MARINE BIOLOGICAL LABORATORY — Received Accession No. Given by Place, _ *,*No book or pamphlet is to be removed from the Lab- oratory without the permission of the Trustees, Sy Arecehıv für Mikroskopische Anatomie und Entwicklungsgeschichte herausgegeben von O. Hertwig in Berlin, v. la Valette St. George in Bonn und W. Waldeyer in Berlin. Fortsetzung von Max Schultze’s Archiv für mikroskopische Anatomie. Zweiundfünfzigster Band. Mit 40 Tafeln und 40 Figuren im Text, Bonn Verlag von Friedrich Cohen 1898. ira reits K; Hua mi ayrsot Ian HaaV I ullrsE al. na RE >78 u ee a weh Pin vie BERGE 104 suite! By - = Ay) u Inhalt. Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes, besonders der Drüsenepithelien, und die erhaltenen Resultate. Von Dr. A. Kolossow, a. o. Professor an der Kaiserl. Universität War- schau. Hierzu Tafel I—III KL Fa ENaen Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen Kram in den Blut- gefässen der Säugethiere. Von A.S. Dogiel, Professor der Histologie an der Universität zu St. ee Hierzu Tafel IV, V und VI Transplantationsversuche mit Hy Yon er g Wetz a) N stent am physiologischen Institut zu Breslau. Hier zu Tafel VI u. 1 Textfigur Ueber Centrosomen bei Raokers meg ealocapure Nch Dr. Eidahe A Fürst. (Aus dem zoologischen Institut Würzburg.) Hierzu IESTEISV IE undeIRX 5. ar LG . Ueber Struktur und Architeetur daı Zellen. I. Yahı Prof. J. A nold in Heidelberg. Hierzu Tafel X Vaseularisirtes Epithel. Von F. Leydig ur Zur Deutung der epidermoidalen Organe im Irene von Säugethieren. Von F. Leydig F aa AlarE Einige Bemerkungen zu F. Maurer’s Kohandiuie: „Blutgefässe im Epithel“. Von Heinrich Joseph, Demonstrator. (Aus dem histologischen Institut der deutschen Universität zu Prag. Vorstand: Professor Dr. Sigmund Mayer.) Hierzu Tafel XI und eine Abbildung im Text BIOTFLTIEITRHER AR Zur Anatomie der Nebennieren. Zweite Mittheilung. Von Dr. H. Stilling, Professor in Lausanne. Hierzu Tafel XII. Einige Bemerkungen über myelinhaltige Nervenfasern in der Molekularschicht des Kleinhirns beim erwachsenen Hunde. Von Prof. Dr. A. E. Smirnow. Hierzu Tafel XIII. Jeber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. Von Dr.K.Tellyes- niezky, I. Assistent. (Aus dem I. anatomischen Institute (Prof. Mihalkovices) zu Budapest.) Hierzu Tafel XIV Rudimentäre Eier im Hoden von Rana viridis. Von Franz Friedmann. (Aus dem anatomisch-biologischen Institut der Universität Berlin.) Hierzu Tafel XV . ORTE Neues über petrifieirte Muskulatur ete. Von Dr. Otto M. Reis in München I Beiträge zur Lehre von Ken en u Haklerta ae Von Gakutaro Osawa aus Japan. (Aus der Anatomischen . Anstalt Freiburg i. B.) Hierzu Tafel XVI, XVII und XVIII und 22 Textfiguren Seite 44 70 195 268 3Y Inhalt. Nerv und Muskel. II. Mittheilung. Der Oberschenkel einiger anuren Batrachier. Von M. Nussbaum. Hierzu Tafel XIX bis XXILH . & Ueber die Gestalt und die rlsehar are eise Be v entre jet minalis und über das Filum terminale des Rückenmarkes bei Neugeborenen. I. Mittheilung. Von Dr. P. Argutinsky, Professor der Kinderheilkunde an der Universität Kasan. (Aus dem anatomischen Institut in Berlin.) Hierzu Tafel XXIV u. XXV Sr EA Ueber Structur und Architekt Be Zellen. II. Nervengewebe. Von Prof. J. Arnold in Heidelberg. Hierzu Tafel XXVI. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. Von K. W. Zimmermann, Privatdocent und Prosector am ana- tomischen Institut zu Bern. Hierzu Tafel XXVIJL, XXVII und XXIX und 14 Textfiguren. la E Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues der Glandulae parathyreoideae (Epithelkörperchen) des Menschen. Von Ludwig Schreiber, cand. med. (Aus dem Königl. pathologisch-anatomischen Universitäts-Institut zu Königs- berg i. Pr.) Hierzu Tafel XXX Ueber den feineren Bau der Drüsen des Kehlkonig ud Akr Luftröhre. Von Frau Sophie Fuchs-Wolfring. (Aus dem histolog. Institut der Universität Wien.) Hierzu Tafel XXXI Ueber feinere Structur und Architeetur der Zellen. III. Theil. Von Prof. J. Arnold in Heidelberg. Hierzu Tafel XXXI Beitrag zur Anatomie des Pankreas und seiner Ausführungs- gänge. Von med. Konrad Koloman Helly, Demonstra- tor an der I. anatom. Lehrkanzel zu Wien. Hierzu Tafel XNXXIH u. XXXIV und zwei Textfiguren . Die Bedeutung des Periblastes und der Kupffer’ ee Blase in der Entwickelung der Knochenfische. Von Prof. W. Rein- hard in Charkow. Hierzu Tafel XXXV und XXXVI. Endothelien als Phagoeyten (aus den Lymphdrüsen von Macacus eynomolgus). Von Dr. Richard Thome. (Aus dem anat.- biologischen Institut zu Berlin.) Hierzu Tafel XXXVI Veränderungen des Froscheis und Eierstockes unter dem Ein- fluss eines entzündungserregenden Agens. Von Dr. A. Pfister. (Aus dem anatomisch-biologischen Institut zu Berlin.) "FElierzu DatelEXxRXXxVIl 7. Sk R Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Phy Abeie der männ- lichen Geschlechtsorgane. Von Franz Friedmann. (Aus dem anatomisch-biologischen Institut der Berliner Universi- tät.) Hierzu Tafel XXXIX u. XXXX Seite 367 501 938 552 193 820 842 856 Eine Untersuchungsmethode. des Epithelge- webes, besonders der Drüsenepithelien, und die erhaitenen Resultate ')). Von Dr. A. Kolossow, a. o. Professor an der Kaiserl. Universität Warschau. Hierzu Tafel I—IN. Im Verlaufe der letzten fünf Jahre, nachdem ich (37) mit meiner Osmiumschwärzungsmetliode die Intercellularbrücken in den einfachen Pflasterepithelien nachgewiesen habe, und zwar nicht nur in dem Pleuroperitoneal-, sondern auch in dem Gefäss- epithel, was in dem letzteren von einigen Seiten vollständig ge: leugnet wurde, setzte ich meine Untersuchungen fort, um es auf- zuklären, ob solche Zellenbrücken überall im Epithelgewebe vor- kommen oder nicht. Ueberzeugt davon, dass es weder durch die von mir (37, 38) früher angegebene, noch durch alle anderen Methoden, welche sonst die Form der Epithelzellen aufs Schönste hervortreten lassen, möglich sein würde, die Verbindung dieser Zellen wegen ihrer nahen Aneinanderlagerung, wenn sie thatsäch- lich auch existirte, in vielen Epithelien, besonders Drüsenepi- thelien, nachzuweisen, habe ich mir zunächst die Aufgabe ge- stellt, eine Fixirungsmethode anzuwenden, welche eine regel- 1) Der Inhalt der vorliegenden Arbeit besteht aus drei Mitthei- lungen, die von mir am 11./23. August dieses Jahres auf dem XII. inter- nat. medic. Kongresse in Moskau vorgetragen wurden. Wegen des zu grossen Umfanges der Arbeit konnten weder der ganze Text noch sämmtliche dort demonstrirten Figuren zum Abdrucke kommen. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 1 2 A. Kolossow: mässige Schrumpfung der Zellen hervorruft, wodurch dann die Intercellularbrücken, falls sie vorhanden sind, zu Tage treten. Anstatt die Objecte durch Einlegen in die wässerige oder alcohol- wässerige Osmiumsäurelösung zu fixiren, wende ich nunmehr folgende Fixirungsmischung an: 1/,0/, wässerige Osmiumsäurelösung 100 e. c. 30%, Salpetersäure .. ..2.2:> „ 2 Yecbisrese Binessi;;, 2 ESEES Tauern: hr reale Kalium nitrieum . . . . 10 bis 12 grm; diese Mischung injieire ich finerhalb einiger r@ bis 3) Minuten in das Blutgefässsystem des zu untersuchenden Organs eines frisch getödteten Thieres, nachdem die Blutgefässe vorher durch 0,6°/, Kochsalzlösung ausgespült worden sind. Das injieirte Organ wird dann in kleine Stückchen zerschnitten, die anfangs zur endgiltigen Fixation auf 16— 24 Stunden in reine 1/,%/, Osmiumsäurelösung, alsdann aber auf weitere 24 Stunden in 10°, Tanninlösung gelegt werden. Die letztere Lösung wird mehrmals gewechselt, bis sie sich zu schwärzen aufhört; dann werden die Objeete zunächst in Wasser und hierauf in 70%, Aleohol ausgewaschen, bis dieser letztere sich nicht mehr färbt. Ferner werden sie nacheinander in 85°/,, 96°/, und endlich in absolutem Alcohol ge- bracht und in Paraffin eingebettet. — Die Mikrotomschnitte brauchen weiter nicht gefärbt zu werden, da die gegenseitigen Beziehungen der Epithelzellen, falls die Injection geschickt war, ohnedies sehr deutlich zu Tage treten. Mit dieser Methode untersuchte ich alle Arten des Epithel- gewebes bei verschiedenen Säugethieren und Amphibien, vornehm- lich aber bei der Katze, und konnte mich davon überzeugen, dass die organische Verbindung der Zellen durch Intereellular- brücken nicht nur denjenigen Epithelien eigenthümlich ist, in welchen sie bereits nachgewiesen wurde, nämlich: in dem ge- schichteten Pflasterepithel der Haut und der Schleimhäute [Bizzozero (4), Ranvier (68), Flemming (21, 22, 23), Mitrophanow (54, Ramon y Cajal (65), Garten (24), F. Schulze (78) u. A.], sowie der äusseren Haarwurzelscheide von Brunn (12)]; in dem Cylinderepithel des Darmes [R. Heidenhain (34), Nicolas (59), Carlier (16)] und des Magens [Ognew (63), Garten (24), Carlier (16)]; i dem einfachen Pflasterepithel der Descemet’schen Haut [Smirnow (80), Nuel et Cornil (62)], der serösen Häute [Ranvier (70), Kolossow (37) unabhängig von Ranvier, Nicolas (61), Muscatello (58)] und der Blut- und Lymph- gefässe [Kolossow (37)]; in zwei oberflächlichen Zellschichten Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes etc. 3 des Blasenepithels |Dogiel (18)]; in dem Epithel der Graaf- schen Follikel [Paladino (64)], sowie zwischen den Elementen dieses letzteren Epithels und der Eizelle selbst [Flemming (21), Retzius (72), Paladino (64)], sondern dass sie überhaupt in allen Deekepithelien ohne Ausnahme vorhanden ist. Derartige Verbindungen der Zellen habe ich auch in allen von mir unter- suchten Drüsen, sowohl in ihren secretorischen Theilen, als auch in den Ausführungsgängen constatirt, nämlich: in den Hautdrüsen (Talgdrüsen, Schweissdrüsen, Milchdrüsen), — den einfachen Schleimdrüsen der Mundhöhle, der Zunge, der Speiseröhre (beim Hunde) und der Luftwege, — den Speicheldrüsen: Glandula submaxillaris, sublingualis, orbitalis und parotis (so wie auch den einfachen serösen Drüsen der Zungenwurzel), — den Magen- drüsen (Fundus- und Pylorusdrüsen), — den Brunner’schen und Lieberkühn’schen Drüsen, — der Bauchspeicheldrüse, — der Leber, Nieren, Nebennieren, Schilddrüse, Samendrüse und Uterusdrüsen (s. Tafelabbildungen). Dabei lässt sich auch her- vorheben, dass die secernirenden Elemente nicht nur einer und derselben Art, sondern auch verschiedenartige Drüsenzellen mit- einander in organischer Verbindung stehen, wie Schleimzellen mit Elementen der Halbmonde in der Submaxillardrüse (Taf. II, Fig. 1, 2, 3,4) und die Haupt- mit den Belegzellen in den Lab- drüsen (Taf. I, Fig. 21, 22, 23, 24). Was die Neuroepithelien der Sinnesorgane anbetrifft, so habe ich mich auch hier von der Anwesenheit der besprochenen Verbindungen überzeugen können, und zwar im Speciellen bei Untersuchung der Geschmacksknospen: die Geschmackszellen sind sowohl miteinander als auch mit den Deckzellen, welche ihrerseits mit den Elementen des polymorphen Zungenepithels zusammenhängen, durch Intercellularbrücken ver- bunden (Taf. II, Fig. 23). Hieraus geht meines Erachtens hervor, dass die organische Verbindung der Zellen des Epithelgewebes als eines der charakte- ristischen morphologischen Merkmale für dasselbe betrachtet wer- den kann. Dieses Merkmal ist um so mehr charakteristisch, als es gegenwärtig, der Heitzmann’schen Theorie (35) entgegen, ganz klar festgestellt ist, dass die organische Verbindung keines- wegs den Zellelementen aller Gewebe des thierischen Körpers zukommt und nicht als eine constante Erscheinung betrachtet werden kann. Hierbei möchte ich auf die Elemente der 4 A. Kolossow: glatten Muskulatur hinweisen, zwischen denen bei Wirbel- thieren keine Verbindungsbrücken vorkommen. Ich kann dies auf Grund meiner eigenen Untersuchungen, welche den Angaben aller Autoren, die sich im Verlaufe der letzten zehn Jahre mit dieser Frage beschäftigt haben [Kultsehitzky (42), Busachi (15), Barfurth (2), Klecki'(36),: de’.Bruyne (lass) Nicolas (60), Werner (89), Boheman (6), Sehultz (77) und Triepel (87)] widersprechen, mit Bestimmtheit behaupten, da ich mich vollkommen davon überzeugt habe, dass bei Wirbel- thieren aller Klassen zwischen diesen Zellen nur scheinbare Ver- bindungsbrücken zu sehen sind, welche bei der Contraction der Muskelzellen, in Folge einer eigenthümlichen Structur derselben, auftreten. Darüber habe ich bereits vor etwa einem Jahre (den 9./21. December 1896) in der Sitzung der biologischen Section der Gesellschaft der Naturforscher bei der Kaiserl. Universität in Warschau eine Mittheilung gemacht und die betreffenden Prä- parate demonstrirt!). Die organische Verbindung der Zellen im Epithelgewebe tritt bei der oben beschriebenen Behandlungsmethode um so leichter zu Tage, je reicher die Zellen an Protoplasma sind. Sie tritt nämlich sehr leicht in allerlei geschichteten, sowie in den ein- fachen cylindrischen Deckepithelien hervor, verhältnissmässig schwer dagegen in den einfachen platten Deekepithelien?) und desgleichen in allen denjenigen Drüsenepithelien, deren Elemente, wie zum Beispiel in der Thränendrüse, oder in den Schleim- und Schleimspeicheldrüsen, durch Secret, welches die Hauptmasse des Zellkörpers ausmacht,, prall gefüllt sind. In solehen Epithelien, wenn die Drüse im Ruhezustand verharrt, lässt sich in keiner Weise das Auseinanderweichen der benachbarten Zellen an der ganzen Ausdehnung der einander zugewandten Flächen hervor- rufen; dasselbe tritt nur an den basalen Abschnitten der Zellen 1) Diese meine Arbeit „Ueber die Structur und die gegenseitigen Beziehungen der glatten Muskelzellen bei Wirbelthieren“ wird dem- nächst veröffentlicht werden. 2) Besonders schwer sind durch die empfohlene Methode die Inter- cellularbrücken in dem Gefäss- und dem respiratorischen Lungenepithel nachzuweisen; in diesem letzteren Epithel konnte ich sie bis jetzt nicht zwischen den platten Elementen, sondern nur zwischen den kubischen, zu kleinen Gruppen angeordneten Zellen sehen. Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes ete. 5 ein, an den übrigen dagegen bleiben die letzteren so nahe zu- sammen liegen, dass man keine Grenzen wahrnehmen kann. Dies hat zur Folge, dass die Zellen daselbst an wirklichen und opti- schen Schnitten durch einfache Linien abgegrenzt zu sein scheinen PR, Bis 11 (rechts),.20, 21, 22; Taf, Fig. 1,.2, 17, -27, 28), wobei diese einfachen Linien leicht als Kittleisten angesehen werden können (s. bei M. Heidenhain Lit.-Verz. Nro. 29, S. 119—120 betreffend die „Kittlinien“* des Darmepithels). In den funetionirenden Drüsen dagegen, überall dort, wo die Zellen vollkommen oder grösstentheils des Secrets ledig sind, scheinen die vermeintlichen Kittlinien doppelt zu sein, wobei die Intercellular- Lücken und -Brücken bis zum Drüsenlumen zu verfolgen sind (Taf. I, Be 1217,23, 24; Taf. 1, Fig, 4, 13,15, 18, 19; 26, 30). Eben solche bis zum Drüsenlumen sich erstreekende Lücken und Brücken sieht man auch an Präparaten von der Milch- und Schilddrüse, deren secernirende Elemente, wie bekannt, niemals mit Secret allzu stark gefüllt werden (Taf. I, Fig. 6, 7, 13, 14). In den Talgdrüsen werden bei meiner Behandlungsmethode die Intercellular-Lücken und -Brücken sowohl zwischen den protoplas- matischen, an der Peripherie gelegenen, als zwischen allen cen- tralen Zellen, welche in verschiedenen Stadien ihrer physiolo- gischen Degeneration dennoch im lebendigen Zustande begriffen sind, sichtbar; zwischen den absterbenden Zellen dagegen, welche durch einen geschrumpften Kern sich auszeichnen und deren Proto- plasma eine rigide, halbtrockene Masse darstellt, markiren sich die Grenzen als einfache Linien (Taf. I, Fig. 1). Es ist zu bemerken, dass die organischen Verbindungen zwischen den Zellen im Epithelgewebe auch durch die Flemming’sche und Hermann'sche Flüssigkeit, sowie durch viele andere hergestellt werden können, falls man diesen 10 und mehr Procent irgend eines Neutralsalzes hinzufügt. Sie treten dennoch nicht überall hervor, sondern nur da, wo die Zellen reich an Protoplasma sind und kommen weniger deutlich zum Vorschein, als bei Anwendung der empfohlenen Fixirungsmischung. Dies lässt sich dadurch erklären, dass die anderen Fixirungsflüssigkeiten, besonders Alcohol, das Zellprotoplasma sofort rigid machen, so dass dasselbe beim Entziehen des Wassers durch das in der Fixirungsflüssigkeit gelöste Neutralsalz entweder sehr wenig, oder gar nicht weiter schrumpfen kann, Osmium-essig-salpetersäurelö- sung, sowie eine reine Osmiumsäurelösung, thut dies nicht, da sie erst nach längerer Einwirkung die Zellform vollkommen fixirt. Die Ein- spritzung der Fixirungsflüssigkeit mit Neutralsalz in Blutgefässe, wo- 6 A. Kolossow: durch die von mir angewandte Methode von der Methode, die durch Hammar (27, 28) für Herstellung des primären Zusammenhanges zwischen den Blastomeren angewandt wurde, sich wesentlich unter- scheidet, ist nothwendige Bedingung, um gute Resultate über die Zell- verbindungen in denjenigen Epithelien, wo man Intercellularbrücken bis jetzt aufzufinden nicht vermochte, zu erhalten. Die vorläufige Fixirung der Organe durch Injeetion einer fixiren- den Flüssigkeit in die betreffende Arterie (je nach dem Zwecke, mit oder ohne Neutralsalz) ist überhaupt die einzige zweckmässige Fixirungs- methode, da nur dabei eine schnelle und gleichzeitige Fixirung der sämmtlichen Formelemente zu erzielen ist. Es ist desshalb zu wünschen, dass in allen denjenigen Fällen, in welchen es möglich ist, wenn man die feinsten Strukturen studiren will, die Objecte durch diese Methode, die bis jetzt bei den Forschern nur wenig zur Anwendung gekommen istl), fixirt werden. Was die Natur der Intercellulärbrücken des Epithelgewebes anbetrifft, so erscheinen sie bei meiner Behandlungsmethode fast überall mit Ausnahme des geschiehteten Pflasterepithels als ein System anastomosirender Scheidewände, welche sich zwischen den zugewandten Seitenflächen der Zellen befinden und eine Art unmittelbarer Fortsetzung der peripherischen verdichteten Schicht der Protoplasmafilarmasse derselben darstellen, so dass man es hier, streng genommen, nicht mit eigentlichen Brücken zwischen den in der Nachbarschaft nebeneinander gelegenen Zellen, son- dern mit einer Schicht dünnwandiger, wohl miteinander stellen- weise communieirender Alveolen zu thun hat, deren Scheidewände auf den Querschnitten als faden- oder strangförmige Brücken, auf der Flächenansicht aber als zartes Maschenwerk erscheinen (s. Taf. III, Fig. 14), wie es neuerdings F. Schulze (7) für das Hautepithel der lebenden jungen Amphibienlarven be- schrieben hat?). 1) In der letzten Zeit war diese Methode, so viel ich weiss, nur von Mann (51) und Carlier (16) angewandt. 2) Es ist kaum zu bezweifeln, dass die durch F. Schulze (l. ce.) hervorgehobene Thatsache, dass „in der Regel deutlich wahrnehmbare Verbindung mittelst einschichtig netzförmiger Zellbrücken gerade im lebenskräftigsten, also normalen Zustande entweder gar nicht oder nur schwer erkennbar zu sein pflegt, während sie um so deutlicher und auffälliger wird, je länger die Zwangslage der Beobachtung und die drückende Einwirkung des Deckblättcehens dauert“, nicht dadurch bedingt ist, dass zwischen den Zellen eine zähflüssige Grenzschicht existirt, in welcher in Folge von Circulationsstörungen Iymphähnliche Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes ete. be | An Präparaten, welche nach meiner Methode angefertigt wurden, treten diese in Wirklichkeit verschwindend kleinen lamellösen Brücken in Folge ihrer durch Schrumpfung des Zell- protoplasmas hervorgerufenen Spannung sehr deutlich hervor, und zwar überall da, wo die Zellenkörper mässig geschrumpft er- scheinen, an den Stellen dagegen, wo diese letzteren stark ge- schrumpft und desshalb ziemlich weit auseinandergewichen sind, sieht man zwischen ihnen entweder keine oder stellenweise nur unregelmässige strang- s. fadenförmige Verbindungsbrücken, die augenscheinlich als Kunstproduet aus den lamellösen in Folge der übermässigen Spannung und eines partiellen Zerreissens der- selben entstehen. Derartige Spannungen und Zerreissungen kommen zweifellos unter normalen Bedingungen in den Graaf- schen Follikeln vor. Während in den jungen Follikeln, welche mit platten Epithelzellen ausgekleidet sind, die Eizelle mit ‚den letzteren durch verschwindend kleine lamellöse Brücken verbunden ist, treten in den wachsenden Follikeln in Folge einer ansteigenden Spannung und Zerreissung dieser Brücken unter dem Druck der Follikularflüssigkeit deutliche fadenförmige Verbindungs- brücken hervor. Ob die lamellösen Brücken des Hautepithels der jungen Amphibienlarven sich eben durch Spannung und partielles Zerreissen in die fadenförmigen umwandeln, welch’ letztere nach Flemming (s. Merkel-Bonnet’s Ergebnisse d. Anat. u. Entwickelungsgesch. Bd. 4, S. 524) schon älteren Larven eigenthümlich sind, wie dies F. Schulze annimmt, kann ich nichts Bestimmtes sagen. Ich möchte nur einige Worte über die Natur der zuerst von Bizzozero (4) beschriebenen räth- selhaften Anschwellungen in der Mitte der fadenförmigen Brücken des Hautepithels der Säugethiere anführen. Bei meiner Behand- lungsmethode treten diese Anschwellungen sowohl in der Epidermis Flüssigkeit in Form kleiner Tröpfehen ausgeschieden wird, wobei diese Tröpfchen, allmählich an Grösse zunehmend, die zwischen ihnen be- findliche zähflüssige Grundmasse zu einem Gitternetze reduciren, wie F. Schulze annimmt, sondern dadurch, dass in Folge der reizenden Druckwirkung des Deckgläschens auf das Protoplasma und der Ver- dunstung des Wasser vom Präparat, Schrumpfung und Auseinander- rücken der lebenden Zellen zu Stande kommt, wobei die Intercellular- brücken, die wegen ihrer Kleinheit früher entweder gar nicht, oder nur andeutungsweise zu erkennen waren, nun immer mehr und mehr deutlich hervorzutreten anfangen. 8 N. Kolossow: als auch im Epithel der Zunge (besonders der Papilla foliata) sehr deutlich hervor, sie sind aber nicht überall sichtbar; so fehlen sie gänzlich an den Brücken zwischen den basalen Zellen, ebenso an den Brücken zwischen diesen und den oben gelegenen Zellen, oder kommen hier nur andeutungsweise zum Vorschein. In den mittleren Zellschichten dagegen fehlen sie nie, falls nur die Intereellularräume mehr oder weniger erweitert sind; falls aber diese Räume sehr verengt erscheinen, sind sie an solchen Stellen auch hier nieht zu eonstatiren (Taf. I, Fig. 9). Die letz- tere Thatsache berechtigt uns zur Annahme, dass diese An- schwellungen nieht präformirt sind und keine elastischen Organe darstellen, welche nach Ranvier (68) Erweiterung und Ver- engerung der Intercellularräume bedingen sollen, sondern viel- mehr sich bei Erweiterung dieser Räume in Folge irgend welcher Umstände gelegentlich ausbilden und zwar wahrscheinlich des- halb, weil überall dort, wo sie auftreten, die Brückensubstanz compacter und weniger ausdehnbar ist, als das übrige Zellproto- plasma, so dass beim Auseinanderrücken benachbarter Zellen hauptsächlich die Brückenenden ausgedehnt werden, während ihre Mitte fast keiner Veränderung unterliegt und dadurch als rund- liche oder vielmehr als walzenförmige Verdiekung erscheint. Im Rachenepithel (bei der Katze) konnte ich sogar bei starker Schrumpfung der Zellen, d. h. bei starker Spannung der Inter- cellularbrücken an diesen letzteren keine Anschwellungen erkennen, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass hier die Brückensubstanz ebenso weich und dehnbar ist, als das übrige Zellprotoplasma. Die hypothetische Kittsubstanz habe ich nirgends im Epithelgewebe auffinden können und bezweifle ihre Existenz. Die Intercellularlücken sind zweifellos mit Lymphe (Epithellymphe Flemming's (22, 23)) erfüllt, welche in den Drüsenepithelien während der Secretions- oder, richtiger gesagt, der Exeretions- thätigkeit derselben durch diese Lücken (und Brücken), so klein sie auch sein mögen, in das Drüsenlumen hineinfiltrirt wird und den flüssigen Antheil des Drüsenseeretes bildet. Die Thatsache, dass durch Eisenhämatoxylinfärbung nach M. Heiden- hain in verschiedenen Deck- und Drüsenepithelien die sog. Kitt- leisten oder Schlussleisten hervortreten [Zimmermann (90), Bonnet (11), Cohn (1%), Carlier (16)] kann die Existenz Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes ete. 9 einer besonderen Kittsubstanz nieht beweisen, wie es neuerdings Solger (81) auf Grund seiner Untersuchungen geäussert hatte und wie es auch aus dem von mir Mitgetheilten über die ein- fachen Grenzlinien zwischen den Zellen in verschiedenen Drüsen- epithelien hervorgeht. Die empfohlene Behandlungsmethode lässt nicht nur die gegenseitigen Beziehungen der Zellen im Epithelgewebe, sondern zugleich auch den Bau und die functionellen Veränderungen in vielen Drüsenepithelien aufklären. Es versteht sich von selbst, dass man für Herstellung feinerer Zellstrueturen die Fixirungs- mischung (am besten aus 100 e. e. !/,°/, Osmiumsäurelösung, 1.c e. Eisessig und 5—6 Tropfen 30°/, Salpetersäure) ohne Zu- satz von Neutralsalz in Anwendung bringen soll!); im Uebrigen verfährt man, wie oben angegeben wurde. Die Resultate, zu denen ich beim Studium der Structur und der funetionellen Veränderungen der secernirenden Elemente in Sehleim- und Sehleimspeicheldrüsen gelangte und die mit den Angaben der Autoren, die sich mit dieser Frage beschäftigten [R. Heidenhain (3), Lawdowsky (49, 50, Langley (46, 47), Stöhr (8, 84, 85, 86), Schiefferdecker (76), Ranvier (69), R. Krause (39), Mislawsky u. Smir- now (53), Solger (81) u. A.] nicht in allen Punkten überein- stimmen, kann ich in folgende Worte fassen. Als wesentlicher Formbestandtheil des Körpers der. schleim- produeirenden Zellen ist das protoplasmatische Gerüst zu betrach- ten. Letzteres hat je nach dem Stadium der Seeretions- und Excretionsthätigkeit der Zelle ein verschiedenes Aussehen. In der ruhenden, mit Seeret prall gefüllten Zelle erscheint dasselbe stets als ein feines Schaumwerk, welches an der Peripherie eine dünne verdichtete, eetoplasmatische Schicht bildet, die sich un- mittelbar in die lamellösen Zellbrücken fortsetzt; an der gegen das Drüsenlumen gerichteten Zellenoberfläche fehlt solche ecto- 1) Ich halte es für nothwendig zu bemerken, dass bei Anwen- dung der Fixirungsmischung ohne Neutralsalz die Objecte unter der Einwirkung der Tanninlösung verhältnissmässig schwach geschwärzt werden und in Folge dessen einige Details der Structur, welche im Falle der Anwendung der Mischung mit Kalium nitriecum ganz unsicht- bar werden, nun nicht so scharf hervortreten, wie man es wünschen möchte. 10 A. Kolossow: plasmatische Schicht gänzlich, so dass hier der Zellkörper bloss durch Wände der mit Secret gefüllten Vacuolen begrenzt wird (Taf. 1,-Fig. 11; Taf. II, Fig. 1, 2, 17, 25). Dieses Geristäst activ contraetionsfähig und desshalb wird das Secret aus der Zelle entleert. Bei seiner Contraction erfolgt nämlich durch Spannung eine Verdünnung derjenigen Wände der peripherischen Seeretvacuolen, welche an das Lumen der Drüsenkammern an- grenzen. Diese Wände platzen dann. Die übrigen Scheidewände der geplatzten Vacuolen aber werden sofort zurückgezogen, um der verbliebenen Gerüstmasse einverleibt zu werden. Hierauf bersten allmählich Vacuolen tiefer liegender Schichten, wobei das frei gewordene Secret in Form heller Tröpfehen in das Drüsenlumen gelangt und sich hier in der durch die Intercellular- lücken hindurch filtrirenden Iymphatischen Flüssigkeit auflöst. Bei fortdauernder Contraction des protoplasmatischen Gerüstes, wobei die Seeretvacuolen zum distalen (Lumen-)Ende der Zelle (passiv) fortrücken und an das Drüsenlumen gelangen, wird sein schaumiges Aussehen, von den basalen Theilen des Zellkörpers beginnend, immer weniger deutlich; endlich wird es ganz ver- wischt, so dass das Protoplasma einer Zelle, die den grössten Theil ihres Seeretes entleert hat, nur am distalen, die Seeret- vacuolen noch enthaltenden Ende des Zellleibes sein früheres schaumiges Aussehen bewahrt; in den übrigen Theilen stellt es, ebenso wie das gesammte Protoplasma der vollkommen des Secretes ledigen Zelle eine dichte, an meinen Präparaten dunkel- grau gefärbte Masse dar. Bei Anwendung der Fixirungsmischung mit Zusatz von Kalium nitricum sieht diese Masse in Folge starker Schrumpfungen fast homogen aus (Taf. II, Fig. 13, 17, 26); wurde aber die Mischung ohne Neutralsalzzusatz angewandt, so tritt ihre faserige Structur sehr deutlich hervor; sie erscheint dann als Filarmasse (Spongioplasma), wobei in den basalen Theilen der Zelle, ähnlich, wie.es E. Müller abgebildet hat (s. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 45. Taf. XXVII, Fig. 6) feine, den Zellkörper längsdurchziehende Fäden zu unterscheiden sind. — Beim Wiedererscheinen des Secretes beginnt diese Masse sich von Neuem aufzulockern: in ihr werden kleine helle Vacuolen sichtbar (Taf. II, Fig. 15), welche anfangs nicht zahlreieh sind, dabei sehr verschiedene Dimensionen haben und von einander durch verhältnissmässig dicke Protoplasmaschichten abgegrenzt Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes ete. 11 sind; sie nehmen immer mehr und mehr an Zahl zu und, indem sie fast gleiche Dimensionen erreichen, werden sie endlich so zahlreich, dass die ganze Protoplasmamasse sich in ein System anastomosirender, ausserordentlich zarter Scheidewände um- wandelt. Was die Mikrostruetur der letzteren anbetrifft, so lässt sich eine solche hier nicht beobachten; wenn wir aber auf die Thatsache Rücksicht nehmen, dass das protoplasmatische Gerüst bei der Secretausstossung aus der Zelle sich nie in eine homo- gene Masse zusammenzieht, sondern sogar in denjenigen Zellen, welche vom Secret vollkommen frei geworden sind, immerhin eine diehte Filarmasse darstellt, so muss man annehmen, dass auch in den mit Secret prall gefüllten Zellen das Gerüst, d.h. die die Seceretvacuolen von einander trennenden feinen Scheide- wände nicht homogen sind, sondern wohl eine Art Filar- oder Filzstruetur haben. Ich glaube ferner annehmen zu müssen, dass den lamellösen Intercellularbrücken ebenso irgend eine Structur zukommt, zumal da dieselben für Flüssigkeiten durchgängig resp. porös sind. Die beschriebenen Veränderungen im Aussehen des proto- plasmatischen Gerüstes, welche Veränderungen auf seine Fähig- keit sich activ zu contrahiren hinweisen, treten bei meiner Be- handlungsmethode nach reichlicher physiologischer Speichelab- sonderung — was am besten durch Fütterung eines hungernden Versuchsthieres, Katze, z.B. mit sehnigem, schwer zu verkauen- dem Fleische binnen 1—1!/, Stunde zu erzielen ist — sowohl in den einfachen Schleimdrüsen der Mundhöhle und der Zunge, als auch in der Glandula sublingualis und orbitalis sehr deut- lich zu Tage und sind um so leichter zu beobachten, als die Zellen, wie bekannt, nicht alle gleichzeitig und nicht alle gleich intensiv secerniren. So sehen wir, dass zur Zeit, in welcher einige der Schleimzellen ihr Secret bereits vollkommen ausge- stossen haben, die wiederholte Produetion aber in ihnen noch nicht stattfindet, andere nur theilweise, namentlich in der äusseren Hälfte ihres Körpers, von Secret frei geworden sind und dieses daselbst von Neuem produeiren, daneben auch solche Zellen, die das Secret ausstossen u. s. w. Dementsprechend hat das Gerüst in den Zellen eines und desselben Drüsentubulus auf Durchschnitt dieses letzteren nicht selten ein sehr verschiedenes Aussehen Grat ll, Rig,il3, 25). 12 A. Kolossow: Sehr auffallend ist der Umstand, dass in der Submaxillar- drüse bei lebhafter Speichelabsonderung am protoplasmatisehen Gerüste der schleimabsondernden Elemente etwas abweichende Veränderungen zu constatiren sind. In diesen Elementen zieht sich nämlich dasselbe nur in. der nächsten Nachbarschaft des Zellkernes in eine dicht gefügte Masse zusammen, im übrigen Zellkörper dagegen wandelt es sich nie in eine solehe Masse um, wie es zu erwarten wäre, sondern wird hier nur immer gröber vacuolisirt, wobei die Lamellen dieker werden und nieht mehr zu einem Schaumwerk, sondern vielmehr zu einem Fach- werk angeordnet werden. (Taf. II, Fig. 3, 4, 5, 7). Diese Er- scheinung kann meiner Meinung nach darauf zurückgeführt wer- (den, dass die Protoplasmagerüstsubstanz in den schleimabsondern- den Elementen der Submaxillardrüse ungenügend dehnbar ist, was zur Folge haben muss, dass bei allgemeiner Contraction des Gerüstwerkes die Wände seiner Secretvacuolen nicht nur am distalen Abschnitte der Zelle bersten, wo das frei gewordene Seeret in das Drüsenlumen gelangt, sondern auch im übrigen Zellkörper zerreissen; hier müssen dabei die Secretvacuolen zu- sammenfliessen und dadurch so an Volumen zunehmen, dass sie durch Contraction des Gerüstes nicht mehr nach dem Drüsen- lumen fortzurücken vermögen und daher in situ verharren, ein etwas unregelmässiges grobvacuoläres Aussehen des Zellkörpers bedingend. Nach Beendigung der Exeretion, indem dieses grobe Gerüst sich von Neuem aufzulockern anfängt, bekommt dasselbe allmählich sein früheres, der ruhenden Zelle eigenthümliches Aus- sehen wieder (Taf. II, Fig. 2). Nach lebhafter physiologischer Speichelabsonderung kann man in der Submaxillardrüse der Katzen hie und da in Zerfall begriffene Schleimzellen antreffen (Taf. II, Fig. 3). Die Zahl soleher Zellen ist jedoch so gering und dabei kommen dieselben so unbeständig vor, dass ihre Anwesenheit kaum die Auffassung R. Heidenhain's (33), Lawdowsky's (49,.50) und einiger anderen Forscher von dem Zugrundegehen der Schleimzellen bei der Secretion bestätigen kann. Man darf vielmehr annehmen, dass ihr Auftreten von der Secretion nicht abhängt, d. h., dass einige schleimabsondernde Elemente in den Speicheldrüsen unab- hängig von den Secretionsvorgängen unter ganz normalen Be- dingungen absterben und durch sich vermehrende benachbarte Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes etc. 13 Zellen derselben Art ersetzt werden, was, in Erwägung des äusserst inconstanten Auftretens solcher absterbenden Zellen an Präparaten aus thätigen Drüsen, sehr wahrscheinlich ist und durch die negativen Angaben Bizzozero's und Vassale's (5) zur Zeit noch nieht widergelegt wird. Auf Grund meiner eigenen Untersuchungen kann ich die Angaben R. Krause’s (39) vollkommen bestätigen, dass das Pro- toplasma der Schleimdrüsenzellen bei dem ganzen Seeretionsvor- gang völlig intact bleibt und zur Seeretbildung nicht aufgebraucht wird. — Ebenso wenig betheiligt sich stofflich an der -Secret- bildung der Zellkern, auch nieht mit irgend einem seiner Form- bestandtheile. Die bekannten dabei zum Vorschein kommenden Strueturveränderungen des Zellkernes, welche die allmähliche Um- wandlung desselben in einen unregelmässig geformten Chromatin- klumpen bedingen, in dem das Kernkörperchen nicht mehr zu unterscheiden ist, sind direet von dem immer mehr ansteigenden Drucke von Seiten des an Masse immer zunehmenden Secretes abhängig. Was aber seine Volumvergrösserung, sowie das wieder- holte Hervortreten seines Gerüstes mitsammt dem Kernkörperchen bei der Seeretausstossung betrifft, so soll dies wieder in direeter Abhängigkeit von dem sich dabei vermindernden Drucke durch das au Masse abnehmende Seeret sein. Letzteres wird aus der serösen Ernährungsflüssigkeit, die die secretleere Protoplasmatilar- masse in sich einsaugt, gebildet, und ist als Produkt des Stoff- wechsels aller Formbestandtheile der Zelle, besonders aber ihres protoplasmatischen Gerüstes und des imbibirten flüssigen Nahrungs- materials zu betrachten!). 1) Die Differenzen in den Secreten, welche von den Zellen ver- schiedenartiger Drüsenepithelien abgesondert werden, müssen vor Allem wohl auf eine verschiedene biochemische Natur der Protoplas- magerüstsubstanz der secernirenden Elemente verschiedener Art zu- rückgeführt werden, wobei es auch zu vermuthen ist, dass aus der serösen Ernährungs-Flüssigkeit in die Drüsenzellen, je nach der Art derselben, nicht alle in dieser Flüssigkeit gelösten Stoffe, sondern nur gewisse aufgenommen werden, welche sodann auf dem Wege des Stoffwechsels sich ins Secret dieser oder jener Art umwandeln. — Was die sog. Interfilarınasse s. Hyaloplasma der nichtdrüsigen Epithelzellen anbetrifft, so stellt dieselbe meines Erachtens nichts Anderes als die in den Interstitien des protoplasmatischen Gerüstes (der Filarmasse) befindliche und dasselbe durchtränkende Ernährungsflüssigkeit, somit 14 A.Kolossow: In der Submaxillardrüse bei Katzen und Hunden giebt es ausser den schleimprodueirenden Zellen ohne Zweifel noch anders- artige secernirende Elemente, die die bekannten Gianuzzi- schen Halbmonde s. Randeomplexe bilden. Diese Elemente sind bei den genannten Thieren ausschliesslich der Submaxillardrüse eigenthümlich; in anderen Schleimspeichel- und Schleimdrüsen fehlen sie gänzlich. Sie stellen weder die in seeretleerem Zu- stande sich befindlichen Schleimzellen dar, wie Hebold (29), Stöhr (83, 84, 85, 86), Seidemann (79) und Ra witz (71) annehmen, noch sind sie mit den Zellen der serösen Drüsen iden- tisch, wie es andere Forscher [Küchenmeister (41), Solger (81), Krause (40) u. A.] behaupten. Die Irrthümlichkeit der ersten Ansicht wird schon dadurch bewiesen, dass die Schleimzellen der Glandula submaxillaris bei physiologischer Speichelabsonderung, wie oben erwähnt wurde, nie vollkommen secretleer werden, abgesehen davon, dass die secretleeren Zellen, welche dabei stets in mehr oder weniger be- deutender Anzahl (je nach der Dauer der Secretion) in anderen Schleimspeicheldrüsen, und besonders in der Sublingualdrüse, an- zutreffen sind, durch ein anderes Aussehen charakterisirt sind, als die Elemente der Halbmonde. In diesen erscheint das Pro- toplasma bei meiner Behandlungsmethode nie als dichte Filar- masse, sondern hat ein ähnliches Aussehen, wie das Protoplasma in den mit Secret gefüllten Schleimzellen, d. h. es bildet in dem Zellkörper ein schaumiges Gerüst, welches in seinen Maschen Seeretvacuolen enthält!). Diese Vacuolen müssen den von Sol- ger (79) beschriebenen stark lichtbrechenden Kugeln s. Körnern keine lebendige, sondern, ähnlich den Secreten der secernirenden Epithelzellen, eine inerte Masse dar, welche einen nicht stabilen, un- aufhörlich sich qualitativ und quantitativ wechselnden Theil des Zell- körpers — ein Nahrungsmedium für die geformte, lebendige und wachs- thumsfähige Filarmasse bildet. - 1) Ein derartiges Gerüst in dem Körper der Zellen der Halb- monde wurde schon vor 2 Jahren von E. Müller abgebildet (s. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 45, Taf. XXVII, Fig. 8, 9, 10). Im Text seiner Ar- beit bemerkt er beiläufig, dass die Structur dieser Zellen von der der Schleimzellen verschieden sei, gibt aber nicht an, wodurch diese und jene Zellen, die „in morphologischer, wie in physiologischer Hinsicht Elemente eigener Art sind“, sich ihrer Structur nach von einander unterscheiden. Bl kinisi Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes ete. 15 entsprechen, die au frischen Gefrierschnitten zu sehen sind. Von den ruhenden, mit Seeret gefüllten Schleimzellen unterscheiden sich die Elemente der Halbmonde an meinen Präparaten dadurch, dass ihr Gerüstwerk im Vergleich mit dem der ersteren etwas gröber ist und etwas grössere Secretvaeuolen enthält, welch’ letztere nicht farblos, wie die der Schleimzellen, sondern blass grau gefärbt erscheinen (Taf. II, Fig. 1, 2). Auf sehr dünnen (1 u) Schnitten ist jedoch dieser Unterschied in der Färbung so gering, dass es auf den ersten Blick scheint, dass die Drüsen- tubuli der Glandula submaxillaris überail nur von Elementen einer und derselben Art (Schleimzellen) gebildet sind. Diese Illusion wäre kaum möglich, wenn die Elemente der Halbmonde mit den Zellen der Glandula parotis oder einfacher serösen Drüsen der Zunge identisch wären, da die letzteren Zellen bei derselben (meiner) Behandlung ihrem Aussehen nach von den Schleimzellen und den Halbmondenelementen sich scharf unter- scheiden: dabei erscheinen sie stets mehr oder weniger (je nach dem Stadium der physiologischen Exeretionsthätigkeit) prall mit dunkel gefärbten Körnern erfüllt, so dass ihr protoplasmatisches Gerüst sogar an dünnsten Schnitten gar nicht oder nur andeutungs- weise erkennbar ist (Taf. II, Fig. 18, 19, 20, 24). Solche dunkle Granulation ist bei der erwähnten Behandlungsmethode niemals in den Elementen der Halbmonde zu gewahren und ebenso wenig in den Thränendrüsenzellen (Taf. II, Fig. 27, 28, 29, 30), mit welchen diese Elemente auch nicht gleichwerthig sind. Die Zellen der Halbmonde sind somit Drüsenelemente sui generis; hierauf weisen auch originelle Veränderungen in ihrem Protoplasma hin. Während im Ruhezustande das protoplasmatische Gerüst derselben etwas grob erscheint und relativ grosse Vacuo- len enthält, wird es bei der Exeretionsthätigkeit (bei lebhafter Speichelabsonderung) zarter und feiner vacuolisirt, wobei es all- mählich fast ein eben solches Aussehen annimmt, wie das Gerüst der ruhenden, mit Secret prall gefüllten Schleimzellen (Taf. II, Fig. 3, 4, 6, 7). Mit anderen Worten: die funetionellen Ver- änderungen des Gerüstes der Elemente der Halbmonde sind denen des Gerüstes der schleimabsondernden Zellen gerade gegenüber- zustellen. Diese Thatsache scheint ebenso wenig verständlich, wie die andere schon längst bekannte —, dass die besprochenen Elemente während der Thätigkeit der Drüse sich nicht nur nicht 16 A. Kolossow: verkleinern, sondern vielmehr im Gegentheil an Grösse zunehmen. Ich halte es für nicht unwahrscheinlich, dass die Ursache der oben hervorgehobenen Veränderungen des Gerüstes, sowie der Volumvergrösserung derselben während der Exceretion darin liegt, dass sie dabei die seröse Ernährungsflüssigkeit im Ueberflusse aufnehmen und indem diese sich innerhalb des Gerüstes selbst in Form kleiner Tröpfehen ansammelt, wird es mehr aufgelockert. Bei fortschreitender Einsaugung wird die früher eingesaugte Flüssigkeit mit dem dabei in ihr sich auflösenden Seerete der Halbmondzellen aus der letzteren diffundiren. Nach Beendigung der Exeretion, wenn diese Zellen weiter einzusaugen aufhören und der vorher im Ueberflusse eingesaugten Flüssigkeit sich ent- ledigen, nimmt allmählich ihr Gerüst sein ursprüngliches Aus- sehen wieder an. Wie es auch sein mag, der Annahme, dass die Elemente der Halbmonde ihr Secret in Form kleiner Tröpf- chen resp. Granula ausstossen, widersprechen sowohl die oben betonten Veränderungen des protoplasmatischen Gerüstes, als auch die Volumvergrösserung derselben während der Exeretion!). — Es versteht sich von selbst, dass in der thätigen Submaxillardrüse der Unterschied im Aussehen des Gerüstes der beiderlei secer- nirenden Elemente (d. h. der Elemente der Halbmonde und der Schleimzellen) nicht an allen Stellen des Präparates deutlich auf- tritt, da sowohl diese als jene Elemente in verschiedensten Stadien ihrer Exeretions- und Secretionsthätigkeit begriffen sind. Die Frage genau zu beantworten, welchen Bestandtheil des Seeretes der Submaxillardrüse die „Halbmonde* liefern, ist gegen- wärtig kaum möglich. Keinem Zweifel unterliegt es, nur, dass ihre Zellen weder dasselbe Secret ausarbeiten, als die Zellen der serösen Drüsen, mit welchen sie keineswegs identisch sind, noch Schleim, wie, abgesehen von den oben angeführten Thatsachen, auch die neuerlich unter meiner Leitung durch stud. med. Zeit- lin?) ausgeführten Untersuchungen bewiesen, welcher in keinem Stadium der Seeretionsthätigkeit der Submaxillardrüse (bei Katze und Hund) mit Hülfe der Muchemateinfärbung nach Mayer (92) 1) Gegen diese Annahme hat neulich auch R. Krause (40) aus anderen Gründen sich ausgesprochen. 2) Zeitlin, stud. med., Die secernirenden Elemente der Schlein- speicheldrüsen, ihre Beziehungen zu den Ausführungsgängen und den Nerven. Gekrönte Preisschrift. Warschau 1897 (Manuskript). 52 Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes ete. 17 in den Zellen der Halbmonde Anwesenheit von Schleim consta- tiren konnte. Was die von vielen Forschern [Ramon y Cajal- (66), Retzius (75), Laserstein (48), E. Müller (56, 57), Küchen- meister (41), R. Krause (40)] für die „Halbmonde‘ beschrie- benen Secreteapillaren anbelangt, so treten sie an meinen Präpa- raten, falls die Fixirungsmischung mit Kaliumnitrat angewendet wurde, obwohl nicht ganz deutlich zu Tage, so dass sie, besonders auf Querschnitten, immerhin zu sehen sind (Taf. II, Fig. 8), und dass man dieselben kaum mit den von mir nachgewiesenen Inter- cellular-Lücken (und -Brücken) verwechseln kann. Sie existiren, wie es scheint, neben diesen letzteren ganz selbständig und stellen intercelluläre Kanälchen dar, deren Wände aus verdichteteni Protoplasma gebildet sind. Bei Anwendung der Fixirungsmischung ohne Kalium nitrieum treten diese Kanälchen an einigen Stellen ziemlich deutlich hervor, scheinen aber ausschliesslich inter- cellulär zu liegen; ich habe wenigstens weder an meinen, noch an den durch stud. Zeitlin mit Eisenhämatoxylin nach M. Heidenhain gefärbten Präparaten ihr Eindringen in’s Innere der Zelle mit Sicherheit eonstatiren können. Indessen halte ich meine Untersuchungen für ungenügend, um diese Frage endgültig zu lösen. Die besprochenen, von den secernirenden Elementen sui generis gebildeten „wahren Halbmonde‘“ sind, wenigstens bei Katzen und bei Hunden, wie oben erwähnt, ausschliesslich der Submaxillardrüse eigenthümlieh; in der Glandula sublingualis und orbitalis, sowie in den einfachen Schleimdrüsen verschiedener Regionen giebt es nur vermeintliche Hebold-Stöhr’sche Halb- monde, welche im Ruhezustande dieser Drüsen dadurch zum Vor- schein kommen, dass hier der Submaxillardrüse gegenüber die Schleimzellen gleichsam in einer grösseren Anzahl vorhanden sind, als es möglich ist, damit sie alle an der Begrenzung des Lumens der Drüsentubuli einen gleichen Antheil nehmen könnten, zur Zeit, wenn sie reichlich mit Secret gefüllt sind. In Folge dessen bleibt ein gewisser Theil von ihnen im Ruhezustand der Drüse stets seeretfrei, durch benachbarte mit Seeret prall gefüllte Zellen stark gedrückt, aber nieht an die Peripherie der Drüsentubuli verschoben. Dies geschieht nicht, weil alle Drüsenzellen dureh Intercellularbrücken miteinander verbunden sind und sich daher Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 2 18 A. Kolossow: nicht verschieben können. Hier — an der Peripherie — ist nur der srösste Theil des Körpers einer jeden gedrückten Zelle zu sehen, wovon ein keilförmiger, allmählich an Breite abnehmender Fort- satz bis zum Drüsenlumen hinzieht (Taf. II, Fig. 17). Lediglich in Folge der Feinheit dieses Fortsatzes scheint es an Schnitten, als wenn die Zellen der vermeintlichen Halbmonde mit ihren ganzen Körpern an der Peripherie der Drüsentubuli liegen, wie es Stöhr (l. e.) und andere beschreiben. Es versteht sich von selbst, dass während der Thätigkeit der Drüse die vermeintlichen Halbmonde an Zahl und Grösse zunehmen. Es ist nun ganz ver- ständlich, warum in der Snblingualdrüse, welche sich niemals, sogar bei hungernden Thieren, in vollkommener Ruhe befindet, sondern stets mässig thätig bleibt, die Anzahl und Grösse dieser vermeintlichen Halbmonde, im Vergleich mit den wahren Halb- monden der Glandula submaxillaris, zu gross sind. An den übrigen von mir untersuchten Drüsen studirte ich funetionelle Veränderungen nicht eingehend; ich kann jedoch auf Grund der von mir beobachteten Bilder sagen, dass in den Pylorus- und Brunner’schen Drüsen, in den Schweissdrüsen und in der Thränendrüse diese Veränderungen im Allgemeinen gleich denjenigen sind, welche ich oben für die Schleim- und Schleimspeicheldrüsen (mit Ausnahme der Glandula submaxillaris) beschrieben habe. — Nicht ohne Interesse ist die Thatsache, dass, während in den Pylorusdrüsenzellen (ebenso wie in den Zellen der Brunner’schen Drüsen), wenn sie ihr Seeret entleert haben (solche secretleere Zellen sieht man bei Katzen in verschiedener Anzahl bereits 5—6 Stunden nach der Nahrungsaufnahme) das protoplasmatische Gerüst sich in eine mehr oder weniger dicht gefügte Masse zusammenzieht (Taf. I, Fig. 17), das Gerüst der Hauptzellen der Fundusdrüsen bei der Exeretion ein solches Aus- sehen nur in der Nähe des Zellkernes bekommt; im übrigen Zell- körper wird es dagegen grob und grossvaeuolär (Taf. I, Fig. 23, 24). Es existirt hier also ein derartiger Unterschied, wie zwischen den Zellen der einfachen Schleimdrüsen und der Glandula sublingualis und orbitalis einerseits, und den schleimprodueirenden Elementen der Submaxillardrüse andererseits. Ob dieser Unterschied zu Gunsten der Annahme spricht, dass die Pylorusdrüsenzellen den Hauptzellen der Fundusdrüsen nicht gleichbedeutend sind [Lang- ley (45)], kann ich in Erwägung dessen, dass solcher Unter- Eine Untersuchunesmethode des Epitheloewebes ete, 19 = > schied auch zwischen den schleimabsondernden Elementen ver- schiedener Drüsen, und folglich zwischen den Zellen derselben Art und derselben Funetion zu constatiren ist, nicht bestimmt sagen. Indem ich nun die Frage unentschieden lasse, ob die beiderlei besprochenen Elemente gleichwerthig oder verschiedener Art sind, möchte ich hier nur darauf hinweisen, dass die Pylorus- drüsenzellen sich, ausser den von Langley (45) und Bonnet (10) wahrgenommenen Merkmalen, noch dadurch von den Hauptzellen der Fundusdrüsen unterscheiden, dass sie an ihren äusseren Enden mit je einem kurzen Seitenfortsatze versehen sind, mit welchen Fortsätzen sie sich einander schuppenweise bedecken (Taf. I, Fig. 16), was an den Hauptzellen nicht zu beobachten ist. Was die Struetur und die funetionellen Veränderungen der Belegzellen anbetrifft, so möchte ich hier darauf hinweisen, dass diese Zellen bei meiner Behandlungsmethode sowohl in den funetionirenden, als auch in den ruhenden Drüsen nicht in ihrem ganzen Körper körnig erscheinen, sondern hauptsächlich in dem convexen, nach aussen zugewandten Theile dieses letzteren, wo die im Proto- plasma dieht liegenden Körnchen eine ziemlich dieke peripherische (körnige) Zone bilden, in welcher nahe der freien Oberfläche der Zellkern sich befindet. Diese äussere körnige Zone, in die den Hauptzellen zugewandte Fläche und in den zwischen diesen ein- geschobenen zahnförmigen Fortsatz der Belegzelle übergehend, wird allmählich dünner und hört, wie es scheint, früher auf, bevor sie das Ende dieses Fortsatzes, d. h. das Drüsenlumen erreicht. Ein kleiner centraler Theil des Zellleibes und seine unmittelbare Fortsetzung (mittlerer Theil des zahnförmigen Fort- satzes) bleiben also von Körnchen frei; sie unterscheiden sich durch homogenes Aussehen und blasse grau-bläuliche Färbung von den übrigen mit zahlreichen sich dunkel färbenden Körnchen versehenen Theilen des Zellkörpers (Taf. I, Fig. 21, 23, 24). — Die Volumvergrösserung der Belegzellen während der Thätigkeit der Drüse kommt ausschliesslich durch Zunahme ihres centralen homo- genen Theiles zu Stande, welcher Theil den von Stöhr (82), Hamburger (26), Bonnet (10) und Anderen beschriebenen (als neben dem Zellkerne gelegenen) Vacuolen entsprechen muss; die peripherische körmige Zone wird dagegen dabei bedeutend schmäler, was allem Anscheine nach nicht nur von der Ver- grösserung der Zellobertläche, sondern auch davon abhängt, dass 20 A. Kolossow: die Anzahl der Körnchen selber vermindert wird, etwa dadurch, dass dieselben an der Grenze der körnigen Zone und des centralen homogenen Theiles des Zellkörpers allmählich sieh auflösen. Dies ist um so wahrschemlicher, als in diesem letzteren Theile dabei mitunter zerstreute blasse Körnchen zu sehen sind. In Folge der mehr oder weniger bedeutenden Zunahme des centralen Theiles wird die Belegzelle nicht selten einer Blase mit ungleich- mässig dünner Wand ähnlich, welch’ letztere an ihrer dünnsten Stelle (entsprechend der Abgangsstelle des zahnförmigen Fort- satzes) durchbrochen ist und hier eine zähflüssige Inhaltsmasse der Blase (entsprechend dem Fortsatze selbst) herausfliessen lässt (af. I, #i2323,:24): Von der Anwesenheit irgend welcher Kanälchen resp. Seeret- capillaren auf oder innerhalb der Belegzellen [E. Müller (55), Golgi (25), Langendorff und Laserstein (44), Stöhr (86)] habe ich mich nicht überzeugen können. Die Ursache ihres Auftretens an den nach Golgi’scher Silbermethode ange- fertigten Präparaten bin ich geneigt, in der Schrumpfung der Belegzellen unter Einwirkung der Bichromat-Osmiumsäurelösung zu suchen, wobei zwischen diesen Zellen und der Membrana pro- pria stellenweise mit geronnenem Eiweiss und mit der genannten Fixirungsflüssigkeit erfüllte Spalträume gebildet werden, in wel- chen der Chromsilberniederschlag zur Ablagerung kommt). Während ich die Structur und die funetionellen Verände- rungen, besonders aber die gegenseitigen Beziehungen der Zellen in verschiedenen Drüsenepithelien mittelst meiner Methode studirte, wurde ich auf eine interessante Eigenthümlichkeit in der Structur der seeretorischen Theile einiger Drüsen aufmerksam, welche Eigenthümlichkeit, obgleich sie bereits vor 30 Jahren theilweise bekannt geworden war, ungenau beschrieben und bis jetzt, kann man sagen, als bedeutungslos betrachtet wurde. Es sind nämlich in den Drüsentubulis der Glandula submaxillaris, sublingualis und 1) S. die von mir aufgestellte Theorie der Imprägnation bei der Golgi’schen Methode in der unter meiner Leitung ausgeführten Arbeit von A. Juschtschenko, in Arch. f. mikr. Anat. Bd. 49, S. 587—593. Auf der letzten Seite (Zeile2 von oben) nach meinen Endworten:.. „ist schwierig zu beantworten“, fehlt das Zeichen“. Hierdurch ist un- klar, wo das von mir Gesagte sein Ende hat und wo Juschtschenko seine Darstellung von Neuem fortsetzt. u BR 7 Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes ete. 21 orbitalis; der Gl. parotis und der einfachen serösen Drüsen der Zunge; ferner der von mir untersuchten einfachen Schleim- drüsen der Zunge, der Mundhöhle, der Speiseröhre (beim Hunde) und der Luftwege, der Thränendrüse und allem Anscheine nach auch der Milehdrüse, ausser den secernirenden Zellen, noch eine andere Art constanter Elemente vorhanden, welche ohne Zweifel den von Boll (8, 9) und Anderen beschriebenen Bindegewebszellen (sog. Korbzellen) der Membrana propria ent- sprechen, jedoch keineswegs solche darstellen, sondern den be- kannten, von Kölliker entdeckten muskulösen Elementen der Schweissdrüsen gleichbedeutend sind. Aehnlich diesen letzteren Elementen werden sie bei meiner Behandlungsmethode grau-gelb- lich gefärbt und deswegen treten sie sowohl auf Quer- und Längsschnitten der Drüsentubuli, als auch bei Betrachtung der Drüsentubuli von der Oberfläche aus ziemlich scharf hervor, da das Protoplasma der secernirenden Drüsenzellen dabei eine mehr oder weniger intensive dunkel-graue (fast schwarze) Färbung zeigt. — Besonders deutlich sind sie in den Drüsen der Luftwege zu sehen, wo sie in die Länge gedehnt sind und ihrem Aussehen nach überhaupt eine weitgehende Aehnlichkeit mit den muskulösen Elementen der Schweissdrüsen zeigen; der Unterschied besteht nur darin, dass sie eine geringe Anzahl der den letzteren nicht eigenthümlichen Seitenfortsätze abgeben, durch welche sie mit- einander zu anastomosiren scheinen (Taf. I, Fig. 12). Sie sind hier hauptsächlich (aber nicht ausschliesslich) der Länge der Drüsentubuli nach angeordnet, eine Schieht an der inneren Fläche der Membrana propria, d. h. zwischen dieser und den basalen Flächen der secernirenden Elemente bildend. Sie liegen jedoch nicht dieht aneinander, sondern sind durch enge Zwischenräume getrennt, in welchen die an die Membrana propria befestigten Basalfortsätze der secernirenden Elemente Platz finden (Taf. I, Fig. 12). An den Stellen der Befestigung dieser Fortsätze ist die Membrana propria (mit der umgebenden Bindegewebsschicht) sewöhnlich etwas eingezogen, so dass der Umriss des Drüsen- tubulus auf dem Querschnitte schwach wellenförmig erscheint. Sowohl in diesen, als auch in den anderen oben genannten Drüsen sind die in Rede stehenden Elemente, wie es für die muskulösen Elemente der Schweissdrüsen zur Zeit schon festge- stellt ist (s. Kölliker’s Handbuch der Gewebelehre 6. Aufl. 22 A. Kolossow: S. 258), epithelialer Herkunft; sie erscheinen nämlich überall dort, wo sie vorkommen, als unmittelbare Fortsetzung des Epi- thels der Ausführungsgänge, somit der Zellen der Deckepithelien, und müssen daher als muskulöse Epithelzellen bezeichnet werden. In den Drüsen der Luftwege kann man dieselben als unmittel- bare Fortsetzung der basalen Zellen des Flimmerdeckepithels verfolgen: auf den Drüsenhals und ferner auf die Drüse selbst übergehend, verändern diese Zellen allmählich ihre rundliche Form in eine langausgezogene und bilden sich in muskulöse Epi- thelzellen um (Taf. I, Fig. 10). Diese letzteren sind mit den secernirenden Elementen durch Intercellularbrücken verbunden. Wenn man den Drüsentubulus von der Oberfläche betrachtet, so wird diese Verbindung gewöhnlich nicht wahrgenommen, auf Quer- und Längsschnitten aber ist sie deutlich sichtbar, was da- von abhängt, dass die Seitenflächen der muskulösen Zellen, die den Basalfortsätzen der secernirenden Elemente zugewandt sind, mit diesen letzteren organisch nicht verbunden sind. Intereellular- brücken giebt es nur zwischen den einander zugewandten basalen Flächen der secemirenden und den vorderen Flächen der musku- lösen Zellen. Unter jeder der ersteren sind auf Querschnitten der Drüsentubuli gewöhnlich eine, seltener aber zwei in verschie- dener Höhe querdurcehschnittene muskulöse Epithelzellen sichtbar (Taf. I, Fig. 12 unten). Genau solche gegenseitige Beziehungen zwischen beiderlei Elementen sind bei meiner Behandlungsmethode auch in den Schweissdrüsen zu constatiren, wo diese Beziehungen besonders deutlich hervortreten (Taf. I, Fig. 2, 3, 4, 5). In den übrigen von mir untersuchten einfachen Schleim- drüsen, ferner in den einfachen serösen Drüsen der Zunge und in allen Speicheldrüsen haben die muskulösen Epithelzellen ein etwas anderes Aussehen: sie sind hier, besonders in den serösen Drüsen, mit vielen (3—5) Fortsätzen versehen, durch welehe sie mit einander anastomosiren und also zwischen den basalen Flächen der secernirenden Elemente und der Membrana propria ein eon- tractiles Zellennetz mit rundlichen oder eckigen Maschen bilden, in denen die Basalabschnitte der secernirenden Zellen oder nur Theile dieser Abschnitte zu liegen kommen (Taf. II, Fig. 5, 6, 7, 14, 20, 24). Zwischen diesen letzteren Elementen, in der Richtung nach dem Drüsenlumen, geben die muskulösen Zellen keine Fortsätze ab. PIE VOII IRRE EEE >; RD Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes ete. Es versteht sich von selbst, dass es unmöglich ist, die Con- traction der muskulösen Epithelzellen direet unter dem Mikroskope zu beobachten und sich davon zu überzeugen, dass sie die Be- stimmung haben, das Secret aus den Drüsentubulis in die Aus- führungsgänge einzupressen; hierauf weist jedoch die Thatsache hin, dass bei reichlicher Absonderung des Drüsensecretes diese Zellen stets dicker werden und desshalb in den thätigen Drüsen leichter zu sehen sind (Taf. Il, Fig. 3, 4, 13, 15, 26, 30), als in den ruhenden (Taf. II, Fig. 1, 2, 17, 25 (theilweise), 27, 28). Jedenfalls können sie nieht mit weniger Recht für muskulös ge- halten werden, als derartige Elemente der Schweissdrüsen, da sie diesen Elementen nicht nur ihren Formeigenschaften nach mitunter (nämlich in den Drüsen der Luftwege) sehr nahe stehen, sondern auch überall in gleicher organischer Verbindung mit den secernirenden Drüsenzellen stellen und ähnliche epitheliale Herkunft haben !). In den oben erwähnten einfachen und zusammenge- setzten serösen und Schleimdrüsen stellen sie eine unmittelbare Fortsetzung des Epithels der Endästehen der Ausführungsgänge (der sog. Schaltstücke) dar, welches nicht, wie man es bis jetzt angenommen hat, einschichtig ist, sondern aus zwei Zellschichten besteht; in die muskulösen Elemente der Drüsentubuli setzt sich seine zweite basale Schicht fort, die von Zellen spindelförmiger oder etwas unregelmässiger Form gebildet wird?). Die organische 1) Den Befund M. Heidenhain'’s (31) betreffend die Verbindung der Muskelzellen in den Hautdrüsen der Tritonen durch Intercellular- brücken „mit den ectodermatischen Epithelzellen des Drüsenhalses“ kann ich durch meine eigene Untersuchungen vollkommen bestätigen und mich seiner Annahme anschliessen, dass diese Thatsache gerade darauf hinweise, dass die erwähnten Muskelzellen genetisch zum Ecto- derm gehören. Ihrer epithelialen Herkunft, sowie ihrem Aussehen und ihrer organischen Verbindung mit den Drüsenepithelzellen nach sind sie den muskulösen Elementen der Schweissdrüsen und somit auch denen der oben erwähnten Drüsen gleichwerthig und sollen desshalb ebenfalls als muskulöse Epithelzellen bezeichnet werden. 2) Auf die unmittelbare Fortsetzung des Epithels der Ausfüh- rungsgänge der Gl. parotis, Gl. submaxillaris und der Lippen-Schleim- drüsen in die „Korbzellen“ der Membrana propria, sowie auf die Zwei- schiehtigkeit des Epithels der Schaltstücke in der Submaxillardrüse wies schon im Jahre 1872 v. Ebner (20) hin, obgleich er wegen der Unvollkommenheit damaliger Untersuchungsmethoden nicht vermochte, die von ihm wahrgenommenen Strukturverhältnisse genauer zu stu- 24 A. Kolossow: Verbindung dieser basalen Zellen mit den Elementen der oberen Zellenlage (Taf. II, Fig. 4. 16, 19, 22) beweist zweifellos ihre epitheliale Natur. Sie bilden nicht, wie die letztgenannten Ele- mente, eine compacte Zellenlage, sondern liegen den basalen Flächen dieser Elemente zerstreut an, wie es besonders deutlich Querdurehsehnitte der Schaltstücke zeigen (Taf. II, Fig. 9, 21). Ob sie dabei, ähnlich den musculösen Zellen der Drüsentubuli, mit einander anastomosiren und ein zusammenhängendes Zellen- netz bilden, kann ich nieht bestimmt sagen, da meine Unter- suchungen in dieser Richtung noch ungenügend sind. In der Thränendrüse existiren die musculösen Epithelzellen auch; doch sind sie hier, wenigstens bei der Katze, schwach entwickelt und lassen sich daher schwer nachweisen. Anfangs nahm ich sogar an, dass sie hier fehlen, aber bei genauerem Studium der Präparate, besonders von thätigen Drüsen (nach Pilocarpinvergiftung des Thieres), konnte ich sie auch hier eon- statiren (Taf. II, Fig. 27, 28, 30). In der Milehdrüse einer schwangeren Katze aus der zwei- ten Schwangerschaftsperiode habe ich keine typischen museulösen Epithelzellen in den Drüsentubuli gefunden. Hier waren hie und da zwischen den Basalabschnitten der benachbarten secernirenden Elemente rundliche oder nur etwas in die Länge ausgezogene Epithelzellen zu sehen (Taf. I, Fig. 6, 7), welche als unmittel- bare Fortsetzung der basalen Zellen des Epithels der Ausführungs- gänge (Taf. I, Fig. 8) erscheinen. Es liegt nahe anzunehmen, dass zu Ende der Schwangerschaft, wenn die Milchdrüse ihre volle Entwickelung erreicht, diese Zellen sich in typische musculöse Epithelzellen umwandeln. Die Anwesenheit dieser letzteren in den übrigen von mir untersuchten Drüsen konnte ich weder mit Hülfe meiner Behand- lungsmethode, noch durch andere Methoden eonstatiren und bin daher genöthigt, anzunehmen, dass sie nicht nur in den Drüsen ohne Ausführungsgang — wie Schilddrüse und Nebennieren — fehlen, wo sie auch entbehrlich sind, und in den Sehleimhaut- drüsen des Magens und des Darmes, wo sie durch zwischen den diren und denselben ihre richtige Deutung zu geben. Seine Auffassung, die Membrana propria sei eine epitheliale Bildung, hat keine Vertreter gefunden, ebenso wie die Unna’sche (88) Hypothese, dass die Korb- zellen die Fähigkeit hätten, sich zu kontrahiren. Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes ete. 5 Drüsen verlaufenden Abzweigungen der Muscularis mucosae er- setzt werden, sondern auch in der Leber, in der Bauchspeichel- drüse und in der Niere, wo ihre Anwesenheit, wenigstens in der Bauchspeicheldrüse und in der Niere, nieht weniger nothwendig erscheinen könnte, als in denjenigen Drüsen, wo sie als ein con- stanter Formbestandtheil nachzuweisen sind. Zu Gunsten der Annahme, dass sie auch in den letztgenannten Drüsen fehlen, spricht die Thatsache, dass das Epithel der Ausführungsgänge der Leber (der interlobulären Gallengänge) und der Bauchspeichel- drüse, wie auch das Epithel der Harnkanälchen in ganzer Aus- dehnung einschichtig ist (Taf. I, Fig. 27, 28, 29; Taf. III, Fig. 2, 3,4,r8, 12): Hier muss eine für mich ganz unverständliche Thatsache erwähnt werden: in denjenigen Speicheldrüsen, wo in den Speichel- röhren das sog. Stäbchenepithel vorkommt, ist dieses letztere, dem Epithel der übrigen Abschnitte des Ausführungsgangssystems (der Schaltstücke und der Hauptzweige des Anführungsganges) gegenüber, nicht zweischichtig, sondern stets einschichtig; wenigstens gelingt es nicht, in demselben irgendwo Basal- zellen nachzuweisen, die auf eine Zweischichtigkeit hinweisen könnten. Dieses Epithel wird ganz zutreffend als Stäbehenepithel bezeichnet, da der Zellenleib hier, dem vermeintlichen Stäbehen- epithel der gewundenen Harnkanälchen gegenüber, in der That in relativ dieke mit einander durch feinste Querfäden verbundene Stäbchen zerfällt. Letztere erscheinen an meinen Präparaten (falls die Fixirungsmischung mit Kalium nitrieum angewandt wurde) bei starker Vergrösserung auf wirklichen und optischen Querschnitten als sehr kleine, eckige, dunkel gefärbte Felder, welehe durch helle, von kaum bemerkbaren Verbindungsfäden durehsetzte, Zwischenräume von einander getrennt sind. — Die Jıergliederung des Zellkörpers in Stäbchen findet nur in seinem äusseren Abschnitte statt und nimmt etwa ein Fünftel seiner Länge ein. Dieselbe erfolgt in der Weise, dass die Längsvor- sprünge, welche, wie ich es eonstatiren kann, auf den einander zugewandten Seitenflächen der Zellen vorhanden sind und mit welchen diese ineinander eingreifen, ungefähr am mittleren Drittel der Länge jeder Zelle beginnend, in der Richtung zum proxi- malen Ende immer grösser, d.h. höher werden und immer com- 26 A. Kolossow: plieirtere Form bekommen, was zur Folge hat, dass der Zell- körper gleichsam ausschliesslich aus diesen Vorsprüngen zu be- stehen scheint und unter weiterer Zerspaltung dieser letzteren endlich in Stäbchen zergliedert wird. Diese allmähliche Zer- sliederung des Zellkörpers ist sehr deutlich auf optischen und wirklichen Querschnitten der Zellen zu sehen (Taf. II, Fig. 10 oben, Fig. Ila, 11b, 11e); auf Längsschnitten sind selbstver- ständlich neben den ächten auch vermeintliche Stäbehen, d.h. längsdurchschnittene Vorsprünge sichtbar, welch’ letztere sich von den ersteren nicht immer unterscheiden lassen (Taf. II, Fig. 10). Es ist zu bemerken, dass das obere Drittel des Körpers jeder Stäbchenzelle bei meiner Behandlungsmethode viel weniger intensiv gefärbt erscheint, als die beiden unteren Theile, die eine dunkle, fast schwarze Färbung annehmen. An der Grenze beider Schiehten und in dem oberen schwach gefärbten Abschnitte sind nieht selten 1 bis 3 kleine helle Vaceuolen zu sehen; dieselben entsprechen nicht den von Solger (81) für die Stäbchenzellen der Glandula submaxillaris des Menschen beschriebenen soliden oder vacuolisirten Pigmentschollen, da innerhalb derselben Pig- mentkörnehen niemals zu erkennen sind. Diese Vacuolen sind ganz hell und, falls sie in dem schwach gefärbten oberen Ab- schnitte der Zelle liegen, erinnern sie an Luftbläschen, da eine dünne, dieselben unmittelbar begrenzende Schicht des Protoplas- mas sich intensiv schwarz färbt und als ein schwarzer Ring er- scheint (Taf. II, Fig. 10). Die Ursache des inconstanten Auf- tretens dieser Vacuolen bei meiner Behandlungsmethode ist für mich noch nicht ganz klar. Im gestreiften Epithel der gewundenen Harnkanälchen, welches ebenfalls seit den Untersuchungen R. Heidenhain's (32) als Stäbehenepithel bezeichnet wird, zerfällt der Zellkörper nie in Stäbchen. Man sieht hier nur mehr oder weniger con- plieirt geformte Längsfalten, richtiger gesagt, Vorsprünge auf den einander zugewandten Flächen der benachbarten Zellen, mit wel- chen sie in einander eingreifen (Taf. II, Fig. Ta, 7b, 9) und welche an Längssehnitten der Zellen den Eindruck von Stäbchen machen (Taf. III, Fig. 8), wie dies Böhm-Davidoff(7T) und Landauer (43) auf Grund der Bilder, die man bei Silber- imprägnation nach Golgi sieht, ganz richtig behaupten. Es versteht sich von selbst, dass die besprochenen Falten oder Vor- PER WEHENEE EEE En N Kine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes ete. 27 sprünge mit den von Rothstein (74) und Sauer (75) be- schriebenen, mit Körnchen versehenen, feinen parallelen Proto- plasmagerüstfäden, welche den Zellkörper der Länge nach durch- ziehen, nichts Gemeinsames haben, da diese intracellulär liegen, jene dagegen pericelluläre Bildungen sind. Im Epithel des breiten Theiles der Henle’schen Schleife, giebt es, wenigstens beim Hunde (gegenüber den Angaben Landauer's), keine faltige Vorsprünge auf den Seitenflächen der Zellen; dementsprechend erscheinen diese letzteren hier, wie auch im schmalen Theile der Schleife an Flächenansichten nicht zickzackförmig, sondern polygonal (Taf. III, Fig. 10, 11). Ich gehe nun noch mit wenigen Worten auf die Resultate der Anwendung meiner Methode zur Untersuchung der Baueh- speicheldrüse,: der Leber, des'Hoden, .\.der Graaf- schen Follikel, des Eierstockes, der Sehilddrüse und der Nebennieren ein. In der Bauchspeicheldrüse sind die Intercellulärlücken und -Brücken nicht nur zwischen den die Zymogenkörnchen enthalten- den Drüsenzellen, sondern auch zwischen diesen und denjenigen rundlichen Elementen sichtbar, welche zu Häufehen (Langer- hans’sche Zellhäufehen) angeordnet sind und ihrem Aussehen nach sich ziemlich scharf von den ersteren unterscheiden. An meinen Präparaten erscheinen sie gewöhnlich mehr oder weniger vaeuolisirt und viel weniger intensiv gefärbt als die Zymogen- produeirenden Zellen. Die organische Verbindung derselben mit diesen letzteren und mit einander (Taf. I, Fig. 26) lässt keinen Zweifel darüber bestehen, dass sie Drüsenelemente sind. Die streitige Frage über ihre Herkunft und Bedeutung lasse ich bei Seite, ebenso die Frage über die funetionellen Veränderungen der zymogenproducirenden Zellen. In meinem Laboratorium wer- den gegenwärtig Untersuchungen über diese Fragen durch Herrn Tschasownikow angestellt, welehe noch nicht abgeschlossen sind. Für die Untersuchung der Structur und funetionellen Ver- änderungen der Pancreaszellen ist meine Behandlungsmethode nicht weniger zwecekmässig als viele andere bekannte Fixirungs- und Färbungsmethoden, obgleich sie vor diesen keinen beson- deren Vorzug hat, da es dabei ebenfalls nicht gelingt, an distalem Abschnitte der Zelle das protoplasmatische Gerüstwerk und die in dessen Maschen liegenden Zymogenkörnchen gleichzeitig ans 28 A,Kolossow: Tageslicht zu bringen. Man kann entweder nur jenes, oder nur diese an Präparaten schen; nämlich, bei Anwendung der für Her- stellung der Zellverbindungen empfohlenen Fixirungsmisehung, aber mit erhöhtem (bis 2—2,5°/,) Gehalt von Salpetersäure wer- den die Zymogenkörnehen sowohl in den Zellen selber, als auch in den Ausführungsgängen gut sichtbar (sie nehmen dabei eine charakteristische gelb grünliche Färbung an) (Taf. I, Fig. 25, 27, 28, 29); wurde aber diese Mischung ohne Salpetersäure !) angewandt, so tritt in dem oben erwähnten Abschnitte des Zell- körpers fast in jeder Zelle sehr deutlich ein ausserordentlich zartes und feinvaeuolisirtes Gerüstwerk hervor, die Zymogenkörn- chen dagegen lassen sich nicht erkennen (Taf. I, Fig. 26). Es ist selbstverständlich, dass die Structur des äusseren von diesen Körnchen freien Abschnitte des Zellkörpers in den beiden Fällen nieht erkennbar wird; um dieselbe mehr oder weniger klar her- vortreten zu lassen, sollman die Fixirungsmischung ohne Neutral- salz (s. oben) anwenden, welehe Mischung für den Nachweis der Zymogenkörnehen nicht zu empfehlen ist, ebenso für die Unter- suchung der Langerhans’schen contraacinären Zellen. Bei Anwendung von der Fixirungsmischung mit oder ohne Salpeter- säure, aber mit Kalium nitrieum, kommen dagegen diese Zellen ziemlich deutlich zum Vorschein; sie gehören ohne Zweifel zum Epithel der Ausführungsgänge (der Schaltstücke), lassen aber nicht leicht ihre Beziehungen zum Lumen der Drüsentubuli und zu den secernirenden Elementen bestimmen. Ich hoffe dennoch, dass es bei weiteren Untersuchungen mit meiner Methode möglich wird, dies vollkommen klar zu machen. Ob zwischen den Pancreaszellen, ausser den von mir nachgewiesenen Inter- cellularlücken (und -Brücken), noch besondere Kanälchen (Seeret- capillaren) existiren (Ramon y Cajal y Sala(67), Dogiel (19), Laserstein (48), E. Müller (55) u. A.), darüber kann ich mich nieht bestimmt äussern, ebensowenig über die Existenz 1) Diese letztere Mischung (aus 100 cem 1/,'/), Osmiumsäurelö- sung, 1c conc. Eisessig und 10—12grm Kalii nitriei) gibt fast ebenso gute Resultate für das Studium der gegenseitigen Beziehungen der Zellen im Epithelgewebe, wie die Osmium-Essig-Salpetersäure-Kalium- nitrat-Mischung. Bei meinen Untersuchungen gab ich dennoch der letzteren den Vorzug, da dabei die Zellen etwas regelmässiger schrumpfen und die dadurch auftretenden Intercellularbrücken und -Lücken eben- falls regelmässiger sind. a 2 eu ee Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes ete. 29 solcher zwischen den secernirenden Elementen der serösen Drüsen (Krause (39), E. Müller (55, 57) u. A.) Für mich bleibt es noch fraglich, ob die erwähnten Kanälchen, welche zwischen diesen und jenen Drüsenelementen an fixirten und zweekmässig gefärbten Präparaten hauptsächlich (wenn nicht ausschliesslich) entsprechend den Stellen zu sehen sind, wo die Zellen einander mit ihren Ecken zugewandt sind, in der That präformirte Bil- dungen darstellen, oder ob sie nur dadurch zum Vorschein kom- men, dass die Zellenecken — und dies ist eine gewöhnliche Er- scheinung im Epithelgewebe — mit einander dureh Intereellular- brücken nicht verbunden sind und in Folge dessen unter der schrumpfenden Einwirkung der fixirenden Flüssigkeiten verhält- nissmässig leicht auseinanderweichen, wobei die zwischen ihnen befindlichen sehr engen Spalten in röhrenförmige intercelluläre Gänge umgewandelt werden. Ich halte es nicht für unwahrschein- lich, dass, wenn nicht alle dureh Golgi’sche Silbermethode und durch einige Fixirungs- und Färbungsmethoden nachweisbaren Kanälchen (Secretcapillaren), so wenigstens ein Theil derselben, und nicht nur in den besprochenen Drüsen, sondern vielleicht auch in den wahren Halbmonden der Submaxillardrüse, nichts Anderes, als die erwähnten künstlich erweiterten Spalten zwischen den Zellenecken sind. In der Leber lässt die empfohlene Methode die organische Verbindung der Drüsenzellen nicht nur mit einander, sondern auch mit der Wand der Bluteapillaren nachweisen. An den Stellen nämlich, an welchen die Leberzellen stark geschrumpft erscheinen, kann man zwischen ihnen und der Bluteapillarwand sehr feine Verbindungsfäden bemerken (Taf. III, Fig. 1). Letztere gehen von den Leberzellen als unmittelbare Fortsetzung ihres Protoplasmas ab, aber wo und wie sie an den Bluteapillaren sich befestigen, dies lassen auch die besten Oelapochromate nicht fest- stellen, da das Gefässepithel dabei gewöhnlich ganz unklar zu sehen ist. Dasselbe tritt mitunter nur in den Arterien deutlich hervor, wo es die von mir früher (37) beschriebene Struktur!) 1) Diese Struktur des Gefässepithels, d. h. die gegenseitige Ver- bindung der tiefen mit den Deekplatten versehenen protoplasmatischen Theile seiner Zellen, habe ich unter Anderem an einem meiner Prä- parate, die sich auf die vorliegende Arbeit beziehen, bei Gelegenheit des XII. Internat. medie. Kongresses in Moskau demonstrirt, 30 A.Kolossow: zeigt; an den Capillaren aber gelingt es nicht, solche Struetur des Gefässepithels in den parenehymatösen Organen zu gewahren. — Die Galleneapillaren sind in Folge einer mehr oder weniger star- ken Sehrumpfung der Leberzellen nieht genugsam erkennbar, so dass es unmöglich ist, ihre Beziehung zu den Intercellularlücken und -Brücken genau zu bestimmen. Das Epithel der interlobu- lären Gallengänge, falls die Injeetion des Organs geschiekt war!), tritt deutlich hervor; man kann diese Gänge bis zu ihrem An- fange verfolgen, wo die niedrigen Epithelzellen derselben durch Leberzellen, wie bekannt, plötzlich ersetzt werden (Taf. III, Fig. 2). Ein soleh plötzlicher Ersatz der einen Elemente durch andere ist bekanntlich in den Drüsen eine gewöhnliche Erscheinung. In der Thränendrüse kommt aber ein allmählicher Uebergang (der secernirenden Elemente in die Epithelzeilen der Ausführungs- gänge vor (Taf. II, Fig. 29). Im Epithel der letzteren, seien sie kleineren oder grösseren Kalibers, man kann nicht selten zerstreut liegenden Thränendrüsenzellen begegnen (Taf. II, Fig. 31). Im Hoden ist die organische Verbindung der samenbilden- den Zellen untereinander, sowie mit den Stützzellen sehr schön zu sehen (Taf. III, Fig. 17). Die letzteren geben viele Seiten- fortsätze ab, welche in Form retieulärer Nester fast jede samen- bildende Zelle umgeben (Taf. III, Fig. 18). Die interstitiellen Hodenzellen sind ebenso durch Intereellularbrücken miteinander verbunden (Taf. III, Fig. 19). In den Graaf'schen Follikeln der Eierstöcke tritt die organische Verbindung der Eizelle mit den Follikelepithelzellen nicht, wie es Retzius (72) annimmt, seeundär ein, sondern sie ist primär, da sie bereits in den jüngsten noch von flachen Epithelzellen ausgekleideten Follikeln vorkommt (Taf. III, Fig. 20). Die Zona pellueida der Eizelle stellt allem Anseheine nach nichts Anderes, als einen Rest der Follikularflüssigkeit dar, welehe an- fangs (in den wachsenden Follikeln) sich zwischen Ei und den dasselbe umgebenden Follikelepithelzellen ansammelt und in Folge 1) Gute Resultate betreffend die organische Verbindung der Leberzellen, sowie der Zellen des Epithels der intercellulären Gallen- gänge sind nur unter der Bedingung zu erreichen, dass man die Fixirungsmischung in einen der Aeste der Vena portae injieirt; spritzt man aber dieselbe in den Hauptstamm des genannten Gefässes ein, so wird die Injeetion nie vollkommen gelingen. br Be A A A ut se Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes ete. 31 der allmählichen Resorption ihrer flüssigen Theile sich immer mehr verdichtet. Dafür spricht nämlich die Thatsache, dass bei meiner Behandlungsmethode die Zona pellucida in den nicht reifen Follikeln dasselbe Aussehen bekommt, wie der Liquor Follieuli in den ganz reifen Follikeln: sie erscheint als geronnene feinkörnige gelblich gefärbte Masse. Die letztere wird in dem wachsenden Follikel zunächst in der unmittelbaren Nachbarschaft mit den Follikelzellen verdichtet (Taf. III, Fig. 22), dann schreitet die Verdichtung in der Art fort, dass Schritt für Schritt neue coneentrisch angeordnete, sich intensiver färbende Verdiehtungs- schichten auftreten (Taf. III, Fig. 23), welche centralwärts (nach der Eizelle zu) allmählich miteinander verschmelzen. In Folge dessen sieht man in den ganz reifen Follikeln statt der eoncen- trischen Schichten, rings um das Ei eine fast homogene mehr oder weniger intensiv gelb-graulich gefärbte Zona pellueida, die durch feine radiäre Kanälchen, entsprechend den protoplasmati- schen Verbindungsfäden zwischen den Zellen des Discus Oopho- rus und der Eizelle, durehbohrt ist (Taf. III, Fig. 24). In der Schilddrüse sind die Langendorff’schen Colloidzellen sehr gut zu sehen; sie erscheinen feinkörnig, wobei die Körnehen, ebenso wie das Chromatingerüst des Zellkernes und das Kernkörperchen, dieselbe gelbe Färbung haben, wie die Colloidmasse im Innern des Follikels (Taf. I, Fig. 14, 15, 13). Diese Zellen sind im Drüsenepithel vereinzelt, oder etliche neben- einander anzutreffen. Ueber die nächsten Ursachen ihres Er- scheinens und über ihr weiteres Schieksal kann ich auf Grund meiner Untersuchungen nichts Bestimmtes sagen. Sie scheinen an der Secretbildung keinen Antheil zu nehmen. Das Secret bildet sich, so weit es aus meinen Präparaten zu entnehmen ist, im vorderen Abschnitte derjenigen Drüsenzellen, welche der Colloidmetamorphose zur Zeit nicht anheimgefallen sind; hier erscheint dasselbe in Form von Körnchen, die anfangs eine ähn- liche dunkle Färbung annehmen wie das Zellprotoplasma selbst, alsdann aber allmählich die Eigenschaft sich gelb zu färben be- kommen. Rings um diese Körnchen tritt eine helle Substanz in Form von kleinen farblos erscheinenden Tröpfehen auf, mitsammt denen sie in die den Follikel erfüllende Colloidmasse ausgestossen werden (Taf. I, Fig. 14); hier verschwinden sie allmählich, in- dem sie in den hellen Tröpfehen sich auflösen, wobei diese letz- 32 A. Kolossow: teren gelblich gefärbt werden. Bisweilen treten, wie es scheint, im vorderen Abschnitte des Zellkörpers nieht die Körnehen, son- dern einzig und allein nur helle Vacuolen auf, welehe später ebenfalls ausgestossen werden. (Vergl. die Angaben Anders- son’s (1), mit welchen die meinigen im Allgemeinen überein- stimmen.) In der Rindensubstanz der Nebenniere wird die orga- nische Verbindung der Zellen aller drei Zonen, wie auch die all- mähliche Umwandlung der Zellen der Zona glomerulosa in die der Zona fascieulata deutlich sichtbar (Taf. III, Fig.15,16). Die Marksubstanz dieses Organs habe ich mit meiner Methode noch nicht eingehend studirt. Zum Schluss erlaube ich mir, auf den im Anfang dieser Arbeit aufgestellten Satz zurückzukommen, nämlich: dass die organische Verbindung der Zellen im Epithelgewebe ein con-. stantes morphologisches Merkmal für dasselbe ist, und die Frage zu stellen, ob die Intereellularbrücken der Epithelien, im Spe- eiellen der Drüsenepithelien, ausser ihrer mechanischen Bedeu- tung noch Leitungswege für Reize von einer Zelle zur anderen darstellen ? Diese Frage genau zu beantworten, ist gegenwärtig unmög- lich, weil nur die genaueste Bestimmung der Verhältnisse, in welchen sämmtliche Zellen dieses oder jenes Drüsentubulus zu den Nervenendigungen stehen, dieselbe lösen kann. Gegenwärtig kommt, wie bekannt, in der Wissenschaft immer mehr die An- sieht zur Geltung, dass jede Drüsenzelle mit irgend welcher Art von Nervenendigung versehen sei und somit unabhängig von be- nachbarten Zellen funetionire. Meiner Meinung nach dürfen wir dies jedoch kaum behaupten, da weder die Golgische Silber- methode noch die Ehrlieh'sche Methylenblaufärbung alle Nerven des Objects sichtbar machen. Sogar in den Fällen, in welchen wir mit Hülfe dieser Methoden die Berührung einer jeden von mehreren nebeneinander liegenden Drüsenzellen mit Nervenendigungen konstatiren können, können wir doch nicht bestimmt sagen, ob die in der Nachbarschaft mit diesen Zellen gelegenen Elemente, an welchen die Nervenenden unsichtbar sind, ebensolche Beziehungen besitzen und die Abwesenheit der Nerven davon abhängt, dass sie nicht gefärbt sind, oder ob die Ursache ihrer Abwesenheit darin liegt, dass sie hier in der That os [ey Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes etc. fehlen. Die Lösung dieser Frage gehört der Zukunft, wenn wir eine Färbung auffinden werden, die, ähnlich dem Safranin, mit Hülfe dessen sogar verschwindend kleine Quantitäten von Chro- matin nachgewiesen werden können, sämmtliche Nerven an dem Präparate zu sehen ermöglicht. Nur dann werden wir im Stande sein, die topographische Verbreitung der Nervenendverzweigungen in den Drüsen genau zu bestimmen und zugleich zu entscheiden, ob die Intercellularbrücken die Bedeutung von Leitungswegen für Reize haben. Wenn sich erweist, dass sie in der That eine solche Funetion haben (a priori erscheint es sehr wahrscheinlich), dann werden wir auch im Stande sein, festzustellen, wie weit die Reize von einer Zelle zu den anderen sich verbreiten können. Die Thatsache, dass in einigen thätigen Drüsen die Zellen an vielen Stellen nicht alle sich in denselben Stadien ihrer Ex- eretions- und Secretionsthäthigkeit befinden, weist darauf hin, dass sie nicht alle gleichzeitig oder nicht gleich stark zur Thätig- keit angeregt werden, d. h. dass der Reiz, welcher irgend eine Zelle getroffen hat, auf eine geringere oder grössere Anzahl der Nachbarelemente sich verbreitet und dabei allmählich an Intensität abnimmt. Die nächste Aufgabe bei der Untersuchung der Nerven in den Drüsen wäre, die Beziehungen derselben zu den musculösen Epithelzellen zu bestimmen, welche Aufgabe, wenn auch schwierig, so doch wahrscheinlich nicht unlösbar ist. Warschau, den 16./28. October 1897. Literatur-Verzeichniss. 