugeborene Meerschweinchen vorgenommen werden kann. Von den 28 gefütterten jungen Tieren sind 3 an typischem Milzbrand ge- storben. Alle drei hatten sporenhaltige Kulturen er- halten. Wie die Protokolle ergeben, waren bei Tier 15 und 28 neugebildete freie Sporen vorhanden, die für Fall 28 ver- wendete Kultur zeigte sogar aufserordentlich zahlreiche Dauer- formen, die 11. Reihe war nämlich direkt als Sporenfütte- rung gedacht. Beim dritten Tier (20) waren bei der Fütterung infolge des Sträubens vorgekommene Verletzungen wahrscheinlich, die benutzte Kultur enthielt noch von den eingesäten Sporen.

20 Ezperim. Studien über die Dorchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

Selbst dieser sporenhaltige Axb konnte aber nicht bei allen Versuchstieren den Tod herbeiführen, da selbst mit gröfseren Mengen als die gestorbenen Tiere gefütterte Geschwister gesund blieben es waren vermutlich auch hier minimale Verlet- zungen die Vorbedingung zum Eindringen der Sporen in den Intestinaltrakt. Solche kleinste Wunden können ja leicht durch scharfe Grashalme oder andere Bestandteile der Nahrung hervor- gebracht werden.

Somit bietet der Tod dieser drei Versuchstiere gar nichts Auffallendes. Ist uns ja doch aus einerreichen Literatur bekannt, dafs auch alte Meerschweinchen sterben kön- nen, wenn versporte Milzbrandbazillen an sie verfüttert werden.

Wie die aufserordentlichen Differenzen zwischen den Behring- Muchschen Resultaten und den meinigen zu erklären sind, will ich dahingestellt sein lassen, auf einen Punkt möchte ich aber doch hinweisen.

V. Behring schildert in Heft 8 seiner Beiträge die ange- wandte Fütterungstechnik: »Bei zurückgebogener Kopfhaltung lassen wir tropfenweise die Flüssigkeit in das weitgeöffnete Maul auf die Zungen wurzel fallen.« Nach diesen Worten scheinen die Autoren beim Öffnen des Maules ihrer Versuchstiere irgend welche Gewalt gebraucht zu haben, da unter normalen Bedin- gungen von einem »weit geöffneten Maul« nicht die Rede sein kann. Hierbei sind wahrscheinlich kleine Verletzungen der Mund- schleimhaut entstanden, durch welche dann die Infektion leicht vor sich gehen konnte. Bei grofseu Tieren, die ein starkes und resistentes Pilasterepithel der Mundhöhle haben, darf man solche Manipulationen viel eher riskieren, ohne Verletzungen befürchten zu müssen.

Als ich die Ehre hatte, im Februar dieses Jahres Exzellenz von Behring einen grofsen Teil meiner Resultate zu demon- strieren, machte er mir den Einwand, meine Milzbrandbazillen seien wohl für Meerschweinchen pathogen gewesen, ob aber für Kaninchen, das sei zweifelhaft. Die von ihm benutzten Bazillen seien teilweise auch Kauinchen-pathogen und ein Vergleich zwischen unseren tStämmen ginge nicht au, da die Kauinchen-tötenden Axb

Von Dr. Albert XJffenheimer. 21

höhere Virulenz besäfsen wie die nur für Meerschweinchen pa- thogenen. Ich nahm sofort mit meinem Wiener Milzbrandbazillus, den ich noch zur Hand hatte, das entsprechende Experiment vor.

21. II. 1905. Kaninchen, 3500 g schwer, mit kleiner Ose am Rücken infiziert. Tod nach 4^/2 Tagen. Obduktion ergibt typischen Milzbrandbefund. In Leber und Milz massenhafte Axb, im Herzblut auf serordentlich viele Bazillen. Aus allen Organen werden Axb in Reinkultur gezüchtet.

Somit zeigte sich also auch dieser Stamm als ex- quisiter Kaninchentöter.

Ich führte den Versuch, dem Wunsche von Exzellenz V. Behring folgend, aus, ich mufs aber sagen, dafs für ein Experiment am Meerschweinchen nach meiner Auffassung auch ein solcher Bazillus genügt hätte, dessen Pathogenität eben für dieses Tier nachgewiesen war. (Hierzu bitte ich den oben zitier- ten Versuch 5 von Behring-Much nachzulesen.)

Nachschrift: Durch das gütige Entgegenkommen von Ex- zellenz V. Behring konnte ich in letzter Zeit übrigens auch noch eine Versuchsreihe mit einem seiner Kaninchen-pathogenen Axb- Stämme (I) vornehmen. Ich verfütterte eine Kultur, die noch keine freien Sporen enthielt, aber schon aufserordentlich viele eben noch von schmalem Protoplasmasaum umgebene Sporen (25 Stunden bei 22^ auf Agar gewachsen). Diese Kultur, in Bouillon gebracht und bei 80^ über eine halbe Stunde im Wasserbad gehalten, zeigte im Brutofen noch starkes Wachstum; es hatten demnach die mit dem Protoplasmasaum umhülUen Sporen schon eine aufserordentliche Resistenz. Das am 19. VI. 1905 mit klein- ster Platinöse geimpfte Kontrolltier (qq I) starb nach 32 36 Stun- den an Milzbrand. 6 neugeborene Meerschweinchen (zwischen 70 und 85 g schwer, P/i S^/j Tage alt), gleich- zeitig mit je 0,1 g Axb, suspendiert in je 1 ccm Kuh- milch [also ganz nach v. Behrings Anordnung] ge- füttert, blieben völlig gesund.

22 Experim. Stadien über die Durchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

Versuche mit TuberkelbaziUen.

Die folgenden Experimente gehören dem Gebiet der Füt- terungstuberkulose an.

Ich kann hier aber um so eher absehen von einem histo- rischen Überblick über die Literatur derselben, weil bei Neu- geborenen Fütterungen mit dem Tuberkelbazillus oder Pro- dukten der Tuberkulose aufser von v. Behring bisher nicht vorgenommen wurden. Erwähnen will ich nur, dafs die ersten positiven Füttern ngs versuche an erwachsenen Tieren schon 1868 publiziert sind (Chauveau ev. auch Klebs), und dals die In- fektion des Meerschweinchens vom Darmkanal ausParrot zum erstenmal gelungen ist.

Gute Zusammenstellungen über die Fütterungstuberkulose findet man in den Arbeiten von Spina, Johne, Biedert, Wesener und ganz neuerdings bei Nebelthau.

V. Behring selbst hat seine Versuche an neugeborenen Tieren noch nicht ausführlich veröffentlicht, die bisher allein er- schienene Übersicht über seine Ergebnisse habe ich in der Ein- leitung angeführt. Meine eigenen Versuche, im ganzen 40, wurden vorgenommen mit einem seit längerer Zeit im hygie- nischen Institut fortgezüchteten, vom Menschen stammenden Tuberkelbazillus.

Die Prüfung desselben geschah nach der von Kossei und seinen Mitarbeitern im Reichsgesundheitsamt zur Unterschei- dung zwischen Typus bovinus und humanus ausgearbeiteten Methode (Trocknung der Bazillen auf sterilem Fliefspapier. Wägung von 0,01 g Bazillen auf tariertem sterilisiertem Uhr- schälchen. Verreiben mit 1,0 phys. Kochsalzlösung in sterilem Mörser. Injektion ohne Verletzung der Fascie) an einem 2480 g schweren Kaninchen. Als der Tod nach 1 1 Wochen an einer interkurrenten Lungenerkrankung erfolgt war (auch mikroskopisch als nicht tuberkulös identifiziert), zeigte sich an der Injektions- stello im subkutanen Bindegewebe ein haselnufsgrofser Tumor, der sich beim Aufschneiden als ein mit weifsgelblichem dickem

Von Dr. Albert Uffenbeimer. 23

rahmigem Eiter gefüllter Abszefs erwies. Sonst nirgends eine Spur von Tuberkulose.

Nach intraperitonealer Injektion von ungefähr 0,01 g der Bazillenreinkultur, aufgeschwemmt in Bouillon, starb ein 450 g schweres Meerschweinchen rj nach 20 Tagen, ein 420 g schweres Meerschweinchen & nach 27 Tagen. Die verfütterten Kulturen waren stets zwischen 4 und 6 Wochen alt. Das Gewicht der zur Fütterung benutzten Mengen wurde durch ^ie chemische Wage bestimmt. Zu Anfang verrieb ich die abgewogenen Ba- zillenhäute sorgfältig in Bouillon und nahm darnach die Ver- fütterung mittels Pipette vor. Als sich aber herausstellte, dafs bei einer Aufnahme der Tuberkelbazillen^) durch Vermittelung von Flüssigkeit leicht eine Aspiration vorkommt, em Umstand, der die Deutung der Experimente wesentlich erschweren kann, so ging ich dazu über, die von der Glyzerinbouillon abgehobenen Tb-Häute mittels meiner Glasöse den Meerschweinchen in das Maul einzuführen. Mit beiden Methoden gelang es schnell, die gewünschte Dosis den jungen Tieren beizubringen.

Von meinen 40 Versuchen sind 26 mit Bazillenaufschwem- mung in Bouillon vorgenommen. Das erste Versuchstier (d I) starb au Aspiration, 4 Meerschweinchen waren alte Muttertiere. Somit enthält diese 1. Reihe 21 Verfütterungen an neugeborene Meerschweinchen. Die 2. Reihe, in der die Tb den jungen Tieren nur trocken beigebracht wurden, enthält demnach 14 Ver- suche.

Ich begnügte mich nicht damit, die Tiere nach längerer oder kürzerer Zeit zu obduzieren, sondern untersuchte jede nicht ganz gewöhnUche Erscheinung histologisch und vor allem nah^i ich bei den Organen, wo makroskopisch die Diagnose nicht mit Sicherheit zu stellen war, genaue Untersuchungen fast ausnahms- los an Serienschnitten vor.^) Frühzeitig nach der Fütterung war

1) leb werde fur Erleicbterong künftig bierfür die Bezeicbnang Tb ge- braacben.

2) Für oftmalige Prüfungen meiner makro- and mikroakopiscben Befunde will leb nicbt versäumen, meinem Mitarbeiter am Institut, Herrn Privat- dozenten der Patbologie, Dr. Robert Röfsle aus Kiel, aucb an dieser Stelle den berzlicbsten Dank auszusprechen.

24 Experim. Stadien über die Diirchgängigkeit des Magendannkanales etc.

es zumeist nicht möglich, in den Drüsen die Tb in Schnitten resp. in Quetschpräparaten nachzuweisen. Ich überimpfte des- halb eine grofse Reihe von Drüsen, auch Blut, an weitere Meer- schweinchen. Diese Versuche haben so eigenartige und bemer- kenswerte Resultate ergeben, dafs ihnen ein eigenes Kapitel (»Die Knötchenlungec) gewidmet werden muTs.

In dem Folgenden gebe ich eine kurze Darstellung der Fütterungsergebnisse. Die weite Ausdehnung meiner Arbeit ge- stattet mir nicht, jedes einzelne Obduktionsprotokoll in extenso abzudrucken; ich erwähne deshalb nur die wichtigen Befunde und behalte mir eine ausführlichere Veröffentlichung vor, falls sie aus irgend welchen Gründen noch nötig erscheint.

Zum Verständnis der Protokolle will ich bemerken, dafs unter Halsdrüsen die submentalen und Halsdrüsen gemeint sind, und dafs ich zwischen beiden nur ausdrücklich dann unterschieden habe, wenn sie sich verschieden verhielten. Als Leberhilus- drüse habe ich ein (oder mehrere) Drüschen bezeichnet, die nahe dem Pylorus im Bindegewebe des Leberhilus liegen und sehr häufig tuberkulöse Veränderungen zeigten. Als Prozessusdrüsen ist jene Gruppe von ziemlich grofsen Drüsen angeführt, die einen Teil der zuführenden Lymphgefäfse vom Prozessus vermiformis aus beziehen. Sie stehen aber auch mit anderen Darmpartieu in Verbindung. Cöcaldrüse ist die kleine Drüse genannt, die an der Einmündungsstelle des Ileum in das Cöcum liegt. Alle anderen Benennungen sind leicht verständlich. Die sehr häufig vorgenommenen Wägungen der Tiere habe ich hier weg- gelassen, da durch oftmalige Schwangerschaften (ich war ge- zwungen, jegliches Tiermaterial zur Züchtung der für die Experi- mente notwendigen Jungen zu benutzen) und Futterwechsel ziemlich jähe Gewichtsschwankungen entstanden. Im übrigen zeigten sich bedeutendere Gewichtsabnahmen nur bei sehr stark fortgeschrittenen tuberkulösen Prozessen. Die einzelnen Tiere sind in der Reihenfolge angeführt, die ihrer Lebenszeit nach der Fütterung entspricht.

Von Dr. Albert TJfFenheimer.

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I. Reihe. VerfUttenmg der Tb in Bouillon.

1. 30. IV. 1904. Junges r U, 50 g schwer, 22 Standen alt, erhält 0,0028 g Tb.>) Getötet nach 87 Tagen.

Obdaktion: Oberall normaler Befand. Nar die Prozessusdrasen etwas gelblich verfärbt, vielleicht leicht getrübt. An der linken Tonsille eine ganz kleine gelbliche Einlagerang.

Mikroskopisch: Prozessasdrüse enthält ganz kleine Epitheloid- zellentuberkel, erst nach aafserordentlich langem Sachen gelingt der Nach- weis weniger zweifelloser Tb in der Mitte eines solchen Taberkels.

Tonsille: Zwei Serien von nahezu 400 Schnitten ergeben keine pathologischen Veränderungen.

Resultat: Isolierte Tuberkulose der Prozessasdrflsen.

2. 30. IV. 1904. Junges u II, 65 g schwer, 1 Tag 6 Stunden alt, erhält 0,0042 g Tb. Getötet nach 86 Tagen.

Obduktion: Nirgends eine Spur von Tuberkulose. Nur die Prozessus drüsen erscheinen wenig vergröfsert (unterlinsengrofs), fast ganz durchsichtig An einigen Stellen scheinen aber kleinste weifsliche Herdchen zu liegen.

Mikroskopisch (über 100 Schnitte): Die Prozessusdrflse zeigt eine ganz auffallende Tätigkeit Neben den vorwiegenden völlig normalen Stellen finden sich an manchen Orten Anhäufungen von grofisen aufgeblasenen, völlig den epitheloiden gleichenden Zellen. Dabei sind deutlich Teilungs- Vorgänge (grofse Mitosen) in geringer Zahl sichtbar. An manchen Stellen sieht man schlechte Zellteilungen nach offenbar rasch erfolgten Kernteilungen so dafs Bilder entstehen, die an Riesenzellen erinnern, denen aber deren deutliche Protoplasma-Umgrenzung fehlt. Überhaupt sind an manchen Stellen die Kern- und Zellgrenzen undeutlich. Nach sehr langem Suchen gelingt die Entdeckung eines ganz zweifellosen Tuberkelbasillus.

Resultat: Isolierte Tuberkulose der Prozessusdrüsen.

3. 14. V. 1904. Junges q m. Gewicht 80 g, 2 Tage alt, erhält 0,021 g Tb ^in nur Va ccm Bouillon). Getötet nach 75 Tagen.

Obduktion: Zahlreiche graue Miliartuberkel in Leber und Milz. Eine Leberhilosdrüse ist fast erbsengrofs, stark getrübt, aber noch ohne Spur von Verkäsung. Eine der Prozessusdrüsen zeigt vielleicht eine geringe Trübung, ist aber un vergröfsert. Drei Halsdrüsen sind stark ver- gröfsert (über ErbsengröDM), sehr derb, en thalten im I nnern mit gel b- lichem Käse erfüllte Höhlen. Die Trachealdrüaen sind um ein Ge- ringes vergröfsert, schwach getrübt, zu beiden Seiten in der Clavicular- gegend je eine vergröfserte Drüse. Besonders ist die rechtsseitige fast erbsengrofs, stark getrübt, mit zahlreichen weifslichen Nekroseherdchen. Sie liegt in der Gegend der Einmündung des Duct thoracicus in die V. sub- clavia.

1) So kleine Tb-Mengen wurden nicht direkt abgewogen, sondern erst nach der Aufschwemmung einer gröfseren Tb-Quantität in einem abge- messenen Volumen Bouillon durch Wegnahme kleiner Bouillonmengen be- stimmt.

0£*

^^ Ezperim. Studien über die Dorchgängigkeit des Magendannkanales etc.

In der Longe graa durchscheinende Tnljerkel, im rechten Oberlappen gelatinOee Pneumonie.

Kesaltat: Jedenfalls gleichseitige Infektion der Hais- and Leberhilusdrflsen. Einbruch in die Blutbahn durch den Dactus thoracicuB.

4. 14. V. 1904. Junges o II, 80 g schwer, 2 Tage alt, erhält 0,021 g Tb (in Va ccm Bonil1on\ Getötet nach 74 Tagen.

Obduktion: I^berhilnsdrüse stark Tergröfsert (= 2 Linsen), derb, stark getrübt, mit kleinen Nekroseherdchen. Proiessus- und Cöcaldrüsen bis haselnufskerngroriB, stark getrübt, die meisten enthalten mit einem kAaigen Brei angefüllte Cavernen Die zu den übrigen Darmabechnitten gehörigen Drüsen ebenfalls tuberkulös verändert Alles Übrige normal.

Resultat: Isolierte Tuberkulose der Lymphdrüsen des Darmes, wahrscheinlich beginnend in den Prozessusdrüsen.

5. 7. V. 1904. Junges ti II, 80 g schwer, IVi Tage alt, erhält 0,028 g Tb. Getötet nach 72 Tagen.

Obduktion: Halsdrüsen aufserordentlich stark vergröfsert, einzelne mehr als zweimal erbsengrofs, verkäst, mit linsengrolsen Erweichnngsherden. Eine Prozessusdrüse, nicht vergröfsert, möglicherweise leicht getrübt

Mikroskopisch: Prozessusdrüse zeigt sich frei von Tuberkulose.

Resultat: Isolierte Halsdrüsentuberkulose.

6. 17. III. 1904. Junges S II, 70 g schwer, 8 Stunden alt, erhält 0,105 g Tb. Spontan gestorben nach 50 Tagen. Vor dem Tod Lähmung der Hinterbeine.

Obduktion: Sehr verbreitete Tuberkulose, am gröfsten die Lungen- hilus- und Trachealdrüsen.

Resultat: Fütterungstuberkulose. Erster Inf ektionssi ts nicht mehr festzustellen.

7. 21. III. 1904. Junges « 1, ILO g schwer, 2 Tage alt, erhält 0,273 g Tb Getötet nach 49 Tagen.

Resultat: Das gleiche wie im vorigen Fall. Am gröCsten die Halsdrüsen.

Bei diesem Tiere wurden UntersuchuDgen über die Aus- scheidung der Tb mit dem Kot angestellt (Verarbeitung wie in den entsprechenden Axb- Versuchen). Während am ersten Tag aufserordentlich viel Tb sich fanden (Häufchen wie Einzelexemplare), zeigten sieh schon zweimal 24 Stunden nach der Fütterung nur noch ganz wenige Bazillen, die zumeist in kleine Schleimflöckchen eingehüllt waren. Nach dreimal 24 Stun- den konnte in zwei sorgfältig durchsuchten Präparaten nur noch ein zweifelhafter Tb entdeckt werden. Demnach scheinen die Bazillen am Ende des dritten Tages bereits fast

Von Dil Albert üffenheimer. 27

völlig aus dem Darm eliminiert su sein. Ein Versuch, die Viru lenz der Tb nach der Passage des Intestinums festzustellen, mifslang, da das geimpfte Tier an Sepsis zugrunde ging.

6. 16. IV. 1904. Junges T III, 90 g schwer, IV, Tage alt, erhält 0,092 g Tb. Getötet nach 35 Tagen.

Resaltat: Vorgeschrittene Taberkolose, am stärksten Pro- zessos' and Halsdrflsen. Erster Infektionssitz nicht mehr fest- zustellen.

9. 11. IV. 1904. Junges V II, 70 g schwer, zwischen 3 und 6 Standen alt, erhält 0,188 g Tb. Getötet nach 32 Tagen.

Resultat: Weit vorgeschrittene Tuberkulose, am stärksten die Trachealdrfisen befallen. Erster Infektionssits nicht mehr festzustellen.

10. 11. IV. 1904. Junges V I, 60 g schwer, zwischen 3 und 6 Stunden alt, erhält 0,171 g Tb. Getötet nach 30 Tagen.

Resultat: Hals-, Thorax-, und Abdominaldrüsen tuber- kulös, weitaus am vorgeschrittensten die Ualsdrüsen. Ein sicheres Urteil, wo der erste Infektionsort war, ist nicht mehr möglich, doch scheint der nach dem Abdomen zu abnehmenden Gröfse der Drüsen zufolge eine primäre Halsdrüseninfektion nicht unwahrscheinlich.

11. 30. IV. 1904. Junges v I, 50 g schwer, 1 Tag alt, erhält 0,0024 g Tb Getötet nach 28 Tagen.

Obduktion: Am Hals eine olivenkemgrofse Drüse mit zwei in Er- weichung begriffenen Käseherden (subraental); weiterhin eine über linsen- grofse Drüse mit einem Käseherd im Innern. Kleiner Herd im rechten Unterlappen. Trachealdrüsen leicht vergröfsert, ganz wenig getrübt.

Die mikroskopische Untersuchung einiger zum Cöcum und Pro- sessus gehöriger Lymphdrüsen, bei denen makroskopisch die Diagnose zweifelhaft war, ergab Freisein von Tuberkulose.

Resultat: Primäre Halsdrüsentuberkulose.

12. 16. IV. 1904. Junges TU, 105 g schwer, IV, Tage alt, erhält 0,158 g Tb. Getötet nach 28 Tagen.

Obduktion: Ziemlich weit vorgeschrittene Tuberkulose. Am stärksten befallen beide submentalen Drüsen (über erbsengrofs, mit Kavernen von der Gröfse eines mittleren Schrotkornes). Die Prozessusdrüsen sind kleinerbsen- grofs. Die übrigen Drüsen nehmen an Gröfse ihrer Entfernung von Sub- mental- reBp. ProzesBusdrüse entsprechend ab. Frische Miliartuberkulose. Einbrach in die Blutbahn vermutlich von der stark veränderten rechten Claviculardrüse aus.

Mikroskopisch zeigt eine Prozessusdrüse sich durchsetzt von zahl- reichen Tuberkeln, die reich an Riesenzellen sind, auch Tb enthalten. Eino

2^ Ezperim. Stadien über die Darchgängigkeit des MAgeDdarmkaDales etc.

Plaque des Prosessas Tennifonnis, in SerienBchnitte xerlegt, bietet keine Veränderungen dar.

Resultat: Wegen des ziemlich vorgeschrittenen Proxesses ist der erste Infektionsort nicht sicher feststellbar, es erscheint aber nicht unwahrscheinlich, dafs gleichzeitige Infektion vom Hals und vom Prozessus aus stattgefunden hat

13. 28. IV. 190t. Junges AI, 70 g schwer, 27, Tage alt, erhält 0,065 g Tb. Getötet nach 18 Tagen.

Obduktion: Die Lunge zeigt zahlreiche miliare und etwas grOCsere dorchscheinende graue Tuberkel. Zahlreiche alte Käseherde in beiden Lnngen. Die Trachealdrüsen sind fast erbsengrols mit alten Verkäsungen- Halsdrüsen wenig vergrößert, schwach getrflbt Cöcal-, Prozessus-, Leber- hilusdrAsen schwach vergröfsert, leicht getrabt. Frische Miliartuberkulose.

Resultat: Hier scheint eine Infektion der Lunge resp. Trachealdrüsen durch Aspiration bei der Fütterung wahrschein- lich. Die Tuberkulose der im Abdomen befindlichen Drüsen könnte vom Thorax aus fortgeleitet sein, könnte aber auch einer Infektion vom Darme aus entstammen.

14. 30. IV. 1904. Junges /< I, 60 g schwer, 1 Tag 6 Stunden alt, erhält 0,0042 g Tb. Getötet nach 17 Tagen.

Obduktion: Peritoni ti scher Prozefs, ca. 3 Tage alt, fortgeleitet auf die Pleura. Der rechte Mittellappen enthält an seiner Wurzel einen linsen- grofsen, verkästen Herd, der gegen die Umgegend nicht völlig scharf ab- gegrenzt ist, durch dessen Mitte ein Lumen geht, dessen Ränder ebenfalls völlig verkäst sind. An der Trachea und um den rechten Hauptbronchus herum je eine linsengrofse, getrübte, schwach gelbliche Drüse. In der Thoraxapertur eine in gleichem Stadium befindliche, gleichgrofse Drüse. Am Hals eine Anzahl kaum kleinerer Drüsen von gleichem Aussehen.

Prozessusdrüsen gut linsengrofs, schwach gelblich, getrübt. Die übrigen zum Darm gehörigen Lymphdrüsen leicht vergröfsert und getrübt.

Mikroskopisch: Prozessus- wie Trachealdrüse zeigen deutliche Tu- berkelbildung mit wenigen gut charakterisierten Tb. Die Tonsille ist völlig normal.

Resultat: Die Tuberkulose der Lunge und der zugehörigen Drüsen ist offenbar durch Aspiration bei der Fütterung ent- standen; die Affektion der Prozessusdrüsen ist möglicherweise gleichfalls direkter Infektion zu danken, nicht einer Fort- leitung von der Brusthöhle aus (vgl. hierzu l. und 2).

15. 17. III. 1904. Junges S III, 70 g schwer, ca. 8 Stunden alt, erhält 0,159 g Tb. Spontanter Tod nach 15 Tagen.

Obduktion: nicht vorgenommen (da ich verreist war). Vgl. die folgende Obduktion.

Bei diesem Meerschweinchen waren im Kote 20 Stunden nach der Fütterung in geringer Menge einzelne Tb nachzuweisen, aber keine Bazillenhäufchen mehr.

Von Dr. Albert Uffenheimer. 29

16. 16. IV. 1904. langes T IV, 95 g schwer, IV, Tage alt. erhält 0,143 g Tb. Spontaner Tod nach 12 Tagen.

Obduktion: Starke Miliartaberknlose. Alle Drüsen stark geschwellt (Bild der Skrofnlose). Verkäsangen zeigen eine Mesenterialdrflse, sowie ein kleines Knötchen am Dnctas thoracicns.

Resnltat: Der Tod 12 Tage nach der Fütterung (wie im vorigen leider nicht obdasierten Falle 15 Tage darnach) ist ganz auffallend. Er ist so schnell durch die schwere Miliartuberkulose herbeigeführt, die offen- bar von dem am Ductus thoracicus sitzenden verkästen Knötchen aus ent- standen ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach bildet die verkäste Mesenterialdrüse den Sitz der ersten Infektion.

17—21. Die Jungen wurden in so frühem Stadium getötet, dafs eine makroskopische Diagnose nicht möglich war. Ihre Verarbeitung wird an späterer Stelle besprochen.

Überblicken wir kurz noch einmal die eben be- schriebenen Versuche, so sehen wir regelroälsig bei den neugeborenen Meerschweinchen, wenn sie lang genug am Leben gelassen wurden, der einmaligen Verfütterung von Tb eine Erkrankung an Tuber- kulose folgen.

Am besten läfst sich die Wirkung der verfütterten Tb stu- dieren, wenn man nur geringe Mengen (0,002 0,005 g) derselben verabreicht. Dann ist es auch durchaus nicht notwendig, die Tiere verhältnismäfsig schnell darnach zu töten, sondern man kann sie Monate lang am Leben lassen. Die mit grofsen Tb- Dosen gefütterten Meerschweinchen (0,1 g und darüber) zeigen sehr bald eine vorgeschrittene Tuberkulose, die ein Urteil über den ersten Sitz der Erkrankung unmöglich macht. Unter be- sonders förderlichen Umständen verläuft die Tuberkulose ganz rapid, und so haben wir in einem Fall schon den Tod 12 Tage nach der Fütterung eintreten sehen. Meines Wissens ist ein so schneller Verlauf der Fütterungstuberkulose bisher noch nicht beobachtet worden.*) Der Fall erscheint mir deshalb von ganz besonderer Wichtigkeit, weil er einen Fingerzeig dafür bietet, dafs nicht jede kurz nach der

1) Koch stellte fest, dafs der Tb ca. 14 Tage zu seinem Wachstum und seiner Vermehrung braucht, Orth und Semmer gaben eine zwei- monatliche Inkubationszeit bei der Pütterungstuberkulose an und Bollinger notierte schon einen letalen Ausgang nach IVi 2 Monaten.

r^Q Experim. Studien Ober die Durcbgängigkeit des Magendarmkanalee etc.

Geburt tödlich endende Tuberkulose des menschliehen Säuglings als eine prägenital durch plazentare Über- tragung entstandene aufzufassen ist. Frühzeitige Affektion des Ductus thoracicus vermag eben durch das Ausstreuen grofser Tb-Mengen in die Blutbahn überraschend schnell zum Tode zu führen.

Bei der Verfütterung geringer Tb-Quantitäten (bis herab zu 0,0028 g) liefs sich die Infektionspforte an den Verdauungswegen deutlich feststellen. Es darf aber unter Verdauungswegen nicht allein der Magen und Darm verstanden werden, sondern auch die Mundhöhle bietet sehr günstige Verhältnisse für das Ein- dringen der Bazillen (eine Meinung, der nebenbei gesagt, B ol- lin ger schon vor mehr als 30 Jahren Ausdruck gab). So haben wir zahlreiche Fälle, wo vom Darm, zumeist vom Processus vermiformis aus, die Erkrankung zustande gekommen ist. Die starke Beteiligung der Leberhilusdrüse läfst sogar an gelegentliche Infektion vom Magen aus denken; andere Fälle wieder weisen auf die Tonsillen als Eintrittspforte hin. Bei einigen Tieren, be- sonders wenn mittlere Tb-Quantitäten (0,02 g und darüber) ge- geben wurden, hat eine gleichzeitige Infektion von der Mundhöhle wie vom Darm aus stattgefunden.

Eine Verschleierung der Ergebnisse wurde bei mehreren Be- obachtungen dadurch herbeigeführt, dafs offenbar bei der Fütterung Flüssigkeitsmengen in die Lungen hinein aspiriert wurden, und dort sogleich eine Erkrankung der Lungen selbst oder der zu- nächst gelegenen Drüsen herbeigeführt haben (vielleicht an den Stellen, die nach Abrikosoff bei der Inhalationstuberkulose zuerst zu erkranken pflegen). Dafür, dafs der intestinalen Infektion zunächst ein Krankheitsbild folge, vergleichbar der menschlichen Skrofulöse, wie v. Behring es schildert, hat sich kein Anhalts- punkt ergeben, vielmehr schien stets der erste Erkrankungsherd bei der Obduktion auch der am weitesten vorgeschrit- tene zu sein. Die isolierten Halsdrüsenerkrankungen, eingetreten nach Aufnahme ganz geringer Tb-Mengen, sprechen sehr dafür, dafs überall da, wo eine starke Affektion derselben zu finden ist, welche die übrigen Drüsenerkrankungen an Mächtigkeit übertrifft,

Von Dr. Albert Uffenbeimer. .»1

auch wirklich die Halsdrüseu der erste Sitz der Erkrankung gewesen sind. Keinesfalls dürfen wir annehmen, dafs sie erst von den Lymphdrüsen der Bauchhöhle aus infiziert worden sind, wo wir die beiden Gruppen erkrankt, aber die dazwischen liegen- den Lymphdrüsen vollkommen intakt finden. Ich führe als Kronzeugen dieser Anschauung Com et an, nach dessen an Tausenden von Tieren festgestellten Befunden die Ausbreitung der Tuberkulose schrittweise verfolgt werden kann, »indem die Drüsen von der Infektionspforte aus eine Kette an Gröfse suk- zessiv abnehmender kugeliger oder bohnenförmiger Gebilde dar- stellen, deren Durchschnitte die Altersdifferenz des Prozesses deutlich zu erkennen geben, c Für beinahe alle Ergebnisse unserer Experimente lassen sich übrigens auch klinische und pathologisch- anatomische Erfahrungen am Menschen beibringen.^)

n. Reihe. Verftltterung der Tb in trockenem Zustande.

Hier kommen 14 Versuche in Betracht, da aber bei 11 Tieren der Tod resp. die Tötung und Verarbeitung der Organe so früh erfolgte, dafs makroskopisch noch keine Veränderungen wahrnehmbar waren, habe ich zunächst nur vier Obduktionen zu schildern.

22. 17. V. 1904. Junges f 11, 100 g schwer, Vs ^^^f^ ^^^» erhält 0,029 g Tb. Getötet nach 73 Tagen.

Resultat: Sehr weit vorgeschrittene Tuberkulose, die ein sicheres Urteil über den Primirsitz der Infektion nicht mehr ermöglicht.

23. 26. V. 1904. Junges q II, 70 g schwer, 1 Tag alt, erhält 0,005 g Tb. Getötet nach 68 Tagen.

Obduktion: Zwei ProzessusdrQsen, stark vergröfsert, die eine hasel- nufskerngrofs, mit starken Erweichungsberden im Innern. Im Jejunum, ganz besonders aber im Ileum, stark Ober das Schleimhautniveau promi- nierende Plaques, von denen einige in ihrer Mitte kleine, Stecknadelknopf- grofse Verkflsungen tragen. Leberhilus- und Cöcaldrüse leicht vergröfsert und getrübt. Zwei Halsdrüsen über linsengro£s, mit kleinen käsigen Er- weichungsherden im Innern Trachealdrüse ebenfalls ungefähr auf das Doppelte vergröfsert, mit kleinem Erweichungsherd. Kleiner gelatinöser Herd im rechten Oberlappen.

1) Für den letzten Punkt (Doppel-Infektion) hat Ribbert neuerdings Material am Menschen gesammelt.

Qo £zp«rim. Stadien Aber die Darchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

Mikroskopisch zeigt sich die Schleimhautoberflttche der taberkulöseii Darropartien völlig intakt Der Prosefis ist auf die Sabmucosa beschränkt und hat hier sor Bildung wohl charakterisierter Epithelialtuberkel geführt, die an einigen Stellen bereits zentral verkäsen. Tb nicht auffindbar.

Resultat: Primäre Tuberkulose der Prozessusdrüsen, viel- leicht gleichzeitige Infektion der Halsdrüsen. Für die Genese der Darmtuberkulose haben sich keine sicheren Anhaltspunkte ergeben. Von der Oberfläche der Schleimhaut ist sie nicht ausgegangen, sie hat sich viel- mehr im Lymphapparat (der Submucosa) gebildet. Es mufs deshalb an einen retrograden Transport von den zuerst befallenen Lymph- drüsen aus gedacht werden. Die lange Zeit bis zum Beginn der Darm- affektion spricht wohl auch für diese indirekte Entstehung.

24. 24. V. 1904. Junges p III, 80 g schwer, erhält 0,005 g Tb. Getötet nach 67 Tagen.

Resultat: Fast völlig der gleiche Befund wie im vorigen Fall. Darmtuberkulose etwas weiter vorgeschritten, aber noch ohne Ulcera, ganz wenige Tb in den verkästen Plaques.

25. 26. V. 1904. Junges N I, 80 g schwer, erhält 0,005 g Tb. Getötet nach 16 Tagen.

Resultat: Isolierte Tuberkulose der Prozessusdrüsen.

Die Befunde an den mit trocken verabreichter Tb- Kultur gefütterten Neugeborenen stimmen völlig über- ein mit den bereits geschilderten. Aspiration in die Lungen mit ihren Folgen war dabei ausgeschlossen, da- gegen zeigte sich bei zwei sehr spät (67 und 68 Tage nach der Fütterung) getöteten Tieren Darmtuberkulose. Da in den untersuchten Plaques, die makroskopisch nicht tuberkulös waren, weder in Quetschpräparaten noch in Schnitten Tb sich fanden, auch sonst keine pathologischen Veränderungen nach- gewiesen werden konnten, so gewinnt der oben ausgesprochene Gedanke, nach welchem die Darmtuberkulose retrograd von den affizierten Lymphdrüsen aus entstanden ist, an Wahrscheinlichkeit.

Auf retrograde lymphogene Metastasen von Bakterien, Ge- schwulstzellen usw. hat übrigens in letzter Zeit Tendeloo in verschiedenen Veröffentlichungen aufmerksam gemacht. Butter- sack ist für die retrograd entstehende Bildung von Darm- geschwüren eingetreten und Ribbert hat sich ebenfalls vor kurzem für den retrograden Transport der Tb durch den Lymph-

V^on Dr. Albert ÜfFenheimef.

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Strom erklärt. Ich setze mich mit dieser Meinung in Wider- spruch mit den experimentellen Ergebnissen Baumgartens (dessen 40 Fütterungsversuchen ich aber die gleiche Anzahl ent- gegensetzen kann), erfreue mich dagegen der Übereinstimmung mit Orth, Wesener und Dobroklonsky.

Jedenfalls zeigen die immer wiederkehrenden Infektionen der Prozessus- und anderer zum Darm gehöriger Drüsen, ohne dafs der Darm selbst dabei erkrankt ist, dafs die Tb seine Schleimhaut mit Leichtigkeit passieren können. Tchistovitch hat dies beim Menschen früher auch schon mikroskopisch festgestellt. Die Tonsillen des Meerschweinchens verhalten sich in dieser Beziehung vollständig wie der Darm. Ich habe eine grofse Anzahl von ihnen in Serienschnitten untersucht, ohne auch nur einmal Tb oder irgend welche tuberkulöse Veränderungen auffinden zu können. Hier mufs ich einschalten, dafs die Ton- sille des Meerschweinchens sich anatomisch ganz anders verhält wie die des Menschen. Zu meiner Verwunderung habe ich das gesuchte Follikelgewebe an keiner Stelle in ihr finden können, die Schnitte zeigen vielmehr kleine Drüsen, ganz ähnlich den Speicheldrüsen. Als mir immer wieder diese Befunde vorkamen, konnte ich nicht länger zweifeln, dafs sie für das Meerschweinchen typisch sind. In dem Lehrbuch der vergleichenden mikroskopischen Anatomie der Wirbeltiere von Oppel allein fand ich später eine Bestätigung dieser Wahrnehmungen. Nach Oppel scheinen die Beobachtungen von Schmidt aus früherer Zeit mit den meinigen vollkommen übereinzustimmen. Drews allerdings will auch in den Tonsillen des Meerschweinchens Mitosen-haltige Noduli gesehen haben. Trotz ihres differenten Baues ist aber offenbar der Meerschweinchen- und Menschentonsille doch die Durchgängigkeit für den Tb gemeinsam. Über die Tonsille (und den Pharynx) als Eingangspforte für die Tuberkulose beim Menschen liegen ja auch schon zahlreiche Arbeiten vor, von denen ich nur die letzten von Wassermann und Ito hier ausdrückhch erwähnen möchte.

Noch eine weitere Stelle der Mundhöhle hat man gleichfalls als Eintrittsstelle für die Tb beschuldigen wollen. Stare k,

Archiv für Hygiene. Bd. LV. 3

34 ßxperim. Studien über die Durchgängigkcit des Mageudarmkanalefl etc

Körner und Partsch betonen nämlich die grolse Rolle der Zahncaries bei der Ätiologie der Halslymphome. Insbesondere Starck meint, dafs in Anbetracht des Umstandes, dafs nicht nur bei Phthisikern sondern auch bei sonst gesunden Leuten in kariösen Zähnen Tb gefunden worden sind, die tuberkulösen Halslymphome vielfach von kariösen Zähnen her entstehen. Das positive Material, das die drei Autoren beibringen können, ist aber sehr klein. Das junge Meerschweinchen hat keine kariösen Zähne und doch erkranken seine Halslymph- drüsen so leicht an der Tuberkulose. Ich glaube darnach doch, dafs wir uns im allgemeinen lieber an die Durchgängig- keit der Rachenschleimhaut, vor allem der Tonsille halten sollen. Ganz besonders dürfen wir Kinderärzte aber Westenhöffer nicht zugeben, dafs die Zahnung es ist, welche für die Tuber- kuloseinfektion im pathologisch veränderten Zahnfleisch (von dem man seit Kassowitz's vorzüglichem Buch nicht mehr sprechen sollte) durch Eröffnung zahlreicher Lymphgefäfse im Munde den Boden schafft.

Ich lasse nunmehr die Protokolle der mit Bouillonauf- schwemmungen gefütterten vier erwachsenen Tiere folgen. Zwischen 380 und 500 g schwer, erhielten sie je 0,151 g Tb, also eine Dosis, welche für die Neugeborenen bereits als eine sehr grolse zu gelten hat.

26. 3. V. 1904. Altes Meerschweinchen o;, getötet nach 7 Monaten. Obduktion: ProzessusdrUsen stark geschwellt, doppelerbsengrors,

aufserordentlich derb. Durchschnitt weifslich getrübt, in der Mitte gelb- bräunlich. Keine Erweichung. In Leber und Milz ganz wenige graue miliare Tuberkel. Halsdrüsen erbsongrofs, derb, weifslich, mit kleinen gelben Nekroseherden auf dem Durchschnitt. Tracheal- und Bifurkationsdrüsen auf dem Durchschnitt ebenso, aber nur linsengrofs. In der Lunge nur wenige graue Miliartuberkel.

Resultat: Eine Doppelinfektion vom Hals und vom Pro- zessus aus kann in diesem Fall kaum zweifelhaft sein, wenn man die Gröfse und das Aussehen der einzelnen Drüsen als mafs- gebend anerkennt.

27. 3. V. 11)04. Altes Meerschweinchen J), spontan gestorben nach 5 Monaten.

Obduktion: Tod erfolgt an fibrinös-eitriger Peritonitis, Pleuritis, Peri- carditis.

Von Dr. Albert Üffenheimef. 35

Fünf Halsdrüsen stark vergröfsert, bis über Olivengröfse, mit allen Stadien der Tuberkulose bis zur Erweichung. Tuberkulose der intrathora- calen Drüsen. Lungenherdcben. Miliartuberkulose der Lunge, lieber, Milz. Abdomen ganz frei.

Resultat: Unzweifelhafte primäre Halsdrüsentuberkulose.

28. 3. V. 1904. Altes Meerschweinchen % getötet nach 92 Tagen. Obduktion: Prozessusdrüsen gelblich, etwas über erbsengrofs, schwach

getrübt. Eine Halsdrüse haselnufskerngrofs mit grofser Käsehöhle im Innern, andere Halsdrüsen schwach vergröfsert. Trachealdrüse von normaler Gröfse, kaum getrübt.

Mikroskopisch: Prozessusdrüse zeigt gut ausgebildete Epitheloid- zellentuberkel mit zahlreichen Riesenzellen. Es gelingt nicht, Tb nach- zuweisen. Die Tuberkel sind aufserordentlich deutlich gegenüber der nor- malen Umgebung abgegrenzt.

Resultat: Gleichzeitigeinfektion vom Prozessusund Hals aus.

29. 3. V. 1904. Altes Meerschweinchen ;f, getötet nach 29 Tagen. Obduktion: Processusdrüsen doppelt erbsengrofs, stark getrübt. Im

Innern weifslichgelbliche Herdchen. Beginn der Verkäsung. Die übrigen zum Darm gehörigen Lymphdrüsen schwächer erkrankt. Halsdrüsen etwas geschwellt, bis Linsengröfse, deutlich getrübt. Auf dem Durchschnitt kleine weifsliche Herdchen. Trachealdrüsen unter liosengrofs, schwach getrübt.

Resultat: Wahrscheinlich gleichzeitige Infektion vom Pro- zessus und Hals aus.

Diese au den vier Alten vorgenommenen Fütterungsversuche ergeben eine aufserordentliche Übereinstimmung mit denen der Neugeborenen. Die überaus langsam und gutartig verlaufenden Erkrankungsformen machen es zur Gewifsheit, dafs die verfütterte Dosis derjenigen nahekommt, mit welcher keine Infektion mehr zu erzielen ist und lassen anderseits vollgültige Rückschlüsse auf den Infektionsort zu. Auch hier sitzt wieder in einem Fall der Primärherd in den Halsdrüsen, und in den drei übrigen Fällen ist eine gleichzeitige Infektion von der Mundhöhle und vom Processus vermiformis aus kaum zu bezweifeln. Der Tb geht demnach ebensogut durch die Schleimhäute der alten wie der jungen Meerschweinchen hindurch, es handelt sich lediglich, dem verschiedenen Alter und der verschiedenen Schwere der Tiere entsprechend, um Unterschiede in der Gröfse der zur Infektion erforder- lichen Dosen.

Es wird übrigens von Interesse sein, zu erfahren, dafs von der Darmwand des erwachsenen Meerschweinchens vor 30 Jahren

Experim. Studien über die Darchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

von Wesen er eine Ansicht ausgesprochen wurde, die dem von Behring für die Neugeborenen aufgestellten Satz aufserordentlich nahekommt. Wesener sagt: >Es ist jedoch nicht aufser acht zu lassen, dafs wie den andern im Darmkanal enthaltenen zahl- reichen Organismen, so auch den Tuberkelbazillen gegen- über die Darmwand vielleicht als Filter wirkte Also hier wie dort die Annahme, dafs der Darm den Bazillen gegen- über ein Filter vorstelle. £ine andere Auffassung liegt aber viel- leicht näher.

Man rufe sich nur ins Gedächtnis zurück, wie unregelmäfsig in der Zeit vor der Entdeckung des Tb durch Robert Koch die Fütterungsversuche ausfielen.^) Als jedoch 1884 Baumgarten mit Tb (»aus gequetschten Tuberkelmassen c) versetzte Milch ver- abreichte, gelang es ihm stets, vom Intestinaltrakt ausgehende Tuberkulose zu erzielen. Es kommt also tatsächlich nur darauf an, dafs virulente Tb in genügender Menge 2) verfüttert werden, um regelmäfsig bei alten wie jungen Meerschweinchen Tuberkulose zu erzielen. Bei diesem Sachverhalt scheint es vielmehr an- gemessen, sich zu erinnern, dafs in der Skala der Empfindlich- keit gegen den Tb diese Tierspezies obenan steht (v. Behring), und es liegt somit vielleicht der Gedanke nahe, dafs die Darm- wand des Meerschweinchens eben in besonderer Weise durch- lässig ist für den Tb, oder, um das, was mir vorschwebt, klarer auszudrücken: Je gröfser die natürliche Disposition')

1) Dabei waren, wie z. B. an Orths Experimenten nachgewiesen wurde, gerade an den positiven Resultaten oft genug Fehler in der Versuchs- anordnung schuld (Verletzungen beim Kauen der verkalkten Perlsocht- massen).

2) Nach unten hin dürften wir wie aus den Protokollen zn ersehen wie bei den erwachsenen, so auch bei den neugeborenen Meerschweinchen der Menge nahe gekommen sein, die bei einmaliger Verf ütterung eben noch zur Infektion führt.

3) Allgemein hat Grawitz 1901 ausgesprochen, das Eindringen der Tb setze > Disposition« voraus, wie beispielsweise die Noma-Erreger besonders bei schwächlichen Kindern, die Gangränerreger beim Diabetiker. Weiterhin kann auf die von Perez gefundene wichtige Erscheinung hingewiesen werden, dafs Bakterien aus den Drüsen weniger empfänglicher Tiere rascher verschwinden als aus denjenigen der sehr empfänglichen Tiere.

Von Dr. Albert Üffenheimer. '^

einer Tierart für die Tuberkulose ist, desto weniger Sehutzkraft vermag der Darm eben dieser Spezies gegen das Eindringen des Tb auszuüben.

Die völlig differenten Ergebnisse unserer Milzbrand- und Tuberkelbazillen- Versuche (die sicher nicht allein durch Resistenz- unterschiede der Bakterien den Verdauungssäften gegenüber er- klärt sind Falck, Baumgarten, Fischer) weisen mit allem Nachdruck auf ein solches Gesetz hin.

Nachdem durch die vorausgehenden Untersuchungen fest- gestellt war:

1. dals sich Fütterungstuberkulose auch nach einmaliger Verabreichung geringer Tb-Mengen regelmälsig erzielen lasse, und nachdem

2. die gewöhnlichen Infektionspforten gefunden waren, galt es, durch frühzeitige Tötung nach der Fütterung, Untersuchungs- material zu sammeln über das Verhalten des frisch dem Magen- darmschlauch einverleibten Tb den verschiedenen Geweben gegen- über. Hierüber mulsten uns belehren : anatomische Untersuchungen des Darmkanals selbst und der Tb-Nachweis im Blut und in den verschiedenen Lymphdrüsen des Körpers. Wo derselbe weder durch Quetsch- noch durch Schnittpräparate zu erzielen war, wurde zur Weiterverimpfung auf den Meerschweinchenkörper gegriffen. Gerade auf die Lymphdrüsen wandte ich deshalb mein Augen- merk, weil sie ja erfahrungsgemäls in den Körper eingedrungene xMikroben zurückhalten, und weil aus den vorausgehenden Unter- suchungen hervorging, dafs sie zuerst von der Tuberkulose be- fallen werden. Es lag sehr im Bereich der Wahrscheinlichkeit, dafs einzelne Tb aufserordentlich schnell in das Blut und die Lymphe übergehen könnten. Nicolas und Des cos haben nämlich in 3 ganz kurzen Veröffentlichungen, denen leider keine genaue Schilderung der Experimente beigegeben ist, festgestellt, dafs sie schon 3 Stunden nach Verabreichung grofser Tb-Mengen einzelne Exemplare durch Färbung wie durch den Tierversuch im Ductus thoracicus nachweisen konnten. Es interes- sierte mich also besonders die Frage, ob in den Drüsen früh- zeitig Tb zu finden seien und wenn ja, ob die eingedrungenen

40

Experim. Stadien über die Durchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

gehörigen Drüse fand ich ebenfalls keine Tb Auch in der Tonsille liefsen sieh nirgends Tb erkennen. Von o II wurden 2 Meer- schweinchen mit Blut und Mesenterialdrüse geimpft.

5. 29. III. 1904, Jnnges ^ I, 50 g schwer, 1 Tag alt, erhält 0,075 g Tb. Getötet nach 37i Standen.

Im Magen des Tieres (Schnitte von den verschiedensten Ge- genden) glaubte ich zuerst das Durchtreten zahlreicher Tb durch die Schleimhaut bemerken zu können; es erwies sich aber bald, dafs ich durch künstlich in die Schnitte hineingeschwemmte, aus dem Magenhohlraum stammende Bazillen getäuscht worden war.^)

An mehreren (sehr wenigen) Orten jedoch sah ich auch in diesem Präparate Tb, die allem Anschein nach wirklich ins Schleimhautepithel eingedrungen waren. So lag an einer Stelle ein Bazillus direkt neben dem Kern im Protoplasma einer Epithelzelle, beim Verschieben der Mikrometerschraube genau in gleicher Höhe mit dem optischen Querschnitt des Kernes. Auch im Dickdarm konnten mehrmals einzelne ins Int er stitium zwischen 2 Epithelzellen eingedrungene Tb wahrgenommen werden.

Schnitte durch die Cöcal- und Prozessusdrüsen ergaben aber noch ein völliges Freisein derselben von Tb (stets Serien- schnitte).

n. Reihe. Trockene VerfÜtterung der Tb.

6. 24. y. 1904. Junges q I, 60 g schwer, 1 Tag alt, erhält 0,005 g Tb. Getötet nach 9 Tagen.

Drüsenverändernngen noch nicht charakteristisch.

Blut und Drüsen an 5 Meerschweinchen weiter verimpft.

7. 24. V. 1904. Junges p II, 80 g schwer, 30 Stunden alt, erhält 0,005 g Tb. Getötet nach 6V, Tagen.

1) Ich konnte nämlich deutlich beobachten, wie durch den Druck des Immersions Objektivs auf das Deckglas bei noch nicht erstarrtem Kanada- baisam Bazillenhäufchen und Einzelexemplare des Tb langsam aus dem Lumen in den Schnitt selbst hineinschwammen. Um solche Zufälle zu ver- meiden, habe ich später die Mägen und Därme gleich nach der Sektion für kurze Zeit in kochendes Wasser geworfen (Erstarren der Lymphe), teils in Celloidin eingebettet und die Untersuchung der Präparate erat nach dem Trocken worden des Kanadabalsams vorgenommen.

41 Von Dr. Albert Uffenheimer.

Aasstrich Präparate aus Magen- und Darminhalt: keine Tb.

Quetschpräparate von Dünndarmdrüse: keine Tb.

Blut und Drüsen an 4 Meerschweinchen weiter verimpft.

8. 17. IX. 1904. Junges f IV, 80 g schwer, l»/* Tag alt, erhält sehr grofse Mengen Tb (mindestens 0,3 g). Getötet nach 5 Tagen.

In Quetschpräparaten einerLeber hilu 8- (Pylorus-) Drüse gelingt der Nachweis eines sicheren Tb. In Präparaten aus drei kleinen Netzdrüsen wird eben- falls ein sicherer Tb nachgewiesen.

Hier ist der Ort, einzusehalten, dafs (wie ich mich durch zahlreiche Untersuchungen an normalen Tieren überzeugt habe) sowohl diese Drüschen am Netz wie auch die kleine Drüse am Cöcura bei allen jungen Meerschweinchen vorhanden ist. Es handelt sich nicht wie man nach den Behringschen Mitteilungen wohl annehmen mufs^) um durch die Tätigkeit des Tb hervorgerufene Neubildungen, Ich habe auch von solchen Knötchen verschiedentlich Serien angelegt und hierbei gesehen, dals sie völlig wie Lymphdrüsen gebaut sind.

9. u. 10. 20. V. 1904. Junges b I und H, je 70 g schwer, V* Tag alt erhalten 0,005 und 0,009 g Tb. Sie starben spontan an Sepsis*) nach 37i resp. 5 Vi Tagen.

1) > Wenige Tage später . . . submiliare Verdickungen im kleinen und grofsen Netz, mit Tb, sowie kleine Knötchen an einer dem Blinddarm nahe- gelegenen Stelle der Mesenterialwurzel.«

2) Die Mutter dieser beiden Tierchen starb am 24. V. 1904 an Sepsis (Peritonitis mit jauchigem Exsudat. Starke Trübung des Leberparenchyms. Riesige Infektionsmilz. Nephritis. Adhäsivpleuritis. Pneumonie). Da sich bei den Obduktionen der Jungen (von denen das eine gleichzeitig mit der Mutter starb, das andere 2 Tage später) ganz gleichartige Veränderungen fanden, so untersuchte ich die drei Fälle darauf, ob etwa eine Infektion der Neugeborenen durch die Säugung nachzuweisen war.

Es gelang mir aus verschiedenen Organen der drei Tiere ana6robe Stäbchen rein zu züchten, die ich nicht näher bestimmen konnte, deren Aussehen auf den Kulturen jedoch nicht völlig identisch war. Aufserdem wuchsen aus den Organen der Jungen und Alten zur Coli-Gruppe gehörige Stäbchen. Die Untersuchung der Milchdrüsen der Alten nach verschiedenen Färbungsmethoden (auch Gram) ergab völliges Freisein der Drüse von M kroben. Auch in den noch sehr viele Milchkügelchen enthaltenden Milch-

^^ Ezperiiu. Studien über die Durcbgängigkeit des Magendarmkanales etc.

Qaettfch Präparate aas verschiedeiien Organen, antersacbt auf Tb : negativ.

11., 12., 13. 20. V. 1904. Jauge 1 I, 1 H. 1 UI, 65, 65 and 60 g schwer, 10 Standen alt, erbalten 0,014—0,0*27 and 0,025g Tb. Sie gingen spon- tan ein und zwar 1 II kurz nacb der FQttemng an septiscber Pneumonie, die beiden anderen 4 Tage später, wahrscbeinlicb an Lebensscbwäcbe. Denn die Obduktionen ergaben nichts Pathologisches.

Die von den Drüsen angelegten Quetsch präparate enthielten bei allen drei Tieren keine Tb. Im Mageninhalt von 1 II waren noch zahlreiche Tb, dagegen noch keine solchen in dem Streptokokken haltigen Cöcum. Das Tier mufs demnach sehr schnell nach der Fütterung (abends vorgenommen^ gestorben sein.

14. 17. IX. 1904. Junges f III, 80 g schwer, 1*/« Tage alt, erhält grofse Mengen Tb (mindestens 0,3 g). Getötet nach 3 Tagen.

Quetsch präparate :

a) kleines Netzknötchen enthielt wenige sichere Tb.

b) Leberhilusdrüse: zwei sichere Tb.

c) DrüBchen im vom Leberbilus 'zum Zwerchfell hinaufführenden Bindegewebe gelegen : keine Tb.

d) Halsdrüse: keine Tb.

e) Trachealdrüse : keine Tb.

f) Tonsille: vielerlei Mikroben, aber keine Tb.

g) Drüschen aus dem kleinen Netz: keine Tb.

15. 17. V. 1904. Junges f I, 100 g schwer. V, Tag alt, erhält 0,029 g Tb. Getötet nach 3 Tagen.

Im Magen keine Tb mehr, in Processus vermiformis noch vereinzelte Exemplare.

Quetschpräparate von Omentumdrüse : keine Tb.

Blut und Drüsen aus Meerschweinchen weiter verinipft

Die Ergebnisse dieser anatomischen Untersuchungen sind: Bei Verfütterung sehr grolser Mengen von Tb finden sich einzelne Exemplare schon nach wenigen Tagen in Drüschen des Netzes und des Leberhilus. Bei Aufnahme kleinerer Tb-Mengen in den Darm mils- lingt aber in dieser Zeit der anatomische Nachweis der Tb in den Drüsen. Der Durchgang der Tb durch den Magendarmkanal geht wahrscheinlich sehr rasch

gangen waren nirgends Bakterien zu sehen. Eine Ansteckung der Jungen durch die Säugung konnte also nicht nachgewiesen werden; eher liefse sich hier an eine perkutane Infektion von der Nabelwunde aus denken, wie sie von Gefsner und neuerdings (in einem Münchener Vortrag) auch von Behring vertreten wird.

Von Dr. Albert Uffenheimer. ^3

nach der Fütterung vor sich. An einzelnen Stadien des Durchgangs konnten, zumeist am Cöcum und Processus vermiformis, festgestellt werden:

1. Einbettung der Tb in die obere Schleimschicht des Epithels, vorhergehendes (?) Zurückweichen der Schleimhaut vor dem Tb.

2. Aufnahme in Epithelzellen selbst oder in das Interstitium nebeneinander liegender Zellen.

Weitere Stadien der Durchwauderung kamen nicht mehr zur Beobachtung.

Eine Reizung der Darmschleimhaut durch die Tb selbst habe ich nie gesehen. Die Art und Weise, wie Nebelthau das Verhalten der Tb im Darm gröfserer Versuchstiere studierte, entspricht gar nicht den natürlichen Verhältnissen. Durch die zur Isolierung der Dünndarmschlingen notwendige Abklemmung mittels Kautschukschläuchen wurden ganz abnorme Zirkulations- bedingungen gesetzt, und es bezeugen auch manche Notizen von Nebelthau selbst, dafs nach Ablauf gewisser Zeit arge patho- logische Veränderungen, von der entzündlichen Hyperämie bis zur nekrotischen Geschwürsbildung und diphtheritischen Belägen, eingetreten sind (a. a. 0. S. 584/85).

Die „EnStchenlunge^^

Was ich bis jetzt berichten konnte, sind gesicherte Resultate, der letzte Teil dieses Kapitels beschäftigt sich dagegen mit Be- funden, die eine ganz zweifelsfreie Erklärung noch nicht zulassen, die aber wegen ihrer Merkwürdig- keit einer ausführlichen Erörterung wert sind.

Es sind Befunde, welche ich an denjenigen Meer- schweinchen machte, die mit Blut und Drüsen vor kurzer Zeit mit Tb gefütterter Neugeborner geimpft wurden.

Das Blut wurde mit all den bei den Milzbrandversuchen Nr. 11 und 12 geschilderten Kautelen dem Herzen des narkoti- sierten Tieres entnommen, darnach wurde das Tier getötet. Hierauf schritt ich zur Ablösung der einzelnen Drüsen. Diese wurden

^ Experim. Studien aber die Darcbgängigkeit des MagendarmkanaleB etc.

dann gesunden Meerschweineben unter die Bauehhaut eingenäht, das Blut wurde aus der Spritze, mit der es dem Herzen ent- nommen war, subkutan unter die Bauehhaut injiziert.

Die ersten Obduktionen der so behandelten Tiere, die ich vornahm, ergaben glatte Resorption an der Impfstelle und keine Organveränderungen. Bald aber zeigten sich wenn eine längere Zeit nach der Impfung verstrichen war eigenartige Knötchen in den Lungen, die um so gröfser, resp. zahlreicher wurden, je mehr Zeit zwischen Impfung und Tötung gelegen war. Eine nochmalige Durchmusterung der früher obduzierten Tiere, bei denen das ungeübte Auge damals noch alles normal befunden hätte, zeigte dann bei dem noch vorhandenen Material (z. B. bei Meerschweinchen 33t und 31) ebenfalls eine solche Knötchenbildung im früheren Stadium. Ehe ich eine genaue Beschreibung hiervon gebe, lasse ich eine Übersicht über die so behandelten Tiere folgen. Ihre Aufzählung richtet sich nach dem zwischen Impfung und Tötung vergangenen Zeitraum (Rubrik 4 der Tabelle).

(Folgt Tabelle aaf S. 46—49.)

Wie aus den Obduktions- Protokollen hervorgeht, zeigten sich in den anfänglichen Stadien ganz kleine an der Grenze der Sichtbarkeit stehende runde Knötchen, die graudurchsichtig waren. Mit dem weiteren Fortschreiten des Prozesses nahmen sie an Um- fang zu, häufig wurden sie hirsekorngrofs, wuchsen gelegentlich auch noch darüber hinaus. Bei solcher Entwicklung zeigten sie ein graues Aussehen, überragten auf dem Durchschnitt die Schnitt- fläche etwas und hatten einige Ähnlichkeit mit den grauen Tuberkeln (vgl. Fig. 1), doch zeichneten sie sich durch eine gröfsere Transparenz vor diesen aus.

Dafs diese Knötchen ^) tuberkulöser Natur sein könnten, war von vorn herein anzuzweifeln, denn es fehlte regelmäfsig eine lokale Erkrankung der Impfstelle, die im Experiment nie ver- mifst wird.

1) Der Kürze halber spreche ich weiterhin nur von »Knötchen« nnd » Knötcbenlunge« .

Von Dr. Albert Üflenheimer.

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Dennoch genügte natürlich dieser Umstand nicht zur Ab- lehnung einer durch die Impfung entstandenen tuberkulösen Er- krankung. Ich nahm deshalb zunächst histologische Unter- suchungen der eigenartigen Gebilde vor. Für dieselben schnitt ich diejenigen Lungenstückchen, welche die gröfsten Knötchen enthielten, aus und verarbeitete sie zu Schnittserien. Auf Tb färbte ich nach Ziehl-Neelsen, 24 Stunden lang im kalten Karbolfuchsin, doch' wandte ich um völlig sicher zu gehen allerlei Modifikationen an. Ich kann als Resultat der aufser- ordenüich zahlreichen Untersuchungen (fast von jedem Tier ver- arbeitete ich ein oder mehrere Lungenstückchen in Serien) sum- marisch berichten, dafs sich niemals Tuberkelbazillen in den Knötchen gefunden haben. Der histologische Aufbau, von dem ich später spreche, führte ebenfalls zur Verwerfung einer tuberkulösen Erkrankung.

Ich machte noch weiterhin den Versuch der Übertragung knötchenhaltiger Teile auf neue Tiere. So impfte ich ein Meer- schweinchen (69) mit vielen Knötchen der Lunge des Meer- schweinchens U intraperitoneal. Nach 9 Monaten zeigte das neugeimpfte Tier nirgends eine Spur von Tuber- kulose, wohl aber zu meiner gröfsten Überraschung zahl- reiche kleine Knötchen von genau der gleichen Art wie die früher verimpften in seiner Lunge.

Lungenknötchen des Meerschweinchens S brachte ich in die vordere Augenkammer eines neuen Meerschweinchens (107)und eines Kaninchens hinein. Eine örtliche Tuberkulose ist auch darnach nicht eingetreten. Die Tötung und Obduktion der Tiere will ich erst in mehreren Monaten vornehmen, um mich dann überzeugen zu können, ob auch bei ihnen Knötchen in den Lungen entstanden sind. Aufserdem machte ich bei den am längsten am Leben gelassenen Tieren, die im ganzen bei der Obduktion die zahlreichsten und gröfsten Knötchen zeigten, Tuberkulin- Injektionen.

Sowohl bei Meerschweinchen % wie bei S trat nach Einspritzung von 0,3 ccm Neu-Tuberkulin nicht die geringste Reaktion ein,

Von Ür. Albert Üffenheimei'. 51

mit Ausnahme eiuer mäfsigen Gewichtsabnahme, die sich in gleichem Mafse bei den Eontrolltieren zeigte. (30. I. 05.)

Ganz ebenso wenig reagierten die Tiere a I, er II und y I auf die Injektion von 0,5 ccm Alt-Tuberkulin (am 14. II. 05) und späterhin (am 28. II. 05) (7 1, a II und 93 auf die riesige Menge von 2,5 resp. 3 ccm Alt-Tuberkulin. Nur bei y I und % wiesen bei der Obduktion (nach Tötung mit Chloroform) einige der grauen Knötchen einen roten Hof auf, entstanden durch Eapillar- hyperämie. Nach all diesen Befunden darf wohl mit Sicher- heit ausgesprochen werden, dafs die Knötchen keine tuberkulösen Bildungen sind.

Nun ist uns zur Genüge bekannt, dafs auch tote Tuberkel- bazillen Knötchenbildungen erzeugen können (Römer), nach Marcantonio soll das Serum und das defibrinierte Blut mit experimenteller akuter Miliartuberkulose behafteter Tiere auch nach Filtration durch das Chamberlandsche Filter bei intraperi- tonealer oder subkutaner Impfung in Lunge, Leber und Milz tuberkuliforme Herde (ohne Bazillen und Riesenzellen) hervor- bringen. Bei intraperitoneal geimpften Meerschweinchen soll es typische Lebertuberkel hervorrufen können, ebenso erzeugen die in Äther resp. Chloroform gelösten Bestandteile der Tb nach dem gleichen Autor resp. nach Auclair gewisse Veränderungen, wie wir sie bei Tuberkulose zu sehen gewohnt sind.

Allen diesen Veränderungen ist aber gemeinsam, dafs sie denen der echten experimentell erzeugten oder unter den natür- lichen Verhältnissen entstandenen Tuberkulose äufserst ähnlich sind. Bei unseren Knötchen dagegen handelt es sich um ganz differente Bildungen. Denn sie stellen histologisch nichts anderes dar als aufserordentlich grofse Lymphknöt- chen, die eine ganz auffallende Tätigkeit zeigen.

Wir finden nämlich (vgl. Fig. 7) bei gewöhnlich recht

weiten Kapillaren der Umgebung Anhäufung von Zellen, deren

Kerne zumeist grofs, hell, wie aufgeblasen, sehr chromatinarm

sind ; bei manchen Kernen sammelt sich das Chromatin am Rande

an; wir sehen ferner als etwas besonders Charakteristisches in

grofser Anzahl Kemteilungsfiguren in allen Stadien. Auch auf

4*

eine öftere Anweäenheii zahlreicher eotsiiioC'hiler Zeüen in solchen Knj^tcben uzA den nahegelegenen BIuigefiJLisen bin ich aofmerk- sam geworden ob es sich aber cm eine konstante Begleic- ersoheinong handelt, kann ich hente noch nicht sagen. Das Knjjtchen vermag bei dieser reichen Tätigkeit, wie erwähnt, bis über MilinmgrO&e anzuschwellen and in den exqoisiten Fällen finden sich die Langen (am stärksten zumeist die Unieriappen) wie übersät von den kleinen Knötchen Fig. 3 and 5 im Gegen- satz zu Fig. 2 und 4j.

Als ich sicher zu sein Raubte, dals die Knötchen Ansamm- langen von L^rmphelementen seien, stellte ich mir die Frage, ob und in welcher Weise solche in der normalen Lunge verteilt seien.

Ich habe deshalb bei zahlreichen Meerschweinchen Serien- untersuchungen von Lungenstücken vorgenommen, bei ganz nor- malen Tieren sowohl, wie bei solchen, die einer Infektion erlegen waren oder eine solche überstanden hatten^). Ich fand in allen untersuchten Lungen kleinste Ansammlungen von Lymphelementen imd zwar ebensowohl bei jungen wie bei heranwachsenden und alten Tieren. Bei den neugebomen sind sie ganz klein, schein- bar auch spärlicher als bei älteren Tieren, mit dem fortschreiten- den Wachstum tritt eine gewisse Vergrölserung und Vermehrung ein. Dies adenoide Gewebe hat seine Prädilektionsorte direkt unter der Pleura, im penbronchialen Gewebe und in der Scheide kleiner Blutgefäfse. Sein enger Zusammenhang mit dem Gefäfs- system geht auch daraus hervor, dafs man die Gebilde sehr häutig von kleinen und kleinsten Arterien durchbohrt findet

Der mikroskopische Bau derselben ist gleich dem eines jeden Lymphknötchens. Abbildung 6 zeigt sehr gut die Zusammen- setzung eines sehr grofsen Konglomerates vom Lymphendothelien aus einer normalen Meerschweinchenlunge. Man sieht dort stark

1) Ich nahm zar Untersachang stets solche StQcke, in denen dem ma- kroskopischen Anblick zufolge sich die grOfsten Knötchen befanden. Darch Übang brachte ich es so weit, noch allerkleinste »stecknadelspitsgrofsec Knötchen za erkennen. Aaf Details darf ich hier nicht eingehen, hoffe aber später in aasführlicher Weise dies Thema umfassen zo können.

Von Dr. Albert Uffenheinier. r^3

chromatinhaltige, gleichmäfsig aussehende Zellen, die kaum etwas von einer gröfseren Tätigkeit erkennen lassen.

In den Lehrbüchern der Zoologie und der vergleichenden Anatomie konnte ich wenig Bemerkenswertes über diese Lymph- organe der Lunge finden.

Dennoch sind sie schon seit ziemlich langer Zeit beschrieben worden. Über die mit der Bronchialwand in inniger Beziehung stehendenLymphorganehabenBurdon-SandersonjC. A. Rüge, Klein, Friedländer, Schottelius und Frankenhäuser berichtet. Arnold und Lud er s machten vor allem auf das subpleural liegende lymphatische Gewebe der Lunge aufmerksam, und bei Ribbert, neuerdings beiSawada, bilden die Knötchen einen wesentlichen Punkt bei der Entstehung der hämatogenen Miliartuberkulose der Lunge.

Über die Deutung derselben ist man nicht immer einig ge- wesen, sie sind ebenso als normale Bestandteile angesehen worden, wie >als pathologische Produkte oder aber als mehr zufällige und unwesentliche Gebilde, c

Heute können wir es als gesichert betrachten und für das Meerschweinchen bieten auch meine Untersuchungen eine Stütze dafs man die Anwesenheit der lymphatischen Elemente in der Lunge als etwas ganz Normales ansprechen darf. Aber der be- sonders durch Arnolds Arbeiten errungene Standpunkt, dafs uicht nur bei den einzelnen Arten, sondern auch bei verschie- denen Individuen derselben Art Differenzen in der Verteilung und im Bau dieser lymphatischen Apparate sich finden, wird wieder zu verlassen sein. Wenn auch Verschiedenheiten in engen Grenzen zuzugeben sind, so bin ich nach meinen Untersuchungen heute der Überzeugung, dafs im allgemeinen das, was für indi- viduelle Abweichung angesehen wurde, ein pathologisches Produkt ist, oder besser ausgedrückt, eine Reaktion des Kör- pers gegen eingedrungene Noxen darstellt. Während nämUch bei den normalen Tieren fast ausnahmslos Verhältnis- mäfsig kleine, in grofser Ruhe befindliche Lymphorgane sich fanden (wie oben beschrieben), war bei den in der Tabelle aufgeführten Meer- schweinchen beinahe stets ein ganz anderes Verhalten zu bemerken.

54 Experim. Stadien über die Durchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

Hier darf ich zur besseren Begründung meiner folgenden Anschauungen einige Arbeiten von Bartel kurz einschalten. Der Autor versuchte der Fütterungstuberkulose beim Kaninchen durch Überimpfung von Drüsen, Tonsillen usw. auf Meerschwein- chen zu folgen und konnte dabei wiederholt in Organen Tb nach- weisen, wo makroskopisch keinerlei auf Tuberkulose deutende Veränderung zu konstatieren war, in einem Falle fand er sogar Latenz der Tuberkuloseerreger 104 Tage lang.

Mir ist im völligen Gegensatze hierzu wie die Tabelle zeigt der Nachweis der Tb auf dem gleichen Wege nicht ge- glückt. Da jedoch die im Vorhergehenden beschriebenen Ver- suche eindeutig erwiesen hatten, dafs sich ganz regelmäfsig durch die von mir verabreichten Tb-Quantitäten eine Fütterungstuber- kulose erreichen lälst, so muls ganz sicher zum mindesten ein Teil der durch Weiterverimpfung geprüften Organe Tb-haltig ge- wesen sein. (Man erinnere sich nur, dafs bis zu 10^/2 Tagen zwischen Fütterung und Tötung vergangen waren!). Einerseits wird die Differenz zwischen Bartels und meinen bezüglichen Versuchen sich erklären lassen aus einem verschiedenen Virulenz- grade der verwandten Bazillen, anderseits macht das Fehlen jeglicher tuberkulöser Erscheinungen bei meinen Impftieren und der gerade bei ihnen immer wiederkehrende ^^Knötchenc-Befund es aufserordentlich wahrscheinlich, dafs die Knötchen mit den bei der Impfung in den neuen Tierkörper mit eingebrachten Tb zusammenhängen.

Ich hatte, angeregt durch Nicolas und Descos (oben zi- tiert) und durch meine anatomischen Untersuchungen die Vor- stellung bekommen, dafs ganz schnell nach der Fütterung einzelne Tb in Drüsen einwandern. Nun wird gewils nicht jede Drüse deshalb gleich von Tuberkulose befallen, besonders die Bartel- schen Untersuchungen kommen ja den B eh ringschen Anschau- ungen von einer gewissen Latenz der Tb im tierischen Organis- mus entgegen. Meine Fütterungsresultate (des I. Teils) hatten gezeigt, dafs sehr häufig nur eine Drüsengruppe tuberkulös er- krankt war, in einer Anzahl von Fällen waren aber zweifellos verschiedene Gruppen gleichzeitig von der Tuberkulose ergriffen.

Von Dr. Albert Uffenheimer. 5«^

Es ging daraus für mich hervor, dafs wahrscheinlich die Infek- tionsmöglichkeit für viele Drüsengruppen in allen Fällen gegeben ist, dafs aber oft genug die Drüsen, in welche eine verhältnismäfsig geringe Anzahl von Tb eingedrungen ist, der Infektion widerstehen können. Nach meinen Resultaten sind dies sicher öfters die Halsdrüsen als die Prozessusdrüsen.

Wird nun eine solche Drüse dem Organismus frühzeitig ent- nommen, so muls sie gewifs noch die vielleicht schon unschädUch gemachten oder doch bereits schwer geschädigten Tb enthalten. Wird die Drüse weiter überimpft, so kann eine Tuberkulose natür- lich nicht mehr entstehen, die wenigen, zum mindesten schwer geschädigten Tb können auch nicht zu tuberkelähnUchen Bildungen mehr führen. Ich weise hier auf die schon oben zitierte, wichtige Arbeit von Perez hin. Dieser nimmt eine allmählich bis zum völligen Virulenzverlust sich steigernde Abschwächung der in die Lymphdrüsen eingedrungenen Bakterien an. Nach einer zwei- bis dreimaligen Passage der Tb durch die Drüsen konnte er nur noch eine milde Infektion bei Tieren erzeugen. Bei den ganz geringen Mengen unseres schwach virulenten (Menschen-) Tb hat gewifs die zweite Passage schon die völlige Abtötung derselben herbeigeführt. Nun wird aber der zweite Tier-Organismus die toten Tb nicht ohne weiteres liegen lassen oder einfach resorbieren. Wenn ihnen auch die vitale Kraft genommen ist, so enthalten sie noch immer dem tierischen Körper widrige Stoffe^). Gegen diese wird er sich durch Bildung von Abwehrprodukten schützen wollen, kurz es werden mit aller Wahrscheinlichkeit Immunisierungsvorgänge eingeleitet werden.

1) Bartels, der durch nicht sicher za deutende Befunde an seinen Impftieren ku Untersuchungen Über die Wirkung schwach virulenter Tb ver- anlafst wurde» fand zusammen mit Stein, dafs schwach virulente abgetötete Tb in den von ihnen veränderten Organen in natürlicher Verteilung einge- schlossen, nicht imstande seien, am Impftiere Veränderungen spezifischer Natur oder auch nur Marasmus zu erzeugen. Ich habe die Protokolle von B. und S. genau studiert, konnte aber in ihnen Veränderungen nicht finden, die in ihrem histologischen Bau meinen Lungenknötchen entsprochen hätten. Leider haben die Autoren keine Untersuchungen der Lungen selbst unter- nommen. Vielleicht besitzen sie noch das Obduktionsmaterial und vermögen bei genauer Durchsicht die Knötchen wirklich zu entdecken.

5H

Experim. Stadien über die Durchgängigkeit des Magendannkanales etc.

Für einen Ausdruck solcher Vorgänge nun halte ich meine Knötchen^). Da der Organismus sehr häufig in die Lage kommt, sich gegen eingedrungene schädliche Stoffe (Bakterien oder ihre Produkte) wehren zu müssen, so erschien es möghch, dafs nicht nur die Tuberkelbazillen, sondern auch andere belebte oder unbelebte Gifte das normale adenoide Gewebe der Lunge in der beschriebenen Weise beeinflussen können.

Bei meinen Nachforschungen an anderen Lungen als denen meiner Impftiere habe ich aber nur ganz selten ähnliche Ver- änderungen gefunden, so bei einem Tier, das eine schwere Diph- therietoxin-Infektion überstanden hatte, ein andermal bei einem Fall spontaner septischer Erkrankung, einmal auch bei einem alten schwangeren Muttertier.

Diese wenigen Beobachtungen vermöchten vielleicht gegen eine Spezifizität des eigenartigen Prozessusin der Lunge zusprechen, indessen könnte ja auch der Körper dieser Tiere in irgend einer Weise mit geringen Dosen abgeschwächter Tb zu tun gehabt haben ^). Natürlich sind mit dem Mitgeteilten meine Arbeiten über diesen Punkt nicht abgeschlossen. Ich habe seit längerer Zeit schon Tiere in Beobachtung, die mit Drüsen und Blut un- behandelter neugeborener Junger geimpft sind. In den ersten drei Monaten konnte ich bei ihnen eine stärkere Knötchen-Ent- wicklung nicht feststellen. Weitere Stadien sind noch nicht untersucht.

1) Ich erinnere daran, dafs Manfred! und Viola auf den Einflafs der Lymphdrüsen bei der Erzeugung der Immunität gegen ansteckende Krankheiten aufmerksam gemacht haben.

2) Ich kann hier eine Beobachtung anführen, wo ich bei einem nur mit Drüsen eines unbehandelten neugeborenen Jungen geimpften Meerschwein- chen (71) nach 2'/i Monaten eine typische Knötchenlunge fand. Die Obduktion ergab >eine einzige kleinlinsengrofse Halsdrüse, sehr hart Beim Durchschneiden zeigte sich an einer Stelle purulente Erweichung, sowie ein kleiner Verkalkungsherd <. Die histologische Untersuchung bestätigte Tuberku- lose dieser Drüse (mit aufserordentlich zahlreichen Riesenzellen und wenigen Tb), offenbar handelte es sich in diesem Fülle um eine Stall Infektion. Es wäre nicht unmöglich, dafs bei den oben genannten drei Beobachtungen Stallinfektionen mit so abgeschwächten Tb stattgefunden hätten, dafs eine pathologisch-anatomisch nachzuweisende Tuberkulose nicht mehr entstehen konnte.

Von Dr. Albert üffenheimer. p^^

Ferner habe ich mit einem sehr stark virulenten, von Ex- zellenz V. Behring mir gütigst zur Verfügung gestellten Rinder- tuberkelbazillus Fütterungen vorgenommen und Drüsen wie Blut der betreffenden l^ere frühzeitig weiter verimpft. Im Blut selbst konnte ich kurz nach der Fütterung mittels der Joussetschen Methode Tb nicht nachweisen ^). Das Ergebnis an den Impftieren murs noch abgewartet werden.

Auch auf andere Bakterienarten und -Gifte will ich weiter- hin meine Untersuchungen noch ausdehnen.

Für die vorliegende Arbeit möchte ich da vorläufig noch zu wenig ganz Sicheres gefunden ist keine bindenden Schlüsse ziehen, immerhin machen die Knötchen mir (wie aus meinen vorausgehenden Deduktionen ja hervorgehen mufs) wahrscheinlich, dafs der Tb durch die Fütterung rasch in die Organe der betr. Tiere gelangen kann.

Noch eine Frage ist der Erwähnung wert, wie es wohl kommen mag, dafs gerade in den Lymphorganen der Lunge solche Vorgänge auftreten. Hierzu mufs ich bemerken, dafs die Obduktion der Knötchentiere manchmal Vergröfserung der Milz und besonders recht grofse Follikel in denselben ergeben hat, die von weiten Kapillaren durchzogen waren eine Erscheinung, welche an die für die Lungen beschriebene erinnert, und dafs ich mehrmals in den Lebern eigenartige Bildungen sah, die vielleicht auch hiermit zusammenhängen. Möglicherweise aber ist es die reiche Versorgung mit Sauerstoff (sowohl direkt aus der Luft, wie durch die Äste der Arteria pulmonalis'^), die gerade die Lunge am befähigtsten macht, den Körper in seinen Abwehr- bestrebungen zu unterstützen. Ob die gleichen Vorgänge auch bei anderen Tierarten, und insbesondere auch beim Menschen, sich finden, vermag ich nach meinen Beobachtungen natürlich nicht zu sagen, doch hat eine solche Meinung alle Wahrschein-

1) Diese von ihrem Entdecker sehr gepriesene Methode des Nachweises der Tb nach Verdanang der sie einschliefsenden Gerinnsel, scheint nach neaeren Berichten, z. B. von Beitzke, doch nicht absolut zuverlässig za sein

2) Nach Prof. Zamsteins Versuchen (zitiert bei Sawada) werden fast alle Lymphknötchen der Lunge von Zweigen der Lungenarterie versorgt.

:}H Rxperim. .Stadien ül>er die Durchgftngigkeit des Magendmnnkanmlee etc.

lichkeit für sich. Speziell beim Menschen wird aber ähnliches wegen des starken Pigmentgehaltes der Lungen (und auch ihres adenoiden Anteiles) nur zu leicht der Aufmerksamkeit entgehen können.

Dafs so viele Monate nach der Infektion die Knötchen noch eine so starke Tätigkeit zeigen, braucht dann nicht wunder zu nehmen, wenn wir die Knötchen wirklich für den Ausdruck im Körper vor sich gehender immunisatorischer Vorgänge halten.

Versuche mit hSmoIytlsehem Senim.

Die ersten Fütterungsversuche mit genuinem Eiweifs wurden mit einem hämolytischen Immun-Serum vorgenommen. Wir wissen zwar heute nichts über die chemische Konstitution der spezifischen Körper in einem solchen Serum, dürfen aber wohl annehmen, dafs sie in dieselbe Kategorie von Substanzen ge- hören wie die übrigen Antikörper. (Man vergleiche hierzu die Darlegungen Zanggers lÜber die Funktionen des Kolloid- zustandes bei den Immunkörperreaktionen c.)

Es war daher naheliegend, ein hämolytisches Immun-Serum zu verfüttern, da schon geringe Quantitäten desselben im Blute des lebenden Tieres bedeutende und leicht nachweisbare Ver- änderungen hervorzubringen vermögen.

Wenn wirklich alle genuinen Eiweifsstoffe »fast quantitativ« durch den Magendarmkanal der Neugebornen ins Blut über- gehen, so mufste ein mit genügenden Mengen eines spezifischen hämolytischen Serums gefüttertes Meerschweinchen unter den- selben Krankheitserscheinungen sterben, als ob ihm das Serum direkt in die Blutbahn eingespritzt worden wäre, oder zum mindesten doch an schwerer Hämoglobinurie erkranken.

Ehe ich meine Versuche schildere, möchte ich noch einer Mitteilung Mötalnikoffs Erwähnung tun, die übrigens seither in der Literatur keine Stütze gefunden hat. Es ist nämlich nach seinen Angaben gelungen, auch durch Blutfütterung spezifische Hämolysine zu erzeugen. Wenn dies allgemeine Geltung hätte, wäre also fiin Übertritt unveränderten Blutes sogar durch den Magendarmkanal erwachsener Tiere in deren Kreislauf erwiesen.

Von Dr. Albert Uffenheimer.

59

Ich stellte mir ein hämolytisches Serum dadurch her, dafs ich mehreren Kaninchen wöchentlich je zweimal die wiederholt aufs sorgfältigste ausgewaschenen Blutkörperchen eines Meer- schweinchens (so viel aus einer Karotis zu erhalten waren) in physiologischer Kochsalzlösung aufgeschwemmt, intraperitoneal injizierte. Die am 9. und 10. XII. 1903 vorgenommene Prüfung des Serums eines seit dem 21. XI. 1903 behandelten Kanin- chens (y) ergab:

Menge

des spez. Serums.

1.

0,5 ccm

2.

0,25 :

3.

0,125 :

4.

0,06

5.

0,03 1

6.

0,015 3

7.

0,01

8.

0,005 :

9.

0,0025 1

10.

1

0,001 :

Kontrolle

Resultat nach 2h

0,1 ccm eines aus- gewachsenen Meer- schwein • Blutkörper- chenbreies bei einem

Gesamtvolum von 2,0 ccm zusammen- gebracht mit:

> komplette Lösung

) }

mftljBige I/Ö8ung

geringe Lösung

nichts

Gleichzeitig zeigte das Serum starke blutkörperchenagglu- tinierende Wirkung.

Das zur selben Zeit untersuchte Serum eines gleich lang' be- handelten Kaninchens ß hatte eine nur ganz wenig schwächere Wirkung.

Die folgenden zwei Versuche wurden mit einem Mischserum (2 Teile Serum Kan. ft -\- 1 Teil Serum Kan. y) vorgenommen.

1. Ein 80 g schweres neugeborenes Meerschweinchen (J U, 2 Stunden alt) wurde am 14. XII. 1903 mit 1 ccm des Mischserums am Bauch sub- kutan injiziert. Am übernächsten Tag wurde stark hämoglobinhaltiger Urin sezerniert und in der Nacht starb das Tier. (Obduktion unmöglich, weil Eventeration durch die andern Käfiginsassen vorgenommen war.)

2. Gleichzeitig wurde ein 70 g schweres, gleichaltriges Meerschweinchen J III mit 3 ccm des gleichen Mischserums mittels gewöhnlicher Pipette ge- füttert. Das Tier wurde 10 Tage lang genau beobachtet. Damit eine ständige Kontrolle des Urins ermöglicht war, wurde es während des Tages in ein Glasgefäfs gesetzt, das mit weifsem Fliefspapier ausgelegt war.

Das Tierchen blieb völlig munter und nahm an Gewicht stetig zu, es wurde niemals auch nur eine Spur von Hämoglobin mit dem Urin sezerniert.

(;() Experim. Stadien über die Durchgängigkeit des Magendannkanalea etc.

Irgendwie stärkere Hämoglobinurie müTste sich ja durch eine rötUche Färbung des bei jungen Tieren hellen und klaren IJrines kundgeben. Ich liefs mir aber daran nicht genügen, sondern löste den auf dem Filtrierpapier eingetrockneten Urin in physiologischer Kochsalzlösung und untersuchte mit dem Spektral- apparat. Es gelang nicht, die bekannten Streifen des Hämoglobins nachzuweisen.

3. Meerschweinchen L II, 70 g schwer, wenige Standen alt, bekam am 17. XU. 1903 mittels gewöhnlicher Pipette per ob im Laufe des ganzen Tages 6 Vi nnd am folgenden Morgen nochmals 1 ccm, zusammen also 7Vt com diesesmal inaktivierten hämolytischen Serums vom Kaninchen y.

Es blieb völlig gesund, sezernierte nie hämoglobinhaltigen Urin (auch spektroskopisch geprüft).

4. Das gleiche Resultat ergab die Yerfütterung von 87s ccm inaktiven Serums des Kaninchens y an ein 90 g schweres Meerschweinchen M III am ersten und dritten Lebenstage (31. XII. 03 und 2. 1. 04) und von SVs 9 ccm des gleichen Serums an sein 90 g schweres Geschwister M IV an den gleichen Tagen.

Nachdem diese Versuche alle völlig negativ ausgefallen waren, setzte ich die Untersuchung zunächst auf anderen Gebieten fort, um erst im Juni 1904 wieder auf das hämolytische Serum zurück- zukommen. Das frisch entnommene Serum des Kaninchens ß hatte am 21. VI. 1904, nachdem das Tier ein halbes Jahr nicht mehr behandelt worden war, bei der oben ge- schilderten Versuchs- Anordnung noch starke hämolytische Wirkung, ein Tierversuch (v IV, 70 g schwer) zeigte aber doch, dafs eine weitere Steigerung noch von nöten sei. Es wurde deshalb vom 27. VI. 04 an wieder die Injektion mit Erythro- cythen vom Meerschweinchen vorgenommen. Am 19. VII. ergab die Prüfung des Serums, genau nach der auch bei Sachs referier- ten Ehrlich und Morgen rothschen Vorschrift vorgenommen:

Menge des hämol. Serums Resultat nach 2 h

1 ccm einer 5proz. Auf-

Hchwemmung reiner Meerschwein - Blutkör- perchen in 0,85 proz. Na Gl - I^sung versetzt

mit

(Gesamtvolum der Flüs- sigkeiten je 2 ccm)

0,2 ccm

0,1

0,06

0,026

0,01

0,006

Kontrolle

\ komplette Lösung

> fast kompl. l^sung

mäfsige Lösung geringe Lösung

Von Dr. Albert tJffenheimer. 61

Ein 4 Tage altes, 70 g schweres Meerschweinchen y II bekam am gleichen Tag 1 ccm dieses Serums subkutan unter die Bauch- baut gespritzt. Es starb mit starker Hämoglobinurie nach 1^2 Tagen. Bei der Obduktion zeigte sich eine grofse blaurote Milz, stark rotes z. T. wie von flüssigem Blute erfülltes Knochen- mark der Oberschenkel, stark blutiger Urin in der Blase.

Mit diesem ausgezeichnet wirksamen Serum wurde nun der folgende Versuch vorgenommen. Derselbe unterscheidet sich von den vorausgehenden durch die aufserordentliche Menge des ver- fütterten Serums. Weiterhin genügte mir hier nicht die einfache Beobachtung des Tieres, sondern ich nahm häufige Blutkörperchen- Zählungen vor, um eventuelle Veränderungen in der Zahl der roten Blutkörperchen feststellen zu können, auch wenn kein Hämoglobin durch die Nieren ausgeschieden würde. Durch Cantacuzäne wissen wir ja, dafs geringste Mengen des hämo- lytischen Immunserums eine Vermehrung, gröfsere Mengen erst eine Auflösung und somit Verminderung der roten Blutkörperchen beim lebenden Tier hervorzubringen vermögen.

Schliefslich dehnte ich dabei die Untersuchung noch auf einen anderen Punkt aus, nach dem folgenden Gedankengang: Wenn wirklich hämolytisches Serum durch den Magendarmkanal des Neugebornen unverändert in seinen Kreislauf eindringen könnte, so müfste bei länger fortgesetzter Fütterung mit solchem Serum genau der gleiche Vorgang eintreten, wie wenn dasselbe wiederholt in den Körper und somit m das Blut des Versuchs- tieres eingespritzt würde, d. h. es müfste unter diesen Bedingungen der Tierkörper nach allgemein gültigen Gesetzen mit der Bildung spezifischer Antikörper reagieren, in diesem Falle also mit der Bildung von Anti-Hämolysinen. Durch den Nachweis (oder Nichtnachweis) dieser Stoffe müfste somit der vorUegende Ver- such zum Experimentum crucis in dieser Frage werden.

Yersueh.

Meerschweinchen 8. I., 90 g schwer, in der Nacht geboren, wird mit hämolytischem Serum von Kaninchen ß gefüttert.

Blutkörperchen Zählung vor Anstellung des Versuchs am ersten I^benstag (25. VII. 1904 nachm. 7s ^ ^^0 ergibt mit Zeifsscher Kammer bei Zählang von 64 Feldern: G 800 000.

^^ F.zp<r.n. '^.^^ii^t. tTAsr >i:e D-nrccAnfifkeic ic« Mafendannkanales etc.

Asi 25. and 26. VH v^r^ies is. g%nwer. xniaeli BAliptpeOe 16 ccm aktiTM ::n'i 2 cem iiuLkSTes üerzm Ttrfliun.

'/i. vn VormircAx 'sni XacsTf^ag isi euiaen T ccm insktiTen Serum» Terfdttctt. G««icht 110 f.

i^ vn. Voroi. 5 ecm iz:JLktiv«n, XAchm. 5 ccm aktiren .Senims rer- faucrt. Gewicht 120 g.

Blatk^rperchenxlhlanz wie oben am Nachmittag: 6250000.

Urin, wiederholt am yachmiitag eelaMen, i^t völlig klar. Spektrr»- •kopiflcb* kein H4mogiobin.

29. vn. Am Nachm. T ccm aktiren Seroma Terftttteit. Gewicht 120 je.

30. VIL Vom.. r> ccm aktiren Semma verfüttert. Gewicht 125 fr.

1. VIII. Gewicht 145 f. Blatk/^rperchenzAhlnng am Morgen aas- nahmaweiae mit der Uftifte der gewöhnlichen Blatmenge vor- genommen^ 4TÖ7500.

2 VIII. Gewicht 150 g.

?,. VIII. Gewicht 165 g Blatkörperchenzfthlang am Morgen .mit der gewöhnlichen Blatmenge^: 5 968750.

6. VIII. ^ie wicht 15^i g. BlatkOrperchenzAhlong am Morgen wie ge- wöhnlich,: 6rj66250.

Der Urin war bin da^iin ateta ohne Il&moglobinbeimengnng.

Mittags 11 Uhr: Entblatang dnrch HalaschnitL Bei der Obdaktion zeigte sich in der Blase klarer Urin.

I>ie9 kleine Versuchstier bekam also in 6 Tagen naliezu .V) ccm hämolytisches Serum per os verfüttert. Hierbei wurile teils inaktives teils aktives Serum genommen, und zwar wurde auch letzteres Vjenutzt, um einem eventuellen Einwand vor- zubeugen, dafs das Blut des jungen Tieres zu wenig Alexin be- Hitze, als dafs die hämolytische Eigenschaft resorbierten in- aktivierten Serums zur Wirkung gelangen könne. Die Fütterungen wurden teils bei gefülltem, teils bei durch mehrstündiges Hungern leerem Magen vorgenommen, um die Magensaft-Sekretion unter verschiedenen äufseren Verhältnissen zur Geltung zu bringen.

Während der ganzen Dauer des Versuches konnte keine Hämoglobinurie beobachtet werden. Die Zählung der rot(;n Blutkörperchen ergab vor Beginn der Füttenmg:

6800000, dann aufeinanderfolgend die Werte von 6 250000,

4 IHI 500,

5 968 750 und am Ende des Versuches

6 556 250.

Von Dr. Albert Uffenheimer. 63

Hierzu muTs bemerkt werden, dafs die Zählung der roten Blutkörperchen bei so kleinen Tieren ziemliche Schwierigkeiten macht. Ein Schnitt durch die Ohrhaut (Ohrvene) genügt oft nicht, um das notwendige Blut zu erhalten, und man mufs in diesem Falle zu kleinen Einschnitten in die Bauchhaut seine Zu- flucht nehmen; auch da kommt es oft vor, dafs das Blut so lauge braucht, um in genügender Menge auszufliefsen, dafs es schon in der kleinen Saugpipette geronnen ist, ehe man dazu kommt, die zur Verdünnung dienende physiologische Kochsalzlösung nach- zusaugen. So bin ich manchmal überhaupt zu keiner Zählung gekommen, und gerade am 1. VIII., wo das auffällige Resultat eines Wertes von ca. 4% Millionen gefunden wurde, mufste ich um überhaupt eine solche ausführen zu können mit der Hälfte der sonst immer benutzten Blutkörperchenmenge mich begnügen. Ich glaube wohl, dafs hierdurch eine Fehlerquelle geschaffen wui*de, aber immerhin stehen die fünf aufeinander- folgenden Blutkörperchen werte ihrer Gröfse nach in einem kon- tinuierlichen Zusammenhang. Wenn auch nach Cantacuz&ne durch Eindringen einer kleinen Menge des spezifisch hämo- lytischen Serums in das Blut eine vorübergehende Zunahme der Erythrozythen zu erwarten gewesen wäre, so lassen unsere Zählungen vielleicht doch den Rückschlufs zu auf eine kurzdauernde Ab- nahme der roten Blutkörperchen; mit dem Aussetzen der Fütterung des hämolytischen Immunserums würde dann die Erythrozythen- zahl rasch zur alten Höhe angestiegen sein. Das Fehlen jeglicher Hämoglobinurie beweist aber auf jeden Fall, dafs es sich nicht um eine umfangreichere Zerstörung der roten Blutkörperchen ge- handelt haben kann; und wenn wir somit wirklich zu dem Resultat gelangen würden, den Eintritt von verschwindend kleinen Mengen des verfütterten Serums in das Blut anzunehmen, so würden wir damit nur die Regel bestätigt finden, die sich schon aus Versuchen von Ascoli, Uhlenhuth und Michaelis und Oppenheimer ergeben hat. Es gelang diesen nämlich bei erwachsenen Tieren nach wiederholt per os eingeführten grofsen Eiweifsmengen später spezifische Präzipitine im Blute nachzuweisen. Diese Befunde werden ja durch die plötzliche

^^ Experim. StndieQ über die Darchgiingigkeit des Magendannkanales etc.

Überschwemmung des Magens genügend erklftrt, die es für den Augenblick nicht zu entsprechend grofser Verdauungssaft- Absonderung kommen läfst.

Die Untersuchung des Serums der mit so gewaltigen Mengen spezifisch hämolytischer Stoffe gefütterten Jungen auf Anti-Hämolysingehalt ergab aber ein voll- kommen negatives Resultat. Sie wurde zu wiederholten Malen vorgenommen, wobei die Menge der auf Anti-Hämolysin- gehalt geprüften Flüssigkeit verschieden grofs war. Es bedarf kaum der Erwähnung, dafs erst in Vorversuchen die Kraft des zu diesen Experimenten benutzten hämolytischen Serums genau wieder* festgestellt war, und dafs den eigentlichen Versuchen stets der reine Hämolyse- Versuch parallel ging.

Darnach bin ich doch der Meinung, dafs die gröfseren Differenzen bei den Blutkörperchenzählungen nur durch die ge- schilderte Fehlerquelle zu erklären sind.

Versuche mit Kasein.

Ich komme nun zur Schilderung der Versuche mit Verfüt- terungvou Kuhmilch. Jegliche Milch enthält bekanntlich ganz verschiedenartige genuine Ei weifskörper, als deren wichtigste ich das Serumeiweifs und das Kasein nenne.

Nun wäre es ja schon an und für sich interessant gewesen, den Nachweis zu versuchen, ob auch diese beiden Stoffe durch den Magendarmkanal des Neugebornen in seine Blutbahn übergehen können, es lag aber eine ganz besondere Pflicht zu diesen Untersuchungen vor infolge der Stellungnahme V. Behrings gerade zur Resorption des Kaseins vom In- testinaltrakt des Neugebomen aus. In einem zu Anfang 1904 in der Woche erschienenen populären Aufsatz »Säuglingsmilchc erklärt v. Behring, da[s der Säugling mit dem Serum-Eiweifs eine zur Bluts- und Gewebsbildung unmittelbar geeignete Nahrung in sich aufnimmt, während das Kasein »bei der direkten Aufnahme in das Blut neugeborener Kinder geradezu

Von t)r. Albert Üffenbeimer. ^f^

wie ein Gifte wirke. Er sagt dann an späterer Stelle : Wäh- rend gröfsere Kinder und erwachsene Mensehen die relativ grofsen Kügelchen (Moleküle) von genuinem häraatogenem Eiweifs ... durch ihre Schleimhäute nicht hindurch lassen, verhalten sich dem gegenüber die intestinalen Schleimhäute der Säuglinge bis zum Alter von drei bis vier Wochen wie feinporige Filter. Selbst- verständlich gehen da aber nicht blofs die in der Milch enthal- tenen Teilchen von hämatogenem Eiweifs, sondern auch die eher noch etwas kleineren Käsestoffteilchen in die Blutbahn über. Sie wirken daselbst wie Fremdkörper, deren sich das Blut wieder entledigen mufs, und damit hängt ihre schädliche Wirkung zu- sammen, c

Von den Bedenken, die sich gegen diese Annahme des Kasein- Übertritts in das Blut sofort einstellten, will ich erst nach Schil- derung meiner Versuche sprechen.

Selbstverständlich konnte sich der Nachweis des Kaseins nur nach diesem genuinen Eiweifs der Milch habe ich gefahndet, und nur von ihm wird im folgenden die Rede sein nicht auf chemische Methoden stützen, aber wir haben ja in den letzten Jahren durch die biologische Forschung Reagentien kennen ge* lernt, die ungemein viel feiner und spezifischer arbeiten als die chemischen und ein solches Reagenz besitzen wir für das Kasein in dem Laktoserum.

Das Laktoserum wird in entsprechender Weise, wie das oben für das hämolytische ImmunSerum geschildert wurde, dadurch hergestellt, dafs man Tieren Kuhmilch in angemessenen Abstän- den subkutan injiziert. Das Blutserum so behandelter Tiere (Kaninchen) enthält nach einiger Zeit einen Stoff, der die Eigen- schaft besitzt, jegliches Kuh-Kasein aus Flüssigkeiten auszufällen, zu präzipitieren. Man kann durch diesen Präzipitations- Vorgang in klaren Medien schon allerkleinste Spuren durch die bald auf- tretende Trübung nachweisen.

Nachdem die Versuche, mittels Rohmilch ein Laktoserum herzustellen, durch den frühzeitigen Tod der dazu benutzten Tiere immer wieder vereitelt waren, entschlofs ich mich, von der-

▲rohlv fRr Hygiene. Rd. LV 6

*'('• Kz|>eriin. Stadien über die Durchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

hoIIh)!!^) abzugehen und verwandte nun nach dem Forster- (Vorhersehen Verfahren hergestellte Milch zu diesen Injektionen.

Dies Verfahren hat einerseits den Vorteil, die pathogenen Bakterien der Milch abzutöten, anderseits verändert es das Kasein in keiner Weise.

Mit dieser Milch (wöchentlich 2 malige Injektion von je 10 com) kam ich sofort zum Ziel.

Am 6. und 7. VI. 1904 wurde den beiden seit 8^/2 Wochen behandelten Kaninchen (t und x) Blut entnommen. Beider Serum zeigte in abgerahmter Milch in der Verdünnung von 1 : 360 noch deutliche Ausfällung und Niederschlagsbildung (siehe unten).

Ehe ich nun zur Schilderung meiner Milch-Fütterungs-Ver- suche übergehe, will ich noch erwähnen, dafs von der vierten Woche ab die beiden Kaninchen deutlich an Gewicht abzunehmen begannen. Das eine wurde nach der letzten Injektion so hin- fällig, dafs es zu Beginn der 6. Woche getötet werden mulste, nachdem es im ganzen 7 mal 10 ccm Gerber-Milch eingespritzt bekommen hatte. Die Prüfung des Serums ergab jetzt, dafs oiBEen- bar unter der schweren Reaktion des Körpers gegen die letzten In- jektionen fastjegliche präzipitierende Wirkung wieder geschwunden war.

Ähnliche Vorgänge finden wir ja bei der isopathischen Immuni- sierung der Pferde beim Tetanus, wo in der Reaktionszeit der Immunisierungswert des Blutserums abnimmt, und wie D i e u- donnä angibt die bis dahin im Harn nachweisbaren immu- nisierenden Substanzen aus diesem verschwinden, ja sogar manch- mal tetanusgifthaltigem Harn Platz machen.

Um nicht ein gleiches Mifsgeschick am andern Kaninchen zu erleben, nahm ich seine Entblutuug vor. Das Serum verur- sachte noch deutliche Präzipitation in abgerahmter Milch, 1 : 360

1) Ich hatte deshalb Rohmilch genommen, um jeglichem Einwand be- gegnen zu können, der vielleicht gegen die Benutzung gekochter Milch zur Herstellung eines brauchbaren Laktoserums hätte gemacht werden können. Angaben der Literatur freilich erweisen, dafs durch Injektion gekochter Milch (nach dem Bericht von Hippius sogar durch Einspritzung 1 Stande lang bei 120 im Autoklaven sterilisierter Milch) ein vollwirksames Lakto- serum erhalten werden kann.

Von t)r. Albert Üffenheimer. 07

verdünnt, wenn man auch nur 1 Tropfen zu 2 com der Milch- verdünnung zusetzte. Wie ad hoc angestellte Versuche zeigten, wurde die Reaktion nicht gehemmt, wenn gröfsere Mengen des Blutserums normaler Neugeborner den einzelnen Röhrchen bei- gemischt waren. Mit Serum von obigem Tiere wurden alle die folgenden Untersuchungen vorgenommen.