1. Andersson, O., Zur Kenntniss der Morphologie der Schilddrüse. Arch. f. Anat. u. Physiol. 189. Barfurth, D., Ueber Zellbrücken glatter Muskelfasern. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 38. 1891. 3. Derselbe, Zelllüicken und Zellbrücken im Uterusepithel nach der Geburt. Verhanıdl. d. anat. Gesellsch. in Berlin. 1896. 4. Bizzozero, G., Ueber den Bau der geschichteten Plattenepithelien. Moleschott’s Untersuchungen zur Naturlehre. Bd. 11. 1876. 5. Bizzozero, G. und Vassale, G., Ueber die Erzeugung und phy- 2 Archiv f. mikrosk. Anat, Bd, 52 3 I) 34 A. Kolossow: siologische Regeneration der Drüsenzellen bei den Säugethieren. Virchow’s Arch. Bd. 110. 1887. 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Die Figuren 11a, I11b u. 11c auf Tafel II sind bei Zeiss Oelapochromat 2mm und Oecul. compens. 6, die Figuren 10, 20, 21, 22, 23 u. 24 auf Tafel III bei Oelapochr. 53mm und Ocul. com- pens. 4, alle übrigen Figuren bei Oelapochr. 2mm und Ocul. com- pens. 4 entworfen. Tafel 1. Fig. 1. Talgdrüsenläppchen aus der Haut des Unterkiefers einer Katze. Drüsenzellen sind in verschiedenen Stadien ihrer physiolo- gischen Degeneration begriffen. Zwischen allen lebensthätigen Zellen Intercellular-Lücken und -Brücken; zwischen abster- benden Zellen einfache Grenzlinien. Fig. 2, 3 u. 4. Katze. Schnitte durch Schweissdrüsentubuli. Organische Verbindung der secernirenden Elemente untereinander und mit den muskulösen Epithelzellen (M). Fig. 2 u. 4 beziehen sich auf Drüsen im Stadium relativer (aber nicht vollkommener) Ruhe; Fig. 53 auf thätige Drüse. Fig. 5. Katze. Muskulöse Epithelzellen (M) von der Fläche aus ge- sehen; in den die Zellen trennenden Zwischenräumen sind optische Querschnitte der Basalfortsätze (Bf) der secerniren- den Elemente zu sehen. Fig. 6 u. 7. Schnitte durch Drüsentubuli der Milchdrüse einer schwan- geren Katze. Intercellular-Lücken und -Brücken bis zum Drüsen- t0; Pis.'11. Fig. 12; 15, 16. Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes etc. 39 lumen sichtbar. M= Zwischen den basalen Abschnitten der secernirenden Elemente gelegene rundliche und spindelförmige Zellen (zukünftige muskulöse Epithelzellen?), welche als un- mittelbare Fortsetzung der basalen Zellen des Epithels der Ausführungsgänge (Fig. 8) erscheinen. Tiefere Zellschichen der Epidermis eines Kätzchenfusses. Flimmerdeckepithel der Trachea einer Katze. Organische Ver- bindung seiner Zellen untereinander (Behz = eine Becherzelle) und unmittelbare Fortsetzung seiner basalen Zellen auf die Drüse, wo sie sich in die muskulösen Epithelzellen (M) um- wandeln. Dasselbe Object (Katzentrachea). Längsschnitt eines Drüsen- tubulus. Secernirende Elemente (Schleimzellen) sind theilweise, oder grösstentheils vom Secret frei, mit Ausnahme des End- abschnittes des Tubulus, wo dieselben prall mit Secret gefüllt sind, eine Gruppe bildend, welche an ein von der Schleim- halbmonde erinnert, die nach R. Krause’s Untersuchungen (Lit.-Verz. Nr. 40) in der Glandula submaxillaris der Mangusten existiren. M = muskulöse Epithelzellen. Dasselbe Object. Schrägschnitt eines Drüsentubulus. Oben muskulöse Epithelzellen (M) von der Fläche gesehen, zwischen denselben querdurchschnittene Basalfortsätze (Bf) der secer- nirenden Elemente; unten muskulöse Epithelzellen quer und schräg durchschnitten. 14 u. 15. Schnitte durch Drüsentubuli (Follikeln) der Schild- drüse einer Katze. Die Intercellular-Lücken und -Brücken (auf Fig. 13 u. 14) bis zum mit Colloidmasse gefüllten Drüsenlumen sichtbar. Auf Fig. 14 Drüsenzellen in verschiedenen Stadien ihrer Secretions- und Excretionsthätigkeit begriffen; auf Fig. 15 Drüsenzellen auf verschiedener Höhe querdurchschnitten. AZ= Colloidzellen. Theil einer Pylorusdrüse im Stadium relativer (aber nicht voll- “ kommener) Ruhe auf Längsschnitt (Katze). kt, 18. =2T. ..22. Eine Pylorusdrüse 6 Stunden nach der Nahrungsaufnahme auf Querschnitt. Einige Zellen sind fast vollkommen, andere theil- weise vom Secret frei (Katze). Theil einer Lieberkühn’schen Drüse aus dem Katzendünndarm auf Längsschnitt. Organische Verbindung der Zellen. Behz = Becherzellen. Dasselbe Objeet. Auf verschiedener Höhe querdurehschnittene Zellen einer Lieberkühn’schen Drüse. Ein Drüsentubulus von den Brunner’'schen Drüsen auf Quer- schnitt (Katze). Theil einer Fundusdrüse im Ruhezustand (nüchterner Magen) auf Längsschnitt; Bz = Belegzellen (Katze). Ebensolche Drüse auf Querschnitt (Katze). Fig. Eig. < Fig. Fig. 9) _t .'34. A. Kolossow: . Dasselbe, wie auf Fig. 21, 7 Stunden nach der Nahrungs- aufnahme. Dasselbe, wie auf Fig. 22, 7 Stunden nach der Nahrungs- aufnahme. .»25 u. %. Schnitte durch Drüsentubuli des Pancreas einer Katze. Auf Fig. 26 organische -Verbindung der Zellen eines Langer- hans’schen Zellhäufcehens (Z) untereinander und mit Zymogen producirenden Zellen; in den letzteren sind die Zymogenkörn- chen nicht zu sehen, da die Fixirungsflüssigkeit ohne Salpeter- säure angewendet wurde. 27 u. 28. Einschichtiges Epithel des Schaltstückes (aus dem Pan- 0) creas einer Katze), auf Fig. 27 auf Längsschnitt, auf Fig. 28 auf Querschnitt. Einschichtiges Epithel eines Ausführungsganges mittleren Ka- libers (dasselbe Object). Innerhalb des Ganges die Zymo- genkörnchen; dasselbe auch innerhalb der Schaltstücke auf Fig. 27 und 28 und innerhalb der Drüsenzellen selber auf Fig. 25. Tafel II. 1—S8. Schnitte durch Drüsentubuli der Glandula submaxillaris von 5) Katzen. Functionelle Veränderungen der Schleimzellen und der Elemente der Halbmonde (7); organische Verbindung beiderlei Elemente untereinander und mit den muskulösen Epithelzellen (M). Die Schleimzellen und die Elemente der Halbmonde im Ruhe- zustand. Die Schleimzellen und die Elemente der Halbmonde 5 Stunden nach einer lebhaften physiologischen Speichelabsonderung. Beiderlei Elemente sind fast gänzlich in das Ruhestadium übergegangen. 3 u. 4. Die Schleimzellen und die Elemente der Halbmonde so- 6. gleich nach reichlicher physiologischer Speichelabsonderung. Auf Fig. 3 bei x eine absterbende, im Zerfall begriffene Schleimzelle; auf Fig. 4 am Anfange des Schaltstückes (Sch) unmittelbarer Uebergang der basalen Zellen seines zwei- schichtigen Epithels auf den Drüsentubuli in muskulöse Epithel- zellen (M) dieser letzteren. Theil eines Drüsentubulus von der Oberfläche gesehen (thätige Drüse, M=-miteinander anastomosirende muskulöse Epithel- zellen; Schlz = Schleimzellen. Theil eines Halbmondes von der Oberfläche gesehen (thätige Drüse). M= miteinander anastomosirende muskulöse Epithel- zellen. Schrägschnitt durch einen Drüsentubulus (thätige Drüse). M = muskulöse Epithelzellen in den Furchen zwischen den basalen Fig. Fig. Fig. Fig. Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes etc. 41 Abschnitten der Schleimzellen (Schlz) und den der Elemente der Halbmonde. Ss Theil eines Halbmondes auf dem Querschnitt. Querdurchsehnit- tene, zwischen den einzelnen Zellen gelegene Secretcapillaren sind hauptsächlich an den Stellen zu sehen, wo die Zellenecken aneinander stossen. . 9—12. Aus der Glandula submaxillaris einer Katze. &. 9. Schaltstück auf dem Querschnitt. Zweischichtiges Epithel. 10. Einschichtiges Stäbchenepithel einer an verschiedenen Stellen längs, schräg und quer durchschnittenen Speichelröhre; in vielen Zellen sind Vacuolen sichtbar. . 11a, 11b u. 11c. Das Aussehen der Zellen des Stäbchenepithels auf verschiedener Höhe auf optischem Querschnitt (auf Fig. 11e nächst den proximalen Zellenenden). 12. Zweischichtiges Epithel eines Ausführungsgangzweiges auf dem Längsschnitt. . 13. Schnittdurch einen Drüsentubulus der Glandulasublingualiseiner Katze. Secernirende Drüsenzellen in verschiedenen Stadien ihrer Secretions- und Excretionsthätigkeit begriffen. VH= vermeintliche Halbmonde (Gruppen von secretfreien Schleim- zellen). 14. Dasselbe Object. Theil eines nächst der Oberfläche durch- schnittenen Drüsentubulus. M= muskulöse Epithelzellen, zwi- schen denselben basale Abschnitte und Basalfortsätze der seeernirenden Elemente. . 15. Querschnitt durch einen Drüsentubulus der Glandula orbitalis einer Katze nach reichlicher physiologischer Speichelabsonde- rung. Erste Spuren des wiedererscheinenden Secretes; M= muskulöse Epithelzellen. 16. Dasselbe Object (hungerndes Thier). Zweischichtiges Epithel des Schaltstückes und unmittelbare Fortsetzung seiner basalen Zellen in die muskulösen Epithelzellen (M) des Drüsentubulus. 17. Schrägschnittdurch einen Drüsentubulus einer einfachen Schleim- drüse aus dem Konglomerat dieser Drüsen unter der Schleim- haut der unteren Mundlippe in der Nähe der Mundecke (Katze). VH= vermeintliche Halbmonde (secretleere Schleimzelle); M= muskulöse Epithelzellen. 18 u. 19. Schnitte durch Drüsentubuli der Glandula parotis einer Katze nach reichlicher physiologischer Speichelabsonderung. Organische Verbindung der secernirenden Elemente unter- einander und mit den muskulösen Epithelzellen (M). Auf Fig. 19 zweischichtiges Epithel des Schaltstückes und unmittel- bare Fortsetzung seiner basalen (äusseren) Zellen in die mus- kulösen Epithelzellen des Drüsentubulus. 20. Dasselbe Object. Theil eines Drüsentubulus von der Ober- fläche gesehen. Miteinander anastomosirende musculöse Epithel- zellen (M). Fig. A. Koloössow: . 21. Dasselbe Object. Schaltstück auf dem Querschnitt. Zweischich- tiges Epithel. -, 22, Dasselbe Object. Schaltstück und seine Fortsetzung. Aus- führungsgang mittleren Kalibers. In den beiden Abschnitten zweischichtiges Epithel. g. 23. Zwei Geschmacksknospen aus der Papilla foliata einer Kanin- chenzunge. Organische Verbindung der Geschmacksknospen- zellen miteinander und mit den Zellen des polymorphen Zungendeckepithels. . 24. Theil eines Drüsentubulus einer einfachen serösen Drüse der Katzenzungenwurzel von der Oberfläche gesehen. M = mitein- ander anastomosirende muskulöse Epithelzellen. ', 25. Dasselbe Object. Schnitt durch einen Drüsentubulus einer ein- fachen Schleimdrüse. Die secernirenden Elemente in ver- schiedenen Stadien ihrer Excretionsthätigkeit begriffen. VH= vermeintliche Halbmonde, M = muskulöse Epithelzellen. . 26. Dasselbe Object. Die meisten Schleimzellen sind frei vom Secret. M = muskulöse Epithelzellen. .27 u. 28. Schnitte durch Drüsentubuli der Thränendrüse einer Katze. Einige der secernirenden Elemente, durch eine gelb- liche Färbung ausgezeichnet, im Ruhezustand (sind prall mit Seeret gefüllt); M = muskulöse Epithelzellen. . 29. Dasselbe Object. Allmählicher Uebergang der secernirenden Drüsenzellen in die Elemente des Epithels des Ausführungs- ganges (des Schaltstückes). . 30. Schnitt durch einen Drüsentubulus der Thränendrüse einer Katze 15 Stunden nach subcutaner Pilocarpininjeetion (2e.e. von 0,20/, Lösung). Die Intercellular-Lücken und -Brücken bis zum Drüsenlumen sichtbar. M= muskulöse Epithelzellen. 31. Zweischichtiges Epithel eines Ausführungsgangzweiges der Thränendrüse (Katze). Zwischen den Zellen dieses Epithels vereinzelte Thränendrüsenzellen (77). Tafel III. . 1. Schnitt aus der Leber eines Igels. Organische Verbindung der Leberzellen untereinander und (bei x) mit Blutcapillaren- wänden (Ä). . 2. Anfang eines interlobulären Gallenganges (aus der Leber eines Kaninchens). Einschichtiges Epithel. . 3 u. 4. Einschichtiges Epithel der interlobulären Gallengänge ver- schiedenen Kalibers auf dem Querschnitt. .5. Aus der Niere eines jungen Hundes. Epithel des äusseren Blattes der Bowman’schen Kapsel. . 6. Dasselbe Object. Epithel des inneren Blattes der Bowman’schen Kapsel. ;. Ta. Dasselbe Object. Flächenansicht des Epithels eines gewun- tb. co g. 10. "st. JAN. . 20, Eine Untersuchungsmethode des Epithelgewebes etc. 43 denen Harnkanälchens (I Ordinis) in der Nähe der distalen Zellenenden. Dasselbe, von den basalen, äusseren Fläche der Zellen aus ge- sehen. Dasselbe Object. Epithel eines gewundenen Kanälchens auf dem Querschnitt. Vermeintliche Stäbchen. Aus der Niere eines Axolotls. Zwei Epithelzellen eines ge- wundenen Harnkanälchens von der basalen Fläche gesehen. Aus der Niere eines jungen Hundes. Epithel einer in ganzer Ausdehnung vorliegenden Henle’schen Schleife auf dem Längs- schnitt dieser letzteren. . Dasselbe Object. Epithel des breiten Theiles der Henle’schen Schleife von der Oberfläche gesehen. . Aus der Niere einer Katze. Epithel einer Sammelröhre. . Dasselbe Object. Epithel der Papilla renalis. Blasenepithel einer Katze. Querschnitt; bei & sowie an einigen anderen Stellen die netzförmigen lamellösen Intercellularbrücken auf dem Flächenschnitt. . Aus der Rindenschicht der Nebenniere eines Igels. Allmäh- liche Umwandlung der Zellen der Zona glomerulosa ‘Zg) in die Zellen der Zona fasciculata (Zf). . Dasselbe Object. Die Zellen der Zona fasciculata. X = Blut- capillaren. . Aus der Samendrüse eines Katers. Theil eines Samenkanäl- chens auf dem Querschnitt. Organische Verbindung der samen- bildenden Zellen untereinander und mit den Stützzellen. Dasselbe Object. Flächenschnitt durch ein Samenkanälchen in der Nähe seiner Oberfläche. N = seitliche Abzweigungen der Stützzellen zwischen den samenbildenden Zellen, eine Art reticulärer Nester bildend. Dasselbe Object. Organische Verbindung der interstitiellen Hodenzellen untereinander. 21, 22, 23 u. 24. Aus dem Eierstocke einer Katze. Organische Verbindung der Eizelle mit den Follikelepithelzellen und dieser letzteren miteinander. Verschiedene Stadien der Ent- wicklung der Zona pellueida (Zp). Auf Fig. 20 der jüngste Graaf’sche Follikel; auf Fig. 24 Discus oophorus mit der Ei- zelle aus einem ganz entwickelten Follikel. 44 Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen und in den Blutgefässen der Säugethiere. "Von A.S. Dogiel, Professor der Histologie an der Universität zu St. Petersburg. Hierzu Tafel IV, V und VI. Die für die Physiologie und Pathologie des Herzens so wichtige Erforschung der sensiblen Nervenendigungen in diesem Organe wurde, so viel ich weiss, zuerst von A. Smirnoff (1) in Angriff genommen. Aus der recht eingehenden Schrift Smir- noff’s geht hervor, dass das Herz der Amphibien und Säuge- thiere mit besonderen sensiblen Apparaten reichlich ausgestattet ist. Mit Hülfe der Ehrlich’schen Färbemethode fand er bei verschiedenen Säugethieren (Hund, Katze, Kaninchen u. a.) dicke, aus marklosen und wenigen markhaltigen Nervenfasern bestehende Nervenstämme, die im Endokard, unmittelbar über dem Myokard, ein weitmaschiges subendokardiales Geflecht bilden. Von diesem Geflechte gehen Nervenbündel von verschiedener Dicke aus, die sich unter einander verflechten und so, je nach der Dicke des Endokards, eine grössere oder geringere Anzahl eigener Endo- kardialgeflechte bilden. Von letzteren gehen endlich noch feinere Nervenbündelehen ab, die unmittelbar unter dem Endothel das sogenannte subendotheliale Geflecht bilden; dieses entsendet in das Endothel feine, varieöse, sich theilende Fäden, die zwischen den Endothelzellen als intraendotheliale Nerven endigen. Sowohl die dieken markhaltigen Fasern des Subendokardial- geflechts, als auch die feinen markhaltigen und marklosen Fasern der eigenen Endokardialgeflechte theilen sich nach Smirnoff mehrmals in Zweige, die ihrerseits sich wieder theilen und schliesslich in verschiedenen Tiefen der Endokardwand in eine gewisse Anzahl feiner varieöser Fäden zerfallen. Letztere theilen sich wiederum mehrmal in feinste varieöse Fibrillen, die sich in verschiedener Weise untereinander kreuzen und zum Schluss frei in Gestalt verschiedenförmiger Verdiekungen und Anschwellungen Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen etc. 45 endigen. Diese Endverzweigungen besitzen nach Smirnoff eine mehr oder weniger complieirte Gestalt und in einigen von ihnen verlaufen die feinsten varicösen Fibrillen auf (oder viel- leicht in) einer besonderen körnigen Unterlage, welche von Smirnoff „sensible Unterlage“ genannt wird. Nach Smir- noff’s Meinung besteht jene Unterlage aus einer homogenen Grundsubstanz, in welcher kleine Körnchen reihenweise angeordnet ein Körncehennetz bilden. Sensible Apparate finden sich in der ganzen Dicke des Endokards der Vorkammern und ihrer Scheidewand, seltner im Endokard der Kammern und sogar im Bindegewebe des Myo- kards. Bei kleinen Thieren (Maus, Ratte und Igel) fand Smir- noff sensible Apparate sogar im Exokard, wo sie unmittelbar unter dem Myokard liegen. Auf Grund zweier Versuche: 1. Durch- schneidung des Nervus vagus der einen Seite (beim Kaninchen), 2. Durchschneidung des Nervus vagus und Nervus depressor (bei der Katze), die eine Degeneration der sensiblen Apparate zur Folge hatten, kommt Smirnoff zu dem naheliegenden Schlusse, (dass die genannten Apparate im Säugethierherzen die Endigungen des Nervus depressor sind. Hinsichtlich der sensiblen Nervenendigungen in der Wand der Blutgefässe liegen in der Litteratur noch keinerlei Angaben vor. His, Kölliker (1862—1863), R. yCajal und Sala (2), Retzius (3), A. Bietti (4) stellten (besonders die vier letzteren bei Anwendung der Nervenfärbungsmethoden von Ehrlich und Golgi) fest, dass die Nerven der Gefässwand, besonders der Arterien, in verschiedenen Organen (in der Chorioidea, in der Milz, im Panereas u. a.) ein perivasculäres Geflecht bilden, von dem feine varicöse Fäden in die Museularis ziehen, wo sie in sehr feine Fädchen zerfallen, die frei an der Oberfläche der Muskelzellen endigen. Die Nervenfasern, welche diese Endver- zweigungen in der Muscularis der Gefässe bilden, werden von allen Forschern, so viel ich weiss, für die Endigungen motorischer Sympathieusfasern gehalten. Ob es aber in den Gefässen noch Nervenfasern anderer Herkunft giebt und in welchen Beziehungen sie zur Gefässwand stehen, darüber ist bisher in der Histologie noch nichts bekannt. Das perivasceuläre Nervengeflecht ist schon mehrfach von mir an verschiedenen Organen beschrieben worden und bei Be- 46 A.S. Dogiel: handlung der Nerven der Gallenblase (Hund und Katze) und der Iris des Auges (weisse Ratte und Mensch) lenkte ich die Auf- merksamkeit auf den Umstand, dass an die Gefässe nieht nur marklose, sondern oft auch markhaltige Nervenfasern herantreten. Die letzteren verlieren gewöhnlich ihre Markscheide in einer ge- wissen Entfernung von der Gefässwand und verlieren sich darauf als marklose Fasern im perivaseulären Geflechte. Die Art und Weise ihrer Endigung wurde von mir nicht eruirt. Das ist alles, was mir bisher über die anatomischen Beziehungen der Nerven zu den Gefässen bekannt war. Im Hinblick darauf, dass die Untersuchungen Smirnoff's, ungeachtet ihrer interessanten Ergebnisse, noeh von keiner Seite her bestätigt wurden, und dass sie hauptsächlich Endigungen der sensiblen Nerven im Endokard betreffen, entschloss ieh mich, die Versuche zu wiederholen und zu ergänzen, und ausserdem noch eine genaue Untersuchung der Nervenendigungen in der Blutgefässwand anzustellen. Die sensiblenNervenendigungen des Herzens (Fig. 1—9). Meine Untersuchungen beziehen sich auf die Vor- kammern und Kammern des Herzens bei verschiedenen Säuge- thieren, besonders der Katze und des Hundes!). Die Nerven- färbung geschah nach der von mir modifieirten Ehrlieh’schen Methode, wie ich sie schon mehrmals ausführlich beschrieben habe. Fixirt wurden die Präparate ausschliesslich mittelst einer gesättigten wässerigen Lösung von pierinsaurem Ammoniak. Für gewöhnlich wurde von den 1, 1!/, oder im Maximum 2[] em grossen, bereits fixirten Stücken der Kammern oder Vorkammern vorsichtig das Endokard von einem Theile des Myokards abgetrennt, oder umgekehrt das Perikard von .einem Theile des Myokards, je nachdem die Nervenendigungen im Perikard oder im Endokard untersucht werden sollten. Hierdurch erhält man genügend dünne und zur mieroscopischen Untersuchung völlig geeignete Präparate, die auf dem Objeetträger in Glycerin so orientirt werden, dass die Oberfläche des Perikards oder des Endokards dem Auge des Beschauers zu gewandt ist. 1) In neuester Zeit war es mir möglich, das Herz eines Kindes zu untersuchen, und ich fand auch hier dieselben Endigungen der sensiblen Nerven wie beim Herzen der Säugethiere, Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen etc. 47 Ausser dieser Fixirungsmethode gelangte auch die unlängst von Bethe empfohlene Fixirung durch molybdänsaures Ammonium zur Anwendung und zwar in der Weise, dass die Präparate zu- erst in pierinsaurem Ammonium fixirt und darauf auf 24 Stunden bei 0°C. oder bei Zimmertemperatur in die Molybdänammonium- lösung (1:10 ohne Zusatz von Wasserstoffsuperoxyd) übertragen wurden. Darauf wurden die Präparate 5—6 Stunden in Wasser ausgewaschen, mit Alcohol entwässert und zum Schluss durch Xylol aufgehellt in Damarxylol oder Kanadaxylol eingeschlossen. Bei Anwendung dieser Methode machte ich jedoch die Erfahrung, dass bei den mit molybdänsaurem Ammonium bei Zimmertem- peratur fixirten Präparaten die Färbung stets und besonders bei 12 bis 24 stündiger Einwirkung von Alcohol mehr oder weniger verblasste. Eine 2—6 stündige Einwirkung von Alcohol ruft keine wesentlichen Veränderungen in der Nervenfärbung hervor. Immerhin giebt die so modifieirte Bethe’sche Fixirungsmethode unter Beobachtung gewisser Vorsichtsmaassregeln gute Resultate und ich verwandte sie sogar mit Erfolg bei Präparaten, die vor- her schon einige Monate, ja sogar 1-—2 Jahre, in Glycerin ge- legen hatten. Dank der Grösse meiner Flächenpräparate, sowohl derjenigen, die ausschliesslich nach meiner Methode, als auch derjenigen, die nach der aus meiner und Bethe'’s Fixirungs- art combinirten Methode fixirt worden, konnte ich die Nerven sehr weit verfolgen und sowohl den Character ihrer gegenseitigen 3eziehungen, als auch ihrer Endigungen eruiren. Weil, wie aus dem oben gesagten hervorgeht, die Unter- suchungen Smirnoff’s hauptsächlich die Nervenendigungen im Endokard zum Gegenstande haben, wandte ich meine Auf- merksamkeit mehr den Nervenendigungen im Visceralblatte des Perikards zu. An den Herzpräparaten, die mit Methylenblau gefärbt wurden, kann man mit Leichtigkeit sehen, dass in der Tiefe der Perikardsschicht fast unmittelbar über dem Myokard eine Menge verschieden dicker Nervenstämme sich findet und zwar bedeutend mehr im Perikard der Vorkammern als der Kammern. Die allermeisten Fasern, welche die Nervenstämme zusammen- setzen, sind marklos. Zwischen ihnen findet man aber doch, wenn auch in sehr geringer Zahl, fast in jedem Stamme mark- haltige Fasern, welehe sich von ersteren durch die sehr intensiv 48 AD. Dioetel: gefärbten Ranvier’schen Kreuze unterscheiden. Der Durch- messer der markhaltigen Fasern eines und desselben Stämmehens ist sehr verschieden. Die einen erscheinen so dünn, dass sie nur mit Mühe an den Ranvier schen Kreuzen erkannt werden können, andere dagegen sind diek und von einer dieken Mark- sehieht umgeben, die sich zuweilen mehr oder weniger intensiv färbt und dadurch die Faser im Stämmehen sehr deutlich hervor- treten lässt. Einige, besonders die dieken markhaltigen Fasern, verlieren oft zwischen zwei Schnürringen ihre Markscheide, um sie bald wieder zu erhalten, oder verlieren letztere auf weite Strecken, so besonders die Fasern, welche sich bereits vom Stämmehen abgetrennt haben (Fig. 9). Solche Fasern, wenn sie oft ihre Markscheide bald verlieren, bald von neuem bekommen und diese sich mit Methylenblau färbt, erscheinen als Fasern, welche mit srossen eylindrischen varicösen Anschwellungen besetzt sind. Verfolgt man den Verlauf markhaltiger Fasern in Nerven- stämmcehen, so kann man bemerken, dass viele von ihnen sich an irgend einem der Schnürringe theilen. Die aus einer solchen Theilung hervorgegangenen Zweige haben das Aussehen theils markhaltiger, theils markloser Nervenfasern, welche in ihrem ganzen Verlaufe dünn und varieös, oder ziemlich dick und glatt und selten an einigen Stellen leicht verdiekt sind; diese letzteren, ohne das Stämmchen zu verlassen, theilen sich noch mehrfach. Nicht selten verliert innerhalb des Nervenstämmchens die eine oder andere markhaltige Faser ihre Markscheide und verwandelt sich in eine mehr oder weniger feine marklose Faser, die nun keine Markscheide mehr erhält und sich entweder vom Stämm- chen abzweigt, oder in einen Zweig eintritt, der vom Stämmcehen abgeht. Diese Facta zeigen uns, dass von den vielen marklosen Nervenfasern, die ein Stämmchen zu- sammensetzen, einige nur in grösserer oder ge ringerer Ausdehnung ihren Character beibehalten, und zum Schluss in markhaltige Fasern über- gehen. Es kommen übrigens auch nicht selten Fälle vor, wo ein Zweig einer markhaltigen Nervenfaser, der sich noch inner- halb des Stämmcehens abgezweigt hat, in seiner ganzen Ausdeh- nung vom Anfang bis zum Ende marklos bleibt. Die dieken und die feinen Stämmehen geben in ihrem Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen ete. 49 Verlaufe eine Menge verschieden dicker Zweige ab und indem sie allmählich dünner werden, dringen sie in die Bindegewebs- septen des Myokards ein. Einige von diesen Zweigen befinden sich im Perikard, wo sie sich theilend und untereinander ver- fleehtend ein weitmaschiges Geflecht bilden. Andere aber treten zusammen mit den Nervenstämmchen in das Bindegewebe des Myokards ein. An den Zweigen des obengenannten Geflechtes, welches fast unmittelbar dem Myokard aufliegt und desshalb Subperikardialgeflecht genannt werden kann, betheiligen sich je nach der Dieke der Zweige entweder markhaltige und marklose Fasern, wobei letztere an Zahl überwiegen, oder aber nur feine variecöse marklose Fasern. Oft theilt sich an der Thei- lungsstelle eines Stämmchens oder Zweiges des Nervengeflechtes auch die eine oder andere darin befindliche markhaltige Faser, und die aus dieser Theilung hervorgegangenen markhaltigen oder marklosen Fasern wenden sich meist nach verschiedenen Seiten, d. h. sie treten in verschiedene Zweige des Geflechtes ein. Verfolgt man den Verlauf der markhaltigen Fasern, so kann man unschwer bei gelungener Methylenblaufärbung erkennen, dass einige von ihnen sich unmittelbar von den Stämmehen und Zweigen des Subperikardialgeflechtes selbst loslösen und als iso- lierte Nervenfasern sich wellenförmig windend in die äusseren peripheren Schichten des Perikards hinziehen. Gewöhnlich ver- läuft eine solche Faser zu Anfang mehr oder weniger horizontal zwischen den Bündeln der leimgebenden Fasern, darauf verändert sie allmählich ihre Anfangsriehtung und nähert sich der freien Oberfläche des Perikards. In ihrem ganzen Verlaufe giebt die Faser an den Ranvier'schen Sehnürringen zahlreiche mark- haltige Zweige ab, verliert schliesslich in grösserer oder geringerer Entfernung von der Oberfläche des Perikards ihre Markscheide und verwandelt sich in eine mehr oder weniger dicke marklose Faser (Fig. 1, 2, 3, 4, 6 u. 7). Die übrigen markhaltigen Zweige, die durch Theilung einer solehen Faser entstehen, verlaufen mehr oder weniger parallel der Perikardoberfläche, vertheilen sich, gleich der Hauptfaser, in verschiedenen Niveaus des Perikards und verlieren ihre Markscheide je nach ihrer Länge meist an dem zweiten, dritten oder vierten Ranvier'schen Schnürringe. Reeht häufig bilden alle oder viele Zweige, welehe aus der Theilung einer oben beschriebenen Faser hervorgehen, noeh mit Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52, 4 50 A. S. Dogiel: einander ein oder mehrere Geflechte in der Perikardschicht (ihre Zahl hängt von der Dieke dieser Schieht ab), bevor sie diese neuen Geflechte verlassend selbständig als separate Fasern weiter- ziehen. Schliesslich kommen Fälle vor, wo irgend eine mark- haltige Faser, nachdem sie sich vom Subperikardialgeflechte ge- trennt hat, in das Myokard eintritt und daselbst einen längeren oder kürzeren Weg zurücklegt, bevor sie aufs Neue in das Peri- kard tritt, wo sie in ihre Endverzweigungen zerfällt. Jede markhaltige Faser zerfällt, ebenso wie jeder ihrer Zweige, nachdem sie früher oder später ihre Markscheide ver- loren hat, sofort in einige (2, 3 bis 4) Zweige, die sich sehr bald in eine sehr grosse Anzahl verschieden langer und dicker und in verschiedener Weise sich windender Fäden theilen (Fig. 1, 2, 3, 4, 6, 7). Letztere theilen sich ihrerseits wieder mehrfach und in rascher Folge in mehr oder weniger kurze, dieke, nicht selten sich wiederum theilende Fäden, so dass man, wie Fig. 1, 2—7 zeigt, das Bild eines reich verzweigten Baumes erhält. In der Mehrzahl der Fälle liegen alle Zweige und Fäden einer solchen Endverzweigung, wie man das an Flächenpräparaten sehen kann, annähernd in einer Ebene, wodurch die Verzweigung das Aussehen einer Platte oder eines in einer Ebene verzweigten Baumes (Spalierbaumes) erhält. Gewöhnlich erscheinen die Zweige und Fäden der Endverzweigung mehr oder weniger gewunden, mit verschieden grossen und verschieden gestalteten Verdiekungen versehen und geben eine Menge seitlicher sprossenartiger Aus- läufer (Knospen) von sehr mannigfaltigem Aussehen ab. Am häufigsten sind diese polygonal, scheinbar ein wenig abgeplattet, erinnern in gewissem Grade an Epheublätter und sind verschieden gross. Daneben findet man aber stets auch Ausläufer von runder, ovaler, keulenförmiger und unregelmässiger Form. Durch diese sprossenartigen Ausläufer erhalten die Endverzweigungen ein eigen- thümlich eharakteristisches Aussehen, das sehr an die sensiblen Nervenendigungen in Sehnen erinnert, wie sie zuerst von Sachs (5), dann von Rollett (6), Golgi (7), Cattaneo (), Köllieker (9), Ciaeeio (10), Smirnoff (11) und anderen beschrieben worden sind, und können daher Endsohlen oder Endplatten genannt werden. Die Gestalt der End- platten ist, wie das sehr deutlich aus den Abbildungen (Fig. 2,3...) hervorgeht, sehr verschieden und hängt höchst- Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen ete. 51 wahrscheinlich bis zu einem gewissen Grade von den umgebenden Gewebselementen ab (von der Richtung der Bindegewebsfibrillen- bündel, von der Anwesenheit von Fettzellen u. s. w.). Es muss übrigens noch bei Besprechung der Form der Endverzweigungen hinzugefügt werden, dass zuweilen Fäden der einen oder anderen Verzweigung sich mit einander in verschiedener Weise und nach verschiedenen Richtungen hin verflechten, so dass sie keine Plätt- chen, wohl aber einfache oder zusammengesetzte Knäuel bilden (Fig. 2 D). Solehe Endapparate ähneln sehr den Verzweigungen, mit welehen die sensiblen Fasern in der Conjunetiva, in der Haut der Glans penis und des Präputium ete. endigen, jedoch mit dem Unterschiede, dass sie anscheinend von keiner besonderen Bindegewebskapsel umgeben sind. Die Grösse der Endverzwei- gungen ist bedeutenden Schwankungen unterworfen und neben solchen mit einem Längsdurchmesser von 0,170 — 0,384 mm und einer Breite von 0,06—0,086 mm finden sieh andere von 0,050 —0,129 mm Länge und 0,030—0,04 mm Breite. Wie oben geschildert wurde, werden sowohl die dicke markhaltige Faser, als auch jede aus ihrer Theilung hervorge- gangene Zweigfaser nach Verlust der Markscheide in toto zur Bildung des Endapparates aufgebraucht, der in diesem Falle natürlich meist eine bedeutende Grösse erreicht. Oft übrigens theilt sieh der Axeneylinder der Hauptfaser sowohl als auch aller oder einiger seiner Zweige, nach Verlust der Markscheide gabelförmig in 2—3 Zweige, die ihrerseits oft noch einige (2—3) Zweige abgeben können, und dann erst bildet jeder Zweig seine Endplatte (Fig. 2 B). Nicht selten kommt es auch vor, dass einer oder einige von den Zweigen, in die sich der Axencylinder theilt, nach kurzem Verlaufe sich aufs Neue mit einer Mark- scheide umgiebt, diese dann verliert und schnell in die Endfäden zerfällt. In allen diesen Fällen haben die Endplatten, welche von den Nervenfasern oder ihren Zweigen gebildet werden, ver- schiedene Dimensionen: die einen sind klein, die anderen da- gegen von beträchtlicher Grösse, was natürlich vom Durchmesser des Zweiges abhängt, der die Endplatte bildet (Fig. 1, 2—8). In der beschriebenen Weise präsentiren sich dem Beob- achter meist die Endigungen der markhaltigen sensiblen Nerven- fasern in Methylenblaupräparaten. Bei sehr glücklich gelungener Färbung kann man aber auch noch einige andere Details er- 52 A.S. Dogiel: kennen, die uns beweisen, dass die Endverzweigungen in Wirk- lichkeit eine recht eomplieirte Structur besitzen. Vor allem kann man in solehen Fällen sich unschwer davon überzeugen, dass viele Endverzweigungen, die von dicken markhaltigen Fasern gebildet werden, in eine besondere körnige Substanz ein- gebettet erscheinen, die sich nicht selten schwach blau färbt, während die in ihr befindlichen Körnchen eine intensive blaue Färbung annehmen. Ausserdem kann man nach längerer Ein- wirkung des Methylenblau in der körnigen Substanz kleine runde und ovale Kerne beobachten, die entweder in Gruppen zu 2—3 zusammen oder einzeln über die Platte vertheilt sind. Die Zahl der Kerne in jeder Endplatte steht, wie ich mich überzeugen konnte, im Beziehung zur Grösse der Platte selbst: In grossen Platten sah ich 10, 12, 16 und mehr Kerne, in kleinen Platten dagegen bedeutend weniger, d. h. 3, 5 oder 6 Kerne in einer Platte (Fig. 3, 4 u. 5). Infolge dessen, dass durch Methylenblau nicht selten nur gewisse Elemente des Endapparates gefärbt werden, so z. B. bisweilen fast ausschliesslich die Kerne der körnigen Substanz und nur eine geringe Zahl der Nervenfäden, ein anderes Mal dagegen hauptsächlich die Nervenfäden, wird es möglich einerseits den Character der Kerne, andererseits genauer die gegenseitigen Beziehungen der Fäden im Endgeflecht zu studiren. Im ersteren Falle sieht man, dass die genannten Kerne kleinen sternförmigen Zellen angehören, deren Körper aus einer geringen Protoplasmamenge besteht, die feine Granula enthält und einige mehr oder weniger feine Fortsätze aussendet (Fig. 5). Letztere zerfallen gewöhnlich in feine, vari- eöse und wiederholt sich theilende Fädehen, die sich im Gebiete des betreffenden Endapparates mit den Ausläufern entsprechender anderer Zellen verflechten und, soweit ich auf Grund meiner Präparate urtheilen kann, ein Gerüst zur Stütze der Nervenfäden des Endgeflechtes bilden (Fig. 5). Wenn sich nur die Mehrzahl der Fäden einer sensiblen Endplatte und das Protoplasma der sternförmigen Zellen färbt, die Kerne dagegen ungefärbt bleiben, so gewinnt man den Eindruck, als befänden sich die Endver- zweigungen der sensiblen Fasern in irgend einer körnigen Sub- stanz. Falls aber alle Elemente, die den Endapparat zusammen- setzen, gefärbt werden, so ist es schwierig das Vorhandensein der sternförmigen Zellen deutlich zu ceoustatiren; es gelang mir Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen etc. 53 jedoch dieselben in vielen Präparaten sehr deutlich zu erkennen. Leider gingen meine besten Präparate zu Grunde, und ich war gezwungen, meine Abbildungen nach weniger glücklichen anzu- fertigen. Uebrigens treten auch hier, wie Fig. 5 zeigt, die stern- förmigen Zellen mit genügender Deutlichkeit hervor. Es er- übrigt noch, eine wichtige Frage zu entscheiden: nämlich die nach der Herkunft der erwähnten Zellen. Bekanntlich werden sowohl die markhaltigen, als auch die marklosen Fasern von runden oder ovalen Kernen begleitet, die sich mit Methylenblau färben und an vielen Fasern zu sehen sind. Sie liegen unmittel- bar der Schwann’schen Scheide auf und finden sich sehr häufig, wie Figur 4 zeigt, fast genau am Orte des Zerfalls einer Nervenfaser in ihre Endzweige. Grösstentheils liegen die genannten Kerne in gewissen, recht bedeutenden Abständen von einander. In der Nähe aber des Zerfalles einer Nerven- faser in ihre Endverzweigung ist ihre Zahl bedeutend grösser, so dass man auf einer kurzen Strecke 5—6 solcher Kerne zählen kann (Fig. 4. In solchen Fällen, wenn sich zufällig einige dieser Kerne mehr oder weniger weit von der Schwann- schen Scheide entfernt haben, kann man sehen, dass sie in der That zu Zellen gehören, die im Profile spindelförmig aus- sehen und gewöhnlich sehr eng dem Neurilemm anliegen (Fig. 4). Auf die Existenz solcher Zellen habe ich schon vor längerer Zeit in früheren Arbeiten hingewiesen und mich unter anderem dahin ausgesprochen, dass sie, wie es scheint, sternförmig sind und mit ihren Ausläufern die Nervenfasern umfassen. Kürzlich gelang es L. Sala (12) diese Zellen nach der Golgi’schen Methode zu färben und so ihre Form und ihre Beziehungen zu den Nervenfasern genau festzustellen. Nach seiner Beschreibung gehören diese Zellen zu den sternförmigen Bindegewebszellen und umfleehten, indem sie unmittelbar der Schwann’schen Scheide anliegen, die Nervenfaser mit ihren äusserst feinen, sich verzweigenden Ausläufern. Gestützt auf meine eigenen Beobach- tungen und besonders auf die Untersuchungen von L. Sala ge- langte ich zum Schluss, dass die sternförmigen Zellen in den Endapparaten mit den Sala’schen Zellen identisch sind und unmittelbar von den Nervenfasern auf die von ihnen gebildeten Endverzweigungen übergehen. Hinsichtlich der gegenseitigen Beziehungen der Fäden eines 54 A.S. Dogiel: Endapparates zu einander wurde schon oben bemerkt, dass in der Mehrzahl der Fälle einige von diesen Fäden mit den ihnen ansitzenden sprossenartigen Ausläufern nieht unmittelbar mit ein- ander verbunden zu sein scheinen. In Fällen, wo die Nerven- färbung sehr vollständig gelungen war, konnte man sich jedoch unschwer davon überzeugen, dass die Fäden des Endgeflechtes ein wirkliches Netz bilden, wobei die von den Fäden ab- gehenden Sprossen mit Hülfe feiner Fädehen eng mit den nächsten Fäden und ihren sprossenartigen Ausläufern verknüpft sind (Fig. 4). Sehr deutlich treten die Fäden dieses Netzwerkes her- vor, wenn die sternförmigen Zellen der Endverzweigung ent- weder ganz ungefärbt blieben, oder nur ihre Kerne gefärbt wurden. Gewöhnlich sind die Maschen des Netzes, wenn es aus verdickten Fäden gebildet ist, sehr eng, aber stellenweise kann man zwischen den Fäden eines solchen Netzes runde oder unregelmässige Lücken erkennen, d. h. mit anderen Worten: die Maschen des Netzes sind stellenweise erweitert. An solchen Stellen im Netze befinden sich höchst wahrscheinlich die Körper der sternförmigen Zellen, die zusammen mit den Zellausläufern von den Fäden der Endverzweigungen umflochten werden. Auf Grund aller dieser Facta ist man genöthigt anzunehmen, dass zum Bestande der von dieken markhaltigen und marklosen Fasern gebildeten End- apparate ein Netz von Nervenfäden mit zwischen gelagerten besonderen sternförmigen Bindege- webszellen gehört; die Ausläufer dieser Zellen verflechten sieh miteinander und bilden ein Stütz- gerüst für die Nervenfäden der Endverzweigung. DieZellen selbst aber gehören aller Wahrschein- lichkeit nach zu den L. Sala’schen Zellen, welche die Nervenfasern begleiten. Smirnoff hat, wie oben angegeben wurde, zuerst auf die Anwesenheit einer besonderen sensiblen Unterlage in den sensiblen Apparaten des Endokards hingewiesen, welche sich auf, oder vielleicht imnerhalb der körnigen Substanz befindet, in der die Verzweigungen der Nervenfasern endigen müssen. Ob es aber in dieser sensiblen Unterlage Kerne giebt und woher die granulirte Substanz soleher Platten herstammt, diese Fragen lässt Smirnoff offen und berührt sie in seiner Sehrift garnieht. Aus dem oben angeführten ist nun ersichtlich, dass es mir bis ee Er WER Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen etc. 55 zu einem gewissen Grade gelang, diese Lücke in Smirnoff's Untersuchungen auszufüllen, und einen Anhaltspunkt zur Beur- theilung der von ihm beschriebenen sensiblen Unterlage zu geben. Die Fasern, in welche sich allmählich die eine oder andere markhaltige Nervenfaser auflöst, sind gewöhnlich zwischen den Elementen des Perikards in Niveaus, die verschieden weit von der Oberfläche entfernt sind, gelagert, wodurch die von ihnen gebildeten Endgeflechte in verschiedenen Schichten oder Etagen über einander liegend erscheinen. Davon kann man sich leicht durch verschiedene Einstellung überzeugen: man sieht, dass einige Verzweigungen fast unmittelbar dem Myokard aufliegen, andere liegen über ihnen, noch näher zur freien Oberfläche liegt eine dritte Gruppe u. s. f., bis man zu Verzweigungen kommt, die sich unmittelbar unter dem Endothel des Perikards befinden. Eine solche oberflächliche Lagerung vieler Endverzweigungen lässt sich sehr oft an vielen Präparaten dank dem Umstande beobachten, dass nicht selten- ausser den Nervenapparaten auch die Zellgrenzen und sogar die Kerne des Endothels durch Methylenblau sichtbar werden (Fig. 4). Hierbei kann man dann genau die Lage der Endverzweigungen und ihre Beziehungen zum Endothel feststellen. Gewöhnlich kann man in solchen Fällen fast bei derselben Einstellung, wo das Endothel deutlich zu sehen ist, auch die unmittelbar ihm aufliegenden Endver- zweigungen sehen. Eime ganz unbedeutende Drehung der Mierometerschraube genügt, um letztere deutlich einzustellen. Recht häufig wird das Endothel stellenweise abgerieben und die Oberfläche des Perikards blosgelegt. In solchen Fällen sieht man, wie Fig. 4 zeigt, fast bei emer und derselben Focusein- stellung einerseits sehr deutlich die blosgelegten Endapparate und andererseits sehr deutlich ausgeprägte Endothelzellen, durch welehe die Endverzweigungen durchscheinen. Die Endverzwei- sungen liegen der Unterfläche des Endothels offenbar sehr eng an, wenigstens wurden, so oft ich absichtlich mit einem Pinsel vorsichtig das Endothel entfernte, jedesmal einige von den End- verzweigungen mit abgerissen, oder, wie es schien, mehr oder weniger verschoben. Das hat wahrscheinlich Smirnoff ver- anlasst, im Endokard intraendotheliale Nerven anzunehmen, deren Anwesenheit ieh nie constatiren konnte, ungeachtet einer sehr vollkommenen Nervenfärbung. 56 AB. Dostel: Hinsichtlich der Lage der Endverzweigungen ist zu be- merken, dass die subendothelialen Endverzweigungen in der Mehr- zahl der Fälle sieh in Ebenen ausbreiten, die der Perikardober- fläche parallel laufen. Die übrigen Apparate, welche sich in der Tiefe der Perikardschieht befinden, sind gewöhnlich ebenso orientirt, oder aber sie stehen senkrecht zur Perikardoberfläche oder ein Theil des Apparates bildet einen Winkel zur Oberfläche, während der übrige Theil ihr parallel gelagert ist. Eine solche Lagerung der Endverzweigungen hängt offenbar von ihrer Ge- stalt und von der Lagerung der Bindegewebsfaserbündel ab, zwischen denen sie liegen. Im Perikard trifft man bekanntlich stets mehr oder weniger Fettgewebe an. Bei gelungener Nerven- färbung kann man nun unschwer bemerken, dass einige Zweige, in welche die sensiblen Fasern zerfallen, in das Fettgewebe des Perikards eintreten, ihre Markscheide verlieren und als dieke oder dünne marklose Fasern sich anfangs winden und zum Schluss in ihre Endverzweigungen zerfallen (Fig. 8). In solchen Fällen berühren die Endapparate, wie Fig. 8 zeigt, un- mittelbar die Oberfläche der Fettzellen und er- scheinen infolge rein localer Bedingungen mehr oder weniger gebogen. Bisweilen trennen sich von einer Endverzweigung, die auf der Oberfläche einer Fettzelle liegt, einige varieöse Fädchen ab, welche eine der benachbarten Fettzellen umfassen und end- lich an irgend einem Orte ihrer Oberfläche einen neuen End- apparat bilden (Fig. 5). In den Fettläppcehen sind die Endver- zweigungen in verschiedenen Abständen von der freien Ober- fläche des Perikards gelagert. Da die dieken, markhaltigen Fasern allmählich in eine Menge von Zweigen zerfallen, wobei die Theilung der Fasern oft schon innerhalb des Nervenstämmchens beginnt, so versteht es sich von selbst, dass eine solche Faser in zahlreichen sensiblen Endapparaten von verschiedener Form und Grösse endigt. Grösstentheils liegen die Endverzweigungen, in die alle Zweige irgend einer Faser auslaufen, in verschiedenen Schichten des Perikards, oder aber nur in einer oder zwei Schichten in grösserer oder geringer Entfernung von der freien Oberfläche des Perikards oder unmittelbar unter dem Endothel. Ausser den dieken markhaltigen Fasern giebt es in den Nervenstämmcehen, wie oben gesagt wurde, auch noch viele feine Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen ete. Du markhaltige und marklose Fasern, die gleichfalls nach ihrer Los- trennung vom Nervenstämmcehen im Perikard mit sensiblen Appa- raten endigen. Die ersteren verbreiten sich mehr oder minder weit in der Tiefe des Perikards und geben daselbst, indem sie sich mit einander verflechten, an den Ranvier'schen Schnür- ringen einige feine markhaltige Zweige ab (Figg. 6 u. 7). Darauf wenden sie sich zusammen mit ihren Zweigen gegen die freie Oberfläche des Perikards und verlieren bald ihre Mark- scheide. Nachdem sie sich in leicht varieöse Fasern und Fäden von verschiedener Dieke verwandelt haben, wenden sie sich zur freien Oberfläche des Perikards, theils in Absätzen, d. h. sie steigen ein wenig an und laufen darauf wieder eine Strecke parallel zur Oberfläche u. s. f., theils steigen sie fast vertical oder mehr oder weniger schräg zur Oberfläche hinan. Während ihres ganzen Verlaufes geben viele Fasern von Strecke zu Strecke in den verschiedenen Schichten des Perikards varieöse Seiten- fäden ab, die nach kurzem Verlaufe in viele sich theilende vari- eöse Fädchen zerfallen, welche in verschiedenförmige Endver- zweigungen auslaufen (Fig. 7). Auf diese Weise bildet jede Nervenfaser mit allen ihren Zweigen, indem sie aus der Tiefe des Perikards zur freien Oberfläche aufsteigt, eine bedeutende Anzahl von nervösen Endapparaten, die, wie man leicht durch Heben und Senken des Tubus sehen kann, in 2—3—4, nicht selten sogar in 5—6 verschiedenen Niveaus des Perikards ge- lagert sind (Fig. 7). Oft erreichen einige dieser Fasern die oberste, subendotheliale Schicht des Perikards und enden hier entweder sofort in sensiblen Apparaten, oder ziehen zuvor noch eine kürzere oder längere Strecke parallel der Oberfläche hin, bevor sie in ihre Endverzweigungen zerfallen. Die Fädchen, aus welchen die Endapparate bestehen, sind, soviel ich bemerken konnte, sehr dünn und bilden, indem sie sich mehrfach theilen, winden und untereinander verflechten, ein sehr dichtes Geflecht resp. Netz. Dabei pflegt jedes Fädehen des Geflechtes mit klei- nen varicösen Anschwellungen und kurzen runden oder ovalen Anhängseln versehen zu sein. Die sternförmigen Zellen fand ich nur in verhältnissmässig grossen Endapparaten. Die Grösse und Form der in Rede stehenden Apparate ist ebenso mannigfaltig, wie bei den Endapparaten der dieken, mark- haltigen Fasern; ein Unterschied besteht darin, dass hier die 58 A.S. Dogiel: kleineren vorherrschen. Bisweilen behalten die dünnen mark- haltigen Fasern, gleich den (dieken, ihre Markscheide fast bis zum Orte ihres Zerfalles in die Endfäden bei und bilden in sol- chen Fällen sensible Apparate von bedeutender Grösse, die, wie die Fig. 6 zeigt, lang ausgezogen erscheinen; viele von ihnen erinnern an lange schmale Blätter. Oft verläuft in dem einen oder anderen von diesen Endapparaten die Nervenfaser, nachdem sie ihre Markscheide verloren hat, in der Axenlinie des Apparates und giebt auf diesem Wege, allmählich sich verjüngend, eine grosse Menge feiner Zweige ab, die den Apparat bilden und da- bei die Faser umflechten (Fig. 6, A). Die marklosen sensiblen Nervenfasern sind verschieden dick, erscheinen mehr oder weniger varicös, aber oft auch fast ganz glatt. Den dicken marklosen Fasern liegen gewöhnlich ovale Kerne an, die meiner Meinung nach den oben geschilderten stern- förmigen Zellen angehören. Jede Faser theilt sich, aus dem Nervenstamm heraustretend, früher oder später innerhalb der Perikardsehieht in zwei, drei, vier oder mehr Zweige, die in srösserer oder geringerer Entfernung von der äusseren Oberfläche des Perikards oder unmittelbar unter dem dasselbe bedeckende Endothel in Form von einfachen und zusammengesetzten Appa- raten endigen. In ihrem Bau unterscheiden sich die von den soeben geschilderten Fasern gebildeten Apparate nicht wesentlich von den Apparaten, in denen die feinen markhaltigen Fasern endigen. Zuweilen zerfällt irgend ein aus der Theilung einer marklosen Faser hervorgegangener Zweig vorher in einige noch feinere Zweige, die sich ihrerseits wiederum theilen und dann erst Endapparate verschiedener Form und Grösse bilden. In mehreren Fällen gelang es mir, den Gang von marklosen Nerven- fasern nieht nur ausserhalb des Stämmehens, sondern auch inner- halb desselben zu verfolgen, und dabei konnte ich feststellen, dass sie häufig nach längeren Verlaufe im Stämmcehen selbst zum Schluss eine dünne Markschicht erhalten, oder aber mark- los bleiben und nichts weiter vorstellen, als Zweige, die sich von den dieken oder dünnen markhaltigen Fasern abzweigen. Auf Grund dieser Thatsachen scheint es mir, dass alle marklosen Fasern, dieim Perikard mit sensiblen Apparaten endigen, eigentlich zu den markhaltigen Fasern gehören, die ihre Markscheide bereits im Stämm- Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen etc. 59 chen verloren haben, oder zu marklosen Zweigen Seihören,- die sichnwon der einen.oder anderen markhaltigen Faser innerhalb des Stämmchens abgezweigt haben. Wenn wir die sensiblen Apparate der dicken markhaltigen Fasern mit denjenigen vergleichen, in welchen die dünnen mark- haltigen und marklosen Fasern endigen, so bemerken wir an ihnen viel Gemeinsames, aber nebenbei auch einige eigentlich nicht wichtige Unterschiede: die Fäden, von denen die ersteren gebildet werden, erscheinen ziemlich dick und weisen recht be- deutende varieöse Anschwellungen auf; im Innern dieser Appa- rate finden sich sternförmige Stützzellen, und endlich verlieren die Fasern selbst in den meisten Fällen ihre Markscheide fast am Orte ihres Ueberganges in den Endapparat. Die andere Art von Endapparaten dagegen besteht aus feinen Fäden, die meist kleine varieöse Anschwellungen aufweisen; sternförmige Zellen sieht man deutlich nur in den grösseren Apparaten, und die Ner- venfasern selbst, die in ihnen endigen, verlieren, wenn sie über- haupt markhaltig sind, ihre Markscheide in ziemlicher Entfernung vom Endapparate. Wenn man sowohl complieirtere als auch einfachere Appa- rate, in denen alle markhaltigen und marklosen Fasern des Peri- kards endigen, durchmustert, so bemerkt man leicht, dass von vielen Apparaten bald ein, bald mehrere vari- Bose Baden: von verschtedener.Dicke.sichrah- zweigen, und diese Fäden, inverschiedenen, häufig recht bedeutenden Abständen von den betreffen- den Apparaten, in eine grosse Anzahl von Fäd- chen zerfallen, die sieh wieder theilen und unter einander verflechten, und aus denen zum Schluss neue Apparate entstehen (Figg. 1, 4, 6,7 und 8). Von letzteren gehen übrigens oft noch'ebensolche Fäden ab, die gleichfalls mit sensiblen Appa- raten endigen u.s. w. In gewissen Fällen zweigen sich die obengenannten Fäden an verschiedenen Stellen von einem sen- siblen Apparate ab, meist jedoch an den Ecken und bilden darauf in verschiedenen Abständen nicht nur einen, wie im genannten Falle, sondern mehrere Apparate, an denen sich häufig derselbe Vorgang wiederholt; dadurch wird eine ganze Kette eng mit 60 A,®8, Dogael: einander verbundener sensibler Apparate, von verschiedener Form und Grösse gebildet, die sich in verschiedenen Schiehten des Perikards befinden. Ausser dieser Verbindung der Hauptapparate mit seeundären u. s. w. Endapparaten durch Fäden, die aus ersteren entstehen und letztere bilden, konnte ich mehrfach beobachten, dass von dem einen oder andern Apparate, der von einer beliebigen Faser oder einem ihrer Theilfäden gebildet wird, ein oder mehrere Fäden abgehen, die nicht alle zur Bildung eines neuen Apparates aufgebraucht werden, sondern sich mit Fäden vereinigen, die zur Bildung eines andern Apparates beitragen, der von den Zweigen derselben oder sogar einer andern Nervenfaser gebildet wird (Figg. 6 u. 9). Soviel ich bemerken konnte, besitzen diese oben- genannten Verbindungsfäden eine verschiedene, oft sehr bedeutende Länge und können dank dieser eine Verbindung her- stellen zwischen den Endapparaten, nicht nur ein und derselben, sondern auch verschiedener Nervenfasern. Fast ebensolche Be- ziehungen zwischen Endapparaten, wie die oben beschriebenen, finden sich nach meinen Untersuchungen mit wenigen Ausnahmen bei sehr vielen sensiblen Endapparaten (Genitalnervenkörperchen, Endkolben u. s. w.). Ueberall verbinden sich, wenigstens soweit ich auf Grund meiner zahlreichen Beobachtungen urtheilen kann, die nervösen Endapparate gleicher Herkunft mit einander durch Verbindungsfäden, die den oben genannten Fäden vollkommen analog sind. Von den markhaltigen Fasern und den aus ihren aufeinan- der folgenden Theilungen entstehenden markhaltigen Aestehen zweigen sich beständig an den Ranvier’schen Schnürringen feine varicöse Fäden ab, die man als Seitenzweige oder Colla- terale bezeichnen kann. Gewöhnlich zweigen sie sich im gan- zen Verlaufe einer markhaltigen Faser von dem einen oder andern Ranvier'schen Schnürringe ab, meistens ein bis zwei von jedem Sehnürringe, oder aber auch in der Anzahl von drei bis vier (Figg. 3, 6 u. 9). Einige von ihnen sind kurz und zerfallen in nächster Nähe der Faser sofort in einzelne, mehrfach sich theilende varieöse Endfädchen, die, sich unter einander verflechtend, sensible Appa- rate bilden. Von diesen Apparaten gehen wiederum sowohl feine Fädchen ab, welehe neue Endapparate bilden, als auch die oben ar kn ee \ Ber?" Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen ete. 61 beschriebenen Verbindungsfäden; letztere sind, je nachdem die durch sie verbundenen Endapparate nahe beisammen oder fern von einander liegen, bald kurz, bald aber auch sehr lang. Nicht selten verlaufen sie neben der Nervenfaser bis zu dem Orte, wo letztere mit einem sensiblen Apparate endigt, und gesellen sich den Fäden bei, die den Apparat zusammensetzen (Fig. 3). Endlich bilden, wie auf Fig. 9 dargestellt ist, die Collateralen, die sich an den Ranvier’schen Schnürringen in gewissen, zu- weilen sehr weiten Abständen von irgend einer markhaltigen Faser abzweigen, oft Reihen von Endapparaten und umflechten dabei die Faser selbst, die in einem solchen Falle in dem so gebildeten Geflechte, wie in einem Futterale verläuft. Ausser den soeben beschriebenen kurzen Collateralen zwei- sen sich oft an dem einen oder andern Ranvier’schen Schnür- ringe ein oder mehrere lange Fäden ab, die nach längerem oder kürzerem Verlaufe mit sensiblen Apparaten endigen, oder aber eine Stelle erreichen, wo die Faser, oder der Zweig, von dem sie ihren Ursprung nimmt, in Endfäden zerfällt, und hier zusammen mit den Endfäden einen nervösen Apparat bilden. Fast alle sen- siblen Apparate, mit denen die Collateralen endigen, befinden sich stets, wie die nebenstehenden Figg. 3 und 9 zeigen, in der Nähe der Nervenfaser, begleiten sie sozusagen und können in vielen Fällen leicht für besondere, nicht mit der betreffenden Faser in Verbindung stehende, sondern blos dieselbe begleitende, völlig selbstständige marklose Fasern gehalten werden. Allein eine genauere Untersuchung ermöglicht es, den riehtigen Ursprung dieser Fäden zweifellos zu erkennen und ihre Verbindung mit der gedachten Nervenfaser zu beweisen. Die Anzahl der sensiblen Apparate in den verschiedenen Schiehten des Perikards ist, wie man es bei gut gelungener Methylenblaufärbung sehen kann, so gross, dass sie unwillkür- lich die Aufmerksamkeit auf sich lenkt: nicht selten gelang es mir, in einer 1 gem grossen Fläche 104 bis 294 Apparate verschiedener Form und Grösse zu zählen. Es kann also das Perikard hin- sichtlieh der grossen Zahl von nervösen Apparaten mit den empfindliehsten Hautstellen verglichen werden. Hinsichtlich der Nervenendigungen im Endokard kann ich die Beobachtungen Smirnoff’s vollkommen bestätigen und denselben alles über die nämlichen Apparate im Perikard Gesagte hinzufügen. Viele von 62 A.S. Dogiel: diesen Apparaten liegen unmittelbar unter dem Endothel des Endokards, wobei es mir nicht gelang, die von Smirnoff be- schriebenen intraendothelialen Nerven im Endokard zu finden, ungeachtet der sehr vollständigen und gut geglückten Färbung der nervösen Elemente. Nervenendigungen in Blutgefässen (Figg. 10 und 11). In Anbetracht sowohl der bestimmten Analogie in der Entwiekelung und im Baue des Herzens und der Blutgefässe, als auch gewisser physiologischer Thatsachen müsste man natür- lieherweise annehmen, dass sich in der Gefässwand nicht nur motorische, sondern auch sensible Nerven, analog den Nerven- endigungen im Herzen, befänden. Zur Entscheidung dieser Frage untersuchte ich zuerst diejenigen Gefässe, welche sich in der Herzwand verzweigen, d. h. in den Zweigen der Arter. und Ven. coron. eordis. Gewöhnlich treten bei der oben beschriebenen Methylenblaufärbung nicht nur die Nerven, sondern auch die Blutgefässe, Arterien, Venen und Capillaren deutlich hervor, so- wohl in Folge einer Färbung der glatten Muskulatur in der Wand der Arterien und Venen, als auch in Folge der Färbung der Zellgrenzen im Gefässendothel. Daher kann man, wie im Herzen, so auch fast in allen Organen ohne besondere Mühe die Be- ziehungen der Nerven zu allen Schiehten der Blutgefässwand studiren. Vor allem muss gesagt werden, dass, wie man fast in jedem Präparate sehen kann, die im Perikard und im Bindegewebe des Myokards verlaufenden Arterien und Venen in ihrer ganzen Aus- dehnung von feinen Nervenästchen begleitet werden, die in ihrer äusseren Bindegewebshülle eingebettet sind und ausschliesslich aus glatten und varieösen Fasern und Fäden bestehen (Fig. 10). Vielen Fasern sind ovale Kerne angelagert, die aller Wahrschein- lichkeit nach zu den bereits oben genannten sternförmigen Sala- schen Zellen gehören. In einzelnen Fällen gelang es mir, einige dieser Fäden in bedeutender Ausdehnung zu verfolgen und zu constatiren, dass sie Ausläufer von sympathischen Ganglienzellen sind, von denen eine grosse Menge im Verlaufe der Nervenstämm- chen, besonders in der Wand der Vorkammer, zu finden ist. Nieht selten findet man einzelne sympathische Zellen in den feinen Nervenstämmcehen, die sich in der äusseren Hülle kleiner Arterien befinden. Alle soeben beschriebenen Nervenstämmehen Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen etc. 63 und Zweige theilen sich mehrfach und verflechten sich unter einander, wodurch sie in der Adventitia mikroskopischer Arterien und Venen ein mehr oder weniger diehtes Geflecht bilden. Ge- wöhnlieh färbt sich dieses mit Metbylenblau verhältnissmässig sehr leicht und man sieht es fast in jedem Präparate. Von genanntem reflechte entspringt eine Anzahl feiner varieöser Fäden, welche zur Museularis der Gefässe hinziehen, dort in eine bedeutende Anzahl feinster varieöser Fädchen zerfallen und sowohl auf der Oberfläche als auch zwischen den Muskelzellen sich verbreitend, letztere umflechten. Bisweilen gehen von diesen Endfäden kurze, verschiedenförmige, seitliche, sprossenartige Ausläufer ab, oder aber das eine oder andere Fädchen theilt sich in einzelne kurze Fädehen, die scheinbar frei in der Muscularis der Gefässe ver- schiedener Organe endigen, wie solches schon längst von R. yCajal, Retzius u. a. gesehen und beschrieben worden ist. Ob derartige freie Nervenendigungea überhaupt existiren, oder ob ihre Anwesenheit nur von der ungenügenden Nervenfärbung be- dingt ist, will ich in der vorliegenden Mittheilung nicht ent- scheiden. Das Perivasculargeflecht mit den von ihm zur Museularis der Gefässwand abgehenden Fäden sieht man besonders gut und deutlich in Arterien; in den Venen dagegen ist das Perivaseular- geflecht weitmaschig, arm an Nerven und giebt eine bedeutend geringere Menge an die Muskelelemente der Wand ab. Die un- mittelbare Verbindung einiger Fasern des Perivasculargeflechtes mit sympathischen Zellen und der Charakter der Fasern selbst spricht unzweifelhaft dafür, dass sie zu den sympathischen, mark- losen Fasern gehören; aber die Beziehung der Endverzweigungen der Fasern zu den Muskeln der Gelässwand weist unzweifelhaft auf ihre Zugehörigkeit zu den vasomotorischen Nerven hin. Ausser diesen Fasern gelang es mir, auch in der Wand der Arterien und theilweise der Venen eine andere Art von Fasern nachzuweisen, die, nach der Art ihrer Endigungen zu urtheilen, wahrscheinlich andefen Ursprunges sind, als die oben beschrie- benen Fasern und mit letzteren nichts gemein haben. In Präpa- raten aus dem Herzen, vorzüglich aus den Vorkammern, bemerkte ich bei gelungener Nervenfärbung, dass sich von den im Perikard und im Bindegewebe des Myokards verlaufenden Nervenstämm- chen ziemlich dieke, mehr oder weniger varicöse marklose Fasern 64 A, S. Dogiel: abzweigen, die sich nach längerem oder kürzerem Verlaufe zur Wand irgend einer Arterie oder Vene begeben. Nachdem sie die Gefässwand erreicht haben, treten sie in die äussere Hülle (Adventitia) ein, darauf verlaufen sie in verschiedenem Grade gewunden eine Strecke weit parallel oder unter einem gewissen Winkel zur Längsaxe des Gefässes und betheiligen sich, so viel ich sehen konnte, in ihrem Verlaufe in keiner Weise an der Bil- dung der Perivaseulargeflechte (Figg. 10 u. 11); jedenfalls geben sie keinerlei Fäden an die Gefässmuseularis ab. Meistentheils zerfällt eine jede solche Faser nach verhältnissmässig kurzem Verlaufe in eine Menge feiner, varicöser und mehrfach sich theilender Fädchen, die bisweilen mit seitlichen Auswüchsen von verschiedener Form und Grösse behaftet sind (Figg. 10 u. 11). Die genannten Fädchen verflechten sich miteinander in der aller- verschiedensten Weise und bilden einen Endapparat, der das Aussehen einer mehr oder weniger dieken Platte hat und nach Bau, Grösse, Form u. s. w. sich nicht von den sensiblen Appa- raten des Perikards unterscheidet, welche von den marklosen und feinen. markhaltigen Fasern gebildet werden. Die sensiblen Plättchen liegen, je nach der Dieke der äussersten Umhüllungsschicht der Gefässe entweder fast unmittel- bar auf der Museularis oder aber, ähnlich wie im Perikard und Endokard, in mehreren Schichten über einander. In ibnen kann man bisweilen sternförmige Zellen oder die ihnen gehörigen Kerne sehen, weit seltener allerdings, als in den entsprechenden Apparaten des Herzens. Nicht selten gehen von dem einen oder andern Endplättehen ein oder mehrere varieöse Fädchen ab, die entweder, wie Figg. 10 u. 11 zeigen, zur Bildung neuer sensibler Apparate Verwendung finden, oder aber nur Verbindungsfäden darstellen, welche die von den Zweigen einer und derselben oder verschiedener sensibler Nervenfasern gebildeten Endverzweigungen mit einander verbinden. In gewissen Fällen kann man sehen, dass die eine oder andere von den in Rede stehenden Fasern, die in der Adventitia verlaufen, sich in einige marklose Zweige theilt, von denen jeder mit einer sensiblen Platte endigt. Bisweilen findet die Theilung einer solchen Faser nach Austritt aus .dem Nervenstämmcehen ausserhalb der Gefässwand statt, wobei die aus dieser T'heilung her- vorgehenden Zweige entweder an ein und dasselbe Gefäss oder an Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen ete. 65 verschiedene Zweige eines bestimmten Gefässes herantreten und mit sensiblen Apparaten endigen. Die Anzahl der in der äusseren Umhüllungsschicht der Gefässe liegenden Endapparate ist, wie es scheint, sehr gross, da man bei gut geglückter Nervenfärbung in einem begrenzten Gebiete der Gefässwand mehrere derartige gefärbte Apparate unterscheiden kann. Gewöhnlich betrug der kleinste Durchmesser der Arterien und Venen der Herzwand, in deren äusserer Hüllschieht ich die sensiblen Plättchen fand, un- gefähr 0,04 bis 0,07 mm. Nicht selten sieht man deutlich bei verschiedener Tubus-Ein- stellung, wie von einem sensiblen Apparate auf der dem Auge zuge- kehrten Oberfläche der Gefässwand ein varieöser Faden abgeht, der aufdie Seitenfläche herabsteigend einem neuen Apparate den Ursprung giebt; ein Theil dieses Apparates liegt auf der seitlichen Ober- fläche der Gefässwand und erscheint im Profile, während der übrige Theil auf der vom Auge abgewandten Gefässwand liegt (Fig. 10). Von dem soeben genannten Theile des Apparates gehen wiederum einige Fäden ab, die zwei andere Endapparate bilden. j Ungeachtet dessen, dass die Fasern, welche in der Adven- titia der Gefässe mit sensiblen Platten endigen, wie gesagt, mark- los sind, so kann man sich bei genauerer Untersuchung doch da- von überzeugen, dass viele von ihnen in grösserer oder geringerer Entfernung vom Gefässe sich mit einer dünnen Markschicht um- geben und so als markhaltige Fasern in das eine oder andere Nervenstämmehen eintreten. In einigen Fällen tritt eine von den genannten Fasern zuerst als marklose Faser in ein Nervenstämm- ehen ein und umgiebt sich nach kürzerem oder längerem Verlaufe mit einer Markscheide. Auf Grund dieser Thatsachen nehme ich an, dass aller Wahrscheinlichkeit nach alle sensiblen Ner- venfasern, diein der Blutgefässwand endigen, markhaltig sind und nur nach Verlust ihrer Markscheide innerhalb oder ausserhalb des Ner- venstämmehens das Aussehen markloser Fasern annehmen. Da von mir die Anwesenheit von sensiblen Apparaten in den Zweigen der Arteria coronariae verschiedenen Kalibers con- statirt wurde, so konnte ich nieht umhin, die Anwesenheit eben- solcher Apparate auch in der Adventitia anderer Gelässe voraus- - Archiv f. mikrosk. Anat. Bd, 52 9) 66 A.S. Dogiel: zusetzen. Um diese Frage zu entscheiden, untersuchte ich das Centrum tendineum des Diaphragma, die Gallenblasenwand und die Nierenkapsel der obengenannten Thiere und fand meine Annahme durch die Thatsachen bestätigt: in den genannten Organen fand ich markhaltige Fasern, die in der äusseren Hülle der Arterien mit den oben beschriebenen Endapparaten endigten. Im Hinblick auf diese Resultate ist es nun sehr interessant, die Beziehungen der sensiblen Nerven zu den grossen Blutgefässen zu studiren, deren Wand in drei Schichten: Adventitia, Media und Intima deutlich differenzirt ist. Aus Mangel an Zeit schlug ich dem in meinem Laboratorium arbeitenden Herrn stud. Schemetkin vor, dieses Thema zu bearbeiten. Herr Schemetkin unter- suchte daraufhin den Aortabogen und die Lungenarterien, wobei es ihm gelang, in der Adventitia, besonders aber in der Intima dieser Gefässe eine grosse Anzahl sensibler Plättehen aufzufinden, welche vollkommen analog sind den von mir im Perikard und in der Adventitia mikroskopischer Gefässe und von Smirnoff im Endokard und im Bindegewebe des Myokards beschriebenen Apparaten. Ebenso wie im Perikard und im Endokard, so liegen auch in der Intima viele von den sensiblen Apparaten unmittel- bar unter dem Endothel; andere Apparate liegen mehr nach aussen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die von mir und Sehemetkin aufgefundenen sensiblen Nervenendigungen der Gefässwand nicht nur oben genannten, sondern überhaupt allen Blutgefässen zukommen. Bevor ich diese Mittheilung schliesse, muss ich noch folgendes hinzufügen. Beim Durchmustern des Fettgewebes, welches oft in grossen Mengen im Perikard angehäuft ist, bemerkt man stets zwischen den Fettzellen besondere stern- förmige Zellen, die sich mit Methylenblau sehr deutlich färben. Gewöhnlich besitzt eine jede solche Zelle einen verhält- nissmässig grossen, ovalen Kern, der von wenig Protoplasma um- geben ist. Vom Zellkörper gehen viele feine, nicht selten vari- cöse Ausläufer ab, die sich mit den Ausläufern anderer stern- förmiger Zellen verflechten und die Fettzellen umflechten (Fig. 13). Im Hinblick darauf, dass die genannten Zellen in ihrer Gestalt, im Charakter ihrer Ausläufer, in ihrer Fähigkeit, sich mit Methylenblau zu färben ete., vollkommen den sternförmigen Zellen gleichen, die ich in der Gefässwand des Darmes, Diaphragmas Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen ete. 67 ete. beschrieben habe, kam es mir darauf an, zu untersuchen, ob sie analoge Beziehungen zu der Wand der Herzgefässe haben. In der That konnte ich beim Durchmustern meiner Präparate vom Perikard, besonders an den Orten, wo die Gefässe noch mit Blut gefüllt oder die Grenzen ihrer Endothelialzellen durch Methylenblau kenntlich gemacht waren, bemerken, dass die stern- förmigen Zellen überall der Gefässwand unmittelbar anliegen und, wie Fig. 14 zeigt, um die Capillaren ebenso wie um die kleinen Arterien und Venen perivasculäre Geflechte bilden. Ausserdem kann man an denselben Präparaten immer zwischen den Fett- zellen das Vorhandensein dünner varieöser Fäden bemerken, welche sich verschiedenartig winden und die Fettzellen um- flechten (Fig. 12). Dadurch, dass es im Fettläppchen immer viele Gefässe giebt und dass die Fettzellen von Capillaren um- flochten sind, erklärt sich einerseits die Anwesenheit der stern- förmigen Zellen im Fettläppehen und ihre eigenthümlichen Be- ziehungen zu den Fettzellen, andererseits das Vorhandensein von Nervenfäden, die nach meiner Meinung zu den Capillaren gehören. Litteraturverzeiechniss. 1. A. Smirnoff, Ueber die sensiblen Nervenendigungen im Herzen bei Amphibien und Säugethieren. Anat. Anz. Bd. X, Nr. 23. 9. S. Ramon y Cajal und C. Sala, Terminacion de los nervios y tubos glandulares del pancreas de los vertebrados. Trabajo del laboratorio de la Facultad de Medicina de Barcelona, 1891. 3. G. Retzius, Zur Kenntniss der motorischen Nervenendigungen, ‚Biol. Unters., IV. Folge. 1832. 4. A. Bietti, Sulla distribuzione e terminazione delle fibre nervose nella eorioidea, Bollettino della Societa Medico-Chirurgica di Pavia, 189. 5. Sachs, Müller’s Archiv, 1875. 6. Rollett, Sitzungsberichte der kais. Akad. der Wissensch., LXXII, Wien 1876. 7. Golgi, Memorie della Reale Accademia delle Seienze di Torino, Ser. II, T. XXXII. 1880. 8. Cattaneo, Memorie della Reale Accad. delle Scienze di Torino, Ser. IL, T. XXXVIN. 1887. 68 10. he Fig. ade Fig. Fig. Pie. A.S, Dogiel: Kölliker, Sitzungsberichte der phys.-med. Gesellschaft zu Würz- burg 1889. Derselbe, Handbuch der Gewebelehre des Menschen. 6. Aufl. 1889. Ciaccio, Memorie delle Reale Accad. delle Seienze dell’ Instituto di Bologna, Ser. IV, T. X—XIV. 1890. A. Smirnoff, Ueber die Sehnennerven bei Rana temporaria etc. Beitrag zum 73. Bd. der gelehrten Blätter der kais. Akad. d. Wiss., Nr. 4, 1893, St. Petersburg (Russisch). L. Sala, Contribution & la connaissance de la structure des nerfs peripheriques, Arch. Ital. de Biologie, T. XXIV, Fasc. III. 189. Erklärung der Abbildungen auf Tafel IV, V u. VI. . la, a‘, a’. Verschiedene markhaltige Nervenfasern, deren End- verzweigungen (D) unter einander verbunden sind; c) Nerven- fäden, welche sich von den Endverzweigungen abtheilen und neue sensible Apparate bilden. Alle Verzweigungen befinden sich auf einem Niveau, fast unterhalb des Perikardendothels. Vorhof des Katzenherzens. 3. A, B, C und D. a) Dicke markhaltige Nervenfasern und die von ihnen gebildeten Endverzweigungen; auf Fig. D besitzt die Endverzweigung die Gestalt eines Knäuels. Alle Endver- zweigungen, mit Ausnahme der auf Fig. D abgebildeten, be- finden sich unmittelbar unterhalb des Perikardendothels. Vor- hof des Katzenherzens. Fig. A und B sind mit Obj. 6 und Fig. C und D mit Obj. 5 gezeichnet worden. a) Dicke markhaltige Nervenfaser und die von ihr gebildete Endverzweigung, welche sich unmittelbar unterhalb des Endo- thels befindet; D) Kerne der Sternzellen der Endverzweigung; c) collaterales Aestchen, welches sich an der Bildung der Endverzweigung betheiligt. Vorhof des Katzenherzens. 6. 4, a) Dieke markhaltige Nervenfasern, welche die Marksubstanz vor ihrem Zerfall in Endverzweigungen verloren haben; D) stern- förmige Zellen, die den Fasern anliegen; ec) Kerne der in den Endverzweigungen liegenden Sternzellen; d) Nervenfaden, welcher sich von dem Endapparat abtheilt und einen neuen Apparat bildet; e) Endothel. Alle Endverzweigungen liegen unterhalb des Endothels, wobei die Fäden jeder Verzweigung ein wahres Netzwerk bilden. Vorhof eines Katzenherzens. 8a, 5. a) Markhaltige Nerverfaser, welche einen Endapparat bildet; b) Sternzellen, die in der Endverzweigung liegen. Vorhof eines Katzenherzens. 83. ID co Fig. 6. Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen etc. 69 a) Dünne markhaltige Nervenfaser mit ihrer Endverzweigung (4); db) collaterales Aestchen, welches einen Endapparat (B) bil- det, von dem.sich Fädchen (d) abzweigen, die einen neuen Apparat (C) bilden; letzterer entsendet einen dünnen, langen Faden, welcher mit einer Endverzweigung endigt, die auf der Zeichnung nicht dargestellt ist; c) marklose Nervenfaser, von deren Endverzweigung (D) dünne Verbindungsfädchen (e) abgehen und zum Apparate B führen. Der Endapparat A liegt näher zur freien (äusseren) Oberfläche des Perikards, als die übrigen Apparate. Vorhof eines Katzenherzens. 6. Fig. 7 A und B. A) Dünne markhaltige Nervenfasern (a), welche mit Fig. 10. Kiel: zahlreichen Endverzweigungen endigen, die auf verschiedenen Höhen von der freien Perikardoberfläche liegen. 4. B) eine Nervenfaser (a), welche die Marksubstanz verloren hat; von ihr gehen viele Aestchen ab, die mit Endverzweigungen endi- gen; letztere liegen auf verschiedener Höhe von der freien Perikardoberfläche. 5. Die Endverzweigungen, welche unmittel- bar unterhalb des Perikardendothels liegen, sind dunkelviolett gezeichnet; in dem Maasse wie sie sich von der freien Peri- kardfläche entfernen, ist der Ton der violetten Farbe allmäh- lich heller gehalten. Vorhof einer Katze. a) Marklose Nervenfaser, die mit einem sensiblen Apparate endigt; letzterer liegt zwischen Fettzellen (b); vom Endappa- rate gehen mehrere Fäden ab, welche einen neuen Apparat bilden. Vorhof einer Katze. 6. a) Markhaltige Nervenfaser, mit an einer Stelle fehlender Marksubstanz; D) collaterale Aestchen, welche Endapparate bilden, mit von den letzteren abgehenden Verbindungsfäden (e); einige collaterale Aestehen begleiten die betreffende Faser. Vorhof einer Katze. 6. A) Nervenstämmchen; B) Arterie; a) markhaltige Nervenfaser, welche in der äusseren Arterienhülle mit einem sensiblen Apparate endigt, von dem sich Fäden abzweigen, welche mehrere neue Apparate bilden; b) Nervenfäden, welche um die Arterie herum ein perivasculäres Geflecht bilden; e) glatte Muskelfasern; d) Grenzen zwischen den Endothelzellen. Peri- kard eines Katzenvorhofs. 6. A) Arterie; a) marklose Fasern, welche in der äusseren Arte- rienhülle mit Endapparaten endigen; von einem Apparate geht ein Fädchen ab, welches einen neuen Apparat bildet; b) Grenzen zwischen Endothelzellen. Perikard eines Katzen- vorhofs. 6. a) Nervenfäden, welche Fettzellen umflechten. Vorhof einer Katze. 6. . a) Sternzellen und die von ihren Fortsätzen umflochtenen Fett- zellen (b). Vorhof einer Katze. 6. 70 A.S. Dogiel: Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen etc. Fig. 14. a) Sternzellen, welche mit ihren Fortsätzen ein Capillargefäss umflechten. Vorhof eines Hundes. 6. Alle Zeichnungen sind mit Hülfe des Oberhäuser’schen Zeichen- prismas gezeichnet worden. Die am Ende jeder Figurenerklärung stehende Zahl bezeichnet das Objectiv von Reichert’schen Systemen. Transplantationsversuche mit Hydra. Von Georg Wetzel, Assistent am physiologischen Institut zu Breslau. Hierzu Tafel VII. Im XXXXV. Bande dieses Archives habe ich eine Reihe von Transplantationsversuchen am Süsswasserpolypen mitgetheilt, die ich leider aus Mangel an Material in mancher Hinsicht un- vollständig lassen musste. Ich habe die Versuche daher zu ver- schiedenen Malen bei geeigneter Gelegenheit wieder aufgenommen und bringe im Folgenden die nothwendigen Ergänzungen zu meiner ersten Arbeit. Die grösste Zahl der hier mitgetheilten Beobachtungen ist während des vergangenen Sommers im phy- siologischen Institute zu Marburg gemacht worden, wo ich mich des lebhaften Interesses des Herrn Professor Kossel an meinen Versuchen zu erfreuen hatte. Verwachsungsversuche zwischen Individuen einer Art. Legitime Transplantationen. Für Transplantationen innerhalb der Grenzen einer Art möchte ich den Namen legitime Transplantation vorschlagen, da es an einer kurzen Bezeichnung hierfür mangelt. Diejenigen Pfropfungen, welche diese Grenze überschreiten, kann man dem- Georg Wetzel: Transplantationsversuche mit Hydra. 71 entsprechend illegitime nennen, falls man nicht lieber hierfür den von Giard gemachten Vorschlag, sie (greffe beteroplastique) heteroplastische Pfropfung zu nennen, befolgen will. Für die legitimen Pfropfungen hat Giard keine gemeinsame Bezeich- nung. Er unterscheidet bei ihnen diejenigen, welche auf ein Individuum beschränkt bleiben und die, welche die Grenze des Individuums, nicht aber der Art überschreiten. Die ersteren heissen bei ihm autoplastisch, die anderen homoplastisch. Beide würden sich als legitime zusammenfassen lassen. Meine früheren Experimente beschränkten sich auf Hydra fusca und behandelten ziemlich erschöpfend die wesentlichen Transplantationsmöglichkeiten, welche auf Grund des anatomischen Baues des Thieres denkbar sind. Dieselben Versuche habe ich nun an Hydra viridis in sehr geringer, an grisea in grösserer Anzahl angestellt und sie mit Hydra fusca wiederholt. Da ich bei allen Arten die gleichen Vorgänge konstatiren konnte, so theile ich hier nur einige wenige Versuche mit, die einen in wesentlichen Dingen abweichenden Verlauf nahmen. Versuch vom 15. September 1896. Zwei Exemplaren von Hydra grisea wurde die hintere Körperhälfte fortgeschnitten und die Kopfstücke wurden mit ihren aboralen Schnittflächen verheilt. — Dies geschah mit Hülfe der von mir früher angegebenen Methode, die im wesentlichen darin besteht, dass die Thiere auf eine Schweinsborste geschoben und auf einem Objektträger in wenig Wasser sich selbst überlassen werden. — Es entstand ein einziges Thier, das einen langen Schlauch bildete, der an beiden Polen in einen Kopf endigte. Die Stelle der Verwachsung war schon nach wenigen Tagen nicht mehr erkennbar. Am 20. September schnitt ich den einen Kopf dicht unter dem Tentakelkranze ab. Drei Tentakeln blieben dabei noch sitzen und mussten mit einem zweiten Schnitt für sich entfernt werden. Die drei durch einen dünnen Mundsaum zusammenhängenden Tentakel lebten einige Zeit ohne sich zu einem ganzen Thiere zu regeneriren. Das andere grössere Stück des Tentakelkranzes verwandelte sich indess in eine kleine Hydra, die am 26. mit einem neugebildeten Fusse am Boden des Glases festsass. Das Hauptthier trieb an dem gekürzten Kopfende zwei kleine Höcker, die anfangs keine bestimmte Gestalt besassen, 72 Georg Wetzel: sich aber allmählich in eine einzige Fussscheibe von nicht ganz regelmässigen Umrissen umformten, mit der der Polyp sich an dem Blatte einer Elodea festheftete Am 3. Oktober wurde er konservirt und darauf in Längsschnitte zerlegt, auf denen die charakteristischen hohen Sektretzellen des Hydrafusses nachweis- bar waren. Die äussere Gestalt der unregelmässigen Fussscheibe zeigt Figur 3. Versuch vom 10. Juni 1897. Die Kopfstücke zweier Exemplare von Hydra grisea wurden wie im vorhergehenden Versuche verheilt. Es entstand ein Doppelkopf. Am 11. Juni befand sich nahe der Mitte des Kör- pers, also an oder in der Nähe der nicht mehr sicher erkennbaren Vereinigungsstelle ein kleiner Höcker. Dieser entwickelte an seiner Spitze Tentakeln, ohne dass an seiner Basis eine Ein- schnürung entstanden wäre, wie es bei einer typischen Knospe, wofür ich ihn anfangs hielt, hätte sein müssen (Fig. 4a). Er ging selbst dann noch mit breiter Basis in den Hauptleib über, als sich seine Spitze schon zu einem vollständigen Kopfe ent- wickelt hatte, der seine Funktion erfüllte, indem er Nahrung auf- nahm. Inzwischen verwuchs an dem ihm näher liegenden der beiden Köpfe die Mundöffnung, darauf verminderte sich die An- zahl der Tentakel des letzteren, die mit einander vom Grunde nach der Spitze zu verschmelzen, so dass verzweigte Tentakel entstanden (Fig. 5). Gleichzeitig wechselte die gegenseitige Stellung der drei Köpfe: der eine unveränderte Kopf und der neugebildete (Fig. 4, 5, 6) lagen an den entgegengesetzten Enden eines etwas gebogenen Leibes, auf dessen Mitte senkrecht zur Längsachse nun der zurückgebildete Kopf als ein kleiner Höcker mit einem einzigen kurzen Fangarme stand (Fig. 6). Gegen die Mitte des Juli ging das Thier zu Grunde. Ich bemerke bei dieser Gelegenheit, dass grisea sich ungleich empfindlicher gegen alle möglichen Einflüsse erwies als fusca, selbst bei der Ver- setzung in anderes Wasser als das gewohnte an Reizbarkeit ein- büsste und auch bedeutend schwerer zu ernähren war als fusca, die mit ihren starken Fangarmen selbst sehr grosse Daphnien zu verschlingen vermag. Auf die Bedeutung dieser beiden Experimente komme ich unten zurück. Transplantationsversuche mit Hydra. —1 sl Die mikroskopische Untersuchung der Verwachsungsstelle, die ich bei meiner ersten Bearbeitung dieses Themas unterlassen musste, war durchaus erforderlich, um alle Zweifel an der völligen Verwachsung zweier gleichnamiger Pole zu beseitigen. Solche Zweifel waren in den Fällen, in denen die ursprünglich entgegen- gesetzt gerichteten Axen sich parallel stellten und die Theile der Länge nach verschmolzen, von vorn herein ausgeschlossen. Aber hier war ja auch die entgegengesetzte Richtung der Axen nicht bestehen geblieben. Wo diese jedoch dauernd bestehen blieb, was in ganz reiner Form nur bei der Verbindung zweier aboraler Pole eintrat, da konnte die Thatsache, dass solehe Thiere sich stets nach voraufgehender Bildung eines gemeinsamen Fusses unter der Bildung einer erst gemeinsamen und dann sich theilen- den Fussscheibe in der Mitte dieses Fusses trennten, zu Bedenken Veranlassung geben, ob denn vorher überhaupt völlige Ver- wachsung bestanden habe. Daher bringe ich hier die Resultate der mikroskopischen Untersuchung, welche die Annahme bestä- tigen, dass die Verwachsung in allen Fällen vollständig ist. Ich habe dazu ausschliesslich entgegengesetzt vereinigte Kopfstücke benutzt, da, wie soeben gesagt, diese allein dauernd in der ursprünglichen Lage verharren und auch den hauptsäch- lichsten Anlass zu Zweifeln bieten. Die Technik war einfach. Ich blieb nach einigem Aus- probiren bei folgender stehen. Die m ganz wenig Wasser lang ausgestreckten Thiere wurden mit einer von vom Rath ange- gebenen Fixirungsmischung aus Pikrinsäure, Osmiumsäure und Eisessig, die aus einer Saugpipette in geringer Menge auf sie gespritzt wurde, überrascht und darin 10 Minuten lang fixirt. Nachdem die Objekte in Paraffin eingebettet und geschnitten waren, diente zur Färbung auf dem Objektträger der Karmalaun P. Mayer’s. Die unverdünnte Farblösung liess ich eirca 2 Stun- den einwirken und erzielte damit eine intensive Färbung, wäh- rend mit Alaunkarmin nach noch längerer Zeit das Objekt nur einen schwachen röthlichen Ton annahm. Ich untersuchte die Thiere zu den verschiedensten Zeiten nach der Operation und legte durch sie Längssehnitte senkrecht zur Verwachsungszone. Figur 1 stellt einen Theil eines Schnittes dar, der einem aus zwei Kopfstücken von fusca zusammengesetzten Doppelthiere 14 Georg Wetzel: entnommen ist, welches 2 Stunden nach der Operation abgetödtet wurde. Bei a liegt die Stelle der Verheilung. Das Ektoderm der einen Seite geht kontinuirlich in das der andern über und ebenso das Entoderm. Im Entoderm ist eine gewisse Unordnung in der Lagerung der Zellen erkennbar. Die Stützlamelle, die in der Zeichnung der Deutlichkeit halber blau kolorirt ist, endigt beiderseits vor der Stelle a, an der sich nur Zellen befinden und keine Lamelle. Die an den freien Enden der Lamelle festge- hefteten Zellen gehen von hier aus radienartig divergirend nach a zu. — Der Schnitt zeigt somit die grossen Zellen beider Keim- blätter, nicht aber die Stützlamelle vereinigt und das eigenartige Ausstrahlen der vereinigten Zellen von den beiden Lamellenenden aus ist als eine Folge einer Kontraktion anzusehen, die das Thier kurz vor dem Absterben auf den heftigen Reiz hin ausgeführt hat. Die um die ‚Lamelle liegenden und mit ihr verbundenen kontraktilen Theile beider Stücke zogen sich zusammen, die vor- her wahrscheinlich sich berührenden Schnittenden der Lamelle rückten auseinander und verzerrten die schon verklebten Zellen zu der dargestellten Figur. Ueber die der Lamelle benachbarten Zellen, insbesondere die Ganglienzellen, ist aus den Schnitten nichts zu erfahren; das wahrscheinlichste ist, dass sie gleich der Lamelle noch nieht verwachsen sind, und diese Annahme findet in den unten beschriebenen Versuchen über den Uebergang des Reizes von der einen Hälfte auf die andere ihre Bestätigung. Ausserdem liegen die kleinen Kerne, welche den Ganglienzellen zugehören müssen, so weit entfernt von einander, dass eine Kommunikation der Zellen sehr unwahrscheinlich wird. — Dass auf meinen Schnitten die feinen nervösen Elemente nicht isolirt erkennbar sind, liegt an der Zartheit des Objektes, wie denn unter anderen auch K. C. Schneider!) hervorhebt, dass man diese Elemente nur mit Hülfe von Isolirmethoden studiren kann, während es „auf Schnitten kaum möglich“ ist, „im Ektoderm Zellgrenzen zu erkennen, geschweige denn die einzelnen sub- epithelialen Elemente auseinanderzuhalten*. Das beschriebene Bild findet sich nur dann, wenn die Stücke noch zu einer Kontraktion vor dem Absterben fähig waren, er- 1) K. C. Schneider, Histologie von Hydra fusca ete, Arch. £. mikr. Anat, Bd. 35, S. 322. Transplantationsversuche mit Hydra. 75 starren sie momentan, ohne erst eine solche ausführen zu können, so ist es in der Regel unmöglich, irgend etwas auffallendes an der Verheilungsstelle zu entdeeken und sie ist dann nur an der verschiedenen Pigmentirung der zusammenstossenden Theile, an einer geringen Einschnürung oder in selteneren Fällen an Ver- letzungen des Entoderms zu erkennen, die zuweilen beim Ein- führen der Borste nicht zu vermeiden sind. Objekte, die vor weniger als zwei Stunden operirt waren, habe ich nieht schneiden können, da sie entweder schon beim Abtödten oder bei irgend einer der zur Konservirung erforder- liehen Manipulationen auseinanderfielen. Solche wieder, die 4, 6 oder wenig Stunden mehr nach der Operation zugebracht hatten, zeigten wesentlich dieselben Verhältnisse wie die 2 Stunden alten, jedoch in der Regel mit geringerer Deutlichkeit. Bei Thieren, die etwa 12 Stunden oder noch älter waren, liess sich ausser einer geringeren Dicke der Leibeswand an der Verbin- dungsstelle, die auch äusserlich als Ringfurche wahrnehmbar war, nichts abnormes auffinden, und Thiere, an denen auch äusserlich die Furche nicht mehr zu sehen war, erwiesen sich mikroskopisch der ganzen Länge nach gleichmässig gebaut. Hiervon giebt Fig. 2 eine Anschauung, in der die eine Seite eines Schnittes durch einen 5 Tage alten Doppelkopf von fusca abgebildet ist. Auch die Lamelle ist hier kontinuirlich. Die Abbildung reicht beiderseits bis in die Nähe des Tentakelansatzes, die ursprüng- liche Verheilungsstelle musste in seinem mittleren Theile gelegen sein, es ist keine Spur davon aufzufinden. Die Abbildung Figur 1 bezieht sich auf umgekehrt ver- heilte Stücke. Genau dasselbe Bild gewähren aber auch Pfropf- thiere, deren Theile in gleicher Orientirung verheilt worden sind. Es gelangte selbst zur Beobachtung an Hydren, die in zwei Stücke geschnitten und sofort wieder zusammengefügt worden waren. Natürlich findet sich später auch bei diesen keine Spur der Schnittstelle mehr vor. Von ganz späten Entwicklungsstadien der Doppelköpfe habe ich schliesslich noch solche geschnitten, die soeben eine gemein- same Fussscheibe gebildet hatten. Ich traf hier eine ununter- brochene Reihe langer Drüsenzellen an, wie bei einem Schnitt durch eine gewöhnliche Fussscheibe und doch würde diese Fuss- scheibe später sich eingekerbt und sich in zweie getrennt haben. 76 Georg Wetzel: In beliebiger Richtung verheilte Hydren von einer Art ver- wachsen also stets vollkommen. Dabei verwächst Ektoderm mit Ektoderm, Entoderm mit Entoderm und die Stützlamelle mit der des anderen Thieres, also jedes Gewebe mit seinesgleichen. Dies geschieht direkt, ohne Bildung eines Exsudates oder gar eines Narbengewebes, einfach durch Anlagerung der Zellen an ein- ander. Hierin gleichen meine Befunde histologisch vollkommen denen, die Born an Amphibienlarven erhalten hat. Auch hier lagern sich die embryonalen Zellen direkt zusammen. Das auf niedriger Stufe stehende ausgewachsene organische Wesen ver- hält sich wie in manchem anderen, so auch hierin analog dem höheren in embryonalem Zustande. Aus diesem Grund vermuthet auch Born, dass die histologische Untersuchung der verwach- senen Hydren Verhältnisse ergeben würde, welche den von ihm bei Froschlarven erhaltenen glichen. Eine kleine Besonderheit bedingt noch die Existenz der Stützlamelle, die ja eine Art intercellulärer Substanz ist und sich etwa mit der Intercellularsubstanz des Bindegewebes vergleichen lässt. Ob sich die Enden der beiden Stützlamellen auch einfach verbinden oder ob hier neue Stützsubstanz gebildet wird, kann ich nicht entscheiden, halte jedoch die Annahme, dass es dabei zur Bildung neuer Stützsubstanz kommt, für wahrscheinlicher. Eine Modifikation des Trembley’schen Umstülpungsversuches. Zuerst von Engelmann, dann von Nussbaum und schliesslich von Isechikawa wurde die Unmöglichkeit nachge- wiesen, einen umgestülpten Polypen dauernd in dieser Lage zu erhalten. Die von dem Erfinder dieses Versuches, Trembley aufgestellte Behauptung, dass infolge der Umstülpung das nach aussen gekehrte Entoderm sich in Ektoderm verwandele und die umgekehrte Verwandlung mit dem Ektoderm vor sich gehe, ist damit als ein Irrthum des sonst so zuverlässigen Beobachters nachgewiesen. Wir wissen jetzt, und zwar besonders aus den eingehenden Untersuchungen Nussbaum’s, dass der Polyp, der durch Borsten, welehe an seinem offenen Ende quer durch ihn gesteckt waren, an dem Zurückstülpen gehindert werden sollte, doch noch Oeffnungen genug vorfindet, durch die er in einer nun allerdings sehr komplieirten Weise seine Zurückstülpung be- werkstelligt. Transplantationsversuche mit Hydra. 17 Ich kam nun auf die Idee, einen umgestülpten Polypen dadurch an der Zurückstülpung zu hindern, dass ich ihm nach Entfernung des Kopfes und eines kleinen Stücks des Hinterendes beiderseits nicht umgestülpte Stücke von Polypen anheilte. Der Versuch war ohne Schwierigkeiten ausführbar und ich stelle ihn folgendermaassen an. Zunächst wird ein hinteres Stück eines Polypen mit dem Fussende voran auf eine Borste geschoben. Dann wird dem umzustülpenden Polypen der Kopf abgeschnitten und der übrig bleibende Haupttheil seines Körpers mit Hülfe derselben Borste und einer kleinen Pinzette umgestülpt, wobei der umgestülpte Polyp über das Endstück der Borste herübergezogen wird. Nun- mehr schneide ich das Fussstück dieses Thieres ab und erhalte dadurch auch eine hintere Wandfläche und zugleich eine Oeff- nung, die es gestattet, das umgestülpte Thier jetzt völlig auf die Borste und bis an den ersten Polypen heranzuschieben. Nachdem dies geschehen ist, braucht nur noch ein dritter ge- köpfter und seines Fusses beraubter Polyp mit dem Kopfe voran auf die Borste bis an den umgestülpten geschoben zu werden. Die beiden nicht umgestülpten Thiere richten ihre Kopfenden gegen das zwischen ihnen liegende umgestülpte und pressen sich bei ihrer Ausdehnung fest an dieses an, wodurch die Bedingungen zur Verheilung so günstig wie möglich werden. — Zu diesem Versuche ist Hydra grisea am besten geeignet, da sie kein so langes, dünnes Fussstück besitzt wie fusca. Trotz dieses beim Umstülpen hinderlichen Organes gelingt jedoch der Versuch auch mit fusca. In den meisten Fällen war trotz der geschilderten Vorkeh- rungen die Verwachsung an Einer Seite vollständig oder an ver- schiedenen Stellen beider Seiten theilweise ausgeblieben. Einen Versuch habe ich von vornherein nur mit einem nicht umge- stülpten Thiere ausgeführt und will diesen zunächst beschreiben. Versuch vom 23. August 18%. Eine geköpfte Hydra grisea wurde mit einer Borste und einer glatten Pincette umgestülpt. Darauf wurde ihr das Schwanz- ende abgeschnitten und sie ganz auf die Borste geschoben. Eine zweite geköpfte Hydra wurde nach Entfernung ihres Fusses eben- falls, und zwar mit dem Kopfe voran auf die Borste geschoben 78 Georg Wetzel: und mit dem hinteren Ende des umgestülpten Thieres in Be- rührung gebracht. Von der Umstülpung des einen abge- sehen, konnten sich somit beide in normaler Richtung vereinigen. Dies geschah auch und die Borste konnte nach 2 Stunden entfernt werden. -Zunächst lag nun das dunkle und unebene Entoderm des einen Thieres aussen (Fig. 7). Nach einigen Stunden jedoch erschien es wie von einem feinen durch- sichtigen glänzenden Schleier überzogen, in welchem Nesselkapseln erkennbar waren. Am folgenden Tage lag alles Ektoderm aussen und vom Entoderm war nichts mehr wahrnehmbar (Fig. 8). Es war zu vermuthen, dass das Thier sich umgestülpt hatte und das zuerst freie Ende des umgestülpten mit dem Vorderende des umgestülpten Fühlung bekommen hatte und mit ihm verwachsen war. Gleichzeitig musste das ursprünglich mit diesem verbundene Ende sich loslösen und zum freien werden. War dies wirklich geschehen, so mussten die beiden Stücke jetzt mit den Kopfenden verwachsen sein und man durfte erwarten, dass sich jetzt an der Stelle der Verwachsung Tentakel und ein Kopf entwickeln würden. Diese Erwartung erfüllte sich denn auch in den nächsten Tagen (Fig. 9). Um den direkten Nachweis zu erbringen, dass die Zurück- stülpung wirklich in der vermutheten Weise stattfindet, habe ich einige Operationsthiere in Längsschnitte zerlegt und an diesen die Lagerung der beiden Keimblätter studirt. Die Figuren 10 bis 12 geben eine Vorstellung von dem Ablauf dieser Vorgänge bei einer umgestülpten, zwischen z wei nicht umgestülpten Thiere eingefügten Hydra. Die Verwachsung war nicht an allen Punkten erfolgt und zeigt verschiedene Eigenthümlichkeiten, wie das Stu- dium der Figuren 10 bis 12 lehrt. Fig. 10 zunächst stellt die Hälfte eines gedachten Längsschnittes dar und veranschaulicht die Lagerung der Theile zu einander, wie sie zu Anfang des Experimentes besteht. Die zur Verwachsung gelangenden Schnitt- flächen des äusseren und inneren Keimblattes der drei Thiere sind der Reihe nach mit i, a,, i,3,, i,a, und i,a, bezeichnet, die Thiere selbst mit I, II und III. An vier Stellen ist die Möglichkeit zur Verbindung von Entoderm und Ektoderm ge- geben (i, a5, A,is, A,i,, 1,2,)., Ausserdem kann aber noch das Entoderm des umgekehrten Stückes mit beiden Entodermen der nicht umgestülpten verwachsen. Dies letztere geschieht auch Transplantationsversuche mit Hydra. 79 und ist noch auf den späteren Schnitten nachweisbar (Fig. 11 und 12 bei A). Dagegen sind Verbindungen des äusseren Blattes mit dem inneren später nur noch an wenigen Stellen zu kon- statiren und auch an diesen erscheint es mir zweifelhaft, ob nicht die Zellen bloss sehr dicht aneinandergepresst sind, wo- dureh eine organische Verwachsung vorgetäuscht werden könnte. Die beiden Keimblätter verbinden sich vielmehr mit weit ent- fernt gelegenen Zellen gleichen Gewebes, wie die Betrachtung der Schnitte zeigt. Diese wurden angefertigt, nachdem das En- toderm sich mit dem erwähnten dünnen Schleier überzogen hatte. Figur 11 stellt die eine Hälfte eines Längsschnittes dar. Der Polyp I ist hier überhaupt ohne Verbindung mit den anderen und es bleiben nur diese beiden (II u. III) zu untersuchen. Hier hat sich das obere Ende des Thieres II nach aussen und unten umgebogen und mit dem obern Ende von III verbunden, die neuen Verbindungen sind a, a, und i, i,. Daneben ist die Verbindung i,i, bestehen geblieben A, sodass also die freie Entodermfläche von III mit den beiden gleichen Flächen von Il sich verbunden hat. Denken wir uns die Thiere II und III auf der linken Seite symmetrisch er- gänzt, und nehmen wir a, i, als kephale Schnittfläche, a, i, als kau- dale, so giebt uns diese Figur eine Erklärung des Vorganges, den die Figuren 7 bis 9 in seiner äusseren Erscheinung darstellen. Doch ist noch eine kleine Komplikation vorhanden, das ursprünglich untere Ende von II ist noch durch die Verwachsung bei A i,i, mit dem oberen von III verbunden. Es muss aber zum freien Ende werden, dies könnte nun durch Loslösung des i, von i, ge- schehen, wie es der Einfachheit halber oben bei der Schilderung eines Versuches als Vermuthung hingestellt wurde. Es ist aber auch möglich, dass i, mit i, verwachsen bleibt und doch diese Stelle zum freien Ende wird. Dazu sind komplieirte Verschie- bungen des Zellenmateriales erforderlich. Da nun die Form soleher umgekehrten Stücke auch nach der Zurückstülpung noch längere Zeit Unregelmässigkeiten aufwies, so halte ich das letztere für richtig. So erschien in dem geschilderten Versuche der um- gestülpte Theil auch nach der Zurückstülpung noch einige Tage hindurch unförmlich diek und streckte sich nicht völlig aus, wie das auch an der Figur 8 zu sehen ist. Die linke nieht gezeichnete Hälfte des Schnittes zeigte ein anderes Verhalten der Thiere als die rechte, doch nicht in soleher 80 Georg Wetzel: Klarheit, wie es sich auf einem weiter entfernten Schnitte auch auf der rechten Hälfte zeigte, welche daher in Figur 12 darge- stellt ist. Wir sehen hier das Ektoderm des umgestülpten Stückes ohne jede Verbindung an beiden Enden in sich abgeschlossen. Das Entoderm steht dagegen mit dem der beiden nicht umge- stülpten Theile I und HI bei A in Verbindung. Abweichend von Figur 11 hat sich hier das umgestülpte Stück nieht umge- legt und es ist dafür etwas anderes und ziemlich unerwartetes eingetreten. Das Stück II wurde von I und III überzogen und in die Mitte verdrängt. Wir sehen daher a, mit a, und i, mit i, verwachsen. Denken wir uns diese Figur auf der linken Seite symmetrisch ergänzt und lassen wir sie um ihre Axe rotiren, so erhalten wir als Resultat die allseitige Ueberwachsung des um- gestülpten Polypen und seine Verdrängung in die durch die bei- den anderen gebildete Leibeshöhle. Einmal habe ich diesen Ausgang des Versuches in völliger Reinheit erzielt, da ieh aber das betreffende Objekt abtödtete und auf Schnitten untersuchte, habe ich das Schicksal eines solchen umgestülpten und zugleich in die Leibeshöhle eines andern versenkten Polypen nicht zu Ende verfolgen können. Die Thiere, die schliesslich aus den in diesera Kapitel be- schriebenen Versuchen hervorgehen, sind nicht immer so einfach wie das in Figur 9, sondern es ist in Hinsicht auf die Zeich- nungen 11 und 12 klar, dass schliesslich höchst komplieirte Monstra entstehen müssen. Ich habe deren Bildung auch in den wenigen Fällen, die ich nicht zum Schneiden konservirte, nicht analysirt, da diese Dinge nichts mehr für die Förderung der Absicht thun konnten, in der die Versuche unternommen waren. Zur Erlangung eines brauchbaren Resultates hatte der umge- stülpte Polyp Fig. 10 II in der Verbindung bleiben müssen, in der ihn die Figur zeigt. Dann wäre entweder das Stück zer- fallen, oder die beiden Keimblätter hätten sich in einander um- wandeln müssen. Das wirkliche Resultat gleicht aber völlig dem von Engelmann, Nussbaum und Ischikawa mit Hülfe einer anderen Methode erhaltenen, indem es zeigt, dass es auch auf diesem Wege nieht gelingt, den Polypen dauernd umgestülpt zu erhalten. Positiver ist ein anderes Ergebniss. Die Transplantations- versuche Born’s und Joest’s haben ergeben, dass mit wenigen u We. 5 Transplantationsversuche mit Hydra. sl anderweitig in ihrem abweichenden Verhalten genügend begrün- deten Ausnahmen stets gleichartige Gewebe verwachsen. Liegen diese an den Schnittflächen sich nicht direkt gegenüber, so kommt es vor, dass sie trotz weiter Entfernung auf einander zuwachsen, bis sie zusammenstossen. Bei der Hydra kommen nur Ektoderm und Entoderm als besondere Gewebe in Betracht und es liegt an der Operationsmethode, dass hier von vornherein nur die gleichartigen Gewebe zusammenstossen. Gerade umgekehrt aber ist es, wenn der eine der zu transplantirenden Polypen umgestülpt ist. Da nun hier trotzdem nur gleichartiges sich vereinigt, könnte man alle die geschilderten Verlagerungen von diesem Streben ableiten. Das ist natürlich nicht zulässig, da die umfangreichen Verlagerungen der Enden sich grossentheils aus der versuchten Rückstülpung herleiten lassen. Wäre aber der Eintritt der Ver- wachsung der verschiedenen Keimblätter ebenso leicht zu er- reichen wie der von gleichen, so hätten diese Zurückstülpungen überhaupt verhindert werden müssen. Hierzu kommt noch die schon erwähnte Thatsache, dass auf den untersuchten Schnitten nur noch an wenigen Stellen die Zellen ungleicher Keimblätter so eng benachbart liegen, dass man allenfalls die Annahme machen darf, es sei hier eine Art von Verwachsung vorhanden. An allen übrigen Stellen befinden sich nur die gleichartigen Gewebe in der Vereinigung. So lässt sich also die Thatsache der bevor- zugten Verwachsung gleichartiger Gewebe auf einem Umwege auch an der Hydra demonstriren. Während die Regeneration der Hydra an einem Schnittende dadureh unterdrückt werden kann, dass man es an ein anderes in natürlicher Riehtung anheilt, tritt hingegen eine Regeneration in der Regel trotz der Verheilung ein, wenn dabei gleiche Pole verbunden werden. Die entsprechenden Vorgänge bei Froschlarven und beim Regenwurm sind hiervon erheblich verschieden. Die Regeneration an Quersehnitten des Rumpfes von Froschlarven ist überhaupt nur gering. Wie Born an Larven von Rana eseulenta beob- achtete, regenerirt die orale Schnittfläche eines abgeschnittenen Schwanzes kopfwärts die Rückenflosse, sowie ein Stück Chorda und Rückenmark. Eine noch geringere Regeneration konstatirt Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 6 82 Georg Wetzel: er an Schnittflächen, die innerhalb des Rumpfes gelegen waren. Sie beschränkte sich hier auf die Flosse und die Chorda. Alle diese Neubildungen unterbleiben, sowie das Thier an ein anderes angeheilt wird. Und zwar ist es im Gegensatz zur Hydra ganz gleichgültig, in welcher Richtung und an welchem Organe die Anheilung stattfindet. Die Regenwürmer besitzen gleich den Süsswasserpolypen ein hohes Regenerationsvermögen. Dies haben sowohl die Unter- suchungen Morgan’s und Hescheler's, wie in noch höherem Maasse die von Korschelt und seinen beiden Schülern Joest und Rievel gelehrt. Korschelt beschreibt unter anderem folgenden Fall. Ein aus 6 unverletzten, 3 vorderen angeschnitte- nen und einem hinteren verletzten Segmente bestehendes Stück hatte nach einem Monat ein vorderes Regenerat von ca. 30, ein hinteres von 22 Segmenten erzeugt, Mund- und Afteröffnung waren bereits gebildet. Bei Thieren mit einer so ausgebildeten Regenerationsfähigkeit unterbleibt jedoch die Regeneration stets, wenn die Schnittfläche wieder irgendwo angeheilt wird und zwar ist es auch hier gleichgültig, in welcher Richtung dies geschieht. Sie unterbleibt nur dann nicht, wenn ein Theil der Sebnittfläche nicht wie die übrige verwächst, sondern frei bleibt. — Vielleicht erklärt sich der Unterschied der Regenwürmer den Polypen gegen- über dadurch, dass ihnen zwar die Fähigkeit der Regeneration, aber nicht die der Vermehrung durch Theilung eigen ist, welche die Polypen hingegen besitzen. Es wäre möglich, dass die Limieolen, denen diese Art der Vermehrung zukommt, bei Trans- plantationsversuchen ähnliche Erscheinungen wie die Süsswasser- polypen darbieten. In meiner ersten Arbeit musste ich auf einen gewissen Gegensatz hinweisen, in dem die Thatsache der Verwachsung von Theilstücken in umgekehrter Riehtung mit den Erscheinungen steht, die später an diesen Monstren eintreten und theilweise eine Verschmelzung der beiden Stücke der Länge nach unter Parallel- stellung der Achsen bewirkten, theilweise eine sekundäre Tren- nung zur Folge hatten. Die Hydra wurde nun bisher gewöhnlich als ein polarisirtes Thier angesehen. Die Erscheinungen der Polarität sind am ein- gehendsten an Pflanzen studirt worden und es sind zwei Gruppen von Erscheinungen gefunden worden, die man als einen Ausfluss Transplantationsversuche mit Hydra. 83 jener als Polarität bezeichneten unbekannten Grundeigenschaft betrachtet. Diese Gruppe sind die Regeneration und die Ver- wachsungsvorgänge. Bei der Regeneration ausgeschnittener Spross- theile bildet sich an ihrem Vorderende stets eine Spitze, am Hinterende stets eine Wurzel. Das ist die Regenerationspolarität. Bei den Transplantationen zeigt es sich, dass nur ungleichnamige Enden verwachsen, gleichnamige nicht oder mit nachfolgender Störung der Ernährung. Das wäre Verwachsungspolarität. Diese beiden Erscheinungen müssen vorhanden sein, wenn wir die Hydra ein polarisirtes Thier nennen wollen. Ich glaube nun im Obigen den Nachweis sowohl histologisch wie physiolo- sisch erbracht zu haben, dass die Verwachsung zwischen zwei gleichnamigen Polen der Hydra genau so vollständig erfolgt, wie zwischen ungleichnamigen. Die Hydra verhält sich also hierin genau so, wie alle anderen Thiere, mit denen bisher in dieser Hinsicht experimentirt worden ist. Sie kann also so gut wie die Kaulquappe und der Regenwurm als ein nichtpolarisirtes Thier angesehen werden. Soll nun die Hydra auch auf Grund ihrer Regenerations- erscheinungen als nicht polarisirt angesehen werden, so müssen sich an ihr die Erscheinungen der Heteromorphose nachweisen lassen. Nun hat die überwiegende Mehrzahl meiner Experimente nur Bildungen erzeugt, die für den Ort ihrer Entstehung typisch waren. Zwei Fälle jedoch, die zu Anfang dieser Arbeit geschil- derten, hatten ein abweichendes Resultat. In dem einen bildete sich an Stelle eines Kopfes ein Fuss, während der andere etwas eomplieirter lag. An einem Doppelkopfe von Hydra grisea ent- stand in der Gegend der Vereinigungsstelle (Fusspol) ein Kopf, während gleichzeitig der eine der beiden ursprünglichen Köpfe sich zurückbildete bis auf einen einzigen Tentakel und der neue Kopf in seine Stellung rückte. Dieser Fall ist nieht zwingend. Ein drittes Beispiel von Heteromorphose entnehme ieh der Litte- ratur. R. Zoja!) beobachtete an einer Hydra grisea mit 2 Knospen eine gleichzeitig oberhalb und unterhalb der Knospungs- zone auftretende Quertheilung. Die an der aboralen Theilungs- stelle entstehenden Enden verhielten sich normal. Die an der 1) R. Zoja, Aleune ricerche morfologiche e fisiologiche sull’ Hydra. S. 29. Pavia 1890. 84 Georg Wetzel: oralen hingegen wurden beide zu Füssen, während das eine von ihnen einen Kopf hätte bilden müssen. — Es ist bemerkenswerth, dass alle 3 Beobachtuugen an H. grisea gemacht worden sind und es ist nicht ausgeschlossen, dass ausschliesslich auf diesen Zweck gerichtete Experimente die Zahl der Heteromorphosen für grisea noch vermehren würden. Jedenfalls ist es hierdurch er- wiesen, dass die Regenerationspolarität der H. grisea nicht un- abänderlich ist. Etwas anderes ist es, ob die von mir beobach- teten Heteromorphosen als eine Folge der Verwachsung und der Beeinflussung des einen Thieres der neuen Verbindung durch das andere anzusehen ist. Ich möchte diese Annahme eher verneinen als bejahen, da andernfalls eine weit grössere Zahl von Hetero- morphose hätte erzielt werden müssen. Endlich liegt in dem Knospungsvorgange selbst schon die Andeutung eines nicht streng polaren Verhaltens aller Theile des Polypens. Dies geht aus folgender Ueberlegung hervor. Die nebenstehende y.i Zeichnung mag ei- 2 : B nen schematischen ” Längsschnitt einer A Hydra vorstellen. A A A C sei (auf beiden B % C, Seiten) ein kleines ed, B Stück derWandung, B B die Mitte davon. Wir wollen nun ein- mal sehen, wie es mit dem polaren Verhalten von A 5 bestellt ist, wenn A (zur Knospe wird und das andere Mal, wenn A B heraus- geschnitten wird und regenerirt. Fig. b und ce mag die Umbildung von A C'zur Knospe veranschaulichen. Wir sehen, wie schliesslich B den oralen, A den aboralen Pol bildet. Fig. 5 und ce zeigen, wenn wir A B herausgeschnitten denken, sein Verhalten bei der Regeneration. Hier wird schliesslich gerade umgekehrt A zum oralen und 3 zum aboralen Pol. Wie also die Verwachsungsversuche die Andeutung einer Polarität völlig vermissen liessen, so müssen auch die beobach- teten Heteromorphosen, sowie die eigenthümlichen Verhältnisse bei der Knospung eine Regenerationspolarität wenigstens zweifel- haft erscheinen lassen. Transplantationsversuche mit Hydra. 85 Verwachsungsversuche zwischen Individuen ver- schiedener Arten. Greffe heteroplastique. Illegitime Pfropfung. Versuche zur Vereinigung verschiedener Arten von Polypen hat allein Trembley angestellt. Er berichtet von positiven Resultaten nur das Folgende: „j’ai seulement vu deux morceaux de Polypes, l’un de la seeonde el l’autre de la troisieme espece, qui out Eete un peu attaches ensemble pendant une quinzaine de jours, et qui ensuite se sont separes.“ Zwischen fusca und grisea hat er also eine minimale Verbindung erreicht. Seine Bemühungen, die übrigen Kombinationen herzustellen, hatten nur negative Resultate. Die Unterscheidung der Arten. Von den Species der Hydra ist viridis durch ihre Farbe genügend charakterisirt, so dass nur die Unterscheidung von grisea und fusca besondere Aufmerksamkeit erfordert. Diese beiden Arten lassen sich schon makroskopisch genügend unter- scheiden. Fusca hat einen langen, schmalen und von dem dicke- ven Körper scharf abgesetzten Fuss und ihre Tentakeln erreichen das zehnfache der Körperlänge und mehr. Grisea zeigt einen ganz allmählichen Uebergang des kurzen Fusses in den Körper und ihre Tentakeln erreichen ausgestreckt höchstens die Länge des Körpers. Diese Merkmale genügen nach meiner Ansicht zu einer sicheren Unterscheidung, ich habe aber stets zur Kontrolle ‘kleine Tentakelstückchen der zu operirenden Exemplare auf ihre Nesselkapseln untersucht, da nach vielen Autoren die Form die- ser das sicherste Unterscheidungsmerkmal ist. Bei beiden von mir verwendeten Arten fanden sich drei Nesselkapseln, eine von Jiekeli für grisea abgebildete vierte Form habe ich nicht ge- sehen. Von den dreien stimmt die kleinste in ihrer Form nnd Grösse bei beiden Arten völlig überein, so dass nur die grosse und mittlere Form zu berücksichtigen sind. Bei 13 habe ich diese beiden Formen für fusca, bei 14 für grisea abgebildet. Eine Vergleichung mit den Abbildungen Jiekeli’s, Schneider’s und R. Zoja’s ergiebt, von geringen Unterschieden abgesehen, eine hinreichende Uebereimstimmung in der Gestalt der Kapseln von fuseca und der kleineren Form von grisea mit der von mir 86 Georg Wetzel: gezeichneten. Die grosse Kapselform von grisea (Fig. 14a) findet sich bei den genannten nicht, dafür bilden sie eine Form ab, die etwas plumper und bedeutend grösser als die entsprechende von fusea ist, im übrigen aber mit ihr übereinstimmt. Ich habe auch diese Form gefunden, meine meisten Versuche aber mit einer grisea angestellt, deren grösste Kapseln die Form von 14a hatten. Das Verhalten beider Spielarten von grisea zu fusca war das gleiche, unter sich habe ich die Spielarten nicht vereinigen können, da ich sie nicht gleichzeitig erlangen konnte. Verwachsungsversuche zwischen grisea und fuseca. Es gelingt ziemlich leicht, diese beiden Arten zu verbinden, wenn sehon mehr Versuche fehlschlagen, als bei den legitimen Transplantationen. Versuch vom 29. Juli 1896 (ungleiche Pole vereinigt). Eine H. grisea und eine gleich grosse H. fusca wurden in der Leibesmitte durchschnitten und das Kopfstück der grisea auf das Fussstück der fusca geheilt. Als die beiden Stücke nach 5 Stunden von der Borste gestreift wurden, zeigten sie sich gut vereinigt. An der Verwachsungsstelle war eine nur geringe Ein- schnürung vorhanden. Diese war nach Verlauf einiger Tage nicht verschwunden, sondern vielmehr so deutlich ausgeprägt, dass die Thiere, wenn sie sich kontrahirten, nur durch eine schmale Brücke verbunden erschienen. Am 30. Juli war dicht unterhalb der Verwachsung an dem Fuscatheile ein Tentakelhöcker gebildet, dem sich in den nächsten Tagen noch weitere im ganzen Um- kreise hinzugesellten, so dass das Thier schliesslich vier Tentakel besass (Fig. 16a). Das Stück, welches diese überragte und sich mit der grisea verband, liess eine Mundöffnung nicht erkennen. Inzwischen hatte sich an der grisea ein wenig kopfwärts von der Verwachsung ein Höcker gebildet, der sich als Fuss kenn- zeichnete (Fig. 16b). Am 5. August wurde das Doppelthier mit Formalin überrascht und zerfiel dabei in seine beiden Hälften. Während der ganzen Beobachtungszeit war die Wirkung von Reizen, die auf den einen Theil ausgeübt wurden, stets auf diesen isolirt geblieben. 2 Transplantationsversuche mit Hydra. 87 Versuch vom 7. Sept. 1897 (ungleiche Pole vereinigt). Umgekehrt wie im vorhergehenden Versuche wurde das Kopfstück einer fusca auf das Fussstück einer grisea gepfropft. Die grisea regenerirte einen Tentakel und 2 Tentakelanlagen dicht unterhalb der Verwachsungsstelle. Die Regeneration eines Fusses an der fusca wurde nicht beobachtet. Das Thier wurde am 13. Sept. für die mikroskopische Untersuchung abgetödtet. Es hatte zuletzt die auf Figur 17 wiedergegebene Gestalt. Auch dieses Thier zeigte die Beschränkung der Reizwirkung auf die gereizte Hälfte. Wenn ich seinen Kopf mit einer Präparirnadel grob berührte, so kontrahirte sich die Kopfhälfte stark und die Tentakeln klammerten sich an der Nadel fest, das hintere Stück wurde nachgezogen und blieb dabei lang ausgestreckt. Versuch vom 20. Sept. 1897 (gleiche Pole vereinigt). Einer H. fusca und einer grisea wurde der Kopf entfernt und die übrig bleibenden Stücke mit ihren oralen Enden ver- heilt. Am 23. Sept. zeigten sich die Thiere nur noch an Einem Punkte verbunden. Am 24. Sept. fand ich sie getrennt vor. Eine Regeneration war bis dahin an keinem Theile eingetreten. Die mikroskopische Untersuchung der Vereinigungsstelle von fusea mit grisea ergab nichts Auffallendes. Die Zellen liegen unmittelbar an einander und zwar sind Ektoderm- und Entoderm- zellen mit ihres Gleichen in Berührung. Eine Verbindung der beiden Stützlamellen ist auf keinem Schnitte sicher zu Konstatiren. Wie es schon makroskopisch siehtbar ist, zeigen natürlich auch die Schnitte eine tiefe Einschnürung an der Verbindungsstelle, die um so tiefer ist, je älter das operirte Paar war. Das Gesammtergebniss obiger Versuche ist also folgendes. H. grisea und fusca verbinden sich anfangs ebenso, wie Theile einer Art es thun. Diese Verbindung bleibt aber so locker, wie sie zu Anfang war und die Fläche, mit der beide Thiere in Be- rührung sind, verkleinert sich erheblich während der Dauer des Verwachsenseins. Dagegen findet eine völlig spontane glatte Ab- lösung des einen Theiles vom anderen wenigstens bei Stücken, die in gleicher Orientirung verheilt sind. nicht statt, die letzte Trennung wurde vielmehr stets durch eine mechanische Einwir- kung herbeigeführt. Dass Theile dieser beiden Arten, die ent- gegengesetzt orientirt sind, sich dagegen allein durch Kräfte 88 Georg Wetzel: trennen können, die an der Verwachsungsstelle thätig sind, scheint möglich, doch habe ich hierüber nur drei Versuche angestellt, die allerdings ein übereinstimmendes Resultat lieferten. Dann würde also der bei einer Verwachsung zwischen beiden Arten hervortretende Antagonismus. viel schärfer bei der Vereinigung gleichnamiger Pole als ungleichnamiger hervortreten. Sehr interessant ist das Auftreten von Regenerationserschei- nungen bei der Vereinigung ungleichnamiger, innerhalb des Leibes gelegener Schnittstellen. Bei soleben Vereinigungen tritt, wenn die Partner derselben Art angehören, nie eine Regeneration ein, sondern es entsteht ein normales Thier. Hier aber regeneriren die verwachsenen ungleiehnamigen Endtheile in unmittelbarer Nähe der Verwachsungsstelle dieselben Organe, die sie ohne Ver- wachsung gebildet hätten; das eine Stück erzeugt Tentakeln, das andere einen Fuss. Die Regeneration findet bemerkenswerther Weise nicht an den Zellkomplexen statt, die die Verwachsung vermitteln, sondern in einiger Entfernung davon, so dass es wahr- scheinlich wird, dass diese Zellen durch die Berührung mit frem- den in ihrer Lebensenergie geschwächt werden und sich daher an der Regeneration nicht betheiligen. Dieses Verhalten weicht zunächst von dem ab, was Born unter analogen Verhältnissen bei der Verwachsung verschiedener Arten von Amphibienlarven konstatiren konnte, bei denen keine Regeneration eintritt. Da jedoch an den Querschnitten ganzer Amphibienlarven die Regenerationserscheinungen, wie schon ein- mal erwähnt, überhaupt so gut wie fehlen, so ist eine Verglei- ehung mit ihnen eigentlich nicht zulässig. Anders verhält es sieh mit den Regenwürmern, deren Regenerationsfähigkeit nach neueren, oben sehon genannten Untersuchungen hoch ausgebildet ist. Wurde nun aber (in den Versuchen von Joest) ein Kopf- stück von Allolobophora terrestris auf ein Hinterstück von Lum- brieus rubellus transplantirt, so trat ebenso wenig eine Regene- ration nach der stattgefundenen Verwachsung ein, als wenn zwei Stücke von All. terrestris vereinigt worden wären. Dies wird durch den Umstand verständlich, dass die Vereinigung zwischen den beiden Regenwürmern nach den Angaben von Joest weit inniger als zwischen zwei Hydraarten ist und sich auf alle Organe erstreckt, während das Auftreten von Regenerationen bei fusca- grisea wohl mit der geringen Intensität und der Unvollständig- BE EB "7 Transplantationsversuche mit Hydra. 89 keit der Verbindung in Zusammenhang gebracht werden muss. Wie nämlich oben angegeben, ist eine Verbindung beider Stütz- lamellen niemals sicher nachweisbar und in Verbindung damit muss angenommen werden, dass die den letzteren anliegenden Ganglienzellen nicht in Verbindung mit einander treten. Dies letzte findet seine Bestätigung in dem physiologischen Verhalten der Thiere, da ein Reiz, welcher das eine Thier, auf das er aus- geübt wurde, zur maximalen Kontraktion zwingt, auf das andere nicht die geringste Wirkung äussert. Verwachsungsversuche zwischen viridis und fusca und zwischen viridis und grisea. Während grisea sich mit fuseca nach ohne besondere Schwierigkeit vereinigen liess, gelang dies nicht mehr so leicht mit viridis und fusca. Es missglückte mir ohne Zuhülfenahme besonderer Massregeln ein Kopfstück der einen Art auf ein hin- teres der anderen zu fixiren, da die Stücke sich stets wieder von einander entfernten. Nun hat Born die Beobachtung gemacht, dass die Schwanz- stücke zweier Amphibienlarven deshalb sehr leicht zusammen- wachsen, weil sie durch die Flimmerbewegung gegen einander getrieben werden. Ebenso haben Korschelt und Joest für den Regenwurm angegeben, dass die Vereinigung zweier Schwanz- stücke bei weitem leichter gelingt als irgend eine andere Kom- bination. da sie, ähnlich wie die Kaulquappen, in dem Bestreben vorwärts zu kriechen, die Schnittflächen zusammenpressen. Während nun bei den bisher besprochenen Versuchen die Verwachsung zweier Schwanzenden der Hydra in der Leichtig- keit, mit der sie erfolgt, kaum etwas vor den übrigen Zusammen- stellungen voraus hat, erwies sie sich hier als allein mit Erfolg ausführbar, sofern nur zwei Stücke zu der Operation verwendet wurden. Da die Enden hierbei, von ihrer Artverschiedenheit ab- gesehen, sich auch noch stets in verkehrter Richtung verbunden haben würden, so verwendete ich im Ganzen 3 Stücke, von denen die beiden äusseren der gleichen Art angehörten und hintere Enden waren, während das Mittelstück, gegen welches die Vor- derenden der beiden gerichtet waren, der andern Art zugehörte. An seinen beiden Enden befanden sich Sehnittflächen, welche bei dieser Anordnung sich sehr gut und dauernd gegen die der 90 Geoazg. Wetzel: anderen Art legten. An dem einen Ende fand die Verwachsung in normaler, an dem anderen in verkehrter Richtung statt. Versuch vom 1. Juli 1897. Einer Hydra viridis wurde der Kopf und das hintere Körper- ende abgeschnitten und sie zwischen die hinteren Stücke zweier H. fuscae eingeheilt. Die drei Theile vereinigten sich und es waren nur zwei sehr geringe Einschnürungen bemerklich, als die 3 Thiere nach 4 Stunden von der Borste gestreift wurden. Die Einsehnürungen vertieften sich aber beide andauernd und die eine fuseca löste sich schon am folgenden Tage ab. Ob es die in vermaler oder die in verkehrter Orientirung angewachsene war, habe ich nicht festgestellt. Am zweiten Tage löste sich auch die andere fusea ab, nachdem sich auch hier die Einschnürung immer mehr vertieft hatte. Dasselbe negative Resultat wie dieser, hatten auch alle übrigen Versuche, zwischen fusca und viridis eine Vereinigung herzustellen. Stets trennten sich die Anfangs verklebten Thiere spätestens am dritten Tage wieder. Die gleichsinnige Vereini- gung von fusca und grisea erhielt sich dagegen längere Zeit und ihre schliessliche Trennung wurde nur nach vorhergehender Ein- wirkung mechanischer Ursachen beobachtet. Die Versuche, grisea und viridis zu verbinden, sind bisher völlig resultatlos geblieben und es wurde nicht einmal eine vor- übergehende Verklebung erzielt. Jedoch konnte ich hiervon nur wenige Versuche anstellen und möchte ein Urtheil über die Mög- liehkeit ihres Gelingens darauf noch nicht gründen. Zur Charakterisirung der Pfropfungen zwischen viridis und fusca ist noch hinzuzufügen, dass bei diesen Zusammensetzungen die Reizwirkung sich selbstverständlich nicht über die Vereini- gungsstelle fortpflanzte. Das gegenseitige Verhalten der Schnittflächen von viridis und denen einer nieht grünen Art, sich gleichzeitig zu schliessen und von der andern Art abzulösen, wird aus dem Verhalten freier Schnittenden des Süsswasserpolypen verständlich. Diese schliessen sich, indem die Zellen, welche die Oeffnung begrenzen, sich zusammenlegen. Wird nun das Schnittende eines Thieres der gleichen Art mit diesem Schnittende in Verbindung gebracht, so wird hierdurch der Schluss der Oeffnung verhindert. Gehört En a he Transplantationsversuche mit Hydra. 91 dies Thier einer andern Art an, so unterbleibt der Schluss der Oeffnung nicht in allen Fällen. Das Ergebniss hängt davon ab, ob die Anziehungskraft zwischen den fremden Zellen die zwischen den eine Schnittöffnung begrenzenden, einer Art angehörenden überwinden kann. Ist nun diese Anziehungskraft sehr gering, wie z. B. zwischen viridis und fusca, so lässt sich zwar künst- lich durch die Versuchsbedingungen eine Verklebung erreichen, nach Aufhebung dieser Bedingungen aber überwiegt das Streben der Viridiszellen einerseits und der Fuscazellen andererseits, sich unter sich zu verbinden. Daher schliessen sich hier beide Schnitt- flächen trotz der Gegenwart der fremden Zellen wie zwei freie Schnittenden, wenn auch langsamer. Die Loslösung der ‘Zellen einer Art von der fremden Nach- barschaft unter Schliessung der Oeffnung ist analog der von Born für Froschlarven festgestellten Thatsache, dass röhrenförmige Organe, wenn sie in eine fremde Umgebung gerathen, sich an der Schnittfläche abschliessen. Auch hier überwiegt die Neigung zur Verbindung zwischen den gleichen Zellen des Organs die zur Vereinigung mit der fremden Umgebung'). 1) Im Vorhergehenden habe ich zwei Spielarten von H. grisea beschrieben, die sich durch die Gestalt der grössten Kapselform unter- scheiden liessen. Beide Spielarten verbanden sich längere Zeit mit fusca und wiesen während der Zeit der Verbindung die geschilderten eigenthümlichen Regenerationserscheinungen auf. Ich fand noch eine weitere Spielart von Hydra grisea auf, welche sich von den beiden genannten durch die Form ihrer Kapseln sowohl, wie vor allem auch durch ihr Verhalten der H. fusca gegenüber unter- schied. Die grössere und die grösste Form der Nesselkapseln dieses Thieres sind in Fig. 15a und b dargestellt. Die äussere Form des Thieres zeigte alle für grisea charakteristischen Eigenthümlichkeiten, nur war es stets von sehr geringer, aber gleichmässiger Grösse. Das ausschlaggebende Moment für die besondere Besprechung dieses Polypen lieferte sein Verhalten gegen fusca. Er liess sich mit fusca vereinigen, löste sich aber nach wenigen Tagen stets wieder ohne irgend eine äussere Veranlassung ab. Er zeigte also der fusca gegenüber dasselbe Verhalten, welches für viridis dieser Art gegenüber bezeichnend war. Da er hierin von den ihm sonst sehr ähnlichen Formen der grisea abwich, so verband ich ihn (in normaler Richtung) mit der grisea, welche die schlanken spitzen Kapseln (Fig. 14) zeigte. 92 Georg Wetzel: Die verschiedenen Ausgänge, welche nach der anfänglich stets eintretenden Verklebung die Verwachsungsversuche nehmen, fordern zu einer Betrachtung der Kriterien auf, welche eine völlige Verwachsung anzunehmen gestatten. Die histologische Untersuchung zeigt sowohl bei Hydren, wie bei niedrigen Entwiekelungsstufen der Wirbelthiere, dass die Zellen sich in allen Fällen ohne trennendes Material zusammen- legen. Dies geschieht sowohl in den Fällen dauernder Ver- wachsung, wie in denen, welche bald mit einer Trennung enden. Die Ektodermzellen der Hydra fusca liegen genau so an denen der grisea, wie an denen einer andern fusca, während doch die Thatsache späterer Trennung sowohl als die, dass andere Elemente (nervöse) nicht verwachsen, im ersteren Falle anzeigen, dass auch die Entodermzelle nicht in derselben innigen Vereinigung sich befinden, wie im zweiten Falle. Die histologische Untersuchung muss daher als unzureichend bezeichnet werden und das physio- logische Verhalten der Theile ist als ausschlaggebend anzusehen. Eine vollkommene Verwachsung erfordert, dass der Stoffaustausch über die Verbreitungsstelle hinweg und sonstige zwischen den Zellen denkbare Beziehungen in derselben Weise und mit dem Resultate gegenseitiger Erhaltung der sich berührenden Elemente vor sich gehen kann, wie es zwischen Theilen eines- und des- selben Organismus geschieht. Die gemeinsame Funktion der ver- einigten Theilstücke in der Weise eines zweckmässigen Ganzen ist hingegen nicht erforderlich, wie viele bei den Froschlarven Er vereinigte sich in den öfter wiederholten Versuchen stets mit dieser, um sich nach drei bis vier Tagen wieder glatt davon zu lösen, alles genau so, wie es zwischen fusca und viridis zu beobachten war. Da diese Beobachtungen jedoch noch nicht zu einem abschlies- senden Urtheil über die etwaige Artberechtigung dieses Polypen aus- reichen, habe ich sie von den übrigen abgesondert. Es geht daraus nur soviel hervor, dass eine Revision der unter grisea zusammenge- fassten Hydren vielleicht zu einer Abtrennung einer vierten Art führen könnte. Ausserdem sehen wir, dass die Kapselformen der grisea an verschiedenen Exemplaren recht erhebliche Differenzen zeigen. Schliess- lich eröffnen sie die Möglichkeit, dass sich unter den zu grisea zu rechnenden Thieren noch solche befinden, welche sich dauernd mit H. viridis vereinigen lassen, welche Symbiose wegen des Vorhanden- seins der grünen Algen in den Entodermzellen des einen Symbionten von Interesse sein würde. ER NEL Transplantationsversuche mit Hydra. 93 und den Regenwürmern erzeugte Missbildungen lehren. In ähn- liehem Sinne äussern sich auch andere Autoren auf diesem Gebiete. Zu Kleinenberg’s Neuromuskeltheorie. Die Neuromuskeltheorie Kleinenberg’s hat eine morpho- logische und physiologische Seite. Auf die morphologische will ich hier nicht eingehen. Die physiologische weist zwei Sätze auf, von denen der erste sich auf die Empfangsorgane für äussere Reize bezieht und als solche den epithelialen Theil der seit den Arbeiten der Gebrüder Hertwig Epithelmuskelzellen und nicht mehr Neuromuskelzellen genannten Elemente bezeichnet. Der zweite Satz betrifft die Fortleitung von Erregungen. Diese wer- den auf die Muskelfaser durch den epithelialen Leib der Zelle übertragen, die Fortleitung durch das ganze Thier findet eben- falls durch Vermittelung der Epithelzellen statt, von denen ihn jede auf die nächstgelegenen überträgt. Obwohl diese Theorie ganz allgemein verlassen ist, hat man bisher doch keinen direkten Beweis dagegen in Händen gehabt. Das Hauptargument bildete die Thatsache, dass nachgewiesenermaassen Ganglienzellen, oder richtiger Elemente, die eine andere Deutung schwer zulassen, in Menge in der Hydra vorhanden sind und es daher als die ein- fachste Annahme erscheint, die nervösen Erscheinungen in ihnen zu lokalisiren, da sie andernfalls ja ganz überflüssige Gebilde wären. Ferner entsprechen diese Zellen in ihrer Lage im Körper und in ihrer histologischen Beschaffenheit den Ganglienzellen der höher entwickelten Vertreter der Cölenteraten. Wie müsste nun der unmittelbare experimentelle Beweis für die Thatsache aussehen, dass die Ganglienzellen und nicht die Epithelzellen den Reiz fortpflanzen? Die Ganglienzellen liegen der die zwei Hauptschichten der Körperwand scheidenden Stütz- lamelle an, die isolirt einen zarten Cylinder bilden würde. Dieser Cylinder wäre nun nebst seiner Umgebung (den Ganglienzellen) rund herum zu durchtrennen, Eetoderm und Entoderm, oder wenigstens das erstere, müssten intakt bleiben. Dann würde auf der einen Seite des Schnittes ein Reiz auf das Thier zu appli- eiren und das Verhalten der andern Hälfte zu beobachten sein. In dieser Form ist der Versuch unausführbar. Auf einem Um- wege jedoch lässt sich dasselbe Ziel erreichen, wenn man näm- 94 Georg Wetzel: lich zwei Stücke von Hydren zusammenheilt. Wie oben gezeigt (Taf. VII, Fig. 1) verwachsen zunächst nur die grossen Epithelzellen beider Häute und erst später die Lamelle mit ihrer Umgebung. Während dieser Zeit habe ich nun zahlreiche Reizversuche aus- geführt, für die folgender als Beispiel dienen mag. Versuch vom 20. Mai 1897. Eine sehr grosse Hydra fusca wurde in zwei Stücke zer- schnitten und gleich darauf die beiden Stücke auf einer Schweins- borste wieder zusammengeheilt. Das Thier befand sich nach Verlauf von 3 Stunden noch auf der Borste und lag lang aus- gestreckt in wenigen Tropfen Wassers auf einem Objektträger (Figur 18). Ich reizte nun die hintere Hälfte, indem ich sie in der Mitte leicht mit den Spitzen zweier feinen Kupferelektroden berührte, durch die ein für meine Fingerspitzen eben nicht mehr wahrnehmbarer Induktionsstrom lief. Der gereizte Theil zog sich kräftig zusammen und schleppte die nicht gereizte Kopfhälfte mit sich, die dabei lang ausgestreckt blieb (Figur 19). Selbst die in zierlichen Windungen liegenden dünnen Tentakel zeigten keine Reaktion. Als das Thier sich wieder von neuem ausge- streckt hatte, reizte ich das Kopfstück und bekam nun eine Kon- traktion nur an diesem, während die hintere Hälfte ausge- streckt blieb. Mit gleichem Erfolge wurde der Versuch an anderen Exem- plaren wiederholt. Später als etwa 10 Stunden oder wenig mehr nach der Operation gelang er nicht: ich bekam dann stets eine Kontraktion des ganzen Thieres. Das entspricht dem histologi- schen Befunde, dem zufolge das auf der Figur 1 dargestellte Bild an Präparaten, die nach einer längeren als der angegebenen Zeit gewonnen waren, niemals erhalten wurde. So wie später stets ein einheitliches histologisches Bild mit kontinuirlicher La- melle sich darbot, verhielt sich das Thier auch physiologisch wie ein einheitliches Wesen. Die physiologische Einheit zeigte sieh auch in dem Bestehen einer einzigen Darmleibeshöhle, welche von beiden Theilen gemeinsam gebildet wurde und welche z. B. bei der Vereinigung von zwei Kopftheilen zu einem Doppelkopfe die von beiden Köpfen verschlungene Beute aufnahm. Wenn bei Thieren derselben Art der Reiz sich während des ersten Tages nicht über den Verwachsungsring fortpflanzte, Transplantationsversuche mit Hydra. 95 so geschah dies bei Thieren, die verschiedenen Arten angehörten, niemals, wie oben ausführlicher berichtet ist. Es wurde dort auch schon angegeben, dass bei solehen Kompositionen ein mikro- skopischer Nachweis der Kontinuität der Lamelle nicht erbracht werden konnte. Diese Beobachtungen beweisen, dass der Kontakt der grossen Epithelzellen nicht genügt, um Reize fortpflanzen. Diese Eigen- schaft muss den Elementen zugesprochen werden, die der Stütz- lamelle benachbart sind, d. h. den Ganglienzellen. Gegen die Annahme, dass deren Funktion in dieser Hinsicht von den Epithel- zellen versehen werde, hatten sich schon die Gebrüder Hertwig gewendet, indem sie den Kontakt dieser Zellen für völlig unzu- reichend zu einer Vermittelung von Reizen erklärten. Es ist auch seit langem die allgemeine Annahme, ohne dass ein exakter Beweis dafür vorgelegen hätte, den ich hiermit erbracht zu haben glaube. Streng genommen darf man allerdings nur sagen, dass die der Lamelle benachbarten Elemente die Vermittler des Reizes sind. Zu dem Nachweise, dass es gerade die Ganglienzellen und deren Fortläufer sind, würden wir einer sichern Methode zu ihrer isolirten Färbung bedürfen, die meines Wissens nicht existirt. Ohne solehe Färbung sind die Grenzen und Ausläufer der Gang- lienzellen auf Schnitten nicht erkennbar, nur die Kerne zeigen die Anwesenheit der Zellen an bestimmten Stellen an und diese liegen an den Stellen, an denen die Lamellen nicht veremigt sind, gleichfalls so weit von einander entfernt, dass man eine Kommunikation ihrer Ausläufer unmöglich annehmen kann. Erklärung der Abbildungen auf Tafel VII. Fig. 1. Theil eines axialen Längsschnittes durch einen Doppelkopf von Hydra fusca, 3 Stunden nach der Verwachsung. e Stützlamelle. a Gegend der Verheilung. Fig. 2. Axialer Längsschnitt durch einen 5 Tage alten Doppelkopf von Hydra fusca, Tenkakelregion und Mund nicht mit ab- gebildet. e Stützlamelle. ig. 13. 10... 19. Georg Wetzel: Transplantationsversuche mit Hydra. Be 4, , u.) 10— BES e. 15. 16: al: e. 18. Neugebildeter Fuss einer Hydra grisea. Vgl. Seite 72. 5, 6. Ein Doppelkopf von Hydra grisea. a Fig. 4 ein neugebildeter Kopf, der auf Fig. 5 u.6 an die Stelle des einen bis auf den Tentakel # zurückgebildeten Kopfes getreten ist. Eine umgestülpte Hydra grisea «, mit ihrem aboralen Ende an eine nicht umgestülpte angeheilt. Dasselbe Thier, der umgestülpte Theil zeigt das Ektoderm wieder aussen. Dasselbe Thier, mit zahlreichen, an der Vereinigungsstelle entwickelten Tentakeln. 12. Schematische Längsschnitte durch eine Hydra grisea, welche aus zwei nicht umgestülpten und einem umgestülpten Exemplare zusammengesetzt ist. Vgl. S. 78. Umriss der beiden grösseren Formen der Nesselkapseln von H. fusca. a grösste, b mittlere Form. Dasselbe von H. grisea. Dasselbe von einer Spielart von grisea, vgl. die Anmerkung Seite 9. Eine grisea g auf eine fusca f geheilt, b —= umgebildetes Fussstück, a= umgebildete Tentakeln. Eine Hydra fusca f auf eine grisea g geheilt. Eine zerschnittene und bei v» wieder zusammengeheilte H. fusca, auf einer Borste ausgestreckt, 3 Stunden nach der Operation. Dasselbe Thier, nach Reizung der hinteren Hälfte, ® = Ver- heilungsstelle. iso 97 (Aus dem zoologischen Institut Würzburg.) Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. Von Dr. Eduard Fürst. Hierzu Tafel VIII u. IX. Einleitung. Bei seinen Untersuchungen über die Befruchtung von Ascaris megalocephala hatte Boveri gefunden, dass die Centrosomen, welche bei ihrer Theilung als sehr kleine Körperchen erscheinen, in späteren Stadien zu relativ grossen Kugeln aufquellen, um schliesslich wieder, bevor sie sich ihrerseits theilen, zu der ur- sprünglichen Grösse zurückzukehren. Diese Beschreibung von Boveri ist, obgleich speciell Brauer (9) bei der Spermato- genese ganz ähnliche Verhältnisse gefunden hat, von ver- schiedenen Seiten angefochten worden, so von Erlanger (12) und Kostanecki (20) auf Grund eigener Untersuchungen, an dem gleichen Objekt, von M. Heidenhain (17) auf Grund seiner theoretischen Ueberzeugung, dass ein „Centralkörper“ ein Gebilde von bestimmter Kleinheit, von ganz specifischer Reaktion und ohne weitere morphologische Zusammensetzung sein müsse. Es schien daher geboten, die Verhältnisse von Neuem mit neuen Methoden zu untersuchen. Boveri hatte nur ganze Eier untersucht und keine Färbungen angewandt, welche an den Cen- trosomen besonders haften; es war daher nöthig, Methoden zu versuchen, welche als speeifisch für die Darstellung von Centro- somen gelten, resp. Methoden, durch welche man im Stande ist, Centrosomen mit eben derselben Deutlichkeit hervortreten zu lassen, wie die übrigen färbbaren Zellbestandtheile. Speciell musste es sich darum handeln, die Wirkung der M. Heiden- hain’schen Eisen-Hämatoxylin-Methode auf die Ascaris-Eier zu prüfen und mit den Ergebnissen anderer Methoden zu vergleichen. Sodann war die Anwendung neuer Conservirungsmethoden Archiv f. mikrosk, Anat. Bd. 52 7 98 Edward Haurst: zu versuchen, daBoveri nur Pierin-Essigsäure angewandt hatte, von dieser Methode aber seitens Kostanecki (20) behauptet wurde, dass durch ihre Anwendung Kunstproduete, wie insbe- sondere die grosse Form der Centrosomen, hervorgerufen werden können: es galt also zu zeigen, dass die Grösse dieser Körper nicht durch die Conservirung bedingt ist, sondern dass sie dem natürlichen Verhalten entspricht. Da M. Heidenhain (17) auch die von Brauer bei der Spermatogenese von Ascaris beschriebene Form der Cen- trosomen als eine natürliche bezweifelt, so wurden auch diese mittelst der Eisen-Hämatoxylin-Methode untersucht. Endlich schien es von Interesse, diese Methode auch auf die Richtungsspindeln bei Ascaris anzuwenden, da über die Aus- stattung der Spindelfigur mit specifischen Polkörperchen eine Einigung bisher nicht erzielt ist. Während Boveri für Ascaris Centrosomen in Abrede stellte, wurden dieselben von anderer Seite beschrieben. Die Resultate, welche diese Untersuchung ergab, liessen es wünschenswerth erscheinen, auch die Theilungen der Ovogonien zu studiren, besonders die letzte, um eventuell hieraus die Besonderheit der Richtungsfiguren zu erklären. Wenn auch diese letzten Untersuchungen bisher kein Resultat geliefert haben, so erschienen doch die Verhältnisse der Centrosomen bei diesen Theilungen gleichfalls einer Betrachtung werth zu sein. Das Hauptgewicht der vorliegenden Arbeit ruht auf dem Nachweis der Beschaffenheit der Centrosomen in ihrer höchsten Ausbildung und vollen Grösse. Eine genaue Darstellung der Vorgänge der Theilung und des Wachsthums behält sich Herr Professor Boveri für eine eigene Veröffentlichung vor. 1. Ueber die CGentrosomen bei der Furchung von Ascaris megalocephala. a) Literatur. Die erste Beschreibung der Centrosomen in den Furchungs- zellen von Ascaris hat bekamntlich E. v. Beneden (1) 1884 gegeben. Er war damals nur im Stande, sie während des Sta- diums der Spindel nachzuweisen, auch hier, wie Text und Ab- bildungen lehren, nieht mit besonderer Deutlichkeit. Er beschreibt Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 99 sie als „globules“, einzeln oder in Gruppen, im Centrum von „Spheres attractives“, von welchen Radien ausgehen zu den im Umkreis der spheres attraetives liegenden achromatischen Körn- chen, und weiter hinaus in den umgebenden Dotter. 1887 behandelte Boveri in einer kurzen Mittheilung die Befruchtung der Eier von Ascaris megalocephala (4) und gibt hier von den Centrosomen folgende Beschreibung: Im Mittelpunkt der grob granulirten Protoplasma-Anhäufung lässt sich ein kleines stark lichtbrechendes Korn erkennen, das von einem hellen Hof umgeben ist. Etwas später erkennt man, statt des einen Korns, deren zwei, anfangs sehr nahe bei einander; diese beiden Körner sind die Polkörperchen der ersten Furchungsspindel; sie rücken immer weiter auseinander, wobei sie an Grösse beträchtlich zunehmen. Hier wird zum ersten Mal der Nachweis geliefert, dass das Spindelpolkörperchen (Centrosoma) ein dauerndes Zellenorgan sei, indem Boveri beobachten konnte, dass es durch Zweitheilung sich vermehrt und so von der Mutterzelle auf die beiden Tochter- zellen übergeht. Fast gleichzeitig veröffentlichte van Beneden gemein- . sam mit A. Neyt (3) neue Untersuchungen über die Theilung des Ascaris-Eies. Auch sie beobachteten die Theilung des Cen- tralkörperchens und erklärten es für ein permanentes Organ jeder Zelle. Sie halten an der v. Beneden’schen Structurbe- schreibung der Centrosomen als „Amas de granulations“ fest; in ihren Figuren 1, 2 und 5 auf Tafel 6 bilden sie jedoch dieselben als ziemlich grosse homogene Kugeln ab. Ueberhaupt bieten die in ihrer Abhandlung vorkommenden Abbildungen äusserst wech- selnde Verhältnisse; in manchen Figuren werden die Centrosomen als einheitliche Körper dargestellt, in anderen wieder als ein Conglomerat von Körnchen; in den photographischen Abbildungen lässt sich gar nichts mit Sicherheit erkennen, was zum Theil wohl am Reproductionsverfahren liegen wird. Aus der Inconstanz der Bilder jedoch geht die Unsicherheit ihrer Untersuchungs- methode deutlich hervor. Oft bilden sie die Centrosomen rund ab, dann wieder oval, manchmal ganz zackig, auch mit mehr oder weniger deutlichen Strahlen; aus ihren Abbildungen kann man mancherlei beweisen, selbst Ansichten, die der ihrigen völlig widersprechen, jedenfalls aber zeigen sowohl ihre Beschreibung als ihre Abbildungen, dass sie nicht das CentralkornBoveri's 100 Eduard Fürst: als Centrosoma aufgefasst haben, sondern einen beträchtlich grösseren, mehr oder weniger deutlichen, in Form und Structur wechselnden Körper. 1888 erschien die ausführliche Arbeit Boveri’s, nämlich seine Mittheilungen über Befruchtung und Theilung des Ascaris- eies im 2. Heft seiner Zellenstudien (6). Von seinen Angaben über die Centrosomen ist für uns folgendes von Wichtigkeit: Zur Zeit, wo sich die zwei Centrosomen, die zu den Pol- körperchen der I. Furchungsspindel werden sollen, zuerst nach- weisen lassen, sind sie sehr kleine Körnchen, die nur durch ihr starkes Lichtbrechungsvermögen und einen hellen Hof, der sie von den umgebenden Archoplasmamikrosomen trennt, als etwas Speeifisches erkannt werden können. Später vergrössern sie sich, nicht etwa plötzlich, wie M. Heidenhain Boveri's Angaben irrthümlicherweise eitirt, sondern ganz allmählich, genau parallel mit den Umwandlungen der Kerne. Bei dieser Vergrösse- rung lässt sich in ihrem Centrum noch ein winziges Körnchen (Centralkorn) unterscheiden. Boveri fand die Centrosomen am grössten auf Stadien, wo die Bildung der Spindel beginnt. In der fertigen karyokinetischen Figur sind die Centrosomen gewöhnlich bereits wieder kleiner und lichtbrechender geworden, sie verkleinern sich nun während der Ausbildung der Tochterzellen eontinuirlich, bis sie schliesslich wieder als kleine Körnchen erscheinen. In diesem Zustand erfolgt ihre Theilung, und nun wiederholen sich die gleichen Erscheinungen von Neuem. Diese Beschreibung ist durch zahlreiche klare, genau nach der Natur gezeichnete Ab- bildungen belegt. Auch bestand damals, wo diese Verhältnisse ganz neu waren, keinerlei theoretische oder sonstige Veranlassung, welche auf einen solchen Formenwechsel der Centrosomen hätte führen und dadurch die Unbefangenheit des Autors bei seinen Beobachtungen hätte trüben können. Wohl aber zog Boveri umgekehrt aus seinen Befunden den Schluss, dass die verschie- dene Wirkung, welche die Centrosomen zu verschiedenen Zeiten auf ihre Umgebung ausüben, mit den beobachteten Grössenver- änderungen dieser Körperchen in Zusammenhang stehe. Von den Arbeiten, die seither über das Ascaris-Ei erschienen sind, kommt diejenige von Herla (18) (1894) für uns weniger in Betracht, da sie sich hauptsächlich nur mit den Verhältnissen des Chromatins befasst. Doch mag erwähnt werden, dass die BR: Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 101 Abbildungen von Herla, der im Laboratorium van Beneden’s und mit dessen Methoden gearbeitet hat, entschieden viel mehr der Darstellung Boveri’s als derjenigen van Beneden’s entsprechen. Auf Tafel 15, Fig. 8, 12, 14, 17 sind Centrosomen abgebildet, welche ganz mit denen der Boveri’schen Figuren übereinstimmen und nicht als kleine Körmchen oder Körnchen- haufen, sondern als grosse homogene Kugeln erscheinen ; dasselbe ist der Fall bei den multipolaren Figuren 77, 78, 79, 80 auf Tafel 18. Diese Uebereinstimmung muss umso mehr hervorge- hoben werden, als die Zeichnungen Herla’s einen direeten Widerspruch mit den Theorien bilden, für welche er eintritt. In sehr ausführlicher Weise wird die Centrosomenfrage für das Ascaris-Ei in der kürzlich erschienenen Abhandlung von Kostanecki und Siedlecki (20) erörtert. Diese beiden Autoren finden zur Darstellung der Centrosomen nur eine Fär- bungsart geeignet, nämlich Vorfärbung der Präparate mit Bor- deaux und darauf folgende Färbung mit Eisen-Hämatoxylin. Auf diese Weise erschien ihnen das Centrosoma und zwar auf allen Stadien, wenn auch etwas wechselnd, so doch stets als ein sehr kleines schwarzes Körnchen, dessen Grösse in gewissen Grenzen vom Fxtractionsgrade abhängt, in Mitten eines proto- plasmatischen Hofes; diesen helleren Hof fanden sie fein radiär gestreift, indem die Strahlen alle auf das Centrosoma hinstreben und sich hier inseriren. Falls keine Vorfärbung mit Bordeaux stattgefunden habe, könne allerdings mit Eisenhämatoxylin ein grösserer Bereich schwarz gefärbt werden; allein dies sei da- durch bedingt, dass sich dann gewisse Theile der an das Cen- trosoma inserirenden Strahlen mitfärben, — es sei dies also lediglich ein Kunstprodukt. Dureh Fixirung mit Sublimat und Färbung mit Böhmer- schem Hämatoxylin konnten Kostanecki und Siedlecki an Totalpräparaten zwar ganz die gleichen Bilder erhalten, wie sie Boveri von Eiern abbildet, die mit Picrin-Essigsäure con- servirt waren. Allein sie halten diese Bilder für unzuverlässig. Aus welchem Grund, ist aus ihrer Abhandlung nicht zu ersehen. Wenn sie pag. 250 schreiben, „dass die Bilder, welche Boveri beschreibt, lediglich als Folge der von ihm angewandten Methode aufzufassen sind,“ so möchte man glauben, dass die beiden Au- toren ihre anderen Bilder, die sie für die richtigen halten, ohne 102 Rdmard eRaürst:e Anwendung einer Methode, das heisst nach dem Leben gewonnen hätten, was natürlich nieht der Fall ist. Man müsste also eine ausführliche Darlegung erwarten, warum gerade Pikrin-Essigsäure und Sublimat'!) als ungenügende Fixirungsmittel anzusehen seien, oder warum eine Betrachtungsweise der Objecte in toto, wodurch eine für die Eier gewiss nicht zuträgliche Prozedur, nämlich das ganze Einbettungsverfahren erspart wird, weniger beweiskräftig sein soll, als ein Schnitt. Auch darüber verlieren Kostanecki und Siedlecki kein Wort. Wenn man aber die Frage auf- wirft, welche Bilder müssen a priori als zuverlässiger betrachtet werden, diejenigen, welche eine stets scharf begrenzte, in ihrer Grösse mit den einzelnen Phasen des karyokinetischen Processes wachsende Kugel zeigen, oder diejenigen, wo an Stelle dieser Kugel ein verschwommenes lichteres Areal zu sehen ist, so denke ich, kann die Entscheidung nicht zweifelhaft sein. An ihre Beobachtungen knüpfen Kostanecki und Sied- lecki gewisse theoretische Erörterungen und kommen dabei zu dem Resultat, dass „der Boveri’sche Centrosomenbegriff in Anbetracht der thatsächlichen Befunde unhaltbar ist — unhalt- bar für das Objekt selbst, welches Boveri zur Aufstellung dieses Begriffs Veranlassung gegeben hat und noch mehr für andere Objekte“. Der Centrosomenbegriff Boveri’s ist nach dessen genau formulirter Definition folgender: „Centrosoma ist ein der entstehenden Zelle in der Einzahl zukommendes, distinktes, dauerndes Zellenorgan, das, durch Zweitheilung sich vermehrend, die Centren für die beiden zu bildenden Tochterzellen liefert.“ Vergleicht man damit die Resultate von Kostanecki und Siedlecki, so ergibt sich, dass sie aufs Vollkommenste da- mit übereinstimmen : Theilung eines bei der Entstehung der Zelle einfachen Körpers in zwei, und zwar genau in der vonBoveri beschriebenen Weise, durch Einschnürung in zwei gleich grosse Stücke, von denen jedes bestimmt ist, das Centrum einer Tochter- zelle zu bilden. Der einzige Unterschied zwischen der Darstel- lung von Boveri und derjenigen von Kostanecki und Sied- lecki besteht darin, dass nach Boveri die Centrosomen 1) Es sei hier gleich bemerkt, dass man auch mit 70°/, igem Alkohol und Alkohol-Eisessig sowie mit Perennyi'scher Flüssigkeit Präparate erhalten kann, die bei Betrachtung der Eier in toto die von Boveri beschriebenen grossen kugeligen Centrosomen zeigen. Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 103 während der Ausbildung der karyokinetischen Figur sehr be- trächtlich, nach Kostanecki und Siedlecki nur wenig wachsen. Es wird sich unten zeigen, dass dieses einzig Neue, was die beiden Forscher über die Centrosomen von Ascaris er- mittelt haben, ein Irrthum ist. Allein, selbst wenn sie in diesem Punkt recht hätten, würden ihre Ergebnisse mit den allgemeinen Anschauungen Boveri’s in vollster Uebereinstimmung stehen. Denn niemals hat Boveri eine bestimmte Grösse, oder Struktur, oder Volumen-Veränderung als eine nothwendige oder auch nur häufige Eigenschaft der Centrosomen behauptet. Der oben eitirte Satz ist demnach gänzlich unverständlich, wenn nicht vielleicht so zu erklären, dass die beiden Forscher sich bei Abfassung ihrer Schrift nicht völlig vergegenwärtigt haben, was das Wort „Begriff“ bedeutet, eine Vermuthung, die an Wahrscheinlichkeit gewinnt, wenn man die Auseinandersetzungen auf pag. 246 liest, worin Boveri’s Behauptung entgegengetreten wird, dass der Begriff Centralkörperchen oder Centrosoma aus dem Jahr 1887 stamme. Da die beiden Autoren an dieser Stelle auch die Frage nach der Entdeckung der Centrosomen streifen, so möge hier zur Berichtigung eines ganz allgemeinen Irrthums Folgendes bemerkt werden. Es ist richtig, dass van Beneden, im Jahr 1876, als einer der Ersten, an den Polen der Kernspindel kleine Kör- perchen gesehen und als Corpuscules polaires benannt hat. Al- lein schon im Jahr 1875 sind diese Körperchen von Flemming beschrieben (14) und in seiner Figur 2, Tafel III für ein Ano- donta-Ei aufs Klarste abgebildet worden. Dass es wirklich die Centrosomen sind, lehrt ein Blick auf die Figur, welche die erste Furchungsspindel auf dem Stadium der Aequatorialplatte dar- stellt. Auch ergiebt sich aus dem Text mit aller Sicherheit, dass Flemming diese roth tingirten kugeligen Gebilde wirklich als speeifische Körper erkannt hat. So heisst es in der zuge- hörigen Figuren-Erklärung: „In den ungefärbten Centren der radiären Körnerreihen je ein sehr blass tingirter Körper.“ Und auf pag. 116 wird bei Besprechung dieser Gebilde ausdrücklich folgendes betont: „Obschon es natürlich am nächsten liegt, an die Vacuolen zu denken, welche als Anfänge der neuen Kerne, nach Fol an der gleichen Stelle, nach Auerbach im Stiel auftreten, so musste ich sie doch Körper nennen, da sie sich 104 Eduard Fürst: an den Tinetions-Präparaten unzweifelhaft etwas stärker licht- brechend, wie die helle Substanz des Centrums ergeben.“ Wollte man gegen diese von Flemming im Jahr 1875 publieirte Entdeckung der Centrosomen etwa einwenden, dass dieser Forscher über die Bedeutung der von ihm beschriebenen Körperchen damals ganz im Unklaren geblieben ist und sie für die jungen Kerne zu halten geneigt war, so muss betont werden, dass van Beneden, in seiner 1876 erschienenen Arbeit, über sein Corpuseule polaire nicht im Geringsten mehr, ja eher we- niger als Flemming zu sagen weiss. Wo also von der Ent- deekung der Centrosomen die Rede ist, muss der Name Flem- ming’s vor demjenigen van Beneden's genannt werden. Wenn Kostanecki und Siedlecki (20) sagen, dass im Jahr 1887 mit den Benennungen „Corpuseule central* oder „Centrosoma* lediglich ein neuer Name für ein schon seit langer Zeit bekanntes Gebilde eingeführt worden sei, so haben sie damit Recht. Allein, dass eben der alte Name sich als un- genügend erwies, und dass van Beneden selbst sich veran- lasst sah, sein Corpuscule polaire in Corpusceule central umzu- taufen, dies beweist aufs Klarste, dass damals dieses lange be- kannte Gebilde eine ganz neue Bedeutung erhielt dureh die Entdeckung von Boveri undvanBeneden und Neyt, dass es sich durch Zweitheilung vermehrt, dass es die Veranlassung sibt zur Entstehung der karyokinetischen Figur, und dass es ein dauerndes von der Mutterzelle auf die Tochterzellen sich fort- erbendes Organ der Zelle darstellt. Diese Momente bilden den Begriff des Centrosoma, sowohl bei van Beneden und Neyt, wie bei Boveri, und dass dieser Begriff sonach aus dem Jahr 1887 stammt, dürften wohl auch Kostanecki und Siedlecki anzuerkennen nicht umhin können. Zu wieder ganz anderen Ergebnissen als Kostanecki und Siedleeki kommt Erlanger (12); er spricht den Cen- trosomen eine schaumig-wabige Struktur zu, wobei die van Beneden’schen Körner den verdichteten Alveolen-Knoten ent- sprechen. In ihrem Centrum sah er eine einzige, etwas grössere rundliche Alveole, um welche herum die übrigen radiär angeord- net sind. Die centrale Alveole entspricht, nach seiner Ansicht, dem Centralkorn Boveri’s, die peripherischen der Hülle. SEEN END EN DRIN U7 LEN, NEE v5 0 Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 105 Zu ganz eigenthümlichen Ergebnissen endlich kommen, in einer jüngst erschienenen Arbeit, Lebrun und Carnoy (11). Nach ihrer Ansicht entstehen die Centrosomen, welche zur ersten Furehung dienen, gleich am Anfang in den Sexualkernen, wo sie bis zur Theilung verbleiben; es sind Boveri’s achromatische Nucleolen; sie verlassen den Kern im Knäuelstadium, und zwar kommt ein Centrosoma aus jedem Kern hervor; man muss also annehmen, dass der Eikern ebensoviel Antheil an der Furchung und an der späteren Entwicklung hat, als der Spermakern. So- bald sie im Cytoplasma sind, treten sie in Thätigkeit, und nach Ablauf der Theilung verschwinden sie ganz und gar; sie theilen sich nicht, um die Centrosomen der nächsten Theilung zu bilden, und kehren auch nicht in den Kern zurück. Sie sind also keine permanenten Zellbestandtheile, sondern vorübergehende Erscheinungen, wie die Spindel. Nach der Theilung entstehen in den noch nicht ausgebildeten Kernen neue Üentrosomen auf Kosten der nucleinischen Elemente, und diese verlassen wiederum den Kern am Anfang der nächsten Theilung. Die Zelltheilung wird also, nach ihrer Ansicht, lediglich durch den Einfluss des Kernes bewirkt, und die Boveri’sche Befruch- tungstheorie ist unhaltbar, weil sie von absolut irrigen Voraus- setzungen ausgeht; das Spermacentrum, welches das Ei vervoll- ständigen und es entwicklungsfähig machen soll, besteht nach ihrer Ansicht ebensowenig als ein Ovocentrum, und wenn sie bestünden, so würden sie bei der ersten Theilung verschwinden und könnten sich nicht durch wiederholte Theilungen durch alle folgenden Zelltheilungen hindurch fortsetzen. Sie behaupten, dass sich vor der Furehung weder Centrosomen, noch irgend welche Sphären im Eieytoplasma befinden, sondern nur die bei- den Sexualkerne. Obgleich diese neue Carnoy’sche Lehre mit meinem eigent- lichen Thema nur wenig zusammenhängt, möge doch erwähnt werden, dass jedes gute Präparat der entscheidenden Stadien genügt, um sich von dem groben und in Anbetracht aller voraus- gegangenen Arbeiten geradezu unbegreiflichen Irrthum der beiden Autoren zu überzeugen. Es dürfte überflüssig sein, ein weiteres Wort darüber zu verlieren. 106 Bdwmard Burst: b) Eigene Befunde. Da gegen Boveri's Conservirungsweise Einsprache erhoben wurde, gebrauchte ich die verschiedensten anderen Methoden. Zur Conservirung verwendete ich: 1. Pierin-Essigsäure. 2. ?/, Pierin-Essigsäure + !/, einer 1°/, Osmiumlösung. 3. Perennyi’sche Flüssigkeit. 4. Concentrirte Sublimatlösung + 5°/, Eisessig. 5. Flemming’sche Flüssigkeit. 6. Formol. 7. Salpetersäure 3 °/,. 8. Alkohol 70°/,. 9. Alkohol 70°/, + 5°], Eisessig ?). Mit Ausnahme des Pierin-Essig-Osmiumsäure-Gemisches und von Formol bewährten sich alle Conservirungsflüssigkeiten für unsere Frage gut und lieferten in der Darstellung der Centro- somen vollkommen übereinstimmende Resultate. Mit Pierin-Essig- Osmiumsäure wurden die Eier so schwarz, dass sie keine feineren Structuren mehr erkennen liessen, Formol war ganz unbrauchbar. Um Schrumpfungen zu vermeiden, wurde das Ueberführen der Objecte aus Alkohol in Xylol und aus Xylol in Paraffin äusserst langsam bewerkstelligt. Mehrmals täglich fügte ich einige Wochen lang bei Zimmertemperatur je einige kleine Stückchen Paraffin zum Xylol, bis die Lösung in der Kälte gesättigt war; darauf liess ich zunächst auf einem Heiz- körper der Centralheizung und schliesslich im Thermostat das Xylol aus der Mischung verdunsten, und bettete schliesslich die Objeete in reines Paraffin um. Viele Objeete wurden im Stück mit Grenacher’schem Borax-Carmin gefärbt und in Nelkenöl gebracht, um durch Untersuchung kleiner Eierproben in toto das Stadium und die Güte der Conservirung festzustellen. Die Schnitte wurden verschieden behandelt. Schnitte aus der gleichen Serie wurden mit der M. Heidenhain’schen Methode mit und ohne Bordeaux-Vorfärbung behandelt, andere mit Delafield’s Häma- toxylin, Saffranin und Thionin; auch probirte ich Doppelfärbungen 1) Das unter 8 und 9 angeführte Material hatte Herr Professor Boveri zu anderen Zwecken gesammelt und stellte mir dasselbe, theil- weise schon zu Schnitten verarbeitet, für meine Untersuchungen zur Verfügung. re ee SG. Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 107 mit Malachit und Vesuvin, endlich Nachfärbungen mit Orange und Rubin. Ganz übereinstimmend bei allen angewandten Methoden ergab sich eine volle Bestätigung der Angaben Boveri’s, wie er dieselben früher auf Grund seiner mit einfacheren Methoden an- gestellten Untersuchungen gemacht hatte. Eine genaue Unter- suchung der verschiedenen Entwicklungsstadien lag, wie oben bereits erwähnt, nicht im Plan dieser Arbeit. Doch sei hervor- gehoben, dass das von Boveri beschriebene Wachsthum der Ceutrosomen mit der Eisen-Hämatoxylin-Methode aufs Klarste demonstrirt werden kann. Auf den jungen Stadien, wo Ei- und Spermakern als ruhende Kerne neben einander liegen, stellen sich die Centrosomen als sehr kleine runde intensiv schwarze Körner dar. Genau parallel mit den Vorbereitungen der Kerne zur Theilung wachsen sie heran und werden schliesslich zu den in Figur 5—8, Taf. VIII abgebildeten grossen Kugeln, die in Eisen- Hämatoxylin durch und durch schwarz bleiben. Ein zackiges Aus- sehen konnte in keinem einzigen Falle beobachtet werden, im Gegentheil handelt es sich stets um völlig runde, absolut scharf abgegrenzte kugelige Gebilde, die in manchen Präparaten von einem helleren Hof umgeben sind, während in anderen ein sol- cher fehlt). Schon diese Thatsachen vertragen sich kaum mit der An- nahme, dass hier durch ungenügendes Ausziehen des Farbstoffes Kunstprodukte erzeugt seien. Es ist aber direet unrichtig, dass man durch Ueberfärbung, beziehungsweise Mitfärbung angrenzen- der Theile die „wahren Centralkörper“ künstlich vergrössern könne. Das Präparat mag so wenig extrahirt sein, als es will, sobald man überhaupt etwas unterscheiden kann, ist das Bild ge- nau das gleiche wie in meinen Figuren: im Centrum der Astro- sphäre liegt die scharf begrenzte schwarze Kugel, von gleicher Grösse wie in meinen Bildern. Wären die Centrosomen, wie Kostanecki und Sied- lecki wollen, auf allen Stadien annähernd die gleichen kleinen Körner und die grossen, von mir dargestellten Kugeln, nur ein Ueberfärbungsproduct, so müsste die Erzeugung dieser grossen 1) Auf die Struktur der Astrosphäre soll hier nieht weiter einge- gangen werden. 108 Bdmard Pürst: Kugeln auf allen Stadien gelingen. Das ist aber nicht der Fall. Sobald überhaupt die leiseste Differenzirung im Präparate eingetreten ist, zeigen sich die Centrosomen in der dem Stadium zukommenden Grösse, also auf Stadien mit ruhenden Vorkernen sofort als ganz kleine Körnchen, mag das Präparat im Uebrigen fast schwarz sein. Wenn es somit ganz unmöglich ist, durch die Färbung die Centrosomengrösse zu übertreiben, so gelingt es umgekehrt sehr leicht, beliebig kleine „Centralkörper“ zu erhalten, nämlich durch fortgesetzte Extraction. Es wird dabei die schwarze Kugel sucecessive kleiner und man kann, von der in meinen Figuren gezeichneten wirklichen Grösse an, jede beliebige Grösse bis zu enem kaum mehr wahrnehmbaren schwarzen Pünktchen erreichen. Dies ist das Verfahren von Kostanecki und Siedlecki. Was sie als Centrosoma zeichnen, ist ein Kunst- product, erzielt durch ein willkürlich weit getriebenes Ausziehen des Farbstoffes. Herr Professor Boveri hat, wie er mir hier mitzutheilen erlaubt, ein und denselben Schnitt in 5 verschiedenen Etappen immer weiter extrahirt, wobei die schwarz gefärbte Kugel successive kleiner wurde, aber immer annähernd rund und aufs Schärfste begrenzt blieb. Dieser Umstand, dass die Eisen- lösung den Lack nicht diffus aus den Centrosomen extrahirt, sondern in concentrischen Schichten nach und nach sozusagen weg frisst, ist es, der den Beobachter so leicht zu der Meinung verleiten kann, dass er in dem jeweils schwarz gefärbten Bereich ein reales Gebilde der Zelle vor sich habe. Denn nichts sieht mehr Vertrauen erweckend aus, als eine intensiv schwarz gefärbte scharf begrenzte Stelle in einer entfärbten Umgebung. Trotzdem handelt es sich in diesen verkleinerten schwarzen Kugeln um Artefakte; sowie man noch weiter entfärbt, bleibt an der frühe- ren Begrenzungsfläche keine irgendwie nachweisbare Structur übrig, welche berechtigen würde, gerade hier die Grenze des Centrosoms zu setzen. Wohl aber tritt stets und auf jeder Ent- färbungsstufe die ursprüngliche Contour der Kugel hervor als Begrenzung einer nun blassen homogenen, aber auch im entfärb- ten Zustand aufs Klarste gegen die Umgebung abgegrenzten Körper, so wie es Boveri früher beschrieben hat. Will man dieses Centrosoma durch ene Färbung deutlicher machen, so eignet sich hierzu am besten Delafield’sches Hämatoxylin. Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 109 Da Kostanecki und Siedlecki die Vorfärbung mit Bordeaux für besonders wichtig halten, so wurde auch dieses Verfahren angewandt, jedoch genau mit dem nämlichen Erfolg, den die reine Eisen-Hämatoxylin-Färbung ergeben hatte. Wurde die Entfärbung zur richtigen Zeit sistirt, so blieb das ganze Oentro- som schwarz, bei weiterer Entfärbung erschien ein immer grösserer, intensiv rother Rand um die verkleinerte schwarze Kugel und schliesslich bei voller Extraetion des Eisenlackes stellte sich das Centrosom als eine homogene rothe Kugel dar von der Grösse der ursprünglichen schwarzen. Für Kostanecki und Siedlecki ist das, was hier als Centrosoma beschrieben wird, nur ein „Hof“ im Umkreis ihres Centralkörpers. Sie rechnen diesen Bereich zur Astrosphäre und sehreiben ihm eine radiale Struetur zu. Eine solche Struetur konnte ich jedoch, trotz aller angewandten Mühe, trotz der besten optischen Hülfsmittel und der Durchsuchung einer Unzahl von Präparaten, in keinem einzigen Falle sehen, ein Punkt, den ich, angesichts der so bestimmten Angaben und der Abbildungen von Kostaneeki und Siedlecki, auf’s Schärfste betonen muss. Es ist gewiss eine missliche Sache, einer so bestimmt lautenden Darstellung zu widersprechen, und wenn nicht alle von mir an- sewandten Methoden so ganz übereinstimmende Ergebnisse ge- liefert hätten und wenn nicht andererseits Kostanecki und Siedlecki selbst an verschiedenen Stellen erwähnen würden, dass sie ganz ähnliche Bilder wieBoveri erhalten haben, so würde ich mich mit der Annahme begnügen können, dass die Eier von Ascaris megalocephala ausserordentliche Variationen darbieten, und dass in den von den beiden polnischen Autoren untersuchten Präparaten an Stelle der von mir gefundenen grossen Kugeln im Allgemeinen viel kleinere vorliegen. So aber möchte ieh nicht unterlassen, eine Vermuthung zu äussern, die sich bei Betrach- tung von stark entfärbten Präparaten gelegentlich aufdrängte. Es handelt sich ja in diesem Streitfalle um ganz minimale Ver- hältnisse, wo bei Strueturfragen optische Täuschungen und die Ueberzeugung des Beobachters ohne Zweifel eine Rolle spielen. Es sei nur erwähnt, dass da, wo Kostaneckiund Sidleceki eine Unzahl zartester radialer Fädchen zeichnen, Erlanger eine Schaumstructur zu erkennen glaubt. Ich möchte nun empfehlen, folgenden einfachen Versuch zu machen. Man mache 110 Eduard Fürst: auf ein Blatt Papier einen schwarzen Punkt, umgebe diesen mit Bleistift mit einem kreisförmigen Hof einer zarten ganz gleich- mässigen Körnelung und füge daran nach aussen, ohne scharfe Abgrenzung, körnige Radien, die auf den schwarzen Punkt cen- trirt sind. Betrachtet man dieses Bild, so glaubt man auch in dem eentralen Hof eine Radialstruetur mit grosser Deutlichkeit zu erkennen; bedeckt man die Radien wieder durch ein Stück Papier mit kreisförmiger Oeffnung, welche gerade den eentralen Hof freilässt, so ist man überrascht, dass dieser Eindruck wieder völlig verschwindet. Der Versuch zeigt also, wie leicht der Ein- druck einer radiären Structur entstehen kann, ohne dass dieselbe an der betreffenden Stelle wirklich vorhanden ist. Dazu kommt nun noch im Ascaris-Ei, dass der mikroskopische Schnitt ja nicht nur das Centrosoma allein, sondern darüber und darunter Theile der Astrosphäre enthält, so dass, wenn die Einstellung nicht voll- kommen exact ist, nothwendig der Effect einer radiären Streifung entstehen muss. Unter diesen Umständen glaube ich die Ver- muthung aussprechen zu dürfen, dass es sich in den Bildern, in denen Kostaneceki und Siedlecki dieses Verhalten zeichnen, um eine optische Täuschung handelt, deren Zustandekommen vielleicht durch eine mangelhafte Conservirung der Eier unterstützt war. Dieser letztere Verdacht wird dadurch nahe gelegt, dass in allen meinen Präparaten, auch wenn sie gar nicht gefärbt waren, eine ganz scharfe kreisförmige Linie die Grenze des Centrosoms be- zeichnet. Von dieser Contour ist in den Figuren 21—25 von Kostanecki und Siedlecki keine Spur zu erkennen. Wie oben auseinandergesetzt, stimmen die Ergebnisse der Eisenhämatoxylinfärbung mit dem, was man an ungefärbten Präparaten sieht, völlig überein. Würde die von Boveri als Centrosom beschriebene Kugel, wie Kostanecki und Sied- leeki wollen, ein Theil der Astrosphäre und also aus distinkten Radien zusammengesetzt sein, so müsste dies in dem Verhalten gegenüber dem Eisenlack unzweifelhaft hervortreten. Allein es zeigt sich auf keiner Entfärbungsetappe irgend ein Anhalts- punkt für eine derartige Structur. Die schwarze Kugel ist stets glatt begrenzt und, so lange sie am grössten ist, am schärfsten kugelig. Die Art, in der sich bei der Entfärbung die Ver- kleinerung der schwarz gefärbten Stelle vollzieht, würde viel eher für die Annahme einer econeentrischen Structur der Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 111 Centrosoma sprechen, obgleich von einer solchen mit anderen Methoden nichts zu erkennen ist. Auf Grund dieser Ergebnisse, die bei allen oben angeführ- ten Conservirungsmethoden genau die gleichen sind, kann an der Richtigkeit der Angaben Boveri’s kein Zweifel mehr bestehen. Das Centrosom wächst aus einem sehr kleinen Körperchen zu einer relativ grossen Kugel heran. Diese mag in ihrer Grösse von einem Ei zum andern und noch mehr von einem Individium zum andern innerhalb gewisser Grenzen variiren. Auch die Eier verschiedener Mutterthiere sind Ja in ihrer Grösse variabel, die Grösse der karyokinetischen Figur im Verhältniss zum ganzen Ei ist ungemein wechselnd, gar nicht zu reden von den Differenzen in dem Chromatingehalt und der Chromosomengrösse, die durch Vergleiehung der Figuren 1 und 2, Taf. VIII in die Augen springen. So kann es nicht Wunder nehmen, wenn ähnliche Verschiedenheiten in dem Volumen der Centrosomen beobachtet werden. Noch auf einen anderen Punkt sei hier kurz hingewiesen. Schon Boveri ist durch Vergleichung seiner Prä- parate mit den Bildern von vanBeneden und Neyt zu dem Schlusse gekommen, dass der Entwicklungseyelus der Centrosomen mit dem der Kerne nicht immer genau Schritt hält, dass in den von van Beneden und Neyt beschriebenen Fällen die Centro- somen gegenüber den Kernen weiter voraus seien, als in den von ihm selbst beobachteten. Dass diese zeitliche Differenz sogar noch grösser sein kann, zeigt meine Figur 5 nach einem Präpa- rate, welches Herr Professor Boveri mir zur Verfügung gestellt hat. Nach Boveri's älteren Befunden sind die Centrosomen schon auf dem Stadium der Aequatorialplatte in der Regel wieder kleiner geworden, während der Metakinese haben sie sich noch weiter verkleinert. Das Präparat der Figur 5 zeigt sie nun noch auf diesem Stadium als grosse Kugeln. Diese Variabilität muss deshalb betont werden, weil so leicht ein späterer Autor, wenu er nur das eine Verhalten vor sich hat, die Angaben seiner Vor- sänger für irrthümlich zu halten geneigt ist. Man könnte nun denken, dass das, was Kostanecki und Siedlecki abbilden, das Centralkorn des Boveri'schen Centrosoms sei, und die beiden Autoren sprechen selbst diese Meinung aus. In der That mag dies in manchen Fällen zu- 112 Eduard Fürst: treffen!); allein es muss bemerkt werden, dass die Eisen-Häma- toxylin-Methode für sich allein gar nicht genügt, um im Ascaris- Ei einen exaecten Nachweis von der Existenz dieses Gebildes zu erbringen. Dies geht schon aus dem oben Gesagten hervor. Wie dort erwähnt, entfärben sich die Centrosomen eoncen- trisch und man erhält so in allen erdenklichen Abstufungen eine immer kleiner werdende schwarze Kugel; schliesslich wird sie zu einem gerade noch wahrnehmbaren Pünktchen und dann ver- schwindet auch dieses. In einem bestimmten Moment wird der schwarze Fleck genau dem Centralkorn entsprechen, allein die Entfärbung macht an dieser Structur nieht Halt, ja die Farbe scheint hier gar nicht einmal beträchtlich fester zu haften, als in dem übrigen Bereich des Centrosoms. Also auch wenn dieses Korn nicht vorhanden wäre, müsste successive Entfärbung doch genau die gleiche Reihe’ von Bildern liefern. Und wenn also die Existenz des Centralkorns nieht schon durch die Untersuchungen Boveris auf Grund der Beobachtung im ungefärbten Zustand festgestellt wäre, das was Kostanecki und Siedlecki ermittelt haben, wäre nicht einmal im Stande, das Vorhandensein dieser centralen Verdichtung des von ihnen ganz übersehenen oder wenigstens ignorirten Centrosoms nachzuweisen. Anders natürlich wäre es mit der Beweiskraft der Eisen- Hämatoxylin-Methode, wenn bei der successiven Extraetion zwei oder mehrere solche schwarze Pünktchen im Innern der entfärbten Kugel zurückblieben. Denn diese Erscheinung könnte nieht mehr ein blosser Entfärbungseffekt sein. Unter den Figuren von Kostanecki und Siedlecki finden sich jedoch solche Bilder nicht. Die einzige Figur, welche als ein solches in Anspruch genommen werden könnte, ist Figur 11. Allein höchst überraschender Weise bilden die beiden Forscher, die sich nicht genug thun können, die grossen Centrosomen Boveri’s als einen Irrthum darzustellen, hier genau die nämlichen grossen Kugeln ab, wie sie sich auf den Tafeln Boveris von ent- sprechenden Stadien finden, und wenn also die grosse Doppel- kugel auf der einen Seite dieser Figur nicht überhaupt ein pathologischer Zerfall ist, so repräsentirt sie die Theilung eines 1) In anderen Präparaten, so besonders in Fig. 11 von Kosta- necki und Siedlecki ist es sicher nicht der Fall. Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 113 grossen Centrosoms (im Sinne Boveri’ss), während von den klei- nen schwarzen Punkten in diesem einzigen Fall, der ihre Realität vielleicht beweisen könnte, nichts zu sehen ist. Ich darf hier erwähnen, dass, wie Herr Professor Boveri demnächst zeigen wird, sich in manchen Fällen schon auf dem Stadium der Aequatorialplatte in dem noch sehr grossen und kugeligen Centrosom eine Verdoppelung des Centralkorns nach- weisen lässt, ganz entsprechend den Verhältnissen, die Mac Farland (13) für die Centrosomen an den Riehtungsspindeln von Diaulula gefunden hat. Nach allem, was ich im Vorstehenden über meine Ergeb- nisse mitgetheilt habe, ergibt sich meine Stellung zu den An- gaben Erlanger's von selbst. Soweit seine nach Photo- graphien hergestellten Abbildungen überhaupt etwas Deutliches von den Centrosomen erkennen lassen, scheinen sie mit meinen Befunden aufs Beste zu harmoniren. II. Ueber die Centrosomen in den Spermatocyten von Ascaris megalocephala. Die ersten Abbildungen von Centrosomen in den Spermato- eyten von Ascaris megalocephala hat E. van Beneden (1) in seinem grossen Werk über das Ascaris-Ei gegeben. Sie finden sich auf Tafel XIX in Figuren 16—20. Die Bilder zeichnen sich, im Gegensatz zu denen von den Eiern, durch grosse Deut- lichkeit aus und stellen die Centrosomen als sehr grosse, in ge- wissen Stadien kugelige, in anderen mehr abgeplattete Körper dar. Eine genauere Beschreibung zu diesen Bildern findet sich in der Abhandlung von van Beneden und Julin: La sper- matogenese chez l’Ascaride megaloeephale (2). Eine zweite sehr eingehende Darstellung dieser Verhältnisse findet sich in der Abhandlung von OÖ. Hertwig: Vergleich der Ei- und Samenbildung bei Nematoden (19). Die Körperehen, die dieser Forscher als Centrosomen ab- bildet, sind viel kleiner als die von van Beneden gezeichneten, und schon eine Vergleichung der beiderlei Bilder lässt kaum einen Zweifel, dass das Hertwig’sche Polkörperehen nur eine centrale Differenzirung in dem von van Beneden abgebildeten Körperchen vorstellt. Es lässt sich auch in zahlreichen Abbil- dungen Hertwig’s eine zarte Contonr erkennen, welche vermuth- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 3 114 EB duward SRurnste lich als die Grenze des von van Beneden beobachteten Ge bildes anzusehen ist. In der That hat nun schliesslich Brauer (9) eine Beschrei- bung geliefert, welche die Angaben der beiden genannten For- scher bestätigt und vereinigt; er fand die grosse Kugel van Beneden’s, und in dieser ein kleines Korn, entsprechend dem Centralkorn, welches Boverj in den Öentrosomen der Ascaris-Eier beschrieben hatte. Da M. Heidenhain (17 pag. 683 und 684) und Erlanger (12 pag. 388) die Richtigkeit der Brauer'schen Angaben be- zweifeln, schien es geboten, eine Nachuntersuchung der Verhält- nisse mit den neueren Methoden anzustellen, wobei ich bemerke, dass es auch hier nicht meine Absicht ist, die ganze Geschichte der Centrosomen zu verfolgen, sondern lediglich ihre Constitution und vor allem ihre Grösse in verschiedenen Stadien festzustellen. Als Conservirungsmittel wurden angewandt: Perenyische Flüssig- keit und Pierin-Essigsäure. Die Vorfärbung geschah im Stück mit Grenacherschem Borax-Carmin, die Färbung mit Eisen- Hämatoxylin nach M. Heidenhain, Nachfärbungen wurden theils nicht angewendet, theils geschahen sie mit Bordeaux oder Rubin. Das Resultat meiner Untersuchungen war eine volle Be- stätigung der Angaben Brauer's, wie aus einer Vergleichung unserer Figuren ersichtlich ist. Wie ich für das Ascaridenei beschrieben habe, so führt auch in den Spermatoeyten die Eisen- Hämatoxylinfärbung zur Darstellung einer grossen, durch und durch schwarzen, aufs Schärfste begrenzten Kugel (Taf. VIII, Figur 19 und 20). Bei weiterer Extraetion entfärbt sich die Kugel con- centrisch, genau wie im Ei und man kann auf diese Weise, wie dort, „Centralkörper* von ganz beliebiger Grösse herstellen. Ich gebe in Figur 16 und 17 verschiedene Stufen solcher weiterer Entfärbung. In Figur 17 nimmt der schwarz gefärbte Bereich noch nahezu das ganze Üentrosoma ein, man erkennt nur einen schmalen ungefärbten Mantel, der nach aussen ganz. scharf be- grenzt ist. Viel weiter ist die Entfärbung in Figur 16 fortge- schritten; der schwarze Bereich nimmt jetzt etwa die Stelle des von Brauer nachgewiesenen Oentralkorns ein. Das Centrosom selbst erscheint als eine blasse Kugel, an welche sich die Radien unmittelbar ansetzen. Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 115 Die Verhältnisse entsprechen so sehr denen im Ei und in den Furchungszellen, dass ich auf das dort Gesagte verweisen und mich darauf beschränken kann, nur mit einigen Worten auf die Grössenverhältnisse der Centrosomen in den verschiedenen Stadien einzugehen. Figur 15 zeigt den noch völlig intakten Kern der Spermatocyte I. Ordnung. Dicht an die Kernmembran angeschmiegt erkennt man die beiden Centrosomen, noch relativ klein und nicht ganz kugelig. Sie werden durch eine Brücke verbunden, die vielleicht als Centralspindel zu deuten ist. Kurz vor Auflösung des Kerns (Figur 16) fand ich die Centrosomen in der Regel am grössten; in der fertigen ersten Theilungsfigur (Figur 17) sind sie bereits kleiner geworden und sie nehmen nun weiter an Grösse ab bis zu ihrer Theilung, die (Figur 18) auf Stadien beginnt, wo die Tochterehromosomen bereits nach den Polen emporgezogen sind und sich von einander zu lösen beginnen. Nach der Theilung wachsen die Centrosomen wieder mächtig an und erreichen abermals in den Vorbereitungsstadien der Spin- delbildung ihr grösstes Volumen (Figur 19). In der fertigen Theilungsfigur (Figur 20) hat die Verkleinerung schon wieder begonnen. Dieser Cyelus entspricht sonach vollständig dem von Boveri für die Eier nachgewiesenen. III. Ueber die Centrosomen in den Ovogonien von Ascaris megalocephala. Wie einleitend bemerkt, wurde die eigentliche Absicht bei dieser Untersuchung: Aufklärung der Constitution der Riehtungs- spindeln, nicht erreicht. Doch ist eine Mittheilung der Ergeb- nisse von einigem Interesse, indem sich auch hier die gleichen Verhältnisse : grosse Centrosomen mit Centralkorn zeigen. Zur Darstellung dienten die nämlichen Fixirungs- und Fär- bungsmethoden, die oben für die Eier angegeben wurden. Fig. 10, Taf. VIII zeigt eine Ovogonie mit fertiger Spindel in seitlicher, Fig. 9 in mehr polarer Ansicht. Die Centrosomen scheinen hier niemals vollkommen kugelig, sondern stets in der Richtung der Spindel- achse abgeplattet zu sein. Sie besitzen die Form biconvexer Linsen, wobei die nach innen gekehrte Fläche beträchtlich stärker gewölbt ist, als die äussere. Eine weitere Eigenthümlichkeit gegenüber den Centrosomen in den Eiern und Spermatocyten ist 116 Eduard Fürst: die, dass wenigstens an allen meinen Objeeten, auch bei sehr geringer Extraction das Uentrosoma doch nieht völlig schwarz bleibt, sondern einen dunkelgrauen Ton annimmt, wodurch das hier sehr grosse Centralkorn ohne Weiteres nachweisbar wird. Dasselbe zeigt sich stets gegen die Aussenfläche des Centrosoms verschoben (Figuren 10, 11, 12). Mit dieser ganz constanten biconvexen Form des Centrosoms und der Excentrieität des Cen- tralkorns steht muthmaasslich in einem gewissen ursächlichen Zu- sammenhang die ebenfalls ganz eonstante Erscheinung, dass die Astrosphäre stets einseitig entwickelt ist. Ausser den Spin- delfasern, die von der inneren Fläche des Oentrosoms ausstrahlen, findet sich nur noch ein deutlicher Radienkranz von der Kante des Centrosoms entspringend, der besonders bei annähernd polarer Ansicht (Fig. 9) sehr auffallend hervortritt. Die Radien ver- laufen bogenförmig fast parallel zur Zellenoberfläche und scheinen im Aequator zum Theil in diejenigen der anderen Seite überzu- gehen. Von der äusseren Fläche des Centrosoms scheinen keine Strahlen auszugehen. Man könnte diese Thatsachen in den Satz formuliren: Je weiter ein Theil der Centrosomenoberfläche vom Oentralkorn entfernt ist, um so mächtiger sind die hier entspringen- den Radien. Daraus würde sich als ein Specialfall derjenige des befruchteten Eies und der Spermatocyten ergeben: bei einem allseitig gleichartig entwickelten Centrosom müssen auch die Atrosphärenradien ringsum gleichartig entwickelt sein. Die Abplattung der Centrosomen nimmt während der Meta- kinese zu (Figur 12) und die beiden Körperchen rücken auf diesem Stadium direkt an die Zellenoberfläche. Nach erfolgter Theilung treten sie wieder tiefer in den Zellenleib zurück und werden nun (Fig. 13 und 14) zu ganz platten Scheiben, die zu- letzt bei seitlicher Ansicht wie eine in der Mitte verdiekte Linie aussehen und deren Durchmesser mehr als den halben Durch- messer der ganzen Zelle betragen kann. Das Centralkorn macht diesen merkwürdigen Formenwandel nicht mit und ist noch in der ganz platten Scheibe als ein einfaches kugeliges Körnchen zu sehen. Was weiter aus diesen Centrosomen wird und wie sie sich speciell nach der letzten Theilung verhalten, konnte ich leider nicht ermitteln. 2 ee ee ei ee Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 117 IV. Ueber Centrosomen in den Richtungsspindeln von Ascaris megalocephala. alukiteratur. : Boveri war der Erste (5), der einen gewissen Gegensatz zwischen Richtungs- und Furchungsspindelm constatirte, derart, dass den Richtungsspindeln vieler Eier Centrosomen und damit auch Polstrahlung abgehen sollten, wogegen sie den Furchungs- spindeln zukommen. Boveri stellte diesen Gegensatz zuerst für Ascaris, dann (9) auch für andere Eier fest, und seitdem sind noch zahlreiche andere Befunde in gleichem Sinne gemacht worden. Aus seinen Veröffentlichungen geht von Anfang an her- vor, dass er sich klar war, dass diese Eigenthümlichkeit nicht für alle Eier gilt. Schon in seiner Abhandlung über den An- theil des Spermatozoon an der Theilung des Eies (5) pag. 162 heisst es: „Im Allgemeinen wird sich die Rückbildung des Ei- eentrosomas erst nach der Abtrennung des zweiten Richtungs- körpers vollziehen“, womit gesagt ist, dass im Allgemeinen den Riehtungsspindeln Centrosomen zukommen. Dies konnte sehon damals mit voller Sicherheit aus den Dar- stellungen von Bütschli, 0. Hertwig, Folu. a. erschlossen werden. Boveri hat aber das Vorkommen von Üentrosomen und Astrosphären an Richtungsspindeln nicht nur nicht geleugnet, sondern er hat überdies unsere Einsicht in das Verhalten dieser Theile bei der Riehtungskörperbildung wesentlich gefördert, in- dem er die bis dahin herrschende Vorstellung, dass sich die zweite Riechtungsspindel aus dem im Ei zurückbleibenden Rest der ersten einfach ergänzt, auf Grund seiner Untersuchungen an Pterotrachea und Eehinus dahin richtig stellte, dass (14, pag. 53, Absatz 7) „in jenen Eiern, wo die Richtungsspindeln aus zwei Strahlensonnen eombinirt sind, die Pole der zweiten Spindel durch Theilung des im Ei zurückbleibenden Poles der ersten entstehen“. Die Angaben von M. Heidenhain, Carnoy und ande- ren, Boveri leugne für die Richtungsspindeln Centrosomen, beruhen demnach nur auf ungenügender Literatur-Kenntniss. Seit der Veröffentlichung Boveri’s über die eigenthüm- liche Constitution der Richtungsspindeln bei Ascaris ist dieses Objeet von mehreren Autoren auf das Vorhandensein von Cen- trosomen geprüft worden. Zuerst erklärte Lebrun 1892 in 118 Eduard Fürst: einer vorläufigen Mittheilung (21), dass er diese Körperchen auch hier gefunden habe. Er schreibt (pag. 627): „Nous pouvons dire des maintenant, que les Centrosomes existent dans l’oeuf de l’Ascaris megalocephala lors de Fexpulsion du premier et du se- cond globule polaire; nous possedons deja de nombreux stades de leur evolution et nous esperons bientöt publier leur histoire dans la Cellule.* Diese Veröffentlichung ist erst jüngst in der oben schon erwähnten Abhandlung von Lebrun und Carnoy (11) erfolgt, wovon unten noch die Rede sein wird. Sodann wurde das Vorhandensein von Centrosomen an der ersten Richtungsspindel des Ascaris-Eies von Häcker (15) be- schrieben, in einem sehr kurzen und nur durch zwei diagram- matische Abbildungen illustrirten Passus in einem Vortrag, den Häcker auf der Versammlung der deutschen zoologischen Ge- sellschaft in München gehalten hat. Häcker findet die von ihm als Centrosomen betrachteten Körperchen meist in der Vier- zahl; sie nehmen gewöhnlich „die Ecken des Vierecks oder der Tonne ein; mitunter gewahrt man zwei derselben dieht neben einander“. Boveri hat in der Discussion zu diesem Vortrag gegen die Deutung der fraglichen Körnchen als Centrosomen einge- wendet, dass ihre Lagerung mit allen sonstigen Erfahrungen in Widerspruch stünde. Sehr eingehend wurde die Frage ungefähr gleichzeitig von Sala behandelt in seinen experimentellen Untersuchungen über Reifung und Befruchtung der Eier von Ascaris megalocephala (22). Während er, gleich Boveri, eine Polstrahlung in den normalen Richtungsspindeln in Abrede stellt, ist er im Zweifel, ob eine specifische Polsubstanz vorhanden ist, oder nicht. Er fand an den abgeplatteten Polen der Richtungsspindeln immer einige kleine, runde Körnchen, die, ziemlich regelmässig ange- ordnet, Vesuvinfärbung stark annahmen. Die zwei den optischen Durehschnitt einer Platte begrenzenden Körnchen fand er häufig etwas dicker als die im medialen Theil gelegenen; in der ersten Richtungsspindel sah er sie an beiden Polen, in der zweiten nur am äusseren Pol. Sala hält es für wahrscheinlich, dass diese Körnchen von einem Kernkörperchen des Keimbläschens abstam- men. Dieser Nucleolus zerfällt nämlich in verschiedene Stücke von variirender Gestalt und Grösse, die erst nahe bei einander Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 119 liegen, sich aber dann über den ganzen Bereich des Kernes zer- streuen. In dem Maasse nun als das unreife Ei im Eileiter herabsteigt, nehmen sie an Grösse ab und werden runder, gleich- zeitig schieben sie sich gegen die Kernperipherie himaus und legen sich unter die Kernmembaran. Weiter wurden ihre Schick- sale von Sala nicht verfolgt. Später, wenn die Form der Spindel sich zu markiren beginnt, erscheinen, wie gesagt, färb- bare Körnchen an den beiden abgeplatteten Polen. Sala ver- muthet, dass beide Körnchen-Arten identisch seien, und dass sie etwas Aehnliches wie ein Centrosoma darstellen. Er stützt sich dabei auf gewisse interessante Erscheinungen in Eiern, die der Kältewirkung ausgesetzt waren. Letztere verzögert, nach Sala, nicht nur die Verdiekung der Chromatinstäbehen der ersten Rich- tungsspindel, sondern sie verändert auch zeitweilig die Constanz ihrer Zahl, ja sie verändert selbst die normale Fassform der Spindel, in dem 3—4—5polige Figuren entstehen, oder die Spindel in zwei Hälften gespalten wird, die oft nur noch an einem der beiden Pole zusammenhängen; dabei verringern sich die oben erwähnten färbbaren Körnehen an Zahl, sie nehmen aber an Volumen zu, in manchen Fällen ist nur eines vorhanden, ‚das dann nicht selten von einem hellen Hofe-umgeben ist und manchmal Strahlung zeigt. Sala zweifelt nicht daran, dass in diesen Fällen ein ächtes Centrosoma vorliege, und, in der That, scheinen seine Figuren 70—73 eine andere Deutung kaum zuzu- lassen. Da nun, wie Sala bemerkt, die Wirkung der Kälte doch kaum ein Centrosoma erzeugen kann, so nimmt er an, dass auch in den normalen Eiern etwas Entsprechendes vor- handen sein muss, und diese Schlussfolgerung bekräftigt ihn von Neuem in der Vermuthung, dass die unregelmässigen Körner, die er an den normalen Spindeln gefunden hat, Homologa eines Centrosoms sein müssen. Kürzlich kam von Erlanger (12) auf die Streitfrage zurück, und obgleich auch er das Vorhandensein von Centrosomen behauptet, dürfte das, was er als solche beschreibt, doch ver- muthlich wieder etwas anderes sein, als die von Häcker und von Sala beobachteten Körnehen. Leider ist seine Darstellung sehr kurz und nieht durch Abbildungen illustrirt. An den ab- sestumpften Polen der tonnenförmigen Spindeln findet Erlanger an jedem Pol mehrere Körperchen, welche geradlinig und parallel 120 Bdmanrd Brust: zur Aequatorialplatte neben einander geordnet und durch einen deutlichen Zwischenraum von den Enden der Spindelfasern ge- trennt sind. Er hält diese Gebilde, die ohne Zweifel — und auch nach Erlanger’s Ansicht — mit den von Boveri be- schriebenen Endplatten der Spindel identisch sind, für abge- plattete Centrosomen. Wo die Spindeln nicht abgeplattet sind, sondern spitz endigen, mögen sie nun zwei-, drei- oder vierpolig sein, findet Erlanger an jeder Spitze gewöhnlich ein kleines rundes Körperchen, welches nach seiner Meinung „einem Centro- som entsprechen dürfte“. Auch diese Beobachtung ist kaum als eine neue anzusehen, indem schon Boveri bei derartig geformten Spindeln auf seiner Tafel III sehr deutlich kleme Gebilde zeich- net, in denen die Spindelfasern zusammenlaufen und mit Bezug, auf welche es im Text (pag. 45) heisst: „die Pole sind ent- weder Punkte oder Platten.“ Es scheint sich also zwischen Boveri und Erlanger wesentlich nur um eine Differenz in der Deutung zu handeln. Sucht man bei Erlanger nach Gründen, welche für die Centrosomen-Natur der fraglichen Bil- dungen sprechen könnten, so ist allerdings kaum einer zu finden. In einigen Fällen konnte Erlanger, in der Nähe des sich anlegenden weiblichen Vorkerns, ein kleines, rundliches, nach sewissen Methoden stark färbbares Körnchen beobachten, welches er als das Centrosoma des inneren Poles der zweiten Richtungs- spindel auffasst, das höchst wahrscheinlich durch Condensation und Abrundung aus dem ursprünglich scheibenförmigen Central- körper am inneren Pole der zweiten Richtungsspindel hervorge- gangen ist. Auch hier handelt es sich also lediglich um Ver- muthungen ohne irgend eine nähere Begründung. In ihrer schon erwähnten Arbeit (11) behaupten endlich auch Lebrun und Carnoy, dass beide Richtungsspindeln des Ascariden-Eies Centrosomen besitzen und bilden dieselben auf Tafel I, Fig. 11 und 12 ab. Es sollen eines bis fünf und mehr an jedem Pol vorkommen können. Schon diese Variabilität spricht natürlich gegen ihre Centrosomen-Natur. Wer eigene Erfahrungen über das Objekt hat und die beiden Bilder von Lebrun und Garnoy betrachtet, der wird nicht im Geringsten zweifeln können, dass die beiden Autoren beliebige Körnchen, wie sie überall im Protoplasma vorkommen und auch gelegent- lich in scheinbar gesetzmässiger Weise zu der Richtungsspindel nn ur Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 128 gelagert sind, als Centrosomen in Anspruch genommen haben. In anderen Fällen mögen die beiden Autoren die gleichen Körn- ehenansammlungen beobachtet haben, die Sala beschrieben hat. Von einem Nachweis wirklicher Centrosomen kann keine Rede sein. b) Eigene Untersuchungen. Ich möchte nieht unterlassen, vorauszuschicken, dass das Material, welches ich zur Untersuchung der Richtungsspindeln zu Schnitten verarbeitet habe, ein geradezu riesiges war, Es stammt von einer grossen Zahl weiblicher Pferdespulwürmer, die ich theils aus dem hiesigen Schlachthaus, zum Theil aus Berlin und Tübingen bezog; auch das Material, welches Herr Professor Boveri früher eonservirt hatte, stand mir zur Verfügung. So- dann beschränkte ich mich nicht auf Ascaris megalocephala, sondern fertigte auch zahlreiche Präparate von Ascaris lumbri- coides an, indem hier die Verhältnisse der achromatischen Spin- delfigur im Wesentlichen die gleichen sind. Zur Conservirnng dienten die oben genannten Flüssigkeiten, und ebenso wurden für die Färbung die oben genannten Methoden angewandt. Was nun vor allem auffällt, wenn man zahlreiche Präparate von verschiedenen Individuen vergleicht, das ist die grosse Varia- bilität in der Beschaffenheit der Riehtungsspindeln, auch bei ganz identischer Conservirung und Färbung. Die Grösse, die Form und die Art der Faserung u. s. w. sind ungemein wechselnd. Schon die Vergleichung der Bilder, die Boveri von den Rich- tungsspindeln der Varietät bivalens gegeben hat, mit denen von univalens des gleichen Autors, lässt solche Unterschiede deutlich erkennen. Aber noch viel auffallendere kommen zur Beobachtung, wenn man ein sehr grosses Material zur Vergleichung vor sich hat. Die verschiedenen Angaben der einzelnen Autoren sind ge- wiss zum grossen Theil aus dieser Variabilität zu erklären, zum Theil freilich auch dadurch, dass pathologisch veränderte Figuren als normale beschrieben worden sind. Die wichtigste Beobachtung, die ich über den vorliegenden Gegenstand gemacht habe, ist die, dass bei Ascaris mega- locephala Richtungsspindeln ganz vom Habitus der Furchungsspindeln mit zweimächtigen ÄAstro- sphären vorkommen können. Allerdings habe ich diese 122 Eduard Fürst: interessante Abnormität nur zwei Mal beobachten können, einmal bei einer ersten (Fig. 23, Taf. VIID), einmal bei einer zweiten Spindel (Fig. 24, Taf. IX). Die beiden Eier stammen aus verschiedenen Eiröhren, möglicherweise aber vom gleichen Individuum. Sie waren in Pikrin-Essigsäure conservirt, die Schnitte mit Eisen-Hämatoxylin gefärbt. Der Objektträger, auf dem sich die erste Spindel befand, ging leider zu Grunde, nachdem vorher jedoch einer der beiden Schnitte, in denen sie enthalten war, nämlich derjenige mit der chromatischen Aequatorialplatte und dem inneren Pol skizzirt worden war. Diese Skizze ist in Figur 23 wiedergegeben und muss als etwas schematisch bezeichnet werden. Der Verlust des Präparats ist deshalb besonders bedauerlich, weil dasselbe ziem- lich stark entfärbt war und die beabsichtigte nochmalige Färbung oder Behandlung mit anderen Methoden nicht vorgenommen wer- den konnte. So kann ich nur mittheilen, dass das Strahleneen- trum von einem etwa linsenförmigen, homogen erscheinenden Körper ohne jede weitere erkennbare Struktur gebildet wurde. Von diesem gehen nach allen Richtungen Radien weit m das Protoplasma hinaus. Einige stärkere ziehen zu der Chromatin- gruppe (es handelt sich um die Varietät univalens) und bilden so die „Spindel“, die dadurch völlig abweicht von dem gewöhn- lichen Habitus einer Ascaris-Riehtungsspindel. Denn eines der auffallendsten Merkmale derselben ist, dass sie einen ziemlich compacten, mehr oder weniger deutlich faserigen Körper darstellt, der gegen das Protoplasma nach allen Seiten scharf abgegrenzt ist. Es ist ja die Richtungsspindel, wie aus den Untersuchungen Boveris hervorgeht, nichts anderes als das metamorphosirte Keimbläschen. Einen völlig anderen Eindruck macht dagegen die soeben beschriebene Figur: die Chromatingruppe liegt, ähn- lich wie die Chromosomen bei der Furehung, direkt im Proto- plasma und die Spindel wird lediglich durch einige stärker mar- kirte Astrosphärenstrahlen gebildet. Ganz die gleichen Verhältnisse zeigt die entsprechende zweite Spindel. Auch hier liegen die beiden Pole in verschie- denen Schnitten, und die Figur 24a und b Taf. IX sind also durch Combination gewonnen. Auch hier zeigen sich zwei weit ausge- breitete Strahlensysteme!), auch hier existirt keine eompacte 1) Während sonst in Eiern mit zweiter Richtungsspindel das Spermatozoon von einem grossen Hof dichter körniger Substanz um- 2 Zu ee Sei ee Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 123 „Spindel“, kaum dass die zur Aequatorialplatte ziehenden Fasern etwas stärker ausgeprägt sind. Als das Präparat aufgefunden wurde, zeigte es den Zustand der Fig. 24a. Im Centrum jeder Strahlung findet sich ein helleres Areal, in welchem am inneren Pol mit Sicherheit, am äusseren nur andeutungsweise ein blasses Körperehen constatirt werden konnte. Die Schnitte wurden dann nochmals mit Eisen-Hämatoxylin gefärbt und nicht so stark extrahirt (Fig. 24b). Allein es trat nun nicht, wie ich erwartet hatte, eine stärkere Färbung des Centrums auf, sondern es zeigte sich um jedes Strahleneentrum ein unregelmässiger Kranz von sröberen und feineren schwarzen Körnern, die zwischen den cen- tralen Enden der Strahlen gelegen sind. Eine Färbung des vor- her viel deutlicher hervortretenden im Centrum gelegenen Kör- perchens oder nur eines Theiles davon gelang nicht. Mit diesen beiden Fällen ist zum ersten Mal der Nachweis geliefert, dass die Richtungsspindeln von Ascaris megalocephala die Constitution einer typischen karyokinetischen Figur besitzen können. So wenig sich dabei über die Centrosomen selbst ermitteln liess, so ist doch klar, dass dieselben nicht als Häufchen von Körnern oder körnige Platten sich darstellen, sondern als ein- fache, gegenüber Eisen-Hämatoxylin sich ziemlich negativ verhaltende Körper. Schon dadurch müssen die Bedenken gegen die von anderer Seite beschriebenen „Üentrosomen“ erheblich wachsen. Der Umstand, dass in dem einen meiner Fälle — möglicherweise auch in dem anderen — im Umkreis eines jeden Strahleneentrums eine Schicht von Körnern, die sich im Eisen- Hämatoxylin färben, auftritt, legt den Gedanken nahe, dass diese Körnchen mit den sonst als Centrosomen oder Centrosomentheilen beschriebenen Körnern identisch seien, womit letzteren natürlich diese Bedeutung definitiv abgesprochen wäre. Für die Körner- platten, die Sala beschreibt, würde ja schon ihre von diesem Autor angenommene Abstammung von einem Nucleolus ihre Cen- geben ist, wie dies auch an den in der gleichen Eiröhre befindlichen typischen Eiern (Fig. 26—33) hervortritt, finden sich in diesem Ei im Umkreis des Samenkörperchens nur spärliche Körnchen, wie es sonst zur Zeit der I. Richtungstheilung (vgl. z. B. Fig. 21) der Fall ist. Der Gedanke liegt nahe, dass die Substanz, die sonst den Hof bildet, zum Aufbau der Radien verbraucht ist. 124 Bdinard Burst: trosom-Natur ausschliessen. Dagegen muss das von Sala in Fig. 70—73 dargestellte Körperchen gewiss als Centrosoma an- erkannt werden, und es ist wohl anzunehmen, dass zwischen diesen Bildern und den meinigen ein enger Zusammenhang be- steht. Nur sind die Sala’schen Fälle nebenbei pathologisch, indem nur ein Centrosom und eine Ästrosphäre besteht, eine Erscheinung, die wahrscheinlich als eine Folge der Kältewirkung anzusehen ist. Das Auftreten typischer zweipoliger Richtungsspindeln in sonst vollkommen normalen Eiröhren weist nun auch auf eine andere Erklärung der Sala’schen Befunde hin, als dieser For- scher glaubte geben zu müssen. Wie oben schon erwähnt, war er der Meinung, dass die deutlichen Centrosomen mit ihrer Astro- sphäre durch die Einwirkung der Kälte bedingt seien, und da, wie er gewiss richtig annimmt, die Kälte nicht Centrosomen her- vorbringen kann, so sah er sich zu der Annahme veranlasst, dass auch an jeder normalen Ricehtungsspindel ein Centrosom, wenn auch in anderer Gestalt, vorhanden sein müsse. Dieser Schluss wird durch meine Befunde erschüttert. Wie sie lehren, kommt der Zustand, den Sala als durch Kälte bedingt betrachtet, auch unter völlig normalen Verhältnissen vor, woraus sich ergiebt, dass die Richtungsspindeln unter ganz identischen äusseren Bedingungen verschiedene Constitution besitzen können. Es scheint mir kaum zweifelhaft, dass die in Rede stehenden Eier Sala’s auch dann, wenn sie, direkt aus dem Wirth entnommen, conser- virt worden wären, Centrosomen und Strahlung, wenn auch nicht in der von Sala beobachteten krankhaften Weise darbieten müssten. Die Forderung, dass auch jeder typischen Richtungsspindel Centrosomen in irgend einer Form zukommen müssten, ist, wie gesagt, damit hinfällig geworden: die typische Richtungsspindel und diejenige mit Centrosomen und Astrosphären stehen nicht in einem direkten genetischen Verhältniss zu emander. Wohl aber gehen sie, näher oder ferner, auf eine gemeinsame Vorfahrenzelle zurück und es erhebt sich die andere Frage: was ist der wesent- liche Unterschied zwischen den beiderlei Richtungsspindeln, wo- rauf beruht er in letzter Instanz, sind und in welcher Weise sind die hier und dort vorliegenden Bestandtheile auf einander zu beziehen ? N IE? (ER. WIR WIR WERNER. I WE Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 125 Solche Fragen waren es, die die Veranlassung gaben, mich mit den letzten Theilungen der Ovogonien zu beschäftigen, um womöglich zu ermitteln, was dabei aus dem hier stets vorhan- denen Centrosom wird. Leider waren diese Untersuchungen bis jetzt erfolglos. Auf der anderen Seite wurde natürlich das ganze Material von Richtungsspindeln auf das Sorgfältigste nach Cen- trosomen-ähnlichen Bildungen durchsucht. In der That ergaben sich in zwei Eiröhren einige auffallende Besonderheiten, von denen unten die Rede sein wird. In der ausserordentlichen Mehrzahl der Fälle aber war gar nichts zu finden. Wer freilich jedes in Eisen-Hämatoxylin oder sonstwie färbbare Körnchen, sobald es an dem Pol der Spindel oder in der Nähe gefunden wird, für ein Centrosom erklärt, der kann sehr leicht solehe nachweisen. Denn es kommt nicht selten vor, dass Körnchen, wie sie sich überall im Protoplasma verstreut finden, so zur Spindel gelagert sind, dass die Betrachtung einer solchen Figur an eine gesetz- mässige Beziehung denken liesse. Vergleicht man aber damit die umliegenden Präparate, so überzeugt man sich bald, dass dies Täuschung wäre. Ich will keineswegs behaupten, dass alle An- gaben von Centrosomen in dieser Weise zu erklären seien, wenn ich auch überzeugt bin, dass es sich in vielen Fällen um nichts anderes als um solche bedeutungslose Zufälligkeiten handelt. Von den Abbildungen, welche Richtungsspindeln von Ascaris darstellen, wären es noch am ehesten diejenigen, die Boveri (6) auf Taf. III von der Varietät univalens gegeben hat, welche an die Existenz von ÜCentrosomen denken liessen. Boveri glaubte die hier sehr scharf ausgeprägten platten oder linsen- förmigen Gebilde an den Polen der Spindel nicht als Centrosomen ansehen zu dürfen, weil ihr Verhalten mit demjenigen in den befruchteten Eiern so auffallend contrastirt und vor allem, weil die ähnlichen Verhältnisse, die er an den Richtungsspindeln von bivalens viel genauer studiren konnte, die Annahme von Centro- somen überhaupt nicht zulassen. Nachdem wir seither eine so grosse Variabilität in der Beschaffenheit und Wirkungsweise der Centrosomen kennen gelernt haben, verlieren die damals maass- gebenden Gesichtspunkte an Gewicht; und wenn man speziell meine Bilder von den Theilungsfiguren der Ovogonien vergleicht, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass Boveri in der That Cen- trosomen, wenn auch in sehr rudimentärer und eigenartiger Ge- 126 Eduard Fürst: stalt, vor sich gehabt hat. In meinem Material sind leider Rich- tungsspindeln von dieser Constitution gar nicht vorhanden und die Frage, wie sich diese von Boveri und vielleicht auch von Erlanger beobachteten Körperchen im Verlauf der Richtungs- körperbildung verhalten, harrt noch ihrer Lösung. Damit muss aber die Entscheidung über ihre Natur gleichfalls in suspenso bleiben. Ganz ebenso ist es mit allen sonst für Centrosomen ausgegebenen Körperchen; keine der bisherigen Angaben, mit Ausnahme der oben erwähnten von Sala, ist wirklich beweisend; denn für Centrosomen müsste doch irgend eine den Centrosomen sonst zukommende Eigenschaft nachgewiesen sein, sei es, dass die Körperehen Protoplasmastrahlung erregen, oder dass ihre Ab- kunft von dem Üentrosom der letzten Ovogonie festgestellt wäre, oder dass gezeigt werden könnte, dass die an den Polen der zweiten Spindel gelegenen aus dem inneren Körperchen der ersten ent- stehen. Nirgends aber ist ein solcher Nachweis bisher geführt worden. Was nun die wenigen positiven Befunde betrifft, die ich gemacht habe, so handelt es sich nicht um eigentliche Centro- somen, i. e. um distinete selbständige Gebilde im Centrum eines Radiensystems, sondern es zeigt sich, in den sehr compaet er- scheinenden, ringsum scharf begrenzten und relativ schwach ge- faserten Spindeln, in der Nähe der zugespitzten oder abgerunde- ten Enden, je ein kleines Körnchen. Dieses wurde sowohl in gewissen Fällen in der ersten, als geradezu hundertfältig in der zweiten Spindel gefunden, mit untergeordneten Variationen, wie die Abbildungen 21—33, Taf. IX lehren. Die Verhältnisse konnten nur mit Eisen-Hämatoxylin nachgewiesen werden. Zwei Präparate von ersten Richtungsspindeln sind in Figg. 21 u. 22, Taf. VIII wieder- gegeben. Bei geringerer Entfärbung (Fig. 21) bleibt der ganze Pol der Spindel schwarz, allmählich nach innen heller werdend. Es scheint am Pol eine dichtere Substanz zu liegen, die sich ganz allmählich in die Faserung der Spindel auflockert. Eine Abgrenzung zwischen der polaren Verdichtung und den Spindel- fasern gelang in keinem Fall. Bei sehr starker Entfärbung (Fig. 22) tritt dann ein winzig kleines schwarzes Körnchen her- vor. Seine Darstellung in der ersten Richtungsspindel war sehr capriziös, und man kann zweifeln, ob es überhaupt in allen Eiern der betreffenden Eiröhre vorhanden ist. Dass es jedoch nicht lediglieh ein Entfärbungsprodukt ist, dafür sprieht seine Tr A An Fi EEE Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 127 constante Lage und vielleieht noch mehr das unzweifelhafte Vor- kommen solcher Körner in gewissen Fällen von zweiten Richtungs- spindeln. Derartige Spindeln sind in Fig. 24—32, Taf. IX abgebildet, und ich füge hinzu, dass man, in einem und demselben Quer- schnitt der betreffenden Eiröhre, 10—20 Bilder wie Fig. 23—33 finden kann, womit die Realität der fraglichen Struktur, sowie ihre Constanz in dem betreffenden Individuum als völlig gesichert anzusehen ist. Auch hier liefert schwache Entfärbung ähnliche Bilder, wie ich sie soeben für die erste Richtungsspindel be- schrieben habe, nämlich ein beträchtliches schwarz gefärbtes Areal an den Polen der Spindel (Fig. 26 und 27). Nur be- steht darin ein auffallender Unterschied, dass nicht eine diffuse, nach innen eontinuirlich abnehmende Färbung auf- tritt, sondern der Farbstoff in ganz compacten, scharf und sehr unregelmässig begrenzten Massen abgelagert ist. Die Form der so entstehenden schwarzen Flecken ist in jedem Ei wieder anders und hängt, wie auch die Grösse, von dem Grad der Extraction ab. Gemeinsam aber ist allen Präparaten die strenge Lokalisa- tion dieses färbbaren Bereichs auf die polare Region der Spindel. Es wäre möglich, dass die Unterschiede zwischen diesen Bildern und dem der Fig. 21 durch verschiedene Conservirung zu er- klären sind, obgleich beide Objekte in ganz gleicher Weise in Pierin-Essigsäure gehärtet wurden. Jedenfalls halte ich es für ganz ausgeschlossen, dass distinete Körper von der Form des schwarz gefärbten Bereiches vorhanden sind; denn erstlich hängt, wie gesagt, Grösse und Form derselben vom Grade der Ent- färbung ab, und zweitens lässt sich, weder im entfärbten Zu- stand, noch mit anderen Färbungsmethoden, irgend etwas nach- weisen, was für die Existenz spezifischer Gebilde spräche. Ganz constant aber bleibt nun bei sehr starker Entfärbung an jedem Pol ein — mit höchst seltenen Ausnahmen — ein- faches, sehr kleines, rundliches Körnchen übrig, welches, gerade wie das entsprechende Korn der ersten Richtungsfigur, niemals am Ende der Spindel, sondern stets in einem gewissen, ziemlich gleichmässigen Abstand von demselben angetroffen wird. Seine exaete Grösse ist schwer anzugeben, da es bei weiterer Ent- färbung kleiner wird und anderseits nicht selten kleine Theile der Umgebung mitgefärbt bleiben (Fig. 29 am inneren Pol). Relativ häufig findet man ein schwarz gefärbtes Fädchen, das 128 Eduärd Fürst: von den beiden Körnern zu den Chromosomen hinzieht (Fig. 32). In den meisten Fällen hatte ich den Eindruck, als endige jedes dieser beiden Fädehen an dem zugekehrten Chromatinstäbehen; doch kamen auch einige Bilder zur Beobachtung, die an ein continuirliches, von einem Korn zum andern ziehendes Fädchen denken liessen. Die fraglichen Strukturen liessen sich in den verschiedenen Stadien der zweiten Richtungsspindel nachweisen; so vor der Drehung des chromatischen Doppelstäbchens (Fig. 28), nach er- folgter Drehung desselben (Fig. 31), endlich während der Be- wegung der Tochterelemente gegen die Pole (Fig. 32). In Fig. 33 ist ein Ausnahmefall abgebildet, der an jedem Pol zwei Körn- chen zeigt. Endlich sei hier noch Fig. 25 erwähnt, welche eine erste Richtungsspindel aus der gleichen Eiröhre kurz vor Abtrennung des ersten Richtungskörpers in etwas schiefer Ansicht darstellt. Sie zeigt die beiden chromatischen Doppelstäbchen bereits be- trächtlich von einander entfernt und neben diesen innerhalb der Spindel zwei schwarz gefärbte Doppelkörner. Die höher gele- genen 2 Körnchen scheinen durch ein äusserst feines Fädchen mit einander zusammenzuhängen, so dass der Gedanke naheliegt, sie seien durch Theilung aus einem einfachen Korn entstanden. Auffallend ist, dass diese beiden Doppelkörner nicht die Pole der Figur einnehmen, sondern ihre Verbindungslinie zur Spindelachse, soweit diese durch die Lage des Chromatins construirt werden kann, einen beträchtlichen Winkel bildet. Präparate wie dieses letzte führen auf die wichtige Frage, wie sich die beschriebenen Körnehen beim Uebergang von der ersten zur zweiten Spindel verhalten. Leider vermag ich darüber keine bestimmte Auskunft zu geben. Die Annahme liegt gewiss sehr nahe, dass die beiden Körner in der zweiten Spindel aus demjenigen entstehen, welches den innern Pol der ersten einnimnit, und dass das Präparat der Fig. 25 ein Stadium dieses Vorgangs repräsentirt. Allein es war mir unmöglich, andere Zwischen- stufen aufzufinden. Obgleich nämlich in dem fraglichen Material noch einige Endstadien der ersten Spindel enthalten sind, finden sich Stadien mit Abschnürung des ersten Richtungskörpers und Ausbildung der zweiten Spindel ungemein selten; und an diesen wenigen war von den Körnchen nichts zu entdecken. ee N En a am u „I. 2 Were Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 129 Ebenso wenig vermag ich die Frage zu beantworten, wo die beiden Körperchen der ersten Spindel herstammen, oder das im Ei verbleidende der zweiten hinkommt. Eine Deutung dieser Bildungen ist deshalb einstweilen sehr schwierig, doch möge eine Vermuthung, die Herr Professor Boveri mir hierüber ausge- sprochen hat, mit dessen Zustimmung hier Platz finden. Schon im Heft 1 der Zellenstudien (pag. 75) hat Boveri auf die Eigenthümlichkeit des Ovoeytenkernes von Ascaris aufmerksam gemacht, dass derselbe aus sich heraus und ohne das Hinzutreten von Centrosomen die Fähigkeit besitzt, eine dicentrische Faser- struetur zu gewinnen, indem er sich zur ersten Richtungsspindel umwandelt; und er betonte, dass sich die Richtungsspindeln der Asearideneier darin „an die Kerne der Protozoen (Nebenkerne der Infusorien)* anschliessen. Seither ist von verschiedenen Seiten (Bütscehli, Lauter- born, R.Hertwig u.a.) die Idee vertreten worden, dass diese zur Spindel metamorphosirten Protozoenkerne in ihrem achro- matischen Theil der Centralspindel, die bei der Theilung vieler Metazoenzellen auftritt, gleich zu setzen seien. Die wich- tigste Stütze für diese Auffassung, die darin gipfelt, in dem Centrosoma einen des Chromatins beraubten Kern zu sehen, hat Mac Farland geliefert, indem er, zum ersten Mal, bei Untersuchung der Richtungskörperbildung in Molluskeneiern (13), die Umwandlung eines Centrosomas in die Centralspindel aufs Genaueste feststellte. Wenn nun bei einem so streng homologen Prozess, wie es die Richtungskörperbildung ist, das eine Mal eine Centralspindel auftritt, welche die Charae- tere eines chromatinlosen Protozoenkernes besitzt, das andere Mal (Ascaris) die ganze Richtungsspindel selbst entschiedene Ver- gleichungspunkte mit einem Protozoenkern darbietet, so liegt ge- wiss die Vermuthung nahe, dass die Richtungsspindel von Ascaris als Ganzes der Centralspindel anderer Zellen entspricht, so dass also das sonst ausserhalb der Centralspindei angeordnete Chromatin hier in ihr selbst liegen würde. In der That ist eine Vergleichung meiner Befunde mit denen von Mac Farland nur geeignet, diese Annahme zu unterstützen. Man vergleiche meine Figuren mit den Figuren 37, 40, 44 von Mae Farland. Dort hat die Centralspindel zwei polare Verdiehtungen, die späteren Centrosomen der zweiten Richtungs- Arch, f, mikrosk. Anat. Bd. 52, 1%) 130 Eduard Fürst: spindel, und in jeder dieser Verdiehtungen ein kleines Korn, das Centralkorn des neuen Centrosoma. Ganz ähnlich zeigen sich die zuletzt beschriebenen Richtungsspindeln von Ascaris. Ist dieser Vergleich zutreffend, so ist demnach das von mir nachge- wiesene Korn nicht ein Centrosoma, sondern nur ein Central- korn, und damit stimmt ja auch vor allem, dass es nicht am Ende der Spindel, sondern im Innern liegt und dass es keine Strahlung erzeugt. Als Centrosoma, wenn man von einem solchen sprechen wollte, wäre vielmehr die ganze Spindel aufzufassen. Richtiger freilich würde es sein, in diesen eigenthümlichen Richtungsspindeln eine Conservirung oder einen Rückschlag auf die uralte Protozoentheilung zu sehen, wo man von Öentrosomen überhaupt noch nicht reden kann. Immerhin zeigen die Richtungsspindeln von Ascaris lumbrieoides (Fig. 34 u. 35, Taf. IX) insofern Qualitäten eines Centrosoma, als sie in manchen Fällen, als Ganzes, das Centrum einer radiären Protoplasmastrue- tur darstellen, ganz ähnlich, wie die Centralspindel im Fall von Mae Farland. Sehr nahe liegt es auf der anderen Seite, an eine Beziehung meiner Befunde zu denjenigen Brauer’s zu denken, der bekannt- lieh das Centrosoma des Ovocyten I. Ordnung bei der Varietät univalens im Innern des Kerns auffand, wo es sich auch in der Regel theilt, so dass dann Bilder entstehen (Fig. 130), die mit den meinigen eine gewisse Aehnlichkeit besitzen. Auch ich habe die beschriebenen Verhältnisse nur bei der Varietät univalens beobachtet. Immerhin sind die Differenzpunkte so erhebliche, dass es vor der Hand unthunlich erscheint, eine Ableitung des einen Verhaltens aus dem anderen zu versuchen. Ich muss mich mit vorstehendem kleinen Beitrag zur Lösung dieser Frage begnügen. Es scheint mir sehr wahrscheinlich, dass es weiteren Forschungen gelingen wird, völliges Licht in das bisherige Dunkel zu bringen; allein die Lösung lässt sich nicht erzwingen. Die wenigen für eine Deutung der Verhältnisse wieh- tigen Fälle, die ich beschrieben habe, fanden sich in den ersten Präparaten, die ich angefertigt habe; in den zahlreichen späteren Serien, die zum Theil in genau der nämlichen Weise behandelt wurden, ist nichts enthalten. Eines scheint mir durch meine Untersuchungen bewiesen zu sein, dass die auffallende Sonderstellung der typischen Rich- Bu ie Ze a ai Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 131 tungsspindeln von Ascaris!) durch die von verschiedenen Seiten ausgesprochene Behauptung, dass Centrosomen vorhanden seien, nicht aus der Welt geschafft wird. Weiter beweisen meine Er- fahrungen mit aller Sicherheit, dass die Constitution der achro- matischen Theilungsfigur bei diesem Objekt sehr verschieden sein kann. So sehr diese Verschiedenheiten einstweilen das Verständ- niss erschweren, so sehr werden sie vielleicht in Zukunft geeig- net sein, die Beziehungen zwischen den verschiedenartigen Typen der indirekten Kerntheilung aufzuklären. Die Anregung zu dieser Arbeit verdanke ich Herrn Professor Dr. Boveri, dem es mir gestattet sei, meinen herzlichsten Dank auszusprechen für seine stetige Unterstützung bei Anfertigung derselben und für das mir in jeder Beziehung bezeugte ausser- ordentliche Wohlwollen. Die Zeichnungen wurden nach Präparaten angefertigt durch den Universitätszeichner Herrn L. Stierhof. Literatur-Verzeiehniss. 1. E. van Beneden, Recherches sur la maturation de l’oeuf, la Fe- condation et la division cellulaire. Bruxelles 1883. 2. E.van Beneden und Julin, La Spermatogenese chez l’Ascaride megaloc&phale. Bulletins de l’Acad&mie royale des sciences, des lettres et des beaux-arts de Belgique. Serie III, Bd. 7. 1884. 3. E. van Beneden und A. Neyt, Nouvelles recherches sur la fecon- dation et la division mitosique chez l’ascaride megaloc£phale. Bruxelles 1887. 4. Boveri, Ueber die Befruchtung der Eier von Ascaris megaloce- phala. Sitzungsberichte der Gesellschaft für Morphologie und Physiologie in München III. 2. Heft. 1887. 5. Derselbe, Ueber den Antheil des Spermatozoon an der Theilung des Eies. Sitzungsbericht der Gesellschaft für Morph. und Phys. in München. Bd. III, Heft 3. 1887. 6. Derselbe, Zellenstudien, Heft 1. Jena 1888. 1) Und das Gleiche gilt gewiss für viele andere thierischen Eier. 16. 17. Eduard Fürst: Derselbe, Zellenstudien, Heft 2. Jena 1888. Derselbe, Zellenstudien, Heft 3. Jena 1890. Brauer, Spermatogenese von Ascaris megalocephala. Archiv für mikrosk. Anatomie. Bd. 42. 1893. Carnoy, La cytodierese de l’oeuf. La cellule Bd. III, Hft. 1. 1886. . Carnoy und Lebrun, La F&condation chez l’Ascaris megalo- cephale. La Cellule Bd. 13, Heft 1. 1897. R. von Erlanger, Beiträge zu Kenntniss der Structur des Proto- plasmas, der karyokinetischen Spindel und des Centrosoms. Arch. für mikr. Anatomie Bd. 49. 1897. F. M. Mac Farland, Celluläre Studien an Mollusken-Eiern. Zool. Jahrbücher Bd. 10. 1897. W. 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Sala, Experimentelle Untersuchungen über Reifung und Befruch- tung der Eier bei Ascaris megalocephala. Archiv für mikrosk. Anat. Bd. 44. 1894. Erklärung der Abbildungen auf Tafel VIII u. IX. Sämmtliche Figuren wurden gezeichnet mit dem Abbe’schen Zeichenapparate, bei Anwendung der Zeiss’schen apochromatischen Immersion 1,30 Num. Apert. und 15mm Acquiv. Brennw., Fig. 1—8 und 21—35 mit Compensations-Ocular 4 und Fig. 9—20 mit Compen- sations-Oeular 6. Fig. Ueber Centrosomen bei Ascaris megalocephala. 153 Tafel VII. 1 und 2. 2 Eier mit Aequatorialplatte der ersten Furchungsspin- del, um die Verschiedenheiten in der Chromatinmenge zu zeigen. . 3—8. Theilungsfiguren in Eiern und Furchungskugeln. Alcohol + 5°/, Eisessig. Eisen-Hämatoxylin. Perenyi’sche Flüssigkeit. Eisen-Hämatoxylin. 3 4 5. Alcohol 70°/,, Bordeaux. Eisen-Hämatoxylin. 6 Pierin-Essigsäure. Bordeaux. Eisen-Hämatoxylin. . 7. Sublimat. Bordeaux. Eisen-Hämatoxylin. '. 8. Pierin-Essigsäure Bordeaux. Eisen-Hämatoxylin. 9—14. Ovogonien in verschiedenen Stadien der Theilung. Sal- petersäure. Eisen-Hämatoxylin. . 15. Spermatocyte. Vorbereitung zur ersten Theilung. Pierin- Essigsäure. Eisen-Hämatoxylin. Bordeaux. 16. Spermatocyte. Vorbereitung zur ersten Theilung. Piecrin- Essigsäure. Eisen-Hämatoxylin. Rubin. . 17. Spermatocyte. Erste Theilungsfigur. Pierin-Essigsäure. Eisen- Hämatoxylin. 18. Spermatocyte. Erste Theilung mit Theilung der Centrosomen. Pierin-Essigsäure. Eisen-Hämatoxylin. 19. Spermatocyte. Vorbereitung zur zweiten Theilung. Perenyi- sche Flüssigkeit. Eisen-Hämatoxylin. 20. Spermatocyte. Zweite Theilung. Perenyi’sche Flüssigkeit. Eisen-Hämatoxylin. 21 u. 22. Erste Richtungsspindel. Picrin-Essigsäure. Eisen-Häma- toxylin. . 23. Erste Riehtungsspindel mit Centrosoma und Strahlung, nur der eine Pol im Schnitt getroffen. Picrin-Essigsäure, Eisen-Häma- toxylin. Tafel IX, 24a u. b. Zweite Richtungsspindel mit Centrosomen und Strah- lung, in a stark, inb schwach entfärbt. Picrin-Essigsäure. Eisen-Hämatoxylin. . 25. I. Richtungsspindel mit getrennten Chromosomen in schiefer Ansicht. Picrin-Essigsäure. Eisen-Hämatoxylin. . 26—33. Zweite Richtungsspindeln. Picrin-Essigsäure. Eisen-Häma- toxylin. 34. Richtungsspindel von Ascaris lumbricoides von der Seite ge- sehen. Picrin-Essigsäure. Eisen-Hämatoxylin. '. 85. Richtungsspindel von Ascaris lumbricoides vom Pol gesehen. Picrin-Essigsäure. Eisen-Hämatoxylin. 134 Ueber Structur und Architectur der Zellen. | I. Mittheilung. Von Prof. 3. Arnold in Heidelberg. Hierzu Tafel X. In der ersten Periode der Zellenlehre wurde die Substanz der Zellen als flüssig, später als „zähweich“ und „homogen“ angesehen. Alle Mittheilungen über feinere Struetur derselben begegneten namentlich bei den histologischen Autoritäten einem Misstrauen, das sich im besten Falle in einer abfälligen Kritik äusserte, wenn es nicht vorgezogen wurde, dieselben zu ignoriren. Die Erfahrung, dass bei der indireeten (mitotischen) Theilung der Kerne diese höchst complieirte Veränderungen ihrer Struc- tur eingehen, hat in dieser Hinsicht Wandel geschaffen. Nach- dem man zur Einsicht gelangt war, dass der Bau der Kerne kein einfacher ist, schien man auch eher geneigt, die gleichen Eigenschaften der Substanz der Zellen zuzutrauen. Die meisten neueren Beobachter gelangten zu dem Ergebniss, dass diese zwar zuweilen „homogen“ erscheine, in Wirklichkeit aber meistens einen zusammengesetzten Bau darbiete. Welcher Art dieser sei, darüber gehen allerdings die Meinungen ziemlich weit ausein- ander. Man pflegt in dieser Hinsicht die Granular-, Fibrillar-, Gerüst-, Netz-, Schwamm-, Wabentheorie und andere Theorien zu unterscheiden. Wie sie alle heissen mögen, sie werden ganz richtig als Theorien angesehen und bezeichnet. Da wir die eigentlichen Formelelemente und deren gegenseitige Beziehnungen nicht kennen, ist es unmöglich, über die Struetur und Architeetur der Substanz der Zellen sich eine befriedigende Vorstellung zu bilden. Wer den Bestrebungen, das „Protoplasmaräthsel“ zu lösen, gefolgt ist, der wird gleich mir zu der Ueberzeugung gelangt sein, dass bei der ausschliesslichen Anwendung der zur Zeit gebräuchlichen Conservirungs- und Tinetionsmittel wichtige Anhaltspunkte über gewisse Structur- nnd Architeeturverhältnisse erreicht werden konnten und erfreulicher Weise erreicht wurden, solche über die eigentlichen Formelemente und deren gegenseitige Beziehungen Ueber Structur und Architeetur der Zellen. 135 schwerlich zu erwarten sind. Wenn auch heute an dem Vor- kommen von „Granula“ Niemand mehr zweifelt, über deren Be- deutung, über ihre Lage und Beziehung zu den übrigen Bestand- theilen der Zelle ist eine Einigung nicht erzielt; dasselbe gilt von den Fibrillen. Die oben angeführte Thatsache, dass wir über so zahlreiche Protoplasmatheorien verfügen, zeigt am sicher- sten an, wie weit wir von der Lösung des „Protoplasmaräthsels“ noch entfernt sind. Derartige Erwägungen, insbesondere aber das Bestreben, über die Natur der „Zellgranula“, ob sie wichtige Bestandtheile des Körpers der Zelle oder nur „Einschlüsse“ darstellen, sowie über ihre Lage zu den anderen Zellbestandtheilen Aufschlüsse zu gewinnen, waren für mich bestimmend, andere Methoden als die bisher gebräuchlichen, nämlich diejenige der Isolirung, zu versuchen. Ich verzichte auf eine Mittheilung der Misserfolge und begnüge mich damit, hervorzuheben, dass ich bei der An- wendung von Jod-Jodkalilösungen sehr befriedigende Resultate erhielt). Kleine gut schliessende Gläser werden mit diesen ge- füllt und dann möglichst kleine Gewebspartikelchen eingelegt. Wird die Flüssigkeit nach einiger Zeit heller, fügt man wieder einen Tropfen eoncentrirte Jod-Jodkalilösung hinzu. Ich habe mittelst dieser Methode Blut, Knochenmark, Haut, Schleimhäute, seröse Häute, sowie verschiedene Epithelien, Leber, Nieren, Rückenmark, glatte und quergestreifte Muskeln untersucht. All- gemein giltige Regeln lassen sich für diese Gewebe nicht geben. Sind diese locker gefügt und hat man sehr kleine Stückchen eingelegt, so kann man sofort mit der Untersuchung beginnen; eompactere Gebilde brauchen 12—48 Stunden und länger, bis ein- zelne Zellen isolirt werden; sehr lange Zeit (4—-8 Tage) und öfteres Umschütteln ist erforderlich zur Isolirung der querge- streiften Muskeln und der Ganglienzellen im Rückenmark. Bei allen Geweben möchte ich die Untersuchung nach kurzer und längerer Einwirkung schwacher und stärkerer Lösungen dringend empfehlen 2). — Solche Objeete können, wenn wünschens- 1) Bei der Herstellung derselben verfahre ich so, dass ich zu 10 T. einer 10°/, Jodkalilösung 5—10 Tropfen eines Gemenges, welches in 100 gr Wasser 10 gr Jodkali und 5 gr reines Jod enthielt, hinzufüge. 2) Die Jod-Jodkalimethode ist wegen ihrer Einfachheit und Leistungsfähigkeit auch für histologische Curse verwerthbar. 136 J. Arnold: wert, auch noch mit anderen Reagentien behandelt werden. Man lässt die isolirten Gewebstheile sedimentiren, indem, wenn erforderlich, mit der Centrifuge nachgeholfen wird, giesst die darüberstehende Flüssigkeit ab und fügt 1°/, Osmiumsäure oder For- mol (4°/,) hinzu; nach 24 Stunden werden diese Flüssigkeiten durch Alkohol von steigender Concentration ersetzt. Die Färbung mit concentrirter wässriger Eosinlösung lässt sich im Gläschen oder auf dem Objeectenträger vornehmen. Ein Tropfen des in dieser oder jener Weise behandelten Gemenges wird auf den Objeetenträger gebracht und mittelst eines unterlegten Deckglases, dessen Ränder durch Wachs eingerahmt werden, eingeschlossen. Es können aber auch Trockenpräparate hergestellt werden, in- dem man möglichst dünn auf einem Deckglas ausgebreitete Schiehten an der Luft trocknen lässt, mit wässrigen Lösungen von Eosin, Eosin-Hämatoxylin oder Fuchsin färbt, rasch abspült, wieder trocknet und in dickem Canadabalsam einbettet. Im Allgemeinen sind aber die feuchten Präparate vorzuziehen, weil an ihnen nicht nur die Fornıelemente, sondern auch die Zusammensetzung der Zellen und Zellenbruchstücke aus diesen, sowie gewisse Structurverhältnisse der Kerne nachweisbar sind; dagegen eignen sich die Trockenpräparate besser zu Versuchen, die Formelemente mit verschiedenen Farbstoffen zu tingiren, sowie insbesondere zur Darstellung der in ihnen enthaltenen Körner. Ueber die Befunde an denLeueoeyten undKnochen- markzellen habe ich schon früher!) Rechenschaft abgelegt ; ich muss aber an dieser Stelle einige ergänzende und berich- tigende Zusätze machen. Bei meinen ersten Versuchen war ich so verfahren, dass ich mittelst eines Glasstabes Stückehen des Markeylinders aus dem knöchernen Schaft des Oberschenkels (junger Kaninchen) herausschob, kleine Stückchen des ersteren mit der Scheere abtrug und in 10°/, Jodkalilösung einlegte. In dieser quillt das Knochenmark rasch auf und wird gallertig. Schon nach 12 Stunden sind die Zellen ziemlich gut isolirt; man sieht deutlich netzförmig angeordnete Fäden im Kern, welche zum Theil an die Kernwand sich ansetzen und feinere sowie gröbere Körner führen. Bei längerer Einwirkung wird der Kern liebter, blasig und tritt zuweilen aus der Zelle hervor; nicht 1) J. Arnold, Ueber die feinere Struetur der hämoglobinlosen und hämoglobinhaltigen Knochenmarkzellen. Virchow’s Archiv Bd. 144, 1896. | | | | CHOR VEN Ueber Structur und Architectur der Zellen. 137 selten lösen die Kerne sich auf, die gröberen Fäden werden auf diese Weise frei und zerfallen später in Körner. Aehnliche Ver- änderungen vollziehen sich auch an der Substanz der Zelle. Nach einiger Zeit treten einzelne Fäden und Körner über die Zellgrenze vor. Weiter kommt es zur Befreiung ganzer Systeme von Fäden, welche eine sehr verschiedene Länge, Dieke und Liehtbrechung besitzen (Taf. X, Fig. 2). Auch die in ihnen eingebetteten Körner besitzen eine wechselnde Grösse und Licht- brechung. Sehr häufig erscheinen die Fäden als aneinander ge- reihte Körner. Derartige Verbindungen haben aber nicht nur in einer sondern in mehreren Richtungen statt, ja es scheinen Kreuzungen von solchen Systemen vorzukommen (Taf. X, Fig. 1 und 5). Der zu starken Quellung des Gewebes und dem zu raschen Zerfall der Zellen kann man durch Zusatz von Jod vorbeugen. Man erhält weniger den Eindruck von Fäden, welche Granula führen, sondern mehr von aneinander gereihten Form- elementen, die ich vorläufig als Plasmosomen bezeichnen will. Zum Theil ist das Bild insbesondere längerer Fäden dadurch entstanden, dass die die Körner umhüllende und verbindende Substanz in Folge der Quellung in die Länge gezogen worden ist. Selbstverständlich soll damit nieht gesagt sein, dass alle Fäden in dieser Weise entstehen und solche überhaupt nicht vorkommen. Der Befund von fädigen Gebilden in überlebenden und nach ver- schiedenen Methoden conservirten Knochenmarkzellen und Leuco- eyten ist in dieser Hinsicht zu berücksichtigen. An den mittelst Jod-Jodkalilösungen isolirten Zellen und Zellbruchstücken erscheinen die Plasmosomen als rundliche, sphä- rische oder mehr stäbehenförmige Gebilde, die gewöhnlich Körner von wechselnder Grösse und Liehtbrechung einschliessen (Taf. X, Fig. 1—5). Manchmal unterscheidet sich das central gelegene Korn, für welches ich die Bezeichnung Innenkörperchen!) vor- schlagen möchte, nicht wesentlich von der umschliessenden Sub- stanz, sodass es namentlich wenn es klein ist, selbst an solchen Präparaten schwer sich nachweisen lässt. Anderema! heben sich die Körner von der übrigen Substanz der Plasmosomen durch andere Lichtbreehung deutlich ab (Fig. 1—3). Die Grösse dieser in den Plasmosomen gelegenen Körner ist eine sehr wechselnde 1) Man könnte demselben den Namen Endosomation oder kurz Somation beilegen. 138 ISA ON: nicht nur an verschiedenen Zellen, sondern auch an verschiedenen Stellen der gleichen Zelle und bei untereinander verbundenen Plasmosomen. Grosse und kleine, stark und schwach licht- brechende Körner wechseln mit einander ab. Von sehr vielen Plasmosomen treten theils feinere, theils diekere, bald längere, bald kürzere Fortsätze von 2 oder mehr Seiten ab, durch welche die ersteren untereinander und zwar in verschiedenen Richtungen in Verbindung treten. Sie erscheinen dann als durch fädige oder stäbehenförmige Bindeglieder vereinigte Gebilde oder aber es findet eine Verschmelzung der Art statt, dass man die einzelnen Plasmosomen nieht mehr unterscheiden kann; auf diese Weise entsteht das Bild von länglichen Stäbehen und Fäden. Nicht selten nehmen die in den Plasmosomen enthaltenen Innenkörper eine so beträchtliche Grösse an, dass die umgebende Substanz nicht mehr nachweisbar ist und die Innenkörper kettenartig an einander gereiht erscheinen. Die geschilderten Verbindungen ge- schehen in den verschiedensten Richtungen und es entstehen so die Bilder von Fäden und Maschen, die man nicht nur in ver- schiedenen Zellen, sondern auch an verschiedenen Stellen der gleichen Zelle findet, so dass an diesen bald eine fädige, bald eine maschige oder spongiöse Architeetur zum Ausdruck gelangt. Zu- weilen hatte ich den Eindruck, als ob diese Systeme von Plas- mosomen sich durchkreuzen und so eine gerüst- oder gitterartige Anordnung annehmen könnten; zu einem sicheren Resultat zu ge- langen, ist aber sehr schwer, weil es selbst an solchen isolirten Theilen der Zellsubstanz sich nicht leicht entscheiden lässt, ob sie über einander liegen oder sich nur berühren. Die eben her- vorgehobene Verschiedenheit der Architeetur kann man an den Zellen nicht nur in den späteren Phasen des Zerfalls, sondern auch ehe sie in ihre Formelemente sich zerlegen, ja selbst an ganz frischen Objeeten wahrnehmen. Die Zwischenräume zwischen den Systemen vereinigter Plas- mosomen sind gewöhnlich sehr eng und mit einer Iıyalinen Sub- stanz gefüllt, welche offenbar, wenigstens zum Theil, durch die Jod-Jodkalimischung gelöst wird; wenigstens ist sie meist nur an denjenigen Stellen zu finden, an welehen noch zusammenhängende Plasmosomensysteme vorhanden sind. An Trockenpräparaten, welche mit concentrirten wässrigen Lösungen von Fuchsin ge- färbt wurden, treten manche Innenkörper sehr scharf hervor und Ueber Structur und Architeetur der Zellen. 139 heben sich deutlich gegen die Umgebung ab, andere weniger. Einzelne Körner werden durch Osmium geschwärzt. Ob die Innenkörper gleichartig gebaut oder ob Mitte und Peripherie ver- schieden beschaffen sind, darüber kann man nur Vermuthungen hegen. Ich will in dieser Hinsicht nur bemerken, dass das Cen- trum der Körner zuweilen eine andere Lichtbrechung zu besitzen scheint, wie die Peripherie, so namentlich an Trockenpräparaten, welehe in diekem Canada eingebettet wurden, und dass die Kör- ner manchmal eher als Ringe sich darstellen. Daraus weitere Schlüsse zu ziehen, wäre verfrüht; immerhin sind diese Thatsachen bemerkenswerth. Als Formelemente der Zellsubstanz der Leucoeyten und Knochenmarkzellen haben wir Plasmosomen kennen gelernt, welche durch fädige oder stäbehenförmige Fortsätze unter einander zu Systemen von bald fädiger, bald netzförmiger oder spongiöser Archi- teetur vereinigt sind. Die Plasmosomen umschliessen Körner — Innenköperchen (Somatien) —, welche je nach der Anordnung der umhüllenden Substanz und ihrer wechselnden Grösse in grösseren Abständen von einander aufgestellt oder dicht an einander ge- reiht sind. Die Lücken zwischen den Plasmosomensystemen sind mit einer hyalinen Substanz ausgefüllt; man könnte sie im Gegen- satz zu den Plasmosomensystemen — dem Protoplasma — als Paraplasma!) bezeichnen. Je nach der gegenseitigen Anordnung der Plasmosomen und der zwischen ihnen gelegenen Substanz ist die Architeetur eine wechselnde. Bezüglich der Kerne wurde oben erwähnt, dass sie ein eomplieirtes System von Fäden und Körnern enthalten, welche an der Kernwand sich ansetzen. Was die Beziehung der Karyo- somen zu den Plasmosomen anbelangt, so verweise ich auf die früheren Mittheilungen, in welcher die Arbeiten Flemming's, 1) Die Bezeichnung Paraplasma ist von Kupffer für die peri- pheren Schichten der Zellsubstanz in Vorschlag gebracht; dieselbe scheint mir für die zwischen den Plasmosomensystemen gelegene Sub- stanz treffend und schwer durch eine andere zu ersetzen. Das Wort „Granulum“ ist ursprünglich von Ehrlich für leblose Stoffwechsel- producte und sonstige im Protoplasma eingelagerte Substanzen ver- wendet worden. Da es sich in den Plasmosomen um wichtige Form- bestandtheile und Einrichtungen der Zelle handelt, scheint es mir nicht sachentsprechend, sie Granula zu nennen. — Dazu kommt, dass die von Altmann beschriebenen Granula nur einem Theil, vielleicht nur einer Art oder einem Punctionszustande der Zellmierosomen entsprechen. 140 J.. Arnold: Heidenhains, Reinke's u. A. eingehende Berücksichtigung gefunden haben. Die rothen Blutkörperchen des Frosches zeigen bei der Behandlung mit solchen Jod-Jodkalilösungen ein sehr verschiedenes Verhalten. Manche sind ganz homogen und ent- sprechend ihrem Hämoglobingehalt mehr oder weniger intensiv gefärbt. Andere haben ihr Hämoglobin ganz oder theilweise verloren und erscheinen feingekörnt. Zwischen den Körnern sind Fädehen bald nachweisbar, bald werden sie vermisst (Taf. X, Fig. 4a und b). Ich darf auch in dieser Hinsicht auf meine früheren Mittheilungen !) verweisen und will an dieser Stelle nur noch erwähnen, dass auch Leydig, Frommann, Pfitzner, Auerbach, Altmann?) und Bütschli?) an der Substanz der rothen Blutkörper feinere Structuren beobachtet haben. Durch den Nachweis dieser wird die unter verschiedenen Verhältnissen erfolgende Ausstossung von „Körnern“ (l. e.) verständlich. Es sind ferner die rothen Blutkörper ein bemerkenswerthes Beispiel dafür, dass die Substanz der Zellen, auch wenn sie „homogen“ erscheint, complieirte Bauverhältnisse besitzen kann. Dasselbe gilt von den rothen Blutkörpern der Warmblüter (Kaninchen) (Taf. X, Fig. 4 e. d.e.). Auch sie bieten ein sehr verschiedenes Verhalten den Jod-Jodkalilösungen gegenüber dar. Während die einen nur wenig verändert erscheinen und ihrem Hämoglobingehalt entsprechend dunkel gefärbt sind, ent- halten die anderen nur wenig oder kein Hämoglobin, dagegen feine Körnehen und Fädchen®). Wiederum andere stellen sich als Blutkörperchenschatten von wechselnder Grösse dar, deren Wandschichten punktförmige Verdiekungen darbieten. 1) J. Arnold, Die corpusculären Gebilde des Froschblutes und das Verhalten bei der Gerinnung. Virchow’s Archiv Bd. 148. 1897. 2) Altmann, Die Elementarorganismen. Leipzig 1894. 3) Bütschli, Untersuchungen über mikroskopische Schäume und das Protoplasma. Leipzig 1892, daselbst die Literatur. 4) Bettmann hatin seiner Habilitationsschrift „Ueber den Ein- fluss des Arseniks auf das Blut und Knochenmark des Kaninchens“ den Einfluss der Jod-Jodkalilösungen auf die rothen Blutkörper ein- gehend beschrieben und die Verwerthbarkeit dieser Methode bei den Untersuchungen des Blutes unter normalen und pathologischen Verhält- nissen ausführlich erörtert; ferner J. Arnold, Zur Morpholog. u. Biolog. d. roth. Blutk., Virchow’s Archiv Bd. 145. 1896 u. zur Morpholog. d. extravascul. Gerinnung, daselbst Bd. 150. 1897. Ueber Strucetur und Architeetur der Zellen. 14] Ein ausgezeichnetes und zu Protoplasmastudien vielfach verwandtes Object sind die Leberzellen. Nachdem schon Pflüger einer fibrillären Struetur Erwähnung gethan hatte, wurde von Kupffer eine complieirtere Structur für dieselben nachgewiesen. Es folgten dann die Mittheilungen von Klein, J. Arnold!), Heitzmann?), Flemming®), Altmann), Bütsehli°) u. A., welche je nach ihrem Standpunkte den Leber- zellen einen fibrillären, netzförmigen, wabigen oder granulären Bau zuschrieben. Besonders eingehend berichtet Altmann über diese Verhältnisse bei der Froschleber. Er bezeichnet als das wichtigste Ergebniss seiner Untersuchungen die Thatsache, dass die Zellfäden der Esculentenleber aus Granulis hervorgehen, die ersteren somit nicht das Grundelement des Protoplasma sein können. Ferner macht er auf den Wechsel der Struetur bei der Hungerleber und der Fütterungsleber aufmerksam. Auch bei der Anwendung der Jod-Jodkalilösungen haben sich die Leberzellen (Kaninchen) als ein sehr geeignetes und interessantes Objeet bewährt; sei es dass man kleine Substanz- mengen von der Schnittfläche abschabt, sei es dass man die Iso- lirung der Leberzellen an kleinen Stückehen im Glas vorgenom- men hat. — Untersucht man Leberzellen sofort, nachdem sie mit der Jod-Jodkalimischung in Berührung gekommen sind, so er- scheinen die Zellen zunächst noch wenig verändert (Taf. X, Fig. 7 und 8). Der manchmal durch eine helle Zone von der Substanz der Zelle getrennte Kern bietet einen höchst complieir- ten Bau dar; er enthält zahlreiche Körner und Fäden, welch’ letztere an die Kernwandschicht herantreten, so dass diese selbst mit solehen Gebilden durchsetzt erscheint. Auch aussen an der Kernwand inseriren sich Fäden, wie man sich an isolirten Kernen überzeugen kann. Zuweilen sieht die Kernwandschicht gestreift aus. Da durch Fäden, welche über den Kern weg ziehen, eine solehe Zeiehnung vorgetäuscht werden kann, ist es schwierig, über diesen Punkt ein sicheres Urtheil zu gewinnen. Sehr be- 1) J. Arnold, Ueber feinere Structur der Zellen unter normalen und pathologischen Bedingungen. Virchow’s Archiv Bd. 77, 1879; da- selbst die ältere Literatur. 2) Heitzmann, Microscopieal Morphology. New-York 1883. ö) Flemming, Zellsubstanz ete. Leipzig 1582. 4) Altmann, Elementarorganismen. 2. Aufl. Leipzig 1594. 5) Bütschli, Microscop. Schäume ete. Leipzig 1592, 142 J. Arnold: merkenswerth ist der Wechsel in der Struetur und Architeetur der Zellsubstanz. Die einen Zellen bestehen der Hauptsache nach aus dunklen glänzenden Plasmosomen, welche faden- oder gerüst- förmig aneinander gereiht sind (Fig. 9). Andere Zellen enthalten zwischen Systemen dunkler -Plasmosomen, welehe bald unter einander zusammenhängen, bald von einander getrennt sind, lichte Plasmosomen (Fig. 7 und 8). Sehr häufig erscheint die Peripherie der Zellsubstanz mehr gleichartig oder lässt nur andeutungsweise körnige Struktur erkennen, während die eireumnucleären Zonen Plasmasomen in verschiedener Anordnung enthalten, welche nach aussen spärlicher werden; auf diese Weise wird ein allmählicher Uebergang von den inneren durch die mittleren zu den äusseren Zonen vermittelt. Ist es zur Isolirung der Plasmosomen gekommen, so erhält man ähnliche Bilder wie bei den Leucoeyten und Knochenmark- zellen; auch hier zeigen die einzelnen Plasmosomen wechselnde Form, Grösse, Liehtbrechung und gegenseitige Gruppirung (Fig. 5 und 6). Ausserdem aber trifft man bläschenförmige Gebilde, von denen die einen durch Verschmelzung von Plasmosomen entstan- den zu sein scheinen, während die anderen vielleicht vaecuolisirte Plasmosomen darstellen (Fig. 5). Beiden ersteren sind in den Wänden kleine Körner enthalten; an den letzteren dagegen lassen sich solche nicht erkennen. Man darf diese Bläschen nicht mit ver- änderten rothen Blutkörpern und Blutkörperchenschatten ver- wechseln, welche in solchen Objeeten immer in grosser Menge vorhanden sind; sie unterscheiden sich von ihnen durch die ge- ringe Grösse, da sie durchschnittlich nur 1—2 mm messen. Mit der Frage der Struetur der Leberzellen steht eine andere in innigem Zusammenhange: ich meine diejenige nach der Beziehung der Leberzellen zu den Gallen- und Bluteapillaren. Auf Grund der Beobachtung Hering's, Kupffer’s und Pfeiffers, dass bei der Injeetion der Gallencapillaren die Masse in die Leberzellen eindringt, ist man zu der Vorstellung gelangt, dass sich die Galle zunächst in der sog. Secretvacuole der Leberzelle sammle und von da in die Gallencapillaren ab- fliesse. Nachdem schon Popoff, Affanasiew, Krause und Marchand auf die Existenz eines intracellulären Netzwerks hingewiesen hatten, wurde von Nauwerk!) bei ieterischen 1) Nauwerk, Leberzellen und Gelbsucht. Münchener med, Wochenschrift 1894; daselbst Literatur. Ueber Structur und Architeetur der Zellen. 143 Lebern ein Kanälchennetz wahrgenommen, welches mit den um- gebenden Gallencapillaren in offener Verbindung stehen soll. — Andererseits haben Asp, Fraser und Nauwerck bei der Injeetion von den Blutgefässen aus die Injeetionsmasse in die Leberzelle eintreten sehen. — Ferner sei noch erwähnt, dass bei der sog. hämatogenen Siderosis mittelst der Eisenreaction Körner, Fädehen und grössere blaue Punkte in den Leberzellen von mir beobachtet wurden !). — So innig diese Fragen mit derjenigen der Struetur der Leberzellen zusammenhängen, so vorsichtig wird man in der Folgerung von Schlüssen sein müssen. Ob wirklich in den Leberzellen besondere Einrichtungen und, wie manche meinen, mit selbstständiger Wand ausgestattete Kanälchen existiren oder ob diese vermeintlichen Kanälchen niehts anderes sind als die zwischen den Plasmosomen ausgesparten Systeme von Räumen, deren Anordnung je nach den Stoffwechselvorgängen und Er- nährungsstörungen sich ändert, darüber ist eine Entscheidung zur Zeit nicht möglich. In der Lehre von der feineren Structur der Nieren erwies sich die Entdeekung der Stäbchen durch Heidenhain und diejenige des sog. Bürstenbesatzes durch Nussbaum als beson- ders bedeutungsvoll; allerdings vertreten Boehm, Davidoff und Landauer?) neustens die Anschauung, dass die Stäb- chen Längsfalten entsprechen. Nach Disse wären die Heidenhain’schen Stäbehen und der Bürstenbesatz keine beständige, sondern von den Seeretionsvorgängen abhängige Gebilde. Rothstein fand, dass in den Nierenepithelien die Fäden der filaren Substanz von der Basis der Zelle nach der freien Oberfläche ziehen und durch wenige querverlaufende Fäden ver- bunden sind. In diesen Fäden liegen Körnchen eingebettet, welche sich bald einander nähern, bald von einander entfernen, weshalb die Zellen stets ein anderes Bild zeigen. — Eine Beziehung der Stäbehen zu dem Bürstenbesatz leugnen die Einen (Tornier?), 1) J. Arnold, Staubinhalation. 1885 Leipzig. S. 188. 2) Landauer, Ueber die Struetur des Nierenepithels. Anat. Anz. Bd. X. 1895, daselbst die Literatur. 3) Tornier, Ueber den Bürstenbesatz der Drüsenepithelien. Arch, f, mikrosk. Anatom. Bd. 28. 1886. 144 JJArnotd: Lorenzt), behaupten die Anderen (Kruse?), Oertel?). — Seit Altmann hat man dann den Granula der Nierenepithelien ein- gehende Beachtung geschenkt und deren Verhalten unter nor- malen und pathologischen Verhältnissen geprüft (Zoja®), Israel°), Schilling‘), Cesaris-Demel’) Galeotti®), Ribbert’) u. A.) Auch die Nierenepithelien (Kaninchen) zeigen bei der An- wendung der Jod-Jodkalilösungen eine sehr wechselnde Struetur und Architeetur der Kern- und Zellsubstanz. Der Bau der Kerne ist gewöhnlich ein sehr complieirter und. die Beziehung seiner Fäden zur Kernwandschicht eine verschiedene; bald erscheint (die letztere punetirt oder gestrichelt, weil sich viele Fäden von aussen und innen ansetzen, bald lassen sich solehe Zeichnungen nicht nachweisen. Die eireumnucleäre Schichte enthält auch hier namentlich an der oberen Seite glänzende Plasmosomen in srösserer Zahl als die übrige Zellsubstanz, in welchen oft sehr feine, blasse, längsgerichtete Plasmosomensysteme zu erkennen sind (Fig. 10a und b). Der Saum erscheint bald homogen, bald fein gestrichelt; manchmal glaube ich eine Fortsetzung der in der Zelle verlaufenden Längsstreifen in den Saum hinein wahr- genommen zu haben. — Nach der Isolirung der Plasmosomen bieten diese ähnliche Bilder dar, wie bei den beschriebenen Zell- formen; nur sind sie meistens feiner und die Innenkörperchen 1) Lorenz, Untersuch. über den Bürstenbesatz ete. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 15. 1889. 2) Kruse, Ein Beitrag zur Histologie der gewundenen Harn- kanälchen. Virchow’s Archiv Bd. 109. 3) Oertel, Ueber die Bildung des Bürstenbesatzes ete. Arch. f. mikroskop. Anat. Bd. 29. 1887. 4) Zoja, Anatom. de plastidul. fucsinofil. Arch. ital. d. biolog. Bd. XI. 5) Israel, Die anatomische Necrose der Nierenepithelien. Vir- chow’s Arch. Bd. 123. 1891. 6) Schilling, Das Verhalten der Altmann'schen Granula etc. Virchow’s Archiv Bd. 125. 1594. 7) Cesaris-Demel, De la rapid apparition de la graisse dans les infaretus renaux; Arch. de biolog. ital. Bd. '24. 1895. 8) Galeotti, Ueber die Granulationen in den Zellen, international. Monatsschr. f. Anatom. Bd. 12. 1895. 9) Ribbert, Die normale und pathol. Anatomie der Niere, Biblioth. med. 1896. Ueber Struetur und Architeetur der Zellen. 145 weniger deutlich. Auch in den Nierenepithelien trifft man bläs- chenförmige Gebilde. Manche Innenkörper stellen sich als Ringel- chen dar mit verschiedener Lichtbrechung an der Peripherie und im Centrum. Anden Cylinderepithelien des Magens undDar- mes haben schon viele Beobachter (Heidenhain, Wittich, Tanhofer, Frenzel, Bütschli, Paneth u. A.) eine feinere als Längsstreifung sich darstellende Structur beschrieben. Nach Galeotti!) sind solche sog. Filamente, wie die Unter- suchung der lebenden Zelle lehrt, Protoplasmastränge, welche die ganze Länge der Zelle durchziehen und sich an einigen Stellen verbinden, so dass sie gleichsam Netze mit sehr langen Maschen bilden. In den sehr dünnen Zellen hungernder Thiere liegen diese Filamente sehr dieht; nach der Nahrungsaufnahme ent- fernen sie sich von einander; die Maschen erweitern sich und der Durchmesser der Zelle nimmt zu. Der Bürstenbesatz (Tor- nier, van @ehuchten) soll aus viel diehterem Protoplasma bestehen, als der Rest der Zelle, aber nicht aus Stäbchen. Schliesslich erwähnt Galeotti noch den Befund von Körnchen zwischen Saum und Zellsubstanz, die er für Stoffwechselproducte des Kerns und Cytoplasma hält; sie sollen ausgestossen werden, ohne einem andern Zweck zu dienen. Bei der Untersuchung der Darmepithelien (Frosch) verfuhr ich so, dass ich den ganzen Darm nebst Mesenterium heraus- schnitt und geschlossen in. Jod-Jodkalilösung einlegte. Nach 12 Stunden öffnete ich den Darm und entfernte das Epithel durch vorsichtiges Absechaben. Nach Zusatz eines Tropfens wässriger coneentrirter Eosinlösung wurde das Objeet in der oben ange- gebenen Weise eingeschlossen. Die bald sehr schmalen, bald breiteren Epithelzellen enthalten eomplieirt gebaute Kerne, deren Fäden wechselnde Beziehung zur Kernwandschicht aufweisen. Die eireumnueleäre Schicht der Zellsubstanz, insbesondere die an der oberen Seite gelegene, enthält glänzende Plasmosomen und Körner. In der übrigen Zellsubstanz sind die ersteren bald blasser, bald dunkler, in ihnen manchmal nur spärliche, ander- mal zahlreichere glänzende Körner vorhanden. Bieten die Plas- 1) Galeotti, l. e., daselbst Literatur. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 52, 10 146 J. Arnold: mosomen mehr eine Anordnung in der Längsrichtung dar, dann erscheinen die Zellen mehr längsgestreift, während sie in anderen Fällen eine mehr netzförmige oder spongiöse Architeetur besitzen. Dasselbe gilt von dem Saum, der, wenn er nicht. vollständig homogen ist, längsstreifige oder netzförmige Zeichnung darbieten kann. Körnchen an der unteren Fläche des Saumes habe auch ich beobachtet, ob sie im Sinne Galeotti’s zu deuten sind, wage ich nicht zu entscheiden. Nach Heidenhain!) liegen an dieser Stelle die Uentrosomen. An den Wimperepithelien sind gleichfalls schon seit längerer Zeit feinere Structuren bekannt. Ich sehe ab von dem Bau des Wimperapparates selbst, wie er durch die Untersuchungen Marchi’, Eberth's, Eimers, Kleins, Nussbaum’s Hatschek’s, Gaule's, sowie insbesondere Engelmanns und Frenzel’s aufgedeckt wurde. — Ich wollte nur darauf hinweisen, dass man auch an den nach der Jod-Jodkalimethode isolirten Zellen manche dieser Structuren wahrnehmen, und dass deren Anwendung wegen ihrer Einfachheit namentlich zu Curszwecken sehr empfohlen werden kann. Ich verfahre dabei so, dass ich die Froschzunge nebst dem Unterkiefer herausschneide und das Präparat für einige Zeit in die Flüssigkeit lege. Sehr bald wird die Zunge mit einer dieken glasigen Schleimschicht bedeckt, von der man ein Tröpfehen abhebt, mit wässriger Eosin- lösung färbt und dann eindeckt. — Zunächst fällt auch an den Wimperepithelien der complieirte Bau der Kerne und der eireum- nucleären Schichte namentlich an der oberen Seite auf (Taf. X, Fig. 11a). Zahlreiche Fäden setzen sich an der Kernwand- schichte von innen und aussen an, so dass diese punctirt und gestrichelt erscheint. Da die die Kerne umschliessenden Schichten der Zellsubstanz bei den Wimperepithelien sehr dünn sind, dürfen diese zu der Untersuchung der Beziehung der Plasmosomen und Karyosomen zur Kernwandschicht als besonders geeignet bezeichnet werden. Dessenungeachtet ist es auch hier nicht möglich, zu entschei- den, ob die Fäden die Kernwandschichte wirklich durchsetzen oder ob durch Gebilde, welche in dieser gelegen sind, die Beziehung zwischen intra- und eireumnucleären Mierosomen vermittelt wird. 1) M. Heidenhain, Centralkörperpräparate. Anat. Anz. Bd. XU Suppl. 