L Meerschweinchen m I, 80 g schwer, etwas über 1 Tag alt, bekommt mittels Ballpipette per ob am

24. V. 1904 abends 6 Uhr 2 ccm Gerbermilch

25. V. morgens 9 Uhr 3 ., während des

" Tages im

nachm. 4

11 ,. 2

26. V. morgens 9

V4II 12

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2 8

2

durch Halsschnitt entblutet

•' ^ übrigen

" hungernd.

Bei der Untersuchung mit unserem Laktoserum auf etwaige Kaseinbeimengung wurde stets so verfahren, dafs fallende Mengen des zu untersuchenden Blutserums mit steriler physiologischer Kochsalzlösung auf ein gewisses Volumen gebracht wurden. Dann wurde jedem Röhrchen eine gröfsere Menge des wirksamen Lakto- serums, in diesem Falle waren es je 10 Tropfen, zugesetzt.

Es zeigte sich hier nicht die geringste Präzipi- tation.

Die verschieden starken Verdünnungen des auf Kaseingehalt zu prüfenden Serums wurden deshalb vorgenommen, weil wie wir vor allem durch L. Michaelis und Rostoski wissen starke Eiweifskonzentration als solche die Präzipitinreaktion ver- hindert (R.), und die Wirkung schwach wirksamer Präzipitine nur dadurch sich zeigen läfst, dafs man viel Präzipitin mit wenig präzipitabler Substanz mischt, da sonst infolge des Überschusses an präzipitabler Substanz die Reaktion überhaupt nicht zustande kommt (M.). Wir wissen ferner durch Michaelis, dafs der Regel nach bei der Präzipitinreaktion der Niederschlag durch einen Überschufs der präzipitablen Substanz wieder gelöst wird.

Um auch dieser Möglichkeit zu begegnen, wurde nachdem der obige Versuch negativ ausgefallen war eine weitere Ver- dünnung durch Zusatz abgemessener Mengen von physiologischer Kochsalzlösung herbeigeführt, aber ohne dafs dadurch das

68 Experim. Stadien über die Darchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

negative Resultat des Versuchs eine Änderung er- fahren hätte.

II. MeerBchweinchen m II, 80 g schwer, vom gleichen Warf wie dms vorige, bekommt am 24. V. 1904 and am Morgen des 25. V. insgesamt 7 ccm Milch. Entblatang am 25. V. mittags 12 Uhr.

Versachsanordnang and Ergebnis genaa wie bei L

in. Meerschweinchen 1 1, 70 g schwer, wenige Standen alt, bekommt mit Ballpipette per os am 9. and 10. VL 1904 zusammen 12 ccm Milch. Am 10. VI. nachmittags Vi^ Uhr, also IV, Stunden nach der letsten FQtterang Entblatang durch Halsschnitt

Gleichseitig wird nach Eröffnung des Peritoneums der Inhalt der Blase steril aufgefangen.

Wir hatten in diesem Fall genügend Serum des Jungen, am Mengen von 0,2 ccm abwärts zur Prüfung nehmen zu können. Der Laktoserum-Zusatz betrug je 3 Tropfen. Selbstverständlich wurden zahlreiche Kontrollen angestellt.

Das Blutserum enthielt kein Kasein.

Nun nahm ich in diesem Falle auch eine Untersuchung des Blasen-Urins auf etwaige Kaseinbeimengungen vor.

Wir wissen ja aus der Physiologie, und ich stütze mich im folgenden vor allem auf die Angabe Neumeisters, dafs die Nieren die Aufgabe haben, die Zusammensetzung des Blutes zu überwachen, indem sie alles Fremdartige und Überschüssige aus- scheiden, und dafs sie diese Aufgabe so prompt erfüllen, »dafs man zur Prüfung, ob ein EiweifsstoflE direkt resorbierbar ist, den- selben nur in das Blut zu injizieren braucht, c

Es hat sich nun bei solchen Untersuchungen, wie sie in grofser Anzahl vorgenommen worden sind, gezeigt, dafs von Proteinsubstanzen nicht direkt assimilierbar sind: das genuine Eieralbumin, das Kasein, der BlutfarbstofE und das Glutin. Hier mag auch eine Arbeit von Gürber und Hai lau er aus allerletzter Zeit Erwähnung finden, in der nach intravenöser In- jektion von Kasein im Harn dieser StofiE unverändert nach- gewiesen werden konnte.

Es müfste also nach diesen Gesetzen ein Teil des Kaseins, falls solches in das Blut durch die Fütterung übergetreten wäre, bereits wieder in den Harn ausgeschieden worden sein.

Von Dr. Albert Ufifenheimer. 6^

Die Untersuchung des Harns mit dem Laktoserum ergab, dafs kein Kasein in demselben war.

Der Versuch war abends ^/g? Uhr angestellt, die Röhrchen standen über Nacht im Eisschrank. Am folgenden Morgen fand sich das Kontrollröhrchen völlig klar, das mit Laktoserum ver- setzte Röhrchen dagegen zeigte deutliche, diffuse Trübung ohne Bodensatz. Die mikroskopische Prüfung diese Sediments (zur exakten Sedimentierung bediente ich mich stets der Wasser- zentrifuge) zeigte lediglich eine grofse Menge charakteristischer Kristalle von Oktaederform, die in Essigsäure nicht löslich waren es handelte sich offenbar um Oxalsäuren Kalk und ich habe davon die Vorstellung, dafs die Oxalsäure aus dem Grün- futter stammen mufs (das sich schon am Tage der Geburt im Magen jedes Meerschweinchens finden läfst), der Kalk dagegen aus dem Laktoserum^).

IV. Meerschweinchen t II, 70 g schwer, vom gleichen Wurf.

Genau ebenso und gleichzeitig behandelt wie das vorige.

Kesultat in allen Punkten das gleiche negative (bei zwei- maliger Prüfung).

V. VIL Weiter führe ich einen Versuch mit 3 jungen Meerschweinchen vom selben Wurf an, (R in, R IV, R V, 75 g, 75 g, 100 g schwer), die vom Tag der Geburt an mit roher Milch gefüttert wurden. Sie bekamen am 13. und 14. VI. 1904 mittels Ballpipette je 12 ccm Milch und wurden eine Stunde nach der letzten Fütterung am Abend des 14. VI. entblutet.

Der Urin wurde aus den abgebundenen Blasen steril auf- gefangen. Die Prüfung des Blutserums auf Kaseingehalt wurde gemeinsam vorgenommen, gleichzeitig wurde zur Kontrolle das Serum von 4 neugebornen unbehandelten Meerschweinchen (u I IV) in der nämlichen Weise geprüft.

Nach 5^/2 Stunden zeigten sich die sämtlichen Röhrchen noch völlig klar.

1) Im Urin von Säuglingen liefe sich oxalsaurer Kalk bei wiederholten Untersuchungen nicht nachweisen. Salkowski fafst übrigens den Oxal- säuren Kalk im Urin als ein Abbauprodukt von Nukleinen, nicht nur von Pflanzen auf.

' -' Experim. Studien über die Durcbgäiigigkeit des Magendarmkanales etc.

Erst über Nacht stellte sich eine Trübung ein, die in gleicher Weise abgestuft sowohl im Serum der milchgefütterten wie der unbehandelten Tiere sich zeigte, soweit Laktoserum zugesetzt war, nicht aber in den Kontrollröhrchen, die statt des Laktoseruins nur physiologische Kochsalzlösung zugesetzt bekommen hatten.

Die mikroskopischen Präparate des zentrifugierten Sedimentes ergaben nadeiförmige Kristalle, offenbar von neutralem phosphor- saurem Kalk, am nächsten Tag auch unregelmäCsige Kömchen, wohl ebenfalls phosphorsauren Kalks Ca^ (^04)2-

Über Salzniederschläge bei Präzipitinversuchen hat schon As coli im Jahre 1902 berichtet. Die eben niedergelegten Be- obachtungen zeigen, wie wichtig es ist, jeden Niederschlag bei Präzipitin-Reaktionen auch mikroskopisch zu identifizieren.

Eine Beobachtung der angestellten Versuche, länger als die ersten Stunden hindurch schien mir auf jeden Fall wünschens- wert, und ich habe lieber mir die Mühe genommen, erst später auftretende Niederschläge noch mikroskopisch zu untersuchen, als dafs ich einen Versuch schon für negativ erklärte, bei dem in den ersten Stunden die Flüssigkeiten ungetrübt geblieben waren.

Um so gröfsere Beweiskraft müssen natürlich die vorliegen- den Untersuchungen haben.

Mit dem Mi schür in der 3 R-Tiere angestellte Versuche ergaben ebenfalls völliges Freisein vonKasein-Präzipitat, aber wiederum Kristallniederschläge von der gleichen Art wie in dem Blutserum. Es mag hinzugefügt werden, dafs ein zur Kontrolle in derselben Zeit mit Laktoserum untersuchter Blasenurin eines älteren Meerschweinchens ((D) den gleichen Kristall- befund darbot, aber aufserdem noch harnsaure Salze enthielt.

VIIL XIL Das Folgende stellt einen Versuch imGrofsen dar. Er wurde gleichzeitig mit 5 Jungen unternommen (h I, h II, i I, je 80 g schwer, 2 Tage alt, k I und kll, 80 g schwer, einige Stunden alt). Sie erhielten ganz bedeutende Mengen Milch ver- füttert, und der Zweck war, während des Lebens im Urin den Kaseinnachweis zu versuchen, vor allem aber nach einem ahn-

Von Dr. Albert UfFenheimer. 71

liehen Gedankengang wie bei dem letzten Experiment mit hämolytischem Serum zu prüfen, ob durch die andauernde Verfütterung der grofsen Kaseindosen vielleicht ein Lakto- serum gewonnen werden könnte. Somit mufs also auch dieser Versuch bei der Entscheidung der Kaseinfrage das Expe- rimentum crucis darstellen.

Leider war es nicht möglich, den Urin der Tiere während des Versuches so aufzufangen, dafs jede Be- rührung mit den Fäces vermieden werden konnte. Eine Entnahme des Harns mittels Katheter war natürlich bei den kleinen Tieren ausgeschlossen.

Am 17. VI. 1904 wurde verfüttert:

vormittags 12 Uhr je 2 ccm Gerber-Milch nachmittags 2 „2 ,,

Vi6 Uhr erste ürinentnahme.

Am 18. VI. 1904 erhielten die Tiere je 10 ccm Gerbermilch (um 9, 11, 2, 4 und 6 Uhr).

Am Abend wurden sie zur Mutter zurückgesetzt und blieben dort während des 19. VI. (Sonntags).

20. VI. 04. Tagsüber bekam jedes Tier je 6 ccm Gerbennilch (2, 4 und 6 Uhr).

21. VI. Die Tiere bekamen im Laufe des Tages je 10 ccm Gerbermilch.

22. VI. Verfütterung von je 10 ccm Rohmilch.

23. VI. Verfütterung von je 12 ccm Gerbermilch.

24. VI. Die Tiere zur Mutter gesetzt (Feiertag).

25. VI. Verfütterung von je 12 ccm Bohmilch.

Gewicht von 3 Tieren noch je 80 g, von zweien je 100 g. Stuhl stets geformt

26. VI. Die Tiere zur Mutter gesetzt (Sonntag).

27. VI. Verfütterung von je 8 ccm Gerbermilch.

28. VI. Verfütterung von je 12 ccm Gerbermilch. Der Urin von diesem Tag wird nochmals zur Untersuchung benutzt

Am Abend kommen die Tiere zur Mutter zurück.

4. Vn. Die Tierchen haben, seit sie wieder an der Mutter saugten, an Gewicht zugenommen (Gewicht von dreien je 100, von zweien je 120 g). Am Abend wurden sie durch Halsschnitt entblutet, ihr Serum wurde ge- meinsam verarbeitet.

Von einer Untersuchung des Serums auf Kasein konnte ab- gesehen werden, da die letzte Kuhmilch 6 Tage vor der Tötung

i

72

Experim. Studien über die Durchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

verfüttert war, also das dem Blut fremde Kasein sieher längst aus demselben ausgestofsen sein mufste, selbst wenn welches ein- gedrungen war.

Der Urin der fünf Tierchen vom ersten Fütterungstage wurde mit je fünf Tropfen Laktoserum in der alten Anordnung geprüft. Der Versuch wurde mittags angesetzt. Am Abend zeigte sich in den mit Laktoserum versetzten, aber nicht in den Kontroll-Röhrcheu, Trübungen und zwar, je nach der Kon- zentration des Urins in fallenden Mengen. Die mikroskopische Untersuchung des Zentrifugales ergab wiederum Kristalle, allein Anscheine nach Oxalsäuren Kalks. Es fanden sich weiter körnige Gebilde, die aber im Färbepräparat wie Diplo- kokken aussahen.

Der Urin vom 28. VI. zeigte nach Anstellung der Lakto- serum-Probe wiederum leichte Trübungen, deren Unter- suchung sie mit Wahrscheinlichkeit als Kasein-Nieder- schläge ansprechen liefs. (Gleichzeitig untersuchter Urin des eben getöteten Laktoserum-Kaninchens zeigte diese Niederschläge nicht.)

Wenn somit in diesem letzten Urin die Anwesenheit geringer Kaseinmengen wahrscheinlich gemacht ist, so müssen wir folgen- des überlegen:

Die eine Möglichkeit, die wir annehmen können, ist die, dafs das in Spuren gefundene Kasein im Urin selbst enthalten war. Dann müfste es wirklich durch die Nieren aus dem Blute ausge- schieden worden sein, und wir würden in dem Falle die aufserordent- liche Überladung des Magendarmkanales mit der Kuhmilch (jedes einzelne Tierchen erhielt in der kurzen Zeit 88 ccm, also mehr als sein Anfangsgewicht) für den Durchgang der geringen Mengen des Kaseins verantw^ortlich machen müssen, es hätten eben wie dies ja bei den früher zitierten Versuchen mit erwachsenen Tierchen von Ascoli, Uhlenhuth, Michaelis und Oppen- heimer auch der Fall war die Verdauungssäfte für den Augenblick nicht in genügender Menge für die in überreichlichen Portionen eingebrachten Kaseinmassen abgesondert werden können. Die zweite Möghchkeit, an die ich eigen thch mehr noch denke als

Von Dr. Albert Uffenheimer. '3

an die erste, ist die, dafs die niedergeschlagenen Kaseinteilchen gar nicht aus dem Urin selbst stammen, sondern aus den Fäces, die trotz aller angewendeten Vorsichtsmalsregeln doch nicht von der Berührung mit Urin ferngehalten werden konnten. Bei der Beurteilung dieser Frage müssen wir aber der Befunde von P. Th. Müller, Michaelis und Oppenheim er und F. Hamburger gedenken, dafs nämlich die Eiweifskörper, wenn sie von Pepsin-Salzsäure, in geringerem Grade, wenn sie von Trypsin^) verdaut werden, soweit verändert werden, dafs sie durch das entsprechende Immunserum nicht mehr gefällt werden können. Ein solches Verdauungsgemisch ruft auch, subkutan injiziert, nicht mehr die Bildung von Antikörpern hervor.

Es ist nun allerdings die Frage, ob solche Reagenzglas- versuche sich ohne weiteres auf den tierischen Magendarmkanal übertragen lassen. Ich mufs schon die Meinung aussprechen, dafs bei der Fütterung mit so aufserordentlichen Mengen einer nicht adäquaten Nahrung im Darmkanal sich auch nicht ge- wöhnliche Vorgänge abspielen, und dafs da manche Bestandteile der eingebrachten Nahrung eben doch den Verdauungssäften ent- gehen können. Dafs die Kuhmilch in der Tat bei den fünf Jungen nicht »die richtige, (d. h. adäquate, gut ausbeutbare) Nahrunge war, geht am besten aus ihrer Gewichtskurve hervor, die erst wesentliche Zunahme zeigte, als die Mutterbrust wieder in ihre Rechte getreten war eine Erfahrung, die wir in der Kinderheilkunde jeden Tag machen.

Also, ohne hier mich durch eine endgültige Entscheidung zu binden, möchte ich doch eher annehmen, dafs das Kasein in

1) Für die Milch ist dies (beim Trypsin) speziell von Müller und Hamburger nachgewiesen. Allein Obermeyer und Pick haben bei der Verdauung von Eiereiweifs merkwürdige Beobachtungen gemacht, die den oben allgemein ausgesprochenen Satz bedeutend einschränken. Läfst man nämlich Pepsinsalzsäure kurzeZeit auf Eiereiweifs einwirken, so gibt das Produkt der Verdauung mit dem zugehörigen Immunsernm keine Reak- tion mehr, ^*"^tzdem sich noch unveränderte EiweiTskOrper chemisch nach- weisen lassen. Dagegen findet man nach Trypsinverdauung noch die Präzipitation durch das Imm unserum, auch wenn Eiweifs chemisch nicht mehr nachzuweisen ist.

74 Ezperim. Stadien über die DurchgäDgigkeit des Magendarmkanales etc.

diesem Falle der Pepsiu-Salzsäure und dem Trypsin, als dafs es dem im Mageu befindlichen Labenzym entgangen ist. Hierüber muls ich mich noch später des weiteren aussprechen.

Zunächst aber will ich nun noch das Resultat der wichtigsten Prüfung berichten, ob nämlich durch die langdauernde Kuh- Kasein-Fütterung ein Kuh-Laktoserum entstanden ist.

Ich machte die Prüfung nebeneinander zweimal, sowohl mit roher wie mit Gerberscher Milch, indem ich je 3 ccm der ab- gerahmten Milch in Verdünnungen von 1 : 10 bis 1 : 360 mit je 1 ccm des Serums versetzte. Es ergab sich ' selbst bei mehr- tägiger Beobachtung nicht der geringste Niederschlag.

Das Serum der so übermäfsig mit Milch gefütterten Jungen war also kein Laktoserum.

Dies stimmt überein mit den Untersuchungen von Moro und Hamburger, die weder bei mit Kuhmilch ernährten Tieren noch beim künstlich ernährten Säugling ein Laktoserum fanden.

Und dafs ein solches sich nicht finden kann, das beruht eben offenbar auf dem Vorhandensein des Labfermentes im Magen, das ja eine sofortige Gerinnung des Kaseins veranlafst.

Pawlow gibt an, dafs die BeschafEenheit sämtlicher Ver- dauungssekrete von der Art der eingeführten Nahrung abhängig ist. Die für die Verdauung der natürlichen Nahrung notwendigen Formente sind bereits beim neugebornen Kinde vorhanden und die Ausscheidung der spezifischen Fermente ändert sich mit der Änderung der Nahrung.

Diese Angaben sind es wohl in der Hauptsache, die von Behring vorschwebten, wenn er sagt:

>Ich habe genügende experimentelle Anhaltspunkte für die Annahme, dafs Kasein verdauende Fermente überhaupt erst unter der Reiz Wirkung des Kaseinimports entstehen, genau so wie Antikörper gegen andere Proteingifte bei systematisch ge- steigerter Giftzufuhr im lebenden menschlichen und tierischen Körper produziert werden, derart, dafs was ursprünglich ein Gift war, hinterher zum Nahrungsmittel werden kann; und ich bin der Meinung, dafs ich damit nicht blofs im Gleichnis rede, sondern

Von Dr. Albert Uffenheimer. 75

dafs wir es bei der Entstehung von Stoffen, die das Kasein un- schädlich machen, mit einer Antikörperproduktion zu tun haben, die im Prinzip genau nach den Regeln abläuft, wie die Anti- körperproduktion nach der Aufnahme von Diphtheriegift und Tetanusgift in das Blut von Versuchstieren. <

Diesem Gedankengang folgend, nimmt von Behring an, dafs der fermentative Antikörper »für das Kasein in seiner Eigen- schaft als ursprüngliches Toxoprotein dem Menschen verloren gehen kann, wenn er gänzlich aufhört, Milchnahrung zu sich zu nehmen und er schliefst weiter, dafs übermäfsige Kaseineinver- leibung bei einem neugebomen Kinde, idas noch nicht vorher durch kleinere Kaseindosen gewissermafsen immunisiert 'worden ist, ebensogut eine akut verlaufende und zum Tode führende Ver- giftung auslösen kann, wie eine zu grofse Diphtheriegiftdosis zu Beginn der immunisierenden Vorbehandlungc.

Nun glaube ich doch, dafs es der Mühe wert ist, dieser An- sicht in einigen Einzelheiten zu folgen und zu sehen, wie weit ihre Voraussetzungen zutreffen.

Pawlow sagt, wie wir gesehen haben, die für die Verdauung der natürlichen Nahrung notwendigen Fermente seien bereits beim neugeborenen Kinde vorhanden. Dies ist aber nicht der Fall bei den Antikörpern der bakteriellen Gifte, so- weit sie nicht vererbt sind^). Sollten wir uns nun vor- stellen, dafs das Labenzym in derselben Weise vererbt werden kann wie das Diphtherie- Antitoxin? Und wenn wir wirklich uns mit dieser Vorstellung abfinden könnten, wüfsten wir dann eine Erklärung dafür, dafs ein, solcher vererbter Stoff nicht im Blut- serum sich findet, sondern nur von der Magenschleimhaut ab- geschieden wird, wenn Milch in den Magen gelangt?

Und nun mufs ich des weiteren darauf hinweisen, dafs das Labenzym ja dasselbe ist für die Milch der Mutter wie für die nicht adäquate Milch, in unseren Fällen also die Kuhmilch.

Die Muttermilch ist aber für den Säugling die ideale Nahrung, das ist der oberste Lehrsatz in der

1) Hierttber verweise ich auf die später folgenden Versache mit dem Diphterie-Antitoxin.

7(1 Experim. Studien über die Durchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

Kiuderbeilkunde, und für die ideale Nahrung kann gewifs kein Gegengift notwendig sein.

Man hat sieh deshalb auch eingehend in der Kinderheil- kunde mit dem Labenzym beschäftigt. Über die chemischen Prozesse, welche dasselbe hervorruft, herrscht jetzt völlige Klar- heit, vor allem dank der Arbeiten von Hammarsten, Söldner, Escherich, Courant und Arthus und Pages.

Hammarsten wies nach, dafs seine Wirkung darin be- steht, dafs bei seiner Gegenwart Kasein so verändert wird, dals es bei Anwesenheit von Kalksalzen gerinnt, wobei das Parakasein und das Molkeneiweils entstehen.

Auch dieser Prozefs, glaube ich, ist ein anders verlaufender, wie die Bindung von Toxin und Antitoxin^). Allein auf dies ungemein komplizierte Thema kann ich hier nicht weiter ein- gehen.

So gut wir aber auch über die chemischen Prozesse unter- richtet sind, die das Labenzym hervorruft, so macht sich, wie Czerny und Keller aussprechen, der Mangel an Untersuchungen um so fühlbarer, welche die Bedeutung der Kaseifikation für die Verwertung des Kaseins und der Kalksalze im Organismus auf- klären.

Michaelis hat die Ansicht ausgesprochen, dafs die koa- gulierende Einwirkung des Labes die vorzeitige Resorption des Kaseins verhindere und auch Neumeister legt in seinem Lehr- buch die physiologische Bedeutung der Labgerinnung dahin fest, dafs sie »offenbar den Organismus vor einem Eindringen unveränderten Kaseins unter allen Umständen schützen wilh^)^ ohne dafs die auswählende Funktion der Darmepithelieu in Anspruch genommen zu werden braucht.

1) Oppenheimer meint in seinem Ferment- Werk, die Ferment- wirkungen auf dem Weg erklären zu können, den Ehrlich für die Toxine mit 80 grofHem Erfolg gegangen ist, sei »nur als tastender Versuch, als Be- friedigung des Kausalitäts- und Analogiebedürfnisses des Verstandes .... bisher wenigstens, aufzufassen. c

2) Dafs diene Ansicht doch nicht allgemein in Fleisch und Blut Ober- gegangen ist, ersehe ich aus einer Veröffentlichung von Schlofs mann aus der letzten Zeit. Dieser Autor glaubt ohne dafür allerdin^ in seineii

Von Dr. Albert üffenbeimer. 77

Albrecht meint, indem er sich auf die Untersuchungen von Michaelis bezieht, für das Kasein sei, wenn M's. Annahme zu Recht bestehe, auch das Neugeborene durch das Labferment seines Magens bereits genügend »eingestellt«.

Indem ich mich nach meinen Versuchen vollkommen dieser Anschauung anschliefse, begründe ich damit, weshalb ich bei der Beurteilung des letzten Experiments den geringen, einmal nach- gewiesenen Kaseingehalt des Urins auf die verunreinigenden Fäces zurückzuführen geneigt bin.

Einen Punkt mufs ich noch erörtern: Es könnte der Ein- wurf gemacht werden, der Titre unseres Laktoserums sei nicht genügend grofs gewesen. Damit hätte wohl der Nach- weis gröfserer Kaseinmengen glücken können, nicht aber der kleinerer. Diesem Vorwurf möchte ich einerseits begegnen mit dem Hinweis auf die folgenden Versuche mit Hühnereiweifs, wozu ich ein Antiserum mit dem Titre 1:30000 mir herstellen konnte. Anderseits möchte ich hier die Untersuchungen von Obermeyer sowie Hamburger und Sperck anziehen, die be- weisen, dafs kleine Eiweifsmengen wiederholt ins Blut gespritzt (so klein, dafs sie dem Präzipitin-Nachweis entgehen), schon starke Antisera erzeugen. Bei unserem prolongierten Fütterungs- versuch mit Kasein müfste darnach auf jeden Fall ein Lakto- serum erzeugt worden sein, wenn eben nicht das Lab- enzym jegliches Kasein niedergeschlagen hätte.

Hier will ich noch eiiTige Versuche einschalten, die ich mit menschlichen Körperflüssigkeiten vorgenommen habe.

Auf dem Hamburger Naturforscher- und Arzte-Kongrefs des Jahres 1901 sagte Schlofsmann in der Diskussion zum Vor- trage Moros: »Biologische Beziehungen zwischen Milch und Serumc, die Bordetsche Fällung gelinge am besten und voll- kommensten, wenn man zum Serum des kindlichen Blutes Milch

Krankengeschichten einen Beweis beibringen zu können (der doch experi- mentell leicht möglich wäre) dafs beim Abstillen usw. (also am Ende der Säuglingsperiode noch) durch Eindringen von fremder Milch ins Blut Vergiftungserscheinungen entstehen können.

7^ Kxperim. .Stmlien über die Dorchgängigkeit des Magendannkmnalcs eic

der eigenen Mutter hinzusetze. iHier zeigt sich deutlich enge Band, das zwischen den Bluteigenschaften von Mutter und Kind besteht. Bei meinen Demonstrationen üher diesen Gegen- stand benutzte ich stets, um eine recht klare Fällung zu bekom- men, Hydrocelenflüssigkeit eines Brustkindes, die ich mir durch Punktion verschaffe, und der Milch [soll wohl heifsen : d i e )UIch* der Mutter dieses Kindes. Ich kann dieses Verfahren allgemein empfehlen.

Diese Äulserung kann wohl nicht anders aufgefalst werden, als dafs ßchlofsmann annahm, im Blutserum (Hydrocelen- flüssigkeit) des SäugUngs sei jedenfalls durch den Säugungs- akt ein Präzipitin gegen die Milch der eigenen Mutter gebildet, eine Anschauung, die allen im vorhergehenden geschilderten Versuchen widerspricht. Zur Prüfung dieser Behauptung nahm ich die folgenden Versuche vor:

I. 21. VI. 1904. Kind Fl ein er (Poliklinik des y. Hannerschen Kinder- Hpitals), 14 Tage alt, nie von der Mntter gesäugt wegen früherer MaHtitis, künstlich ernährt, mit rechtsseitiger Hydrocele. Die Punk- tion der Hydrocele ergab viel klare, bernsteingelbe Flüssigkeit Es gelang, der Mntter noch eine geringe Menge sehr fettreicher gelblicher Milch aus der Brust auszupressen. Die Milch wurde verdünnt (1 : 30, 1 : 120, 1 : 360; und wie bei den früheren Versuchen das Laktoserum, so wurde hier Hydro- celenflüssigkeit (1 ccm) zu den Milchverdünnungen (3 ccm) zugesetzt. 1 Stunde nach Anstellung des Versuchs war noch keine Veränderung zu sehen, später traten bei den Verdünnungen 1 : 30 und 1 : 120 eigenartige Elrscheinungen auf. Sie bestanden darin, dafs sich in dem Röhrchen, es nach und nach ganz durchsetzend, eine Art Gerinnsel bildete, das mit der PlatinOse heraus- gefischt worden konnte und annähernd die Konsistenz des Glaskörpers hatte. In dem gerinnselbefreiten Zentrifugat der Böhrchen fand sich mikroskopisch nicht die Spur von Kasein-Niederschlag.

II. 22. VI. 1904. In der Poliklinik des von Ha uner sehen Kinder- spitals punktierte ich dem 12 Wochen alten Kind Rosenberger, das noch täglich 5 6 mal an der Mutter trank, dazu etwas Beinahrung erhielt, die linksseitige Hydrocele testis et funiculi spermatici. Der Mutter wurde reichlich etwas wässerig aussehende Milch abgedrückt Versuchs- anordnung mit zentrifugierten Milchverdünnungen und Hydrocelenflüssigkeit wie bei I.

Sämtliche Verdünnungen (bis 1 : 360) ergaben die gleiche Grerinnsel- bildung wie sie in Versuch I wahrgenommen wurde. In den Kontroll- versuchen mit physiol. Kochsalzlösung fehlte dieselbe.

Von Dr. Albert TTffenheimer. 7*J

in. 27. VI. 1904. Dem Kinde Fleiner (Vera. I) wnrde nochmals HydrocelenflüsBigkeit entnommen und dieselbe warde in der gleichen Ver- suchsanordnung wie früher, aber nur bei Milch Verdünnungen 1 : 10 zusammen- gebracht

1. mit der Milch der eigenen Mutter, die das Kind nicht gesäugt hatte,

2. mit der Milch einer anderen sängenden Frau (Leppmeier),

3. mit Kuhmilch.

In den beiden ersten Milchen trat sehr schnell starke Gerinnung ein, in der Kuhmilch zeigte sich die Gerinnung erst am folgenden Tag. Die Gerinnsel glichen bei diesen drei Milchen genau den oben beschriebenen.

IV. 30. VI. 1904. Mit Hydrocelenflüssigkeit des Brustkindes Kerbel der gleiche Versuch mit Milch der eigenen und mit Milch einer fremden säugenden Mutter.

Resultat: genau dasselbe (Eintritt mäfsiger Gerinnung sofort, über Nacht völlige Gerinnung).

Es konnte nach diesen Versuchen kein Zweifel sein, dafs diese Gerinnungserscheinung nichts Spezifisches im Sinne der Laktoserumreaktion sei. Kaseinniederschläge wurden nie im Sediment gefunden, die Gerinnsel hatten völlig den Charakter der Fibringerinnsel, und bei der Betrachtung der- selben (die ein dichtes Fadennetz darstellten) durch das Mikroskop konnte man beim ersten ßhck mit Sicherheit ausschUefsen, dafs der Prozefs mit dem Kasein der Milch irgend etwas zu tun habe.

In der Tat fand ich nach Abschlufs dieser Versuche in einer Arbeit von Moro diese Meinung völlig bestätigt. Arbeiten von Hamburger und Moro und von Bernheim-Karrer haben sich eingehend mit dem Fibrinferment der Milch befafst.

Yersnehe mit Hflhnereler-Eiweiljs.

Die nachfolgenden Versuche mit der Verfütterung von Hühner- Eier-Eiweifs schliefsen sich den vorausgehenden ungezwungen an; ich möchte aber ausdrücklich betonen, dafs ich erst durch das Erscheinen der Ganghof ner-Langerschen Arbeit zu ihnen angeregt worden bin.

Diese beiden Autoren haben an neugebornen Hunden, Katzen, Kaninchen und Zickeln und auch am menschlichen Säugling Verfütterungsversuche mit Rinderserum und Eiereiweifs vorge- nommen und hierbei gefunden, dafs die genannten körperfremden

gQ Experira. Studien über die Durchgftngigkeit des Magendarmkanales etc.

Eiweifsarten zum Teil unverändert resorbiert wurden. Diese Eigen- tümlichkeit liefs sieh bei ihren Versuchstieren bis an das Ende der ersten Lebenswoche nachweisen und wurde vom 8. Tage an konstant vermifst. Auch beim menschlichen Säugling konnten Ganghofner und Langer ein ähnliches Verhalten feststellen. Der Magendarmkanal älterer Tiere liefs artfremdes Eiweifs bei stomachaler Einverleibung unter normalen Verhältnissen nicht durch. Jedoch bei übermälsiger Eiweifszufuhr oder anatomischer bzw. funktioneller Schädigung des Magendarmepithels konnte auch bei älteren Tieren ein Übertritt von unverändertem Eiweifs in die Blutbahn konstatiert werden. In einem Fall (beim neugebornen Zickel) führte die Resorption des unveränderten Eiweilses zur Bildung von Antikörpern.

Aufser dieser Veröffentlichung liegt bis jetzt nur eine weitere vor, die sich mit derartigen Versuchen bei Neugeborenen beschäf- tigt, nämlich eine Arbeit von Hamburger und Sperk, die zu völlig entgegengesetzten Resultaten kommt. Den beiden Wiener Autoren gelang es weder bei Erwachsenen einen Übergang des verfütterten Eiweifses ins Blut nachzuweisen, noch auch bei Neugebornen (2 dreitägige Kälber, 4 menschliche Säuglinge im Alter von 5 Tagen bis 13 Wochen). Bei einem einzigen ihrer Versuche (Kalb II) bezeichnen sie das Resultat als unsicher, insofern als das Blut des mit Pferdeserum gefütterten Tieres schon vor der Nahrungsaufnahme eine reichliche Fällung auf Anti-Pferdeserum gab. Quantitative Unterschiede der Serum- proben vor und nach der Nahrungsaufnahme konnten aber nicht nachgewiesen werden.

Es gelang mir durch Injektion von Eierklar, ein sehr gut wirkendes Anti-Hühnereiweifs-Serum herzustellen. Ich verfuhr ganz nach den Angaben von Uhleuhuth. Das sauber gereinigte Ei wurde vorsichtig aufgeschlagen und das WeiTse in ein steriles Becherglas eingebracht, in welchem es zusammen mit physiologischer Kochsalzlösung eine Weile mit einem sterilen Glasstabe geschlagen wurde. Jedesmal wurde das Weifse von 2 Hühnereiern einem Kaninchen in die Bauchhöhle eingespritzt, bei einem Gesamtvolum bis zu 100 ccm. Schon in der fünften Woche betrug der Titre

81 Von Dr. Albert tJffenlieinier.

des Blutserums der beiden so vorbehandelten Kanineben (u und v)

1:30000.

Die folgenden Versuche wurden (mit Ausnahme von Nr. I, bei dem ein Antiserum mit dem Titre 1 : 1000 verwendet ist) mit einem so hochwertigen Serum vorgenommen, das am Anfang der 6. Woche den Tieren entzogen wurde. ^)

I. 9. Xn. 1904. Meerschweinchen Dd III, 60 g schwer, etwas über 24 Standen alt, bekommt 3 ccm HflhnereiweiTs mittels Ballpipette per os. Getötet dVt Standen nach der leisten Fütterang.

Die Prüfnng anf den Übergang des Eiweifses wurde gans analog den Kasein- Versnchen vorgenommen.

Resultat: Keine Spur von Eiweifsübergang.

n. 10. xn. 1904. Meerschweinchen Dd V, 50 g schwer, 2 Tage alt, bekommt 3,5 ccm Hühnereiweifs. Getötet SV, Standen nach der letzten Ffltterung. Resultat: völlig negativ.

III. 19. xn. 1904. Meerschweinchen LI I, 65 g schwer, IVi Tage alt, bekommt am 19. und 20. XII. zusammen 10 ccm Eiweifs.*) Entblutet Vi Tag nach der letzten Fütterung.

Resultat: völlig negativ.

IV. V. 19 XII. 1904. Meerschweinchen LI II und LI ID, 60 und 70 g schwer, vom selben Wurf wie das vorige, genau ebenso behandelt Bei beiden ist das Resultat: völlig negativ.

VI. 19. XII. 1904. Meerschweinchen Kk I. 80 g schwer, 5 Tage alt, genau (und gleichzeitig) behandelt wie die vorigen drei Tiere.

Resultat: völlig negativ.

VII. 22. XII. 1904. Meerschweinchen Nn I, 75 g schwer, 24 Standen alt, bekommt am 22. und 23. XII. insgesamt 10 ccm Hohnereiweifs per os. Getötet 5Vi Stunden nach der letzten Ffltterang.

Resultat: völlig negativ.

1) Das eine vorbebandelte Kaninchen nahm von der 4. Woche an rasch an Gewicht ab. In der 7. Woche vermochte es nicht mehr zu schlucken, trotzdem es zu fressen versuchte. Es wurde getötet und dabei fand sich der Magen von wässeriger Flüssigkeit erfüllt, ohne Futter, die Schleimhaut desselben samtartig, teilweise gerötet, der Pylorus stark kon- trahiert. Im Ösophagus kein Tumor. Starke Perisplenitis und schwächere Perihepatitis. Sonst aufser einigen parasitttren Herden in der Leber nichts Pathologisches. Ich erwähne diesen Befand hier eingehen- der wegen seiner klinischen Übereinstimmung mit manchen Osophagus-Car- cinomen beim Menschen, und kann hinzufügen, dafs unter dieser Erscheinung des Nichtmehrfressenkönnens öfters Kaninchen sterben, die zur Herstellung von Immunseris verwendet werden.

2) Wenn der Einfachheit halber in diesem Kapitel öfter Eiweifs gesagt wird, so ist natürlich Hühnereier-Eiweifs darunter zu verstehen.

Archiv mr Hygiene. Bd. LV

G

^ £xperim. Stadien über die Durchgängigkeit des Magen dann kanalea etc.

VIII. 22. Xn. 1904. Meerschweinchen Nn II, 65 g schwer, 24 Stonden alt, genau so behandelt wie das vorige.

Resultat; völlig negativ.

IX. 22. XII. 1904. Meerschweinchen Nn III, 55 g schwer, vom gleichen Wurf wie die zwei vorigen, gleichzeitig und ebenso behandelt

Das Resultat in diesem Falle war ein schwach positives^): Sowohl das unverdünnte Serum wie mit physiolo- gischer Kochsalzlösung angelegte Verdünnungen ergaben mit dem Antiserum Niederschläge, die am zweiten Tag noch etwas umfangreicher waren wie am ersten Tag. Um eine natürlich nur ganz approximative Bestimmung der ausgefällten Präzipä- tatsmenge geben zu können, möchte ich bemerken, dafs ich mir bei der Titration des Anti-Hühnereiweifsserums eine Skala auf- gezeichnet hatte.

Damals war. 1 ccm der Hühnereiweirs- Verdünnungen (von 1 : 100 bis 1 : 30 000) mit je 5 Tropfen des Antiserums versetzt worden. Die Reaktionen wurden in annähernd gleich grofsen spitz zulaufenden Zentrifugiergläschen vorgenommen, und am Ende des Versuchs wurden die in den Spitzen befindlichen Präzi- pitatsmengen abgezeichnet, die entsprechend der Konzentration der benutzten Eiweifslösung kontinuierlich abfielen. So ergab sich jetzt ein ungefährer Mafsstab für die aus dem Serum der gefüt- terten Tiere niedergeschlagene Eiweifsmenge.

Die bei Benutzung von 0,35 ccm des unverdünnten Serums vom Jungen Nn in durch 5 Tropfen Antiserum erhaltene Prftzi- pitatsmenge entsprach ungefähr derjenigen, welche sich bei obiger Versuchsanordnung bei einer Ei weifsverdünnung 1 : 4000 bis 1 : 6000 gebildet hatte nehmen wir also rund 1 : ÖOOO. Es würde dann aus 1 ccm des Serums vom Jungen Nn III ungefähr so viel niedergeschlagen worden sein wie aus einer Eiweifslösung 1 : 1700; mit andern Worten 1 ccm dieses Serum hätte etwa ^/i7oo ccm Hühnerei weifs enthalten. Das ganze Tier 55 g schwer hat rund 2,1 ccm Blutserum, demnach würden in dem gesamten Blut des mit 10 ccm Eiweifs gefütterten Tieres rund etwa ^soo ^^^^

1) Das Aussehen des flockigen Niederschlages war auch mikroskopisch ein charakteristisches.

Von Dr. Albert Uffenheimer.

83

davon nachweisbar gewesen sein, was also dem 8000. Teil des Verfütterten entspräche.

X. 22. XII. 1904. Meerschweinchen Nn IV, 57 g schwer, vom gleichen Wurf wie das vorige, in gleicher Weise behandelt.

Das Resultat der Blatuntersuchung war wiederum ein schwach positives. Am ersten Tag geringer, am zweiten etwas deut- licherer Ausfall eines charakteristischen Präzipitates.

Nach der Menge desselben und der eben erläuterten Art der Berech- nung würde etwa Vioooo ^^b verfütterten Eiweifses ins Blut übergegangen sein.

XI. 22. Xn. 1904 Meerschweinchen Nn V, 62 g schwer, vom gleichen Wurf wie die vorigen, in gleicher Weise behandelt:

Auch hier war das Resultat ein schwach positives. Am zweiten Tag erschien ein leichter Präzipitat-Niederschlag, der höchstens dem Übergang des 10000. Teiles der verfütterten EiweiTsmenge ins gesamte Blut entsprach.^)

XIL Nun habe ich wie bei den Verfütterungen der bereits abgehan- delten genuinen Eiweilse auch beim Eiereiweifs einen prolongierten Versuch mit grofsen Mengen vorgenommen.

10. XII. 1904. Meerschweinchen Dd IV, 55 g schwer, 2 Tage alt, erhält vom 10. bis inkl. 17. XII. insgesamt 55 ccm Eiereiweifs, also eine Menge, die seinem anfänglichen Körpergewicht entspricht, per osmit Ballpipette verfüttert. Es nimmt dabei rapid an Gewicht zu'), hat am 15. XII. schon 75 g, am 18. XII. 85 g, am 20. XU. 100 g und am 22. XII. 112 g. An diesem Tage wird es durch Halsschnitt entblutet.

Die auf Vorhandensein von Eiweifs im Blute vorgenommene Präzipitinreaktion ergab negativen Befund, es war ja 5 Tage nach der letzten Verfütterung auf keinen Fall mehr Anwesenheit von Eiereiweifs im Blute zu erwarten, dagegen hätte etwa aufgenom- menes Eiweifs Zeit genug gehabt, um ein Antiserum zu bilden ; ich darf hier auf das bei dem Kasein- Versuch Gesagte hinweisen.

1) Im Urin dieser drei Tiere Nn III— V (es standen mir allerdings nur wenige Tropfen zur VerfQgung) konnte ich Eiereiweiüs mittels der Präsipitin- Reaktion nicht nachweisen.

2) Schon dieser klinische Befund legte es nahe, ein negatives Re- sultat des Versuches zu erwarten. Wir wissen, dafs die Aufnahme von un- verändertem Eiweifs ins Blut meist zu Erkrankung, immer zu Abmage- rung, oft zum Tode führt (siehe Ganghofner und Langer) und aus diesem Grunde schon konnte die stetige Gewichtszunahme während der Dauer des ganzen Experimentes auf ein völlig normales Verbalten des Magendarmkanales in jeglicher Beziehung schliefsen lassen.

^^ Experim. Stadien über die Darchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

Der Versuch wurde so vorgenommen, dafs zu Eiereiweifs- lösungen von 1 : 10 an aufwärts bis 1 : 1000 das Serum des Jungen Dd IV zu gleichen Teilen zugesetzt wurde (je 3 Tropfen^). Das Ergebnis war ein völlig negatives das Serum ent- hielt keinen Hühnereiweifs-Antikörper.

Unsere Versuche haben also ergeben, dafs in der grüfseren Mehrzahl der Fälle beim neugeborenen Meerschweinchen verfüttertes Eiereiweifs die Magendarm wand nicht unverändert passiert. Nur in dreien von zwölf Fällen liefsen sich ganz geringe Mengen ins Blut übergetretenen Eierklars nachweisen. Wie gerade diese Ausnahmen zu erklären sind, weifs ich nicht. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, dafs diese 3 Tierchen alle von einem Wurfe stammten. Man könnte also an eine gewisse hereditäre Schwäche ihres Intestinaltraktes denken, und die Tatsache, dafs es gerade die leichtesten Tiere des Wurfes waren, läTst wirklich diesen Gedanken (der, wie ich wohl weifs, eine Umschreibung, noch keine Erklärung bedeutet) einigermafsen plausibel erscheinen. Die Mengen, welche die Tierchen verfüttert bekamen, waren aufser- ordentliche, innerhalb 26^/2 Stunden 10 ccm, also ungefähr der sechste Teil ihres Körpergewichtes, so dafs man mit gröfserer Wahrscheinlichkeit annehmen kann, dafs hier eben eingetreten ist, was Uhlenhuth, Ascoli und die anderen auch bei ihren er- wachsenen Tieren erlebt haben, dafs nämlich die plötzliche Überschwemmung des Magendarmkanales mit den fremden Eiweifsstoffen es für den Augenblick nicht zu entsprechend grofser Verdauungssaft- Absonderung kommen liefs, und so noch Spuren unveränderten Eiweifses ins Blut abgeführt werden konnten.

Es mufs wirklich wundernehmen, dafs nicht auch bei den übrigen mit so grofsen Eiereiweifsmengen gefütterten Tieren ein Übertritt im Blut erfolgt ist, speziell dafs sich bei dem zuletzt berichteten Versuch kein Antiserum gebildet hat, zumal wenn wir uns an die schon oben erwähnten Versuche von Ham- burger und Sperk erinnern, die nach Injektion von geringen.

1) Aach hier wurden, wie stets, ganz entsprechende KontroIlTerauche mit Immunsemm gleichzeitig vorgenommen.

Von Dr. Albert Uffenheimer. 85

biologisch im Blut gar nicht nachweisbaren, Eiklarmengen ein ausgezeichnetes Antiserum gewannen.

Über die Divergenz der Ganghof ner-Langerschen Resultate einer-, der HamburgerSperkschen und der unsrigen ander- seits wird an späterer Stelle zu sprechen sein, hier gehe ich auf dieselben nur ein, soweit sich Differenzen in den Versuchen am menschlichen Säugling ergeben haben.

Den vier negativen Versuchen von Hamburger-Sperk stehen zwei positive von Ganghofner-Langer gegenüber. Von diesen zwei Versuchen ist der eine, wobei reichlicher Über- gang von Eiweifs ins Blut vermerkt wurde, an einem offenbar nicht lebensfähigen Kinde vorgenommen (I Tag altes Kind, Zwillingsfrucht, Gewicht 2100 g, Enkephalokele , erhielt am 31. V. und 1. VI. bis abends 8 Uhr Hühnereifsweilösungen, starb am gleichen Abend 10 ^/s Uhr. Blut 10 Stunden nach dem Tode entnommen). Die eben zitierten Data gestatten mir wohl ohne detailliertes Eingehen auf diesen Fall, auszusprechen, dafs er für die Frage des Eiweifs-Überganges bei normalen Kindern nicht verwertbar ist.

Der zweite Fall war ein 3 Wochen altes Kind, das wegen Lymphangioma colli operiert wurde. Auch hier fand sich Über- gang des per os gegebenen Eiweifses ins Blut. Zu dieser Be- obachtung möchte ich bemerken, dals über den Zustand des Magendarmkanales nichts angegeben ist, und dafs der positive Ausfall bei einem gesunden 3 Wochen alten Kinde ja für den menschlichen Säugling eine Durchlässigkeit des Intestinal- traktes beweisen würde, die weit über das von Behring Be- hauptete hinausginge und eine zeitlich bedeutend länger dauernde wäre als bei allen geprüften Tierarten. Aus diesem Grunde, glaube ich, kann der eine positive Fall dem anderen negativen gegenüber nicht allzu schwer ins Gewicht fallen.

Yersnehe mit Antitoxinen.

Wie bereits erwähnt, waren es Experimente seines Mitarbeiters Römer gewesen, welche Behring zur Angabe führten, dafs ge- nuine Eiweifskörper die Intestinalschleimhaut neugeborener Tiere

86 Experim. Studien über die Durchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

ebenso unverändert durchdringen, als ob sie direkt in die Blut- bahn hineingebracht würden.

Römer ging aus von einem durch Ransom mitgeteiUen Fall, wo ein lange mit Tetanus- Antitoxin vorbehandeltes Pferd ein Fohlen warf, welches bei der Geburt 2^/2 A. E. pro 1 ccm Blutserum auf- wies. Die Milch des Mutterpferdes enthielt gleichfalls Antitoxin. Im weiteren Verlaufe der Beobachtung sank dann der Antitoxingehalt im Blutserum und in der Milch der Mutter ebenso, wie im Blutserum des Fohlens. Römer meinte nun mit Behring, dafs nur »unter Umständen« durch Vermittelung der Plazentargefäfse Antitoxin auf den Fötus übergehen könne ^) und glaubte diese Ausnahme so er- klären zu können, dafs im Ransomschen Falle unter dem Einflufs der Tetanusgift- Wirkung Hämorrhagien in der Plazenta ent- standen seien, die vorübergehend eine Kommunikation von mütter- lichem und fötalem Blut hergestellt hatten. Aus diesem Grunde vermied Römer bei seinem Pferd mit Eintritt der Gravidität jede Giftbehandlung.

Er immunisierte eine Stute während der Schwangerschaft gegen Diphtherie und fand das Fohlenblut am Tage der Geburt ohneAntitoxin; nachdem das Junge von der Stute 4 Tage gesäugt worden war, enthielt sein Blutserum pro 1 ccm bereits % A. E. Der Antitoxingehalt stieg rapid weiter an, bis am 12. Tage nach der Geburt ein Höhepunkt mit 5 A E. pro ccm Blutserum erreicht war.

Ein ähnliches Resultat wurde mit einem trächtigen Kaninchen erzielt, welches mit Tetanus -Antitoxin behandelt worden war. Es warf fünf Junge. Zwei von ihnen wurden sofort entblutet ihr Serum war frei von Antitoxin. Das eines dritten Jungen enthielt schon am 4. Tage ^/sooo A. E.

1) Ich gehe auf diese Versuche, die nicht strikt zum Thema »Darch- gängigkeit des Magendarmkanales« gehören, zum Teil darum ein, weil auch ich einige einschlägige Experimente vorgenommen habe, in der Hauptsache aber deswegen, weil aus den inzwischen fortgesetzten Versuchen Römers, den Arbeiten von Polano usw. sich eine Regel über die Durchgängigkeit der Placentarwand ableiten licfs, welche grundsätzliche Differenzen bei den verscliiedenen Tierspezies feststellte. Dieser Regel wird eine zweite an die »Seite zu setzen sein, welche bozilglich der DurchläSHigkeit des Magen- dar Ulkanales bei den verschiedenen Arten sich aus meinen Versuchen ergeben hat

Von Dr. Albert Uffenheimer. 87

Aus der weiteren Schilderung des Fohlenversuches geht her- vor, dafs vom Anfang der dritten Woche an eine Verminderung des Antitoxingehaltes im Fohlenblute eintrat. Diese Abnahme könnte nach Römer aus dem ebenfalls nachgewiesenen Rückgang des Antitoxingehaltes der Muttermilch allein erklärt werden, zumal wenn die Gewichtszunahme des Tieres in Betracht gezogen wird. Jedoch das auffallende Sinken des Antitoxin- gehaltes liefs doch daran denken, ob nicht im Darmkanal des Fohlens sich Veränderungen eingestellt hätten, die eine weitere Aufnahme des Antitoxins in das Blut verhinderten.

An dieser Stelle erwähnt Römer die gescheiterten Versuche, die menschliche Diphtherie durch intestinale Verabreichung von Heilserum zu bekämpfen als Beweis, dafs bei älteren Individuen eine Resorption von Antitoxin im Intestinaltrakt nicht stattfindet. Er stellte nun selber vier einschlägige Experimente an.

Ein Pferd wurde mit Diphtherie-Antitoxin gefüttert, indem es in fünf hintereinanderfolgenden Tagen zusammen 42500 A. E. erhielt, sein Blijt blieb antitoxinfrei. Das gleiche Resultat wurde erzielt an einem Schaf, welches an 9 Tagen je 1300 A. E. erhielt. Auch bei dem oben erwähnten Fohlen trat, trotzdem es zu Anfang seiner vierten Lebenswoche an vier Tagen je 2,5—5 g Diphtherie-Heilserum Nr. IV. erhielt, in dieser Zeit eine weitere Abnahme des Antitoxingehaltes des Blutserums ein. Schlielslich zeigte noch ein Kaninchen, welches mit 20 ccm antitoxischer Pferdemilch (ca. vierfach normal) gefüttert wurde, nicht die ge- ringste Antitoxin-Resorption. Drei Versuche, die vorgenommen wurden zur Entscheidung der Frage, ob mit einer intestinalen Antitoxin-Denaturierung in nennenswertem Grade zu rechnen sei, reichten zur Entscheidung dieser Frage nach Römers eigener Ansicht nicht aus. Pol an o hat 1904 in seiner Würzburger Habilitationsschrift die Rom ersehen Versuche des intrauterinen Übergangs der Antitoxine wieder aufgenommen und zwar am Menschen. Ein erster Versuch mit Diphtherie- Antitoxin mifs- lang es war aus unbekannten Gründen nicht einmal im mütter- lichen Blute Antitoxin nachweisbar.

Foiano ging dann zum Tetanui-AncitoxiD über and erhielt da b«i äiHnen zvei ersten Versuchen kaom brandibare Resultate, in f-inem driuen Versuch, wo er einer Primigravida 2 Wochen and dann einen Tag ror der Gebart je 100 A. E. t. Behring- sehen HeiUerumä eingespritzt hatte, konnte er aber einwand- frei den C'bergang von Antitoxin von der Matter auf das Kind nachweisen.

So war der Stand der Antitoxinfrage, als ich meine Ver- suche begann.

Efl war mir darum zu tun. möglichst geringe Mengen etwa übergehenden Antitoxins im Blut der Jungen nachweisen zu können. Beim Tetanus-Antitoxin war dies mit den bisherigen Methoden gut durchzuführen, für das Diphtherie-Antitoxin jedoch reichten dieselben nicht aus; denn die geringste mit ihrer Hilfe feststellbare Antitoxinmenge waren ungefähr 0.1 Immunisierungs- Einheiten. Ich begrüfste deshalb mit grofser Freude die Marxsche Verr^ffentlichung. die mir die notwendigen Hilfsmittel für so feine Antitoxinbestimmungen in die Hand gab.

Die neue Methode beruht darauf, dals zur Titration der ge- suchten Antitoxinmenge nicht mehr eine vielfach tödliche Toxin- dosis neutralisiert zu werden braucht, sondern dafs eine einzige Komponente der Diphtheriegiftwirkung, nämlich die Ver- ursachung eines lokalen Odems, als Indikator benutzt werden kann.

Da irgend eine Bestätigung der auf den 11. internationalen Kongrefs für Hygiene und Demographie zu Brüssel und dann im Centralblatt für Bakteriologie nochmals kurz beschriebenen Marx- schen Befunde bis dahin nicht bekannt geworden war, unternahm ich es zunächst, die Methode nachzuprüfen.

Durch die Liehienswürdigkeit des Herrn Prof. Paltauf stand mir ein flü.ssiges, im Kaiserl. Königl. Seruminstitut zu Wien genau auHtitriertes Gift zur Verfügung. Seine Dosis letalis für Meer- schweinchen von 260 g war 0.02, der L + Wert 0,45.

Die Nachprüfung ergab ein mit dem Berichteten überein- stimmende« Resultat,

Von Dr. Albert Uffenbeimer. ^9

Eine Anzahl von Versuchen ergab nun, dafs % ^^^ absohit tödlichen Dosis beim Meerschweinchen von 250 g unter die Haut eingespritzt, nach zweimal 24 Stunden noch ein sehr starkes Üdem^) mit vielen Hämorrhagien bewirkte, während bei- spielsweise ^/i5 tödlicher Dosis nur »ziemliche* starkes Ödem ver- ursachte. Im allgemeinen ergab die Obduktion dieser Ödemtiere keine irgendwie erhebliche Giftwirkung auf innere Organe, da ich aber doch bei einigen Sektionen solche in geringerem Grade konstatieren konnte, sah ich bei sämtlichen Serumbestimmungen davon ab, nach Marx'ens Vorachlag ein Tier an zwei entgegen- gesetzten Körperstellen mit zwei verschiedenen zu prüfenden Flüssigkeiten zu injizieren und habe stets nur eine einzige sub- kutane Einspritzung unter die Bauchhaut vorgenommen. Ich mufs auch offen gestehen, dafs ich es mir gar nicht vorstellen kann, dafs die injizierte nicht tödliche Giftdosis, abgesehen von ihrer heftigen lokalen Wirkung, den übrigen Körper unangetastet lassen könnte. Um deshalb nicht vorauszusehenden und unberechenbaren Fehlern zum Opfer zu fallen, wird es sich auch künftig für jeden, der die Marx sehe Methodik anwendet, empfehlen, an einem und dem- selben Tier nur eine FltLssigkeit zu prüfen.

Ich liefs nun auf die Giftmenge, welche das »sehr starke Odemc verursachte, Verdünnungen eines 200fachen, ebenfalls von Herrn Prof. Pal tauf gütigstzur Verfügung gestellten Diphtherie- Antitoxins in Abstufungen 24 Stunden lang2) einwirken und stellte durch Meerschw^einchen- Versuche fest, dafs bei ^/^oo J. E. noch ein sehr starkes Odem unverändert sich zeigte, während bei

^/soo J. E. ein ziemlich starkes Odem,

Veoo J* ^- mäfsiges Odem,

V400 J- E- sehr geringes Odem,

^/goo J. E. eben noch nachweisbare Spur von Ödem

1) Ich zog es vor, bei meinen Versuchen diese noch sehr starke Odem- ansammlang zum Ausgangspunkt der Titration zu nehmen, während Salge eine Giftdosis benatzte, welche »eben noch ein deutliches Odem« erregte.

2) Wie Marx es vorschlug, 2 Stunden lang im Bratschrank, dann 22 Stunden im Eisschrank.

qQ Experim. Stadien über die Darchgängigkeit des Magendannkanales etc.

sich fand, so dafs also Vüoo J- ^- ^^^ Menge war, welche die ödem- machende Wirkung von Vio tödlicher Dosis aufhob, während 7)^)0 J- E. keinen giftwirkungshemmenden Einfiufs mehr ausübte. Durch ein solches Austitrieren läTät sich also tatsächlich, auch wenn der »Glatt wert* noch nicht erreicht ist, empirisch ungefähr bestimmen, wie viel Immunisierungseinheiten eine zu untersuchende Flüssigkeit enthält. Die Methodik ist wie oft wiederholte Versuche mir zeigten eine ungemein genaue und verlässige, und rein theoretische Einwände, wie sie von Siegert gegen dieselbe erhoben worden sind, entbehren jeglicher Begrün- dung.

Zur Injektion verwandte ich stets 0,6 ccm Gesamtflüssigkeit; dies Volum wurde nur ausnahmsweise dann überschritten, wenn ein Serum in der Menge von 0,4 ccm noch nicht zur Bestimmung ge- nügendeantitoxische Wirkung gezeigthatte. Mehrais 0,8ccm Gesamt- volum habe ich aber nie eingespritzt.

Zunächst prüfte ich das Blutserum neugeborener und wenige Tage alter unbehandelter Meerschweinchen verschiedener Würfe (3 Geschwister €, 2 Geschwister SS) auf etwaigen angeborenen Diphtberie-Antitoxingehalt. Es fand sich regelmäfsig das Blut ganz frei von Antitoxin. (Auf die Wiedergabe der betreibenden Protokolle kann ich deshalb verzichten).

Nun versuchte ich den von Römer geleugneten plazentaren Übergang des Antitoxins von der Mutter auf das Junge festzustellen.

21. IV. 1904. Meerschweinchen L, nie behandelt, ca. 600 g Gewicht, hochschwanger. Die Geburt ist in den nächsten Tagen zu erwarten.

Vormittags 11 Uhr wird ihm vom Höchster Diphtherie-Heilsernm VID Op. S80 C. Nr. 70G .... 6 ccm subkutan unter die Bauchhaut injiziert (500 fach = 3000 J. E.).

23. IV. Bis heute (Samstag) Abend ist die Geburt noch nicht ein- getreten. Da bereits Schwellung der Vulva vorhanden ist, also wahrschein- lich die Geburt nehr bald erfolgen würde, wird der Kaiserschnitt vor- genommen, um zu vermeiden, dafs die nachts oder Sonntags geborenen Jungen an der Alten (die ja sicher antitoxinhaltige Milch hat) taugen können.

Von Dr. Albert Uffenheimer.

91

Kaiserschnitt abends 6 Uhr, also 2 Tage and 7 Stunden nach Injektion des Heilserums. Sofortige Entblutung der drei Jungen (LI 111) durch Halsschnitt.

Gleichzeitige Entblutung der Alten.

Für die Bestimmung der im Blute der Alten befindlichen Antitoxinmenge benutzte ich die alteEhrlich-Kossel-Wasser- m an n sehe Gift- Serum- Misch ungsmethode(10-fache Menge der tödlichen minimalen Giftdosis + zu untersuchendes Serum in abgestuften Mengen; nach der Mischung erst 2 Stunden Brut- schrank, dann 2^/2 Stunden Eisschrank):

\\ 0,2 ccm Diphtheriegift Paltanf = II lüfach tödl. Dosis Termischt mit

Versuchstier

Verlauf des Versuchs

23. VI. 04.

0.1 ccm Serum Alte L

0,03 ccm Serum Alte L

0,02 ccm Serum Alte L

0,01 ccm Serum Alte L

0,005 ccm Serum Alte L

Meerschw. 10, Gew. 290 g.

Meerschw. 11, Gew. 290 g.

Meerschw. 12, Gew. 260 g.

Meerschw. 13, Gew. 260 g.

Meerschw. 14, Gew. 255 sr.

24. ganz munter, ohne ödem.

25. kein ödem. Gew. 300 g. Nachm. 310 g.

27. Gew. 320 g

30. Gew. 330 g

24. ganz munter, ohne ödem.

25. kein ödem. Gew.300g. Nachm. Gew. 310 g.

Tier blieb

völlig go-

sund.

Tier blieb völlig ge- sund.

27. Gew. 320 g 30. Gew. 340 g

24. reichl. ödem, geringe Motilit&t

25. Morgens tot aufgefun- den. Gew. 240 g. Ob- dnkt Typischer Diph- theriegiftbefund.

24. Ausgedehntes ödem. Tier schwer krank.

25. Morgens tot aufgefun- den. Gew. 240 g. Ob- dukt. Typ. Diphtherie- giftbefund.

Verlauf genau wie bei Meerschw. 13.

qn Ezperim. Studien über die Dorchgängigkeit des MagendarmkanaJes etc.

Zur genaueren Bestimmung setzte ich diesen Versuch weiter fort und fand:

0,2 ccm Diphtheriegift Paltaiif = 10 fach tödl. [losis vonniFCht mit

Versuchstier

Verlauf des Versuchs

16. VII. 04.

0,03 ccm Serum Alte L

Meerschw. 27, Gew. 250 g.

0,0275 ccm Serum Alte L

Meerschw. 28, Gew. 240 g.

0,025 ccm Serum Alte L

Meerschw. 29, Gew. 245 g.

0,0225 ccm Serum Alte L

Meerschw. 30, Gew. 250 g.

19. Gew. 240 g. Sehr mo- bil, kein ödem mehr. Von hier ab ständige Zunahme.

17. Gew. 240 g.

18. Gew. 235 g. Mäfsiges ödem. Mobil.

19. Gew. 245 g. Von da ab schnelle Abnahme des Ödems und stän- dige Zunahme an Ge- wicht.

17. Gew. 285 g.

18. Gew. 225 g. Sehr stor- kes ödem. Mobilität beeinträchtigt.

19. Tier tot aufgefunden. Gew. 200 g. Obdakt : Typ. Di-Giftbefund.

Darnach war etwa 0,03 ccm Serum der Alten die Dosis der ghitten Resorption oder es schützte 0,0.'} des Serums vor 0,2 ccm Diphtheriegift Paltauf; da das zur Prüfung benutzte Gift aber ^/o normal war (Dosis letalis für Meerschweinchen von 250 g . . . 0,02 oder nach v. Behrings Ausdrucks weise :

1 ccm = + 12 500 M), hätte 0,03 des Serums der Alten vor 0,1 ccm Normalgift geschützt,

17. Gew. 245 g.

18. Gew. 250 g. Fraglich, ob Spur ödem. Tier sehr mobil.

19. Gew. 255 g. Kein Odem. Tier sehr mo- bil. Von hier ab stän- dige Zunahme.

17. Gew. 230 g.

18. Gew. 285 g. leichtes ödem.

Ganz

Von Dr. Albert Uffenheimer.

1)3

somit 0,3 ccm des Serums vor 1,0 ccm Normalgift. Nun bezeich- net man als Antitoxin- oder Immunisierungseinheit ^) diejenige Menge von Antitoxin, welche gerade ausreicht, um eine Toxin- Einheit (= 1 ccm Normalgift) zu neutralisieren; somit erwies sich das Serum der Alten über 3-fach normal, d. h. es enthielt in 1 ccm mehr als 3 J. E. Antitoxin. Berechnen wir dies auf die Gesamt- serummenge (= V26 d®8 Körpergewichts, hier also rund = 23 ccm), so stellt sich heraus, dafs im Serum der Alten noch un- gefähr 75 J. E. des eingespritzten Antitoxins nachweis- bar waren.

Die Prüfung des vermischten Serums der 3 Jungen L I III nach der Marx sehen Methode ergab 2)

Vio tödliche Giftdosis vermischt

mit

Versuchstier

Befund bei der Tötung nach 2X24 Stunden

1. 0,2 ccm Serum Junge L I-lII

2. 0,3 ccm Serum Junge L I— m

3. 0,4 ccm Serum Junge L I— III

4. 0,6 ccm Serum Junge L I— m

Meerftchw.l5; Gew. 290 g.

Meerschw. 26 Gew. 230 g.

Meerschw. 16 Gew. 300 g.

Meerschw. 24 Gew. 250 g.

Gew. 300 g, geringes ödem, etwas vermehrte Peritoneal- flüXsigkeit.

Gew. 180 g, sehr starkes Odem.

Gew. 390 g, Spur ödem. Gew. 230 g, völlig glatt.

(Wir sehen hier wieder die Genauigkeit der meisbaren Ab- stufungen; die etwas stärkere Affektion des zweiten Tieres wird durch sein im Verhältnis zu den anderen geringes Gewicht erklärt.)

Somit zeigte sich bei 0,6 ccm Serum der Jungen glatte Re- sorption. Dies entspricht nach den mit dem Pal tauf sehen Anti- toxin gefundenen Resultaten etwa V200 J* ^-

1) Ich folge hier den Angaben des in Buchform vorliegenden Berichtes der Farbwerke Meister Lucius und Brüning (1903). In anderen Büchern (z. B. bei Dieudonnä) wird man andere Angaben finden.

2) Ich brauche wohl kaum hervorzuheben, dafs die einzelnen Prüfungen stets durch Injektionen der Vio tödlichen Dosis ohne Zusatz bei einem Meer- schweinchen kontrolliert wurden.

^ Kzperim. Atadien über die DnrcbgftDgigkeit des Magen*ianiikanmles ecci

Wenn in 0,6 ccm also ^^^ J. £. nachweisbar waren, so enthielt 1 ccm dieses Serums etwa ^i^) J. £. oder das Gesamtblut eines solchen Tieres etwa V..^ J. £. Diphtherie- Antitoxin.

Dieser Versach bildete für das Meerschweinchen eine Be> flüLtigung dessen, was Polano beim Menschen bezüglich des Tetanus-Antitoxins gefunden hatte, nämlich plazentaren €■ ber- gang des Antitoxins von der Mutter auf das Junge auch bei antitoxischer Immunisierung.

Nach dieser Feststellung war ich begierig zu sehen, ob etwa die Jungen eines Tieres, das vor einiger Zeit eine starke Diphtherie- giftdosis erhalten hatte, aber überlebend gebUeben war, in ihrem Blute Antitoxin hätten.

2 Junge des auf solche Weise behandelten Meerschweinchens ^ wurden am Tage der Geburt entblutet.

Es zeigte sich nicht der geringste Antitoxingehalt im Blute der Jungen. Dies stimmt überein mit der Erfahrung, dafs Meerschweinchen sich aktiv gegen Diphtherie kaum immu- nisieren lassen.

Nun ging ich daran, den Übergang des Antitoxins im Blute vom Darmkanal aus zu prüfen.

I. Meerschweinchen v I and v II, vom Tag der Gebart ab mit Diph- therie-Antitoxin mittelfl Ballpipette gefüttert. Gewicht (erst am 3. Lebens- taK notiert: 90 und 100g).

Vom IH. VI. bis 21. VI. 1904 bekamen sie zusammen 18,75 ccm eines 4(K)fachen Höchster $erams=7&00 J. £., also rund 40 J. £. pro Gramm Körpergewicht.

Am 22. VI. vormittags werden sie beide in gemeinsames Gef&fs ent- blutet.

>/„ tö<ll. caftdosis vermischt Versuchstier mit

Befund bei der Tötung nach 2 X 24 Stunden

0,1 ccm Serum Junges vi u. II MeerBchw.23;

<4ew. 250 g.

0,2 rem Serum Junges vi u. II Meer8chw.37;

Gew. 260 g.

0,3 ccm Serum Junges vi u. II j Meerschw.SS;

Gew. 250 g.

Gew. 200 g; mäfsig starkes ödem, mäfsig Hämorrhagien.

Gew. 260 g; wenig ödem mit geringen Hämorrhagien.

Gew. 250 g; sehr geringes Ödem.

0,4 rem Serum Junges vi u. II Meerschw.lS; > (Jew. 240 g; glatt

Gew. 240 g:. |

Von Dr. Albert Uffenheimer.

1>5

Resultat: 0,4 ccm ergaben glatte Resorption, d. b. sie hatten die Wirkung von ^/goo J. E. oder: 1 com des Serums der beiden Tiere v I und II enthielt ungefähr ^j^ J. E. Diphtherie-Antitoxin, mit anderen Worten : ins Gesamtblut der beiden Tierchen war durch die Fütterung rund Vio E. Antitoxin über- gegangen.

II. 22. VII. 1904. Junges Meerschweinchen H VII, 40 g schwer, erhält am Tag der Geburt und am folgenden zusammen 1,8 ccm Höchster Diph- therie* Heilserum (400 fach = 720 J. E.) mittels Ballpipette verfüttert. Es kommen also auf lg Körpergewicht 18 J. E.

Leichte Aspiration bei der Verfütterung. Entblatung 6 Standen nach der letzten Fütterung

Die erhaltenen 0,4 ccm Serum werden zu einer einzigen Prüfung verwendet:

Versuchstier

Befund bei der Tötung nach 2X^4 Stunden

Meerschw. 47; Gew. 250 g

Gew. 280 g. Völlig glatte Resorption.

Resultat: Deutlicher Übergang von Antitoxin ins Blut; da nur der eine V^ersuch gemacht werden konnte, läfst sich der Antitoxingehalt des Serums nicht genau feststellen, es enthielt aber mindestens 1 ccm Serum des Jungen H VII . . . . ^If^J.E. Diphtherie-Antitoxin; der Mindestgehalt seines Gesamtblutes war demnach ungefähr ^50 J. E.

III. 25. VII. 1904. Junges Meerschweinchen 3 II, 80 g schwer, erhält am Tage der Gebart per os 2,88 ccm Höchster Diphtherie- Heilserum (500 fach = 1440 J. E.), also auf das Gramm Körpergewicht gerechnet 18 J. E.

Am folgenden Morgen durch Halsschnitt entblutet

Die Prüfung ergab:

ViQ tötl. Giftdosis vermischt mit

Versuchstier

Befund bei der Tötung nach 2 X 24 Stunden

0,1 ccm Serum Sil 0,2 ccm Serum 311 0,4 ccm Serum 311

Meerschw. 48; Gew. 250 g

Meerschw. 49; Gew. 240 g

Meerschw. 50; Gew. 230 pr

1

Gew. 245 g; völlig glatte Resorption Gew. 245 g; völlig glatte Resorption Gew. 235 g; völlig glatte Resorption

96

Ez|*erim. Stadien über die DarcfagAngigkeit des MagendaimkanmleR etc.

Resultat: Schon 0,1 ccni Serums yerursachte völlig glatte Resorption der ^/iq tödlichen Giftdosis, enthielt also zum mindesten \'2oo J- E. oder 1 ccm des Serums vom Jungen 311 enthielt zum wenigsten \^ J. £. Diphtherie- Antitoxin, das üe- samtserum des Tieres also zum wenigsten ^/j J. E.

IV. 25 VII 1904. Jonges MeerschweiDchen 4 I, 60 g schwer, erhalt am Tage der Gebart per os

2,1 ccm Höchster DIpbtberic-Heilsenim 400 fach = 840 J. R 0,48,, 500fach = 240 J. E.

zaaammen 1080 J. E., entaprechend 18 J. £. pro Gramm des Körpergewichts.

Entblutung am folgenden Morgen. Die Prüfung nach Marx ergab :

'/,. tö<ll. Giftdosis Versuchstier vermiscbt mit ^ ersucnsiier

Befand bei der Tötung nach 2 X 24 Standen

0,4 ccm Seram 41 J Meerschw. 51;

1 Gew. 250 g

Gew. 265 g; völlig glatte Resorption

Resultat: Bereits 0,4 ccm des Serums verursachte völlig glatte Resorption, enthielt also zum mindesten V^oo ^- ^• Mindestgehalt von 1 ccm Serum des Jungen 4 I . . . ^so J- ^• Mindestgehalt des Gesamtserums des Jungen 41 . . . ^85 J- E-

V. 25. VII. 1904. Junges Meerschweinchen 4 II, 60 g schwer, erhält am Tage der Geburt per os 2,16 ccm Höchster Diphtherie-Heilsemm (500 fach = 1080 J. K.), also wiederum 18 J. £. aufs Gramm Körpergewicht gerechnet.

Entblutung am nächsten Morgen.

Die Prüfung ergab:

7,0 t<idl. Dosis ver- iriiHcht mit

Versuchstier

Befund bei der Tötung nach 2 X 24 Stunden

0,lf)crm Serum 411

0,3 ccm Serum 411

Meerschw. 52; (few. 240 g

Meerschw. 58; Gew. 230 K

Gew. 245 g; völlig glatte Resorption

Gew. 225 g; völlig glatte ResorpUon

lies ul tat: Mindestgell alt von leeinSerumdesJungen41I '/xo J. E., Miiidestgelialt des (lesanitserums des Jungen 4 II */i:, J. K. Diphtherie-Antitoxin.

Von Dr. Albert Uffenbeimer.

97

VT. 26. VII. 1904. Junges Meerscbweincben f ni, 85 g schwer, erhält am Tag der Gebort per os 8,06 ccm Höchster Diphtherie -Heilserum (500 fach = 1530 J. £), wiederum 18 J. K auf das Gramm Körpergewicht gerechnet

Entblutnng am folgenden Vormittag.

Die Prüfung ergab:

Vio tödl. Giftdosis vermischt mit

Versuchstier

Befund bei der Tötung nach 2 X 24 Stunden

0,1 ccm Serum f IH

0,2 ccm Serum f HI

0,4 ccm Serum flu

Meerschw. 56; Gew. 240 g

Meerschw. 54; Gew. 230 g

Meerschw. 55; Gew. 270 g

Gew. 220 g. Aufserordentlich starkes ödem mit starken Httmorrhagien.

Gew. 225 g. Mälsig starkes Odem; starke H&morrhagien.

Gew. 255 g. Mäfsig starkes ödem; starke Hftmorrhagien.

Ich bin bei diesem Versuch also nicht bis zur Erzielung des iGlattwertesc gekommen. Doch während 0,1 ccm Serum noch keinerlei Einwirkung auf die Giftdosis zeigt (Befund genau wie bei dem Kontrolltier), läfst sich eine solche bereits bei 0,2 und 0,4 ccm Serum-Zusatz erkennen. Es würde das »mäfsig starke Odemc etwa entsprechen ^j^qq J. E. unserer empirischen Tabelle. Ich unterlasse hier eine Ausrechnung auf Grund dieser Zahl. Der Obertritt einer kleinen Menge von Diphtherie-Anti- toxin ins Blut ist aber beim Jungen flll sichergestellt

Vn. 26. VU. 1904. Junges Meerschweinchen fi HI, 80 g schwer, erhält am Tag der Geburt per os 2,88 ccm Höchster Diphtherie-Heilserum (SOOfach = 1440 J. E.), auch wieder aufs Gramm Körpergewicht 18 J. E. gerechnet

Entblntung am folgenden Morgen. Bei der Prüfung ergaben 0,88 ccm des Serums mit Vio tödlicher Giftdosis zusammengebracht, völlig glatte Resorption nach zweimal 24 Stunden.

Das Resultat istalso auch hier wieder deutlich positiv.

Nachdem sich so als gesetzmäfsige Erscheinung der Übergang eines Teiles des als Heilserum verfütterten Diphtherie-Antitoxins durch den Magendarmkanal der neugeborenen Meerschweinchen ins Blut gezeigt hatte, blieb noch die Frage übrig, ob alte Tiere sich ebenso verhielten. Ich nahm deshalb folgenden Versuch vor:

12. VII. 1904. Muttertier d. Gewicht 570 g, bekommt aus der R. Karotis ca. 3 ccm Blot entzogen.

Archiv mr Hygiene. Bd. LV 7

c^g Ezperim. Stadien Über die Darchgängigkeit des Magen dannkanales etc.

Darnach Fütterung mit Ballpipette. Vom 12. bis 15. Vn. erhält das Tier im ganzen 22 500 J. E. Diphtherie-Antitoziu in Form von Höchster Heil- seram (400 und 600 fach) verfüttert

Es war in diesem Falle also auf jedes Gramm Körpergewicht etwa 40 J. E. gerechnet. Am Nachmittag des 15. VII. wurde dem Tier 8 ccm Blut aus der linken Carotis entnommen.

Die Prüfung des Blutserums dieses alten Tieres vor der Fütterung ergab:

Viotödl.Giftdosis vermischt mit

Versuchstier

Befund bei der Tötung nach 2 X 24 Stunden

Gew. 220 g. Sehr starke Ödembil- dung mit reichl. Uftmorrhagien.

Gew. 210 g. Ebenso.

Gew. 210 g. Ebenso.

Gew. 210 g. Ebenso.

0,1 ccm Serum d

0,2 ccm Serum d 0,4 ccm Serum d 0,6 ccm Serum d

Meerschw. 36; Gew. 245 g

Meerschw. 32; Gew. 230 g Meerschw. 33; Gew. 230 g Meerschw. 35; Gew. 230 g

Resultat: Das Serum des Tieres d enthielt vor der Fütterung kein Diphtherie-Antitoxin.

Die Prüfung desselben Serums nach der Fütterung mit dieser riesigen Antitoxin-Dosis ergab:

Viotödl.Giftdosis vermischt mit

Versuchstier

Befund bei der Tötung nach 2 X 24 Stunden

0,1 ccm Serum d Meerschw. 40; Gew. 260 g

0,2 ccm Serum d Meerschw. 41 ; Gew. 260 g 0,3 ccm Serum d Meerschw. 42; Gew. 250 g 0,4 ccm Serum d Meerschw. 43; Gew. 240 g 0,5 ccm Serum d Meerschw. 44; Gew. 250 g 0,6 ccm Serum d Meerschw. 45; Gew. 240 g

Gew. 240 g. Aufserordentl. starkes ödem mitreichl.Hämorrhagien.

Gew. 255 g. Ebenso.

Gew. 225 g. Ebenso.

Gew. 235 g. Ebenso.

Gew. 235 g. Ebenso.

Gew. 215 g. Ebenso.

Resultat: Es war nicht die Spur nachweisbaren Anti- toxins ins Blut der Alten übergegangen.

Eine Wiederholung dieses Versuches verbot sich durch seine aufserordentliche Kostspieligkeit; er stimmt aber völlig zu all

Von Dr. Albert Uffenheimeif. 09

den von Römer erhaltenen Resultaten bei den Alten der ver* schiedensten Tiergattungen.

Hier ist der Ort, einen Versuch am neugebornen Menschen einzufügen. Ich hätte gern an einer gröfseren An* zahl von Kindern solche Antitoxinfütterungen vorgenommen, allein da nur durch einen Aderlafs genügende Mengen Blutes erhalten werden konnten scheute ich mich, zu solchen nicht notwendigen Operationen zu schreiten, und kann deshalb nur über ein einziges Experiment berichten : Das Kind, Wolfgang B., wurde gleich nach der Geburt wegen schwerer inoperabler Spina bifida und Klumpfüfsen in das von Hau n ersehe Kinderspital aufgenommen. Die Verdauung funktionierte wie die Beob- achtung in den ersten Lebenstagen zeigte gut; ich glaubte, bei diesem Candidatus mortis einen Aderlafs wagen zu dürfen. Als das Kind 3 Tage alt war, entzog ich ihm aus der linken Vena mediana Blut. Dann verfütterte ich auf einmal mittels Magensonde 15000 J. E. Diphtherie- Antitoxin, Am folgenden Tag, nach 15^/2 Stunden, machte ich eine Blutentziehung aus der Vena mediana. •>'"^*^ '

Die Prüfung des kindlichen Serums nach Marx vor der Fütterung ergab bis 0,05 ccm herunter glatte Resorption. Leider konnte ich nicht mit geringeren Serummengen eine ergänzende Prüfung vornehmen, da zum ersten Versuch alles verbraucht war. Das Serum nach der Fütterung ergab bei den entsprechen- den Werten gleichfalls glatte Resorption. So ist also durch dieses Experiment für unsere Frage nichts bewiesen, wohl aber wiederum festgestellt, dafs sich im Serum des nicht ge- säugten neugebornen Menschen gröfsere Diphtherie Antitoxinmengen vorfinden können.

Nachdem die Durchlässigkeit des Magendarmkanales neu- geborner Meerschweinchen für das Diphtherie- Antitoxin einwand- frei gezeigt war, galt es, das Tetanus- Antitoxin unter gleichen Verhältnissen zu prüfen. Aber über den nun folgenden Unter- suchungen schwebte von Anfang an ein böser Stern. Durch die entgegenkommende Liebenswürdigkeit des Herrn Prof. Paltauf verfügte ich über ein festes Tetanustoxin und über ein flüssiges

100

Ezperim. Stadien fiber die Darchgftngigkeit des Magendannkanmles etc.

Antitoxin. In dem von Herrn Dozenten Dr. Kraus, dem ich für seine Bemühungen den herzlichsten Dank ausspreche, gezeichneten Begleitschreiben zur Sendung dieser Agentien hieüs es: les lag an der Labilität des Toxins, wodurch wir an der Bewertung ver- hindert wurdenc. Leider zeigte sich diese Labilität auch während unserer Versuche in ganz aufserordentlicher Weise, so dafs von nahezu 200 Tierversuchen nur eine verhältnismäfsig kleine An- zahl verwertet werden kann. Es ist selbstverständlich, dafs ich keine Versuchsreihe ohne erneute Kontrolle angestellt habe. Über- all, wo das Kontrolltier nicht unter den typischen Tetanus- Erscheinungen starb, konnte die ganze Reihe der gleichzeitig angestellten Tierexperimente nicht berücksichtigt werden.

Nach den Feststellungen des Kaiserl. Kgl. serotherapeutischen Institutes in Wien tötete 0,00002 ccm von einer Lösung 1 g Tetanustoxin -f- 9 g physiologische Kochsalzlösung eine Maus. Von dem antitoxischen Serum neutralisierte 0,00001 ccm die letale Mausdosis.

Die von mir angestellten, mit verschiedenen neugefertigten Lösungen des Trockentoxins vorgenommenen Prüfungen ergaben, dafs die angegebene einfach letale Dosis eine Maus nicht vor dem 4. Tage tötete. Von der Verwendung des Antitoxins mufste ich Abstand nehmen, da die damit injizierten Mäuse alle schnell unter schweren Vergiftungserscheinungen starben. Eine bakterielle Noxe konnte ich aber in dem Serum nicht finden.

Ich verschaffte mir daher ein Behringsches Tetanusheil- serum (61a) von der Firma Dr. Siebert und Dr. Ziegenbein, das sechsfach normal war.

Da nach der Behringschen Berechnungs weise 0,1 ccm eines Normalserums = —4500000 Ms ist, d. h. die für 4500000 g Mausgewicht tödliche Giftdosis neutralisiert, so war 1 ccm dieses Serums = —270000000 Ms. Von diesem Serum stellte ich mir eine Lösung her, von der 0,05 ccm = 13,5 Ms waren, also eine Maus von mittlerem Gewicht vor der tödhchen Gift- dosis schützten. Versuche bestätigten die berechnete Wirkung dieses Antitoxins. Der Nachweis desselben in dem Blute der damit gefütterten Meerschweinchen mufste natürlich an dem für

Von Dr. Albert Uffenheimer.

101

das Tetanusgift so empfindlichen Mauskörper versucht werden^). Hier war der i Glattwert« durch die Serummenge dargestellt, die eine mit der tödlichen Giftdosis injizierte Maus vollkommen vor Erkrankung schützte. Geringere Mengen liefsen sich noch da- durch nachweisen, dafs der Tod der tetanusvergifteten Mäuse um einige Zeit aufgehalten wurde, oder dafs nur leichte, nicht zum Exitus führende tetanische Erscheinungen auftraten.

Ich habe an 19 junge und ein altes Meerschweinchen bis zur Zeit der Niederschrift das Tetanus-Antitoxin verfüttert.

Im Blute von vier aus verschiedenen Würfen stammenden unbehandelten neugebornen und einem alten Meerschweinchen fand sich kein Tetanus-Anti- toxin.

I. 5. XII. 1904. Junges Meerschweinchen Cc in, 55 g schwer, erhielt mittels Ball pipette am ersten Lebenstage 3 ccm des Behringschen Te- tanusheilserums 61a 6 fach normal verfüttert. Da nach der Beh- ringschen Berechnungsweise 0,1 ccm Normalserums = 4500000 Ms*), so ist 1 ccm eines 6 fach normalen Antitoxins = 270000000 Ms zu setzen und es wurde somit an das Meerschweinchen eine Dosis verfüttert, die eine für 710 Millionen Gramm Mäuse tödliche Dosis paralysierte.

Das Tier wurde 5 Stunden nach der letzten Fütterung entblutet.

Die Prüfung ergab:

Einfach tMl. Giftdosis ver- mischt mit

Versuchstier

Verlauf

10.

XU.

04.

0,02 ccm SemniCcIII

Ms 88, Gew. 15 g

11. xn. mobil

12. XTl. Deutl. tetan. (RH»)

13. xn. Schwerer Streckkrampf

14. XII. Morgens tot aufgefunden.

1) Ich bediente mich stets der gleichen Technik, spritzte die Flüssig- keiten hinten über dem rechten oder linken Oberschenkel ein, liefs Toxin und zu prüfendes Serum mehrere Stunden (zumeist über Mittag) vor der Injektion aufeinander einwirken und rundete auf ein Gesamtvolum von 0,4 ccm auf, soweit nicht gröfsere zu prüfende Serummengen ein Hinaus gehen über dies Volumen erforderten.

2) d. h. also nach der oben gegebenen Erklärung: es neutralisiert die für 4500000 g Mäusegewicht tödliche Giftdosis.

3) Mit diesen Abkürzungen ist bezeichnet: RH: Rechtes Hinterbein- LH: Linkes Hinterbein.

Ezperim. Stadien Ober die Dluchgtkngigkeit des Magendumkftiialea etc.

Einfach IMI.

; GUIdodl «fr-

VerUnf

i mlKht roll

10. 0,03 ccm

Mb 89, Gew. 12 g

11. Xn. mobil

XII. Serum Ccin 04

13. XII. schwach teUn (LH.)

13. xn. LH acbwerer Streckkr&inpf

14.XIL|

15. XIL } schwer teUn.

16. xn. )

0,06 ccm

Hb 90, Gew. fi g

11. xn. mobil

8«romC!cIIl

1

13. xn. mobil

13. xn. Morgena tot anfgefunden.

. 0,1 ccm

Ma 91, Gew. 15 g

11. xn. mobil

Serum Celli

12. XU. RH starker Streckkr«mpf

0,8 ccm

Mb 93, Gew. 15 g

11. xn. mobil

Serum Cc III

12. xn. LH beeintrtchtigt

13. xn. LH dentl. beeintrlchügt

15. xn. tetan.

16. xn. Abend« tot

Kontrolle 1

Hfi 94, Gew. 15 g

11. XU. mobil

(nur Gift- lOeong}

13. xn schwer. Streckkrampf

14. xn. sehr schwer tetan.

Kontrolle II

Ma 95, Gew. g

U. XU. mobil

13. XII. LH Streckkrampt

14. XIL sehr schwer tetan.

15. XU. Morgens tot angefunden.

Kontrolle 111

Ma 96, Gew. 15 g

IL XU mobil

12. XU. sehr schwer teUn. Beider». H achwere Streckkrimpfe

Resultat: Der Verlauf bei Ma 90 ist nicht typisch. Be- rücksichtigen wir diese nicht, so sehen wir bei den drei KontroU- iiiftusen Tod am 3. bis 5. Tag. Über diese Zeit hinaus blieben am Leben die mit 0,03 und mit 0,3 com Serum injizierte Maus. Es ergibt sich somit keine Todeszeit der einselneQ Tiere, die

Von Dr. Albert UffeDheimer.

103

mit den ansteigenden Serummengen parallel läuft, indessen hat OS den Anschein, als ob der Tod durch die Serum- beimischung etwas hinausgeschoben wurde, also geringere Antitoxinmengen ins Serum wirklich über- gegangen wären.

II. 5. XII. Junges Meerschweinchen Gc IV, 45 g schwer, vom gleichen Wurf wie das vorige, erhält gleichzeitig 8,5 ccm des 6fachen Tetanns- Antitoxins = 845 Millionen Ms.

Tötang wie beim vorigen.

Die Prüfung ergab:

Einiach tödl.

(iiftdosis ver-

mi8cbt mit

Versuchstier

Verlauf

10.

XII.

04.

0,25 ccm Serum Cc IV

Kontrolltiere

Ms 93, Gew. 15 g

Ms 94-%

11. XU. mobil

12.— 22. XU. stets mobil geblieben wie beim vorigen Versuch.

Resultat: DerÜbergang vonTetanus-Antitoxin durch die Fütterung ins Serum des neugebornen Meerschwein- chens ist durch diesen Versuch sichergestellt.

Die folgenden beiden Experimente können vielleicht noch verwertet werden, alle anderen führe ich aber gar nicht an, weil stets wieder die Kontrolltiere zeigten, dafs das Gift weiter an Wirkung abgenommen hatte*).

UI. 9. XU. 1904. Meerschweinchen Dd I, 70 g schwer, erhält per os am Tag der Geburt 3 ccm des Siebert-Ziegenbein sehen 6 fachen Te- tanus-Antitoxins = 710000000 Ms.

Entblutung 3Vs Stunden nach der letzten Fütterung.

Prüfung zusammen mit dem folgenden Tier.

1) Trotzdem ich schlierslich Mengen nahm gleich der ursprünglich 4 fachen Giftdosis, gelang es mir nicht mehr, bei den KontroUtieren einen regelmäfsig verlaufenden Tetanus herbeizuführen. Oft hatten noch wenige Tage zuvor die Versuche mit frisch hergestellten Giftlösungen ein deutliches Resultat ergeben, wenn ich aber dann, sobald diese Versuche beendigt waren, zur Prüfung der Gift-Serummischungen schritt, war in dieser Zeit der Toxingehalt wieder so weit verringert, dafii die Kontrolltiere keinen regulären Tetanus mehr zeigten.

In einigen Versuchen beobachtete ich sogar die paradoxe Erscheinung, dafs alle mit dem Serum gespritzten Tiere noch vor den Kontrollmftusen starben. So opferte ich eine Menge Zeit und Versuchstiere umsonst.

1 04 Experim. Stadien Über die DurcbgAogigkeit des Magendarmkanales etc.

IV. 10. Xn. 1904. Meeracbweinchen Dd II, 70 g schwer, erhält am 2. LebenBtag 3,5 ccm des Si e b er t*Ziegenb ein sehen 6 fachen Tetanus- Antitoxins = 845 Millionen Ms. Entblatang 3", Standen nach der letsten Fütterang.

Die Prüfung des Serums der beiden Meerschweinchen ergab:

A

, Kinfach tMl. I GiftdoHis ver- mischt mit

Versuchstier

Verlaaf

13. 0,02 ccm xn. Serum Ddl

0,03 ccm Serum Ddl

0,05 ccm Serum Ddl

0,1 ccm Serum Ddl

0,2 ccm Serum Ddl

i Ms 97, Gew. 15 g 14. XU Morgens tot

0,02 ccm Serum Ddll

Ms98,Gew.l5g"l4.Xn.

15. xn.

II

Ms 99, Gew. 15g || 14. XH.

i' 15. XIL 16. XII.

Ziemlich mobil RH deutl. Streckkrampf i:i6.XII. Abends tot

mobil

RH Streckkrampf

Abends tot.

Ms 100, Gew. 15 g! 14. XU.

ii 15. XIL

Ms 101, Gew. 15 g'; 14. xn.

ii 15. xn.

mobil

Morgens tot aufgefunden.

mobil

LH deutl. Streckkrampf 16. XIL LH schwer tetan. '17. XII. Morgens tot.

Ms 102, Gew. 15 gj! 14. xn. mobil

sehr mobil, etwas hochbeinig

sehr mobil

0,03 ccm I Ms 103, Gew.l5 g Serum Ddll

0,05 ccm Serum DdH

Ms 104, Gew. 15 g

0,1 ccm Serum Ddll

Msl05,Gew.l5g

I 15. XII.

[i 16. xn.

!|17.Xn. Ii 18. XU. 19.— 21.

14. xn.

15. XU.

16. xn.

17. xn.

14. xn.

15. xn.

16. xn.

17. xn.

14. xn.

15. xn.

16. XIL

17. XU.

1

mobil, etwas hochbeinig xn. vollkommen mobil.

mobil

schwer krank, aber nicht tetan. etwas erholt, keine Streckkrämpfe Morgens tot aufgefunden.

mobil

genau wie Ms 103 Abends wieder sehr mobil Morgens tot aufgefunden.

mobil

genau wie Ms 103 Abends wieder sehr mobil Morgens tot aufgefunden.

Von Dr. Albert Uffenheimer.

lOo

Kinfach tödl. (iiftdosis ver- mischt mit

Versuchstier

Verlauf

13. XU.

0,2 ccm Serum Ddll

0,25 ccm Serum Ddll

nur Gift li (Kontrolle)

M8l06,Gew.l5g

M8l07,Gew.l7g

Msl08,Gew.l5g

' 14. XII. mobil

I

bis 22. XII. vollkommen mobil; nicht weiter beobachtet.

14. XII. mobil

bis 22. Xn. vollkommen mobil; nicht weiter beobachtet.

14. xn. mobil

15. u. 16. xn. vollkommen mobil

17. XII. LH beg. Streckkrampf

18. XII. Morgens tot aufgefunden.

Resultat: Will man die bei der Kontrollmaus 108 notierten Krankheits-Erscheinungen als richtigen Verlauf einer Tetanus- vergiftung anerkennen (und man kann sicher anderer Meinung sein), so fällt immer noch an einer Anzahl der übrigen Versuchstiere ein atypisches Verhalten auf, das nicht auf Rechnung des Tetanus- toxins zu setzen ist. So sind gewifs die drei im selben Käfig gewesenen Mäuse 103 105 einer anderen Ursache erlegen^). Auch der Tod der Mäuse 97 und 100 ist wohl nicht durch das Tetanusgift erfolgt. Sehen wir aber von diesen Tieren völlig ab, was die grofse Anzahl der mit den zwei Seris behandelten Mäuse gestattet, so scheint aus diesem Versuche hervorzugehen, dafs in das Serum Ddl kein Antitoxin übergetreten ist, während sich solches in dem Serum von Dd II nach- weisen liefs.

Hiermit schliefse ich den Bericht über diese Versuchsreihe. Wegen der vielen, nicht verwendbaren Resultate verwarf ich schliefslich das so labile Paltaufsche Gift. Die Güte von Exzellenz von Behring setzte mich in den Besitz eines anderen trockenen Tetanustoxins Nr. VIII und eines Tetanus-Heilserums Nr. IV a.

1) Die bakteriologische Untersuchung hatte negativen Erfolg. Ich habe es aber öfter erlebt, dafo in einem sauber gehaltenen Käfig Mäuse ohne erweisbare Ursache eingingen.

l()n Experim. Studien über die Dorchgängigkeit des MagendarmkanaleB etc.

Die Titrierung dieses Giftes, das nach den von Herrn Privat- dozenten Dr. Römer freundlichst zur Verfügung gestellten Daten vor einem Jalir die Werte hatte:

1 g = 10000000 + Ms = 40000000 + ms = 60000000 + M,

nahm ich auf folgende Weise vor:

Ich ging aus von einer frischen 5proz. Lösung des Trocken- giftes und stellte von der klar über dem Bodensatz stehenden Flüssigkeit die notwendigen Verdünnungen her. Jede Maus be- kam 0,4 ccm Flüssigkeit RH eingespritzt, es wurde bei der Be- stimmung des direkten Giftwertes das Gewicht der Tiere genauestens berücksichtigt, die Mischungen für die einzelnen Injektionen wurden stets in 10 25-facher Menge hergestellt, um auch kleinste Fehler auszuschliefsen.

Die Prüfung des direkten Giftwertes ergab (von der Wieder- gabe der notwendigen Berechnungen mufs ich an dieser Stelle absehen) :

1 g des Trockengiftes geprüft auf 20 Millionen + Ms = Spur von Beeinträchtigung,

nichts deutlich Tetanisches 10 Millionen + Ms = leicht krank (tetanisch), erholt sich 5 Millionen -|- Ms = mÄfsig krank, erholt sich 4 Millionen -f- Ms = mäfsig krank, erholt sich tS Millionen + Ms = schwerkrank, tot innerhalb v. 4 Tagen 2 Millionen + Ms =: schwerkrank, totinnerhalbv.4Tagen 1 Million + Ms =: tot innerhalb von 24 Stunden.

1 g des Giftes demnach = 3 Millionen -f" Ms.

Die Prüfung des indirekten Giftwertes (Toxin und Anti- toxin wirkten hierbei vor der Einspritzung 4 Stunden aufeinander ein) ergab:

80 Millionen -f ms = gesund

40 Millionen -j- ms ~=^ schwer krank, totinnerhalbv. 3 Tagen

30 Millionen + ms = tot innerhalb von 2 mal 24 Stunden

Von Dr. Albert Uffenheimer.

107

25 Millionen + ms = tot innerhalb von 30 36 Stunden

20 Millionen + nc^s = 1

15 Millionen + nis = '

10 Millionen + "^s = 1 , ,, ^ o. ,

- ,-.,,. , f tot innerhalb von 24 Stunden

5 Millionen + dqs = i

1 g des Giftes demnach sieher + 40 Millionen = ms.

Mit diesem Tetanustoxin wurden nun die weiteren Versuche vorgenommen.

V. 13. V. 1905. Meerschweinchen oo I, l'/j Tage alt, 75 g schwer, erhält während des ganzen Tages mittels Ballpipette 10 ccm Tetanus-Anti- toxin 64 (a) 8fach von Siebert and Ziegenbein, d.h. es wurde eine Dosis verfüttert, die eine für 3600 Millionen Gramm Mäuse tödliche Dosis paralysierte.

Entblntung am folgenden Morgen, 12 Stunden nach der letzten Füt- terung.

Die Prüfung ergab:

' Einfach tödl. 1 GiftdOBis ver- I mischt mit

Versuchstier

Verlauf

30.V. 05.

0,1 ccm Serum ool

Ms 262, Gew. 10g

0,3 ccm Serum ool

nur Gift (3Kontrollen)

Ms 263, Gew. 10 g

Ms264,Gew.l0g| Ms 265, Gew. 10 g Ms 266, Gew. 10 g

31. V. gesund

1. VI. leicht krank

2. VI. deutlich tetan.

3. VI. stark tetan.

4. VI. morgens tot

Bei wochenlanger Beobachtung völlig gesund geblieben.

Verlauf genau wie bei Ms 262, nur bei Ms 266 tritt der Tod erst am 6. VI. ein, trotzdem auch bei ihr schon am 3. VI. schwerer Tetanus vorhanden ist.

Resultat: Der ÜbergangvonTetanus -Antitoxin durch die Fütterung ins Blut ist bei diesem Tier siehergestellt. Doch ist es gegenüber der riesigen verfütterten Dosis nur eine ganz verschwindende Menge, da 0,1 ccm des Serums die einfach tödliche Giftdosis nicht in der geringsten Weise beeinflufste.

VI. 26. V. 1905. Meerschweinchen nn II, 55 g schwer, wenige Stunden alt, erhält am 26. und 27. V. 1905 zusammen 7 ccm Sfaches Siebert- Ziege nbeinsches Antitoxin per os -- einer Dosis, welche 2520 Milli- onen Gramm Mäuse vor dertödlichen Giftdosis schützt

^ ^o Experiin. Studien über die Dorchgängigkeit des Magendarmkanales etc. EntblutuDg 5 Stunden nach der letzten Fütterung.

Die Prüfung ergab:

Einfach tödl. CiiftdoBis ver- mischt mit

Versuchstier

Verlauf

30. V. 05.

0,05 ccm Serum ttttII

Ms 258, Gew. 10g

während wochenlanger Beobachtung^ völlig gesund geblieben.

0,1 ccm Serum ttttII

Ms 259, Gew. 10 g

ebenso

0,2 ccm Serum tittII

Ms 260, Gew. 10 g

ebenso

0,5 ccm Serum ttttII

Ms 261, Gew. 10g

ebenso

nur Gift (3Eontrollen)

Ms 264—266

vgl. den vorigen Versuch.

Resultat: Deutlicher Übergang von Antitoxin ins Blut. Auch die geringste geprüfte Serumdosis von 0,05 ccm paralysierte bereits die einfach tötliche Giftdosis.

VII. 7. VI. 1905. Eine letzt« Prüfung nahm ich noch mit 5 Seren von neugeborenen Meerschweinchen (Qq I und 11, Ss I, II und III) vor, die vor 5 Monaten mit je 2 resp. 3 ccm eines 8 fachen Tetanus- Antitoxins ge- füttert waren. Ich berichte hierüber nur summarisch, weil auch jetxt wieder die Giftlösung sich als äufserst labil erwies.

Am 5. VI. frisch hergestellt, tötete die einfach tödliche Dosis eine Maus in ca. 27, Tagen. Die 17» fache tödtliche Dosis vormochte aber bei den noch nicht 2 Tage später angestellten Versuchen gleichschwere Kon- trollmäuse erst am 10. Tage nach einem sehr chronisch verlaufenen Tetanus zu töten.

Die Sera der Tiere Qq I und Qq II waren vor 5 Monaten mit gleichen Teilen physiol. Kochsalzlösung gemischt worden, seit dieser Zeit hatte sich das Volumen der Flüssigkeit stark verringert. Bei der PrQfung konnte ein Antitoxingehalt der Mischflüssigkeit nicht nachgewiesen werden.

Die Sera der Tiere Ss I, II und III dagegen gleich lange Zeit ohne Zusatz aufbewahrt, zeigten deutliche antitoxische Wirksamkeit. Bei allen dreien schützte schon die geringste geprüfte Serumdosis (0,1—0,1 und 0,3 ccm) die Mäuse vor jeg- licher tetanischer Erkrankung.

Wir haben somit einen regeimäfsigen Übergang ver- fütterten Diphtherie-Antitoxins ins Blut bei den neuge- borenen Meerschweinchen festgestellt. Auch für das Tetanus-Antitoxin zeigte in fast allen Fällen der Magen-

109 Von Dr. Albert ÜfPenheimer.

darmkanal Durchlässigkeit; bei Qq I und Qq II mag der negative Ausfall der Antitoxin-Prüfung auf die Vermischung mit Kochsalzlösung 5 Monate vor der Präfung vielleicht zurückgeführt werden nur bei Dd I scheint wirklich kein Antitoxin in das Blut übergegangen zu sein. Dies ist nicht allzu erstaunlich, wenn man bedenkt, wie gering^) überhaupt die durchschnittlich ins Blut eingedrungenen Antitoxin- mengen gewesen sind.

Seit ich die Antitoxinversuche begonnen habe, sind noch zwei Veröffentlichungen von Römer, eine weitere von Polano und zwei Arbeiten von Salge erschienen, die sich mit intra- resp. extrauteriner Antitoxin-Übertragung beschäftigen. Ich mufs etwas ausführlicher auf sie eingehen, da ein Teil meiner folgen- den Darlegungen ständig auf sie Bezug nimmt.