1896. Ueber Structur und Architeetur der Zellen. 147 Dass Beziehungen bestehen, das allerdings dünkt mir zweifellos !). — Sehr häufig nimmt man an den Wimperepithelien eine Längs- streifung wahr, welche sich continuirlich in den Wimpersaum fortzusetzen scheint. Erwähnen will ich noch, dass die Wimpern später körnig zerfallen. Ich meine damit nicht die Körnchen, welehe am Ende der Wimpern auftreten und schon mehrfach be- schrieben sind. An solehen Präparaten trifft man immer eine grössere Zahl von Becherzellen mit verschieden grossen vacuolären Räumen, welche theils körnige, theils lichte Massen enthalten und sehr häufig von einem System dunkler, glänzender, gekörnter Fäden durchzogen werden (Taf. X, Fig. b und ec). — Es liegt mir fern, in die Erörterung der Frage einzutreten, ob die Becher- zellen als präformirte Gebilde angesehen werden müssen oder aus einer Metamorphose der anderen Epithelien hervorgehen, ob sie nach erfolgter Abscheidung von Secret theilweise oder voll- ständig zu Grunde gehen und wie sie wieder ersetzt werden. Auch auf eine Erörterung der Seeretionsvorgänge, wie sie an den Becherzellen beschrieben sind, muss ich verziehten. Nur darauf möchte ich hinweisen, dass die oben erwähnten Fadennetze nicht als Gerinnungsproducte aufgefasst werden dürfen; dagegen spricht ihr ganzes Verhalten, insbesondere aber ihr Zusammenhang mit den eircumnucleären Plasmosomensystemen, welche gewöhnlich an der Umwandlung in Schleim nicht Theil nehmen; wenn es eine partielle Regeneration der Zellsubstanz gibt, so geht die- selbe vielmehr meiner Ueberzeugung nach von diesen eireum- nucleären Schichten aus. OÖberhautepithel. Die Mittheilungen Frommann's, Hensen’s, Eimer's, Heitzmann's, Mayzels, Flem- ming’'s, Klein’s u. v. A., denen zufolge die Epithelien der Oberhaut eine fädige Zeichnung besitzen, sowie der von Schroen, Bizzozero,M. Schultze, Ranvier u. A. geführte Nachweis, dass die Epithelien der Haut stachelförmige Fortsätze besitzen, haben die Lehre von der eomplieirten Struc- tur dieser Gebilde begründet. Eine neue Anregung hat dieselbe 1) Ich bitte in dieser Hinsicht meine früheren Ausführungen (Ueber die feinere Struktur der hämoglobinlosen und hämoglobinhaltigen Knochenmarkzellen. Virchow’s Archiv Bd. 144, S. 74) zu vergleichen, 148 J. Arnold: erfahren durch die Entdeckung der sog. Protoplasmafasern (Blaschk o, Herxheimer,. Kromayer ‚«Bemek®& Reinke, von der Strieht u. A.) — Die zur Zeit gang- baren Streitfragen sind die, ob die in den Intercellularräumen gelegenen Verbindungsbrücken wirkliche Fortsätze der Zellen, bezw. deren Membranen (Thoma, Key, Retzius, Flem- ming, Pfitzer, Klein, Unnan. v. A.) oderobeersb der Ausdruck einer Vacuolisirung der zwischen den Zellen ge- legenen Grenzschichte anzusehen sind (Schulze)! Es wäre noch hinzuzufügen, dass Manche die an den Hornzellen zur Dar- stellung gebrachten Reliefs als den rudimentären Stachelpanzer ansehen (Rausch) ?). Legt man die Haut des ausgewachsenen Frosches für 24 Stunden in Jod-Jodkalilösung, so lässt sich nach dieser Zeit die ganze Epithelschicht als zusammenhängende Membran abheben. Es isoliren sich dann sehr leicht die in den tieferen Schichten gelegenen Zellen, von denen die untersten eine rundliche oder eckige Form darbieten, sehr eomplieift gebaute Kerne und theils fädige, theils körnige Substanz enthalten, von der sich einzelne Plasmosomen und Haufen solcher ablösen. An isolirten Kernen hängen häufig kleine Fädehen und Körner. Dazwischen treten Zellen auf, welche am Rand deutlich gezackt sind und eine eigen- thümliche Pnnetirung oder Streifung der Zellsubstanz besitzen (Taf. X, Fig. 12). Die in den mittleren Schichten enthaltenen Zellen sind grösser, haben eine mehr eckige Form, erscheinen eigenartig punetirt (Fig. 13), oder werden von bald kürzeren, bald längeren Fäden durchsetzt (Fig. 14), welche namentlich um den Kern herum eine mehr gesetzmässige Anordnung an- nehmen. Zwischen ihnen liegt eine eigenthümliche, das Licht brechende Substanz, welche eine feine Strichelung erkennen lässt. Diese Strichelung wird zuweilen deutlicher und scheint mit der fädiıgen Zeichnung au der Peripherie der Zelle zusammenzuhängen (Fig. 15). | Der Befund einer fädigen Struktur und derjenige von Fortsätzen an den Zellen der tieferen Schicht, welche noch keine 1) Schulze, Verbindung der Epithelzellen untereinander. Sitz.- Ber. d. Berl. Akad. 1896. 2. 2) Rausch, Tinctorielle Verschiedenheiten und Relief der Horn- zellen. oh Ueber Structur und AÄrchiteetur der Zellen. 149 Zeichen von Verhornung darbieten, weist meines Erachtens darauf hin, dass die fädige Zeichnung und Strichelung nicht ausschliess- lich als ein Product der Verhornung zu deuten ist und nicht allein auf eine Oberflächenzeichnung bezogen werden darf, vielmehr mit der Structur der Zellen in innigem Zusammen- hang steht. Bindegewebszellen. In dem Mesenterium kommen bekanntlich zwei Arten von Bindegewebszellen vor: grobkörnige wenig verzweigte und mehr blasse mit zahlreichen Ausläufern. An den ersteren tritt bei der Behandlung mit Jod-Jodkalilösung schon nach wenigen Stunden die Granulirung noch deutlicher hervor; nach 24 Stunden lösen sich bereits Plasmosomen von den Ausläufern und dem Zellkörper ab (Taf. X, Fig. 16a). Auch bei der zweiten Art von Bindegewebszellen, welche frisch untersucht, fast vollständig homogen erscheinen, kommt zuerst stellenweise, später mehr ausgedehnt eine allerdings viel feinere Körnelung und Strichelung im Zellkörper und den Fort- sätzen zum Vorschein. Offenbar sind sie dichter gefügt als die grobkörnigen. Ich darf nicht unterlassen, auf die interessanten Mittheilungen von Flemming!) hinzuweisen, die aber erst er- schienen, nachdem ich mit diesem Theil der Untersuchung schon abgeschlossen hatte. Die Knorpelzellen (Brustbein beim Frosch) zeigen sich bei der Behandlung mit Jod-Jodkalilösungen dicht mit theils kürzeren, theils längeren Fortsätzen besetzt (Taf. X, Fig. 18). Nieht selten durchziehen dieselben den Kapselraum, inseriren sich an die Kapselwand und dringen auch noch in diese ein; wenig- stens scheint mir dies die einfachste Erklärung für die feine Striehelung, welehe manche Knorpelkapseln darbieten (Fig. 18e). Diese Bilder erinnern vollständig an diejenigen, welche man bei der Infusion von Indigkarmin in das Blut lebender Thiere erhält. Es kommen dann nieht nur in der Intereellularsubstanz, sondern auch innerhalb der Knorpelzelle und Knorpelkapsel, sowie im Kapselraum Farbstoffabscheidungen zu Stande. Die Knorpel- 1) Flemming, Ueber den Bau der Bindegewebszellen. Zeitschr. f. Biolog. 1897 und über die Bildung der collagenen Bindegewebs- fibrillen. Arch. f. Anatom. 1897. 150 Ji Arnold: Kapsel wird von radiären blauen Linien durchzogen!). Andere Knorpelzellen bieten wenigstens an der Oberfläche eine netz- förmige oder spongiöse Architeetur dar. Erklärung der Abbildungen auf Tafel X. Vergrösserung: Zeiss, Apochromat 2mm; Compensationsocular 4, 8 u. 12. Bei Figur 2 u. 9 habe ich, um die Beziehung der Plasmo- somensysteme zu einander darstellen zu können, eine idelle Vergrösse- rung gewählt. “ Fig. 1. Mit Jod-Jodkali isolirte Plasmosomen von Leukoeyten und Knochenmarkzellen vom Kaninchen. Färbung mit concen- trirter wässriger Eosinlösung. Feuchtes Präparat. Fig. 2. Zerfallender Leucocyt mit eosinophiler Granulation (Kaninchen); Isolirung und Färbung wie bei 1. Feuchtes Präparat. Fig. 3. Isolirte Plasmosomen von Knochenmarkzellen (Kaninchen) mit Innenkörpern (Somatien). Trockenpräparat. Färbung mit con- centrirter wässriger Fuchsinlösung. Fig. 4 a u. b= rothe Blutkörper vom Frosch; c, du. e= vom Kanin- chen; Jod-Jodkalipräparat. Färbung mit concentrirter wässriger Eosinlösung. Feuchtes Präparat. Fig. 5. Isolirte Plasmosomen von Leberzellen (Kaninchen) und kleine Bläschen mit Körnern. Feuchtes Präparat. Färbung mit con- centrirter wässriger Eosinlösung. Fig. 6. Isolirte Plasmosomen der Leber (Kaninchen) mit Innenkörpern (Somatien). Trockenpräparat. Färbung mit concentrirter wässriger Fuchsinlösung. Fig. 7 u. 8. Leberzelle (Kaninchen) isolirt durch Jod-Jodkalilösung, Färbung mit coneentrirter wässriger Eosinlösung. Feuchtes Präparat. In der eircumnucleären Zone dunklere Plasmosomen- systeme. Fig. 9. Zerfallende Leberzelle (Kaninchen) nach 24 stündiger Einwir- kung von Jod-Jodkalilösung. Feuchtes. Präparat. Tinetion beider. Gegenseitige Beziehung der Plasmosomen und Plasmo- somensysteme. 1) Vgl. J. Arnold, Die Abscheidung des indig-schwefelsauren Natrons im Knorpelgewebe. Virchow’s Archiv Bd. 73. 1878 und über feinere Structur der Zellen unter normalen und pathologischen Be- dingungen. Virchow’s Archiv Bd. 74. 1879. Bei der Beurtheilung dieser Befunde, insofern sie überhaupt berücksichtigt wurden, ist viel- fach übersehen worden, dass solche Bilder bei der Infusion des Farbstoffs in das Blut lebender Thiere zu Stande kommen; man hat sie als durch Injection erzeugte Artefacte umgedeutet. 410: nl, ©. 16. 17. Ueber Struetur und Architeetur der Zellen. 151 Nierenepithelien (Kaninchen) mit Jod-Jodkalilösung isolirt nach 12 Stunden; dunklere Plasmosomen in der eircumnucleären Schicht; Beziehung derselben zur Kernwandschichte. Wimperepithelien (Froschzunge) Jod-Jodkaliisolirung nach 12 Stunden. Feuchtes Präparat. Eosintinction; b. u.c. Becherzellen. . Epithelzelle (Froschhaut) aus den tieferen Schichten. Feuchtes Präparat. Eosinfärbung. Zellsubstanz zeigt eine feine lineäre Zeichnung; feine Fortsätze an der Peripherie der Zelle. . Epithelzelle (Froschhaut) aus einer höheren Schichte. Feuchtes Präparat. Eosinfärbung. Feine Punctirung der Zellsubstanz. . Dasselbe. Netzförmige Zeichnung in der eircumnucleären Zone . Dasselbe aus einer höheren Schichte. Zwei Zellen durch eine Leiste mit einander verbunden. Die feine Strichelung dieser lässt sich bis in den Zellleib hinein verfolgen. Bindegewebszellen aus dem Mesenterium des Kaninchens; Jod- Jodkalipräparat nach 24 Stunden; Eosinfärbung; 2 Arten von Zellen. Knorpelzellen aus dem Sternum des Frosches nach 6tägiger Einwirkung von Jod-Jodkalilösung. Feuchtes Flächenpräparat. Eosintinetion. Ausläufer von Knorpelzellen, in b. die Kapsel- wand erreichend, in c. dieselbe durchsetzend, feine radiäre Strichelung dieser. Vascularisirtes Epithel. Von F. Leydig. In einer jüngst erschienenen Arbeit von Maurer!) wird gezeigt, dass ins Epithel der Mundschleimhaut bei einheimischen Amphibien: Rana, Bufo, Salamandra und Triton, Blut- capillaren eintreten. Der Autor glaubt hervorheben zu sollen, dass bis dahin von einem vascularisirten Epithel nirgends etwas erwähnt sei. Mit Rücksicht hierauf darf ich mir gestatten in Erinnerung zu bringen, dass eine frühere Veröffentlichung von mir einen Abschnitt: „Epithel und Blutgefässe“ enthält, in welchem fremde und eigene Beobachtungen über Blutcapiliaren im Epithel zusammen- gestellt sind ?). Mojsisovies hatte gezeigt, dass bei Lumbrieinen Blut- gefässe bis in die mittlere Partie der Epidermis vordringen?), eine Angabe, die ich an Schnitten durch gehärtete Thiere leicht bestätigen konnte ®). Das gleiche Verhalten bot sich mir bei Hirudineen dar. Die in die Epidermis aufsteigenden Blutcapillaren kehren hier ent- weder nach einfacher Schlingenbildung wieder um, oder sie ver- binden sich vorher netzförmig; sie gelangen bis nahe an den freien Saum des Epithels. Ich unterliess nicht, dies durch Ab- bildungen zu belegen °). Aber nicht bloss bei Anneliden war mir eine derartige Organisation bekannt, sondern auch bei Amphibien. Seiner Zeit nämlich brachte die Untersuchung des Inte- guments des nordamerikanischn Menopoma giganteum 1) Maurer, Blutgefässe im Epithel. Morphol. Jahrb. Bd. 25. 2) Leydig, Zelle und Gewebe, 1885, p. 117. 3) v. Mojsisovics, Kleine Beiträge zur Kenntniss der Anneliden. Sitzber. Akad. d. Wiss. Wien, 1877. A)ra.a. ©. PR 5) a. a. O. Taf. III, Fig. 55, Fig. 56. Vascularisirtes Epithel. 153 die Erfahrung, dass sich aus der Lederhaut Blutgefässe in die epitheliale Oberhaut begeben, wobei die topographischen Verhält- nisse derart waren, dass ich aussprechen musste, man mache sich kaum einer Uebertreibung schuldig, wenn man — selbstverständ- lich bei abgehobener Epidermis — von freien auf die Oberfläche sich erhebenden Gefässen reden wolle). Die betreffenden Ab- bildungen, welche ich bei einer andern Gelegenheit nachgetragen habe, lassen deutlich sehen, in wie grosser Menge die Gefässe in die Epidermis eindringen ?).. Welch eigenthümliches Bild die Oberfläche der Lederhaut durch die frei hervortretenden Blutge- fässe gewährt, lässt sich der von mir gegebenen Zeichnung ?) entnehmen. Bemerkenswerth erscheint auch, dass die Blutcapil- laren durchweg zwar manchfach sich krümmen und schlängeln, aber doch nur in Schleifenform zur Lederhaut zurückbiegen, ohne sich innerhalb der Epidermis netzartig zu verbinden. Eine andre Wahrnehmung, die ich gemacht, bezieht sich auf Pleurodeles Waltlii: auch hier bot das Integument Strueturen dar, welche an das bei Menopoma gesehene ge- mahnen mussten. Die Blutcapillaren in der oberen Schicht der Lederhaut zeigten sich auch hier von besonders weitem Caliber und zum Theil lagerten so, „als ob sie sich frei gegen die Epidermis erheben“, wie solches die Abbildungen bezeugen können). Endlich wurde auch noch dort, wo ich eine Uebersicht meiner Beobachtungen gab, gewisser Vorkommnisse aus dem Inte- gument ‘der Larve von Salamandra maculosa gedacht, welehe mir schon dazumal Bezug zu dem bei Menopoma und Pleurodeles erkannten Bau zu haben schienen. Es handelt 1) Leydig, Allgemeine Bedeckungen der Amphibien. Arch. f. mikr. Anat. 1876. (Sonderabdruck p. 41.) 2) Leydig, Hautdecke und Hautsinnesorgane der Urodelen, Morph. Jahrb. Bd. II. Man wolle vergleichen Fig. 29 auf Taf. 21, bei geringer Vergrösserung gezeichnet, dann Fig. 10 auf Taf. 19, stärker vergrössert. Die histologische Beschaffenheit eines solchen Capillar- gefässes ist in Fig. 9 auf Taf. XVIII dargestellt. a)a. a. OL. Fig: Mrauf' Tat. RI 4) Leydig, Die Rippenstacheln des Pleurodeles Waltlii. Arch. f. Naturgesch. Bd. 45 (1879), Fig. 7 (es krümmt sich eine Bluteapillar- schlinge in die Epidermis hinein), Fig. 10 (die weiten Blutgefässe in der Flächenansicht). 154 F. Leydig: sich um Höcker, welche von der Lederhaut her in die Epi- dermis vorspringen und bedingt werden durch je ein weites Blutgefäss. Seitdem erschienen die wichtigen Untersuchungen von P. und F. Sarasin zur Entwicklungsgeschichte und Anatomie der eceylonischen Blindenwühle,Ichthyophisglutinosus!), welche auch die Eigenschaften der Epidermis und Lederhaut ganz besonders berücksichtigen. Das Blutcapillarnetz unterhalb der Epidermis erscheint dort so dicht, die Köpfe der Hautdrüsen umspinnend, dass es aussieht „wie eine gröbere Wiederholung der Lunge“. Zufolge der weiteren Angaben der beiden genann- ten Beobachter hängt dieses Blutcapillarnetz mit dem System der Intercellularräume der Epidermis, welches zweifellos dem Lymphsystem angehört, unmittelbar zusammen, in der Art, dass sich die Intercellularlüicken zu Sammelröhrehen an der Basis der Epidermis verbinden und mit diesen sich in die Capillaren des Blutgefässsystems öffnen. Hierzu kann ich freilich nicht ganz das Bedenken unterdrücken, ob die „Sammelröhrchen“ nicht so- wohl in die Bluteapillaren einsetzen, als vielmehr in das Lymph- gefässsystem der Lederhaut. Die Verhältnisse, welche ich nach dieser Richtung bei Fischen kennen lernte, wecken mir diesen Zweifel 2). Hält man das Vorgebrachte zusammen, so ergibt sich, dass die Blutgefässentwicklung nach der Epidermis hin in verschiedenem Grade vorschreitet. Bei den einheimischen Urodelen, welche bloss zur Begattungszeit das Wasser aufsuchen, sind schwache Anfänge der bezeichneten Organisation vorhanden, indem die Bluteapillaren sich nur wenig in die Epidermis erheben; mehr schon ist dieses bei Pleurodeles der Fall, welcher Molch denn auch nach den Mittheilungen des Entdeckers Waltl sich über die Fortpflanzungszeit hinaus in tiefen Cisternen Spaniens aufhält und sie erst später verlässt, um sich an feuchten Orten zu verbergen. Zu grosser Entfaltung kommt die Gefässentwick- 1) Paul und Fritz Sarasin, Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschungen auf Ceylon. Wiesbaden 1887. 2) Leydig, Integument und Hautsinnesorgane der Knochen- fische, Zool. Jahrb. Bd. VIII: z. B. die Mittheilungen über Rhodeus amarus. Vasecularisirtes Epithel. 155 lung in der Epidermis bei Menopoma, ein Molch, der bekannt- lich unausgesetzt im Wasser lebt. Die physiologische Bedeutung des Heraustretens der Blut- gefässe aus der Lederhaut in die Epidermis brachte ich mit der Hautathmung in Verbindung, indem ich zugleich ins Ge- dächtniss rief, dass bei Säugethieren die Lungencapillaren, sowie bei der Fischgattung Cobitis die Blutgefässe der athmenden Darmfläche von dünnem Epithel unmittelbar überdeckt seien. Die Befunde Maurer's, dem anscheinend meine Beobach- tungen entgangen sind, lassen sich gut mit dem Bisherigen ver- einigen. Der Autor stiess auf vascularisirtes Epithel in der Schleimhaut der Mundhöhle und erklärt das Gefässnetz für ein respiratorisches, welche Auffassung unterstützt wird durch voraus- gegangene Erfahrungen von Marcacei und Camerano, denen zu- folge in der Kopfdarmhöhle der Amphibien sich ein Process der Athmung neben jener in den Lungen vollzieht !). Uebrigens unterliess ich nicht seiner Zeit anzuführen, dass nach Retzius blutgefässhaltiges Epithel auch im Gehörorgan zugegen ist?), wonach man jetzt schliessen müsste, dass noch für andre Bedürfnisse, als die Athmung ist, Epithellagen mit Blut- gefässen können ausgestattet werden. 1) Camerano, Ricerche anatomo-fisiologiche intorno ai Sala- mandri di normalmente apneumoni 1894, (dort sind die Experimente von Marcacei erwähnt.) 2) Retzius, Biologische Untersuchungen, 1884. 156 Zur Deutung der epidermoidalen Organe im Integument von Säugethieren. Von F. Leydig. Vor Längerem, als ich Studien über die äusseren Be deekungen der Säugethiere anstellte!), untersuchte ich auch die Epidermis des Walfisches an Material, welches in Weingeist auf- bewahrt, durch Wilhelm Rapp, den um die Cetaceenkunde verdienten Forscher, von seinem wissenschaftlichen Aufenthalte in dem norwegischen Bergen in die Tübinger Sammlung ge- langt war. Hierbei lernte ich in der Epidermis von Balaena mysticetus „besonders geartete Partien“ kennen, welche „aus eigenthümlichen, rundlichen, mit eoncentrischen Ringen ver- sehenen Zellen“ bestanden, genau umschrieben von „gewöhnlichen Epidermiszellen“. Diese „Zellenhaufen* befanden sich an den Stellen, wo die Spitzen der Lederhautpapillen lagen und kündig- ten sich schon für das unbewaffnete Auge in Form kleiner, scharf abgegrenzter Flecken an der freien Fläche der Hormschieht an. Bereits damals konnte ich nicht unterlassen, die Vermuthung zu äussern, dass die Bildungen den Becherorganen der Fische vergleichbar sein möchten, doch war keine Spur von Nerven zu erblicken und auch sonst fühlte ich mich ausser Stand eine solche Zusammenstellung weiter zu begründen. Ein Jahrzehnt darnach wusste ich von dem Vorhandensein der gleichen Bildungen in der Epidermis eines andern Säugethieres. Es untersuchte nämlich, unter meiner Anleitung, Graf Egloff- stein, ein damaliger Zuhörer, das „Flotzmaul“ des Rindes und hierbei kamen an dieser haarlosen, zwischen den Nasenöff- nungen und der Oberlippe liegenden Hautstelle, eben dieselben Organe zum Vorschein, wie ich sie in der Epidermis des Wal- fisches gefunden hatte. Von dieser Wahrnehmung gab ich eine 1) Archiv f. Anat. u. Physiologie, 1859, p. 681. Zur Deutung der epidermoidalen Organe im Integument ete. 157 kurze Meldung gelegentlich der Arbeit: Zur Kenntniss der Sinnes- organe der Schlangen !), mit dem ausdrücklichen Beifügen, dass die Zellen, welche die betreffenden Gebilde zusammensetzten, wirklich epithelialer Natur seien, nicht Bindegewebselemente. Es hatte nämlich Nathusius, von dem Fund in der Schnauze des Rindes unterrichtet, diese Körperpartie sich eben- falls angesehen und indem er die Gegenwart der Organe, welche er „hornröhrenartige Gebilde“ nennt, bestätigte, die Ansicht aus- gesprochen, dass zu ihrem Bau Bindegewebe beitrage. Uebrigens gab der Autor, was ich bis dahin unterlassen hatte, die ersten Abbildungen der Organe ?). Nach einiger Zeit, in einer Zusammenstellung der Organe, welche ich als solche „eines sechsten Sinnes“ auffassen zu können glaubte, reihte ich unter diese Rubrik auch die epidermoidalen Bildungen in der Haut des Walfisches und der Schnauze des Rindes?). Und noch einmal bot sich mir die Veranlassung, auf die besagten Bildungen einzugehen. Einem Zuhörer in Bonn, Herrn de Souza Fontes, gab ich zum Thema einer Doctordisser- tation die Untersuchung der in Weingeist aufbewahrten Haut des Schnabelthieres, Ornithorhyncehus, und auf der Tafel der Arbeit sind die epidermoidalen Organe aus der Schnauze bei geringer und stärkerer Vergrösserung veranschaulicht®). Alle diese meine Mittheilungen sind unbekannt geblieben, wenigstens gedenkt ihrer keiner der nachstehenden Autoren, welche mit dem Gegenstande sich befasst haben. In der Epidermis der Schnauze des Maulwurfes, Talpa 1) Arch. f. mikrosk. Anatom., 1872 (Bd. 8), p. 345. 2) W. v. Nathusius, Ueber die Marksubstanz verschiedener Horngebilde, die Entwicklung des Knorpels in Rehgehörn und das sich daraus für das Schema der Zelle Ergebende. Arch. f. Anat. u. Phys. 1869. 3) Ueber die allgemeinen Bedeckungen der Amphibien. Arch. f. mikrosk. Anat. 1876. 4) Ludwig Ribeiro de Souza Fontes, Beiträge zur ana- tomischen Kenntniss der Hautdecke des Ornithorhynchus para- doxus, Bonn 1879. Ich glaube ausdrücklich bemerken zu sollen, dass die Figuren der Tafel, was dort nicht gesagt ist, von mir herrühren; für die Druck- und Schreibfehler des Textes bin ich nicht verant- wortlich. 158 F. Leydig: europaea, hatte Eimer epidermoidale Organe entdeekt!) und histologisch genau beschrieben, welche es waren, die ich in den „historischen und kritischen Bemerkungen über die Organe des sechsten Sinnes* den Gebilden in der Epidermis des Wal- fisches und des Rindes anschloss. Jobert bestätigte die Angaben des vorgenannten Beob- achters und ist es, welcher die Bildungen als „Eimer'sche Organe“ bezeichnete, unter welchem Namen sie jetzt zu gehen pflegen. Er sah auch zuerst die Organe im Schnabel des OÖrnithorhynehus?). Bald erschien eine andre treffliche Arbeit von Mojsisovies?°), derman nicht undeutlich ansieht, dass Prof. F.E. Schulze AR damaligen Assistenten „gütige Unterstützung der Untersuchung hat zu Theil werden lassen“. Ausser dem europäischen Maulwurf wurden auch die amerikanische Con- dylura eristata und die südafrikanische Chrysochlo- ris aurata vorgenommen. Eine Veröffentlichung von Poulton*) kenne ich nur als Citat aus der nächstfolgenden Schrift. Es lieferten nämlich Wilson und Martin die eingehende Darstellung der gedachten Organe aus der Schnauze des Schnabel- thieres, unter Anschluss zahlreicher auf we Wege gewonnener Abbildungen). Endlich hat vor Kurzem Huss eine erneute Untersuchung der Schnauze von Maulwurfsarten durchgeführt und auch auf die Spitzmäuse ausgedehnt, wobei er den feineren histologischen Ver- hältnissen in sorgfältiger Weise Rechnung getragen hat ®). 1) Eimer, Die Schnauze des Maulwurfs als Tastwerkzeug. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 7. 2) Jobert, Etudes d’anatomie comparde sur les organes du toucher. Ann. d. seiene. natur. 1872. 3) v. Mojsisovies, Ueber Nervenendigung in der Epidermis der Säuger. Sitzb. Akad. d. Wiss. Wien 1876. 4) Poulton, On the tactile terminal organs and other structures in the bill of Ornithorhynchus. Journ. Phys. Vol. V. 5) Wilson and Martin, On the peculiar rod-lifke tactile organs in the integument and mucous membrane of the muzzle of Ornitho- rhynehus. 1894. 6) Huss, Beiträge zur Kenntniss der Eimer’schen Organe in der Schnauze von Säugern. Zeitschr. f. wiss. Zool. 1897, nn Er nie Zur Deutung der epidermoidalen Organe im Integument etc. 159 Hinsichtlich der Struetur dieser die Epidermis senkrecht durchsetzenden Stränge, welche im Allgemeinen von walzig- röhriger Form sind, ist, was schon berührt wurde, gleich im Anfange eine Meinungsverschiedenheit darüber entstanden, ob die Organe rein epidermoidal seien, oder ob nicht auch Bindegewebe von der Basis her sich an der Zusammen- setzung betheilige. Meinerseits wurde hervorgehoben, dass, soweit ich zu sehen vermocht, nur Epidermiszellen es seien, welche beim Walfisch und Rind die Organe erzeugen. Nathusius hingegen lässt von der Basis her — man vergleiche Figur 11 seiner Arbeit — eine bindegewebige Papille eine Strecke weit herauf treten, so dass also nur der obere Theil aus Epidermiszellen bestände. Auch nach Eimer wird zwar der oberste Theil eines sol- chen Organs, welcher meist leer sei, von Epithelzellen gebildet, die übrige Partie aber zeige sich abweehselnd von Bindegewebe und Nervenelementen erfüllt; ein Cutiszapfen werde in das Organ aufgenommen. Das wäre sonach eine Bestätigung der Angaben von Nathusius in genauerer Ausführung. Mojsisovics hinwiederum erklärt sich dahin, dass die Organe als „durchaus solide Epitheleylinder“ aufgefasst werden müssen, durch scharfe Grenze an der Basis abgesetzt von der Cutis; ein solches Verhalten erscheint auch auf seiner Figur 1 klar ausgedrückt: nichts Bindegewebiges erhebt sich dort von der Lederhaut in die epithelialen Gebilde. Auf der Abbildung, welche ich zu der Dissertation von Souza Fontes lieferte, geht ebenfalls die Linie der binde- gewebigen Lederhaut entschieden unter der Basis des Organs weg. Für noch beweisender sind wohl die Figuren in der Schrift von Wilson und Martin anzusehen, weil sie auf Mikrophoto- graphien beruhen. Die Organe schliessen überall nach unten für sich ab und die genannten Autoren bemerken geradezu, die Ge- bilde seien unten abgerundet wie ein Haarschaft im Follikel, nur ohne Papille. Damit stimmt auch die Abbildung bei Huss (Figur 1 und Figur 3) überein: es geht auch dort der Contour der Lederhaut scharf unter dem Organ weg. Und doch werde ich nachher noch einmal auf diesen Punkt zurückkommen müssen. Ueber Gestalt und Anordnung der die Organe zusammen- 160 F. Leydig: setzenden Zellen berichten die drei letztgenannten Beobachter in eingehender Weise. Anbelangend die Frage nach der Innervation der Organe, so hatte ich, wie oben schon bemerkt, an den betreffenden Ge- bilden in der Haut des Walfisches nichts von Nerven zu finden gewusst, wozu man übrigens nicht vergessen wolle, dass es sich um die Untersuchung eines Jahre lang in Weingeist liegenden Sammlungsstückes handelte. Doch auch bezüglich der Schnauze des Rindes vermochte ich nichts über Anwesenheit von Nerven auszusagen. Wohl aber liess sich, als mir in der Schnauze von Orni- thorhynehus die Organe von Neuem vor die Augen gekommen waren, klar sehen, dass an ihrer Basis starke Nerven aus dem Hautgeflechte herantreten und ich habe dies auch in der Bonner Doctordissertation in Figur 2 bei e und Figur 3, e, d veran- schaulicht. Sehon Jobert hatte übrigens die Verbindung mit Nerven hier gekannt. Vielleicht wäre in meinem Falle über den Verlauf der nervösen Elemente im Innern der Organe noch etwas weiteres zu ermitteln gewesen, wenn gewisse Methoden der Untersuchung in Anwendung gekommen wären, was nicht ge- schehen ist. Denn ein grosser Fortschritt in der Kenntniss unsrer Ge- bilde war unterdessen geschehen durch Eimer, indem er nicht bloss den Eintritt von Nerven an den Organen in der Schnauze des Maulwurfes in bestimmter Weise aufzeigte, sondern auch über das Endverhalten bedeutsame Aufschlüsse zu geben im Stande war. Die Nerven verloren beim Uebergang von der Lederhaut in die Epidermis die Markscheide und nahmen die Natur dünner Achseneylinder an, welche alsdann mit knopf- förmigen Anschwellungen aufhörten und in „allen unzweifelhaften Fällen“ senkten sich diese Endknöpfehen in den Zellkörper ein, hörten also intracellulär auf. Mojsisovies bestätigte die Angaben über die Nerven und den Lauf der Achseneylinder und weicht nur darin ab, dass die Endigungen der letzteren nicht intracellulär, sondern zwischen den Zellen sich befänden. Auch die mikrophotographischen Abbildungen bei Wilson und Martin thun den Nervenreichthum der Organe dar und jüngst hat Huss die Eimer’schen Wahrnehmungen im Einzel- Zur Deutung der epidermoidalen Organe im Integument ete. 161 nen bekräftigt, insbesondere auch den wichtigen Punkt, dass die Endknöpfehen der Achseneylinder intracellulär liegen. Die Frage nach der Deutung unserer epidermoidalen Bildungen dreht sich im Augenblicke wohl darum, ob wir in ihnen Organe ganz eigener Art erblicken sollen, oder ob man sie an Anderes anzuschliessen Ursache habe. Keiner der vorgenannten Beobachter macht den Versuch, die Organe als Ganzes irgendwo unterzubringen, man begnügt sich, sie wegen ihres Besitzes von Nerven als „Tastkegel“, „tactile organs“ zu bezeichnen: sie seien Apparate, „welche die Vermittlung besonders feiner Wahrnehmungen von Berührungen jeglicher Art zu übernehmen haben.“ Man kann diese Auffassung vom physiologischen Standpunkt aus gar wohl gelten lassen und doch nach weiteren Verwandtschaftsbezügen sich umsehen. Von mir ist nach dieser Richtung hin wiederholt die Ver- muthung ausgesprochen worden, dass die epidermoidalen Gebilde den Becherorganen oder Hautsinnesknospen angereiht werden dürften. Jedenfalls lässt sich zu einiger Begründung dieser An- sicht anführen, dass der Verbreitungsbezirk der beiden Organ- gruppen in gleichem Umfang besteht. Die Becherorgane der haarlosen Wirbelthiere erstrecken sich über die ganze Körper- oberfläche hin und von da in die Fortsetzung des Integumentes, welehe einwärts Mund-, Rachen- und Kiemenhöhle auskleidet. Dem ganz entsprechend finden sich die epidermoidalen Organe bei den haarlosen Cetaceen in der Oberhaut des Körpers und, wie man durch Wilson undMartin weiss, so gehen sie beim Ornithorhynchus von der Ober- und Unterlippe des Schnabels in die Mund- und Rachenhöhle herein. Eine andere Aehnlichkeit liesse sich darin finden, dass beide Arten von Gebilden, obschon an sich solide Zellenmassen, doch am freien Ende mit einer Art Oeffnung oder Ring aufhören. Endlich auch bezüglich ihrer Ausstattung mit Nerven be- gegnet man gewissen gleichen Vorkommnissen. Bei Untersuchung des Integuments der Knochenfische war ich zu dem Ergebniss gelangt, dass sich die Hautsinnesorgane hinsichtlich ihrer Nerven nicht anders verhalten wie die umgebende Epidermis überhaupt, Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 11 162 F. Leydig: höchstens könnte man einen Unterschied darin finden, dass die Nerven in den Sinnesknospen zahlreicher sind. Und kaum anders stellen sich die Dinge in der Epidermis der Schnauze der Säuger dar: auch hier werden die Partien der Epidermis zwischen den besagten Organen ebenfalls von Nerven versorgt, doch nur in ge- ringerer Menge und nicht in der strengen Anordnung des Ver- laufes, wie solehes in den eylindrischen Zellsträngen geschieht, worauf eben die Ansicht sich gebildet hat, dass hier „ganz speeifische Organe“ entstanden seien. Trotz allen diesen mehr oder weniger übereinstimmenden Eigenschaften zwischen den Hautsinnesknospen und den epider- moidalen Organen bleibt aber ein grosser Unterschied bestehen in Form und Sonderung der zelligen Elemente, welche die beider- lei Gebilde zusammensetzen und wodurch sie von einander sich entfernen. Damit wären wir jetzt an dem Punkte angelangt, von dem aus wir eine Verwandtschaftslinie der Epidermiseylinder der Säuger nach einer andern Seite hin zu suchen Veranlassung haben. Mir ist nämlich in Abwägung der Thatsachen nach und nach wahrscheinlich, um nicht zu sagen gewiss geworden, dass die berufenen Gebilde in der Epidermis der Säuger für unent- wickelte Haare zu nehmen sind. Man vergegenwärtige sich, dass die Organe bei den haar- losen Cetaceen über die Epidermis des Integuments sich ver- breiten, also gewissermaassen den fehlenden Haarbesatz vorstellen, während bei jenen Säugethieren, deren Haarkleid sich ausgebildet hat, sie nur an der kahlen Schnauze zum Vorschein kommen, man könnte sagen, die Spürhaare dieser Gegend vertreten, wobei ich daran erinnern möchte, dass nach meiner Wahrnehmung !) „die feuchte, schlüpfrige, haarlose“ Oberlippe des Rindes doch über die ganze Fläche weg, in Abständen von 1 bis 2, Här- chen zeigt. Und zum Vorkommen in der Schleimhaut der Mund- und Rachenhöhle bei Ornithorhynehus möchte ich zurückrufen, dass sowohl beim Dugong, als auch bei manchen Nagern, zu denen ich aus eigener Erfahrung Hypudaeus 1) Arch. f. Anat. und Phys. 1859, p. 685. Zur Deutung der epidermoidalen Organe im Integument ete. 163 terrestris nennen konnte, auf der Schleimhaut der Wangen ein inselförmiger Fleck, besetzt mit steifen Haaren, zugegen ist !). Die Ausstattung der epidermoidalen Organe mit zahlreichen nervösen Terminalkörperchen, liesse sich nach meinem Dafür- halten mit der Form der Nervenenden in den Tasthaaren ver- gleichen ?). Endlich haben verschiedene der oben namhaft gemachten Beobachter auf die Anwesenheit von Pacimischen Körperchen an der Wurzel unserer Organe hingewiesen. Auch dies könnte man mit der T'hatsache verknüpfen, dass in der Haut der Vögel um die Federbälge herum zahlreiche Pacinische Körperchen seit Langem bekannt sind °). Der Gedanke, die Zellstränge in der Epidermis den Haar- bildungen für gleichwerthig zu halten, ist nicht völlig neu, sondern schon theilweise ausgesprochen worden. Nahezu drei Decennien, nachdem ich die Haut des Wal- fisches untersucht, die eigenartigen Bildungen in der Epidermis aufgefunden und sie den Becherorganen vermuthungsweise ver- glichen hatte, war Max Weber in der Lage, das Integument der Cetaceen an gutem Material der Nachprüfung zu unterwerfen ®), erwähnt aber mit keinem Wort die von mir angezeigten epider- moidalen Bildungen. Trotzdem besteht für mich kein Zweifel, dass er sie dennoch unter den Augen hatte, in der bei geringer Vergrösserung gefertigten Zeichnung des Durchschnittes der Ober- lippe, denn die über den Papillen der Lederhaut durch die Epi- dermis aufsteigenden senkrechten Streifen können nur auf die von mir gemeinten Zellstränge ausgelegt werden. AuchKüken- thal, welcher mehrere Jahre darauf die Haut der Üetaceen untersuchte, übergeht leider die Organe ebenfalls mit Still- schweigen). Mag nun auch M. Weber an den uns interessirenden Bildungen der Epidermis vorüber gegangen sein, so hat er doch 1) a. a. O. p. 684. 2) Vgl. Leydig, Einiges über die Endknöpfe der Nerven. Anat. Anz. 189%. 3) Histologie, p. 83, Fig. 43. 4) M. Weber, Studien über Säugethiere. Ein Beitrag zur Frage nach dem Ursprung der Cetaceen. Jena 1886. 5) Kükenthal, Untersuchungen an Walthieren. Jena 1889. 164 F. Leydig: auf etwas Anderes in einer Weise geblickt, welche sehr in die Wagschale fallen muss. Dort nämlich, wo der Autor vom Vorkommen der Haare bei Cetaceen spricht, fasst er die Natur von zahlreichen feinen Löchern ins Auge, von denen bei Balaena Sibbaldii die Haut des Mundwinkels durchbohrt werde. In jedes der Löcher setze sich „eine solide Röhre oder ein Kegel“ nach der Tiefe fort und dieser centrale Epithelzapfen sei „als ein rudimentäres Haar oder rudimentärer Haarfollikel* aufzufassen. Daran darf ich wohl die Bemerkung fügen, dass mir die Löchelehen und der anschliessende Zapfen genau das Gleiche zu sein scheinen, was die von M. Weber nicht beachteten Zellstränge in der Epider- mis sind, die ja auch an der Oberfläche mit Oefinungen oder Grübchen ausgehen. Nur Alles in kleinerem Maassstab, wodurch beide Bildungen gegenseitig so zueinander im Verhältniss stehen, wie etwa ein gewöhnliches Haar zu einem Schnurr- oder Tasthaar. Und was jetzt ferner wichtig ist, der genannte Beobachter stellt den Epithelzapfen in der Epidermis des Walfisches mit den „Eimer'schen Organen“ in der Schnauze des Maulwurfes zu- sammen, zieht auch eine mir nicht zugängige Schrift zweier eng- lischer Autoren: G. und F. E. Hoggan heran, in welcher ebenfalls die Verwandtschaft der Epithelzapfen mit „rudimentären Haarfollikeln“ ausgesprochen werde. Die Auffassung, dass die Zellstränge in der Epidermis und die Haare in ihrem Wesen sich nahe stehen, lässt es wünschens- werth erscheinen, dass bei einer erneuten Untersuchung doch ganz besonders der Punkt geprüft werden möge, ob nicht doch von der Lederhaut her etwas Papillenartiges in die Basıs der Zell- stränge eindringe. Nach dem, was oben darüber anzuführen war, geschieht dies zwar nicht, aber, selbst abgesehen von der Zeichnung bei Nathusius, bleibt es doch auffällig, dass auch in meinen Abbildungen eine gewisse helle Partie dort sichtbar ist, wo die Anwesenheit einer Papille vorausgesetzt werden könnte, und an der Figur bei Huss ist doch abermals die Wurzel des Organs anders gehalten, als der obere deutlich zellige Abschnitt. Sollte ein papillärer Körper in der That dort nachweisbar sein, so wäre die Bezeichnung „Haarfollikel“ anzuerkennen, während ausserdem nur die „Haarscheiden“ in Betracht könnten genommen werden. Zur Deutung der epidermoidalen Organe im Integument ete. 165 Das bisher Dargelegte hat engen Bezug zu der unsern Antheil erregenden Frage, woher die Haare der Säugethiere stammen. Bekamntlich wurde von Maurer die Lehre aufgestellt und durch eingehende Untersuchungen zu begründen gesucht, dass die Hautsinnesorgane (Becherorgane) niederer Wirbelthiere der Boden seien, auf welchem die Haare der Säugethiere sich ent- wickelt haben!). Gegen die Richtigkeit dieser Theorie wurde von mir Einsprache erhoben, indem ich unter Anderem darauf hinwies, dass die Hautsinnesorgane zwar mancherlei Umbildungen erfahren können, die aber immer in anderm Sinne erfolgen und nichts sei mir unter die Augen gekommen, was auf eine Ent- wicklung zu Haarbildungen von Becherorganen her hätte können ausgelegt werden ?.. Auch andere Erfahrungen aus späterer Zeit, welche sich auf gewisse Gruppirungen oder Stränge von Zellen innerhalb epithelialer Lagen beziehen ?), sind geeignet, meinen Widerspruch zu bekräftigen, indem ihre Natur stets eine solche ist, dass sich die Zelleomplexe immer am ehesten noch an die Becherorgane anschliessen lassen, sonst aber in ihren Umgestal- tungen den Haargebilden fern bleiben. Zu einer davon abweichenden Ansicht könnten uns die epi- dermoidalen Organe der Säugethiere bestimmen, die Maurer, wie es scheint, nicht in den Bereich seiner Untersuchung gezogen hat, denn er bemerkt darüber ganz kurz: „Wenn diese epider- moidalen Zapfen durch Umwandlung von Haaren entstanden sind, so dürfen wir sie nicht etwa den Hautsinnesorganen niederer Thiere vergleichen.“ Mich will nun bedünken, als ob beinahe von hier aus auf die Frage nach der Abstammung der Haare ein Streiflicht ge- worfen werden könne: freilich nur in der Voraussetzung, dass 1) Maurer, Hautsinnesorgane, Feder- und Haaranlagen. Morph. Jahrb. 1892. — Derselbe, Zur Frage von den Beziehungen der Haare der Säugethiere zu den Hautsinnesorganen niederer Wirbelthiere. Morph. Jahrb. Bd. V. — Derselbe, Die Epidermis und ihre Abkömm- linge, Leipzig 18%. 2) Leydig, Besteht eine Beziehung zwischen Hautsinnesorganen und Haaren. Biol. Centralbl. 1893. — Derselbe, Integument und Hautsinnesorgane der Knochenfische. Zool. Jahrb. Bd. VII. 3) Leydig, Zirbel und Jacobson’sche Organe einiger Amphibien. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 50, p. 413. 166 F. Leydig: Zur Deutung der epidermoidalen Organe etc. die epidermoidalen Zapfen der Säugethiere und die Becherorgane niederer Wirbelthiere wirklich für gleichwerthige Bildungen zu erachten sind. Sollte dies möglich sein, so will es mir scheinen, als ob sich von da ein Weg eröffnet hätte, auf dem man sich der Maurer’schen Lehre nähern könnte, weil es für mich so gut wie gewiss ist, dass die epidermoidalen Organe zu Haar- bildungen Bezug haben. Bleibt aber andererseits der strenge Nachweis aus, dass die epidermoidalen Zapfen und die Sinnes- knospen gleichwerthige Organisationen sind, vielmehr jedes der- selben vom Beginn an in selbständig verschiedener Riehtung sich fortentwiekele, so müsste ich dann allerdings auf meinem bis- herigen ablehnenden Standpunkt beharren, den ich anderwärts näher begründet habe und von dem aus Hautsinnesorgane mit Haaranlagen nicht in Zusammenhang gebracht werden können. 167 (Aus dem histologischen Institut der deutschen Universität zu Prag. Vorstand: Professor Dr. Sigmund Mayer.) Einige Bemerkungen zu F. Maurer’s Abhand- lung: „Blutgefässe im Epithel“. Von Heinrich Joseph, Demonstrator. Hierzu Tafel XI und eine Abbildung im Text. Die Literatur über den Gegenstand, den Maurer in seiner Arbeit (X des am Schlusse befindlichen Verzeichnisses) behandelt, ist erst eine sehr wenig umfangreiche. In seiner Abhandlung „Beiträge zur Histologie und Physiologie des Epithels“!) giebt Prof. Sigmund Mayer in einer Anmer- kung, deren Inhalt ich reprodueire?), eine Uebersicht über die- selbe. Zu diesen mehr oder weniger verbürgten Fällen von Blut- gefässen im Epithel scheint nun Maurer einen neuen hinzugefügt zu haben, und es wäre begreiflich, wenn die Mittheilung dieser wichtigen und ungewöhnlichen Thatsache im höchsten Grade unser Interesse erregen würde. Der von Maurer aufgestellte Satz, dass man dem Epithel nun eine neue wichtige Eigenschaft und demgemäss eine andere Stellung zuweisen müsse, wäre ganz 1) Lotos, Neue Folge Bd. 12. Prag 1892. 2) Ranvier, Trait& technique pag. 997, deutsche Ausgabe pag. 916, beschreibt ein Blutgefässnetz in der Stria vasceularis des Ductus cochlearis, welches im Epithel gelegen ist, und verweist gleichzeitig auf frühere Angaben über dieses Vorkommniss: Kölliker 1852, Gott- stein 1871, Waldeyer 1872, Hensen 1863, Böttcher 1869, Prit- chard 1881 und Retzius 1882 (genaue Anführung des Publications- ortes bei Ranvier). Gad fand (Archiv für Physiologie von E. du Bois-Reymond 1890) Capillaren im Epithel am Boden des vierten Ven- trikels beim Frosch und erwähnt dabei die Angaben von E. Laguesse über Capillaren im Darmepithel von Protopterus (Compt. rend. de la soc. de Biologie Nro. 19 pag. 292, 1890) und von Bovier-Lapierre über Capillaren in der tache olfactive des Meerschweinchens. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 52. 12 168 Heinrich Joseph: darnach angethan, die alte, im Allgemeinen noch gültige Lehre von der Gefässlosigkeit des Epithels zu stürzen und un- sere Ansichten über das Epithel wesentlich zu modifieiren. Es handelt sich hier zunächst um die Frage: Kommen bei den von Maurer untersuchten Objeeten Blutgefässe im Epithel vor oder nicht? Maurer glaubt nach seinen Befunden diese Frage bejahen zu dürfen; er kommt zu dem Ergebniss, dass sich bei den landlebenden Amphibien im Epithel bis in dessen mittlere Zellenlagen vordringend ein capilläres Blutgefässnetz finde. Würde sich dies so verhalten, würde man nachweisen können, dass capilläre Gefässe zwischen die Zellen des Epithels eindringen, sich daselbst verzweigen und mit anderen Gefäss- röhrehen anastomosiren, und dass das so entstandene Gefässnetz durch absteigende Aeste mit dem Schleimhautnetz in Verbindung steht, oder dass einfach Capillarschlingen durch das Epithel hindurchlaufen, nichts stände im Wege, sich Maurer ’s Ansicht anzuschliessen. Indessen steht diese Sache ganz anders. Maurer gelangte zu einer irrthümlichen Vorstellung über ein allerdings auffälliges Verhalten im Baue der Capillaren, wel- ches jedoch bereits in der Literatur als wohl bekannt mehrfach beschrieben und abgebildet ist. Offenbar war es zunächst die mangelnde Bekanntschaft mit diesen früheren Angaben, welche jenen Irrthum herbeiführten; hätte Maurer gewusst, dass, wie unten des näheren ausgeführt werden soll, die Capillaren der Frosehgaumenschleimhaut mit divertikel- artigen Anhängen versehen sind, oder hätte er seine Untersuchungen an Schnitten durch andere Methoden ergänzt und controlirt, so wäre er nicht zu seinen Schlüssen gekommen. Die Bedeutung dieser Angelegenheit lässt es begreiflich er- scheinen, dass ich dieselbe zum Gegenstand folgender Zeilen mache, wobei ich trachten will, mit Hülfe mehrfacher Unter- suebungsmethoden und an der Hand der vorliegenden Literatur die wirklichen Verhältnisse darzulegen. Im folgenden seien die hierher gehörigen Literaturstellen kurz eitirt!). 1) Im Februar 1897 hielt Herr Professor Sigmund Mayer im Prager ärztlichen Verein einen Vortrag, in dem er, unter Demonstra- tion zahlreicher Präparate, einige Structurverhältnisse im Blut- und Lymphgefässsystem besprach. Er erwähnte hierbei theils neu von ihm Einige Bemerkungen zu F. Maurer’s Abhandlung ete. 169 Das erste Mal finden wir, wie Langer erwähnt, bei Beale 1865 (I des nachfolgenden Literaturverzeichnisses) eine Abbildung, das Bluteapillarnetz des Froschgaumens darstellend. Wir sehen die einzelnen Röhrehen mit kleinen, rundlichen -knopf- förmigen Anschwellungen versehen. In der Tafelerklärung sind letztere als Divertikel bezeichnet. Im Texte findet sich je- doch kein Hinweis auf diesen Befund. Langer (II) stellte zuerst ausdrücklich fest, dass die knotigen Anschwellungen an den Capillaren des Froschgaumens wirkliche Divertikel seien, welche sich nur an der dem Epithel zugewendeten Wand, oft etwas seitlich verschoben, vorfinden und das Niveau der Schleimhaut etwas überragen. Aehnliche Bil- dungen beschrieb derselbe Autor später (VII) an den Capillaren der Tarsalgegend des oberen Augenlides. In Toldt’s Lehr- buch der Gewebelehre (VI) finden wir Langer’s Beobachtung erwähnt, ebenso in Kölliker’s Handbuch (XD). Carter (III) erwähnt im Jahre 1869 Buckeln an den Capillaren des Froschgaumens. Cohnheim (IV) fielen kleine Ausbuchtungen an den Ca- pillaren der Zungenpapillen beim Frosche auf und denselben Befund machte Arnold (V). Lorent (VIII) vergleicht divertikelartige Vorsprünge der Capillaren im Cobitisdarme morphologisch und funetionell mit den von Langer beim Frosch beschriebenen Gebilden. Im Jahre 1885 erschien eine Arbeit von Sehöbl (IX), in welcher wir den Langer’schen völlig gleiche Befunde für eine grössere Anzahl von Amphibienspecies niedergelegt finden, ohne dass Langer’s Erwähnung geschieht. — Ausserdem beschrieb Sehöbl bei gleicher Gelegenheit divertikeltragende Capillaren in einem malignen Neoplasma der menschlichen Orbita. Langer nimmt in seiner Arbeit lediglich Bezug auf seine Beobachtungen an der flach ausgebreiteten Schleimhaut, auch bei aufgedeckte, theils schon bekannte Thatsachen und reehnete unter die letztere Kategorie das Vorkommen von Divertikeln an den Cäpillaren der Froschgaumenschleimhaut. Bei dieser Gelegenheit stellte Herr Prof. Mayer die Literatur über diesen Gegenstand, soweit sie ihm bekannt geworden ist, zusammen. Dieses Verzeichniss hat mir Herr Prof. Mayer zum Behufe der Publication in der vorliegenden Mit- theilung überlassen. 170 Heinrich Joseph: Schöbl finden wir keine Erwähnung der Anwendung der Sehnitt- methode. Es erscheint mir daher angemessen, neben dem totalen Flächenbilde auch die auf Schnitten sich darbietenden Verhält- nisse in den Bereich unserer Beobachtung zu ziehen, vor allem deshalb, weil Maurer auf Grund der einseitigen Verwendung von Schnitten zu seinem irrthümlichen Resultate kommt. Es wird sich hierbei vieles mit den Befunden älterer Autoren vollständig decken. Aus den an Schnitten gewonnenen Ergebnissen werden einige neue Details hinzuzufügen sein. Meine Untersuchungen beziehen sich zumeist auf die beiden einheimischen Arten von Rana und auf die Kröte. Ich glaube, mit der Darstellung der an diesen Objeeten gemachten Wahr- nehmungen der Sache Genüge geleistet zu haben und die Befunde auch auf die anderen in Frage stehenden Thierspecies übertragen zu dürfen, zumal dies schon von Schöbl auf Grund specieller Untersuchung geschehen ist. Die angewendeten Methoden sollen an passender Stelle angeführt werden. Wenn man am lebenden Frosche mittelst einer krummen Seheere eine kleine Schleimhautfalte vom Gaumen wegschneidet und dieselbe in indifferenter Flüssigkeit ausgebreitet untersucht, kann man bereits in vollkommener Deutlichkeit das mit Blut- körperchen reichlich gefüllte Schleimhauteapillarnetz, besonders an den Rändern des Stückchens, überblicken und sieht die buckeligen Vortreibungen, gleichfalls mit Blut erfüllt, natürlich ohne ihre genauere Beziehung zum Epithel zu erkennen. An Präparaten, welche durch Injeetion einer wässerigen Berlinerblaulösung vom Herzventrikel aus gewonnen und die flach ausgebreitet in stark lichtbrechendem Medium betrachtet wurden, sieht man, dass die Schleimhaut ein einziges Capillarnetz enthält, welches im vorderen Bereiche mehr isodiametrische, weiter rück- wärts gegen den Oesophagus hin mehr in die Länge gestreckte Maschen bildet. Die Schenkel dieser Maschen sind sämmtlich mit knotigen Verdiekungen besetzt, die, wie man sich leicht mit Hülfe der Einstellung überzeugen kann, senkrecht oder ein wenig schief gegen die obere Fläche sich erheben. Sie sind meist von rundlicher Gestalt, manchmal etwas mehr gestreckt, oft sitzen sie, wie dies schon Langer beschreibt, mit einem dünneren Halsstück der Capillare auf, oft ist jedoch ihre Communikation mit dem Hauptrohr eine weite, so dass sie sich nicht als ge- Einige Bemerkungen zu F. Maurer’s Abhandlung etc. 171 stielte, sondern als kuppenförmig aufsitzende Gebilde präsentiren. Abbildungen derartiger Präparate finden sich bei Beale, Langer und Schöbl in vollkommen ausreichender Weise, so dass ich auf die Beigabe von solchen verzichten durfte. Man kann Bilder, welche denen der Injeetionspräparate an Sehönheit und Deut- lichkeit kaum nachstehen, auch durch Anwendung der Chlorgold- imprägnation erhalten. Schon der Hinweis auf diese altbekannten Thatsachen, vor allem auf das Vorhandensein von nur einem, und zwar in derSchleimhaut gelegenen Capillarnetz, würde genügen, um die Angaben Maurer ’s von einem zweiten, über dem ersteren im Epithel gelegenen Netze zu widerlegen. Die von mir an Schnittpräparaten gemachten Beobachtungen sollen nur dazu dienen, diese Widerlegung zu stützen und zugleich eine Erklärung für Maurer’s irrthümliche Ergebnisse zu liefern. Die Objeete wurden entweder ohne weiteres oder nach er- folgter Berlinerblauinjeetion fixirt, zumeist in der Heidenhain- schen Sublimat-Kochsalzmischung, die sich für diesen Zweck als vorzüglich erwies. Die Durchfärbung geschah mit Cochenillealaun oder Boraxcarmin, die Einbettung ausschliesslich in Paraffin. Es wurden, um den Verlauf der Gefässe verfolgen zu können, grössere oder kleinere Serien geschnitten. Auf dem Öbjeetträger fand öfters eme Nachfärbung mit Bleu de Lyon statt. Das Schleimhautcapillarnetz des Froschgaumens verdient, wie die Schnitte zeigen, in vollem Maasse die Bezeichnung su b- epithelial, denn der grösste Theil der seine Maschen bilden- den Capillaren liegt der Basis des Epithels innig an, meist ohne nachweisbare, dazwischenliegende Bindegewebsschicht. Nur an jenen Stellen, wo gerade über einer Capillare ein Sinnesorgan liegt, ist zwischen beiden ein Zwischenraum enthalten, der jeden- falls Nervengewebe, einzelne Capillardivertikel und möglicher- weise etwas Bindegewebe enthält (Fig. 2 e). Die Lagerung der Capillaren ist so oberflächlich, dass die- selben an der Epithelbasis in seichtere oder auch tiefere, rinnen- förmige Einsenkungen zu liegen kommen, wie man dies besonders am Querschnitt soleher Gefässe deutlich sehen kann. (Fig. 1a, 4a, Tb.) Während nun, und dies springt vor allem an injieirten Präparaten in die Augen, der dem Schleimhautbindegewebe zu- 172 Heinrich Joseph: gewendete Rand der Capillaren ziemlich glatt ist, ist der dem Epithel zugewendete mit zahlreichen bogenförmigen oder kurz- gestielten Vorsprüngen versehen, die naturgemäss, da das Capillar- rohr schon dem Epithel dicht anliegt, in kleinen Einbuchtungen desselben liegen müssen (Fig. 2, 3, 6a,e, Ta, a). Letztere sind je nach der Länge der Divertikel seichter oder tiefer, und da der Abgang der Buckel vom Blutgefäss nicht immer ein senkrechter, sondern sehr oft auch ein schiefer ist, so geschieht es sehr leicht, dass ein Theil derselben abgeschnitten wird und als selbständiges Gefässlumen im Epithel imponirt. Dabei kann das zugehörige Gefässrohr im Längs-, Quer- oder Schiefschnitt darunter erscheinen, oder auch nicht, wenn es eben ausserhalb der Schnittebene lag (Fig. 5b, 6a, Ta). An diekeren Schnitten kann man oft bei der Einstellung in einer gewissen Höhe Capillar- und Divertikellumen, durch die unterste Epithellage getrennt, übereinander liegen sehen, während dann bei Einstellungswechsel das verbindende Halsstück sichtbar wird, wie ich dies in Fig. 6 b, e darzustellen versucht habe. Immer kann man aber bei Verfolgung von Serienschnitten den Zusammenhang von scheinbar mitten im Epithel gelegenen Gefässhohlräumen mit einer unmittelbar benachbarten Capillare, sowie den wichtigen Umstand nachweisen, dass die scheinbar ins Epithel dringenden Blutge- fässe als kurze Säckchen blind endigen. Niemals gelingt es, den Zusammenhang zweier von ver- schiedenen Stellen entspringender Divertikel innerhalb des Epithels nachzuweisen, was ja einer Schlingenbildung gleich käme, und ebensowenig hat man Gelegenheit, eine derartige Schlinge etwa in ihrem ganzen Verlaufe zu überblicken. Nur in einem der- artigen Falle hätte man das Recht, von einem intraepithelialen Verlaufe der Blutgefässe zu sprechen. Die Länge jedes einzelnen Divertikels bestimmt es, bis in welehe Höhe des Epithels dasselbe reichen kann, noch mehr aber ist der Bau des Epithels an der jeweiligen Stelle für den Grad dieses Verhaltens von Bedeutung. Ich muss sagen, dass im allgemeinen die infolge der Schnittführung isolirt im Epithel erscheinenden Divertikellumina durch nicht mehr als durch eine einzige Lage von Epithelzellen von der Unterlage getrennt sind, und dass ein Hinaufreichen in höhere Schichten, besonders an Einige Bemerkungen zu F. Maurer’s Abhandlung ete. 173 solchen Stellen, die nur wenige Becherzellen enthalten (beim Froseh der mehr gegen den Schlund hin liegende Bereich des Gaumens, der Schlund und Oesophagus) eine Seltenheit ist. Dort hingegen, wo das Epithel keine besonders starke Schiehtung zeigt und die oberste Schicht zahlreiche Becherzellen enthält, kann, da. diese ja sehr weit herabreichen, ein Contact des Gefässbuckels mit diesen Gliedern der obersten Schicht leicht stattfinden, welchem Verhalten man sehr häufig begegnet (Fig. 4). Schon ganz geringe, kaum merkliche Grade von schräger Schnittführung können dazu führen, dem Beobachter selbst auf längere Strecken Capillarröhren im Epithel (jedoch nur über der untersten Schicht verlaufend) vorzutäuschen. Dies erklärt sich aus dem oben erwähnten Verhalten der subepithelialen Capillaren, die in einer rinnenförmigen Vertiefung der Epithel- basis verlaufen, so dass leicht bei etwas schräger Schnittführung die beiden sie seitlich einschliessenden Zellreihen getroffen werden können (Fig. la, 4a, Tb). Ich darf wohl mit um so grösserer Berechtigung Maurer’s Fig. 1 und 5 als Schrägschnitte betrachten, als ich diesen Bil- dern zu wiederholten Malen auf meinen eigenen Serien selbst begegnete, und immer aus der weniger scharf erscheinenden Abgrenzung des flimmernden Epithelsaumes, sowie aus der ver- mehrten Zahl der Zellschichten und der redueirten Höhe der obersten, flimmernden Schichte auf Schrägschnitte schliessen konnte. Es würde sich nun weiter um die Frage der Auffassung dieser Divertikel handeln. Wenn Maurer grundsätzlich von einer Papille verlangt, dass man nebst einem auf- und einem absteigenden Gefässschenkel auch noch Bindegewebe darin vor- finden muss, so ist dagegen nichts einzuwenden, den geschilder- ten Gebilden, wie dies Maurer thut, den Papillencharakter ab- zusprechen. Ich glaube aber mehr Grund zu haben, mich Langer's Ansicht anzuschliessen, der es mit der einfachsten Form von Papillen zu tlun zu haben meinte. Langer hat im Daumenballen des männlichen Frosches Papillen mit höchst ein- fach gebauten, wirklichen Capillarschlingen beschrieben, die ich schematisch in der umstehenden Figur (a) andeuten will. Von diesen Gebilden zu den Divertikeln (b) scheint mir nur ein 174 “Heinrich Joseph: kleiner Schritt, einfach dadurch, dass sich die vom Epithel abgewendete Wand nieht mit ausbiegt. Der Mangel an Bindegewebe ist meiner Ansicht nach ein recht unwesentliches Moment. Die Bedeutung der Papillen liegt ja eben darin, dass die Blutbahn dem Epithel möglichst ge- nähert wird, und dies geschieht hier unter Reduction ‘ des Bindegewebes am einfachsten und zugleich am ie innigsten.. Vermuthlich ermöglicht es diese Einrich- tung, einen Gasaustausch auf dem Wege durch die Gaumenschleimhaut herzustellen, so dass dieses Organ in den Dienst der Athmung tritt; in diesem Falle wäre ja die Einschaltung einer Bindegewebsschicht von hinderlicher Wirkung, wie ja doch auch in der Lunge das Alveolenepithel in inniger Berührung mit der Gefässwand steht. Es sei hier auch an die ganz ähnlichen, von Lorent (VIII) beschriebenen Verhältnisse im Mitteldarm von Cobitis er- innert. Ein zweiter Umstand, der für die Analogie der Divertikel mit Capillarschlingen spricht, ist der, dass erstere, wie schon Langer nachwies, bei gewissen Thierformen (Bufo) gegen den Schlund hin immer mehr an Höhe gewinnen und in wirkliche Capillarsehlingen übergehen, die in Papillen eingelagert erscheinen. Indem ich zum Schlusse zusammenfasse, was ich in vor- liegender Arbeit klarzustellen bestrebt war, komme ich zu folgen- dem Resultat: Das Epithel der Gaumenschleimhaut bei Am- phibien enthält keine Blutgefässe, ist nicht vas- cularisirt (im Sinne Maurer's) d.h. es finden sich keine Gefässe, welche bogen- oder schlingenför- mig, geschweige denn Netze bildend das Epithel durchsetzen. Vielmehr bildet das Blutgefäss- system des Gaumens eindieht unter dem Epithel gelegenes subepitheliales Capillarnetz, dessen einzelne Aestchen ein System von epithelwärts gerichtetenDivertikeln tragen; dieseerscheinen ineingleichgeformtesSystemvonEinbuchtungen der Epithelbasis eingelagert. Prag, im Dezember 1897. III. Einige Bemerkungen zu F. Maurer’s Abhandlung etc. 175 Literatur-Verzeichniss. . Beale, On the structure of the so called apolar, unipelar and bipolar nerve-cells of the frog. Philosoph. transactions of the royal soc. of London 1863, Vol. 153. . Langer, Ueber das Lymphgefässsystem des Frosches. Sitz.-Ber. Acad. Wien Bd. LV, I. Abth. 1867. Carter, On the distal communication of the blood-vessels with the Iymphaties and of a diaplasmatie system of vessels. Journ. of anatomy and physiology Vol. IV. 1869. . Cohnheim, Untersuchungen über die embolischen Processe. 1872. . Arnold, Ueber Diapedesis. Eine experimentelle Studie. Vir- chow’s Archiv, Bd. 58. 1873. . Toldt, Lehrbuch der Gewebelehre. I. Aufl. 1877. . Langer, Ueber die Blutgefässe im Augenlide. Wiener medicin. Jahrbücher 1878. VIII. Lorent, Ueber den Mitteldarm von Cobitis fossilis L. Arch. f£. mikr. Anat. Bd. 15. 1878. . Schöbl, Ueber Wundernetze und divertikelbildende Capillaren bei nackten Amphibien und in pathologischen Neoplasmen. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 25. 1885. . Maurer, Blutgefässe im Epithel. Morph. Jahrb. Bd. 25. 1897. . Kölliker, Handbuch der Gewebelehre. 5. Aufl. 1867. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XI. Die Abbildungen stellen sämmtlich Vertikalschnitte durch die Gaumenschleimbaut von Fröschen dar. Fig. 1. Rana fusca a,a,a subepitheliale Capillaren mit Blutkörperchen, quer getroffen, in Rinnen der Epithelbasis gelegen. Reichert, Oc. 4, Obj. VII. Rana fusca, Berlinerblauinjeetion. a subepitheliale Capillare mit Divertikeln im Längsschnitt, b Sinnesorgan, ce Raum zwischen diesem und der Capillare. Reichert, Oc. 4, Obj. VII. [) .3. Rana fusca. Berlinerblauinjection. « Stück einer Capillare im Längsschnitt mit drei gestielten Divertikeln. Reichert, Oc. 4, Obj. VIII. . 4. Rana fusca. Berlinerblauinjection. a Capillare im Querschnitt, b eine davon abgehende im Längsschnitt mit vielen verschieden grossen Divertikeln, das am meisten links gelegene bis an die Becherzellen reichend. Reichert, Oc. 4, Obj. VII. 176 Heinrich Joseph: Einige Bemerkungen etc. Fig. 5. Rana fusca. Berlinerblauinjection.e a Capillare im Längs- schnitt, d ein hoch im Epithel gelegenes abgeschnittenes Diver- tikel mit einem Stück des Stieles. Reichert, Oc. 4, Obj. VIII. Fig. 6. Rana esculenta. a abgeschnittenes Divertikel, b Capillare im Querschnitt, ce ein von ihr abgehendes Divertikel, bei höherer Einstellung getrennt erscheinend. Reichert, Oc. 4, Obj. VII. Fig. 7. Rana esculenta. a abgeschnittenes Divertikel, 5 Capillare in einer tiefen Rinne des Epithels gelegen im Querschnitt, c,c zwei von ihr etwas seitlich abgehende Divertikel. Reichert, Oc. 4, Obj. VIII. Zur Anatomie der Nebennieren. Zweite Mittheilung. Von Dr. H. Stilling, Professor in Lausanne. Hierzu Tafel XII. Seit der Veröffentlichung des ersten Bruchstücks dieser Untersuchungen, meiner Abhandlung über das Pigment und die Lymphgefässe der Nebenniere des Rindes!), sind mehr als zehn Jahre verstrichen und in der Veröffentlichung meiner Experi- mente ?) über die Nebennieren ist auch seit längerer Zeit ein Stillstand eingetreten. Diese Unterbrechung der Veröffentlichung ist nicht durch das Abbrechen der Untersuchungen bedingt gewesen. Ich habe denselben im Gegentheil stets meine Aufmerksamkeit zugewandt und sowohl die anatomischen wie die experimentellen Studien weiter geführt. Ich traf jedoch schon in den ersten Jahren derselben auf einige Thatsachen, die mir, wie ich glaube, mit Recht merk- würdig erschienen, für welche ich aber eine ausreichende Er- klärung nicht finden konnte. Durch Anhäufung eines grösseren 1) Virchow’s Archiv 1887, Bd. 109, p. 324—346. 2) Revue de Medeeine 1888; Virchow’s Archiv 1889, Bd. 118; Revue de Medeeine 1890. Zur Anatomie der Nebennieren. 1brere Materials und durch auf einen längeren Zeitraum ausgedehnte Beobachtungen hoffte ich Aufschluss zu erlangen. Dass sich meine Hoffnung nicht in jedem Punkte erfüllt hat, wird Niemand Wunder nehmen; in einem aber meine ich jetzt dem Verständniss etwas näher gerückt zu sein. S I. In meiner Mittheilung über die compensatorische Hypertrophie der Nebennieren hatte ich auf Grund der Unter- suchung einer Anzahl gesunder ausgewachsener Kaninchen ge- glaubt behaupten zu dürfen, dass das Gewicht der Nebennieren im Mittel für 1000 gr Körpergewicht 100 mgr betrage. Ich war nicht wenig erstaunt, als mir bei fortgesetzten Wägungen normaler Thiere Ausnahmen von dieser Regel auf- stiessen. So fand ich, um nur einige Beispiele anzuführen, bei einem grauen Männchen von 2450 gr eine linke Nebenniere von 650 mgr und eine rechte von 647 mgr, während ich kaum die Hälfte dieses Gewichtes erwarten durfte; in einem anderen Falle hatte ein grosses Männchen, dessen Körpergewicht 3370 mgr betrug, eine linke Nebenniere von 240 mgr und eine rechte von nur 185 mgr. Derartige Ausnahmen waren selten, aber sie genügten, um die compensatorische Hypertrophie der Nebennieren in Frage zu stellen und veranlassten mich natürlich zu weiteren Untersuchungen in dieser Richtung). Ich habe im Laufe der letzten Jahre in jedem Monat eine Anzahl kräftiger, ausgewachsener Kaninchen der gewöhnlichen französischen Rasse getödtet und das Gewicht ihrer Nebennieren bestimmt. Die Zahl der untersuchten Thiere beläuft sich jetzt im Ganzen auf 150. Ich betrachte meine Untersuchungen über 1) Ich darf wohl hier anmerken, dass das Ergebniss meiner Ver- suche über die compensatorische Hypertrophie der Nebennieren zu Recht besteht. Ich verweise auf das betreffende Kapitel der inhalts- reichen Arbeit von A. Pettit (Recherches sur les capsules surrenales. Paris 1896, p. 91), welcher meine Versuche bestätigt und erweitert hat. Ich habe selbst neue, und wie ich hoffe, einwandsfreie Versuche ange- stellt, welche ich bei Gelegenheit an einem anderen Orte mitzutheilen beabsichtige. — Dass das Gewicht der Nebennieren bei den einzelnen Individuen Verschiedenheiten aufweist, bemerkt auch A. Pettit für den Aal (l. ec. p. 94). — Pettit macht jedoch keine Angaben über das Körpergewicht dieser Thiere und seine Beziehung zu dem Gewicht der Nebennieren, so dass es zweifelhaft bleibt, ob er den oben mitge- theilten analoge Beobachtungen gemacht hat. 178 H. Stilline: die Nebennieren des Kaninchens keineswegs als abgeschlossen; zu einer Folgerung aber glaube ich mich berechtigt: das Gewicht der Nebennieren des Kaninchens ist gewissen bedeutenden Schwankungen unterworfen. Die oben angeführten Fälle sind zu häufig. Ferner glaube ich sagen zu dürfen, dass in der wärmeren Jahreszeit (Mai—September) das Gewicht der Nebennieren gering, dass es im Winter höher ist, und dass jene abnorm hohen Ziffern sich nur im Frühjahr, in den Monaten März und April finden. Leider stellen sich diese Gewichtsveränderungen nicht mit einer Regelmässigkeit ein, die ohne Weiteres bestimmte Schlüsse zu ziehen erlaubte. Wenn ich auch während der Sommermonate bis jetzt niemals ein hohes, im Winter nur ausnahmsweise ein niedriges Gewicht der Nebenniere eonstatirt habe, so findet sich doch durchaus nicht bei allen Kaninchen, welche man im März oder im April tödtet, die erwähnte ausserordentliche Zunahme des Gewichts der Nebenniere. Ich habe die in Rede stehende Beobachtung jedoch schon zu oft gemacht, und stets in demselben Zeitabschnitt gemacht, als dass ich sie lediglich für ein Spiel des Zufulls ansehen könnte. Zudem glaube ich mit der Veränderung des Gewichts Hand in Hand gehende Veränderungen der Structur der Nebennieren wahrgenommen zu haben, was mich um so mehr in der Ver- muthung bestärkt, dass in denselben periodische Wandlungen vor sich gehen, deren Feststellung von Interesse wäre. Die Erforschung dieser Dinge stösst beim Kaninchen auf grosse Schwierigkeiten, zumal wenn man für einen Theil der zu untersuchenden Thiere auf andere Züchter angewiesen ist und die Verhältnisse, unter welchen die Thiere gehalten wurden, nicht genau eontrolliren kann. Ich habe mich deshalb veranlasst gesehen einige ver- gleichende Untersuchungsreihen bei freilebenden Thieren ver- schiedener Klassen anzustellen, in der Hoffnung, bei diesen etwaige periodisch wiederkehrende Veränderungen in den Nebennieren leichter und mit grösserer Sicherheit feststellen zu können. Im Folgenden will ich die Erfahrungen mittheilen, welche ich in dieser Beziehung über die Nebennieren des Frosches (R. escul.) gesammelt habe. $S II. Die Thiere, welche ich zu meinen Untersuchungen Zur Anatomie der Nebennieren. 179 benutzte, wurden von Anfang März bis Ende October gefangen und alsbald getödtet. Die herausgenommenen Nieren mit den ihnen aufliegenden Nebennieren wurden, um Schrumpfungen zu verhüten, auf kleinen Korkplättchen befestigt und dann mit ver- schiedenen Conservirungsflüssigkeiten behandelt. Gute Resultate geben das Hermann’sche und das Zenker'sche Gemisch. Wegen der bekannten Reaction der Markzellen auf doppelt ehromsaures Kali habe ich mich auch einer 10°/,igen Formalin- lösung bedient, der 2,5—5°/, Kali bichr. zugesetzt waren. Die Fixirung der Elemente der Nebennieren in dieser Mischung ist eine ziemlich gute; die Markzellen treten überall prächtig hervor. Die in der Zenker'schen Flüssigkeit erhärteten Organe werden in Alcohol leicht brüchig, so dass sie nicht länger als 2—5 Monate aufbewahrt werden können. Die besten Färbungen erhielt ich mittelst der gewöhnlichen Hämatoxylin-Eosinfärbung; für die in der Zenker’schen Lösung fixirten Präparate wird auch das Ehrlich’sche Triacidgemisch (oder die Ehrlich-Biondi’sche Lösung) mit Vortheil an- sewandt. $ III. Die Nebennieren des Frosches sind verhältnissmässig selten untersucht worden. Die ausführlichste Beschreibung findet sich m Ecker's treflicher Monographie). Eberth?) unter- schied zuerst die Markzellen von der Rinde. Die Neueren, Wiedersheim?°) und A. Pettit?), beschränken sich auf eine gute Darstellung der mit blossem Auge wahrnehmbaren Verhältnisse. Bekamntlich stellen die Nebennieren des Frosches kleine, auf der unteren Fläche der Nieren gelegene gelbliche Läppchen dar, welche sich aus winzigen, die Ven. renal. reveh. umgeben- den Balken zusammensetzen. Ihre Hauptmasse findet sich an der lateralen Seite der Vene; sie liegen bald mehr am äusseren Rande der Niere, bald mehr in der Mitte des Organes. Die Länge der Nebennieren ist verschieden. Bisweilen er- strecken sie sieh über die ganze untere Fläche der Nieren, bis- weilen nehmen sie nur ungefähr die Hälfte derselben ein, 1) Der feinere Bau der Nebennieren etc. 1846, p. 28. 2) Strieker’s Hdbeh. der Gewebelehre I, p. 508. 3) Ecker-Wiedersheim, Die Anatomie des Frosches. 2. Aufl: p. 46. 4) l. e. p. 64. 180 H. Stilling: Gewöhnlich beträgt ihre Länge 12—16 mm, ihre Breite 1—2 mm, ihre Dicke 0,2—0,4 mm. Die vorderen Theile sind oft breiter als die hinteren. Die mittleren Theile sind dicker als die vorderen und hinteren. Mitunter zerfällt die Nebenniere in mehrere, von einander getrennte Läppcehen, deren Theile auch wieder deutlich von einander geschieden sein können, so dass man fast an das Ver- halten der Nebennieren bei den Urodelen erinnert wird. Meist hängen jedoch die einzelnen Theile inniger mit einander zu- sammen. $ IV. Der feinere Bau des Organs erhellt aus dem Studium von Durchschnitten, welche in sagittaler, frontaler und horizon- taler Richtung angelegt werden (Längsschnitte, Querschnitte, Flachsehnitte). Ich beginne mit der Beschreibung einer Serie von Sagittal- schnitten der Nebennieren : eines Ende October gefangenen Frosches. Verfolgt man die Nebennieren auf Schnitten, welche an dem medialen Ende des Organs beginnen, so stellen sich ihre äussersten Theile als vereinzelte rundliche, ovale oder langgestreckte An- häufungen zelliger Elemente dar; dieselben stehen in innigem Zusammenhang mit den venösen Gefässen und sind oft in der Wand der Vena ren. reveh. selbst gelegen. Die Zellen entsprechen in ihrem Charakter den Rindenzellen in den Nebennieren der höheren Wirbelthiere. In den folgenden Schnitten vermehren sich die Haufen rasch; bald zeigt sich die Oberfläche der Niere in grösserer oder geringerer Ausdehnung von den mächtiger entwickelten Neben- nieren bedeckt. Der weiten Gefässe halber, um welche die Zellenhaufen gruppirt sind, ist der untere (äussere) Abschnitt der Nebennieren sehr locker gefügt. Sowie die Schnitte einen beträchtlicheren Theil des Organs umfassen, kann man neben ihm noch einen oberen (inneren), direet an die Nierensubstanz stossenden Theil unterscheiden, in dem die grossen Gefässe fehlen und weleher deshalb eompaecter erscheint. Diese fester gefügte Abtheilung besteht aus Zellenmassen, welche Längs- und Schiefschnitte von Säulen oder Schläuchen darstellen. Die Schläuche stehen mit einander in Verbindung Zur Anatomie der Nebennieren. 181 und sind nur durch die Blutgefässe, deren Wandbelag sie bilden, von einander geschieden. Sieht man genauer zu, so findet man alsbald, dass sie aus kleineren rundlichen oder ovalen Abtheilungen zusammenge- setzt sind, welche sich in verschiedenen Riehtungen an einander reihen. Die Bildung der Unterabtheilungen ist bedingt durch das Auftreten eines neuen Elementes, der grossen, durch Kali bichr. stark gebräunten Markzellen. Dieselben sind durch die ganze Nebenniere verbreitet; sie fehlen nur in den oberflächlichen Theilen. Sobald die Zahl der Rindenschläuche einigermaassen beträchtlich wird, treten die Markzellen auf und schieben sich zwischen die Rindenzellen, zu- nächst einzeln, dann zu mehreren, die Rindenzellenhaufen um- schliessend und abgrenzend. Ihre Zahl nimmt rasch zu. Wenn die Nebenniere gewisse Dimensionen erreicht hat, so trifft man neben den eben er- wähnten und kleineren in der Venenwand gelegenen Haufen selbst- ständige Gruppen von Markzellen, die nach der Mittellinie des Organs grösser und grösser werden. In den mittleren Theilen sind sie am stärksten entwickelt, nach den Enden zu werden die Gruppen schmäler. Von der Niere werden sie durch eine zusammenhängende Schicht von Rindensubstanz abgegrenzt. Die grösseren Massen stehen mit den kleinen, und diese mit den einzelnen Zellen, welche sich zwischen den Rindenzellen- anhäufungen befinden, in Verbindung; somit besteht ein continuir- licher Zusammenhang aller Elemente des-Marks durch die ganze Nebenniere. Die Form der Markzellenhaufen eontrastirt lebhaft mit der Form der Rindenzellenmassen. Die letzteren machen ganz den Eindruck von quer- und längsgeschnittenen, zu Balken vereinten Drüsen ohne Lumen; bisweilen scheint sogar ein solches Lumen vorhanden zu sein, was natürlich die Aehnlichkeit eines Schnittes der Nebennieren mit dem einer Drüse noch vergrössert. Die Markzellengruppen dagegen stellen längere oder kürzere, breitere oder schmälere, unregelmässig geformte und durch die Ausläufer, welche sich zwischen die Rindenzellen einschieben, vereinigte, mit dem Längsdurehmesser wesentlich dem Längs- 182 H.Stilling: durehmesser des Organs parallele Massen dar. Sie erinnern an die Form von Krebszellensträngen in demsubeutanen Gewebe, welche gewisse Krebse der Haut, die in den Lymphgefässen und Saft- bahnen wachsen, anzunehmen pflegen. In den mittleren Theilen der Nebennieren trifft man neben den Markzellen noch auf ein drittes, aber sehr spärlich vertretenes Element, auf Ganglienzellen. - Dieselben entsprechen in ihrem Charakter durchaus den sympathischen Ganglienzellen des Frosches. Sie sind zu einem mikroskopischen Ganglion angehäuft, welches in der Nähe eines Astes der Vena ren. rev. gelegen ist und nur aus 5—7 Zellen besteht. Bisweilen stösst man nach oben oder seitlich von diesem Ganglion noch auf eine oder zwei vereinzelte, von Markzellen umgebene Nervenzellen. Auch die zuerst genann- ten Zellen sind meist (wie in der Nebenniere des Rindes) von Markzellen eingehüllt. Verfolgt man die Schnittserie von der Mitte des Organs nach dem lateralen Ende weiter, so wiederholt sich das eben be- schriebene Bild in umgekehrter Reihenfolge. Die Nebennieren nehmen nach und nach an Länge ab, sie werden schmäler und zerfallen in mehrere Stücke. Ihr Gefüge wird lockerer, mehr und mehr reducirt sich das ganze Organ auf eine Reihe von Zellhaufenquerschnitten, welche in der Wand der aus der Niere hervortretenden Aeste der Vena ren. rev. gelegen sind. Diese Rindenzellenmassen erinnern überall an quer- und längsgeschnittene Drüsenschläuche. Die Markzellen sind an Zahl sehr vermindert, aber sie finden sich noch in der oben beschrie- benen Weise zwischen die Masse der Rindenelemente eingeschaltet; nur hie und da trifft man noch auf grössere Anhäufungen in Form langgestreckter, etwas unregelmässiger Züge. Auch in der Venen- wandung bemerkt man vereinzelte Anhäufungen dieser Elemente. Schliesslich finden sich auf den Schnitten nur noch Rinden- zellen: einzelne Gruppen rundlicher oder ovaler Häufchen zwischen oder neben einem Nephrostom. Dass diese äusserste, lediglich aus Rindenelementen be- stehende Schiehte nur von ungemein geringen Dimensionen ist, erkennt man auch auf einer Serie von Horizontalschuitten der Nebennieren. Nur der erste oder der zweite oberflächliche Schnitt zeigen jene rundlichen oder ovalen Häufchen. Alsbald aber tritt Zur Anatomie der Nebennieren. 183 ein Bild auf, welches mit geringen Modificationen auf allen Schnitten wiederkehrt. Stark gefülltes venöses Netz mit langgezogenen, schmäleren oder breiteren Maschen, die Venenstämme durch enge Capillaren verbunden; die Maschen durch Zellen ausgefüllt, die also auch ein langgezogenes, die Gefässe bedeekendes Netzwerk darstellen. Die einzelnen Zellenbalken machen den Eindruck, als ob sie aus drüsenartigen, längs-, quer- oder schräggeschnittenen Schläuchen zusammengesetzt wären. Diese Trennung der Balken in Schläuche, welche wie Quer- oder Längsschnitte von Drüsen aussehen, beruht auch hier wesent- lich auf dem Umstand, dass Fortsätze der Markzellenhaufen, aus einer oder mehreren Zellen bestehend, sich längs der Capillaren oder unabhängig von ihnen, zwischen die Elemente der Balken einschieben. Die grösseren Anhäufungen der Markzellen haben im All- gemeinen das Aussehen und die Anordnung, welche von den Sagittalschnitten geschildert wurde. Je mehr man sich der Mitte der Nebennieren nähert, desto zahlreicher werden die Anhäufungen der Markzellen, desto breiter und länger die Haufen. Das eben erwähnte kleine Ganglion findet sieh natürlich ebenfalls auf der Serie der Horizontalsehnitte. Auch hier treffen wir bisweilen, versteckt in einem Haufen braungefärbter Mark- zellen eine vereinzelte, nicht mit dem Ganglion in Zusammenhang stehende Nervenzelle. An den Enden der Nebennieren erscheint auch in den Horizontalschnitten die Struetur etwas lockerer; rundliche Zellen- haufen finden sich hier wie in den äussersten unter dem Peri- toneum gelegenen Theilen der Sagittalschnitte. Geht man weiter, so bemerkt man, ohne dass sich die An- ordnung der Theile und das Verhältniss des Markes zur Rinde wesentlich ändert, dass die Nebenniere auf Schnitten in mehrere Stücke zerfällt, welehe dureh Nierensubstanz von einander ge- schieden werden. Diese Stücke reihen sich nicht in der gleichen Richtung an eimander; man findet z. B. ein oberes laterales, ein mittleres und ein unteres an dem medialen Rand der Niere ge- legenes. Alsbald nimmt auch die Flächenausdehnung dieser ab, die Nebenniere ist meist auf ein mittleres, in dem Parenchym der Niere vergrabenes Stück redueirt. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 52. 13 184 H. Stilling: Die Marksubstanz wird immer spärlicher, in ihrer Anord- nung tritt jedoch keine wesentliche Veränderung ein. Je mehr sie sich auf den Schnitten verliert, desto mehr finden sich in der Rinde rundliche oder ovale Zellgruppen; neben diesen trifft man immer noch langgestreckte, venöse Gefässe beklei- dende Züge. Die Ausdehnung der Nebennieren auf Frontal-(Quer-)Schnitten wechselt etwas, da, wie früher bemerkt, die vorderen Theile des Organs gewöhnlich etwas breiter sind als die hinteren, und weil auch in der Dieke der Nebennieren geringe Schwankungen vor- kommen. Im Uebrigen ist das Aussehen der Schnitte im Wesent- lichen überall dasselbe. Die untere Wand der quergetroffenen V. ren. rev. ist mit Rindensubstanz bedeckt, von ihrer oberen gehen in radiärer Rich- tung Zellenstränge aus, die sich wie Strebepfeiler an die Niere anlegen. Dieselben sind durch quer-, längs- oder schräggeschnittene Blutgefässe von einander geschieden. Die auf der Vene liegenden äusseren Haufen sind vielfach rundlieh; hie und da trifft man auch Markzellen zwischen ihnen an. In den Balken, welche den Haupttheil des Organs aus- machen, finden sich Rinde und Mark in ähnlicher Weise ge- mischt, wie es von den Sagittal- und Horizontalschnitten ge- schildert wurde. Die Marksubstanz ist in Form unregelmässiger Klumpen zwischen die Masse der Rindenelemente eingeschaltet. Ausläufer des Markes theilen die Rinde in elliptische, langgestreckte, bisweilen auch rundliche Zellgruppen ab. Von der Niere ist die Nebenniere auf allen Schnitten sehr scharf geschieden; lediglich wegen der Verschiedenheit des Baues der beiden Organe. Eine sie begrenzende Membran findet sich nirgends. Die Zellstränge der Nebennieren stossen vielfach direet an die Harnkanälchen; nur die Membrana propr. derselben trennt die Elemente der Nebenniere von denen der Niere. S V. Aus der vorstehenden Beschreibung der in den ver- schiedenen Ebenen angefertigten Schnittserien wird der Bau der Nebennieren ohne Schwierigkeit verständlich. Es handelt sich im Wesentlichen um die bereits von Ecker erkannten Verhältnisse. Die mit blossem Auge sichtbaren Balken bestehen aus Gruppen von Schläuchen. Solche Schläuche um- Zur Anatomie der Nebennieren. 185 geben die Durcehschnittslumina der Venen und liegen zum Theil wirklich in den Wandungen dieser. Die Schläuche sind ge- schlossen, oval, länglich oder unregelmässig, von 0,075—0,125 mm im Durchmesser. Sie sind relativ kurz, mitunter plattgedrückt; manchmal biegen sie hirtenstabförmig um und bisweilen gehen sie unter spitzem Winkel in einander über. In den äussersten Theilen der Nebenniere kommen auch kuglige Zellgruppen vor!). $S VI. Ueber das kleine Ganglion der Nebenniere ist das Nöthige bereits gesagt worden. Die geringe Anzahl seiner Zellen verschuldet es, dass sowohl Wiedersheim wie Pettit trotz sorgfältiger Präparation die nervösen Elemente in der Neben- niere des Frosches vermisst haben. Grössere Nervenstämmehen habe auch ieh nieht gefunden, sondern nur einige blasse Fasern in der Nähe einer die Neben- niere durchsetzenden Arterie. Ueber ihren Zusammenhang mit dem Ganglion kann ich nichts aussagen. $S VII. Die Haufen und Schläuche der Rindenzellen sind nicht nur, wie man auf den ersten Blick glauben sollte, durch die Blntgefässe, denen sie anliegen, von einander geschieden ; sie besitzen eine Membrana propr., welche an nZenker’scher Flüssigkeit erhärteten und mit Hämatoxylin gefärbten Präparaten deutlich hervortritt, besonders da, wo sich mehrere Schläuche zu einem grösseren vereinigen. Die zelligen Elemente, welche die Schläuche erfüllen, sind (von den Markzellen abgesehen) zweierlei Art. Zunächst finden wir in den kugligen Haufen der äusseren Theile der Nebenniere feinkörnige Zellen mit rundem oder ovalem Kern, die sich nicht deutlich von einander abgrenzen; ihr Protoplasma enthält keine Fetttröpfehen; sie erinnern an die Elemente der Zona glomerulosa der höheren Wirbelthiere und dürfen ihnen gleich gestellt werden. Der weitaus grösste Theil der Zellenschläuche wird von Elementen gebildet, welche beträchtliche Dimensionen haben, sich gut von einander abgrenzen und mit Fetttröpfehen mehr oder weniger erfüllt sind. Der Durchmesser der Fetttröpfehen ist verschieden. Oft sind sie so zahlreich angehäuft, dass sie zu 1) Vergl. hierzu die Beschreibung Ecker’s |. e. p. 29. 186 H.SBtalliume: grösseren Tropfen zusammenfliessen und den Kern der Zelle ver- decken. An den mit Alkohol behandelten Präparaten erkennt man ohne Weiteres, dass sie in einem meist ziemlich regelmässigen Maschenwerk gelegen sind, welches von dem Protoplasma der Zelle gebildet wird. Die Form dieser Zellen wechselt je nach ihrer Anordnung innerhalb der Schläuche. In den schmäleren Schläuchen finden sich Zellen, welche den Elementen gleichen, die Henle!) aus der Rinde der Neben- nieren des Pferdes und des Hundes so treffend geschildert hat: sie sind abgeplattet oder prismatisch, mit länglichen, oder wenn sie breiter sind, mit rundlichen Kernen versehen und wie Holz- scheite übereinander gethürmt. Ihre Längsaxe steht zu der Längsaxe der Balken senkrecht. Oft sind sie so lang als der Balken breit; die Kerne finden sich ungefähr in der Mitte des letzteren, oder häufiger etwas excentrisch. In anderen, zwischen zwei Blutgefässen ausgespannten Balken sind die Zellen kürzer; gewöhnlich greifen zwei inein- ander, einzelne ziehen sich in Spitzen aus. Ihre Kerne sind theilweise den Blutgefässen zu-, theilweise von ihnen abgewandt. Da wo die Schläuche umbiegen, um sich mit einem anderen zu vereinigen, drängen sich die Zellen dicht zusammen und ihr Längsdurchmesser richtet sich mehr und mehr senkrecht zur Queraxe der Balken. In den breiteren Schläuechen sind die Zellen bald längs der Membrana propria wie ein niedriges Cylinderepithelium ange- ordnet und zu der Axe des Schlauches radiär gestellt, bald ohne Ordnung in grösserer Anzahl nebeneinander gehäuft. Die Kerne dieser grösseren Elemente sind meist rundlich. Eigentliche Lumina finden sieh innerhalb dieser Schläuche nicht, so sehr man auch oft verleitet sein könnte, solche anzu- nehmen. Namentlich an Präparaten, welche in Müller’scher Flüssig- keit oder in dem Formalin-kali biehrom. Gemisch erhärtet wurden und in denen die Grenzen der Zellen nicht sehr deutlich hervor- treten, hat man oft den Eindruck, Quer- oder Längsschnitte von Sehläuchen vor sich zu haben, die eine riehtige, mit krümeligen 1) Hdbeh. der Anatomie II. p. 593. Zur Anatomie der Nebennieren. 187 Massen und kleineren Zellen erfüllte, regelmässig geformte Höhlung besitzen. Sieht man aber genauer zu (namentlich an in Zenker- scher oder Hermann ’scher Flüssigkeit wohl fixirten Präparaten), so findet man die Zellen, welehe die Wand des Sehlauches be- kleiden, sehr deutlich von dem Lumen und seinen Elementen ab- gegrenzt. Die letzteren sind kleine einkernige Leukocyten oder spindelförmige Elemente des Froschblutes, das scheinbare Drüsen- lumen ist nichts anderes als der Querschnitt eins von zwei einzelligen Balken eingescheideten Capillargefässes. s$s VIII. Die Markzellen unterscheiden sich sehr leicht von den Zellen der Rinde. Selbst in Präparaten, welehe nieht mit Kali bichr. behandelt worden sind, fallen sie durch ihre Grösse und ihre dunkelere Färbung auf. Der Längsdurchmesser der Zellen steht meist zu dem Längs- durechmesser des Gefässes, dem sie aufliegen, senkrecht; deshalb ist die Richtung der einzelnen Gruppen in den Schnitten natür- lich sehr verschieden. Die Kerne der Zellen sind von der Gefässwand abgekehrt. Sie sind gross, oval; der Nucleolus meist excentrisch gelegen, das Kerngerüst netzförmig mit regelmässigen Maschen. Das Protoplasma erscheint in Präparaten, die mit Zenker- scher oder Hermann scher Lösung behandelt wurden, fein granu- lirt oder streifig; da wo es an die Gefässwand stösst, ist es homo- gen und intensiver gefärbt. Die Endigung der Zellen an der Gefässwand ist auf dem Schnitt von einer wellenförmigen, etwas unregelmässigen Linie begrenzt. In den Haufen sind die äusseren Elemente schmäler, sie sehmiegen sich an die senkrecht zu dem Gefäss stehenden an und streben mit radiär zu der Gefässaxe stehenden Kernen der Wandung zu. Auch in den grösseren Markzellenhaufen ist die Richtung der Elemente stets durch das Verhältniss zu den Blutgefässen, zwischen denen sie liegen, bedingt. So trifft man auf Sagittal- schnitten Gruppen, von denen eine Abtheilung mit dem Längs- durchmesser nach links, die zweite nach rechts, die dritte nach oben und die vierte nach unten gerichtet ist. Die Kerne dieser verschiedenen Abtheilungen stossen in der Mitte zusammen. In sehr grossen Haufen wird natürlich das Verhältniss der 188 H.Stilline: Zellen complieirt. Es kann dann so aussehen, als wenn ihre Anordnung eine ganz willkürliche wäre. Das ist aber nur schein- bar der Fall. Die kleineren Markbrücken, welche die grossen Anhäunfungen mit einander verbinden, bestehen oft aus zwei Zellen, die zwischen zwei Gefässen ausgespannt sind; ihre Kerne finden sich einander gegenüber, ungefähr in der Mitte zwischen den Gefässen; das Protoplasma heftet sich an die Gefässwand. Die Markzellen, welche sich einzeln zwischen die Elemente der Rinde schieben, die Rindenzellenschläuche umrahmen und in kleinere Gruppen abtheilen, liegen den Gefässen flach auf, so dass man sie im Quer- oder Längsschnitt, oder in ihrer ganzen Ausdehnnng von der Fläche zu sehen bekommt. $ IX. Ein Punkt bleibt noch in der Beschreibung dieser Zellen zu erörtern: das eigenthümliche Aussehen, welches ihr Protoplasma in Präparaten erkennen lässt, die mit Kalı bichr. (Müller’sche Flüssigkeit oder Formalin-Kalibichr.) behandelt worden sind. Die Abgrenzung der Zellen gegeneinander ist in diesen Präparaten vielfach undeutlich, namentlich in den grösseren An- häufungen. Schon bei oberflächlicher Betrachtung bemerkt man, dass die Braunfärbung des Zellleibes keine gleichmässige ist; innerhalb desselben treten ungefärbte Stellen hervor. Hier handelt es sich einmal um Vaeuolen in dem Protoplasma, dann aber auch um Theile, welehe die braune Farbe nicht angenommen haben. Von der Richtigkeit dieser Behauptung kann man sich am leichtesten überzeugen, wenn man ein Thier untersucht, das während des Winters schon einige Monate ohne Nahrung zuge- bracht hat. Man trifft dann in den Anhäufungen der Markzellen, die in der Form von den oben geschilderten nicht abweichen, die braune Masse in sehr unregelmässiger Weise vertheilt. Es macht den Eindruck, als wenn sie sich von der Peripherie der Zelle gegen das Centrum zurückgezogen hätte. Neben offen- baren Vacuolen sieht man aber deutlich, dass die Masse der Zellen trotz der mangelnden Braunfärbung erhalten ist; sie nimmt in Hämatoxylin-Eosin einen blaugrauen, etwas schmutzigen Ton an. Die Vacuolen haben oft recht eigenthümliche Formen. Sie Zur Anatomie der Nebennieren. 189 erweisen sich als feine, in das braune Protoplasma eingegrabene, bisweilen sehr regelmässig geformte, netzförmig mit einander ver- bundene Kanälchen, die bis zwischen die einzelnen Zellen, be- ziehungsweise bis an die Gefässwand zu verfolgen sind. In der Zelle entspringen sie bisweilen aus einer grösseren, ampullen- förmigen Vacuole. An Präparaten, welche nicht mit Kali bichr. behandelt sind, ist von Vacuolen und Kanälchen nichts wahrzunehmen. $ X. Die Nebennieren sind von einem Iymphatischen Ge- webe umgeben, das sich auch an der oberen Fläche der Nieren findet und sich zwischen die einzelnen Läppehen der Nebenniere einschiebt. Es besteht zum grössten Theil aus polynucleären Leuco- eyten, deren granulirtes Protoplasma sich in Eosin lebhaft roth färbt. Neben diesen kommen einkernige Leucocyten und grosse Zellen mit eingebuchteten Kernen vor, welche an die bekannten Elemente des Knochenmarks erinnern. Im Frühjahr finden sich zwischen diesen Zellen auch rothe Blutkörperchen, anscheinend nicht in Gefässen gelegen. $S XI. Ich würde dieses Iymphatischen Ueberzuges der Nieren nicht gedacht haben, wenn nicht die Veränderungen, welche sich im Sommer in den Nebennieren abspielen, durch das Verschwinden desselben gewissermaassen eingeleitet würden. Der Schwund des Iymphatischen Gewebes und die Abände- rung der Structur der Nebennieren sind vielleicht durch die näm- lichen Umstände bedingt; ein directer Zusammenhang zwischen beiden ist jedoch nicht nachzuweisen. S XII. Vergleicht man Schnitte der Nebenniere eines im Sommer getödteten Frosches mit der Nebenniere eines Winter- frosches, so fällt alsbald auf, dass das drüsenartige Aussehen der die Gefässe bedeckenden Zellmassen einer gleichmässigeren Struc- tur Platz gemacht hat. An Stelle der ovalen oder länglichen Schläuche finden wir überall verzweigte Balken von annähernd gleicher Dieke; nur an den Enden und in der Venenwand be- merkt man noch rundliche oder ovale Zellhaufen. Auch auf Querschnitten erscheinen die einzelnen Balken länger gestreckt und nicht aus so vielen Abtheilungen zusammen- gesetzt wie bei dem Winterfrosch. Diese Umwandlung der kleineren in umfangreiche Schläuche 190 ELSE und die grössere Gleiehmässigkeit in der Anordnung derselben ist wesentlich bedingt durch die Abnahme der Marksubstanz. Die oben beschriebenen, etwas unregelmässig gestalteten Markzellenhaufen von grösserer Ausdehnung treffen wir gar nicht oder nur selten an. Im Allgemeinen ist die Marksubstanz auf kleinere Ansammlungen redueirt, die in ziemlich regelmässigen Abständen die Rindenelemente unterbrechen und kurze Brücken zwischen den Gefässen bilden. Selbst da, wo sich die Neben- niere über den grössten Theil der unteren Fläche der Niere er- streckt, wo man also die Marksubstanz in voller Entwicklung er- warten müsste, ist dieselbe auf ovale oder rundliche Gruppen von geringer Ausdehnung beschränkt. Die Zahl der einzelnen, von Gefäss zu Gefäss ziehenden oder die Rindenschläuche umspinnenden Markzellen hat ebenfalls abgenommen. So erscheinen nothwendigerweise die Schläuche der Rinde grösser, ihre Zusammensetzung gleichmässiger. $ XIII. Das Protoplasma der Markzellen ist dichter ge- fügt. So zahlreiche und grosse Vacuolen, wie man sie beim Winterfrosch antrifft, zeigen sich bei den im Sommer gefangenen Thieren nicht. Die oben erwähnten Kanälchen finden sich jedoch auch hier; die nieht vacuolisirten Theile des Protoplasmas sind gleichmässig braun gefärbt. So gering diese Veränderungen auch sein mögen, so möchte ich sie doch nieht für ein zu vernachlässigendes Kunstproduet halten. Denn die beiden Zustände der Markzellen — zahlreiche Vacuolen und wenige ete. — finden sich auch bei anderen Thieren, z. B. beim Kaninchen. Ich bemerke, dass bei diesem Thiere eine Abnahme der Marksubstanz mit der Vergrösserung des Organs Hand in Hand geht. $S XIV. Die auffallendste Veränderung in dem Baue der Nebenniere, welehe schon auf den ersten Blick die Nebenniere eines im Sommer gefangenen von der eines im Frühjahr, Herbst oder Winter getödteten Frosches unterscheiden lässt, ist innerhalb der Rindenzellenmassen selbst vor sich gegangen. Hier treten ganz neue Elemente. auf. Sie erscheinen in grossen Mengen und sind leicht zu erkennen, da sie gewisse Farbstoffe sehr stark anziehen. Tingirt man ein in dem Zenker'schen Gemisch fixirtes Präparat, dessen Kerne mit Hämatoxylin gefärbt sind, !/,—1 St. Zur Anatomie der Nebennieren. 191 in einer schwachen Eosinlösung!), so nimmt das Protoplasma der in Rede stehenden Gebilde einen leuchtend rothen Ton zu einer Zeit an, wo die rothen Blutkörperchen und die übrigen Proto- plasmen nur hell rosa gefärbt sind. Nieht minder auffallend ist die gesättigt rothviolette Farbe, welche ihnen das Ehrlich’sche Triacid- oder das Ehrlich- Biondi'sche Gemisch verleiht. Von den Markzellen, welche hellröthliche oder gelbliche Farbentöne aufweisen, sind sie leicht zu unterscheiden. Die starke Färbung dieser Zellen, welche ich der Kürze halber, da sie sich nur in der wärmeren Jahreszeit finden, „Sommer- zellen“ nennen will, durch Eosin, erzielt man auch leicht an Präparaten, welche in dem Formalin-Kali-bichr. Gemisch erhärtet wurden. Die braunen Markzellen nehmen in diesen Präparaten einen dunklen, kupferrothen Ton an, der gegen den hochrothen der Sommerzellen sehr absticht. Das Ehrliceh-Biondische Gemisch giebt bei solchen Präparaten keine brauchbaren Resultate. Abgesehen von ihrer Färbung unterscheiden sich die Sommer- zellen auch durch ihre Form und ihre Anordnung von den übrigen Elementen der Nebenniere. Es sind ungefähr birnförmige Gebilde mit ovalem, dem schmäleren Pole dieht anliegenden Kern. Der letztere enthält gewöhnlich mehrere Nucleolen, die sich im Gegensatz zu denen der Rinden- und Markzellen in Eosin nicht roth färben. Der Zellleib besteht aus feinen Körnchen, meist von ungefähr gleicher Grösse), welche die erwähnten Farbstoffe sehr stark anziehen und der Zelle ein granulirtes Aussehen verleihen. Die Länge der Zellen beträgt 14—26 u, ihre Breite 8--12 u; die Kerne messen 8:6 u. Auf den ersten Blick scheint ihre Lagerung innerhalb der Rindenzellenschläuche eine sehr unregelmässige (Taf. XII, Fig. 2). Untersucht man jedoch eine grössere Reihe von Schnitten, welche in den verschiedenen Richtungen angefertigt wurden, so erkennt 1) Es ist auf eine reine Kernfärbung zu achten, da ein bläulicher Schimmer des Protoplasmas die Wirkung der Eosinlösung natürlich sehr beeinträchtigt. 2) Die Granula sind ungefähr halb so gross wie die der eosino- philen Zellen des Bindegewebes. 192 H. Stilling: ıman, dass sie wesentlich in den peripheren Theilen der Schläuche ihren Sitz haben. Mit dem Längsdurchmesser sind sie entweder parallel zu dem Längsdurchmesser der Balken oder senkrecht zu demselben gerichtet. Die grössere Zahl folgt in ihrer Richtung dem Längsdurchmesser der Balken, wovon man sich auf Hori- zontalschnitten der Nebenniere überzeugen kann. Die quer zu dem Durchmesser der Balken angeordneten Zellen werden natür- lich. auf den Sagittal- und Horizontalschnitten nur im Durch- schnitt als elliptische oder etwas unregelmässig geformte rothe Klumpen angetroffen. Die Riehtung der Kerne, die Lage des breiten Pols der Zelle sind sehr veränderlich. Einmal trifft man auf Balken, in denen die Kerne sich regel- mässig einander gegenüber stehen (Taf. XII, Fig. 3), ein anderes Mal findet man die Zellen mit dem breiten Pol gegen einander gerichtet u. s. w. Mitunter bilden die Sommerzellen kleine aus 3 oder 4 Ele- menten bestehende Anhäufungen. Namentlich umgeben sie mit Vorliebe die Markzellen ; man trifft dieselben oft von ganzen und durehschnittenen Sommerzellen eingeschlossen. Die Stellung der Pole zu dem Protoplasma der Markzellen variirt ebenfalls, bald tritt der breite, bald der scnmale Pol an die Markzelle heran. Von einem bestimmten Zeitpunkt an trifft man die Sommer- zellen bei allen Thieren. Sie erscheinen auch alsbald in grossen Mengen. Dass sie der Vermehrung fähig sind, ist leicht festzu- stellen; man trifft Zellen mit zwei Kernen und andere, deren Kern in Mitose befindlich ist. Ihre erste Entstehung mit hinreichender Sicherheit zu be- obachten, ist mir nicht gelungen. In den Nebennieren von Fröschen, welche zu einer Zeit gefangen wurden, welche der nahe war, in welcher sich die Sommerzellen in grossen Mengen bei allen Exemplaren zeigten, habe ich zwischen den Rindenzellen Elemente bemerkt, deren Kern zwar demjenigen der gewöhnlichen Rindenzellen glich, deren Protoplasma aber viel spärlicher war und eine stärkere Vorliebe für Eosin zeigte, als das der übrigen Zellen. Ich halte es für das Wahrscheinlichste, dass die in Rede stehenden Gebilde weder von den Rinden- noch von den (übrigens sehr von ihnen verschiedenen) Markzellen abstammen, sondern Zur Anatomie der Nebennieren. 193 eine speeifische Zellart darstellen, deren Repräsentanten im Herbst zum grössten Theil schwinden; der übrig bleibende Theil verliert die charakteristischen Granulationen und ist deshalb zwischen den Rindenzellen nicht zu erkennen, bleibt aber vermehrungsfähig und liefert im folgenden Sommer die neuen Generationen. S XV. Die beschriebene Veränderung in den Nebennieren des Frosches habe ich in den beiden letzten Jahren in überein- stimmender Weise beobachtet. Die untersuchten Frösche wurden stets in demselben Teiche gefangen; im ersten Frühjahr und im Herbst wurden sie aus dem Schlamm, in dem sie sich vergraben, hervorgeholt. Ein zufälliger Befund ist somit wohl ausgeschlossen und es bleibt nur übrig, die Frage zu erörtern, welche Bedeutung dieser periodisch wiederkehrenden Veränderung in der Struetur der Nebennieren zukommt. Man dürfte zunächst die Meinung äussern, dass das Auf- treten der Sommerzellen einfach mit der besseren Ernährung der Frösche während der wärmeren Jahreszeit zusammenhängt, dass ihr Fehlen gewissermaassen dem Hungerzustand der Nebennieren entspräche. Bei einiger Ueberlegung erweist sich jedoch diese Ansicht als unrichtig. Erstens behält der grösste Theil der Rindenzellen, selbst bei Fröschen, welehe den ganzen Winter im Laboratorium ohne jede Nahrung gehalten wurden, die Fetttröpfehen; nach dem, was man z.B. bei an Phthisis und an anderen abzehrenden Krankheiten gestorbenen Personen beobachtet, müsste man an- nehmen, dass zunächst das Fett aus den Nebennieren des Frosches verschwinde, wenn die allgemeine Abmagerung des Organismus sich im besonderer Weise an diesen Organen fühl- bar machte. Mit noch grösserer Sicherheit beweist ferner das Verhalten des Fettkörpers, dass das Fehlen der Sommerzellen nicht etwa auf die Nahrungsentziehung während des Winters zurückzuführen ist. Denn bei Thieren, welche Ende October oder im Frühjahr ge- fangen wurden, bei denen eine Nahrungsaufnahme noch oder schon stattgefunden hatte und deren Fettkörper sehr schön war, habe ich die in Rede stehenden Zellen vermisst. Andererseits sind dieselben nach der Paarung, zu einer Zeit, wo die Fett- körper bekanntlich sehr abnehmen, in grosser Zahl vorhanden. Zum ersten Male gefunden habe ich sie sowohl im vorigen, 194 H. Stilling: wie in diesem Jahre bei Fröschen, welche in den letzten Tagen des Mai gefangen worden waren; im October verschwinden sie. Demgemäss fällt das Erscheinen der uns beschäftigenden Veränderungen der Nebennieren ungefähr mit dem Zeitpunkt zu- sammen, in welchem die Frösche sich paaren). Die Nebenniere behält die in den $$ XH, XIII, XIV geschil- derte Struetur so lange, bis die Geschlechtsdrüsen wieder an- fangen, sich zu vergrössern; die Vergrösserung derselben beginnt, wie schon Rösel für den Eierstock bemerkt hat, bereits während der Herbstmonate. Somit scheinen unsere Beobachtungen auf den von F. Meckel?), so ausführlich erörterten Gedanken von einer Be- ziehung der Nebennieren zu den Geschlechtsorganen hinzuleiten. Meckel selbst stützte sich in seiner Beweisführung unter Anderem auch auf Untersuchungen an Fröschen, freilich unglück- lich genug, da er den Fettkörper für die Nebenniere hielt und die Beobachtungen Rösels?) von der gleichzeitigen Zu- und Abnahme des Fettkörpers und der Geschlechtsorgane für seine Behauptung verwerthen zu können glaubte. Eine unmittelbare Beziehung zwischen den Nebennieren und den Geschlechtsorganen ist wohl kaum anzunehmen. Man könnte aber vielleicht daran denken, dass unter dem Einfluss der Thätig- keit der Geschlechtsorgane noch unbekannte Veränderungen in dem Organismus vor sich gehen, die ihrerseits auf die Neben- nieren zurückwirken. Was ich oben in fragmentarischer Weise über die Neben- nieren des Kaninchens berichtet habe, würde dieser Vermuthung nieht widersprechen. Ich bin aber mit der Untersuchung der Nebennieren dieses Thieres noch nicht so weit vorgerückt, um bestimmte Mittheilungen in dieser Hinsicht machen zu können. Lansanne»se. 31. X. 1897. 1) Rösel, Historia naturalis ranarum nostratium ete. Nürnberg 1758, p. 55. Ecker-Gaupp, Die Anatomie des Frosches. 3. Aufl. 1896, p. 10. F. Leydig, Die anuren Batrachier der deutschen Fauna, 1877, p. 107. 2) Abhandlungen aus der menschl. u. vergl. Anat. u. Physiol. 1806, p., 91, p. 179, u. m, 3) Rösel bildet die Nebennieren des Frosches auf einer seiner schönen Tafeln zwar ab, bezeichnet sie aber nicht. Meckel scheint sie ganz übersehen zu haben. Zur Anatomie der Nebennieren. 195 Erklärung der Abbildungen auf Tafel XII. Fig. 1. Sagittalschnitt der Nebenniere eines Ende März gefangenen Frosches. Zenker’sche Flüss., Hämatoxylin, Eosin. V. 43/,. Die dunkeln Elemente sind die Markzellen. Fig. 2. Sagittalschnitt der Nebenniere eines im Juli gefangenen Frosches. ZAenker’sche Flüssigkeit; Hämatoxylin, Eosin. V. #%/,. ie: a, ‚Vergl. den Texi'p..192. "V20/., Einige Bemerkungen über myelinhaltige Nervenfasern in der Molekularschicht des Kleinhirns beim erwachsenen Hunde. Von Prof. Dr. A. E. Smirnow. Hierzu Tafel XIII. Bei der Untersuchung des Kleinhirns erwachsener Hunde nach der Methode Weigert-Pal's fand ich, dass in der Mole- kularschieht der Windungen einige markhaltige Nervenfasern durch besondere Eigenheiten ausgezeichnet sind, welche, soweit ich nach der mir zugängliehen Literatur urtheilen kann, bisher noeh nieht beschrieben wurden. Es gelang mir die Axeneylinder dieser Fasern nach der Golgi’schen Methode zu imprägniren und so die Befunde zu controlliren. Diese Fasern habe ich, seitdem ich auf sie aufmerksam wurde, ohne Ausnahme vorge- funden, so dass ich ihre Anwesenheit im Kleinhirn des Hundes für charakteristisch halte. Ob dergleichen Nervenfasern auch im Kleinhirne anderer Säugethiere vorkommen, darüber kann ich bis jetzt nichts aussagen. 196 A. E. Smirnow: Die in Rede stehenden Fasern haben folgende Eigenthüm- lichkeiten : 1. Sie gehören gewöhnlieb zu den aller- dieksten markhaltigen Fasern des Kleinhirns und speciellder Molekularschieht desselben. 2. Den Verlaunfi.derselbeusc kann. manTyon Central-Stammtheil (der weissen Substanz) der Windungen bis zur Oberfläche der Molekular- schicht verfolgen 3. In der Molekularschicht verlaufen diese Fasern mehr oder weniger in Krümmungen und bilden zuweilen eine Linie gleieh einer unregel mässigen Pulscurve; dasselbe beobachtet manan den Axeneylindern dieser Fasern in den nach Golgi’scher Methode bearbeiteten Präparaten. 4. Während ihres Verlaufs geben sienament- lich in- der. Nähe der Peripherie’der Molekrizz schiehtzuweilen mehr oder weniger feine Zweige ab, die in die Tiefe gehen und mit Myelin bedeckt sind. 5. Diese Fasern sind vorzugsweise in den Windungen des Wurmes vorhanden. Fig. 1 entspricht einem Theile des Sagittalschnitts des Wurmes vom Kleinhirn eines Hundes (Reicherts 0Oe. 2, Object la). Das Präparat ist nach Weigert-Pal gefärbt. Die Umrisse der äusseren Oberfläche der Windungen sind in rothen Linien dargestellt. Die weisse Substanz erscheint fast durehweg schwarz gefärbt, desgleichen auch die Fortsätze des Wurms in den Windungen. Aus der weissen Substanz der Win- dungen, welche ich Stammtheil der Windungen benenne, gehen zahlreiche markhaltige Nervenfasern hervor, welche sich in ver- schiedenen Richtungen durchkreuzen und, bis an das unter den Purkinje’schen Zellkörpern liegende Gebiet reichend, ein dichtes (Geflecht bilden, welches bereits von A. v. Kölliker beschrieben worden ist. Aus diesem Geflecht, theilweise aber auch direet aus den tiefer belegenen Theilen der Körnerschicht, gehen zahl- reiche markhaltige Fasern ab, welche zuerst zwischen den Purkinje- schen Zellkörpern verlaufen und in die Molekularschicht ein- dringen, wo sie sich hauptsächlich im Gebiet der dieken Proto- plasma-Stammfortsätze der soeben erwähnten Zellkörper an- Einige Bemerkungen über myelinhaltige Nervenfasern etc. 197 häufen; gewöhnlich aber trifft man vereinzelte markhaltige Fasern in der Gesammtmasse der Molekularschicht an, sogar in der Nähe der Peripherie der letzteren. In dieser Hinsicht schliesse ich mich vollkommen der Beschreibung dieser Fasern an Kölli- ker’s Beschreibung, Gewebelehre des Menschen (6. Aufl. Bd. II, 1. Hälfte, 1893) an, wo es heisst: „Es ist zwar richtig, dass dieselben (d. i. die dunkelrandigen Fasern) am zahlreichsten und schönsten entwiekelt im inneren Fünftheile oder Viertheile der Molekularschicht sich finden, doch fehlen dieselben auch in den äusseren und selbst in den oberflächlichsten Lagen dieser Schicht nieht, wenn auch zuzugeben ist, dass dieselben hier meist nur vereinzelt und nur in den besten Präparaten zur Anschauung kommen.“ Unsere Fig. 2 demonstrirt, wie es mir scheint, voll- kommen das soeben Gesagte. Auf dem Präparate, von welchem die Fig. 1 entnommen ist, sind die feinen markhaltigen Fäser- chen des mittleren und äussersten Dritttheils der Molekularschicht bei der gegebenen Vergrösserung nicht gut zu sehen und daher nicht dargestellt, obgleich sie in bedeutender Anzalıl hier vor- handen sind, wie man sich an dem Präparate bei stärkerer Ver- grösserung (z. B. Oe. 2 oder 3 und Objeet 4) überzeugen kann. In Fig. 1 treten die von mir entdeckten markhaltigen Nervenfasern schon bei geringer Vergrösserung scharf hervor. In der That gehören diese Fasern grösstentheils zu den allerdick- sten doppelteontourirten Nervenfasern nicht allein des Kleinhirns, sondern des Centralnervensystems des Hundes überhaupt. Man kann leicht wahrnehmen: 1. dass die Anzahl dieser Fasern in den verschiedenen Windungen eine verschiedene ist (in der äussersten rechtsseitigen Windung fehlen sie sogar gänzlich); 2. dass diese Fasern von ungleichem Kaliber sind; 3. dass sie alle einen mehr oder weniger gewundenen Verlauf nehmen; 4. dass sie grösstentheils vereinzelt auftreten, seltener in Gruppen von 2—3 Fasern, welehe nebenbei liegen oder sich mit einander durchkreuzen; 5. dass diese Fasern, oft durch die ganze Masse der Molekularschicht verlaufend, sieh zuweilen bis an den äusser- sten Rand der genannten Schieht verbreiten, sich unter der pia mater lagern und zuweilen einen bedeutenden Theil des Um- kreises der Windung umgürten. Ferner wird man bemerken, dass diese bis dieht an dıe Peripherie der Molekularschieht heran- reichenden markhaltigen Nervenfasern an einigen Stellen sich in 198 A. E. Smirnow: die Körnerschicht fortsetzen, diese letztere durchdringen und schliesslich, in die centrale weisse Substanz der Windungen ein- tretend, sich unter den übrigen markhaltigen Fasern des Central- (Stamm-)Theils der Windungen verlieren. Weiteres Detail ergeben nun die übrigen Figuren. Die Figuren 2 und 3 sind mit Oe. 3, Objeet. 4 eines Reichert'schen Mikroskopes nach Weigert-Pal- Präparaten gezeichnet worden. Fig. 2 stellt einen Sagittalschnitt vom Oberwurme dar. Die eine Windung (a) ist mit allen ihren Details dargestellt, die andere (b) nur im Umrisse und nur zum Theil. In der Windung — a — gehen aus deren centraler weisser Substanz zwei mark- haltige Nervenfasern hervor, welche sich von den übrigen durch eine grössere Dicke unterscheiden. Beide Fasern gehen durch die Körnerschieht und versenken sich in die Molekularschicht, in welcher die eine Faser nach kurzem Laufe durchsehnitten er- scheint, während die andere, bogenförmig zu den äusseren Theilen der Molekularschicht aufsteigend, annähernd die untere Grenze des oberen Viertheils dieser Schicht erreicht, um dann wieder zurückzulaufen. Ihr Ende, welches gleichfalls ein Schnittende ist, zeigt mehrere kleine Krümmungen. Ausser den soeben be- schriebenen Fasern springen ins Auge zwei ziemlich dieke Fasern, welche nur in der soeben genannten Schicht verlaufen und aller Wahrscheinlichkeit nach zu derselben Kategorie von Fasern gehören, wie die beiden andern. In der Windung — b — sind die Gren- zen der Molekularschicht einerseits durch die Umrisse der Pur- kin,)je schen Zellkörper bezeichnet und andererseits durch eine feine dunkle Linie, welche die Skizze der äusseren Grenze dieser Schieht darstellt. In der Molekularschieht dieser Windung sind „wei dieke markhaltige Fasern sichtbar. Die eine von ihnen steigt von der Masse der Körnerschieht aufwärts, geht zwischen den Purkinje’schen Zellkörpern und Dendriten hindurch, um schliesslich nahe der äusseren Oberfläche auf eine weite Strecke dieser parallel zu verlaufen. Von ihr treten mehrere feine mark- haltige Fasern fast unter rechten Winkeln ab und zur Molekular- schicht zurück. Die andere grössere markhaltige Faser dieser Windung verläuft nur in der Masse der Molekularsehieht und bildet dort eme Reihe von Krümmungen, ähnlich einer unregel- mässigen Pulscurve. In der Windung — a — trifft man ausser Einige Bemerkungen über myelinhaltige Nervenfasern ete. 199 den soeben beschriebenen beiden markhaltigen Fasern noch eine Menge feiner doppelteontourirter Fasern an, von welchen die grössere Anzahl im Gebiet der Purkinje’schen Zellkörper und Dendriten belegen ist; diese Fasern erscheinen in der Abbildung grösstentheils als schwarze Punkte, da sie quer durchschnitten sind; der kleinere Theil der Fasern verläuft der Länge nach in der Art von dunkelen, mehr oder weniger gewundenen Streif- chen. In dem übrigen Theile der Molekularschicht befinden sich grösstentheils vereinzelt feine markhaltige Fasern, hauptsächlich in der Längsrichtung verlaufend; einige von ihnen sind in der Nähe der äusseren Peripherie dieser Schicht belegen. In Fig. 3 ist eine Windung des Unterwurmes «eines alten Hundes im Sagittalschnitte dargestellt. In der Molekularschicht verläuft eine beträchtliche Anzahl dieker markhaltiger Fasern, von denen man eine bis zu ihrem Eintritt (resp. Austritt) in den weissen Stammtheil der Windung verfolgen kann. Alle diese Fasern, welche sich bis zur Peripherie der Molekularschicht er- strecken, liegen dieht bei einander und bilden in ihrer Vereini- gung einen beim ersten Anblick fast ununterbrochen erscheinenden Bogen, welcher die Windungs-Peripherie fast völlig umschliesst. Was die feinen markhaltigen Fasern der Molekularschieht anbe- trifft, so springen hier ausser den von mir bereits bei der Fig. 2 beschriebenen Fasern solche in's Auge, welche in mehr oder weniger vertikaler Richtung zur Oberfläche der Windung ver- laufen. Fig. 4 stellt Theile zweier aneinander grenzenden Windungen des Oberwurmes eines erwachsenen Hundes im Sagittalschnitte dar; Golgi-Präparat. (Camera lueida Reichert's Mikroskop Oe. 1. Objeet. 4.) Die Blutgefässe sind mit Karminleim unvoll- ständig injieirtt. In der weissen Substanz der einen Windung (a) sind die schwarzen Achseneylinder der Nervenfasern sichtbar; unter der überaus grossen Anzahl von feinen Achsencylindern treten hier einige wenige von bedeutend grösserer Dicke hervor; einige dieser dieken Achsencylinder kann man in ihrem Verlaufe in der Körnersehieht und in der Molekularschicht verfolgen. In der Körnerschicht sind in der Fig. 4 ausser den soeben erwähn- ten dieken Achseneylindern viele feine Achseneylinder sichtbar, ferner einige Moosfasern R. Cajal’s und zwei Nervenzellen mit sogenannten krallenartigen Endigungen ihrer Protoplasma-Fort- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 14 300 A.E. Smirnow: sätze. In der Molekularschicht findet man ausser den 4 dicken Achseneylindern, welche beim ersten Blick auf der Zeichnung scharf in’s Auge fallen, zahlreiche feine Nervenfasern, die Zellen Cajal’s mit ihren Collateralen, welche die Purkinje’schen Zellkörper umflechten und eine im äusseren Theil der Molekular- schicht liegende Nervenzelle (c), welche ihren Achseneylinder- Fortsatz in annähernd horizontaler und der äusseren Oberfläche der Windung paralleler Riehtung entsendet. Der Achseneylinder- Fortsatz der Zelle (c) giebt kurze Collateralen ab, welehe sich in den äusseren Theilen der Molekularschicht verzweigen und zerfällt dann selbst in feine Fäserchen, wodurch sein Ende das Aussehen eines kleinen Busches erlangt. Die Zelle — ce — ge- hört zu der Art von Nervenzellen der Molekularschicht des Klein- hirns, welche ich entdeckt und unter dem Namen „Zellen mit horizontal verlaufendem Neuriten“ beschrieben habe (Ana- tomischer Anzeiger, Bd. XIII, N. 23, 1897: „Ueber eine beson- dere Art von Nervenzellen der Molekularschicht des Kleinhirns bei erwachsenen Säugethieren und beim Menschen“). In der Molekularschicht der Windung — b — findet man ausser den Nervenfasern auch 3 Nervenzellen; unter diesen besitzt die Zelle d einen Achseneylinder-Fortsatz, welcher sogleich nach seinem Austritt aus der Zelle in kleine Endzweige zerfällt. Diese Zelle gehört zu der Art von Zellen der Molekularschicht des Kleinhirns, welche ich ebenfalls zuerst in dem soeben genannten Artikel unter dem Namen „Zellen mit einem Neuriten, der bald in mehrere Endzweige zerfällt“, beschrieben habe. Von den vorerwähnten vier dieken Achseneylindern gehen zwei (n und ”‘) aus der weissen Stammsubstanz der Windung a hervor und verlaufen ununterbrochen durch die Körnersehicht in die Molekularsubstanz, wo der eine n‘, nachdem er annähernd bis zur Hälfte der Molekularschichtmasse gelangt ist, endigt, weil er durchschnitten worden ist, während man den anderen — n — noch eine beträchtliche Strecke weit in der Molekular- schicht verfolgen kann; er verläuft in dieser Schicht in einer schrägen Richtung, wobei er eine Reihe grösserer und kleinerer Windungen macht und fast bis zur äusseren Oberfläche reicht. Die übrigen beiden Axeneylinder verlaufen in Windungen in der Molekularschicht bald in schräger, bald in mehr oder weniger horizontaler Richtung, bald nähern sie sich der äusseren Ober- Einige Bemerkungen über myelinhaltige Nervenfasern etc. 201 fläche, bald entfernen sie sich von ihr und gehen in die Tiefe dieser Schicht über; schliesslich versenken sich beide Fasern in die Körnerschicht, wo sie, ohne bis zur weissen Substanz der Windung zu gelangen, aufhören, weil sie durchschnitten worden sind. Beide Fasern geben in ihrem Verlauf einige feine Zweige ab. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass diese dieken Achsen- eylinder dieselben Bildungen darstellen, wie sie vorhin nach Weigert-Pal-Präparaten beschrieben worden sind. Auf dem Boden der Thatsachen bleibend, kann ich hier nur das anatomische Factum der Existenz von markhaltigen Nervenfasern mit den von mir beschriebenen charakteristischen Eigenschaften in den Windungen des Kleinhirms erwachsener Hunde eonstatiren. Was ihre Herkunft, ihr Verhalten zu anderen Nervenelementen und ihre physiologische Bedeutung anbetrifft, so muss das zukünftiger Forschung vorbehalten bleiben. Den Gang der beschriebenen Nervenfasern kann man oft vom Centrum der weissen Substanz der Kleinhirn-Windungen bis dieht an die äussere Oberfläche der Molekularschicht verfolgen, in welcher diese Fasern seltene markhaltige kleine Zweige abgeben. Es scheint mir, dass diese Fasern ihren Anfang nicht aus den Zellen der Mole- kularsehieht des Kleinhirns nehmen, sondern aus irgend einem anderen Nervengebiet. Ich bin geneigt, anzuneh- men, dass diese Fasernsensible Nervenfasern ges’Kleinhirns sind. Es erübrigt mir noch, in Kürze das von mir in Anwendung gebrachte Untersuchungs-Verfahren anzuführen: Das ganze Kleinhirn eines soeben getödteten Hundes wird in folgende Mischung gelegt: Kali bichromiei puri 5°/, wässr. Lösung — 4 Theile (nach Volum.) Formaldehyd — 1 Theil. In dieser Mischung verbleibt das Präparat eine bis acht Wochen, ohne Erneuerung der Flüssigkeit; eine bald eintretende Trübung schadet nicht. Dann wird das Kleinhirn median halbirt und so in eine 3—5°/, wässrige Lösung von Kali bichromiei gebracht. Diese Lösung wird eine Woche lang täglich erneuert, später nicht mehr. Man lässt dann noch die Kleinhirnhälften 2—5 Wochen in derselben Lösung. Die eine Hälfte wurde nun nach Weigert-Pal behandelt, die andere in Stücke von 1—2 Centimeter zerschnitten, welche auf 1—1!/; Wochen in fol- gende Mischung gelegt wurden: Kali bichromiei (5°, wässr. Lösung) 5 Theile nach Volumen. Acidi osmiei (2°/, wässr. Lösung) — ] Theil n. Vol. 202 K.Tellyesniezky: Ueb. d. Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. Nach Verlauf der angegebenen Zeit wurden die Stücke aus dieser Mischung in eine schwache wässrige Lösung von NO0;0Ag gelegt und sodann auf 2 Mal 24 Stunden und länger in eine 1°/, wässrige Lösung vomArgent. nitriei umgepackt. Diese Modifikation der Methode C. G ol- gi’s gab unter anderem sehr gute Resultate an Präparaten des Kleinhirns und der Grosshirn-Hemisphären menschlicher Leichen, die 2 bis 3 Mal 24 Stunden an einem kühlen Orte aufbewahrt gewesen waren, was natürlich die Anwendung dieser Methode als wichtiges Mittel bei pathologisch-histologischen Untersuchungen sehr erleichtert. Mit Hülfe dieses Verfahrens fand ich auch die vorerwähn- ten, von mir zuerst beschriebenen Nervenzellen auf. Temsk,.Dee; 1897. (Aus dem I. anatomischen Institute (Prof. Mihalkovies) zu Budapest.) Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten'!). Von Dr. K. Tellyesniezky, 1. Assistent. Hierzu Tafel XIV. Die Untersuchung der Zellen mittelst der sogenannten Här- tungsflüssigkeiten — die zur Zeit herrschende Methode der Mikrotechnik — ist nicht als den physikalischen Untersuchungen gleichwerthig zu betrachten. Von den Faktoren der Untersuchung sind so viele unbekannt, dass es eigentlich von der Strenge und Objektivität des Untersuchenden abhängt, was und wie viel er aus den gewonnenen Bildern schliesst; für die Unsicherheit der 1) Einige bedienen sich blos der Benennung „Härtung“, andere trennen dies vom Begriffe der „Fixirung“. Die beiden Begriffe decken sich eigentlich; ihre Scheidung ist mehr oder weniger eine künstliche. Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 203 Methode zeugt auch die von Jahr zu Jahr in potenzirterem Maasse wachsende Menge der Fixirungsverfahren. Neben dem Trocknen wurde zweifellos der Alkohol am frühesten zur Fixirung benützt. Früh waren im Allgemeinen auch die Säuren und das Sublimat im Gebrauch (Keuffel 1810). Den ersten bedeutenderen Schritt auf diesem Gebiete bildete aber das Erscheinen der Chromsäure. Jacobson gebraucht sie zu- erst zur Conservirung (1832); in die Mikrotechnik aber. führte sie Hannover ein (1840), wo sie alsbald zu einem sehr ver- breiteten Mittel ward. Der bedeutenden Rolle der Chromsäure entsprechend fanden auch bald die chromsauren Salze Anwen- dung. Das neutrale chromsaure Kalium wurde ebenfalls bereits von Jacobson gebraucht; das saure chromsaure Kalium hingegen gelangt durch Heinrich Müller zur Anwendung, als ein Haupt- bestandtheil der nach ihm benannten Flüssigkeit, die sich in den fünfziger Jahre ein grösseres Gebiet zu erobern beginnt. Har- ting (1859) hält indessen noch immer das Trocknen für die angemessenste Methode. „Ist nun auch das mit Sorgfalt aus- geführte Trocknen das zumeist anwendbare Mittel, um den Ge- weben die zur Anfertigung von Durchschnitten geeignete Härte zu ertheilen, so sind doch auch wieder Nachtheile damit ver- bunden.“ Ausser dem Trocknen aber empfiehlt er 10—15°/,igen Alkohol für Uterus und Ovarium, !/,oo—!/so'/iges Sublimat für Kapillargefässe, mit 4—5 Theilen Wasser verdünnte Salpetersäure für die Linse, die Chromsäure aber „ist für viele Fälle sehr brauchbar“. Purkynje führt das kohlensaure Kalium (zu 1:4 Wasser) ein; es kommt auch Essigsäure, Oxalsäure und Schwefel- säure in Anwendung, und spielt letztere in Folge ihrer Wasser- entziehungs-Fähigkeit auch beim Trocknen eine Rolle. Eine Zeit lang macht sich auch das von Kaspar empfohlene Kochen in Essig geltend, sogar Stricker hält in seinem Handbuche (1871) das Selchen für sehr vortheilhaft; indessen ebendaselbst : „Die einfachste und schönste Härtung ist die in einer Kälte- mischung.® Das Frieren empfahl Cohnheim, doch hatte es auch Stilling bereits 1842 zur Härtung des Hirns benutzt. Ueber den ersten von bei —13°R. gefrorenem Rückenmark ge- wonnenen Schnitt meldet er: „Als ich diesen unter das Mikroskop brachte und bei 15facher Linsenvergrösserung die prächtigen Querfaserstrahlungen (centralen Nervenbahnen) sah, da hatte ich 204 K. Tellyesniczky: einen Schlüssel gefunden, der die Gemächer in dem wunderbaren Bau des Rückenmarkes öffnete. Nicht froher hatte Archimedes sein eüpnka gerufen, als ich bei jenem Anblick ausrief.“ 1864 und 1865 erscheinen Schultze’s Abhandlungen, in welchen er die Aufmerksamkeit auf die 500—1000fach verdünnte Lösung von Osmiumsäure lenkt, in erster Reihe blos des einen Vortheiles halber, dass sie das Fett und gewisse Zellen schwarz färbe. Eigentlich wurde sie zuerst von Baruell 1849 ange- wendet. Die Bestimmung der Osmiumsäure tritt indessen ins- besondere in den Werken Flesch’s 1879 hervor, in Folge der ausgezeichneten Härtung der zarthäutigen Theile des Gehör- organes. Ihre gegenwärtige wichtige Rolle verdankt sie jedoch den Untersuchungen Flemming's (1882 Lit. 20), wodurch sie ein wesentlicher Bestandtheil unserer hervorragendsten Härtungs- flüssigkeiten wird. Das Auftreten der Osmiumsäure, bezw. der Flemming- schen Osmiumehromessigsäure, kann als zweiter Wendepunkt in der Geschichte der Erhärtungsflüssigkeiten betrachtet werden. Von nun an mehren sich die Erhärtungsflüssigkeiten in noch grösserem Maasse: von Zeit zu Zeit tauchen stets neue Flüssig- keiten auf, besonders aber erleiden auch die bereits vorhandenen zahlreiche Combinationen. In der folgenden Zusammenstellung biete ich die bisher gebrauchten Mittel und Verbindungen in übersichtlicher Grup- pirung dar, abgesehen von den für Pflanzenzellen empfohlenen Flüssigkeiten, wo die sehr von einander abweichenden Verhält- nisse (die Cellulose-Zellmembran, das Chlorophyll, die Stärke, die grosse Menge des Zellensaftes) Mittel und Zweck so sehr ver- ändern, dass die Vergleichung derselben sich keineswegs zweck- mässig erweist. Zur Erklärung der Gruppirungen will ich von den Resul- taten meiner Untersuchungen blos die folgenden erwähnen: 1. Die Zellen werden durch keine der einfachen Flüssig- keiten in genügendem Maasse conservirt: Die ganze Sub- stanz, die Masse der Zellen aber erhalten am besten das Kalium biehromieum und die Osmiumsäure, so dass sich diese beiden den gesammten übrigen Flüssigkeiten gegenüber als plasmaconser- virende Mittel par excellence erweisen. 2. Die Essigsäure gewährt in allen untersuchten zwei- und Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 205 mehrfachen Mischungen besondere Vortheile der Conservirung und zwar ist sie geeignet sowohl die Zellensubstanz zu erhalten, wie auch besonders die Structur scharf hervortreten zu lassen, so dass die zwei- und mehrfachen Verbindungen der hervorragenden Eigenschaften der Essigsäure halber in essigsäurehaltige und essig- säurelose eingetheilt werden können. Bei den Untersuchungen der drei- und vierfachen Verbindungen zeigte es sich überein- stimmend, dass die schönsten Resultate eben mittelst der plasma- erhaltenden Mittel (Kalium bichromieum, Osmium) und ihrer Combinationen mit der Essigsäure zu erreichen sind, so dass von den untersuchten als die wichtigsten Reagentien und Bestandtheile der Mischungen das bichromsaure Kalium, die Osmiumsäure und die Essigsäure in Betracht kommen, weshalb denn auch bei der Classification der Flüssigkeiten in erster Reihe die Gegenwart dieser maassgebend war. DerZweck vorliegender Tabelle ist, eine Uebersicht der bis jetzt gebrauchten Reagentien zu bieten; darin lässt sich eine fragliche Mischung leicht auffinden, wenn man gemäss der Zahl der Reagentien in der betreffenden Klasse nachsucht; auch findet man dort die etwaigen Variationen der Mischungen und die hauptsächlichsten literarischen Daten, in deren Zusammenstellung mir Bolles Lee’s Vademecum sehr zu Hülfe kam. Vieles wird natürlich noch daraus fehlen, immerhin aber erhalten wir einen Begriff von der erschreckenden Masse der Flüssig- keiten. Die nur hier angeführten übersteigen allein die Hundert, in welche manchmal 4—5 Variationen ein und derselben Mischung nicht mitgezählt sind. Einfache Flüssigkeiten. Osmiumsäure (s. S. 228). In Dampfform und in 0.05°/,—2°/o Lösungen. Baruell gebrauchte sie schon in 1849. Schultze 1864—1865 (Lit. 50). Flesch 1879 (Lit. 23). Flemming 1882 (Lit. 20). Kaiserling u. Germer 1893 (Lit. 36). Rawitz (Lit. 48). Kalium bichromieum (s. S. 229). H. Müller’s gesammelte und hinterlassene Schriften Bd. I. 1859. (Vor Müller gebrauchte Jacobson das neutr. Kal. chrom.) 1—2—3°/, Lösungen, Flemming 1879 (Lit. 18). Ammonium bichr. führt Ranvier ein: Comptes rend. de l’acad. des sciences. 1879. Neutr. 206 K. Tellyesniezky: chroms. am. Klein (Quart. Journ. of mier. soe. 1878—1879) und Eimer (Areh. f. mikr. Anat. 1871, 1872, 1875, 1877). Essigsäure (s. S. 232). Von sehr verdünnten (0.2°/,) Lösungen bis reinen. Flemming (Lit. 20). van Beneden. Alkohol (s. S. 219). Von !/; Alkohol (Ranvier, Traite tech- nique d’histologie pag. 241) bis abs. Alk. in den verschie- densten Percentuationen. Chromsäure (s. 8. 221). Zuerst von Jacobson gebraucht; in die histologische Technik von Hannover eingeführt (1840 Lit. 27). Von 0.02°/, Lösungen aufwärts bis 5°/,. Sublimat (s. S. 224). Seit langem in Gebrauche (Keuffel 1810). Neuerdings nach Heidenhain in phys. Kochsalzlösung con- eentr. Sublimat (Lit. 29). T gr Subl. 100 em Wasser (eit. nach Behrens) [auch mit 1 cm Essigsäure], 1 gr Subl. 200—500 Wasser nach Harting für Blutzellen (Mier. dietion. art. preservation). Heisse Lös. Lang. Pikrinsäure (s S.224). Kalt gesättigte wässerige Lösung (0.6 gr zu 100 ce Wasser). (Zuerst Ranvier?) Flemming (Lit. 20). Fischer (Lit. 16). Kaiserling u. Germer (Lit. 36). Salpetersäure (s. S. 222). Von 1°/, Lösung bis 40°%,. Alt- mann (Lit. 5). His (Arch. f. Anat. u. Phys. 1887 p. 115). DRK al W 0ER Formalin (s. S. 227). Von F. Blum eingeführt 1893 (Lit. 9, 10, 11). Durig (Lit. 13). Hoyer jun. (Lit. 35 u. Zeitschr. f. wiss. Mikr. 95 XIl.p. 28. Anat. Anz. IX. 1894). Hermann (Lit. 32). Weigert (Anat. Ergebnisse 1895). Strong (Anat. Anz. X. 1895 p. 494 ibid. Giesen). Lachi (Lit. 41). Reimar (Lit. 49). Platinehlorid. Rabl (Morph. Jahrbuch Bd. X. 1884 p. 216) in ’—/10"/o Lös. Palladinmehlorärsin 2/00, LöRsE1EiLS ehultze (Arch. f. mikr. Anat. 1867 p. 477). Kohlensaur. Kal. und Natr. (altes verlassenes Mittel). Pur- kynje und Pappenheim (Simon’s Beiträge zur phys. u. path. Chemie u. Mikr. 1843). Essigsaur. Uranium. Schenk (Mitth. a. d. Embryol. Inst. Wien 1882 p. 95). Gilson (La cellule 1885 p. 141). Ferrum sesquichloratum. Fol (Zeitschr. f. wiss. Zool. XXX VII. 1883 p. 491). Platner (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1889 p. 187). Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 207 Plumbum aceticum. A. Kotlarewsky (Mitth. d. naturf, Ges. Bern 1887. Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1887). Pyridin. Soura (Compt. rend. hebd. soc. de biol. IV. p. 622). Cuprum sulf. Zineum sulf. Alumen. Schwefelsäure. Salzsäure, Zweifache Mischungen. Osmiums.-Essigs. Flemming (Lit. 20). Fol (Zeitsehr. f. wiss. Mikr. 1896 p. 345). Eimer (Virchow Arch. XLVII). Osmiums-Chroms. Fleseh (Lit. 23) 0.1°/, Osms. 0.25%), Chroms. in Wasser. Lo Bianco 2cem 1°/, Osmiums., 100 eem 1°/, Chroms. Osmiums.-Alkohol. Ranvier (Lec. d’anat. gen. p. 76). Vignal (Arch. de phys. 1884 p. 181) 1°/, Osmiums. 90°), Alk. in gleich. Th. Osmiums.-Sublimat. Mann (Zeitschr. f. wiss. Mikr. XI. p. 481) 1°/, Osmiums. in phys. Kochsalzlösung gesät. Sublimat gleich. Th. Osmiums.-salpeters. Uranium.) Kolossow (Zeitschr. f. wiss. Osmiums.-essigs. Uranium. | Mikr. 1888 pag. 51) 0.5°,, Osmiums., 2—5°/, salpeters. oder essigs. Uranium. Osmiums. Pikrins. Flemming (Lit. 20 S. 381). Osmiums. Kalium bichr. (s. S. 235). Altmann 5°/, Kalium bichr., 2°/, Osmiums. gleich. Th. Lo Bianco 100 cem 5°/, Kal. bichr., 2 cem 1°/, Osmiums. Kalium bichr.-Essigs. Tellyesniezky (s. Seite 242) 3°), Kalium bichr., 5°/, Essigsäure. Kalium biehr.-Natrium sulf. Müller’sche Flüss. 2.5°/, Ka- liumbichr., 1°/, Natr. sulf. Kalium bichr.-Cuprum sulf. Erlitzki (Warschauer med. Zeitschr. XXI) 2.5°/, Kaliumbichr., !/,°/, Cupr. sulf. Kalium bicehr.-Formalin. Fisch (Lit. 14). Alkohol-Essigsäure (s. S. 233). Carnoy (La cellule II. 1886 S. 6 und 1887 8.276) 3 Th. abs. Alk., 1 Th. Essig. v. Beneden et Neyt (Bull. acad. roy. sc. belg. XIV. 1887 S. 218) Alk. abs. u. Essigs. ana. v. Gehuchten (Lit. 26). Herla (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1896 S. 323). Alkohol-Salpetersäure. Fol 97 Th. 70°], Alk., 3 Th. Sal- peters. (Lit. 8 S. 40). 208 K. T:eellyiesniezky: Alkohol-Sublimat. Apäthy 50°), Alk. 100 Th. 4—5 gr. Subl. (Die Mikrotechnik ete. I. Abth. 1896. S. 111. Lit. 4). Alkohol-Pikrinsäure. Gage (Lit. 24) 250 Th. Wasser, 1 gr. Pikrins. Kingsburg (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1896 S. 221). Alkohol-Ferrum sesquichlor. Fol 1 Th. Tinet. Ferri ses- quichl. 5—10 Th. 70°/, Alk. (Zeitschr. f. wiss. Zool. 1883 S. 491). Platner (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1889 S. 187). Alkohol-Chromsäure. Urban-Pritehard sche Flüss. 1 Th. Chroms., 20 Th. Wasser, 180 Th. Alk. (Quart. journ. mier. sc. 1873. 5, 427). "E. Klein 1 "Thr Ak 2 Chroms. (Quart. journ. mier. se. 1879 S. 126). Chromsäure-Essigsäure. (Siehe Seite 234). Flemming (Lit. 20 8.382). Ehlers 100 Th. 0.5—1°/, Chroms., 1—5 Tropfen Essigs. Lo Bianco 100 cem 1°/, Chroms., 5—10 eem Eissigs. Chromsäure-Ameisensäure. Rabl (Morph. Jahrb. X. 1884 S. 215) 200 Th. 0.33°/, Chroms., 4—5 Tropf. Ameisens. Chromsäure-Pikrinsäure (s.S8.235). Fol (Lehrb. d. vergl. mikr. Anat. S. 100) 10 Th. gesätt. Pikrins., 25 Th. 1°/, Chroms., 65 Th. Wasser. Dieselbe mit ein wenig Essigsäure: Haensel- sche Flüss. Chromsäure-Platinchlorid. Merkel (Mitth. Zool. Stat. Neapel 1881 S. 11) !/,°/, Chroms., !/,°/, Platinchl. ana. Chromsäure-molybdäns. Ammon. Altmann 2!/,°/, mo- Iybdäns. Ammon., !/,°/, Chroms. Chromsäure-Sublimat. Lo Bianco 100cem gesätt. wäss. Subl., 50 eem 1°/, Chroms. Sublimat-Essigsäure (s. S. 234). Carnoy (La Biologie cellu laire S. 95). In 100 Th. Wasser 5 Th. Subl., 5 Th. Essigs. oder 5 Th. Subl., 3 Th. Essigs.. Lang’sche Flüss.: 3 Th. gesätt. wäss. Subl.,, 1 Th. Essigs. Lo Bianco: 100 cem gesätt. wäss. Subl. 50 eem Essigs. (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1896 S.500). BollesLee (Lit. 7): gesätt. wäss. Subl., 5°/, Essigs. van Beneden: gesätt. wäss. Subl., 25°/, Essigs. Paecini- sche Flüss.: 300 Th. Wasser, 1 Th. Subl., 2 Th. Essigs. Sublimat-Salpetersäure. Kostanecki (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1896 S. 475). Gesätt. Sublimatl. 3°, Salpeters. zu gleichen Th. Sublimat-Kochsalz. Gaul’sche Flüss. 100 Th. Wasser, 5 Th. Subl., !/;, Th. Kochs. Pacini’sche Flüss. (Journal de Mi- Ueber die Fixirungs-(Härtuugs-)Flüssigkeiten. 209 erogr. IV. 1880. Journ. roy. mier. soc. II. 1882 S. 702): 200 Th. Wasser, 1 Th. Subl., 2—4 Th. Kochs. Sublimat-Platinehlorid. Rab (Zeitschr. f. wiss. Mikr. XI. 18948. 165) gesätt. Subl. 1 Th., 1°/, Platinchl. 1Th., Wasser 1 Th. Sublimat-Cuprum sulfurieum. Lo Bianco [OO eem 10°, Cupr. sulf., 10 cem gesätt. wäss. Subl. Sublimat-Osmiumsäure. Heidenhain (Zeitschr. f.wiss.Mikr. 1896 11.). Inphys. Kochsalzlös. gesätt. Subl. mit wenig Osmiums. Sublimat-Pikrinsäure (s. S. 235). Rabl (Zeitschr. f. wiss. Mikr. XI. 1894 S. 165) gesätt. wäss. Subl., 1 Th. gesätt. wäss. Pikrins. 1 Tb., Wasser 2 Th. Pikrinsäur-Eessigsäure. Hertwig 100 ccm gesätt. wäss. Pikrins., 3—5 cem Essigs.. Davidoff 3 Th. gesätt. wäss. Pikrins., 1 Th. Essigs. Pikrinsäure-Salpetersäure (s. $S.235). Mayer (Mitth. Zool. Stat. Neapel 1881 S. 5). 100 Th. Wasser 5°/, salpeters. Pi- krins. wieviel sich löst; oder gesätt. wäss. Pikrins. u. 2—3 cem off. Salpeters. Whitman (Journ. roy. mier. soc. 1882 S. 868). Pikrinsäure-Salzsäure. Mayer(Mitth.Zool. Stat. Neapel 1881 S.5) 100 Th. Wasser, 250/, Salzsäure. Pikrins. wieviel sich löst. Pikrinsäure-Schwefelsäure (s. S. 235). Kleinenberg (Quart. journ. mier. seienee. 1879 S. 208). Mayer (Journ. roy. mier. soe. 1882 S. 867) 100 Th. Wasser, 2°/, Schwefels. Pikrins. wieviel sich löst: mit 3 Th. Wasser verdünnt. Bolles Lee: ohne Verdünnung (Lit. 7). Pikrinsäure-Platinchlorid. Rabl. Cuprum sulf.-Zinkum sulf. Friedländer (Biol. Centr. X. 1890. S. 483. Journ. roy. mier. soc. S. 804) 125 Th. Cupr. sulf., 125 Th. Zink sulf., 1000 Wasser. Jod-Jodkalium. Fol (Lehrb. S. 103) gesätt. Kaliumjod.-Lös. mit Jod. gesätt. 100—300, 1 fach verdünnt. Dreifache Mischungen: Osmiums.-Essigs.-Chroms. (s. 8.237). Flemming. (Lit. 20 S. 281) Osmiums.0,1°/,, Essigs. 0,1°/,, Chroms. 0,25°/, (Schwa- che Lös.) II. (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1884 S. 349) 2°/, Osmiums. 4 Th., Essigs. 1 Th. 1°/, Chroms. 15 Th. (Starke Lös.). Bunger nimmt noch einmal soviel Essigs. (Zeitschr. f. wiss. Mikr. X. 1893 S. 392). Cori nimmt den halben Theil der Osmiums. 210 K. Tellyesniezky: (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1890. S. 441). Merk (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1888 S. 237). Carnoy (La cellule I. 2, 1885 S. 211) 2°/, Osmiuns. 16 Th., Essigs. 3 Th., 2°/, Chroms. 45 Th. Faussek (Zeitschr. f. wiss. Zool. 1887 S. 694). Arnold (Arch.°f. mikr. Anat. 1887 S. 205). Kotlarewsky (Mitth. d. Naturf. Ges. Bern 1887 o. Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1887 S. 387). Rawitz (Lit. 48). Flemming (Lit. 22). Fol Osmiums. 0,02°/,, Essigs. 0,1°/,, Chroms. 0,25°1,. Osmiums.-Essigs.-Platinchlorid. Hermann (Arch. f. mikr. Anat. 1889), 2°/, Osmiums. 2 Th., Essigs. 1 Th., 1°/, Pla- tinchl. 15 Th. oder 2°/, Osmiums. 4 Th., Essigs. 1 Th., 1°/, Platinchl. 15 Th. Osmiums.-Essigs.-Palladiumehlorür. Frenkel (Änat. Anz. 1893 S. 538. Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1893 S. 243) 2%, Osmiums. 5 Th., 1°/, Palladiumchlor. 15 Th., einige Tropfen Essigs. Osmiums.-Essigs.-Alkohol. Zacharias (Anat. Anz. 1888 S.24—27) 4 Th. abs. Alk., 1 Th. Essigs., einige Tropfen Essigs. Osmiums.-Essigs.-Sublimat. Drüner (Lit. 12). Osmiums.-Essigs.-Alkohol. Zacharias. 4 Th. Alk., 1 Th. Essigs., zu 10 cem dieser Flüss. 2—5 Tropf. 1°/, Osmiums. Osmiums.-Essigs.-Kalium bichr. Hoeceh (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1896 S. 227). Osmiums.-Essigs.-Pikrins. (s. S. 240). Rath (Lit. 45). Osmiums.-Salpeters.-Chroms. Burekhardt 2°/, Osmiums. 10 eem, Salpeters. 10 cem, 1°/, Chroms. 200 eem. Osmiums.-Salpeters.- Pikrins. Rawitz 6 Th. Pikrinsal- peters. (s. oben), 1 Th. 2°/, Osmiums. Osmiums.-Salpeters.-Alkohol. Kolossow (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1892 S. 39), 50 cem abs. Alk., 50 cem Wasser, 2 cem Salpeters., 1—2 gr Osmiums. Osmiums.-Chroms.-Pikrins. (siehe Chrompikrinsäure. Fol). Kalium biehr.-Natrium sulf.--Müllersche Flüss.)Subli- mat. Fol’sche Lös. 100 eem, Müller’sche Flüss. 2 gr Subl. Kalium bichr.-Natrium Sulf. (Müller’sche Flüss.)-Methyl- alk. Hamilton 3 Th., Müller’sche Flüss. 1 Th., Methylalk. Kalium biehr.-Natrium Sulf.-(Müller’sche Flüss.)-Formol. Orth. (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1896). Kalium bichr.-Chroms.-Salpeters. Kollmann (Arch. f. Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 211 Anat. u. Phys. 1885 S. 296). Kal. bichr. 5°/,, Chroms. aan, Salpeters."2%/ Kalium briehr.-Kalium ehrom.-Sublimat. Cox 20 Th. 5°/, Kalium biehr. 16 Th. 5°/,, Kalium ehr. A°/, Subl. Alkohol-Essigs.-Formal. Lasdowsky (Anat. Hefte IV 1894 $. 355. Zeitschr. f. wiss. Mikr. XI. 1894 S. 507) 95°), Alk. 10 Th., Essigs. 0,5 Th.;, Formalin 3 Th., Wasser 20 Th. —- oder 95°, Alk. 15 Th., Essigs. 1 Th., Formalin 5 Th., Wasser 30 Th. Alkohol-Essigs.-Chloroform. Carnoy (La cellule III. 1886 S. 6 und 1887 S. 276) Abs. Alk. 6 Th., Essigs. 1 Th., Chlor. 3 Th. Alkohol-Essigs.-Platinchlorid. Zoja (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1896). Alkohol-Essigs.-Sublimat. Mingazzini Abs. alk. 1 Th., Essigs. 1 Th., Subl. 2 Th. Raffaele (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1896 S.50). Kostanecki, Siedlecki (ibid. S. 475). Alkohol-Salpeters.-Sublimat. Frenzel (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1896 S. 475) gesätt. wäss. Subl. ana. abs. Alk., zu jedem cem ein Tropfen off. Salpeters. Alkohol-Salpeters.-Chroms. (s. 8.237). Per&nyi’sche Flüss. (Zool. Anz. 1882 S. 459). Alk. 3 Th., 10°/, Salpeters. 4 Th., 0,50%), Chroms. 3 Th. Schak: (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1896). Wasser 300 Th., Salpeters. 10 Th., 10°, Alk. 150 ih, 2%, Chroms.130”Th: Alkohol-Salzs.-Pikrins. Mayer (Mitth. Zool. Stat. Neapel II, 1881 S.7) 90°/, Alk. 97 Th., Salzs. 3 Th., ein wenig Pikrins. Sublimat-Essigs.-Pikrins. ((s.S.240). Rath (Anat. Anz. 1895 5. 286). Michaelis (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1896 S. 487, 500). Sublimat-Essigs.-Alumen. Lang. Sublimat-Pikrins.-Tannin (s. S. 237). Mann (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1895 S. 480). Chroms.-Platinehlor.-(Merkel’sche Flüss.)-Essigs. Brass. (Zeitschr. f. wiss. Mikr. I. (Siehe auch Flemming Arch. f. mikr. Anat. 1887 S. 397—399). Formol-Platinchlor.-Essigs. (Lit. 7, S. 55) 1 Th. Form., 4 Th. 1°/, Platinchl., 2°/, Essigs. Formol-Chroms.-Essigs. (Lit. 7, S.55) 1 Th. Form, 2 Th. 1°/, Chroms., 4 Th. Essigs. 212 K. Tellyesniezky: Formol-Zinkehl.-Kochsalz. Fiseh (Lit. 14 S. 491). Pikrins.-Schwefels.-(Kleinenberg) Chroms. Lo Bianco Kleinenberg’sche Flüss. und 1°/, Chroms. gleich Th. Pikrins.-Salpeters.-(Mayer) Chroms. (s. S. 235). Rawitz 1 Th. Pikrin-Salpeters., 4 Th. 1°/, Chroms. 1896 S. 491. Pikrins.-Essigs. Platincehl. Rath (Anat. Anz. 1895, Lit. 46). Vierfache Mischungen: Osmiums.-Kalium biehr.-Essigs.-Platinehl. (anstatt Essigs. auch Ameisens.) Lindsay Johnson, Henneguy (Lecons sur la cellule Paris 1896, S. 61) 2°/, Osmiums. 10 Th., 2%/, Kalium bichr. 70 Th., 1°/, Platinchlor. 15 Th., Essigs. 5 Th. Osmiums.-Essigs.-Pikrins.- Platinehl. Rath (Anat. Anz. 1895, Lit. 46). Osmiums.-Essigs.-Pikrins.-Sublimat. Ibidem. Osmiums.-Essigs.-Platinchl.-Sublimat. Cox (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1896 S. 499) 1°/, Osmiums. 10 Th., Essigs. 5. 7h:,:5%/5, Platinchl. 15 Thz! gesätt. Suhl. 15ER Osmiums.-Essigs.-Platinehl.-Chroms. Brass (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1884 Bd. I. S. 47). Osmiums.-Essigs.-Chroms.-Sublimat. Podwyssovsky (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1886 S. 405). Osmiums.-Kalibichr.-Natrium sulf.-Formol. Fisch (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1896 S. 491). Müller’sche Fl. 100 Th., For- malin 2 Th., 1°, Osmiums. 2 Th. Kalium biehr.-Natrium sulf.-(Müller) Essigs.-Sublimat. (s. 8. 2357). Zenker (Münchener med. Wochenschr. 1894 S. 532). Mereier (Zeitschr. f. wiss. Mikr. XI 1894 S. 371) Müller’sche Fl. 100 Th., Subl. 5 Th., Essigs. 5 Th. Kalium bichr.-Essigs.-Cuprum sulf.-Alkohol. Kultschitzky (Zeitschr. f. wiss. Mikr. IV, 1887 S. 348) 100 Th. ges. Lös. von Kalium bichr. und Cuprum sulf. in 50°/,igem Alkohol, 5—6 Tropfen Essigs. Pikrins.-Essigs.-Schwefels.-Sublimat. (Lang Zool. Anz. 1879 S. 46) Pikrinschwefels. (siehe oben) gesätt. mit Sub- limat und 5°/, Essigs. Pikrins.-Sublimat.-Tannin-Kochsalz. Mann (Zeitschr. f. wiss. Mikr. XI 1895, S. 480). In phys. Kochsalzlös. gesätt. Subl. 100 Th., Pikrins. 1 Th., Tannin 1 Th. Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 213 Pikrins.-Sublimat-Tannin-Alkohol. Mann (Anat. Anz. 1893 S. 441) Alk. abs. 100 gr, Pikrins. 4 gr, Subl. 15 gr, Tannin 6—8 gr. Sublimat-Essigs.-Alumen-Kochsalz. Lang (Zool. Anz. 1878 S. 14) 100 Th. Wasser, 3—12 Th. Subl., 5—8 Th. Essigs., 6—10 Th. Kochsalz. Sublimat-Essigs. -Salpeters.- Alkohol. Gilson Subl. 95—100 gr, Salpeters. 78 cem, 60 °/, Alk. 500 ecem, Essigs. 22 cem, Wasser 4400 gr. Sublimat-Salpeters.-Alkohol-Chroms Rosenstadt (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1896 S. 333). Cuprum sulf.-Cuprum acet.-Essigs.-Campher. Ripar und Petit’sche Lös. Carnoy (La biologie cellulaire S. 95) Cuprum sulf. 0,30 gr, Cuprumacet. 0,50 gr, Campherwasser 15 gr, Essigs. 1 gr. Fünffache Mischung: Pikrins.-Essigs.-Schwefels.-Chroms.-Alkohol. Aecgqui- Eu or (kalte 1). Sublimat-Essigs.-Salpeters.-Alkohol-Kochsalz. Gil- son, Carazzi (Zeitschr. f. wiss. Mikr. 1896 S. 333) 1°, Kochsalzlös. 1000 gr, Subl. 20 gr, 70°/, Alk. 100 eem, Sal- peters. 15 eem, Essigs. 5 cem. Zweifache Verfahren : Benda. 1. Salpeters. II. Kalium bichr. 10 Th., Salpeters. 90 Th. Wasser, worin die Stücke 24—48 Stunden bleiben; dann kommen sie in eine Lösung von gesätt. Kalium bichr. mit 3 Th. Wasser verdünnt und schliesslich in immer stärkere bis gesätt. Lösung mit gleichen Th. Wasser verdünnt. Marchi. 1. Müller’sche Fl. M. 2’Th.'Müller'sehe Fl., L:Th. 1°/, Osmiums. Angelweci. -IL 3°/, Salpeters. 2 Stund. I. Müller’sche Fl. 10-Tage. Bevor ich zu meinen eigenen Untersuchungen übergehe, thue ich zweier hervorragender Arbeiten (s. Lit. 15. 16. 36) Erwähnung, welche im Wesentlichen, wenngleich auf verschiedenen Wegen, einem und demselben Ziele nachstreben ; neben diesen versucht vorliegende Arbeit — gleichsam auf dem Wege einer dritten Methode — zur Ver- 214 Kerl yeshtiezky: einfachung der Erhärtungsverfahren beizutragen. Das Prineip der Forschungen Kaiserling’s und Germer’s besteht ein- fach darin, dass die Zellen zunächst im lebenden Zustande ge- messen werden, hierauf nach den verschiedenen Reagentien. Die Maasse vergleichend erhielten sie ihre Resultate. Wie einfach auch das Wesen dieses Verfahrens ist, so schwer gelingt seine Ausfüh- rung. Wenn man nichts anderes tlıun müsste, alsz. B. der Leber oder einem anderen Organe kleine Stückchen entnehmen, diese gleich- mässig behandelnd, schliesslich Messungen vollziehen, so könnten wir uns unter den vielen Flüssigkeiten bald orientiren. Bei der Ausführung der so einfach erscheinenden Methode aber sind auch die Autoren grossen Schwierigkeiten begegnet. Zunächst musste das Messungsverfahren einwandsfrei gemacht werden, um die sonst geringfügigen Veränderungen nachweisen zu können. Um dem zu ge- nügen, arbeiteten sie in erster Reihe eine sehr empfindliche Mess- methode aus und um die Messungen genau vollziehen und später sie auch controlliren zu können, haben sie die Photographien der Präparate einer genauen Messung unterzogen. Damit aber kamen sie blos über die ersten Schwierigkeiten hinaus, denn als- bald zeigte es sich, dass es keineswegs so leicht sei, zu der- gleichen Untersuchungen auch die entsprechenden Objecte zu finden. „Nicht geringere Schwierigkeiten, wie die Wahl einer ge- eigneten Messmethode bot das Finden passender Untersuchungs- objeete“ sagen die Autoren. Die anfangs mit Bacterien, hierauf mit Leberzellen angestellten Versuche haben zu keinem Resultat geführt. Schliesslich sind sie bei den Untersuchungen der regel- mässig geformten Blut- und Säugethiereizellen geblieben. Das Resultat der mit der Strenge physikalischer Untersuchungen durch- seführten Forschungen fassten sie im Folgenden zusammen: 1) „Dass (mit Ausnahme der physiologischen Kochsalzlösung) keines der angewendeten Mittel als indifferent gelten kann. 2) Dass (die als Fixationsmittel angewendeten Ingredientien gröbere Struc- tur- und Formveränderungen hervorrufen.“ Wie werthvoll auch in der Abhandlung die Daten der Unter- suchungen sind, auf die ich an den entsprechenden Stellen zu- rückkomme, ebensowenig besagen die Endresultate. Es ist zwei- fellos nöthig, die entstellende Wirkung der Erhärtungsflüssigkeite immer vor Augen zu halten. Die erwähnten, sehr allgemein ge- haltenen Conelusionen aber drohen unser mikroteehnisches Ver- Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 215 fahren aufzuheben, ohne welches ein grosser Theil unserer mikro- technischen Kenntnisse gar nicht denkbar wäre; so können wir uns denn mit diesen allgemeinen Urtheilen keineswegs begnügen. Eine ganz andere Methode von ähnlicher Tendenz aber hat Fischer. Der Autor untersucht die in verschiedenen Albumin- lösungen nach Einwirkung der Erhärtungsflüssigkeiten entstandenen Niederschläge. Von seinen Resultaten haben diejenigen einen besonderen Werth für uns, nach welchen ein Theil der Nieder- schläge nicht einmal im Wasser seine Lösbarkeit verliert, wie z. B. der mittelst Alkohol und 0.5°/, Pikrinsäure gewonnene Niederschlag der Peptonlösungen. Das durch Osmiumsäure und chromsaure Salze niedergeschlagene Pepton bleibt dagegen un- lösbar. Diese Umstände sind von nicht geringer Bedeutung, wenn wir bedenken, welch mannigfachen Behandlungen wir das Object nach der Erhärtung unterziehen. Die Arbeiten der angeführten Autoren, welch werthvolle Daten sie auch hinsichtlich der Wirkungen der Erhärtungstlüssig- keiten bieten, orientiren uns aber über ihre praktische Verwend- barkeit nicht. Diesem heiklen Zwecke wollen die gegen- wärtigen Zeilen dienen. Lange zweifelte ich, ob man berechtigt sei, mit einer derartigen Untersuchung, welche doch wieder nichts anderes als ein Probiren mit Flüssigkeiten ist, aus den Wänden des Laboratoriums zu treten; schliesslich aber veröffentliche ich sie doch, einerseits, weil eine umfassendere Untersuchung der- artiger Richtung noch nicht erschienen ist, andererseits, weil es doch als nöthig erscheint, endlich einmal die sehr nothwendige Vereinfachung anzubahnen. Untersuchungsmethode. Mit verschiedenen Organen der Säugethiere stellte ich Ver- suche an, ohne ein Resultat zu erzielen; aus der Kleinheit der Elemente, aus ihrer mehr oder weniger unregelmässigen Form, ferner aus der beirrenden Menge von Glycogen in den Leber- zellen war es zu ersehen, dass auf diese Weise kein klares Re- sultat zu erreichen ist. Vor allem werden grössere Zellen be- nöthigt, und zu diesem Behufe stellten wir mit Salamanderlarven Versuche an; jedoch, bei dem ohnedies mir nur in beschränk- tem Maasse zur Verfügung stehenden Materiale, wirkte die Ver- schiedenheit der Elemente, welche der Untersuchung scheinbar Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 15 216 K. Tellyesniezky: nur zum Vortheil gereichen könnte, auf eine strenge Beurthei- lung nur störend ein. Endlich in den zufälligerweise mir zur Verfügung gelangten Hoden von in grosser Menge frisch ge- fangener Salamander gelang es mir, solch ein Material zu be- kommen, welches für diesbezügliche Untersuchungen äusserst ge- eignet ist. Sowohl durch ihre Grösse als auch ihre Kugelform lieferten die Spermatogonien, deren Durchmesser in den Schnitten 20—25 u, noch mehr die Spermatocyten, deren Durchmesser 40—45 u beträgt, ein unserem Zwecke ausgezeichnet entsprechen- des Material. Ein fernerer Vortheil unseres Materiales war, dass der Salamander bekamntlicherweise an beiden Seiten 3—4 ganz selbständige Hoden von ziemlich gleicher Grösse besitzt, so dass wir aus einem Thiere gleich mehrere Stücke für 6—7 Flüssig- keiten erhalten, ohne durch Zerschneiden ihre Masse zu be- schädigen. In die weiter unten folgenden, genau nach Vorschrift her- gestellten Flüssigkeiten wurde zu gleicher Zeit je ein Hoden ge- seben und bis zur Einschliessung in Kanadabalsam mit einer bis aufs Aeusserste getriebenen Strenge gleichförmig behandelt. Bei gleicher Temperatur wurden sie in Paraffin eingebettet, gleich- zeitig wurden sie geschnitten u. s. w. Von jedem einzelnen Ob- Jeete wurde auf ein gemeinschaftliches, grösseres Deckgläschen ein Schnitt von 10 und 15u aufgeklebt, so dass die aus sämmt- lichen Flüssigkeiten auf dem Deckgläschen gelangten Schnitte auch während der weiteren Behandlung unbedingt unter gleichen Umständen verblieben. Zum Färben benützte ich Alaun-Carmin, Alaun-Hämatoxylin, Safranin, Gentiana-Violett und die Weigert’sche Nervenfärbung, welch letztere ich schon seit längerer Zeit auch für Zellenfärbung mit Erfolg gebrauchte, nur mit dem Unterschiede, dass ich die Entfärbungsflüssigkeit in 2—3 facher Verdünnung anwende. Glauben wir aber nicht, dass trotz dem vortheilhaften Material und den, den Ueberblick bietenden gruppenartigen Prä- paraten, ein Urtheil zu fällen eine leichte Sache wäre. Einzelne, wie z. B. die Zenker’sche Flüssigkeit und die Osmiumverbin- dungen ragen zweifellos unter den andern hervor, doch bald zeigte sich, dass auch die Dieke der Schnitte und die Art de» Färbung auf die Schönheit des Präparats einen wirklich über- raschenden Einfluss üben. Bei der einen Flüssigkeit gibt ein Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 217 diekerer Schnitt ein schöneres Bild, bei der anderen macht ein dünnerer Schnitt mit lebhafterer Färbung mehr Effect. Auch die Vergrösserung dient manchmal zum Vor-, manchmal zum Nachtheil der sogenannten „Schönheit“ des Bildes; all dies lässt uns einsehen, dass man schliesslich mit jeder beliebigen Flüssig- keit ein „schönes“ Präparat anfertigen könne, ich wurde aber da- durch nur angeeifert, die Vergleicehungen nur auf eine handgreif- liche Grundlage zu legen und mit der grössten Vorsicht zu be: werkstelligen. Auch die Verwerthung der litterarischen Daten ist eine schwierige Aufgabe, denn gerade die diesbezüglichen Forschungen entbehren aller Figuren und oftmals erhalten wir ausser den angeblichen „schönen“ Präparaten gar keinen Stütz- punkt: was um so mehr zu bedauern ist, da durch diesen Mangel an genaueren Stützpunkten die betreffenden Werke ihren Werth bei den Vergleichungen verlieren. Meine Untersuchungen wurden mit der erwähnten Strenge am Salamanderhoden vollzogen. Es fragt sich, ob man be- rechtigt ist, auf Grund dessen allgemeinere Folgerungen abzu- leiten. Zu Hilfe kommen mir jedoch meine an anderen Objeeten vollzogenen Versuche, frühere Erfahrungen, wie auch die diesbe- züglichen Daten der Litteratur, welche uns einen Fingerzeig für allgemeinere Folgerungen bieten. Wir müssen jedoch in Betracht ziehen, dass die Hodenzellen im Allgemeinen für Fixirung sehr empfindlich sind, nicht nur weil sie durch ihre Grösse die unvoll- ständige Conservirung deutlich demonstriren, sondern sie sind auch als junge, plasmareiche, sozusagen embryonale Zellen rein von Nebenprodueten und in Bezug auf Structur am meisten in- different. Was immer auch die Ursache der ausserordentlichen Empfindliehkeit der Hodenzellen bei der Conservirung sei, so steht diese doch ohne Zweifel weit über die der somatischen Zellen. „Zunächst sind die Hodenepithelien — sagt auch Flemming — leichter als die meisten andern Zellenarten einer künstlichen Ver- änderung durch Reagentien zugänglich (Lit. 215. 399).* Aueh die Erfahrung lehrt jeden Tag, dass somatische Zellen, z. B. selbst die Nervenzellen, viel widerstandsfähiger als Hodenzellen sind; ich er- wähne nur den Alkohol, welcher zur Untersuchung von Nervenzellen in gewisser Hinsicht mit Erfolg benutzt werden kann, die Hoden- zellen jedoch bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Andererseits beweisen die Resultate übereinstimmend, dass die für Hoden gut 218 K. Tellyesniezky: befundenen Flüssigkeiten im Allgemeinen die Zellen am besten eonserviren. Auf Grund all diesen erleidet es keinen Zweifel, dass man von den an somatischen Zellen erzielten Resultaten auf die Hodenzellen im Allgemeinen keine Schlüsse ziehen kann (wo- für auch das in jüngster Zeit so sehr in Schwung gekommene Sublimat ein eelatantes Beispiel bietet), andererseits liefern die an den ausserordentlich empfindlichen Hodenzellen erzielten Resul- tate einen ausgezeichneten Fingerzeig in Betreff der Conservirung von Zellenelementen. Die Frage der „Lebenstreue“ und hiermit die der feineren Zellenstruetur vermeiden wir womöglich, wodurch die Charakteri- sirung der einzelnen Flüssigkeiten oft sehr kurz ausfiel; diese Frage beansprucht nämlich Untersuchungen ganz anderer Art, welche schliesslich auf den Erscheinungen der lebenden Zellen basiren müssen. Von den Härtungsflüssigkeiten fordern wir in erster Reihe und im engsten Sinne des Wortes die Conser- virung, das heisst die mangellose Erhaltung der ursprünglichen Form und Masse der Zelle; in wie fern aber die erhaltene Masse denı lebenden Zustande entspricht, ist eine vielleicht für ewige Zeiten offene Frage. Heutzutage aber stehen wir in Bezug der viel um- strittenen Structur der lebenden Zellen so, dass auch durch die als ausgezeichnet anerkannten Flüssigkeiten (z. B. Sublimat) in vielen Fällen ganz ansehnliche Theile des Plasmas verschwinden. Die schwere Aufgabe der guten Conservirung hängt grösstentheils von der fehlerlosen Erhaltung der Plasmamasse ab. Der Kern erwies sich im Vergleiche zum Plasma viel widerstandsfähiger. „Gutes kernfixirendes“ Mittel bedeutet kein grosses Lob, da sehr viele Flüssigkeiten den Kern ausgezeichnet eonserviren, hingegen das Plasma auch bei den besten Flüssigkeiten oft viel zu wün- schen übrig lässt. Bei der Beurtheilung der in der Beschreibung überall direet den betreffenden Flüssigkeiten zugeschriebenen Wirkungen ist ein für allemal zu bemerken, dass bei diesen immer auch die Wirkungen der Nachbehandlungen einzurecehnen sind. Die Nach- behandlung bringt nothwendigerweise Veränderungen hervor, womit wir auch immer conservirten (z. B. auch nach Flemmin g’scher Flüssigkeit wirkt Alkohol schrumpfend). Indireet sind diese Ve. änderungen den Fixirflüssigkeiten zuzuschreiben: je weniger Wider- standsfähigkeit nämlich die Fixirflüssigkeit selbst den Geweben Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 219 verleiht, umsomehr sind letztere der schädlichen Wirkung der Nachbehandlung ausgesetzt. Das Endresultat dieser zwei Wir- kungen wird aber eben den Maassstab des praktischen Werthes einer Fixirflüssigkeit liefern. Einfache Flüssigkeiten. Alkohol (Fig. 1 u. 2). 1. Abs. Alkohol verursacht unter allen andern unter- suchten Flüssigkeiten die auffallendste Veränderung. Schon bei geringer Vergrösserung (Fig. 1) ein grösseres Feld überblickend gewinnen wir ein eigenthümliches Bild. Das noch übrig ge- . bliebene Plasma und das ganz veränderte Chromatin der Kerne ziehen sich überall von der Oberfläche gegen den Mittelpunkt hin. Im ersten Augenblicke nehmen wir wahr, dass die Masse der Zellen sieh vor der Einwirkung der Flüssigkeit flüchtet. Die auf einzelne Zellen ausgeübte Wirkung veranschaulicht die 2, Figur an einem Spermatogonie: nicht nur das Plasma verdichtet sich und knüllt sich in eine Ecke des bisher durch ihn einge- nommenen Raumes zusammen, sondern auch im Inneren des mit- serissenen Kernes verdichtet sich das Chromatin ganz eigenthüm- lieh und bedeckt in Form eines Kegels den Kern. Die Flucht des ganzen Inhaltes der Zelle gegen dem Mittelpunkt des Schnittes zu geht mit soleher Vehemenz vor sich, dass der ganze Zelleninhalt in eine Ecke gedrängt wird; das zusammengeflossene und zu- sammengeschmolzene Chromatin tritt auch mit starker Wölbung in derjenigen Richtung hervor, welche der Einwirkung der Flüssig- keit entgegengesetzt ist. Diese Verunstaltung der Zellen geht überall senkrecht auf die Oberfläche vor sich, entsprechend dem Eindringen der Flüssig- keit, so dass an beiden Seiten des Sehnittes die Zellen mit ihren sich scharf abhebenden Chromatinkugeln gegeneinander gerichtet sind (siehe Figur 1); man kann genau bestimmen, in welcher Tiefe die Flüssigkeit im Innern des Materials zusammenschlägt: denn dort treffen die gegeneinander gerichteten Chromatinkugeln zusammen. Interessant ist es jedoch, dass wir in diesem Be- rührungspunkte, im Centrum der Einwirkung, zwar kein gut con- servirtes Plasma, doch wohl vollständig runde, tadellos aussehende Kerne finden können; hier waren die Zellen plötzlich von allen Seiten der Einwirkung des Alkohols ausgesetzt, weshalb sie auch 220 K. Tellyesniezky: diese characteristische Verunstaltung nicht erleiden konnten. Diese Verunstaltung zeigen übrigens auch die Kerne der Cysten- zellen; an den Kernen der Bindegewebszellen aber tritt sie kaum auf — noch weniger an anderen Epithelzellen. 2. 70°/,iger Alkohol. Seine Wirkung ist mit der des abs. Alkohols ganz identisch. Das einseitige Zusammenschrumpfen der Spermatogonien und Spermatoeyten geschieht ganz auf der- selben Weise und sogar auch hier finden wir im Centrum der Einwirkung wohlerhaltene Kerne. Die übrigen Kerne zeigen ebenfalls nieht oder blos in geringem Maasse diese characteristische Form der Verunstaltung. Die auffallende Zerstörungskraft des Alkohols ist bei an- dern Thieren und in den verschiedenen Organen kaum zu beob- achten; obwohl die Peripheriezellen von Leber- und Nierenstück- chen des Salamanders dies ausgezeichnet sehen liessen, ist dennoch nicht zu zweifeln, dass die Hodenzellen zu dieser Art von Ver- stümmelung im Vergleich zu den andern Zellen neigen. Die auffallende Verstümmelung entsteht zum Theile zweifelsohne aus dem energischen Zusammenziehen der noch lebenden Zelle; ausser- dem fehlt aber noch so viel von der Masse der Zelle, dass wir auch bedeutende Auflösungen voraussetzen müssen; es fragt sich nun, ob der Alkohol selbst, oder irgend ein Theil der Nach- behandlung als Lösemittel fungirt habe. Fischer’s Unter- suchungen zeigten, dass die aus Peptonlösungen mittelst Alkohol gewonnenen Niederschläge auch noch im Wasser lösbar bleiben, auf Grund dessen wahrscheinlich ein Theil der Auslösungen in den Präparaten auf die Nachbehandlung zurückgeführt werden könnten. Ganz unbegründet ist die Bevorzugung des abs. Alkohols als Fixirmittel z. B. vor dem viel billigeren 96°/,igen Alkohol. Ich konnte keinen Unterschied zwischen der Wirkung des ab- soluten und 70°/,igen Alkohols finden; höchstens einen zum Nach- theile des abs. Alkohols, wo die Verunstaltungen noch ausge- sprochener sind. Es lässt sich nieht ermitteln, worauf sich die sehr verbreitete Auffassung gründet, wonach man die angeblichen Vortheile des abs. Alkohols dahin erklärt, dass bei dem abs. Alkohol die Fixirungsfähigkeit gegen die Wirkung des Wasser- entziehens in den Vordergrund trete, wo doch auch dessen wasse;- entziehende Fähigkeit grösser ist. Ich kann mir diese beiden Wirkungen gar nicht getrennt denken. Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. az Chromsäure (Fig. 3, 4, 5 und 6). 1°/, (Fig.6). Neben den Kernen, welche ihre Form ziem- lich gut behielten, finden wir überhaupt kein Plasma. Die Kerne der Spermatogonien und Spermatiden werden zumeist homogen; in der homogen gewordenen Grundmasse ist das Chromatin bald in Form von regelmässigen Netzen sichtbar, bald wieder wird dieselbe feinkörnig. Homogen sind die Oystenkerne, im Gegen- satz zu dem oft sehr scharfen Bilde der Kerne der Bindegewebs- zellen. Eine eigenthümliche Erscheinung bilden bei dieser Flüssig- keit manchmal die um die Kerne der Spermatoeyten sichtbaren runden Flecken. Bei 0,1°/, (Fig. 3) finden wir wie bei dem vorigen ebenfalls keine Spur von Plasma (dasselbe beobachtete ich auch bei den Leberzellen). Die Kerne sind meist vollkommen homogen, so dass wir Details in denselben nicht einmal mittelst Immersion wahrnehmen können. Mit !/,/,iger (Fig. 4, 5) Chromsäure er- hielten wir eigenthümlicherweise ein sehr vortheilhaftes Bild; doch auch in diesem allergünstigsten Falle war dasselbe nicht zufriedenstellend. Die Form, Reinheit und Schärfe der Kerne war tadeilos, das Plasma hingegen geht auch hier so sehr zu Grunde, dass nur einige Reste desselben vorzufinden sind. In ler feinkörnigen Grundmasse treten die Chromatinkörner scharf hervor. Interessant ist es für die Beurtheilung des Plasmas der rothen Blutzellen, dass es im Gegensatz zu dem der vorigen Zellen vollständig unversehrt bleibt und in seinem Innern bacillen- förmige Schollen aufweist. Die Chromsäure empfiehlt Hannover im Jahre 1840 als ein Mittel, welches ebenso gut die äussere Form wie auch die mikroskopische Construction eonservirt. Er selbst sah zuerst in Kopenhagen bei Jacobson die gute makroskopische Conserva- tionsfähigkeit dieses Mittels. Die schnelle Verbreitung der Chrom- säure, wie überhaupt deren Salze, sicherte der Umstand, dass sie das Auge (zumal die Netzhaut) und insbesondere das cen- trale Nervensystem auch makroskopisch sehr gut härtet (auf der- selbe Weise trat unser neuestes Mittel, das Formol, auf, ohne dass jedoch die auch hier ausgezeichnete makroskopische Con- servirung mit guter Zellenfixirung vereint wäre). Rawitz (Lit. 47) hält die Chromsäure zwar „zur Fixirung von Kern- und Plasma- strueturen ausgezeichnet“, „für alle Organe verwendbar“, was 222 K. Tellyesniezky: jedenfalls ein wenig übertrieben ist, weil es z. B. auch für Hoden- zellen ganz unbrauchbar ist. Heidenhain erwähnt (Lit. 28), dass sie das Plasma der rothen Blutzellen der Amphibien bis auf den Kern und eine geringe äussere Schale auflöst. Bei unsern mittelst einer !/,°/,igen Lösung gewonnenen Präparaten ist an dem Plasma der rothen Blutzellen des Salamanders nichts auszusetzen, weleh grosser Unterschied kaum mit dem geringen Unterschied der Lösung zu erklären ist. Es ist nicht leicht er- klärlich, dass wir mit !/,°/siger Lösung die schönsten Resultate erzielten, während 1°/,ige und 0,1°/,ige ein sehr ungünstiges Bild abgeben. Dies alles steht jedoch in Uebereinstimmung mit Flemming’s Behauptung: „Nach längerer Erfahrung über Chromsäure als Fixativ bei Wirbelthier- und anderen Geweben finde ich, dass man mit Concentrationen von !/;—!/, p. €. gleich gute Fixirungen von Zell- und Kernstructionen erhalten kann, aber sie fallen merkwürdigerweise bei gleicher Concentration an gleichen Objeeten nicht immer ganz gleich gut aus“ (Lit. 20 S. 379. 380). Auch Bolles Lee (Lit. 7) hält nicht viel von der Plasma- fixirungsfähigkeit der reinen Chromsäure, in erster Linie jedenfalls deshalb, weil sie widernatürliche Niederschläge und Strueturen verursacht. Auf Grund all diesen aber verdient die Chromsäure unser Misstrauen und dürfte zur feinern Conservirung von Zellen- elementen alleinstehend nicht benützt werden. Salpetersäure. 10%,—5°/,—31/, 12 2]oig- (Fig. 7, 8,9) Die 5°/,ige Lösung zeigt sowohl die zerstörende, wie auch die günstige Wirkung der Salpetersäure; während sie nämlich das Plasma und den Kern der auf der Oberfläche befindlichen Zellen (Fig. 9) ausserordentlich verunstaltet, so ist in den tiefern Sehiehten eine viel günstigere Wirkung vernehmbar. Die Kerne der an der Oberfläche liegenden Zellen schrumpfen in den ver- schiedensten Formen; ihr Plasma fehlt entweder ganz oder knüllt sich in geringer Menge um die Kerne zusammen. Im Innern des Schnittes sind jedoch die Kerne von regelmässiger runder Form, und bei einer grösseren Plasmamenge werden sogar die Plasmagrenzen sichtbar. Die von den 5°/, abweichenden Lö- sungen wirken auf zweierlei Art: bei den stärkeren steigert und verbreitet sich die zerstörende Wirkung, bei den schwächeren Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 223 jedoch tritt die günstigere Wirkung in den Vordergrund. Wäh- rend bei den 3!/,°/,igen Lösungen (Fig. 8) die peripherische Zerstörungswirkung nur in geringem Grade zu erkennen ist, kommt sie bei der 2°/,igen (Fig. 7) Lösung gar nicht zur Gel- tung. Unter den bisher beschriebenen Lösungen conservirt die 2°/,ige verhältnissmässig am besten die Masse und Form des Plasmas, ohne jedoch die ganze Masse desselben mangellos zu erhalten. Die Kerne erhalten bald ein eigenthümliches bläschen- haltiges Aussehen, bald erscheinen die einzelnen Chromatinschollen in Form von kleinen Bläschen. Die Salpetersäure benützte schon Keuffel im Jahre 1810 zur Härtung; die gegenwärtig allgemein empfohlene 3—31/,/,ige Lösung stammt von Altmann her (Lit. 3), welcher dieselbe an Stelle der im His’schen Institute schon seit längerer Zeit benützten 10°/,igen Salpetersäure empfiehlt; unter anderm er- wähnt er, dass auch Ruseoni im Jahre 1836 die Säure benützte, so dass Rawitz’s Meinung wahrlich der Correetion bedarf, da er die erste Benützung derselben Engelmann zuschreibt. Flem- ming gebraucht 40—50°/,ige Salpetersäure bei den Eiern der Wirbellosen, was jedoch zweifelsohne von der sehr verschiedenen Beschaffenheit des Materials abhängt; anderseits aber liefert dies ein Beispiel dafür, dass die Zellen im Allgemeinen auch sehr. starke Säurelösungen aushalten, wie wir dies z.B. auch bei der Essigsäure sehen werden. Die schwächsten alkalischen, sogar die neutralen Lösungen hingegen liefern von den gewöhnlichen stark abweichende und zumeist homogen gewordene Bilder. Sehr starke Säuren sind jedoch ohne Zweifel nur in speciellen Fällen zu gebrauchen, z. B. bei dotterreichen Eiern; an Stelle der von Altmann empfohlenen 3—31/,%/,igen Lösungen dürfte es jedoch rathsamer sein, für ge- wöhnliche Zellenfixirungen 2—2!