Die erste Römersche Publikation, kurz gehalten, fafste den von Polano beim Menschen gefundenen plazentaren Antitoxin- übergang (wie er fürs Pferd einmal vorher bereits von Ransom beschrieben war) gemäfs den früher zitierten Behringschen An- schauungen als eine pathologische Erscheinung auf und glaubte, das heterologe Pferdeserum als Ursache für die Durch- lässigkeit des Plazentar Überzuges ansehen zu sollen. Römer führte zur Unterstützung dieser Meinung die beim Menschen nach Heilseruminjektionen auftretenden Exantheme an, deren Zusammen- hang mit einer Reizwirkung auf die Blutgefäfse bzw. auf die vaso- motorischen Nerven nicht bezweifelt werden könne, und erinnerte an einige Meerschweinchen- Versuche, wo nach Injektion von 2 ccm normalen Pferdeserums nach wenigen Stunden der Tod erfolgte,

1) Ich habe bei den TetanasAntitozin-Fütterungen eine approximative zahlenmäfsige Bestimmnng des ins Blot übergegangenen Antitoxins unterlassen, vor allem deshalb, weil ich bei den meisten Seris infolge der so geringen zur, Verfügung stehenden Mengen nicht bis zur untersten Grenze gehen konnte d. h. nicht bis zu derjenigen geringsten Serumdosis, welche die Maus gegen jegliche Erkrankung schützte, wenn sie zusammen mit der einfach tödlichen Giftdosis gegeben wurde. Wie aber ans dem Versuch V hervorgeht, wo Oyl ccm Serum noch keine Beeinflussung der Giftwirkung erkennen liefs, sind es offenbar aufserordentlich geringe Dosen (Millionstel des Verfütterten), welche ins Blut übergehen.

1 [0 Experim. Stadien über die Durchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

wobei die Sektion ausgedehnte Transsudate in den serösen Körper- höhlen und Hämorrhagien in verschiedenen Organen ergab. P o 1 a n 0 , der diese Anschauung nicht teilen mochte, stellte weitere Experimente an und fand nochmals in zwei Fällen, wo er der Mutter 10 resp. 19 Tage vor der Niederkunft Tetanus- Antitoxin eingespritzt hatte, Übergang desselben ins Blut des Kindes. Von seinen 3 Fällen, bei denen er den Übergang des Diphtherie- Antitoxins nachzuweisen suchte, erscheint nur einer brauchbar, weil allein bei diesem das Blut der Mutter vor der Injektion ge- prüft wurde und sich als antitoxinfrei erwies.

Von der Überlegung ausgehend, dafs, wenn die plazentare Antitoxinübertragung ein physiologischer Akt sei, alle die Kinder diphtherie-antitoxinhaltiges Blut haben müfsten, deren Mütter (infolge vorausgegangener Erkrankung) dies aufwiesen, stellte P o 1 a n o entsprechende Versuchsreihen an. Er kommt zum Schlüsse : >In allen Fällen, in denen das mütterliche Blut antitoxinhaltig befunden wurde, läfst sich einwandsfrei ein Gehalt des Fötalserums an Antitoxinen feststellen ; fehlen aber die Antitoxine bei der Mutter, so sind auch beim Fötus keine vorhanden. c Hat Polano mit diesem Satze recht, so ist die Behring-Röm ersehe Meinung von der Rolle des heterologen Serums beim Antitoxinübertritt hinfällig. Leider gibt aber Polano gerade von diesen Protokollen, da sie für die einzelnen Gruppen gleich lauten, nicht alle an (4 von 7), und in diesen 4 finden sich einige Angaben, die mich stutzig machen. Die angeregte Frage ist so wichtig, dafs ein kurzes Eingehen auf die Protokolle wohl erlaubt ist.

Im Protokoll la (S. 11 des Separatabdruckes) geht das Kon- trolltier nach Injektion von 0,015 Diphtherietoxin nach 6 Tagen zugrunde und zeigt > Nebennierenveränderungen c; andere typische Diphtheriegiftveränderungen (lokales Odem, Pleura-Ergufs etc.) werden nicht erwähnt. In einem andern Fall (Ib) stirbt das Kontrolltier bei Injektion einer gleichen Dosis schon nach

2 Tagen. Die mit dem Blut der Mutter resp. des Kindes und der Giftdosis behandelten Tiere sterben nach 2, 3, 5 und 9 Tagen. Dies Protokoll dient zum Beweis, dafs weder das Blut der Mutter noch das des Kindes antitoxinhaltig war.

Von Dr. Albert Üffenheioner. \ \ i

Ich mufs gestehen, dafs mich die Aufzeichnungen daran denken lassen, das Diphtheriegift Polanos habe nicht völlig seine Schuldigkeit getan, und ich bin der Meinung, dafs wir die Frage der plazentaren Antitoxinübertragung nach aktiver Immu- nisierung der Mutter als durch die Polanoschen Versuche vorläufig nicht entschieden erklären müssen. Es wäre deshalb sehr dankenswert, wenn Pol an o seine diesbezüglichen Experimente und die Obduktionsprotokolle in extenso veröffent- lichen würde.

In einer dritten Arbeit hat nun Römer nochmals das Thema aufgenommen und zahlreiche Versuche am Menschen, an gröfseren Tieren und an Meerschweinchen und Kaninchen veröffentlicht. Er fand (in Bestätigung der Polanoschen Arbeiten) regel- mäfsigen Übergang von Antitoxin beim Menschen, bei Kaninchen beobachtete er ihn in manchen, bei Meer- schweinchen in den meisten Fällen, bei Schafen und Rindern nie.

> Betrachten wir dies Gesamtergebnis sagt er so fällt auf, dafs wir Übergang von Antitoxin um so eher zu erwarten haben, je weiter im phylogenetischen Sinne die betreffende Tier- art von dem Pferde, mittels dessen Serum die Immunisierung erfolgte, entfernt ist. Der Mensch steht phylogenetisch dem Pferd ferner als die Nagetiere und diese wiederum ferner als die mit den Pferden in die Klasse der Huftiere zusammengehörigen Schafe und Rinder. Somit erkläre ich mir den Übergang von Antitoxin durch die Plazenta hindurch auf den Fötus im Vergleich zu den Fällen, wo derselbe ausbleibt, aus einer gröfseren Durch- lässigkeit derselben für das heterogene Bluteiweifs.c Also wiederum ein Zurückkommen auf die frühere Annahme von einer Schädigung der Gefäfswände, d. h. Auffassung des Antitoxin- übertritts als eine pathologische Erscheinung.

Im zweiten Teil der gleichen Arbeit publiziert Römer neue Antitoxin-Fütterungsversuche, an Rindern und Schafen vor- genommen mit der Milch der passiv immunisierten Mutter. Auch diese zeigen wieder Antitoxinübergang durch den Magendarmkanal innerhalb der ersten Lebenswoche.

1 1 9

^^^ Ezperim. Stadien über die Durchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

Die beiden S algeschen ^) Veröffentlichungen ergaben beim Menschen keinerlei Resorption des Antitoxins durch den Magen- darmkanal, wenn es als Heilserum oder als Ziegen-Immunmilch gegeben, aber wirkliche Resorption, wenn es als Ingrediens der Menschenmilch verfüttert wurde. Salge meint demnach, dafs nur durch Vermittelung homologer, d. h. artgleicher Eiweifsstoffe Antitoxine die Magendarm wand des Säuglings passieren können.

Sehen wir zunächst also von der intrauterinen Antitoxin- übertragung ab, so stehen sich gegenüber:

1. Römer, der in der ersten Lebenswoche stets positive Resultate hatte (Pferd, Schaf, Rind);

2. Salge, der bei Verfütterung des Antitoxins in Form von Pferdeserum oder Ziegenimmunmilch negative, in Form von Menschenmilch positive Resultate hatte (Mensch);

3. meine Versuche mit (einen einzigen Fall Ddl aus- genommen) stets positiven Resultaten (Meerschweinchen).

Ich glaube nicht fehlzugehen, wenn ich annehme, dafs V. B e hri n g - R ö m er meine Befunde als vollkommene Bestätigung für ihre Ansichten ansehen werden, besonders nachdem sie (resp. Römer) den negativen Ausfall der Sa Ige sehen Serumfütterungs- Versuche dadurch erklären, dafs die von diesem eingeführten Antitoxinmengen an zu geringe £iweirs(iuantitäten geknüpft waren, die der zerstörenden Tätigkeit schon ausgebildeter proteolytischer Fermente nicht entgingen. Aber in Wirklichkeit ist der Sachverhalt kein so einfacher.

Von den Salge sehen Experimenten lassen sich für unsere Frage überhaupt nur ganz vereinzelte verwenden, weil sie fast alle an Kindern vorgenommen wurden, welche die erste Lebens- woche hinter sich, zumeist längst hinter sich hatten (Kinder bis zu 6 Monaten 2).

1) Salge hat anch die Marx pche Methodik angewandt ; ich lege Wert darauf, zu betonen (und aus dem Datum der einschlägigen Protokolle geht dies auch deutlich hervor), dafs ich ganz unabhängig von ihm die Wichtig- keit der Methode gerade für die vorliegenden Versuche erkannte.

2) Damit sei der Salge sehen VernuchHunordnung kein Vorwarf ge- macht. Denn dem Autor kam es weniger auf eine Kntscheidang der

Von Dr. Albert Uffenheimei'. 113

Die im besten Falle verwendbaren Beobachtungen der ersten S algeschen Arbeit (6 und 7) zeigen zwar Resorption von Antitoxin, wenn es als Bestandteil der Menschenmilch, jedoch nicht, wenn es als Pferdeserum verfüttert war. Aber Römer wies die Salgesche Erklärung, dafs es sich dabei um Unter- schiede handle, die sich durch die Begriffe heterolog und homolog ausdrücken lassen, zurück unter Anführung von Tierexperimenten des Marburger Institutes, die bewiesen, dafs im Pferdeserum ent- haltene Antitoxine, auch wenn sie durch die Blutbahn eines anderen Tieres (z. B. des Meerschweinchens) geschickt worden sind, genau dieselben Eigenschaften behielten, die sie vorher hatten. Mit anderen Worten, ein solches Passage- Antitoxin war seinem ganzen Verhalten nach noch immer an Pferdeeiweifs, nicht an Meerschweincheneiweifs gebunden.

In der zweiten Arbeit hat nun Salge Versuche veröffentlicht, wo die Milch gegen Diphtherie^) immunisierter Ziegen an Kinder verfüttert wurde, und wo wiederum keine Antitoxin-Re- sorption zu konstatieren war. Da hier die äuTseren Be- dingungen dieselben günstigen waren wie bei der Ernährung mit antitoxischer Menschenmilch, nämlich Verteilung des Antitoxins über eine bedeutendere Eiweifsmenge und daher gröfere Möglich- keit, dafs ein Teil desselben der Zerstörung durch die proteo- lytischen Fermente entginge, so sprechen die Versuche scheinbar gegen die Rom ersehen Einwände. Aber leider wird hier die Beurteilung wieder enorm erschwert durch die Eigenart der Salge sehen Versuchsanordnung,

Fall 2 (luetisches Kind) hält Salge selbst nicht für ver- wertbar.

wisaenschaftlichen Frage von der Darchgängigkeit des Magendarmkanals der Neugebornen an, als auf eine Unterflachung, ob sich eine etwaige Durch- gängigkeit des IntestinaltraktuB bei jüngeren Kindern praktisch durch Verfütterung von Immunmilch verwerten lasse.

1) Die Versuche mit Ziegenmilch, die Typhus-Immunkörper enthielt, bespreche ich nicht, da sie an zwei 9 Wochen alten Kindern vorgenommen wurden.

Archiv mr Hygiene. Bd. LV

1 14 Ezperim. StxvSen Ober <fie DunLfAagifkeu dm

Fall 3 war zo Beginn des Versocfa« bereits 23 Tage alt. kann also aach keinen Ansprach aof Beracksichtigiing mjurhen. Es bliebe also nor Fall 1 übrig, wo es sich am ein 4 Tage altes Kind handele Bei diesem Kinde wurde aber eine Untersuchung auf Zunahme de^ Antitoxingehaltes (die negativ aosäelt erst in der vierten Lebenswoche Torgenommen. Hier ist also immer die Möglichkeit o£Fen, ja wahrscheinlich, dafs aach aas der Zi^en* milch Antitoxin resorbiert wurde, dals es aber weil an art- fremdes Eiweils gebunden in der vierten Woche, d. h. zn eiuer Zeit, wo des Alters halber eine Neu- Resorption nicht mehr vor sich ging, wieder aas dem Blute aosgestolsen war.

•Somit kann auch die neue Salgesche Arbeit nicht beweisend sein für seine Ansicht, dafs zur Resorption des Antitoxins seine Bindung an homologes Eiweifs nötig ist

I>em Anscheine nach also besteht der Ausspruch Römers darnach noch zu Recht, mit dem er seine letzte Arbeit schliefst:

>I>ie praktisch wie theoretisch so bedeutungsvolle, von mir zuerst behauptete Tatsache, dals sich der Magendarmkanal neu- geborener Individuen hinsichtlich der Resorption von genuinem Eiweifs und damit auch unverändertem Antitoxin anders verhält, als der älterer und ausgewachsener Indinduen, kann jedenfalls von jetzt ab als feststehend betrachtet werden. c

Allein in dieser allgemeinen Fassung kann dieser Satz nicht mehr aufrecht erhalten werden. Römer hat, weil er die Resorption von Antitoxin sah, das, allen Erfahrungen nach, stets an genuines Eiweifs geknüpft ist, geglaubt, von irgend- wie umfänglicheren Mengen von genuinem Eiweifs würden stets gewisse Teile vom Intestinal trakt des Neugeborenen unver- ändert resorbiert. Als die (an früherer Stelle zitierte) Arbeit*) von Oan^hofner und Laug er erschien, fafste er sie »als eine wertvolle Stütze seiner Angaben c auf.

1) Sie and die Hambarger-Sperk sehe Arbeit Bind bisher Qberhaapt die einzigen gewesen, die den Übergang genuinen Eiweifses beim Nea- gebornen planniälsig verfolgten. Denn bei den Antitozinvermdien war ja •tetfl nur das Antitoxin, niemals das Eiweifs, an das es vermutlich gebunden ist, nachgewiesen worden.

Von Dr. Albert üffenheimer. 116

Sehen wir aber nun einmal die Ergebnisse meiner Untersuchungen an:

1. der spezifische Antikörper des hämolytischen Serums wurde nie resorbiert,

2. Kasein wurde nie resorbiert,

3. Hühnereier-Eiweils wurde nur ausnahmsweise, bei 3 schwächlichen Tieren eines Wurfes, sonst nie resorbiert,

4. Diphtherie- und Tetanus-Antitoxin wurden (mit einer einzigen Ausnahme) stets resorbiert.

Am all erauffälligsten ist die Divergenz der Ganghofner- L an ger sehen und unserer Resultate bei der Verfütterung von Eiereiweifs. Zwar dachte ich zuerst, es seien vielleicht durch die von Ganghofner-Langer verwandte Fütterungsmethodik (mittelst Tubensonden) ihre Resultate beeinflufst worden, und am jungen Meerschweinchen wenigstens setzte diese Methode immer Verletzungen, sogar ziemlich grober Art (von Ganghofner und Laug er auch für das junge Kaninchen angegeben). Um ein sicheres Urteil gewinnen zu können, schien es mir aber doch angebracht, einige Fütterungsversuche mit Eiklar mittels meiner Methodik an einer auch von Ganghofner und Langer gebrauchten Tierart vorzunehmen ich benutzte hiezu das neugeborene Kaninchen.

20. III. 1905. 2 zweitägige Kaninchen n 1, 120 g schwer und n II, 110 g schwer, werden den Vormittag über mit 7 bzw. 6 g Eiklar gefüttert. Sie nehmen dasselbe sehr ungern (im Gegensatz zu den Meerschweinchen), aspirieren*) infolge des Sträubens hie und da eine Kleinigkeit in den Kehlkopf, erholen sich aber sofort wieder. Etwa 5 Stunden nach der letzten Fütterung £ntblutung der Tierchen.*) Die Obduktion ergab ganz normale Verhältnisse. In den Mägen befanden sich noch reichliche coagalierte Massen weiCsen klebrigen Inhaltes. Sehr starke Verdünnungen von ihnen,

1) Es ist nicht unwichtig dies zu bemerken, weil die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, dafs das in den Kehlkopf und tiefer Aspirierte leicht resorbiert werden kann. (Vgl. Jacobs Tuberkulin versuche etc.)

2) Vorhergehende Desinfektion mit reichlich heifsem Wasser zur Ent- fernung etwa kleben gebliebener Kiweifsreste, dann Äther, Alkohol, Sublimat- AULohol.

I lg Ezperim. Stadien über die Darchgtngigkeit de« MagendArmkanales etc.

mit Eiklar-Antiseram Tenetst, ergaben sehr amfftngliche cbarakteristiache NiederBcblilge. Es war demnach offenbar noch eine Menge des verfOtterten Eiklars im Magen der llere selbst zorückgeblieben.

Von .T I konnte bei der Obduktion auch Blasenurin ent- nommmen werden, der mit dem Antiserum keinerlei Reak- tion gab.

Die Untersuchung des Serums mit Eiklar-Antiserum (1 : 30000) ergab bei beiden Kaninchen Präzipitate in fallenden Mengen, bei 7t II weniger als bei rt I. Wenn ich die früher angegebene Be- rechnungsart zugrunde lege, würde das Tierchen /r I ungefähr ^250 ccm Eiklar in seinem Gesamtblut gehabt haben, /r II etwas weniger. Wenn wir diese Zahl vergleichen mit denen, die bei den positiven Meerschweinchen- Versuchen gefunden wurden, so sehen wir trotz Verfütterung von bedeutend weniger Eiweifs (auch im Magen war sicher noch eine grofse Menge desselben zurück- gehalten) beim Kaninchen eine viel stärkere Resorption als selbst bei den positiven Meerschweinchen- Versuchen.

Wir finden damit also beim Kaninchen sofort eine Bestätigung der Befunde von Ganghofner und Langer.

Um die Zeit herum, wo durch die eben geschilderten Ver- suche die Ursache der bisher unerklärlichen Differenzpunkte in meinen Befunden und denen anderer Autoren sich aufzuklären begann, war gerade die interessante Arbeit von Ficker: >Über die Keimdichte der normalen Schleimhaut des Intestinal traktus« erschienen. Ficker schilderte in derselben zahlreiche Versuche, in denen er leicht nachweisbare Bakterien (B. prodigiosus, roter Kieler B.) verfütterte, und bei jungen Tieren ganz kurze Zeit nach der Verfütterung im Blut und fast allen Organen nachweisen konnte. Die Untersuchungen waren so peinlich imd exakt vor- genommen, dafs die Herkunft der gefundenen Bazillen aus den verarbeiteten Organen wohl sicher gestellt schien. Da die F ick ersehen Experimente meinen Bakterien- Fütterungsversuchen (mit Micrococcus tetragenus und mit Milzbrandbazillen ^) direkt

1) Die Sonderstellung der Toberkel-Bazillen in dieser Hinsieht habe ich ja an früherer Stelle betont.

Von Dr. Albert Uifenheimer.

117

widersprachen, unternahm ich, auch sie nachzuprüfen. Ich lasse die Versuche hier folgen:

I. 28. n. 1905. Meerschweinchen Ww I, 60 g schwer, IV, Tage alt, wird mit zwei dichtgewachsenen 24 stündigen Prodigiosus-Agar-Oberflächen mittels Glasöse gefüttert.

Während der Fütterung ist es in ein Leinentuch so einge- fatscht, dafs es mit den Pfoten die an der Schnauze noch hän- genden Prodigiosuskeirae nicht an den Körper bringen kann.

In diesem Tuche bleibt es bis zur Tötung, die eine Stunde nach der Füttening durch Strangulation schnell erfolgt, um Aspiration von Prodigiosus in die Lunge zu verhindern. Nach der Tötung wird die Schnauze in der Flamme völlig verkohlt, dann das ganze Tier nach vorherigem Abrasieren und Desinfizieren der Brust- und Bauchhaut mit sterilen Instrumenten vom Diener völlig abgebalgt. Hierauf wird es mit Lysollösung übergössen und auf ein steriles Brett aufgenagelt. Die Fütterung des Tieres, die Tötung und Abbalgung und Verarbeitung der Organe werden zur sicheren Vermeidung der Luft infektion in drei Laboratorien in drei verschiedenen Stockwerken vorgenommen. Zur Ver- arbeitung selbst werden eine grofse Anzahl trocken sterilisierter^) Instrumente benutzt, für jedes Organ neue. Die Organe selbst werden erst zerschnitten und dann in sterilen Mörsern (zunächst ohne Bouillonzusatz) verrieben. Es werden die kleinen Organe zur Impfung der Bouillonröhrchen völlig verbraucht, von den ^rofsen verschieden umfängliche Stücke. Die Bouillonröhrchen werden 10 Tage lang bei einer Temperatur von 22° beobachtet, überall, wo Bakterien- Wachstum zu sehen ist, wird auf Platten weiter geimpft. Zu jedem Versuch wird 1 1^/2 1 Bouillon benutzt. Das Ergebnis dieses ersten Meerschweinchen- Experimentes war ein absolut negatives. Während der Bacillus prodigiosus bis tief hinunter in den Dickdarm nachweisbar war, enthielten 28 Bouillonröhrchen und 8 Bouillonkölbchen von beiden Nieren, beiden Lungen, Leber, Milz, Mesenterialdrüse, Herzblut, keine Prodigiosuskeime.

1) Nar beim ersten Meerschweinchenversach aasgekochter

118 Ezperim. Studien über die Durchgängigkeit des Magendarmkanalea etc.

II. 7. III. 1905. Meerschweinchen Xx I, 46 g schwer, unter 2 Tage alt, mit zwei dichtgewachsenen 24 stündigen Prodigiosus-Agaroberflächen ge- füttert. Tötung nach 1 Stunde.

Die Versuchsanordnung war genau die gleiche.

21 Bouillon röhrcheu und 8 Bouillonkölbchen aus beiden Lungen, Leber, beiden Nieren, Mesenterialdrüse, Herzblut und Milz und zahlreiche von diesen angelegte Agarkulturen, zeigten nirgends Prodigiosuskeime, während dieselben reichlich bis in die tiefsten Darmabschnitte hinunter nachweisbar waren.

Es ergab sich also ein absoluter Gegensatz zu den Fickerschen Untersuchungen. Da Ficker keine Meer- schweinchen benutzt hatte, und nachdem ich eben durch die positiven Eiweifs-Fütterungs-Experimente beim Kaninchen überrascht worden war, nahm ich nun die gleichen Versuche mit Prodigiosus mit genau gleicher Versuchsanordnung an Kaninchen vor.

III. 28. III. 1905. Junges Kaninchen (»I, 43g schwer, wenige Stun- den alt, wird mit zwei gut gewachsenen 24 Stunden alten Prodigiosus -Agar- Oberflächen gefüttert. Nach 1 Stunde Tötung durch Strangulation.

Mit dem Blut und den verschiedenen Organen werden 9 Bouillon- kölbchen und 18 Bouillonröhrchen beschickt, von diesen wird noch auf Agarplatten weitergeimpft.

Resultat: Es gelingt, in Leber, rechter Niere, rechter und linker Lunge, sowie Herzblut Prodigiosus nach- zuweisen, ebenso im Darminhalt bis nahe dem After.

IV. Junges Kaninchen II, 45 g schwer, Geschwister des vorigen, 7i Tag alt, wird mit zwei gutgewachsenen Prodigiosus-Agaroberflächen ge- füttert.

Nach 1 Stunde Strangulation.

Mit dem Blut und Organen werden 10 Bouillonkölbchen und 22 Bouil- lonröhrchen beschickt. Weiterimpfung auf Agarplatten.

Resultat: Es gelingt, im Herzblut, beiden Nieren und beiden Lungen Prodigiosus nachzuweisen, ebenso im Darminhalt bis nahe dem After.

Ks zeigten also die an Kaninchen vorgenommenen Fütterungsversuche mit dem B. prodigiosus (im Gegen- satz zu den Meerschweinchen-Versuchen) ebenso positive

Von Dr. Albert Uffenheimer. 119

Resultate wie die kurz vorher vorgenommene Ver- fütterung vom Eiklar.

Hierdurch ist einerseits eine vollständige Bestätigung der Befunde von Ficker wie von Ganghofner und Langer ge- geben und anderseits der exakte Beweis geliefert, dals der Magendarmkanal desneugebornen Meerschweinchens sich sowohl den genuinen Eiweifskörpern wie den Bakterien gegenüber anders verhält wie der des nahe verwandten Kaninchens^) und der anderer entfernter stehender Tier- arten.

Damit ist also die Anschauung der Marburger Schule widerlegt, dafs jegliches neugeborne Individuum (Säuge- tier ist wohl bei dem oben zitierten Rom ersehen Satz gemeint) einen für Eiweifsstofle [und Bakterien] durchgängigen Magendarmkanal hat. Nun wäre aber nach all den negativen Versuchen mit den geprüften nativen Eiweifskörpern zu erwarten gewesen, dafs auch die Antitoxine nicht vom Intestinal trakt des Meerschweinchens durchgelassen würden insoferne man die bis jetzt fast allgemeine Ansicht teilt, dafs sie an natives Eiweifs untrennbar gebunden sind.

Das Passieren dieser Stoffe durch die Plazentar wand hält Römer für eine pathologische Erscheinung, die er durch die irritierende Wirkung des heterologen Serums erklärt. Ohne diese Ansicht, dafs gerade das heterologe Serum es ist, was die pathologischen Erscheinungen hier auslöst, damit unbedingt zu teilen, stelle ich nun die Frage: Sollte nicht auch der Durchgang der nativen Eiweifsstoffe durch die Magen-

1) Ich mache übrigens darauf aafmerkeiaru, dafs aach der Intestiiialtrakt des älteren Kaninchens offenbar eine gewisse Neigung hat, Bakterien durchtreten zu lassen (Ficker^ Klimenko u. a.). Tiere, bei denen im Experiment eine solche Durchlässigkeit des Darmes konstatiert wurde, mufsten nach dem Obduktionsbefund z. T. als ganz normal bezeichnet werden ; und es blieb den Autoren weiter nichts übrig, als an mikroskopische Läsionen im Darm derselben zu glauben, wenn auch für das Kaninchen der Satz Geltung behalten sollte, dafs bei vollkommen gesunden erwachsenen Tieren die unverletzte Darmwand für Mikroorganisn^en stets undurch- gängig ist

120 Ezperim. Stadien Ober die Durchgängigkeit des MagendarmkanaleB etc.

darmwaud des Meerschweinchens eine pathologische Er- scheinung sein?^)

Wenn ja, haben wir Anhaltspunkte, irgend einen StofiE für die Ursache eines [solchen pathologischen Vorganges halten zu können? Da muls ich auf gewisse Erscheinungen aufmerksam machen, die mir bei den Fütterungen mit den verschiedenen Heilseris aufserordentlich auffielen.

Während das hämoljrtische Serum, die Milch, das Eierklar von den jungen Meerschweinchen gerne und ohne vieles Sträuben geschluckt wurde, nahmen sie gerade die Heilsera mit grofsem Widerwillen. Ich gelie sicherlich nicht fehl, wenn ich als Ur- sache den zur Konservierung zugesetzten Karbolsäuregehalt beschuldige. Dennoch blieb den Tierchen nichts anderes übrig, als die ins Maul getropfte Flüssigkeit zu schlucken. Ein Würgen oder Erbrechen findet ja, wie auch kürzlich Emmerich betont hat, beim Meerschweinchen nicht statt. Ich erlebte nun regel- mäfsig (und habe nie versäumt, meinen Mitarbeitern am Institut dies zu demonstrieren) nach der Verfütterung der karbolsäure- haltigen Sera eine eigenartige Krankheitserscheinung bei den gefütterten Tierchen. Wenige Minuten nach der Eingabe des Serums legten sie sich platt auf den Bauch und machten eigen- tümliche scharrende Bewegungen mit den Hinterbeinen (es waren nicht etwa klonische Krämpfe): man hatte völlig den Eindruck, als ob die Tiere an Koliken litten, und durch diese Bewegungen sich Erleichterung schaffen wollten. Dabei hatten die Tierchen öfters kühle Ohren, also Zustände, die etwas an Kollaps erinnern. Dafs es sich nicht um Aspirationserscheinungen gehandelt haben kann, geht daraus hervor, dafs ich bei den regelmäfsig vor- genommenen Obduktionen oft gar keine Veränderung in den Lungen sah; wenn ich pneumonische Herdchen fand, so waren sie nicht zahlreicher und umfangreicher als bei Verfütterung

1) Diese Frage gewinnt am so mehr Berechtigung, wenn man wie Pol an o -' aus der Ähnlichkeit des placentaren Zotten- and Darmepithels Ähnlichkeiten in ihrem physiologischen (und natflrlich auch pathologischen) Verhalten schliefst.

Von Dr. Albert üffenheimer. 121

anderer Körper, i) Auch erholten sich die Tiere ziemlich rasch wieder. Wenn ich die Tötung verhältnismäfsig schnell nach der Verfütterung vornahm, so zeigten sich die Mägen noch prall angefüllt von Flüssigkeit, also waren sicher Störungen in der motorischen Funktion des Organs vorhanden. Bei Ver- fütterung anderer Flüssigkeiten dagegen war die Entleerung des Magens eine viel schnellere. Dafs ich Kontrollversuche anstellte mit Normalserum allein und mit Normalserum, dem eine ent- sprechende Karbolsäuremenge beigemengt war, ist wohl selbst- verständlich. Es zeigte sich, dafs wirklich die Karbolsäure es war, welche die geschilderten klinischen Erscheinungen verursachte. Ich glaubte zunächst, vielleicht auch ein pathologisches Sub- strat derselben durch die anatomische Untersuchung der Mägen finden zu können. Makroskopisch zeigte sich nichts, bei der mikroskopischen Durchforschung vieler Serien meinte ich in der Tat anfangs Epithelveränderungen zu sehen. Als ich aber die empfindlichen Mägen vor der Fixierung auf Kork aufspannte und dadurch jede Berührung mit der Glaswand vermied, konnte ich keine Unterschiede mehr finden zwischen denen, die karbolsäure- haltige Medien enthalten hatten und den anderen.

Ich bin nach dem Dargelegten überzeugt, dals die Karbol- säure vorübergehende Vergiftungserscheinungen bei den jungen 2) mit Heilseris gefütterten Meerschweinchen erregt. Es liegt nahe, daran zu denken, dafs durch diese Erscheinungen Veränderungen gesetzt werden, die den Durchtritt des Antitoxins durch die Magen- darmwand begünstigen. Behaupten möchte ich es nicht, denn es fehlt an den sicheren Beweisen ; aber ich mufs gestehen, dafs ich Versuche mit antitoxischen Seris, denen kein Konservierungs- mittel beigesetzt ist, für recht wünschenswert hielte. (Dafs auch

1) Absolut lassen sieb bei dem Einfliefseii in das Maul gelegentlicbe Aspirationsberdcben nicbt vermeiden. Diese kleine Fehlerquelle (vgl. hierzu Fickers zweite Arbeit), welche meine Technik mit sich bringt, ist aber gewifs annehmbarer als diejenige, welche bei jeder anderen Art von Fütte- rung (durch Sonde beispielsweise) infolge der nicht zu umgehenden Epithel- verletzungen entstehen.

2) Meinen Versuchen am alten Meerschweinchen nach treten bei diesen die genannten Vergiftungserscheinungen nicht auf.

122 Experim. Stadien über die Dnrchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

die anderen Autoren gleich mir mit konservierten Seris gearbeitet haben, hat alle Wahrscheinlichkeit für sich.)

Die besondere Ausnahmestellung, die der Antitoxiuübergang bei dem für die nativen Eiweifskörper sonst undurchlässigen Meerschweinchen-Intestinum einnimmt, verdiente gewifs der Auf- klärung. Bei den anderen Tieren, den Hunden, Kaninchen, Kätzchen, Zickeln usw. scheinen nach den öfters zitierten Unter- suchungen geänderte physiologische Verhältnisse vor- zuliegen. Diese können kaum in anderen vitalen Vor- gängen zu suchen sein als in denen der Magen- und Darm- saftsekretion^).

Besonders Gmelin hat in zwei Arbeiten gezeigt, dafs bei jungen Hunden der Magensaft in den ersten Wochen noch eine recht ungenügende Zusammensetzung hat. Gegenüber Cohnheim und Soetbeer, die psychischen Magensaft von saurer Reaktion fanden, betont er neuerdings, dafs diese Autoren dadurch getäuscht worden seien, dafs sie den Magensaft mit N^laton- und Gummi- kathetern aspirierten, diese Katheter aber eine Säure enthalten, welche die Günzburgsche Probe positiv verlaufen läfst. Gmelin hält nach seinen erneuten Versuchen daran fest, dafs in den ersten Wochen sich Milchsäure im Magen des Hundes finde, aber keine Salzsäure^). Seiffert betont in seinem Milchwerk das Fehlen der Pepsinbildung beim Neugeborenen. Dafs bei so ungenügenden Sekretionsverhältnissen kleine Mengen einge- führter Eiweifskörper der Denaturierung entgehen und somit un- verändert zur Resorption gelangen können, ist leicht verständlich.

Ob aber die Gmelinschen und die anderen Unter- suchungen für das Meerschweinchen zutreffen, mag füglich bezweifelt werden. Das Meerschweinchen verhält sich in seinen ersten Lebenstagen ganz anders wie unsere übrigen Laboratoriumstiere. Es ist bereits reich behaart, selbständig, frifst

1) Auf etwaige anatomiBche Gründe, die bei den Neugebornen den Eiweifs- und Bakterienübertritt verursachen könnten (Diese), komme ich im Anbang II zurück.

2) über die Salzsäure-Sekretion beim Menschen habe ich bereits in der Einleitung ausführlicher gesprochen.

Von Dr. Albert TJffenheimer. 123

vom ersten Lebenstag an Gras, Heu und Rüben, wie ich mich bei vielen Sektionen überzeugen konnte, und es vermag, ganz früh von der Mutter getrennt, ohne deren wärmeverleihenden Schutz und ohne die Muttermilch zu gedeihen. Wie anders beispiels- weise die Maus oder das Kaninchen. Sie sind blind, fast unbe- haart, völlig hilflos und bleiben nur, wenn sie an der Mutter saugen können, am Leben.

Die Ausnahmestellung, die ich für das Meerschwein- chen bezüglich seines lutestinaltraktus nachgewiesen habe, ist mit dem eben Gesagten auch wohl begründet.

Aber diese Ausnahmestellung lehrt uns auch, wie sehr vor- sichtig wir sein müssen, wenn wir von unseren Tierexperimenten auf den Menschen zurückschliefsen wollen.

Aus allen unseren Versuchen am Corpus vile des Tieres wollen wir ja in letzter Instanz nur Lehren ziehen für das Ver- ständnis physiologischer und pathologischer Vorgänge beim Menschen.

Was lehren nun die vorliegenden Untersuchungen für den Menschen? Ein absolutes Urteil, inwieweit die am Meerschweinchen erzielten Resultate auf den Menschen übertragen werden können, wird sich nicht fällen lassen. Denn nachdem sich bei zwei verwandtschaftlich so nahestehenden Tieren wie Meerschweinchen und Kaninchen so differente Verhältnisse des Intestinaltraktes ergeben haben, wird man eigentlich der Ansicht sein müssen, dafs Rückschlüsse auf den phylogenetisch so weit entfernten Menschen überhaupt unmöglich sind. Jedenfalls liegt der Sachverhalt nicht so einfach, wie Römer es für den plazen- taren Antitoxinübergang annimmt, dafs dieser um so eher zu er- warten sei, je weiter ein Tier stammesgeschichtlich von dem antitoxinliefernden Individuum entfernt ist. Der Beweis hierfür ist eben der tiefgreifende Unterschied zwischen Meerschweinchen und Kaninchen. Es werden andere Verhältnisse in Betracht kommen, und zwar wird es wohl hauptsächlich die Selb- ständigkeit des Magendarmkanals sein, welche ausschlag- gebend ist für Resorptionsmöglichkeit oder -Unmöglichkeit der nativen Ei weif se«

124 Experim. Stndien über die Dorcbgttngigkeit des Magendannkanales etc.

Der menschliche Säugling gedeiht wie ja gerade wir Kinderärzte immer wieder betonen müssen am besten an der Mutterbrust, aber wir sehen nicht selten, dafs bei der künstlichen Ernährung mit Kuhmilch, ja sogar bei einer ganz unzweckmäfsigen Ernährung, welche derjenigen der Erwachsenen ähnelt, Kinder vor- wärts kommen und nicht erkranken. Dies beruht offenbar darauf, dafs eben dem Magen des menschlichen Säuglings schon eine gewisse Stärke in der zur Assimilation notwendigen Denaturierung des artfremden Eiweifses zukommt. Aus diesem Grunde neige ich da- zu, anzunehmen, dafs die Verhältnisse des Intestinal traktes beim Men- schen mehr denen des bei derGeburt unabhängigen Meerschweinchens ähneln als denen des hilflosen Kaninchens. Eine gewisse Stütze findet diese Anschauung auch durch die Übereinstimmung der experimen- tellen Resultate beim Meerschweinchen und Menschen, soweit Ver- suche der intra-und extrauterinen Antitoxin-Übertragung vorliegen.

Ich will mich indes nicht mit zu grofser Bestimmtheit hier- über aussprechen. Meine Versuche, die eine solche Spezial- steilung unseres bevorzugtesten Laboratoriumstieres ergeben haben, mahnen vielmehr zur Vorsicht und zu weiser Beschränkung bei der Verallgemeinerung der am Tierkörper erhaltenen Resultate.

Einen einzigen Punkt der Behringschen Anschauungen mufs ich noch kurz berühren, nämlich die rein physikalische Vorstellung, dafs die Schleimhäute der Erwachseneu als dialy- sierende Membranen fungieren, die der Jungen hingegen wie grofsporige Filter sich verhalten.

Schon Brücke hat betont, und nach ihm haben Voit und Bauer es wiederum ausgesprochen, dafs die Aufnahme der Stoffe in den Darm nicht ausschliefslich, ja nicht einmal vorzüglich durch Osmose bewirkt wird, sonst könnten Magen und Dünn- darm nicht nacheinander Stunden leer sein, sondern würden schliefslich eine Flüssigkeit von der Zusammensetzung des Blut- serums enthalten, die dann regelmäfsig mit dem Kot abgehen müfste. Auch Neumeister konstatiert in seinem Lehrbuch der phys. Chemie, dafs die physikalische Auffassung der Resorption als einer einfachen Diffusionserscheinung gänzlich verlassen

Von Dr. Albert Üffenheimer. 125

wurde. »Die Aufuahme der Nahrungsstoffe seitens der Dann- wand scheint vielmehr in der Hauptsache durch eigentümliche vitale Vorgänge in den Zellen der Darmschleimhaut zu ge- schehen (Hoppe-Seyler), welche in letzter Instanz auf chemische Affinitäten zurückgeführt werden müssen (R. Heidenhain).« iDals bei der Resorption die Osmose nicht das Wesentliche ist« geht schon daraus hervor, dafs sogar ungelöste Substanzen, wie die Fetttröpfchen, zur Aufsaugung gelangen. Ferner ist durch eingehende Versuche festgestellt, dafs nicht einmal das Wasser, sowie die Salze bei ihrem Verschwinden aus dem Darmkanale den DifEusionsgesetzen folgen, t

Diesen Anschauungen der Physiologen, die uns freilich auch nicht völlig befriedigen können, da sie eine letzte Erklärung des »Wie und Was« der vitalen Vorgänge in den Zellen nicht geben verleihen unsere Befunde am Intestinaltrakt neugeborener Meerschweinchen eine wertvolle Stütze. Obwohl grob anatomisch und mikroskopisch von gleichem Bau wie der Magendarmkanal anderer Tiere, unterscheidet er sich in seinem Verhalten den genuinen Eiweifskörpern und Bakterien gegenüber so aufser- ordentlich von diesem. Da kann also von physikalischen Gründen keine Rede sein, wir müssen vielmehr nach solchen physiologi- scher Natur suchen, und diese werden wir vermutlich ebenso in Verschiedenheiten des Sekretes der Magendarmdrüsen und in Unterschieden ihrer vitalen Zelltätigkeit bei den verschiedenen Spezies finden, wie sie für das neugebo- rene resp. ältere Tier sich bereits ergeben haben,

Anhang I. ToxinverfDtterung.

Bei den vielen Fütterungsversuchen mit Antitoxinen lag es nahe, auch die Toxine selbst zum gleichen Zweck mit heranzuziehen, wenngleich sie wohl keine genuinen Eiweifs- körper sind.

Oppenheimer fafst den Stand unserer heutigen Kennt- nisse über sie zusammen, indem er sie als hochmolekulare Körper

126 Ezperim. Stadien Ober die Darchsängigkeit des Magendarmkanales etc.

bezeichnet, den Eiweifsstoffen wahrscheinlich verwandt, mit ihnen in gewissen Eigenschaften korrespondierend, besonders nahe- stehend aber den ebenfalls in ihrer Konstitution noch völlig rätselhaften Fermenten. Den letzteren sind sie auch in - ihrer Diffusibilität nahe ven^^andt. Insbesondere ist für sie charakteri- stisch, dafs sie leicht durch Dünndarm hindurch diffundieren (Chassin und Moussu).

Aus diesen Gründen gebe ich die Versuche nur anhangsweise.

Zwei Experimente mit dem Paltaufschen Diphtheriegift (Dos. let. 0,02; L + 0,45) verliefen völlig negativ. Das eine Neu- geborene (H IX, 120 g schwer, 1^2 Tag alt) erhielt 0,75 ccm, das zweite (Jil, 60 g schwer, S^/j Tag alt) 3,75 ccm des Giftes, also Dosen, welche bei der Einspritzung ca. 40 resp. 190 Meerschwein- chen von 250 g getötet hätten. Sie blieben ganz gesund. Die Ob- duktion am 4. resp. 6. Tag nach der Fütterung ergab vollkommen normale Verhältnisse. Wegen Mangels an Gift habe ich diese Versuche nicht fortsetzen können.

Mit dem Paltaufschen Tetanus-Toxin, von dem 1 g bei der ersten Prüfung 7 500000 g Mausgewicht tötete, sind die folgenden Fütterungen angestellt.

Bei neugeborenen Mäusen erhielt ich kein Resultat. Es ge- lang wohl, ihnen einen Tropfen einer konzentrierten Giftlösung ins Maul zu bringen, aber die Mausmutter frafs die berührten Jungen kurz darnach auf.

Von 8 Fütterungsversuchen an neugeborenen Meerschwein- chen hatten 7 entweder ein negatives oder ein zweideutiges Re- sultat. Bei einigen Versuchsreihen traten nämlich bei den mit dem zu prüfenden Meerschweinchen-Serum injizierten Mäusen vorüber- gehende Erkrankungen, ja einzelne Todesfälle auf aber nie waren irgendwie ausgeprägte Krampferscheinungen zu beobachten.

Beiden! achten mit Tetanustoxin gefütterten Jungen dagegen liefs sich ein Übertritt des Giftes ins Blut nachweisen.

If). XII. 1904. JunReB Ggll, 65 g schwer, 1»/, Tage alt, erhält per os f) ccm einer wenige Tage alten TctanusgiftlöBimg, demnach eine Dosis, die bei der Injektion für 275000 g Mausgewicht tödlich war.

Von Dr. Albert Uffenheimer. RntblatuDg 3 Standen nach der letiten Fütterung. Prüfung (17. XII. 04):

Ml 119 15 g

1

Mb 120 ': g

Ms 121 !■ 17 g

0,03 ccm JerumUgU

0,OS ccm Serum Gg II

Ms 122 I 15 g

Ma 123 )| 15 g

li

IS. XII. aehr mobil ; ble 26. XII. stets mobil geblieben. An Uieaem Tag Be obscbtung nbgeb rochen.

bis 25. XII. stets mobil geblieben. An diesem Tag Beobachtung abgebrochen.

18. XII. I ,

19 XII I ™obil

20 XII. Ei em lieh mobil

31. XU. MobiliUt etwas beeinträchtigt 22. XII, Eben eitbeinlg

^- XII. Streckkrampf

angedeutet

24. XII. Ebeiiflo

2&. XII. ber wieder

26. XII. Bis 15. 1. 06 nach und nach lang

gangen.

18. XII. I .

19. XII. I "■" "°'»'l

20. XII. Ziemlich mobil

21. XII. Geht mit sehr breiten Hinter-

beinen

22. XII. Linkes Hinlerbein eeigt schwa-

chen Streckt rampf

23. XU. Mtfaiger Streckkrampf

2*. XII. Ebenso Maas kann sich, auf den Rücken gelegt, nurschwer nmdrehen

25. XII. Wieder beweglicher

26. XII. Ziemlich beweglich

Bis 15. 1. 05 heobacbtet. Bis dahin alle Erscheinungen langsam turQck- gegangen.

aetir mobil

IS. XII.

19. XII.

20. XII, liemlich mobil

21. XU. Geht mit breiten Hinterbeinen

22. XII. Linkes Hinterbein zeigt etwas

Streck krampf

23. XU. ehr deutlich.

Mobilität

24. XII. Miltags sterbend. Die Hinter-

beine in starkem Streckkrampf Ubduktion : Sehr grofse Milz.

]^28 ^xperim. Stadien Ober die Dnrchgftngigkeit des MagendarmkanAles etc.

Ich glaube nicht, daCs man hier daran zweifeln kann, dals die Erkrankung resp. Tod der Versuchstiere durch Tetanusgift hervorgerufen wurde. Diese Feststellung ist deshalb interessant, weil man bisher annahm, dafs Toxine vom normalen Intestinal- traktus nicht resorbiert werden können.

Nencki und Schoumow-Simanowski fanden an erwach- senen Tieren, dafs nur bei Verfütterung von mehr als lOOOOOfach letalen Dosen schliefslich Vergiftungserscheinungen auftreten.

Während Ransom annahm, dafs das aufgenommene Te- tanustoxin sich unverändert im Kote wiederfinde, glauben Nencki und seine Mitarbeiter, sowie Repin und Carri^re, dals die Bakteriengifte schnell nach der Einführung in den Magendarm- kanal zerstört werden, wobei die peptischen und tryptischen Fermente scheinbar eine viel bedeutendere Rolle spielen als die Säure.

Von grofsem Interesse ist die kürzlich durch Aladär Schütz an der Breslauer Kinderklinik gemachte Feststellung, dafs die Eigenschaft des Magensaftes, Diphtherietoxin zu entgiften, bei Säuglingen individuell verschieden und unabhängig von Alter, Ernährung und Ernährungszustand des Kindes ist. Solche individuelle Verschiedenheiten geben vielleicht auch die Er- klärung, weshalb nur ein sicher positiver Fütterungsversuch den übrigen negativen resp. zweifelhaften gegenüber steht.

In neuerer Zeit hat auch Schmidlechner den Übergang der Toxine von der Mutter auf die Frucht experimentell fest- gestellt. Ich glaube aber, dafs gerade bei den Bakteriengiften ein Vergleich zwischen plazentarem und intestinalem Übergang nicht angebracht sein dürfte, weil eben die Toxine (ich erinnere hier an V. Behrings Deutung des Rausomschen Fohlenversuches) wie die übrigen Organe so auch die Plazenta des vergifteten Muttertieres schädigen werden.

Von Dr. Albert Uffenheimer. 129

Anhang n.

Anatomische Untersuchungen der Mägen Neugeborener nach der

Disseschen Methode.

von Behring hat die generell von ihm behauptete Durch- lässigkeit des Magendarmkanales Neugebomer für genuine Ei- weifse und Bakterien anfänglich zurückgeführt auf Unterbrechungen der Schleimschicht im Magen derselben. Er stützte sich dabei auf eine Veröffentlichung des Marburger Anatomen Disse aus dem Jahre 1903 und stellte, als diese, insbesondere von Ben da angegriffen wurde, im 5. Heft seiner Beiträge zehn neuerdings von Prof. Disse redigierte Sätze auf, die im wesentlichen darin gipfelten, dafs bei neugeborenen Tieren (mit Ausnahme des Kaninchens) und Menschen keine ununterbrochene Schleimschicht der Magenepithehen vorhanden ist. Paul Reyher hat nach Untersuchungen aus der Berliner Universitätskinderklinik für den Menschen neuerdings im vollen Gegensatz zu Disse »eine lückenlose, das Grewebe vollständig vom Magenlumen trennende Schleimlage« nachweisen können, und zwar nicht nur für den Neugeborenen, sondern schon für den älteren Fötus. Er findet sich dabei in voller Übereinstimmung mit Benda, Toldt, Fischl, Schmidt und Sacerdotti.^) Es dürfte deshalb vielleicht überflüssig erscheinen, meine Befunde am Meer- schweinchen noch aufzuführen, um so mehr, als die letzten Veröffentlichungen der Marburger Schule von diesen ana- tomischen Unterschieden der Mägen neugeborener und älterer Individuen nicht mehr viel sprechen. Da ich aber eine sehr grofse Anzahl mikroskopischer Schnitte untersucht habe, und da ja aufserdem meine Experimente weitgehende Differenzen in der Durchlässigkeit des Intestinaltraktus Neugebomer bei ver- schiedenen Spezies ergeben haben, ist eine kurze Wiedergabe meiner Befunde wohl gerechtfertigt.

Ich habe den Disseschen Anforderungen gemäfs »viele gröfsere Schleimhautstücke an Schnittreihen« untersucht und habe mich in der Technik (Konservierung in Zenker scher

1) Bezüglich der Literatur kann ich auf die eingehende Reyh ersehe Arbeit selbst verweisen.

Archiv für Hygiene. Bd. LV. 9

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Von Dr. Albert Ufifenheimer. 131

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132 Experim. Htudien über die Darchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

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34. Koch, Die Ätiologie der Tuberkulose. Berl. kl. W., 1882, Nr. 15.

35. 0 rth , Experimentelle Untersuchungen über Füttorungstuberkulose. Virch. Arch. 1879, Bd. 76, S. 217.

Von Dr. Albert Uffenheimer. 133

36 Seinmer, Über Übertragangsversuche der TuberkuloHe. Dorpater med. Zeitschr., Bd. 6, 1877, 8. 346, zit. nach Wesener.

37. Bollinger, Über Impf- und FütteningstaberkaloBe. Arch. f. exp. Path. u. Pharm., Bd. 1, S. 380, 1873.

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52. Starck, Der Zusammenhang von einfachen, chron. und tub. Hals* drüsenschwellungen mit kariösen Zähnen. Beitr. z. klin. Chir. 1896, Bd. 16, S. 61.

53. Körner, Über die Beziehungen der Erkrankungen der Zähne zu den chronischen Schwellungen der regionären Lymphdrüsen. Inaug.-Dias. Halle 1896.

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134 Ezperim. Studien über die Durchgängigkeit des Magendarmkanales etc.

57. ßaumgarten, Über die Übertragbarkeit der Tuberkulose durch die Nahrung und über Abschwächung der pathogenen Wirkung der Tb durch Fäulnis. Zentralbl. f. klin. Med. 1884; Bd. 5, Nr. 2.

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77. Arnold, Über das Vorkommen lymphatischen Gewebes in den Langen. Vbch. Arch. 1880, Bd. 80, H. 2, 8. 315.

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Von Dr. Albert Uffenheimer. }3Ö

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Krklftmng der anf der Tafel befindlichen Figuren:

Fig. 1. Typische Knötchenin nge Meerschweinchen). Gröfse Vi Kayserling-Präparat.

Fig. 2. Schnitt durch eine normale Lunge. Lupen vergröfserung 5 : 1.

Fig. 4. Der gleiche Schnitt. Stärkere Vergröfserung (I^eitz Obj. 8, abgeschr. Okul. 1, gezeichnet in Objekttischhöhe).

Fig. 3. Schnitt durch eine Knötchenlunge. Lupen vergröfserung 7:1.

Fig. 5. Der gleiche Schnitt. Stärkere Vergröfserung (genau wie Fig. 4).

Fig. 6. Sehr grofses Lymphknötchen aus einer normalen Lunge. (T^eitz, Öl-Immers. Okul. 1. T. 16. Bod.)

Fig. 7. Teil eines Knötchens aus einer typischen »Knötchenlunge« (gleiche Vergröfserung wie Fig. 6). Die Gröfse des ganzen Knöt- chens geht aus der beigegebenen Skizze hervor, in die der Aus- schnitt mit Strichen eingezeichnet ist.

Lebhafte Kernteilungen; viele gröfse, chromatinarme >aufge- blasene« Zellen.

Reagentien und Yersachsmethoden zum Stadium der proteolytischen und gelatinolytischen Enzyme.

Von

Prof. Claudio Fermi.

(Hygienisches Inntitut der kgl. Universität Sassari [Sardinien].)

Übersicht der Arbeit.

I. Einleitung.

II. Methode der festen Gelatineröhrchen.

A. Einflafo der Konsentration der Gelatine anf die Empfindlichkeit der Gelatine selbst den Enzymen gegenüber.

B. Einflufs der Alkalien und der Temperatur.

C. Über die Mittel, um den Kontakt des Ensymes mit der Gelatine za begünstigen.

D. Einflufs der Entfernung der sich nach und nach verflüssigenden Gelatine auf die Geschwindigkeit der Gelatinolyse.

E. Einflufs der Kontaktemeuerung zwischen Enzym und Gelatine auf den Verlauf der Gelatinolyse.

F. Aufserordentliche, mittels der Methode der festen GelatinerOh rohen, erlangte Empfindsamkeit.

G. Über die schnelle Zerstörung der Tätigkeit des Trypsins in stark verdünnten Lösungen.

H. Über die von Mette und Linossier vorgenommene Abänderang meiner Methode der festen Gelatine.

III. Methode der festen Gelatineplatten.

IV. Methode der Fixierung und Extraktion der proteolyt. Enzyme mittels Fibrin.

V. Methode der flüssigen Gelatineröhrchen. VI. Methode der alkaliHchen Albnminate als neue Reagentia der proteo- lytischen Enzyme. Vil. Die Empfindsamkeit der gleichzeitig studierten Gelatine, des Fibrins, des einfachen oder verdünnten oder mit Ammoniak bereiteten Blut- serums, des Kaseins, des Eiereiweifses. Vm. Über die Möglichkeit der quantitativen Bestimmung derproteolyt Enzyme.

Studiam d. proteol3rt n. gelatinolyt. Enzyme. Von Prof. Claudio Permi. 141

I. Einleitung.

Das Fibrin^) als Reagens im Aufsuchen der proteolytischen Enzyme lälst in bezug auf die Empfindlichkeit und die Gewifs- heit viel zu wünschen übrig. Wenn dasselbe auch dienen kann zur Konstatierung energischer Enzyme, welche besonders in der Anwesenheit von Säuren tätig sind, wie z. B. das Pepsin, so ist dies doch nicht der Fall bei den schwachen proteolytischen Enzymen, die ihre Tätigkeit besonders bei alkalischer Reaktion bekunden. Der gröfste Teil der sowohl im Tierreiche wie im Pflanzenreiche so stark verbreiteten gelatinolytischen Enzyme kann nicht immer mit Hilfe des Fibrins mit Gewifsheit nach- gewiesen werden. Dasselbe kann man vom Trypsin selbst sagen, wenn es sich nur in Spuren befindet oder wenn seine Tätigkeit bedeutend geschwächt ist. Die beiden Kriterien, aus denen man schliefsen kann, ob ein proteolytisches Enzym auf das Fibrin eingewirkt hat, sind bekanntlich die Auflösung desselben und seine Verwandlung in Pepton. Nun geschieht es aber häufig, dafs einerseits das der Wirkung dieses Fermentes unter- worfene Fibrin sich ganz und gar nicht auflöst oder nur höchst unvollständig und anderseits, dafs die Probe keine glaubwürdige Reaktion gibt.

Dafs das Fibrin kein sehr sicheres Reagens ist, geht übrigens auch deutlich aus den Ungewifsheiten und Widersprüchen her- vor, auf die man in den zahlreichen Bearbeitungen dieser Frage stöfst, was ich selbst Gelegenheit hatte festzustellen. Von den übrigen Reagentien der Enzyme, wie vom gesottenen Eier-Ei weite (Methode Mette), Kasein, Milch, Blutserum zu sprechen, halte ich für überflüssig; diese stehen, wie wir sehen werden, dem Fibrin selbst nach. Die Gelatine bildet hingegen ein aufser- gewöhnlich empfindliches und sicheres Reagens, weil sie in Berührung mit einem gelatinolytischen Enzjrme sich verflüssigt, wenn sie fest ist, und, wenn sie flüssig ist, nicht mehr erstarrt. ^)

1) La Gelatina come reagente m. Arch. per le scieDse med. Vol. XVI, N. 8, 1892.

142 Stadium der proteolytischen and g^elatinolytischen Enzyme.

Obwohl meine drei alten Methoden, die proteolytischen Enzyme aufzusuchen, an Empfindlichkeit alle bisher bekannten übersteigen und zwar so, dafs man in der Lage ist, mit jener der festen Gelatineröhrchen mit Sicherheit das bis auf 1 : 40000 verdünnte Trypsin nachzuweisen und somit achtmal die Empfind- lichkeit des Fibrins übertrifft, versuchte ich dennoch, sie zu verbessern und neue aufzusuchen.

II. Methode der festen Gelatineröhrchen.

a) Zubereitung der Gelatine. Man löst warm 2, 5, 10 oder 20 g^) reiner Gelatine (sog. goldene Gelatine) in 100 ccm einer wässerigen P/qq Thymol- oder 5®/oq Karbolsäurelösung auf.

Ein besonders anhaltendes Kochen der Gelatine ist stets zu vermeiden, da dieses die Erstarrungsfähigkeit derselben schwächt. Man erhält eine neutrale Gelatine, indem man sie neutralisiert, eine alkalische beim Hinzufügen von Soda (1 2®/qo) und eine saure, indem man Mineralsäuren zu 1 5®/oo oder organische Säuren (5 lO^/oo) hinzufügt.

b) Zubereitung und Gebrauch der Gelatineröhrchen. In kleinen Röhrchen von 5 6 mm Durchmesser verteilt man die Gelatine im Verhältnis von 1 ccm pro Röhrchen; man bringt sie in eine genaue vertikale Lage, innerhalb eines mit kaltem Wasser angefüllten Behälters, damit die Gelatine regelmäfsig er- starrt. Man bewahrt dann diese Röhrchen, umgekehrt, in einem Wasser enthaltenden Gefäfse, um das Austrocknen der Gelatine zu vermeiden.

Um eine Forschung anzustellen, verfahre man wie folgt:

1. Man nimmt aus dem Gefäfse die nötige Anzahl von Röhrchen.

2. Trocknet dieselben ab.

3. Versieht sie der Länge nach mit einem Papierstreifen, der genau die freie Oberfläche der Gelatine anzeigend, bis zum Boden des Röhrchens reicht. Dieser Streifen dient zum Auf- zeichnen mit einer Feder und in regelmäfsigen Zwischenräumen, z. B. alle 24 Stunden der aufgelösten Gelatineschicht, wie auch des Datums und anderer notwendigen Bemerkungen.

1) Je nach der Temperatur, bei welcher man arbeitet.

Von Prof. Claudio Fermi. 143

4. Man giefst 0,5 1 ccm von der zu untersuchenden Flüssigkeit, die b% Karbolsäure oder 1% Thyraol enthält, in die Röhrchen, um zu vermeiden, dafs die Verflüssigung der Gelatine infolge der proteolytischen Enssyme, die sich aus den während des Versuches entwickelten Keimen absondern, vor sich gehe.

ö. Die Proben hält man in einer gleichmäfsigen Temperatur, indem man sie in einen Thermostat auf 20 22^ bringt, jedoch darf die Gelatinekonzentration nicht unter 2% sein. Ist die Zimmertemperatur nicht unter 12^ und glaubt man, dafs die täglichen Wechsel den Verlauf der Forschungen nicht stören können, so kann man sie auch aufserhalb des Thermostaten lassen. Sowohl in dem einen Falle wie im anderen vermeide man natürlich die Temperaturen, die den Verflüssigungspunkt der Gelatine in der gebrauchten Konzentration übersteigen.

6. Weder der zu untersuchenden Gelatine noch den Flüssig- keiten dürfen jene Substanzen (antiseptische oder andere) hinzu- gefügt werden, welche von selbst die Gelatine auflösen könnten, wie z. B. die Säuren und die Alkalien in gewissen Konzentrationen.

7. Man vermeide auch jene Substanzen, welche die Emp- findlichkeit der Gelatine vermindern könnten, wie z. B. aus meinen Versuchen sich die Phosphorwolframsäure, das Sublimat, das Zinkchlorür, das Cadmiumchlorür, das Eisenchlorür, das Blei- acetat, das Kupferacetat, das Kupfersulfat, das Zinksulfat, das Alaun, das salpetersaure Wismuth, das hypermangansaure Kali, das Tannin, das Glyzerin usw. ergeben haben.

8. Es ist ratsam, die Flüssigkeiten, in denen man das Enzym aufsuchen will, zu filtrieren, wenn es möglich ist und sie nicht darunter leiden, denn die schwebenden Substanzen können, wenn sie auf die Gelatine präzipitieren, die Verflüssigung weniger regelmäfsig vor sich gehen lassen,

Die eingeführten Änderungen, um die Empfindlichkeit dieser Methode aufs äufserste zu treiben, beruhen auf:

A. Einflufs der Gelatinekonzentration,

B. Einflufs der Alkahen und der Temperatur,

144 Stodiam der proteolytischen and gelatinolytischen Eniyme.

C. Einflufs der Steigerung des Kontaktes des Enzyms uiit der Gelatine,

D. Einflufs der Entfernung von Verdauungsprodukten, d. h. der verflüssigten Gelatine,

E. Einflufs des Ruhezustandes oder der Bewegung der Enzyme enthaltenden Flüssigkeit.

A. "Filnflu Cb der Qelatinekonzentration.

Um den Einflufs der Gelatinekonzentration auf die Emp- öndlichkeit derselben zu studieren, gofs ich 1 ccm P/qq Merksches Trypsin in Röhrchen, welche 3, 5, 10, 20, 30®/o Gelatine und 2% Natronkarbonat enthielten, und brachte die Probe in eine Temperatur von 20®.

Die erhaltenen Resultate befinden sich in folgender Tabelle :

Konzentration der

1 ' .

h

ITag

Verflüssigte Geiatineschicht in

Gelatine

2 Tg.

3 Tg.

34 Tg.

37 Tk.

44 Tg.

46 Tg.

47 Tg.

' mm

mm

mm

mm

mm mm

mm

mm

Gelatine B^lo . Gelatine ö^/o Gelatine IO^/q . Gelatine 20 7o . Gelatine 30 Vo

3

1

0

0

. ' 0

6 3

2

0 0

10

5

4

2 0

29

20

12

5

32

22

13

6

36

25V,

7

38 27'/, 157,

8

41 29 17

9

Resultat: Dieser Tabelle entnimmt man also:

1. Die Sproz. Gelatine zeigt sich in diesem Ver- suche zehnmal empfindlicher als die SOproz., dreimal empfindlicher als die 20proz. und zweimal empfind- licher als die öproz.

2. Die lOproz. Gelatine zeigt sich zehnmal emp- findlicher als die SOproz. und fast zweimal als die 20proz.

3. Die Empfindlichkeit der 20proz. Gelatine ist fast doppelt so stark als jene der SOproz.

Von Prof. Claudio Fermi. 145

Der hieraus folgende Schlufs ist, dafs die Empfind- lichkeit der Gelatine in entgegengesetztem Verhält- nisse zu ihrer Konzentration steht.

4. Aus diesem Versuche ergibt sich ebenfalls, dafs, bevor man das Vorhandensein eines gelatinolytischen Enzymes bei der Anwendung von 10 20 oder 30proz. Gelatine ausschliefst, man wohl tut, einige Tage abzu- warten. In der Tat zeigt diese Tabelle, dafs, während die 3proz. Gelatine innerhalb 24 Stunden schon 3 mm aufgelöst hatte, die lOproz. in derselben Zeit ein negatives Resultat gegeben, die 20proz. noch keine Spur von Verflüssigung nach 48 Stunden und die 30proz. nach 3 Tagen aufgewiesen hatten.

5. Die SOproz. Gelatine ist äufserst wenig emp- findlich und ist daher von ähnlichen Forschungen aus- zuschliefsen; die lOproz. wie auch jene 20proz. kann man anwenden, wenn die Temperatur 25® übersteigt.

6. Die 5proz. und die 3proz. Gelatine sind hingegen die empfindlichsten unter den in diesen Versuchen an- gewendeten Konzentrationen.

B. EinfluCs der Alkalien und der Temperatur.

Um die Empfindlichkeit der Gelatine in den Forschungen nach den gelatinolytischen Enzymen, d. h. um die Verflüssigungs- fähigkeit zu vermehren, versuchte ich mehrere Substanzen, von denen am besten die Alkalien und besonders das kohlensaure Natron entsprachen.

Ich führe hier einige in dieser Beziehung angestellte Ver- suche an.

a) Kohlensaures Natron. Versuch I.

Röhrchen von einem Kaliber von 6 mm, welche 1 ccm 5 prox. flüssiger Gelatine enthielten, fügte ich verschiedene Quantitäten einer 20proz. kohlen- saueren Natronlösong hinzu, um einen verschiedenen Prozentsatz zu haben; ich schüttelte die Röhrchen, liefs die Gelatine sich erstarren und gols in dieselben 0,25 ccm lV«o Trypsin.

ArchiT für Hygiene. Bd. LV. ^^

146 Studium der proteolytischen und gelatinolytischen Enzyme.

Da? erhaltene Resultat war:

Kohlensaueres Natron

ii Verflüssigte Schicht

in Tagen

" 1

(1

2 !

8

1,818 0/,

3.333 o/„

4,615 o/o 5,714 0/,

Kontrolle ohne

Natron

1 mm

!' 1 2 2

; 1.5

' 0

mm 3 4 4

mm 35 50 65 65 17

Versuch II.

Ich wiederholte den Versuch und erhielt folgende Resultate

1 Verflüssigte Schicht nach Tagen

Kohlensaueres Natron

1 ! 2

3

12' j 36

! mm

mm

mm ' mm i mm

0,96 o/o

1 0,5

2 3 8 20

1,818 »/„

1 1

2,5 3.5 9

21,5

3,333 •/,

1 0,75

2.5 3,5 9

20

4,615 •/.

0,5

2 3 9

26,5

5,714 o/o

1 ü

2,75 1 3,5 9,5

20

6.666 »/,

1 0

2,5 3,5 ; 9

20

Kontrolle ohne Natron

i 0

0,ri

1.5

6,5

19

Resultat: Aus diesen zwei Versuchen ergibt sich, dals die Gelatine, welche das kohlensaure Natron im Verhältnisse von 1 7®/q besitzt, etwa drei- bis fünf- mal so empfindlich ist als die Neutrale. Der Unter- schied ist bedeutender am Anfange des Versuches (1. und 2. Tag) als in der Folge.

Versuch III.

b) Die Konzentration, der Alkaligehalt und die Tempe- raturhöhe, gleichzeitig an der Empfindlichkeit der

Gelatine studiert.

Um den vorhergehenden Versuch zu wiederholen, und um gleichzeitig die verschiedenen Bedingungen zu studieren, die auf die Verflüssigungsfähigkeit der Gelatine einwirken, unternahm ich den Versuch auf folgende Weise.

Ich nahm Röhrchen von 30 cm Länge und von einem Ka- liber von 6 mm, füllte sie mit Gelatine von verschiedener Kon- zentration und verschiedenem Alkaligehalt, nachdem diese erstarrt waren gofs ich in sämtliche Röhrchen 1 ccm Trypsin Merk zu !%>.

Von Prof. Claudio Permi. 147

Hierauf brachte ich einen Teil der ROhrehen in 30", einen an- deren Teil in 20°, einen dritten Teil liefe ich in der Zimmer- temperatur, welche zwischen 12 16" achwankte. Um sowohl das Verfliegen der Trypsinlösung als auch das Vertrocknen der Gelatine zu verhindern, verschlofs ich sämtliche Röhrchen mit Paraffin. Der luftdichte Verschlufs bietet noch den Vorteil, die Röhrchen notwendigenfalls ohne Gefahr umstürzen zu können. Man stürzt manchmal dieselben um, damit man besser die Grenze der aufgelösten Gelatineschicht wahrnehmen kann.

Alle sieben Tage die aufgelöste Gelatineschicbt messend, er- hielt ich die Resultate, die ich in nachfolgender Tabelle wiedergebe.

Hl Kl ^

a

148 8tadiam der proteolytischen and geUuinolTtiachen Emyme.

Dieser Tabelle eutnehmen wir der Bequemlichkeit halber folgende Übersichtstabelle:

Konientration

alkalisch

neutral

-

der Gelatine

20*

14*

20*/.)

Imal

Imal 9V,ma]

15 mal

'11 »•'.

. 3 » 3 »

8 :

9 1

;io

>

25 >

30/J

4 >

12 .

'28

>

73 »

10 V. \

IV, >

1 >

5»/. '20V.

1 >

IV,'

5 >

3V. )

. 1 >

3V,'

' ■. ^

>

4 >

3% / ^"

9 '

1

'• 1

> >

2 >

1* = >

GeUtiBekolueBtratloB.

Temperatur

30«/o

20»/o

f

3-/.

alkalisch

neutral

alkalisc

h neutral

alkalisch

neutral

Von 30» 20«>

IV4 mal

14 mal '

1

1

30«

12 »

149 »

1

20«

! 3 >

9 »

1 V4 nia

1 3»/,

1

mal

Imal

3V, mal

Resultat: Aus der vorstehendeu Tabelle geht folgendes hervor:

1. Die Verflüssigungsfäbigkeit der Gelatine steht in einem entgegengesetzten Verhältnisse zu ihrer Konzentration.

2. Die Verschiedenheit in der Verflüssigungs- fähigkeit der verschiedenen Gelatinekonzentratio- nen sind gröfser bei der neutralen Gelatine als bei der alkalischen, ebenso beim Aufbewahren der Proben in einer Temperatur von 14° als in jener von 20°. Mit einem Worte, die in Rede stehende Ver- schiedenheit steigt mit der Verminderung der der Verflüssigungsfähigkeit der Gelatine günstigen Be- dingungen.

Dieses zeigen deutlich folgende Aufgaben: a) Die Verflüssigungsfähigkeit der Gelatine zu 20% ist doppelt so stark als die zu 30% bei der alkali*

Von Prof. Claudio Fermi. 149

sehen Gelatine, während bei der neutralen Gelatine der Unterschied 9^2 ist bei 20» und 20mal bei 14^.

b) Die lOproz. Gelatine übertrifft die SOproz., und zwar dreimal bei 20^ und achtmal bei 14^, wenn sie alkalisch ist; zehnmal hingegen bei 20^, und 25mal bei 14®, wenn sie neutral ist.

c) Die öproz. Gelatine tibertrifft jene zu 30% bei einer Temperatur von 20®, um dann auf 9 zu steigen bei 14® (alkalische Gelatine).

d) Die 3proz. Gelatine übertrifft jene zu 30®/©, wenn sie alkalisch ist, 4mal bei 20®, und 12mal bei 14®; ist sie neutral, 28mal bei 20® und 73mal bei 14®.

e) Die lOproz. Gelatine übertrifft jene zu 20®/©, wenn sie alkalisch ist Imal bei 20® und P/abei 14®, um dann mit der neutralen auf 5mal zu steigen bei 14® usw.

Wer den Unterschied in der Verflüssigungsfähig- keit in bezug auf die übrigen Konzentrationen sehen will, braucht nur die obenstehende Übersichtsta belle zu sehen.

3. Was den Eiuflufs der Temperatur auf die Ver- flüssigungsfähigkeit der Gelatine in den verschiede- nen Konzentrationen betrifft, so ergibt sich fol- gendes:

a) Der Unterschied in der Verflüssigungsfähig- keit bei 30®— 20® ist l^j^me^] für die 30proz. alkalische Gelatine, und 14mal für die neutrale bei 30® 14®; er steigt hingegen bis auf 12mal bei der alkalischen und auf 149mal bei der neutralen.

b) Von 20®— 14® ist er für die 30proz. alkalische Gelatine 3mal und für die neutrale 9mal; bei der 30proz. Gelatine ist er l^/4mal für die alkalische und 3^/2mal für die neutrale; bei ersterer bei 3®/o ist er Imal für die alkalische und 3V4nial für die neutrale.

4. Aufserdem führen wir an, dafs die in Rede stehenden Unterschiede regelmäfsig abnehmen^ je mehr sie sich vom Anfang des Versuches entfernen.

152 Stadiuro der proteolytischen und gelatinolytischen Ensyme.

Resultat :

1. Die höchste Fluidifikation erlaugte mau in Gegenwart folgender Substanzen : Magnesiaoxyd, Knochenkohle, Magnesiumkar- bonat, EiseDOxydhydrat, Schwefel, Ammoniumsulphat und Eiweifs.

2. Die geringste Fluidifikation ergab sich beim Vorhanden- sein von Zinkoxyd, Zink und Eisen.

3. Gewöhnlich zeigte sich die höchste Fluidifikation mit 0,05 ccm der verschiedenen Substanzen und die niedrigste mit 0,15 ccm, eine Mittelfluidifikation hatte man mit 0,1 ccm. Unter den verschiedenen versuchten Substanzen ist also die Kohle eine der geeignetsten, um das vorgesteckte Ziel erreichen zu können, d. h. um den Kontakt des Trypsin mit der Gelatine zu be- günstigen und gleichzeitig die niedrigste Grenze der gelösten Gelatineschicht anzuzeigen.

Um die Wirksamkeit der Knochenkohle zu zeigen, lafse ich einige mit dieser Substanz unternommene Versuche folgen.

I. Yersueh.

In zwei Röhrchen, welche 2% Natroogelatine enthalten, giefee ich 1 ccm Trypsin Merk 1 : 300 000. Einem derselben nur f flgte ich 1 mg fein pulverisierte Kohle bei und brachte die Probe in eine Temperatur von 20*. Die Messungen der aufgelösten Gelatineßchicht ergaben die in folgender Tabelle wiedergegebenen Resultate:

Gelatine

Aufgelöste

Schicht in

6 Tagen

9 Tagen

32 Tagen

46 Tag

mm

mm

1 mm mm

1

3

37. , 4

0

ü

0 0

0

0

0

0

Mit Kohle . . . Ohne Kohle . . . Kohle ohne Trypsin

II. Tersuch.

Ich wiederholte den Versuch mit Trypsin 1 : 300 000, indem ich nor die Gelatine wechselte und eine zu 2 7sVo anwendete.

Nachstehende Tabelle bringt die erhaltenen Resultate:

Gelatine

Aufgelöste Schicht in

8 Tg.

,11 Tg. 28 Tg.

mm

1

mm

mm

3

7

11",

0

0 0

0

ü

0

34 Tg.

37 Tg.

45 Tg.

Mit Kohle ... Ohne Kohle . . Kohle ohne Trypsin

mm ' mm mm

lOV, 17 17

0 Q 0

0 0 0

Von Prof. Olaadio Fermi.

153

ni. Yersueh.

Ich wiederholte den Versach mit 2VtVo Gelatine mit 1% Natronzusats und mit einer Trypsinlösang za 1:500000 und erzielte folgende Resultate:

Gelatine

Mit Kohle . . . Ohne Kohle . . Kohle ohne Trypsin

1

Verflüssigte Schicht

in

11 Tagen

45 Tasen

mm

1 0 0

mm

0 0

IV. Versuch.

Ich wiederholte den Versuch mit 2 ^/^ Gelatine zu 1 Vo Natron und mit Trypsin zu 1 : 400 000 und erlangte als Resultat :

Gelatine

Mit Kohle . . . Ohne Kohle . . . Kohle ohne Trypsin

Verflüssigte Schicht in

i 8 Tagen 11 Tagen 45 Tagen

mm

2V, 0 0

mm

0 0

mm

2V, 0

0

V. Versueh.

Ich wiederholte zum letzten Male den Versuch mit Trypsin 1:500000, 3proz. Gelatine mit 4^0 Natron, der Erfolg ist:

Gelatine

Verflüssigte Schicht in 35 Tagen

20 Tagen 31 Tagen

46 Tagen

Mit Kohle . . . Ohne Kohle . . Kohle ohne Trypsin

mm

1 0 0

mm

0 0

mm 2 0 0

mm

5 0 0

Resultat: Aus diesen fünf Versuchen geht deut- lich hervor, dafs die Gegenwart des Kohlenpulvers die Empfindlichkeit der Methode sehr vermehrt. In der Tat gelang es mir mit demselben das Trypsin in Auflösungen von aufsergewöhnlicher Verdünnung nachzuweisen, was man bisher nicht nur nicht er- reicht, ja nicht einmal gehofft hatte. Vielleicht her- vorzuheben ist noch die beständige Tatsache, dafs

154 Studium der proteolytischen und gelatinoly tischen Enzyme.

wenn die Gelatine in den Röhrchen sich nicht ver- flüssigt, sie wieder aufschwillt und ihr Niveau um einige Millimeter zunimmt.

Endlich ist noch zu bemerken, dafs man oft wahrnehmen kann, wie in den mit sehr verdünnten Trypsinlösungen, wie z. B. von 1:300000 bis 1:500000 angestellten Versuchen die Verflüssigung nach 30— 45 Tagen vollständig aufhört.

Der Gedanke, dafs der Einflufs des Kohlenpulvers bedeutend weniger klar wäre, wenn die Versuche mit starken Trypsin- lösungen vorgenommen würden, lag auf der Hand. Die folgenden, obwohl wenig verschiedenen Versuche bestätigten diesen Verdacht.

I. Yersueh.

In 100 g Gelatine zu b^U fügte ich 0,5 g Tierkohle, schüttelte das Ganze gut und verteilte es im Verhältnis zu 1 ccm in 5 mm weite Prouvetten, die schnell zur Erstarrung gebracht wurden, gofs in eine jede derselben 0,% ccm Trypsin zu l^/oo".

Nach 24 Stunden wurde die verflüssigte Gelatineschicht gemessen und folgendes Resultat erlangt:

Gelatine mit Kohle 3,5 mm

Gelatine ohne Kohle 2 >

II. Yersueh.

Gelatine

Verflüssigte Schicht in 2 Tilgen 4 Tagen 5 Tagen

t

TD in

in in

mm

Mit Kohle 7 9,5 11

Kontrolle ohne Kohle ... 5 9 11

Resultat:' Aus diesen* Tabellen ergibt sich, dafs man wohl im Anfange der ersten 24 48 Stunden eine gröfsere Geschwindigkeit in der Verflüssigung der Kohlegelatine hat, vom 4. Tage an aber der Unter- schied immer geringer wird, bis er endlich gänzlich verschwindet.

Von Prof. Claudio Permi.

15^

D. Pilnflnrs des Bntfemens der allmählich flüssig werdenden Gelatine auf die Geschwindigkeit der Gelatinolyse.

Um wenigstens ein teilweises Entfernen und eine Beseitigung der aufgelösten Gelatineschicht, welche die nachfolgende Ver- flüssigung hindern könnte, zu erlangen, verfuhr ich wie folgt:

Anstatt die Röhrchen mit der festen Gelatine und der Trypsinlösung in natürlicher Stellung aufrecht zu halten, kehrte ich dieselben um.

Dieses tat ich auf zwei verschiedene Weisen.

I. Yersueh.

Röhrchen, die ganz genau bis an den Rand mit fester Gelatine zu 3 5—10 20 30% angefüllt waren, wurden zusammen in einem kleinen graduierten Zylinder, der 5 ccm Trypsin Merk 1 ^/^ enthielt, umgekehrt, so- dafs die Gelatine in direkte Berührung mit dem Tr3rp8in selbst kam.

Andere, ähnliche Röhrchen, die nur 1 ccm feste Gelatine und 1 ccm derselben Trypsinlösung Merk zu l^/'oo enthielten, wurden gerade aufrecht gehalten. Alle einzelnen Proben wurden in einer Temperatur von 20® ge- halten.

Die Resultate befinden sich in nachstehender Tabelle:

Gelatinekonzentration

Verflüssigte Schicht nach gerade Röhrchen

24 Std.

48 Std. 72 Std.

96 Std.

umgekehrte Röhrchen

96 Std.

Gelatine zu 3 7o » 5 Vo

> 10 o/o » 20«/o

> 30°/«

3

0 0 0

6 3 2 0 0

9V, 5

4

1

0

14

8

2

0

33

13

7

4

V.

Resultat; Die Geschwindigkeit der Gelatinever- flüssigung ist somit zweimal grölser in den umge- kehrten Röhrchen als in jenen geraden.

Die in der beschriebenen Weise umgekehrten Röhrchen bieten aufserdem den Übelstand, dafs man sie nur einmal und zwar nur am Schlüsse des Ver- suches messen kann; denn beim Herausziehen aus der Flüssigkeit, in der sie sich befinden, füllen sie sich mit Luft an, was, wenn man sie wieder in dieselbe hinein-

156 Studium der proteolytischen und gelatinolytischen Enxyme.

legen will, den Kontakt zwischen Gelatine und Trypsin lösung hindert.

Aus diesem Grunde stellte ich diesen zweiten Versuch an.

II. Yenaeh.

Nachdem ich, more solito, die Gelati neröhrchen zubereitet^ goüs ich in dieselben, und gerade auf TrypsinlOsung, flassiges Paraffin.

Nachdem letzteres erstarrt war, brachte ich die Röhrchen, teils gerade, teils umgekehrt in eine Temperatur von 20^, nachdem ich mich versichert hatte, daÜB keine Luftbläschen in den Röhreben seien, und daCs der Kontakt zwischen Gelatine und Trypsinlösung aufs vollständigste erhalten sei, nicht sehr leicht zu erlangen ist für die ganze Dauer des Versuches.

Lage der Röhrchen

Anfirelöste Schicht in

3Tjr.

Gelatine j gerade

2% l umgekehrt

Gelatine f gerade

10 »o l umgekehrt

Gelatine f gerade

30^0 \ umgekehrt

5 8 3 3

ü

1/.

6 Tg. 9Tg.,12Tg. l5Tg.;i8Tg.

•26Tg.

29Tg.|32Tg.

9

12

5

7",

0

2'.'

11 13 16»/,. 18V,i 22 15 18 20 i 23 33

17 30

77, 9», 10'/,i 13

12 27 0 0 37, 5

20 0 6

24 2

18 237,

I

i 34 3 4 8 10

Resultat: Die gröfsere Schnelligkeit der Verflüs- sigung der Gelatine in den umgekehrten Röhrchen schwankt derjenigen der geraden gegenüber vom ^4 t)is zum Zehnfachen.

E. Über den EinfluTs der Erneuerung des Kontaktes zwisohen Enzym und Gelatine im Verlaufe der Glatinolyse.

Duclaux im IL Bd. (S. 619) seines Traktates schreibt in einer Kritik meiner Methode : >La plus grave des imperfections est que les deux milieux qui doivent agir Tun sur Tautre ne soient mis en contact que par une surface sur laquelle rien n^assure le renouvellement continuä de l'action.«

Dieser Einwand, wenn er dem Anscheine nach von einer gewissen Bedeutung ist, fällt angesichts folgender Tatsachen und folgender Betrachtungen :

Von Prof. Claudio Fermi. 15T

1. Besäfse der Mangel der angedeuteten Erneuerung de& Kontaktes die ihm vonDuclaux zugeschriebene Bedeutung, so- müfste die Gelatinolyse nicht nur unregelmälsig vor sich gehen, sondern nach kurzer Zeit sogar vollständig aufhören. Dies ge- schieht aber nicht.

Die Verflüssigung kann, wie wir tatsächlich in den zahl- reichen vorhergehenden Versuchen gesehen haben, mit regel- raäfsigen Schichten, auch 6 10 Monate fortdauern, was ein äufserst langer Zeitraum ist; denn bekanntlich verlieren die- Enzyme in Gegenwart des Wassers sehr schnell ihre Fähigkeit.

2. Die Methode Mette (eine Abänderung der meinigen), die ebenfalls denselben Übelstand aufweisen sollte, wird allgemein beim Studium des Pepsins angewandt und dies, weil der oben- erwähnte Übelstand von höchst geringer Bedeutung ist, da ea sich immer darum handelt, vergleichende und unter denselben Bedingungen angestellte Proben vorzunehmen, nicht aber, um die absolute Menge des Albumins anzugeben, welches von einer gegebenen Enzymemenge verdaut werden kann. Anderseits ist vielleicht die Erneuerung des Kontaktes in einer gewöhn- lichen künstlichen Verdauung vollständig garantiert, wo die Fibrinflocke, der Eiweilswürfel, das Muskelstück unbeweglich auf dem Boden der Flüssigkeit liegen, welche das Enzym ent- hält?

Welcher Unterschied besteht zwischen dem Eiweifswürfel auf dem Boden der besagten Flüssigkeit und dem Gelatinezylinder aufser einer gröfseren Kontaktoberfläche, welche der Eiweifs- würfel dem Enzyme bietet? Übrigens hatte ich nicht schon viele Jahre vor Duclaux auf diesen Einwand über die Erneue- rung des Kontaktes hingewiesen und in dieser Hinsicht folgende Forschungen angestellt?

Versuch.

Man bereitet zwei Gelatineröhrchen, deren jedes 10 com einer Trypsin* lösung von 1 : 1000 enthält, eines derselben wird in Rohe gelassen, durch die in dem anderen enthaltene Flüssigkeit wird ein Luftstroro geleitet.

158 Studium der proteolytischen und gelatinolytischen Eoxyme.

Als Kontrolle wurde ein gleicher Luftstrom durch ein anderes Gelatine- röhrchen, welches 10 ccm Karbolsäurelösung zu 1 7o enthielt, geleitet. Nach

48 Standen war das Resultat folgendes: Auteelösto

Gelatineschicht Gelati neröhrchen mit 10 ccm Trypsin zu 1 : 1000, I

in Ruhe gelassen I

Gelftti neröhrchen mit 10 ccm Trypsin zu 1 : 1000, \ ne. durch welches ein Luftstrom geleitet worden war ) '

Gelatineröhrchen mit 10 ccm destilliertem Wasser, 1 ^ durch welches ein Luftstrom geleitet wurde |

Man erreicht denselben Zweck, wenn mau, anstatt die Luft durch die Flüssigkeit zu leiten, letztere durch häufiges Schütteln in Bewegung hält

Resultat: Beim Bewegen der Flüssigkeit, welche die Enzyme enthält, kommen die Moleküle der En- zyme besser in Berührung mit der Gelatine und die Schnelligkeit der Gelatinolyse steigt.

F. Maximum der mit der Methode der festen Gelatineröhrohen

erlangten Empfindlichkeit.

Im Besitze einer Reihe von Mitteln, die geeignet sind, die Empfindlichkeit der Gelatine in wirksamer Weise zu vermehren, •durch Verminderung der Konzentration oder durch Empfindlich- machen derselben mittels kohlensauren Natrons oder durch Konzentrierung der Trypsinspuren auf ihrer Oberfläche wie auch durch Entfernung der aufgelösten Schicht, indem man die Röhrchen umkehrt usw., wollte ich nun feststellen, bis zu welcher Verdünnung das Trypsin noch nachweisbar sei.

Zu diesem Zwecke arbeitete ich mit dem Trypsin Grübler, (welches viel kräftiger ist als das von Merk) und zwar in Ver- dünnungen von 1 : 600 000—1 : 1000 000 und mit Gelatine zu 3proz. mit 2proz. Natron.

Dieser Versuch, welcher in derselben Weise wie die vorigen vorgenommen wurde, führte mich zu folgendem Resultate:

Grub l ersehe

1 VerflüsR.

Schicht in

Trypsin lös ung

11 Tagen

14 Tagen

1: ÜOOOOO

11

16

: 700000

5

10

800 000

3

8

900000

2

6

: 1000000

1

5

Von Prof. Claudio Fermi.

159

Resultat: Diese Tabelle zeigt, wie man mit der oben angegebenen Methode eine aufsergewöhnliche Empfindlichkeit erlangen kann, so dals man in der Lage ist, ein sehr tätiges Trypsin in einer Verdün- nung bis zu 1:1000000 nachweisen zu können.

Ebenfalls gelang es mir, eine höhere Empfindlichkeit mit Gelatine zu 1% und Soda 1^/q zu erhalten, indem ich bis 1 : 1400000 kam, wie nachstehender Versuch es beweisen wird^).

In Gelatineröhrchon zu 1% und Soda zu 1% gofs ich 1 ccm einer Lösung Grub 1er sehen Trypsins von 1 : 1000000 bis zu 1:400000 in destilliertem Wasser. Als Resultat ergab sich:

Grüblersche TrypsinlOsung

1 1 1 1 1

lüOOOOO 1100000 1200000 1300 000 1400000

8 Tage

G

5

SV,

3

1

Wenn man bedenkt, dafs das Trypsin bei 1 : 1200000 selbst beim Gebrauch von 1 ccm genannter Lösung nachweisbar ist, so wird es wohl keine Übertreibung sein, wenn man sagt, dafs die Empfindlichkeit der Methode eine aufsergewöhnliche ist, und dafs die nachweisbare Fermentmenge eine unwägbare und geradezu eine unfafsbare ist.

Q. Über die schnelle Zerstörung der Tr3rpsintätigkeit in sehr

verdünnten Lösungen.

In diesen sehr delikaten Forschungen ist es unumgängUch, stets mit frisch bereiteten Trypsinlösungen zu arbeiten, da das Trypsin in sehr verdünnten Lösungen, besonders in destilliertem Wasser sich abschwächt und sich schnell zerstört. Unternimmt man heute eine Untersuchung mit einer Trypsinlösung verdünnt

1) Die Gelatine zu 1 Vo kann nur angewandt werden, wenn die Zimmer- temperatur 12 14* nicht übersteigt.

160 Studium der proteolytischen und gelatinolytischen Enzyme.

z. B. zu 1:1000000 und man wiederholt den Versuch mit der- selben Lösung, auch nur nach 2 3 Tagen, so erlangt man ein total negatives Resultat.

Alles dies kann man, aufser in den andern von mir ange- stellten Versuchen, auch aus den folgenden wahrnehmen:

Man giefst in Röhrchen, welche 1 ccm 2% Gelatine und Natron 2% enthalten, 1 ccm von einer verdünnten frischen oder 5 Tage alten Trypsinlösung.

Nach 8 Tagen wurde die aufgelöste Gelatineschicht ge- messen und das Resultat war:

Losung von Verflü^igte Schicht

GrQbler Trypsin

1:1000 000

frische I 6 Tajre alte

5 I 0

1:1100000 > 4V, , 0

1:1200000 ' 3V, 0

1:1300(100 2V- 0

1:1400000 , l j 0

Resultat: Wie man sieht, war die Tätigkeit der Trypsinlösung von 1:1000000—1:1400000 völlig zerstört.

H. Kritik der von Mette und Linoesier eingeführten AbänderuDg^zi

meiner Böhrchenmethode.

Mette war der Erste, der in meine ursprüngHche Röhrcheu- methoden Modifikationen einführte, ihm folgte Linossier. Diese Modifikationen finden in folgender Weise statt. Anstatt das Enzym in Gelatine, Serum oder Eiweifsröhrchen zu giefsen, wie ich es tue, kehren sie das Verfahren um und tauchen die Röhrchen in die Enzymlösungen.

Linossier verfuhr mit Gelatineröhrchen folgendermafsen : Kapillarröhrchen, 2 cm lang, welche gefärbte, feste Gelatine ent- hielten, werden in die Enzymlösung gebracht, nach einer gewissen Zeit wird die gelöste Gelatineschicht gemessen, indem das Röhrchen an ein in Millimeter geteiltes Mafs gebracht wird, auf dem man mit Hilfe des Mikroskopes die Mafse liest.

Von Prof. Claudio Fermi. 161

Mir gelang es nicht, die Änderung anzuwenden, und zwar folgender Umstände halber:

1. Vor allem ist diese Methode viel komplizierter als die meiuige, da aufser den Prouvetten auch noch KapillarrOhrchen notwendig sind, und anstatt direkt zu messen, mufs man die Röhrchen mit Pinzetten herausnehmen und abtrocknen, auf den MaTsstab befestigen und sie unter das Mikroskop bringen. Nehmen wir an, dafs wir alle 12 24 Stunden einige 20 Proben messen müssen, wie dies nicht selten vorkommt, was für eine Mühe und einen Zeitverlust würde diese Arbeit mit sich bringen I

2. Nicht immer unbedeutende Verluste der Enzymelösung, in welcher die Röhrchen sich befinden, während des wieder- holten Herausnehmens derselben, um sie unter das Mikroskop zu bringen.

3. Da die Kapillaren vollständig in die Flüssigkeit getaucht werden müssen, so ist für jede Probe ein aufserordentlicher Ver- brauch an Flüssigkeit notwendig, was zur Folge haben kann,, dafs die Anzahl der Versuche wegen Mangels an Material ver- mindert werden mufs.

Während meine Methode in der Tat nur 0,2 0,5 ccm Flüssigkeit pro Probe erfordert, verlangt jene Mette-Linossiers mindestens 3 ö ccm, angenommen, dafs man die Methode noch komplizierter machen wolle, indem man die gewöhnlichen Prou- vetten durch andere mit kleinerem Kaliber (4 5 mm) ersetzen wolle, die eigens bestellt werden müfsten.

4. Ein anderer Übelstand, auf den ich gestofsen bin, ist, dafs oft, auch selbst wenn die Gelatine gefärbt ist, man nicht einmal mit dem Mikroskop die Grenze zwischen der erstarrten Gelatine und der Flüssigkeit sieht, und eine genaue Messung der aufgelösten Schicht nicht stattfinden kann.

5. Ein anderer Übelstand kann endlich noch auf folgende Art auftreten : es geschieht oft, dafs beim Schütteln der Kapillaren, sei es um die Grenzen der beiden Schichten zu sehen, sei es durch ZufaJl oder beim Abtrocknen der Kapillaren selbst, ein wenig Flüssigkeit aus letzteren herausfliefst und dieselbe durch kleine

Archiv für Hygiene. Bd. LV. 11

162 Stadium der proteolytischen und gelatinolytischen Enzyme.

Luftbläschen ersetzt wird ; die Folge hiervon ist, dafs beim ueueu Eintauehen der Kapillaren in die Flüssigkeit diese Bläschen den Kontakt der Enzyme mit der Gelatine verhindern und auf diese Weise den Versuch unterbrechen.

Ich habe mit dieser Methode verschiedene Versuche an- gestellt, ohne aber, entweder wegen Mängel derselben, oder aus eigener Unerf ahrenheit , etwas erreichen zu können. Welche Vorteile kann man übrigens aus dem Eintauchen des Röhrchens ins Enzym, oder hingegen aus dem Eingiefsen des Enzyms in die Röhrchen ziehen?

Vielleicht kann man eine grölsere Empfindlichkeit, eine gröfsere Schnelligkeit in der Verflüssigung erzielen? Dies ist zu bezweifeln, denn die Schnelligkeit der Verflüssigung vermehrt nicht, sondern vermindert die Kontaktoberfläche der Gelatine mit dem Enzym. Zu welchem Zwecke soll man sich also der Kapillarröhrchen bedienen, die aufser den angedeuteten Mifs- ständen noch des Mikroskopes bedürfen, um die aufgelöste Schicht messen zu können?

Ich führe einen dieser Versuche an.

Am 20. April füllte ich Kapillarröhrchen, wie solche zum Tupfen dienen, von einem Durchmesser von 1 2 mm mit teil- weiser ungefärbter und teilweise mit Methylenblau oder mit sehr feinem Pulver von Tierkohle gefärbter Karbolgelatine. Stücke dieser Röhrchen von 1 2 3 4 cm Länge setzte ich senkrecht in Prouvetten von 6 mm Durchmesser, welche 1 2 3 ccm Trypsin zu I^/qo enthielten, und hielt die Prouvetten in einer Temperatur von 20^ C. Nach 24 Stunden ergab sich folgendes Resultat :

Es gelang weder in den Kapillarröhrchen, die einfache Ge- latine enthielten, noch in jenen, in denen sich mit Methylenblau gefärbte befand, die aufgelöste Gelatineschicht zu sehen.

Nur nachdem die Röhrchen herausgenommen und die flüssige Gelatine mittels Pipette oder Löschpapier aufgesaugt worden war, gelang es mir, eine Schicht flüssiger Gelatine von 5 mm zu messen. Ganz anders verhält es sich mit den Röhrchen, welche Kohlegelatino enthalten, da beim Verflüssigen dieser

Von Prof. Claudio Fermi. 163

Gelatine die Kohle sich auf die Oberfläche der festen Gelatine- schicht absetzt, und genau die Grenze der verflüssigten Schicht anzeigt. Hierzu kam, dafs infolge des neuen Eintauchens der Kapillaren in das Trypsin die aus dem Röhrchen geflossene Flüssigkeit durch Luftbläschen ersetzt war, welche den Kontakt des Trypsins und der Gelatine verhinderte und den Versuch verdarb.

Man konnte den beständigen Prozefs der Verflüssigung wahrnehmen, ohne jedoch in jenen Röhrchen mit Kohlegela- tine, die nicht vollkommen aus der Trypsinlösung entfernt wor- den waren, die verflüssigte Schicht genau messen zu können. Bei einer anderen ähnlichen Probe konnte ich, aber nie genau, und dies aus oben erwähnten Gründen, folgende Messungen vornehmen : nach 2 Tagen unterhalb 10 mm Verflüssigung, nach 3 Tagen 14 mm unterhalb und 4,5 mm oberhalb; am 4. Tage 17 mm unterhalb und 6 mm oberhalb; nach 5 Tagen mafs ich unerwarteterweise 20 mm oben und 20 mm unten. Man sieht äIso, dafs auch mit dieser Methode die Verflüssigung keinen regelmäfsigen Verlauf gezeigt hätte. Angesichts aller dieser Übelstände, wiederhole ich, hielt ich es nicht für angebracht, mich der Methode Linossiers zu bedienen. Die aufgelöste Schicht ist hingegen sichtbar, wenn man mit den Eiweifs- (Me- thode Mette) oder den Serumröhrchen arbeitet.

III. Methode der festen Gelatineplatten.

Will man das Vorhandensein proteolytischer Enzyme direkt in Tier- und Pflanzenorganen aufsuchen und verfügt man nur über ganz wenig Material, so kann man die zu untersuchenden Teilchen direkt in Kontakt mit fester Gelatine bringen.

Dies kann der folgenden Methode gemäfs geschehen.^)

1) In meiner schon angeführten Arbeit >La gelatine come reagente etc.c, die vor ca. 15 Jahren veröffentlicht wurde, beschrieb ich diese Methode in folgender Weise :

>Will man das gelatinoly tische Enzym direkt aaf festem Pflanzen- oder Tiermaterial aufsuchen, so verfahre man wie folgt: Man schneide das Ma- terial sehr fein, lasse es 1 2 24 Stunden in einer Karbolsäurelösung zu 17o>

11*

164 Studium der proteolytischen und gelatinoly tischen Enxyme.

1. Mau giefst eine Schicht von ungefähr 2 3 mm more solito zubereiteter Gelatine auf eine Glasscheibe, oder besser Id eine Petrische Schale.

2. Nach Erstarrung der Gelatine bringe man auf die Ober- fläche derselben die zu untersuchenden Teilchen von der Gröfse eines Getreidekomes, wenigstens mit 1 cm Entfernung voneman- der. Verfügt man über genügendes Material, so ist es gut, auf die Gelatine mehrere Teilchen der gleichen Substanz zu bringen, anstatt einer einzigen. Bisweilen geschieht es in der Tat, dafe eines dieser Teilchen, entweder seitens des Tieres oder des Or- ganes, dem es entnommen, oder auch je nach der Seite, mit welcher es mit der Gelatine in Kontakt gebracht wird, wie dies der Fall ist, wenn ein Stück Darm auf die seröse Seite anstatt auf die Schleimhautseite gelegt wird, die Gelatine nicht verflüssigt.

Auf diese Weise gelangt man nicht nur zu sicheren Resul> taten, sondern man verkürzt auch die Arbeit, da man sozusagen denselben Versuch mehrmals wiederholt.

dann nehme man es heraus und giefse es in eine Petrische Schale, die 10 ccm flüssige Karbol Säuregelatine enthält, schüttle dieselbe so, dafs die Teilchen so gleichmäfeig als möglich in der Kapsel selbst verteilt werden» man lasse dann die Gelatine gerinnen, bringe hierauf die Kapsel in eine Temperatur von 20—25^ oder man halte sie bei Zimmertemperatur, je nach deren Höhe und nach der Art des Versuches. Enthält das za unter- suchende Material ein gelatinolytisches Enzym, so wird man nach einer bestimmten Zeit (5 48 Stunden) ringsum die Teilchen und unter den- selben die Gelatine flüssig finden. Ein anderer älterer, in dieser Beziehanipr angestellter Versuch war folgender^):

Reine Kulturen in Gelatine des Bac. Anthracis, des Kochschen Vibrio und des Vibrio von F. Prior wurden in geeigneter Weise sterilisiert. Man nahm drei Röhrchen Gelatine, gofs in jedes derselben einen Tropfen yon einer der erwähnten Kulturen und bereitete ebensoviele Platten. Nach 3 Tagen sah man mit blofsem Auge, dafs sie vollständig steril waren. Nur nach genauer Untersuchung der Platte, welche den Kochschen Vibrio ent- hielt, zeigten sich 56—60 Stellen der Gelatine aufgelöst wie verflüssigende Kolonien, denen jedoch die charakteristische Trübung fehlte, und nach einer Untersuchung bewiesen sie sich als vollkommen steril.

Nach 10 Tagen waren die Punkte der flüssigen Gelatine auf der Platte mit dem Kochschen Vibrio auf ungefähr Hundert gestiegen, ohne dafs die alten sich sichtlich erweitert hätten.

*) Claudio Permi. Die leim- und fibrinlösenden etc. Fermente der Mikroorganismen. Archiv f. Hyg. Bd. X, 1890, S. 5.

Von Prof. Claudio Fermi. 165

3. Verfügt mau über ein reichhaltiges Material, genügt aber , nicht die Anzahl der Schalen, wie dies oft geschieht, so kann dieselbe Schale zur Untersuchung von 10 20 verschiedenen Substanzen dienen, je nach der Gröfse der Schale. In diesem Falle schreibt man genau die zahlreichen Aufzeichnungen auf Papierstreifen von einer Breite von 1 2 cm und von einer Länge, welche den Durchmesser der Kapsel oder die Breite der Platte nicht übersteigt, dieselben klebe man parallel in Zwischen- räumen von 1 cm auf die äufsere Seite des Bodens der Schale. Auf diese Weise werden die Angaben durch die Gelatine hin- durch sichtbar sein. Man klebt sie nicht auf den Deckel, da dieser beweglich ist und die Angaben infolge des Verschiebens desselben nicht mehr entsprechen würden.

4. Um das Eintrocknen der Gelatine zu vermeiden, schliefst man die Schalen in feuchte Tyn dal Ische Glocken, und gegen allzu hohe oder allzu niedrige Temperaturen schützt man sie, indem man sie in einem Thermostat bei 20 22® aufbewahrt.

5. Um das Gedeihen von Keimen in den Teilchen zu ver- meiden, die eigener gelatinolytischen Enzyme wegen zu Irrtümern füluren könnten, können die Teilchen vorher selbst in eine Lösung von 0,5 Iproz. Karbolsäure getaucht werden, oder man giefse einen Tropfen einer glyzerinierten (lOproz.) Lösung auf dieselben.

In der Praxis ist dies nicht immer notwendig. Ich war gezwungen, besonders das Material beim Untersuchen der Wurzel mit gesäuerter Gelatine zu desinfizieren, und zwar wegen der üppigen Entwicklung der gelatinolytischen Hyphomyzeten.

Die Schalen werden alle 5 24 Stunden untersucht. Die ßesnitate kann man in wenigen Stunden, wie auch nach zwei oder drei Tagen erlangen, je nach der Energie des Enzyms und der Zimmertemperatur.

Hat man nach Verlauf von 5 6 Tagen keine Spuren von einer Verflüssigung wahrgenommen, so kann man auf das Nicht- vorhandensein des nachgesuchten Enzyms schliefsen.

166 Studium der proteolytischen und gelatinoly tischen Enzyme.

Antwort gegen die Professoren Hankin und Wesbrook in bezug^ auf die Priorität der Plattenmethode und auf einige ihrer kritischen

Bemerkungen.

Diese beiden Autoren schienen meine Röhrchenmethode au» dem Wege räumen zu wollen, ohne dieselbe zu kenneu, da sie nicht einmal wufsten, dafs das von mir gebrauchte Reagens die Gelatine und nicht das Fibrin war, und schlugen eine eigene vor.

UnglückUcherweise jedoch, ohne es zu ahnen, gerieten sie in eine andere von mir beschriebene Methode hinein, indem sie dieselbe ohne groisen Vorteil umänderten. Die beiden genannten Autoren schrieben:

»Quelles sont les diastases produites par le bacille du char- bon? Fermi a fait des recherches sur les diastases secretöes par les microbes. Bien qu'il ait trouv^, que beaucoup d^esptees diffärentes poss^dent le pouvoir de produire une diastase proteo- lytique il n'a pas trouvä qu'il en soit de meme pour le charbon (!). II nous parait que s'il a obtenu un semblable resultat, c'est pas ce qu'il n'a pas employe des moyens assez dälicats. Nous alloDs döcrire une dont nous sommes servis dans ce travail.

Si Ton prend une plaque de verre enduite d'ime couche mince d'une Solution alcaline de gälatine ä 5% et si Ion place sur celle-ci deux gouttes des memes 5 volumes Tune d'eau, et Tautre d'une Solution de trypsine, les gouttes conservent la m6me apparence et se comportent de mome, tout (jue la plaque est laissee dans une position horizontale. Si au contraire la plaque es inclinäe l^görement, une diffdrence se manifeste. La goutte de la Solution de trypsine au contraire, coramence ä s'^tendre en bas, gräce ä son pouvoir de liquefier la gdlatine et aprös quelques heures un petit sillon se forme. La largeur de ce sillon depend du temps pendant lequel la plaque a 6i6 dans une position

L) Es ist durchaus nicht notwendig, die Platte zu beugen, um unter- scheiden zu können, ob ein Tropfen Trypsin oder ein Stückchen des auf die Oberfläche der Gelatine gelegten Materials sich verflüssigt habe oder nicht. In den vielen Jahren meiner Praxis habe ich es nie für notwendig befunden , zq diesem Mittel zu greifen , welches die einzige Abänderang meiner Methode darstellt.