/,°/,ige Lösungen zu benützen, durch welche die peripherische, zerstörende Wirkung vermieden werden kann. Das unmittelbare Uebertragen der Objecte aus Salpetersäure in Alkohol beantragt ebenfalls Altmann; und dies mag be- gründet sein, da nach der Salpetersäurebehandlung in der That eine Lösungsfähigkeit des Wassers vorausgesetzt werden kann. Die direcete Uebersetzung in Alkohol ist immer rationell, indem dadurch das Wasser als Lösemittel bestimmt vermieden wird; 224 K. Tellyesniezky: umsomehr ist dieses Verfahren bei Fixirungen mit Säuren nöthig, weil durch das Wasser die Objeete nach der Säurebehandlung ganz weich werden und leicht zerfallen. Gesättigte Pikrinsäurelösung (Fig. 10). Ein Theil der Kerne ist mehr oder weniger zufriedenstellend; dies lässt sich jedoch nur bei vorzüglichster Färbung behaup- ten. Ein anderer Theil hingegen ist homogen und weist eine diffuse Färbung auf, wodurch das ganze Bild, insbesondere wegen des zusammengeschrumpften Plasmas, ganz unbrauchbar wird. Die Kerne des Bindegewebes bieten ein ziemlich reines Bild dar und eigenthümlicherweise kann auch bei dem Plasma der sich theilenden Zellen keine gröbere Beschädigung constatirt werden. Die Kerne sind an ein und demselben Präparate wahr- scheinlich je nach ihrem verschiedenen Zustande bald homogen, bald zeigen sie eine scharfe Chromatinfärbung. Auf die Spur des ersten Benützer der Pikrinsäure konnte ich nicht kommen (Ranvier?), Flemming (Lit. 20) hält so- wohl ihre gesättigte als auch schwächere Lösung für gut; zur feineren Conservirung von Zellen empfiehlt jedoch meines Wissens niemand die reine Pikrinsäure, zu welehem Zwecke auch ich sie für unbrauchbar halten muss in Uebereinstimmung mit Germer's und Kaiserling’s Resultaten: „Die Pikrinsäure in gesättigter wässeriger Lösung ist für zarte Zellen überhaupt nicht zu brauchen, die äussere Form wird durch ihre Anwendung stets zerstört. Besser erhält die Kleinenberg'sche Pikrinschwefelsäure Form und Contouren“ (Lit. 36 S. 100), welch’ letzteres auch mit meinen weiter unten folgenden Resultaten übereinstimmt. Apäthy (Lit. 4 S. 111) giebt entschieden der reinen Pikrinsäurelösung den Vorzug: leider aber begründet er dies näher nicht. Die direete Uebersetzung der Objeete in Alkohol ist gerade so rationell wie bei der Salpetersäure, was sogar auf Grund von Fischer’s Un- tersuchungen (Lit. 15) noch näher begründet erscheint, indem er durch !/,%/,ige Pikrinsäure entstandene Peptonniederschläge auch im Wasser lösbar fand. Sublimat (gesätt. mn physiol. Kochsalzlösung nach Heidenhain, Kie. 113, 17°b}} Die Wirkung kommt derjenigen der gesättigten Pikrinsäure sehr nahe; auch hier treffen wir das ausserordentliche Zusammen- Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 225 schrumpfen des Plasmas an, wobei die Kerne ziemlich regelmässig sind und zur diffusen dunklen Färbung neigen. Von der Masse des Plasmas fehlt gewöhnlich sehr viel; die Kernmasse scheint unversehrt zu sein, hat eine homogene Grundsubstanz und gleich- förmig vertheilte Körnchen. Das schon lange benützte Sublimat verdankt seine gegen- wärtige Verbreitung eigentlich Heidenhain: „Es ist mir nicht recht begreiflich (Lit. 29 S. 113), warum dieses Mittel, welches die feinsten Details der Kerne und Protoplasmastructuren so vor- züglich erhält, bisher noch so wenig Eingang in die Technik der Cellularhistologie finden konnte.‘ Diese Zeilen wurden nun zur Quelle eines nicht geringen Missgriffes! Zum deutlichen Ver- ständniss der Sache müssen wir zunächst hervorheben, dass Hei- denhain bei der ersten Veröffentlichung seiner schönsten Resultate bemerkt: „Obgleich man mit den Osmiumgemischen häufig an den verschiedensten Gewebeformen vorzügliche Conservirung erhält, habe ich mich doch im Grossen und Ganzen genommen wesent- lich aus Rücksicht der Bequemlichkeit und Billigkeit und im Hinblicke auf das nachfolgende Färbungsverfahren an das Sublimat gehalten“ (Lit. 29 S. 113). Ich glaube, aus diesen Zeilen ist doch deutlich zu erfahren, dass er es in erster Reihe nicht der guten Fixirung zu Liebe benützte. Pag. 114 jedoch bemerkt er: „leh gebe zu, dass mir oftmals Schrumpfungen vorgekommen sind.“ AI’ dies entspricht nicht einer solehen Einführung, welche die schnelle Verbreitung und das gegenwärtige Ansehen des Sub- limats auch nur im Entferntesten erklären könnte. Noch weniger gerechtfertigt erscheint dies auf Grund Heidenhain’s späterer Werke (Lit. 30 S. 428): „Sehr grosses Vertrauen hatte ich seit längerer Zeit dem Sublimat entgegengebracht, ich muss meine früheren Angaben (auch diese klangen nicht sehr ermuthigend!) über dieses Mittel jedoch dahin corrigiren, dass ich in letzterer Zeit weniger günstige Resultate damit hatte. Ich erhielt oft Schrumpfungen von ganz eigenthümlicher Art, ohne dass es mir gelang, die Ursache derselben festzustellen.“ Er sucht in allem die Ursache der schlechten Resultate, nur nicht in der zweifellos schleehten Fixirungsfähigkeit des Sublimats. In seinem letzten Werke (Lit. 28 S. 195) jedoch schreibt er endlich die Schrum- pfungen direkt dem Sublimat zu: „Ich habe zwar, um die schrum- pfende Wirkung des Sublimats zu vermeiden, in letzter Zeit dem 226 K. Tellyesniezky: Sublimat geringe Menge Osmiumsäure zugesetzt“ u. s. w.; eben- dort pag. 169 bemerkt er: „Sublimat langt übrigens bei Weitem nicht für alles; noch nie habe ich eine Hode mit diesem Mittel auch nur annähernd gut conserviren können.“ Dies ist auch An- deren noch nicht gelungen. Im Gegensatze hierzu sagt Rawitz von der gesättigten Sublimatlösung (Leitfaden 1887 und ähnlicherweise 1895): „Sie ist nebst Flemming’scher Lösung und Pikrinsalpetersäure eines der besten Reagentien, das wir besitzen,“ welche Behauptung nieht auf die Zellenfixirung bezogen werden kann, und ist sie in dieser Hinsicht mit der Flemming’schen nicht zu vergleichen. In diesem Sinne erklärt sich auch Bolles Lee in seinem „Vade- meeum“* (Lit. 7, S.40); er ist der einzige, der im Lobe des Sub- limats nicht der allgemeinen Strömung folgt: „For eytologieal work it is according to my experience, not to be trusted and not to be recommended.“ Rab]l bemerkt in Bezug auf Embryonen (Lit. 44): „Sehr wenig empfehlenswerth finde ich die reine Sub- limatlösung, sie macht die Embryonen stets stark verschrumpfen.‘“ Endlich erfahren wir aus den ausgezeichneten Untersuchungen Kaiserling’s und Germer’s (Lit. 36), dass z. B. Säugethier- eier unter der Einwirkung von Heidenhain’scher Sublimatlösung um 0.02 mm einschrumpfen, ferner bemerken dieselben Autoren: „Neben dieser starken Schrumpfung platzt an den Eizellen bei Anwendung dieser wohl zu stark wirkenden Lösung die Zona pellueida. Dies kehrt an den einzelnen Präparaten mit solcher Regelmässigkeit wieder, dass man an einen Zufall kaum glauben kann.“ Nach all diesem kann ich an der unbedingt schlechten Fixirfähigkeit des Sublimats nicht zweifeln, welch Urtheil selbst ddann nieht zu ändern ist, wenn wir auch das Centrosoma oder gewisse Plasmastructuren in vielen Fällen damit sichtbar machen können. Von einer guten Fixirung erwarten wir in erster Reihe die gute Erhaltung der ganzen Zellenmasse, doch diesbezüglich sagt Heidenhain selbst (Lit. 28, S. 196), „dass bei den Hoden- zellen ein Theil Zellensubstanz im Sublimat in Lösung geht.“ Bei der grossen Mangelhaftigkeit des Plasmas konnte ich auch bei meinen Präparaten nicht über die bedeutenden Auslösungen in Zweifel sein. Heidenhain schreibt mit diesen Zeilen die Auslösungen dem Sublimat selbst zu; ich glaube aber, dass es Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 227 noch eine offene Frage ist, inwiefern auch die Nachbehandlung daran betheiligt sei. Fo: ma lia\(Fies312,023). 1%, (Fig. 12), 10%, (Fig. 13). Diese: zwei verschieden starke Lösungen brachten unter allen bisherigen Flüssigkeiten die schlechtesten Resultate. Blos geringe Ueberreste des Plasmas sind zusaımmengeschrumpft rings der Kerne wahrnehmbar, welche entweder ebenfalls Schrumfungen erlitten und sich diffus dunkel färben. Das durch T. Blum und J. Blum (Lit. 9, 10, 11) im Jahre 1895 in die anatomische Technik eingeführte Formalin hat heute eine schon ganz ansehnliche Litteratur; und wer nur einigermaassen in der Litteratur der Fixirflüssigkeiten bewandert ist, wird sich über die aufgetauchten scharfen Gegensätze nicht wundern. Hermann (Lit. 32) stellt enttäuscht seine Versuche mit diesem Mittel ein und erwartet höchstens von neueren Unter- suchungen Resultate; diese jedoch schlugen nicht zu Gunsten des Formalins aus. Durig (Lit. 13) und Reimar (Lit. 49) erklären sich für die Güte dieses Mittels. Durig jedoch lobt das Formalin nur im Allgemeinen, was keiner näheren Beurtheilung unter- worfen werden kann. Reimar’s Untersuchungen jedoch können uns nicht überzeugen, da er sich zur Vergleichung des Sublimats und Alkohols bediente, welche dem Vorausgeschickten zufolge als Maassstab der Zellenfixirung nicht zu gebrauchen sind. Hoyer's jun. (Lit. 35) Untersuchungen zufolge ist die Formalin- lösung (1:10—1:100) für mikroskopische Zwecke: „durchaus ungeeignet.“ Mit gesättigter Lösung scheint er ein günstigeres Resultat zu erzielen. Bolles Lee’s Erfahrungen verheissen auch damit nicht viel, denn gerade in Bezug auf Hoyer's Untersuchungen bemerkt er (Lit. 7. S. 54): „He states that with such solutions tissues are better preserved than with weak ones, even better preserved than with corrosive sublimate. There is certainly some mistake here. I find that preparations fixed in 13.3 per cent. formaldehyde (formol with two volumes of water) have the cells enormously over-fixed and presenting the homogeneous aspect of osmieated cells.“ Nach Laechi’s Untersuchungen (Lit. 41) ist es für Nerven- und Epithelgewebe und für Schleimhäute gut zu gebrauchen, hingegen für Binde- und Muskelgewebe, für Embryo 298 Krfellybsmieakyt und Nabelschnur unverwendbar. Dem Vorgebrachten zufolge aber leidet es keinen Zweifel, dass reines Formalin weder in starken, noch in schwachen Lösungen zur feineren Conservirung der Zellen zu gebrauchen ist. Nach Gilson schreibt Henneguy (Lit. 8. S. 66): „‚Jusqu’aä present, m’eerit-il, il a troure qu’em- ploye seul (a 2 p. 100, 5 p. 100, 10 p. 100), e’est un fixatenr energique, assez penetrant, mais «qui deforme notablement.“ OÖOsmiumsäure (Fig. 14, 15). 1°/,. Ihre Wirkung weicht von den bisher behandelten Mitteln sehr ab; obwohl die durch dieselbe gewonnenen Bilder in gewisser Beziehung nicht zufriedenstellend sind, weisen sie doch solch werthvolle Eigenschaften auf, welehe ihr in entsprechenden Zusammensetzungen eine Rolle ersten Ranges sichern: und zwarbesteht diese Rollein der Erhaltung des Plasmas respective der ganzen Zellenmasse Bei dem Vergleiche der durch Osmiumsäure gewonnenen Bilder (siehe Figur 14—15) mit sämmtlichen bisher untersuchten (Fig. 1—13) ist der Unterschied sehr auffallend. Dies ist der erste Fall, in welchem das Plasma in den Präparaten den Raum, wel- cher den Zellen zukommt, vollständig ausfüllt, womit wir jedoch nicht behaupten wollen, dass ihr Volumen dem der lebenden Zelle gleichkomme. Bei guter Fixirung besteht die grösste Schwierigkeit in der Conservirung des in geringem Maasse wider- standsfähigen Plasmas, wobei das „gute kernfixirende“ Mittel ganz in den Hintergrund gedrängt wird, da gutes Kernfixiren mit sehr vielen Mitteln erreicht werden kann, bei welchem jedoch das Plasma ganz zerstört wird. Doch bei der mangellosen Erhaltung von Kern und Plasma durch Osmiumsäure wird die Zelle sehr homogen, meistens noch viel homogener als die auf den Figuren sichtbaren, ziemlich gekörnten Zellen. Ebenso bleibt die Masse der Kernspindel, ohne besondere Structur zu zeigen, erhalten. Diese Wirkung der Osmiumsäure ist kaum von derjenigen der /,P/igen, ja sogar '/,o'/„igen Lösung zu unterscheiden. Von dem ersten Benützer der Osmiumsäure sprachen wir in der Einleitung. Ihre im Vergleich mit den übrigen Mitteln sehr auffallende Wirkung ist allbekannt und unbestritten, so dass ich an dieser Stelle nur Kaiserling's und Germer's physika- lische Untersuchungen (Lit. 36) erwähne, nach welchen, die Os- Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 229 miumsäure die Eizellen von Säugethieren in ihrem Durchmesser beinahe unverändert conservirt. Der in physiologischer Kochsalz- lösung 0.1712 mm betragende Durchmesser der Eizelle betrug nach der Einwirkung von Osmiumsäure 0.172 mm; so zeugen Zahlen für die beinahe ganz vollständige Conservirung der Zelle. Von diesem Standpunkte aus bemerken sie: „Die Osmiumsäure ist überhaupt als Fixationsmittel für zarte Objecete wie Eizellen am meisten geeignet und zu empfehlen.“ Kalium biehromieum (Fig. 16). Da dasselbe auch noch jetzt in der Müller'schen Zu- sammensetzung gebraucht wird, untersuchte auch ieh diese Flüssig- keit. Das Kalium biehromieum erweckte durch seine eigenthüm- liche Wirkung meine Aufmerksamkeit im höchsten Grade; da das Untersuchungsmaterial jedoch schon zur Neige ging, konnte ich mit demselben keine besonderen Versuche mehr anstellen. Zum Glück stellte sich jedoch heraus, dass die auffallende Wir- kung der Müller’schen Flüssigkeit mit der des Kalium biehro- mieum ganz identisch sei, so dass neben demselben die Rolle des Natrium sulfurieum sehr fraglich wird. „Die als Müller'sche Augenflüssigkeit bekannte Mischung von Kalium bichromieum 2—2.50/,, Natrium sulfurieum 1 Ag. 100 fand ich — sagt Flemming Lit. 20 S. 107. Anm. 3 — stets im ihrer Wirkung auf die feineren Structuren von Zellen und Kern so übereim- stimmend mit 1-—3 procentigen Lösungen von reinem Kalium biehromieum, dass ich nur noch die letzteren angewendet habe.“ Sowohl die Wirkung der Müller’schen Flüssigkeit als auch die des Kalium biehromieum ist so auffallend und eigenthümlich, dass wir mit Sicherheit auf deren Identität folgern können. Die Wirkung zeigt sich in erster Reihe in der Erhal- tung der Plasmamasse, so dass neben der Osmiumsäure das Kalium biehromieum das zweite Mittel ist, welches unter den bisher angeführten einfachen Flüssigkeiten dureh diese Eigen- schaft scharf hervortritt. Das Plasma erscheint als mehr oder weniger homogene Masse, welehe den ihr zukommenden Platz im Präparate ausfüllt (siehe Fig. 16 a, b). Ganz eigenthümlich ist die Wirkung des Kal. biehr. auf die Zellenkerne, welche in zweierlei Gestalt erscheint: die Kerne der Spermatoeyten (Fig. 16a) 230 K. Tellyesniczky: und Spermatogonien (Fig. 16b) zeigen einerseits in ihrer homo- genen, dunkeln Grundsubstanz hellere Flecken, abweichend von sämmtlichen bisherigen Kernbildern. Ebenso eigenthümlich ist die zweite Art seiner Wirkung, welche sich an den Kernen der Bindegewebe zeigt (Fig. 16e). Hier nämlich kann in der eben- falls dunkleren Grundsubstanz ein scharfes Chromatinnetz gefärbt werden, welches von der Oberfläche des Kernes zurückgezogen bald in Form eines Kranzes, bald in der eines Netzes erscheint. Es ist begreiflich, wenn in Folge dieser eigenthümlichen Wirkung die Müller’sche Flüssigkeit, respeetive Kalium bichromieum ihren zellenfixirenden Werth zur Zeit verloren hat und von Rawitz ein „kernfeindliches Mittel“ genannt wird. Klein in- dessen hält gerade die durch Kalium biehromiecum gewonnenen Kernbilder für lebensgetreue, was von Flemming an mehreren Stellen (Lit. 18) bestritten wird. Die Diskussion der lebensge- treuen Structuren gehört nicht in den Rahmes dieser Arbeit, weshalb ich denn auch darüber gar nicht zu sprechen komme. Mit den erwähnten eigenthümlichen Bildern wollte ich blos den eigentlichen Grund des Misstrauens gegen Kalium biehromieum illustriren. Meiner Ansicht nach aber hat es durch diese seine Eigenschaft weit über seine Schuld am Werthe verloren. In Folge der auffallenden Wirkung auf die Kerne, wiewohl auch von deren Substanz Niehts verloren zu gehen scheint, ist nicht einmal dessen überaus werthvolle plasmaerhaltende Rolle gebührend gewürdigt worden. Dieser Umstand aber ist von nicht geringer Bedeutung, wenn wir bedenken, dass über diese hervorragende Eigenschaft nur noch die Osmiumsäure verfügt. Neben den anderen grossen Nachtheilen der Osmiumsäure ist aber der plasmaerhaltende Werth des Kalium biehromieum unschätzbar. In einfacher Combination mit Essigsäure (siehe Seite 242) gelangt dessen eigenthümliche Kernwirkung nicht mehr zur Geltung und gewährt so eine aus- gezeichnete Conservirung. Resume. Unter den einfachen Flüssigkeiten habe ich nicht eine einzige gefunden, die die Zellen der Salamanderhode befriedigend eonservirt hätte. Ihre Wirkung in Betracht gezogen, zerfalleı sie in zwei Gruppen. I. Osmiumsäure und Kalium biehromieum ragen über sämmt- Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 231 lichen übrigen Flüssigkeiten besonders dadurch hervor, dass sie das Plasma, beziehungsweise die ganze Masse der Zelle er- halten, weshalb sie denn auch als Plasmaconservirer par excellence zu betrachten sind. II. Die übrigen untersuchten, einfachen Flüssigkeiten (Alkohol, Chromsäure, Salpetersäure, Pikrinsäure, Sublimat, Formalin) zer- stören entweder vollends das Plasma oder eonserviren es blos in mehr oder minder mangelhaftem Zustande. Die Substanz der Kerne conserviren sie in vielen Fällen sehr gut. Am destruc- tivsten wirkt das Formalin, welches das Plasma wie auch den Kern gleich heftig alterirt. Den grössten Vortheil bietet die 2— 5°/,ige Salpetersäure, die neben scharfen Kernstructuren auch befriedigende Conservirung des Plasmas bietet. Zusammengesetzte Flüssigkeiten !), Während zu Beginn meiner Untersuchungen ohne irgend- welchen Stützpunkt in dem Gewirre der Flüssigkeiten dieselben als ebensoviele speeifische Mittel erschienen, so haben sie sich nach eingehender Untersuchung ihrer Wirkung von selbst in na- türliche Gruppen getheilt, wie wir dies soeben auch bei den ein- fachen Flüssigkeiten gesehen haben. Noch später aber trat aus der Menge der zusammengesetzten Flüssigkeiten diejenige Gruppe hervor, deren gemeinsamer Charakterzug der Essigsäuregehalt 1) Es wäre sehr wünschenswerth, wenn die Autoren ihre Flüssig- keiten einheitlich auf 100 Raumtheile berechnet bieten würden; es würde dies nicht blos den Ueberblick fördern, sondern es würde auch bei Kenntniss der Wirkungen der einzelnen Reagentien die percentuirte Zusanmensetzung derselben schon auf den ersten Blick eine nähere ÖOrientirung über die Verwendbarkeit der Flüssigkeit bieten. Die ver- schiedensten Formeln sind oftmals nur mit schwerer Mühe in Percente umzurechnen (siehe z. B. Rawitz’sche Flüssigkeit. Es würde auch dem vorzubeugen, dass Flüssigkeiten von sozusagen identischer Zu- sammensetzung neben einander unter den Namen verschiedener Au- toren angeführt werden. Es wäre sehr wünschenswerth, ein für alle- mal bezüglich der Percentuirung der Flüssigkeiten ein Uebereinkommen zu treffen und zwar derart, dass angegeben werde, wie viel von den einzelnen Reagentien 100 Theile der angegebenen Flüssigkeit enthalten. Der Einheitlichkeit halber sind solehe Formeln zu meiden, in denen z. B. mit 100 Theilen der Grundflüssigkeit Reagentien verbunden wer- den. Die zur Darstellung der Flüssigkeiten dienenden bequemeren Formeln wären nachträglich zu erwähnen. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 16 333 K. Tellyesniezky: _ war. Gegenüber dem ausserordentlich zerstörend wirkenden Al- kohol lenkten zunächst die auffallend schönen Resultate der Al- koholessigsäure unsere Aufmerksamkeit auf sich. Als dieser auf- fallende Unterschied in gleich grossem Maasse bei der Vergleichung von Chromsäure und Chromessigsäure, Pikrinsäure und Pikrin- essigsäure, Sublimat und Sublimatessigsäure sich regelmässig zu Gunsten der Essigsäure ’wiederholte, trat die hervorragende Be- deutung der letzteren unzweifelhaft zu Tage!). Die reine Essigsäure selbst kam bei der streng vergleichen- den Untersuchung nieht an die Reihe; nachträglich prüfte ich ihre Wirkung an Mäuse-Organen in 5°/,iger Lösung, welche Percentuirung in den Zusammensetzungen von sehr günstiger Wir- kung ist. Während 24 Stunden wirkt sie bekanntlich isolirend. Sämmtliche Objeete werden ausserordentlich weich, die Hode 7. B. zerfällt in ihre Kanäle, die Epithelien schälen sich ab ete. Hierauf mit Alkohol behandelt, härten sie sich schrumpfend. Wenn wir Schnitte von diesen direet nach der Auslösung des Paraffins in Xylol untersuchen, werden die Zellen wohl kleiner gefunden, bieten aber immerhin ein genügend scharfes klares Bild; auffallender Weise gehen aber die Elemente zu Grunde, wenn wir sie nach der Auslösung des Paraffins auch noch ander- weitigen Behandlungen unterziehen, was augenscheinlich beweist, dass die Essigsäure selbst den Objeeten keinerlei Widerstands- fähigkeit verleiht. Auf Grund dieser ihrer Eigenschaft konnte die Essigsäure im Allgemeinen nicht als Fixirer gelten, obzwar ihr Fixirwerth, von der nachträglichen Behandlung abgesehen, ein sehr guter ist. „Der Glaube (Flemming Lit. 20 pag. 103), dass Essigsäure und andere Reagentien die Kerne und andere Dinge schrumpfend machen, und der bekannte Schulsatz, welcher den intakten Zellkern mit einer frischen, den von Essigsäure be- troffenen mit einer gedörrten Zwetschke vergleicht, sind gleich unriehtig.*“ Flemming empfiehlt auf Grund seiner an Zell- kernen angestellten Versuche die 1°/,igen oder noch mehr ver- dünnten Lösungen; zur Beurtheilung der Verwendbarkeit der 1) Den Werth der Essigs. betont auch Apäthy in vollem Maasse (Lit. 4. S. 114); er bezeichnet aber neben der Essigs. das Sublimat für das am meisten zu schätzende fixirende Prineip. Nach dem Vorher- gesagten aber sind entschieden die Osmiums. und das Kalibichrom. neben der Essigs. die werthvollsten. Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 233 Essigsäure ist indessen von Wichtigkeit, dass auch die 5°/,ige auf dieselbe Weise wirkt, nur dass sie nach einer gewissen, wenn auch kurzen Zeit den Kern schwellt und bleicht (Flemming l. e. 105). Van Beneden aber fixirt mit concentrirter Essig- säure während einer Einwirkung von 5—6 Minuten Würmer und Coelenteraten. Während die Essigsäure allein in Folge ihrer er- weichenden Eigenschaft blos ausnahmsweise anwendbar ist, bildet sie, wie wir sehen werden, in Gesellschaft anderer erhärtenden Reagentien den wichtigsten Bestandtheil der Fixirungsflüssigkeiten. Zweifache Mischungen mit Essigsäure. Alkoholessigsäure (Fig. 17, 18). Zum Experiment wurden 80°/, (96°) Alkohol mit 20°/, Eisessig benützt, nach drei- stündiger Einwirkung in absolutem Alkohol gewaschen und ferner in vollkommen gleicher Weise mit den übrigen behandelt. Deren auffallende Wirkung im Vergleiche zur reinen Essigsäure haben wir bereits oben betont (vergl. Fig. 1,2 mit Fig. 17, 18). Von den bei reinem Alkohol sichtbaren und in grossem Maasse auftretenden Sehrumpfungen sind nicht einmal Spuren zu finden, es sei denn hie und da in der geringen Verrückung des Plasmas (Fig. 18). Indessen füllt auch die in der Zeichnung sichtbare Plasmamasse grosser Spermatogonien (Fig. 17) sehr gleichmässig ihren Platz aus, höchstens an der Peripherie zeigt sie einige Liehtungen; die Kerne bleiben tadellos. Die Alkoholessigsäure wurde bisher zumeist zur Fixirung von Eiern empfohlen. Carnoy (1886) benützt 75°/, abs. Al- kohol, 25°/, Essigsäure (3:1), v. Beneden und Neyt in der- selben Absicht abs. Alkohol und Eisessig ana, Boveri (1887) aber heisse Alkoholessigsäure, in welcher er das Material noch zwei Stunden auskühlen lässt, gegen welches Verfahren v. Gehuchten gewichtige Bedenken erhebt, die um so mehr begründet sind, da starke Säuren nur bei kurzer Einwirkung vortheilhaft sind. „Cette methode, qui est celle de Boveri, doit necessaire- ment amener des altsrations profondes“ ete. von Gehuchten (Lit. 26. S. 240). Nach Carnoy genügen 5—20 Minuten zur Fixirung der widerstandsfähigsten Eier. Die Hinzugabe der schwer eindringenden Osmiumsäure (Zacharias) ist bei Conser- virung grösserer Eier nicht rationell. Carnoy empfiehlt zur Beschleunigung der Wirkung die 934 R. Tellyesniezky: Hinzugabe von Chloroform (6 Th. abs. Alk., 1 Th. Eisessig, 3 Th. Chloroform, 60 %/, abs. Alk., 30°/, Chlorof., 10°/, Eisessig), doch ist nach meiner Ansicht die Alkoholessigsäure schon an und für sich eine der am raschesten eindringenden Flüssigkeiten. Es ist eigenthümlich, dass diese einfache Flüssigkeit, die, wie wir gesehen haben, die Zellen verhältnissmässig gut conservirt und die Objeete nicht im Geringsten färbt, was eben denNachtheil unserer besten Fixir- flüssigkeiten bildet, keine ausgedehntere Anwendung gefunden hat. Chromessigsäure (Fig. 19). 70 cem 1°/,ige Chrom- säure, 5°/, Essigsäure, 90°/, dest. Wasser (Flemming) (beiläufig !/,°/, Chroms., 3°/, Essigs. in 100 Th. Wasser) conservirt das Plasma besser als reine Chromsäure (s. Fig. 3, 4, 5, 6), wiewohl auch hier nur mangelhaft. Die Theilungsfiguren, die Spindel sind gut. Sie zeichnet sich jedoch hauptsächlich dadurch aus, dass sie die Kerne und Kernstructuren auffallend klar und scharf hervortreten lässt. Dasselbe gilt auch von der Cbromameisensäure (s. Fig. 22) (200 cem !/;°/, Chromsäure, 4—6 Tropfen Ameisensäure, also in 100 Th. Wasser !/,°/, Chromsäure und 2—3 Tropfen Ameisen- säure), zum Zeichen, dass auch die Gegenwart der verhältniss- mässig geringen Säure die Fixirung begünstigt. Flemming (Lit. 20 S. 382) empfiehlt ausserdem auch die Lösung von !/,/, Chromsäure und !/,,°/, Essigsäure, La Bianco gibt in 100 cem 1°/,iger Chromlösung 10 eem Eisessig. Dem gemäss scheinen neben der Chromsäure schon ein paar Tropfen Essigsäure günstig zu wirken, gleichwohl ist es keineswegs begründet, mit der Essig- säure in Verbindungen also sehr zu sparen. La Bianco hat auch bei Gegenwart 10°/,iger Essigsäure ein günstiges Resultat erzielt, und spricht alle Erfahrung dafür, dass wir die Essigsäure in Mischungen in noch viel grösseren Pereenten anwenden können. Sublimatessigsäure (Fig. 20). 100 Theile gesättigte wässerige Sublimatlösung, 50 cem Eisessig von La Bianco (in 100 Theilen 77 Th. gesätt. Sublimatl., 33 Th. Essigsäure) conserviren die. Kerne vollkommen, das Plasma mangelhaft. Die Wirkung ist aber dennoch um Vieles günstiger, als die des reinen Sublimates. Gleichermaassen äussert sich auch Bolles Lee, dessen Erfahrungen auch bezüglich der Wirkung des reinen Cor- rosivs mit meinen Resultaten übereinstimmen und der ebenfalls die günstige Wirkung der Essigsäure hervorhebt (Lit. 7 S. 38): „For fixing, eorrosive sublimate may be, and very frequently is, Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 2% used pure; but in most cases a finer fixation will be obtained if it be acidified with acetie acid, say about 1 per cent, of the acid. I find that a saturated solution ind per cent acetic acid is a very good formula for marine animals.“ Die Lang'sche Flüssigkeit ist beiläufig dieselbe, wie die La Bianco’s, nämlich 3 Th. gesättigte Sublimatlösung, 1 Th. Eis- essig (75°/, saturirtes Sublimat und 25°/, Eisessig, während nach La Bianco 77°), Subl., 33°/, Eisessig. Zweifache Mischungen ohne Essigsäure. Unter den untersuchten Pikrinsalpetersäure (Fig. 24), Pi- krinschwefelsäure (Fig. 23), Pikrinehromsäure (Fig. 26—-27) und Pikrinsublimat (Fig. 25) waren blos Verschiedenheiten geringeren Grades zu constatiren. . Vollends aber von diesen allen weicht die Wirkung des Altmann ’schen Kalium biehromieum ab, was auch nach den bei den einfachen Flüssigkeiten erzielten Resultaten meiner Un- tersuchungen zu erwarten stand. Die ersten vier können ohne grössere Abweichung gemeinsam charakterisirt werden, insofern sie alle das Plasma mehr oder minder schrumpfend machen. Die Kerne neigen bei Sublimat-Pikrin und Chrom-Pikrin zur diffusen Färbung; hingegen gewähren sie ein auffallend schönes Bild an pikrinschwefel- und pikrinsalpetersauren Präparaten. Die Pikrin- schwefelsäure zumal ragte besonders durch das überaus scharfe Hervortretenlassen der Spindel hervor (s. Fig. 23), vom Plasma hingegen ist auch in der Nachbarschaft der schönen Spindeln nur sehr wenig zu finden. ÖOsmiumsäure-Kalium biechromieum (Fig. 283—29) (2!/,°/, Kalium biehromieum, 1°/, Osmiumsäure Altmann). Die Abbildungen zeigen die nothgedrungenen Resultate der Zusam- menwirkung dieser Reagentien. Beide Reagentien, als Plasma- erhalter par excellence bereits erkannt, haben demzufolge, wie zu erwarten stand, die gesammte Zellenmasse tadellos conservirt; die Zellengrenzen heben sich überall in scharfen Conturen ab; die Formen der Kerne sind sehr regelmässig; ihre Grundmasse färbt sich diffus und dunkel. 236 K. Tellyesniczky: Drei- und vierfache Mischungen. I. Ohne Essigsäure. Die von Rawitz eben für die Salamanderhode empfohlene Chrom-Pikrin-Salpetersäure gewährtin Folge der regel- mässigen, sich vorzüglich färbenden Kerne ein günstiges Bild. Die mangelhafte Conservirung des Plasmas indessen, welches grösstentheils blos in geringen, rings um den Kernen zusammen- geschrumpften Theilen aufzufinden ist, berechtigt nicht dessen specielle Empfehlung. Die Flüssigkeit besteht aus 4 Th. 1°/,iger Chromsäure und 1 Theil Mayer’scher Pikrinsalpetersäure (auf 100 Theile kommt /,°/, Chromsäure, beil. !/;—*!/,„°/, Salpeter- säure und !/,°/, Pikrinsäure), Deren günstigere Wirkung als der Chrompikrinsäure lässt sich dureh die, wenn auch verhältniss- mässig geringe Menge der Salpetersäure begründen. Anmerkung: Diese Flüssigkeit zeigt am besten, wie unan- genehm es ist, wenn wir statt einfacher, zu 100 Theilen percentirter Mischungen wiederholte Combinationen allerlei anderer Verbindungen bekommen. In der Rawitz’schen Flüssigkeit sind 4 Theile 1®/yiger Chromsäure, 1 Theil Mayer’sche Pikrinsalpetersäure. Hier lässt sich leicht berechnen, dass 100 Theile der Flüssigkeit 4/.0/, Chromsäure enthalten; was sollen wir aber nun mit den auf 100 Theile kommenden 20 Theilen Pikrin-Salpetersäure machen ? Wie viel Pikrinsäure ist darin, wie viel Salpetersäure? Wenn es sich blos um ceoncentrirte Pikrinsäure handelte, worin sich 0,6%, lösen, so käme hier auf 100 Theile der zusammengesetzten Flüssigkeit nur !/; Theil derselben, oder beiläufig Y/; grm Pikrinsäure; doch nicht einmal dies ist richtig, denn schon in der Mayer’schen Flüssigkeit selbst fällt ein Theil der concentrirten Pikrinsäure aus und bleibt beim Filtriren zurück, so dass wir blos sagen können, dass weniger als !/; grm Pikrinsäure darin enthalten ist. Wie viel Salpetersäure aber ist darin? Bei der Mayer’schen Pikrin-Salpetersäure wird zu 100 Theilen 2—-3 eem offieinelle Salpetersäure empfohlen. Wie concentrirt aber die Salpetersäure nach dem Deutschen Arzneimittelbuch ist, wusste ich nicht, nach unserem ist sie 50%,ig (so, dass ich bei Bereitung der Pikrinsalpetersäure anstatt der bezeichneten 3 cem offieineller Salpeter- säure nicht ganz lccm reine Salpetersäure nahm, unter Gewissens- bissen, da ich nieht wusste, wie weit ich von der Formel abweiche). Die Sache so genommen, kommen ?/ REE 3/, ecem offieinelle Salpetersäure auf 100 Theile der Rawitz'schen Flüssigkeit, oder auch °/,—"/, reine Salpetersäure. Demnach enthält sie #/;%, Chromsäure beiläufig 1/0 Pikrinsäure und ?/5;0/, Salpetersäure. Ich glaube, auch dieser Fall illustrirt zur Genüge, wie wün- schenswerth es sei, bei den Flüssigkeiten eine einfache Percentuirung Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 237 einzuführen. Denn das glaubt ja schliesslich Niemand, dass es einen argen Unterschied macht, wenn man statt 1/,/yiger Salpetersäure !/ ige, oder gar statt der */,0/,igen Chromsäure 1°/yjige nimmt. Der in Jeder Hinsicht nothwendigen Vereinfachung halber wäre es geboten, dass auch bezüglich dieser, wenn auch geringfügig scheinenden Dinge ein Uebereinkommen erzielt werde. 2. Chromsäure-Salpetersäure-Alkohol (Pe- renyi’sche Flüssigkeit) (Fig. 33—34). In 100 Theilen 30°/, Alkohol, 4°/, Salpetersäure, !/,.°/, Chromsäure. Das Plasma der grossen Spermatogonien wird auffallend schön eonservirt; (Fig. 34), ihr besonderer Vorzug besteht aber darin, dass die Kernfäden ausserordentlich scharf hervortreten, wobei jedoch die übrigen Theile des Kernes leer erscheinen (Fig. 33). Die spe- eifische Wirkung des Alkohols ist besonders an den peripherisch liegenden Zellen zu beobachten (siehe Figuren, wo der Kern der grossen Spermatogonie und das Plasma der Spermatocyten Ver- schiebung nach einer Richtung zeigen). Unter den Mischungen ohne Essigsäure ist diese Flüssigkeit die verhältnissmässig brauchbarste. Nebst ihrer bedeutenden Fähigkeit, das Plasma zu erhalten, treten auch die Details der Kernstructuren (siehe in der Figur die Chromatinfäden) scharf hervor, was jedoch von der Auslösung der übrigen Theile des Kernes abzuhängen scheint. Die aus unserer Anstalt herrührende Flüssigkeit ist beson- ders vortheilhaft zur Fixirung der Eier von Amphibien. Bolles Lee (Lit. 7 S. 36) empfiehlt deren ausgedehntere Anwendung: „Chromonitrie acid is not only an embryological reagent, and a very im portant one, but also an admirable one for general work.“ Er hält sie ebenfalls für eine der brauchbarsten Flüssigkeiten; ihre günstige Wirkung beruht eigentlich auf der Salpetersäure. 3.Mann’'scheFlüssigkeit(Fig. 31). In der Lösung von 100 eem eoncentrirtem Sublimat 1 gr Pikrinsäure und 2 gr Tannin. Die Wirkung ist eine vollkommen destructive. Die bedeutende plasmazerstörende Wirkung des Sublimats und der Pikrinsäure wird noch gesteigert durch die Gegenwart des Tannins, wobei auch die Kerne deformirt und homogen werden (siehe Fig. 31). Nebenbei bemerkt, werden die Objeete in ihrer makroskopischen Form sehr gut erhalten, Beweis dessen, dass die Güte der ma- kroskopischen Conservirung kein Kriterium für die histologische Conservirung abgibt, wie es auch bei dem Formalin der Fall war. ND SE) [0 +) K: Tellyesniezky: Drei- und vierfache Mischungen mit Essigsäure. o=- Die hierher gehörenden Zenker- (Fig. 35, 36, 37,38) und Flemming’'sche (Fig. 30) Flüssigkeiten ragen sowohl durch die möglichst fehlerfreie Conservirung des Plasmas und der Kernsubstanz, wie auch durch das scharfe Hervortretenlassen der Zellentheile so sehr unter allen bisher untersuchten Flüssig- keiten hervor, dass ihnen eine Rolle ersten Ranges zuerkannt werden muss. Die Flemming ’sche Flüssigkeit hat auch, Dank ihrer Wichtigkeit (auch beim Salamanderhoden wurde sie unzähligemal angewendet), allgemeine Anerkennung gefunden, so dass es zwecklos ist, sich hierüber weiter zu verbreiten; in der Reihenfolge unserer Untersuchung konnte sie aber um so weniger übergangen werden, da sie in Folge ihres ausgezeichneten Con- servirens bei der Vergleichung der Reagentien gleichsam als Maassstab gelten konnte. Umsomehr aber bedarf noch die Zenker- sche Flüssigkeit der Besprechung, welche, wiewohl auch sie sich einer bedeutenden Verwendung erfreut, die ihr zukommende all- gemeine Anerkennung, wie beispielsweise das Flemming'sche Reagens, noch bei Weitem nieht gefunden hat. Auch in Bolles Lee’s Vademecum wird sie blos mit einigen Worten in Klein- schrift abgethan. Bei der Flemming'’schen Flüssigkeit ist bekanntlich die Wirkung der Osmiumsäure augenscheinlich: sie bewirkt die mangellose Conservirung des ganzen Zellenkörpers (vergl. die Wirkung reiner Osmiumsäure Fig. 14, 15 mit der der Flem- ming'schen Lösung Fig. 30). Neben ihr wirkt die Essigsäure nicht so sehr durch Unterstützung dieser Wirkung mit (wie wir z. B. bei anderweitigen Mischungen der Essigsäure gesehen), als vielmehr durch Compensiren der homogen-machenden Wirkung der Osmiumsäure. Anbei zeigen wir in einigen Abbildungen die zwischen Flemming und Rawitz strittige, peripherische Wir- kung, blos um die Aufmerksamkeit auch auf den Umstand zu lenken, dass der Grad des Homogenwerdens des Kernes wesent- lich auch von dem Zustand desselben abhängt. In der beigege- benen Abbildung demonstriren a b die Zellen zweier vollkommen an der Peripherie nebeneinander liegenden Zellennester. Indem die Zellen der entsprechenden Nester einander vollkommen ähn- lich sind, habe ich der Einfachheit halber blos eine von jedem gezeichnet. In diesem Falle ist der scharf hervortretende Chro- Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 239 matingehalt des Kernes der Zelle b gegenüber des homogenen Kernes der Zelle « auf den verschiedenen Zustand der Zellen zurückzuführen. Die erste schwächere Formel Flemming's (Lit. 20. S. 381) besteht aus !/,,°/, Osmiumsäure, !/,00/ Eisessig und t/,°/, Chromsäure. Die stärkere Formel aber ?/,°/, Osmium- säure, 5°, Eisessig und ?/,°/, Chromsäure; darin ist also 50 mal mehr Eisessig, 3 mal mehr Chromsäure und 4 mal mehr Osmium- säure, als in der schwächeren. Fol’s Modifieation aber enthält 1/.,0/, Osmiumsäure, !/,0°/, Eisessig und !/,°/, Chromsäure und entspricht daher der verdünnteren Flemming’schen Flüssig- keit, nur ist darin 5 mal weniger Osmiumsäure enthalten. Diese Reagentien lassen sich in verschiedensten Percenten vari- iren, ohne dass ihre Wirkung eine grössere Einbusse erleiden würde. Die Osmiumsäure für sich, ob nun in !/,,°/, oder 1°/,, er- gibt beinahe ein und dasselbe Resultat; die Essigsäure kann auch gerade in Gesellschaft anderer Reagentien (besonders Kalium biehromieum oder Osmiumsäure) innerhalb weitester Gren- zen ohne wesentliche Veränderung variirt werden. In der Flüssig- keit ist es die Chromsäure allein, deren Wirkung sich nieht näher nachweisen lässt. Flemming bemerkt im Allgemeinen über die, bei Weglassung der Chromsäure, mit Osmium-Essigsäure erzielten Resultate: ‚Die Resultate aber waren weit weniger gut, als bei Mitwirkung der Chromsäure“ (Lit. 20, 381). | Es ist denn auch deren Rolle neben der energisch wirken- den Osmium-Essigsäure zweifellos eine untergeordnete. Auch die Modifieation Hermann’s, in welcher eben die Chromsäure durch Platinchlorid ersetzt wird, ändert im Wesentlichen nicht die Wirkung der Flüssigkeit. Auch Henneguy schreibt: „Apres des essais soigneux de ce reactif, je n’ai pas pu trouver quil possede une superiorite reelle sur celui de Flemming, il m’a sembl& m&me souvent qu’il donnait des fixations moins bonnes“ (010.8.°8..53). Die Flemming’schen Flüssigkeiten und deren Modifi- cationen wurden, obgleich sie sehr werthvoll sind, keiner ein- gehenden Untersuchung unterzogen, nicht blos deshalb, weil sie allgemein bekannt sind, sondern auch aus dem Grunde, weil eine bessere Mischung in dieser Riehtung nicht zu erwarten stand. Umsomehr aber untersuchte ich die Zenker'sche Flüssig- keit, welche in Folge ihrer zahlreichen Vortheile (leiehtere Fär- 240 K. Tellyesniczky: bung, Fixirbarkeit grösserer Stücke, Billigkeit) sich als eine weit brauchbarere Flüssigkeit erwies, wobei noch deren Zellen-Fixir- fähigkeit geradezu der Flemming’schen Flüssigkeit an die Seite gestellt werden kann. An den beigegebenen Abbildungen (Fig. 35, 36, 37, 38) werden augenscheinlich sowohl die Masse des Plasmas, wie auch Kernstrukturen, Centrosomen, Spindel ausge- zeichnet eonservirt. Das Bild ist um vieles reiner, leichter färb- bar und kann von einer homogenmachenden Wirkung gar keine Rede sein. Die gute Wirkung der Zenker'schen Flüssigkeit (21/,°/, Kalium biehromieum, 1°/, Natrium sulfuricum, 5°/, Eis- essig und 5°/, Sublimat) müsste zunächst der Wirkung des Kalium biehromieum und der Essigsäure zugeschrieben werden; das schwefelsaure Natrium spielte selbst in Verbindung mit Kalium biehromieum keine Rolle, um so weniger ist dies daher in dieser weit energischeren Flüssigkeit anzunehmen, so dass es auch ge- trost weggelassen werden kann. Da ich aber dachte, die günstige Wirkung aus der plasmaerhaltenden Eigenschaft des Kalium bichromieum unter Mitwirkung der Essigsäure erklären zu können, stellte ich Versuche an mit Weglassung auch des Sublimats (s. unten), welches die Verwendbarkeit der Flüssigkeit schwer- fällig macht, und dessen Rolle in der Flüssigkeit sich in der That als untergeordnet erwiesen hat. Pikrin-Osmium-Essigsäure (RathFig. 32). In con- eentrirter Pikrinsäurelösung ist noch !/,°/, Osmiumsäure, 1°/, Essigsäure (200 eem cone. Pikrins., 12 cem 2°/, Osmiumsäure, 2 eem Essigssäure) diese Flüssigkeit ist ebenfalls als eine Modi- fieation der Flemming’schen aufzufassen, in der die Chromsäure dureh Pikrinsäure ersetzt ist, jedoch nieht im Geringsten zu ihrem Vortheile.. Die Osmiumwirkung waltet auch hier vor, was sich in der Erhaltung des Plasma geltend macht; das Bild »ist dem der Flemming'schen Flüssigkeit ähnlich; ein Theil der Kerne aber färbt sich, an die Wirkung der reinen Pikrinsäure erinnernd, diffus, und sogar auch das Plasma erleidet an vielen Stellen der Wirkung der Letzteren zuzuschreibende Schrumpfungen. Im Vergleiche zu anderen Reagentien, ist sie eine hervorragende, als Osmiumverbindung dürfte sie aber nur dann Berechtigung besitzen, wenn sie auch nur den geringsten Vortheil gegenüber der Flem- ming’schen Flüssigkeit bieten würde, deren Wirkung aber sie nicht erreichen kann. Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 241 Pikrin-Sublimat Essigsäure (Rath). Concentrirte Pikrinsäure, concentrirtes sublimat ana enthalten in ihren Lösungen 1°/, Essigsäure (100 Th. eone. Pikrins., 100 Th. cone. Sublimat- lösung, 2 Th. Essigsäure). Eine noch weniger glückliche Mischung als die vorherige; sie weicht kaum von dem Pikrinsublimat ab; die 1°/,ige Essigsäure ist nicht im Stande, die nachtheilige Wir- kung des Pikrinsublimats aufzuheben. Das Plasma ist mangel- haft, zusammengeschrumpft, und sogar ein Theil der Kerne wird diffus gefärbt. Die Theilungen sind verhältnissmässig schön. Resume. 1. Die Essigsäure in Verbindung mit Reagentien, welche die erforderliche Festigkeit der Gewebe sichern, ist eine der wichtigsten Reagentien. Bei allen essigsäurehaltigen, zweifachen Mischungen hat es sich übereinstimmend erwiesen, dass sie sowohl in der Erhaltung der gesammten Zellenmasse, wie auch im scharfen Hervortreten- lassen der Details eine hervorragende Rolle spielt. 2. Zeigte es sich, dass die vollkommensten Fixirer von Seiten der das Plasma par excellence erhaltenden Reagentien (Kalium biehromieum, ÖOsmiumsäure) in ihrer Combination von Essigsäure zu erwarten sind. Die überaus grosse Fehlerhaftig- keit des Plasmas und die Leere der Kerne, welche wir bei Fixirungen ohne Kaliumbiehromieum und ohne Osmiumsäure er- halten, steht im schroffen Gegensatze zu den massiven vollen Zellen bei Osmiumsäure oder Kalium biehromieum. Bei Jenen erleidet es keinen Zweifel, dass entweder das Fixirmittel selbst, oder die Be- handlungen nach der Fixirung die Theile lösen, oder zu Grunde rich- ten: die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass die meisten Theile bei der Nachbehandlung zu Grunde gehen. Fischer hat gerade die durch cehromsäure Salze und Ösmiumsäure gewonnenen Pep- tonniederschläge unlösbar gefunden, während z. B. die Nieder- schläge von Alkohol und der !/,°/,iger Pikrinsäure in Wasser. lösbar sind. Ich kann nicht umhin, die bei meinen Untersuchungen so scharf hervorgetretene plasmaerhaltende Eigenschaft des Kali bichromieums und der Osmiumsäure mit diesen Resultaten Fischer’s zu vergleichen; ja es zeugt die Uebereinstimmung be- züglich eben dieser beiden Reagentien dafür, dass wir uns hier nicht blos einer Aehnlichkeit, sondern einer Gesetzmässigkeit 242 K. Tellyesnicezky: gegenüber befinden. Die Frage der Auslösungen wurde bisher neben den so sehr betonten Schrumpfungen und Schwellungen kaum gewürdigt; es zeigt sich aber nach meinen Untersuchungen, dass die ungünstigen Resultate zum grossen Theile auf Aus- lösungen zurückzuführen sind, auf Grund deren die Schrumpfungen eigentlich entstehen. Die grösste Auslösung beobachtete ich bei der Chromsäure, wo es bis zum‘ Verschwinden des Plasma kom- men konnte. Sublimat-, Pikrinsäure-, Alkohol-, Formalin-Präpa- rate zeigen alle bedeutende Spuren dieser Auslösungen. ‚‚So meine ich, — sagt Heidenhain Lit. 28, — dass bei den Hodenzellen ein Theil der Zellensubstanz im Sublimat in Lösung geht.“ Es stimmt dies mit meinen Resultaten vollkommen überein, nur muss ich noch bemerken, dass die Auslösung nicht ohne Weiteres dem Sublimat selbst zuzuschreiben ist, da auch die Nachbehandlung in Betracht gezogen werden muss. Ich kann aber nicht die An- sicht Heidenhain's theilen, wenn er dieselbe bedeutende Aus- lösung auch auf die Flemming’sche Flüssigkeit ausdehnt. „Auch die Flemming’sche Lösung scheint bedeutende Mengen von Ei- weiss abzulösen, und die berühmte „Klarheit“ solcher Präparate dürfte zum Theil darauf beruhen, dass die Dichtigkeit der Zellen- substanz dureh Eiweiss-Ablösung gelockert wird.“ Diese Zeilen Heidenhain's stehen im Gegensatze nicht nur mit meinen Resultaten, sondern im Allgemeinen mit der bekannten Wirkung der Osmiumverbindungen, welche gegenüber den übrigen Flüssig- keiten sich eben durch die diehte, volle Conservirung der Zellen auszeichnen. Die allgemein bekannte, „berühmte Klarheit‘ der mittelst Flemming’scher Lösung gewonnenen Bilder hängt eben von dem auf der Erhaltung der vollen Zellensubstanz beruhenden vorzüglichen Hervortreten der Zellengrenzen ab. Die anerkannte Vorzüglichkeit der durch Flemming’sche Lösung gewonnenen Bilder dürfte wohl nicht aus etwaigen zerstörenden Wirkungen der Flüssigkeit erklärt werden! - Kalium biehromieum-Essigsäure (Tellyesniczky). 3 gr. Kal. bi. 5 eem Essigs. 100 cem Wasser. Da Kalium biehromieum neben Osmiumsäure das einzige Reagens ist, welches die Unlöslichkeit der fixirten Zellentheile sichert, so ist es bei den bekannten Nachtheilen der Osmium- säure besonders zu würdigen und der Untersuchung werth. Die Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 243 einfache Combination mit Essigsäure zeigt schon gar nichts von jenen Eigenschaften des Kalium biehromieums, welche den guten Ruf desselben so sehr beeinträchtigte. Hingegen gelangt die Conservirung der Zellensubstanz am schönsten zur Geltung, wobei auch die Kerne scharfe Strueturen zeigen. Versuche stellte ich an mit 20, —3 0 — 3/2) —5 6 /„igem Kalium biehromieum und mit Combinationen von 5—10°/, Essigsäure. Mangels Salamander- haben zum Zwecke der Vergleichung auch Tritonhoden gute Dienste geleistet, wobei auch verschiedene Organe anderer Thiere, so weit es möglich war, bisher schon untersucht wurden. Die prachtvollsten Leistungen bot es mir auch bei Säugethier- und Fischembryonen. Die einfache Essigsäure-Combination von Kalium biehromi- cum — welche unter den so zahlreich empfohlenen Flüssigkeiten theils zufällig, theils auf Grund des zerstörten Rufes des Kalium biehromieum eigenthümlicherweise weggeblieben ist — ist auf Grund meiner Untersuchungen auch theoretisch begründet, indem sie die plasmaerhaltende Wirkung des Kalium biehromieum zur Geltung bringt, und eine allgemeiner anwendbare Flüssigkeit als die Osmiumverbindungen bietet. Meine bisherigen Versuche habe ich hauptsächlich an mit Mayer’schem Haemalaun in toto gefärbten, in Paraffin gebetteten Objecten angestellt. Ich kann es aber nicht glauben, dass bei der nachträglichen Färbung der Schnitte die schädlichen Einflüsse eher zum Vorschein kämen, als bei anderen Flüssigkeiten; blos um dem etwaigen Misslingen vorzubeugen und der leichteren Beurtheilung der Resultate halber habe ich dies erwähnt. Die auf die bezeichnete Weise erzielten Resultate können mit dem Zenker’schen verglichen werden; die Flüssigkeit besitzt die gesammten Vortheile der Zenker’schen, wobei noch die langwierige Auslösung des Corrosivs mit Jodtinetur und die dadurch bedingte bedeutende Alkoholverschwendung weg- fällt. Die-Anwendung derselben, wie auch die Frage der Per- centuirung ist an keine heikle Vorschrift gebunden; das 3°/,- Kalium bichromieum mit 5°/, Essigsäure, als das am meisten erprobte, möchte ich blos der Formel zu Liebe empfehlen; ich lasse kleinere Stücke 1—2 Tage, grössere Stücke aber auch länger in der Flüssigkeit. Auswaschen in reichlichen Wasser, allmählich steigernde, mit 15°/, anfangende Alkoholbehandlung. K. Tellyesniezky: Inwiefern die Nachhärtung in reinem Kalium biehromieum den Objeeten zum Vortheil gereiche, und inwiefern überhaupt die an sie geknüpften Erwartungen eintreffen, bleibt weiteren Versuchen vorbehalten. Di 2 13. 14. 15. 16. 11. Literatur-Verzeichniss. Aequisito, V., Una nuova teenica per la conservazione degli elementi del sangue ete. Montore zoo!. ital. 1894. Zeitschr. f. wiss. Mikr. XI. 1894. Altmann, R., Ueber Kernstructuren und Netzstructuren. Arch. f. Anat. u. Entwickelungsgesch. 1892. Zeitschr. f. wiss. Mikr. IX. 1892. Derselbe, Einige Bemerkungen über histologische Technik etc. Arch. f. Anat. u. Entwickelungsgesch. 1881. Apäthy, Die Mikrotechnik der thierischen Morphologie. I. Abth. 1896. Balbiani, E. G., Sur la strueture intime du noyau du Loxophyl- lum meleagris. Zool. Anz. Bd. XIII. 1890. Zeitschr. f. wiss. Mikr. VIII. 1891. Behrens, W., Tabellen zum Gebrauch bei mikroskopischen Ar- beiten. Zweite Aufl. Braunschweig 1892. 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Spermatogonien) sich gegen dem Centrum hin verzogen. Fig. 2. Alkohol abs. Safr. Spermatogonie für die Darstellung der charakteristischen Wirkung des Alkohols. Fig. 3. Chromsäure 1/00/,, Safır. a. Spermatocyten, b. Cystenzellen. Fig. 4 Chromsäure 1//,. Safr. Spermatogenie. er 2) Qt a) Ueber die Fixirungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. 247 Chromsäure 1/,0/,. Safr. a. Spermatocyten, b. Cystenzellen. Fig. 6. Chromsäure 1°/,. Safr. a. Spermatocyten, b. Cystenzellen, c. Bindegewebskern. Salpetersäure 2°/,. Safr. Spermatogonie. Salpetersäure 31/,0/,. Safr. Spermatocyten. . 9. Salpetersäure 5°/,. Safr. Von der Peripherie des Schnittes. Neben dem Plasma sind auch die Kerne verstümmelt. ig. 10. Wässr. gesätt. Pikrinsäure. Weigert’sche Färb. a. Spermato- gonie, b. Spermatocyten, ec. Bindegewebskern. . 11a. Sublimat (Heidenhain). Safr. Spermatogonie. ig. 11b. Sublimat (Heidenhain) Safr. Spermatocyten. g. 12. Formalin 1/5%/,. Safr. Die am meisten zwischen sämmtlichen Flüssigkeiten verstümmelten Spermatocyten. . 13. Formalin 10°). Safr. Spermatogonie. . 14. Osmiumsäure 1°/,. Safr. Spermatogonien und Cystenzellen. g. 15. Osmiumsäure 1°/,. Safr. Spermatocyten. g. 16. Kalium bichr. (Müller’sche Flüss.). Weigert’sche Färb. a. Sper- matogonie, b. Spermatocyten, c. Bindegewebskerne. . 17. Alkohol-Essigsäure. Safr. Spermatogonie. RAN Fig. 18. Alkohol-Essigsäure. Safr. Spermatocyten. . Fig. 19. Chroms.-Essigs. Hämat. a. Spermatogonie, b. Spermatocyten. . 20. Sublimat-Essigs. Hämat. Spermatocyten. Fig. 21. Pikrins.-Essigs. Weigert’sche Färb. Spermatogonie. ig. 22. Chroms.-Ameisens. Safr. Spermatogonie. Fig. 23. Pikrins.-Schwefels. (Kleinenberg) Safr. Fig. 24. Pikrins.-Salpeters. Safr. . 25. Pikrins.-Sublimat (Rabl). Weigert’sche Färb, Fig. 26. Pikrins.-Chroms. (Fol). Safr. Spermatogonie. . 27. Pikrins.-Chroms. (Fol). Hämat. Spermatocyten. '. 28. Kalium bichr.-Osmiums. (Altmann). Safr. Spermatocyten und Cystenzellen. ie. 29. Kalium bichr.-Osmiums. (Altmann). Safr. Spermatogonie. . 30. Osmiums.-essigs.-chroms. (Flemming). a-b. Zwei an der Peripherie liegende Spermatocyten. Der Kern des -a- ist fast homogen, dagegen der Kern des -b- zeigt scharfe Chromatin- zeichnung. c. Zelle von der neunten Zellenreihe (von der Peripherie gerechnet), in welcher die nach der Peripherie lie- gende Hälfte des Kernes noch homogen ist; d. Typus der über der neunten Reihe liegenden Zelle. Fig. 31. Sublimat-Pikrins.-Tannin (Mann). Safr. Fig. 32. Osmiums.-Essigs.-Pikrins. (Rath). Safr. Fig. 34. Fig. 35. . 38. S Salpeters.-Alk.-Chroms. (Perenyi). Kalium bichr.-Essigs.-Subl.-Natrium sulf. (Zenker). 35, 36 Eisenhäm.-Färb. nach Heidenhain und Safr. 37 Safr. 38 Weigert’sche Färb. sb: TEXe 38: — ——— Archiv f, mikrosk. Anat. Bd, 52 ft 348 (Aus dem anatomisch-biologischen Institut der Universität Berlin.) Rudimentäre Eier im Hoden von Rana viridis. Von Franz Friedmann. Hierzu Tafel XV. Das Vorkommen von Zwitterbildungen bei Amphibien scheint verhältnissmässig lange bekannt zu sein. Schon 1879 erwähnt es, wie ich einer Literaturangabe von v. La Valette St. George entnehme (15), Balbiani in seinen „Lecons sur la generation des Vertebres“. Im Laufe der Jahre hat sich dann speziell über Hermaphroditismus beim Frosch eine kleine, merkwürdigerweise fast nur von englischen Forschern gelieferte Literatur ange- sammelt. Soviel ich jedoch sehe, betreffen alle bisher mitge- theilten Fälle den braunen Grasfrosch. Bei Rana viridis scheint der Befund in der That zu den grossen Seltenheiten zu gehören, denn auch ich fand unter den Hoden von etwa 160 grünen Fröschen, die ich zu anderen Zwecken untersuchte, nur in einem Falle die gleich zu beschreibende Abnormität. Vorher sei mir jedoch eine kurze Uebersicht über die Literatur gestattet. Der erste Forscher, der hermaphroditische Bildungen beim Frosch, wenn auch nur kurz, histologisch beschrieben hat, ist meines Wissens Pflüger (1), der bei seinen mühevollen Ver- suchen über die das Geschlecht bestimmenden Ursachen in den Hoden von drei braunen Grasfröschen „Graaff’sche Follikel mit kernhaltiger Hülle, zartem, sehr fein granulirtem Dotter, unge- heurem scharf und doppelt eontourirtem Keimbläschen mit den bekannten zahlreichen, das Licht stark brechenden Keimflecken“ antraf. Schon vorher hatte Born (20) beobachtet, dass sich gar nicht selten in Froschhoden aller Entwicklungsstufen richtige, wenn auch unreife Eier entwickeln. Sodann haben 1884 gleichzeitig zwei englische Zoologen, A. Milnes Marshall. und A. G. Bourne, Fälle von Zwitetrbildungen bei Rana temporaria mitgetheilt. Marshall (2) Rudimentäre Eier im Hoden von Rana viridis. 249 beschreibt hauptsächlich 2 interessante Fälle: das eine Mal zeigte ein Männchen in beiden Hoden Eier, die zerstreut zwischen den Samenröhrchen eingekeilt waren „wedged in between the semi- nal tubules“ — ein Punkt, auf den wir später zu sprechen kom- men. Der Müller’sche Gang, der ja normaler Weise im männ- lichen Geschlecht nur einen feinen Faden darstellt, ist hier ein Kanal von beträchtlicher Weite. — Im andern Falle besass ein Weibehen rechts eine Ovotestis, in der der Hodencharakter vor- herrschend und die Eier, ebenso wie die des linksseitigen äusser- lich normalen Ovariums, grösstenteils degenerirt waren. Bourne (3) beschreibt ein Weibchen von Rana tempo- raria, welches auf der rechten Seite ein normal entwickeltes Ovarium besitzt, während links in das Ovarialgewebe ohne be- sondere Grenze ein Hodentheil mit wohl entwickelten Sperma- tozoen eingeschaltet ist. Kent (4) glaubt beim Frosch in einem Fall eine recht- seitige Ovotestis gesehen zu haben, hat aber eine mikroskopische Untersuchung nicht vorgenommen. Hoffmann (5) fand bei einem braunen Grasfrosch, der noch im ersten Lebensjahr stand, eine Zwitterdrüse mit vor- wiegend männlichem Charakter, die zahlreiche rudimentäre Eier, die grössten vom Durchmesser 0,07 mm, enthielt, welche „über- all zwischen den Hodenschläuchen zerstreut“ lagen. Ridewood (6) bemerkte bei einer Rana temporaria am linken Hoden eine makroskopisch sichtbare, dieht pigmentirte Ovarialportion; histologisch weiss er „der erschöpfenden Dar- stellung Knappes“ (?) über die Ovotestis nichts hinzuzufügen. Smith (7) beschreibt eine Rana temporaria mit beider- seitiger Zwitterbildung: rechts war der männliche Charakter vorherrschend, doch fand sich am äusseren Rande der Geschlechts- drüse ein kleiner Ovarialbezirk mit deutlichen Eiern, der mit dem Hodengewebe innig verbunden war; auf der linken Seite war ein mit normal entwickelten Eiern versehenes Ovarium vor- handen, an dessen äusserem und innerem Rande sich aber — ebenfalls in innigem Connex mit dem Eierstock — ein 2 bis 3 mm grosser Complex von Hodengewebe fand. Bemerkenswerth ist noch, dass dieser Frosch auf der rechten Seite den für das männliche Geschlecht charakteristischen Daumenballen besass, dass derselbe aber links vollkommen fehlte. 250 Franz Friedmann: Gleichzeitig mit Smith beschrieb Latter (8) das Vor- handensein von Eiern im Hoden einer Rana temporaria. Auch er ist der Ansicht, dass die meisten Eier zwischen den Samen- röhrchen liegen, dieselben ersetzen „ova apparently replacing the seminal tubes“, während einige Eier innerhalb der tubuli seminiferi gelegen sind; in letzterem Falle glaubt aber Latter eine Degeneration des übrigen Hodengewebes im Tubulus wahr- zunehmen. Mitrophanow, dessen Arbeit ich im Original leider nicht erhalten konnte !), sah, wie ich einem Referat Frank J. Cole’s entnehme, in einem Falle am vorderen Ende eines recht- seitigen Froschhodens einen besondern Lappen, den er für ein rudimentäres Bidder’sches Organ hält; im selben Hoden, der äusserlich einen durchaus männlichen Charakter besass, fand er grosse Zellen, die er mit Wahrscheinlichkeit für Eier hält, und sicher ein Ei in einem Tubulus seminiferus; der linke Hoden enthielt einzelne besondere Gebilde, deren Einatur aber zweifel- haft war. Summer (9) erwähnt kurz einen Fall von „Hermaphro- ditism in Rana virescens“, der aber lediglich darin bestand, dass ein Männchen mit ganz normalen Hoden Ovidukte besass, deren Länge freilich nur den sechsten Theil der beim normalen Weib- chen vorhandenen besass. Die neueste Beobachtung von Zwitterbildung bei Rana tem- poraria stammt von Frank J. Cole (10): Ein Männchen be- sass links eine Ovotestis die aus einem grösseren, dieht pigmen- tirten Ovarialabschnitt und einem kleineren pigmentfreien Hoden- theil bestand und einige mehr oder weniger degenerirte Eier enthielt, während sich im rechten Hoden ein wohlentwickeltes Ei vorfand. 1) Mitrophanow Arbeiten aus dem zoot. Labor. der Universi- tät Warschau IX, 7. Beilage 1894. Ein Fall von Hermaphroditismus beim Frosch. Ebenso wenig konnte ich die Mittheilungen dreier anderer russischer Forscher: Kartschaguine, Journ. de la section de la societe des naturalistes. Moscou 1890 II. Pedaschenko, Revue des sciences naturelles St. Petersburg 1890. Eismond, Seance de la section biologique de la societ& des naturalistes A Varsovie 1892“, die, wie aus einem Literatur-Verzeichniss Frank J. Cole’s hervorgeht, ähnliche Fälle veröffentlicht haben, zu Gesicht bekommen, Rudimentäre Eier im Hoden von Rana viridis. Sl Endlich sind noch zwei Fälle von Zwitterbildung bei Anuren zu erwähnen, die Spengel (11) bei Pelobates fuscus und Bufo einereus beschrieben hat. Im ersteren Fall war die hintere Hälfte des linken Hodens durch zwei Eierstocksfächer ersetzt, deren Eier wie bei einem Weibchen schwarz pigmentirt waren und auch die Grösse reifer Eier besassen, der rechte Hoden war normal. — Im zweiten Fall (bei Bufo einereus) war die Zwitter- bildung, wie Spengel hervorhebt, unabhängig vom Bidder’schen Organ, jenem merkwürdigen und in seiner Bedeutung noch durch- aus räthselhaften Gebilde, das sich bei den Bufoniden in beiden Geschleehtern am oberen Rande der Sexualdrüsen findet und bis zu einer gewissen Stufe entwickelte Eier enthält. In dem Spen- gel’schen Falle fand sich vielmehr zwischen Hoden und Bidder'- schem Organ jederseits ein Ovarium mit wohlentwickelten Eiern. Doch scheinen die Verhältnisse hier bei den Bufoniden ganz an- ders als bei den Raniden zu liegen und Zwitterbildungen hier (auch abgesehen vom Bidder’schen Organ, was ja regelmässig vorhanden ist), äusserst häufig zu sein. Denn Hoffmann (5) berichtet von den Krötenmännchen: „Fast in jedem Hoden findet man hier und dort zwischen den Hodenschläuchen selbst voll- ständig geschlechtsreifer Männchen grosse und wieder in Rück- bildung sich befindende rudimentäre Eier —, eine Beobachtung die von Knappe (12), der zum Studium des Bidder’schen Or- sans eine grosse Anzahl von Kröten untersucht hat, für Bufo calamita und Bufo variabilis vollauf bestätigt wird und die auch ich nach meinen Präparaten von Hoden der gemeinen Kröte stützen kann, nur mit der Einschränkung, dass diese Eier nicht immer zwischen den Hodenschläuchen liegen, sondern, wenn sie wirklich ohne jeden Zusammenhang mit dem Bidder’schen Organ sind, auch bisweilen eine intratubuläre Lage zeigen. Bei Urodelen ist, soviel ich weiss, Zwitterbildung erst ein- mal beschrieben und zwar von von la Valette St. George (13) bei Triton taeniatus: Der grosse gelblich gefärbte Eierstock lag hier jederseits lateral vom Hoden und zwar so, dass das bindegewebige Stroma, in das die Eier eingebettet waren, un- mittelbar in das Hodengewebe überging. Innerhalb der Hoden fand sich keine Spur von Eiern. — Der uns vorliegende Fall betrifft ein ausgewachsenes Männ- chen von Rana viridis, welches gegen Ende August getödtet 252 Franz Friedmann: wurde. Beide Hoden, die äusserlich durchaus den Charakter der männlichen Geschlechtsdrüse trugen, zeigen im Innern grosse Zellgebilde, die eine vollständige Identität mit den Eiern der- selben Spezies besitzen. Glücklicherweise hatte ich beide Hoden nach verschiedenen sich einander ergänzenden Methoden behan- delt, indem das eine Präparat mit dem Hermann’schen Gemisch (15 Th. 1°/, Platinchlorid, 4 Th. 2°/, Osmiumsäure, 1 Th. Eis- essig) fixirt und dann die 5 u dicken Serienschnitte zum Theil ungefärbt gelassen, zum Theil nach der von Hermann modifi- eirten Flemming’schen Methode in Saffranin und Gentianaviolett gefärbt wurden, während der Hoden der anderen Seite nach einer Fixation in dem hierfür ganz geeigneten Pikrinessigsubli- matgemisch (Subl. cone. 1000 Th., Pierins. cone. 1000 Th., Eis- essig 50 Th., Aq. dest. 2000 Th.) theils einfach mit einer schwachen Lösung von Böhmer’schem Hämatoxylin, theils nach der M. Heidenhain’schen Methode mit Weigert'schem Hä- matoxylin und Eisenammoniakalaun mit vorangehender Bordeaux- Färbung behandelt wurde. Auf diese Weise konnte ich besser einen Einblick in die feineren strukturellen und tinktoriellen Eigenthümlichkeiten der merkwürdigen Gebilde gewinnen. Die zunächst dem Beobachter ins Auge springenden grossen wohl- entwiekelten Eier waren im einen Hoden in der Zahl von 10, im andern 5 vorhanden. Ihre Grundform, die auch in einigen Exemplaren vollständig hervortritt, ist rund; doch erscheinen sie auch oft in Anpassung an die umgebenden Lageverhältnisse als annähernd polygonale, viereckige oder auch elliptische Gebilde. Der Durchmesser der Eier ist verschieden gross, er beträgt 225 u bis 500 u. — Sämmtliche Eier liegen, wie man bei sorg- fältigem Studium der Schnittserien an geeigneten Schnitten deut- lich erkennen kann, innerhalb der Samenkanälchen, was ich besonders Marshall und Hoffmann gegenüber, die alle Eier als „zwischen den Hodenschläuchen gelegen“ beschrie- ben haben, betonen möchte. Freilich füllen sie die Tubuli semi- niferi zum grossen Theil aus, so dass das übrige intratubuläre Hodengewebe, zumal an Schnitten, in denen die Eier in ihrem grössten Durchmesser getroffen sind, im Querschnitt nur noch als ganz schmaler Ring oder noch öfter als Halbmond zu sehen ist (Fig. 1). Gerade die Bilder letzter Art erinnern sehr an eine von v. la Valette St. George (14) gelegentlich der Be- Rudimentäre Eier im Hoden von Rana viridis. 253 schreibung einer Zwitterbildung beim Flusskrebs gegebene Zeich- nung. Die Eier zeigen ein niedriges Follikelepithel, dessen Zellen dieselben länglichen flachen Kerne besitzen wie die Ovarialeier des Frosches. Das Protoplasma erscheint von ziemlich grob körnig- fädiger Struktur, die oft, wie z.B. auf Figur 1, eine undeutlich ra- diäre Anordnung, die aber vielleicht erst bei der Fixation entstanden ist, erkennen lässt. Das Protoplasma wird durch Osmiumsäure bald mehr, bald weniger gebräunt und nimmt durch Saffranin einen schwach röthlichen, nach der Eisenalaun-Hämatoxylin- methode behandelt einen bläulichen Farbton an. Die für das reife Froschei so charakteristischen elliptischen Dotterplättechen sind noch nirgends vorhanden, wohl aber zeigen sämmtliche Eier auf den mit Hermann 'scher Flüssigkeit behan- delten Präparaten eine ganz peripher gelegene Zone feinerer und gröberer Körnchen, die sich mit Osmiumsäure grau bis tief- schwarz färben und in denen man wolhıl die Anfänge der Dotter- bildung zu erblicken hat. Sehr interessant scheint mir die Frage, woher und auf welchen Wegen die fettähnlichen d. h. Osmium- säure redueirenden Nährsubstanzen in diese abnormen Hodeneier gelangen und ob diese, wenn sie einmal vorkommen, etwa wie normale Hodenzellen ernährt werden. Doch möchte ich auf diesen Punkt hier nicht näher eingehen, da ich auf die Ver- theilung und Bedeutung des Fettes und der fettartigen Substan- zen in den Geschlechtsorganen der Amphibien in einer späteren Mittheilung zurückkommen werde. — In einem Ei sah ich auf Schnitten, die nach der Fixation mit Hermann’scher Flüssigkeit nicht mehr gefärbt waren, ausser jener peripheren aus geschwärzten Körnehen bestehenden Schicht noch in einer unmittelbar an das Keimbläschen angrenzenden Zone Anhäufungen von Fettkörnchen; ja auch in der Grundsubstanz des Keimbläschens selbst, sowie in einzelnen Nucleolen fanden sich körnige, von Osmiumsäure ge- schwärzte Einschlüsse. Ebenso wenig wie typische Dotterplättchen war das im reifen Froschei stets vorhandene bräunliche Pigment in den Eiern vorhanden, was ich an den Pikrin-Essig-Sublimat- Präpa- raten erkennen konnte. Dagegen fiel mir in den meisten Eiern eine ziemlich con- centrisch mit der Kernmembran im Protoplasma verlaufende kör- 254 Franz Friedmann: nige Schicht auf, die dureh Osmiumsäure etwas mehr als das übrige Protoplasma gebräunt wird (Fig. 1) und die ich auch in älteren Ovarialeiern des Frosches sah. Diese annähernd conti- nuirliche Zone, die auch Born (15) als „besonders körnig fädlige Sehieht dieht um den Kern“, die bei Triton gegen Ende des zweiten Reifungsstadiums des Ovarialeies auftritt, erwähnt und zeichnet, aber nieht näher beschreibt, vermisste ich bei Jüngeren Eierstoekseiern; dagegen war hier öfter an einer engumgrenzten Stelle des Protoplasmas nahe der Kernmembran eine kleine An- sammlung einer körnigen, sich in Osmiumsäure etwas mehr bräu- nenden Substanz vorhanden. Daher glaubte ich in dieser die Anlage der Zone erblicken zu müssen. Erst später ersah ich aus der Litteratur, dass jene Ansammlung bereits von Cramer gesehen und als Dotterkern bezeiehnet wurde; und ©. Sehultze (16) beschreibt in seinen „Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies“ den Gegenstand näher: „Es lösten sich von den Enden des Dotterkernes, der sich mehr von dem Keimbläschen entfernt hatte, Körnchen los; diese verbreiteten sich in einer eoneentrischen dunklen Zone um das Keimbläschen. Schliesslich war die Stelle, wo der Dotterkern gelegen, kaum mehr in der Körnehenzone zu erkennen.“ Der Vollständigkeit wegen möchte ich noch einen Befund erwähnen, der mir an einem Ei, dem grössten von allen vorhan- denen — es betrug !/, mm im Durchmesser — auftiel. Das Proto- plasma hatte an einer Stelle des Einmfangs eine tiefe Delle, die sich bis nahe an den Rand «des Keimbläschens einsenkte. Der so entstandene Hohlraum war auf einigen Schnitten theilweise von durch Osmiumsäure geschwärzten Kügelchen und einem körnigen Gerinnsel ausgefüllt. Ob die ganze Bildung ein Kunstproduet ist oder aber etwa den Beginn der Degeneration darstellt, wage ich an dem einen Exemplar nicht zu entscheiden, doch scheint mir das erstere fast wahrscheinlicher. Das Keimbläschen besitzt in seinem ganzen Umfang und in sämmtlichen Eiern amöboide Fortsätze; die Kernmembran ist sehr deutlich eontourirt und nimmt durch Saffranin und Gen- tinaviolett einen violettbraunen Farbton an; die äusserst zart granulirte, durch Saffranin leicht rosa gefärbte Grundsubstanz ist durchsetzt von feinsten Mikrosomen, die sich mit Saffranin und Gentianaviolett rothblau, durch Hämatoxylin-Eisenalaun tief Rudimentäre Eier im Hoden von Rana viridis. 255 blauschwarz färben. Das meistens noch ganz im Centrum des Eies gelegene Keimbläschen befindet sich in allen Eiern in dem Stadium der Entwicklung, das Born (15) als das fünfte in der Reifung des Tritoneneies bezeichnet: es hat das Maximum seiner Grösse erreicht und die vorher quergewundenen „Chromatinfaden- stränge‘‘ haben sich zu schmalen, annähernd glatt contourirten Chromatinfädehen reducirt, die im Vergleich zu der beträchtlichen Grösse des Keimbläschens einen verschwindend kleinen Raum in demselben einnehmen. Sie färben sich sowohl mit Saffranin und Genitanaviolett als auch nach der M. Heidenhain’schen Methode behandelt, recht intensiv, dagegen nicht so deutlich mit Böh- mer’schem Hämatoxylin. Der kleine Chromatinknäuel erscheint in einer Ausbreitung von ungefähr 20—50 u, d. h. die Chroma- tinfädchen finden sich auf etwa 4—-10 auf einander folgenden 5 u dieken Serienschnitten. Die kleinen chromatischen Faden- stücke besitzen, gerade wie dies Fiek (16) für das Axolotlei und Rückert (17) für das Selachierei festgestellt haben, die mannigfachsten Formen (Fig. 2 a, b, e, d). Im Allgemeinen sind es kleine chromatische Stäbehen, bald glattrandig, bald mit fein- sten zackigen Ausläufern, bald gerade gestreckt, bald hakenförmig gebogen oder wellenförmig geschlängelt. Durch Combination dieser Formen entstehen dann die sonderbarsten Chromosomen- bilder (Fig. 2a, d), die z. B. einem Fragezeichen, einem Post- horn ähnlich sehn. In seltenen Fällen (2 oder 3 mal) sah ich feinste chromatische Körnchen zu einer Kette zusammengeschlossen ; auch die gablig getheilten Y-förmigen Chromosomen Fick ’'s fand ich bisweilen; und endlich möchte ich noch eine Form erwähnen, die ich zu wiederholten Malen sehr deutlich sah: es sind zwei zierliche Kölbehen, zwischen denen ein überaus feiner chromati- scher Verbindungsfaden ausgezogen ist (Fig. 2 e). Im Bereich der Chromatinfäden finden sich, meist in noch diehterer Anhäufung als im übrigen Theil des Keimbläschens, wie ich in Uebereinstimmung mit Born und Fick gesehen habe, kleine, bisweilen blasse, meist aber wohlgefärbte Nucleolen. Zwischen den kleinsten und grössten Nucleolen finden sich alle möglichen Zwischenformen. Die grossen Nucleolen fehlen zwar nie in der Peripherie des Keimbläschens, wo sie meist in den pseudopodien- artigen Ausbuchtungen der Kernsubstanz gelegen sind, doch kommen sie auch in sämmtlichen Eiern, z. Th. sogar in recht 256 Franz Friedmann: grosser Anzahl, durch das ganze Keimbläschen zerstreut vor; sie erreichen bisweilen eine enorme Grösse, sind meist von einem hellen Hofe, wo sieh die Grundsubstanz des Kerns retrahirt hat, umgeben und sind oft von Saffranin dunkelroth gefärbt, häufig aber auch ganz blass geblieben. Ausser in der normalen Kugel- gestalt kommen sie auch in den bizarrsten Formen, wurstförmig, eckig, oft deutlich aus einzelnen zusammengeballt, vor. Sehr häufig zeigen sie im Innern hellere Kreise, Vacuolen (Fig. 2 a). Alles dies ist nach Born charakteristisch für das vorerwähnte Stadium der Eireife. Ausser den soeben beschriebenen, in beiden Hoden zusammen in der Zahl von 15 vorhandenen wohlentwiekelten Eiern fanden sich im einen Hoden noch 3 bedeutend kleinere (90 u, TOu, 45 u im Durchmesser betragende) kuglige Gebilde, die ihrer ganzen Struetur nach als degenerirende Eier aufzufassen sind. Dieselben lassen besonders deutlich ihre intratubuläre Lage erkennen: denn da diese Eier ganz bedeutend geschrumpft sind, so haben sie sich natürlich nach der Mitte des Tubulus zusammengezogen und liegen nun in der That fast ganz im Lumen desselben (Fig. 4). Denn dass diese Eier geschrumpft sind und früher bedeutend grösser waren, beweist der Umstand, dass sie sämmtlich im Cen- trum eines grossen kugligen Hohlraumes gelegen sind, den sie doch früher ausgefüllt haben müssen; und dass diese Verkleine- rung oder Schrumpfung etwa ganz und gar oder zum Theil durch die angewandten Reagentien hervorgerufen ist, ist darum un- wahrscheinlich, weil in diesen Eiern das Keimbläschen, dessen Substanz doch empfindlicher als die des Protoplasmas ist, gar nicht geschrumpft ist, mdem weder zwischen ihm und dem Pro- toplasma ein Zwischenraum entstanden ist, noch auch der Kern- inhalt sich von der Kernmembran zurückgezogen hat. Gleich- zeitig zeigen diese Gebilde aber, dass die Entwicklung des Hodengewebes, d. h. der samenbildenden Elemente von der Ent- wicklung dieser abnormen Hodeneier im selben Tubulus gänzlich unabhängig ist. Denn während hier die Eier einer regressiven Metamorphose anheimfallen, blüht die Spermatogenese in dem Hodengewebe desselben Samenkanälchens (Fig. 4). Betrachten wir nun diese degenerirten Eier genauer, zu- nächst die beiden ziemlich gleich beschaffenen grösseren, die TO und 90 u im Durchmesser betragen (Fig. 3). Rudimentäre Eier im'Hoden von Rana viridis. DHL Das Keimbläschen ist, wohl durch Wasserverlust, bedeutend verkleinert und enthält Nucleolen, die in Form, Grösse und Färb- barkeit sehr verschieden sind: manche sind zu unförmigen Klumpen geballt und von Saffranin dunkelroth gefärbt, andere hesitzen annähernd normale Formen, wieder andere sind ganz blass ge- blieben; die meisten aber zeigen Vacuolen und überhaupt Merk- male des nahen Unterganges. Chromatinfäden sind in keinem dieser Eier zu erkennen, wohl aber erfüllen kleine chromatische Körnchen ziemlich dicht das ganze Keimbläschen. Viel auffälligere Veränderungen hat aber das Protoplasma erlitten, die an den mit Hermann ’scher Flüssigkeit fixirten und mit Saffranin und Gentianaviolett gefärbten Präparaten sehr deut- lich hervortreten. Es hat sich in zwei, structurell und tinetoriell verschiedene Bezirke gesondert, die aber so unregelmässig ver- laufen und überall Zacken und Ausläufer in einander senden, dass man selbst bei genauem Verfolgen der Serienschnitte nicht mit voller Bestimmtheit anzugeben vermag, was mehr aussen und was mehr innen gelegen ist: die eine Schicht hat eine ausge- sprochen körnige Structur und färbt sich — eine Erscheinung, die normales Protoplasma nicht zeigt — kolossal stark, bald mehr blauviolett, bald mehr rothviolett; sie bietet mit ihren zackigen, oft schon ganz losgesprengten Fortsätzen recht das Bild des körnigen Zerfalls. Die andere Schicht hat nur einen mattröthliehbraunen Farbton angenommen nnd ist annähernd ho- mogen; auch sie besitzt zahlreiche Ausläufer, die sich als Balken und Zacken in die Lücken der andern Schieht schieben. Noeh weiter ist das kleinste, nur 45 u im Durchmesser be- tragende Ei (Fig. 4) geschrumpft; dies befindet sich also wohl schon in einem vorgeschritteneren Stadium der Degeneration. Das ganze Protoplasma besitzt hier eine durchaus homogene Structur, nur dass einzelne Theile desselben mehr, andere weniger mit Osmiumsäure gebräunt worden sind. Der Befund dieser drei degenerirten Eier erschien darum als besonders interessant, weil sich ziemlich genau dieselben selt- samen Formen in einem Bidder’schen Organ fanden, dessen sehr zahlreiche Eier (ich zähle auf einen 5 u dieken Schnitt etwa 180) sämmtlich degenerirt waren. Es scheinen also die beschrie- benen Veränderungen typische Degenerationserscheinungen un- 258 Franz Friedmann: reifer, in ihrer Weiterentwieklung gestörter Amphibieneier zu sein. — Von Degeneration durch Pigmentbildung, durch Einwanderung von Granulosazellen oder durch Einwucherung von Blutgefässen, wie dies Knappe (12) für die zu Grunde gehenden Eier des Bidder’schen Organs beschrieben hat, habe ich weder auf meinen Präparaten von degenerirten Eiern des Bidder’schen Organs, noch auch in den oben beschriebenen degenerirten Hoden- eiern des Frosches etwas gesehn. Ueber die Bedeutung all’ dieser merkwürdigen Eier im Hoden finde ich in der Litteratur nur eine höchst seltsame Be- hauptung Knappe’s: dass nämlich sowohl in den Eiern des Bidder’schen Organs als auch in den gesondert von diesem im Krötenhoden vorkommenden sich Spermatocyten und Spermatozoen bilden — wohl eine für unsere heutigen Kenntnisse von der Spermatogenese unhaltbare Annahme. Ich möchte einfach glau- ben, dass solche Eier im Hoden unter günstigen Ernährungsver- hältnissen bis zu einer gewissen — in unserm Falle ziemlich hohen — Entwieklungsstufe reifen, um dann ebenso wie Ovarial- eier, die nicht befruchtet werden, unterzugehn. Die Entwieklungsgeschichte dieser Gebilde im Hoden ist natürlich an unserm einen Exemplar, in dem die Eier sämmtlich das gleiche, noch dazu ziemlich hohe Entwicklungsstadium er- reicht haben, zum Theil sogar schon degenerirt sind, nicht zu erforschen. Doch erscheint mir die Angahe Hoffmanns (D), dass bei manchen Krötenmännchen schon im Peritonealepithel des Hodens vereinzelte besonders beschaffene Zellen als Grund- lage für die späteren Hodeneier vorkommen, plausibler als die Vermuthung von la Valette St. George’s (14), dass in seinem Fall von Zwitterbildung beim Flusskrebs einige Spermatogonien „ihrem ursprünglichen Berufe untreu geworden, anstatt sich zu einer Summe von Spermatocyten durch Theilung zu vermehren, einen kürzeren Weg eingeschlagen haben, der aus ihnen durch einfaches Auswachsen je ein Ei entstehen liess.“ — Man kann, wie mir scheint, in unserm Falle nur annehmen, dass einzelne wenige noch indifferente Keimzellen eines späteren Männchens merkwürdiger Weise eine weibliche Entwicklungsrichtung ein- geschlagen haben. Als oberflächliches Erklärungsprineip für unseren speciellen Fall lässt sich reeht wohl jene alte Annahme verwerthen, die auch Rudimentäre Eier im Hoden von Rana viridis, 259 Born (20) auf seine Fälle von Zwitterbildung passend fand: dass nämlich die Elementartheile der indifferenten Geschlechts- drüse an sich die Möglichkeit der Entwicklung nach beiden Richtungen hin enthalten und dass der zu einer bestimmten Zeit nöthige Anstoss, „um den ersten Ausschlag nach einer Richtung hin zu geben und damit die Kette der in einander greifenden Wirkungen zum Ablaufen zu bringen“ in unserem Falle da, wo er sonst normaler Weise alle Elemente zu weiterer Theilung (Spermatogonien, Spermatocyten, Spermatiden) anregte, hier und da eine Zelle des Keimepithels ausgelassen hat, so dass diese auf dem Wege einfacher Vergrösserung zur Eibildung hin fortge- schritten ist. Doch kann meiner Ansicht nach dieser Anstoss resp. sein Ausbleiben nur wirksam sein, solange die Keimzellen wirklich noch indifferent sind, aber nicht mehr, wenn sie sich schon zu Spermatogonien differenzirt haben, wie v. la Valette St. George es annimmt. Es kann also unser Fall die von Kopsch und Szymo- nowicz (19) gemachte Annahme von specifisch männlichen und specifisch weiblichen Bezirken des Keimepithels nicht stützen, da die in unserem Falle verschwindend wenigen (im einen Hoden 13, im anderen 5) anscheinend regellos in die Hoden- schläuche versprengten Eier doch wohl auch im Keimepithel versprengt zwischen der unvergleichlich grösseren Zahl der später zu Spermatogonien werdenden Zellen vorhanden waren, wie ich für unsern Fall vermuthe und wie es Hoffmann für die Kröten- männchen (s. 0.) beschrieben hat. Dagegen würde die Kopsch- Szymonowicz’sche Hypothese passen für die von Bourne, Ridewood und Smith bei Rana temporaria und von v. la Va- lette St. George bei Triton taeniatus beschriebenen Fälle von Zwitterbildung. — Gerade die sich aus den oben erwähnten Fällen in Verbindung mit unserm Falle ergebende Thatsache, dass bei ein und derselben Species, wie beim Frosch, so mannigfache Formen von Zwitterbildung vorkommen können: grosse geschlossene Ovarial- bezirke an Hodenbezirke grenzend, andererseits verschwindend wenige Eizellen in die grosse Masse des Hodengewebes ver- sprengt, oder endlich beides gleichzeitig — scheint mir dafür zu sprechen, dass hier vorläufig noch keine Theorie alle Fälle zu erklären im Stande ist und dass nur die Untersuchung möglichst zahlreicher ganz junger Thiere, deren Geschlechtsorgane noch 260 Franz Friedmann: undifferenzirt sind, über die morphologischen und somit auch physiologischen Eigenthümlichkeiten der einzelnen Zellen des Keimepithels Aufschluss zu geben vermag. Dass für diese Unter- suchungen gerade der Frosch ein geeignetes Objekt ist, schliesse ich aus einer sehr interessanten, weun auch noch keineswegs exakt bewiesenen Angabe Pflüger’s. Dieser Forscher kam näm- lich, ausgehend von der Beobachtung, dass bei den jungen brau- nen Grasfröschen (in Utrecht, Königsberg und Bonn) die Männchen stets bei weitem in der Minderzahl waren, während sie bei den alten Ranae temporariae in gleicher Zahl wie die Weibchen ver- treten waren, nach langen Untersuchungen zu der sicheren An- nahme, dass der scheinbare Hoden des braunen Grasfrosches eine Zwitterdrüse ist, nur dass die Menge des Eierstocksgewebes sehr rariabel und irregulär ist. „Bei den jungen Fröschen giebt es dreierlei Arten von Thieren: Männchen, Weibchen, Hermaphroditen. Im Laufe der Entwicklung verwandeln sich die Hermaphroditen in definitive Weibchen oder Männchen.“ Born (20) hingegen, der bei 1272 jungen, mit Pflanzen- und Fleischnahrung aufgezogenen Ranae fuscae den Procentsatz der Weibehen sogar auf 95 be- rechnen konnte, sodass hier die Männchen also nur 5°/, betragen, glaubt, diese fast ausschliessliche Entwicklung des weiblichen Geschlechts auf die Einflüsse der Gefangenschaft, speeiell der in- adägnaten Ernährung zurückführen zu müssen. Sicher dürfte es von grossem Interesse sein, alle diese auf Grund überaus mühevoller Untersuchungen gewonnenen Resultate, speciell die oben eitirten Anschauungen Pflüger’s, mit Hülfe neuerer verbesserter Methoden systematisch zu prüfen, und ich hoffe, angeregt durch Herrn Geheimrath Hertwig, diese Unter- suchungen, sobald es die Jahreszeit ermöglicht, beginnen zu können. Zum Sehlusse ist es mir Bedürfniss, dem Direktor des anatomisch-biologischen Instituts, Herrn Geheimrath Professor 0. Hertwig, der meiner Arbeit jederzeit sein gütiges Interesse geschenkt und meine Bestrebungen wesentlich gefördert hat, auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Rudimentäre Eier im Hoden von Rana viridis. 261 Literatur-Verzeichniss. Ptlüger, Ueber die das Geschlecht bestimmenden Ursachen und die Geschleehtsverhältnisse der Frösche. Arch. f. Phys. Bd. 29. 1882. Marshall, On certain abnormal conditions of the reproductive organs in the Frog (R. temp.). Journ. Anat. and Physiol. vol. 18. 1884, p. 121—144. Bourne, On certain abnormalities in the common frog. Quart. Journ. microsc. Sc. vol. 24, 1884, p. 83—86. Kent, A case of abnormal development of the reproductive or- gans in the Frog. Journ. Anat. and Phys. vol. 19. 1885. Hoffmann, Zeitschr. für wiss. Zoolog. Bd. 44. 1886. Ridewood, On an abnormal genital system in the male of the common Frog (R. temp.). Anat. Anz. vol. 3. 1888. Smith, A case of hermaphrod. in the common frog (R. temp.). Journ. 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Kopsch und Szymonowicz, Ein Fall von Hermaphroditismus verus bilateralis beim Schwein. Anat. Anz. Bd. XII. 1896. G. Born, Experimentelle Untersuchungen über die Entstehung der Geschlechtsunterschiede. Breslauer ärztl. Zeitschrift pro 1881, EN 34ll: 262 Franz Friedmann: Rudimentäre Eier im Hoden etc. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XV. Sämmtliche Abbildungen sind in ihren Contouren mit Hülfe des Abbe&’schen Zeichenapparates in der Höhe des Objekttisches entworfen. Fig. Fig. 1 2 ae ID 5 ist mit Zeiss Objektiv AA und Ocular 4 gezeichnet. / a,b, c, d ist mit Himmler homogen. Immers. 