Von Prof. Claudio Fermi. 167

inclin^e, de la grosseur de la goutte et aussi du pouvoir dia- stasique que exerce la trypsine sur la gälatine.

Sur ce principe on peut baser une möthode tr^s dälicate pour növifier la prösence de diastases qui liquefient la gölatine.

Le microbe du cbarbon produit-il une diastase proteolytique ? Fermi Ta ni^ (!). II a placö un morceau de fibrine (I) dans le liquide qui a servi ä epuiser une culture sur milieu solide. De ce que le morceau de fibrine ne disparait pas il n'a conclus qu'it n*existe pas de diastase protöolytique. Cette diastase, comme nous verrons bientöt dans son action sur les mati^res protöiques produit du peptone (biuret) et des albuminoses ^).

In diesen wenigen Zeilen der Kritik Hankins und Wesbrook mufs ich drei grofse Ungenauigkeiten hervorheben.

Die erste besteht darin, dafs die beiden Autoren eine meiner alten, oben angeführten Methoden, die sie ein wenig umgeändert haben, als ihre eigene beschriebene haben.

Der Unterschied aber zwischen dieser Methode und jener der von mir gewöhnlich angewandten festen Gelatineröhrchen, be- steht nur darin, dafs man nach einer dieser Methoden das Euzyme enthaltende Material auf irgend einen gewissen Punkt der Oberfläche einer Gelatineplatte bringt, während man nach der anderen das Material in Kontakt mit einer durch das Röhrchen selbst gut begrenzten Gelatineoberfläche bringt. Die Röhrchenmethode bietet den grotsen Vorteil, die Tätigkeit der Enzyme zu messen und in Millimetern der gelösten Gelatine aus- zudrücken; sie eignet sich auch zu quantitativen und Vergleichs- forschuugen. Die Plattenmethode, dank ihrer ausgedehnten Oberfläche, hat nur den Vorteil, auf ein und derselben Platte der qualitativen Forschung auf gelatinolytische Enzyme eines reich- licheren und verschiedentlicheren Studienmaterials vornehmen zu können.

Die zweite wirklich unbegreifliche Ungenauigkeit besteht darin, dafs Hankin und Wesbrook behaupten, meine Forschungs methode basiere auf dem Fibrin I Sie beweisen hiermit deutlich, nicht eine einzige meiner Arbeiten über diese Frage gelesen, ja

1) Annales Pastenr. Vol. VI, p. 636, 1892.

168 Studio rit iJer prourolrtiacbec and «eiannolTtijwhen EosTme-

nicht einioal aus den Zeitscbrifteu vemommmen zu haben, dnis meine Forschungsmethode in Ijezug auf die gelaänoh-tischra Enzvme sich auf die Gelatine und nicht auf das Fibrin basiert.

Die dritte und gröbste Ungenauigkeit besteht endlich darin, dafs sie behaupten, ich habe dem Bacillus anthraeia ein pro- teolytisches Enzym abgesprochen, gerade infolge der Benntrong von Fibrin.

Nun genügt es aber, auch nur einen oberflftchUchen Blick auf meine erste Arbeit zu werfen (Seite 3 I. Versuch, Seite 4 IL Versuch. Seite 5 II. und IV. Versuch, Seite 7 VIL und VIIL Versuch, Seite 11 XII. Versuch, Seite 12X111. Versuch, Seite 14 XV. Versuch), um wiederholt den Beweis der Existenz der proteolytischen Enz^^me des Bacillus Anthracis zu finden.

Das Sonderbarste jedoch ist, dafs das Enzym des Bacillus anthracis an der Spitze der verschiedenen Tabellen erscheint.

Ohne hier diese Tabellen wieder anzuführen, weise ich auf meine Arbeit: »Die leim- und fibrinlösenden etc. *) Fermente der Mikroben« Seite 4, 5. 7, 11, 12, 13 sowie auf den Anfang dieser Veröffentlichung hin, wo jene Forschungen zum Teile wieder- gegeben sind. Ich beschränke mich hier auf die Wiedergabe einer Stelle jener Arbeit, die auf Seite 13 zu finden ist:

> Alles zusammenfassend ist mittels der angestellten For- schungen ein die Gelatine verflüssigendes Ferment für folgende Mikroorganismen bewiesen und notiert worden :

1. Bac. anthracis, 7. B. pyocyaneus,

2. Vibrio Koch, 8. V. Milleri, y. Vibrio F. Prior, 9. V. Deneke,

4. Bact. prodigiosus, 10. B. subtilis,

5. Bact. ascoformis, 11. Megaterium,

6. bac. ramosus, 12. Trichophyton tonsurans.« Man sieht also hier, dafs ein proteolytisches Enzyme des

Bacillus anthracis nicht nur wiederholt nachgewiesen wurde, sondern dafs es auch der Gegenstand ganz besonderer For- schungen war, und dafs er immer den ersten Platz in den Ver- suchen gehabt hat.

>; Archiv f. Ilyg. Hd. X, 1890.

Von Prof. Claudio Fenni. 169

Ich richtete in dieser Hinsicht einige Zeilen an Duclaux, der, obwohl ungern, sich der Sache annahm und mir einige Zeit darauf mitteilte, dafs er den Auszug der von Haukin und Wes- brook diesbezüglichen Berichtigung veröffentlicht habe.

In der Tat erschien folgende Berichtigung in den Annales de rinstitut Pasteur vol. IV. S. 853. Rectification. Nous recevons de M. Hankin une lettre, disant que c'est par erreur que, dans la memoire de M. Hankin et Wesbrook ins^rä a page 633 de ce Volume, M. Fermi est cit^ comme ayant döniö au bacille du carbon, la facultfe de s^cr^tes une diastase pro- täolytique. M. Fermi a dömontr^ le contraire dans TArchiv für Hygiene XX.

Diese Berichtigung braucht keine Erläuterung 1

IV. Methode der Fixierung und Extraiction der proteolytischen

Enzyme mittels Fibrin.

Die Tatsache, dafs es Stoffe gibt, welche die Eigenschaft

besitzen, die Enzyme zu fixieren, brachte mich auf den Ge- danken, eine andere Versuchsmethode zu finden.

Zu diesem Zwecke untersuchte ich aufser dem Fibrin, dessen 1^'ixierungskraft schon bekannt war, in bezug auf das Trypsin, auch andere Stoffe wie z. B. Serum, Eiweifs, Kasein etc.

Tersueli I.

leb V)ereitete nach und nach stets verdflnntere Trypsinlösungen bis 1 : 200 000, versuchte dann die Tätigkeit mittels fester Grelatineplatten. Die Gelatine wurde zu 5^/^ alkalisch (l^o kohlensaures Natron) wie neutral angewandt.

Zu diesem Zwecke bereitete ich zwei alkalische Gelatineplatten und zwei neutrale, sowie eine Anzahl runder Scheiben Filtrierpapiers yon 4 mm Durchmesser und kleine Fibrinstückchen von ungefähr derselben Gröfse.

Mit einer feinen Pinzette nahm ich nun eines dieser Papierschei beben und ein Stückchen Fibrin und brachte sie leicht mit der Oberfläche einer der TrypsinKVsungen in Berührung. Ich begann mit am meisten konzen- trierten Jjösungen; hierauf legte ich das getränkte Papier auf die Gelatine- ])latte. So fuhr ich nach und nach fort mit anderen TrypsinlOsungen, bis zu den verdünn testen.

Die gleiche Operation wurde mit der neutralen Gelatineplatte wieder- holt. Die mit Trypsin getränkten Papier- und Fibrinstücke worden in die Mitte von 1 qcm grofser Quadrate, in welche die Platten vorher eingeteilt worden waren, um die Papierscheiben in gleiche Entfernungen voneinander zu bringen, niedergelegt. Die Platten wurden unter Tyndallschen Glocken aufbewahrt.

170 Studium der proteolytischen und gelatinolytischen Enzyme.

Nach 4 Tagen erhielt ich folgendes Resultat:

Fibrin |

1 Pap»«'

Trypsin- lösung

Fibrin \

.2 -^

Papier

1

1

alisch. latine

utrale |

1

latine

alisch. latine

utrale latine

alisch. latine

1 Trypsin- 1 löaung

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: 19182 21000

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1 :12in

0

0

0

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1

1

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0

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. 67 667

+

0

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1:13 500

0

0

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101000

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0

0 ,'

1:14 333

0

0

1

201000

+

1 0

0 1

1 : 15 286

il

1

Ich wiederholte den Versuch iu bezug auf die Fixierkraft verschiedener anderer Stoffe wie: Serum, geronnenes Biweils, Kasein, Holzstoffe, Kohlen usw. und erlangte folgende Resultate.

Aus diesen Versuchen ergibt sich:

1. Dals mittels dieser Methode bis zu 1:12111 ein sicherer Nachweis zu führen ist.

2. Dafs die Alkaligelatine unvergleichlich emp- findlicher ist als die neutrale, so dafs mit dieser nicht einmal mit Sicherheit die Lösung von 1:1000 nach- zuweisen war.

3. Dafs das Fibrin die Kraft besitzt, eine gröfsere- Menge Trypsin zu fixieren und der Gelatine zu über- lassen, als das Filtrierpapier, so dafs ich mit dem Fibrintrypsin bis zu einer Lösung von 1:21000 bis 29571 wahrnehmen konnte. Papierscheiben von 4 nam Durchmesserund 1mm Stärke von Holz verschiedener Pflanzen, Kork, Kohle, Serum, geronnenem Eiweifs, Kasein standen dem Fibrin nach.

4. Dafs meine andere, ältere Methode mit festen Gelatineröhrchen bei der Untersuchung der proteo-

Von Prof. Claudio Fermi.

171

lytischen Enzyme ohne weiters einfacher, empfind- licher und sicherer als diese ist.

Nachdem ich einmal festgestellt hatte, dafs unter den von mir untersuchten Substanzen das Fibrin sich am besten zur Fixierung und Extraktion des Trypsins eignete, wollte ich sehen,, wie weit ich die Empfindlichkeit dieser Methode treiben konnte.

Tersuch II.

In 20 Proavetten, die 20 verschiedene Merk Trypsinlösungen enthielten (von 1 : 20000 bis 1 : 200000), legte ich zehn Fibrinstttckchen von der Gröfse eines Getreidekornes und brachte dann die Prouvetten in den Ofen auf 20^.

Unterdessen bereitete ich die Petrischen Schalen, die eine feste Gelatine- schicht zu 3 5% und Natron zu 2'/^ enthielten, auf einem Papierstreifen von gleicher Gröfse als die Schale, bezeichnete ich die 20 Trypsinlösungen^ Ic lebte sie dann mit der Seite, welche die Aufschrift trug, auf die äulsere Oberfläche des Bodens der Schale, so daTs die Aufzeichnung durch die Gelatineschicht hindurch sichtbar war.

Nachdem dies geschehen war, zog ich nach 24 Stunden aus jeder dieser Prouvetten zwei Stückchen Fibrin und legte sie auf die Schale mit der Gelatine zu 5%, eines neben das andere, der diesbezüglichen Aufzeichnung nach geordnet.

Ich wiederholte dasselbe Verfahren, indem ich 40 andere Fibrinstück- chen auf die andere Schale zerstreute, welche die Gelatine zu 3% enthielt^ und brachte dann die beiden Kapseln in den Ofen auf 20 ^

Um auch den Einflufs der Kontaktdauer zwischen Fibrin und Trypsin zu studieren, wiederholte ich den Versuch, indem ich die gewöhnlichen Fibrinstückchen herauszog und zerstreute, nachdem sie länger als 5 Tag» (im ganzen 6 Tage) in der Trypsinlösung zugebracht hatten.

Beim Untersuchen der Kapseln eines joden ersten und vierten Tages erlangte ich folgendes Resultat:

Dauer der Immersion

1

1 Tag 1 6 Tage

Trypsinlösung |

Gelatine 3% li Gelatine 5% | Gelatii

Platten beobachtet

le 3 7o ! Gelatii

le 6 o/o

nach

1 1

2T^.

4 T^. , 2 Tk.

4 Tjjr. !! 2 Tg. 4 Tg. i 2 Tg. ; 4 Tg.

1 : 201 000

00

00 1

1 00 00

+ +' 00

+ 4-

101000

00

00

00 00

+ +l| 00

+ +

67 667

00

00 1

00 00

+ +;! 00

+ +

51000 1

00

00 !

1

00 00 ++ ++ 00

+ +

41000

1

00

00 '

00 ' 00 , ++ 4"+ i 00 + +

34 333

00

0 0

00

00 + +

+ + 00

+ +

172 .Stadiom der proteolTÜ?<€hen ond gelaünolTtiecbeii Enzyme.

Daaer der Immersion

1 '

rag

6 Tage

Tryi»fliDl<Vsang

Gelati 1

De 30/,

Gelatine 5*/^

Geistii

ae ZV.

Gelatine 5 .

Platten beobachtet nach

2Tir.

4Tir.

2Tir.

4 T«.

2Te.

ATft.

2 Tur.

4Tit.

1 29571

00

00

00

00

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00

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00

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00

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21000

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1

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+ -!-

-I- +

Resultat. Diese Tabelle zeigt:

1. Dafs bei längerer Immersion des Fibrins als nur zwei Tage und beim Gebrauch einer 3proz. Gela> tine (Soda 2%) man das Trypsin bis zu 1:23000 nach- weisen konnte.

2. Bei Verlängerung der Immersion auf 6 Tage, und bei Verwendung 3proz. Gelatine konnte man deutlich das Trypsin bis zur Verdünnung von 1: 67000 ungefähr nachweisen, und nach 4 Tagen auch jene zu 1 : 200000.

Die Gelatine zu 5% war nach 2 Tagen nur in der Lösung von ungefähr 1:23000 aufgelöst, aber nach 4 Tagen wurde sie vollständig aufgelöst. Man kann daher den Schlufs ziehen, dafs beim Verlängern der Immersion des Fibrins in der Trypsinlösung während 6 Tage, und bei sorgfältiger Untersuchung der bei 20® aufbewahrten Kapseln nach 6 8 Tagen man das Trypsin bis 1 : 200000 nachweisen kann.

Von Prof. Claudio Fermi. 173

V. Methode der flüssigen Gelatineröhrchen.^)

Diese Methode, obwohl sie, wie wir sehen werden, jener der festen Gelatineröhrchen bei weitem nachsteht, kann jedoch dazu dienen, nicht nur die blofse Anwesenheit eines Enzymes nach- i^uweisen, sondern auch für quantitative Untersuchung oder wenigstens für Vergleichsuntersuchungen, die geeignet sind, die verschiedentliche gelatinolytische Energie der verschiedenen En- zyme, der verschiedenen Lösungen der Enzyme selbst festzu- stellen usw.

Eine wirkliche und eigene quantitative Bestimmung ist, wie ich bereits in einer andern Arbeit schrieb und wie wir weiter unten sehen werden, noch nicht möglich.

Die Methode der flüssigen Gelatine kann in drei Verfahren geteilt werden. Die Methode ist weniger sicher als jene der Röhrchen, die Resultate sind oft kontradiktorisch, was eine Wiederholung der Versuche benötigt.

Das erste Verfahren besteht darin, das Quantitätsminimum des Enzyms festzustellen, welches eine gegebene Menge Gelatine in einer gegebenen Zeit und bei einer gegebenen Temperatur unerstarrbar machen kann.

1) Schon 1890, also vor fast 15 Jahren, veröffentlichte ich eine solche Methode der flüssigen Gelatine. Da nun aber Malfitano La Proteolyse chez rAspergillns niger. Ann. Pastear XIV 60 1900 unter der Leitung D u c 1 a u X ' diese Methode als seine eigene veröffentlichte, ohne sie auch nur zu erwähnen, was jedem zustofsen kann, und der den Irrtum nicht einsehen wollte, was auch sehr häufig geschehen kann, so sehe ich mich gezwungen, hier folgende Stelle meiner früheren Arbeit: >I fermenti peptici e diastatici dei microorganismi S. 20c anzuführen :

> Versuch XXUI. Wirkung des Enzyms des V. Finkler-Prior, des Trypsin und des Papains auf die Gelatine. Die Wirkung des V. Finkler- Prior, des Trypsin and des Papains, bei einer Temperatur von 50^ C, wurde auch auf Gelatine versucht. Ich nahm zwei Thymolgelatine - Röhrchen, gofs in ein jedes 1 ccm Kultur des Priorseben Vibrions, in zwei andere 1 ccm einer Trypsinlösung 1 : 500 und in noch zwei andere dieselbe Menge einer Papain- ]ö8ung. Zwei Gelatineröhrchen mit Thymollösung ohne Enzym dienten zum Vergleiche. Hierauf brachte ich die acht Röhrchen in den Ofen auf 50^0 und nach Verlauf von 24 Stunden liefs ich sie abkühlen. Die Gelatine,, welche sich in den Röhrchen mit Enzym befand, blieb flüssig, die der beiden anderen, ohne Enzym, erstarrte.

174 Stadium der proteolytischen und gelatinolytischen Enzyme.

Beschreibung. In 6 mm weite Röhrchen mit Gelatine zu 2 3 5°/o giefst man verschiedene, regelmäfsig zunehmende Mengen der Enzymlösung. Die Proben wurden auf 30^ gebracht; nach einem oder auch nach 15 oder 30 Tagen, je Dachdem, nimmt man die Röhrchen aus dem Ofen und läTst sie 24 Stun- den lang bei 10® C. Der feste oder flüssige Zustand der Gela- tine in den verschiedenen Röhrchen läfst die kleinste Dosis des Enzyms erkennen, die noch fähig ist, der Gelatine die Erstarrungs- fähigkeit zu nehmen.

Tersueli I.

In Röhrchen, welche Vs ^^^ Gelatine su 2^/o, mit Soda zu 2®/^ ent- hielten , gofs ich 0,05—0,3 ccm Trypsin Grübler zu 1 : 800 000 , 1 : 900 000 bis 1:1000000 und so fort bis 1:1400 000. Die Proben warden in den Ofen gebracht and nach 3 Tagen, nachdem die Röhrchen zur AbkQhlang gebracht wurden (24 Stunden lang bei 10 <^), erhielt ich folgendes Resultat:

Menge der Trypsin- i,

Trypsinlösnngen

lösung ii 1 : 800 000

0,05

0,1

0,15

0,2

0,25

0,8

, I'

0 0 0

+

0 0

I

-r

1 : 900 000

0 0 0 0

I

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+

+ + +

0 0 0 0 0 0

+

+

+ + +

0 0 0 0 0 0

1:1000000

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+

+ 0 0 0

+

+ + -f

1 : 1 100 000

1 : 1 200 000

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-4- 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0 0 0

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-f

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+

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0 0 0

1 : 1 800 000

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+ 4-

- -4--

I

+ + +

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

1 : 1 400 000

0 0 0

+

+

0 0 0 0 0 0

ü

0 0 0

4-

4-

Diese Tabelle zeigt:

1. Dafs man auch mit dieser Methode der flüssigen Gelati neröhrchen Verdünnungen bis 1 : 1 400000 nach- weisen kann, dafs aber die Methode bedeutend weniger sicher ist als die der Röhrchen mit fester Gelatine.

Von Prof. Claudio Fermi.

175

Tenaeb n.

In Röhrchen, welche 1 ccm flüssige Gelatine su 3% und Natriam zu l*^/o enthielten, wurden verschiedene Quantitäten einer frischen, mit 57oo Karbolsäure bereiteten Trypsinlösung (Grübler) von 1 . 1 000000 bis 1 : 1 600000 gegossen. Die Proben wurden dann in eine Temperatur von 30® gebracht.

Nach 48 Stunden wurden die Proben aus den Ofen genommen und in ein Wasserbad von 10° getaucht.

Nach 15 Stunden wurde folgendes Resultat erzielt:

Trypsinlösune

r

; 0,1 <

^- - - , .

ccm 0,2 ccm 0,3 ccm

0,4 ccm

0,5 ccm

(Grübler)

1

1

1 !■

2 i 1 i 2 1

2

1

i

2

1 2

1 Probe

1

Probe

I»robe

Probe , Probe

Probe

Probe

Probe

ITobe

Probe

1 : 1000 000

' 0

0

+ + ;^ +

+

+

+

+

+

1 : 1200 000

' 0

0 ; 0 0 1 +

+

+

+

+

+

1:1400 000

: 0

0 +

+ ' + : +

+ + 1

+

+

1 : 1600000

0

0 +

+ + +

' + +

+

+

Kon troll probe :

1 i

: 1

Karbolsäure-

1

lösung 1%,

: 1 1

ohne Trjrpsin

0

1

« 1

0

0 : 0

1

0

1 +

+

i +

+

Resultat: 1. Der Zusatz von 0,4 und 0,5 ccm einer einfachen Karbolsäurelösung zu 1% verhinderte der allzugrofsen Verdünnung halber die Erstarrung der Gelatine.

2. Infolge dieser Tatsache lassen wir natürlich die mit 0,4 und 0,5 ccm der verschiedenen Trypsin- lösungen erhaltenen Resultate, wo der Verlust der Erstarrungskraft der Gelatine der aufs erordentlichen Verdünnung derselben zuzuschreiben ist.

Infolgedessen kommen wir in diesem Falle zu demSchlufs, dafs die Methode der flüssigen Gelatine die Empfindlichkeit von 1.1400000, sowie auch die von 1:1600000 erreichte.

3. Nachdem sämtliche Röhrchen sogleich wieder in den Ofen bei 30® gebracht worden waren, fand man sie alle nach 9 Tagen verflüssigt, mit Ausnahme der Kon- trollröhrchen, welche 0,1 ccm Karbolsäure enthielten.

In diesem Falle ist der Verlust der Erstarrungs- kraft der Gelatine der verlängerten Temperatureinwir- kung zuzuschreiben.

176 Stadium der proteolytischen und gelatinolytiBchen Enzyme.

Wenn man also mit schwachen Gelatinelösungen von 1 3% experimentiert, kann der Verlust der Er- starrungskraft einfach von der verlängerten Temperatur- einwirkung herrühren.

Es ist demnach ratsam, die Proben nicht länger als 24—48 Stunden in einer Temperatur von 30® zu halten, die Kontrollproben nicht zu vergessen und stets zwei- oder dreimal soviel Proben zu machen, ohne mit der Zahl der Röhrchen zu sparen.

Übelstände:

1. Ist es notwendig, oft eine überaus grofse Anzahl von Röhrchen zur Verfügung zu haben. Da es sich in der Tat darum handelt, die aktive minimale Quantität vieler Enzyme gleichzeitig festzustellen (wie dies häufig geschieht, indem man die Wirkung zahlreicher physisch-chemischer Faktoren auf die- selben studiert), würden mehrere Hunderte von Röhrchen, d. h. eine weit gröfsere Zahl als jene, welche meine feste Gelatine- Röhrchen-Methode erfordert, notwendig sein.

2. Anstatt die Resultate innerhalb 3 6 Tagen zu erlangen, wie dies mit dieser Methode der Fall ist, müfste man oft wochen- lang warten, denn kleine Mengen oder sehr schwache Enzyme erfordern diese Zeit.

3. Anderseits verlieren die wochenlang bei 30® erhaltenen Enzyme ihre Kraft. Hingegen kann weder die Menge noch die Konzentration über eine gewisse Grenze hinaus vermindert wer- den, weil sie nicht mehr erstarrt.

4. Die Methode ist weniger sicher als jene der festen Gela- tineröhrchen, die Resultate widersprechen sich oft, was die Wieder- holung der verschiedenen Versuche bedingt.

n. Verfahren. Man stellt fest, wieviel Gelatine von einer gegebenen Menge Enzyme in einer bestimmten Zeit und bei einer bestimmten Temperatur unerstiirrbar machen können.

Beschreibung. In ROhrchen von verschiedenen, stets zunehmenden Mengen Gelatine von 1 20 ccm giefst man 0,1 1 ccm Enzynilösung und bringt sie in den Ofen. Nach

Von Prof. Claudio Permi. 177

einer gewissen Zeit (5 10 30 Tage) werden sie 24 Stunden lang in 10 11® warmes Wasser gebracht und dann entnimmt man die Resultate.

Übelstände: Es sind dies dieselben wie bei der vorigen Methode, a) allzulange Dauer des Versuchs, b) Schwächung der Enzyme, c) Notw^endigkeit zahlreicher Röhrchen.

III. Verfahren. Dasselbe besteht im Feststellen der zum Verlust der Erstarrungskraft einer gegebenen Menge Gelatine durch eine bestimmte Menge Enzym notwendigen Zeit.

Beschreibung. In Röhrchen, die 1 ccm Gelatine zu 2 3 5% enthielten, giefst man 0,1 0,5 der enzymhaltigeu Flüssigkeit und bringt sie in eine Temperatur von 30®.

Jede halbe Stunde werden sie aus dem Ofen genommen, und in Wasser zu 10® getaucht. Erstarrt die Gelatine, so wird das Röhrchen wieder in den Ofen und dann wieder nach einer halben Stunde in Wasser zu 10® gebracht. So fährt man fort, bis die Gelatine die Eigenschaft, zu erstarren, ver- loren hat. (*)

Tersnch.

In Röhrchen, die Vi ccm neutrale Gelatine zu 30 ^/q flüssig enthielten, gofs ich verschiedene Quantitäten Merksches Trypsin 1 : 5000, schüttelte sie gleichmäfsig , indem ich ganz genau 10 mal die Röhrchen umstürzte und brachte sie sodann in den Thermostaten zu 30*^. Anfangs beobachtete ich alle 5 Stunden, dann alle 24 Stunden, ob die Gelatine ihre Erstarrungskraft verloren oder behalten hat, indem ich die ROhrchen 5 24 Stunden lang in 10^ warmes Wasser tauchte. Der Aufenthalt der Röhrchen im Wasser zu 10° nur während 74 öder Vi Stunde, wie dies Duclauz tat, führt leicht zu irrtümlichen Resultaten, denn oft erstarrt die Gelatine nur nach 5—10, ja selbst 24 Stunden. Dies, wiederhole ich, ist ein grofser Übelstand dieser Methode. Die erhaltenen Resultate sind :

Trypsin 1 : 5000 Verflüssigung ccm in Tagen

0,05 0 mm

0,1 0 .

0,15 0 .

0,2 0 .

0.25 20 »

1) Beim Gebrauch gewöhnlicher Prouvetten wird die Gelatinemenge auf 5 10 ccm gebracht und auch dementsprechend die Menge der Enzym- lösung.

Archiv für Hygiene. Bd. LV. 12

Trypsin 1 : ccm

5000

Verflüssigung in Tagen

0,3

mm

0,35

16 >

0,4

20 >

0,45

28 «^

0,5

28 >

178 Studium der proteolytinchen und jjelatiuolytischen Enzyme.

Aus dieser Tafel geht hervor:

1. Dafs selbst nach 28 Tagen 0,2 ccm Trypsin nicht fähig waren, ^/accm Gelatine zu 30% die Erstarrungs- fähigkeit zu rauben.

2. Dafs hingegen 0,25 zu 0,15 ccm in 20 28 Tagen aufgelöst haben.

Aufserdem ist es nicht leicht zu erklären, wie Quantitäten Trypsin von 0,25 0,4, schneller ver- fltissigt haben, als gröfsere Quantitäten (0,41 0,5)- Diese Unregelmäfsigkeit bildet natürlich einen grofsen Mangel dieser Methode.

Ohne die anderen Versuche mit lOproz. Gelatine anzuführen, teile ich sogleich die Resultate mit.

1. Alkalische Gelatine zu 10%, 0,05 1 ccm, wird in 24 Stunden durch 0,05 ccm Merksches Trypsin 1 :5000 aufgelöst.

2. Gelatine zu 10%, sowohl neutrale als alkalisclie, 0,05 1 ccm, wird durch 0,05 ccm Merksches Trypsin l°/oo aufgelöst in 10—21 Tagen.

3. lOproz. Sodagelatine wird durch 0,05 ccm einer 36 Tage vorher zubereiteten Trypsinlösung in 7 Tagen bis 0,7 ccm und in 19 Tagen bis 1 ccm aufgelöst.

4. 1 ccm neutraler Gelatine zu 10% wird in 3 5 Tagen durch 0,1 ccm Merksches Trypsin 1% aufgelöst.

5. 1 ccm neutraler Gelatine zu 10% wird unter 0,7 (0,1—0,7) durch eine Lösung Grübler-Trypsin 1 : 200000 in 22 Tagen aufgelöst, über 0,5 (0,5 1 ccm) hingegen in 24 Stunden.

6. 1 ccm Gelatine 5%, Natron 2% wird in 4 Tagen durch 1 ccm Merksches Trypsin 1 : 200000 und in der selben Zeit durch % ccm einer Lösung zu 1:100000 aufgelöst.

7. 0,1 Merksches Trypsin zu 1:200000 löst 1 ccm neutraler Gelatine zu 5% in 11 Tagen auf, während es durch dieselbe Quantität (0,1) einer Trypsinlösung zu 1:400000 nicht aufgelöst wird.

Von Prof. Claudio Fermi. 179

8. % ccm Gelatine zu 3%, Natron 2%, wird durch über 0,3 einer Merkschen Trypsinlösung zu 1:400000 in 3 Tagen aufgelöst und von 0,1 0,6 in ungefähr 10 Tagen.

Die gleiche Quantität Gelatine zu 2% wird hin- gegen durch 0,5 1 ccm auch in 3 Tagen aufgelöst.

Das dritte Verfahren, das das schlechteste von allen drei ist, wurde von Malfitano unter Duclaux Leitung angewandt.

Malfitano verfährt folgenderweise:

1. Er mischt 10 ccm Kultur mit 5 ccm Gelatine zu 20% (I) welche 2% kristaUisiertes Thymol enthält.

2. Schmilzt bei niedriger Temperatur, schüttelt und bewahrt die Proben bei 35®. Nach 10 20 Stunden bringt er sie zur Erstarrung bei 15® während 15 30' und so wiederholt er den Versuch von Zeit zu Zeit bis die Gelatine beständig flüssig bleibt.

Der Grund, aus welchem ich besonders das dritte Verfahren aufgab, war:

1. Wollte man mit einer gewissen Genauigkeit den Augen- blick angeben, in welchem die Gelatine die Erstarrungsfähigkeit verliert, so müfste man die Proben aus dem Ofen herausnehmen und sie bei 10® 15® abkühlen lassen.

Hierzu wäre es unumgänglich notwendig, stets einen Thermo- staten von 35® und ein Bad zu 10 11® bereit zu haben, was natürlich nicht zugunsten einer gröfseren Einfachheit dieser Methode spricht, wie Malfitano es möchte.

2. Der Experimentierende würde sich grofsen Opfern unter- ziehen müssen, um die Röhrchen, Tag und Nacht, wenigstens jede Stunde aus dem Ofen ins Bad zu bringen. Abgesehen von der schwierigen Arbeit, die auch die Anzahl der Versuche ver- mindert, begreift man leicht, wie man vergessen kann, die Proben zur richtigen Zeit zu behandeln und wie man sich somit grofsen Irrtümern aussetzt.

3. Nun verliert aber die Gelatine bei dem verschiedenen

Wechseln immer etwas von der Erstarrungsfähigkeit, was auch

folgender Versuch beweist:

12

180 Studium der proteolytischen und gelatinolytischen Enzyme.

Verminderung der Erstamingsfähigkeit der Gelatine infolgre wiederholten Überganges aus dem festen in den flüssigen ZustajiGL

Prouvetten, von gleichem Durchmesser (10,5 mm) welche Gelatine zu 10% mit Karbolsäure zu 0,5% enthalten, werden nach und nach, in eine Temperatur von 37® und 15° gebracht, um abwechselnd die Gelatine zum Erstarren oder zum Verflüs- sigen zu bringen, und dies 50mal, nämlich 10 mal im Tage. Eine gewisse Anzahl Prouvetten, welche dieselbe Gelatine ent- halten, werden indessen mittels Stöpsel mit luftdichtem Verschlufs gegen das Auftrocknen geschützt.

Nachher gofs ich 1 2 ccm von einer Trypsinlösung zu 1 \ sowohl in die Prouvetten, welche die 50 mal flüssig gewordene Gelatine enthielt, als in jene, die zur Kontrolle dienten.

Nach je dreitägigem Messen der aufgelösten Gelatineschicht erhielt ich folgendes Resultat.

I Nach 3 Tairen I 1 ccm ! o _ -„

Nach ß Tagen

1 ccm

2 ccm

Nach 9 Tagen

il ccm

2 ccm

Mehreremal (50) verflOßHigte Gelatine :

1. Probe

2. Probe

Kontrolle :

1. Probe

2. Probe

f)

9

6

, 10

15

17

5

9

«

10

15

17

3

7,25 1

4

8

12

13

3

8 i

4

8

12

13

Resultat: Aus diesem Versuche ersieht man. dafs die wiederholt verflüssigte Gelatine viel leichter ver- flüssigungsfähig ist als die Kontrollproben, so dafs nach drei Tagen das Verhältnis gleich 5 zu 3 ist.

Nach einer gewissen Zeit, wenn das Enzym nicht mehr auf die Gelatine wirkt und wenn diese zum grofsen Teile die Erstarrungskraft verloren hat, geschieht es, dafs dieselbe bei 15® nicht mehr in wenigen Minuten erstarrt, wie Malfitano es möchte, sondern erst nach 10 24 Stunden. Dies zeigt sich besonders, wenn es sich um wenig tätige Enzyme handelt, oder wenn kleine Quantitäten derselben im Verhältnis zur Gelatine angewandt wurden, wie dies meistens geschieht.

Von Prof. Claudio Fermi. 181

In diesen Fällen kommt es dann vor, wie man leicht be- greift, dafs, wenn zur Erstarrung der Gelatine 10 24 Stunden notwendig sind, die genaue Berechnung der Stunden, in welchen -die Fluidifikation stattgefunden hat, unmöglich ist.

Duclaux und Malfitano mufsten nicht weniger als 24 36 Tage auf die Resultate ihrer Forschungen warten. Und diese Autoren betrachteten als besonderen Vorzug dieser Methode (so <lars sie dieselbe jener der feste Gelatine-Röhrchen-Methode vor- zogen) die SchnelUgkeit, mit welcher man die Resultate erlangt I

Ich hingegen kann in wenigen Stunden, höchstens in 2 3 Tagen das Resultat erkennen, und jedermann kann wahr- nehmen, auch beim blofsen Durchlesen meiner Arbeiten, dafs die Aktivität des Enzjrms monatelang fortdauert.

Die Autoren wollen einen grofsen Übelstand in meiner festen Gelatinmethode gefunden haben, weil man mit derselben die Proben bei Zimmertemperatur halten mufs, die aber unbe- ständig ist.

Hätten sie meine Arbeiten etwas aufmerksamer durchgelesen, «0 würden sie sich diesen Irrtum erspart haben, denn ich schrieb, dafs wenn man lange und delikate Versuche anstellen will, man die Proben in einem Thermostaten von 20 22° aufbewahren mufs. Aufserdem wiederhole ich noch, dafs das Aufbewahren der Proben bei 35 ^ besonders bei der von den Verfassern erfundenen Methode gefährlich ist, da hierdurch die Enzyme geschwächt werden.

Ich komme daher zu dem Schlüsse, dafs meiner Ansicht nach die Verfasser keine neue Methode erfunden haben, sondern dafs sie nur die Geschicklichkeit gehabt haben, die schlechteste meiner drei Methoden, die ich bereits verworfen hatte, zu re- habilitieren.

In dieser Hinsicht auch, obwohl etwas geheim und anstatt Duclaux zu erinnern, dafs das Bekritteln der Arbeiten anderer, ohne sie mit der nötigen Aufmerksamkeit gelesen zu haben, nicht ratsam ist, begnügte ich mich, ihm nur eine Stelle meiner Arbeit zu übersenden und ihm in höflichster Weise mitzuteilen, dafs ich schon vor vielen Jahren auch die Methode der flüssigen Gelatine beschrieben habe, und dafs ich eine Berichtigung wünsche.

182 Studium der proteolytiechen und gelatinolytischen EniL^me.

Das Verlangen einer zweiten Berichtigung scheint den geist- reichen Kritiker gelangweilt zu haben, denn anstatt direkt zu antworten, wie er es früher getan, benutzte er sein Traktat und vielleicht auch seinen Namen, um seine irrtümliche Kritik wieder aufzunehmen, indem er in reichlicher und traurigster Weise die grölste Ignoranz in bezug auf die angegriffene Arbeit und eine Heftigkeit dem Verfasser gegenüber bewies.

In diesem Traktat drückt Duclaux sich folgendermafsen aus:

iComme M. Fermi a constamment tabld sur leur identitä, comme il a en outre souvent nägligd de faire ses essais en double (sie), Tun sur le lic^uide diastasifere, Tautre sur le meme liquide bouilli, de fa9on a voir si l'action observee etait ou non une action diastasique, il est difficile de faire, dans la science une place a ses resultats!

Wirklich halte ich es für überflüssig zu beweisen, dafs so- wohl die erste wie auch die zweite dieser Behauptungen voll- ständig falsch sind, und dafs auf den lächerlichen Schlufs, in welchem Duclaux in zu kindischer Weise die Repressalien durchschauen läfst, verschiedene Verfasser, die über die Fermente geschrieben, schon geantwortet haben.

In bezug auf die beiden Vorwürfe, die Duclaux mir macht, erwidere ich nur, dafs es falsch ist, dafs ich die Identität der ge- latinolytischen Enzyme mit dem Trypsin beständig behauptet habe, denn absichtlich habe ich mich nie mit dieser Frage beschäftigt, ebenso falsch ist es, wenn er sagt, ich habe die Kontrollproben vernachlässigt, denn wenn irgend etwas in meinen Forschungen in die Augen springt, so glaube ich, sind es gerade die Kontroll- versuche, auf die ich stets und ich glaube, fast pedantisch ge- sehen habe. Es genügt, nur einen Blick auf meine erste Arbeit über die Fermente (die peptischen und diastatischen Fermente der Mikroorganismen Giornale della R. A. di med. di Torino 1890. Heft 1 2) zu werfen, um die Behauptung Duclaux be- urteilen zu können.

Schon auf den ersten Seiten wird man in der Tat finden, dafs ich nicht nur das Kochen angewandt habe, wie Duclaux mir anratet, um die Keime zu entfernen und so das Vorhanden-

Von Prof. Claudio Fermi. 183

sein der Enzyme zu beweisen , sondern dafs ich auch zu ver- schiedenen anderen Mitteln meine Zuflucht genommen habe, was übrigens aus den blofsen Titeln der verschiedenen Versuche hervorgeht, wie z. B.

a) Versuch 1 (Seite 3) Vernichtung der direkten Tätigkeit der Mikroben mittels Sublimat.

b) Versuch 2. (Seite 4) Vernichtung der direkten Tätigkeit der Bakterien mittels Karbol und Salicylsäure.

c) Versuch 3 (Seite 5) Vernichtung der direkten Tätigkeit der Mikroben mittels Chlorwasserstoff säure.

d) Versuch 7 (Seite 7) Vernichtung der Tätigkeit der Bak- terien mittels fraktionierter Sterilisierung.

e) Versuch 15 (Seite 14) Wirkung verschiedener Tempe- raturen auf die Fermente (50—60—70—1400).

Hätte Duclaux noch darauf geachtet, dafs die von mir angewandte Gelatine antiseptisch war durch Hinzufügung von Karbolsäure, Thymol etc., so würde er einen besseren Punkt ge- wählt haben, mich anzugreifen.

VI. Die Alkalialbuminate als neue Reagentlen der proteolytischen

Enzyme.

Es war von grofser Wichtigkeit, ein der höchsten Serie dieser Substanzen angehörendes Albuminoid zu finden, welches erstarrt und, der Wirkung des zu studierenden Enzyms unterworfen, uns erlauben würde, die Proben in einer Temperatur über 30® zu bewahren.

Um zu diesem Ziele zu gelangen, hätte ich natürlich ein flüssiges und erstarrungsfähiges Albuminoid, wie z. B. das Blut- serum oder das Eiereiweifs wählen müssen ; diese beiden Substan- zen liefern, wie sie sind, kein empfindliches Reagens um das Vorhandensein sehr schwacher, proteolytischer Enzyme, wie man sie sowohl im Pflanzen- wie im Tierreiche sehr verbreitet findet, zu beweisen. Das von mir, glaube ich, zum ersten Male in der Röhrchenmethode angewandte erstarrte Blutserum bildet trotz seiner Fähigkeit, durch verschiedene mikrobische Enzyme ver- flüssigt zu werden, immerhin ein Reagens, das viel weniger

184 Studium der proteolytischen und gelatinoly tischen Enzyme.

empfindlich ist (über 1000 Mal) als die Gelatine; ohne von dem geronnenen Eiereiweifs zu sprechen, welches, wie man weifs und wie auch ich wiederholt bewiesen habe, wenn es als Pepsinreagens (Methode Mette) und als Trypsinreagens dienen kann, vorausgesetzt, dafs es sehr tätig ist, gar nicht oder un- genügend auf die Tätigkeit der zahlreichen Serie der oben erwähnten schwachen Enzyme einwirkt.

Ich kam daher auf den Gedanken, einige Abänderungen vor- zunehmen, besonders in bezug auf das Eiereiweifs, Abänderungen, welche dem mir vorgesteckten Ziele entsprechen würden. Auf diese Weise kam ich auf die alkalischen Albuminate und ver- sucht mit Anunoniak, kohlensaurem Natron und mit Atzkali. Die in dieser Hinsicht angestellten Versuche waren sehr ver- schiedenartig und zalilreich, wie man aus dem nachstehenden Überblick wahrnehmen kann.

1. Versuche mit Eiereiweifs, welches mit Ammoniak, kohlen- saurem Natron und Kali behandelt war.

2. Versuche mit Blutserum vom Ochsen und vom Schweine.

3. Versuche in bezug auf den Einflufs, der auf das Alkali- albuminat ausgeübt wird, wenn es eine gewisse Zeit (24 Stunden lang) in einer Temperatur von 30® bleibt, bevor es zur Gerinnung gebracht wird.

4. Versuche, um die passende Temperatur und die Dauer derselben zu bestimmen, um die beste Erstarrung zu erlangen.

5. Versuche, die geeignet sind, den Einflufs festzustellen, welchen das Schütteln oder Nichtschütteln des Eiweifses und die Mischungen des Eiweifs oder des Serums mit den Alkalien auf die Erstarrung der Albumine ausübt.

Anstatt die Resultate eines jeden Versuches zu wiederholen, führen wir dieselben zusammen am Schlüsse dieses Kapitels.

Versuche mit Eiereiweifs. y ersuch 1.

Gut geschlagenes und dekantiertes Eiereiweifs, welchem 0,5 7o Karbol- päure zugefügt wurde, verteilte ich in Prouvetten von einem Kaliber von 10,5 mm in der Menge von 5 ccm pro Stück.

Hierauf fügte ich in vier dieser Prouvetten, welche das Eiweifs ent- liielten, 1-2- -3 4 ccm Ammoniak, bei anderen vier die gleichen Proper-

Von Prof. Claudio Fermi.

185

tionen einer kohlensauren Natronlösung zu 207,, wfthrend ich vier anderen 0,5—1 1,5 2 ccm einer Lösung Ätzkali zu 10 Vo beifügte.

Die zwölf Prouvetten wurden dann mit vier KontroUprouvetten, welche anstatt des Alkali nur 1 2 3 4 ccm Wasser enthielten, 30 Minuten lang in ein Wasserbad zu 70*^ gebracht.

Ammoniak konz.

Kohlensaures Natron 20"/«

Ätzkali 10%

1 ccm

2 ccm

3 ccm

4 ccm

1 ccm

2 ccm

3 ccm

4 ccm

0,5 ccm

1 ccm

1.6 ccm

2 com

iUeht und durch- sichtig

dicht und durch- sichtig

weich und durch- sichtig

flüssig und durch- sichtig

dicht und un- durch- sichtig

dicht und un- durch- sichtig

dicht und durch- sichtig

1

dicht 1

und durch- 1 sichtig 1

!

1 dicht 1 und 1 durch- ' sichtig

dicht und durch- sichtig

1

•s

Bmpfindlichikeit der erlangten Eäereiweifs-Albuminate dem

Trypsin gegenüber.

Jetzt blieb uns noch übrig, zu versuchen, ob wir mit den erhaltenen Albuminateu ein Reagens zur Verfügung hatten, welches für die Forschungen in bezug auf die proteolytischen Enzyme geeignet wäre. In einem ersten Experimente versuchte ich demnach mit einer Trypsinlösung zu 5®/qq. Am 25. Mai gofs ich in die Prouvetten, welche die festen und durchsichtigen Albuminate erhielten, 1 ccm einer Trypsinlösung zu 5®/ooi brachte sie dann jn einen Ofen zu 30® und mafs von Zeit zu Zeit die Schicht des aufgelösten Albuminats.

Das Resultat war:

Zahl der

Ammoniak

1 Kohlensaures Natron 20%

1 Ätzkali 10 7o

Tage

1 ccm

2 ccm

1 1 ccm

2 ccm

3 ccm 4 ccm

1

0,5 ccm

1 ccm

2

4 mm 15 mm

4 mm

5 mm

7 mm

r

6,5 mm 6 mm

5 mm

3

6,5 > 1 18 » i

' 1

8 >

11 >

10 >

11 > 8,5 »

8 >

5

,10 > 1 24 » 1

11 > 9 >

11 >

13 >

17 >

30 >

6

12,5 >

29 >

16 > 13 >

15 »

13,5 >

22 >

11

17 >

32 >

1

24 >

18 >

20 >

30 >

1

30 >

Versuche mit Blutserum.

Versuch 1.

Blutserum mit 5—10 15— 20— 25°/o Ammoniak wurde in Röhrchen verteilt. Diese wurden, nachdem sie 24 Stunden lang bei 35° gehalten waren, 30 Minuten lang in ein Wasserbad zu 70*^ gebracht Hierauf wurde die Emp- findlichkeit probiert, indem man 1 ccm Merksches Trypsin 1 ^/^ in dieselben gofs; dann wurden sie in den Ofen auf 35° gebracht.

186 Studium der proteolytiEchen und gelatiDolytischen Enzyme.

Beim Messen der allmählich aufgelösten Gelatineschicht ergab sich folgendes Resultat:

Am-

Verflüssigte

Schicht

in

moniak

8 Tajren

lOTaeen

12Ta8:en

34 Tatzen

1

mm

mm

mm

1 mm

oVo '

7

7

1

10 >

vu

9

iiV,

: 18

15 >

11

13

15

24

20 .

22

26

30

41

25 »

0

0

0

i 0

Tersneh 2.

Nach Wiederholung des Versuchs ergah sich folgendes Resultat .

Ammoniak

3

' 15"

18

19

20

22

1

30

84

,1

mm

Dim

mm

mm

mm

mm i

nun

nun

5 % '

0

0

0

0 '

0

0

0

0

10 >

5

13V.

15

17

9

11

26

--

15 .

3'/,

~'

13

18

2i}

20

3

8

9

10

12

17

21

-

25 .

6

23

25

27

30

31»,

37

43

Yersaeh 3.

I)er8en)e Versuch wurde wiederholt, indem ich anstatt des Ammoniaks Ätzkali zu 0,5 1,5% anwendete.

Folgende Tabelle gibt die Resultate :

mm

0,5 7o

4

1 >

3

1,5 >

2 .

2,5 >

mm I mm 12 ' 17

10

15» 'j

mm

mm

22

24

'^

11

18»,

20

mm 27

mm ' mm mm mm 30 32 34»/,. 37

00

24

26

28»/, 30

Ycrsneh 4.

Das folgende Experiment beweist, dafs, wie ich bereits in bezug auf das Fibrin ») bewiesen habe, sich das Blutserum des Ochsen und jenes des Schweines beständig sehr verschiedentlich verhalten, so dafs beide von- einander unterschieden werden können. Auf gewöhnliche Weise zubereitete Mischungen von Ochsenserum und Ammoniak in bekannter Proportion wurden in Mengen von 1 ccm in Röhrchen gegossen. Dieselben wurden

1) Claudio Fermi , Die Auflösung des Fibrins durch Salze etc. Zeitschr. f. Biol., Vol. XXVIIT.

Von Prof. Claudio Fermi.

187

dann zur VerdicbtUDg gebracht und ich gofs 1 ccm Merksches Trypsin 1 : lOOO darauf. Nach 12 Tagen wurde die flQssige Schicht gemessen. Als Resultat ergab sich:

1

1

1

1 Ochsenserum

Schweineserum

Eiereiweifs

Ammoniak i

Er-

Verflüs-

Er- ! Verflüs-

Er

Verflüs-

starroDg

sigung

starrung | sigung

starrung

sigung

5Vo

+

1

!

+ i 5 1

+

0

10 >

+ 9 ;

+ ' 11 :

1 +

0

15 >

+ : 14

0

0

1 +

2

20 . '

+ ' 26 '

0

0

+

6

25 >

+

26

0

0

+

0

Tersnch 5.

Ochsenblutserum wurde mit einer Lösung Karbolsäure (0,5%) im Ver- hältnis SU 20 40% verdünnt und mit der optima Dosis von Ammoniak, dieses zu 4Vu> alkalisiert und in Röhrchen verteilt. Diese, 30 Minuten lang auf 70° erwärmt, erstarrten ganz und gar nicht.

Empfindlichkeit des alkalisohen Oohseir- und SohweineblutBerums.

Nach diesen Versuchen war es von Interesse, die ver- schiedene Empfindlichkeit dieser drei AlkaUalbuminate den En- zymen gegenüber festzustellen.

Zu diesem Zwecke gofs ich 1 ccm von einer Lösung Trypsin (Merk) in verschiedene Konzentrationen in Röhrchen, die 1 ccm der drei erstarrten Alkalialbumine enthielten. Die erhaltenen Resultate folgen in nachstehender Tabelle:

Albuminate

Verflüssigung durch Trypsin

^

1 : 1000 1 : 3000 1 : 5000 1 : 6000 1 : 7000

Blutserum v. Ochsenblut-f- Ammoniak 20%

Blutserum V. Schweineblut -f- Ammoniak 6°/o Eiereiweifs 20%

+ + +

+

+ 0

+ 0

+ 0 0

0 0

0 0 0

BiDfluTs der Aufbewahrung der Alkalialbumine 24 Stunden lang bei 30 0 Wärme, bevor es zur Koagulation gebracht wird.

Um diese Frage zu lösen, machte ich die beiden folgenden

Versuche.

y ersuch 1.

Ich bereitete eine Mischung von Serum und Ammoniak, sowie eine von Serum und Ätzkali in den schon versuchten Proportionen und verteilte

188 Studium der proteolytischen and gelatinolytischen Ensyme.

«ie zu je 1 ccm in ROhrchen. Einen Teil derselben brachte ich sofoct zur Erstarrung in einem Wasserbade von 70^, 30 Minaten lang, den anderen Teil erst, nachdem sie 24 Standen lang in einem Ofen bei 80* gewesen waren.

Hierauf gofs ich 1 ccm Trypsin Merk zu 1 7oo ^^ ^^® erstarrten Rohrchen. Nach 7 Tagen ergab sich folgendes Resultat:

Am-

Geronnen nach i 24 Standen

i

!

' Sogleich

geronnen

moniak

1

1

1 Erstarrung

VerflüSHig. '

1

Erstarrung

1

VerflüMig.

||

mm

mm

5V.

; +

7

+

25

10 .

+

7,6

0

15 >

. +

11

0

20 »

1. _^ 1, "^

22

0

25 >

1 +

26

0

Yersaeh 2.

Das Experiment wurde wiederholt wie oben, indem anstatt des Am- moniaks Kalilauge angewendet wurde.

Das nach 4 Tagen erlangte Resultat war:

Kalilauge

Zur Erstarrung nach ! Zur Erstarrung 24 Std. gebracht sofort gebracht

Erstarrung

Verflüssig. Krstarrung , Verflüssig.

0,5 «/o !

1 »

1,5 ^ ' 2 . 2,5 >

+ +

+ 0

0

4 3 5

+ unregel-

miTHig

+

unregel- mftrsig

0

ü

0

4

unregel- mäfliig

Betreff der Alkalialbuminate erhaltene Ergebnisse.

Eiereiweifs: 1. Die Ammoniakalbumiuate zu 20 uud 40% NH'* zeigten sich sehr durchsichtig und fest, so dafs sie vollständig dem Zwecke entsprechen, während die zu 60% stets zu weich blieben und für uns unbrauchbar waren, obwohl sie immer ein durchsichtiges, bern- steinfarbiges Albuminat bildeten.

Von Prof. Claudio Fermi. 189

2. Kohlensaures Natron 20®/o. Die Versuche mit 1 2 ccm Soda 20% zu 5 com Eiereiweils gaben stets ein festes aber undurchsichtiges Albuminat. Hingegen entsprachen besser die mit 3 und 4 ccm. Diese gaben ein festes und durchsichtiges Albuminat, welches aber stets dem mittels Ammoniak und Kalilauge erzielten nachstand.

3. Atzkali. Ein gutes, festes und durchsichtiges,, schön bernsteinfarbiges Albuminat erzielten wir mit 0,5 1 ccm Kalilauge zu 6 ccm Eiereiweils, während jenea mit 1,5 zu weich und jenes mit 2 ccm fast flüssig war.

Die besten Resultate in bezug auf die physischen Merkmale, d. h. der Durchsichtigkeit und der Festig- keit erhielten wir mit 1 2 ccm Ammoniak resp. 20 bia 40% und mit der Kalilauge von 0,5 1%.

Starr, aber weniger durchsichtig war hingegen das Albuminat, welches wir mittels kohlensauren Natrons erlangten.

4. Diebesten Resultate, nicht nur in Hinsicht auf die Empfindlichkeit des Reagens, d. h. die Schnellig- keit, mit welcher es durch das Trypsin aufgelöst wird> sondern auch in bezug auf die fortschreitende Regel- mäfsigkeit der Auflösungsschicht erzielten wir mit dem Ammoniak. Dieses im Verhältnis von 40% (2 ccm auf 5 Eiweifs) hat an Schnelligkeit im Auflösen anfang& dreimal und dann zweimal jenes mit 20% Ammoniak (1 ccm auf 5 Eiweifs) übertroffen.

5. In Hinsicht auf die Regelmäfsigkeit derFluidi- fikation haben die erwähnten Ammoniakalbuminate die durch kohlensaures Natron und Atzkali erhaltenen übertroffen; in den mit kohlensaurem Natron bemerkte man nach 10 11 Tagen eine sehr unregelmäfsige Ver- flüssigung und zwar in allen Proben, und das Kalialbumi- nat (0,5 ccm auf 5 Eiweifs) gerann sonderbarerweise am 11. Tage und das, zu 1 ccm auf 5 Eiweifs, hatte sich schon nach 3 Tagen ganz aufgelöst.

190 Studiam der proteolytischen und gelatinolytischen Enzyme.

6. Was die Schnelligkeit der Verflüssigung der Albu- minate mit kohlensaurem Natron betrifft, so fand man weder einen bedeutenden noch beständigen Unterschied, mochte dasselbe in Proportionen von 1 oder 2, 3, 4 ccm «iner 20proz. Lösung auf 5 ccm Eiweifs zubereitet werden.

7. Dasselbe zeigte sich bei den zwei Albuminateu mit Atzkali (0,5 1 ccm einer lOproz. Lösung auf 5 ccm Eiweifs) in den ersten zwei Tagen wenigstens, denn am 3. Tage war das Albuminat von 1 ccm auf 5 ccm, wie schon gesagt, gänzlich aufgelöst.

8. Demnach wäre das empfindbarste Albuminat, d. h. das, welches am schnellsten zur Verflüssigung ge- bracht werden kann, jenes, welches mit 20proz. Am- moniak zubereitet wird.

BlutBeruxn. 1. Der Zusatz des Ammoniak zum Serum, im Verhältnis von 5%, vermehrt um etwas die Empfind- lichkeit dem Trypsin gegenüber.

2. Das Maximum der Empfindlichkeit erzielt man mit 25%, doch kommt es bisweilen vor, dafs das Serum nicht erstarrt, oder nur ungenügend und uuregelmäfsig.

3. Der Prozentsatz des Ammoniak, der das Serum empfindlich macht, indem es demselben zu einer durch- sichtigen Gelatine zu erstarren erlaubt, ist jener von

15—20%.

4. Auch der Verlauf der Verflüssigung vollzieht sich ziemlich regelmäfsig, einen Monat hindurch. Die Kali- lauge gibt wie das Ammoniak eine feste und durch- sichtige Gelatine, die dem Trypsin gegenüber bedeutend empfindlicher ist als das natürliche Serum, aber nur im Verhältnis von 0,5 1,5%, d. h. in [einem zehnmal geringeren Verhältnis als das Ammoniak.

5. Das Schweineblutserum verliert die Erstarrunga- fähigkeit mit einer 4— 5mal geringeren Menge Ammoniak» als jene ist, die noch die Erstarrung des Ochsenserum

Von Prof. Claudio Fermi. 191

erlaubt. Aufserdem erstarrt es aus noch unbekannter Ursache bisweilen nur mit einem Ammoniakgehalt zu 10 und auch zu lb%, doch seltener, zu 20 26% aber nie.

6. Anderseits ist das Schweineserum mit 5% Am- moniakgehalt, d. h. mit jener Menge, die ihm noch er- laubt zu erstarren, weniger empfindlich als das Ochsen- serum, welches dieselbe Menge Ammoniak enthält.

Das Albumin, welches dieselbe Menge Ammoniak als das Ochsenserum enthält, erstarrt vollständig wie dieses, doch ist es dem Trypsin gegenüber weniger empfindlich.

7. Das Ochsenserum mit 20®/o Ammoniak, der Dosis optima entsprechend, ist stets empfindlich einerTrypsin- (Merk)lösung 1:3000 gegenüber.

Bald positive, bald negative Resultate gab eine gröfsere Verdünnung des Trypsins von 1:5000 und 1:6000, während man fast beständig negative Resultate mit einer gröfseren Verdünnung des Trypsins erhielt.

8. Das Schweineblutserum, welches b% Ammoniak enthielt, die einzige Dosis, die manchmal ein positives Resultat erzielte, gab meistens negative Resultate. Mit gröfseren Trypsinverdünnungen waren die Resultate beständig negative.

9. Das Eiweifs gab stets negative Resultate, selbst mit einer Trypsinlösung von 1:3000.

10. Die drei nicht alkalisierten Albuminate, auch von l^/oo, gaben beständig negative Resultate.

Das Ammoniakserum erstarrt und verflüssigt sich viel schneller und regelmäfsiger, wenn die Mischung vor dem Gerinnen 24 Stunden lang in einem Ofen bei 30^ bleibt.

11. Das Schütteln oder Nichtschütteln des Eiweifses vor dem Hinzufügen des Alkali ist fast ohne Bedeutung, da man ebenfalls ohne Schütteln ein festes und durch- sichtiges Albuminat erhält.

192 Studium der proteolytischen und gelatinoly tischen Knsyme.

12. Von grofser Wichtigkeit hingegen ist das gute Schütteln der Mischung. Denn während man beim tüch- tigen Schütteln ein gleichmäfsig festes und durchsich- tiges Albuminat erhält, so ist das, welches nicht ge- schüttelt wird, unregelmäfsig fest oder sogarganz flüssig, wenn man nur einmal die Prouvette umkehrt.

13. Läfst man die Mischu^g 30' lang bei 70^ so erhält man ein gutes Albuminat, hingegen ist dies nicht der Fall, wenn sie nur 15' in derselben Temperatur bleibt.

Diese Albuminate können sowohl bei den Röhrchen- wie auch bei den Schalenmethoden angewandt werden. In letzterem Fall giefst man eine Schicht von 1 ccm flüssigen Albuminates in eine Schale, bringt dieselbe in eine Temperatur von 70®, zu welchem Zwecke man den Kochschen Apparat zur Erstarrung des Blutserums an- wendet, welcher genau wagrecht gesetzt wird. Sodann sät man auf die Oberfläche des erstarrten Albuminates die Materialstückchen, in denen man das Enzym sucht und zwar in geordneter Weise und den gleichmäfsig nebeneinander auf den Boden der Schalen geklebten Angaben entsprechend.

Vn. Die Empfindlichkeit der Gelatine, des Fibrins, des einfachen^

verdünnten und anunoniakalischen Blutserums, des Kaseins und

des Eiweifses in vergleichender Weise studiert.

Um die Empfindlichkeit der Gelatine hervorzuheben und dieselbe besser beurteilen zu können, wollte ich sie mit dem Fibrin, dem Blutserum, dem Eiweifs und dem Kasein vergleichen.

Ich stellte daher folgende Versuche an:

A. Empfindlichkeit des Fibrins.

Yersneh !•

Ich lasse hier die Tabelle folgen, welche die Resultate eines meiner vor vielen Jahren angestellten Versuche wiederbringt.

Von Prof. Olaadio Fenni.

193

;' Schicht der Trypsinlösuns |i aufgelösten

II Gelatine

Fibrin Vi g pro Probe

1000 1

2000

4000

8000

16000

32000

6 mm

6 >

4,5»

4,5»

4 >

4

3

3

2

2

0,5

0,6

gänzlich aufgelöst gänzlich aafgelOst gänzlich aofgelOst gänzlich aafgelOat gänzlich aufgelöst unvollständig aufgelöst

nicht aufgelöst unvollständig aufgelöst nicht aufgelöst nicht aufgelöst nicht aufgelöst nicht aufgelöst

Resultat: Die Gelatine war also in diesem Falle acht- mal empfindlicher als das Fibrin.

Yersneh 2.

In Prouvetten, welche 5 ccm Merksches Trypsin in verschiedenen Ver- dünnungen (1:100 000,50 000,33 000,25 000,20000, 16000, 14000, 12 000, 11000, 10000) enthielten, wurden frische Fibrinflöckchen von Ochsenbint gelegt. Diese Prouvetten wurden dann in einem Ofen bei 30^ aufbewahrt. Nach 6 Tagen war das Fibrin noch unverändert.

Ich wiederholte dasselbe Experiment mit Ochsenfibriu, welches in Glyzerin aufbewahrt war (und was fast immer empfind- licher ist) und erhielt dasselbe Resultat.

Dieses Experiment wiederholte ich, indem ich Fibrin vom Schweine anwandte, das, wie aus meinen anderen Versuchen hervorgeht, bedeutend empfindlicher ist als jenes des Ochsen, und auch als jenes des Pferdes und des Schafes, doch blieb das Resultat das gleiche. Das Trypsin 1:1000 hält sich un- versehrt auch 6 Tage lang.

Yersneh 8.

Ich wiederholte denselben Versuch mit einer Trypsinlöeung von 1 : 10000 bis 1 : 5000 und erlangte nach 8 Tagen ein gänzlich positives Resultat.

Wir kommen daher zu dem Schlüsse, dafs sowohl das Ochsenfibrin, wie jenes vom Schweine in der Lösung von circa 1:8000 dem Trypsin gegenüber am empfindlichsten ist.

Archiv fftr Hygiene. Bd. LV. 13

194 Stadinm der proteolytischen und gelatinolytischen Enzyme.

Auch wenn die Empfindlichkeit des Fibrins in Gregenwart von noch energischeren Trypsinpräparaten die oben angegebene Grenze übersteigen und dieses Enzym auch bei 1:15000, einer Grenze der Empfindlichkeit; die ich nie erreicht habe, noch zu entdecken wäre, so würde die Empfindlichkeit doch immer 70 mal geringer sein als die der Gelatine zu 2 3**/o, Natron zu 1 2®/q, da diese, wie wir bewiesen haben, bis zu einer Lösung von 1 : 1 400 000 empfindlich ist.

Auch die folgenden Betrachtungen sprechen gegen das Fibrin und zugunsten der Gelatine.

2. Um die Anwesenheit eines proteolytischen Enzyms mittels Fibrin nachzuweisen, sind wenigstens 10 20 ccm Flüssigkeit zu den Untersuchungen erforderlich, während hingegen 1 ccm, ja sogar auch ^/2 ccm mit der Gelatine hinreicht.

2. Mit der Gelatine kann man ganz genau die Wirkung des Enzyms beobachten und messen.

3. Selbst bei langer, monatelang andauernder Wirkung der Enzyme auf die Gelatine kann man den Verlauf beobachten. Dieses ist nicht möglich bei dem Fibrin, die Fermente bei 30^ bis 40" verlieren schnell ihre Kraft und haben auf dasselbe keine Wirkung mehr.

4. Mit der Gelatine kann man viel leichter die aktiven, physisch-chemischen Agentien auf die Enzyme studieren als mit dem Fibrin. Dies ist mit dem Fibrin nicht möglich, da diese Substanzen einerseits das Fibrin zusammenziehen und es weniger löslich machen, anderseits die Enzyme so schwächen, dafs sie nicht mehr auf das Fibrin wirken.

Mit der Gelatine genügt zum Unterschiede von dem, was mit dem Fibrin geschieht, das einlache Kriterium der Verflüs- sigung, da Spuren von Verflüssigung hinreichend sind, mit Ge- wifsheit die Anwesenheit eines Enzyms nachzuweisen.

5. Anderseits können die Gelatineröhrchen tage-, ja sogar monatelang mit allerlei organischen Flüssigkeiten wie Urin, Milch, bakterische Massen usw., welche Antiseptica enthalten und auf 100** erwärmt sind, erhalten werden, ohne dafs nur eine Spur von Verflüssigung wahrzunehmen sei.

Von ftrof. Claudio Fenni. 195

Das Fibrin hingegen löst sich auch mit verschiedentlicher Schnelligkeit auf, je nach der Gattung des Tieres dem es an- gehört, und zwar in sauren Flüssigkeiten wie auch in alkalischen und neutralen. Deutschmann (^) fand, dafs das Atzkali, 5^/oodas Fibrin der Ratte in 30', das des Meerschweinchens, des Huhnes, des Lammes, der Ente, der Gans, der Taube in 45 60' auflöst, während jenes des Hundes, der Katze, des Schweines, des Ochsen, des Menschen, mehrere Stunden erfordert.

Green^) konstatiert, dafs das Fibrin des Schafes sich im Natriumchlorid zu 10% auflöst.

Gautier^) und Hammarsten^) weisen die Lösbarkeit des Fibrins in den Salzen nach.

Auch ich^) fand beim Studium der Solubiütät des Fibrins in den Säuren, dafs das Fibrin vom Schweine sich in HCl 5<*/oo, in wenigen Stunden auflöst. Weniger auflösbar ist das vom Schafe und vom Pferde, noch weniger aber das vom Ochsen.

Auch diese Unterschiede der Solubiütät des Fibrins, welche nicht nur von Tier zu Tier verschieden sind, sondern sogar wechseln, je nachdem sie vom Arterienblute oder vom Venen- blute, von dem oberen Teile oder von dem unteren des Gerinnsels herstammen, sprechen nicht zugunsten der Sicherheit dieses Reagens im Forschen nach den proteolytischen Enzymen.

B. Empfindlichkeit des Blutserums.

Ich untersuchte die Sensibilität des Blutserums, vom Ochsen und vom Schweine. Zu diesem Zwecke verteilte ich das Serum in Mengen von je 1 ccm pro Röhrchen und brachte es zur Er- starrung ^/2 Stunde lang in ein Wasserbad von 70®. Nachdem die obere Grenze des Serums angezeichnet war, gofs ich 1 ccm

1) Beiträge zar Kenntnis des Blatfaseratoffes.

2) Natriamchlorid bei der Lösnng von Fibrin. Jahresber. d. Tierchemie, XVm, 76, 1888.

3) LöslicheB Albumin durch die Spaltung des Fibrins. Compt. rend., 27. Juni 1874.

4) Faserstoffgerinnung. Jahresber. d. Tierchemie, 25, 1875.

5) Zeitschr. f. Biologie, XXVIQ. Die Auflösung des Fibrins durch Salze und verdünnte Säuren.

13*

196 Studiam der proteolytischen und gelatinolytischen Ensyme.

Trypsin in der Verdünnung von 1 : 1000—2000—3000 4000—5000 in die Röhrchen; nach 10 Tagen wurde die aufgelöste Serumschicht gemessen und man fand nur Spuren einer Verflüssigung in den Röhrchen mit Trypsin von 1:1000 und zwar ^/g mm und 1 mm.

C. Empfindlichkeit des verdünnten Blutserums.

Da man, um die Empfindlichkeit der Gelatine zu steigern, dieselbe in verschiedenen Konzentrationen (8 5 10%) zubereiten kann, wollte ich sehen, ob es mögUch wäre, die Empfindbarkeit des Serums und des Eiweifses zu vermehren, durch verschieden- gradige Verdünnungen, ohne dafs sie ihre Erstarrungskraft ein- hülsten.

Yersneh 1.

Ich bereitete verschiedene VerdQnnungen von Serum und Eiweifs in Proavetten, verteilte sie in Röhrchen and brachte diese sodann zur Er- starrung 30 Minuten lang in ein Wasserbad von 70* Hierauf gofs ich in die geronnenen Röhrchen 1 ccm Trypsin Merk zu 1 °/oe tind liefs sie 14 Tage lang bei 30* stehen. Das Resultat war:

VerdQnnungen

Er- starrung

Verflassi- gung

Serum 4 ccm -\- Karbol säurelösg. 1 ccm

> 3 > -f- * 1 >

> 2 » + » 1 >

> 1 > + » 1 >

1 » 4- » 1 >

+ + + + +

0 0 0 0 0

Das bis zum Zweifachen seines Volumens verdünnte Serum gerann noch, nahm aber nicht sichtlich an Empfindlichkeit zu.

Yersneh 2.

Ich wiederholte dasselbe Experiment, indem ich das Serum mit Glyserin in den gleichen Proportionen anstatt mit Karbolsäurelösung verdQnnte und erhielt das folgende Resultat:

Resultat: Keines der Röhrchen gerann nachdem sie in das Wasserbad gebracht worden waren. Das Gly- zerin ist also nicht geeignet zu diesem Zwecke.

Von Prof. Cliudio Permi. 197

D. Empfindlichkeit des Eiweifses.

Da das geronnene Eiweifs bedeutend empfindlicher ist dem Trypsin als dem Fibrin gegenüber, so verglich ich mit bedeutend konzentrierteren Trypsinlösungen und zwar zu 1:5000 1:4000 1 : 3000—1 : 2000—1 : 1000.

In diesem Zwecke legte ich in eine jede dieser Prouvetten, welche 5 ccm benannter Lösung enthielten , einen Würfel von geronnenem Eiweifs, der 5 mm pro Seite mafs, sowie ein vier- eckiges Stück, dessen Seiten 5 mm und die Höhe nur 1 mm mafsen und brachte die Proben in eine Temperatur von 30 ^ Selbst nach 15 Tagen erzielte ich ein fast vollständig negatives oder unregelmäfsiges Resultat, denn während in fast allen Proben die Würfel sich vollständig unversehrt erhalten hatten, war das dünnere Stück aufgelöst, doch konnte man dem keinen Wert zuschreiben, da die Auflösung in unregelmäfsiger Weise vor sich ging ohne zu einem Schlufs zu führen ; so hatte man z. B. eine Auflösung bei 1:2000, während sie ausblieb bei 1:1000 und 1:600.

Man kann deswegen hieraus schlielsen, dafs das Eiweifs, auch angenommen, dafs es dem Trypsin gegenüber in der Lösung von 1:500 empfindlich sei, ungefähr 2800mal schwächer wirkt als die Gelatine, deren Empfindlichkeit, wie wir gesehen haben, bis auf 1:1400000 kommen kann.

E. Empfindlichkeit des Kaseins.

Ich vollzog dieses Experiment in derselben Weise wie die vorigen, indem ich die Eiweifswürfel und Stückchen durch Würfel und Parallelepipedons von Schweizerkäse ersetzte, der infolge früher von mir vorgenommener Versuche sich als für ähnliche Versuche als am geeignetesten gezeigt hatte, da er sich am leichtesten zerschneiden läfst und sich nicht in einer unwirksamen Flüssigkeit (Wasser) auflöst, wie das bei dem Fontinakäse ge- schieht, während er dem Trypsin und dem Pepsin gegenüber einer der empfindlichsten ist.

198 Stadinm der proteoljrtischen and gelatinolytischen Enzyme

Resultat: Die Prouvetten wurden alle 5 Tage unter- sucht, und ich konnte feststellen, wie dies auch beim Eiweifs der Fall war, dafs die Auflösung einiger der dünneren Stücke unvollständig vor sich ging bei einer Lösung von 1:5000 bis 1:2000, dafs die Auflösung nur vollständig wurde in jener von 1 : 1000.

Demnach ist hieraus zu schliefsen, dafs die Empfind- lichkeit des versuchten Kaseins ungefähr 1400 mal ge- ringer ist als jene der Gelatine.

Ich wiederholte den Versuch mit Ricotta (Molkenkäse), und sah, dafs dieser bedeutend empfindlicher ist als der Schweizer- käse, und zwar so, dafs er sich auch in einer Trypsinlösunp von ungefähr 1 : 5000 auflöst. Demnach wäre die Ricotta 280 mal weniger empfindlich als Gelatine.

F. Empfindlichkeit der Muskeln.

Ich wiederholte den Versuch mit Muskelstückchen von gleicher Gröfse als jene, die ich für das Eiweifs anwandte. Noch nach 4 Tagen waren die Muskelstückchen unversehrt; die Empfindlichkeit der Muskeln dem versuchten Trypsin gegenüber ist also geringer bei 1 : 1000.

G. Emi)findlichkeit der Mischung verschiedener

Albuminate.

Ebenfalls wollte ich sehen, ob beim Mischen verschiedener Albuminate, z. B. Serum mit Eiweifsserum -)- Gelatine zu 20%, in verschiedenen Proportionen, sich die Erstarrungsfähigkeit dieser Mischungen bei der Hitze erhalte und ob ihre Empfindlichkeit den proteolytischen Enzymen (Trypsin) gegenüber zu- oder ab- nehme.

Yersneh 1.

Ich mischte verschiedene Proportionen der drei oben genannten Eiweils- stoffe in Pronvetten, verteilte die Mischung in Röhrchen in Mengen von je 1 com, unterHachte dann die Erstarrang in der Wärme und ihre Empfindlich- keit den Enzymen gegenüber, indem ich in die Röhrchen, in denen die Erstarrung stattgefunden hatte, 1 com Trypsin Merk zu 1 ^/^ tat und brachte sie in eine Temperatur von 30^.

!\

Von Prof. Claudio Fermi.

Nach 4 Tagen erhielt ich folgendes Resnltat :

199

Er-

Verflüssi-

starrang

gung

EiweiÜB p. 1 ccm -f- Semm p. 4 ccm

+

0

y >l>-j- > >3>

+

0

y , 1 , -|_ > > 2 >

+

0

> »1>-|- > >1>

+

Versneh 2.

Der Versach wurde wiederholt, indem ich Serum mit Oelatine mischte ; das Resultat war:

Er-

Verflüssi-

starrung

gung

Serum 4 ccm -{~ Gelatine 0,5 ccm

+

0

> 3 > + > 0,5 »

+

0

> 2 > + > 0,5 >

+

0

> 1 > + > 0,5 .

+

0

Resultat: Diese beiden Experimente zeigen, dals die Mischungen von Serum und Eiweils (auch von 1:4), von Serum und Gelatine (1 : 1^/2) noch regelmäfsig er- starrten, aber dafs die Empfindlichkeit den Enzymen gegenüber nicht zunimmt.

Vergleichende Tabelle der Empfindlichkeit der verschiedenen Beagentien älterer und neuerer Methoden den proteolytisohen

Enz3nnen gegenüber.

Die folgende Tabelle gibt die ungefähre Maximalgrenze der Emp- ßndhchkeit der verschiedenen Methoden und Verfahren bei den Untersuchungen des Trypsins an.

Reagentien

Empfindlichkeit

Superioritftt der Gelatine von

1. Gelatine 2— 3Vo, Natron 2%:

a) Röhrchenmethode

b) Methode der flüssigen Gelatine . .

c) Methode der Extraktion mittels Fibrin

2. Ochsenfibrin

1 : 1 400 000 1:1000000 1:200000

1:8000

120 mal

200 Stndium der proteolytischen und gelatinolytischen Enzyme.

Saperiorität der Gelatine von

Reagentien " Empfindlichkeit

3. Ochsenserum mit Ammoniak .... 1 : 5000

4. EiweiTs mit Ammoniak 1 : 800

f). Kasein 1:1000—5000

6. Ochsenserum (einfach) 1 : 1000

7. Ochsenseram verdünnt 1 : 1000

8. Serumgelatine 1 : 1000

9. Kaninchenmußkel 1 : 1000

10. Eiweifs 1 : 500

11. Mischung von Serum und Eiweifs . . 1 : 500—800 2800— 1750 mal

280 mal 1750 y 1400—280 mal 1400 mal 1400 > 1400 > 1400 » 2800 >

Zusammenfassung.

1. Mit der Methode der festen Gelatineröhrchen kann die Empfindlichkeit der Gelatine bis 1:1400000 gelangen, mit jener der flüssigen Gelatineröhrchen bis 1:1000000, während sie mittels der Extraktionsmethode, mittels Fibrin und mittels der Gelatineplattenmethode ein Maximum von 1:200000 erreichen kann.

2. Die Empfindlichkeit der so zubereiteten Gelatine übertrifft 120mal jene des Ochsenfibrins, 280mal jene des Ochsenserums mit Ammoniak (NH» 20o/o); 280— 1400mal jene des Kaseins (je nach der Sorte) 1400mal das Ochsen- serum und die Muskeln (von Kaninchen) und endlich 2800mal das geronnene Eiweifs.^)

3. Das Fibrin übertrifft ungefähr 2mal das Blutserum des Ochsen, mit Ammoniak (NH^ 20%); 2 14 mal das Kasein, (je nach der Sorte); 14mal die Muskeln von Kaninchen und 24 mal das Eiweifs.

4. Das versuchte Kasein (je nach der Sorte) erwies sich als 1 7 mal geringer als das Ammoniakserum, und gleich bzw. 4 mal besser als das einfache oder verdünnte Ochsenblutserum, die Serumgelatine und die Muskeln und 1 9 mal besser als das einfache Eiweifs.

1) Das geronnene EiereiweiXs (Me tische Methode) ist daher mm Nach- weis des Trypsins nicht zu empfehlen.

Von Prof. Claudio Fermi. 201

5. Das Ochsenserum mit Ammoniak zeigte sich 7 mal besser als das einfache oder verdünnte Ochsenserum, die Serumgelatine und die Kaninchenmuskeln, und ungefähr 15mal besser als das Eiweifs, einfach oder mit Blutserum vermischt.

6. Die Verdünnungdes Serums oder des Eiweifses ver- mehrt die Empfindbarkeit den Enzymen gegenüber nicht, wie dies hingegen bei der Gelatine sich zeigt.

VIII. Über die Möglichkeit der quantitativen Bestimmung der

proteolytischen Enzyme.

Da die Gelatine ein so empfindliches und sicheres Reagens ist, um die Anwesenheit eines Enzyms zu beweisen, könnte man glauben, dafs sie auch zu einer quantitativen Bestimmung dienen könnte. Doch ist dies, wie wir sehen werden, nicht der Fall. Eine wirkliche quantitative Bestimmung ist gegenwärtig noch unmöglich.

Das einzige, was man erreichen könnte, wäre eine quanti- tative Bestimmung der gelatinolytischen Wirkung einer enzym- haltigen Flüssigkeit im Verhältnis zu jener eines bekannten Enzymes, wie z. B. eines bestimmten Trypsinpräparates.

Solange wir nicht imstande sind, die Schwächung zu kennen, welcher die Enzyme ausgesetzt sind, können wir von keiner Methode in bezug auf die quantitative Bestimmung der- selben reden.

An welche Methode könnten wir in der Tat denken, um quantitativ ein proteolytisches Enzym nachzuweisen?

Es würden deren nur zwei sein : die erste wäre, das Ferment aus der Flüssigkeit zu präzipitieren, die dasselbe enthält, es zu isolieren und dann zu wiegen.

Doch sind wir noch nicht in der Lage, die Fermente voll- ständig zu isolieren, und wenn dies auch möglich wäre, so würden die unausbleiblichen Verluste, die den langen Opera- tionen folgen, die Resultate fast allen Wertes berauben.

Die zweite Methode wäre, die Aktivität einer gegebenen gelatinolytischen Flüssigkeit auszudrücken, indem man sich auf

202 Stadinm der proteolytischen und gelatinolytischen Enzyme.

die der Lösung eines bekannten Enzvmes bezieht, z. B. eines gegebenen Trypsinpräparates. Man müfste hierzu eine Tabelle herstellen, welche die Quantitäten oder die in einer bestimmten Zeit, in einer bestimmten Temperatur durch eine gegebene Quantität einer Reihe von Lösungen der obengenannten Enzyme aufgelösten Gelatineschichten darstellen. Will man die Wirkung einer gegebenen gelatinolytischen Flüssigkeit feststellen, so müfste man denselben Versuch mit derselben wiederholen und so könnte man sagen : die gegebene Flüssigkeit hat eine Aktivität, die der der Trjrpsinlösung gleich ist, z. B. zu 1:10000 etc.

Diese Methode wäre einfach und sicher, wenn man mit sehr reinen Enzymen arbeiten oder wenn man quantitativ und quali- tativ die Unreinlichkeit der verschiedenen Präparate kennen könnte, also ihren Inhalt an einem reinen Enzyme. Leider können MÖr aber nur mit Mischungen von qualitativ und quan- titativ unbekannten Substanzen arbeiten. Es ist daher unmöglich, in Rede stehende Trypsiulösungen von einer genauen, bestimmten Konzentration bereiten zu können.

Der Wechsel der Aktivität des Trypsins von Tier zu Tier, vom Individuum zu Individuum, von Präparat zu Präparat trägt noch dazu bei, die Schwierigkeiten der Frage zu vermehren.

Infolgedessen ist es nicht möglich von einer genauen Methode in bezug auf die quantitative Bestimmung der proteolytischen Enzyme zu reden. Wir müssen uns mit der ungefähren Be- stimmung der proteolytischen Wirkung einer gewissen Quantität einer Enzym enthaltenden Flüssigkeit mit der eines bekannten Enzyms verglichen, begnügen.

Beschreibung der Methode.

Vor allem ist es notwendig, eine Tabelle zusammenzustellen, auf welcher man sehen kann, wieviel Millimeter Gelatine (Gelatine f) 10%) in Röhrchen von 5 6 mm Durchmesser von einer be- stimmten Quantität der verschiedenen gelatinolytischen Enzyme in einer gegebenen Zeit (2 5 Tage) aufgelöst werden können. Will man nun ungefähr die gelatinolytische Tätigkeit einer ge- gebenen Flüssigkeit wissen, so hat man nur 1 ccm derselben in

Von Prof. Glaadio Fermi.

203

ein Röhrchen von gleichem Durchmesser zu giefsen, nach einer bestimmten Zeit die aufgelöste Gelatineschicht zu messen und dann zu sehen, welche Lösung auf der Tabelle der Zahl der gefun- denen Millimeter entspricht.

Als Beispiel solcher Tabelle dienen folgende:

Yersneh 1.

Man bereitete TrypsinlOsangen von 1 : 1000, 1 : 2000, 1 : 4000 und gofs sodann von jeder derselben 5 ccm in ein Röhreben; von jeder Lösung wurden iwei Proben gemacht Nach 8 Tagen wurde die aufgelöste Gelatine- schiebt gemessen und es ergab sich folgendes Resultat:

Trypsinlösung Nach 8 Tagen

mm

Trypsinlösung

Nach 8 Tagen

1:500

( 10 mm i 10 »

1:1000

6 >

6 >

1:2000

4,5» 4,5»

1:4000

1:8000

1:16000

I

3 8

2,5 2,5

Resultat: Wie man sieht, entsprechen sich die beiden Proben in befriedigender Weise.

Yersneh 2.

Ein anderer Versuch einer solchen Tabelle wäre:

Trypsinlösung Nach 8 Tagen Nach 16 Tagen

11 20

8 15

4 8

2 4.

1:1000 1:2000 1:5000 1 : 10000

Yersneh 3.

In Röhrchen von 6 mm Durchmesser, welche 1 ccm Gelatine zu 5 ^/^ enthielten, gofs ich 1 ccm von den verschiedenen Trypsinlösungen und mafs dann von Zeit zn Zeit die aufgelöste Gelatineschicht.

Die Resultate befinden sich in nachstehender Tabelle.

Merksche

Schicht der aufgelösten Gelatine nach

Trypsinlösg.

4T(r.

8 Tjj.

12TJJ.

21 Tg.

25 Tg. 27 Tg. 30 Tg.

35 Tg.

40 Tg.

1: 5000

7,5

10 14

17,5

20

38

40

41

43

6000

6,5

9,5 : 12,5

17,5

19

28 37

39

84,5

7 667

6

9 11.5

16,5 18

27 '

30.5 32

33,5

11000

5

8 10

14,5

16

22

29 30

36.5

: 11 526

4,5

7

9

14

15

21,5

28

29

82,5

204 Studium der proteolytischen und gelatinoly tischen Enzyme.

Merksche

Schicht der aufgelösten

Gelatine nach

TrypsinlOsg.

4Tk.

8 Tg.

12 Tg.

21 Tg.

25 Tg.

27 Tg. '

30 Tg.

35Tsr.

'40Tg.

1:12111 !

; 4

6,5

8,5

12,5

13,5

19,5 i

22

21^

25,5

: 12 765 '

4

6,3

8

11,5

12,5

^^ i

20

22

23.5

.13 500

4

6,2

8

11,5

12,5

18 '

19,5

21

22

14338

8.6

6

7,5

11

12,5

17

19

20,5

21

; 15 286

5,5

7,2

10,5

12

16

18

19

19,5

16 384

3,25

5

7

10

10

15

17.5

18

19

17 667

3,15

5

7

10

10

14

16,5

17

19

19182

2,75

4

8

9

1 14

15,5

16,5

18.5

21000

2,5

4

6,5

8

8

13

15

16

17,5

23222

2,5

4

6,25

8

8

12 !

14.5

15,6

17

26000

2,2

3

5,25

7

7,5

12 ,

14

15

17

29571

2

3

4.5

6

7,6

12

14

15

17

34338

2

3

4

6

7,5

11,5

13,5

15

16,5

.41000

1

1,25

3

4

6

7,5

11

13

15

16

Resultat: 1. Auch dieser Versuch beweist die Möglichkeit, eine Tabelle zusammenzustellen, welche die Wirkungsgröfsen der verschiedenen Trypsinlösungen enthält, auf der man den Energiegrad der Lösung eines anderen Enzymes vergleichen und ausdrücken kann.

2. Auch aus dieser Tabelle geht hervor, wie der Verlauf der Gelatinefluidifikation mittels Trypsin mit einer gewissen Regelmäfsigkeit vor sich gegangen ist, sowohl in bezug auf die verschiedenen Verdünnungen als auch in bezug auf die Dauer der Tätigkeit.

3. Nicht weniger interessant ist die Tatsache, dafs die Fluidifikation auch Monate hindurch fortdauert, ohne dafs die Erneuerung des Eontaktes bewirkt wird, was Duclaux für not- wendig hielt.

Bei Anwendung dieser Methode wäre es nötig:

1. Röhrchen vom gleichen Kaliber zu benutzen, die zur selben Zeit mit derselben Gelatinelösung gefüllt und die zu- sammen unter gleichen Bedingungen erhalten werden.

2. Stets untereinander gleiche Quantitäten der Lösungen zu vergleichen.

Von Prot Claudio Fermi 205

3. Die zu untersuchende Flüssigkeit vor dem Experiment zu filtrieren.

4. Den Proben stets die gleiche Quantität derselben Anti- septika und nötigenfalls die gleiche Quantität färbende oder präzipitierende Substanz (Kohle etc.) hinzuzufügen.

5. Die Proben immer bei gleicher Temperatur zu halten.

6. Die Proben nicht zu schütteln oder in gleicher Weise und bei gleicher Dauer zu schütteln.

7. Für jede Probe bereite ich gewöhnlich 3 5 Röhrchen und ziehe das Endresultat aus dem Mittel der 3 oder 5 partiellen Resultate. Ein einziges Röhrchen für jede Probe kann oft zu unbrauchbare Ergebnisse führen.

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Thrrr'gg- ^th Häs«! J ESCaJäS. riOTTai iiliis^aSC gOTg^lUg*

über die Feacbtigkeit Tenchied. Maaenurten. Von Bioeardo BimnchinL 207

Temperatarverhfiltnissen (Lehmann, Nulsbaum) sowie in Be- ziehung zu verschiedener Aussetzung und verschiedener Höhe vom Erdboden (Gläfsgen) oder in ganz besonderen klimato- logischen Verhältnissen (Bentier) gestaltet. Alle diese Forscher zogen jedoch die Mauer nur ganz im allgemeinen in Betracht, ohne bei ihren Untersuchungen auch Rücksicht auf die ver- schiedenen Materialien der Mauer selbst zu nehmen.

Von der Überzeugung ausgehend, dafs eine Untersuchung, die es sich zum Ziele setzt, die Austrocknung nicht gleichartig beschaffener Mauermassen in mögUchst gleichen Raum-, Zeit- und Stärkeverhältnissen und in möglichst gleichen Beziehungen zu den äufseren Ursachen einem eingehenden Studium zu unter- werfen, ein nicht unbedeutendes Interesse haben kann, liefs ich in einem im KeHergeschoCs des Hygienischen Instituts von Turin gelegenen Zimmer vier m 2X2X0,6 = m ' 2,40 messende Mauern erbauen. Der Boden des Zimmers war vollständig mit Asphalt belegt und dieser letztere in gutem Zustande. Die Tempe- ratur hielt sich, wie ich während der langen, den Untersuchungen gewidmeten Beobachtungszeit zu konstatieren Gelegenheit hatte, sowohl infolge der Lage des Zimmers wie auch infolge der Dicke der Umfassungsmauern in den verschiedenen Jahreszeiten ungefähr auf derselben Höhe. Da das Zimmer überdies fast stets geschlossen blieb, wies auch der hygrometrische Stand des- selben nur äufserst geringe Schwankungen auf.

Unter solchen Verhältnissen konnten also die Mauern weder Wasser aufsaugen noch solches an den Boden abgeben. Sie konnten also in dieser Weise als herausgeschnittene Mauerblöcke der Hauptmauer einer gewöhnlichen Fabrik gelten.

Die vier Mauern bestanden aus Backsteinen, Steinmasse mit Backsteinbändem, gelochten Backsteinen und Beton. Die aus Backsteinen bestehenden Mauern waren mit gutem Mörtel er- baut worden, der sorgfältigst mit Kalk, Sand und Wasser erhalten worden war, und dessen Proportionen für alle Mauern dieselben waren. Die verwendeten Backsteine waren guter Qualität, wohl gebrannt und vor Verwendung stets bis zur Aufnahme- verweigerung gebadet. Für die gemischte Mauer diente eine

208 Über die Feuchtigkeit verschiedener Mauerarten.

Steinmasse aus Gneis, der zuerst getrocknet worden war, um jedem möglichen Einflüsse des Steinbruchwassers auf die Ver- suchsbestiramungen aus dem Wege zu gehen.

Die Mauern wurden nicht beworfen, sondern blofs gelassen, damit ich mir ein Urteil bilden konnte, wie sich eine der Luft ausgesetzte Mauer verhält ohne den Bewurf, welcher die Be- dingungen des Versuchs geändert hätte. In Bezug auf die andern Versuchsbedingungen war ich bestrebt, jede störende Ursache auf ihr Minimum zu reduzieren, oder, soweit es möglich war, ganz auszuscheiden.

Alle 15 Tage nahm ich aus den Mauern eine Probe ab, wobei ich darauf bedacht war, dies bei allen vier Mauern nicht nur am selben Tage, sondern möglichst auch in derselben Stunde vorzunehmen, damit das Versuchsbild wirklich als ein in gleichen Raumverhältnissen gewonnenes gelten konnte.

Zur Bestimmung der Feuchtigkeit der Mauern bediente ich mich der Methode Pagliani^), die mich stets zu guten und ge- nauen Ergebnissen führte. Diese Methode empfiehlt sich be- sonders durch ihre leichte Technik und die Einfachheit der ver- schiedenen Operationen. Mufste ich Hydratwasser bestimmen, so nahm ich die Methode Gläfsgen zu Hilfe. Nur erhitzte ich

1) Nachstehend die Methode Paglianis: Es wird eine 20 30 jt wiegende Probe auf ein Soxhletsches Filter gegeben, das in einem passen- den Filtriergefäfs ruht und zuvor mit ihm gewogen wird. Hierauf wird das Gewicht des Filters, den Filtriergefäfses und des aufgenommenen Materials festgestellt, um aus dem Unterschiede das genaue Gewicht des aufgenom- menen, cum Versuch dienenden Materials zu erfahren. Nun wird das Material in einen Mörser gegeben, eine bestimmte Quantität absoluten Alkohols beigefügt und gut zerrieben, aber immer so, dafs das Material unter Alkohol verbleibt. Dann kommt das zerriebene Material mit dem Alkohol in ein Fingerhutfilter, der Mörser selbst wird vorsichtig mit an- derem Alkohol gewaschen und auch dieser letztere auf dasselbe Filter ge- bracht — das dann auf einem passenden Filterträger ruht und im unteren Teile einen Hahn besitzt und filtriert. Sodann wird das Filter mit dem Backstandsmaterial in einen Exsiccator gebracht und so lange dort belassen, bis der kleine Rest Alkohol, der dort verblieben sein kann, ausgeschieden ist. Schlielslich wird ein letztes Mal Filtergef&fs, Filter und Material gewogen. Der Gtowichtsonterschied , der sich nun zwischen erster und zweiter Ab- wAgung ergiebt, kann nur von dem durch den Alkohol hervorgerofenen Wasserverlast des Materials herrühren.

Von Ing. Riccardo Bianchini. 209

dabei die Liebigscbe £nte uicbt über einer Gasflamme, sonderD setzte sie in einen gewöhnlichen Trockenofen und brachte an den beiden Enden der Ente je 1 längere Glasröhre derart an, dafs sie aus den Wänden des Ofens hervorstanden.

Die aufserhalb des Ofens hervorgerufene C02-Strömung wird nun* mit Hilfe einer der beiden Röhrchen mit dem Versuchs- material in Verbindung gebracht, das andere Röhrchen diente zum Ausflufs. Nachdem nun der Ofen erhitzt, las ich die Temperatur an einem Thermometer ab. Auf diese Weise konnte ich mit hohen Temperaturen arbeiten, ohne das Gefäfs einem Springen auszusetzen, was leicht vorkommt, wenn ihm die Flamme direkt zugeleitet wird. Damit dann während des Erkältens keine Feuchtigkeit von dem Versuchsmaterial aus dem Wasserdampf der Luft eingesaugt werde, schlofs ich die Ausflufsröhre für CO2 luftdicht ab. Bei einem solchen Vorgehen konnte das Abwiegen auch an einem der nachfolgenden Tage vorgenommen werden, ohne dafs dadurch Fehler entstanden, was mir eine Reihe sorg- fältigst durchgeführter Versuche bewies.

Die Versuchsprobe, auf die sich Fig. I bezieht, wurden stets in einer Tiefe von 20 cm, von der Aufsenfläche der Mauer ab- gerechnet, herausgenommen. Über die Wahl gerade dieser Tiefe werde ich mich in einem andern Teil dieser Arbeit näher aus- lassen.

Da aber infolge der zu grofsen Tiefe, in der ich arbeiten muTste, zur Herausnahme dieser Proben der Tursinische Mauerbohrer seine Dienste versagte, verwendete ich einen röhrenförmigen Meifsel aus härtestem Stahle. An einem Ende ist der Diameter besagter Röhre auf einer Länge von 10 cm bedeutend geringer, sie selbst läuft in einen äufserst scharfen Rand aus.

Ein volles Stäbchen aus weichem Eisen mit ringförmigem Schnitt und einem Aufsendurchmesser, der dem Lmendurch- messer des engeren Teiles der Röhre gleichkommt, konnte in letzterer mit leichter Reibung laufen. Hatte ich sodann mit einem gewöhnUchen Meifsel die vorerwähnte Tiefe fast herge- stellt, so führte ich an seiner Stelle den ringförmigen Meilsel ein und liefs ihn dann mit einigen Hammerschlägen in die ge-

AzchiT für Hygiene. Bd. LV. 14

210 Über die feachtigkeit yerschiedener Mauerarten.

wünschte Tiefe gelangen. Zog ich dann den Meifsel zurück, so ent> hielt dieser in seiner verengten Innenhöhlung eine gewisse Quantität Material, die mit Hilfe des Eisenstäbchens in das Filter im B'iltergefäCs gestolsen wurde. Um äulserst genau vorzugehen, liefs ich jedoch vor Eingabe des Materials in das Filter zuerst eine kleine Quantität ausfallen, die ich wegwarf, wonach somit nur die Zentralpartien des Zylinders in das Filter gelangten, da ich überdies darauf bedacht war, auch den mit dem Eisenstäb- chen in Berührung gekommenen Teil nicht zu verwenden. So kam also das Material mit der Atmosphäre nicht in Berührung, und unterlag die darin enthaltene EEsO-Quantität keiner Ver- änderung.

Tabelle I. gibt die Ergebnisse wieder, die auf Grund systematischer Beobachtungen mit den in vorerwähnter Weise alle 14 Tage herausgenommenen Proben der 4 Mauern in 2^2 Jahren erhalten wurden.

Aus der Fig. I kann man also zu den nachfolgenden Schlüssen gelangen:

I. Dafs die Biegungen der Kurven in der ersten Daseins- periode eines Mauerwerks viel ausgeprägter sind, und dafs dies für alle Mauertypen gilt.

U. Dafs die Feuchtigkeit des Raumes nur dann auf die Feuchtigkeit der Mauer einwirkt, wenn die Mauer eine gewisse Trockenheit erlangt hat, und auch dann nur auf die Oberflächen- schicht.

III. Dafs jeder Mauertypus auch bei gleichen Raumverhält- nissen seine besondere minimale Feuchtigkeit besitzt, die man den eigenen Feuchtigkeitsgrad eines Mauerwerks nennen könnte.

IV. Dafs die Jahreszeiten wenig EinfluTs auf den Trocknungs- vorgang einer Mauer haben, wenn diese den Sonnenstrahlen entzogen ist, wie dies bei meinem Versuche der Fall war.

V. Dafs unter den im Versuche benutzten Mauertypen die Austrocknung zeitlich in nachfolgender Reihenfolge vor sich ging: Zuerst gelochte Backsteine, dann gemischtes Mauerwerk, gewöhnliches Mauerwerk und zuletzt Beton.

Von Ing. Siccardo Bianchinl. 211

Das erhaltene und io der I. Konklusion zUBammengefafste Ergebnis Ifttst sich leicht aus der bedeutenden zwischen Hygro- meterstaod der Mauermasa« und dem der Luft bestehenden Differenz erklären. Mit andereu Worten trat da eine E^cheiuung auf, die dem Wärmeaustausch zwischen zwei Eorpem gleicht.

Diese Erklftnmg rechtfertigt auch das Ei^ebnis der n. KonUosion.

Nicht ganz so einfach ist eine Erklärung für die III. Eon- klasion. Da es sich bei meinen Bestimmungen immer um den

Dlagmuune des FeDekti^keitsTcrlftiih In den Tenehiedeneii Sehlchten der Tier TeneUedeaea Manerart«!!.

Freiwassei^ebalt des Materials handelte , so läfst sich die Er- scheinung wohl mit der gröfseren oder geringeren Adbftaion er* klären, die ein Material dem Wasser gegenüber besitzt. Zur Bestätigung dieser Konklusion entnahm ich dem Zentralteil der Backsteinbänder der Gemischten Mauer Proben, die mir genau dieselben Ergebnisse lieferten wie die Proben aus der vollen Backsteinmauer.

Die IV. Konklusion rechtfertigt sich in einfacher Weise, wenn man in Betracht zieht, dafs, was ich schon eingangs be- merkt habe, die Temperatur im Versuchsraum fast stets dieselbe

212 Über die Feuchtigkeit veracbiedener Mauerarten.

war. War also die Wasserdampfquantität des Raumes (haupt- sächlich bedingt durch die Mauern) in den verschiedenen Zeiten ganz oder fast konstant (wie auf der Tafel die Kurve des Ober- flächenhygrometerstandes besagt), so konnte auch die Spannungs- differenz des Dampfes in den verschiedenen Jahreszeiten nur gering sein.

Es konnte somit auf Grund dessen, was ich schon in Kon- klusion I und II gesagt habe, auch in verschiedenen Jahres- zeiten im besonderen Fall der künstlichen Bedingungen meiner Versuche, die Differenz zwischen der Wasserdampfspannung des Raumes und der der Mauer für fast oder ganz konstant gehalten werden, und so machte sich also der Verlust von H2O in der Mauer auch in den warmen Jahreszeiten nicht in grölserem Mafse fühlbar.

Diese Erscheinung tritt nun freilich nicht ein, wenn eine Mauer den freien Luftströmungen ausgesetzt ist oder noch weniger, wenn sie direkt von den Sonnenstrahlen getroffen wird. Es soll jedoch hier nicht aufser acht gelassen werden, dafs sich unter den Verhältnissen meiner Versuchsmauern alle Innen- mauern eines Gebäudes befinden, für die der Einflufs der Winde oder der Sonnenstrahlen immer äufserst gering und sicherlich sehr partiell ist. Aus diesem Grunde glaube ich wohl behaupten zu dürfen, dafs die erhaltenen Ergebnisse von Bedeutung sind, indem sie vor allem ein Urteil abgeben über die hauptsächlichsten Bedingungen nicht nur des "Mauerteils einer Fabrik, sondern auch über die Verhältnisse, die den Forscher am meisten in- teressieren, insofern als ein Zimmer meist nur eine direkt den Sonnenstrahlen und den Winden ausgesetzte Wand hat und die Wirkung der Feuchtigkeit der Mauern, will man zu einem praktischen Ergebnis gelangen, stets in ihrer Beziehung zum Zimmer studiert werden mufs.

Deshalb glaubte ich keinen Fehler zu begehen, wenn ich die IV. Konklusion auf Mauern von im Freien konstruierten Gebäuden ausdehnte.

In der V. Konklusion ist die Reihenfolge gegeben, in der die verschiedenen Versuchsmauern zeitlich austrockneten. Pröft

Von Ing. Riccardo Bianchini. 213

man den Verlauf der verschiedenen Kurven und vergleicht man sie untereinander, so wird man gewahr, dafs die Betonmauer im Anfange eine raschere Austrocknung aufweist als die andere, während dann die Kurve nicht nur auf derselben Höhe stehen bleibt, sondern immer höher liegt als die der anderen Mauern. Auf den ersten Augenblick scheinen sich die beiden £}rschei- nungen zu widersprechen, sind aber in jeder Weise gerechtfertigt. Tatsächlich enthält nun die Betonmauer zu Anfang mehr Wasser als die andern, doch ist das Wasser bei ihr gleichmäßiger ver- teilt. Die Differenz zwischen der Wasserdampfspannung des Raumes und der der Mauer ist gröfser, der Austausch aktiver und die Kurve bietet eine stärker ausgesprochene Biegung. Über- dies tritt die Erscheinung infolge der Beschaffenheit des Materials an der Oberfläche rascher zutage, und es wird infolge der Kapillarität aus dem ganzen homogenen Block Wasser heran- gesaugt, und so geht die Kurve unter die der anderen Mauern.

Gleichzeitig aber bildet sich an der Oberfläche durch Ein- wirkung des CO2 der Luft auch eine Schicht Kalziumkarbonat, die die innere Feuchtigkeit nicht mehr so leicht passieren läfst, und so bleibt die Kurve, nachdem diese chemische Wirkung zustande gekommen ist, hoch und höher als die der andern. Ihr Niedergang findet nur ganz langsam statt. Der eigene Feuchtig- keitsgrad dieses Mauertypus ist also höher als der der anderen Versuchsmauem .

Demgegenüber trocknet die aus gelochten Backsteinen ge- baute Mauer rascher. Dieser leicht erklärliche Vorgang steht in Verbindung mit der gröfseren Menge Luft, die im Innern dieser Mauer zirkuliert, womit gleichzeitig eine bedeutende Erhöhung der Verdunstungsoberfläche einhergeht. Vergleicht man dann die Kurve der gemischten Mauer mit der Kurve der nur aus Back- steinen bestehenden Mauer, so bleibt noch Folgendes zu be- merken übrig. So gut nämlich auch die gemischte Mauer gebaut sein mag, so wird sie doch immer eine gröfsere Anzahl leerer Räume zwischen Material und Material enthalten als die gewöhn- liche Fabrikmauer. Es ist also auch in diesem Falle eine gröfsere mit der Luft in Berührung stehende Fläche gegeben und so

214 Über die Feachtigkeit verachiedener Maaerarten.

nimmt dann auch die Trocknung einen schnelleren Verlauf. Die Kurve bleibt also beständig niedriger als die der gewöhnlichen Fabrikmauer und ebenso steht es mit dem eigenen Feuchtigkeits- grad. Im übrigen wird bei Konstruktion der gemischten Mauer eine geringere Menge Wassers verwendet als bei den andern. Es findet sich also in ihr natürlich stets weniger Wasser als in den anderen ähnlichen Mauerarten, die sich nicht, wie die Mauer mit gelochten Backsteinen, in besonderen Verhältnissen befinden.

Aufser den zu meinen Untersuchungen dienenden und wie vorerwähnt ausgehobenen Versuchsproben entnahm ich mit Hilfe genannter Methoden jeder der vier Mauern einige andere aus verschiedener Tiefe. Ich suchte damit vor allem festzustellen, wie die Trocknung einer Mauermasse in ihren verschiedenen Schichten stattfindet, und dann das Gesetz des Vorgangs aufzu- stellen und zu studieren.

Natürlich wurden auch diesmal die Proben zur gleichen Zeit ausgehoben und möglichst auch unter gleichen Verhältnissen, und zwar an der Oberfläche der Mauer, sowie 5, 10, 16, 20 und 25 cm tief. Zur Vermeidung jeder Verschiedenheit oder Ver- änderung in den Versuchsbedingungen verfuhr ich in folgender Weise: Ich schabte die Mauer leicht ab und warf das Geschähe weg. Ein zweites Geschähe dagegen brachte ich direkt auf ein Filtergefäls. Nach Verschlufs desselben erhielt das aufgelegte Produkt einen Buchstaben. Mit einem gewöhnUchen Meifsel brachte ich dann an derselben Mauerstelle ein 3 cm tiefes Loch an, das denselben Durchmesser hatte wie der schon beschrie- bene kreisförmige Meifsel. Daraufhin führte ich ebendiesen mit einigen Hammerschlägen bis auf 5 cm Tiefe und brachte das betreffende Material wie vorbeschrieben in ein anderes Filter- gefäfs, das dann geschlossen wurde und einen anderen Buchstaben erhielt.

Wie bereits erwähnt, lud ich in das Filtergefäfs nur einen Teil des Materials ab und zwar den unteren Teil des im Zylinder steckenden Materials, eben von der Ansicht ausgehend, dafs der

Von lug. Biccardo Biuchlni. . 215

obere Teil infolge Berührung mit der Luft ein fehlerhaftes Er- gebnis abwerfen konnte, und da die geringe Quantit&t dea vor- handenen Materials eine weitere Kürzung nicht erlaubte. Auf diese Weise vorgehend, war ich zam mindesten sicher, die Probe ohne grobe Fehler aufzunehmen. Der Gebrauch des Meifsela erwies sich auch bei ziemlich dichten Mauern als sehr praktisch. Das Herausholen der Proben aus grofserer Tiefe geschah immer in gleichmAfsiger systematischer Weise. Die Begel- mälBigkeit der erhaltenen Ergebnisse veraolasaen mich, dieses

IMaffranme dn FenehtlrkeltaTerlanfB la den nraehledeneB SeUehteii einer nnr mit Baekstelnea erbastai Haser.

Verfahren als nützliches Supplement zor Paghanischen Methode zu empfehlen. Dies um so mehr, als auch die Methode P^lianis alle nachfolgenden Operationen bei Äuaschlofs der Luft vor> nimmt, wodurch die mit anderen Metboden leicht eintretenden Fehler vermieden werden.

Auf Fig. 2 finden sich die Kurven des aus verschiedenen Tiefen kommenden Materials einer reinen Backsteinmaner.

Aus den Kurven ist ersichtlich:

1. Dals derTrocknnngavoi^ang in den verschiedenen Schichten mit einer gewissen Begelmäfsigkeit abläuft.

316 Über die Feuchtigkeit veracbi edener Mftuerarten.

2. Dafs die Schicht bis zu einer gewissen Tiefe deu Kinflufs des hygrometrischen Standes des Raumes verspürt.

3. Dafs von 15 cm Tiefe an die Kurve ganz regelma[sig ohne zu fühlbare Schwankungen verläuft, und somit die charakteristische Kurve der Mauerfeuchtigkett genannt werden könnte.

Bei einer mit Backsteinen und Steinmassen gebauten Mauer verlaufen die Kurven, wie aus Fig. 3 ersichtlich, in den oberen Schichten unregelmäfsig, werden aber in den tieferen Schichten (15 cm) regelmäfsiger.

Mftiramme des FenehtlKkeltsrerUittb In iltn Tersehledenen 8«hlvhtrn einer mit BaekBtclnen and StcInmaweB erbanteB Haner (geinlMkt« Maaer).

Diese Erscheinung findet ihre Erklärung, wenn man sich vergegenwärtigt, dafs die Mauer weniger dicht ist, also der aus dem Räume kommende EinSufs in den oberen Schichten stärker verspürt wird, während dieser EinSufe in einer angemessenen TSefe ausfällt. Man befindet sich da also in einer Schicht, in der ein konstanter Feuchtigkeitsaustausch stattfindet.

Fs sei hier auch darauf hingewiesen, dars die Kurven für die über 10 cm Tiefe liegenden Schichten zwar einen regel- mäfsigen Verlauf haben, aber in dieser Mauer weniger starke Biegungen bieten als in der anderu. Da.« beweist nun, dafs in

Von Ing. Riccardo BiaDcliini. 217

diesem Kalle unter gleichen VerliältDisaeo die Austrockuung lang- äsmer erfolgte, was also das, was ich über die Kurven der ver- schiedenen in Prüfung genommenen Mauern im Vergleich zu einander aussagte, bestätigt.

Auch bei diesem Mauertypus läge also die charakteristische Feucbtigkeitskurve in einer Tiefe von ca. 15 cm, während die Feuchtigkeitskurven grOfserer Tiefen fast mit dieser parallel verlaufen, mit einer langsamen konstanten Äunäherang, die von den Schwankungen der Kurven der oberen Schichten nicht ge-

Magramme des Fenehtlf keitsrerlanh in den TeraeUedenen SeUehten «Iner mit fewShnllcheii, ^eloehteii Baekatelneii erbanten Maoer.

»out« TII111St7>11135;!)IIi:iS J»hrt 10«!- —- Ul 06

Tig. 4.

stOrt wird. Diese Ännftherungserscheinung hat meines Erachtens eine gewisse Bedeutung, über die ich sp&terhin noch sprechen werde.

Fig. IV. gibt dagegen die Kurven, die mit den aus einer Mauer von durchlochten Backsteinen gehobenen Proben er- halten wurden. Die Natur der Mauer stellte in diesem Falle dem Ausheben der Proben grOrsere Schwierigkeiten entg^en, doch gelang es mir mit etwas Ausdauer mit dem vorbeachriebenen Meifsel brauchbare Proben auszuheben. Dieser Umstand mufa bei der Erkl&rung der Kurven, die nicht so regelmäfsig sind, in Rechnung gestellt werden. Auf jeden Fall kann man aber bei

218 über die Feuchtigkeit Terachiedener IlMterarten.

auhnerkBamer Beobachtung zum Schlüsse gelangen, dafs auch bei dieser Mauerart die Kurven der oberen Schichten von dem Feuchtigkeitszuatand des Raumes abhängen, sowie dafs man, bei einer gewissen Tiefe angelangt (20 cm), diejenige Schicht er- reicht, welche die charakteristische Feuchtigkeitskurve aufweist.

Man versteht sofort den Grund, weshalb man erst bei gröfaerer Tiefe auf die charakteristische Feuchtigkeits- kurve stöfst, wenn man sich klarlegt, dafs bei dieser Mauerart

IS

infolge des zu ihrem Bau verwendeten Materials, eine gi^fsere Fläche in Berührung bleibt mit dem Räume, und so der Feuch- tigkeitsaustausch erleichtert bleibt, wahrend aus demselben Grunde der regelmäfsige Ablauf in der Feuchtigkeitsabgabe in den ver- schiedenen Schichten gestört wird.

Alle Kurven dieser Mauer bieten dann im Anfange staik ausgepr&gte Biegungen, wonach der Radius stets gröfser und die Unie fast zu einer Geraden wird. Der Grund hierfür liegt in dem grofsen Anfangsunterachiede zwischen Feuchtigkeitsgrad der Mauer und des Raumes infolge der grofsen von der Luft be- rührten Oberfläche, wodurch in der ersten Zeit ein äufiaetst

Von Ing. Biccardo Bianchini. 219

aktives Austreten von Feuchtigkeit aus der Mauer zustande- kommt.

Ist dieser starke Unterschied verringert, so fällt auch die Feuchtigkeitsabgabe, und die Feuchtigkeitsverluste der Mauer werden sehr klein. Wie aus der Figur deutlich hervorgeht, ist auch in diesem Falle die Kurve der tieferen Schichten fast parallel zur charakteristischen Feuchtigkeitskurve der Mauer und nähert sich ihr langsam.

Diese bedeutsame Erscheinung besagt, dafs auch diese Mauer, wenn auch unter besonderen Bedingungen, sobald die anderen Verhältnisse dieselben sind, nur mit einem geringen Tiefenunter- schied eine Schicht besitzt, die, was die Austrocknung der Mauer anbetrifft, demselben Gesetze folgt wie die übrigen Mauern.

Unterzieht man schliefslich Fig. 5, die die verschiedenen Feuchtigkeitskurven einer in Beton gebauten Mauer wiedergibt, einer genauen Prüfung, so beobachtet man 1., dafs die Kurve der bei 5 cm Tiefe entnonmienen Proben im Anfang eine stark ausgeprägte Biegung darbietet, die dann ziemlich rasch abnimmt und sich der Oberflächenfeuchtigkeitskurve nähert, mit der sie sich fast parallel hält, 2. dafs die Kurven der tieferen Schichten (15 20 cm) einen ziemlich regelmäfsigen und unter sich fast gleichen Verlauf haben, der jedoch im Vergleich mit der Fundamentallinie immer noch hoch ist; 3. dafs die Kurven der tiefen Schichten vor allem eine grofse Regelmäfsigkeit und dann auch eine sehr kleine Differenz des Feuchtigkeitsstandes des zentralen Mauerkernes aufweisen, 4. dafs die charakte- ristische Feuchtigkeitslinie der Mauer in diesem Falle sich in einer ca. 10 cm tiefen Schicht befindet.

Diese Schlüsse führen nun zu praktischen Erörterungen. Prüft man nämUch den ersten, so wird man gewahr, dafs die Zementmauer die Feuchtigkeit rasch in der Oberflächenschicht verliert, auf welche Weise also eine Art undurchdringlicher Hülle entsteht, auch weil die Schicht sich rascher als in anderen Mauern in kohle nsauem Kalk umwandelt, der das Entweichen der Feuchtigkeit vom Zentralkern aus verhindert, weshalb also auch die Kurven desselben nicht nur einen gleichen Verlauf,

220 Über die Feuchtigkeit verschiedener Maoerarten.

sondern auch fast gleiche Werte haben. Überdies begreift man, dafs der Prozentsatz des Wassers des inneren Zentralteils der Mauer bedeutend sein mufs.

Aus demselben Grunde leuchtet es ein, dafs die charakte- ristische Feuchtigkeitskurve in einer relativ wenig tiefen Schicht liegen mufs. Wie aus dem Vorhergesagten hervorgeht, mufs diese Linie sich sofort an der Grenze der Mauerwandschicht finden, die nicht mehr direkt dem Einflüsse des Raumes unter- steht, sondern seinen Einfiufs nur noch durch Reflex verspürt und zwar durch eine Mauerschicht, die schon einen fast kon- stanten Feuchtigkeitsaustausch besitzt.

Ordnet man nun und vergleicht man, was ich in den vorigen Kapiteln auseinandergesetzt habe, so kann man daran festhalten, dafs jede Mauer unter sonst gleichen Verhältnissen bezüglich des Wassers, das in ihr mechanisch festgehalten wird, ein ganz besonderes stark ausgeprägtes Verhalten an den Tag legt. Dieser Tatsache, die als eine Zusammenfassung vieler oben untersuchter Erscheinungen angesehen wird, mufs jedoch stark Rechnung getragen werden, wenn, sei es nun zu wissenschaftUchen oder praktischen Zwecken, Bestimmungen gemacht werden sollen. LäTst man dieses Gesetz aufser acht, so kann man derart in grobe Fehler verfallen, dafs durch sie der Experimentator zu voll- auf irrtümlichen Schlüssen geführt wird. Dieser Fall könnte z. B. eintreten, wenn man zur Berechnung der zur Austrocknung einer Mauer aus gelöcherten Backsteinen nötigen Zeit sich ein- fach des bei einer anderen Mauerart erhaltenen Resultats be- dienen wollte oder umgekehrt.

Wie verschieden sind nicht die vielen Schlüsse, zu denen bei Feststellung des Feuchtigkeitskoeffizienten sog. trockener Mauern nicht wenige, als geschickte Experimentatoren bekannte Forscher gelangt sind?

In Abhängigkeit hiervon mufs man bei Festsetzung der ge- statteten Grenze auch die örtlichen Verhältnisse in Rechnung ziehen, denn es steht aufser Zweifel, dafs eine Mauer unter gleichen Bedingungen nicht nur von Ort zu Ort den ihr eigenen

Von Ing. Biccardo BUnchini. 221

Feuchtigkeitsgrad verändert, sondern auch an demselben Orte, je nachdem die Mauer stärkerer oder schwächerer Be- strahlung ausgesetzt ist, EIrscheinungen, die jedenfalls dem mittleren Feuchtigkeitsgrad, der mittleren Temperatur der Luft und vielleicht auch der Stärke und der Richtung der herrschenden Winde zuzuschreiben sind.

Der ganze Vorgang ist somit sehr verwickelt, steht aber immer in ganz bestimmter Beziehung zu den verschiedenen Materialien, die einen Mauerkörper ausmachen. Es ist dies eine für die Folgerungen in der Praxis ganz bedeutende Tatsache, denn nur so ist es möglich, die gestellte Aufgabe zu lösen.

Wie ich bei zahlreichen Versuchen, die mit schon erbauten Mauern verschiedenen Alters angestellt worden waren, ersehen konnte, ist dieses besondere Verhalten eng verknüpft mit den Eigenschaften, die ich »eigenen Feuchtigkeitsgrade und »charakteristische Feuchtigkeitskurvec der Mauer genannt habe. Hat man also eine dieser Quantitäten bestimmt, so hat man auch den hygroskopischen Grad einer Mauer festgestellt. Diese beiden Quantitäten haben dann ihrerseits eine gewisse Be- ziehung untereinander, denn unter besonderen Verhältnissen kann die Kurve des eigenen Feuchtigkeitsgrades mit der charak- teristischen Feuchtigkeitskurve zusanmienfallen und um- gekehrt. Im allgemeinen mufs man die Kurve des eigenen Feuchtigkeitsgrades als Grenze (in mathematischem Sinne) der charakteristischen Feuchtigkeitskurve ansehen. Mit anderen Worten: Wenn die beiden Kurven zusammenfallen, so mufs die Mauer für vollständig ausgetrocknet angesehen werden.

In der Praxis hat man diesen Punkt erreicht, wenn die charakteristische Feuchtigkeitskurve fast konstante Ordi- naten schneidet. Alsdann hat, von ganz besonderen künstlichen Verhältnissen abgesehen , der Feuchtigkeitsaustausch zwischen Mauer und Raum aufgehört. Mit anderen Worten ausgedrückt, kann die Mauer im Verhältnis zu dem sie umgebenden Räume für trocken angesehen werden, insofern, als sie keinen Wasserdampf mehr abgibt.

222 Über die Feuchtigkeit verschiedener Hauerarten.

Wie wir bereits gesehen haben, wechselt der eigene Feuchtigkeitsgrad je nach den Raumverhältnissen von Ort zu Ort. Da stellt sich nun von selbst die Frage ein, ob er unter gleichen Raum Verhältnissen , jedoch bei verschiedener Stärke der Mauer auch verschieden ist. Für diese Frage besitze ich keine experimentellen Belege, doch glaube ich auf Grund der in den verschiedenen Tabellen vermerkten Ergebnisse mit grofser an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit behaupten zu können, dafs der eigene Feuchtigkeitsgrad auch dann nicht verschieden ist, insofern als er absolut von den Raum- verhältnissen abhängen mufs; da auch die tiefsten Kerne einer älteren Mauer nicht mehr Feuchtigkeit enthalten als diejenige, die sich in der Schicht der charakteristischen Feuchtig- keitskurve findet.

Nur bei relativ dünnen Mauern wird das Feuchtigkeits- gleichgewicht rascher erreicht, wie sich dies aus der Versuchs- reihe mit der Mauer aus gelochten Backsteinen ersehen läfst, die eben wegen der grofsen Luftmenge, welche mit ihr in Be- rührung kommt, meiner Ansicht nach dieselben Verhältnisse bieten mufs wie eine relativ dünne aber dichte Mauer.

Es besteht demnach zweifellos eine enge und stete Beziehung zwischen der Feuchtigkeit der Mauer und der Feuchtigkeit der Atmosphäre. Solange man somit, auf jede andere Betrachtung verzichtend, nicht den eigenen Feuchtigkeitsgrad in der Mauer erreicht hat, mufs man, will man ein genaues Urteil über die Gesundheitsverhältnisse eines Hauses in Bezug auf Feuchtigkeit abgeben, fortfahren, genaue Bestimmungen über den Grad der Trockenheit der Mauern vorzunehmen. Diese Bestimmungen müssen jedoch unter gleichen Bedingungen einige Male und zwar mit einem Abstand von verschiedenen Tagen unter verschiedenen atmosphärischen Bedingungen wiederholt werden, damit ein Urteil gewonnen werden kann über den Gang der Mauerfeuchtigkeit. Denn, wenn die Mauer trocken ist, so darf ihr Feuchtigkeitszustand auch bei den verschiedensten atmosphärischen Verhältnissen keine bedeutenden Veränderungen erfahren.

Von tng. tticcardo Bianchini. 223

Bezüglich Abnahme der Proben wird es immerhin ratsam sein, bei dichten Mauern dieselben nicht unter 15 cm Tiefe und bei Mauern aus porösem Material nicht unter 20 cm Tiefe aus- zuheben. In noch weiter nach oben hegenden Schichten wird der Einfluüs des Raumes noch stark empfunden. Wie jedoch schon oben erwähnt, muls bei Herausnahme der neuen Probe der hygrometrische Stand des Baumes verschieden sein, wenn ein brauchbares Urteil gewonnen werden soll.

Auf Grund der ausgeführten Versuche kam ich also zu folgenden Endschlüssen:

1. Die Beschaffenheit des Materials einer Mauer übt nur eine bestimmte Zeit lang einen Einfluls auf den Raum aus und zwar so lange, bis die Mauer den eigenen Feuchtigkeitsgrad erreicht hat.

2. Will man ein genaues Urteil haben über die Bewohn- barkeit eines Hauses, so mufs man, auch wenn andere Versuche positives Ergebnis geUefert haben, zu direkter Bestimmung der Mauern schreiten.

3. Das Ausziehen der Proben muls mehrmals wiederholt werden, und zwar möghchst in mehr als 10 cm von der Oberfläche entfernt liegenden Tiefen. Überdies werden die Proben stets unter möghchst gleichen Verhältnissen in Bezug zur Mauer, dagegen mit einem Abstand von verschiedenen Tagen und unter stark verschiedenen atmo- sphärischen Verhältnissen herausgenommen.

4. Zur Beurteilung der Feuchtigkeit einer Mauer kommt es nicht darauf an, ob die Probe aus reinem Mörtel, nur aus Backsteinen oder aus gemischtem Material be- steht, die Hauptsache ist dabei, dals man bei Wieder- holung des Versuchs zur Feststellung eines definitiven Faktums immer in derselben Weise bezüghch Technik und Wahl der bezüghch der Mauer in Betracht kommen- den Verhältnisse vorgeht.

ö. Die Mauer aus gelochten Backsteinen bietet, was schnelle Austrocknung anbelangt, ohne Zweifel die meisten Vor teile. Abgesehen von sehr kleinen Unterschieden haben

224 t^er die Feuchtigkeit verschied. Mauerarten. Von Riccardo Bianchini.

jedoch alle andern der Prüfung unterzogenen Mauerarten das gleiche Feuchtigkeitsvermögen.

6. Will man das Trocknen einer Mauer erleichtem, so maus man sie mehrere Monate lang ohne jeden Bewurf lassen und sie reichlicher Lüftung aussetzen.

7. Das künstliche Austrocknen (mit CO 2) ist nur wenig ratsam und soll nur in Ausnahmefällen angewandt werden, und auch nur dann, wenn die Mauer relativ dünn ist.

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THE KEV/ VORK |

PUBLIC LIJ5RAKY.

Mten, LEMQX ANO TILD6N F?Ü«ÜATIOIia

Über das Eindringeii der Wärme in feste Objekte nnd

Organteile tierischer Herknnft.

Von

Max Rubner.

Einleitung.

Die Fälle, in welchen man bei hygienischen Fragen Genaueres über das Eindringen der Wärme in nicht poröse Körper oder in poröse Körper, deren Poren einem gasförmigen Medium oder Wärmeträger nicht zugänglich sind, wissen möchte, sind durchaus nicht selten. Viele Probleme des Wärmeschutzes, Aufgaben der Desinfektion, Akte der Nahrungsbereitung, zählen hierzu.

Auffallenderweise ist über derartige Vorgänge aber nicht viel Zahlenmäfsiges bekannt. Über den Erwärmungsvorgang poröser Objekte durch Dampf haben wir dagegen recht zutreffende Vorstellungen gewonnen. Ich habe vor einigen Jahren die dabei in Betracht kommenden Vorgänge eingehend nach Experimenten dargestellt. ^)

Die Erwärmuugsvorgänge fester oder halbfester Körper sind schon von dem Standpunkt einer wissenschaftlichen Erklärung des Desinfektionsprozesses unbedingt der Klarlegung bedürftig, aber auch von praktischen Gesichtspunkten aus.

Warum dieses Feld experimenteller Untersuchung so ganz unbeackert blieb, mag vielleicht einmal in der weitverbreiteten laienhaften Vorstellung liegen, daTs hier nichts zu erläutern und

1) Hygien. Rundschan, Bd. Vm, S. 721 fp. u. Bd. IX, S. 321. ArchiT für Hygiene. Bd. LV. 15

226 t)ber das Eindringen der Wärme in feste Objekte and Organteile etc.

ZU klären wäre wegen der Einfachheit des Prozesses, es mag aber auch in anderen Fällen gerade das Moment von der Weiter- bearbeitimg abgehalten haben, dafs man sich mit Hilfe der all- gemeinen elementaren Untersuchungsmethoden bald an eine Grenze gebracht findet, die einem tieferen Verständnis entgegensteht.

Nicht um einen physikalischen Vorgang handelt es sich dabei, sondern um Komplikationen, die sich aus der Natur der organisierten Substanz erklären und die Schwierigkeiten in hohem Malse steigern.

Der Anstofs zu den vorUegenden Untersuchungen wurde mir seinerzeit durch eine praktische Aufgabe, nämlich die Prüfung der Sterilisation für Fleisch gegeben, ich mufste aber nur zu bald erkennen, dafs für solche Begutachtungen jede wissenschaft- hche Grundlage, ohne die man zu einem brauchbaren Resultat eben nicht gelangen kann, fehlte.

Man sagt in der Regel bei dem Akte der Wärmeverbreitung, den wir hier erforschen wollen, handle es sich um die Wärme- leitung. Tatsächlich ist dies, wenigstens für poröses Material, gar nicht richtig, weil hier in den Hohlräumen auch Strahlungs- vorgänge eintreten, aber auch sonst häufig unzutreffend, weil eine ganze Reihe von Faktoren auf den Wärmegang einwirken.

Sehr häufig bedingt die Organisation eine sehr ungleiche Verteilung der Stoffe mit physikalisch sehr ungleichen Eigen- schaften.

Je nach der Natur der Objekte findet sich ein mehr oder minder grofser Widerstand für die Ausbreitung der Wärme. Am wechselvollsten ist die Wärmedurchdringuug bei solchen Objekten mit ungleichem Feuchtigkeitsgehalt, wobei sowohl Kristallwasser als hygroskopisches Wasser oder das kapillare und zwischen- gelagerte Wasser in Betracht kommen kann.^)

Die Feuchtigkeit und die Trockenheit in Gegen- ständen bedingen nicht nur Verschiedenheiten der Wärmeleitung, sondern der biologischen Wirkung der Wärme. Wir haben in den Objekten zwar häufig, doch

1) Archiv f. Hygiene, Bd. XXV, S. 34.

Von Max Rubner. 227

nicht immer »trockene Wärme c sondern auch feuchte Wärme, selbst Dampf in verschiedenen Eigenschaften ; darauf möchte ich, ohne Einzelfälle zu untersuchen, noch etwas eingehen.

Die in den Stoffen weiterbewegte Wärme kann an sich oder zusammen mit Feuchtigkeit wirken, beides Vorkommnisse, die in der mannigfaltigsten Weise abgestuft werden können und in ihren Wirkungen grofse Verschiedenheiten aufweisen müssen.

Feuchtigkeit und Wärme gewinnt für chemische Umsetzungen eine ganz andere Bedeutung als Wärme allein; Gerinnungs- erscheinungen, Quellungsvorgänge, Lösungsprozesse, Zersetzungen können ausgelöst und in ihrem Ablauf beeinflufst werden.

Gerade mit Bezug auf die Lebewesen und Desinfektions- praxis liegt in der Anwesenheit oder dem Fehlen der Feuchtig- keit ein wichtiges Moment.

Die Wärme ist an sich ein Mittel zur Desinfektion und zur Vernichtung von Lebewesen; durch sie kann ohne jede weitere Beihilfe ein organisches System erschüttert und zerstört werden. Auch im luftleeren Raum findet bei bestimmten Tem- peraturgrenzen, die unter der Vergasungstemperatur liegen, die Tötung statt.

Im praktischen Leben kommen aber auch Fälle vor, bei welchen Körper, welche benetzt oder halbbenetzt sind oder nur hygroskopisches oder anderweitig gebundenes Wasser enthalten, erwärmt werden. Diese verschiedenen Vorkommnisse sind bis- her überhaupt nicht beachtet oder als differente Erscheinungen gewürdigt worden ; es wird aber wohl nötig sein, experimentell wie theoretisch ihnen mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Findet die eindringende Wärme freies Wasser, so ist die Dampfbildung oder die einfache Erwärmung genügend, um einen hohen desinfektorischen Einflufs zu äufsem. Bei Anwesenheit von hygroskopischem Wasser wird es auf dessen Menge und auf die Möglichkeit des Absinkens der relativen Feuchtig- keit in den sich erwärmenden Hohlräumen ankommen, ob schnell, langsam oder gar nicht eine Desinfektion sich erzielen läfst.

Ob Wasserbindungen wie in Kolloiden auf des- infektorische Wirkungen einen Einflufs üben ist bislang nicht

15*

228 t^r das Eindringen der Wftrme in feste Objekte and OrgAnteile etc.

bekannt. Die volle Trockenheit aber ist der grOlSste Feind jeg- lichen rasch erfolgreichen Desinfektionsverfahrens. Die Elrgebnis- losigkeit mancher Desinfektionsakte erklärt sich aus diesem an- gleichen Feuchtigkeits vorkommen.

Aus diesen Tatsachen läfst sich auch folgern, wie notwendig ein Verständnis des Wesens der Desinfektion für die praktische Durchführung sein muts. Die Vielheit der Bedingungen, die zum Gelingen gehören, war in früheren Jahren nicht genügend bekannt, und soweit sie bekannt war, nicht genügend gewürdigt worden. Sie bedarf zum Teil auch heute noch eines ernsten Studiums.

Auch in den Objekten selbst haben wir es nach dem Gesagten mit biologisch verschiedenen Wärme- zuständen zu tun. Die Grade ihrer Wirksamkeit sind schon aus früheren Untersuchungen bekannt.^) Hier an dieser Stelle war nur der Hinweis am Platze, dafs die Zustände im Innern fester Körper mannigfaltige sind.

Ich lasse mir es genügen, auf diesen Umstand der Ungleich- artigkeit der Erwärmung in ihren Beziehungen zur Tötung von Lebewesen hingewiesen zu haben und will nochmals betonen, wie wichtig die Kenntnis von der Natur der zu desinfizierenden Objekte für den erstrebten Enderfolg sein kann.

Ein Gegenstand, dem aber besondere Aufmerksamkeit gewid- met werden mufs, ist die Wärmedurchdringung als ein- facher physikalischer Vorgang. Dies Problem völlig lösen zu können, mute ich mir nicht zu, es wird aber, wie ich meine, in vielen Richtungen ein Fortschritt, eine Klärung und Förde- rung für die praktischen Ziele gewonnen werden können, wenn man, gedrängt von dem praktischen Bedürfnis, wenigstens ver- sucht, diesen Fragen näher zu treten.

I.

Viele Objekte des täglichen Lebens, die wir als Kälteschutz- mittel gebrauchen, wie die Kleidung, erreichen dieses Ziel, wie ich gezeigt habe, in einer ganz vorzüglichen Weise und bedeuten

1) Hygien. Randschau, a. a. O., Bd. IX.

Von Max Rabner. 229

in der Ökonomie unserer Kultur einen enormen Fortschritt; sie sind stationäre Mittel, unnötige Wärmeverluste einzuschränken.

Solche und ähnliche Körper haben auch die Fähigkeit, dem Eindringen der Wärme selbst bei grofsen Temperaturunterschieden stundenlang Widerstand zu leisten. Schon vor längerem habe ich an der Hand einiger Berechnungen auch diesen Vorgang des fortschreitenden Eindringens der Wärme in die Schichten einer schlechtleitenden Masse kurz erörtert.^)

Das Vordringen der Wärme in Objekte hängt natürlich in einer Beziehung von der Temperaturdifferenz zwischen dem Zentrum und den Begrenzungsfiächen ab. Sie hängt weiter ab von dem Leitungsvermögen ^Ä^ der Substanz, das durch geeig- nete Versuche zu bestimmen sein wird oder für welches sich auch schon Konstanten finden. Bekanntlich versteht man darunter die Menge der Wärme, welche ausgedrückt in Wärmeeinheiten durch eine bestimmte Fläche, bestimmte Dicke, bei einer ge- wissen Temperaturdifferenz in der Zeiteinheit hindurchgeht. Die für k gewählten Einheiten sind nicht gleich benannt bei allen Autoren. Ich halte an folgenden Zahlen zur Konstantenbestim- mung fest: qcm, 1 cm Dicke, Temperaturdifferenz, 1", gKal.

Das Vordringen der Wärme hängt auch von dem Wasser- wert der Substanz ab. Je mehr in einem Raumteil an Wärme aufgespeichert bleibt, um so langsamer dringt sie vor. Der Wasserwert ergibt sich aus Dichte (spez. Gew.) und spezi- fischer Wärme.

Herr Dr. Ziegel hat vor Jahren auf meine Anregung hin eine Ableitung des Wärmeganges in Objekten unter den hier in Frage kommenden Verhältnissen ausgeführt und dabei folgendes gefunden :

Die Bewegung der Wärme in einer homogenen Kugel wird gegeben durch die Gleichung

Hierin bedeuten u die Temperatur, h die gemeinsame Anfangs- temperatur im Inneren der Kugel, c die konstante Oberfiächeu-

1) a. a. 0. Hygien. Randschaa, Bd. YIII.

230 Über du Eindnugeii der Wirme in feste Objekte und Orgmnteile etc.

temperator, i die Zeit, h die Wftrmeleitungsfi&higkeit^ q die Dichtig- keit, C die spez. W&nne, R den Radius der Engel und r den variablen Radiosvektor.

Im Mittelpunkte der Kugel ist r = 0; für diesen Punkt geht die Gleichung über in

7t

n—\

^/ i;^'—{x^

a^c 2(c h)^[r-\) t

, a=^

«— 1

c a = 2 (c h)^

Q C

9t

e tt

.-'(i)'_,-'(i)",.-(T)-

+

9t

2(c-b) ,..(^)', ,..(^)-« ,.(^)-,

Wir setzen nun, um einen angenäherten Wert für t zu erhalten,

c tt

1

(0

tt

IP lognat

t =

2(c b)

c tt

a^7t^

Die Temperatur nach der hierdurch bestimmten Zeit t he- trägt nicht genau «, sondern

^' ^ C

-^'■'-H^^;-^)'

+ ^?(c-b)) ■■■■

= c (c u)-\-

(c u)*

(c-u)

9

[2 (e - 1)\* (2 (c - h)f

I

"" "^ [2^0 6;]» [2(c b)]^ "^

fC ttJ*

Dieser Wert ist gröfser als tt und kleiner als w + 7^77 —?•

[2(c h)]*

Man erhält also nach der berechneten Zeit t eine Temperatur,

die sich um höchstens T^-y tvit von u unterscheidet.

[2 (c h)Y

Von Max Rabner. 231

Auf Grund dieser Werte ist daher die Frage leicht zu beant- worten : Wann erreicht ein in der Mitte einer homogenen Kugel befindliches Thermometer die Temperatur w = 990?

Beispiel: Kugelradius ü = 5 cm.

1) 6 = 20«, c = 100o

* = 0,0001523, 9 = 0,420, C = 0,50 ,_ k 0,0001523

* ~ Q'C~ 0,21

Dann ist

_ 25 lognat 160 0,21 _ 5,25 6,07517 0,0001523 n;!» ~ 0,0001523- tt«

< = 17 726 Sek. = 4 Stunden 55 Min. 26 Sek.

2) 6 = 20«, c = 100«

* = 0,000065, p = 0,105, 0=0,56

=

* 0,000065

Q C 0,0588 Dann ist

_ 26 lognat 160 0,0588 _ 1,47-6,07517 "~ 0,000065 ?r-«" ~ 0,000065 /r« ^=11630 Sek. = 3 Stunden 13 Min. 60 Sek.

3) 6 = 200, c = 1000

k = 0,0000811, Q = 0,105, C = 0,56

o2 =

k 0,000081 1 0,000081 1

Q G 0,105 . 0,56 0,0588

Dann ist

_ 25 •lognatl60- 0,0588 J^7 -5,075 17 ~ 0,000081 1 7r2 ~ Ü.OOOÖSrr n^

t = 9320,75 Sek. = 2 Stunden 35 Min. 20»/4 Sek.

Man kann sich also für einen Spezialfall eine gute Vorstellung von der Geschwindigkeit des Wärmeeiudringens machen.

Für ein paar Fälle ist nachstehend die Rechnung für eine Kugel von verschiedenem Radius durchgeführt. Ich wählte als Beispiele die Wärmeleitung in Kleidern und Wäsche, als Grund- lagen dienen Zahlen für erstere die glatt gewebten Stoffe, als Typus

232 ^'^f^r da« Eindriniren der Wärme in feste Objekte and Ori^viteile etc.

für die Oberkleidong der Wollflanell, and zwar in zwei ZostAnden. völlig trocken und gesättigt mit hygroskopischem Wasser.^) Die Durchdringungszeiten für die W&rme sind;

Radios : 5 cm 25 cm 50 cm

Glatte Baumwolle 4 Std. 56' 123 Std. 492 Std. WollflaneU. . . 3 > 13' 80 > 323 » Feuchter Flanell 2 > 35' 64 ? 258 >

Ehe Zahlenergebnisse zeigen, wie langsam ein Temperatur- ausgleieh gewonnen wurde, und dals die Zunahme der Dichte für die Verlangsamung des Wftrmestroms weit wichtiger sein kann als die Förderung der Wärmebewegung durch gleichzeitige Zunahme des Leitungsvermögens.

Die Zahlengrundlagen für obige Berechnung waren :

I.Dichte = 0,420, spez. Wärme [ 0,50 LeitungsvermögenO.OOO 152

2. 0,105 der Grund- 1 0,56 ^ 0,000065

3. 0,105 Substanz [o,56 i 0,000081

Das Leitungsvermögen der Substanz in 1. war demnach fast doppelt so grofs als bei 3. und trotzdem beeinfluTst die Dichte das Resultat so sehr, dafs die Elrwärmungszeiten in 3 die von 1 ganz erheblich überschreiten.

Wenn man die aufserordentlich langen Zeiten für den Tem- peraturaustausch im Gedächtnis hat, begreift man, wie oft bei einer nicht sachgemäfs geleiteten Desinfektionsweise ein Versagen der Wärme- und Dampfdesinfektion eintreten mufs. Die richtige Auswahl und Anordnung des zu desinfizierenden Objekts ist bei der Desinfektion weit wichtiger als manche andere Nebenumstände, auf die man bisher das Augenmerk zu konzentrieren pflegte.

Ob der Dampf absolut gesättigt oder etwas unter dem Sättigungs- punkt ist, ob er durch Überdruck etwas über 100® temperiert ist oder etwas unter 100® usw., ist alles nicht so wichtig, als die richtige Anwendung und Vorbereitung des Objekts.

Die so oft versuchte Warenballendesinfektion ist ein Unter- nehmen, welches man im Grunde genommen am besten von den

1) ArchiT f. Hygiene, 1898, Nr. 15.

Von Max Rabner. 233

Desinfektiousauf gaben überhaupt streichen sollte. Die Natur grofser Objekte und noch dazu zugeschlossener Ballen, deren nähere BeschafEenheit man gar nicht kennt, sollte von vorneherein es verbieten, eine für diese Zwecke anwendbare Versuchstechnik aus- arbeiten zu wollen. Was man nicht sehen und richtig anordnen kann, eignet sich niemals für die Desinfektion.

Zahlenmaterial für die oben entwickelte Formel des Wärme- durchtritts findet sich in ziemlichem Umfange, ich glaube aber, das- selbe wird nicht allen modernen Anforderungen an Grenauigkeit ent- sprechen. Ältere Angaben finden sich bei Päclet (Traitä de la chaleur T. I p. 602 ff, IV äd. Paris 1878) und bei Glan (Poggen- dorfs Annal. 1896, Heft 4 u. 5).

Für Objekte, wie sie zum Wärmeschutz des Menschen und daher auch in der Desinfektionspraxis Anwendung finden, habe ich selbst die umfangreichsten Messungen ausgeführt. (Archiv für Hygiene XXIV, S. 300.)

Für die kompakte Baumwolle fand ich 0,495 spez. Wärme

deutsche Wolle 0,560 » »

Seide 0,645 » »

Einige Zahlen über Dichte und Leitungsvermögen von Stoffen mögen noch angeführt sein.^)

Spes. Gewicht Konstante k

Wollflanell 0,105 0,000065

WoUtrikot 0,179 0,000068

Seidetrikot 0,219 0,000092

Lementrikot 0,302 0,000118

Baumwolltrikot .... 0,199 0,000100

Wolle Winterkammgam 0,238 0,000073

Glatte Wolle 0,364 0,000074

» Baumwolle. . . . 0,350 0,000090

. Seide 0,302 0,000072

» Leinen 0,642 0,000120

1) Die Einheiten sind g-Kal., 1* Differenz der begrensenden Fläche, 1 qcm Fl&che, 1 cm Abstand der Fliehen für den W&rmedorchgang.

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*^ «

- . . - 0.T2T 'J-OGO+ie

iJtmh &t B«Cj«czi2Dg Feccfiiigkät viid djw Lerome«- ▼«mWJgeo ipirtetgert- bis aefali^frhch bei PorecsdiliifB jj^ Waaeer 4i« 40MxmaeratAt SubsUua «inl^

Die Vt^i^Iseniiigder LehongBkoosujitedii^^ Wmmt becrftgt bei Wolle 1«>9^%. bei Seide -h -i«j.6^. bei Bmm wolle 4- l^dV

Bei beDeuten .Stoffen enreicfat die Gr&&e fr Werte, die zvinchen 0,00129 and 0,000147 je nacb Art der Gmndsabnanxen nchwanken. ')

IL

Für eine ganze Reibe wichtiger Substanzen von «Jrganteilen des Körper» fehlt es an zayerUssigen zahlenm&bigen Angaben. Ober die Wftrmeleitnng und man behilft sich mit mehr oder minder angenaaen Schatrangen.

Die Anwendung der Wärme auf Substanzen, die im natür- lichen Zustande wasserhaltig sind, interessiert namentlich im Hinblick auf die Speisenbereitnng. Genau betrachtet, hat schlieCs- lieh letztere auch Bedeutung als Desinfektionsvorgang, weil der Kochakt auch zugleich eine Vernichtung von Keimen herbeiführt.

Die Anwendung der Wärme auf Substanzen kann hierbei eine sehr mannigfache sein, teils heiüse Luft, teils diese in Kom- bination mit strahlender Wärme, kochendes Wasser, Dampf in gespannter oder uugespannter Form.

Soweit tierische Nahrungsmittel, Fleisch, Eier, Organe in P>age stehen, sind Eiweils, Wasser, Fett (neben Salzen und Glykogen) die quantitav in Betracht kommenden Bestandteile.

1; Hpitta, Archiv f. Hygiene, Bd. XXXII, S. 286.

2) Archiv f. Hygiene, Bd. XXV, S. 39 u. 40.

3) Dasselbe, &. 61.

Von Max Rubner. 235

Das Leitungsvermögen von Wasser ist wahrscheinlich = 0,001, das der Fette und Öle nur 0,000396—0,000452, in runder Summe also etwa Vs V2 ^^^ LeitungsvermOgens des Was- sers. Für die eiweifsartigen Stoffe können wir annehmen, dafs ihre Leitung denen der keratinartigen Substanzen z. B. der Wolle sehr nahe kommt, oder mit Bezug auf praktische Lösungen von hier interessierenden Fragen, wohl geradezu als gleichwertig zu er- achten ist.

Für die Wollhaare der verschiedensten Herkunft habe ich An- gaben nach absolutem Mafse gemacht, nach denen ersichtlich ist, dafs feste Keratinsubstanzen eine Leitungskonstante von rund 0,0005 besitzen, d. h. das Leitungsvermögen ist rund ^2 ^^ grofs wie jenes des Wassers.

Mehr als eine ungefähre Vorstellung über die Gröfsen- ordnung des Wärmeleitungsvermögens kann man aus solchen Angaben über das Leitungsvermögen der Bestandteile der Organe nicht ableiten. Im allgemeinen dürfte es sich um relativ gute Leiter der Wärme handeln, deren Eigenschaften in dieser Hin- sicht um so mehr absinken, je reicher sie an Eiweifs und Fett- stoff werden. Eine direkte Untersuchung ist aber, so grofse Schwierigkeiten sie bietet, nicht zu entbehren.

Von allen Nahrungsmitteln, welche in gröfseren Teilen oder in umfangreicherem Mafse der Erwärmung unterworfen werden, nehmen die fleischartigen Teile das gröfste Interesse für sich in Anspruch. Was sonst Verwendung findet, läfst sich ohne Schaden für Genufszwecke zerkleinem und der Wärme den Weg kürzen. Mit Rücksicht hierauf wollen wir zunächst dem Muskelfleisch und den fettartigen Materien das Augenmerk zuwenden.

Nach Adamkiewicz soll Muskelsubstanz halb so gut leiten wie Wasser, was eine recht ungefähre Angabe sein mag. Die spez. Wärme wird zu 0,7692 nach A., zu 0,825 nach Rosen thal aufgeführt. Ich finde für mageres Fleisch nach eigener Messung 0,828. Als Dichte gibt Gl an 1,07; dies stimmt aber nicht ganz, der Wert ist zu hoch für den Durchschnitt.

236 ther 'im ELDAtintsea. der WAraDe in fesce «»bjekte siti OrpsBiciie ecf

Aach die Ricfatimg des Eindringeiis der Winne kaon Ver- schiedenbeiteD der Wirmeleitiing bedingen.

Zaerüt bai man bei Kristallen ond Hölzern beobachte. da£« die Wärme mit verschiedener Schnelligkeit in den Terschiedenen Richtungen fortgepflanzt wird. Von Greifs'; sind dann solche Experimente auch mit tierischen Substanzen aasgeführt und diese Untersuchungen namentlich durch Klug weiter ausgedehnt worden.

In der Epidermis breitet sich die Wärme nach allen Riebtangen hin g^eiehmäfsig aus, in den Zellen wird die Wärme besser der Lftngsaze nach geleitet als quer zu denselben.

In anderen Fällen, wie bei manchen v^etabiliscben Nahrungs- mitteln, den Knollengewächsen, fehlt eine bestimmte Anordnung der Substanzen und dfirfte daher auch eine allseitig gleich- mäfsige Leitung der Wärme sich finden.

Zur direkten Messung der Wärmeleitung des Fleisches und ähnlicher Substanzen bediente ich mich des Stefan sehen Kalori- meters, dessen Gebrauch ich an anderer Stelle ausführlich be- schrieben habe.

Zur Aufnahme der Substanz dient der zwischen zwei Zylin- dern aus Metall verbleibende Hohlraum. Es wurde jedesmal so viel Substanz eingefüllt, dafs der nach Kubikzentimeter genau bekannte Inhalt des Kalorimeters mit Sicherheit ganz ausgefüllt, also die Luft beseitigt war. Fleischsubstanz wurde mittels Mikrotommesser in gewünschter Dicke geschnitten, Fett ge- schmolzen eingefüllt.

Die Leitungsfähigkeit wurde geprüft sowohl mit sehr kleinem Abstand der Begrenzungsflächen als auch mit etwas gröfserem Abstände. Die Messung geschieht, wie ich an anderer Stelle auf Grund von Angaben von Stefan, WüUner und Winkelmann und Plank auseinandergesetzt habe, nach der Formel

* (Leitungsvermögen) = ^^^3^ 'ß'l9e[l+ ^-]

1) Poggendorf Ann., CXXXDC.

2) Zeitachr. f. Biologie, Bd. X, S. 73.

8) Gl an, Poggend. Annalen, LVni, 8. 131.

4) Archiv f. Hygiene, Bd. XXIV, 8. 295, 298, 300.

Von Max Rabner. 237

wovon Pc den Wasserwert der Metallteile des Kalorimeters, F die mittlere Oberfläche aus Innenzylinder und innerer Fläche des AuTsenzylinders, ßlge die Erkaltungsgeschwindigkeit, J den Abstand der beiden Zylinder, W den Wasserwert der Füllung bezeichnet.

Das Kalorimeter fafste, je nach Abstand der Zylinder, zwischen 8,5 und 21 22 g Fleisch oder Fett, beides genau entsprechend dem berechneten und mit Wasserfüllung kontrollierten Hohlraum zwischen den Zylindern.

Die Untersuchungen machte ich mit Kalorimetern von 1,1 mm und 2,6 Abstand der Zylinderflächen; die Einwirkungen auf das Resultat waren bei dem einen oder andern Ausmafs sehr gering, wenn ich mit derselben Substanz vergleichende Versuche machte. Für Flüssigkeiten nahm ich meist nur 1,1 mm Abstand.

Zunächst fällt beim Experimentieren der Mangel von einheit- lichen Abkühlungswerten [ßlge) auf, sie fallen konstant mehr oder minder schnell. Es ist dies schon bekannt und von Fielet auf das Anhaften einer warm bleibenden Wasserschicht an der Aufsenseite des Apparates zurückgeführt worden. Winkelmann ist gleichfalls dieser Ansicht. Ich liefs mir eine ringförmige Bürste anfertigen und bürstete die Abkühlungsfläche mit dem zu er- wartenden Erfolg eines gleichmäfsigen Abkühlungsganges. Ohne diesen Kunstgriff erhält man ganz unbrauchbare Resultate und um so ungenauere, je schneller die Erkaltung erfolgt. Bei Wasser ungünstigere Werte als bei Ol etc.

Die Werte, die ich erhalten habe, weichen insofern von der zu erwartenden Gröfse etwas ab, als sie alle kleiner waren als die für die gleichen Materien von Weber angenommenen Zahlen.

Ich gebe die für die Mittelwerte berechneten Zahlen für i, unter der Annahme, als Leitungskonstante für OUvenöl sei 0,000391 gefunden:

Olivenöl . . . 0,000391

Schweinefett . . 0,000426

Rindsfett . . . 0,000418

Butter .... 0,000842.

238 Über das Eindriogen der Wärme in feste Objekte und Organteile etc.

Für die fleischigen Teile:

Längsleitung der Muskelsubstanz . . 0,000632

Querleitung » » . . 0,000615

für gekochtes Rindfleisch 0,000547

» Schweinebraten 0,000440

» Magenschleimhaut 0,000647

» Luft 0,000053.

Die Verschiedenheiten bei Längs- und Querleitung wären sonach nur gering, kaum 3^/o, die Magenschleimhaut hätte die gleichen Werte wie Muskelfleisch im mageren Zustande.

Das gekochte Fleisch zeigt, wie der Saftverlust es wahr- scheinlich macht, eine Minderung von k um 13,1%. Schweine- braten hat durch seinen hohen Fettgehalt eine geringere Wärme- leitung. Das Fett übt überhaupt den wesentlichsten EinfluTs auf auf die Verschiedenheiten der Wärmeleitung gegenüber dem so- gar der EinfluTs des Kochens zurücksteht.

Bei den Veränderungen des Wärmeleitungsvermögens durch das Kochen handelt es sich übrigens um einen komplizierten Vorgang, indem hier Dichtigkeitsveränderung neben der Verände- rung durch die Leitung in Frage kommen.

Die frischen Fleischproben hatten im Durchschnitt 27,0 Trockensubstanz und 73,0 Wasser bei der frischen Substanz.

Ich habe noch das Experiment ausgeführt und Hühnereiweifs roh untersucht, und ohne etwas zu ändern, dann das Kalori- meter in kochendes Wasser getaucht, das Eiweiüs koaguliert und wieder das Leitungsvermögen geprüft. Es muTs ganz frisches Hühnereiweifs angewandt werden. Im Mittel von vier Versuchen verhielt sich das Leitungsvermögen des rohen Eiweilses zum geronnenen wie 100:81,9. Der feste Körper hatte also um 19,1% weniger Wänneleitung als das halbflüssige Eäweifs.

Bei dem Hühnereiweifs findet im allgemeinen keinerlei Änderung der Dichte statt, bei dem Fleische aber wird das ge- kochte Material reicher an Eiweifs, einem schlechten Wärmeleiter. Die obige Zahl für die Abnahme der Wärmeleitung an gekoch- tem Fleisch gewinnt daher an Wahrscheinlichkeit.

Von Max Rabner. 239

Die spez. W&rme der Fette kann zu 0,45, das spez. Gewicht derselben zu 0,91, also P- C= 0,409 angenommen werden. Für Fettgewebe gibt Rosenthal 0,712 spez. Wärme, ich halte die Zahl 0,53 für zutreffender. Frisches Fleisch hat nach meinen Untersuchungen 1054 spez. Gewicht (nach Gl an 1070), nach Rosenthal soll die spez. Wärme = 0,825 ausmachen. Ich finde bei direkter Bestimmung 0,828. P (7= 0,869. Bei gekochtem Fleisch fand ich 1085 spez. Gewicht (für obiges frisches Fleisch), die spez. Wärme läfst sich berechnen:

Wenn 100 Teile frisches Fleisch = 50,0 Braten geben, so gehen zu Verlust 50 Teile Flüssigkeit mit etwa 2 3 g Substanz, Wenn 0,825 das spez. Gewicht, so haben 100 g

Fleisch an Wasserwert 82,5 (s. o.)

es gehen zu Verlust 50 Teile Flüssigkeit mit rund 3 g Extraktivstoffen.^) Eine 6proz. Extrakt- lösung hat nach meinen Versuchen 1022 spez. Gewicht und 0,916 spez. Wärme, also 47 X 0,916 45,8

Wasserwert pro 50 g Rest .37,7

Also spez. Gewicht des Restes 75,4 pro 100. C = 0,754, Wasserwert für 1 Volumen = 0,818.

Greifen wir auf die oben S. 230 gegebene Formel

, lPlognat.160 qC ^,, _^ , ^ ,

t = 2_^ ^ zurück , 80 würde , wenn man von R ab-

sieht, die Erwärmungszeit des gekochten und ungekochten Fleisches

von dem Quotient ^ abhängen. Für diese Zahlen haben wir

jetzt Unterlagen, nämlich ^ = nnofi^9 ^^^ frisches Fleisch = 1375

und für gekochtes ^ JL- ., = 1495.

0,UUUo41

Die Zeiten werden in letzterem Falle rascher wachsen als im ersteren Falle (von ca. 9%); d. h. der Wärmedurchtritt un- günstiger sein.

1) £b gehen bis 60 o/^ aller Extraktivstoffe über.

240 Über das Eindringen der Wärme in feste Objekte nnd Organteile etc.

Wir werden später sehen, dafs die GrOfse R weit va* riabler ist.

Abgesehen von meinen Versuchen über die Wärmeleitung habe ich noch folgende Experimente ausführen lassen.

In dünne Kupferbiechzylinder wurden je 400 g fein zerteilte Fleisch- oder Speckmasse gebracht und in der Mitte der Masse ein Thermometer eingesetzt. Die Durchmesser der Zylinder waren 7 cm und die Höhe 12 cm.

Die Wärmequelle war ein Wasserbad, in das die Zylinder eingetaucht waren. Den Wärmegang von 10 zu 10 Minuten gibt nachstehende Tabelle.

Tabelle I.

il

Zeit

Min.

Zylinder I

Temp.- Ableflong

I Temp.- j Plus gegen Zeit 0

Temp.-Plua

gegen yoraus-

gehende

Beobacht.

Zylinder II

Temp.- Ablesung

Temp.-

Plna gegen

Zeit 0

Temp -Plus

gegen Tomu-

gehende

Beobacht

ja

s

A

0 10 20 30

12,8» 13,2« 14,2« 15,4*

Speck

± 0 + 0.4

+ 1,4 + 2,6

± 0

+ 0,4

-h 1,0

+ 1,2

13,2« 18,4« 14,2« 15,4«

Speck

± 0

+ 0^

+ 1,0

+ 2,2

± 0

+ 0,2

+ 0,8

+ 1,2

40 37

1; 34 ji 32

j

B

i i

Fleisch

Speck

1

0

11.60

+ 0

+ 0

11,80

+ 0

+ 0 !

; *2

10

12,4*

+ 0,8

+ 0,8

11,80

+ 0

+ 0

20

18,0»

+ 6,*

+ 6,6

18,1»

+ 1,8

+ 1,8

38

30

22,6«

+ 11.0

+ 4,6

14,90

+ 8.1

+ 1.8

1

1

40

25,8»

+ 14,2

+ 8,2

17,10

+ 5,3

+ 2,2 ,

. 28

50

27,1»

+ 16,5

+ 1.3

18,70

+ 6,9

+ 1,6

28

60

27,5«

+ 15,9

+ 0,4

19,90

+ 8,1

+ 1.2

' 27

C

Speck

Fleisch

0

11,9«

11,80

42

10

12,10

+ 0.2

+ 0,2

13,20

+ M

+ M

86

20

13,4»

+ 1.5

+ 1,8

19,30

+ 7,6

+ 6.1

38

30

15,20

+ 3,8

+ 1,8

23.90

+ 12,1

+ 4.6

40

17,40

+ 5,ö

+ 2,2

26,60

+ 14,8

+ 2,7 '

1 28

50

, 19,20

+ 7,3

+ 1.8

27,60

+ 16,8

+ 1,0

27

60

20,5»

+ 8.6

+ 1,3

. 27,80

+ 16.0

+ 0,2

28

Von Max Rabner. 241

Reihe A diente als Kontrollversucb, in B und C wurde Fleisch und Fett geprüft und die Vertauschung der Zylinder vorgenommen, um kleine Fehler noch auszuschliefsen. In 30 Minuten nahm der Speck um 2,8® im Mittel zu, das magere Fleisch 11,5®; in der 50sten Minute war bei Fleisch der Wärmeausgleich fast voll- endet mit 15,6® Temperaturzuwachs, während Fett erst 7,1 ^ mehr an Wärme gewonnen hatte.

Bildet man für die Zahlen der ersten 20 Minuten den Quo- tienten der Differenzen der Logarithmen der Temperaturdifferenz zwischen Aufsenwärme und Wärme im Innern der betreffenden Objekte durch die Zeit, so ßndet sich für beide Reihen über- einstimmend :

Für Fleisch: 0,0164; für Fett: 0,00894 Die Geschwindigkeit des Wärmeeindringens ist bei Fleisch also 1,82 mal grölser als bei dem Speck gewesen.

III.

Wenn es sich auch verhältnismäTsig einfach gestaltet, für die Wärmebewegung einen annähernden Ausdruck zu finden, so- lange es sich um Objekte bei gewöhnlicher Temperatur handelt, begegnen wir den allergröfsten Schwierigkeiten bei Anwendung hoher Temperaturen, welche der Siedehitze nahekommen oder sie überschreiten.

Von Versuchen wissenschaftlicher Art die Materie zu be- arbeiten, ist nichts zu berichten ; das einzige Objekt, welches über- haupt gelegentlich geprüft wurde, ist noch das Muskelfleisch. Elementare Angaben über das Eindringen der Wärme in dickere Schichten von Fleisch finden sich mehrfach.

Als man die Fleischparasiten entdeckte und in der Wärme ein Mittel erkannte sie zu beseitigen, hat man angefangen, ein- zelne Messungen zu machen über die Zeit, welche zum Durch- dringen grofser Fleischmassen notwendig war. Man bestätigte, was übrigens aus der Küchenerfahrung heraus kaum bezweifelt wurde, das langsame Eindringen der Wärme.

Ahnliche Fragen tauchten dann später wieder auf, als neue Krankheitserreger bakterieUer Natur im Fleische nachgewiesen

Archiv für Hygiene. Bd. LV. 16

242 Über das Eindringen der Wärme in feste Objekte and Organteile etc.

worden waren und es sich um deren Vernichtung durch Wärme handelte wie bei Milzbrand, Tuberkulose und ähnlichen Krank- keiten. Dann kamen Fragen über die Haltbarkeit der Konserven und die hierzu nötigen Temperaturen auf die Tagesordnung. Das schlechte Leitungsvermögen der hier in Betracht kommenden Substanzen, die Notwendigkeit, zwischen flüssigem Wasser und dem in den Zellen fixiertem Wasser bei der Wärmeübertragung zu unterscheiden, hatte schon Rumf ord beobachtet, indem er auf die langanhaltende Wärme des Apfelbreies und der schnell sinkenden Temperatur der Suppen hinwies, populär ausgedrückte Wahrheiten, die immer wieder vergessen werden.

Die Art und Weise, in der man sich über die Wärmeleitungs- fähigkeit des Muskelfleisches für unterrichtet hielt, mag durch einige Angaben erläutert werden.

So finde ich bei Fjord (1867) erwähnt, dafs gering gesalzenes Fleisch in Stücken von 31/4 Pfd. bei 2^2 Zoll Länge und 7 Zoll Querschnitt 22 Minuten nach dem Anfeuern in der Mitte (statt 9^) IV zeigt, nach 30 Minuten 43 ^ nach 105 Minuten 62». Auch für den Bratakt finden sich Angaben. Valiin (1881) erwähnt, dafs ein Stück Rindfleisch von 3 Kilo 4 Stunden im Kochen bleiben mufs, ehe die Temperatur 90 100® erzielt wird. In 1 Stunde steigt die Wärme nur bis 50®.^)

Dann hat man gelegentlich der Untersuchung von Fleisch- dampfapparaten oder bei der Konservierung von Büchsenfleisch einige Messungen gemacht, die aber für eine systematische Er- kenntnis und Erklärung des Wärmedurchgangs im Fleisch nicht zu verwerten sind, eine solche auch nicht zum Ziele hatten.

So zahlreich also auch Messungen über den Temperatur- anstieg im Innern eines Fleischstückes sind, weifs man über die wissenschaftliche Seite dieses Vorgangs doch gar nichts. Die Annahmen über das Leitungsvermögen des Fleisches usw.

1) Für Kochzwecke findet sich auch sonst manche hierher ^hörige An- gabe, auf die ich aber nicht weiter eingehen kann. S. auch Abel, Zeitschr. f. Hygiene, Bd. XXX, 8. 382.

2) Abel, Archiv f. Hygiene, Bd. XXX.

3) Biflchoff u. Wintgen, Bd. XXXIV, 8. 499.

Von Max Rubner. 243

sind rein willkürliche. Allen Beobachtern ist die grofse Unregel- mäfsigkeit der Durchwärmung aufgefallen, man hat aber nicht getrennt zwischen Fehlern der Methodik, die offenbar für manche Verfahren ganz aufserordentlich grofse sind, und zwischen Diffe- renzen, die in der eigentUchen Beschaffenheit der Fleischsubstanz liegen.

An den regellosen und anscheinend unentwirrbaren Ergeb- nissen tragen zweifellos die technischen UnvoUkommenheiten der Methodik einen Anteil. Zur Temperaturmessung genügt das Ein- schieben von Thermometern zwischen die Muskelbündel keines- wegs; ein sicherer Abschlufs läfst sich kaum erzielen, es treten Spalten auf und Flüssigkeit gelangt nur zu leicht direkt in die Tiefe des Fleischstückes Die Art der Trennung, ob mit Querdurch- schneidung des Muskels oder parallel zu den Fasern, kommt auch mit in Betracht.

Meine Methodik war folgende : In der Mitte der Fleischstücke war ein Thermoelement gut isoliert bis auf die eigentliche Lötstelle angebracht, ein zweites Element befand sich in einem Gläschen mit Wasser, in dem neben dem Element ein Thermo- meter sich befand. Ein Galvanometer stand auf 0, wenn beide Lötstellen gleiche Temperatur hatten. Der Weg der thermo- elektrischen Messung ist zu bekannt, als dafs ich weiteres anzu- geben nötig hätte.

Das Wasser, in welches das Fleisch getaucht wurde, hatte 20^ und wurde dann, nachdem das Fleischstück sicher mit dem Thermoelement befestigt war, rasch angewärmt

Ich bemerke weiter, dafs die mit möglichst reinem Muskel- fleisch angestellten Versuche natürlich nicht auf Fleisch mit massigen Fetteinlagerungen und knochenhaltiges Fleisch über- tragbar sind.

Innegehalten wurde bei den Experimenten auch eine gleich- artige Schnittweise des Fleisches. Die Messungen, über welche ich berichten kann, liegen viele Jahre zurück.

Schon vor etwa 10 12 Jahren hat Professor Bonhoff

eine Zahl von Untersuchungen über Wärmedurchgängigkeit des

Fleisches in meinem Institut ausgeführt.

16

244 tiher das Eindringen der Wärme in feste Objekte und Organteile etc.

In nachstehender Tabelle ist die Qualität des Fleisches, die natürlich nicht immer den Wünschen entsprechen konnte, angegeben.

+ bedeutet ein schlechtes Stück aus kleinen Muskeln, also mit viel Sehnen und Bindegewebe durchsetzt. -| f- ein mittelgutes Stück aus zwei grofsen Muskelmassen, -\ I f- ein tadelloses Stück aus einer einzigen grofsen Muskel- masse.

Unter Wassertemperatur im Reagensglas vor dem Kochen ist zu verstehen die Temperatur, welche das mit dem zweiten Thermoelement in einem mit Wasser gefüllten Reagensglas ver- einigte Thermometer im Moment des Einwerfens des Fleisch- stückes in das Wasser zeigt.

Die Erwärmungszeiten sind in Minuten angegeben, gerechnet von dem Moment des Einlegens des Fleischstückes bis zu dem Moment, in welchem das Galvanometer 0 Ausschlag gibt, und das Wassergläschen mit dem einen Thermoelement die angegebene Temperatur am Thermometer ablesen liefs.

(Siehe Tabelle H auf S. 245 and 246.)

Die Ergebnisse zeigen Schwankungen, die, was die erste Zeit nach dem Erwärmen anlangt, von der Temperatur, die das Fleisch vor dem Experiment hatte, abhängig sind. Diese Tem- peratur kann man schätzen nach dem Stande der Nadel des Galvanometers beim Einstechen des Elementes. 1^ negativer Ausschlag war rund 0,4®.

Genauer als auf 0,2® werden die Angaben im allgemeinen nicht sein. Es genügt dies für die vorliegende Aufgabe. Den Praktiker wird zunächst die Frage interessieren, wie lauge es dauert, bis ein bestimmter Temperaturgrad erreicht wird. Der einfachste Fall ist das Garwerden des Fleisches bei der Tem- peratur von 100®. Dann haben alle Teile die gleiche Wärme an- genommen.

Die einfachste Art der Betrachtung ist die, dafs wir die Endzeiten für den erreichten Gleichgewichtszustand ins Auge

VoD Max Rubner.

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246 Ober das Eindringen der Wftrme in feste Objekte und Organteile etc.

Von Max Rubner.

247

fassen. Wie man aus den Tabellen sieht, liegen trotz der sorg- fältigen Auswahl an Material doch nicht unerhebliche Differenzen vor, die in der Natur der Substanz begründet sein mögen. Die Mittelwerte gleichen die gröberen Schwankungen genügend ab, um mit den Zahlen weiter operieren zu können.

Tabelle XU.

Minatenzahl fttr die erreiehten Temperatnreii wttrfein^miisrer Stücke Ton

naehfolsrenden SeitenlÜDsreD.

Temp.

im Fleisch

6

8

11

11

gekocht

Nr. 10, 11,

12. 13.

20

7.3

.^

_

30

15,0

20,5

2,5

40

3,5

21,3

32,5

9,7

50

6,6

29,0

44,5

20.5

60

8,7

36,3

55,4

30,7

70

12,8

43,3

70,9

39.5

80

17.5

53,8

78,0

48,7

90

25,5

73.3

98,2

65,2

100

44,2

93,3

136,2

98,5

Die Durchdringungszeiten sind für grofse Stücke von denen der kleineren wesentlich verschieden, was zunächst einer weiteren Begründung nicht bedarf. Die ersten Erwärmungsgrade werden verhältnismäfsig schnell durchlaufen. Die definitive Einstellung läfst aber lange auf sich warten, ein Umstand, der in der Ab- nahme der Triebkräfte für die Wärme nämlich der Differenz zwischen Kerntemperatur und Oberfläche vorläufig seine Erklä- rung finden mag. Ich bemerke aber, dafs sich aus den hier roh vorUegenden Zahlen ein sicheres Urteil über die Schnelligkeit der Erwärmung keineswegs gewinnen läfst. Wir kommen darauf aus- führlicher zurück.

Fassen wir zunächst den Endeffekt der Erwärmung in Be- tracht, so wurde die Endtemperatur von 100® erreicht

bei 6 ccm in 44,2 Min. > 8 » » 93,3 » (s. Tabelle II) » 10 » > 126,7 >

» 11 » > 136,3 »

248 Über das EindriDgen der Wärme in feste Objekte und Organteile etc.

Daraus folgt, dafs die Zeiten sich umgekehrt proportional dem Quadrat des halben Durchmessers der Fleischstücke ver- halten. Denn

6«:

82

: 10» :

112

36 :

64

;100 :

121

= 1 :

1,77

; 2.8:

3,36

1 iU9-

93,3

126.7

136,3

a b c d

gibt 44,2 : 52,6 : 45,2 : 40,5.

Dazu ist zu bemerken, dals die Anfangstemperaturen waren bei

a=16o im Mittel b = 11,30 ,

c= 5,20 , ^

d = 20,30 1 1

Zwischen 6 11 cm Durchmesser (0,22 1,33 kg) kann man also annehmen, dals die obenbenannte 6esetzmlU*sigkeit besteht. Denn die gefundenen Abweichungen sind bei einem Objekt, das einer feineren Beobachtung solche Schwierigkeiten ent- gegenstellt wie der Muskel, ziemlich belanglos. Zum Teil erklärt sich die Abweichung von b und c durch die niedrigere Anfangs- temperatur.

Über die Anwendung des Satzes, dafs die Zeiten gleicher Temperatur von der Gröfse der Stücke abhängig sei, auf alle Zwischenstufen zwischen 20 100 0 kann man sich an dieser Stelle noch nicht aussprechen. Für 70^ besteht die Gesetzmäfsig- keit für die gröfseren Fleischstücke, für das kleinste aber nicht.

Es sind die Zeiten für lO«

bei 6 cm Seitenlg. 12,8 Min., während die Rechnung zeigt 21,2 Min., * 8 » > 43,3 y> » » » » 37,3 »

» 10 » » 56,2 > » » V » 59,0 >

» 11 > y> 70,9 » » > » » 70,9 >

wenn man von dem Werte für 12 cm ausgehend die übrigen ableitet.

Von Max Rabner. 249

Die bisherigen Beobachter, deren Zahlenergebnisse für die Erwärmung des Fleisches so aulserordentlich schwankend gewesen sind, haben als Hauptgrund immer nur die ungleiche Zusammen- setzung der Stücke (Fettgehalt, Knochen) angesehen; ein solcher Einflufs soll nicht in Abrede gestellt werden. Er ist aber noch nicht das punctum saliens in der Sache.

Der Hauptfehler, warum man bisher die allermannigfachsten Resultate gefunden hat, lag in der ungenügenden Kenntnis von den Veränderungen des Fleisches in der Hitze. Durch die Arbei- ten meines Laboratoriums sind diese eigenartigen Vorgänge im einzelnen aufgeklärt, die Ergebnisse aber zu wenig beachtet worden.

Von Nothwang^) wurde festgestellt, wie sich bei der Siede- temperatur unter verschiedenen Umständen der Gehalt an Wasser, Salzen, Extraktivstoffen ändert, sei es, dafs die Fleischsorten in Berührung mit Wasser oder Dampf erwärmt waren. Ferrati^) hat festgestellt, welche Änderungen bei sehr verschiedener Tem- peratur und bei verschiedenen als »Fleische im weiteren Sinne bezeichneten Organen vor sich gehen; es hat sich dabei die wichtige Tatsache ergeben, dafs die Festigkeit, Zähigkeit und Derbheit des Fleisches mit steigender Tempera- tur immer zunimmt. Die zu Sterilisationszwecken für Fleisch vorgeschlagene Temperatur über 100^ ist vom Ernährungsstand- punkte aus betrachtet nicht ohne Bedenken.

F. W. Milroy') hat die chemischen Veränderungen des Fleisches bei verschiedener Temperatur näher verfolgt und dar- tun können, dafs die Unsitte, fast rohes oder halbgares Fleisch zu geniefsen, in der Annahme, im halbgaren Fleisch fänden sich noch sehr viel unkoagulierte Eiweifsstoffe, durch das JEiXperiment widerlegt werde.

Als einen Ausdruck der Volumänderung können wir die Gewichtsverluste des Fleisches in der Wärme betrachten. Von

1) Archiv f. Hygiene, Bd. XVIÜ, 8. 80.

2) Dasselbe, Bd. XIX, 8. 317. 8) Dasselbe, Bd. XXV, S. 154.

250 Über das Eindringen der Wärme in feste Objekte und Organteile etc.

Ferrati wurden darüber systematische Versuche angestellt; ich gebe nachstehend unter Umrechnung der Originalzahlen ^n, um wie viele Prozente Gewichtsverlust das Fleisch bei gewissen Temperaturintervallen sich ändert:^)

bei 15® 0,04% (= autolytische Vorgänge)

15— 45» 3,57%

45—560 7,21%

56—660 15,83%

66—750 10,650/0

75—860 8,300/0

86—950 1,730/0.

Darüber hinaus schreitet die Schrumpfung des Fleisches weiter, sie interessiert uns hier zunächst nicht.

Läfst man das Fleisch länger als zur Erreichung des Wärme- gleichgewichtes nötig ist, in der Wärme, so findet nochmals eine Zusammenziehung statt, die ja nicht so umfangreich ist als die erste, aber doch mehrere Prozent betragen kann.

Ein Fleisch, das (500 g) eine Stunde im Dampfkochtopf ge- halten wird, gab in dieser Zeit 170 g Saft ab, in der zweiten Stunde noch . 12 g, in der dritten Stunde . . . 2,5 g. Meist werden die in der zweiten und dritten Stunde erhaltenen Werte sogar etwas gröfser sein.

Die oben nach Ferrati berechneten Werte gelten nur für den Fall des Gleichgewichtszustandes ; richtet man sich nur nach der Kerntemperatur einer in steigender Erwärmung befindlichen Fleischmasse, so ist die Aulsentemperatur nicht gleich dem Kern, sondern gleich dem umgebenden Medium. Die Schrumpfung des

Fleisches macht sich also dann, weil ^ höher

als die Kemtemperatur selbst, schon früher geltend, als nach obigen Zahlen sich ergäbe.

Im Anschlüsse hieran möchte ich noch folgendes bemerken. Bei der Einwirkung der 'Wärme auf Fleisch zieht sich dieses

1) Archiv f. Hygiene, Bd. XIX, 8. 319.

Von Max Rabner. 251

nicht gleichmäfsig zusammen, sondern die Längskontraktion der Faser ist die erheblichste.

Bei einem mageren Fleisch, das beim Dünsten in Dampf von 100 Gewichtsteilen auf 50,4 zurückgegangen war, war die

Kontraktionsverkürzung 100 : 47,5,

die Verändenmg der Seitenlänge des Querschnittes . 100 : 84,8 und die der mittleren Querschnittfläche 100 : 92,8.

Die Deformation nimmt an Stücken mit wechselnder Faser- richtung die allerabenteuerlichsten Formen an ; ein unregelmälsig geformtes Stück kann zur Kugel werden, der Würfel plattet sich ab, Spitzen und Zacken entstehen. Die Längskontraktion kann sich frei entwickeln oder gehemmt sein. Je nach dem ana- tomischen Bau und der Schnittführung kann man also die alier- mannigfaltigsten Ergebnisse erzielen.

Nachstehend (S. S. 252) folgt die graphische Darstellung des fortschreitenden Gewichtsverlustes^) des Muskelfleisches beim Erwärmen, und die Retraktion der Längsfasem (punktierte Linien) (Ordinaten links), so wie die Veränderung der Werte für PC bei Muskelfleisch (Ordinaten rechts). Der Abszisse gibt die Tempe- raturen.

Manche Fleischarten, wie z. B. das Fleisch der Fische, wird in der Hitze ganz anders beeinflufst als das der Säugetiere, es nimmt weniger an Gewicht und Volumen beim Erhitzen ab.

Mit der Gerinnung der Eiweifsstoffe ist nur in bestimmten Organen eine Änderung der Form und Verkleinerung des Raumes verknüpft, viele EiweilsstoSe gerinnen unter Gleich- erhaltung von Form und Masse, z. B. das Hühnereiweils, der Dotter, das Serum und Blut.

Mit der Volum Verkleinerung des Fleisches ändert sich für den Einstrom der Weg für das Eindringen der Wärme. Die Berührung mit den umgebenden Medien wird zugleich inniger, weil ja die Oberfläche im Verhältnis zur Masse gleich- falls mit abnehmender Gröfse des Stückes wächst, wie die nach- stehenden Zahlen zeigen.

1) Die Summen bis su einer bestimmten erreichten Temperatur.

252 tJboT das EiDdringen Wftnne in feste Objekte und OrgajitaUa etc. Tftbslle IV.

Seitenl&nge

die Gewichte der ätDcke iiüd

die Oberflftctie

Mf 1 Kilo tril« Oberfllclie

6 cm

226 g

144

637

8 >

639 .

266

477

10 .

1054 >

400

383

11 .

1403 .

484

344

GewiektBAbnthra« dea HiukelflelsefaM bei der ErwInnoBr.

100 Teile verliereD Oramm ').

Wenn die Wärme in das frische Fleisch eindringt und dieses zur Kontraktion zwingt, mufs eine Wärme aufgewandt werden, die der Erwärmung der ganzen Fleischmasse auf die Endtemperatur entspricht, denn der ausgepreCate Saft nimmt und mufs seinen Weg durch die warme Aufsenscbicht nehmen; er strömt mit seinem dem Fleisch entnommenen Wärmevorrat ab.

Ein Fleischstück von 11 cm Seitenlange hat 1,403X0,825 = 1157 g Kai. Wasserwert.

Für die Erhöhung von 20—100 " müssen eintreten 92,56 kg Kai.

Dabei ist es aber allmählich zusammengeschrumpft, so dafs sein End wasserwert statt 1157 nur mehr 544 g Kai. ausmacht. Erwärme ich diese Substanz wieder, so braucht sie nur mehr 43,62 Kilo Kai.

1) Der LftogenTerliut ist grofser; die reBtieieode lAnge ^= 0^1 X <lem verbleibenden Gewicht

Von Max Rabner. 253

aufzunehmen, um 100^ zu erreichen. Die Aufnahme bei zweit' maliger Erwärmung wird erleichtert durch die geringe Weg- strecke und die gesteigerte relative Oberfläche, gehemmt durch die Abnahme des Leitungsvermögens ( 13,1%).

Damit dürften die ersten elementaren Fragen, die man aus dem Experimente beantworten will, erledigt sein.

Bei den bis jetzt bekannt gewordenen Versuchen ist man über die Feststellung der Erwärmungszeit nicht hinausgekommen, noch weniger hat man es unternommen, weitere gesetzmäfsige Beziehungen abzuleiten.

IV.

Will man nicht sich mit der allgemeinen Tatsache, dafs eben die Wärme ungleich ins Fleisch eindringt, genügen lassen, sondern weitere Schlüsse ziehen, so mufs man einen besonderen Weg der Rechnung einschlagen.

Ich wünschte einen Ausdruck zu erhalten dafür, ob in ein- zelnen Zeitperioden das Eindringen der Wärme gleichartig oder ungleichartig sei. Zu diesem Behuf e habe ich zuerst die einzelnen Serien zu Mittelwerten für je eine Dicke des Fleisches zusammengelegt (s. S. 247).

Sodann wurde berechnet, wie grofs jeweils das Temperatur- intervall zwischen Zentrum des Fleisches und der äulseren Be- grenzung war (also bei 20 ^ = 80, bei 30® = 70), und ähnlich war für das Erkaltungsgesetz die Konstante berechnet worden durch Division mit der Zeit in die Differenzen der Logarithmen der eben genannten Temperatur werte. ^)

1) Zwei Beispiele der Berechnung mOgen genügen. Fall I. 6 cm Darchmesser.

Temperatur-

Zeitdauer der

Differenz der

Differenz

Erwärmung

Zeit in jedem

aiiDMü n. Kern

in Minuten

Intervall

50«

M

+ 3.0

40»

7.4

+ 4,2

30»

11.2

+ 4,4

20«

15,6

+ 9,8

10»

26,4

+ 18.8

44,2

Minuten

254 Über das Eindringen der Wärme in feste Objekte und Organteile etc.

Diese gesetzmälsige Beziehung gilt freilich als ganz genau nur, wenn das Intervall etwa 40^ nicht überschreitet; aber es kommt hier auch darauf an, wie grofs diese Differenzen sind.

Fall 11. 8 cm Durchmesser, J

Seieicbnung ebenso.

80« 7,3

70« 16,0 60« 21,3 60« 29,0 40« 36,3 SO« 43,3 20« 63,8 10« 73.3 93,3

+ 7,7 + 6,3 + 8,3 + 7,3 + 10,0 + 10.6 + 19,5 + 20,6

Minuten

weiter für Fall I

lg

60 2^40

3,0 Minuten

1,6989700

1,6020600 0,0969100 ^^ ^^ , 0,0323

= = 0,0323 oder

0,0969100 3 60

f. d. Sek

1,6020600

1,4771213 0.1249387

0,1249387 ^^^^ 4,2 - ^'^'

1.4771213

1,3010300 0,1760913

0,1^^60913 ^ ^^^^

1.3010300

1,0000000 0,3010800

0.3010300 = 0,0307

1,0000000

1,0000000 ^^^ 18,8 -^'^^-

Für Fall II: 0,0075

0,0126

0,0106

0,0167

0,0096

0,0164

0,0133

0,0600

Von Max Rubner. 255

Als ich die in folgenden Versuchen benutzte leere, d. h. mit Luft gefüllte Metallkugel in einem Wasserbad von 25^ erkalten liefs, waren die Werte ^)

T—\

5

65

40

0,0024

0,0031

60

35

0,0028

0,0031

55

30

0,0027

0,0030

50

25

0,0082

0,0031

45

20

0,0031

0,0031

40

15

0,0031

10 5 0

0,0031 0,0031 0,0031

0,0023 Ahnlich für den umgekehrten Vorgang, der Erwärmung. Hierbei differierten die anfängUchen Werte nicht unerheblich, bis sich ein Gleichgewicht hergestellt hatte. Dann entsprachen die Zahlen den obigen

0,0030

0,0030

0,0029

0,0028

0,0031

0,0025.

Der letzte Wert schwankt, weil hier der Punkt des scharfen Erreichens wegen der Langsamkeit des Temperaturanstiegs beim Ablesen Schwierigkeiten macht.

Diese Zahlen der Tabelle V sind ein Ausdruck für die Ge- schwindigkeit des Erwärmens des Fleisches. Das Resultat zeigt in jeder Reihe eine Zunahme der Werte mit dem Unter- schiede, dafs speziell bei niedrigen Temperaturen zwischen den einzelnen Proben grofse Differenzen sich finden. In der ersten Zeit dauert es selbstredend bei sehr dicken Schichten am längsten,

1) Dies sind natQrlich keine Werte far das Leitangsyermög^ der Luft 1

256 t)ber das Eindringen der Wärme in feste Objekte und Organteile etc.

bis Überhaupt ^in nennenswerter Wännezuwachs eintritt. Die Zunahme der Erwärmungsgeschwindigkeit entspricht also gerade dem Gegenteil von dem, was man aus einer oberflächlichen Be- trachtung der Zahlen hätte herauslesen können. Die Geschwindig- keit der Erwärmung ist mit Zunahme der Temperatur nicht abnehmend, sondern wachsend.

Tabelle V.

Werte für

log e,

sec.

T

Seitenlänge der Fleischstücke

30 40 50 60 70 80 90 100

70

eo

50 40 30 20 10 0

0,00054 0,00049 0,00067 0,00051 0,00086

0,00018 0,00016 0,00021 0,00021 0,00028 0,00026 0,00083

0,00013 0,00016 0,00017 0,00030 0,00026 0,00031 0,00033

Gewichts- verlust nach Ferrati

0,00010 0,00010 0,00016 0,00021 0,00027 0,00028 0,00042

7,21 15,8 10,6

8,3

>

» >

Das kann nicht in einer leichteren Durchdringung auf Grund des geänderten Leitungsvermögens begründet sein, sondern es ist der Ausdruck für die stetige Abnahme des V^olumens, der Ab- nahme der Wegstrecke für die Weiterbewegung der Wärme.

Ob aber die Volumänderung den einzigen wesentlichen Grund für den eigenartigen Wärmeanstieg darstellt, ist nicht entschieden; sind doch die Wirkungen der Erwärmung organisierter Massen keineswegs genau genug bekannt. Ich habe mich daher zu unter- richten versucht, ob nicht auch die Veränderungen beim Fest- werden der eiweifsartigen StofiFe, die Prozesse der Gerinnung, Momente von einiger Bedeutung seien.

Ehe wir zu weiteren Schlüssen kommen, will ich eine Reihe von Messungen an Ei weifs Sorten betrachten. In drei ganz gleich grofsen kugligen Kolben von r = 4 wurde Eiweifs, Dotter und Blut gefüllt und im Wasserbad von 99,6® die Temperatur verfolgt, das Thermometer wurde scharf in den Mittelpunkt der

Von Max Rabner.

257

Kugel gebracht. Aus den Originalablesungen wurden in oben gesagter Weise die Werte für die Erwärmungsgeschwindigkeit pro 1 Sekunde abgeleitet und in folgende Tabelle eingetragen.

Tabelle VI.

log t^ f,

r = 4,0 cm

Sekunden

T—t

55 50

44

40

34

80 24 20 15 10 5 0

Eiweifs

0,00055 0,00055

Dotter

Blut

0,00032 0,00032

0,00038 1 0.000381

0,00035

0,00035 0,00039 0,00089 0,00046 0,00043 0,00044

0,00045 I

0,00045 0,00061 0,00061 0,00061 0,00037

0,00033 I

0,00059 0,00059 0,00040 0,00044 0,00032

Man erkennt ohne weiteres eine sehr weitgehende Überein- stimmung in den einzelnen Werten, eine weit bessere als bei dem Fleisch erhalten worden ist. Zwischen 65 90° erwärmt sich Dotter am schnellsten, Eiweifs weniger schnell und Blut nimmt eine mittlere Stellung ein, gleichartig scheint die Erwärmung bei allen dreien nicht, eher erst abfallend, dann wieder steigend.

Die Versuche wurden mit Hühnereiweifs genauer wiederholt. Aus vielen Versuchen gebe ich nur die in Tabelle VII auf Seite 258 angegebenen Beispiele.

Der Verlauf des Wärmeganges ist ein ganz eigenartiger. Nach einem raschen Eindringen der Wärme nimmt die Erwärmungs- geschwindigkeit allmählich ab bis zu einem Minimum bei 55° oder 60°, sodann erhebt sich die Leitungsgrölse, um bei 70° und weiter annähernd konstant zn bleiben. Um Zufälligkeiten kann es sich dabei nicht handeln. Ich habe das Experiment wiederholen lassen. Der Erwärmungsgang blieb derselbe. Das Minimum zeigt sich bei 60° Temperatur.

Archiv mr Hygien«. Bd. LIV. 17

258 ^her da« Eindringen derWftrme in feste Objekte and Organteile etr.

Tabelle Vn.

T—t

roh

[ gekocht

n

Mittel

Wirkl.

roh

gekocht

roh

gekocht

Temp.

71

0,00130

0,00022

0,00220

0,00017

0,00170

0.00022

30

66

0,00140

0,00027

. 0,00220

0,00018

0,00180

0,00022

35

61

0,00060

0,00027

0,00090

0,00023

0,00076

0,00025

40

66

0,00012

0,00032

0,00050

0,00025

o,ooasi

0,00028 '

45

51

0,00017

0,00034

0,00031

0,00026

0.00024

0,00030

50

46 .

1

0,00018 0,00019 0,00023

0,00036 0,00032 0,00038

, 0,00036 0,00009 0,00023

0,00034 ! 0,00027 1 0,00032

0.00027

0,00035 0,00029 0,00036

55

41

0,00014

60

36

0,00023

ÖT)

31 ii

II

0,00025

0,00038

0,00023

0,00032

0,00024

o,ooa%

70

26 '

0,00022

0,00033

0,00025

0,00028

0,00024

0,00031

75

21

0,00028

0,00038

0,00030

0,00032

0,00029

0,00036

80

k;

0,00027

0,00037

. 0,00031

0,00029

0,00029

0,00033

85

" 1,

0,00024

0,00034

0,00031

0,00026 ;

1

0,00027

0,00028

90

ö ,i

1

1

1

""

Darunter und darüber ist die Wärmeleitung grölser, und zwar besonders grofs bei niedrigen Temperaturen, bei denen gerade die Wärmebewegung im Fleisch so sehr gering gewesen ist.

Der Ursache für den so merkwürdigen Gang der Erwärmung kann man durch den Versuch näher treten, wenn wir das Ei- weifs ein zweites Mal erwärmen. Die vorstehende Tabelle enthält unter der Bezeichnung Mittel eigentlich drei Versuche, indem in der einen Reihe das Eiweils dreimal erwärmt wurde (einmal roh, zweimal gekocht). Da hierbei bei den vorher gekoch- ten Proben sich Abweichungen nicht ergaben, wurde auf weitere Wiederholungen verzichtet. Die Erwärmungszahlen geben zwar keine eigentliche Konstante, aber bis 40^ sind die Abweichungen nicht erheblich, und liegen unter dem späteren Mittel. Beim koa- gulierten Eiweifs ist nach meinen Zahlen die Erwärmung also sehr gleichmäfsig. Wie ist aber die Abweichung des rohen Eiweifses zu erklären?

Die Betrachtung führt uns zu folgenden Ergebnissen. Die erste Steigerung der Temperatur des einer warmen Umgebung ausgesetzten Eiweifses führt zu einem lebhaften Wärmedurch- gang, an einem solchen sind Strömungen der Flüssigkeit

Von Max Rabner. 259

beteiligt. Doch habe ich absichtlich, um solche zu verhindern, das Eiweils so genommen, wie man es direkt beim Offnen des Eies erhält, also nicht etwa in der mehr flüssigen Form, wie es nach dem Schlagen zu Eiweifsschnee sich sammelt.

Bei einer wirklich flüssigen Masse ist der Wärmegang auch ein weit rascherer, z. B. bei Milch, wo sich als Erwärmungswert fand :

71

0,00317

66 56 51 46

41

0,00356 0,00369 0,00320 0,00312

Man versteht, dafs diese Bewegung des Eiweifses abnimmt mit der Gerinnung der äufseren, der Metallkugeloberfläche an- liegenden Schichten und der Zunahme der Zähigkeit, die der Gerinnung vorausgeht. Aber auffallend bleibt der Temperatur- abfall bei der Gerinnung in dem Zentrum des Eies. Ich dachte, dafs zum Teil die Entwicklung von Gasen, die ich manchmal beobachtet habe, einen Einflufs ausübe.

Wenn man Hühnereiweifs erwärmt, so wird es für ein kurzes Temperaturintervall dünnflüssiger. Dann verliert sich diese Eigen- schaft und zwischen 50 60° beginnt schon die partielle Gerin- nung, die dann immer weiter fortschreitet. Achtet man genauer auf die Vorgänge, so findet man manchmal eine mehr oder minder starke Volumvermehrung, eine Blähung der Masse, und unver- kennbar das Auftreten von Luftbläschen oder Flüssigkeitsbläschen in der Masse. Es richtet sich dies aber, wie ich finde, nach der Natur der Eier, indem frische Eier diese Tendenz zur Blähung nicht besitzen, wohl aber die alte Ware.

Erhitzt man Hühnereiweifs langsam und ohne Blasenbildung,

so kommt keine Volumzunahme zustande. Ich verwendete

Eiweils von 1042,1 sp. Gew. und brachte etwas davon in ein

17

260 Über das Eindringen der Wärme in feste Objekte und Organteile etc.

Pyknometer, und liefs es dann durch Erwärmen im warmen Wasserbade gerinnen, wobei es etwas an Wasser verlor.

Frisch . . 17,476 g = 16,769 ccm

geronnen 17,452 » 0,025 >

0,024 g = 16,744 ccm.

Das Pyknometer nahm noch 5,092 ccm Wasser auf, nach- dem das Eiweifs geronnen und wieder abgekühlt war. Der ganze

Kubikinhalt war

21,878 ccm

ab 5,092 »

16,786 ccm. Das Eiweifs müfste also nach dem Erhitzen diesen Raum ein- genommen haben, es mafs vor dem Erhitzen

16,769 ccm

Ausdehnung 0,017 ccm = + 0,1%.

Hat man aber alte Eier und erhitzt auf höhern Grad als zur eigentUchen Koagulation nötig ist, so kann die Volumzunahme in der Wärme 21 23% ausmachen. Schichtet man Ol über das Eiweifs, so zeigen sich deutlich die aufsteigenden Gas- bläschen, und zwar sind sie, wie man beim Evakuieren unter der Luftpumpe sieht, in der ganzen Masse verteilt. Nach dem Abkühlen sinkt die Eiweifsmasse in sich zusammen, aber nicht mehr ganz.

In solchen Fällen konnte etwas Wärme durch die Ver- flüchtigung von Gasen verloren gehen. Die Gasentwicklung beim Erhitzen mancher Nahrungsmittel habe ich schon vor langer Zeit näher untersuchen lassen mit dem Resultate, dafs unter allen Umständen dabei CO2 auftritt i), daneben manchmal SHj und seltener Merkaptan.

Die Eier entwickeln, auf 500 g frisches Material gerechnet,

0,149 g = 0,298 g pro Kilo an CO2, oder in ccm gerechnet 149 ccm > »

_ 14,9 pro 100 g Substanz.

1) Archiv f. Hygiene, Bd. XIX, S. 133.

Von Max Rubner. 2t) 1

Denkt man sich die Gasmasse auch noch bei Siedetempe- ratur ausgedehnt, so reicht sie hin, die beobachteten Erscheinungen zu erklären.

Diese Gasentwicklung erfordert selbstverständlich eine gewisse Wärmemenge, die zunächst der Umgebung entnommen werden mufs.

Den eigentlichen Vorgang der CO2- Abspaltung kennen wir nicht, und es läfst sich daher auch nur approximativ schätzen, welche Wärmemenge etwa durch den Akt des Entstehens der genannten C02-Mengen gebunden wird. Die Kugel war gefüllt mit 372 g Eiweifs. Die absolute Gröfse der C 02- Bildung kann demnach

0 149 0,108 g betragen haben (372 -^kq- = 0,108 g). Durch den ein- fachen Übergang von flüssiger zu gasförmiger CO2 wird pro Mole- kül 5600 g-Kal. frei = 127 Kai. pro 1 g CO2 und 13,7 g-Kal. für die Füllung meiner Kugel, eine Menge, die gegenüber dem Wärme- strom von etwa 23 840 g-Kal., welche zur Erwärmung der ganzen Masse nötig waren, verschwindend ist. Wenn die Zersetzung etwa so erfolgt, wie durch Spaltung einer salzartigen Verbindung, z. B. 2 NaHCOg =Na2C08 + H2O (flüssig) + CO.^ (Gas), dann sind 19960 gKal, notwendig, die Reaktion zu vollenden =461 pro 1 g CO2 = 48,7 g-Kal. pro 0,108 g CO2.

Manchmal mögen die genannten Erscheinungen der Gas- bildung gewifs an dem Wärmegang beteiligt sein. In meinem Experimente kann dies aber nicht in nennenswertem Grade geschehen sein. Der Beweis hegt noch, abgesehen von vor- stehender Rechnung, im folgenden.

Um die MögUchkeit der Entwicklung von Gasblasen zu hemmen, setzte ich dem Eiweifs (372 ccm) 3 ccm 28proz. Kali- lauge zu, was mehr als ausreichend ist, Kohlensäuremengen, wie sie hierbei entstehen könnten, zu binden. An den Zahlen hat diese Versuchsänderung (s. Tab. VIII) so gut wie nichts ge- ändert. Das Minimum liegt an derselben Stelle (60 65®) wie in dem Mittel der Tabelle S. 258, im übrigen erhielt ich fast bis zur fünften Dezimale dasselbe Resultat.

262 Über das Eindringen der Wärme in feste Objekte und Organteile etc.

Tabelle Vm. Eiweifs -j- 3 eem konz. Kalllaiige.

T—t

71 66 61 56 51 46

41

36 31 26 21 16 11 6

Frisches Eiweifs

0,00173 0,00173 0,00123 0,00185 0,00099 0,00031

Das vorige nochmals er- wärmt

0.(K)010

0,00021 0,00023 0,00028 0,00027 0,00029 0,00028

0,00017 0,00023 0,00024 0,00027 0,00028 0,00029

0,00030

0,00034 0,00034 0,00037 0,00030 0,00034 0,00035

Das Eiweifs war geronnen^), so dafs sich eine nochmalige Erwärmung ausführen liefs. In dieser Reihe mit geronnenem Ei- weifs fehlt das anfänglich rasche Steigen der Wärme, wie dies auch früher entgegengetreten war. Die Übereinstimmung der Ex- perimente ist eine ganz vorzügliche; das Resultat beweist, dafs die Beweglichkeit des Eiweifses der Hauptgrund für den eigen- artigen ersten Erwärmungsgang des rohen Eiweifses ist. Wenn weiter, wie bewiesen, die Wärme durch Strömung im Eiweifs verteilt wird, so ist das Temperaturgefälle, in den Radien der Kugel betrachtet, offenbar ein ganz anderes, als wenn sich die Wärme wie im geronnenen Eiweifs in einem festen Körper aus- breiten mufs. Von dem Moment ab, in welchem der Eiweils- strom durch Koagulation zur Ruhe kommt, mufs sich die Wärme- verteilung den neuen Verhältnissen anpassen. Die Zeit der Ge- rinnung läfst sich aber für das Innere der Kugel nachweisen. Solange Flüssigkeit zirkuliert, sind etwa alle Teile derselben von ähnlicher Temperatur; wenn in einem Momente dieser Strom

1) Das EiwelTs war absolut gleichmftfsig fest geronnen, ondardisiehtig und ohne die kleinste Luftblase.

Von Max Rubner. 263

gehemmt wird, dann beginnt die starke Verlangsamung der Wärmebewegung, Vorgänge, die sieh in den Erwärmungszahlen für das Eiweifs in der Tabelle ganz charakteristisch ausprägen. Das Absinken unter die spätere wieder sich steigernde Er- wärmungsgeschwindigkeit, also ein förmlicher Stillstand in der Wärmebewegung bei T ^ == 41 ®, drängt aber doch den Ge- danken auf, es möchten mit der Periode des Gerinnens des Ei- weifses noch besondere Wärmeprozesse verknüpft sein.

V.

Die Depression der Wärmeströmung ist bei 60® so konstant ausgesprochen, dafs wir für diesen Punkt nochmals versuchen müssen eine Erklärung zu geben. Nachdem eine Reihe von Hilfsursachen als zweifellos nebensächlich erwiesen worden sind, wollen wir den Koagulationsvorgängen, den Ände- rungen der Struktur Aufmerksamkeit schenken. Ich begebe mich dabei allerdings auf ein sehr schwieriges, manchem Zweifel unterworfenes Gebiet.

Die Gerinnungsperiode scheint mit einem Verbrauch an Wärme einherzugehen.

Über die Vorgänge bei der Eiweifsgerinnung ist bisher nicht viel bekannt geworden. Man kann es wohl als eine der landläufigsten Annahmen ansehen, dafs bei der Gerinnung, d. h. dem Ausscheiden eines festen Körpers an Stelle der vorherigen Wasserlöslichkeit Wärme frei wird. Aber es wäre dies doch ein voreiliger Schlufs. Wir wollen als hierher gehörig die Frage der Quellung etwas näher betrachten.

Wir haben zu berücksichtigen, dafs alle hier in Frage kom- menden gerinnungsfähigen Körper solche sind, deren Natur weniger einer Lösung als einer hochgradigen Quellung am zu- gänglichsten ist, und welche auch zweifellos in gequollenem Zu- stande in der Natur vorkommen.

Bei der Quellung und Imbibition werden bedeutende Wärme- mengen frei, Eiweifs und Muskelsubstanz sind quellfähige Körper^),

1) S. auch Rabner, Gesetze des Energieverbrauchs, 8. 28.

264 f^fXT 4mm ¥jc4ringittL dfr Wime in f teste Obj^kze an*! Orex&teil« «Cf-

freilich exakt gemes^n sind diese Wärmegrö&en noch nicht, aber genügende Anhaltspunkte liegen vor.

Wird die Qaellang rückgÄngig. d. h. ächrompft der Körper wieder auf die alte Gröfse. «o mufs eine äquivalente Wärmemenge für die innere Arbeit verbraucht werden- Der entsprechende Versuch wäre die Rückführung des Eiweilses vom gequollenen Zu- stand in den lufttrockenen.

Ist die Gerinnung aber überhaupt gleich der Rückkehr zu zu dem getrockneten Zustand? Räumlich kann es der Fall sein. Ein Eiweilsgerinn.sel kann einen ebenso kleinen Raum einnehmen wie das getrocknete Ei weifs. Aber sie weisen doch wesentliche Unter- schiede auf. Man nimmt an, dals koaguliertes Eiweifs und das ge- trocknete optisch verschieden seien, denn ersteres ist weifs-undurch- sichtig, letzteres bernsteingelb -durchscheinend. Aber diese An- nahme ist gar nicht einmal richtig. Geronnenes und getrocknetes Eiweifs können optisch ganz die gleichen äufseren Erscheinungen zeigen, wie ich zuerst nachgewiesen habe.^ Wenn man die Koa- gulation von Eiweils im Dampf an getrocknetem Eiweifs vor- nimmt, bleibt es durchsichtig wie normales Eiweifs.

Geronnenes und getrocknetes Eiweifs unterscheiden sich nur durch die Quellbarkeit des letzteren und die völlige Wasserunlös- lichkeit des ersteren. Die Anziehungskraft für Wasser wird durch die Hitze verändert oder genommen.

Da Eiweifs im geronnenen Zustande fest zusammenhängt, so muis das rohe Gefüge ein Maschennetz sein mit einer gewissen Starrheit der Mizellverbände und systematischen Verbindung der- selben untereinander. Zu dieser Koagulation gehört, wie ich gezeigt habe, wenig Wasser, nur so viel, als aus einer noch nicht einmal mit Wasserdampf gesättigten Atmosphäre angezogen werden kann.

Die Koagulation besteht danach sehr wahrscheinlich in einem Festwerden, wobei sehr wenig Wasser fixiert zu werden braucht und in dem Ausstofsen des übrigen Wassers, was unter Umständen in sehr sichtbarer Weise geschieht. Gerinnt Eiweifs,

1) Hygien. Rundschan, Bd. IX, a. a. O.

Von Max Rabner. 265

SO findet sämtliches Wasser seinen Platz in deofi Maschen- ge füge. Verdünnt man mit Wasser, so kommt ein Punkt, von dem ab die Eiweifsverbände das Wasser nicht umspannen können und voneinander sich losreifsen und dann in Flocken umher- schwimmen. Eine gewisse innere Zugkraft des gerinnenden Eiweifses kann vielleicht allgemein angenommen werden und braucht nicht, wie L. Herrmann meint, nur auf das in Fasern geordnete Eiweifs beschränkt zu sein.

Auch aus anderen Beobachtungen folgt, dals zur Gerinnung dieselbe Wassermenge wie zur Quellung offenbar nicht notwendig ist, ein Teil des Wassers kann sogar abgestofsen werden wie der Muskel beweist und auch andere Organe zeigen. Eine nam- hafte Menge von Wasser tritt aus. Nehmen wir für frisches Fleisch 3,4 N bei 77% Wasser, so trifft auf 1 N 22,6 Teile Wasser; in einem gekochten Fleisch (mit 41,7% Trockensubstanz zu 15,0% N) auf 6,25 dagegen nur 58,3 Wasser oder auf 1 N 9,32, im geronnenen Fleisch also nur 44 % von der Wassermenge» die zur frischen Muskelsubstanz nötig ist.

Ich fasse also die Gerinnung etwa als eine Umkehr der Quellung auf; von diesem Gesichtspunkte ausgehend müfste Gerinnung mit Wärmeverbrauch einhergehen.

Da beide Vorgänge noch wenig messend verfolgt sind, will ich versuchen, zahlenmäfsige Angaben zu erhalten.

Am genauesten ist die Quellung für das Stärkemehl untersucht; man fand, dafs, wenn 1 g sich mit Wasser benetzt, 23,6 g-Kal. frei werden, eine sehr kleine, aber immerhin doch beachtens- werte Gröfse. Viel mehr läfst sich zurzeit über diese Vorgänge kaum sagen. Messungen sind sehr schwierig, weil es sich bei den » Quell ungen« meist um gar keine einfachen Prozesse handelt. Man kann mit Laminaria zwar zeigen, dafs bei der Quellung Wärme gebunden wird, aber nur, wenn die Laminaria durch Auswaschen von den Salzen befreit ist, weil sionst die negative Lösungswärme der Salze ganz die Wärmeerzeugung der Quellung deckt und aufbraucht.^)

1) Pfeffer, Pflanzenphysiol, I, 8. 26, 1881.

266 Über das Eindringen der Wirme in feete Objekte and OrgmnteUe etc.

Experimente über die Qaellang leiden alle an groGseD Mängeln, weil die Langsamkeit des Verlaufs dieses Prozesses bei der Klein- heit der Wärmemengen grobe Unsicherheiten mit sich bringt.^)

Eine Reaktion, die Umwandlung von EiweiTs in Alkali- albuminat, ist ein Vorstadium der Lösung und offenbar eine Quellung. Das in dem Eiweils vorhandene Wasser wird aUes aufgesaugt und die Masse geradezu klebrig und widerstandsfähig.

In ein feines (unten näher angegebenes) Kalorimeter brachte ich Eiweifs (100 ccm) und daneben in einem Reagensrohr 10 ccm einer 28,57 proz. Kalilauge ; in diesem Rohr wie nebenbei im Eiweifs steckte ein Thermometer (0,001 ® ablesbar) und aufser- dem war ein Mischer vorhanden. Ich wartete den Temperatur- ausgleich ab, zertrümmerte das Gläschen mit Kali durch den Stofs mittels des Thermometers. Vorversuche ergaben, dafs 5 ccm Kali nicht genügend waren, alles Eiweifs in AlkaUalbuminat zu ver- wandeln, wohl aber 10 ccm.

Aufserdem wurde die Wärme gemessen, welche je 5 und je 10 ccm Kalilauge obiger Konzentration mit Wasser verdünnt liefern.

5 ccm KaUlauge lieferten dabei 11,55 g-Kal., 10 ccm 25,30 g-Kal.

100 ccm Eiweifs + 10 ccm Kalilauge 77,72 g-Kal. I -^ ^^

75,40 f'^'^^

Der Versuch hat zu beachten, dafs die Kalilauge, auch wenn sie 1 2 proz. ist, Kohlensäure anzieht und sich stetig erwärmt 1

Auf Eiweifs trifft also Wärmeentwicklung

76,56 25,30

51,26 g-Kal. oder für 1 g Trockensubstanz = 3,93 g-Kal. Ich glaube, man wird den ganzen Vorgang als Quellung auffassen dürfen. Freilich ist im Ei schon ohnedies ein Teil des Wassers mit Eiweifs ver- bunden. Wieviel dies ist, weifs man leider nicht, bei Kalilauge- zugabe wird nur ein Teil des Wassers anderweitig gebunden.

1) Ich habe mit Eiweifs von Hühnern niemals genügende, d. h. be« triedigende Resultate erhalten.

Von Max Rubner. 267

Leider gibt es keine Methode, die Menge des freien Wassers von der des gebundenen zu unterscheiden.

Die hier entwickelte Menge von Wärme ist nicht bedeutend, müfste sich aber erhöhen, wenn man die Wärmeentwicklung für die Auflösung von 13 g Eiweifs : 100 Flüssigkeit hinzuaddierte. Gerade die ersten Anteile der Wasserbindung sind übrigens die stärkeren Wärmequellen, wie Nägel i zuerst an der Stärke bei Benetzung nachgewiesen hat. Für Gelatine finde ich eine Angabe bei E. Wiedemann und Lüdeking^). 1 g Gelatine, bei ge- wöhnlicher Temperatur quellend, entwickelt 5,7 g-Kal. Das nach- herige Lösen der Gelatine in mehr Wasser bindet 3,7 g-Kal. Als 100 g lufttrockenes Hühnereiweifs in 100 Teilen Wasser quollen, erhielt ich nicht mehr als 196 g-Kal. = rund 2 g-Kal. pro 1 g Substanz. Die Quellung war aber ersichtlich keine voll- kommene.

Den reziproken Vorgang der Quellung, die Eiweifsausschei- dung selbst in ihrer Wärmetönung zu verfolgen, ist viel schwie- riger und mir auch nur unter besonderen Verhältnissen geglückt.

Ich habe eine ganze Reihe von Versuchen angestellt, um über die Wärmebildung beim Ausfällen von Eiweifskörpern ins Klare zu kommen. Bei Experimenten über die Milchsäure- gärung habe ich gefunden, dafs der Akt der Milchgerinnung anscheinend mit einer starken Wärmebildung verknüpft ist. Als die eigentliche Ursache dieses Vorgangs zeigte sich die Milchsäurebildung, während die aus dem Stoffumsatz der Bakterien herrührende Wärme nur gering ist. Die Milchsäure fällt das Kasein, die Wärmeentwicklung stammt aber nicht aus derEiweifsfällung, sondern wie direkt darauf gerichtete Ex- perimente mir ergaben, aus der Basenverdrängung durch die Milch- säure. Das Unlöslichwerden des Kaseins an sich kann mit einer Wärmeentwicklung nicht verbunden ge- wesen sein.

Noch einfachere Beweise hierfür zeigten sich bei der Lab- gerinnung; wenn man diese auch in grofsen Milchmengen

1) Poggendorffß Annalen, XXV, N. F., 8. 147, 1885.

268 t}ber das Eindringen der Wärme in feste Objekte und Organteile etc.

einleitet, kann man von einer Wärmezanahme nicht das Geringste nachweisen.

Mögen nun auch Milchgerinnung und Labfällung in ihren einzelnen inneren Vorgängen von dem Unlöslichwerden des Ei- weifses in der Wärme verschieden sein, so ist doch in höchstem Mafse unwahrscheinlich, dafs prinzipielle Unterschiede vorliegen, dagegen wahrscheinlich, dafs nur quantitative Differenzen ge- geben sind.

Ich habe noch die Fällung von Hühnereiweifs mit Gerbsäure untersucht, dabei war von irgendwelcher Wärme- tönung nichts zu finden ; entweder ist der Prozefs überhaupt ein eigenartiger oder es ist die Wärmebindung der Ausfüllung gerade durch die Bindung der Gerbsäure und dabei frei werdende Wärme gedeckt worden.

Ich habe die Wärme verglichen, welche beim Mischen von Alkohol und Wasser sowie von Alkohol und Eiweifs entsteht, zum Zwecke der Feststellung, ob mit der Ausscheidung des Eiweifses eine Wärmebindung einhergeht.

Das Ostwaldsche Mischungskalorimeter wurde einmal beschickt mit 13 g trockenem Hühnereiweifs -|- 100 ccm 96proz. Alkohol, und das zweite Gefäfs mit 85 ccm ^) Wasser. In einem gegebenen Moment beide gemischt. (Vers. A.)

Der Gegenversuch bestand in der Mischung von 100 ccm Hühnereiweils frisch (== 13,0 g trocken) und 100 ccm Alkohol. (Versuche B.)

Erhalten wurde Zuwachs mit Korrektur + 5,93** A und + 6,00°

= 5,960 im Mittel.

und für B ein Zuwachs von + 5,83 ^

5,650

= 5,74 0 im Mittel. Die Fällung des Eiweifses gab um 0,22 ^ weniger Erwärmung.

1) Es war aus Irrtum statt 87 ccm WaBser nur 85 ccm genommen, der Alkoholgehalt der Mischung wird statt 46,4 dann 46,6, was keine weitere Bedeutung für die Versuche hat.

Von Max Rabner. 269

Für den Wasserwert der Füllung des Kalorimeters kann man berechnen

160,8i)g Wasser wozu 6,6 » für Eiweifs (13 0,56 •)

12,4 » (Kalorimeter, Thermometer + Mischer 10,4).

179,8 g im ganzen 0,22 = 39,5 g-Kal. für die Koagulation von 13 g Eiweifs = 3,0 g-Kal. pro 1 g trockenes Eiweifs.

100g Wasser, mit 80,6 g (= 100 ccm) 96proz. Alkohol gemischt,

entwickeln im Kalorimeter

7,32 ö

7,15« = 7,23<^ Wärme.

Der Wasserwert des Gemenges 2)

174,3 4- 12,4 für Thermometer etc.

186,7 also . . . 186,7 . 7,23 = 1349,8 g-Kal. pro 1 g Mischung . . = 7,442 g-Kal.

Für eine Mischung von Wasser und Alkohol, wobei 45®/o Alkohol entsteht, wird in der Literatur für 5 g Mischung die Wärmeentwicklung zu 38,81 g-Kal. angegeben. (Naumann, 1. c. S. 34 f.) Hier fände ich bei 43% Alkohol f ür 5 g 37,3 g-Kal., demnach fast ebensoviel. Da nur eine relative Messung gemacht werden sollte, brauche ich nicht weiter auf die Sache einzugehen.

Für die Ausfällung von 1 g Eiweifs (trocken) wurden sonach 3,0 g-Kal. gebunden (wahrscheinlich ein Weniges mehr), also eine nur kleine Menge, auch im Verhältnis zu der immerhin nicht unbeträchthchen Quellungswärme dieser StofEe.

1) Mischung = 87 Wasser 1 Gehalt 46,4^0 <^er Mischung, spez.

80,6 Alkohol (g) / Wärme 0,96.

2) 100 Wasser 1 ^/q Gehalt des Gemisches, 43,0 spez. Wftrme (siehe 80,6 Alkohol J Naumann, Thermoch., S. 281), spez. Wftrme 0,%6.

270 Über das Eindringen der Wärme in feste Objekte and Organteile etc.

Die Reaktion zwischen Alkohol und Eiweifs ist natürlich keine einfache, denn es ist nicht nur Eiweifs gefällt, sondern auch etwas an Salzen, und möglicherweise sind auch Stoffe, die halb gelöst waren, in Lösung übergetreten. Wir wissen auch nicht, ob die Alkoholf&llung identisch mit der Hitzefällung ist. Nur die äufsere Erscheinung ist vielleicht die gleiche.

Das wichtigste Bedenken besteht darin, dafs man zweifellos nicht alles Wasser vom Eiweifs losreifsen kann. Nicht einmal, wenn mit der zehnfachen Menge des angewandten Eiweifses an Alkohol gefällt wird, ist man sicher, sofort ein völlig koaguliertes, wasser- unlösliches Eiweifs zu erhalten. Der vorliegende Wert kann also nur ein Minimalwert sein. Ich glaube, man hat die Berechtigung die Wärmebindung bei der Gerinnung wesentlich höher zu nehmen.

Die gefundenen Werte für die Ausfällung sind klein. Wenn man sich aber vorstellt, dafs für 1 g Eiweifs 3,0 g-Kal. geliefert und bei starker Quellung, wie beim Alkalialbumin, ca. 3,9 ab- gegeben werden, also beim Rückgängigwerden der Reaktion wieder gebunden werden, dann kämen an 3 + 3,9 = 6,9 Kai. pro 1 g Eiweifs als mögliche Wärmeaufnahme in Betracht, ein Wert, der immerhin periodenweise, z. B. bei bestimmter Temperatur, den Verlauf des Erwärmungsganges merkbar beeinflussen könnte.

Für den Akt der Wärmebindung bei der Gerinnung bzw. der Entquellung kann zum Verständnis noch die Verschieden- artigkeit des Widerstandes, der sich der Zusammenziehung ent- gegenstellt, mit in Frage kommen, auf den wir weiter unten noch eingehen.

Was die Eigenart der Erwärmung von Fleischstücken ausmacht, läfst sich jetzt leicht durch den Vergleich mit dem Eiweifs dartun.

(Siehe Tabelle IX auf 8. 271 )

Fleischstücke zeigen für -^-^ —- steigende Werte, beson- ders in dem letzten Zeitintervall. Die Werte nehmen schon von 70® Wärme rascher zu. Im rohen Hühnereiweifs bedingen die Flüssigkeitsströmungen einen zehnmal so grofsen Wärmestroui

Von Max Rabner.

271

wie beim Fleisch, kommen dann zur Ruhe. Der Wärmegang strebt von 70^ ab (T f = 50) einheitUcher Erwärmung zu. Das geronnene Eiweifs hat einige Ähnlichkeit mit dem Fleisch, jedoch sind bei letzterem die Erwärmungsverhältnisse nach einem Vor- stadium des Anstrebens eines Gleichgewichtszustandes nicht gleichartig.

Tabelle IX.

Werte für

Sek.

Fleisch 4 cm

Eiweifs

Eiweifs

T—t

V, Seiten-

roh

gekocht

länge

4,4 = r

4,4 = r

70

0,00018

0,00173

0,00022

60

0,00016

0,00123

0,00025

&0

0,00021

0.00099

0,00030

40

0,00021

0,00010

0,00029

30

0,00028

0,00023

0,00036

20

0,00026

0,00027

0,00036

10

0,00083

0,00028

0,00028

0

^—

~~^

"

Wenn ein Grund für das Ansteigen der Erwärmungswerte frischer Fleischstücke in der allmählichen Änderung des Volums liegt, so läfst sich dieses auch im Experiment zur An- schauung bringen.

Ich stellte Fleischbrei her und mengte dazu etwa 10 ccm Hühnereiweifs, füllte die sonst benutzte Messingkugel und evakuierte mehrmals, um dichten Schlufs der Fleischmasse zu erhalten. Das Eiweifs hat die Aufgabe, sich mit dem Fleisch- saft zu mischen und gemeinsam zu koagulieren. Es konnte dann keine Trennung zwischen Fleisch und Fleischextrakt, wie es sonst unvermeidlich ist, eintreten. Der EMolg war ganz tadellos. Nach dem Erhitzen stellt die Fleischmasse, zerteilt, ein trockenes, pulveriges Material dar. Einmal wurde das Fleisch frisch erwärmt, dann ohne etwas zu ändern, abkühlen gelassen und ein zweites Mal erhitzt.

272 Über das Eindringen der Wärme in feste Objekte and

e etc.

Tabelle X.

Werte für ^ ** '"

z

<!

1

Fleisch friech

Gehacktes

1 ^

^^

Das vorige

Gewicuts-

4 cm

Fleisch in der

1

' Fleisch noch-

verlost nach

1 \

V, Seitenlange

Kngel

mals erhitzt

Ferrati

1

Würfelform

von 4,4 cm r

1 1

71

0,00018

0,00012

0,00016

V

66

0,00020

0,00023

3,6 \

65

0,00016

0,00023

0,00029

56

0,00026

0,00031

1

7,21 »

51

0,00021

0,00026

0,00032

46

0,00029

0,00034

l

15.8 >

41

, 0,00021

0/)0029

i 0,00036

s

36 31

0,00028

0,00029 0,00034

j 0,00038 0,00039

\ f

10,6 ^

26 21

1

0,00026

0,00038 0,00038

0,00035 0,00089

}

8,3 '.

16

0,00038

0,00039

1

1,7 >

11 i

0,00063

0,000i0

0,00036

6

Das Fleisch, dessen Umfang sich nicht ändert, verhält sich also ganz anders als ein freies Stück. Die Erwärmungsgeschwindigkeit des Fleisches bei konstantem Volum strebt schnell höheren, aber bald gleichbleibenden Werten zu. Anfänglich etwa von 50 70® stehen diese Gröfsen nicht unwesentlich unter jenen von 70 90®. Das Absinken der Tem- peratur wie bei dem flüssigen Eüweils bei 60® fehlt überhaupt.

Das Fleisch in Stücken zeigt einen viel unregelmäCsigeren Gang der Erwärmung, indem es mehr sprungweise in seiner Temperatur vorgeht und gerade dort innerhalb jener Temperatur- grade, wo das in der Metallkugel bei gleicher Oberfläche gehaltene Fleisch einen stationären Zustand schon genommen hat.

Die zweitmalige Erwärmung läfst den Wärmegang rascher werden, bei 50® werden bei der Erwärmungsgeschwin- digkeit schon die Endwerte erreicht. In der Periode 50 70® stehen sie höher als die entsprechenden Zahlen werte bei dem rohen Fleisch. Da hierbei weder die spezifische Wärme eine

Von Max Riibner. 273

Rolle Spielen kann, wenn Masse und Umfang des zu erwärmenden Objekts dieselben sind, und das Ijeitungsvermögen sogar in dem Sinne einer besseren Leitung im rohen Fleisch zu bewerten ist, auch Strömungen keine Rolle spielen, so bleibt nur die Annahme von Zustandsänderungen, bei welchen Wärme ver- braucht wird.

Wir kommen also zu dem Schlufs, dafs die Hauptursache des irregulären Ganges der Fleischerwärmung in der Kontraktion der Zellen zu suchen ist, die in zweierlei Weise von Wichtig- keit ist. Einmal als rückläufiger Akt der Quellung, zweitens gewissermafsen durch die Organisation als Fleisch oder Eiweilsfaser verstärkt, als ein Akt des Auspressens grofser Flüssigkeitsmassen.

Wie wir schon mehrfach gezeigt haben, ist diese Kontraktion ein Vorgang von besonderer Merkwürdigkeit. Man hat die aller- gröfsten Schwierigkeiten, aus dem frischen Fleisch Saft auszu- pressen, nur unter sehr hohem Druck gelingt dies.

Was hier nur schwere Arbeit zu leisten vermag, macht die Erwännung in einfachster Weise. Es ist aber unabweislich, dafs die für dieses Auspressen des Saftes entnommene Kraft keine andere Quelle als die einströmende Wärme haben kann, wodurch ein zeitweises Absinken und Mindern des Wärmestroms sich ausbilden mufs.

Da dieses Moment der Kontraktion eine sehr wechselnde Gröfse, durch die wechselnde Art des Widerstandes, der in einzelnen Stücken verschieden sein kann, darstellt, ergibt sich aus ihm ein an sich und im voraus unabschätzbarer Einäufs.

Die Kontraktion und das Auspressen von Wasser kann übrigens auch in Fällen geschehen, wo man solches nach aufsen hin nicht bemerkt, also z. B. bei dem gehackten Fleisch, wie es in der Messingkugel eingeschlossen war, nur dafs eben die Gesamtpressung nicht die hohen Werte wie in einem ganzen Fleischstück erreichen kann. Aber auch bei dem Eiereiweifs tritt der gleiche Vorgang in Tätigkeit, denn hier schiebt das sich kontrahierende Eiweifs das Wasser in die

ArchlT für liyKieue. Bd. LV. 18

274 Über das Eindringen der Wftrme in feste Objekte and Organteile etc.

Maschenräume. Die Kontraktionsfähigkeit des Eiweifses sieht man erst in der bei Verdünnang eintretenden Flockenbildung zutage treten.

Ein ähnliches, sich in kontrahierenden Strängen ausscheidendes Eiweifs stellt das Kasein dar; wenn man Milch im zugeschmolzeueu Rohre auf Temperaturen über 100^ erwärmt, so scheidet sich Kasein fest als ein sich mehr und mehr zusammenziehendes Gerinnsel ab.

Bei zweitmaliger Erwärmung kann diese gleiche Ursache der Kontraktion bei Eiweilsstoffen und dem Fleisch nochmals mit- spielen, denn wie ich oben angab, kann bei Wiederholung der Erwärmung eine Volumverminderung auftreten. Die Zusammen- stellung in nachfolgender Tabelle erläutert dies.

Tabelle XL

Werte von

Sek.

^ ' Roh = 11 cm

'\ Seitenlänge

T

Dieselben Proben noch- mals erhitzt

60

0,00016

0,00012

&0

0,00015

0,00012

40

0,00014

0,00028

80

0,00046

0,00032

20

0,00060

0,00082

10 0

0,00044

0,00060

Die Geschwindigkeit des Erwärmens ist, so lange nur 40 50 im Innern erreicht werden, im gekochten Fleisch nicht rascher als im rohen, da aber das rohe Fleisch fast doppelt so grofsen Durchmesser hat, ist offenbar das Erwärmungsvermögen ge- kochten Fleisches viel kleiner als das von rohem Fleisch, wie ja auch die direkten Messungen ergeben haben.

RohesFleisch erwärmt sich trotz ungleicher Dicke, nament- lich wenn es die Temperatur 70^ im Innern einmal er- reicht hat, viel schneller als gekochtes Fleisch.

Im frischen Fleisch ist das Temperaturgefälle natürlich von der Oberfläche zum Kern ein anderes als im gekochten. Im ersten

1) S. auch Nothwang, Archiv f. Hygiene, Bd. XVIII, S. 87.

Von Max Rubner. 275

sind die äufseren Schichten von Anfang an schon sehr warm; beginnt die Kontraktion, so wird der leicht bewegliche Saft des Kerns den nachdringenden Schichten weichen müssen und preist sich auf geeigneten Spaltwegen weiter. Die Temperatur steigt mit der Kontraktion rascher als in dem bereits in der Kontraktions- fähigkeit erschöpften abgekochten Fleisch.

VI.

Ich habe durch die vorliegenden Untersuchungen gezeigt, wie ungemein schwierig und kompliziert ein für das tägliche Leben so einfach erscheinendes Problem, wie die Durchwärmung organi- sierter Substanzen ist; wir haben es dabei nicht mit gleichbleibenden, sondern mit zwar gesetzmäfsig, aber stets wechselnden, von der inneren Struktur abhängigen Eigenschaften zu tun.

Die Berechnung des Durchwärmungsaktes organisierter, namentlich eiweifsartiger Substanzen kann sich auf die Kenntnis einer auf üblichem Wege gefundenen Konstante für das Leitungsvermögen nicht stützen. Dagegen würde es möglich sein, aus dem Gang der Erwärmung der in einer Metall- kugel eingeschlossenen Substanz einen mittleren Wert tilr k abzuleiten. Dazu mufs namentlich eine gute Fixation des Ther- mometers und eine solches mit kleiner Kugel gewählt werden.

Es bleibt noch die Frage zu untersuchen, ob wir die bei der Durchwärmmig eines halbfesten, wärmekoagulablen Körpers in Betracht zu ziehenden Bedingungen so weit kennen, dafs wir uns ein zutreffendes Bild dieses Vorgangs auf dem Wege der Rech- nung bilden können. Das vorliegende Material wird nur an- nähernd für unsere Betrachtungen als Unterlage dienen, weil da- mals bei den Untersuchungen alle Nebenumstände, auf welche bei solchen Experimenten zu achten wäre, noch nicht bekannt waren. Man würde sie jetzt, wenn ein Bedürfnis sich ergeben sollte, eine gröfsere Genauigkeit zu erzielen, leicht modifizieren können, weil die wesentlichen Gesichtspunkte klar liegen.

Wir haben gesehen, wie wechselnd die Bedingungen des

Wärmedurchganges wegen des schwankenden Leitungsvermögens

und der Kontraktion des Gewebes mit allen ihren sekundären

18*

276 ^'>-^r i»* Esir-^:: :-sr Xfra* in fcace Objefc» tä-s •>■?»=-•«:* -r^

Kofimtf\n^äVtu Verririgfrrung d4?r Wegstrecken. reUiiver Ober- flicbenirergroCKrang sind. Ea würde aber prakuäcbec £r- irigaogen geviCs nicbi anvillkommen sein, eine Annlhenmg &:: die wahren DarchwinnongszeiieD zu erbalten.

Die Seite 230 ao^eetellte Formel laatec

2yc h

^=Ä*-iognÄl.

c u g C

k ist anbekaunt und jedenfalls nicht ganz exakt abxuleiten. 9C wechselt aber innerhalb sehr bescheidener Grenzen, so dals man hierfür einen mittleren Wert einsetzen kann. Dies als zulässig angenommen, lielse sich aus den EIxperimenten mit den Fleiacb- stOcken versuchen, einen mittleren Wert für k zu finden, da ja t in diesen Fällen direkt bestimmt ist.

k = T würde sein :

_ g + 2,3 log. 160 0,843

Die Temperatur der Umgebung war 100, die Anfangstemperatur etwa 20*.

Berechnet werden mufs zunächst jB^ ich nehme dafür indem ich statt des Fleischwürfels die Kugel zugrunde lege für den Anfangsstand R = die halbe Seitenlänge (A) und für den Endstand die Verkürzung der Längsfasem (B), weil hier das Vordringen der Wärme ausschlaggebend beeinflufst wird.

Für die 4 Fälle hat man dann:

(Tror««

von R

Sakanden fOr die

A

B

Mittel

Erreichung t. 100*

A

+ 1.4

2,2

2652

4

+ 1,9

2,95

5700

5

+ 2,4

3,70

7640

5,5

+ 2,6

4,00

8172.

Die Lösung

der Gleichung gibt für x ( k)

(

[),0U0838

0,000813

(

[),00()700

0,000879.

Von Max Rabner. 277

Der zweite Wert bezieht sich auf nur drei Experimente, ist also unsicherer als die andern. Das Mittel aus allen ist 0,00081, eine Zahl, die höher ist als der Leitungswert für rohes Fleisch, was nicht wundernehmen kann, da ja der Wärme- gang nicht von der Leitung allein, sondern der Art der Kontrak- tion, einer sehr variablen Gröfse, mit abhängig ist.

Somit würde die zu suchende Zeit

^^ iP-h 2,3 » lg. 2(c fe)» 0,843 ~ " 0,00081 -TT«

Die Abweichungen werden von den wirklich zu messenden offenbar keine praktisch bedeutungsvollen sein, wenn man die bis- herige absolute Unsicherheit aller Erkenntnis auf diesem Gebiete in Betracht zieht.

Man kann mit neuen, anzustellenden Versuchsreihen von gröfserer Zahl und namentlich wenn man auf die Untersuchung allzukleiner Stücke unter 10 cm Seitenlänge Verzicht leistet, sicherlich einen sehr weitgehenden Grad der Genauigkeit erzielen, vorausgesetzt, dafs mau auch die Kontraktionsgrölsen einer direkten Messung unterzieht. Mir genügt es, den Weg gezeigt zu haben, wie man zur Lösung des Problems gelangt ist, das ja nicht nur für das eben hier behandelte Objekt, das Muskeläeisch, allein gilt.

Um darzutun, in welcher Weise sich bei den noch mehrfach etwas schwankenden Grundlagen Rechnung und Beobachtung deckt, möchte ich ein paar Fälle noch anfügen.

Als Beispiele seien die Versuche mit 11 cm und 6 cm grolsen Fleischstücken berechnet, natürlich bieten die letzteren eine erheb- liche Unsicherheit. Ich leite die Werte weiter ab für 100 «, 70 o, 50 0 und erhalte für t:

GrOfse 11 cm

berechnet Sek.

beobachtet Sek.

Temperatur im Innern

8550

8160

1000

4070

4254

70»

2250

2670

500

GrOfae 6 cm

2580

2652

100«

889

732

70»

684

330 (?)i)

50«

1) Diese Beobachtung gehorcht auch nicht dem Geaetie der Darch- dringungszeit von dem Qnadrate des DorchmeMers. 8. o. S. 347.

278 Eindringen d. Wärme in feste Objekte u. Organ teile etc. Von M. Robner.

Die Ubereinstimmuug ist nicht unbefriedigeud, wenn man in Erwägung zieht, dafs es sich doch um recht verwickelte Verhält- nisse handelt, nur die Werte der letzten Zeile difiFerieren erheb- lich, was vielleicht in der frühzeitigen stärkeren Zusammensetzung so kleiner Fleischstücke seine Erklärung findet.

Für einige Angaben über die Erwärmung von Fleischproben auf 52^, die ich der Literatur entnehme, habe ich auch nach meiner Rechnungsweise die zu erwartenden Temperaturen auf- gesucht und erhalten :

beobachtet berechnet

Zeit in Sekunden

für 4 Kilo schwere Stücke 8220 8670

5 > 11600 12960

7 » 15060 14520

8 > 22600 15290.

Die Kern temperaturen sind mit Thermometer gemessen worden, also mit einigen Fehlern behaftet. Die Abweichungen zwischen Rechnung und Messung sind nicht grofs, bis auf die letzte Zeile, wo es sich offenbar bei der direkten Beobachtung wohl um einen technischen Fehler gehandelt haben mufs.

In vorstehenden Untersuchungen habe ich dartun können, dafs die Erwärmung von porösen, nichtporösen, festen, halbfesten, konstant und wechselnd zusammengesetzten Objekten im einzelnen nicht schematisch zu behandeln ist, dafs wir die nötigen Voraus- setzungen für ein Verständnis dieses Prozesses bislang nicht be- sessen haben, aber nunmehr in der Lage sind, diese auch für praktische Aufgaben wichtige Prozesse genauer zu übersehen. Nicht rein physikalische Erscheinungen, sondern physiologische Vorgänge kommen in Betracht und ändern fort- während die Versuchsbedingungen und erschweren dadurch die experimentelle Verfolgung.

über den MäusetyphusbazUliis und seine Verwandten*).

Von

Dr. Richard Trommsdorff,

AMiBtenten des Instltotefl. (Aus dem Hygienischen Institute der Universität Mönchen.)

lu einer zuerst 1903 dem InternaüoDalen Hygienekongrefs zu Brüssel übermittelten Veröffentlichung^) berichtete ich über höchst interessante Darmerkrankungen bei einer Anzahl von Leuten, die mit der Verteilung von Mäusetyphuskulturen zu tun hatten, sowie bei einzelnen Personen ihrer Umgebung. Es handelte sich klinisch um das Bild der sog. Cholera nostras: Erbrechen und heftige Durchfälle. Die Erkrankungen waren meist leichter Natur, nur einzelne mittelschwere Fälle mit einem Todesfall.

Ich erhielt damals die Stuhlgänge zweier der Erkrankten und es gelang, aus beiden Bakterien zu züchten, die nach ihrem Gesamtverhalten als völlig übereinstimmend mit Löffler- schen Mäusetyphusbazillen bezeichnet werden mufsten. Und zwar nicht nur wegen ihrer morphologischen, biologischen und typischen pathogenen Eigenschaften bei Verfütterung an Mäuse, sondern vor allem auch auf Grund von Agglutinations- versuchen. Es agglutinierteu :

1. von Meerschweinchen durch Injektion mit den gezüch- teten Bazillen gewonnene Sera echte Mäusetyphusbazillen ;

*) Nach einem Vortrag, gehalten auf der Naturforscherversammlung zu Heran (Sektion Hygiene etc.) am 25. September 1906.

2. Tranien «üi? fraglicher. B«ki«T«i diir»*h vor. Hecrü * jeiieuii- rat L^ffler ziir g^^ipt üt«rrLaiöfieiien >[la2«tjpciaaBemizi in. 4er.3errjen Verdünc::ng%n irie ier rar H«*r5tetl:iü^ üese*

F<^m^r wirde d-L* Biaiäeniixi der Erkrankten einige Wocher. na/^h AbU:if der Erkrankai^en anf aggictinierende Exgeo^chaffien getrenüber Xäa^etjphoäbazillen antersueiiL Es ömd äct in 60% der Fälle eine DO^iinve. ram Teil *iarke Reaktion, während der Aoafall der Proben bei fünf 2esiinden Personen als Konmlle dfirefaaoa oegatiT war.

Unter Berücksichägnng der übrigen Umstände konnte «iamal« aoä den Untersnc+iongssergebnLjsen ein Schln& anf anbedingte PathK>genität des Miasetjphnsbaxilhis für den Menschen nicht gezogen werden. Immerhin aber war die Tatsache, dals sich der Mäa^etTphoabazillus im Darm des Mensehen anxnsiedeln nnd üppig zu Termehren Termoehte. festgestellt, and man maiVte jedenfalL« für die Zakanft zar Vorsicht and Überwachong bei Verwendong von Mftasetyphnsbazillen bei der Mftosevertilgang aaffordem.

In der Diskossion za dieser Mitteilung bemerkte Herr Geheim- rat Löffler a. a., dafs aach ihm einige wenige Male über angeb- liche leichte Darmstönmgen bei Personen berichtet worden sei. die mit dem Legen von Mäusetyphosbazillen za tan gehabt hätten. Bakteriologische Untersachangen sind jedoch in den betreffenden F&llen nicht angestellt worden.

Fast zar gleichen Zeit, einige Wochen nach dem Brüsseler Kongrefs, doch ohne Kenntnis meiner dortigen Mitteilang, be- richtete dann Prof. Bon h off 'i aas Marbarg aaf der Kasseler Natarforscherversammlcmg von vergleichenden ex|>erimen teilen Untersuchungen an dem Löff lerschen Mftusetyphasbazil- lu8 und dem Paratyphusbazillus des Typus B, die ihm die völlige Identität dieser beiden Bakterienarten bei Prüfung ihres morphologischen, biologischen und tierpathogenen Verhaltens, sowie bei agglutinatorischen und spezifisch bakterio- lytischeu Serumversuchen (Pfeifferscher Versuch) ergeben hatten. Ausschliefslich auf Grund dieser Laboratoriumsversache hatte

Von Dr. Richard TrommsdorfP. 281

Bonhoff, falls seine Versuche von anderer Seite Bestätigung finden sollten, die Bekämpfung der Feldmausplage mit Löffler- schen Bazillen behördlicherseits zu verbieten gefordert.

Kurz darauf erschien eine Arbeit Trautmanns'), der im Anschlufs an den bakteriologischen Befund bei einer Fleisch- vergiftung in Düsseldorf eine grofse Zahl von Originalstämmen früherer Fleischvergiftungsbakterien (Bacterium enteri- tidis und seine Verwandten) sowie die Paratyphusbazillen vergleichend untersuchte. Es gelang ihm, diese morpho- logisch und biologisch sonst nicht voneinander zu unterscheidenden Arten auf Grund sorgfältig aus- geführter Agglutinationsversuche zu differenzieren. Er fafst die Fleisch vergiftungs- und Paratyphusbazillen unter dem gemeinsamen Namen Bacillus paratyphosus zusammen und unterscheidet dann in dieser Gruppe fünf Untergruppen, die da- diwch gekennzeichnet sind, dafs die Sera jeder der Untergruppen die Bakterien der anderen Gruppen nicht so stark als die ihrer eigenen, aber doch auch mehr oder minder stark agglutinieren.

Von diesen fünf Gruppen sind die beiden ersten den zuerst von Schott- müller differenzierten beiden Paratyphusbazillen-Typen ent- sprechend, die dritte hat den Bacillus enteritidis Gärtner zum Ver- treter, die vierte ist einer von de Nobele (siehe weiter unten) aufgestellten Gruppe gleichwertig und als fünfte wird der Bacillus morbificans bovis von Basenau abgeschieden.

Zu einem im wesentlichen mit Bonhoffs Ergebnissen übereinstimmenden Resultat gelangte dann Schott- müll er**). Er isolierte bei drei durchaus voneinander unab- hängigen Fällen von Cholera nostras Reinkulturen ein und der- selben Bakterienart, die sich völlig wie das Bakt. enteritidis ver- hielten, auch hinsichtlich der Hitzebeständigkeit der von ihnen gebildeten Toxine, auf welche Eigenschaft der Enteritidisbazillen Gärtner besonderes Gewicht legte.

Schottmüller fand ebenso wie Bonhoff weifse Mäuse bei Fütterung empfänglich für den Bac. enteritidis wie für den Bac. Paratyphi des Typus B. Ich möchte gleich hier bemerken, dafs auch meine Versuche dies bestätigen. Es liegen somit jetzt von drei Seiten Erfahrungen vor, die Kurths Angaben widersprechen.

282 Über den MäiisetyphaBbazilluB und seine Verwandten.

Aolserdem fand Schottmüller eine gleichhohe Aggluti- nationskraft des Serums von Kranken, aus deren Stuhl bzw. Blut Paratyphusbazillen des Typus B gezüchtet waren, gegenüber den Paratyphus- wie den Enteritidisbazillen.

Seine Ansichten faCst dann Schottmüller in sehr inter- essanten Erörterungen dahin zusammen, da(s er annimmt, der Bac. paratyphosus alkalifaciens, welchen Namen er für die seiner Ansicht nach identischen, bis dahin als Bac. Paratyphi des Typus B und Bac. enteritidis bezeichneten Bak- terien vorschlägt, »rufe beim Menschen zweierlei Krankheits- bilder hervor, entweder das der akuten Gastroenteritis (Intoxi- kation) oder das des Typhus (Infektion im engeren Sinne) c

Bonhoff ^) hat dann in Fortsetzung seiner früheren Ver- suche weitere vergleichende Untersuchungen der sog. coli-ähn- lichen Bakterien unternommen. Er gelangte, im allgemeinen in Bestätigung seiner vorhin wiedergegebenen Ergebnisse, zu dem Schlufs, dals der Mäusetyphusbazillus, der Bac. Para- typhi des Typus B und auch der Bac. enteritidis weder durch biologische, Agglutinations- oder bak- teriolytische Untersuchungsmethoden zu differen- zieren seien.

Für eine völlige Identität der drei Arten eutschloCs er sich jedoch nicht, sich auszusprechen, da sich ihm bei seinen letzten Versuchen gewisse Unterschiede der tierpathogenen Eigenschaften des Löfflerschen und des Gärtnerschen Bazillus, im Gegensatz zu seinen früheren in Kassel berichteten Versuchen, gezeigt hatten.

Falls diese Unterschiede in Zukunft als zu geringfügig für Aufstellung zweier Varietäten erscheinen sollten, gebühre seines Erachtens nach der dem Bac. paratyphi des Typus B nach dem Gesetz der Nomenklaturen zukommende Name Bac. enteritidis auch dem Löfflerschen Mäusetyphusbazillus.

Im übrigen verspricht er sich namentlich von einer Agglu- tinationsprüfung mit Blutserum von Kranken, bei denen Para- typhus des Typus B festgestellt ist, entscheidende Resultate über diese Identitätsfrage.

Von Dr. Richard Trommsdorff. 283

Auf Anregung und mit Unterstützung von Max Neifser ist nun weiter die besprochene Bakteriengruppe von Smi dt*) unter- sucht worden. Er zog vor allem aufser den bisher genannten Bakterien noch den in seineu Kultureigenschaften mit diesen völlig übereinstimmenden Bazillus der Hogcholera, den Bac. cholerae suum oder nach Kruse Bac. suipestifer (Schweinepestbazillus) in das Bereich seiner Versuche, die ebenfalls wesentlich serodiagnostische waren.

Smidt kommt zu dem Resultat:

1. den Bac. enteritidis entschieden von dem Mäuse- typhusbazillus zu trennen eine gewisse Ana- logie der Ergebnisse Trautmanns, die jedoch zu denen Bonhoffs und Schottmüllers in direktem Wider- spruch steht;

2. aber ergab sich Smidt eine völlige Übereinstim- mung des Mäusetyphus, des Bac. paratyphi des Typus B. und des Bac. suipestifer.; nach ihm »lassen die gebräuchlichen Untersuchuugsmethoden einschliefslich der Agglutinationsprüfung nur die Entscheidung zu, ob der betreffende Stamm überhaupt zu der grofsen und für die menschliche Pathologie nicht unwichtigen Gruppe der Hogcholera (Th. Smith) gehört.c iZu einer Namensänderung der beiden Paratyphusbazillen und des Mäusetyphusbazillusc sieht er jedoch solange keine Ver- anlassung vorliegen, »als nicht für die ganze Gruppe ein neuer Name geschaffen oder aber die Differenzierung der einzelnen Stämme untereinander ermöglicht wird.c

An Agglutinationsversuchen seien ferner noch diejenigen de Nobeles^) aus etwas älterer Zeit, sowie die von Drigalskis^) erwähnt. *)

*) Femer sei hier auf eine grOfsere Zahl von Arbeiten hingewiesen, die sich speziell auf Fleischvergiftungsbakterien beziehen, Aber die van Ermengen in seiner Abhandlung Ȇber die pathogenen Bakterien der Fleisch Vergiftungen < im Handbuch von KoUe-Wassermann eingehend berichtet hat.

284 Über den Mäusetyphusbazillus und seine Verwandten.

DeNobele schied eine grofse Anzahl von Fleisch vergiftungs- bakterien mittels hoch wirksamen agglutinierenden Serie in zwei Hauptgruppen: Typus I: Bacillusenteritidis und Typus II: Bacillus Aerthryk.

V. Drigalski hat im Anschlufs an den bakteriologischen Befund einer durch Genufs von Pferdefleisch veranlafsten Ver- giftung in Neunkirchen, bei einer Prüfung mit verschiedenen agglutinierenden Seris unserer Bakteriengruppe, nicht ganz ein- deutige Resultate zur Differenzierung dieser erzielt. Immer- hin konnte er die von ihm isolierten Stäbchen als sicher »vollständig identisch mit Gärtners Enteritidis-Ba- Zilien und wahrscheinlich auch mit dem Stamme Aerthryk (trotz einer kulturellen Abweichung dieses in Maltoseagar], als diesen sehr nahestehend den Bazillus der Hogcholera und als dieser Bakteriengruppe verwandt den Typhoid-Bazillus (i.e. Paratyphusbazillus des Typus B) erweisen.

Obwohl die beiden zuletzt genanntenAutoren zum grofsen Teil dieselben Bakterienstämme benutzten, weichen die Ergebnisse ihrer Untersuchungen, wie bereits v. Drigalski hervorhebt, erheblich voneinander ab. So erklärt V. Drigalski den Bac. enteritidis Gärtner und den Bac. breslaviensis (Kaensche) auf Grund seiner Agglutinationsversuche für »vollständig identisch. c De Ne- bele stellt dagegen auf Grund ebensolcher Versuche gerade diese beiden Bakterien als Vertreter zweier zu differenzieren- den Gruppen auf. Auch nach Trautmann waren gerade diese beiden Bakterien agglutinativ entschieden zu trennen.

Überblicken wir die Resultate der verschiedenen Autoren, die sich bemühten, durch ihre Untersuchungen, speziell mittels Agglutinationsmethoden, Klarheit in die Gruppe des Mäusetyphus* bazillus und seiner Verwandten zu bringen, so sehen wir, dafs wir leider nicht in der Lage sind, diese Resultate auch nur einigermafsen befriedigend zu vereinigen. Im Gegenteil: nam- hafte Autoren, an deren exaktem Arbeiten und einwandfreiem

Von Dr. Richard Trommsdorff. 285

Beobachteu jedenfalls nicht zu zweifeln ist, sind zu teilweise völlig widersprechenden Ergebnissen gekommen.

Es hat nun die Mehrzahl der genannten Forscher meist nur mit einem oder wenigstens nur wenigen Stämmen der einzelnen verschiedenen Bakterienspezies gearbeitet : es waren trotzdem meist höchst umfangreiche Arbeiten.

Ich glaubte daher, wenn ich meinerseits an die Frage der Identität oder Nichtidentität der zur Diskussion stehenden Bak- terien herantreten wollte, ich nur durch vergleichende agglutina- torische Untersuchungen möglichst vieler verschiedener Stämme derselben Arten vielleicht das erstrebte Ziel erreichen könnte.

So versuchte ich mir von folgenden Bakterien: Mäuse- typhus, Enteritidis, Paratyphus B und Suipestifer eine gröfsere Anzahl verschiedener Stämme zu verschaffen und bin in dieser Beziehung den Herren Proff. Bonhoff, Dieu- donnä, Gärtner, Kitt und Max Neisser, die mir sämtlich auf mein Ersuchen eine oder mehrere Arten zur Verfügung stellten, zu grofsem Danke verpflichtet.

Aufserdem hatte ich eine Zahl Stämme der genannten Bak- terien aus der Sammlung des Hygienischen Institutes zu München zur Verfügung, ferner die beiden von mir seinerzeit aus menschlichen Stuhlgängen gezüchteten Mäusetyphusbazillen (Pf. I und Pf. II), einige von Kräl bezogene Arten und einen Mäusetyphusstamm der Firma Schwarzlose in Berlin, die be- kanntermafsen Mäusetyphuskulturen unter Aufsicht des Herrn Geheimrats Löffler verbreitet. Dazu kommt der Fleisch- vergifter Aerthryk und eine Psittacosis-Kultur aus dem Besitz des Herrn Prof. M. Neisser.

Sämtliche Bakterien zeigten in ihren morpholo- gischen und biologischen Eigenschaften keine wesent- lichen Unterschiede: coliähnliche, gram-negative Stäbchen mit mehr oder weniger lebhafter Eigenbewegung ; Wachstum auf Gelatine, meist typhusähnlich zart, in einzelnen Fällen dicker, mehr coliartig: ähnliches Verhalten auf Kartoffeln; Bouillon stark getrübt undHäutchenbildung im Verlauf einiger Tage; keine

286 über den MAoBetyphusbazilliw and seine Verwandten.

Indolbildung; Zersetzung des Traubenzuckers, aber nicht des Milchzuckers: daher keine Gerinnung der Milch aber allmähUche Aufhellung durch Alkalibildung und Bil- dung blauer Kolonien auf Conradi-Drigalski-Agar und farbloses Wachstum auf Agar nach Endo. Fluoreszenz von Neutralrot, endlich in Lackmusmolke (reichliche Einsaat l) anfangs meist ge- ringe Säuerung, doch bald oder später auftretende geringe A 1 kali - bildung.

Ich möchte hier darauf hinweisen, dafs, wie von den übrigen Autoren, auch meinerseits zunächst versucht wurde, in den morpho- logischen oder biologischen Eigenschaften der Bakterienarten durch- greifende Unterschiede zu finden. Das Ergebnis war aber negativ, und ich will daher auch die geringen, jedenfalls nicht be- deutungsvollen Differenzen der verschiedenen Arten hier nicht weiter erwähnen.

Ich habe nun meine V^ersuche damit begonnen, durch Injektion abgetöteter Agarkulturen agglutinierende Sera zu gewinnen. Dazu verwandte ich zum gröfsten Teile Meerschweinchen, aber auch einzelne Kaninchen. (Es ist dies in der Tabelle extra an- gegeben.) Zu erwähnen ist ein auffallend grofser 'Herverlust trotz vorsichtigster Immunisierung; Beginn der Immunisierung mit teilweise sehr kleinen Dosen (Vio Ose usw.). Das Ausgangs- material der ersten Agarkulturen waren stets isolierte Kolonien auf Gelatineplatten, so dafs ich mich des Materials von Rein- kulturen versicherte (auch die biologischen Prüfungen waren von solchem Ausgangsmaterial aus vorgenommen). Die Abtötung er- folgte nach Aufschwemmung in Bouillon durch Erhitzung auf 56 bis 60° während ca. 1 bis 2 Stunden. Die Agglutinations- prüfuug geschah nach der Pros che rschen Blockschälchen- Methode (2 Stunden bei 37 ^ makroskopisch), wobei in der Tabelle die ± (Grenz)- Werte eingeklammert sind. Die anderen Zahlen bedeuten die noch stark positiven Werte. Die zur Agglutination benutzten Bakterien waren ebenfalls genau nach Pros eher gleichmäfsig in gröfseren Mengen hergestellte, durch Formalin abgetötete Kulturen, die im Eisschrank aufgehoben wurden. In

Von Dr. Richard Trommedorff. 287

dieser Beziehung war also das Beobachtungsmaterial gleichmäfsig. Vielfach sind die Proben doppelt oder mit einer neuen Bouillon- kultur angestellt. Differenzen der einmal erhaltenen Werte wurden dabei nicht beobachtet. Jedes Serum wurde bis zur Verdünnung von 40000 austitriert. (Regelmäfsige Kontrollen: Bakterien + Na Gl- Lösung). Dafs die Tabelle einige Lücken aufweist, lag in äufseren Umständen. Es fehlte die Zeit, die Agglutinations- prüfungen vollkommen durchzuführen.

Die Ergebnisse meiner Versuche sind in der Tabelle S. 288 und 289 zusammengestellt.

In der Tabelle finden sich zunächst die Agglutinationswerte für unsere Bakteriengruppe. Die Rubriken: Paratyphus A, Typhus, Coli, Fäcalis alkaligenes können gewissermafsen als Kontrolle aufge- fafst werden : hier sind nur ganz vereinzelte höhere Agglutinations- werte zu verzeichnen gewesen (Typhusserum gegenüber Paratyphus B, Mäusetyphus Kitt Kan. A-Serum gegenüber Paratyphus A, Enteritidis-BonhofE-Serum gegenüber Typhus). Bei einer Anzahl von Normalseris, die gegenüber sämtlichen Bakterien geprüft wurden, waren nur ganz vereinzelte Agglutinationen bis 1 : 20 zu beobachten; diese Werte sind nicht mehr der Tabelle eingefügt worden.

Als sehr merkwürdig wurden die Werte der letzten Rubrik notiert. Der mit »Xc bezeichnete Bazillus fand sich in der Sammlung des hygienischen Institutes zu München unter der Bezeichnung »Enteritidisc. Die morphologische und biologische Prüfung ergab aber keine Spur einer solchen. Er verhielt sich in allem wie Typhus: nur das Gelatinewachstum weicht ziem- lich stark ab, auch wird er durch Typhusserum beeinflulst, während sein Serum Typhusbazillen nicht agglutiniert. Höchst auffallend sind aber die Agglutinationswerte bei Mäusetyphus-, Schweine- pest- und Paratyphus. B.Serum und umgekehrt die Wirkung des iXc-Serums auf diese Bakterien wie die Enteritidis-Stämme.

288

Über den Mftasetyphiishanllafl and seine Verwandten.

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Von Dr. Iticbard TrommsdorS.

Arehl* IBr Hyt^eat. HJ. LV.

290 Über den MäoBetjrphuBbasillas und seine Verwandten.

Im übrigen glaube ich hier auf eine eingehende Erkl&rung der Tabelle verzichten zu dürfen; es seien nur einzelne Punkte hervorgehoben :

Die Mäusetyphus sera agglutinieren alle Mäusetyphus- Stämme, nicht die Entritidisstämrae, bis auf einige Ausnahmen beim Serum Kan. A Pf. I, dagegen grölatenteils den Stamm Aer- thryk. Das Gleiche gilt für Schweinepest- und Paratyphus- B-Bazillen wie für die Psittacosis.

Die Gnteritidissera agglutinieren alle Enteritidisstänmie ; in den übrigen Bakteriengruppen sind hier nur wenige hohe Titer zu verzeichnen (am meisten gegenüber Suipestifer).

Das Suipestifer-Kräl-Serum agglutiniert die Sehweine- peststämme (Ausnahme Stamm Dieudonn^, die Mäusetyphus- und Paratyphus-B-Stämme (Ausnahme Stamm Saarbrücken), den Bac. Aerthryk) dagegen nur gering die Psittacosiskultur und gar nicht die Enteritidisstämme.

Das Suipestifer Dieudonn^-Serum zeigt sich dagegen völlig abweichend.

Das Paratyphus-B-Serum agglutiniert nur einen Para- typhus B- und einen Suipestiferstamm hoch.

Und umgekehrt:

Mäusetyphusbazillen wurden von allen Mäusetyphus- seris, einzelne Stämme von einzelnen Enten tidisserum und einem Suipestiferserum hoch agglutiniert.

Enteritidisbazillen wurden im allgemeinen nur von Enteri tidisseris (einige Ausnahmen bei Mäusetyphus-Serum Pf. I Kan. A) agglutiniert,

dagegen der Bazillus Aerthryk im allgemeinen nicht von Enteritidisseris , jedoch von Mäusetyphusseris und dem Schweinepestserum Kral.

Die Suipestiferstamm e (abweichend der Stamm Dieu- donnä) wurden sämtlich von dem Suipestifer-Kräl-Serum, von Mäuse- typhusseris, z. T. von einigen Enteritidisseris, dagegen durch das Paratyphusserum nur ein Stamm hoch agglutiniert.

Von Dr. Richard Trommsdorff. 291

Die Paratyphusstämme Schottmüller und Neifser werden im allgemeinen durch Mäusetyphusseris agglutiniert, dagegen ebenso wie der Stamm Saarbrücken (der nur durch 2 (3) Mäuse- typhussera agglutiniert wird) nicht von Enteritidisseris (zwei Aus- nahmen). Auch durch Suipestifer- (Ausnahme das Dieudonnö- serum) und Paratyphussera die Mehrzahl der Werte positiv.

Die Psittacosis kultur endlich wird durch alle Mäusetyphus- sera hoch agglutiniert, auch durch zwei Enteritidisseris, aber nur schwach vom Schweinepest- und Paratyphusserum.

Welche Schlüsse sind nun aus den hier mitgeteilten Agglutinationsversuchen unter Berücksichtigung der Resultate der bisherigen Forschungen auf diesem Ge- biete zu ziehen?

Da erscheint am wichtigsten die zwar vom Standpunkt des Bakteriologen aus sehr bedauerliche, aber wohl nicht weg- zuleugnende Tatsache, dafs die AgglutinationsprQfung, wenigstens in ilirer Jetzigen Metliodik, beliufs Differenzierung der Bakterien- gruppe: Mäusetyplius, Fieisclivergifter Typ. enteritidis, suipestifer Paratyplius Typ. B , Psittacosis liöclist unsicliere Resuitate iiefert.

Dies geht einmal aus den sich zum Teil direkt wider- sprechenden Angaben der Literatur über Versuche mit teilweise denselben Bakterienstämmen hervor. Entscheidend sind aber, wie ich glaube, die hier vorliegenden Versuche.

In ihnen finden sich zwar in einigen Fällen unter den Agglu- tinationswerten der verschiedenen Sera einer Bakteriengruppe gegenüber sämtlichen Stämmen dieser Gruppe keine wesent- lichen Unterschiede, z. B. bei den Mäusetyphus-Seris gegenüber den Mäusetyphusbazillen oder bei den Enteritidis-Seris gegenüber den Enteritidisbazillen. Sehr vielfach aber agglutinieren die mit einem Bakterienstamm bei verschiedenen Tieren hergestellten Sera ein und denselben Stamm einer anderen Gruppe (a), oder ein und dasselbe Serum die verschiedenen Stämme

einer anderen Gruppe verschieden hoch (b).

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Wir halten die Aateellimg gewisser Gruppen toq Bakterien, die ficfa Mfist Diefat düEerenxieren laaseiu aoMcfaiiefäieii auf Grand agglotinalorisefa Tölfig diffierenten Verhaltens für bnecb- tigt irie wir es z, B, auch kürzlich bei dem Bac fiteaÜs alcali- gene5>i getan haben.^ Diese Berechtigung liegt nun b^ unseren Venucheu darin, dals gewisse Ag^utinationswerte^'wenigatens in der überwiegenden Mehrzahl, in einem Sinne ausfielen. Man kann daher diese Werte als die RegeL die abweichenden Ergebnisse als Ausnahmen betraditen. Eben diese Ausnahmen, die aber vorkommen und mit Sicherheit vorkommen« sind der Grund, dals wir die Agglutination als DifEerenzierungsmoment in unserer Gruppe nicht sehr hoch einschätzen können. Denn praktisch wird man kaum je in der Lage sein, mit einer groÜBen Zalil Sera und einer groben Zahl Bakterien, wie bei den vor- liegenden Untersuchungen, zu arbeiten.

Auf Grund meiner Versuche glaube ich nun, dals wir fol- gende« Spezielle sagen dürfen:

L Der Bac. enteritidis ist von den übrigen Bakterien abzutrennen. Dafür spricht:

u) dafs keiner der Stämme desselben, bis auf 3 Ausnahmen bei dem Kaninchen A des Stammes Pf. I., von Mäusetyphus- serum agglutiniert wird, und umgekehrt auch im allgemei- nen — hier sind allerdings bedeutend mehr Ausnahmen lOuteritidis-Sera Mäusetyphusbazillen nicht agglutiuieren ;

Von Dr. Richard Trommsdorff. 293

b) dafs sowohl Schweinepest wie Paratyphus - B-Serum den- selben nicht beeinflussen;

c) wohl auch, dafs der Stamm X-Sammlung, der sonst von fast sämtlichen Seris mehr oder minder agglutiniert wird, von keinem der Enteritidis-Sera agglutiniert wird.

II. Sowohl unter denParatyphus-B-, wie denSchweine- pest-Bazillen gibt es verschiedene Gruppen.

Hierfür spricht beim Paratyphus B das abweichende Ver- halten des Stammes Saarbrücken gegenüber der Mehrzahl sämt- licher Sera und unter den von mir untersuchten Schweiuepest- stämmen ist entschieden der Stamm Dieudonnö atypisch.

Es entsteht nun noch die Frage, wodurch sind die merk- würdigen Differenzen zu erklären, die wir bei den ver- schiedenen Seris gegenüber denselben Bakterienstämmen bzw. beim gleichen Serum gegenüber den verschiedenen Bakterienstämmen feststellten, und auch die differenten Ergeb- nisse der früheren Autoren? Man wird vielleicht bei der Be- trachtung meiner grofsen Tabelle denken: Sollte da nicht bei der grofsen Zahl von Tieren und Bakterien gelegentlich bei den Injektionen ein Irrtum vorgekommen sein? Ich kann aber ver- sichern, dafs ich in dieser Beziehung das beste Gewissen habet

Dafs wesentliche Unterschiede in den zur Agglutination ver- wendeten Formalinkulturen vorlagen, glaube ich, bei meinen Versuchen wenigstens, so gut wie sicher verneinen zu dürfen. So bleiben eigentlich nur Unterschiede in der Gewinnung der Sera zu betrachten.

Bonhoff hat bei seinen Versuchen mit Mäusetyphusserum eine gleich hohe Agglutination wie für den Mäusetyphus- bazillus für seinen Enteritidis-Stamm erhalten. Ich kam, unter Einhaltung derselben Technik, mit denselben Stämmen zu dem entgegengesetzten Resultat. Woran kann das liegen? Der eine Unterschied^ den ich hier sehen kann, ist, daCs Bon- hoff ein Kaninchen zur Immunisierung benutzte, während ich ein Meerschweinchen verwendete. Doch kann wohl die Tierspezies nicht ausschlaggebend sein, da bei meinen Ver-

2^4 tyi0>T 'imi Xibuwrrpiiaiihflailliis and seiae ViKwuifim.

üochen mit d^a Sitaarnea SfäOMCCyphQ» PL I and KixL, w^o jeiies- mal je 2 fCanixkchen and je 3 Me«r9diw«neiieii zur Immaniae- rung benutzt wnrdeii. .^ich dann doeh wokl juich derartige DtSe- renzen hätten zeigen mäseen. Und aoeh die Tenciueden hohe Wertigkeit anderer Serm kann nieht got zor ErkUning hermn- gezogeri werden, da Bonhoff nur bis zur Verdannaz^ I : lOQi' wirksames Mladetjphas-^serum hacte^ wahrend mein S^nm Tiel hochwertiger t40000faehj war; diese« aber den Enteritidisbazülns nieht agglatinierte, Ea war vielmehr das Umgekehrte der Fall : da« Bon ho ff. «che «schwächere Serum agj^ntinierte beide Arten. Es erscheint mir «omit das Wahrscheinlichste^ anzunehmen. daf.% sich bei verschiedenen HeriadhrMsM eine verschie- dene Reaktion in bezug auf die Bildung von Aggluti- ninen findet Weiteren Untersuchungen wird es vorbehalten bleiben, in diesen Punkten Aufklarung zu schaffen. Man wird vielleicht zunächst sein Augenmerk darauf richten muaaen, wie das Serum der zu immunisierenden Tiere vor der ersten Injek- tion die einzelnen verschiedenen Bakterienstänmie beeinfloist. Auch den geringsten Unterschieden durfte da schon Wert bei- zulegen sein. F'emer wird man bei der Abtötung der für die Immunisierung dienenden Kulturen auf die Höhe der AbtiHoogs- temperatur und die genaue Zeit der Einwirkung dieser achten müssen und auf ähnliches mehr.

Wir sind auf Grund der Agglutinationsversuche zu einer Differenzierung der Bazillen des Mäuse- typhus, der Schweinepest, des Paratyphus B, der Psittacosis und des Fleischvergifters Aerthryk nicht gekommen. Für eine Identität dieser sämtlichen Bakterien mich auszusprechen, würde ich mich aber trotzdem nicht für berechtigt halten. Denn hier müssen wir, m. E., doch noch rieben vielleicht mehreren anderen Punkten (Toxinbildung, Hitze- beständigkeit der Toxine etc.) auch die tierpathogenen Eigen- schaften mit berücksichtigen. Es haben sich nun bei meinen wenigen diesbezüglichen Untersuchungen Differenzen gezeigt. Ich erwähnte bereits, dafs Bon hoff gewisse Unterschiede der

Von Dr. Richard Tromnisdorff. 295

Pathogenität der von ihm untersuchten Stämme fand. Meine V^ersuche haben einen auffallenden Unterschied des Verhaltens der Paratyphus-B-Bazillen ergeben; Bei Verfütterung an weilse Mäuse wirkten sämtliche aufgeführten Stämme von Mäusetyphus, Enteritidis, Schweinepest, Paratyphus B, der Stamm Aerthryk und die Psittacosis tödlich. Bei allen Tieren, mit Ausnahme der mit dem Paratyphus des Typus B gefütterten, war der Sektionsbefund übereinstimmend: genau das Bild, wie es seinerzeit Löffler für die Mäusetyphus- bazillose angab : fast alle Organe im Zustand der Stauung, dunkel- blaurot; entzündliche Erscheinungen am Darm und bakteriologisch allgemeine Septikämie.

Bei den mit den drei Paratyphus -B- Stämmen gefütterten Tieren aber war das Bild ein wesentlich anderes. Ich denke an anderer Stelle des Näheren auf diese Befunde zurückzukommen.

Sollten wir nicht auch vielleicht, bei den Schweinepest- bazillen z. B., bei anderen Versuchstieren einen ähnlichen durch- greifenden Unterschied finden können? Merkwürdig ist doch der Umstand, dafs scheinbar noch niemals Erkrankungen au Schweinepest beobachtet wurden, zu Zeiten, wo gegen die Feld- mäuse mit virulenten Mäusetyphusbazillen gearbeitet wurde! Bei einer Identität beider Arten, sollte man glauben, hätte dies bei der hohen Infektiosität der Schweinepest wenigstens gelegentlich einmal vorkommen müssen.

Aber auf der anderen Seite bin ich weit entfernt, etwa aus Unterschieden der Pathogenität oder der Intensität der Gift- bildung für eine Abtrennung von Arten einzutreten. Dafs da die gröfsten Differenzen auch bei sicher identischen Stämmen, z. B. bedingt durch Züchtung auf verschiedenartigen Nährböden, vorkommen, ist nur zu bekannt. Ich möchte in der Beziehung nur auf die neuen Untersuchungen von Schattenfroh und Grafsberger^ö) über den Rauschbrandbazillus bzw. die grofsen Differenzen der Virulenz und der Intensität der Gift- bildung bei den verschiedenen Arten dieses aufmerksam machen.

Smidt empfiehlt, auf Grund seiner Erfahrungen mit poly- valentem Schweinepestserum, dieses als vorzüglich geeignet zur

296 ÜJber den Mäusetyphasbaullus und seine Verwandten.

Erkennung, ob ein Bakterium überhaupt zur Gruppe der Hog- cholera gehöre, wie er unsere Bakteriengruppe mit Th. Smith zusammenfassend nennt. Wir würden aber auch bei Verwendung von solchem m. E. nach durchaus noch keine Garantien entschei- dender Resultate haben. Äufserdem geht die Anwendung solchen polyvalenten Serums bereits von der unbedingten Zusammen- gehörigkeit der verschiedenen in Frage stehenden Bakterien zu einer Gruppe aus.

Dieselben Einwände sprechen gegen Benutzung von Misch- bakterienkulturen, wie sie zur Seradiagnostik beim Menschen für Typhus und Paratyphus vorgeschlagen sind.

Absorptionsversuche zur Bindung der Agglutinine stellten bereits Bonhoff und Smidt (1. c.) an, ohne zu eindeutigen Resultaten zu kommen. Auf die Wiedergabe meiner diesbezüg- lichen Versuche möchte ich vorläufig verzichten, da auch sie bisher nicht gestatten, irgendwelche sicheren Schlüsse zu ziehen.

Endlich möchte ich noch auf eine ganz neu erschienene Arbeit Bahrs^^) hinweisen. Jensen hatte versucht, die Para- typhusbazillengruppe durch Prüfung ihrer Gärfähigkeit gegenüber verschiedenen organischen Körpern, vor allem Zuckerarten, zu differenzieren; Bahr hat den schon von Jensen ausgesprochenen Gedanken, hierzu organische Säuren zu benutzen, durch- geführt, und es scheint ihm in der Tat so eine Differenzierung gelungen zu sein. Es geht jedoch aus seiner Veröffentlichung nicht hervor, ob er bei seinen Prüfungen stets mehrere oder nur einen Stamm der verschiedenen Arten prüfte. Man wird also bis auf Nachprüfungen dieser Arbeit mit seinem Urteil zurQok- halten müssen.

Ich glaube somit empfehlen zu sollen, vorläufig ruhig die verschiedenen Namen für die nicht difEerenzierbaren Arten bei- zubehalten.

Immerhin aber sei man sich bei der Verwendung sämtlicher besprochener Bakterien der möglichen Gefährlichkeit derselben auch für den Menschen bewufst.

Von Dr. Richard Trommsdorff.

297

In bezug auf die Mäusetyphusbazillen ist bereits in Preufsen, veranlafst durch den seinerzeit von mir mitgeteilten Befund von Mäusetyphusbazillen beim Menschen, ein Erlafs mit Vorsichts- mafsrege]n erschienen, der auch in Abschrift z. B. den von der Finna Schwarzlose in den Handel gebrachten Mäusetyphuskulturen beigegeben wird.

Ein Verbot der Verwendung von Mäusetyphuskulturen zur Vertilgung von Feldmäusen scheint mir jedoch zunächst nicht berechtigt.

Nach Abschlufs dieser Arbeit ging mir durch Herrn Prof. Neuser der Druckbogen (Zeitschr. f.Hyg.*) einer Arbeit Böhmes zu, deren experimentelle Ergebnisse, soweit seine Versuche metho- disch den hier mitgeteilten entsprechen, durchaus mit den meinigen in Einklang stehen.

Nachtrag bei der Korrektur.

Eine Reihe von Nachprüfungen der Gärversuche Bahrs (a. a. 0.) haben mich zu der Überzeugung gebracht, dafs den Ergebnissen Bahrs eine allgemeine Bedeutung zur Differenzierung unserer Bakteriengruppe nicht zu- kommt. Als Beleg sei die folgende Tabelle mitgeteilt. (Die Versuche wurden natürlich genau nach den Vorschriften Bahrs angestellt; das Wachstum der eingesäten Bakterien war stets üppig.)

Bahre Vereache

Zitronen- ■iure

Traaben- 1 s&ure

Eigene Versuche

;, Zitronen- s&ure

Trauben- s&ure

MänsetyphuB .

+

{■ Stamm Kral + ' > Pf. 1

+

0

8

0

Schweinepest

+

+

Kral . .

Dieadonn^

Neilser

+

e

+

e

+

0

Enteritidis . .

+

+

G. . . . Bonhoff .

0 0

Paratyphns B

+

0

NeiXaer .

SchottmtQler

Saarhrficken

+

0 0

0 0 0

Pflittacose . .

0

+

0

*) Nachtrag hei der Korrektor : einstweilen erschienen Bd. 52 Heft 1.

Die Tageskarve der Wasserdampfabgabe des Menschen.

Von

Prof. Dr. med. H. Wolpert, und Dr. med. P. Peters,

Oberassistenten am Institut. früherem Assistenten am Institut.

(Aus dem Hy^enischen Institut der Universität Berlin.)

Vierundzwauzigstüudige Versuche über die Wasserdampfab- gabe des Meuschen, bisher nur spärlich ausgeführt, haben be- kanntlich zur Aufstellung eines Mittels von rd. 1 kg Wasser pro die = 42 g Wasser pro Stunde, das sind 42 X Ofi oder 25 Ka- lorien pro Stunde geführt. Wie aber die Wasserdampf abgäbe über den Tag sich verteilt, darüber sind uns überhaupt keine Versuche bekannt geworden.

Wenn wir daher eine Tageskurve für die Wasserdampf- abgabe des Menschen zu finden suchten, indem wir den 24 stün- digen Tag in eine gewisse Anzahl von Perioden zerlegten, so war es erfreulich, dafs wir gleichzeitig einen Beitrag zur Frage, der Gröfse des Tagesmittels erhielten.

Die Versuche unternahmen wir am Pettenko ferschen Re- spirationsapparat, wobei die Wasserabgabe in üblicher Weise als Differenz von Zustrom und Abstrom bestimmt wurde; von hier wie dort entführte dem Hauptstrom ein Teilstrom Parallelproben nach je zwei Voitschen Kölbchen, die, mit Schwefelsäurebimsstein beschickt, vor Beginn und nach Ablauf der einzelnen Perioden gewogen und zu diesem Behufe am Schlüsse jeder Periode aus- gewechselt wurden. Wir teilten den Tag in sechs vierstün- dige Perioden. Wünschenswert wäre ja eine kürzere Versuchs-

STjO in« TafBskrxrre der

daner, mögjicfast tod eifiirirven Samden. gewesen. Aber £c- spinuioiiSTefsciefae onter vier eigentfieh aeciisf Sumden I^sKn sich ja, wie man annimmt, nach dem Pettenkof erschien Prinaip nicht mit genügender Sicherheit ansfahrm, and die Versocfas- peftOD hätte immeno Slltaimgen in ihrer Nachtrahe, weldie dorcbaos zweckwidrig gewesen wären, erleiden mäasen. Denn ohne Entkleiden and Wägen der Eleidong jedesmal nach Ab* laof einer Periode geht es nicht ab, wenn man genan«' Wasser- zahlen sicher sein wilL

Der Angewöhnung am den Apparat and einer ^eich- mäüngeren Berechnong halber lieben ?rir dem zweiten and dritten Versach eine 1 ständige Vorperiode vorai^ehen. während dereo der Apparat ganz wie nachher sich in Gang befand, ein Teilstrom zar Analyse jedoch noch nicht dardi die KOlbcben geschickt wurde. Am letzten der drei Versochstage antersochten wir sieben yierstöndige Perioden, wddie sich unmittelbar folgten, um eine Periode mit Deckung« also die Abschlulsperiode nochmals zu gleicher Tageszeit wie die Anfangs- fieriode zu bekommen.

Die Versuchsdauer, während deren der Apparat nnunter- brochen in Betrieb war und die Versuchsperson den Kasteo nicht verliels, betrug:

24 Stunden am ersten Versuchstag

25 -. zweiten i 29 c dritten <

Den greisen Unbequemlichkeiten, welche das Sichheigeben als Versuchsobjekt zu solchen übernächtigen Kastenversuchen mit sich bringt, unterzog sich der eine von uns (Dr. Peters), während der andere den experimentellen Arbeitsteil besorgte. Über verschiedene Nebenumstände, wie VentilationsgröCse des Kastens, auch Nahrungsaufnahme u. dgl. gibt die General- tabelle (s. S. 306) näheren AufschluTs. Geschlafen wurde auf einer Matratze, welche die ganze Versuchszeit Ober sich im Kasten befand. Matratze plus Kleidung wurden alle vier Stunden ge- wogen und die Gewichtsänderung bei Berechnung der Wasser*

Von Prof. Dr. med. H. Wolpert und Dr. med. F. Peters. 301

dampfabgabe der Versuchsperson in Berücksichtigung gezogen. Durch eine Öffnung im Respirationskasten konnten unbedenklich Gegenstände hinein- und herausgereicht werden, indem ein kleiner Kasten aus Blech mit doppeltem, das heifst innen und aufsen zu betätigendem Ttirverschlufs luftdicht angesetzt war.

In nachstehendem finden sich die Versuchsresultate nebst den Angaben über die Temperatur und den Feuchtigkeitsgehalt der Kastenluft aus der Generaltabelle zusammengefafst. Bemerkt sei, dafs die Angaben über Luftfeuchtigkeit nicht aus Ablesungen eines Hygrometers, sondern aus Messungen nach der Absorptions- und Wägemethode sich herleiten und zwar die Mittelbaus den Messungen im Zu- und Abstrom bedeuten.

Zunächst stellten wir durch einen blinden Vorversuch fest, wie grofs die Übereinstimmung der Kölbchen- Gewichtszu- nahmen unter sich war, wenn gleiche Luftmengen durchgeleitet wurden, ohne dafs eine Person sich im Kasten aufhielt. Alle vier Leitungen, das heifst der Doppel -Teilstrom vom Zu- und Abstrom, mit je zwei Absorptionskölbchen, mufsten dann den gleichen Wasserdampfgehalt der Luft ergeben, was auch mit grofser Annäherung zutraf: Die Kölbchen der Leitung I wurden um 109 mg durch 10 1 Luft schwerer, und ent- sprechend Leitung 11 um 110, Leitung III um 109, Leitung IV um 108 mg.

In einem zweiten Vorversuch, in welchem Dr. Peters an den Aufenthalt im Apparat sich gewöhnen wollte, ergaben die Parallelproben 12,06 und 12,00 mg pro Liter Luft für den Abstrom, dagegen 10,83 und 10,61 mg für den Zustrom. Hieraus berechnete sich als Abgabe 45 g Wasser pro Stunde des Versuchs, welcher nur drei Stunden gedauert hatte. Wir durften um- somehr bei Wahl von vierstündigen Perioden, wie in der Folge geschehen, einwandfreie Zahlen zu erhalten hoffen.

Yersiieh Nr. 1.

Mittwoch den 21. bis Donnerstag den 22. Juni 1906. Dauer des Ver- sachs: 6X4Standen von Mittwoch um 4 Uhr nachmittags ab.

302

Die Tageskurve der Wasserdampfabgabe des Menschen.

Wasserdampf abgäbe stündlich in den 6 Perioden:

Bei

und

H,0 =--

I

(4-8)

22,8 64

48 48

n m i IV

(8-12) 1(12—4); (4-8) 23,6 23,8 ' 28,2

V VI

(8—12) ' (12—4)

23,0 28,2

62

110

71

61 69

59 71 56

60 81 76

50 49 69

Grad Lafttemperat, Mittel 23,3»

^/n rel. Feuchtigkeit, Mittel 59**«

g mit Korrektur, Mittel ^^g

g ohne Korrektur, Mittel 65 g

In anderer Ordnung, von 8 Uhr vormittags ab gerechnet bi« wiederum 8 Uhr vormittags :

I

n

lU

IV

V

VI

, (8-12)

(12-4)

(4-8) (8-12)

(12-4) ,

(4-8)

H,0 si

1

^

48

110

54*

71

g mit Korrektur, Mittel e9g

> ' 76

69

48 71

69 i

56

g ohne Korrektur, Mittel 65 g

bei

28,0

23,2

22,8

28,6

23,8 '

23,2

Grad I^ufttemperat., Mittel 23,3^

und

60

50

64

62

, 61

59

Vo rel. Feuchtigkeit, Mittel 59'/«

Resultat:

Die Wasserdampfabgabe betrug : (81 -f 49 + 48 + 110 -f- 54 + 71) X 4 = 1652 g als Tageswert und 1652:24==68g als mittlerer Stunden- wert bei 23,3" Lufttemperatur und 59% relativer Feuchtigkeit.

Aus den unkorrigierten Abgaben^) würde man erhalten: (76 -|- 69 -f- 4H + 71 + 69 + 56) X 4 = 1556 g als Tages wert und 1556 : 24 = 65 g als mittleren Stundenwert.

Ein Minimum bestand des Nachts (54 g/8t. 12 4 Uhr, obwohl t^ Mittel), ein zweites Minimum vielleicht des Nachmittags (49g/8t. 12—4 Uhr): letzteres wäre merkwürdig, da in dieser Periode zwar die Lufttemperatur deiu Mittel entsprach, die relative Feuchtigkeit aber ungewöhnlich niedrig war und man danach eine erhöhte Abgabe erwarten sollte. Ein Einflufs der Nahrungs- aufnahme liefH sich anscheinend nicht erweisen.

1) Die > unkorrigierten Abgaben c werden stets nebenher angeführt, weil man hieraus die Gröfse der Korrektur, welche die Berücksichtigung der .Änderungen des Kleidergewichts zum Zweck hat, entnehmen kann.

Vou Prof. Dr. med. H. Wolpert und Dr. med. F. Peters.

303

Auf die niedrige Abgabe in der zeitlich ersten Periode (48 g/St. 4—8 Uhr) dürfte wegen des Fehlens der Vorperiode ein besonderes Grewicht nicht zu legen sein.

Yersneh Nr. 2.

Montag den 26. bis Dienstag den 27. Juni 1905. Dauer des Versuchs : 1 -f~ 6 X ^ Stunden, von Montag um 6 bzw. 6 Uhr nachmittags ab.

Wasserdampfabgabe stündlich in den 6Perioden:

(6-10)

Bei I 23,2 und ' 72

H,0-

> ^r-

84 84

II m

(10-2)

23,0 71

55* 78 62 i 63

IV V VI

(L>- 6> («-10)ia0-2)|(2-6)

22,5 ' 22,6 ; 23,0 1 28,1 i Grad Lufttemperatur, Mittel 22,9'' 70 70 ' 68 61 ;7o rel. Feuchtigkeit, Mittel 69 Vo 80 66 39 \g mit Korrektur, Mittel 67 g 75 64 49 g ohne Korrektur, Mittel 66 g

In anderer Ordnung, von 6 Uhr vormittags ab gerechnet bis wietlerum 6 Uhr vormittags :

> rr-:

bei und

I

(6-10)

80

75

n

(10-2;

66

64

22,6 ' 23,0 70 68

III

(2-6)

49

23,1

61

IV V VI i

(6-10) (10— 2)i (2-6>

84 55* 78 g mit Korrektur, Mittel 67 g

84 I 62 63 g ohne Korrektur, Mittel 66 g

23,2 23,0 22,5 Grad Lufttemperatur, MiUel 22,9*"

72 71 70 Vo rel. Feuchtigkeit, Mittel 69%

Resultat:

Die Wasserdampfabgabe betrug : (80 + 66 -}- 39 + 84 + 56 + 78) X 4 = 1608 g als Tages wert und 1608: 24 = 67 g als mittlerer Stunden- wert bei 22,9^ Lufttemperatur und 69% relativer Feuchtigkeit.

Aus den unkorrigierten Abgaben würde man finden : (75 -|- 64 -|- 49 -f- 84 + 62 -f- 63) X 4 = 1588 g als Tageswert und 1588 : 24 = 66 g als mittleren Stundenwert.

Ein Minimum bestand wiederum des Nachts (55 g/St. 10 2 Uhr), ein zweites Minimum möglicherweise des Nachmittags (39 g/St. 2—6 Uhr); die niedrige Nachmittagszahl kann durch das Abgespanntsein und Schlafen während dieser Periode (s. General tabelle) bedingt sein. Die Nah- rungsaufnahme schien keinen EinfluIiB auf die Wasserdampf abgäbe auszuüben.

Bei dem folgenden Versuch gelang es, in jeder Hinsicht überaus gleichmäfsige Versuchsbedingungen zu erreichen. Das Schlafen des Nachmittags wurde vermieden, und so blieb auch das Nachmittags - Minimum der Wasserdampfabgabe aus.

304 tHe Tageskurve der Wasserdampf abgäbe des Menschen.

Yersueh Nr. 3.

Freitag den 30. Jnni bis Sonnabend den 1. Joli 1906. Dauer des Ver suchs: 1 -|- 7 X ^ Stnnden, von Freitag nm 3 bzw. 4 Ühr nachmittags ab.

Wasserdampf abgäbe stündlich in den 7Perioden:

I n m IV V VI vn

(4—8) (8-12; (12-4) : (4-8) (8-12) (12-4 (4-8)

Bei 216 26,0 26,0 ' 24,9 25,2 25,6 26J Grad Lnfttemp., Mittel 26,P

und 63 68 65 67 69 67 68 rel. Feuchtigk., Mittel 66»^,

H^0= 66 66 68 45* 89 76 83 g mit Korrektur, Mittel 70 g

> = 63 68 66 46 77 78 72 g ohne Korrektur, Mittel 66 g

In anderer Ordnung, von 8 Uhr vormittags ab gerechnet bis wiederum 8 Uhr vormittags, wobei für die doppelt vorkommende Periode, das ist für 4 8 Uhr nachmittags, der Mittelwert eingesetst ist :

I II I m IV V VI

(8— 12)' (12— 4) (4—8) .(8-12) (12-4^ (4—8)

H, O = 89 76 76 ! 66 68 45* g mit Korrektor, Mittel 70 g

>= 77 78 68 63 66 46 g ohne Korrektur, Mittefee g

bei i 25,2 %,5 26,1 26,0 26,0 24,9 Grad Lufttemperatur, Mittel 25,1«

und I 69 67 66 63 66 67 <> o rel. Feuchtigkeit, Mittel 66«"/,.

Resultat:

Die Wasserdampf abgäbe betrug : (80 + 76 + 75 + 66 + 68 + 45) X 4 = 1676 g als Tages wert und 1676: 24 = 70 g als mittlerer Stunden- wert bei 25,1« Lufttemperatur und 66«/, relativer Feuchtigkeit').

Aus den unkorrigierten Abgaben würde man bekommen : (77 -(- 78 -f- ^ -f 63 -|- 66 -|- 46) X 4 = 1592 g als Tages wert und 1592 : 24 = 66 g als mittleren Stunden wert.

Ein Minimum besteht des Nachts (46 g/St. 4— 8 Uhr); etwas Weiteres läfst sich nicht erweisen. Nach Versuch Nr. 8 hat es allerdingB den Anschein, als ob die Wasserdampf abgäbe gleich morgens nach dem Auf- stehen am gröfsten sei und ziemlich regelmlüsig von Stunde su Stunde bis zum Abend langsam sinke, um in der Nacht weiter stark heruntenngehen (s. Fig. auf nächster Seite, Kurve). Aber im Mittel der drei Versuche findet sich dieses Verhalten nicht bestätigt.

1) Die Lufttemperatur schwankte in den 28 Stunden nur zwischen 24,9 bis 25,0° und die relative Feuchtigkeit zwischen 63— 69V».

Von Prof. Dr. med. H. Wolpert and Dr. med. F. Peters. 305

Aus den drei Versuchen betrügt das Geaamtmjttel = 1645 g Wasaer täglich oder 1645 : 24 =^ 69 g Wasser stündlich') bei rund 24" Lufttemperatur und 6b°jg relativer Feuchtigkeit.

TagcsknTTe. Versuch Nr. 8 = ; Mittel der drei Vorsnelie =

An den einzelnen Versuchstagen wurde abgegeben :

Am 1. Versuchstag = 1652 g H2O bei 23,3" u. bQ% rel Feucht.

f 2. < = 1608 < ( < 22,90 . 69 < <

t 3. c =1676 * t 25,1" . 66 « « »

Im Mittel also 4936:3= 1645 g < « 23,8° ( 65 < c <

1] AuB den ankorrigierten Abgaben wflrde ale Geeamtmittel berror- geheo (1666 + 1&8B + 1592} : 8 =^ 1679 g W«SHr Uglicb oder 1679 : 24 = 66 g Wueer BtOudlich.

AiohiT Ar HrtfaiM. Bd. LV. 20

806

Die Tageskurve der Wasserdampf abgäbe des Menschen.

Diese mittlere Tagesabgabe von 1645 g Wasserdampf im Hochsommer darf nicht vorbehaltslos auf das tägliche Leben übernommen werden. Die erzwungene Ruhe in dem engen Kasten wird zwar die Abgabe herunterdrücken und auch die höhere Luftfeuchtigkeit der Kastenluft wird im gleichen Sinne wirken, aber durch die andauernde Windstille wird anderseits die Abgabe grötser^), als sie in der Norm, bei zeit- weiligem Aufenthalt im Freien, unter hochsommerlichen Bedin- gungen gewöhnlich ist. Die Zahl 1645 darf wohl als unterer Mittelwert unter ähnlichen hochsonunerlichen Verhältnissen gelten.

Das Gesamtergebnis der vorstehenden Versuche ist somit folgendes :

1. Die Tageskurve der Wasserdampfabgabe wird im allgemeinen nicht durch die Tageszeit als solche be- einflufst. Doch pflegt während der späteren Nachtstunden, und gegebenenfalls auch am Tage während des Schlafens die Abgabe ein Minimum aufzuweisen. Die Nahrungs- aufnahme liefs keinen BinfluDs auf die Abgabe erkennen.

2. Das Tagesmittel der Wasserdampfabgabe betrug in unserem Falle rund 1650 g, das Stundenmittel somit rund 70 g, bei 24® C, 65% relativer Luftfeuchtigkeit und Windstille.

Generaltabelle.

y ersuch I. 21./22. VI. 1905.

Zeit

Temp. des i,^rs

'S

Ein- Ab-

Rtrom Strom

33 "^

H,0- Abgabe

ohne

Korrektur

0)

» —^ CS JS; o ■^

Bemerkungen

p.m.

4h

22,0

22,6

8h : 22,2

24,2 1, 180,0

191,8:4 48

12,99

; 12,99

64%

3^ zu Mittag gegessen. Gelesen (leichte Lektüre, wie aach in der Folge).

830—920 Abendbrot gegessen u. Tee getrunken. Grelesen.

1) Dieses Archiv, Bd. 38, S. 219.

Von Prot. Dr. med. H. Wolpert nad Dr. uiftd. F. Petera. 307

FortseUnng ta Versuch I.

T,mp. a„

i|2 'n,0-Abg«h«

ii!

lis

""fän- iMrom

Ah-

l|i

ohns Korrektup

II: 11^

282,3:4 =

Auf (lerNUtraUe gelegen und

12h l22,7

a,i

188.8

71 277,1 : i =

13,15

62«/.

4h

22,7

24,8

130,1

69 225.2:4 =

18.09

61

G^en 420

71' Jer Matratae

oh

21,?

2S,6

130,2

66 302.6 : 4 =

18,16

69.

UDd

FrOhBtttck gegeaaen. Gelesen.

12h

2S,2

24,4

128.8

76 276,8:4 =

13,165

60>

IM awei Brötchen gegessen. Gelesen.

4b

21,9

84.0

181.3

69

13,09

50.

Tcnmeh IL 26./27. VI. 1906.

Qb j|21,8 6h ||22,2

lO' 1I21,»

2l> ||21,7 :

Ii

6i> 21,6 :

.[

lOb |{22,0 : 2l> 22,2 :

6b l|22,3 !

23,8

Vorpe

riode

34.2! -

14,430

_

333.6:4 =

24,6

130.8

84 249.6 : 4 =

14,480

72»/ Jl

il

28,8

182,1

62 262,8 ; 4 =

14.400

71.1

i

2-2.8

181,0

63 299.8:4 =

14,460

70.1

24,1

131,6

76 264,9:4 =

U,4«0

70.

24,0

182,8

64

14,490

66.

1

196.6:4 =

24,0

182,0

49

14,450

61 >

Mittag gegessen. 4M Kaffee getmnken. Gelesen.

10b— 1030 Abendbrot gegessen. Ilh_i4e geschlafen.

21G hingelegt, bald einge-

Bchlalea. 31B aufgewacht, teile geschlafen.

745_9h Kaffee getrunken und FrQbstOck gegessen. Gelesen. Gelesen.

20—630 auf der Matratze ge- legen n. bisweilen geschlafen.

308 TagAskarve der Wasserdampfabgabe etc. Von Prof. Wolpert u. Dr. Peters.

Yersiieli m. 30 '

n.ll. VII. 1905.

Temp. des |

i|| H.a-Abgabe;,:||

sSm 1

Zeit

1

Ein- Rtrom

Ab-;

Strom

1

.^IZ: ohne \ I ^ g c Korrektur '

5S-- jl

■sl-

Mittler

Feuch

in 4 i

Bemerkungen

3h

23,4

25,0

Vorperiode

1

2h zu Mittag gegessen.

4h

23,6

25,0

18,776

'-

Gelesen and geschrieben.

252:4

1

1

8h

23,8

25,6

1

131,0

1

63

13,795

1 63Vo

8 9h Abendbrot gegessen und Tee (40") getrunken. Ge-

253:4 —

lesen.

12h

24,0

26,6

132,0

63 ;13,805J63>

12ifi— 8h auf der Matratxe ge-

264:4 =

i 1

i|

legen, aber fast gar nicht ge- schlafen.

4h

28,9

25,6

182,0

66

13,815 |i 65 >

410 hingelegt, sehr bald ein-

geschlafen.

185:4

780 aufgewacht

8h

24,1

25,8

132,0

46 307:4 =

13,810

1

67 .

816—980 Kaffee getranken und FrühstQck gegessen. Gelesen.

12h

24,6

26,6

131,0

77 318:4=1

13,860

69 >

116 ein Brötchen gegessen. Gelesen.

4h

24,7

26,6

132,0

78 289:4 =

18,850

67»

Gelesen.

8h

1

25.0

26,6

182,0

72

18,895

i68>

über die Nachwirkung korperUcher Arbeit anf die Wasserdampfabgabe beim Menschen.

Von

Prof. Dr. med. H. Wolpert, und Dr. med. P. Peters,

OberasslBtenten am Institut. früherem AMlstenten am Institut.

(Aus dem Hy^enischen Institut der Universität Berlin.)

Die Wasserdampfabgabe des Menschen wird bekanntlich während körperhcher Arbeit normalerweise erhöht und darf wohl insoweit als hinlänglich studiert gelten. Wie sich jedoch der Organismus nach geleisteter Arbeit verhält, ob vielleicht fürs erste kompensatorisch eine Einschränkung der Wasserabgabe unter die Norm statthat, oder ob vielleicht ganz im Gegenteil zunächst die Steigerung noch anhält darüber ist nichts bekannt und sind nicht einmal Hypothesen laut geworden.

Das Nächstliegende wäre vielleicht, der Vermutung Raum zu geben, es möchte das für die Körpertemperatur gültige Gesetz der Kompensationen auf die Wasserdampfabgabe übertragbar sein und dies um so mehr, als letztere ja, wie die grundlegenden Versuche von Rubner und die Versuche des einen von uns (W.) über die Wasserdampfabgabe im Wind') dargetan haben, ein biologischer Vorgang ist. Jedenfalls ist diese Annahme nicht von der Hand zu weisen ; aber es wäre erst zu beweisen, ob sie zutrifft. Möglich ist doch auch, dafs die Steigerung der Ver- dampfung, einmal eingeleitet und in flottem Betrieb, auch nach

1) Dieses Archiv, Bd. 33, S. 206.

310 Nachwirkung körperl. Arbeit auf d. Wasserdampfabgabe beim Menschen.

Aufhören der eigentlichen Ursache noch längere Zeit bestehen bleibt, indem die Haut in gleicher Aktivität beharrt.

Da die Frage uns theoretisch wie praktisch von einigem Interesse zu sein schien, haben wir uns deren Beantwortung durch einige Versuche am Pettenkoferschen Respirationskasten zum Ziel gesetzt.

In sämtlichen sieben Versuchsreihen hatten wir uns der dankenswerten Mitwirkung zweier sachverständiger Kollegen zu erfreuen, indem in vier langwierigen Versuchen (Nr. 1 4) Herr cand. med. Schmidt, und in weiteren drei Versuchen (Nr. 5 7) Herr Dr. Brunner sich als Versuchspersonen hergaben. Die Versuche wurden im Anschlufs an eine andere Versuchsreihe, bei welcher der eine von uns (Dr. Peters) als Versuchsperson fungierte^), vorgenommen. Das hier zu erwähnende Resultat jener 24 stündigen Versuche war, dafs die Tageskurve der Wasserdampfabgabe nicht durch Nahrungsaufnahme beeinflufst wird und auch nicht durch die Tageszeit als solche, dafs aber allerdings während der späteren Nachtstunden die Abgabe niedriger als am Tage zu sein pflegt. Dieser Nachweis bildete den Aus- gangspunkt für die hier in Rede stehenden Versuche.

Wir besprechen zunächst das Arrangement und die Resultate der Versuche mit Herrn Schmidt und Herrn Dr. Brunner, die Tabellen folgen am Schlufs.

Die Versuche wurden nach zwei wesentlich verschiedenen Prinzipien vorgenommen, denen selbstverständlich eines gemein- sam war: Ein Vergleich der Abgaben in je einer Ruheperiode, vor Beginn und nach Ablauf einer gewissen Arbeitsleistung. Es waren also eine Vorperiode, eine Arbeitsperiode und eine Nachperiode zu trennen.

Nach Prinzip I wurde der Respirationskasten ventiliert, und der Unterschied im Wassergehalt von Zustrom und Abstrom, nebst Kenntnis der Ventilationsgröfse, ermöglichte einen Rück- schlufs auf die Abgabe. Prinzip II dagegen beruhte darauf, den

1) Wolpert und Peters, Die Tageskurve der Wasserdampfabgabe. Dieses Archiv.

Von Prof. Dr. med. H. Wolpert und Dr. med. F. Peters. 311.

Kasten nicht zu ventilieren und aus der Steigerung der Luft- feuchtigkeit des abgesperrten Volums, nebst Kastengröfse, die Abgabe zu berechnen.

I. Versuche Nr. 1—4.

„Der BespirationBkasten wird ventiliert.**

Jeder Versuch besteht aus drei 4 stündigen Perioden.

Herr Schmidt ruht zunächst 4 Stunden im Kasten (Vor- periode), arbeitet dann 4 Stunden ebenda oder auch, in Ver- such Nr. 4, aufserhalb des Kastens (Arbeitsperiode) um schliefslich nochmals 4 Stunden im Kasten zu ruhen (Nach- periode).

Die Versuche wurden alle vier am Bekleideten vorge- nommen.

Zwischen den einzelnen Perioden macht sich zum Zwecke der Auswechslung der Absorptionsapparate u. dgl. eine Zwischen- zeit von mindestens etwa ^/a 1 Stunde erforderlich. Diese Zeit verbringt Herr Schmidt aufserhalb des Apparats, jedoch im Respirationszimmer.

Im Zustrom und Abstrom wird der Wasserdampf, nebenher auch die Kohlensäure bestimmt. Der Unterschied von Zustrom und Abstrom ermöglicht einen Rückschlufs auf die Abgabe. Ver- glichen wird die Abgabe der Nachperiode mit jener der Vor- periode.

Yersnch Nr. 1.

Freitag den 7. Jali 1905.

a) Vorperiode, im Kasten 11,00 3,00 Uhr mittags. Körpertemperatar in recto 87,5^ nm 11 Uhr,

36,9^ > 3 > . 11^15 Uhr hingelegt ; 1 Kakes gegessen *). 11,55—12,30 Uhr geschlafen. Matratze -f- Kleidung wurden 15 g leichter*).

1) Nach dem Ausfall unserer 24 stündigen Versuche hatten wir gegen geringe Nahrungsaufnahmen, die protokolliert wurden, nichts einzuwenden.

2) Matratze 4~ Kleidung mufsten vor und nach den einzelnen Versuchs- perioden selbstverständlich gewogen und die Gewichtsänderungen bei Berech-^ nung der Wasserdampfabgabe der Versuchsperson berücksichtigt werden.

312 Nachwirkung kOrperl. Arbeit aaf d. Wasserdampfabgabe l)eim Menschen.

b) Arbeitsperiode, im Kasten 3,35 7,35 Uhr nachmittags. Arbeits-

leistang 32000mkg in 4 St., also 8000 mkg/St Körpertemperatur 37,4® um 7,35 Uhr. 1 Kakes gegessen um 5,20 Uhr. Matratze -f- Kleidung wurden 175 g schwerer.

c) Nachperiode, im Kasten 8,35— 12,35 Uhr abends. Die Arbeit ist seit 1 St 20 Min. (seit 7,15 Uhr) beendet Körpertemperatur 37,1 * um 8,35 Uhr,

86,5 » 12,35 » . 1 Kakes gegessen um 8,40 Uhr.

9,20—11,30 Uhr geschlafen, während dieser Zeit die elektrische Glüh- lampe im Kasten ausgeschaltet Matratze -{- Kleidung wurden 60 g leichter.

Resultat:

Die Wasserdampfabgabe ist in der Vorperiode mit 35,5 und Nachperiode mit 36,2 g stündlich kaum verschieden ^). Da jedoch in der Nachperiode die relative Feuchtigkeit der Kastenluft etwa 5 7o höher war, bei gleich- bleibender Lufttemperatur'), und dessenungeachtet kein Abfall sich zeigte, so dürfte dieser Umstand entschieden für eine Steigerung der Ab- gabe, ceteris paribus, infolge der Nachwirkung aus der Arbeit sprechen und dies um so entschiedener, als Herr Schmidt nach der Arbeit so sehr er- müdet war, dafs er in der Nachperiode über 2 Stunden schlief. Nach dem Ausfall unserer 24 stündigen Versuche ist freilich nicht anzunehmen, dafs die Depression der Wasserdampfabgabe, welche durch einen Schlaf von nur etwa 2 Stunden veranlafst wird, eine sehr erhebliche sei.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dars aus äulseren Gründen*) die 4 stündige Nachperiode erst etwa 1^/4 Stunden nach geleisteter Arbeit begann, und während dieser nicht untersuchten Zwischen- zeit der Hauptteil einer Nachwirkung aus der Arbeit sich geltend machen konnte. Im nächsten Versuch ist daher auf eine tun- lichste Beschränkung dieser Zwischenzeit hingearbeitet worden.

Die Kohlensäureabgabe war in der Nachperiode gegen die Vorperiode etwas erhöht.

In der Arbeitsperiode, mit 8000 mkg stündlicher Leistung, waren HgO und CO2, wie zu erwarten, bedeutend gesteigert,

1) Die Zahlenangaben sind den untenstehenden Tabellen entnommen.

2) Die Temperatur im Zustrom ist mafsgeblicher als jene im Abstrom, da auf letztere unter Umständen (abends) die näher beim Abstrom befindliche elektrische Glühbirne einwirkt.

3) Die Vorbereitung des neuen Versuchs erforderte so lange Zeit.

Von Prof. Dr. med. H. Wolpert und Dr. med. F. Peters. 313

nämlich HjO von 36 auf fast 200 und CO2 von etwa 28 auf 82 g stündlich, H2O also um ca. 160 und CO2 um ca. 54 g. In früheren Selbst versuchen des emen von uns (W.) war, durch 15000 mkg stündliche Arbeitsleistung, die Wasserdampfabgabe im Mittel um 77 (von 42 auf 119) und die Kohlensäureabgabe um 52 (von 34 auf 86 g/St.) in die Höhe gegangen. ^)

Tenncli Kr. 2. Donnerstag den 13. Juli 1905.

a) Vorperiode, im Kasten 8,30 12,80 ühr vormittags. Körpertemperatur 37,2 » um 8,30 Uhr,

36,9 » 12,30 » . 10,55—11,25 Uhr geschlafen. Ca. 40 g Schokolade gegessen, nichts getrunken. Matratze -f- Kleidung wurden 15 g schwerer.

b) Arbeitsperiode, im Kasten 1,00 5,00 Uhr nachmittags. Arbeits-

leistung 16000 mkg in 4 St., also 4000 mkg/St. Körpertemperatur 37,1 um 1,00 Uhr,

37,5° » 5,00 » . 1,25 Uhr Glas Wasser getrunken und 2 Stullen gegessen, 3,35 Uhr Glas

Wasser getrunken. Im ganzen etwa 80 g Schokolade gegessen. Matratze -f- Kleidung wurden 95 g schwerer. Um 4,45 Uhr war die Arbeit beendet

c) Nachperiode, im Kasten 5,35—9,35 Uhr nachmittags. Körpertemperatur 37,5® um 5,35 Uhr,

37,1« . 9,35 > . 6,35—7,40 Uhr geschlafen. Matratze -|- Kleidung wurden 35 g leichter. Die Nachperiode hatte 50 Minuten nach Beendigung der Arbeit begonnen.

Resultat:

Die Wasserdampf abgäbe ist in der Nachperiode gegen die Vorperiode deutlich gesteigert, nämlich bei Gleichbleiben der Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit von rund 46 auf 54 g/St. ; die entsprechenden Kohlensäure- abgaben zeigen keine Verschiedenheit.

Wegen der geringeren (halben) I^istung waren in der Arbeitsperiode die Wasserdampf- und Kohlensäureabgabe weniger als im ersten Versuch aufgehöht, nämlich die Wasserdampfabgabe von 46 auf 90 = um 44 und die Kohlensäureabgabe von 32 auf 59 = um 27 g standlich durch 4000 mkg Leistung.

1) Dieses Archiv, Bd. 26, 8. 32.

314 Nachwirkung körperl. Arbeit aaf d. Wanserdampfabgabe beim Menechen.

Temeh Xr. S.

Freitag den 21. Joli 1906.

a) Vorperiode, im Kasten 8,00 12,00 Uhr vor mittags. Körpertemperatur 87^* am 8,00 Uhr,

36.8 > 12,00 > . 11,00 Uhr Glas Wasser getrunken. 11,10—12,10 Uhr geMshlafen:

Im ganzen etwa 60 g Schokolade gegessen. Matratze -|- Kleidnng wurden 45 g scliwerer.

b) Arbeitsperiode, im Kasten 12,35— 4,35 Uhr nachmittags. Arbeitsleistung 20000 mkg in 4 St., also 5000 mkg/St. Körpertemperatur 37,3* um 12,35 Uhr,

37.9 > 4,35 > .

2,30 Uhr Glas Wasser getrunken, 2 Stullen gegessen. 4,00 Uhr nochmals Glas Wasser getrunken. Im ganzen ca 60 g Schokolade gegessen. Matratze -|- Kleidung wurden 205 g schwerer.

c) Nachperiode, im Kasten 5,10 9,10 Uhr abends. Körpertemperatur 37,5" um 5,10 Uhr.

5,30 Uhr zwei Schinkenstullen gegessen. Matratze -|- Kleidung wurden 125 g leichter.

Resultat:

Ähnlich wie im zweiten Versuch, wenn auch in etwas geringerem Mafse, ist auch hier die Wasserdampf abgäbe der Nachperiode (mit 50) gegen die Vor- periode (mit 45 g/St.) unzweifelhaft gesteigert

Gleichzeitig läfst die Kohlensäureabgabe in der Nachperiode ein starkes Anwachsen (von 33 auf 40 g/St.) erkennen, welches aber auf Nahrungsaufnahme zurückzuführen sein dürfte. Um hierüber ins klare zu kommen, soll während eines vierten Versuchs überhaupt keine Nahrungsaufnahme erfolgen and die Arbeit aufserhalb des Kastens geleistet werden, so dafs sich die Nach- periode ohne gröfsere Zwischenzeit an die Arbeitsperiode anschliefsen kann.

Die Arbeitsperiode brachte eine Steigerung der Wasserdampf abgäbe von 45 auf 172 = um 127 und der Kohlensäureabgabe von 33 auf 80 = um 47 g stündlich durch 5000 mkg Leistung.

Tergneh Nr. 4.

Montag den 31. Juli 1905.

a) Vorperiode, im Kasten 10,30— 2,30 Uhr mittags.

Herr Schmidt hat früh 8 Uhr Kaffee getrunken und ifst eine belegte Stulle um 10 Uhr. Von da ab bis 8 Uhr abends unterbleibt jegliche Nahrungsaufnahme.

b) Arbeitsperiode, aufserhalb des Kastens 2,35 3,35 Uhr. Arbeitsleistung in dieser Stunde 28 750 mkg.

Von Prof. Dr. med. H. Wolpert und Dr. med. F. Peters. 315

c) Nachperiode, im Kasten 3,48 7,48 Uhr abends»

Die Nachperiode hatte 13 Minuten nach Beendigung der Arbeit begonnen.

Resultat:

Die Wasserdampfabgabe in der Nachperiode istwiederumgesteigert gegen die Vorperiode, nämlich von rund 37 auf 44 g/St., und es kann daher diese Steigerung wohl als gesetsmftfsige Nachwirkung der Arbeit angesprochen werden.

Die Kohlensäureabgabe war in den beiden Ruheperioden diesmal nicht verschieden, weshalb wohl der im dritten Versuch konstatierte höhere Wert der Nachperiode auf Zufälligkeiten fufst.

In den folgenden Versuchsreihen wurde von yornherein auf Erhebung der Kohlensäureabgabe verzichtet.

II. Versuche Nr. 5—7.

„Der Bespirationskasten wird nioht ventiliert."

Jeder Versuch besteht aus drei einstündigen Perioden.

•Herr Dr. Brunner ruht zunächst 1 Stunde im Kasten (Vorperiode) arbeitet dann eine Stunde ebenda oder auch, in Versuch Nr. 6 und 7, aufserhalb des Kastens (Arbeits- periode, Leistung durchweg 14000 mkg) , um schliefslich nochmals 1 Stunde im Kasten zu ruhen (Nachperiode). Die Versuche wurden durchweg am Nackten vorgenommen^), die Arbeitsleistung führte daher nie zu Schweifsbildung.

In der Zwischenzeit zwischen je zwei Perioden, welche auf etwa 10 Minuten bemessen wird, bleibt der Kasten nach dem Heraustreten Dr. Brunners geöffnet, um mittels eines elektrischen Ventilators energisch gelüftet zu werden, damit die Feuchtigkeit der Kasteuluft tunlichst wieder auf ihren Anfangs- stand sinke.

Verglichen werden die Steigerungen der Luftfeuchtigkeit des im Kasten abgesperrten Luftvolums bzw. die hieraus zu berech- nenden Abgaben in der Vor- und Nachperiode.

1) Die Vornahme der Vemache geschah am deswillen am Nackten, um die Wägungen der Kleider vor und nach den Versuchen und die hier- durch veranlafsten, etwas unsicheren Korrekturen der Abgabe zu umgehen. In diesen Versuchen mufste geheist werden, nioht nur der Kasten (durch elektrische FuTisbodenheizung), sondern, wie sich herausstellte, am besten das ganze Zimmer.

316 Nachwirkang körperl. Arbeit auf d. Wasserdampf abgäbe beim Menschen.

Yennoh Kr. 5*

Dienstag den 18. Juli 1905.

Der Kasten wurde elektrisch, durch Fafsbodenheizung, das Zimmer im flbrigen nicht geheizt. Während der ganzen Versuchszeit lief im Kasten ein elektrischer Ventilator als Luftmischer und war so aufgestellt, dafs Herr Dr. Brunn er möglichst wenig durch Zug belastigt wurde. Die Ablesungen der Luftfeuchtigkeit geschahen an einem gut justierten Kopp eschen Instrument

Bei gleicher Temperatur und Feuchtigkeit der Kastenluft zeigt sich auch hier wieder die Ruhe nach getaner Arbeit durch eine höhere Wasser- iah l gekennzeichnet. In der einstündigen Vorperiode wurden rund 35, in der einstündigen Nachperiode aber 41 g Wasserdampf abgegeben. Die Zahl 105 für die einstündige Arbeitsperiode ist unsicher (zu niedrig) wegen Kondensation.

Die Viertelstundenwerte der Abgabe waren für die drei Perioden folgende :

Vorperiode = 9,5 + 9,1 + 7,7 + 8,4 = 34,7 g Wasserdampf,

Nachperiode = 13,7 4- 10,5 + 8,4+ 8,4 = 41,0 g Arbeit = 15,8 + 21,0 + 31,5 +36,4 (?)= 104,7 (?)g

Es hat hiernach den Anschein, als ob die Nachwirkung '/4 Stunden dauerte, aber sich hauptsächlich auf die erste Viertel- stunde konzentrierte.

Da die Wasserdampfabgabe während der Arbeit nicht in Untersuchung stand, wurde in der Folge die Arbeit aufserhalb des Kastens geleistet und so jegliche Kondensation von den Kasten Wandungen femgehalten.

Yersnoh Nr« 6.

Donnerstag den 20. Juli 1905.

Die elektrische Fafsbodenheizung des Kastens ist aufser Betrieb, dafür wird das ganze Zimmer geheizt (Aatostat-Gasheizung) Der Ventilator ist wie beim vorigen Versuch in Tätigkeit. Die Luftfeuchtigkeit im Kasten wird aufser mittels eines Kopp eschen Hygrometers noch mit Hilfe eines Afsm an n sehen Aspirationspsychrom eters gemessen.

Die Viertelstundenwerte der Abgabe waren fflr die Voi^ und Nach- Periode :

1. Nach Mafsgabe des Kopp eschen Instruments:

Vorperiode = 13,3 + 18,9 + 12,6 + 15,4 = 60,2 g H,0, Nachperiode = 29,4 + 15,4 + 11,2 + 7,7 = 63,7 g H,0.

2. Nach Mafsgabe des Afsmannschen Instruments:

Vorperiode = 17,5 + 15,4 + 11,2 + 9,1 = 53,2 g H,0, Nachperiode = 29,4 + 11,2 + 12,6 + 9,1 = 62,8 g H,0.

Von Prof. Dr. med. H. Wolpert and Dr. med. F. Peters. 317

Also auch hier wieder ergibt sich, besonders bei Anwendung des zuverlässigeren (Afs mann sehen) Instruments, eine wesent- liche Steigerung der Abgabe zugunsten der Nachperiode.

Das Plus wäre vermutlich noch bedeutender bei gleichmäfsiger gestalteten Vorbedingungen. Aber es ist natürlich, dafs das ab- gesperrte Luftvolum in der Nachperiode durch die vermehrte Ab- gabe eine vermehrte Steigerung seiner Feuchtigkeit erfuhr, welche ihrerseits wiederum retardierend auf die weitere Abgabe wirken mufste. Die Lufttemperaturen konnten in beiden Fällen ja so gut wie gleich gehalten werden (30,1^ und 30,0^ im Mittel), aber im zweiten Fall mufste die Luftfeuchtigkeit alsbald ansteigen und am Schlufs einen erheblich höheren Wert repräsentieren.

Die Luftfeuchtigkeit betrug nach Koppe:

Vorperiode: Anfang 35, Ende 61, Mittel 47%, Nachperiode: » 37, > 66, » 54%,

und nach Afs mann:

Vorperiode: Anfang 44, Ende 67, Mittel 66 %, Nachperiode: » 44, » 72, » 60%.

Daher läfst sich auch nicht behaupten, die Nachwirkung müsse sich hier auf die erste Viertelstunde beschränkt haben, obwohl die obigen Zahlen dies nahezulegen scheinen. Denn bereits nach der ersten Viertelstunde war die relative Luftfeuch- tigkeit während der Nachperiode erheblich, d. h. um 5 10% über den entsprechenden Wert der Vorperiode hinausgegangen, und zwar eben infolge der starken Nachwirkung aus der Arbeit auf die Abgabe. Gerade hierdurch wird deutlich, dafs der Ruhende nach getaner Arbeit den Feuchtigkeits- gehalt derZimmerluft mehr als der dauernd Untätige in die Höhe treibt.

Eine letzte Wiederholung des Versuchs führte zu keinem anderen Resultat.

318 Xa^ebwirlKiuif kOipcr!. Arbeil mal <L Wi—rdimpt«bf»be bcua

TcmA Kr. T.

DonncnUg den 27. Juli 19Q6l Die Art der Heixong war die gleidie wie beim Totanyegmngenen Verso^L

Aorii wurde wiedemm towobi K o p p e s HTgrometer wie das A f m a n n loatraiDent beobacbtei. Der VentUator war dieiwiial nicbt beatlndig in Be- trieb, sondern jedesmal nnr etwa 10 Sekunden vor einer Ablesong. Hietduich sollte vermieden werden, dals Herrn Dr. Brnnner des Öfteren ein Loftsof belistigte. Die SCeigemng der Wasserdampfabgabe wird bier nnr beim ersten Viertelstondenwert deatlieb (11 Jb gegen 7,1 nacb Afsmann and 16,1 gegen 12,6 g/8t. nacb Koppe), im ganxen aber Terwiscbt, was wobl in der onge» nfigenden Laftmisdrang begründet ist

Wie lange die SteigeniDg der Abgabe anhäli, lälst sich aus den zuletzt mitgeteilten Versuchen schwer mit Sicherheit ermessen, weil nach dem Prinzip, welches diesen Versuchen zugrunde lag, die relative Feuchtigkeit der Kastenluft gröOser wurde und so eine Depression der Abgabe herbeiführte, die um so gröfser ausfiel und um so rascher eintrat, je grölser die fragUche Nachwirkung war. Hiemach möchte anzunehmen sein, die Nachwirkung sei nach längstens ^j^ Stunden vorüber gewesen.

In den ersten Versuchsreihen waren die Bedingungen für die Vor- und Nachperiode jedoch gleichmäfsiger gestaltbar, und da zeigte es sich, deSs die Nachwirkung auf mehrere Stunden sich erstrecken kann. Denn in jenen Versuchen begann die Nachperiode erst eine halbe bis mehr als eine ganze Stunde nach dem Abschlufs der Arbeit in einem Falle sogar erst 1 Stunde und 20 Minuten nachher, und dauerte 4 Stunden; gleichwohl aber war eine Nachwirkung der Arbeit im positiven Sinne in keinem Falle zu verkennen.

Aus den mitgeteilten Versuchen ist somit zu schlieüsen:

Die Wasserdampfabgabe des Menschen, welche während körperlicher Arbeit bekanntlich gesteigert zu sein pflegt, bleibt auch nach geleisteter Arbeit noch eine Zeitlang, bis zu mehreren Stunden, erhöht

(Folgen die Tabellen S. 819—322.)

Von Prof. Dr. med. H. Wolpert und Dr. med. F. Peters.

319

18. TU. 05. Dr. Bronner. Yergnch L

Kasten

Zeit , Hei. F.

Temp.

(Hygr.)

II H,0-

lAbgabe He-

il in g j, merkuDgen pro 15'

H,0- Abgabe für die Stunde

84,7

1

Kasten i

. H.Ü. (

Zeit

1

'Abgabe ' Be-

Temp.

Rel. F. (Hygr.)

1

in g ' morkungen pro 15'

1 1110

1

i

48

i Arbelt: 14000 mkg

1115

(25)

(48)

1125

25,9

52

: 15,8

.

1140

26

64

21,0 '

1165

26,4

81

31.6

1210

26,7

100 i

: 36,4 1, 12« Fenster ' , beschlagen

H,0 Abgabe für die i,'

Stunde ; 104,7

Kasten :

H,0- !

1

Zelt

Temp.

1

Rel F. 1 (Hygr.)

Abgabe ! ing t)ro 16' ,

Be- merkungen

12»

46

1

1

Robe

1226

(26,6)

(46)

12»

26

50

18,7

1260

26

56

10,R

16

26

61

8,4

120

26^

65

8,4

H,OAbgabe fOr die

Stunde 41,0 '

20. TU. Venueli II. Dr. Brünier.

Kasten

Zeit Thermomet. jipgyehr. ^^l- Feucht.

trocken feucht i| ^^^' Psychrom. I Ilygrom. Psychrom.

HjO-Abgabe in g 'j

pro 15' i B«™«>*.

kangen

Hygrom. i

1016 1020

lü2-'i 1030

la'^

1040 1046 1060 1066

11h 116 1110 1116

29,2 1 20,4 ! 8,8

30,0 22,3 i 7,7

30,3 23,7 , 6,6

30,6

30,3

24,7 5,9

44,5

51,2

57,6

61,8

25,3

5 ; 66,9

35

(37)

(38)

40

(42)

(45)

48

(50)

(52)

53

(56)

(58)

61

17,6

15.4

ii;^

9,1

13,3

18,9

12,6

15,4

U,0- Abgabe für die Stunde || 63,2

60,2

320 Nachwirkung körperl. Arbeit auf d. Wasserdampfabgabe beim Menseben.

Fortsetsang zu Versuch n.

1

Kasten

H,0-Abgabe in g pro 16'

1

Zeit

Therm omet. |

1

spychr.' Diff.

Rel. Feucht.

Bemer- kungen

trocken

feucht

Psychrom.

Hygrom.

Psychrom.

Hygrom. j

1216

29,5

20,5

i 9

43,8

87

1220

(43)

1226

(46)

1280

29,9

23,2

6.7

56,7

60

29,4

29,4

1286

(68)

1240

(66)

1246

30

24,2

6,8

61,9

67

11,2

15,4

1250

(-)

1266

(59)

Ib

30,7

25,4

6,8

65,3

60

12,6

11,2

16

(61)

110

(64)

116

80

25,9

4,1

72,2

66

9,1

7,7

E

[,0-Abg

abe für di

e Stunde

62,8

63,7

1

1

27. TU. 05. Yorgncli HI. Br. Brauner.

Kasten

HjOAbgbe in g

-v^

Zeit

Thermomet.

spychr.

Rel. Feucht.

pro 15' j

Bemer- kungen

trocken

feucht

DJn.

Pgychrom.

Hygrom.

Psychrom.

Hygrom.

1

lOli

26,7

21,3

6,4

61,9

48

1

105

(50)

1010

(51)

1016

27,4

22,2

5.2

63,7

53

7,7

12,6

1020

1 1

(Ö5)

1025

(56)

1030

28,3

23,2

6.1

65,0

56

8,4

10,5

1035

1

1

(57)

1040

1

(58)

1045

28,5

23,9

4.6 ;

68,3

59

7.7

7,0

1050

1

1

(61)

1055

(64)

11h

28,6

24,7

3,9

72,8

66

9,1

14,0

»

fO-Abg

abe fQr di

e Stunde

, 32,9

44,1

Von Prof. Dr. med. H. Wolpert und Dr. med. F. PeterQ.

321

Fort«eUaz^ zn Versuch III.

Zeit

Kasten

Thermomet. pgychr. : feucht j ^^^' I

trocken

Hei. Feucht.

H,0-Abgabe in g pro 15'

Fsychrom.

HygTom. Piychrom.

HyKTom.

Bemer- kungen

2B,4 20,« 5,6

12h 12 "

1210 121Ö 1220

122Ö 123Ü

12.'^

1240

,124r>;| 28,9, 24,1 12i"»o'l .- . , 12ö5 ;

28,7 ' 24,5

Ih

27,3 -.^2,6 4,7

27,5 I 23,2 4,3

4,8

4.2

60,4

66,9

69,6

67,3

70,9

54

(57)

(58)

60

(61)

(62)

63

(63)

(63)

63

.(63) (63)

65

1

17,5

6,3

5,6

5,6

16,1

7,0

^,1

2,8

Zimmer- te mpi 27.0» C

Zlmmer- temp. 27,8«»0

Zimmer- temp. 29,26 C

HjC Abgabe für die Stunde

35,0

35,0

Yersache 1—4. Cand. med. Schmidt. (48tilnd. Perioden.)

Ventilation

j^^j^ Temp. des

Einstr.

Ausstr.

Relat.

Ventil.- ^'eucht.i (iröfMe im

cbm 'Mittel

n,o- Jco,-

Abgabe

in g pro Std.

Bemerkungen

T

11h I 20,7

3b !j 21,0

3'tö 21,2

T'^^ \\ 20,6

83Ö 21,0

1255 ' 21.1

21,2 2:>,4

23,0 23,0

23,0 23,2

142,6 ,1 59,57 197,0

Versuch 1. 7. VII.

141,6' 49,95 35,5 27,5 I

1 Arbeit (32000 mkg in 4 Std.) 81,5 i Intervall: 60'.

143,41 54,9 36,2 29,3

8.W |! 20,6 I 22,0

1230 ; Ih

Versuch 2. 13. VIT.

21,1 22,6 142 67,00 45,9 I 32,4

20,8 I 23,0

5h 21,1 23,1

5'«ö ,| 21,1 23,0 9»."» 20,7 i 23,0

--!—'— I Arbeit (16000 mkg in 4 Std.)

144,2 ; 75,53 , 89,5 58,6 Intervall : 35'.

146,7 66,56 54,3 32,7

ArchiT für Hygiene. Bd. LV.

21

^22 S^scbwirim^ kfcpcriiciMr Aibcif cCcl Vob PkiiC Wol^efl v. D^.

Veiiti]flte_ : M^ H/>- O0t|- {

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8fc I«gO 15,7 - Vcnocii 3. n. VIL

I9fi 21^ 1^ 68^ 46^ 38^

12» 19^ 21,7 _ . Arbeit 20000 mk^ in 4 Sei

20^ 22/* 144 - 71^ 171,7 80,4 Intertmll : 3^.

SM ; 20^ 2S;2 I - -

9M ' 2D^ 22,0 146 ' »,14 50^ 40J^

lOM I 19JB 21;8 . - Vemicli 4. 31 YIL

204 22,3 142,7 > 6232« 37,3 31,"$

I 9D^ fi,l It Arbeit AaÜMikalb 4. KmttM

74A } ȧ 23,0 144,9 60,42 43,6 j 31,9 in 1 Stunde: 28750 mk^

Intemfl: einige Minuten.

TMKinnrYcSri

pufiuciwai

iii— I

Organeiweifs und Nahrimgseiweifs.

Von

Dr. Ulrich Friedemann,

Assistenten am Institut.

(Aas dem Hygienischen Institat der Universit&t Berlin. Direktor: Geh. Med.-

Rat Prof. Dr. Rabner.)

Dio spezifischen biologischen Reaktionen, welche die Forschung auf dem Immunitätsgebiet aufdeckte, gestatten bekanntlich StoCFe zu differenzieren, die den chemischen Methoden gegenüber sich durchaus gleichartig verhalten. Gelingt es doch, nicht nur Unter- schiede zwischen den Eiweifskörpern verschiedener Arten, sondern auch bei der gleichen Spezies individuelle Differenzen in der Zusammensetzung gewisser Zellen und Stoffe nachzuweisen.

So verhalten sich die roten Blutzellen verschiedener Ziegen gegenüber einem durch Injektion von Ziegenblut bei Tieren der gleichen Spezies erzeugten Isolysinserum durchaus ungleichartig. (Ehrlich und Morgenroth.)^) Landsteiner^) beobachtete beim Menschen normale Isoagglutinine und Weichardt') konnte auch die Sera verschiedener menschlicher Individuen durch die erzeugten Präzipitine differenzieren. Aber auch die aus ver- schiedenen Organen desselben Organismus stammenden Mweifs* körper weisen gewisse Verschiedenheiten bei der Immunisierung auf

1) Berliner Klin. Wochenschr., 1900, Nr. 21.

2) Zentralbl. f. Bakt. 1900. Wiener Klin. Wochenschr., 1901, Nr. iß.

3) Hygien. Randschau, 1903, S. 756.

Archiv für Hyi^ene. Bd. LV. 22

324 Orgaiietweilli and XahnmgjMiwcifii.

Es konnte bei dieser grolsen Feinheit der biologiscbai Reak- tionen aoanditsToll erscheinen, aach Veiftndeningmi der Sähe des Körpers, welche anter bestimmten Bedingongen eintreten, mit Hufe der Prizipitinreaktion zu studieren, und Herr G^eimrat Bahn er gab mir daher die Anregung, das Serom Ton hongem* den und fressenden Händen mit der bi<d(^;isdien Methode zn Tergleichen.

Dieser Versuch knüpft an eine alte Streitfrage an, welche in der Lehre von der Ejnfthmng nnd Tom Stoffwechsel eine groise Rolle gespielt hat und aoch heute noch nicht entsdiiedai ist. Liebig Tertrat bekanntlich die Ansicht, daCs das EliweiCs d^ Nah- rung dazu diene, die bei der Muskelarbeit zerfallenden Zellen des Organismus zu regenerieren, und dals der Stoffwechsel nur durch den Zerfall und Wiederaufbau organisierter Substanz zu erklären sei. Nachdem dieser Theorie vor allem durch die experimentellen Arbeiten C. Voits der Boden entzogen war, wurde ihr Kern- punkt in veränderter Form von Pflüger wieder zum Mittelpunkt seiner bekannten Theorie des Stoffwechsels gemacht. Nicht die Zellen selbst zerfallen bei den Stoffwechselvorgftngen, sondern das Molekül der lebenden Substanz, welches aufserordentlich labil ist und sich fortwährend zersetzt und wieder aufbaut. Dem- gegenüber hatte C. Voit schon längere Zeit vorher die Ansicht ausgesprochen, dals der Zerfall der lebendigen Substanz durch die Nahrungszufuhr nicht gesteigert werden könne, und dals daher beim Stoffwechsel das Nahrungsei wei(s nicht erst in Organetweifs umgewandelt, sondern direkt unter dem EinfluDs der Zellen ver- brannt würde. C. Voit stützte seine Meinung vor allem auf die Tatsache, dafs das in der Nahrung zugeführte EliweiTs vom Organismus so aufserordentlich leicht verbrannt wird, während im Hunger das Tier seinen Eiweilsbestand nach MögUchkeit zu erhalten bestrebt ist. Einen exakten Ausdruck für dieses Ver- halten gab aber erst die energetische Betrachtungsweise Rubners. Die fundamentale Tatsache, dafs beim hungernden Hunde durch eine nicht zu reichliche Eiweilsmahlzeit die Wärmeproduktion nicht gesteigert wird, kann nur unter der Annahme erklärt werden, dalis der hungernde Hund seinen Energiebedarf in erster Linie

Von Dr. Ulrich Friedemann. 325

durch Verbrennung des Fettes deckt, während der mit Eiweils gefütterte Hund zunächst dieses angreift. Es folgt daraus, dafs das Eiweils des hungernden Organismus schwerer, das des ge- fütterten aber leichter verbrennlich als Fett ist, und es unterliegt keinem Zweifel, dafs diese Tatsache mit der Voit sehen Unter- scheidung vom zirkulierenden Nahrungseiweifs und dem Organ- ^weifs gut zu vereinen ist. Auch Erehl^) nimmt neuerdings an, dafs die Eiweifsspaltungsprodukte in der Darmwaud zunächst zu leicht verbrenulichen Verbindungen zusammengesetzt werden. Immerhin sind die vorliegenden Tatsachen auch anderer Deutung fähig, und es erschien daher angezeigt, die Frage des zirkulierenden Eiweifses mit einer neuen Methode zu studieren.

Man kann annehmen, dafs am Ende der Hungerzeit das Nahrungseiweifs aus der Blutbahn verschwunden ist und der Hund, sobald er sein Fett verloren hat, vorwiegend von seinem Organeiweifs zehrt. Besteht also ein Unterschied zwischen zir- kulierendem Eiweifs und Organeiweifs, so konnte möglicherweise das Serum des gut gefütterten Hundes und das eines Tieres im •extremen Hunger gewisse Differenzen aufweisen.

Um individuelle Unterschiede auszuschliefsen , wurde zu allen diesen Versuchen derselbe Hund benutzt, welcher abwechselnd längeren Hungerperioden (gewöhnlich drei Wochen) ausgesetzt und inzwischen reichlich mit Pferdefleisch ernährt wurde. Am Ende jeder Periode wurde dem Versuchstier Blut entnommen, mit dessen Serum Kaninchen in steigenden Dosen immunisiert wurden. Die resultierenden Immunsera wurden sodann in ihren Reaktionen auf die Sera des fressenden und hungernden Hundes geprüft.

Da natürlich in allen Fällen präzipitierende Sera für Hunde- serum zu erwarten waren, so konnten Aufschlüsse nur von der Anwendung der von Ehrlich und Morgenroth in die Immu- nitätslehre eingeführten spezifischen Absorptionsmethode erwartet werden. In der Ausdrucksweise der Ehrlich sehen Seitenketten- theorie mufste sicherlich das Serum des Hundes bei Nahrung

1) Pathologische Physiologie, 3. Auflage, S. 372.

22

326 OrgaDeiweifs und NuhrungseiweiTs.

und im Hunger eine grofse Zahl von Rezeptoren gemeinsam haben, während den verschiedenen Zuständen gewisse Partial- rezeptoren eigentümlich sein konnten. Alle diese Eezeptoren können bei der Immunisierung bestimmte, auf sie eingestellte Präzipitine erzeugen. Es wurden daher die Immunsera mit den> Hundeserum versetzt, die entstehenden Niederschläge abzentri- fugiert und nun geprüft, ob der Präzipitingehalt dabei für das Serum des hungernden und gefütterten Hundes in gleicher Weise abnimmt.

I. Yersueh.

Einem Terrier vom Gewicht 6,7 kg wird, nachdem er seine gewöhnliche Kost genossen, Blut abgelassen nnd das Seram (a) snr Immonisiemng eines- Kaninchens A verwandt.*) Dasselbe erhält am:

3. IV. 05 1 ccm intravenös,

5. IV. 05 2 . *

8. IV. 05 3 . 11. IV. 05 5 > .

15. IV. 05 4 . *

Am 22. IV. wird das Kaninchen entblutet.

Kaninchen B wird mit dem Serum b desselben Hundes gespritzt, nach- dem derselbe 14 Tage gehungert hat. Es erhftlt am :

17. IV. 05 1 ccm intravenös, 19. IV. 06 2 . 22. IV. 05 3 » 25. IV. 05 5 » 29. IV. 05 4 .

Am 5. V. Entblutung.

Die Austitrierung der Sera ergab als Fällungsgrenze :

1. Serum A

1 ccm (1 : 82) 1 ccm (1 : 64)

2. Serum B

1:16 1:32

-f- 1 ccm Serum a (1 : 100) deutliches Prftaipitat schwaches Präzipitat

-f 1 ccm Serum a (1 : 100) deutlich schwach

-f- 1 ccm Serum b (1 : 100) deutliches Präxipitat schwaches Präzipitat

+ 1 ccm Serum b (1 : 100) deutlich schwach

Serum B ist also etwas schwächer als Serum A. Beide weisen aber keine Di£Ferenzen gegenüber Serum a und b auf)

1) Die Hundesera wurden zur Konsenrierung mit 0,25 ^/g Karbol yenetit.

2) Die Röhrchen kamen für 3 Stunden in den Brutschrank und standen dann bis zum folgenden Tag im Eisschrank.

Von Dr. Ulrich Friedemann.

327

Der AbBorpüonsversuch wurde nan in folgender Weise angestellt: I. Serum A:

1. 1 ccm Semm A + 4 ccm Semm a (1 : 10) + 3 ccm NaCl 0,8öVo>

2. 1 » > I +* » » ba:10) + 3 . * 0,85Vo, 8. 1 » » » +7 » NaCl 0,86 Vo.

II. Serum B:

1. 1 ccm Serum B + 4 ccm Serum a (1 : 10) + 8 ccm NaCl 0,857p,

2. 1 . . » +4 » » b(l:10) + 3 t » 0,86Vo, 8. 1 > » » +7 » Naa 0,86 Vp.

3 Stunden bei 37®, dann im Eisschrank. Die Niederschläge werden abzentrff ugiert und die klaren Zentrifugale nunmehr austitriert. Die Lösungen 3 «ind Kontrollen.

I. Serum A.

1. Nach Absorption mit a:

Serum

Serum a 0,025 ccm

Serum b 0,026 ccm

1 :16 1:32

1:64

leichte Trübung leichte Trübung 0 0 0 0

Volum : 2 ccm. 2. Nach Absorption mit b:

Serum

Serum a 0,025 ccm

Serum b 0,025 ccm

1:16 1:82

1:64

ganz feine Trübung 0 0

3. Kontrolle:

ganz feine Trübung 0 0

Serum

Serum a 0,025 ccm

Serum b 0,025 ccm

1:16

1:32 1 :64

+ + +

+ + + 0

+++ +++

0

II. Seram B.

1. Nach Absorption mit a:

Serum

Serum a 0,026 ccm

Serum b 0,026 ccm .

1: 16 1:32 1 :64

ganz feine Trübung 0 0

ganz feine Trübung 0 0

328

OrganeiwelfB und NahrnngseiweiTs.

2. Nach Absorption mit b

Serum

Serum a 0,025 ccm

Serum b 0,025 ccm

1: 16 1:32 1 :64

ganx feine Trübung 0 0

3. Kontrolle:

ganz feine Trübung 0 0

Serum

Serum a 0,025 ccm

Serum b 0,025 ccm

1 :16

1:32 1:64

+++

0

1

+++

0

Dieser Versuch hat auch bei Anwendung der Absorptions- methode keinen Unterschied zwischen dem Serum des hungernden und des fressenden Hundes ergeben. Allerdings mufs berück- sichtigt werden, dafs möglicherweise die Dauer der Hungerperiode (14 Tage) nicht ausreichte, um einen Wechsel in der Zusammen- setzung des Serums zu erzeugen. Femer wäre es möglich» dafs die ziemlich hochgetriebene Immunisierung etwaige Diffe- renzen verdecken könnte. Um bei der Absorption eine stärkere Abnahme des Präzipitingehaltes zu erzielen, ist es nämlich not- wendig, die hochwertigen Sera ziemlich stark zu verdünnen, und es wäre möglich, dafs dadurch etwaige in geringer Menge vor- handene Partialpräzipitine dem Nachweis entgehen können. In- folgedessen wurde in einigen weiteren Versuchen die Methodik in der Weise abgeändert, dafs die unverdünnten Sera durch mehrmalige Absorption mit einem Serum (a oder b) von ihren Präzipitinen befreit imd nunmehr auf Fällung gegenüber dem andern Serum untersucht wurden. Da sich jedoch auf diesem Wege irgend eine Differenz nicht ergab, so sei von der aus- führlichen Mitteilung dieser Versuche abgesehen.

Nun haben aber Falta und Nöggerath^) und neuerdings Friedberger und Moreschi^) beobachtet, dafs die Differenzen» welche agglutinierende Sera gegenüber verschiedenen Typhus-

1) Deutsches Archiv f. klin. Medizin, Bd. 83.

2) Berliner klin. Wochenschr. 1905, Nr. 45.

Von Dr. Ulrich Friedemann. 329

Stämmen aufwiesen, nur im Beginn der Immunisierung bestanden und sich mit dem Fortschreiten derselben verwischten. £s war daher möglich, dals auch für den vorliegenden Zweck nieder- wertige Sera brauchbarere Verhältnisse bieten würden als höher- wertige. Aus diesen Gesichtspimkten wurden die folgenden Ver- suche unternommen.

Versuch II.

Der Hund erhält 3 Tag^ lang je 500 g Pferdefleisch. Dann Blutentnahme (Serum a^.

Kaninchen A*) erhält am:

29. V. 05 1 ccm Serum a, intrayenös,

31. V. 05 2 > * > t

2. VI. 05 3 » » » >

5. VI. 05 3 » » » >

Am 13. VI. Entblutung.

Der Hund hungert nunmehr 3 Wochen ; dann Blutentnahme (Serum b,).

Kaninchen B erhält am:

22. VI. 05 1 ccm Serum b^ intravenös^

24. VI. 06 2 > » >

26. VI. 05 3 » . » » .

Am 3. VII. Blutentnahme.

Titer der Sera:

Serum A fällt die Sera a und b in der Verdünnung 1 : 6 stark, in stär- keren Verdünnungen nicht mehr.

Serum B, fällt Serum b, etwas stärker als a,, nämlich in der Verdünnung 1:9, während es a nur bis 1:6 fällt.

£s folgt nunmehr der Absorptionsversuch:

I. Serum A,:

1. 3 ccm Serum A, -f-3 ccm Serum a, (1 : 10),

2. 3 . > A, + 3 . . b, (1:10).

3. 3 » » A,4-3 » NaCl 0,85%.

U. Serum B, :

1. 3 ccm Serum B, -f* ^ ^^^ Serum a, (1 : 10),

2. 3 > » B, -H 3 > » b, (1 : 10),

3. 3 . . B,-i-3 » NaCl O^Vo-

3 Stunden bei 37 <*, 24 Stunden Eisschrank. Dann wird sentrif ugiert und austitriert.

1) Es wurden selbstverständlich stets frische Kaninchen benutzt Die Buchstaben A, a und B, b deuten nur den Ernährungszustand des Hundes an.

330

Organeiweifs und Nahrnnfcseiweifs.

I. Senun Aj*

1. Nach AbHorpüon mit a,:

Sernm

Serum a, 0,025 ccm

8emm b, 0,025 ccm

1 : 4 1 : 6 1 : 9

0?

0

0

0?

0

0

2. Nach Absorption mit b, :

Serum

Serum a, 0,025 ccm

Serum b, 0,025 ccm

1 : 4

1 : 6 1 : 9

geringer, aber deut- licher Niederschlag

0

0

0

0 0

3. Kontrolle:

Serum

Serum a, 0,025 ccm

Seram b, 0,026 ccm

1 : 4 1 : 6 1 : 9

+++ +++

0

+ + +

+ + + 0

II. Semm B.

1. Nach Absorption mit a:

Serum

Serum a, 0,025 ccm

Serum b, 0,025 ccm

1 : 4 1 . 6 1 : 9

j Trübung 0? 0

Trübung Trübung 0?

2. Nach Absorption mit b:

Serum

Serum b, 0,025 ccm

1 : 4

1 : 6

1 : 9

1 : 13,5

Trübung

Trübung

Trübung

0

Von Dr. Ulrich Friedemann.

8. Kontrolle:

331

8erum

Serum a, 0,025 com

Serum b, 0,025 ccm

1 : 6 1 : 9 1 : 18,5 1 : 20

+ + +

+ ? 0

0

+++ +++

0

Dieser Versuch hat in der Tat eine gewisse DifEerenz in dem Serum a des fressenden und dem Serum b des hungernden Hundes ergeben. Zunächst wurde Serum b von seinem homo- logen Serum B stärker gefällt als a. Da sich jedoch mit der Absorptionsmethode Partialpräzipitine für b nicht nachweisen liefsen, so mufs dieser Unterschied wohl auf eine durch irgend- welche Einflüsse verringerte Fällbarkeit des Serums b bezogen werden.

Wichtiger ist dagegen, dafs im Serum A sich nach Absorp- tion mit Serum b ein Partialpräzipitin für a nachweisen liefs. Dies läfst allerdings die Deutung zu, dafs im Serum a des fressenden Hundes gewisse Sto£Ee enthalten sind, die dem Serum des hun- gernden Hundes fehlen, und es fragte sich nun, ob diese DifEe- renz wirklich mit der Nahrung zusammenhängt.

Zunächst war daran zu denken, dafs möglicherweise Pferd- eiweifs aus der Nahrung unverändert den Darm passiert haben könnte , wie dies ja bei überreichlicher Ernährung beobachtet worden ist. In der Tat gab 1 ccm des Serums des Kaninchens A mit Perdeserum (1 : 100) ein deutliches Präzipitat, während Serum B mit Pferdeserum nicht reagierte. Um nun diese An- nahme zu prüfen, wurde der Hund reichlich mit Pferdefleisch gefüttert, und mit einem gegen Pferdeserum spezifischen Kaninchen- serum sein Blutserum auf die Anwesenheit von Pferdeeiweifs geprüft. Es stellte sich dabei jedoch kein Niederschlag ein. Wir müssen also schliefsen, dafs entweder aus zufälligen Gründen bei dem ersten Versuch Pferdeeiweifs den Darm unverändert passierte, oder aber, dafs es sich beim Serum A um eine Mit- präzipitation handelte, wie sie ja nicht selten beobachtet wird.

332

OrgmneiweilB mid Nmhmngiehreiüi.

SchlieCslich wäre es nicht unmöglich, daüs das Nahmngs- eiweils die Darm wand in einer Formpassiert, in der ee zwar nicdit mehr präzipitabel , aber noch zur Erzeugung von Antikörpern befähigt, also präzipitogen ist. Eine sichere Ebitscheidong dar- über lälist sich auf Grund dieser Versuche nicht fällen.

Der folgende Versuch zeigt jedoch, dalSs höchstwahrschein- lich die gefundenen Differenzen nicht auf den Ernährungszu- stand des Hundes bezogen werden können.

Tenaeh in.

Der Hand hungert xanlchst 3 Wochen, darnach wird Blat entnommen and das Serom b einem Kaninchen B injiziert.

Am 29. IX. 06 1 ccm Serom b intrayenOe, * 2. X. 06 2 . * b »

>4.X.05d> > b >

Am 13. X. Blatentnahme.

Der Hund erhllt nanmehr mehrere Tage 500 g Pferdefleisch tiglich. Das Blutserom a wird sodann einem Kaninchen A eingeepritst, and zwar am:

5. X. 05 1 ccm Serom a intravenös,

7. X. 05 2 > » a

9. X. 05 3 > > a >

Am 18. X. Blatentnahme.

Serom B fällt 0,025 ccm der Sera a ond b (Volomen 2 ccm) in der Yer- dflnnong 1:4 deotlich. Zor Absorption werden angesetzt:

1. 6 ccm Serom B -f- 1 ccm Serom a (1 : 3),

2. 6 » » B + 1 > » a (1:3),

3. 6 » * B + l » NaCl 0,85 V..

Nach Abzentrifogieren des Niederschlags ergibt die Aostitrierong :

Semm B.

1. Nach Absorption mit a:

i

Serom

Hondeserom

a

b

1:2 :

1:3 i 1 : 4,5

0,05 ccm 0,05 » 0,05 »

0 0 0

0 0 0

2. Nach Absorption mit b

1

Serom !

1

Hondeserum

a

b

1:2

1:3

1 : 4,5

0,05 ccm 0,05 > 0,05 >

deotlich 0 0

0 0 0

Von Dr. Ulrich Friedein ann.

333

3. Kontrolle:

Serum

Handeserum

a

b

1 : 2

0,05 ccm

deutlich

deutlich

1 : 3

0,05 .

deutlich

deutlich

1 : 4,5

0,05 *

deutlich

etwas weniger deutlich

1 : 6,75

0,05 »

etwas weniger deutlich

undeutlich

1 : 10

0,05 »

0

0

Auch bei diesem Versuch ergab sich, eine gewisse Differenz zwischen beiden Seris. Doch enthielt in diesem Falle das Serum des Kaninchens, welches mit dem Serum des hungernden Hundes immunisiert wurde, ein Partialpräzipitin für das Serum des ge- nährten Hundes, also für das nicht zur Immunisierung benutzte Serum.

Ist dieses Resultat sehr schwer zu verstehen, so zeigten sich noch merkwürdigere Ergebnisse bei der Untersuchung des Ka- ninchenserums A. Es ergab sich nämlich die eigentümliche Tatsache, dals nach Absorption mit dem homologen Serum b das Präzipitin für dieses in weit geringerem Grade geschwunden war als für a. Ahnliche Beobachtungen wurden schon früher bisweilen bei der Bakterienagglutination gemacht^) und in neuester Zeit ausführlich von Friedberger und Moreschi beschrieben. Wurde ein Kaninchen mit einem bestimmten Typhusstämm im- munisiert, so lieferte es ein Serum, welches nach der Absorption mit dem homologen Stamme seinen Agglutiningehalt für einen andern Stamm in stärkerem Grade eingebüfst hatte, als für den zur Absorption benutzten. Friedberger und Moreschi 2) knüpfen daran die Auffassung, dafs antigene und bindende Gruppen nicht identisch zu sein brauchten. Ohne auf die theoretische Seite dieser Frage hier eingehen zu können, sei nur bemerkt, dafs derartige Beobachtungen die aus den Absorptionsversuchen gezogenen Schlüsse sehr erschweren.

Das Resultat dieser Untersuchungen läfst sich dahin zu- sammenfassen, dafs höherwertige Immunsera irgendeine Differenz

1) Vgl. Pal tauf. Die Agglutination bei Ko 11 e- Wassermann, Bd. 4, 1.

2) 1. c.

334 Organeiweifs and Nahrungseiweifs. Von Dr. Ulrich Friedemann.

zwischen dem Serum des hungernden und des genährten Hundes nicht erkennen lassen. Wird die Immunisierung nicht so hoch getrieben, so verhalten sich die resultierenden Kaninchenimmun- sera allerdings den Hundeseris gegenüber verschieden. Irgend eine klar übersehbare Beziehung zwischen der Konstitution der Immunsera und dem Ernährungszustand des Hundes, dessen Serum sie erzeugt hatte, liefs sich jedoch nicht feststellen.

Es mufs überhaupt zweifelhaft erscheinen, ob die geringen Differenzen auf wirkliche Schwankungen in der Zusammensetzung der Säftemasse des Hundes schUefsen lassen; denn es ist sehr wohl mögUch, dafs auch nach der Blutentnahme eintretende Um- stände Unterschiede sie bedingen können. So hat Klein^) kürzlich nachgewiesen, dafs auch gegen Hämoglobin Präzipitine erzeugt werden können, die mit den Serumpräzipitinen nicht identisch sind, und es ist daher möglich, dafs schon geringe Schwankungen im Hämoglobingehalt der Sera, der gerade bei Hunden sich nicht immer völUg vermeiden läfst, die präzipi- togenen Eigenschaften des Hundeserums in qualitativer Hinsicht verändern kann.

Herrn Geheimen Medizinalrat Prof. Dr. Ruh n er erlaube ich mir, für die Anregung zu dieser Arbeit und das derselben ent- gegengebrachte Interesse meinen ergebensten Dank auszusprechen.

1) Zentralblatt f. Bakter. 39, Bd. 3 und 4.

Nene biologische Beziehungen zwischen Koli- und

Typhnsbakterien.

Zugleich ein Beitrag zur Lehre Yom Aggressin.

Von

Dr. aottlieb Salus.

(Aus dem Hygienischen Institut der deutschen Universität in Prag.

Vorstand: Prof. F. Haeppe.)

Nahezu zwei Jahrzehnte sind seit Esche richs^) grund- legenden Arbeiten über die Darmbakterien verstrichen; während dieser langen Zeit wurden dem Kohbazillus zahllose Versuche gewidmet und die aus diesen Studien hervorgegangene Literatur ist kaum mehr zu übersehen. Nichtsdestoweniger sind gerade jene Fragen, welche den Pathologen in erster Reihe interessieren müssen, auch heute noch offen, ob nämlich der Kolibazillus überhaupt ein Krankheitserreger sei und die weitere nach seinen Beziehungen zumTyphusbakterium, ob er mit diesem, wie schon in den neunziger Jahren Rodet, G. Roux^) und die LyonerSchule wollten, identisch oder ihm verwandt oder gar von ihm total verschieden sei. Wenn es auch zu keiner Zeit an Antworten, bejahenden wie verneinenden, gefehlt hat, so blieb man doch nach keiner Richtung genügend

1) Escherich: Die Dannbakterien des Säuglings und ihre Besiehungen zur Physiologie der Verdauung. 1886, Stuttgart.

2) Roux et Rodet: Identit^ du bacille d'Eberth et du bacterium coli commune. Lyon, m^d., 1891.

fikßtsneagi, wie hemmdfoa üjs rrfryrOTiif Än&Moäkexk der lies- iititif mge bevem. Ucd ioaaicr irääer nr es die «igwifiLrge \erwMüdiMidiidt mit don TjpiuBbftiillaB, veLch» dms Cotfbu> teriom di« ihm gevidiiKte usocMiae AnfinaHfaMniirm xa Ter ÖMoktn hatte«

Wenden wir uns nndeh^ der Fnige nach den patho- genen Fibigkeiten des Kolibazilln« zu.

Diaie wurden zoem in ebeuo emwandfe«« als Torschtzger Weise Ton Hueppe^; im Zosammenbange mit einem Falle toh Cholera nostras benrorgriioben ; die Ansoren. wdcfae ibm nach- folgten, lie(sen jedoch diese Vocscfat anisa' acht, ond es gab bald kaum ein KmnkheüslHld mehr aOgemeiDer Natur, das man nicht auf diesen Spaltpilz geübte beziehen za können; man stfitzte 0ich dabei auf sein oft alleiniges Vorkommen in den Krankheitsherden, besonders bei Leiehenbefnnden. Es waren eben noch die Gefahren nicht gewürdigt, weldie dem Beobachter drohen, wenn er einen soweit Terbrnteten ond auf den übHchen Nährböden so überaus leicht züchtbaren Darmsaprophyten mit einer Affektion glaubt in Beziehung bringen zu müssen. Erst sfiäter lernte man die postmortale Einwanderung, den Nosoparasitismus und das Überwuchertwerden anderer ätiologisch bedeutsamerer, aber den gewöhnlichen Nährsubstraten weniger angepafster Bakterien kennen.^) Die durch Erkenntnis dieser Tatsachen immer sorgfältiger ge- wordene Kritik hat dann den grölsten Teil der nach Gilberts') Vorgang als iKolibazillosenc bezeichneten Affektionen wieder gestrichen. Heute ist man von jener Überschätzung weit entfernt und anerkennt nur mehr einzelne Affektionen als durch Koli- Infektion bedingt namentlich gewisse Erkrankungen der Hamwege (Bakteriurie, ein Teil der »sauren Zystitidenc, Pyelitisfälle), dann die seltenen Koliseptikämien des frühesten Kindesalters

1) Huepi>e, Berliner klin. Wochenschr., 1887.

2) Literatur in G. Salns: Über Bacterium coli. Sammelreferat Prager med. Wochenschrift, 1899.

Escherich, Zar Ätiologie d. Dysenterie, Zentralbl. f. Bakt, Bd. 26, 1899.

8) G i 1 b e r t, La coli-bacillose Trait^ de m^d. et th^rapentiqae, Tom 1, 1895.

Von Dr. Gottlieb Salas. 337

(Winckelsche Krankheit von Kamen^) Kowalewsky und Moro^), die ebenfalls sehr seltenen Septikämien durch Eoli von den Harn- oder Gallenwegen ans und jene ruhrartigen Erkrankungen, welche Escherich^) als »colicolitisc bezeichnete und deren Be- ziehungen zur echten ßuhr und ihrem Erreger, dem Kruse- Shigaschen Bazillus, noch der Klärung bedürfen. Aber auch heute noch gibt es Skeptiker, die überhaupt die Existenz von Kolibazillosen zu leugnen geneigt sind, und man mufs zu- gestehen, dafs das meist recht vage Krankheitsbild nebst dem Vorkommen der Bazillen in den Krankheitsherden als ätiologi- sches Beweismaterial nicht mehr befriedigt, und man der Diagnose der Koliinfekte nur den Wert der Wahrscheinlichkeitsrechnung zubilligen könne. Deshalb versuchte Pfaundler^) 1898 die Agglutination als exaktes Beweismittel in die Diagnostik der Coliinfekte, speziell jener der Hamwege und der ruhrartigen Erkrankungen des Kindesalters einzuführen. Hiervon sagt Esche- rich: »Er zeigte, dafs die Bouillonkulturen der aus Harn ge- züchteten Bazillen, mit dem Serum der betreffenden Patienten gemischt, noch in erheblicher Verdünnung die von Grub er ex- perimentell bei Koliinfekten nachgewiesene Agglutination geben. Durch diese Tatsache war der überzeugende Nachweis erbracht, dafs die Kolibazillen des Harnes nicht, wie von Rovsing, Maxwell und Clarke behauptet wurde, bedeutungslose Nosoparasiten oder sekundäre Ansiedler sind, welche an die Stelle der eigent- lichen Krankheitserreger getreten, sondern dafs die von ihnen gebildeten Toxine in den Körper eingedrungen sind und eine spezifische Reaktion desselben hervor- gerufen haben. Es war damit zum ersten Male in der Patho- logie des Menschen auch auf diesem Wege der Nachweis erbracht, dafs das Bact. coli für den Menschen pathogene Bedeutung

1) Kamen, Die Ätiologie der Winckelschen Krankheit, Zieglers Bei- träge zur pathol. Anat, Bd. 14, 1896.

2) Kowalevsky and M o r o , Klin.-therapeat. VITochenschr. 1901, Nr. 50.

3) Escheiich und Pfaundler, Bacterium coli commune in K o 1 1 e - Wassermann, Handbuch der pathog. Mikroorganismen, Bd. ü, S. 443.

4) Pfaundler, M. Zur Serodiagnostik im Kindesalter etc. Jahrbuch far Kinderheilkunde, Bd. 50, 1899.

338 Nene biologische Beziehungen zwischen Koli- and Typhasbakterien etc.

gewinnen kann und zugleich die praktische Verwertung der später 80 erfolgreichen Serodiagnostik der Kolibazillose erö£Enetc Aber dieser Auffassung von der Bedeutung der Agglutinine im Blutserum der Kranken kann man deshalb nicht beistimmen, weil sie mit den Toxinen, überhaupt mit der Infektion direkt in keinem Zusammenhange stehen, wie sie bekannthch auch zur Immunität keine direkten Beziehungen haben. Die Entstehung der Agglutinine ist vielmehr lediglich der Ausdruck der Auf- lösung und Resorption von Leibesbestandteilen (vielleicht von Bestandteilen der Leibeshülle) der Bakterien einer ge- wissen Art. Dafs bei diesem biochemischen Vorgange direkte Beziehungen zur Infektion fehlen, geht zur Genüge daraus hervor, dafs man die höchsten Agglutinationswerte durch die Einverleibung abgetöteter Bazillen erhält; dafs man die Bazillen nach Pal tauf ^) auf beliebigem Wege auch stomachal einbringen kann, um Agglutininbildung zu erzielen, was bekannthch für die In- fektion nicht gilt. Auffallend wäre es auch, dafs die Agglutinations- werte für Typhus gerade beim kranken Menschen gegenüber den mit toten Bazillen behandelten Tieren meist verhältnismälsig niedrige sind, während doch der Abdominaltyphus eine exquisite Menschenkrankheit ist. Sehr beredt sprechen auch für unsere Auffassung die schönen Versuche von Stäubli^), nach denen bei stärkerer initialer Infektion der Versuchstiere eine derartige Be- einträchtigung des Organismus erfolgt, dafs dieser Agglutinine gar nicht oder nur in geringem Malse zu bilden vermag, während bei kleinen Anfangsgaben, die ohne Störung im Wohlbefinden vertragen wurden, ein rasches Einsetzen der biologischen Re- aktion beobachtet werden konnte. Man hat es immer bedauert, dafs es nicht gehngen wollte, gesetzmäfsige Beziehungen zwischen der Schwere der Infektion und der Höhe der Agglutination auf- zufinden; diese Erwartung mufs man überhaupt aufgeben, da die eingetretene Infektion (d. h. die bis zu sichtlicher

1) Pal tauf, Agglutination im Handbach von Eolle und Wasser- mann, Bd. IV.

2) Stäubli, Über die Bildung des Typhasagglatinins. Zentralbl. für Bakt , 1904, I. Bd. XXXVI., Nr. 2.

Von Dr. Gottlieb Salus. 339

Schädigung des Organismus gediehene Invasion) für den bio- logischen Vorgang der Agglutininbildung geradezu ein Hemmnis bedeutet. Wenn überhaupt Beziehungen bestünden, so könnten Höhe der Agglutination und Schwere der Infektion nur in umgekehrtem Verhältnis zueinander stehen.

Immerhin bleibt die diagnostische Bedeutung des Phänomens indirekt insofern erhalten, als körperfremde Bazillen in der Regel nur bei gleichzeitiger Infektion zur Auflösung in den Geweben gelangen werden; aber ohne Ausnahme wird auch diese Regel nicht sein, und wenn man schon in Epidemiezeiten in den Fäces Gesunder und gesund Bleibender lebende Typhus- bazillen gefunden hat, so wird der Schritt nicht allzuweit sein zu dem Zugeständnisse, dafs gelegentlich auch bei einem erfolglosen Infektionsversuche Bakterien in den Ge- weben^zur Auflösung gelangen können. Und schon geringe Mengen aufgelöster und resorbierter Bakteriensubstanz reichen aus, um diese überaus empfindliche Reaktion im Blute auszulösen. Vielleicht lassen sich aus diesem Verhalten manche, aus positivem Ausfall der Gruber-Widalschen Reaktion her- geleitete Fehldiagnosen erklären. Vollends bei einem weit ver- breiteten Darmbewohner, der wie der Kolibazillus das Be- streben zeigt, in alle abgestorbenen oder auch nur geschwächten Gewebspartien einzudringen, wird man sich auf die Agglutination um so weniger stützen können , als begreiflicherweise schon das Serum des nicht nachweislich an Koliinfekten kranken Menschen in mehr als der Hälfte der Fälle für Kolibazillen beträchthche^ Agglutinationswerte zeigt. Denn hier ist an Gelegenheiten zum. Bakterienzerfall und zur Resorption gelöster Bakterien kein Mangel. In der Tat gibt gerade Pfaundler neuerdings zu,, »dafs eine praktische Serodiagnostik, etwa jener bei Abdominaltyphus vergleichbar, noch nicht geschaffen istc, und dafs man hier mit vielen Fehlerquellen zu rechnen habe.

Wer zwischen den Zeilen zu lesen vermag, dem wird die Unsicherheit gegenüber der Stellung des Kolibazillus als patho- genen Keimes in der Literatur nicht entgangen sein. So reden

Archiv für Hygiene. Bd. LV. 23

340 Neue biologische Beziehangen swischen Koli- und Typhasbakterien etc.

zwar Escherich und Pfaundler^) den Kolibazillosen recht eifrig das Wort, trennen den Bazillus aber doch von den > eigentlichen Krankheitserregern €, womit wohl gesagt sein soll, daüs sein eigent- liches Wesen im Saprophytismus liege und er nur gelegentlich, mehr zufällig, sich unter die pathogenen Mikroorganismen verirre. Andere weisen wieder, in der Absicht, die pathogenen Fähigkeiten unseres Mikroben plausibler zu machen, auf seine nahe Verwandt- schaft mit dem Bact. typhi hin, wie man etwa nahen Verwandten eines notorischen Missetäters auch eher alles Böse zutraut.

Waren sonach in der Menschen pathoIogie ausreichende Beweise für die Pathogenität des Bact. coli nicht zu finden, so hatte sich dafür ein wichtiger Hinweis aus den Tierexperimenten ergeben, welche zeigten, dafs die Virulenz des Kolibazillus eine hohe sei, ja dafs sie in der Regel jene der Typhus- bazillen übertrifft; so tötete beispielsweise bei Löffle r und AbeP) der virulenteste Typhusstamm (Typhus Koch) Meerschwein- chen von 200 300 g in der Dosis von Vßo Ose einer 24 stündigen Agarkultur, während vom Kolistamm Wenzel unter gleichen Be- dingungen ^/goo Ose, sogar in kürzerer Zeit, tötete (bei Pfeiffer und Kolle') haben die virulentesten, frisch aus der Milz gezüchteten T^phuskulturen eine Virulenz von % ^50 Ose 20 stündiger Agar- kultur). Aber der Begriff der Virulenz ist ein unklarer, er zieht nur den Endeffekt, den Tod des Tieres in Rechnung, ohne die Art zu berücksichtigen, wie Krankheit und Tod zustande kommen. Wie Verschiedenes im einzelnen Falle die »Virulenzc bedeutet, geht aus folgender Betrachtung hervor : In mehr als 30 Versuchen an Kaninchen und Meerschweinchen mit intrapleuraler resp. intraperitonealer Einverleibung grofser Mengen von 4 Stämmen angehöriger Diphtheriebazillen vermochte ich niemals eine Ver- mehrung der Bazillen im Tierkörper zu erzielen. Die Tiere gingen

1) Pfaundler: Immunität gegen Bact. coli im Handbache von K o 1 1 e und Wassermann.

2) L ö f f 1 e r und Abel, Über die spezifilBchen Eigenschaften der SchaU- körper im Blute typhus- und coli- immuner Tiere. Zentralbl. f. Bakt., 1896 L, 19, S. 61 fif.

3) Pfeiffer und K o 1 1 e , Zeitschr. f. Hyg. u. Inf ektionskrankh., Bd. 21, 8. 208, 1896.

Von Dr. Gottlieb Salus. 341

bei gröfseren Mengen (bis 10 Kulturen auf Löfflerserum) rascher zugrunde, frühestens nach 9 Stunden, aber stets unter dem be- kannten Bilde des Toxintodes. Hier ist also Virulenz vom Virus herzuleiten. Bei der Hueppeschen hämorrhagischen Septikämie wiederum ist von einer Giftwirkung gar nichts wahrnehmbar, viel- mehr erfolgt der Tod infolge der schrankenlosen Vermehrung der Bazillen und des Einbruchs derselben in die Blutbahn, Da bedeutet Virulenz soviel wie unbegrenzte Vermehrungsfähigkeit. Beim Typhus wiederum mufs zunächst eine beträchtliche, aber nicht unbeschränkte, lokale Vermehrung erfolgen, ehe dann die Oiftwirkung den Tod der Tiere bewirkt. Da treten zum Begriffe -der Virulenz Vermehrungsmöglichkeit und Gift Wirkung zusammen.^) Es schien dem Verfasser daher aus dem Grunde die Bai Ische Aggressintheorie besonders geeignet, den Ausgangspunkt experi- menteller Untersuchungen über die Pathogenität zu bilden, weil sie den Virulenzbegriff in seine Faktoren zerlegt und die Giftwirkungen, welche uns noch recht wenig klar sind, beiseite jassend, uns in der Fähigkeit, im Tierkörper zu haften und sich dort zu vermehren, einen festen Mafsstab in die Hand gibt. Wenn wir von den, offenbar nicht zahlreichen Krank- heitserregern absehen, welche, wie der Diphtheriebazillus, ein sehr heftiges Gift bilden, das schon bei Resorption von minimalen Mengen von der Oberfläche her tödlich wirkt, Bazillen, die einer Haftung im Tierkörper überhaupt nicht bedürfen, deren Wirkung •eher als Intoxikation denn als Infektion zu bezeichnen ist, so bilden alle anderen pathogenen Keime Aggressin. Was unter -diesem Namen zu verstehen ist, geht aus den Arbeiten von BaiP),

1) Interessanterweise fanden viele Aatoren (Cesaris De mal and Orl andi, Gabritschevsky, Pfaundler a. a.), daTs anmittelbar aas ihrem saprophyti- «eben Leben beraos gez&cbtete Kolistämme eine geringere Viralenz haben and die Giftwirkung in den Vordergrund tritt, die sich somit als eine saprophy tische Eigenschaft kundgibt. Auch durch gröfsere Mengen abgetöteter Baiillen kann man den Tod herbeiführen. Die aus dem kranken Körper gezüchteten Bazillen haben eine gröfsere Virulenz, sie töten in Bruchteilen einer Öse. Die ersteren sind als Halbsaprophyten, die letzteren als Halbparasiten zu bezeichnen.

2) B a i 1 0. , Untersuchungen über Typhus- und Choleraimmunität, Archiv 1 Hyg., Bd. LH. Über das Aggressin des TaberkelbazillnB. Wiener klin.

23»

342 Neue biologische Beziehungen zwischen Koli- und Typhasbakterien etc.

WeiP) und Kikuchi^) zur Genüge hervor. Die untersuchten Bakterien (Milzbrand, Hühnercholera; Cholera, Typhus, Dysen- terie) vermehren sich im Tierkörper unter Bildung von Flüssig- keiten (Exsudaten, Ödemen), welche von den Bakterien be- freit — an sich meist imschädlich sind, aber die Fähigkeit be- sitzen, das Haften und die Vermehrung der homologen Bakterien im Tiere zu befördern. Es kann in einem derartigen Exsudate neben dem > Aggressinc auch ein Toxin vorkommen, doch geschieht dies nur ausnahmsweise (z. B. bei Dysenterie nach Kikuchi); es kann geschehen, dafs ein Stamm (vide ibidem) zunächst nur in gölseren Mengen haftet, doch wird die Menge immer kleiner, je wirksamer sein Aggressin durch Tierpassagen geworden ist. Auch Saprophyten kann man, wie Weil wenigstens am Subtilis zeigte, zur Aggressinbildung zwingen, aber mit der ersten Über- impfung auf einen künstlichen Nährboden ist diese Fähigkeit wieder in Verlust geraten. Von diesen Gesichtspunkten aus wurde der Kolibazillus auf seine pathogenen Fähigkeiten geprüft.

Eigene Versuche.

Der von mir verwendete Kolistamm ist ein typisches bac- terium coli commune, das unter der Bezeichnung iKoli Präge seit langem im Institute fortgezüchtet wird. Es ist recht lebhaft beweglich, vergärt Zuckerarten, koaguliert Milch, bildet Indol, wächst auf Drigalski-Conradi -Nährboden rot. Seine Virulenz, welche sich recht konstant erwies, beträgt für ein Meerschwein- chen von 200 g bei Verwendung einer 20 stündigen Agarkultur

Wochenschr., 1905, Nr. 21. Untersuchungen über die AggressivitAt des Choleravibrio. Archiv f. Hyg., Bd. LUX. Überempfilndlichkeit bei taber- kulOsen Tieren. Wiener klin. Wochenschr., 1905, Nr. 30.

1) E. Weil , Untersuchungen über Infektion und Immunit&t bei HQhner- Cholera. Archiv f. Hyg., Bd. LH. Die passive AggressinimmunitAt bei Hühnercholera. Wiener klin. Wochenschr., 1905, Nr. 16. Über die Wachs- tumsmOglicbkeit des Heubazillus im TierkOrper. Wiener klin. Wochenschr., 1905, Nr. 25. Die schützenden Eigenschaften des Blutes von aggressin- immunen Hübnercholeratieren. Archiv f. Hyg., Bd. LIV.

2) Kikuchi Y., Untersuchungen über den Shiga-Kruseschen Dysen- teriebazillus. Archiv f. Hyg., Bd. LU.

Von Dr. Gottlieb Salas. 343

^/4o Ose. Über 24 Stunden alte Kulturen enthalten schon so viele tote Bazillen, dals die Virulenz sinkt und inkonstant wird, wes- halb stets junge Kulturen Verwendung fanden. Da sich auch der in den weiteren Versuchen verwendete Typhusstamm »Ty- phus Dobrzanc als recht virulent (tödliche Dosis für ein M 200 g = V25 Öse) und konstant erwies, wurde von Serienimpfungen Ab- stand genommen, und es sind die Versuche ausschlielslich mit stets neuen Kulturen, die von Kulturbazillen stammen, ausgeführt.

Um wirksames Aggressin zu gewinnen, wurden später grofse Meerschweinchen, von ca. 600 g'mit grofsen Bazillenmengen (Agar- kultur, in junger Bouillonkultur aufgeschwemmt) intraperitoneal geimpft. Das unter allen aseptischen Kautelen gewonnene Peri- touealexsudat wurde durch mehrere Stunden sorgfältig zentri- fugiert, bis es zell- und bakterienfrei erschien. Dann wurde die klare, gelbliche fadenziehende Flüssigkeit mit Toluol versetzt und in den Eisschrank gestellt. Von Zeit zu Zeit impft man davon in Bouillon ab, und wenn zwei aufeinander folgende Impfungen ein negatives Resultat ergeben haben, dann ist das Exsudat ge- brauchsfertig. Darüber verstreichen gewöhnlich 2 3 Tage.

Das Aggressin erwies sich bei subkutaner und intraperito- nealer Injection in Mengen von 1, 2, 2,5 ccm bei Meerschwein- chen unschädlich ; eine Kaninchen vertrug ohne Gewichtsabnahme 3 Injektionen von 2, 3 und 6 ccm; nachdem es durch mehrere Blutentnahmen geschwächt worden war, trat eine passagere Ge- wichtsabnahme auf die Injektion von 10 ccm eines Aggressins ein, nach welchem auch die injizierten Meerschweinchen durch 3—4 Tage einen Stillstand des Gewichtes zeigten. Der Verlust eines Tieres durch Aggressininjektion ist niemals vorgekommen.

1) Dörr (Wiener klin. Wochenschr., Nr. 42) erwähnt die Möglichkeit, dafs eine ähnliche Wirkung wie die der Aggressine entstehen kann, wenn man das Toluol zu verdunsten vergiÜBt Abgesehen davon^ daTis Immunität nicht zu erzielen wäre, ist man in hier nicht aufgenommenen Versuchen oft genug in der Lage gewesen, durch sorgfältiges Abzentrifugieren jede Sterili- sierung, also auch den Toluolzusatz zu ersparen. Auch könnte das Toluol nur lokal reizen, während man Aggressin und Bazillen an verschiedener Stelle einbringen kann, z. B. Aggressin subkutan, Bazillen intraperitoneal.

344 ^^ott hkAo^xht Beä^jsmgen zwisäkcn Kofi- und TTphosbAktencn

M. 290g 18. V. 1 ccm Afp. fobkiiL, kOB InfiltnL 13. VL Gevichs 365 b lL33&gl&VL 2 » » > » » 19. VL > 350?;

M. 180 g & Vm. 1^ » . 6. EL 2€cm Agsr. 14 DL Gewi^u

M. 195 g 27. DL 2^ > > > 29. IX. kern Infihnt 195 g; 17. X. Ge-

wicht 295 g, M.210g27.IX. 2 » » » 29.DL > » 205^17. X.G«-

vicbt285g^ 3L195g 27.IX. 2 > > > 29.1X. > > 196g;5.X.Gc-

widit 2S5g, Kaa. 835 g 19. VL 2 > > > 27. VL 1090 g, 3 ccm Aggr., 3L VIL

UlOg; Geciii Aggr., 27. CL 2066«. nach lOecm Aggr. Torübergebend abgcnoimcn.

Unter den Ton B a i I festgestellten Eigenschaften der Aggres- sine wurden folgende in onseren Versuchen herangezogen:

1. Die Verwandlung untertödlicher Mengen Ton Koli in tödliche

2. Die Umwandlung des Befundes der leichteren Infektion, wie er sonst durch die einfach tödliche Doös oder niedere Multipla derselben bedingt wird, in das anatomische Bild der schweren Infektion

3. Die Erzeugung aktiver Immunität mit dem blolsen, sterilen Aggressin.

Zunächst wurde geprüft, ob sich durch Mitinjektion des sterilisierten Elxsudats mit Bazillen überhaupt ein Unterschied ergebe.

M. I von 210 g bekommt 1 Ose Koli intraperitoneal : stirbt nach 21 SuL; liefert 3^/, ccm Exsudat. Exsodmt zentrifdgiert, mit 'Tolnol steriKaieft.

M. II, 230 g, bekommt 2 ccm dieses Exsudats -f- '/m f^ ^eli intrmpen- toneal, stirbt nach 12 8td.; minimale Aoilagerangen am Leb^raad» daria qrfiriiche LeakozjTten, sehr zahlreiche Bazillen. 7 ccm trabes, fMat aellfreies Exsudat mit zahllosen Bazillen.

Kontrolltier M. XU, 210 g, bekommt >/,« Ose Koü iatraperitoneal ; stirbt nach 22 8td. mit leichlichen Aofli^gerongea aof Leber, Milz und Ne^ wekha Tiele Lenkosyten and namentlich Tiele Fbagosyten seigen. ZeUfSiebes^ raadk gerinnendes Exsodat Ziemlich Tiete Bazillen

Es ist also das Kontrolltier, obwohl kleiner, um 10 Stunden später und unter minder schwerem Befunde gestorben.

Von Dr. Gottlieb Salus. 345

II. Yersneh (Aggressin Ton M IT). ^)

M. V., 260 g, V40 ^Be Koli intraperitoneal in 3 ccm pbysiol. Kochsali- lösang.')

Kapillarontnabmen: Nacb 3 Std. : Viele Leukozyten, Bazillen gans ver- einzelt. Nacb 5Std. : Der Tropfen toII Leukozyten, einzelne Bazillen erst in

vielen Gesicbtsfeldem. Nach 7 Std. : Bazillen verschwunden, Leukozyten in Abnahme, bleibt dauernd gesund. M. VI, 290 g, bekommt V«o ^^ ^^^^ ^ ^ ^^^^ sterilen Aggressins intra- peritoneal.

Kapillar entnahmen: Nach 3 Std.: Sehr wenige Leukozyten, ziemlich viele Bazillen. Nach 5 Std. : Sehr wenige Leukozyten, sehr viele Bazillen. Nach 7 Std. : Sehr wenige Leukozyten, sehr zahlreiche Bazillen. Tier sehr krank. Stirbt 12 Stunden nach der Infektion mit 5 ccm zell- armen, mit Bazillen angefQllten Peritonealezsudats und spärlichen, bazillenreichen Auflagerungen.

in. Yersneh (Aggressin von MYII).

M. VIII von 160 g Gewicht bekommt V«o Öse Koli in 4 ccm Kochsalz- lösung intraperitoneal.

Kapillarentnahme nach 3 Std.: Viele Leukozyten, Bazillen vor- handen.

Stirbt nach 26 Std. mit vielen Auflagerungen und wenigen Tropfen Ex- sudats. Mälsiger Bazillengehalt, viele Phagozyten.

M. IX, von 160 g, bekommt V40 Öse Koli in 4 ccm Aggressin intrapeiitoneal.

Kapillarentnahme nach 3 Std.: Tier sehr krank. Massenhafte Bazillen, im Tropfen ein einziges Leukozytenklümpchen.

Stirbt nach 13 Std. mit 3 ccm £xsudat, darin massenhafte Bazillen, wenige Leukozyten.

Auch hier überlebt das Eon troll tier um 13 Stunden und geht unter den Erscheinungen der leichteren Infektion zugrunde als das Aggressintier. Aber es stirbt schliefsUch auch das Kontroll- tier, weil die angewandte Dosis für das kleine Tier nicht mehr untertödlich ist.

IT. Yersneh (Aggressin Ton MX).

M. XI, 135 g, bekommt Veo ^^e Koli in 4 ccm Kochsalzlösung intra- peritoneal.

1) £in Teil der Versuche ist in der Wiener klin. Wochenschrift^ 1905, Nr. 25, mitgeteilt.

2) Die Verteilung der Bazillen für die Kontrolltiere in normalem Serum ändert nichts an den Resultaten.

346 Neue biologische Beziehungen zwischen Koli- und Typhusbakterien etc.

Kapillarentnahme nach 4 Std. : Massenhafte Leukozyten, keine Bazillen; dauernd gesund.

M. XII, 150 g, bekommt Veo ^^^ ^^^^ ^^ ^Vt ccm Aggressin -f- ^Vi ccm Kochsalzlösung.

Kapillarentnahme nach 4 Std.: Wenige Leukozyten, spärliche Bazillen.

Stirbt nach 15 Std. mit subkutanem ödem ; massenhafte Bazillen in dem IVt ccm Perl tonealexsudat und den wenigen Auflagerungen.

Aus diesen Versuchen geht hervor, dafs dem Kolibazillus in hohem Mafse die Fähigkeit zukommt, sein Haften im Tier- körper durch Aggressinproduktiou zu erzwingen; dabei werden untertödUche Mengen zu tödlichen und der Befund der leichteren Infektion zu dem der schweren. Ein Eindringen in die Blutbahn erfolgt nicht, vielmehr reiht sich der Kolibazillus den Halbpara- siten im Sinne Bails an, die sich nur bis zu einem gewissen Grade lokal vermehren und dann augenscheinlich durch Gift töten. Auch ist bei ihnen nicht wie bei den Parasiten die In- fektionsstelle gleichgültig. Erwähnt sei hier, dafs sich die intra- peritoneale Infektion der hier genannten Mengen des blofsen Aggressins für Tiere gleicher Gröfse unschädlich erwies.

Es war nun zu prüfen, ob man die Tiere mit dem blofsen Aggressin auch immunisieren könne, zunächst aktiv. Zu diesem Zwecke wurden kleine Meerschweinchen mit sterilem Aggressin einmal oder mehrmals und dann in steigenden Dosen und ent- sprechenden Intervallen subkutan injiziert. Zunächst ergab sich, dafs es notwendig sei, mindestens 14 Tage, besser noch 3 Wochen nach der letzten Injektion zu warten, ehe man die Tiere infizierte. Nach 10 Tagen war mitunter bereits ein genügender Schutz vorhanden, doch gingen mehrere Tiere nach der Infektion höherer Multipla der tödlichen Dosis zugrunde, offenbar weil noch nicht alles Aggressin verarbeitet war. Wurde jedoch 3 Wochen lang gewartet, dann erwies sich die einmalige Injektion von 2 bis 2,5 ccm völlig ausreichend, um gegen 20— 40 fache tödliche Dosen der Kulturbazillen sicher zu schützen. In den so aktiv immunen Tieren ist den Bakterien durch den antiaggressiven Zustand jede Vermehrungsfähigkeit benommen, und die injizierten Mengen liefern nicht genug Gift, um die Tiere zu töten, die mitunter

Von Dr. Gottlieb Salus. 349

bazillus. Nach Entdeckung des letzteren zeigte sich die Un- möglichkeit, die beiden nach morphologischen Merk- malen auseinander zu halten. Hätte Gaffky nicht das differente Wachstum auf der Kartoffel hervorgehoben, dann wüIsten wir heute nicht, ob er Typhus- oder Kolibakterien in der Hand gehabt habe. Man sah sich genötigt, auf eine botanische Son- derung der beiden und einiger ähnlichen Bakterien zu verzichten und sie Ueber, da aus ätiologischen Gründen die Trennung wün- schenswert erschien, auf Grund physiologischer Unterscheidungs- merkmale zu » gruppieren c. Als solche Unterscheidungsmerkmale wurde die Vergärung von Zuckerarten, die Milchkoagulation, über- haupt die Säuerung kohlehydrathaltiger Substrate und die Indol- bildung in proteinhaltigen Nährlösungen verwendet, dann das üppigere Wachstum auf der Kartoffel. Alle diese Eigenschaften fanden sich im positiven Sinne beim Kolibazillus vor, nur die BewegUchkeit soll beim Typhusbakterium eine gröfsere sein, eine Angabe, welcher die Messungen der Geschwindigkeit beider Mikroben durch Gabritschevsky widersprechen.

Schon zu Anfang der neunziger Jahre trat die Lyoner Schule, mit Rodet und G. Roux^) an der Spitze, für die Identität des Bact. typhi und des Kolibazillus ein. Sie wiesen darauf hin, dafs man in typhusverdächtigem Wasser nur äufserst selten Typhus-, dagegen sehr oft KoUbazillen vorfinde; nach Vallet^) sollte die 1 Viruleszierungc des Koli durch den Aufenthalt in Kloakenjauche so weit gehen, dafs es dann befähigt werden sollte, beim Menschen Typhus zu erzeugen. Sie betonten weiter, dafs die Artbestimmung in der Bakteriologie sehr schwer sei, weil es inneriialb einer Art die mannigfachsten Variationen im chemischen und biologischen Verhalten gebe. So seien Typhus- und Kolibazillus in bezug

1) G. Roax et Rodet: Colibacille et bacille d'Eberth (Le balletln möd. 18d2, Nr. 39. Rodet A. et Roax G.: Bacille d'Eberth et badllas coli. Exp^riences comparativee aar qaelqaee eifets pathogänes. Arch. de möd. exp^r. et anat pathol., T. IV. Nr. 3. R o d e t A. : De la variabilit^ dans les micro- bes aa point de vae, morphologiqae et physiologiqae, 1895 (Zentrmlbl. f. Bakt. 18, 8. 498 fP.).

2) Vallet, Le bac. d'Eberth et l'^tiologie de la flöyre tjrphoide. Th^se de Lyon, 1890.

350 Neue biologische BeziehuDgen zwischen Koli- und Typhasbakterien etc.

auf die experimentelle Infektion nicht scharf zu trennen ; vor allem aber glaubten die französischen Autoren ihren Standpunkt damit begründen zu können, dafs es ihnen gelungen sei, den Kolibazillus »eberthiformc zu machen, d. h. durch Alter, Erwärmen, Zusatz von Antisepticis zu den Kulturen eine Anzahl intermediärer Formen zu erzeugen, welche z. B. Milchzucker nicht zu ver- gären vermochten und die aktiven Kolieigenschaften in so ab- geschwächter Weise darboten, dafs sie sich den Typhusbazillen erheblich näherten.

Diesen Anschauungen, welche auch von Arloing^) auf dem VII. internationalen Kongrefs zu London vertreten wurden, kann man zwar mit Vi Hinge r 2) entgegenhalten, dafs es sich nur um eine Verkümmerung der aktiven Kolieigenschaften durch künst- liche Mittel gehandelt habe; aber seither hat die Natur vielfach die Arbeiten der Lyoner wieder in Erinnerung gebracht, indem eine nahezu lückenlose Reihe erkannt wurde, an deren beiden Enden das typische Typhus- und Kolibakterium stehen, und bei denen man wohl nicht an eine Verkümmerung denken kann. So stehen die Paratyphusbazillen sicher dem Typhusbakterium näher als dem Kolibazillus, wenigstens in bezug auf ihre Pathogenität, denn klinisch und anatomisch erzeugen sie denn doch nur Abdominal- typhus; sie vergären aber Traubenzucker, und damit ist der Wert dieses Unterscheidungsmittels für die pathologische Mykologie erheblich gesunken. Und so geht es mit den anderen Unter- scheidungsmerkmalen auch, wir kennen Kolistämme (Lembke, Matzuschita)^) die keinlndol bilden, und dem Typhus sehr nahe stehende Bazillen (Dysenterie), die unbeweglich sind; die Coli- bazillen färben den Drigalski-Conradi-Agar rot, die Typbus- bazillen lassen ihn blau, während sich nach H. Kays er*) meh- rere, der Koligruppe angehörige intermediäre Stämme zur Säuerung

1) Arloing, Zentralbl. f. Bakt, 11, S. 120, 121. Vn. internat. KongrelB zu London.

2) Villinger, Über die Veränderung einiger Lebenseigenschaften des B. coli commune durch äufsere Einflüsse. Archiv f. Hyg., 1894, Bd. 21, 8. 101 ff.

3) Matzuschita, Archiv f. Hyg., 41, 3.

4) H. Kayser, Zentralbl. f. Bakt., 1902, L Abt., Bd. 31, Nr. 9.

Von Dr. Gottlieb Salus. 351

dieses Substrates genau so verhalten wie der Typhusbazillus. Immer gröfser wird der Apparat, den wir in Bewegung setzen müssen, wenn wir eine Entscheidung treffen sollen, ob ein vorliegender Mikrobe als Typhuserreger anzusprechen sei und diese Ängstlich- keit, dieses nicht Genugtuenkönnen an Differenzierungsmitteln ist an sich schon ein beredtes Zeugnis dafür, wie wenig wir im Innern von der totalen Verschiedenheit beider Organismen über- zeugt sind. Treffend hat neuerlich E. Krencker^) seine Resultate, wie folgt, zusammengefafst : Es zeigt sich, dals wir gerade in dem Bestreben, durch Prüfung des Wachstums auf verschiedenen Nähr- böden, durch neue Reaktionen etc. tiefere Unterscheidungsmerk- male zu finden und so die einzelnen Arten strenger voneinander zu trennen, zu dem entgegengesetzten Resultate gelangt sin de. Am weitesten geht Tar che tti^), der die Anschauungen der Lyoner Schule wieder aufleben läfst und die Identität der beiden Organismen proklamiert. Nach ihm sollen sich die beiden Mikrobien, wenn sie gezwungen werden, durch längere Zeit auf gleichartigen Nährböden zu wachsen, in ihren sonst differenten Merkmalen auszugleichen streben, und im Tierkörper könne man differenzierte Formen in solche von intermediärem Charakter über- führen. Es seien nur zartere und weniger entwickelte Koliformen mit mehr negativem Charakter, die man in einer bestimmten Krankheitsperiode durch besondere Methoden aus dem typhus- kranken Menschen züchten kann und als bact. typhi bezeichnet, wobei zu dem besonderen Kulturverfahren die modifizierende Wirkung des erkrankten Organismus hinzukomme. > Dieses proteusartige Gebilde, welches in normalen Verhältnissen als harmloser Gast im Darme vegetiert, kann unter besonderen Be- dingungen verminderter organischer Resistenz oder von gesteigerter Virulenz eine sowohl anatomisch als klinisch mannigfache Reihe von Krankheitszuständen hervorrufen und darunter auch das Typhusfieber c. Tarchettis Gedankengang würde so mancher Bakteriologe gern teilen, wenn ihn nicht die Möglichkeit der

1) E. Krencker, Zur Biologie der Typhus-Koligrappe. Zentralbl. für Bakt., 1905, H. 1, S. 14 fif.

2) Tarchetti C, Autoreferat. Zentralbl. f. Bakt, 1905, S. 307.

352 Neue biologische Beziehungen zwischen Koli- und Typhasbakterien etc.

endogenen Typhusinfektion als logischer Schlufsfordening davon abhalten würde; nur um die bewährten prophylaktischen Mafsnahmen nicht zu gefährden, hält man solange als möglich an der Unterscheidung fest, aber viele Bakteriologen werden zu- geben, dals die Trennungsbestrebungen die Annäherung nur be- fördern.^) Die ganze Literatur, welche man hierfür heranziehen könnte, zu erwähnen, würde viel zu weit führen.

Besonderes Interesse für die folgenden Untersuchungsresultate bietet der Streit um die sog. »biologische Aquivalenzc. Um das Jahr 1893 hatten fast gleichzeitig Sanarelli^), Cesaris Demel und Orlandi und Agro gefunden, dafs man Meer- schweinchen, die gegen Kolibakterien immunisiert waren, tödliche Mengen von Typhusbakterien einimpfen könne, ohne die Tiere wesentlich zu gefälirden und auch umgekehrt. Sonach bestehe eine Äquivalenz der > Stoffwechsel- und Reaktionsprodukte c beider Bakterien. Sie hatten nur die einfach tödlichen Dosen verwendet. Ihnen widersprach Neisser'), dessen Versuche an Mäusen lehrten, dafs die gegen die 10 bis 20 fache tödliche Dosis von Typhus- bazillen immunisierten Tiere nicht geschützt erscheinen gegen die 2 bis 4 fache tödliche Kolidosis und meist auch umgekehrt. In gröfserem Mafsstabe und unter Benutzung der passiven Immunität haben Löff 1er und Abel*) diese Versuche wieder aufgenommen ; sie immunisierten Hunde gegen Typhus und Koli und schützten mit diesem Serum Meerschweinchen, wobei sie folgende Resultate bekamen: Die Sera zeigten eine spezifische

1) P o r c i 1 e (Zeitschr. f. Hyg. u. Inf., 1903, Bd. 50) und Z u p n i k (Zeitschr. f. Hyg. u. Inf., 1905, Bd. 49) nahmen in der spezifischen Agglutination ein Trennungsmittel für die zum Typhus- oder Kolibazillus zugehörigen Bakterien an. Letzterer, der diese Anschauung auf Grund ausgedehnter Untersuchungen verficht, will bei den > Grenzarten« lieber die differente Indolbildung, Säuerung etc., als untergeordnete, nicht spezifische Unterschiede ansehen.

2) Sanarelli, lätudes sur la fi^vre typhoide expörimentale. Ajinales Pasteur, 1894, Bd. VIII, p. 224.

3) E. Neisser, Untersuchungen über den Typhusbazillus und das Bact. coli commune. Zeitschr. f. klin. Mediz., 1893, p. 93.

4) F. Löff 1er und R. Abel, tjber die spezifischen Eigenschaften der Schutzkörper im Blute typhus- und koliimmuner Tiere. Zentralbl. f. fiakt, 1896, I, 19, S. 51—70.

Von Dr. Gottlieb Salas. 353

Schutzwirkung nur gegenüber derjenigen Bakterienart, welcher sie ihre Entstehung verdankten. Gewöhnliches Seram nicht vor- behandelter Tiere zeigt eine schützende Wirkung gegen die tödlichen Dosen von Typhus und Kolibakterien und auch gegen niedrige Multipla derselben. Das Typhusserum schützte gegen eine etwas höhere Dosis von Kolibakterien, wie normales Serum, und ebenso das Koliserum gegen eine etwas höhere Dosis von Typhusbakterien, wie normales Serum. In dem etwas erhöhten Schutz kommt gewissermaßen die Familienverwandtschaft beider Bakterienarten zum Ausdruck. Auf die Angaben von Löffler und Abel beruft sich auch Zupnik (1. c.) bei Aufstellung der i Antitoxine c als spezifischer Familienreaktion ; während aber L. u. A. ausdrücklich aus ihren Versuchen auf das Fehlen eines spezifischen Schutzes der Typhussera gegen Koli und umgekehrt schliefsen (das kon- ventionelle Mals spezifischen Schutzes offenbar in der 10 fach tödhchen Dosis erblickend), deutet Zupnik ihre Versuche dahin, dafs eine spezifische, wenn auch geringe Schutz Wirkung bestehe. So bleibt die Frage der biologischen Äquivalenz der bakteriziden Immunsera noch immer strittig.

Eigene Versuche.

I. Reziprozität der Aggressine.

M., 260 g, bekommt V40 ^^^ Typhus in 3 ccm KochsalzlOsang intra- peritoneal.

Entnahme nach 3 Std. : Reichliche Leukosyten, fast keine Bazillen. 9 >5> > > >> >

> > 7 > Leukozyten in Abnahme, nur ganz vereinz.Bazillen. Bleibt dauernd gesund.

M., 285 g, bekommt V40 ^"^ '^yP^^B in 3 ccm Koliaggressin intra- peritoneal.

Entnahme nach 3 Std. : Mäfsiger Leukozytengehalt, ziemlich viele Bazillen.

> f 5 > Ziemlich viele Leukozyten, ziemlich viele Bazillen.

> » 7 > Viele Leukozyten, ziemlich viele Bazillen. Stirbt ca. 30 Std. post infect. mit beträchtlichen, aus vielen Bazillen und

wenigen Zellen bestehenden Auflagerungen. Wenige Tropfen bazillenreichen Exsudats mit mäfsigem Leukozytengehalt

U. Yersneh.

M., 150 g, bekommt V40 Öse Typhus in 4 ccm physiol. Kochsalzlösung intraperitoneaL

354 Neae biologische Beziehangen swischen Koli- und Typhasbrnkterien etc.

Nach 3 Std. : Reichliche Leukozyten, wenige Bazillen.

Bleibt daaemd gesund.

M., 150 g, bekommt Vm ^^ Typhus in 4 ccm aggressiven Koli- exsudats intraperitoneal.

Nach 3 Std. : Recht m&üngen Leukozyten- und BaztUengehalt.

Stirbt nach 40 Std. : Im Exsudat viele Bazillen, doch auch ziemlich viele Leukozyten.

ni. Yersneh.

M., 165 g, V40 ^8® Typhus in 4 ccm Kochsalzlösung intraperitoneaL

Nach 4 Std. : Viele Leukozyten, wenige Bazillen.

Bleibt dauernd gesund.

M., 180 g, V«o Os® Typhus in 2% ccm K o 1 i aggressin (mit Kochsalz- lösung auf 4 ccm ergänzt).

Nach 4 Std. : MADsige Leukozyten, wenig Bazillen.

> 17 > Sehr krank, im Kapillartropfen zahllose Bazillen.

Stirbt nach 24 Std. mit 3 ccm bazillenreichen Exsudats und vielen Auf- lagerungen.

Da die obigen 3 Versuche übereinstimmend gezeigt hatten, dafs das KoUaggressin auch dem Typhusbazillus das Festsetzen und Auswachsen im Tierkörper zur tödlichen Dosis ermögliche, wurde nunmehr der umgekehrte Versuch gemacht.

IT. Yersneh.

M., 600 g, bekommt intraperitoneal eine Typhusagarkultur und 1 Bouillon- kultur. Stirbt mit 7 ccm zellarmen, bazillenreichen Exsudats. Exsudat zentrifugiert, sterilisiert mit Toluol.

M. 175 g bek. V^p Öse Typhus

in 2Va ccm Kochsalzlösung

M. 190 K bek. V40 Öse Typhus

in 2Vt ccm Typhusaggressin

M. 175 g bek.

Veo Öse Koli

in 2Vi ccm

Kochsalzlösung

(12 V, Uhr mittags)

M. 180 g bek.

Veo Öse Koli

in 2*/, ccm

Typhusaggreesin

Nach Std.

Reichlich Leukozyten, nur ganz ver- einzelte Baz.

Viele Leukozyten,

viele Bazillen.

Krank

Reichlich Leukozyten, nur ganz ver- einzelte Baz.

Wenige verklumpte Leukozyten, reich- liche Bazillen. Sehr krank

Nach

18

Std.

Dauernd gesund

Über Nacht ge- storben. Im Exsu- dat fast nichts als Bazillen. Nahezu keine Auflagerun- gen

Dauernd gesund

Über Nacht ge- storben. Im EIxsudat fast nur Bazillen. Nahezu keine Auf- lagerungen. Ex- sudat auf Drigalski- nährboden geprüft^ nur Koli auf- gegangen.

Yq» Dr. QoUlieb ftftjiifl* ,r 35&:

Während Typliusaggreasiii für Chaleravibrionen, CHoleraäggressin für Dyeenterlöba'ifilleri unwirksam ist, besteht in dieser Hinsicht zwischen Typhuä und^ K oll eine TÖllstftndige Reziprozität.

> t t ■-, . r '.

4 .• . 1 .

IL Schutzwirkung, ini^ Koliai^gressin gegen, l^jpphiu. erlangt Wie wir bereits gesehen haben,/^elingt es, Tiere, durc ein- malige Injektion von 5^, 2^2 ^^ sl^ril^n Koliaggressins <gegen multipla bis zur 40 fachen tödlichen Kolidosia zu schützen. Es wurde nun geprüft, wie sich derartige Tiere gegen die Typhus^ infektion verhielten.^

I. Yersneh.

M., 560 g, vorbebandelt durch , zw^imillige Inj.ektipQ.- yon ^oliag|gre98in. (1, and 2 cqai subkutan), bekommt 1 Öse Typhua inti^aperitoneal (m^tM^j- Nach 8 Std. : Reichlich Leukozyten, keine Bacillen. Bleibt dauernd gesund.

M., 415 g, (KontrQlle) (bekommt 1 Öse«. Typhus. intraperitone^l. ' Nach 3 Std. : Keine ]>iakozyten, maaseinbafte Ba^illßn^

> 7 > Bazillen sehr zahlreich.

Ist tTiXji tot Ziemlich viele, mAfsig zisUbaltige« «ehr bazillenteicfafis Auf- lagernngen. :;::,!

Während also bei dem kleineren Immui\tiere die schwere Infektion bereits nach 3 Std. abgelaufen war, ging das gröfsere Kontrolltier daran untier den Zeichen siemtich schwerer Infektion- Zugrunde (in max. 20 Std.). ' ' "

H. Yennch.

M., 285 g, einmal vorbehandelt mit 2,5 ccm if oliaggressin, bekommt

^^/e Ösen Typhus intraperitoneal. : r

Nach 3 Std. : Kapillare voll Leukozyten^ keine BazUlen. Das l^ek^ bleibt dfioernd gesund.

M., 255 g, bekommt »/e Ösen Typhus.

Nach 3 Std.: Massenhafte Bazillen, wefnige Leukozyten. ^ ^ -

t 8 > Moribund. Früh tot. / > - :

m. Yersneh.

M., 285 g, einmal mit 2 ccm Kollaggrässin subkutan immunisiert^ bekommt 0,75 Ösen Typhus intraperitoneal.

Nach 10 Min. Viele Bazillen, I^mphozyten.

> 30 > Leukozyten vereinzelt, Bazillen sehr spärlich.

> 40 > Beginnendes Zuströmen von Leukozyten, keine Otandia,'. einzelne Bazillen nur mit Mühe auffindbar. Das Tier wird'g^tötet (siehe iq»ttter).

1) Die Versuche sind mit Kulturbazillen, nicht mit tierischen BakiÜen angestellt^ da praktische Ziele nicht; verfolgt wurden.

Archiv für Hygiene. Bd. LV. 24

) I .

366 Neae biologische Beziehungen swischen Eoli- and Taberkelbazillen etc.

M., 200 g, (Kontroll) bekommt 0,875 Ösen Typboa intrapeiitoneaL Nach 46 Min. : Sehr viele Banllen, sehr viele, sa Klumpen geballte Lenkosyten. Früh tot

Aus diesen Versuchen erhellt, dals der Schutz, welchen aktiv mit Koliaggressin immunisierte Tiere gegen Typhusbakterien besitzen, ihrem Schutze gegen Kolünfektion nichts nachgibt.

Bezüglich des passiven Schutzes ist dasselbe zu sagen wie beim Kolibazillus. Der Schutz ist ein mäfsiger, langt bei tags zuvor erfolgter Injektion von 1 ccm Kaninchenserum annähernd gegen die 10 12 fach tödliche Typhusdosis aus.

Zam Beispiel:

M., 120 g, bekommt 1 ccm Kaninchensemm snbkatan. Tags darauf, 6 Uhr abends, </, Öse Typhns intraperitoneal.

Nach 2 Std.: Bauchhöhle voll Eiter, sehr wenige Bacillen. Bleibt daaernd gesund.

M., 135 g, (Kontroll) bekommt 7t 0^® Typhus intraperitoneal.

Nach 2 Std. : M&Dsige BaziUen, nur einzelne Leukozyten.

Früh tot^ ohne Eiter in der Bauchhohle mit bazillenreichem Exsudat.

Aber die Versuche waren nicht zahlreich genug und die Immunisierung nicht hoch genug beim Kaninchen getrieben; auch war, wie erwähnt, die Schutzkraft des Eaninchenserums nach einer aus äulseren Gründen eingetretenen längeren Pause in der Immunisierung sehr gesunken, so dals wir vorläufig nur das eine sichere Resultat verzeichnen wollen, dafs es viel schwerer erscheint, mit Koliaggressin wirksame passive als aktive Immunität zu erzielen. Erwähnt sei noch, dafs ein Versuch mit normalem Kaninchenserum, tags zuvor in der Menge von 1 ccm einverleibt, keinen Einfiufs auf den tödlichen Ablauf der Infektion eines Meerschweinchens mit 0,5 Ösen Typhus hatte.

Zum Wesen der Aggressinimmunität

Sehr wünschenswert erschien es, einen Einblick in das Wesen dieser eigenartigen Immunität zu erlangen, zumal bei den Kapillarentnahmen niemals etwas von Granulis in der freien Peritonealfiüssigkeit zu sehen war, die doch im Falle einer bakteriziden Immunität nicht hätten fehlen dürfen. Es war sehr interessant zu beobachten, dafs man manchmal bereits bei der

Von Dr. Gottlieb Salus.

367

ersten Entnahme aus der Bauchhöhle des aktiv immunen Tieres den Tropfen voll Leukozyten fand und die Bazillen bereits ver- schwunden waren. Man mufste sich sagen, dafs man da zur Beobachtung des ganzen Vorgangs schon zu spät gekonunen sei. Wo aber waren die Bazillen hingekommen ? War eine so rapide Bakteriolyse erfolgt, dafs schon nach 10 Minuten alle Spuren der aufgelösten Bakterien verschwunden waren? Dem wider- sprachen die negativen Befunde bei den protrahierteren Fällen. Eine günstige Gelegenheit bot der bei Typhus erwähnte Ver- such III. Das Tier, welches bereits mit Sicherheit als gerettet gelten konnte, wurde in dem Momente getötet, als die Bazillen so gut wie vollständig aus der freien Flüssigkeit im Peritoneal- sack verschwunden waren, während die Leukozyten erst zuzu- strömen begannen. Es fand sich in der Bauchhöhle 1 ccm einer leicht hämorrhagischen Flüssigkeit, in welcher man mikro- skopisch nur bei langem Suchen einzelne Bazillen nachweisen konnte, in Organausstrichen, namentlich im Milzausstrich, keine Bazillen. Dagegen war das Netz mit einem leicht erhabenen grauweifsen, unebenen Überzuge bedeckt, der ausgestrichen und gefärbt, aus einer grofsen Zahl von Phagozyten bestand, welche mit Bazillen und Granulis vollgestopft waren und in deren Zwischenräumen überall zahlreiche Bazillen lagen. Li diesem Stadium waren also die Bazillen nicht verschwunden, man konnte ruhig sagen, dals sie alle am Netze wiedergefunden wurden. Es konnte also durch den Augenschein der Vorgang nachge- wiesen werden, den Kikuchi (1. c.) in ähnlicher Weise bereits vermutet hatte. So, wie sich bei intraperitonealer Injektion das Netz verhält, dürften sich bei Injektionen an anderem Orte die lokalen serösen Häute verhalten.

Es wurde weiterhin das Blutserum dieses Tieres in bezug auf seinen Gehalt an Bacteriolysinen und Agglutininen geprüft.

Agglutination für Typhas: 1:25

1:50 1:100 1:500 1:1000

-, für Koli .

24

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3^ Neue biologische Beziet^OQg^.a B«;ificb«n l^^H' ^'^^ Tuberkelbazillen etc.

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0,75 Peptonkoch8.-Lö8. + 0,?5 norm- Kan.-Ser. .'. ^.^ . . . 0,65 ' 'i ^ '-fb,(k)bllmmun8er:m0.lkbc^^^

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0,75 Pe^tonkochB,-X>ö8« -:^ 0^25 nfpn. Eyan.-Ser. u j ,,. , ..,..,,•]. . - . . op

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0,G6 . +0,1 .' .'V. . . +0,08 i /. . «'

Dks Serum des Tiöreä, T^elcheö ge^en Typhtis (und aieber

auch gegen KöliJ hohen Schutz besafs , zeigte' ilso für beiäe^

. . ' '

Mikroben weder eine Spur von Baktönzidie, ' noch Ton AggUi-* tination:' - "' ■'''•^- •■'■■ ^' --^

Interessant war auch das Verhalten des Kaninchenöeriims in bezug auf die Agglutination zu ein^r Zeit, wo es passiven Schutz ^egen die 10— 12fach tötliche Dosis von Koli resp. Typhus (in der Menge von 1 com) geboten hatte.

Für Koli:

1:10 . . . . 4-+

i::20 . ;. - + +

1:50 . . . . + + 1 : 100 ... . H- 1:500 . . . . i (nach mehreren Stand., jnkomp].)

' Fflf T^phtlB:

1 :10 r . . J V

1:20 . w . . . 1:50

1:100

1:500

. ..

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k 1

1 i

Das Serum, welches gegen beide Mikrbbiön den gTeichea Schutz verleibt, zeigt mäfsige Agglutinationswerte nur für, den einen, mit dem es erzeugt ist. Es ist also weder die Agglutination in einem konstanten, noch anscheinend die Bakterizidie in irgend- einem Verhältnisse zur antiaggressiven Immunität.

\

'■■'' Von Dr. Qottli^ Salus. 359

B^kianntiich haben WassBrmaötii und Ciiron^) mit Bak- feriehextrakieri, welche aus Massenkultuifen durch eiii eingreifen- des Verfahren gewonnen waren, eine ähnliche, wenn auch an- ^heinehd tninder intensive Beförderung dei: Infektiomtät zu er- iiölen f ennoohit.^ Sie hennen daher ihre Extrakte »Künstliche Aggressinec und glauben, dafs man der kostsi^ieligen, natürlichen Aggressine bei der Immunisierung sicher entbehren könne. Aber jetzt fechon sprechen unsere obigen Versuche gegen die Identität der »Künstlichen Aggressinec mit den hatürlichen. Denn erstere sollen nach Wassermann und Citroii die Schutzkräftei (also wohl die bakteriziden) des Organis- faius binden. Dann niurs die Immunität darin bestehen, dafs <liese Bindung Aufgehoben wird und die Schutdcräf te wieder frei Werdeü. In dish obigen 'Versuchen sah man nie Granulabildung; y^as Serani des letzterwähnten Tieres zeijgte keine Spur von Bakterizidie, und niaü fand alle Bazilleb am Netze wieder, in sdier Gewalt ' der Phagozyten.

. •' '

/: SchluTssätze.

1. Die sterilen, an sich ungiftigen Exsudate von

durch Kolibazillen getöteten Tieren enthalten

^ ein speeif isGi^hesAggr essin, welches, mit unter-

J tödlichen QabiBn der Kdlibazillen injiziert,

dieselben In tödliche verwandelt und nach

- dem Sekliionsb^funde die leichtere Infek-

'^- tion in eine schwerere umändert.

•2. Das Aggressin dea Kolibazillus vel*hilft in

V 1 gleichem Mafse auch dem Typhus bäaillus zur

J ' ' Vermehrung im Tierkörper.

' 8. Au^h daö Typhusaggreasiü schützt nicht nur ^en Typhuebazillus, sondern in gleicher Weise auch den Kolibazillus vor der Vernichtung durch die Abwehrkräfte des Organismus.

I j

V \-

1) WasBermann and Gitron, Zar Frage der Bildang von bakte* liellen Angriffsstoffen im lebenden Organismas. Deatscbe med. Wocbenschr., 1905, S. 1101.

^m aSiiiiMi^ jMHumtBi smesi. 2b&

•n ^1

3i(**r*j'a'3r*ia'5a*a Tia mittlerer GrlTf* -s«»! ^:a*r 'Fatr^e-xeL;: Taa 2 3 Woehea ge^ea iii* ICtItL^Ia 4«r uü^liekea EoLidosis aktix s<eklix<ea

S. Diete ImsLaaLt^u ^It la der gleieliea E-32.e ziL^/cL ^^egea dea TjpIiasbaxiLIas. nicht gegea CiL^IerftTibriaaeri aad Streptokokken. Wie ^«^nitelL die Spexifit&t des Aggreesins des Koli- baiiilas beim T^cknsbazillas anfhdrCr ebenso Terhält et sieb mit der aktiren, antiaggressiTem fmmtinit&iw Dedaidi wird die nmbe Verwandt- tebaft der beiden Mikroben darch nene bio- logisebeBexiebangen in ein besonders scharfes Lieht gestellt. Denn hier handelt es sich am die IdentiUlt der Waffe, mit der sie die Haftnng nnd Vermehrang im Tierkörper erxwingen.

9. Aoeb ein, aUerding» bisher mi&iger, passiTer Schutz war m kooscatieren.

7. fiie Aggressinimmnnitftt beim Kolibaxillos ist weder Ton konstanter Aggintininbildnng, noch Ton bakterixiden Fähigkeiten des Blutserums begleitet Sie ist irielmehr insofern eigen- artig, als der antiaggressiire Zustand eine Vermehrang der eingebrachten Baxillen im Tierkdrper irerhindert Die Bazillen selbst werden im besonderen Falle der intraperi- tonealen Injektion rasch aus der Flüssigkeit aasgefällt and gelangen an das Netz, wo sie der phagozytären Tätigkeit der Leukozyten anheimfallen.

über die FaUnngen yon EiweiTs dHich andere Kolloide Hnd ilire Beziehnngen zn den ImmnnkSrperreaktionen.

Von

Dr. Ulrich Friedemann,

Assistent am Hygienischen Institut der UnlTenitAt Berlin.

( Aas dem Hygienischen Institut der XJniversitIt Berlin. Direktor : Geh. Med.

Rat Prof. Dr. M. Rubner.)

Das Studium der Kolloide hat bereits vielfache Aufschlüsse über die physikalisch-chemischen Vorgänge bei den Immunitäts- reaktionen gegeben. Die Verbindungen der Immunkörper wurden mit den Adsorptionsverbindungen der Kolloide verglichen [Bor- det^), Landsteiner und Jagic^), Biltz'), Zangger ^), Biltz, Much und Siebert^), Pauli], während sich eine bemerkens- werte Ähnlichkeit zwischen den Fällungsreaktionen der Immun- körper (Agglutination und Präzipitation) und den Gelbildungen und Präzipitationserscheinungen in kolloidalen Lösungen und feinen Suspensionen herausstellte. (Bordet^), Bechhold,

1) Annales de Tlnsütat Pasteor, 1899, 1900. 1901.

2) Münchener med. Wochenschrift, 1903, Nr. 18.

3) Zeitechr. f. physik. Chemie, 48, 8. 615.

4) Zentralblatt f. Bakt , Bd. 34, S. 428, Bd. 36, 8. 161 u. 225. Korresp.- Blatt f. Schweizer Ärzte 1904, Nr. 3, pag. 5.

5) Behrings Beitr. z. ezperim. Therapie, 1905, Heft 10.

6) a. a. O.

360 Biolog. Bexiehangen zwisch. Koli v

4. Durch einmalige ' ..ner und

ungiftigen m

M e e r 8 c h w : ^ieichenden Unter-

e i n e r W a r . ^^.^^ Schwierigkeiten,

M^'^H>1|^ '■ ..ektrolytö sehr empfind-

(30—40 f ' .cigeRoUe, welche die Salze

0. Diese ^^^^ keinen genügenden Auf-

^^^ .e waren daher schon in früheren

^^°' <er und Verfasser, Bechhold«)

^^^^ . .i:eu Kolloide mit in den Kreis der

" ^, und es hatten sich namentlich bei

^ Mastixemulsionen und Eiweifs (resp.

;: Ähnlichkeiten mit der Bakterienagglu-

allungen zwischen anorganischen KoUoideu

::oht in so eingehender Weise untersucht

.. anorganischen Kolloide untereinander und

c?rschiedenen Autoren auf diesem Gebiete wider-

so habe ich im folgenden diese Reaktionen einer

Untersuchung unterzogen, wobei vor allem auf

>alze geachtet wurde. Zum Schlufs wurde sodann

.'iitalten der Immunitätsreaktionen in dieser Hinsicht

.. riialigen Untersuchung unterworfen; doch glaube

. i,:oh, abgesehen von diesem Zusammenhang, die Unter-

^ J.or KolloideiweifsfäUungen für das theoretische Studium

V \:Ade eine Ergänzung des bisher Bekannten liefert.

' ViTsamml. deutscher Xaturf. u. Ärzte, Kassel, 1903. Müncbener ^^ Wooherischr., 1904, Nr. 11 o. 19. Zeitschr. f. phjre. Chemie 48, S. 385.

-»^ J*.ericht d. d. ehem. Gesellsch. (1904), 3138.

:^ Wiener klin. Wochenschr., 1904, Nr. 3. Münchener med. Wochen- ..luiH. 1004, Nr. 27.

4) Suc. fran^. de phys., 1904, 210. Compt rend. Soc. Biol., 1903, pap. ua:». M. 5(i, pag. 866, 931, 933, 935, 93G, Bd. 57, pag. 33, 35, 38, 65, Bd. 57. \H\^. vSG6, 931, 933, 935, 936.

5) Annaleö de rinstitut Pasteur 1904.

6) a. i\. O.

X

Von Dr. Ulrich Friedemann. 363

I. Kolloideiweirsfällung.

a) Versuche.

ijngt^liender haben sich wohl zuerst Landsteiner und :-ic^i mit der Kolioideiweirsföllung beschäftigt, welche fanden, iai's kolloidale Kieselsäure Eiweifs fällt, aber, wie sie meinten, nur in salzhaltiger Lösung. In weiteren Versuchen kamen sie dann zu dem Resultat, dafs positive und negative Kolloide Ei- weifs fällen können, sofern sie als oxydartige Verbindungen saurer oder basischer Radikale aufgefafst werden können. Ferner be- schäftigten sich Bilz, Much und Sichert^ mit dieser Frage tmd gelangten zu dem Schlufs, dafs positive Kolloide Eiweifs durchweg fällen, negative dagegen mit Ausnahme der Zinnsäure fast völlig versagten. Im Gegensatz dazu behauptet nun neuer- dings Billitzer'), dafs Gelatine mit Arsentrisulfid (— ) und Anti- montrisulfid ( ), nicht dagegen mit Eisenhydroxyd (+) Träbungen gibt. Bei meinen Untersuchungen diente als Eiweifs Blutserum oder Eieralbumin (Merk.), die durch mehrtägige Dialyse in fiiefsen- dem Wasser salzfrei gemacht wurden. Um auszuschliefsen, dafs etwa noch ausfallende Globuline Störungen verursachen könnten, habe ich bei einem Teil der Versuche die Globuline durch Halb- sättigung mit Ammonsulfat entfernt und dann dialysiert. Die Resultate waren im wesentlichen die gleichen. Von anorganischen Kolloiden kamen folgende zur Untersuchung: Zwei kolloidale Metalle, Platin (nach Bredig) ( ) und Silber* nach Carey Lea (— ), zwei Sulfide, das Arsen- und Antimontrisulfid ( ), zwei saurö Oxyde, Kieselsäure ( ) und Molybdänsäure ( ). zwei basische Oxyde, Eisenoxyd (+) und Chromoxyd (+).

Das Resultat dieser Untersuchungen*) wat, dafs die von mir untersuchten Eiweifskörper (Serum und Eiereiweifs) von allen zur Untersuchung herangezogenen anorga-

1) a. a. O.

2) a. ä. 0.

8) Zeitschr. f. pbyeik. Chemie, Bd. 45 u. 51. Sitzung d. Kais. Akad. der WiMensch. in Wien vom 28. April 1904.

4) Das Drgebnis dieser Versuche wurde z. T. bereits in einem Vortrag itt'der Berl. Physiolog. GesellBchaft am 8. Dezember 1905 in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Friedenthal mitgeteilt

362 Über die Fällangen von Eiweifs darch andere Kolloide etc.

M. Neifser und Verfasser^), Biltz^), Landsteiner und Jagic^), Henri und Mitarbeiter*), Gengon^).

Für eine weitere Durchführung dieser vergleichenden Unter- suchungen bietet jedoch der Umstand grofse Schwierigkeiten, dafs die anorganischen Kolloide gegen Elektrolyte sehr empfind- lich sind und daher gerade über die wichtige Rolle, welche die Salze bei den Immunitätsreaktionen spielen, keinen genügenden Auf- schlufs geben. Aus diesem Grunde waren daher schon in früheren Untersuchungen von M. Neifser und Verfasser, Bechhold^) auch die stabileren eiweilsartigen Kolloide mit i|i den Kreia der Betrachtung gezogen worden, und es hatten sich namentlich bei dön Fällungen zwisöhen Mastixemulsionen und Eiweifs (röisp. Gelatine) bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit der Bakterienagglu- tination gezeigt. Da die Fällungen zwischen anorganischen Kolloiden und Eiweifs bisher nicht in so eingehender Weise untersucht wurden, wie die der anorganischen Kolloide untereinander und die Resultate der verschiedenen Autoren auf diesem Gebiete wider- sprechende sind, so habe ich im folgenden diese Reaktionen einer systematischen Untersuchung unterzogen, wobei vor allem auf die Rolle der Salze geächtet wurde. Zum Schlufs wurde sodann "auch das Verhalten der Immunitätsreaktiönen in dieser Hinsicht einer nochmaligen Untersuchung unterworfen; doch glaube ich, dafs auch, abgesehen von diesem Zusammenhang, die Unter- suchütig der KöUoideiweifsfällungen für das theoretische Studium der Kolloide eine Ergänzung des bisher Bekannten liefert.

1) Versamml. deutscher Naturf. u. Ärzte, Kassel, 1903. MüDchener med. Wocherischr., 1904, Nr. 11 o. 19. Zeitschr. f. phys. Chemie 48, 8. 385.

2) ßericbt d. d. ehem. Gesellsch. (1904), 3138.

3) Wiener klin. Wochenschr., 1904, Nr. 3. Münchener med. Wochen- schrift, 1904, Nr. 27. .

4) Soc. fran^. de phys., 1904, 210. Oompt rend. Söc. Blol., 1903, pag. 1613, Bd. 56, pag. 866, 931, 933, 935, 936, Bd.ö7, pag,33, 35, 88, 65, Bd. 57. pag. 866, 931, 933, 935, 936.

5) Annales de Tlnstitut Pasteur 1904.

6) a. a. O.

» . Von Dr. Ulrich Friedemanui;- ... . . : . .'1 383

l KblloideiWeinaifälluiigi ^

Eingehender haben sich wohl zuerst Landsteiner und Jagic^) mit der KolloideiweifsttUüng beschäftigt, welche fände«, daft kolloidale Kiesielsfture Eiweifs fällt, aber, wie sie ' meinten', nur in salzhaltiger Lösung. In 'weiteren Versuchen kamen siö dann zu dem Resultat, da^s positive und negative Kolloide Ei- weifs fällen können; sofern sie als o^ydartige' Verbindungen saurer odet basischer Radikale aufgefäfst werden können. Ferner be^- schäftigten sich Bilz, Much \irid Siebert^ mit diee^ Frage iind gelangten zu dem Schlüls, dafs positive Kolloidlö Eiweife durchweg fällen, negfative dagegen mit Ausnahme*' der Ziiiiisäure fast völlig versagten. Im Gegensatz dazu behauptet nun neuer- dings B i 1 1 i tz e r') , dafs Gelatine mit Arsehtrisulfid (— ) nrid Anti- montrisuIfid( ), nicht dagegen rnit Eisönhydroxyd (-f*) Trübungen gibt. Bei meinen Unteröuchungieh tJiente als Eiweifs felütseruni oder Eieralbumin (Merk.), die durch mehrtägige Dialyse in fliefseii- dem Wasser salzfrei gemacht wurden: Um auszuschliefsen, dafs etwa noch ausfallende Globuline Störungen verursachen könnten-, habe ich bei einem Teil der Versuche die Globuline durch Halb- Sättigung mit Ardmonsulfat entfernt und dann dialysiert. Die Resultate waren im Wesentlichen die gleichen. Von anorganisdien Kolloiden kamen folgende zut Untersuchung: Zwei kolloidale Metalle, Platin (nach B red ig) (^ undSilber'nach Carey Leä (^-^), zwei Sulfide, das Arsen- und Antimontrisulfi^d (-^), zwei saürö Oxyde, Kieselsäure ( ) und Molybdänsäure ( ). zwei basische Oxyde, Eisenoxyd (4-) und Chromoxyd (+). - '

Das Resultat dieser Untersuchungen*) wal", dafs tJie von mir untersuchten Ei weifskörpü'r (Serum uhd Eiereiweifs)

von allen zur tThtersuchung herangezogenen anorgä-

^ . ... . ■'.''■

1) a. a. O.

2) a.a.O. ' ^ ^ Zeitscbr. f. pbyeik^Chemle/Bd. 45u.6l. Sltzting d. Eäis. Akad. der

Vise^nscb, in Wien YOii> 28. April IWH. ..!

4) Das Drgebnis dieser Versache warde z. T. bereits in einem Vortrag in^ der Berl. Physiologe. G^ellscbaft ^am 8. I>ezember 1905 iii "Gectieinscbaft mit Herrn Dr. Friedenthal mitgeteilt.

364 Über die FftHungen yon EiweUs durch andere Kolloide etc.

nischen Kolloiden» mögen dieselben elektropositiven oder elektro negativen Charakters sein, gefällt werden.

Es zeigte sich aber, dafs auch organische Kolloide, wie Histon, Nuklein, Nukleinsäure, Nukleohiston^), wie ja auch bereits von anderen Autoren beobachtet wurde, mit Eiweils Fäl- limgen gaben, so dafs man wohl ganz allgemein sagen kann, dals Eiweifs mit allen Kolloiden sauren oder basischen Charakters fällt

Die Differenz mit den Ergebnissen der anderen Forscher erklärt sich, wie ich glaube, daraus, data erstens auf eine Mischung in den richtigen Mengenverhältnissen nicht genügend Rücksicht genommen, femer aber der Salzgehalt der Flüssigkeiten zu wenig beachtet wurde. Beide Faktoren sind aber von aus- schlaggebender Bedeutung für den Ausfall des Versuches«

Denn in der Tat kann es aufserordentlich leicht vorkommen, dals eine Fällung übersehen wird, da das Fällungsoptimum, wie die Tabellen zeigen, bei den verschiedenen Kolloiden bei ganz verschiedenen Mischungsverhältnissen liegt.

Ebenso wichtig ist es aber, mit salzfreien EäweifslOsungen zu arbeiten. Über den EinfluTs der Salze auf die KoUoideiweifs- fällung bestehen auch bereits einige Angaben. So meinten Land- Steiner und Jagic, dals die Fällung von Serum durch kol- loide Kieselsäure nur in Kochsalzlösung eintrete. Biltz, Much und Siebert machten keine Beobachtungen über die eigentliche Fällung in salzhaltiger Lösung, stellten aber fest, dafs Salzzusats die Adsorption der Eiweifskörper durch anorganische Kolloide verhindere.

In Wirklichkeit liegen nun die Verhältnisse komplizierter, als die genannten Autoren annehmen. Es zeigte sich näm- lich bei fast allen Kolloiden, dafs Salzzusatz die Ei- weifsfällung sowohl befördern als auch hemmen kann. Der Erfolg hängt von den Mengenverhältnissen ab, in denen das Eiweifs und das anorganische Kolloid gemischt werden. Wie bei den Fällungen der anorganischen Kolloide untereinander, findet nämlich auch bei den KoUoideiweifsfällungen die Präzi-

1) In Versachen, die Herr Dr. Friedenthal und Verf. aosgefahrt haben, und die a. a. O. publiziert werden.

Von Dr. Ulrich Friedemann.

365

pitation nur bei einem ganz bestimmten Mischungsverhältnis statt. Sobald eine der Komponenten im Überschufs zugegen ist, bleibt die Fällung aus. Setzt man nun die gleiche Reihe unter Salzzusatz an (zu den Versuchen diente stets Na Cl), so beobachtet man, dafs die Fällungszone in salzfreier Lösung verschwindet, imd dafs nunmehr an Stelle der bisherigen Hemmimgszone Fällung eintritt.

In weiteren Versuchen habe ich auch die Salzmengen vari- iert, bin jedoch dabei nicht auf durchgehende Gesetzmäfsigkeiten gestofsen. Beim Chromhydroxyd (abfallende Mengen Chromoxyd bei konstanter Eiweifsmenge) beobachtete ich bei steigendem Salzzusatz ein Heraufrücken der Fällungszone, beim Eisenoxyd brachte aber eine weitere Erhöhung der Salzmenge keine Ände- rung hervor.

Ob dabei prinzipielle Unterschiede zwischen den einzelnen Kolloiden vorUegen, oder ob hier nur quantitative Verschieden- heiten bestehen, darüber müssen weitere Versuche entscheiden.

Es folgen nunmehr die Tabellen, welche die Versuchsresultate

illustrieren.

I. Chromliydroxyd.

Die ben atzte etwa 8 proz. EiereiweiÜEilOsang (in 100 ccm 0,5 g N) warde» wie in den flbrigen Versuchen, mehrere Tage dialysiert.

Tabelle I. Abfallende Mengen Ohromhydroxyd.

Chrom-

Eiweiffl

+ 2 Tropfen

hydroxyd

Juil WdXD

NaCl lOo/o

1

1 ccm

0

+ + +

0,5

++

+ + +

0.25

+++

+ +

0,1

+++

0

0,05

. ++T

0

0,025 ;

ü

0

0,01 1

0

0

0,005 1

0

0

0,0025

ü

0

Kontrolle : Chrombydroxyd ist bei den angegebenen Salxkonzentrationen

stabil.

366 Über die Fällungen von Eiweife durch andere Kolloide etc.

Tabelle ir. Abfallende Mengen Eiweifft.

->. .11.

Eiweifs

1

0,5

0,25

0,1

0,05

0,025

0,01

0,005

0/)025

Chrom- hydroxyd

0,1 ccm,

» »

>

•■.'" *': > .■•

+ + +

+ + + Trübung

0

0

Ö

0

0

+ 2 Tropfen Na a 10*/o

0

b

0 Trübuxig Trübung Trübung

0

0

0

Resultat: Im Überschuls von Chromhydrozyd bleibt die Fällung aas. EiweirsüberschufB wurde nicht beobachtet

Durch ßalz wird die Fällung aufgehoben. ^ Bei Überschufa von- Ohrom- hydix)xyd wird doj^ 8alz Fällung: hervörgsbrufeix. .Beeondere Yereoche, von 4eren ausführlicher Wiedergabe hier abgesehen, .aei, . ergaben,, daüs die Ver- Schiebung der Fällungskurve mit steigendem Salzzusatz zunimmt

II. Eisenhjrdro^y^

Es kommt eine etwa 3proZv(in 100 ccm Q^g.N) dialyajierte EiereiweiTs lösung in Anwendung.

Tajbelle m. Abfallende EiwelC^meagfUi. . .

EiweiTs

' Eisen- hydroxyd

p '

+ 2T^ö^feriNaCllO«/o

1

0,5 0,25 0,1

0,01

ccm

+ + +• .

+ + + Trübung

0

0 0 0 0^

0,05

0

0

0,025

1

0

';0

0,01

0,005

0,0025

+ + +' 0

0

Trübung + + +* V sofortige + +>). Fällung

" -Ein' Kontrdll versuch mit 0,01 ccm £lftöahydr6xyd-in KochsalslOflaog

allein ergibt erst nach etwa 24 Std. Fällung.

ypn. Dr. . Ulrich-. ^E^iiedemanxi«

m

Tabelle IV. Abfallende I^BeQhydtoatydinengen.

Die in di^m Y^^f^)^' I)f«;^ii4i8^, BiweüUOaoni^^ist etwa C^@5P/0, (in 100 ccm

£i0,^n^

-' KiweifB

-— •« ■«. * ^A.

+ 1 Tropfen

bydfoxy^

/

4 I

NaCl lÖVo

•' ; i i c ■■ '

i ccm^

-

0

+ .

0,5

V .. _.

0 .

+ + 0

0,25

M

0

+ +.+ ;

0.1 . t

1

0

+ +-1..,

0,05

J

0

++.4t)

0,025

1

Trübung

trübttng ,

O.Ol

i

Trübung

, 0;-n

0,00^

1

Trübung

' 0 :,

0,0025

* ' i

Trübung

0^..)

Eontrolle : Die konzentrierteren Eisenhydrozydlösungen werden bei dem angegebenen Salzgehalt während der Dauer des VerBuchs noch nicht gefällt

Resultat: Im Überschufs von EiweiTs und von Eisenhydroxyd unter- bleibt die Fällung, ünregelmäfiglge Reihen.

Die Fällung wird durch Salz aufgehoben, im Überschuis von Eisen- oxyd tritt FÄlung ein, im 1}bei«chul8 von EfweiüB nichi '

! in. Kieselsäure.

Tabelle V, Abfallende Eiweilsmengen. E&ereiweiXslösung ca. 5 ^/^ (in 100 ccm 0,8 g N).

Kiesel-

Eiweifs

säure

;

+ 4 Tropf en NaCl W/o

1

0,025 ccm

+ + + 1 Starker, -f- + + J aber nicht

Trübung

0,5

>

Trübui^g

flockiger Niederschlag

0,25

Trübung

Trübung

0,1

Trübung

flockiger Niederschlag

0,05

t

0

' 't ■•■ : •»• '

0,025

0

: > ». .

0,01

0

* >

0,005

. . . >

: . 0 ; :

0

0,0025

"

0

0

. •(

Kontrolle: Di^ Kieselsämue ist stabil inj fler angpwfuqidt^n Salzlösung.

368 t^r die Fällangen Ton Eiweifs durch andere Kolloide etc.

Tabelle VI.

Abfallende Kieeeleänremengen. EiereiweifiilOeimg ca. 0,8%

(in 100 ccm 0,05 g N).

Kiesel-

EiweiTs

+ 4 Tropfen

sAore

NaCl lOVt

1

1 ccm

0

Trübong

0,5

+ + +

+ + +

0,25

0

+ + +

0,1

0

+ + +

0,05

0

+ + +

(^025

0

+ + +

0.01

0

0

0,005

0

0

0,0025

0

0

Tabelle VH.

Abfallende Kiesela&nremengen bei konzentrierterer EiweilelOBang. EiereiweifBlOsang ca. 8% (in 100 ccm 0,5 g N).

Eieeel-

Eiweiffl

-f- 4 Tropfen

säure

Na Ol lOVt

1

1 ccm

Trflbnng

4-+ +

0,5

Trübung

+ + +

0,25

Trübung

+ + +

0,1

Spur

+ + +

0,05

Spur

Spur

0,025

0

0

0,01

0

0

0,005

0

0

0,0025

0

0

Resultat: Konxentrierte EiweiüslOsungen ((eben mit ebenfalls nicht zu dünnen Kieselsäurelösungen Fällungen.

Die hemmenden Wirkungen des Salses sind bei der Kieeelsäure sehr wenig ausgesprochen. Die fftllungsbefOrdemde Wirkung der Salze tritt bei konzentrierteren EiweiüBlOsungen weniger henror als bei yerdünnten. Mög- licherweise machen sich in den konzentrierten EiweiAlOsungen noch Salz- spuren bemerkbar, die durch Dialyse nur schwer zu entfernen sind.

Von Dr. Ulrich Friedemann.

369

IT. MolybdlBiIire.

Tabelle vm. Abfallende EiwelXsmengen. EiereiweiTslOsang ca. 5Vo (^^ ^^O ccm 0^ g N).

EiwAirn

Molybdän-

+ 4 Tropfen

säore

NaCl 107o

1

0,01 ccm

+ + +

0

Ofi

+ + +

0

0,25

+ + +

0

0,1

Trübung

Trübnng

0,05

0

+ + +

0,025

0

+ + +

0,01

0

+ + +

0,005

0

+ + -h

0,0025

0

+ + +

Die Kontrolle ergibt, dafs die Molybdänsäore in der Salzlösung allein stabil ist

Tabelle DC

Abfallende Molybdänsäuremengen. EiereiweiliBlOBung ca. 8Vo

(in 100 ccm 0,5 g N).

Molybdän- säure

Eiweils

-}- 4 Tropfen NaCl 10"/,

1

1 ccm

+++

+ + +

0,5

+++

+ + +

0,25

0

+ + +

0,1

0

+ + +

0,05

0

+ + +

0,025

+++

0

0,01

+++

0

0,005

++-+++

0

0,0025

++-+++

0

Besultat: In salzfreier Lösung unregelmäOBige Reihen. Salnusatz entfaltet gleichzeitig hemmende und fällende Wirkungen.

ym t^ber die FäUangen vod' EiweilB dorchr andere Kolloide etc.

y. Antimontrisiilfld.

Abfallende Eiweifsmengen. £Ldt«i;OirQiJQilö0aQg ca. 3 % (V^ 100 com 0^ g N).

/-'

.0

RiwAiTa

ÄüHinbiitH-

'^s. ;'v

-^"frTtöüJfen

JulWClio

. 4Ullfid. ~.

J . * M>- ^R» ■■

Uaiajfl?/,...

X'--" .')

,1 0,1 ccm

TT^'^.

-0,6

.... » .

-rW-T

'0 -

0,25'

' f ' '■

-H+T" +++

" !l 0

0,1

1

0 -■■■■

0,05

^ 1

. +++

^++-'

0,020

-.v / '.■■■-1

H-++

Tf-f-T-

0,01

4-++

T + T-

0,005 ,

!

^++

T-H+-'

0,0025

' >

H-++

r|- + + ^^

0,001

j *

+

TH

h+'

0,0006

i »

0

TH

\-+-'

0,00025

1

0

'++ +

t ,

ni

vi

■.r ' >

■r

V. ;:ir.»:'

Kontrolle : Antimontrisalfit fällt in der benatzten KochsalilOsang.

Tabelle XI.

Abfallende Eiweifsmengen bei läiza^idhender Salsmenge. EiereiweilalOsang

. ca. 30/0 <?n 100 ccm 0,5 g HQ.

EiweiTs

t. \

1

0,5

0,25

0,1

0,05

0,025

0,01

0,005

0,0025

0,001

0,0005

0,00025

Antimontri* snlfid

> , I

1 c^m

<

> > »

j 1

!.'.!!; . :

+ + + , + + +

+ + + + +

: TT

+ i

0 :

) t

0

1

0

.'■:■■■ '.jit r . n ,

+ 1 Tropfen 5«/» NaCl

+ + +

+

+

+ + ' + + +■ + + + "

+4- ++

+

Kontrolle : AntimctntrtaalAt Jm 8alfllQ»»ng filM Atollt.^

Von Dr. Ulrich Friedemann.

371

Tabelle XU.

Abfallende Antimontriflulfidmengen. EiereiweiÜBlösung ca. 5"/o

(in 100 ccm 0,8 g N).

Antimontri-

1

Eiweifs

2 Tropfen

salfid

NaCl 10 7o

1 " Iccm + + +

TrübuDg

0,5 ; »

+ + +

Trübung

0,25

+ + +

0

0,1

+ + +

0

0,05

+ + +

0

0,025

+ + +

0

0,01

1

0

0

0,005

0

0

0,0025

0

0

R e 8 a 1 1 a t : Eiweifs ergibt mit Antimontrisnlfid Fällung und Andeatang von unregelmäTsigen Reihen.

Tabelle X demonstriert die hemmende Wirkung der Salze und gleich- zeitig die des Eiweifses.

Tabelle XI zeigt, dafs Eiweifs wie Salz die Fällung begünstigen.

Aus Tabelle XII ist zu ersehen, dafs bei steigenden Antimontrisulfid- mengen der Eiweifsscbutz nicht ausreicht.

Tl. Arsentrisulfld.

Tabelle XIU. Abfallende Eiweifsmengen. EiereiweiÜBlOsung (in 1(X) ccm 0,27 g N).

Arsentri-

Eiweifs

sulfid

1

1 ccm

+++

0,5

0

0,25

0

0,1

+++

0,05

+++

0,025

+++

0,01

++

0,005

++

0,0025

++

0,001

0

0,0005

0

0,00025

0

Resultat: Eiweils ergibt mit Arsentrisulfld unregelmäfsige FäUnngs- reihen. Versuche in salzhaltiger Lösung wurden nicht angestellt ArchiT für Hyulene. Bd. LV. 25

372 Über die Fällangen von EiweiTs durch andere Kolloide etc.

TU. Silber nach Carejr Lea.

Tabelle XIV. Abfallende Eiweifsmengen. EiereiweifslöBang ca. 5 ^^ (in 100 ccm 0,8 g N).

Eiweifs

1

Silber

-{- 2 Tropfen Na Ol 10«/o

1

0,04 ccm

+ + +

0

0,5

+ + +

0

0,25

'

+ + +

0

oa

0

0

0,05

0

0

0,025

I

0

0

0,01

i

0

0

0,005

0

+?

0,0025

i «

1 1

0

+?

Kontrolle :

1

0

+ + +

Tabelle XV. Abfallende Silbermengen. EiereiweiTslösung ca. 5 Vo (üi 100 ccm 0,8 g N^v

Silber

Eiweifs

+ 2 Tropfen Na Ol 10 o/o

0,5 0,25

0,1

0,05

0,025

1 ccm

> > » »

0

+ + + + + + + + +

0 0 0 0 0

Resultat: Silber und Eiweifs fallen nur, wenn EiweiÜB konientriert, Silber verdünnt ist.

Salz hebt die Fällung auf. Ebenso wird Silber gegen Eiweifs durch Sals geschützt. Ein fällungsbefördemder Einfiufis der Salze ist nicht in erkennen.

Till. Platin nach Bredi|r-

Tabelle XVI. Ziegenserum (4 Tage gegen fliefsendes Wasser dialysiert).

Serum

Platinsol

1

1

1 ccm

1

+ +1

Der Niederschlag be-

0,5 !

1

+ +

steht zum gröfseren

0,25

1

+ +1

Teil aus Platin

0,1

! >

0

0,05

!

0

0,025

0

0,01

0

Resultat: Gröfsere Serummengen fallen das kolloidale Platin, salzhaltiger Lösung wurden keine Versuche vorgenommen.

In

Anmerkung während der Korrektur : In einer während der Dmcklegang dieser Arbeit erschienenen Mitteilung (Hofmeisters Beitr., Bd, VU, H.12)

Von Dr. Ulrich Friedemann. 373

b) Bespreohung der VerBuchsergebnisse.

Die Fällung der Eiweifskörper durch anorganische Kolloide ist einer theoretischen Betrachtung nicht so leicht zugänglich wie die der anorganischen Kolloide untereinander. Bestehen doch schon über die Ursachen der Stabilität von Eiweifslösungen ver- schiedene Anschauungen. Hardy^) nahm an, dafs das Eiweifs nur durch seine elektrische Ladung in Lösung gehalten werde, die je nach der Reaktion der Flüssigkeit eine positive oder nega- tive ist, dafs es im isoelektrischen Punkt also instabil sei, während Billitzer^) diese Ansicht nur für koaguliertes Eiweifs zuläfst, •die Stabilität nativer Eiweifslösungen dagegen auf die Kleinheit ihrer Teilchen zurückführt und somit im isolelektrischen Punkt •die grölste Unempfindlichkeit nativer Eiweifslösungen gegenüber Elektrolyten annimmt.

Die Fällung zwischen anorganischen Kolloiden wird bekannt- lich auf eine Neutralisierung ihrer elektrischen Ladungen zurückge- führt. Fassen wir die Eiweifskörper als elektroamphotere Elektro- lyte resp. Zwitterionen auf, so ist die Vorstellung einer Entladung •durch ein einsinnig geladenes Kolloid schwer durchführbar, da auf dem Komplex stets eine freie Ladung zurückbleiben mufs.

Billitzer hat nun in seinen umfassenden und für die Theorie der Kolloide sehr wichtigen Arbeiten die Vorstellungen über die Fällung der anorganischen Kolloide untereinander auch auf die Fällungen der eiweifsartigen Stoffe auszudehnen gesucht, indem er die Annahme macht, dafs diese nur dann andere Kol-

berichtet Pauli, dafs Eiweifs, welches 6 8 Wochen lang dialysiert worden ist, weder mit positiven noch mit negativen Kolloiden Fällungen gibt Pauli benutzt dabei allerdings nicht die reinen Kolloide, sondern die Salze der Schwer- metalle, deren FäUungsvermögen er auf ihren Gehalt an kolloidalem Metall- hydroxyd zurückfahrt. Da aber in den Salzen stets auch Jonen vorhanden flind, welche der Fällung entgegenwirken können, auch die Fällung zwischen Kolloiden und Eiweifs an ganz bestimmte Mengenverhältnisse gebunden ist, •dürfte die Schwermetallsalzfällung über die Fällbarkeit durch Kolloide keinen sicheren Aufschlufs geben. Im übrigen ist es natürlich durchaus möglich, dafs solange dialysiertes Serum sich gegen Kolloide anders verhält als das in meinen Versuchen benutzte, und es wäre theoretisch ein solcher Unterschied sicher- lich von grofsem Interesse.

1) Jonrn. of physiol. 24 (1899). Zeitschr. f. physik. Chemie 33 (1901).

2) a.a.O. 25*

374 Über die Fällungen von Eiweifs durch andere Kolloide etc.

loide fällen, wenn sie durch die Reaktion der Flüssigkeit eine diesen entgegengesetzte Ladung angenommen haben. Gelatine ist stets schwach sauer und elektropositiv. Sie gibt daher mit negativen Kolloiden Trübung, nicht mit positiven. . Auch auf den negativen Mastix wirkt sie ein, indem sie seine Fällbarkeit durch Salze erhöht (Bechhold, M. Neifser und Verfasser*). In alkalischer Lösung, in der die Gelatine negativ ist, treten diese Wirkungen nicht ein.

Diese Anschauung Billitzersist meiner Ansicht nach nicht haltbar, so wichtig auch die Entdeckung ist, dafs Kolloide durch geringe Reaktionsänderungen umgeladen werden. Um bei den Versuchen mit Mastix zu bleiben, so dürfte wohl bei einer Gelatine- konzentration von 1 : 2000000, wie sie in den erwähnten Ver- suchen zur Anwendung kam^ kaum noch von einer sauren Reak- tion gesprochen werden. Bei Blutserum, Blutegelextrakt etc., die ganz in der gleichen Weise wirken, ist vollends eine saure Re- aktion nicht zu beobachten, und schliefslich zeigten ja diese Ver- suche, dafs dieselbe Eiweifslösung sowohl mit positiven wie mit negativen Kolloiden Fällungen gibt.

Durch Versuche mittels der elektrischen Kata- phorese konnte ich nun feststellen, dafs der Ladungs- sinn derEiweifskörper gegen Wasser für ihr Fällungs- vermögen auf anorganische Kolloide überhaupt nicht ausschlaggebend ist. Hardys koaguliertes Eiweifs, welches zur Anode wandert, gibt trotzdem mit allen untersuchten anorganischen negativen Kolloiden, (Arsen-, Antimontrisulfid, Kieselsäure, Molybdän- säure) starke Fällungen.

Wollte man an der Billitzerschen Anschauung festhalten, so müfste man annehmen, dafs die negativen Kolloide stets sauer, die positiven basisch reagierten. Diese Annahme ist aber sehr unwahrscheinlich, da die Arsentrisulfidlösung z. B. sich kaum Monate lang gehalten haben würde, wenn sie so sauer reagiert hätte, um Eiweifs momentan umzuladen.

1) a. a. 0.

Von Dr. Ulrich FriedemaDn. 375

Weit eher wäre schon daran zu denken, ob nicht das Eiweils durch ein negatives Kolloid selbst eine positive Ladung annehmen könne. Verhalten sich doch auch schwache Basen (z. B. Alu- miniumhydroxyd) starken Basen (Natriumhydroxyd) gegenüber wie Säuren. Ob allerdings eine Beeinflussung eines Kolloids durch das andere vermittelst gleicher Jonen (H-Jonen), welche Landsteiner und Jagic^) annehmen, hier in Betracht kommen kann, muls mindestens zweifelhaft erscheinen, da die H-Jonen Konzentration einer negativen Kolloidlösung wohl kaum grofs genug sein dürfte, um Eiweifs umzuladen. Zudem ist ja die An- nahme, dafs H- resp. OH-Jonen abdissociiert werden, vorläufig wohl nur für die oxydartig gebauten Kolloide zulässig, und würde daher die Fällung von Eiweils durch die kolloidalen Sulfide nicht erklären.

Bei dem gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse ist es daher wohl das einfachste, anzunehmen, dafs das anorganische Kolloid (+ oder ) sich an die eine freie Ladung des Zwitterions- Eiweils (bzw. amphoteren Kolloids) anlagert und so zur Entstehung gröfserer Komplexe Anlafs gibt, welche sodann ausfallen.

Eine Konsequenz dieser Anschauung ist, dafs die ausfallen- den Kolloideiweifsmischungen stets noch eine freie elektrische Ladung tragen^), und damit erklärt sich vielleicht der grofse Einflufs, welchen die Gegenwart von Salzen auf die Kolloideiweifs. fäUungen ausübt, vor allem auch die lösende Wirkung, welche die Salze auf die entstehenden Niederschläge zeigen. Denn nach den wichtigen Untersuchungen Paulis 2) gibt es ja Jonen, welche auf die Eiweifsfällungen einen hemmenden Einflufs besitzen, offenbar also die Ladung des Eiweifses vergröfsern. Auch an eine Beeinflussung der Ladung der Eiweifskörper durch Salze wäre zu denken^); konnte doch Pauli beobachten, dafs in Gegen- wart von H-Jonen die Reihenfolge im Fällungsvermögen der

1) a. a. 0.

2) Hofmeisters Beitr., Bd. 2, H. 1, Bd. 3, H. 4—6, Bd. 5, H. 1 u. 2.

3) fixperimentell liefs sich eine solche nicht nachweisen, da Hardys koaguliertes Eiweifs bei 220 Volt und Stromstärken bis zu 1,5 Ampere in salzhaltiger Lösung gar keine Wanderung zeigte, o£fenbar infolge des zu geringen Widerstandes der Lösung.

376 Über die Fällangen von Eiweils durch andere Kolloide etc.

Alkalisalze sich umkehrt. Aus diesen Gesichtspunkten dürfte die fast völlige Umkehr der Fällungskurve zwischen Eiweifs und Kolloiden in salzhaltiger Lösung, die Hemmung in ausfallenden Gemischen, die Fällung übemeutralisierter Mischungen verständ- lich werden. Eine genauere Analyse der Beobachtungen dürfte aber wohl erst mögUch sein, wenn die Wirkung der einzelnen Jonen bei diesen Vorgängen genauer studiert würde.

II. Schutzkolloide.

Die erwähnten Versuche über die Kolloideiweifsfällungen stehen in naher Beziehung zu den Wirkungen der sog. »Schutz- koUoidec^) und dürften diese in einem ganz anderen Licht er- scheinen lassen. Da die Eiweifskörper mit denselben Kolloiden,^ welche sie gegen Salze schützen, in salzfreier Lösung bei be- stimmten Mengenverhältnissen Fällungen geben, so ist es über- haupt fraglich, ob die Trennung in » Schutzkolloide c und »Fällungs- kolloidec prinzipiellen Unterschieden entspricht. 2) Vielmehr scheinen fällende (oder wenigstens fällungsbefördemde) und hemmende Wirkungen stets miteinander verknüpft zu sein.

Sodann ist aber zu beachten, dafs instabile anorganische Kolloide durch Eiweifs allerdings vor der Ausflockung durch Salze geschützt werden, dafs umgekehrt aber auch die Aus- flockung der Eiweifskörper durch stabilere anorganische Kolloide in Gegenwart von Salzen gehemmt wird.

Die Schutzwirkung der Eiweifskörper erscheint somit nur als ein Ausschnitt der Fällungskurve zwischen Eiweifs und Kolloid in salzhaltiger Lösung.

Auf eine Ansicht, welche Billitzer^j über die Wirkung der Schutzkolloide entwickelt hat, sei hier noch kurz eingegangen. Da dieser Autor fand, dafs Gelatine auch dann schützende

1) Schul« und Zsymondy, Zeitechr. f. analyt. Chemie, 40, S. 697. Hofmeisters Beitr., Bd. 3, S. 137.

2) Allerdings mufs bemerkt werden, dafs Gelatine s. B. in salzfreier Lösung mit Mastix keine Fallung ergibt. Möglicherweise sind aber die ent- stehenden Komplexe, wie Billitzer annimmt, nur zu klein, um auszufallen. Auch dürfte der Einflufs verschiedener Temperaturen dabei noch zu weni^ studiert sein.

3) Zeitschr. f. physik. Chemie, Bd. 61, S. 162.

Von Dr. Ulrich Friedemann. 377

Eigenschaften für Kolloide zeigt, wenn sie durch die Reaktion der Lösung eine diesen gleiche Ladung trägt, so nimmt er bei diesem Vorgang eine direkte Einwirkung des Eiweifses auf die Kolloide überhaupt nicht an, glaubt vielmehr, dafs die Gelatine, resp. das Eiweifs das Salz gleichsam für sich in Beschlag nimmt und so von dem instabileren Kolloid ablenkt. Demgegenüber muCs jedoch betont werden, dafs die schützende Gelatinemenge dann der Salzmenge proportional sein müfste, während in den Ver- suchen von Bechhold, M. Neifser und Verfasser^) das Gegen- teil nachgewiesen wurde, nämlich gänzliche Unabhängigkeit der Schutzgrenze vom Salzgehalt, welche vielmehr von der Menge des zu schützenden Kolloids lediglich abhängig ist.

Hingegen werden die Befunde Billitzers unter der An- nahme, dafs anorganische Kolloide auch durch gleichsinnig ge- ladenes Eiweifs beeinflufst werden können, leicht verständlich.

III. Theoretische Bemerkungen zu den Kolloidfällungen.

Da es sich bei den vorliegenden Versuchen um die Ein- wirkung von Salzen auf anorganische und organische Kolloide handelt, so mögen einige Bemerkungen über die Theorien der Kolloidfällungen durch Elektrolyte hier Platz finden.

Die Anschauungen über die Fällungen der anorganischen Kolloide und der Eiweifskörper bewegten sich auf verschiedenen Wegen. Die einfachen Beziehungen zwischen den Ladungen der anorganischen Kolloide und dem Fällungsvermögen der Jonen liefsen die elektrischen Theorien entstehen (Hardy^), Bredig^), Billitzer^), während bei der Aussalzung der Eiweifskörper mehr an einen Kampf der Salze mit dem Eiweifs um das Lösungs- mittel gedacht wurde (Hofmeister^), Spiro*). Ursprünglich glaubte man sogar die Wirkung der Leichtmetalle bei der Aus- setzung als »Neutralsalzwirkungc von der eigentlichen »Jonen-

1) a. a. 0.

2) a. a. 0.

3) Anorganische Fermente, Leipzig^ 1901.

4) a. a. O.

5) Archiv f. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 25, 27 u. 28.

6) Hofmeisters Beitr., Bd. 4, S. 300.

378 Über die Fällungen von Eiweifs durch andere Kolloide etc.

wirkungc bei den Schwermetallsalzen und den Fällungen der anorganischen Kolloide prinzipiell scheiden zu müssen. Wenn nun auch diese Trennung nach dem Nachweise Paulis^), daCs auch die Wirkung der Alkalisalze auf Eiweifs sich additiv aus den Jonenwirkungen ergibt, nicht mehr aufrechtzuerhalten ist, 80 mufs doch bemerkt werden, dafs die Entziehungstheorie (Hofmeister) einige Tatsachen gut erklärt, welche von den elektrischen Theorien unberührt gelassen werden. Vor allem wäre die wichtige Entdeckung Hofmeisters^ zu erwähnen, dafs die Salze in derselben Reihenfolge, in welcher sie sich nach ihrem EiweifsfäUungsvermögen ordnen, auch die Quellung von Gelatinescheiben verhindern, gleichsam als ob ihr Fällungs- vermögen mit einer gewissen Anziehung auf das Lösungsmittel im Zusammenhang stünde.

Im folgenden sei nun auf einige, wie mir scheint, bisher nicht beachtete, selw auffallende Beziehungen zwischen Wasser anziehenden Kräften der Jonen und einigen Eigenschaften, die auch bei der Fällung der Kolloide eine Rolle spielen, hinge- wiesen, die möglicherweise eine Verbindung zwischen den elek trischen Theorien und den Entziehungstheorien anbahnen könnten. Dafs die hier in Betracht kommenden Anziehungskräfte auf das Wasser nichts mit den osmotischen Kräften zu tun haben, wie man ursprünglich annahm, erhellt schon daraus, dafs diese rein kolligative Eigenschaften der Molekeln darstellen, überdies bei Niciltelektrolyten in der gleichen Weise vorhanden sind.

Dagegen offenbaren die Jonen ein Anziehungs- vermögen für Wasser in der Kontraktion, welche beim Auflösen von Salzen zu beobachten ist. In ihrer Theorie der Elektrostriktion führten Drude und Kernst*) aus, dafs diese Volumverminderung durch das elektrostatische Feld der Jonen bedingt wird, indem m diesem das Dielektrikum Wasser sich zusammenzieht. Da die Kontraktion in unmittel- barer Nähe der Jonen am stärksten ist, so kann man aber auch

1) a. a. 0.

2) a. a. 0.

3) Zeitschr. f. physik. Chemie, Bd. 15.

Von Dr. Ulricii Friedemann.

379

von einer dielektrischen Anziehung der Jonen auf das Lösungs- mittel sprechen.

Die Gröfse dieser Kontraktion wurde nun durch Kohlrausch und Hellwachs*) und Valson^) bei den verschiedenen Elektro- lyten gemessen. Besonders der letztere Autor stellte bei einer grolsen Reihe von Salzen vergleichende Untersuchungen an und gelangte zu dem ¥richtigen Resultat, dafs die Volumkontraktion eine additive Eigenschaft der Jonen ist (¥rie die KoUoidfällungy, und dafs jedes Jon einen bestimmten Modul besitzt Sehr interessant ist es nun, dafs die Jonen sich nach der Gröfse der durch sie bewirkten Kontraktion in die- selbe Reihe ordnen lassen wie nach ihrem Fällungs- vermögen für Eiweifs.

So fand Valson die Kontraktion in Normallösungen der betreffenden Sake (C. r. Bd. 77 S. 803):

Na, BA 34,4

NH,B,0,

34,4

K, SO, = 13,2

Na, CO, 21

(NH,),CO,-

21

KFI —12,8

Na,SO, 16,7

(NHJ.SO,

10,1

KCl 8,8

Na Fl 9,7

NH.Fl

3,5

KNO, 9,6

NaCl 9

NH^CI

-2,1

KBr —11,1

NaNO, 8,5

NH.NO,

0,1

KJ - 9,2

NaBr 8

NH^Br

3,6

NaJ 5,4

NH,J

-5,1

Bei den Natriumsalzen fällt die Reihenfolge der Anionen vollkommen mit der von Hofmeister und Pauli festgestellten für die Eiweilsf ällung zusammen. Bei den Kalium- und Ammoniumsalzen finden sich an einzelnen Stellen kleine Abweichungen, doch ist im ganzen auch hier die Übereinstimmung eine sehr gute, zumal wenn man erwägt, dafs die Methode Valsons wohl kleine Fehlerquellen in sich schliefst und vor allem die elektrolytische Dissoziation der Salze dabei nicht berücksichtigt wurde.

1) Wied. Ann. 53 (1894) und 56 (1895}.

2) Compt. rend. d. sciences de l'Acad. des scienc, Bd. 73, S. 441, 1376. Valson et Favre, ibidem, Bd. 73, S. 1144, Bd. 77, S. 577, 802, 907; vgl. aach N ernst, Lehrbuch d. theoret. Chemie, 4. Aufl., S. 383.

380 Über die FälluDgen von Eiweifs durch andere Kolloide etc.

Es ergibt sich somit, dafs ein Salz um so stärker eiweifs- fallend wirkt, je grölser die durch sein Anion hervorgerufene Volumkontraktion ist. Wie die Tabellen zeigen, ist das additive Verhalten nicht genau erfüllt, vielmehr zeigen die Borate und Karbonate, dafs der Einflufs des Kations um so geringer wird, je stärker das Anion wirkt. Ganz ähnlichen Verhältnissen be- gegnet man auch bei der Kolloidfällung.

Bei den Kationen ist die Übereinstimmung zwischen der Volumkontraktion und der EiweifsfäUung keine so vollkommene; doch finden sich die allgemeinen Gesetzmäfsigkeiten auch hier wieder. So stehen nach steigender Kontraktion geordnet zuerst NH4 und sodann K und Na, weiterhin die Erdalkalien, während die Schwermetalljonen im allgemeinen eine sehr starke Volum- verminderung verursachen. Wie also die Kationen mit niedriger Entladungsspannung im allgemeinen Eiweifs und anorganische Kolloide am stärksten fällen, so zeigen sie auch die grOfste dielektrische Anziehung auf Wasser.

Schliefslich sei darauf hingewiesen, dafs auch die Grölse der Ladung eines Jons die Stärke der Elektrostriktion quantitativ in ähnlicher Weise bestimmt wie das Fällungsvermögen für Salze. Schulze^) machte schon vor längerer Zeit darauf aufmerksam, dafs die Fällkraft eines Jons stark mit seiner Wertigkeit wächst. Auch die Gröfse der Elektrostriktion mufs nach der Theorie von N ernst und Drude mit der Ladung der Jonen steigen. 2)

Es mufs bemerkt werden, dafs die Volumkontraktionen, die sich in obigen Tabellen finden, streng genommen nicht allein von der Elektrostriktion abhängen, da Valson wasserfreie Salze benutzte. Von der Volumverminderung ist also eigentlich die- jenige abzuziehen, die bei der Aufnahme des Kristallwassers ein-

1) Joam. f. prakt. Chemie, Bd. 25, S. 431.

2) Von S p i r o (a. a. 0.) wurde in der erwähnten Arbeit auf Beziehungen zwischen dem Fällungsvermögen der Jonen, ihrem Einflufs auf die Katalyse durch H und OH-Jonen, auf die Ausflufsgeschwindigkeit des Wassers, ihrer Neigung, übersättigte Lösungen zu bilden, und verschiedenen Eigenschaften, die der Verf. mit der inneren Reibung der Salzlösungen in Zusammenhang bringt, hingewiesen. Höchst wahrscheinlich ist auch diese eine Funktion der Elektrostriktion.

Von Dr. Ulrich Friedemann. 381

tritt. Aber auch dann bleibt die Gesetzmäfsigkeit im allgemeinen erhalten, wie die folgende Tabelle zeigt:

Na, = 13,5 Na,CO,= 7,2 Na, 8O4 = 10,9 Na Fl = 9,7 NaCl = 9

Na NO, = 8,5 NaBr = 4 NaJ = 4,4.

Möglicherweise steht auch die Bindung des Kristallwassers mit den elektrostatischen Kräften, welche die dielektrische An- ziehung bedingen, im Zusammenhang; denn es ist auffallend^ dafs die Salze, welche die stärkste Volumkontraktion hervor- rufen, auch kristall wasserhaltiger sind^).

Es mag noch auf einige Möglichkeiten hingewiesen werden, den Zusammenhang zwischen Fällungsvermögen der Salze und der durch sie bewirkten Volumkontraktion zu erklären. Der älteren Hofmeister'schen Entziehungstheorie nähert sich die Theorie von Wetham und Wright, welche dielektrischen Kräften der Jonen ebenfalls Rechnung trägt. Diese Theorie, welche von der Annahme ausgeht, dafs das Wasser infolge seiner gröfseren Dielektrizitätskonstante in das elektrische Feld der Jonen hin- eingezogen würde und so die Kolloidteilchen gewissermafsen aus- preist, leidet jedoch an dem Übelstand, dafs sie nicht zu er- klären vermag, warum stets das dem Kolloid entgegengesetzt geladene Jon bei dem Fällungsvorgang eine so mafsgebende Rolle spielt.

Dagegen liefse sich vielleicht durch eine Modifikation der Billitzerschen Theorie eine Auffassung gewinnen, die eine einheitliche Erklärung der beobachteten Tatsachen gestatten würde. Billitzer vergleicht die Jonen bei der Fällung der Kolloide mit Kondensationskemen, welche die Kolloidteilchen sammeln; bei dieser Anziehung nimmt Billitzer offenbar ein Aufeinanderwirken elektrischer Ladungen an; denn er ist der Meinung, dafs die ausfallenden Koagula elektrisch neutral seien. Grofse Schwierigkeiten erwachsen nun aber daraus, dafs Billitzer

1) Auch hierbei haben die Anionen einen stärkeren Einflufs als die Kationen.

382 Über die Fällungen von Eiweifs darch andere Kolloide etc.

dann natürlich annehmen mufs, dafs die Ladung eines Kolloid teilchens sehr viel kleiner als die eines Jons sei, während doch anderseits nach seiner Theorie die auf den Kolloidteilchen durch Abdissociieren von Jonen zurückbleibende Ladung min- destens einer Jonenladung äquivalent sein müCste.

Diese Schwierigkeit liefse sich vielleicht umgehen, wenn man den Vergleich mit den Kondensationskernen weiter durchführt. Bei der Kondensation übersättigten Wasserdampfes durch Luft- jonen findet ja, wie die berühmten Untersuchungen Thompsons gezeigt haben, eine Anziehung der Jonen auf die elektrisch neu- tralen Wasserteilchen statt, und diese Anziehung wird auf dielek- trische Kräfte zurückgeführt (N ernst). Es wäre wohl denkbar, dafs auch bei der Fällung der Kolloide derartige Kräfte neben den Ladungen der Kolloidteilchen eine Rolle spielen. Jeden- falls wäre unter dieser Annahme der Parallelismus zwischen dem Fällungsvermögen der Jonen und ihrer dielektrischen Anziehung auf das Wasser wohl verständlich.

IV. Immunkörperreaktionen.

a) Präzipitine.

Bei den spezifischen Präzipitinreaktionen wurden von M. Neifser^) sehr ähnliche Beobachtungen gemacht, wie sie soeben bei den KolloideiweifsfäUungen berichtet wurden.

Mischt man ein präzipitierendes Serum mit seinem homo- logen Eiweifskörper in 0,85 proz. Kochsalzlösung in geeigneten Mengenverhältnissen , so erfolgt bekanntlich eine Fällung. Dialysiert man nun vorher beide Flüssigkeiten mehrere Tage und mischt sie dann, so fällt der Niederschlag viel mächtiger aus, und diese Fällung löst sich wieder, sobald man Kochsalz hin- zufügt. Das gleiche Resultat erhält man, wenn man vorher die Sera mit destilliertem Wasser verdünnt und einen Strom von Kohlensäure hindurchleitet, wobei die Globuline zmn grofsen Teil ausfallen. Wir finden also auch bei den Präzipitinen bei

1) Hygien. Rundschau, 1903, S. 1261.

Von Dr. Ulrich Friedemann. 333

gewissen Mischungsverhältnissen eine Fällung in salzfreier, bei andern eine solche in salzhaltiger Lösung.

Die Ähnlichkeit mit dem Verhalten der KoUoideiweifsfäl- lungen läfst vermuten, dafs die eigentümliche Rolle, welche die Salze bei der spezifischen Präzipitation spielen, darauf zurück« zuführen ist, dafs dabei ein amphoteres Kolloid mit einem sauren oder basischen reagiert, und es ist nicht ausgeschlossen, dafs eine weitere Aufklärung dieser Verhältnisse auch Anhaltspunkte für die Erforschung der chemischen Natur der Immunkörper liefern wird.

Es mufs allerdings bemerkt werden, dafs die Annahme nicht ausgeschlossen ist, dafs es zwei verschiedene Präzipitine gibt, von. denen das eine in salzhaltiger, das andere in salzfreier Lösung wirkt. Diese müfsten beide spezifische Reaktionspror dukte sein. Weitere Versuche müssen hierüber entscheiden; doch liegt bei der auffallenden Analogie zu den Fällungen von Eiweils durch Kolloide (auch Histon) vorläufig kein Grund vor, von der einfacheren Vorstellung abzugehen, dafs beide iden- tisch sind.

b) Agglutinine.

In Anlehnung an die Verhältnisse bei derPräzi- pitation gelang es mir, den Nachweis zu führen, dnfs auch eine Bakterienagglutination in salzfreier Lö- sung existiert und zwar bis zu nicht unerheblichen Verdünnungen (1:1000). Allerdings wich ich bei diesen Versuchen von der Versuchsanordnung Bordets^) ab, welcher bekanntlich durch seine Versuche dartat, dafs die Salze für den Vorgang der Ausflockung notwendig sind. Während Bordet die Bakterien bei einer bestimmten Konzentration mit aggluti- nierendem Serum behandelte, mehrmals wusch und die abzentri- fugierten Bakterien sodann in destilliertem Wasser, resp. Koch- salzlösung aufschwemmte, dialysierte ich das Serum mehrere Tage und liefs es dann auf salzfreie, durch 1% Formalin abge-

1) a. a. 0., vgl. auch Friedberger, Zentralbl. f. Bakt., Bd. 31, und Joos, J. f. Hygiene Bd. 36 und 40.

384 Über die Fällungen von EiweidB durch andere Kolloide etc.

tötete BakterienaofschwemmungeD einwirken. Stets beobachtete ich auch in salzfreier Lösung eine ihrem Aussehen nach typische Bakterienagglutination. Die Verdünnungen, in denen diese noch eintrat, waren ziemlich wechselnde, und zwar scheint das Alter des Serums eine gewisse Rolle zu spielen. Wenigstens geben alte getrocknete Pferdesera stets nur eine mäfsige Agglutination in salzfreier Lösung, indem dieselbe häufig sehr spät eintrat und erst nach einigen Tagen komplett wurde. Frische Sera agglu- tinierten rasch (Kaninchen-, Ziegen-, Rinderserum), doch sehwankte auch ihr Titer nicht unerheblich. Meist lag er zwischen 1:200 und 1 : 1000, doch kamen auch Sera zur Beobachtung, die in weit geringerem Grade in salzfreier Lösung wirkten.

Die weitere Verfolgung dieser Beobachtung zeigte jedoch, wie aufserordentlich vorsichtig man in der Deutung von Vorgängen sein mufs, die sich in einer so kompliziert zusammengesetzten Flüssigkeit, wie sie das Blutserum ist, abspielen, und wie häufig verwickeitere Vorstellungen an Stelle der einfacheren Erklärungs- möglichkeiten treten müssen.

Es zeigte sich nämlich, dafs die Höhe, in der ein Serum in salzfreier Lösung agglutiniert, von seinem Titer in salzhaltiger Lösung unabhängig ist, und dafs Normalsera sich in dieser Be- ziehung den Lnmunseris durchaus gleich verhalten. So gab auch ein normales Kaninchenserum noch in der Verdünnung 1 : 1000 in salzfreier Lösung deutliche Agglutination, während es in salzhaltiger Lösung fast gar nicht wirkte^) (s. Tabelle). Das Gleiche beobachtete ich bei den Seris anderer Spezies (Ziege, Rind). Will man nicht die Annahme machen, dafs die Spezifität der Agglutinationsreaktion nur in salzhaltiger Lösung in die Er- scheinung tritt (Henri^), Zaugger*), so spricht diese Fest- stellung wohl sehr dafür, dafs die Substanzen, welche in salz- freier Lösung wirken, mit den spezifischen Agglutininen nicht

1) Damit ist auch der Einwand widerlegt, dafs angenügende Entfemong der Salze die Agglutination in >8alzfreier< Lösung bedingen könne.

2) a. a. O.

3) a. a. 0.

Von Dr. Ulrich Friedemann.

385

identisch sind, eine Vermutung, für die noch weitere Beweise erbracht werden.

Tabelle I.

Typhuskaninchensenim wird 4 Tage gegen fliefsendes Wasser dialysiert

and filtriert.

j Serum

Dünne Bakterien-

In reinem Wasser

+ 8 Tropfen Na Ol

aufschwemmang

lO»/,

1 : 2

1 Tropfen

+++

+ ■+ +

4

+++

+ + +

8

+++

+ + +

16

+++

+ + +

82

+++

+ + +

: 64

i

+++

+ + +

128

+++

+ + +

. 256

+++

+ + +

: 512

0

+ + +

: 1024

1 '

+++

+ + +

: 2048

0

+ + +

: 4096

1

1 1

0

+ + +

Beobachtung nach 2^ bei 37^, 20^ bei Zimmertemperatur.

Tabelle IT. Normales Kaninchenserum wird in der gleichen Weise behandelt

Serum

Dünne Bakterien-

In reinem Wasser

+ 3 Tropfen NaCl

1

aufschwemmung

10 Vo

1 : 2

1 Tropfen

+ + +

+ + +

: 4

+ + +

0

: 8

+ + +

0

16

+ + +

0

: 32

+ + +

0

: 64

+ + -f-

0

. 128

+ +

0

: 256

+ +

0

: 512

+ + +

0

: 1024

+ +-f-

0

: 2048

0

0

: 4096

0

0

Sehr merkwürdige Resultate erhielt ich bei dem Versuch, beide Substanzen mit Hilfe der Ehrlichschen Absorptionsmethode zu trennen. Es stellte sich nämlich wiederholentlich heraus,

386 Über die Fallangen von Eiweifs durch andere Kolloide etc.

dafs nach Einbringung von Bakterien in die salzfreie Lösung der Agglutinationstiter ganz erheblich zugenommen hatte. Ganz dasselbe beobachtete ich, wenn ich mit einer Bakterienart (Typhus, Koli, Vibrio Metschnikoff) absorbierte und nunmehr untersuchte, ob das Agglutinin für diese verschwunden, für die anderen Bak- terienarten aber erhalten war. Auch bei diesen Versuchen stieg häufig das Agglutinationsvermögen erheblich und zwar bisweilen nicht nur für die gleiche Art, sondern auch für eine der andern.

Im ganzen waren die Resultate so wechselnde und wider- sprechende, dafs ich auf diesem Wege zu einer Entscheidung der Frage, ob Agglutinin (Aqua dest.) und Agglutinin (NaCl) identisch sind, nicht gelangen konnte.

Worauf die soeben beschriebene paradoxe Tatsache beruht, kann ich nicht mit Sicherheit angeben, konnte jedoch feststellen, dafs gewisse physikalische Faktoren auf das Agglutinationsver- mögen der salzfreien Sera von grofsem Einflufs sind. Ein und dasselbe Serum zeigte nämlich, zu verschiedenen Zeiten untersucht, ganz schwankende Agglutinationswerte und vor allem erwies sich die Temperatur, bei der die Sera vor Anstellung des Ver- suches aufgehoben wurden (Eisschrank oder Zimmertemperatur), nicht ohne Einflufs auf das Agglutinationsvermögen. Ich neige der Ansicht zu, dafs die durch Dialyse nie ganz zu entfernenden Globuline bei der Agglutination der salzfreien Sera eine Rolle spielt, wozu mich folgende Beobachtung veranlaüät. Setzt man die Verdünnungen des Serums an und stellt die Röhrchen für 24 Stunden in den Eisschrank, so bildet sich ein ziemlich mas- siger Niederschlag (der bei Zimmertemperatur ziemlich gering ausfällt), und nach dessen Entfernung war das Agglutinations- vermögen in einem grofsen Teil der Röhrchen verschwunden. Allerdings geben auch reine Serumalbuninlösungen mit Bakterien Fällungen, aber nur in höheren Konzentrationen.

So interessant vielleicht eine Fortführung dieser Untersu- chungen wäre, so habe ich doch davon Abstand genommen, da sie nicht im Rahmen dieser Arbeit liegen, zumal auf anderem

Von Dr. Ulrich Friedemann. 387

Wege der Nachweis erbracht werden konnte, dafs die spezifischen Agglutinine in salzfreier Lösung nicht wirken.

Benutzt man nämlich wieder die Bordetsche Versuchs- anordnnng, aber mit der Abänderung, dafs man das aggluti- nierende Serum in allen möglichen Verdünnungen auf die Bak- terien einwirken läfst, so lälst sich auch bei den stärksten Serum- kouzentrationen eine Reagglutination in salzfreier Lösung nicht beobachten. Allerdings ist es dabei nötig, die agglutinierten Bakterien aufserordentlich stark zu zerschütteln, da sonst auch nach mehrmaligem Waschen stets wieder Reagglutination auch in Abwesenheit von Salzen erfolgt. Je mehr Agglutinin ge- bunden ist, um so schwieriger wird es, die Bakterien wieder völlig homogen zu verteilen, ein Beweis dafür, dafs das Agglu- tinin auch ohne Salze bereits eine nachweisbare Änderung in der OberflächenbeschafEeuheit der Bakterien herbeiführt.

Das Resultat dieser Untersuchungen ist, dafs die spezifischen Agglutinine in salzfreier Lösung unwirksam sind, und dafs die Ähnlichkeit mit der Präzipitinreaktion und den KoUoideiweifs- fällungen in dieser Hinsicht eine nur äufserliche ist.

Ein Kolloid, welches nur in salzhaltiger Lösung von Eiweifs gefällt wird, liefs sich nicht auffinden, doch sei darauf hinge- wiesen, dafs Suspensionen (z. B. Mastix) das gleiche Verhalten wie Bakterien aufweisen (Bechhold, M. Neifser und Verf.^), so dafs möglicherweise der Suspensionscharakter eine Rolle bei dem Phänomen der Bakterienagglutination spielt. Es sei aber eine andere Erklärungsmöglichkeit erwähnt. Bechhold, M. Neifser und Verf. sehen sich auf Grund ihrer Versuche bereits zu der Annahme genötigt, dafs die Bakterien neben den fällbaren auch hemmende Stoffe enthalten, eine Ansicht, welche durch die ex- perimentellen Arbeiten von Porges und Weil durchaus bestätigt wurde und dafs die Wirkung des spezifischen Agglutinins auf eine Ausschaltung dieses hemmenden Faktors zurückzuführen ist. Machen wir nun die Annahme, dafs die Bakterien Eiweifs und elektronegative Kolloide (Nukleine) in einer Mischung enthalten,

1) a. a. 0. Archiv für Hygiene. Bd. LV. 26

388 FälluDgen von Eiweifs durch andere Kolloide etc. Von Dr. Friedem&nn.

die in salzfreier Lösung stabil, durch Salze gefällt wird, so bleibt die Analogie zu den KoUoideiweifsfällungen gewahrt und gleich- zeitig wird es verständlich, dafs das Agglutinin bei keiner Kon- zentration die Bakterien in salzfreier Lösung fällt. Diese An- nähme ist natürlich zunächst rein hypothetischer Natur, es sei aber darauf hingewiesen, dafs Friedenthal und Verf.^) auf Grund anderer Tatsachen zu einer ganz ähnlichen Vorstellung über den Vorgang der spezifischen Präzipitation geführt wurden. Auch dort wurde die Annahme gemacht, dafs das präzipitierende Serum bereits die beiden Komponenten des Niederschlags (Eiweifs und einen histonartigen [?] Körper) enthält und dafs durch die präzipitable Substanz nur gewisse hemmende Einflüsse beseitigt werden. Es ergäbe sich so eine bemerkenswerte Übereinstimmung zwischen dem Vorgang der Präzipitation und der Agglutination, nur mit dem Unterschied, dafs bei den Präzipitaten die gefällte Substanz dem Lnmunserum, bei den Bakterien dem Antigen entstammt.

Zusammenfassung der Resultate.

1. Salzfreies Eiweifs fällt mit allen untersuchten basischen und sauren Kolloiden.

2. Bei derselben Kolloideiweifsmischung hat Salzzusatz gleichzeitig einen hemmenden und fäUungsbefördernden Einflufs. Der Erfolg hängt von dem Mengenverhältnis ab, in dem Kolloid und Eiweifs gemischt werden.

3. Die Schutzwirkung der Eiweifskörper stellt sich als ein Teil der Fällungskurve zwischen Eiweifs und Kolloid in salzhaltiger Lösung dar.

4. Anorganische Kolloide fällen auch elektrisch gleichsinnig geladenes Eiweifs.

5. Das Fällungsvermögen der Jonen ist eine Funktion ihrer dielektrischen Anziehung auf das Wasser.

1) Zeitschr. f. experiiu. Pathologie u. Therapie, Bd. III, S. 84.

Von Dr. Ulrich Friedemann. 389

6. Die Rolle der Salze bei der Präzipitinreaktion ist der bei der KoUoideiweifsfäUung ähnlich.

7. Bakterien (Typhus, Koli, V. Metschnikoff) werden durch salzfreies Serum agglutiniert (bis 1 : 1000).

8. Es besteht in dieser Beziehung kein Unterschied zwischen Normal- und Immunseris.

Herrn Geh. Medizinalrat Prof. Dr. Rubner erlaube ich mir für das dieser Arbeit entgegengebrachte fördernde Interesse meinen ergebensten Dank auszusprechen.

26

Der Einflufs der Verankerang des lytischen Ambozeptors

aaf die Zelle.

(Bemerkung zu der von Leuchs in diesem Archiv, Bd. 54, Heft 4, erschienenen Arbeit „Sind bei der bakteriziden Wirkung des Blut- serums osmotische Vorgänge im Spiel?")

Von

Privatdozent Dr. E. Friedberger,

J. Assistenten am Institut.

(Aus dem Kgl. Hygienischen Institut der Universität Königsberg i. P.

Direktor: Prof. R Pfeiffer.)

Im ersten Teil dieser aus dem Münchener hygienischen Institut hervorgegangenen Veröffentlichung berichtet G. Leuchs über den Einflufs osmotischer Schädlichkeiten auf mit Immun- körper beladene Bakterien im Vergleich zu Normalbakterien. Die Arbeit, die »keine gröfsere Hinfälligkeit der mit Immun- körper präparierten Danubikuskeime gegen osmotische Schädlich- keiten erwies«, schliefst sich an eine frühere gleichfalls aus dem Münchener hygienischen Institut erschienene Publikation von Röfsle^) an, der bei analogen Untersuchungen mit roten Blut- körperchen zu denselben Resultaten wie Leuchs gekommen war.

In der Arbeit von Leuchs ist nicht erwähnt, dafs ich in einer im Jahre 1904 im Zentralblutt für Bakteriologie, Abt. I, Bd. 37 Heft 1 erschienenen Arbeit »Ein Beitrag zur Wirkungs- weise lytischer Immunkörper (Ambozeptoren)c bereits vor Röf sie derartige Versuche an mit Immunkörpern beladenen Blutkörperchen

1) Münchner med. Wochenschr., 1904, Nr. 42.

Einflufs d. VerankeruDg d. lytipchen Ambozeptors. Von Dr. Friedberger. 3^1

als auch namentlich an Bakterien angestellt habe. Nur habe ich nicht wie die beiden Autoren mich darauf beschränkt, aus- schliefslich osmotische Schädigungen zu untersuchen, sondern habe, wenigstens für die Bakterien, auch schädigende Einflüsse anderer Art in den Kreis meiner Untersuchungen einbezogen.

Meine Resultate stimmen mit den späteren von Röfsle sowie Leuchs vollkommen überein, wie sich aus den folgenden Zitaten meiner Arbeit ergibt, die zugleich über die Art meiner Versuche genügend Aufschlufs gewähren:

>War diese Ehrlich-Pfeif fer sehe Anschauung richtig, so dürfte ein Bakterium, das sich mit spezifischem Ambozeptor beladen hatte, gegen- über Schädigung chemischer oder physikalischer Natur sich nicht anders verhalten wie ein ambozeptorfreies. Anders ist es nach der Auffassung Baumgartens, Grubers und auch Bordets. Nach ihnen bedeutet die Verankerung des Ambozeptors an das Bakterium bereits eine Schädigung seiner vitalen Energie, und es war zu erwarten, dafs darnach mit Ambozeptor beladene Bakterien gegenüber chemisch and physikalisch schädigenden Einflüssen weniger resistent, gewissermafsen minderwertiger sich erwiesen» im Vergleich zu normalen.

Um diese Frage zu entscheiden, habe ich gleiche Mengen normaler und mit inaktiviertem Immunserum beladener Gholerabakterien der Eihr Wirkung des Sublimates hoher Temperatur und verschieden prozentiger Kochsalzlösung unter sonst absolut gleichen Bedingungen ausgesetzt.

Die Sublimatversuche sollten als Prototyp für den Einflufs einer rein chemischen Schädigung, die Versuche mit erhöhter Temperatur als solcher einer rein physikalischen, die Kochsalzversuche endlich als Prototyp einer osmotischen Schädigung dienen.« (1* <^- P* ^^^O

»erschienen die Erythrozyten als ein Demonstrationsobjekt par

excellence, wo es sich darum handelte, Differenzen in dem Einflufs osmotisch wirkender Schädlichkeiten auf beladene und unbeladene Zellen zu studieren. Es wurden deshalb die Versuche mit Blutkörperchen ausschliefslich in dieser Richtung hin unternommen.« (1. c. p. 130.)

>Es zeigte sich keine Differenz zwischen den mit Immunserum be- handelten und den anderen Erythrozyten bezüglich der Einwirkung hyper- tonischer und hypotonischer Salzlösungen.« (ibid.)

»Meine Versuche dürften dazu geeignet sein, die Anschauung von der Schädigung eines Bakteriums bzw. einer Zelle durch die blofse Verankerung eines spezifischen Ambozeptors zu widerlegen.« (1. c. p. 127.)

Königsberg i. Pr., den 27. Dezember 1905.

Zusatz zu der vorstehenden Bemerkung Dr. Friedbei^ers.

Von

Prof. Max Oruber.

Die Versuche von Dr. Leuchs wurden zu gleicher Zeit mit den Versuchen Dr. Röfsles im Jahre 1904 angestellt; vor dem Erscheinen der Arbeit Fried bergers. Trotzdem ist der Prioritätsanspruch Dr. Friedbergers vollkommen berechtigt und es ist nur durch ein unliebsames Versehen geschehen, dafs die Abhandlung Friedbergers von Dr. Leuchs nicht zitiert wurde.

-ÖDS-

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ARCHIV FÜR HYGIENE.

(HE(iUrNDKT VON MAX T. PETTKXKOFER.;.

TJNTEU MITWIRKUNO

VON

Vn\\. Dr. (>. U()T.TJNi;i:R. Münrhcn : Pri»f. T>r. «DNIIOKF, MarburK a. L.; Prof Dr. K. KMMKRrfH, Müiiclu'ii; Pnif. I>r. F. KKISMANN, Zürich; Prof. Hr. HKl.M. Erlunifeu; Prof. Hr. F. HITEPPE, PniK; I»ior. Dr. KARRIIEL, Pnij?; Prof. Dr F. KK\TSCHMER. Wien; Prüf. Dr. K. I-EHMAXX, Würzburg; I»n»f. I>r. A. LoDE. TnusbnK^k ; Prof. Dr. L. PFKIFFEK, Rostock; (lencralarrt Dr. .1. PORT. Würzbiirg; Pn.f. Dr. \V. PKAI-SNITZ, (im/,; Pnif. Dr. F. RENK, Dresden; Prof. Dr. SCirO'lTKI.l r.<, Frt-iburg i. JJ. ; «Ji'iHriibilH'rKrzt Dr. A. .S<Hi:STKR, Mönelien; Prof. Dr.

WKRNirKK. Pow^n

HERAUSGEGEBEN

V(»N

J. FOESTEB, M. GEUBEE, FE. HOFMAM, M. EUBNEE,

o.Ö.PKüFKfiauKISN DKR HYClKNE UND lUKRKTOKRK I>EK HYUIRNIHCHEM I.V8TITUTK A.V DEN UNITCKSITJLTKN ZU

STRASSBURG MÜNCHEN LEIPZIG BERLIN.

VIERUXDF('NFZIG8TEIi RAM). 1. HEFT.

MÜNCHEN IND BERLIN. DRl'CK INI) VERI..\G VON R. OLDENHOliRG.

I905.

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...

y

Inhalt.

Seite SpeziÜBche Sera gegen Infusorien. Von Privatdozent Dr. Robert Röfsle in

Kiel. (Aus dem Hygienischen Institut der Universität München) .... 1

Studien zur relativen Photometrie. III. Teil. Vom Dozenten Dr. Stan. Rfiiicka. (Aus dem k. k. Hygienischen Institut des Prof. Dr. Gustav Eabrhel in Prag) 32

Wasserstoffsuperoxyd als Reinigungs- und Desinfektionsmittel im Friseurgewerbe. Von Dr. R. Hilgermaun. (Aus dem Hygienischen Institut der Univertnt&t Beriin. Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Rubner) 40

Bemerkungen zur Abhandlung von E. Mettler über die bakterizide Wirkung des

Lichtes auf gefärbte Nährböden. Von H. v. Tappeiner 49

Weitere Versuche mit photodynamischen, sensibilisierenden Farbstoffen. (Eosin, Erythrosin.) Prüfung der Wirkung des Tageslichtes auf Lebensfähigkeit und Virulenz von Bakterien, auf Toxine und Antitoxine und auf das Labferment. Von Dr. Hans H u b e r. (Ans der bakteriologischen Abteilung des Hygiene- Institutes der Universität Zürich. Vorstand: Privatdozent Dr. W. Silber- schmidt) 53

NA(^nDRl(:K VERBOTEN.

In dem nächsten Hefte folgen:

Vernichtung von Bakterien im Wasser durch Protozoen. Von Dr. Otto Huntemüller

aus Hoya a. d. Weser. (Mit Tafel I.) Über den Gewichtsveriust des Fischfleisches beim Dünsten. Von Dr. Friedrich Peters,

Assistenten des Institutes. (Aus den Hygienischen Instituten der Universität

Berlin. Direktor: Geh. Medizinalrat Prof. Dr. M. Rubner.) Studien über verdorbene Gemüsekonserven. Von Dr. Joseph Heiser, dipl. Chemiker.

(Aus dem Hygienisch-bakteriologischen Laboratorium des Eidgen. Polytechnikams.

Vorstand: Prof. Dr. 0. Roth.) Die schützenden Eigenschaften des Blutes von aggressinimmunen Hühnercholeratieren.

Von Dr. Edmund Weil, Assistenten des Institutes. Ausgeführt mit Unterstützung

der GesellHchaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in

Böhmen. (Aus dem Hygienischen Institut der deutschen Universität in Prag.

Vorstand : Prof. H u e p p e.)

Einsendungen beliehe man an Prof. Rubner, Berlin C, Klosterstr. 36, zu richttfix.

Verlag von R. Oldenbonrg, Mttnchen und Berlin.

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Stadt und Land.

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Geh. Med.-Kat Trof. Dr. M. Kubner,

Direktor d^r liy^den. Institute zu licvlin.

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48 Seiten 8°. Geh. Preis M. 1.-.

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Von

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Preis 60 Pf.

Verlag von R. Oldenbourg, München und Berlin W. 10.

Soeben erschien:

Die Gerichtsverhandlungen

über die

Gelsenkirchener Typhusepidemie

im Jahre 1901.

Von E. GRAHNy Zivilingenieur.

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Die Bedeutung des Jahres 1901 für die

Wasserwerke.

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Wasserversorgung**.

79 Seiten, 4^ mit Textabbildungen. Preis M. 3, .

Aus dem Inhaltsverzeichnis:

1. Aus der Zeit der Voruntersuchung. II. Das Epidemiegebiet und seine Wasserversorgung.

III. Tatsächliche Ermittlungen vor und in den Gerichtsverhand- lungen.

IV. Aus den Gerichtsverhandlungen.

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I^crausgeher: präft^ent Dr. USbltex, Dr. <0raf Douglas, <ßeb.*Hat prof. Dr. V. tc^bcn, (Sebyllai prof. Dr. Kulbtter.

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f^erans^egeben von Dr. Ä. ^ccvwalbf Berlin.

Von biefen l^erdffentlid^nngen bes Deutfd^en Vereins ffir Dolfsiiygiene, beffen fegensreidjes IPirfen trog ber Kär3e feines Befief^ens fd^on bie tpeiteile änerfennun^ o^unben Ijot, foUen jfil^rlid; ^—6 l^efte 3um Preife pon je ca, 30 ^o -^ erfdyetnen. X)ie Peroffentlid^ungen [xnb von IRinif^erien unb pielen t}ot)ett Bet}drben amtltd? empfot^Ien unb follen mit UnterfHi^nng btefer, fovie t^umanitär gesinnter Privat* perfonen, Unternel^mer' unb anberen Perbänben, Teretnen 2C. bnrd; maffenperbreitnng ^ufflärung über 9efunbl}eitlid|e nnb ^fgienifd^e fragen in aüt Kreife bes Dclfes tragen, befonbers in bte Kreife ber nanbroerfer unb 2(rbeiter. ZTtit Hficfrid)t auf biefen ^^td ftnb bie preife, namentlid; für grdgere Partiebe5fl9e, fefjr niebrig fcflgtfe^t.

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ßeft 3: ilot^ilfe b<l t>€rlel}un0<n. Pon Dr. 3«I. 5e^Ier, piipolboient an ber llniperfttat inänd«en.

fpreiic ivi* bei l^tft I.) r^eft 4: <»efun5I}eit unb 2IIfoI}oI. Portnig, gehalten im i.^arjerfaol bes Hatbaufes lu ^^rrlin Dor

ber (.Hrti^ruppp bes Pereins für Polfsbyijicne, von Prof. Dr. *£url «fraenfrl aus t)aVit a. 5,

(Preife wit bei lieft l.) iSefr A: X^U fiäu»lidt< PfU^e bei an^edenbcn Xranfljeitett, ln3bticnbevt bei anflctfmben

Rln5crfranr^citen. Drei Portrage uon Dr. K. PoII in Karlsrube. (prelle n^ie bei fteft 2.) beft 6: Die t>crl}Utun^ ber <0efd)l<d)t«franf^dt<n. Pon Dr. med. Heuber^er, :Xätnbrrj.

(preife loti' bei ISett i.) l'vff 7: Xilc <S5cfunM}«it5pfIes)e auf bem tanbt. Von "KieisatH Dr. IticfeL perleber^. (Prrtfe n*it

bei lieft 2.) f»eft s: Di« ^ebeutung bcv Saftcricn für 5i< <0(funb^(it*pfl<0(. Pon profrffor Dr. 21. U? äff er

miinn, Berlin (preife ipie bei tSeft \.) lieft 'i: £^Vi9i^*t< bcs i^er^cns. Pon v^Sebfitnrut prof. Dr. <Po Ibf d?eiber, Berlin. Cpreiie a^if bei

^n Potbereitun9 jlnb :

irol)nun0*l}Vdi^ne von (Pel^eimmt prof. Dr. Ilubner. Berlin.

I^äu5ltd?« 0cfunM}eit5pfIe0C >.beb«tnbelt aU ^ortfe^ung su Ivft I, bie Dispontion) von prof. Dr.

ip i u tv it^ Berlin. 3ur fi^^icne bcs ^d^ulfinbcs uon «J^ebeimrat prof. Dr. lioffa, Berlin, priuatbojcnt Dr. Reifen.

ftra^buri} i. €.. unb Dr. €ubl{n«>rt, Berlin. Die pflege bes tttn^es im crften Cebeit^ia^re pon prof. Dr. t^d^Io^mann, Bcrsbrn. Uber bie £rnJif}run0fftI}erapie. Pon prof. Dr. €. u. Ceyben. Berlin. Die Kuitft dlt 3U wexbtn. Pon <Peb. inebi5inalrat Prof. Dr. «ipatb, Berlin.

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ARCHIV FÜR HYGIENE.

/BEdUrNDKT V(^X MAX t. PKTTKXKOFER»

- r vt

ITNTKU MITWIRKUNG

VON

Prof.l»r.O. )M)MJN«;K.II. Mrnu-ln»n; Prof. l)r. ItONIlOKK, Murhur^' a. L. : Prof Dr. K. EMMKRH^H, Mi'uHhi'n; rrnf. I»r K. KHISMANN. Zürich; Fi»f. Dr. HKIM, Krl«TiKCii ; l'rof. Dr. F. HIKPFP:, rrajr; Pn>f. T>r. K\HRIIKL. FTm^'; TTof. Dr. V. Klt.VTS('llMKIt. Wirr»; IT..!. I>r. K. LKHMANN. WurzburR; l'rcf. l>r. A. L<>r»K, IinislifiK-k ; Prof. Dr. I.. PKK.IFKKl:. liu^tock ; r.vntmliirzt Dr. .1. PORT. WürzJjiirjf; Pnif. Dr. W. I'RArSNITZ, «;niz. Prof. I»r. F. RKNK, Un'sdpii; Prof. Jir SClIoTTKI.irs. Frl•ibur^' i. B. ; ^JfniTiil.OM'nirzt Hr. \. .--«.iHI.'.STER. Miinchon ; Prof. Dr.

WKFiNlrKK. P.iscn

hp:uaus(jEgp]ben

Vt »N

J. FOBSTEB, M. ÜBUBEE, FB. HOFMAM, M. BUBNEB,

(».«'».PROriLSSOKhN MCR llUilKNF. UNO I'lUF.KTUltKN HRK HY(;iKMSCilRN I.N^TITL'n. AN ÜK.V UNIVERSITÄfliX ZI.

STRASSBÜRG MÜNCHEN LEIPZIG BERLIN.

VIKRlIXDFl'NFZIUSTKR BAND. 2. HEFT.

Olit Tafel I.)

MÜNCHEN INF. BERLIN.

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Oerlag Don R. Oldenbourg in mttnd^en und Berlin.

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Or^an Des Dcutfcben Vctcine t&c Voilieb^Qicnc.

l^rausgcbcr: präftbcnt Dr. S56iler, Dr. <0raf Douglas^ ißcb.'Hat prof. Dr. V. £c^ben, (ßcby^ai prof. Dr. Htubncv.

Schriftleitung: Dr. med. K. BcertPalö, ^Irst, Berlin, prof. Dr. ^iifer i>om I]vgicu. 3"ft>tut, l^crlin. Dr. jur. <B. ^an% (ßcl].^Äe^.'l\at, Berlin.

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brtt .-. : Uoti}iIfe bei PctUHiin^cn. Von Dr. 3ii(. jefiler, pcipatbojent an bcr llnipcrruät mancbfn.

(preiie wie bei l'^eft I.) r^c*t i <DCfunM}<it unb Ziltofnol. L^ortra^, gcl^alten im Si^nrgerfaal be? ^latbaufes .)u Z^rlin oot

^cr ("rtägrnppc br& l>i'rcin* für 'JoIfsl'Tgicne, Pon Prof. Dr. £arl .^raenfel ans Ralle a. S.

(Prfife ivie bei lieft {.) >'r*t .'. Die f}äu*lid)< Pflege bei an^tcdtnbtn Kranffieiten, in*befon5<r< bei anftcdoi^cti

ftinöerfranf Reiten. Prei l^ortrdge uon Dr. K. PoII in Karlsrube. (preii'e wie bei Vftftl.) >n*ft (. ; Die Z>er^ütung bct (Befd}led)tcfranrf}eiten. Von Dr. med. Iteuberger, Ztnrnbrrg

preiie irie bei IhcU \.) i^p't 7: tiie ^cfunM}eit*)>fIe0e auf bem Can5e. Pon Krei^arit Dr. nitfel, perleberg. (preifr trie

hi'i Ivft 2 ) !>eft K : Die Sebeututtg 5er Bafterien fiir Me <f$efuitM}eit*i^fU0e. Von profrffor Dr. 21. ZTaff er«

mann, yrrlin. iprci'r nüe bei T^eft U) i^e*: 'r t^Vjjieite b€S l^ttyn*. Von (Pebfimrat pror. Dr. jBo Ibf d^elber, Berlin. Cpreiie rote hei

l^cU \ ^ iM*t ii» Die Kunft alt ju tperöen. Von v^eb. ITIeMsinalrat prof. Dr. Cn^alb, Berlin, (prtife

nne bei iTfl ' i \-f*' 1 1 : <0runöfäi)e 5er Crnäljrung für <Refuitbe unb Kranfe. Von (Pebeimiat prof. Dr. C Pon

t'cv^''"- '.pri'i'<* nnc bei V>eU l ;

3ti roiboreitung tl^^:

iroi>nungsi)i^i)iene :>on \.^fbrtmrat pio^ Ür. 2tubner, Berlin.

i^än3liöie Äefunbl^eitffpflcge lbl*ban^eIt ah .^ortfenung 5u Oeft !> Me Pispofition) Pon prof. Dr.

v^rauMfi. Betlin. 3ur ^^Qtcnt be* Sd^ulfinbes pon <5^ebeimrat prof. Dr. boffn, Berlin, priuatbosent Dr. 3'f^^"-

Strasburg i. C. nnb Dr. Cublin^fi. Berlin. Die Pflege bes kinbe« itn erften €eben*iaf}re pon prof. Dr. f cblo^mann, Bresben.

Hierzu eine Heilage von fWi Wv\c\i\\«lti^\v\tv«, ^\v^\«^ li^^k.» Ci.iii. h. H., Lelfiir-

ARCHIV FÜR HYGIENE.

.BKi^Kt'NDKT VON MAX v. PKrrENKOPER.

UNTKU MITWIRKUNG

»N

I'rof. Dr. «). UOUJN'JKK, Miiii.lirii ; Prof. Hr. HONIIOIT. Miirbiir;;' «. l.. ; I'nif Dr. IX. KMMKRICII, München; l*rof. Dr. K. KKISM.VNN, Zürich: Frof. Dr. HKIM. Erlangeu; Prof. Dr. F. IIIKPPK, Vnfg-, Prof. Dr. KAIJKIIKI.. l'ruikf: Prof. Dr. I\ KKATs^ClIMElt, Wien; Prof. Dr. K. LKIIMANN, Würzbur^'; Pn.f. jDr. A. I.ODK. Innsbruck; Prof. Dr. L. PKETFFKR. Uostock; Prt.f. T>r. W. PRArSNTT/,. ';ruz, Pn»i. Dr. F. KKNK, Dri'.s«U»n ; Prof. Dr. SLH<nTKLIl'S, h'rniburg i. B.; <ienor»ilulM?nirzt Dr. A. .»^«'HFSTKIt, .MünHi.'u ; Pn)f. IM". WKK.VK'KK, Posen

HKKAUSGltlGEBEiN

V(»N

J. FOBSTEB, M. GBÜBEB, FR. HOFMAM, M. BUBNEB,

il.Ü.FKOriCHSOKKN HKK IIYiilKNK UNI» UlKKKTnUK.N UKK HTaiKN'lMHBN I.NSTITI IK A> l/KS L'NI VEK8ITÄTKN ZI'

STRASSBURG

MÜNCHEN

LEIPZIG

BERLIN.

VIERI NDFIjNFZIGSTER BAND. 4. HEPr.

(.Mit Tafel 11.)

MÜNCHEN INI) BERLIN. DlilCK l'XI) VERl.AG VON K. OLDKNr.orUG.

1906.

Inhalt.

Weitere Erfahrangen über Aggressinimmnnität gegen den Shiga-Kru Besehen I)y8eutericba%illu8. V^on Dt. Yoneturü Kikuchi. (Aus dem Hygienischen Institut der doatscheu Univernität in Prag. Vorstand: Prof. H neppe) . 2

t'l)cr Bloiverjriftungen durch eine Wasserleitung. Von Inspektor Dr. Paul Fortner. (Aus der k. k. allg. Untersachungsanstalt für Lebensmittel der <leutBchcn Universität in Prag. Vorstand: Prof. Hueppe) 3

Die Bakteriendurchlässigkeit der normalen Magendarmschleimhant im Säuglinge- alter. Von Dr. med. R. Hilgormann. (Aus dem Hygienischen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. M. Rabner.) (Mit Tafel II) S

Blutparasitcn und Erythrocytolyse. Von Dr. A. Nif sie. (Aus dem Hygieni- schen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh. Med. -Rat Prof. Dr. M. Rnbner) 2

Über den Einflufs dos Hungers auf die Bakterien durchlässigkeit des Intestinal- traktus. Von Prof. M. F ick er. (Aus dem Hygienischen Insütnt der Uni- versität Berlin. Direktor: Geh. Medizinalrat Prof. Dr. M. Rubner) . . . S

Über das Verhalten der aeroben Keime gegenüber der absoluten Sauerstoff- entziehung. Von Dr. Walther Willimsky. (Aus dem Hygienischen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Rubner) . . 5

Zum Nachweis fäkaler Verunreinigung von Trinkwasser. Von Oberarzt Dr. Christian. (Aus dem Hygienischen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Rubner) 3

Sind bei der bakteriziden Wirkung des Blutserums osmotische Vorgänge im Spiele? Von Dr. Georg Leuchs. (Aus dem Hygienischen Institut der Universität München. Vorstand: Prof. Max Gruber) 3

NA(?ni)Rr(:K vkrboten.

In dem nächsten Hefte folgen:

Roagentien und Versuchsmethoden zum Studium der proteolytischen und gelatinoly

sehen Enzyme. Von Prof. Claudio Fermi. (Hygienisches Institut der Kgl. U

veraitilt Sassari [Sardinion].* Über di(' reuchtigkoit verschiedener Mauerarten. Experimentelle Untersuchungen v

Ing. Riccanlo Bianchini. (Hygienisches Institut der Kgl. Universität Tur

Direktor: Prof. Dr. L. Pagliani.)

Einsendungim heliehc man an Geheimrai Professor Dr. Rubner, Berlin M. 4,

Hessischestr. 3-4, zu richten.

Verlag von R. Oldenbourg in München und Berlin W. 10.

Hygienisches aus Stadt und Land.

Von

Geh. Med.-Rat Prof. Dr. M. Rubner,

Direktor der Hygienischen Institnte /ii Berlin.

Nach einem am lO. Januar 1898 zu Berhn gehaltenen Vortrag

48 Seiten 8^ Preis geheftet M. 1.— .

Verlag von R. Oldenbourg, München und Berlin.

Leitfaden der Hygiene

fUr Techniker, Yerwaltongsbeamte D.$taillerende dieser Fächer.

Professor H. Chr. Nussbaum in Hannover, ra. 40 Bogen mit zahlreiclien Ahhiklungen. Preis eleg. gcli. M. 16. .

AiLS dem Inhalts-Verzeichnis:

. iüe l.iifl.

II. Die LilftiiDg iler Aiif-

enthallsrSume. in. Die Wärme. IV. Die ileiztint;.

V. Die Kleidung. VI. Das T-icht.

VIT. Die Tiigesbeleiiohtung. XV. Das Geßngnit.

Vlir. Die klln»ll. »elfuchlg. IX. Der IMcn. X. l^r Städtebau. XI. Das WohnhaiK. XII. Die Schule.

XIII. Das Krankenhau^j.

XIV. Die Kaserne.

XVI.DieWasscrverJorgunR. XVn.DieUeseiöpinetler AhwiLiaer und Alihll- stofTe. XVlII.DieLeicbenbestattunj;. XIX. Die GewcrblhSrigkeit. XX. liakteriolt^e. XXr. Die EmähnuiR.

Einige Urteile der Presse;

. . . Dur Inhalt dieses Ituches erscheint uns Erlaubnis de.-i Verfaisurs Gelegenheit nuhnicn wci Ober besondert aktuelle Kraben unseren l^sem laRlhren. Wir können <lic .\nM:hafrung ilieüc.-' inl

den i^bililetcn Laien [[ut veniSndlich geschrietiei

) wertvoll, daäs wir vielleicht mit in, kurie AuHiÜge aiLi demselben 1 der iTecliniächen Woche« vor- issanlen Baches, welches auch fUr St. durchaus empfehlen.

(TKkmi.hf Wf(Mc.)

^ seiner .Art iat, sollte in keiner

. . . Jeder Kachmann, um P'reude haben und wird in der der Anregnni; und Helehrunn i

der werden will, inu^s an dem lluche seine helle klaren. lichtvollen und leicht fisslichcn .VusfUhningen ieht ermangeln. . . .

(Zätickrijl für roliui- und V<n„allunssbtiimU.)

. . . Alles in allem : der Leitfaden t^t ein vnllendetes Werk, das nicht nur dem Kachmanne Teiche IJelchrun); bringt und nir(;ends im Stiche läkHl, .andern auch dem Laien ein I'rtcil tlber die hygienischen Verhältnisse seiner näheren und n-eiCeren Um- pbnng emiüKliclil. f.VüucAiur Allgemäni ZeituH);.}

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ARCHIV FÜR HYGIENE.

!iK<ilirNl>KT V(»N MAX v. PETrKXKitFKB. IJNTKlt MITWJliKUNci

l'rul. tw. '>. mil.I.rM.Ei:. MrinHn-u : IThI. Hr. IIKMKIPK. >lurl.iirB », I, : ITot. Ii Mflni'hfii: Prüf. i'r. V. KKWMAXV, üiiri.-h : ITgf. I>r. HKHI, Kriiiiigi-!i : Prot. ITbb; ITul. lir. KAunirM., llnj.'; 1T..(. J'r. K, KK.VIH lIMEli, Wien; ITol. I) ■.VQrübiii)!; IT..I lir. A. l.oliK. InriHl.nick : ITkiI. Lir. I.. PKKlh-KEK. ito- \V. l'KAIriSlTK, liral; i'n-f. [if. f. KKNK. [m>«.l«ii; iTof. Ur, SflimTJXll* ';eii.Ta1i.0nrnrv,t lir A, si-fir.-!TKU, Mlintlien; l'wF. Hr. WEKMi'KE.

HKUAUöUHtiKBEN

J. FOBSTEB, M. aBDBEB, FB. HOFMAM, M. BITBHEB,

STRASSBDRG MÜNCHEN LEIPZIQ

Fr>FrXllFl'>FZlOSTKK BAND. 13. HKPT.

[Mit Tafel 1.)

MTJNCHEN ISü BERLIN.

DÜLCK i:X[i VEBI-AG VON R. OLFIPINniHRG.

leoe.

Inhalt.

feirc

Kx]>(:nrf.*:r.*«-;!e .Studien iiiier 'iie l^iirr^h^^ingi/keit -ier Wand an 12 eu 'les Magen- dürmkanaie.-* iieujfe^-Tfrner Tiere fr:r Rakterien f:r.'i senaine Eiweifratoffe. Von l)T. A ibert Uffenheimer. Kinderarzt in München Ans dem Hy^eni* "chen Institut der Universität München. Direktor Oberme«iizinalnt Prof.Iir. Oruber., Mit Tafel i; 1

K^Hf^entien und Ver^nchsmethoden zum Stadium der proteolytischen und gelatino- Iytii<chen Enzyme. Von Prof. Claudio Permi. Hygienischem Institnt der K)^l. Universität .Sa^Bari 'Sardinien') 140

tl'ber die Kenchtiekeit vergeh i edener Manerarten. Experimentelle Untersach an g;en von Int;. Kiccardo Bianchini. fHyfsieniBchei* Institut der Kgi. Universität Turin, i^irektor. Prof. Dr. L Pagliani, 206

NACHDRUCK VFülBOTEN.

In (lein nächsten Hefte folgen:

Cher dufl Kindringen der Wärme in feste Objekte und Organteile tierischer Herkunft Von Max Ku bner.

r'l>er den MänsetyphusbazilluB und seine Verwandten. Von Dr. Richard Tromms* dorf, ÄHsistenten des Institutes. CAus dem Hygienischen Institute der Uni- versität München.;

l.)ie Tageskurve der Wasserdanipf abgäbe des Menschen. Von Prof. Dr. med. H. Wolpert und Dr. med. F. l'eters, früheren Assistenten am Institut. '.Aus dem hygieni- schen Institut der Universität Berlin.

über die Nachwirkung k/irperlichor Arbeit auf die Wasserdampfabgabe beim Menschen. Von Prof. l)r. med. H. Wolpert und Dr. med. F. Peteri*, früheren Assistenten am luHtitut. fAus dem Hygienischen Institut der Universität Berlin.;

Eiyisendunyeii hel'whe man an Geheimrat Professor Dr. Ruhner, Berlin M. 4.

Hessischestr. 3-4, zii richten.

Verlag von Augiist Hirsch wald in Berlin.

\\H)ii erscheint <ler 43. Jahr^an«;.

Berliner

Elmische Wochenschrift

Organ für praktische Ärzte.

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1006 erscheint der XVI. Jahrgang :

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Prof. <1. Ilytritine in Halle. Prof. d. Hygiene in Berlin.

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Monatlich zwei Nummern. Abonnementspreirt halbjährlich 14 Mk.

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Kurze Anleitung

zur mikroskopischen Untersuchung der Gewebe und Organe der

Wirbeltiere und des Menschen unter Berücksichtij^iin^j der embryolo^ischen Technik.

Von

Dr. Alexander BOhm »nd Dr. Albert Oppel.

Proseklor a. o. Professor,

Mit einem Beitrag (Rekonstruktionsmethoden) von Professor Dr. G. BORN.

Fünfte, durchgesehene und vermehrte Auflage

von

Alexander Böhm.

V'l und 271 Seiten, 8". In Leinwand ^^ebunden Preis M. 4.50.

Verlag von R. Oldenbourg in München und Berlin W. lo.

Soeben erschien:

Die

Typhusepidemie in Detmold

und die Trinkwassertheorie.

Eine kritische Studie

von

Dr. Auerbach,

Arzt in Detmold.

UmfanjT 68 Seiten 8^ iMil Textabbildungen. Preis M. 1.50.

L

Aus dem Inhaltsverzeidinis.

Statistik. Sterblichkeit. Verlauf der Epidemie. Die Kurve. Die Milch. Die Badeanstalt. Die Wasserversorgung. Die Häuser ohne städtische Wasser- versorgung. Die lürstlichen Häuser. Das Quellgebiet. Ansteigen der Keim- zahl im November. Die Typhusfälle in Johannaberg. Berlebeck bleibt typhusfrei. Typhusbazillen im Wasser. Typhusbazillenbefund im November. Der Verlauf der Epidemie. Schlußfolgerungen. Anmerkung.

Leitfaden der Hygiene

fDr Techniker, Verwaltungsbeamte o. Studierende dieser Fächer.

Von

Professor H. Chr. Nussbaum in Hannover, ca. 40 Bogen mit zahlreichen Abbildungen. Preis eleg. geb. M. 16. .

Au.s dem Inhalts -Verzeichnis:

r. Die Luft.

Tl. Die Lüftung der Auf- enthaltsräume.

IIL Die Wanne.

IV. Die fleizung.

V. Die Kleidung.

VT. Das Licht.

Vli. Die Tagesbeleuchtunij.

VII r. Die künstl. IJeleuchtg. TX. Der Hoden. X. Der Städtel^au. XL Das Wohnhaus. Xri. Die Schule.

XIII. Das Krankenhaus.

XIV. Die Kaserne. XV. Das Gefängnis.

X V I. Die Wasserversorgung. XVTl. Die Beseitigung der

Abwässer und Ahfall- stotfe. XV IIL Diel .eichenbestattung. XIX. Die Gcwerbthätigkeit. XX. Bakteriologie. XXL Die Krnähnmg.

Einige Urteile der Presse:

. . . Der Inhalt dieses I^uches erscheint uns so wertvoll, dass wir vielleicht mit Erlaubnis des Verfa-ssers Gelegenheit nehmen werden, kurze Auszüge aus demselben über besonders aktuelle Fragen unseren Lesern in der »Technischen Wochec vor- zuflihren. Wir können die Anschaffung dieses interessanten Buches, welches auch für den gebildeten Laien gut verständlich geschrieben ist, durchaus empfehlen.

(Teckmsche IVpche.)

. . . Das Werk, das unseres Wissei;s einzig in seiner Art ist. sollte in keiner städtischen oder überhaupt konnnuiinlLMi Bibliothek fehlen. ( Gemeinde- V'erwcUtungsblatt.)

. . . Jeder Fachmann, und der es werden will, muss an dem Buche seine helle Freude haiien und wini in den klaren, lichtvollen und leicht fasslichen Ausführungen der Anregung und Belehrung nicht ermangeln. . . .

(Zeitschrift für PoHui- und Venvaltun^sbeümte.)

. . . Alles in allem: der Leitfaden ist ein vallendeies Werk, das nicht nur dem Fachnjanne reiche Belehrung bringt und nirgends im Stiche lässt, sondern auch dem Laien ein l'rteil über die hygienischen Verhältnisse seiner näheren und weiteren Um- gebung ermöglicht. fA/ünchter Allgemeine Zeitung,}

. . . Das Buch bedeutet mehr als ein wertvolles Handbuch, es ist für den Tech- niker ein wichtiges Rüstzeug, insofern es ihn befähigen soll, viele Fragen, deren Be- antwortung bisher anderen Faktoren überlas.sen blieb, selbst zu lösen. Es ist deshalb für alle diejenigen, die als Verwaltungsbeamte oder in öffentlicher Arbeit stehen, un- entbehrlich. uHil «ler Verfasser darf das Verdienst in Anspruch nehmen, mit seinem Werke der deutschen Technikerschaft ein wertvolles Geschenk gemacht zu haben.

(Deutsche Bauhütte.)

Jlior/ii eine r>oi\i\uci n'ot;\ iVei A\\\v\\\\\\w<V\\\w^ VV'^^X.vi \w\. \w VM^A^,

D

ARCHIV FÜR HYGIENE.

BKl4Ri;.VI)ET VON ÄiX t. PBTTENKOFGR.

UNTER MITWIRKUNG vos

llOl.Dr.O. B0LLIM;KK, München; I'rol. liMlUNHOKf . Slnrbiiix a. L.; fror.llr II. KMMEKICH. MÜDOhenL Pror. Dr. f. EMSMA^iS, KDriih; l>rut. Di. IIKIM. Kriuiiicii: llol. Dr. F. HL'KPPK, Pn«; Prol. Dr. KABRIIKI.. Fan : ITof. |ir. F. KBATSC'IIMKH, Wien ; ITol. Dr, K. LKHMANN, WDnbnr«; l>n>t. Dr. A. l.(il>K, lDii9t>nirk: Prot. Ur. L. fFKlFFEK, UoalOCk; Prur. Dr. W. PKACSNrrZ. i.m: ITgl. I>r. ¥. KENK, lirnidaii i ProT. Ui. c>CIIOTTElJl~r:. FnibiirK I. B.; r.BDenlubennt lir. A. ^CBUÜT&K, »Unrhan ; Prof. Dr. MKKNIl'KE. Puaeti.

HERAUSGEGEBEN

J. FORSTEB, M. GEDBER, FE. HOFMANN, M. ETOHEE,

i\li.nonttunti dir hiuiekk ukd dihrktoiien dih HTanviBUHiM ikrtitutb in den UNiitHsnlicN lu STRASBBURQ HÜNCHBN LEIPZIO BBKUN.

FfNFl NDPPNPZIHSTBR BANl». 3. UBPT.

MÖNCHEN i!NU BERLIN.

UUrC'K INII VKRI,AG VON R. Ol.DKXÜi'l'HU.

leoe.

Inhalt.

Tber da« Eindringen der Wärme in feste Objekte nnd Organ teile tierischer Herkunft. Von Max Rnbner

Clier den Mäufletyphaebazillns und seine Verwandten. Von Dr. Richard T r o m m 9 dorff, Assistenten des Institutes. ^\us dem Hygienischen Institnte der Universität München^ 279

I>ie Tageskurve der Wasserdampfabgabe des Menschen. Von Prof. Dr. med. H. Wolpert, Oberassistenten am Institut, und Dr. med. F. Peters, froherem Assistenten am Institut. 'A us dem Hygienischen Institut der Univeraitftt Berlin'

über die Nachwirkung körperlicher Arbeit auf die Wasserdampfabgabe beim Menschen. Von Prof. Dr. med. H. Wolpert, Oberassistenten am Institut, nnd Dr. med. F. Peters, früherem Assistenten am Institut. (Aus dem Hygienischen Institut der Universität Berlin

NACHDRUCK VERBOTEN.

In dem nächsten Hefte folgen :

Organeiweifs und Nahningseiweirs. Von Dr. Ulrich Friedemann, Assistenten am luHtitut. (Aus dem Hygienischen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh. Med. -Rat Prof. Dr. Rubner.)

Neue biologische Beziehungen 7.wi8chon Koli- und Typhusbakterien. Zugleich sin Beitrflg zur liOlire vom Aggrehsnin. Von Dr. Gottlieb Salus. TAus dem Hygieni- schen Institut der deutschen Universität in Prag. Vorstand: Prof. F. Hueppe.)

Tbor die Fällungen von Eiweifs durch andere Kolloide und ihre Besiehungen zu den Immunkörperreaktionen. Von Dr. Ulrich Friedemann, Assistent am Hygieni* sehen Institut der Univernität Berlin. (Aus dem Hygienischen Institut der Uni- versität Berlin. Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. M. Rubner.)

Der Einflufs der Verankerung des lytischen Aml>ozeptor8 auf die Zelle. (Bemerknng zu der von Leuchs in diesem Archiv, Bd. 54, Heft 4, erschienenen Arbeit »Sind bei <ler bakteriziden Wirkung des Blutserums osmotische Vorgänge im Spiel?«) Von Privatdozent Dr. R. Fried berger, L Assistenten am Institut (Aus dem Kgl. Hygienischen Institut der Universität Königsberg i. P. Direktor: Prof. R. Pfeiffer.)

Zusatz zu der vorstehenden Bemerkung Dr. Friedbergers. Von Prof. Max Gruber.

Einsendungen beliebe man an Geheimrat Professor Dr. Rubner, BeHin /K 4,

Hessischestr. 3-4, zu richten.

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Hygienisches aus Stadt und Land.

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Geh. Med.-Rat Prof. Dr. M. Rubner,

Direktor der Hygienischen Institute zu Berlin.

Nach einem am 10. Januar 1898 zu Berlin gehaltenen Vortrags.

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Mit (JS Ahbildunjjen und 75 Tabellen. XIV ii. 238 Seiten Text und 80 Seiten

Kalcndiirium, Insgreflamt daher 327 Seiten 8^ Elogrnnt in BrieftaHchenfonn (Ijoder geb.) TroiK M. L .

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Die Derojfentltd^ungm ftnb von nttnifierten unb oteleti t)ot{eit Bet{drbfn amtltd^ empfot)Ien unb foQen mit Uttterfifi^ung btefer fovte t{iimatittSr geftnnter Prioat* perfonen, Untemetimer* nnb anbeten DerbSnben, Dereineu ic, buvdf nXaffenoerbrettnng 2(nffldrun9 über gefunbt^ettltc^e unb t;Y9tenifc^e fragen in aOe Kreife bes Dolfes tragen.

Crfcbienen flnb:

ßrft l: Vttttütnn^ bcr Cuberfulofc (5<^llMn^flld«t). rortraa von ^tb.'llKil prof. Dr. C. uon

CeT&rn. jebdltrn im {.^ftr^erfadl bcs Itntbdufrs fii Srcitn. mit rinrm Citrlbilb unb 4 fLtrt'

figtirrn. prrii 30 -&|. Ton iiiO Cr. ab 2r> ^, von 2n<) <£r. iib 2n ^. pon .'><iO Cr. ab ><=( <^,

von 1(100 Cr. ab (5 vom 2(N» Cr. ab 12 'J^. tStft 2: 3entfsiDal|I nnb (9rpcrl{d}< 21nldgcn. 3>" «luftraar b«? Terpins fär rolf&bTairne in

ntöncfcen untre mitarbeii von Dr.Dr. 27aboIrcjnr. Cb? £Strt. II, SdMiribrr. .^r. Canijr

unb €t 2Trum airer ^rrausjr^rbrn pon profeffor Dr. XSl. ßabn^ Illiind^cn. V (Trrtfigurrn.

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ab 20 <S). von 20U0 Cr. ab S\. ^th 3: notffilfc bei PerUlluiigeti. Von Dr. 3"i- j'blci^« priputbo^rnt an brr llniorriität inunci^tn.

(prfiff luie bei lieft l.) Qeft 4: OcfunMfCit un6 2Il(ci}0l. Dortro^, ^ebaltrn im 2.^iir9rrfiuil br-> 2latt^uit>& sn Berlin vor

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bei bef t 2 i ^eft 8: Die 3<6«titttn0 5«r 3aftcri(n für bie <Refunbi}<it5pfI($<. Von profrfior Dr. 31. IPuifer^

mann. Berlin, (preiir ipic bei iVft I.) l^eft ^: tiiigitne bes ^crjeti». Don «ffebrimrat pro». Dr. ©o Ibfd' eiber . yrrhii. ipreiu* nne bei

6eft l' ßeft 10: t>i( Knnft alt .^u werben. l>on <S^rb. Ulrbiünalrat prof. Dr. Ciuolb, Berlin, (preife

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1906.

Inhalt.

( )rganeiweirn und NahrungHei weifs. Von Dr. Ulrich Friedemann, Assistenten am TnHtitiit. (Aus dem Hygienischen Institut der Universität Berlin. Direktor : Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Rubner) 333

Nene biologische Beziehungen zwi8chen Koli- und Typhusbakterien. Zug:1eich ein Beitrag zur Lehre vom Aggressin. Von Dr. Gottlieb S a 1 u s. (Ans dem Hygienischen Institut der deutschen Universität in Prag. Vorstand : Prof. F. Hueppe) 335

Über die Fällungen von Eiweifs durch andere Kolloide und ihre Beziehungen zu den Immunkörperreaktionen. Von Dr. Ulrich Fri ede man n, Assistent am Hygienischen Institut der Universität Berlin. (Aus dem Hygienischen Institut der Universität Berlin. Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. M. Rubner) :^1

Der Einflufs der Verankerung des lytischen Ambozeptors auf die Zelle. (Be- merkung zu der von Leuch s in diesem Archiv, Bd. 54, Heft 4, erschienenen Arbeit >Sind bei der bakteriziden Wirkung des Blutserums osmotische Vor- gänge im $pier?<) Von Privatdozent Dr. E. Friedb erger, I. AsBistenteii am Institut. (Aus dem Kgl. Hygienischen Institut der Universität Königs- berg i. P. Direktor: Prof. R. Pfeiffer) 090

Zusatz zu der vorstehenden Bemerkung Dr. Fried berger p. Von Prof.

Max (früher 392

NACHDRUCK VERBOTEN.

In dem nächsten Hefte folgen:

Sozialhygienische und bakteriologische Studien über die Sterblichkeit der Säuglinge

an Magendarinerkrankungen und ihre Bekämpfung. Von H. Hammerl, K. Helle,

M. Kaiser^ P.Th. Müller und W. Prausnitz. (Aus dem Hygienischen Institut

der Universität und der staatlichen UnterHuchungsanstalt für I^benHinittel in Graz.)

I. Kinleitung. Von W. Prausnitz.

II. Weitere statistische Erhebungen über die .Sterblichkeit der Säuglinge an Magen- darnikrankheiten. Von mag. pharm. K. Helle, Adjunkt an der staatl. Unter- suchungsanstalt für Lebensmittel in Graz.

III. Be(»bacl)tung(m über die Temperatur Verhältnisse in Arbeiterwohnungen während der hoifsen Jahreszeit. Von Privatdozent Dr. Hans Hammerl. (Ans dem Hygienischen Institut der k. k. Universität Graz.)

IV. Über die Kühlhaltung der Milch im Hause. Von Dr. M. Kaiser, Assistent, (Aus dem Hygienischen Institut <ier Universität Graz.)

V. Über die Häufigkeit des Streptokokkenbefundes in der Milch. Von Dr. M. Kaiser,

Assistent. (Aus dem Hygienischen Institut der Universität Graz.) VI. Ü]>er dio Streptokokken der Milch. Von Dr. Paul Th. Müller, Privatiluzent

und Assistent am Hygien. Institut. Vll. Die ReduktionsproVie, ein Mittel zur Beurteilung des Frischezustandes der Milch.

Von Dr. Paul Tli. Müller, Privatdozenl. und Assistent am Hygien. Cnstitut. VJII. Ülxr den Kinflufs der Milchkontrolle auf die Beschaffenheit der .Milch in Graz. Vuu I\. Hell e.

Einsnuhtnf^en hpüche man f.nt Gehe/mrat Professor Dr. Rubner, Berlin M. 4,

//essi'scfiestr. 5-4, ^n richten.

Verlagsbuchhandlung

MÜNCHEN und

R. OLDENBOURQ

BERLIN W. 10.

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Die Gerichtsverhandlungen

über die

Gelsenkirchener Typhusepidemie

im Jahre 1901.

V^on E. Grahn, Zivilinj^enicur. Mit einem Anhang:

Die Bedeutung des Jahres 1901 für die Wasserwerke.

Soiiderahdnick ans dem «Journal für Oasbeleuchtunii; und Wasscrversor^iiiiv;".

IV und 79 Seiten, 4", mit Texlabbildiinjnrcn. Preis M. 3.—.

Aus dem Inhaltsverzeichnis:

I. Aus der Zeit der Voruntersuchung. II. Das Kpidemiefj;ebiet und seine Wasserversorj^ung.

III. Tatsächliche Krmittlunjrcn vor und in den (jerichtsverhandlunircn.

IV. Aus den Gericiitsverhandlungen.

Die Typhusepidemie in Detmold

und die Trinkwassertheorie.

l:ine kritische Studie

Von

Dr. Auerbach,

Arzt in r)t:tinol«!.

l'rniani,' i»M Seiten S^

I'reis .M. i. .=>•».