1/; und Ocular Zeiss 2 gezeichnet. ist mit Zeiss Objektiv DD und Oecular 2 gezeichnet. ist mit Zeiss Objektiv DD und Ocular 2 gezeichnet. Sämmtliche Figuren stellen mit Hermann’scher Flüssigkeit fixirte Präparate dar, Fig. 1—3 mit Färbung in Saffranin und Gentianaviolett, Fig. 4 ohne weitere Färbung. Schnitt durch einen Tubul. semin., der durch das in ihm lie- gende Ei grossentheils ausgefüllt wird und nur noch einen sehmalen Halbmond von Hodengewebe zeigt. a, b, e und d. Segmente von Keimbläschen, in denen die Chro- matinknäuel liegen. Sämmtliche 4 Zeichnungen stammen von verschiedenen Eiern. Ein Hodenei im Stadium der Degeneration. Schnitt durch einen Tubulus seminiferus mit reger Spermato- genese. Derselbe enthält in seineın Lumen ein kleines Ei im Stadium vorgeschrittener Degeneration. Neues über petrificirte Muskulatur etc. Von Dr. Otto M. Reis in München. In Bd. XXXXI und XXXXIV dieser Zeitschrift hat der Verfasser mikroskopische Untersuchungen über eine Phosphorit- Petrificirung der Muskulatur, des Nervensystems und der Leder- haut fossiler Würmer, Cephalopoden, Fische und Reptilien ver- öffentlicht, welche in zoologischen Kreisen ein viel grösseres Inter- esse erregten und besseres Verständniss fanden, als in paläonto- logischen; es sei daher gestattet, einiges Neue hier noch kurz Neues über petrifieirte Muskulatur 263 zu berühren, besonders auch einige Besprechungen der Petrifi- eirungserscheinung in der neuesten paläontologischen Litteratur zu prüfen. Abgesehen von einer kurzen Berührung der schon Newberry 1889 bekannten und von ihm abgebildeten (vgl. S. 264 Anm.) Thatsache durch O. Jaekel bei dem in Nordamerika gefundenen palaeozoischen Elasmobranchier Cladodus (Cladoselache) in Sitzber. der Ges. natf. Freunde zu Berlin 1892 (S. 80-92), hat besonders v. Ammon (vergl. Berichte des naturw. Vereins zu Regensburg 1894/95, V. Heft) die von mir bei Ischyodus darge- stellten Einzelheiten, soweit sie makroskopisch zu beobachten sind, alle an einem neuen wohlerhaltenen Exemplar wiedererkannt. Was nun meine Beobachtungen über Petrifieirung der Mus- kulatur bei Reptilien betrifft, so ist neuerdings W. Dames ge- legentlich eines „Beitrags zur Kenntniss der Gattung Pleuro- saurus (H. v. Meyer)“ mit der Annahme einer neuen Ent- decekung (ef. Sitzber. d. k. preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1896, S. 1109) aufgetreten. Er besprieht daselbst Abdrücke von Weichtheilen, welche ungefähr der Länge der einzelnen Wirbel entsprechen und bemerkt: „solehe Eindrücke der Weich- theile sind meines Wissens an fossilen Wirbelthieren noch nicht beobachtet worden und ich bin Herrn DuBois-Reymond zu lebhaftem Dank verpflichtet, dass er mich bei Besichtigung der- selben sofort auf Myocommata hinwies.* In einer Anmerkung macht Dames nur auf die Erwähnung der „Ligamentinserip- tionen der Muskelmassen (Myocommata)“ bei Ischyodus in der oben erwähnten Schrift vv. Ammon’s aufmerksam, deren ge- nauere Beschreibung und Abbildung für später in Aussicht ge- stellt sei! Es muss hierbei Wunder nehmen, dass Dames mit keinem Wort auf das von mir verschiedentlich erwähnte Auftreten der Myocommata (Ligamentinseriptionen der Rumpfmuskulatur) zurück- kommt und etwaige Beziehungen oder Verschiedenheiten im Ver- gleich mit der von ihm beobachteten Erscheinung aufdeckt. Ich habe „Ligamentinseriptionen* nicht nur bei Undina (Paläontogr. Bd. XXXV, Taf. 2, Fig. 5) in allergrösster Deutlichkeit abge- bildet, bin in meiner I. Detailabhandlung ausführlich darauf zurück- gekommen (S.493 und 513), habe auch daselbst Taf. XXX Theile der Myocommata von Callopterus abgebildet und von Ischyodus Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52. 18 964 Otto M. Reis: erwähnt, sondern habe auch auf Abbildungen von Acanthodesnach Kner, Chenacanthus nach Traquair, Agassizia nach Vetter (bzw. S. 508, 509 und 519) verwiesen, wo eben die Myocommata in mehr weniger klarer Ausbildung die makroskopische Grundlage vermuthungsweiser Deutung „versteinerten Fleisches“ bildeten!). Ausserdem sind diese Punkte in einem sachlichen Musterreferat von Dr. Rauff in dem von Dames redigirten Neuen Jahrbuch für Mineralogie 1895 ausführlichst erwähnt. Wir sind also gezwungen, auf eigne Hand den Vergleich zu führen; die bezüglich der Präcision wenig vortheilhaft gewählten Worte „Eindruck der Weichtheile“ kann mit Zuhilfenahme der beigegebenen Figur vielleicht einigermaassen genügend ergänzt werden. In den von mir beschriebenen und abgebildeten Fällen sind die Myocommata nicht substantiell erhalten, sondern treten nur als mehr weniger feine Furchen auf, worauf wir unsere Ansicht gründeten, dass Sehnensubstanz überhaupt nicht zur Verkalkung gelangen könne?). Dieser Punkt bildet eine der wichtigsten Grundlagen der Theorie der Erklärung der Structurerhaltung der Muskelfasern in der Petrificationsmasse überhaupt, in der ich bis jetzt keinen Widerspruch erfahren habe. In einem etwaigen Nachweis der Sehnensepten der Rumpf- muskeln bei Pleurosaurus läge aber ein Widerspruch, der von unserer Seite zu lösen wäre; die von W. Pütz gezeichnete Ab- bildung zeigt nun die segmentalen Querstreifen, welche „Ein- drücke‘‘ der Myocommata sein sollen, innerhalb des deutlichen Körpersaumes bei der allgemeinen Beleuchtung der Erhabenheiten der Platte von rechts, als einen nach aussen sich verlierenden dunkeln Strich, welcher von oben her durch eine Lichtlinie er- höht ist; der zeichnerische Eindruck ist der, dass man hier nicht 1) Ich mache nachträglich noch auf die schöne Abbildung bei Newberry (Palaeoz. fish. of North.-Am., Un. St. Geol. Surv., Monographs XVI, Pl. XLIX, Fig. 2, tail and posterior body showing myocom- mata or septa dividing them) aufmerksam. 2) Mikroskopische Querschnittsbilder, welche hie und da an Querschnitte von Sehnenfasern erinnern, erwiesen sich in allen Fällen als posthum oder vor der Verkalkung veränderte und geschrumpft» Partieen von beiderseits oder ringsum in normalerer Struktur fort- setzenden Muskelfasern ; ich betone dies als das Resultat verschiedent- lich vorgenommener Nachprüfungen, Neues über petrifieirte Muskulatur. 265 eine Furche, sondern eine erhöhte Partie vor sich habe. Ist dieser Eindruck correkt, so wird man diesen erhöhten Streifen nur der Gesteinsmasse selbst zuschreiben können und seine Ent- stehung auf die Ausfüllung der Myocommata-Furchen zwischen der verkalkten Muskulatur zurückführen müssen, wie dies bei Fischen oft zu beobachten und von mir erwähnt ist. Die ver- kalkte Muskulatur erwähnt nun W.Dames an demselben Exem- plar an mehreren Stellen des Knochengerüstes selbst; hier scheint sie sich zwischen den Knochen festgehalten zu haben, während sie sich ausserhalb desselben (d. h. im Bereich der ‚„Myocommata- Eindrücke“) wohl bei der Auseinanderspaltung der Platten abge- splittert oder vorher chemisch aufgelöst haben kann. Ist diese Deutung nicht richtig und sind die Striche, welehe die Myocommata andeuten sollen, wirkliche Vertiefungen in der Gesteinsmasse (was die Abbildung nicht zeigt), so muss nach einer anderen Deutung gesucht werden. Von einem ein- fachen „Abdruck“ der Myocommata in weichem Zustande kann natürlich bei einem Reptil nicht die Rede sein, welches ganz zweifellos nach dem Urtheile Aller, wie sein lebender naher Ver- wandter Sphenodon, eine mit Hornschuppen versehene Haut hatte; besonders m dem vorliegenden Falle, dass diese Horn- schuppen nicht auch im Gesteine abgedrückt sind, kann von einem „Abdruck“ der weichen Myocommata nicht die Rede sein. Wir müssten also hier einen vorhergegangenen Verkalkungsprozess des Sehnengewebes annehmen. Für diesen Fall möchte ich daran erinnern, dass ich bei Fischen auch eine unter gewissen Umständen stattfindende Verkalkung der dem Sehnengewebe histologisch viel näher stehenden Cutis nachgewiesen habe, welche ich auf abnorme Umstände des Hautgewebes zur Zeit der Laichperioden zurück- führte (vgl. Arch. für mikrosk. Anatomie Bd. XXXXIV, S. 111). Meine Uebertragung dieser Ansicht auf die von Eb. Fraas be- obachtete Kammbildung bei Ichthyosaurus hat, wie ich mir nach brieflieher Mittheilung zu erwähnen erlaube, die lebhafte Zustim- mung bei Herrn Prof. Fraas gefunden. Es wäre möglich, dass auch hier im Prinecip Aehnliches vorläge; von jener sexuell her- vorgerufenen Erweichung und Schwellung der Cutis könnten auch besonders in der dorsalen Thorakalregion Verbindungsstellen der Cutis mit den Myocommata, ja diese selbst in einiger Tiefe er- griffen werden und demgemäss auch verkalkt sein. Diese Mög- 266 ÖttoM. Reis: lichkeit ist also vorhanden, wenn mir auch unsere erstere Deu- tung die wahrscheinlichere ist, dass einfach auch hier, wie überall, ein von der Gesteinsmasse gebildetes Negativ der Myocommata- furchen zwischen den verkalkten Myomerstreifen der Rumpfmus- kulatur vorliege. Dass wir hierauf so eingehend zurückgekommen sind, ge- schah besonders in Anregung zu etwas genaueren Darstellungen der- artiger Befunde unter ausführlicherer Berücksichtigung der grund- legenden Arbeiten, damit ein Fortschritt in dieser Sache über- haupt möglich sei. Die Ergründung dieser Erscheinung ist Ja nicht etwa eine aussichtslose nebensächliche Spielerei paläohisto- logischer Untersuchungen; sie hat nicht nur — wie der Nachweis der Identität der Erscheinung mit den älteren Harting schen Petrifieations-Experimenten an weichen organischen Substanzen darlegt, eine allgemeine Bedeutung, sondern sie kann auch besonders paläontologisch vielfach verwendet werden; ich habe selbst eine Anzahl kleinerer derartiger Beispiele schon früher besprochen und verweise heute nur noch auf die Bemerkung, welche Rauff bezüglich der Erhaltung fossiler Kalkschwämme macht (vgl. Neues Jahrb. für Mineralogie 1895 und Sitzungsber. der niederrh. Ges. in Bonn (natw. Section) 1894 S. 100— 113) und auf meine An- wendung der Schrumpfungserscheinungen bei der eintretenden Verkalkung bezüglich der Erklärung eigenartiger Strukturen der erhärteten Hornfasern bei Acanthodes (Sehwalbe’s: Morphol. Arbeiten Bd. VI, S. 200). Ein weiterer Punkt neuerer Untersuchung betrifft das Auf treten der Muskelverkalkung bei Pyenodontiden; ich selbst habe früher keinen Fall davon beobachtet und dies darauf zurückzuführen gesucht, dass dieselben keine Vertebraten- fresser seien und eine in ihren Gedärmen gelöste Menge von Knochensubstanz sogleich nach dem Absterben noch den Process der Phosphoritisirung nicht rasch genug einleiten konnte, welehe Anfangsmenge in Fällen eintretender völliger Phosphoritisirung dann dureh allmähliche Zuführung weiterer Mengen löslicher phosphorsaurer Salze von aussen her vervollständigt werden musste. Das paläontologische Museum in München hat nun in neuerer Zeit ein prachtvolles Exemplar des Pyenodontiden Mesturus aus/dem lithogr. Sehiefer erworben, welches die phosphoritisirte Neues über petrifieirte Muskulatur. 267 Muskulatur an Stellen des abgebrochenen Schuppenkleids schon makroskopisch in deutlicher Weise zeigt; die Dicke der Lage ist gar nicht einmal gering und Herr Dr. Plieninger verfertigte Dünnschliffe, welche nicht nur die Muskelstrucetur in deutlichster Weise zeigten, sondern auch die bei Isehyodus, Caturus und Leptotheutis beobachteten mikroskopischen Kryställchen von Kalkspath in ganz ähnlicher Einlagerung, Erhaltung und Grössenentwickelung aufweisen, was selbst in seiner Nebensäch- lichkeit die grosse Constanz der A rt des Phosphoritisirungspro- cesses beweist. Wenn nun dies die Bedeutung der Pyenodontiden im oben angeführten Sinne erschüttern könnte, so ist dagegen zu bemer- ken, dass gerade Mesturus von dem Allgemeintypus der Pyeno- dontiden abweicht und seine Bezahnung auch auf die Möglich- keit ausgedehnterer Vertebratennahrung hinweist. Ueberhaupt ist wohl die Molluskennahrung bei den Pyenodontiden ebenso- wenig exclusiv, wie bei den Holocephalen, wie es auch bei der Ernährungsweise nicht blos auf die Art der Bezahnung allein, sondern auf die Entwiekelung von Körperform und Flossenskelet, d. h. die Bewegungsart ankommt, da Vertebratenfresser auch viel beweglichere Geschöpfe sein müssen; auch hierin ist Mesturus nach der Widerstandsfähigkeit und Festigkeit der Flossenstrahlen, sowie der Entfaltung eines Schwanzstieles unter den Pyenodontiden bevorzugt zu nennen. Auch gewebig ist bei ihm das Haut- und Knochenskelet vollständiger als bei den übrigen Pyenodontiden; während z. B. in den Schuppen das Dentin bei gewissen Arten von Gyrodus nur sehr spärlich oder auch fehlend zu beobach- ten ist, besteht die reiche Dermalskulptur bei Mesturus gänzlich aus Dentin?); dem Auftreten dieses älteren Structurtypus gemäss ist 1) Ich meine hiermit wirkliches Dentin, nieht die von Skupin sogenannten und fälschlich zum Dentin gerechneten Osteinröhrchen; Skupin hat auch das vereinzelte Auftreten von echtem Dentin bei Gyrodus nicht beobachtet (Arch. f. Naturgesch. Jahrg. 18%. Bd. I, Heft 2), wie er auch Mesturus nicht kennt; er verallgemeinert trotzdem seine isolirten Beobachtungen auf die Pyenodontiden, hier wie in anderen Fällen. Es ist zu bedauern, dass in dieser jedenfalls fleissigen Arbeit wichtige, zur Diseussion gestellte Fragen histiogene- tischer Entwicklung des gesammten Hautskelets (vgl. Jahrb. f. Miner. ete. 1895, S. 165) durch die dabei beliebte Begriffsaufstellung einfach ignorirt worden sind; wir kommen sehr bald eingehender hierauf zu’ 268 Otto M. Reis: Neues über petrificirte Muskulatur. der Bestand des gesammten Hautskelets vollständiger als bei Gyrodus, ebenso das Knochenwachsthum normaler und ohne alle Degenerationsanzeichen; mir scheint auch dies für eine vorwiegend normalere Ernährungsweise zu sprechen. Was den Nachweis von Hodenpetrifieirung bei Euryeor- mus betrifft, so erwähnt A.S. Woodward, Cat. of foss. fish. Brit. Museum III S. 353, offenbar ohne noch meine auch 1895 erschienene Abhandlung zu kennen, von enem Eurycormus speciosus aus Kehlheim: „apparently showing traces of the ovaries.“ (Aus der Anatomischen Anstalt Freiburg i. B.). Beiträge zur Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. Von Gakutaro Osawa aus Japan. Hierzu Tafel XVI, XVII u. XVIII und 22 Textfiguren. In meinen wiederholten Publieationen habe ich bis jetzt über das Skelet-, Muskel- und Nervensystem, ferner über alle Eingeweideorgane der männlichen wie der weiblichen Hatteria sowie über die Haut dieses Thieres berichtet!). In der vor- liegenden Arbeit möchte ich nun zum Schlusse noch die Verhält- nisse der Sinnesorgane, wie des Gesichts-, Geruchs- und Seh- organs des betreffenden Thieres zur Rede bringen, um so der ganzen Monographie über die Hatteria eine vollständige rück, da uns diese „vergleichenden Studien‘ leider nicht weiter ge- bracht haben. 1) Osawa, Beitrag zur feineren Struktur des Integumentes der Hatteria punctata. Dies Arch. Bd. 47. 1896. — Derselbe, Beiträge zur Lehre von den Eingeweiden der H. p. Dies Arch. Bd. 49. 1897. — Derselbe, Beiträge zur Anatomie der H. p. Dies Arch. Bd. 51. 1898. — Derselbe, Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden der H. p. Dies Arch. Bd. 51. 189. nn re re Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 269 Form zu verleihen; ich bin mir wohl bewusst, dass meine Dar- stellung keine vollkommene sein kann, da das Material in man- chen Fällen nicht gut conservirt war und daher nicht in dem Maasse ausgenutzt werden konnte, wie es wünschenswerth ge- wesen wäre; doch darf ich vielleicht hoffen, dass die vorliegende Arbeit im Stande ist, einen, wenn auch nur allgemeinen Begriff von den Sinnesorganen der Hatteria zu geben. Sehorgan. Ueber das Sehorgan der Hatteria ist ausser der ein- fachen Angabe Günther’s (77) bis jetzt nichts bekannt. Günther sagt: „The eye is protected above by an upper very short eyelid; the lower shut the eye entirely, and contains a cartila- ginous subsemiglobular disk, as in Agamoids generally; a membrana nietitans and the lacrymal gland are present. The sclerotie ring is composed of seventeen bony lamellae. The iris is divided into two lateral halves by an upper and lower strip of accumulated elastie fibres covered with an intensely black pigment on the inner surface; the pupil appears, in preserved specimens, nearly round, but is slightly contracted vertically. The lens is, as in other lizards, globular, flattened in front, but Hatteria differs from them in not having a pecten.“ Ich werde nun gleich meine Befunde schildern und dabei in nachstehender Reihenfolge vorgehen: 1. Aeussere Form im Allgemeinen. 2. Netzhaut und Sehnerv. 3. Linse. 4. Glaskörper. 5. Chorioidea und Ciliarkörper. 6. Iris. 7. Sklera. 8. Cornea. 9. Augenlider und Conjunctiva. 0. Drüsenapparat und Augenmuskeln. 1. Die äussere Form des Sehorgans im allgemeinen. Die Augenspalte beider Seiten wird vorn durch zwei Augen- lider, ein oberes und unteres geschützt, welche an der äusseren Fläche mit gewöhnlichen, aber etwas feineren Hautschuppen ver- 270 Gakutaro Osawa: sehen und von der umgebenden Hautstelle nur durch eine seichte Ringfurche abgegrenzt sind. Die Innenfläche ist mit einer Schleimhaut überzogen, die sich auch auf die vordere Fläche des Augapfels selbst fortsetzt. Hinter der Augenspalte, am me- dialen Winkel derselben, findet sich eine halbmondförmige längs- gerichtete Schleimhautduplieatur, die man als Nickhaut oder ein drittes Augenlid bezeichnet (Textfig. 1), und an deren hinterer Seite ein grosser Drüsenapparat, Harder’sche Drüse, angelagert ist. En 2 Fig. 1. Niekhaut mit der da- hinter liegenden Har- der’schen Drüse(@1.H.) Fig. 2. Rechte Seite, und fast Knochenkranz der Sklera (An) in natürlicher Grösse. 2 mal vergrössert. Cor= Cornea. Be Er d Der Augapfel. selbst stellt die Form eines kurzen Kegels dar, welcher die Spitze nach hinten und die Basis nach vorn aussen zukehrt. Der Uebergang des Kegelmantels in die Kegel- basis ist nicht scharf markirt, sondern nur allmählich. Hier findet sich eine Anzahl Knochenplättchen, die unter der Bezeich- nung „Skleralknochen* später genauer erwähnt werden sollen (Textfig. 2). Die nach vorn schauende Basis des Kegels wird durch die Cornea abgeschlossen, welche nach hinten direet an die vordere Augenkammer grenzt. Dieselbe liegt also wie ge- wöhnlich zwischen der Cornea einerseits und der Iris und Linse andererseits und stellt nur eine schmale Spalte dar. Die Pu- pillenöffnung ist bei der Hatteria eine senkrecht gestellte spindelförmige Spalte, durch welche man auf die vordere Fläche der Krystallinse stösst. Dieselbe ist von vorn nach hinten ab- geplattet und zeigt sich am Aequator durch das Vorhandensein des sogenannten Ringwulstes am breitesten. Der hinter der Linse gelegene Hohlraum ist mit dem gallertartigen Glaskörper ausge- füllt und hat als Wandung die gelb aussehende Retina, die dunklere Chorioidea und die helle Sklera. Der Eintritt des Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 271 Sehnerven an hinteren Pol des Augapfels ist durch eine kleine runde Grube ausgezeichnet, die der Fovea centralis bei anderen Tlhieren sehr ähnlich sieht. 2. Bet Ina, Es giebt wenig Organe, welche so viele Forscher beschäftigt haben wie gerade die Retina, und dank der zahlreichen Unter- suchungen, wie von H. Müller, Max Schultze und anderen späteren Forschern, sowie vor allem Ramon y Cajal in der letzten Zeit sind unsere Kenntnisse so weit vermehrt worden: Da hier nieht der Ort ist, darüber eingehend zu berichten, und da ferner von Merkel (134) bereits eine genaue Besprechung veröffentlicht worden ist, so beschränke ich mich auf die Auf- zählung der auf die Reptilien, vor allem der Saurier be- züglichen namhaften Angaben. H. Müller (146) giebt an, dass die Stäbehenschicht bei der Schildkröte dem Typus der Vögel sich nähere, dass da- gegen in der Zwischenkörnerschicht schöne grosse verästelte Zellen vorkommen, welche an das gleiche Gebilde der Fische erinnern. „Bei manchen Amphibien“ (!) sagt er ferner, „finden sich blos einerlei Elemente in der Stäbehenschicht. So sind bei Anguis fragilis blos Zapfen vorhanden, welche mit einem Fetttröpfehen versehen sind.“ Bei Chamaeleon fand er ferner Kamm und Fovea centralis und die allein vorkommenden Zapfen werden gegen die Fovea centralis zu immer länger, dünner, so dass sie Stäbchen gleichen. Hier werden alle anderen Sehiehten redueirt, und nur die äussere Körnerschicht wird mäch- tiger, indem die Zapfen längere Fäden aussenden, welche die an der Seite der Fovea liegenden zugehörigen Zellkörner erreichen. Im übrigen ist die Retina des Chamaeleons wie der gelbe Fleck des menschlichen Auges gebaut. M. Schultze (186) erwähnt, dass bei den Eidechsen die Stäbehen ganz fehlen, und zweierlei Arten von Zapfen vor- kommen. Die einen sind schlank und enthalten eine tief eitro- nengelbe Pigmentkugel, während die zweite Art von Zapfen dieker und mit einer etwas blässeren Kugel versehen ist. Ein- wärts von dieser Pigmentkugel ist die Substanz der Zapfen mit diffusem gelben Pigment erfüllt. Zwischen den gelben Zapfen finden sich auch vereinzelt farblose Elemente von etwas gerin- 272 Gakutaro Osawa: gerer Dicke. Die Aussenglieder des Zapfens sind sehr fein und kurz. In der Basis des Zapfens fand Schultze bei einem Osmiumpräparat einen abgestutzt kegelförmigen Körper von starkem Lichtbrechungsvermögen, welchen er für eine Licht con- centrierende Linse hält. An der äusseren Körnerschicht sind nach Schultze zwei Körner vorhanden. Im folgenden Jahre (187) .beschreibt Schultze die soge- nannten Doppelzapfen der Reptilien. Der Hauptzapfen ist in der Höhe der Membrana limitans externa zu einem dünnen Faden verschmälert, während der Nebenzapfen hier seine grösste Dicke hat und mit der bauchigen Anschwellung auf der Membran ruht, indem sein dünnstes Aussenglied der Aussenseite zugekehrt ist. Auch hier erhält der Hauptzapfen die einem Fetttröpfehen ähn- liche Kugel, während in dem Nebenzapfen keine Spur davon vorhanden ist. Hulke (94) untersuchte die Pigmentkügelchen des Zapfens eingehend. Es heisst bei ihm: „Its colour is yellow or pale- green in the toad, frog, triton, salamander, blindworm and lizard; while the land and water tortois and the turtle have also ruby beaded cones, the green beads Iying in the smallest cones, the yellow in the intermediate, and the ruby in the largest.“ Ferner machte er auf das Vorkommen des Peeten bei der Eidechse und der Fovea centralis bei dm Chamaeleon aufmerksan, wie es auch H. Müller schon gethan hat. Während Hulke den Unterschied zwischen Zapfen und Stäbehen als schwer bestimmbar bezeichnet, fasst Steinlein (202) den fetttropfenlosen Zapfen als Stäbchen, bei den Doppel- zapfen als einen Ersatzzapfen auf. Morano (145) erwähnt, dass die Pigmentzellen der Ei- dechse in Gestalt und Grösse denjenigen des Tritons ähnlich sind und dass bei beiden Thieren orangegefärbte Fetttröpfehen in den betreffenden Zellen fehlen. Leydig (123) erwähnt nur, dass das radiäre Fasersystem mitsammt der Membrana limitans eimen Stützapparat vorstellt, und dass die Stäbehen Endorgane der Sehnerven sind. Hoffmann, ©. K. (90) schenkte der Retina der Repti- lien grosse Aufmerksamkeit und sagt am Eingang des Kapitels: „So reich die Literatur an Untersuchungen über den Bau der Retina bei den Amphibien ist, so arm ist sie an Untersuchungen Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 273 über die Retina der Reptilien.“ Er unterscheidet fünferlei Pig- mentkugeln des Zapfens: rothe, gelbe, grüne, blaue und farblose. Die rothen sind am meisten verbreitet. Die grünen und blauen scheinen ihm unmerklich ineinander überzugehen. In der Nähe der Pars eiliaris retinae sind die gefärbten fast vollkommen ver- schwunden. In jedem Innengliede des einfachen Zapfens unter- scheidet auch Hoffmann ein planconvexes linsenförmiges Kör- perchen und ein Ellipsoid. An dem Osmiumpräparat sah er ferner aus der Substanz des Zapfeninnengliedes äusserst feine Haare ausgehen, welche das Aussenglied umgeben. Ausserdem hat das Aussenglied eine membranöse Hülle. Auch der Doppel- zapfen wurde genauer untersucht. Die Nebenzapfen stimmen im Bau vollkommen mit dem einfachen Zapfen überein; der Haupt- zapfen besitzt in seinem äusseren Ende ein planconvexes, linsen- förmiges Körperchen, das nach dem Tode sich körnig trübt, während der übrige Theil des Innengliedes fein granulirt ist. Jede Hälfte des Doppelzapfens steht in Verbindung mit einem eigenen Komm, und von jedem dieser Körner entspringt eine Faser, Zapfenfaser, welche wie die einfache Zapfenfaser Varico- sitäten zeigt. Die Körner des Nebenzapfens liegen unmittelbar unter der Limitans, die des Hauptzapfens mehr in der zweiten Reihe. Die äussere Körnerschieht besteht nach Hoffmann aus 3—4 Reihen Körnern. Die radialen Stützfasern bilden breite, platte Bänder mit deutlichen Kernen und blass-homogenem Inhalt. In der inneren Körnerschicht geben sie Fortsätze an die Körner ab, durchsetzen als feinkörnige, mehr rundliche pfeilerartige Stränge die äussere Körnerschicht, um dann die feinfaserigen Scehultze’schen Körbe zu bilden. In Bronn’s Klassen und Ordnungen erwähnt Hoffmann eine Art sehr langer und schmaler Zapfen, bei denen die ge- färbten Kugeln klein werden, ja sogar fehlen, und führt das Vorkommen dieser Zapfen auf die Existenz einer Fovea centra- lis auch bei der Eidechse zurück. Auch Heinemann (86) betont, dass die Retina trotz zahl- reicher Untersuchungen noch unvollkommen bekannt sei. Nach ihm fehlen bei den Schildkröten echte Stäbehen, indem die Aussenglieder der Sehzellen konisch oder stäbchenförmig und die Innenglieder kolbig beschaffen sind. Von Zapfen unterscheidet Heinemann solche mit Pigmentkugel, Kugelzapfen und solche 274 Gakutaro Osawa: ohne Kugel. Ganz ähnlich ist die Retina der Saurier gebaut, nur ist das Stützfasersystem hier mächtiger entwickelt als bei den Schildkröten. Angelucei (3) untersuchte das Verhalten der Pigment- zellen genauer und fand, dass die gelben Oeltropfen und die eigenthümlichen farblosen sogenannten aleuronoiden Körner inner- halb der Pigmentzellen von dem Vorkommen der Stäbchen ab- hängig sind. Bei den Lacerten, bei welchen bekamntlich die Stäbehen fehlen, liessen sich weder Tropfen noch aleuronoide Körner nachweisen, wohl aber bei dn Amphibien und Säugern, denen die Stäbehen zukommen. Denissenko (46), dem wir die genaue Untersuchung über den Bau der äusseren Körnerschicht verdanken, fand, dass die Elemente dieser Schicht bei der grünen Eidechse und dem Tropidonotus natrix zwar in einer oder zwei Lagen angeordnet sind, dass ihre centralen Fortsätze doch auf der ganzen Netzhaut eine bedeutende Verlängerung erreichen wie auf der Macula lutea. Die äussere Körnerschicht bei der grünen Eidechse weist ferner lange Hohlräume auf, welche nach Denissenko dadurch entstehen, dass die centralen Fortsätze durch breite Streifen sich verbinden. Schiefferdecker (180), welcher speziell die radialen Stützfasern und die tangentialen Fulerumzellen H. Müller’s bei vielen Wirbelthieren untersuchte, fand, dass die Amphibien in Bezug auf die betreffenden Gebilde dem Protopterus näher treten, während die Reptilien sich den Vögeln an- schliessen. Bei dem Frosch sind mittlere, innere und äussere Fulerumzellen zu unterscheiden, und die Radialfasern sind unge- mein stark entwickelt und enden einfach oder kurz getheilt. Bei den Reptilien fehlen die äusseren Fulerumzellen und die weniger mächtigen Radialfasern sind nach innen getheilt. Chievitz (43) betrachtet das Vorkommen der Area cen- tralis retinae als das gewöhnliche und will auch bei den Vögeln und Reptilien eine schwache Foveaeinsenkung fast nie ver- misst haben. Die Area kann streifenförmig (Crocodil) oder rund (Lacerta) sein und steht zu Opticuseintritt in verschie- denen Lagebeziehungen, entweder nach oben, unten auch vorn oder auch nach hinten. Die gewebliche Veränderung an der Fovea centralis beruht i® Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 275 auf der Anhäufung der Ganglienzellen zu mehreren Schichten, dem schiefen Verlauf der Fasern in der Körnerschicht, dem bogen- förmigen Verlauf der Nervenfasern und der beträchtlichen Länge und Feinheit der pereipirenden Elemente in der Stäbehenschicht. Krause (109), welcher eine umfangreiche Arbeit über die Retina der Wirbelthiere veröffentlicht hat, hebt bei der Lacerta agilis das Vorwiegen der Zapfen, eine mehrfache Sehiehtung der Ganglienzellen und der inneren Körner, sowie eine dichtere Anhäufung der Nervenfaser (ganz wie in der Macula Iutea des Menschen) als charakteristisch hervor. Die Zapfen kommen ent- weder als Doppelzapfen oder als einfache Zapfen vor. Es giebt 1.: einfache, kleine Zapfen mit einem kleinen Oeltropfen, einem achromatischen Paraboloid und. einem Zapfenellipsoid, dann aber auch 2.: diekere Zapfen ohne Oeltropfen mit einem grossen Ellipsoid sowie Paraboloid. Die Doppelzapfen bestehen aus einem Hauptzapfen mit einem Oeltropfen, und einem diekbauchigen Neben- zapfen ohne solchen. Es giebt aber Doppelzapfen, deren Haupt- und Nebenzapfen jeweils mit einem Oeltropfen versehen sind. Die Stäbehen der Lacerta sind schlanker, haben mehr eylindrische Innenglieder und gleichen den Zapfen ohne Oeltropfen. In der Nähe der Ora serrata fand Krause noch eine zweite Art Stäb- chen, welehe ein zugespitztes Aussenglied und ein Ellipsoid, aber kein Paraboloid besitzen. Die Area centralis, welche bei den Lacerten 0,5 mm oberhalb der Papilla optiea liegt, ist durch vermehrte Stäbehen-Zapfenschicht, sowie Vermehrung der Anzahl der Körner und Ganglienzellen eharakterisirt. Die Fovea centralis zeigt sich als eine kleine Einbiegung im Centrum der Area. In Bezug auf den Sehnerven fand Deyl (48), dass das genannte Gebilde bei dn Amphibien durch bindegewebige Elemente in Bündel und bei den Vögeln in Falten gelegt ist. Den Uebergang von den Amphibien zu den Reptilien bilden die Schildkröten, ihnen schliessen sich dann Alligator und Chamaeleon an, und das Endglied wird durch die Eidechsen dargestellt, welche dann den Vögeln am nächsten stehen. Docesketina der. Hatteria,..(Kig. 1, 2, 3,.4,5,,6,7,8, Fig 9, 10,11, 12, 13, Taf. XVL, Fig. 16, Taf. VI) setzt sich wie gewöhnlich aus folgenden Schichten zusammen: 1. Margo limitans internus. 276 Gakutaro Ösawa: Nervenfaserschicht. Ganglienzellenschicht. Innere moleeuläre Schicht. Innere Körnerschicht. Aeussere moleculäre Schicht. Aeussere Körnerschicht. Limitans externa. Stäbehen- und Zapfenschicht. . Pigmentepithelschicht. ommammmgın een oO Der Margo limitans (l.i. Fig. 1 Taf. XV), der bekanntlich durch die Zusammenfügung der Basalkegel der Müller’schen Stützfasern dargestellt wird, ist bei der Hatteria nicht glatt, was wohl von ungeeigneter Conservirungsweise und dadurch verursachte Schrumpfung des Gewebes herrührt. An vielen Stellen sieht man hängengebliebene Fetzen des Glas- körpers. Die Nervenfaserschicht (N. f. Fig. 1 Taf. XVI und Fig. 4, Fig. 11) besteht aus den Flaserelementen des Opticus, welche von der Papilla optiea aus nach allen Seiten ausstrahlen. In der Nähe der genannten Stelle besteht eine dieke Schicht von Fasern, welche nach dem Ciliarrand immer mehr abnehmen. Etwa in der Mitte zwischen der Papilla optica und dem Ciliarrand sind mehrere Fasern übereinander geschichtet und weiter nach vorn nur 1 oder 2 Fasern. Am Ciliarrand schliesslich werden die Nerven- fasern fast unsichtbar. Die Nervenfasern entbehren der Markscheide, sind von zerstreuten rundlichen oder spindelförmigen Gliazellen begleitet und liegen in den Maschenräumen der Müller’schen Stütz- fasern. Die Ganglienzellenschicht (@.2. Fig. 1, Re, Fig. 11 Taf. XVD wird durch grosse multipolare Nervenzellen hergestellt, welche glaskörperwärts von der inneren moleeulären Schicht dieser letz- teren direet anliegen, aber da, wo die Nervenfaserschieht schmäler Beiträge z. Lehre von den Sinnesörganen der Hatteria punctata. 277 geworden ist, auch den Margo limitans internus berühren. Neben den grossen Zellen gibtes auch etwas kleinere (@.z. Fig.5 Taf. XV), welche fast nur aus einem runden Kern zu bestehen scheinen, oder an denen man ausserdem noch eine kleine Protoplasmahülle erkennt. Die Zellen liegen in der Nähe der Papilla optica nur in einer Lage und weit voneinander getrennt (Fig. 11 Taf. XVI), weiter peripherwärts kommen sie näher aneinander und stehen in 2,3 Lagen übereinander, so dass sie in der mittleren Strecke zwischen der Papilla optica und dem Ciliarrand ein gedrängtes Aussehen (Fig. 1) darbieten, um dann weiter nach vorn an An- zahl wieder abzunehmen und an dem Ciliarrand nieht mehr er- kennbar werden. Diesinneve moleceuläre Schieht !&@ m. Big-1, Fig. 6 Taf. XV]. Auch diese Schicht variirt vom Centrum nach der Peri- pherie in ihrer Stärke. Am dieksten ist sie in der mittleren Strecke zwischen der Papilla optica und dem Ciliarrand, um dann nach beiden Seiten hin allmählich schwächer zu werden und an den beiden genannten Gegenden zu verschwinden. Die ganze Schicht besteht aus der Hornspongiosa und ganz feinen Fasern, welche in verschiedenen Richtungen verlaufen, einander kreuzen und dadurch ein sehr kleinmaschiges Netzwerk herstellen (Fig. 6). Die Fasern entstammen theils den Fortsätzen der über und unter der Schicht liegenden. Nervenzellen, theils den kleinen Seitenzweigen der diese Schicht senkrecht durchsetzenden Stütz- fasern. Mitunter finden sich innerhalb dieser Schicht hie und da kleine Nervenzellen eingestreut, im Uebrigen sieht man die Zell- elemente der Ganglienzellenschicht und der innersten Reihe der inneren Körnerschicht nicht nur ihr direet anliegen, sondern zum Theil im sie hineinragen. Die innere Körnerschicht..«e. X. Fig. 1, Fig. 7 ar). Die Dieke dieser Schicht verhält sich so wie bei der vorigen. In der Mitte zwischen dem Ciliarrand und der Papilla optica also liegen 10—15 Zellelemente übereinander, welche in der inneren, also glaskörperwärts liegenden Hälfte diehter gruppirt sind und der inneren moleeularen Schieht direet anliegen, während sie in 278 Gakutaro OÖsawa: der äusseren Hälfte eine lockere Anordnung darbieten und mittelst eines wabenartigen Gewebes an die äussere moleculare Schicht angrenzen (Fig. 1). Gegen den Ciliarrand und die Papilla optica zu nimmt ihre Anzahl immer mehr ab. Die Zellelemente dieser Sehieht, welehe nach Ramon y Cajal aus geschichteten, diffusen Spongioblasten, sowie nervösen Spongioblasten bestehen, lassen sich an Hämatoxylin-Eosinfärbpräparaten in zwei Theile eintheilen. Die einen, welche direet der inneren moleculären Schicht an- liegen oder sich in deren Nähe befinden, haben um den runden blauen Kern eine rothgefärbte spindelförmige oder zackige proto- plasmatische Hülle, welche hie und da in feine Fortsätze aus- geht. Die zweite Art der Zellen besitzt eine minimale Hülle um den blauen Kern, so dass sie bloss aus dem letzteren zu bestehen scheinen. Als ein drittes Zellelement dieser Schicht lassen sich hier noch die Kerne der Müller’schen Stützfasern anführen, welche meistens spindelförmig, und namentlich bei Carminpräparaten blasser gefärbt sind und stets im Stamm der Stützfasern ihren Sitz haben. Die äussere moleculäre Schicht (am. Fieh Taf. XVD) verhält sich in Bezug auf ihre Dieke und Ausbildung wie die vorher genannte Schicht. Sie bildet eine schwache Lage, welche nur in der mittleren Strecke zwischen dem Ciliarrand und der Papilla optica als eine wohl differenzirte erscheint und nach bei- den Seiten hin aber bald so schwach wird, dass man sie als eine selbstständige Schicht nieht mehr erkennt, indem ihr fein- faseriges Netzwerk in das wabenartige Gewebe der äusseren und inneren Körnerschicht übergeht. Als den horizontalen Zellen Ramon y Cajal’s angehörig lassen sich wohl jene runden oder querovalen Kerne anführen, welche direet an dieser Schicht angelehnt oder manchmal in derselben zerstreut liegen. Die äussere Körnerschicht (a.K. Fig.1, Fig.8, Eig..9 Taf. .XVn. Auch diese Schicht ist in der Mitte zwischen dem Ciliar- rand und der Papilla optica am meisten ausgebildet und besteht aus mehreren Reihen Körnern, welehe nach beiden Seiten hin an Anzahl abnehmen. In der Nähe der Papilla optica kann ne Se u Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 279 man jedoch immer noch zwei Reihen von Körnern unterscheiden, wenn auch diese nicht mehr dicht nebeneinander stehen, am Ciliarrand dagegen wird dieses Verhalten viel eher verwischt, indem die Sehzellen ihre characteristische Form einbüssen und die Elemente der inneren Körnerschicht sich hineimmischen (Fig. 12 Taf. XVI). In der äusseren chorioidalwärts liegenden breiteren Hälfte dieser Schicht ist der Zusammenhang dieser Körner mit den Sehzellen sehr deutlich, sie sind nämlich in den breiten glas- körperwärts gerichteten Verlängerungen der Sehzellen einge- schlossen, welch’ letztere von da aus nach einwärts gegen die äussere moleeuläre Schicht zu fadenförmig auslaufen, wodurch die wabige Structur der inneren Hälfte der äusseren Körner- schieht zum Theil bedingt wird. Flächenschnitte dieser Körner- schieht können das erwähnte Verhalten der beiden Abtheilungen auch illustriren. Auf dem Schnitte (Fig. 9 Taf. XVI), welcher durch die äussere Hälfte geführt worden ist, sind die Körner (Kerne der Sehzellen) regelmässig pflasterartig geordnet, wobei jedes Korn eine mehr oder weniger breite Hülle um sich hat. Auf dem Flächenschnitt durch die innere Abtheilung (Fig. 8 Taf. XVI) der äusseren Körnerschicht sieht man dagegen ein unregelmässig geformtes Maschenwerk aus schmalen oder breiten Lamellen, auf welchem oder in dessen Maschenräumen die Kerne unregelmässig zerstreut liegen!). Die Membrana limitans externa (!. e. Fig. 1, Taf. XVD lässt sich, soweit die Sehzellen reichen, direct oberhalb der äussersten Reihe der vorhin genannten Sehzellenkerne als eine feine Linie erkennen, nicht aber als eine scharfe, sondern ihre Contour ist mehr oder weniger uneben, und manchmal mit feinen Cilienbüscheln versehen. Die Sehicht der Stäbehen und Zapfen (Z.Fig.l, 7.8: Bie! SUSE Ta XV): Diese umfasst den kernfreien Theil der Sehzellen. Bei der 1) Mir kommt es vor, dass manche Kerne dieser Hälfte nicht den Sehzellen angehören, sondern eher mit den Elementen der äusseren moleeulären Schicht in Zusammenhang stehen; wenigstens dem äus- seren Aussehen nach sind sie den letzteren ähnlicher. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 19 280 Gakutaro OÖsawa: Hatteria kommen ausser den bei den Sauriern als Regel gel- tenden Zapfen auch noch Stäbchen vor. Die Zapfen weisen die Form von Flaschen auf, welche mit ihrer Basis auf der Li- mitans externa aufsitzen und mit ihrem spitzen Mundstück nach chorioidalwärts sehen. An ihnen (Z. Fig. 2 Taf. XVD) kann man auch ein kurzes, spitz zulaufendes Aussenglied und ein bauchig aufgetriebenes Innenglied unterscheiden; an der Grenze zwischen dem Innen- und Aussenglied findet man bei fast allen ein helles rundes Kügelchen, Oelkügelehen der Autoren (Oel), und an der Basis gegen die Limitans externa manchmal auch ein zweites meist elliptisches Gebilde, Ellipsoid der Autoren (Ellip.). Der zwischen den beiden Gebilden liegende Theil des Zapfens ist entweder fein granulirt oder fast homogen. Der Zapfenkörper ist bis zur Limitans externa ziemlich breit, direet oberhalb oder unterhalb derselben bekommt er aber eine merkliche Einschnürung und setzt sich in Zapfenfasern, wie be- reits oben bei der äusseren Körnerschicht erwähnt, nach glas- körperwärts fort. Eine andere Art Zapfen bekommt ziemlich weit oberhalb der Limitans externa schon eine Verschmälerung, so dass ihr Innenglied gegen die Limitans zu spindelförmig wird; manchmal enthält ein solcher Zapfen in seinem Innenglied, ehe dieses in den spindelförmigen Fusstheil übergeht, an der Grenze ein kleines grünlich schillerndes Körperchen. Ob ein solcher Zapfen als der Hauptzapfen eines Doppelzapfens gedeutet werden darf, muss ich dahin gestellt sein lassen. An einem Isolations- präparate sah ich viele Zapfen zu zweien gruppirt, aber sehr selten am Fuss miteinander verwachsen. Als Stäbchen (St. Fig. 2 Taf. XVD) bezeichne ich bei der Hatteria ein solches Gebilde, welches viel schmäler als der Zapfen gestaltet und mit einem langen, fast ceylindrischen Aussenglied versehen ist. Das Aussenglied ist stark liehtbrechend und weist bei genauerer Betrachtung feine Querstriche auf, welche übereinander geordnet sind. An der Grenze gegen das Innen- glied befindet sich ebenfalls wie beim Zapfen ein helles, meist rundes ODelkügelchen (Oel). Das Innenglied ist entweder in seiner ganzen Länge gleich breit oder wird gegen die Limi- tans externa allmählich schmäler. Bei vielen Stäbchen lässt sich auch ein Ellipsoid (Ellip.) nachweisen; der zwischen dem Oelkügelehen und dem Ellipsoid liegende Abschnitt des Beiträge z. Lehre von den Sinnesotganen der Hatteria punctata, 281 Innengliedes ist fein granulirt oder öfter fast homogen und grün- lich schillernd. Der unterhalb der Limitans externa gelegene Theil des Stäbchens, die Stäbehenfaser, schliesst den zu- gehörigen Kern (A.) in verschiedener Höhe in sich ein und geht weiter glaskörperwärts mehr oder weniger in feine, manchmal verzweigte Fasern aus. Die Endigungsweise dieser Fasern auf der äusseren moleculären Schicht selber konnte ich wie diejenige der Zapfenfasern nicht mit Sicherheit verfolgen. Ob diese Form der Sehzellen auch als modificirte Zapfen zu betrachten ist, scheint mir sehr fraglich. Bemerkt sei noch, dass ausser den beschriebenen Zapfen und Stäbchen auch Gebilde vorkommen, von denen man nicht weiss, ob man sie zu den Zapfen oder Stäbehen rechnen soll, — eine Art Uebergangsform zwischen den beiden. Ebenso schwankt die Dicke der beiden Sehzellen; man kann bei der Hatteria im allgemeinen die Stäbchen als halb so dick wie die Zapfen schätzen (Z. St. Fig. 10, Taf. XV], doch gibt es viele Uebergangsstufen. Bezüglich der Vertheilung beider Elemente lässt sich be- stimmt sagen, dass die Zapfen in der Nähe der Papilla optiea vorherrschen, ja sogar die einzigen Sehzellen vorstellen, während die Stäbchen nach dem Ciliarrand hin immer zahlreicher auf- treten, obwohl die Zapfen auch nicht ganz fehlen. Die Pigmentschicht (?. Fig. 11,13, Taf. XVI; Fig. 16, Taf. XVII) besteht aus einer Reihe von Zellen, welche der Glaslamelle der Chorioidea aufsitzen. Die Zellen sind auf dem Flächenbilde po- lygonal, meist hexagonal und auf der Profilansicht kegelförmig; die Spitze des Kegels wird von dunklen, meist bacillenartigen Pigmentkörperehen eingenommen, welche nach der Kegelbasis hin in mehr oder weniger beträchtlicher Ausdehnung streifenförmig ausstrahlen; die pseudopodienartigen Ausläufer, welche nach den Sehzellen hinausgehen, wie man sie bei Chamaeleon wahr- nimmt, habe ich bei der Hatteria nicht beobachtet. Die helle protoplasmatische Abtheilung der Pigmentepithelien sitzt, wie ge- sagt, der Glaslamelle fest auf und lässt einen rundlichen Kern erkennen. Sowohl die Form der Zellen als auch die Vertheilung der Pigmentkörner ist nicht immer eine einheitliche. Im allgemeinen 982 Gakutaro Osawa: sind die Zellen am hinteren Augengrund niedriger und kleiner und die benachbarten stehen deutlich von einander getrennt (P. Fig. 16, Taf. XVII); auch die Einlagerung der Pigmentkörner ist weniger dicht. Nach vorn gegen den Ciliarrand wird die Lage der Zellen gedrängter, die letzteren nehmen auch an Grösse zu und ihre Gestalt wird mannigfaltiger, indem manche pilzförmig aussehen, andere keulenförmig, wieder andere eylindrisch, kubisch u.8s. w. Die Pigmentirung wird dichter und ausgedehnter, so dass selbst der basale protoplasmatische Theil dunkel erscheint und vom Kern nichts zu sehen ist (?. Fig. 13, Taf. XVD). Stützfasern der. Betina. Die von H. Müller entdeckten Fasern durchsetzen die sanze Dicke der Retina vom Margo limitans internus bis zur Mem- brana limitans externa. Der Margo limitans internus wird bekannt- lich dureh die verbreiterten Fussstücke der genannten Fasern erzeugt. Auf dem senkrechten Durchschnitt der Retina erscheinen die Fuss- stücke kegelförmig (Stutzf. Fig. 1 Taf. XVI) aufdem Flächenschnitt dagegen (Fig. 3, Taf. XVI) unregelmässig sternförmig. Mittelst vieler Fortsätze verbinden sich die benachbarten Elemente und stellen ein Netzwerk her, in dessen Maschen die Optieusfasern und nach aussen davon die Ganglienzellen eingelagert sind. Die Fortsetzung der Spitze des Kegels ist nach der Aussenseite ge- richtet, geht zunächst durch die innere moleculäre Schicht, wo- bei sie auch feinere Zweige dieser Schieht abgibt und gelangt in die innere Körnerschicht. Hier schwillt ihr Stamm spindel- förmig an, indem in diesem ihr eigener Kern au'tritt, und bi'det zugleich ein Maschenwerk, ähnlich wie in der Ganglienzellen- schicht. Weiter nach aussen durchsetzt sie die äussere moleeu- läre Sehicht und tritt in die äussere Körmerschieht ein, um hier noch einmal ein Maschenwerk herzustellen. Dieses Verhalten habe ich nur an Schnitt- und Schüttelpräparaten finden können. Dogiel (56) gelang es, mittelst der Golgi- Methode den Verlauf und die Verzweigung der Stützfasern beim Mensch°n genauer zu verfolgen; nach ihm bilden sie in der inneren urd äusseren Körnerschicht sowie in der Ganglienzellenschieht eine Art Nischen, in die die Zellelemente eingeschlossen sind. Einen ähnlichen Befund beschreibt auch Neumayer (149) bei den Selachiern. Bei diesen erreichen die genannten Fasern, Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 283 nachdem sie die innere und äussere Körnerschicht in der von Dogiel angegebenen Weise durchsetzt haben, die Sehzellen, um welche sie Faserkörbe bilden. Area eentralis. Eine deutliche Area centralis lässt sich bei der Hatteria nicht auffinden. Wie bereits oben geschildert, sind sämmtliche Retinaelemente mit Ausnahme der Nervenfaserschicht etwa in der mittleren Strecke zwischen der Papilla optica und dem Ciliarrand am stärksten entwickelt und die schlanken Stäb- chen, die hier fast als einzige Sehzellen vertreten sind, stehen dicht nebeneinander gedrängt. Ob diese Stelle als eine Area anzudeuten ist, und ob sie der Sitz des schärfsten Sehens ist, lasse ich vor der Hand dahingestellt. Erwähnen will ich noch, dass man, wenn man nach Eröff- nung des Augapfels in das Innere hineinblickt, am hinteren Grunde eine runde Grube findet, welche der runden Area centralis des Chamaeleons!) täuschend ähnlich ist; sie entspricht aber bei der Hatteria der Eintrittsstelle des N. optieus und ist nichts anderes als die Excavatio papillae opticae. Was nun die histologische Beschaffenheit der Retina an dieser Stelle anbetrifft, so werden ausser der Nervenfaserschicht alle Schichten redueirt (Fig. 11, Taf. XVI). Die Ganglienzellen werden spärlich, die innere moleeuläre Schicht wird dünner und endet (auf dem Querschnittsbild) an dieser Stelle zugespitzt; auch die innere und die äussere Körnerschicht werden schwächer und treten mit dem gleichzeitigen Verschwinden der sie sonst tren- nenden äusseren moleculären Schicht zusammen. Die Sehzellen bestehen ausschliesslich aus Zapfen, welche gegen die Papilla zu immer kürzer werden und am äussersten Rand mit den Ele- menten der Körner- und Ganglionschicht in Berührung treten. DieriOrliarr and ideruhienina. (Fig.12; Taf, xVD. Ich sage „Ciliarrand“, weil bei der Hatteria* die Ciliar- fortsätze sehr niedrig sind, und die Innenfläche dieser Stelle fast glatt aussieht, so dass von einer „Ora serrata* nicht die Rede sein könnte. 1) Dieses Thier habe ich zum Vergleich auch untersucht. 284 Gakutaro Osawa: Was nun das Verhalten an diesem Rand anbetrifft, so blei- ben die Radialfasern noch bestehen, obwohl sie bedeutend an Stärke abgenommen haben; die Optieusfasern werden viel früher nicht mehr als eine selbstständige Schicht erkennbar; die Gang- lienzellen (G. z.) werden geringer und grenzen in Folge des Man- gels der Optieusfasern direet an die Basis der Radialkegel. Die innere moleculäre Schicht (i. m.) erhält sich noch eine Strecke lang als eine relativ mächtige Schicht, endet aber dieht am Ci- liarrand zugespitzt (auf dem senkrechten Schnitt der Retina); dagegen wird die äussere moleculäre Schicht viel früher unsieht- bar, und dadurch treten die innere und äussere Körnerschicht, die sich auch rückgebildet haben, mit einander in Berührung (. Ä.); die Sehzellen werden kürzer und verlieren ihr Aussenglied (Z.). Am äussersten Rand, also am Uebergang in das Be- reich des Ciliarkörpers, werden alle Elemente bis auf zwei Zellen- schiehten und eine Faserschicht an der inneren Fläche redueirt. Die einen Zellen sind länglich, ungefähr eylindrisch, und die anderen, die am Fusstheil der ersteren zerstreut liegen, rundlich. Die Faserschicht bildet ein feines, kleinmaschiges Netzwerk und schliesst die genannten Zellen in sich ein (linke Hälfte der Fig. 12, Tat-aXMD:. Im Gebiet des Ciliarkörpers (Fig. 15, Taf. XVD) bleibt das Verhalten der Retina fast dasselbe, nur werden die runden Zellen spärlicher, und die ganze Schicht wird fast aus- schliesslich aus verlängerten Zellenelementen und einem Faser- werk zusammengesetzt. Im Gegensatz zu den andern Retinal- elementen erlangt das Pigmentepithel, wie schon einmal erwähnt, eine stärkere Ausbildung, und im Gebiet des Ciliarkörpers werden die Zellen eylindrisch und ragen nach innen gegen die eylindri- schen Retinalelemente hinein, so dass ein nach aussen zugekehrter Theil dieser letzteren von den ersteren verdeckt zu sein scheint. Der N. optiecus (Nf. op. Fig. 11, Taf. XVD) wird beim Eintritt in die hintere Skleralöffnung von diesem ein- geschnürt und strahlt von hier aus nach allen Seiten aus. Die Nervenfasern verlieren schon hinter der Skleralöffnung ihre Mark- scheide und bestehen aus feinen Elementen, welche eine geringe Anzahl rundlicher Gliazellen begleiten. Die die einzelnen Fasern oder Bündel trennenden Bindegewebsfortsätze der Pialscheide Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 285 sind sehr schwach vertreten. Die Pialscheide, welche den Seh- nerven bis zur Skleralöffnung begleitet, biegt sich hier seitwärts und geht theils in die Sklera und die Chorioidea über. Die fibröse Duralscheide, welche aus compacten Bindegewebsbündeln aus derberen Fasern mit unverhältnissmässig plattgedrückten faden- förmig aussehenden Kernen zusammengesetzt ist, geht viel früher in die hintere Fläche der Sklera über. Dadurch entsteht zwischen den beiden Sehnervenscheiden ein Spaltraum, welcher auf dem Schnitt als ein Winkel sich zeigt, dessen Spitze in die Sklera hineinragt und diese in die vordere und hintere Hälfte trennt. Dieser Spaltraum ist mit lockerem Gewebe ausgefüllt und steht mit dem ebenfalls lockeren Inter- vaginalraum der ÖOpticusscheide in Communication. Bei der Hatteria kommen keine Vasa centralia vor; sowohl die Arterie, als auch Vene liegen bis zum Eintritt des Sehnerven in die Skleralöffnung stets an der ventralen Seite des Nerven und senden nur kleine Zweige in ihn hinein. 33 Kinge Eine ausführliche vergleichende Untersuchung über die Linse verdanken wir Henle (87). Nach ihm besteht die Linse der Wirbelthiere aus meridional verlaufenden platten v Fasern, welche nur in der äusseren Schicht der Linse kernhaltig sind, und sie wird vorne von einer Kapsel mit einem flachen Epithel überzogen. Ein Theil dieser Epithelzellen bildet sich zu Fa- 7 sern aus, welche senkrecht zur Kapsel und zu Fig. 3. Horizontaler den meridionalen Fasern stehen und den bei den purchschnitt der Vögeln und Reptilien vorkommenden sogenannten Linse, 2 mal ver- Ri = Ist 1 t 1] grössert. v = VOlr- ingwulst darstellen. I Auch über die Linse der Hatteria lässt hintere Seite, Ri 2 ; j ine wulst. sich nichts neues sagen; dieselbe hat die Form eines Sphäroids, indem der sagittale Durchmesser kleiner ist als der frontale, was wohl durch die starke Ausbildung des Ring- wulstes zum grössten Theil bedingt ist (Textfig. 3). Die Linsenfasern (Fig. 14, Taf. XVII) sind ganz platt, band- artig, und verlaufen, wie Henle sagt, in meridionaler Richtung von hinten nach vorn. Stets sind sie mit Kernen versehen, welche an den Fasern der äusseren Schicht freilich besser erkennbar 286 Gakutaro Osawa: sind, doch auch an den innern nicht fehlen. Die Kerne der äusseren Fasern bilden eine bogenförmige Reihe, welche die hintere Fortsetzung derjenigen des Kapselepithels darstellt, aber diejenigen, welche den Fasern der inneren Schieht angehören, liegen mehr zerstreut und sind schmal spindelförmig. An der äusseren Schicht sind die Fasern dichter gelagert, verbinden sich durch ziekzackförmige Ränder miteinander (Fig. 15, Taf. XVID. Im Innern der Linse, im Linsenkerne, werden die Fasern durch das Auftreten zahlreicher, meist spindelförmiger Lücken von ver- schiedener Grösse auseinander gehalten. Die letzteren sind mit fein granulirter Masse gefüllt und enthalten hie und da auch rund- liche kernartige Gebilde !). Die vordere Kapsel der Linse ist durch die glashelle Mem- bran und durch eine mehr oder weniger deutlich sichtbare Spalte von den Linsenfasern getrennt. Ihr sitzt eine Reihe niedrig kubischer Zellen auf, welche an der Oberfläche eine Art Cutieular- saum aufweisen; an der Seite werden sie allmählich länger und erreichen an dem Ringwulst ihre grösste Länge (Rw Fig. 14, Taf. XVII). Von da nehmen sie an Höhe wieder ab und kommen gleichzeitig dabei immer mehr schräg zu stehen, indem sie von der äquatorialen Stellung, die sie am Ringwulst einnahmen, in die meridionale übergehen und sich auf die Weise in die Linsen- fasern fortsetzen, dabei wird der kernhaltige obere Theil des Epitels zur Basis und der eigentliche basale zur Spitze der neuen Fasern. Nehmen wir an, dass eine Epithelzelle der vorderen Kapsel zur Linsenfaser wird, so müsste sie eine Drehung von 150° um die äquatoriale Achse der Linse und eine ebensolche um ihre eigene Breitenachse durchmachen. Der kernhaltige Theil der Kapselepithelien am vorderen Pol der Linse wird also die kernhaltige Basis der Linsenfasern am hinteren Pol des Organes, während die Basis der Epithelien und die Spitze der Linsenfasern einander entgegensehen. 4. Glaskörper der Hatteria. Ueber denselben habe ich keine genaue Untersuchung an- gestellt und kann deshalb hier nur soviel darüber bemerken, dass die gallertartige Masse, welche den grossen Innenraum des Aug- 1) Ich muss bemerken, dass die centrale Parthie der Linse er- weicht und nicht für die histologische Untersuchung geeignet war. Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 287 apfels ausfüllt, aus einer feinfaserigen Masse besteht, und dass diese sich an der Peripherie durch einen etwas resistenten diffe- renzirten Abschnitt, Membrana hyaloidea, abschliesst, wo man kleine Zellelemente von runder, spindelförmiger oder verzweigter Gestalt, manchmal mit einer geringen Pigmenteinlagerung hie nnd da zerstreut findet. 5. Chorioidea und Ciliarkörper. Nach Hoffmann!) bildet die Chorioidea eine dünne, sehr gefässreiche Haut, welche an der Eintrittsstelle des Nervus optieus und an der Uebergangsstelle der Sklera in die Cornea mit der Sklera fest verbunden ist. Die Grundlage der Chorioidea besteht aus einem Netzwerk sehr stark verästelter, mehr oder weniger sternförmiger oder auch wohl unregelmässig gebildeter Pigmentzellen und ist ausserordentlich reich an Gefässen. Ueber den Ciliarkörper eitirt Hoffmann die Angabe H. Müller’s über das Verhalten beim Chamaeleon, bei wel- chem der Ciliarkörper einen breiten Ring bildet, aber kleine war- zige Unebenheiten an Stelle der Ciliarfortsätze aufweist. Der Ciliarmuskel der Lacerta agilis lässt sich trotz seiner Klein- heit wenigstens an einer Stelle, wo der Ciliarnerv in die Schnitte fällt, die drei Portionen erkennen, welche bei Vögeln vorhan- den sind. Kopsch (105) giebt an, dass bei der Eidechse der Canalis Schlemmii fehlt, dass der Fontana’sche Raum durch ein paar Fasern, welche von der Sklero-Cornealgrenze zur Iriswurzel ziehen, dargestellt ist, und dass das Corpus eiliare meri- dionale Muskelfasern mit stellenweise auftretenden eirculären besitzt. Die Chorioidea der Hatteria (ch Fig. 11, Fig. 13, Taf. XV]; Pıg.216,27212%V 11) reicht von der Eintrittsstelle des Opticus (Fig. 11) nach vorn so- weit hin, als der Skleralknorpel besteht, an dem vorderen Theil des Augapfels hört sie also auf als solche zu bestehen und geht in das Corpus ciliare (Fig. 13) über. Das Grundgewebe der Chorioidea besteht aus Bindegewebe und elastischen Fasern, welche in Form eines Netzwerkes ange- ordnet sind, dessen Maschen von zahl:eichen Blutgefässen durch- 1) In Bronn’s Klassen und Ordnung. 288 Gakutaro Osawa: setzt sind. Im Bindegewebe sind braune oder schwarze Pigment- zellen von unregelmässiger Form, rund, spindel-, sternförmig u. s. w., dicht eingelagert, sodass es den Eindruck erweckt, als ob die Wände der Netzmaschen aus solchen Zellen allein be- ständen. Gewöhnlich sind die in der mittleren Schicht der Chorioidea liegenden ovalen oder länglichen Maschen am weite- sten (m Fig. 16, Taf. XVII); nach innen davon, durch eine Lage von Bindegewebe und Pigmentzellen getrennt, eine schmale Spalte (m’), welehe der Aussenwand der Pigmentepithelschicht der Retina entlang verläuft. Von der letzteren ist die genannte Spalte durch eine glashelle, dünne, scharf eontourirte Membran, Glashaut, ge- schieden. Sowohl die grösseren Maschenräume als auch die nach innen davon liegende Spalte ist mit Blutzellen vollgestopft. Nach aussen gegen die Sklera zu sind die Pigmentzellen viel dichter angehäuft und in mehrere Schichten angeordnet. Zwischen ihnen kann man hie und da Bindegewebe und Nervenfasern erkennen, die Blutgefässe sind hier viel seltener. Diese Schicht, die Suprachorioides (s. ch.) genannt werden dürfte, stösst direet an die innere Fläche des Skleralknorpels an (scl.), welcher an der chorioidealwärts gerichteten Seite nur einen sehr dünnen, kaum erkennbaren perichondrialen Ueberzug aufweist. Am Seh- nerveneintritt ist die Chorioidea mit der Sklera fest verbunden, dagegen von der Retina durch den genannten Spaltraum, welchen man als Choriocapillaris ansehen dürfte (m’ Fig. 11) getrennt. Die grossen Maschenräume werden erst eine Strecke weit peri- pherwärts sichtbar, indem die diffus zerstreuten Pigmentzellen dann nach beiden Seiten, nach aussen und nach innen auseinander weichen, und. sich in Form eines Netzwerkes anordnen. Das Corpussclliare 'der/Hatterrar te (ak ET Tara RNVd) zeigt nach innen nur niedrige Falten, welehe durch eine stark entwickelte Pigmentepithelschicht und die oben genannte vor- dere Fortsetzung der Retina überzogen sind. Die hintere Grenze dieses Abschnittes ist weniger ausgeprägt als die vordere, welch’ letztere am Sagittalschnitt einen spitzwinkeligen Vorsprung bildet und sich dadurch von der Iriswurzel deutlich abhebt. Die vordere Fortsetzung der Chorioidea erleidet hier in der Weise eine Umänderung, dass sie ein massives Gepräge und eine Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 289 bedeutende Breite annimmt, indem an Stelle ihrer grossen blut- gefüllten Maschenräume immer mehr bindegewebige, — ja sogar Muskelelemente (m, m) auftreten. Immerhin bestehen doch noch viele Spalträume zwischen den pigmentirten Gewebsbalken; auch die Glashaut der Chorioidea kann man in diesem Abschnitt gut erkennen, sie ist hier sogar verdiekt und nach aussen von ihr findet sich eine schmale, blutgefüllte Spalte, die als Fortsetzung der Choriocapillaris gedeutet werden kann. Am Uebergang der Chorioidea in den Ciliarkörper finden sich direet unterhalb der periostealen Bindegewebsschicht der Sklera (sel) mehrere Züge quergestreifter Muskelfasern (Muse. eiliaris) (m, m), welche theils mit dem genannten Bindegewebe der Sklera, theils mit dem Grundgewebe der Chorioidea in Verbindung stehend, in meri- dionaler Richtung nach vorn laufen und im vorderen Theil des Corpus eiliare in der Nähe des Nervus ciliaris in eine sehnige Masse ausgehen, um dann mit einem compacten Gewebe des Iris- winkels in Zusammenhang zu treten. Ob ausser diesen meri- dionalen Muskelfasern noch eine eireuläre Gruppe vorkomnit, konnte ieh nieht eonstatiren. Nach vorn vom Muse. eiliaris wird das Corpus eiliare durch ein schwammiges Gewebe dargestellt, dessen vorderer, am Iriswinkel angrenzender Theil besonders durch stärkere Lamellen ausgezeichnet und als „Ligamentum peetinatum“ und „Fontana’scher Raum“ (Fo) aufzu- fassen ist. 6:-1r%e. Leydig (123) macht darüber nur eine kurze Bemerkung; viel genauer wurde die Iris der Eideehsen und der Blind- schleiche von Faber untersucht. Da ich die Originalarbeit dieses Forschers nicht zu Gesicht bekommen konnte, so muss ich mich nach der Wiedergabe Hoffmanns in „Bronns Klassen und Ordnungen des Thierreiches“ richten. Demnach findet man an der Iris zweierlei Arten von Pigment, ein schwarzes und ein rothbraunes, wovon das erstere an der vorderen und hinteren Irisfläche gelagert ist, während man das letztere im Stroma trifft. Eigenthümlich ist das Verhalten der Blutgefässe, dieselben kom- men vom Ciliarrand ohne Verästelung unter mässigen Windungen nach innen gegen den Pupillarrand, wo sie dann unter Bildung einer einfachen Schlinge wieder zum Ciliarrand zurückkehren. 290 Gakutaro Osawa: Ausser diesen radiären Blutgefässen fand Faber auch eireuläre, welche jene an Mächtigkeit übertreffen. Von der Irismuskulatur ist ausser dem Sphineter auch ein schwächeres Dilatatorsystem an- gegeben. Als eine ebenso wichtige Arbeit lässt sich diejenige Koganeis (102) bezeichnen. Derselbe fand in der Iris von Lacerta, Coluber natrix und Alligator die vorwie- gend spinnenförmigen Stromazellen dunkel pigmentirt; die Sphine- terfasern liegen in 5—6 Lagen lose aneinander gereiht. Die grösseren mit Adventitialscheiden versehenen Blutgefässe verästeln sich in zwei durch eine zusammenhängende Lage Tapetalzellen voneinander getrennte Schichten, von denen die eine vor dem Sphineter und die andere dicht unter dem vorderen Endothel gelegen ist, so dass sie auf der vorderen Fläche wulstig hervor- springen. Ein Dilatator kommt bei der Eidechse und Coluber vor, nicht aber bei Alligator. Nach Kopsch (105) ist der Sphineter iridis bei der Ei- decehse im pupillaren Zweidrittel vorhanden und am Pupillar- rand am dieksten. Der Dilatator bildet in der Iriswurzel allein den mesoblastischen Theil und zwar nur in einer Lage. Die Iris der Hatteria (J, Fig. 13, Taf: XVI) stellt die vordere Fortsetzung des Corpus eiliare dar und grenzt sich von diesem an der vorderen Fläche mit dem Iriswinkel und an der hinteren durch den beim Corpus eiliare erwähnten Vor- sprung ab. Das stark pigmentirte lockere Gewebe des Corpus eiliare bildet demnach auch die Grundlage der Iris. Es bestehen hier wenig Bindegewebsfasern, wohl aber sehr viel pigmentirte Zellen bindegewebiger Natur, von denen man zwei Arten unter- scheiden kann. Die einen Zellen, deren Form rund, spindel-, sternartig sein kann, enthalten schwarze Pigmentkörner in sich, während die andern Zellen auch ähnlich gestaltet, aber weiss pigmentirt sind, und nur bei der Betrachtung mittelst durch- fallenden Lichts bräunlich erscheinen. Die dunklen Pigment- zellen nehmen vorwiegend die vordere Fläche der Iris, und die weissen Elemente die hintere ein, obwohl sie an manchen Stellen miteinander vorkommen. Die vordere Fläche der Iris ist mit einer einfachen Schicht platter Zellen überzogen, die am Iriswinkel in die Elemente der Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 291 Descemetischen Membran der Cornea (Desc) continuirlich über- gehen. Hinter dieser Endothelschicht folgt eine Lage von Blut- gefässen (Dl). An einem sagittalen Schnitte zeigen sie sich als runde Querschnitte oder als etwas längliche. Sie bilden, neben- einander gereiht, eine förmliche Kette, welche vor der Sphincter- schicht liegt. Ihre Wandung ist meist schwach ausgebildet, und sehr oft sieht man in ihrem Lumen Blutzellen; es giebt aber auch starkwandige Gefässe, welche man für Arterien halten kann. Manche Gefässe ragen, wie Koganei sagt, wulstig über die vordere Irisfläche. Oft sieht ein solcher Gefässzweig, wenn man ihn im Profil betrachtet, wie ein Korbgeflecht aus, da er gewöhn- lich von stark verzweigten Pigmentzellen umsponnen ist. Auf die Gefässschicht folgt, mehr oder weniger durch Spalträume, Lymphspalten getrennt, die Schicht des Sphineters (SpA), welche, wie bei der Eidechse, aus quergestreiften Fasern besteht. Die- selben finden sich in der ganzen Ausdehnung der Iris, von der Wurzel bis zum Pupillarrand, vor, und zwar an manchen Stellen zu Gruppen vereinigt und an andern wieder vereinzelt. Ein grosses Faserbündel sieht man nicht; fast immer sind sie von Pigmentzellen beiderlei Art begleitet. Hinter die Sphincterschicht kommt dann die Schicht des Dilatators (dil) zu liegen; auch diese Schicht ist mehr oder weni- ger von der Sphineterschicht durch lockeres Gewebe getrennt, und erstreckt sich ebenfalls von der Iriswurzel an bis zum Pupillar- rand. Sie ist im Verhältniss zum Sphineter etwas schwächer ausgebildet, indem nur einige Muskelfasern beisammen liegen. Die Einlagerung der weissen Pigmentzellen ist vornehmlich an diese Schicht gebunden, wenn auch die Verbreitung der genann- ten Zellen in der Sphineterschieht und in anderen Stellen nicht ausgeschlossen ist. Die Dilatatorfasern sind manchmal von den genannten Pigmentzellen allseitig umschlossen, ja, es kommt mir sogar vor, als ob manche Muskelfasern selbst von den Pigment- körnern infiltrirt seien. An diese Muskelschieht schliesst sich nach hinten die hintere Grenzmembran an und zwar direct oder indireet je nach den Abschnitten der Iris. Da, wo die hintere Grenzmembran und die Dilatatorschicht voneinander getrennt ist, sicht man zwischen ihnen eine feinfaserige Masse, in welcher runde oder spindelför- mige Kerne in verhältnissmässig grosser Anzahl angetroffen wer- 392 Gakutaro Osawa: den, eingelagert. Die Grenzmembran selbst stellt als die vordere Fortsetzung der Glashaut der Chorioidea eine glashelle dünne Membran dar, deren hintere Fläche von den Elementen der Pars iridiea retinae überzogen ist. Diese bestehen vornehmlich aus dem Pigmentepithel, welches von der Wurzel der Iris zu deren Pupillarrand sich erstreckt und hier in die Pigmentlage der vor- deren Fläche unmerklich übergeht. Auf die Gestalt der einzelnen pigmentirten Epithelzellen sowie das Verhalten der sonstigen Retinalelemente kann hier nieht näher eingegangen werden, weil kein unversehrtes Material zur Verfügung stand. 1. Bie8Kklera. Da über die Sklera der Reptilien nur vereinzelte einfache Angaben existiren, die hier nicht besonders erwähnt zu werden brauchen, so gehe ich gleich zur Schilderung der Verhältnisse bei der Hatteria über. Die Grundlage der Sklera besteht sozusagen ausschliesslich aus Hartgebilde, Knorpel und Knochen (Knoch Fig. 13, Taf. XVI; Scl Fig. 16, Taf. XVII). Der Skleralknorpel ist hyaliner Natur und bildet eine Art Schale, welche am Hintergrund durch den Sehnerveneintritt durchbohrt und nach vorn offen ist. An seiner Aussenfläche fin- det sich eine mehr oder weniger dicke Schicht von Bindegewebe, zu welcher sich die Ansätze der Augenmuskeln (M Fig. 16). An der inneren Fläche dagegen ist der Knorpel nur von einer schwachen Schicht Bindegewebe überzogen, deren Verhältniss zur Chorioidea bereits oben erwähnt ist. Die Oeffnung des Skleralknorpels am Sehnerveneintritt ist viel grösser als die Dieke des Sehnerven, und die dadurch ent- stehende Lücke wird durch Bindegewebe ausgefüllt. Wie die Sklera an dieser Stelle den Optieusscheiden gegenüber sich ver- hält, ist bereits geschildert. Am vorderen Umfang des Augapfels wird der Skleralknorpel durch eine Anzahl Knochen ersetzt (Textfig. 2). Dieselben sind kubisch oder abgerundet und meistens nach hinten verschmälert und auch schwanzartig verlängert. Mit den vorderen breiten Theilen decken sich die benachbarten Knochen dachziegelartig und bilden auf diese Weise einen Kranz um den äusseren Rand der Cornea. Jedes Knochenstück ist lamellös gebaut, mit deut- Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 293 lichen spinnenartigen Knochenkörperchen versehen. Da es sehr dünn ist, so kann man es ohne weiteres untersuchen, wenn man es vom umliegenden Bindegewebe befreit und unter das Mikro- skop bringt. Die Modifieation, die die Sklera an dieser Stelle aufweist (Sel Fig. 13) beruht darauf, dass die bindegewebigen Elemente zugenommen haben, und dass diese, je weiter nach vorn um so regelmässiger und compacter erscheinen. Die Bindegewebsfasern nämlich, welche sowohl ausserhalb wie innerhalb des genannten Knochens liegen, sind in Bündel angeordnet, welche in den Rich- tungen von hinten nach vorn, von rechts nach links und von unten nach oben verlaufen, und gehen nach vorn allmählich in das Grundgewebe der Cornea über. 8..C or nea. Auch über die Cornea liegen wenig Angaben vor. Lightbody (126), welcher die Schildkröte untersucht hat, sagt, dass die Corneallamellen sehr dünn und die Cornealkörper- chen sehr klein, spindelförmig und in geringer Anzahl vorhanden seien. Die Lamellenbündel sind ferner sehr breit und so ange- ordnet, dass die übereinanderliegenden unter einem rechten Winkel sich kreuzen. Nach Kopsch (105) besteht das Epithel der Cornea bei den Eidechsen aus zwei Schichten von Plattenzellen. Die Cornea,.der Hatteria (Fig..13, TafıXVB besteht im wesentlichen aus einer bindegewebigen Grundlage (C), welche mit derjenigen der Sklera in Zusammenhang steht. Die Bindegewebslamellen sind, wie bei der Sklera erwähnt, in Bün- deln geordnet, welche sich rechtwinklig kreuzen, indem die einen von rechts nach links, und die andern von oben nach unten laufen. Auch giebt es Fasern, welche die ganze Dicke der Cornea von der hinteren Fläche nach der vorderen durchsetzen, und so die beiden horizontalen Bündel kreuzen. Die genannten Bündel sind im mittleren Theil der Cornea locker an einander gelagert und schliessen dadureh viel Lücken und Spalten zwischen sich ein; an der vorderen wie hinteren Fläche der Cornea sind sie aber viel dichter zusammengedrängt. Die Faserlamellen der Cornea verlaufen im Gegensatz zu denjenigen der Sklera mehr 994 Gakutaro Osawa: gerade und regelmässig und sind nicht wellig gekräuselt, wie in der Sklera. Die Zellen sind rund, spindelförmig oder mit mehr oder weniger sichtbaren Fortsätzen versehen und liegen in oder an den oben genannten Lücken oder auch an einzelne Fasern angelehnt. Die bindegewebige Grundlage der Cornea schliesst sich nach vorn und hinten durch eine glashelle homogene Membran, die Basalmembran ab. Der vorderen Basalmembran sitzen die Cornealepithelien (Zp) auf, welche sich von dem Epithel der Conjunetiva umgewandelt haben. Sie sind in zwei oder drei Schichten angeordnet, indem zu unterst eine Reihe runder oder kurz keilförmiger Zellen, Basalzellen, liegen, und darauf eine zweite Cylinderzellenschicht folgt. Die Cylinderzellen sind basal- wärts mehr oder weniger verschmälert, am entgegengesetzten Ende verbreitert und daselbst mit einer Art Cutieularsaum ver- sehen, welcher durch starke Lichtbrechung vom übrigen Theil des Zellkörpers sich in auffallender Weise abhebt. Mitunter ist zwischen die Basal- und die Cylinderzellen noch eine dritte Zellenart eingeschaltet, welche Keilzellen genannt und als eine Uebergangsform zwischen den beiden vorhergehenden betrachtet werden kann. Die hintere Basalmembran der Cornea ist mit einer ein- fachen Lage spindelförmiger Zellen überzogen, welche am Iris- winkel auf den Ueberzug des Ligamentum peetineum übergeht und von da auf die vordere Fläche der Iris sich fortsetzt. — Descemetische Membran (Desc). An der Peripherie geht die Cornea in die Conjunetiva und Sklera über. Die Grenze liegt am vorderen Ende des Skleral- knochens und ist durch Einlagerung der dunklen Pigmentzellen charakterisirt. Hier werden auch die Bindegewebslamellen der Cornea allmählich lockere nd unregelmässiger und setzen sich so in das Gewebe der Sklera fort. Ein Schlemm’scher Kanal ist hier nicht mit Sicherheit festzustellen, dagegen gehen vom Iriswinkel mehrere Bindegewebsbalken von dieser Stelle aus in den vorderen Theil des Corpus ciliare, um hier den schon ein- mal geschilderten Fontana’schen Raum (Fo) zu liefern. An der Grenze der Cornea in die Conjunetiva ist eine kleine Furche sichtbar; hier werden die runden Basalzellen be- deutend länger, und die oberflächlichen Cylinderzellen, die auch Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 295 etwas mehr in die Länge gewachsen sind als auf der Cornea, weisen keinen glänzenden Cuticularsaum mehr auf, und enthal- ten eine Menge dunkle Pigmentkörner um den Kern). Nach einer weiteren Strecke gehen sie in die gewöhnlichen Cylinder- und Becherzellen über (Conj). 9. Augenlider und Conjunctiva. Ueber die Augenlider der Eidechse giebt Leydig (123) an, dass das obere Augenlid Hautknochen besitze, und das untere aus der äusseren Epidermis, Lederhaut, weiten Lymphräumen, Knorpel und Schleimhautepithel zusammengesetzt sei. Diese Angabe Leydig’s wurde später von W eber (212) durch eingehendere Unter- suchungen noch erweitert; ihm verdanken wir vor allem die ge- naue Schilderung des Musc. palpebralis inferior, sowie des Blut- sinus des Unterlides, auch der Nickhautsehne. Das Oberlid be- sitzt nach Weber keine quergestreiften Muskelelemente, obwohl deren Vorkommen von vielen früheren Forschern angenommen wurde. Das obere Augenlid der Hatteria (Fig. 17, Taf. XVII) ist an der äusseren Fläche gleich wie die gewöhnliche Haut gebaut; es besteht hier also eine dicke Lage der Epidermis, darunter folgt eine Schicht Pigmentzellen, sowohl von der weissen wie der dunklen Art, wie sie in der Körperhaut dieses Thieres vor- kommen. Das Unterhautgewebe wird durch eine mächtige Binde- gewebslage hergestellt. Der Uebergang der äusseren Haut in die Schleimhaut erfolgt am freien Rand, wo die äussere Epi- dermislage eine bedeutende Höhe erreicht. Von hier aber be- ginnt die Innenfläche des Lides; die Epidermisschicht (Zp) wird niedriger und die Zahl der Zellen geringer. Zugleich wird die Gestalt der oberflächlichen Zellen verändert, indem die platten Elemente immer mehr in die- Länge wachsen und schliesslich in Cylinder- und Becherzellen (Zp‘) übergehen. Das submueöse Gewebe der inneren Lidseite zeigt im Gegensatz zu der Aussen- seite einen bedeutend lockereren Charakter, zumal durch Einlage- rung von venösen Bluträumen (Bl). Auch die Bindegewebsfasern (Bg’) selbst sind nicht mehr so straff und nicht in compacte Bündel vereinigt wie in der äusseren Fläche (5g), sondern laufen 1) Auf der Abbildung nicht eingezeichnet. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 52. 20 296 Gakutaro OÖsawa: wellig gekräuselt in beliebiger Richtung. Als eine neue Bei- mischung dieser Gewebsschicht lässt sich das Vorkommen glatter Muskelfasern (g. M.) bezeichnen, welche in kleinen Bündeln an- geordnet zwischen den Bindegewebsfasern zerstreut liegen und vorwiegend parallel der Lidfläche in sagittaler Richtung ver- laufen. Quergestreifte Muskeln fehlen, und ebenso auch Haut- knochen. Auch das Unterlid (Textfig. #) ist histolo- gisch ähnlich gebaut, zeichnet sich aber durch den Besitz eines sub- epitheliaren Knor- pels (Xp) und eines grossen Blutsinus Fig. 4. ar Er Sagittaler Durchschnitt des Unterlides, wu merkwürdig DR 5 mal vergrössert. Der Knorpel ist hya- Ep = Epithel der äusseren Haut, ZEp’= jiner Natur und der Schleimhautepithel, Kp = Knorpel, Sin = Iiner N i le Blutsinus, (5. db. = Conjunctiva bulbi. Innenseite des unver- sehrten Lides sichtbar. Seine Gestalt gleicht dann einer querliegenden Spindel, welche nach hinten eine concave Fläche zukehrt, und an dieser Fläche mit einer Schicht aus Cylinder- und Becherzellen der Conjunetiva palpebralis (Ep') überzogen ist. Unterhalb des Knorpels sieht man einen grossen Blutsinus (‚S@»), welcher einen grossen Theil des Orbitalbodens ein- nimmt und dem Augapfel als eine Art Polster zu dienen scheint. Mikroskopisch besteht er aus einem bindegewebigen Sack, dessen In- neres ebenfalls durch bindegewebige Scheidewände in einige kleinere Kammern eingetheilt und mit Blutzellen vollgestopft ist. Auch im Unterlied kommen keine quergestreiften Muskeln vor. Der M. depressor palpebrae inferioris Weber oder ad- duetor maxillae superioris Fischer!) entspringt an der Basis des Septum interorbitale, dehnt sich mit einer breiten Aponeurose über den Infraorbitalboden aus und findet sein Ende im Unterlid. Manchmal ist der Muskel sehr schwach vertreten, so dass dann nur eine sehnige Membran an seiner Stelle sicht- bar ist. 1) J.G. Fischer, Die Gehirnnerven der Saurier. Hamburg 1852. Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 297 Niekhaut. Leydig (123) bemerkt, dass die Niekhaut der Eidechse an der vorderen Fläche zwei bogige Leisten und an der hinteren zahlreiche Falten besitzt und durch einen echten Hyalinknorpel gestützt wird. Fast dasselbe lässt sich von der Nickhaut der Hat- teria sagen. Dieselbe (Textfigur 1) ist eine halbmondför- mige Schleimhautduplieatur, welche am inneren Augenwinkel befestigt ist und mit dem freien Rand temporalwärts schaut. Demnach kann man an ihr eine vordere und hintere Fläche, so- wie eine mediale Basis und einen lateralen Rand unterscheiden. An der vorderen Fläche besteht stellenweise ein geschichtetes Plattenepithel oder eine einfache Schicht aus Cylinder- und Becherzellen (Zp Fig 18, Taf. XVI), je nach den Leisten oder Vertiefungen, während die hintere durchweg mit einem Epithel der letzteren Art (Zp’) überzogen ist. Die Grundlage besteht aus Bindegewebe (Dg), in welchem dunkle Pigmentzellen hier und da zu treffen sind. Eine besonders auffallende Menge elasti- scher Fasern, wie Leydig sagt, habe ich nicht gefunden. Im Bindegewebe ist ein faseriger zellenreicher Knorpel (Xp) ein- gelagert, welcher von der medialen Basis der Niekhaut aus in Form eines Balkens nach dem lateralen freien Rand hin sich erstreckt und hier zugespitzt endet. Er scheint der betreffenden Membran eine feste Stütze zu verleihen. Die sogenannte Nickhautsehne ist ein sehr schlankes, fadenartiges Gebilde; dasselbe entspringt an der vor- deren dorsalen Ecke des membranösen Septum interorbitale, läuft zwischen den Obliquus superior und Rectus medialis nach hinten, und tritt dann zwischen den Rectus superior und Retraetor oeuli. Hier ist es durch eine sehnige Masse mit dem Retractor verbunden, ohne dass der letztere eine Schlinge für das erstere bildet, wie es Weber bei der Eidechse beschrieben hat. Um den Retractor sich wendend, geht es dann über den Reetus lateralis nach vorn und medianwärts entlang der ventralen Fläche des Augapfels, um so das ventrale Ende der Nickhaut zu er- reichen und weiter in den medialen freien Rand dieser letzteren überzugehen. 398 Gakutaro Osawa: Die Conjunctiva der Hatteria (Conj Fig. 15, Taf. xD ist durch den Besitz einer einfachen Epithelschicht aus Cylinder- und sehr zahlreichen Becherzellen charakterisirt und erstreckt sich von der Kante beider Lider über die Innenfläche der letzteren eine Strecke weit in die Tiefe und schlägt sich dann im vorderen Abschnitt des Augapfels auf denselben um (Textfig. 4, Cj. b.). Darauf überzieht sie die Aussenfläche der Skleralknochen und endet am äusseren Rand der Cornea, wie einmal dort geschildert. 10. Accessoriscehe Drüsen und Augenmuskeln. In Bezug auf die accessorischen Drüsen unterscheidet Leydig (123) eine am hinteren Augenwinkel liegende Thränen- drüse und eine mediale Nickhautdrüse oder Harder’sche Drüse mit einem einzigen Ausführungsgang. Weber (212) beschreibt ferner die Bau- und Lageverhält- nisse der Thränenwege eingehend. Die Canalieuli laerymales beginnen nämlich mit zwei spaltförmigen Oeffnungen und ver- einigen sich am Foramen lacrymale zu Duetus naso-laerymalis, welch’ letzterer dann abwärts in der Mitte der Choanen durch eine Rinne ausmündet. Der Thränennasengang ist mit Becher- zellen ausgekleidet und die häutige Wand von venös ausge- weitetem Gewebe umgeben. Nach Sardemann (178) gehen sowohl Thränen- als auch Harder’sche Drüsen aus dem Conjunctivalepithel hervor und sind daher als modifieirte Integumentaldrüsen anzusehen. Dieselben bleiben bei den Urodelen noch im Stadium der In- differenz als Unterlid-Drüsen, treten aber bei den Anuren als Harder’sche Drüsen auf und bei den Eidechsen sind sie zu den echten Thränen- und Harder’schen Drüsen sowie zu der an die letztere sich anschliessende Liddrüse oder Conjunetivaldrüse differenzirt. Das Fehlen der Thränendrüse bei Crassi- linguiern und Agamen fast Sardemann als eine re- sressive Metamorphose auf. Nach Peters (153) besteht der Unterschied zwischen der Harder’schen und Thränendrüse darin, dass die erstere im Quer- schnitt keine so engen Lumina aufweist, wie die Thränendrüse, Diese zeigt gleich grosse gewundene Schläuche, welche dureh Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 299 spärliche Bindegewebe getrennt sind. Der Membrana propria der Thränendrüse sitzen ferner pyramidenförmige Zellen derart auf, dass überall nur ein feines centrales Lumen vorhanden ist. Peters fand nun bei den Reptilien und Vögeln eine echte Har- der’sche Drüse. Dieselbe zerfällt bei Chamaeleo vulgaris in Acini mit einem kubischen Epithelüberzug. Bei der Testudo graeca verschwindet der lappige Bau der Drüse zum Theil durch seeundäre Einstülpungen von Drüsenschläuchen mit eylin- drischem oder spindelförmigem Epithel. Die Chelonia midas besitzt eine grosse Thränendrüse, welche von der temporalen Seite des Auges zur Niekhaut sich erstreckt. Drüsenapparat der Hatteria. Bei der Hatteria kommt nur eine Art Drüse, die Harder’sche Drüse vor; von der Thränendrüse ist nichts zu merken. Die Harder’sche Drüse (Textfig. 1) ist ziemlich gross, länglich strangförmig oder mit einer breiten Basis und einer fortsatzartig verlängerten Spitze versehen. Sie liegt mit ihrer Basis an der medialen Seite des Augapfels hinter der Nickhaut und erstreckt sich von da aus nach hinten und ventralwärts. Ein besonderer Ausführungsgang kommt ihr nicht zu, sondern sie mündet mit zahlreichen Krypten an der hinteren Fläche der Niekhaut aus, wie es Fig. 18, Taf. XVII (Gl. H., zeigt. Die Harder’sche Drüse ist demnach als ein grosses Conglomerat zahl- reicher Schleimhautausstülpungen anzusehen, wie solehe auch in der Lippe dieses Thieres vorkommen (vergl. Beiträge zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punetata. — Dies. Arch. Bd. 49, 1897). Jede Ausstülpung der Schleimhaut erfolgt in Form eines Schlauches, aus dessen Wand wieder zahlreiche seeundäre Ausbuchtungen hervorgehen. Da nun mehrere Schläuche beisammen liegen, da sie Seitenausbuchtungen treiben, und da sie selber nicht immer eine gerade, gestreckte Form einhalten, sondern auch mehr oder weniger geschlängelt verlaufen, so bietet das Querschnittsbild der ganzen Drüse ein sehr complieirtes Aus- sehen dar. Immerhin erkennt man aber,ein grösseres Lumen und daneben mehrere kleinere Seitenausstülpungen, welche je nach den Schnitten mit dem ersteren direct communieiren oder scheinbar von ihm isolirt stehen. Das Innenepithel des Schlauches besteht aus einer Lage eylindrischer Zellen, welche je nach dem 3006 Gakutaro Osawa: Stadium der Secretbildung mehr oder weniger ein helles Aus- sehen bekommen und sich kugelig aufblasen — die Form von Becherzellen annehmen. Auf der Fig. 19, Taf. XVII sind diejenigen Zellen abgebildet, bei denen die Protoplasmaumwandlung zum Theil fortgeschritten ist; man sieht also die obere Hälfte der Zellen ganz hell, während an der Basis das fein granulirte Protoplasma noch erhalten bleibt; der Kern ist zwar basalwärts gerückt, behält jedoch seine längliche Form bei (Ep). An einer andern Stelle, wo die Protoplasmaumbildung ganz vollzogen ist, sind die betreffenden Zellen hell, blasig aufgetrieben und ihre abgeplatteten Kerne dieht an die Basis gedrängt. Die Aussenwand jedes Schlauches wird wie gewöhnlich von Bindegewebe (Dg) umhüllt, welches also die benachbarten Schläuche von einander scheidet und auch die Kapsel der gan- zen Drüse liefert. In ihm finden sich spärliche dunkel pigmen- tirte Zellen sowie Blutgefässe und Nerven zerstreut. Thränenwege der Hatteria. Die Thränenwege beginnen zunächst mit zwei Puncta la- erymalia. Dieselben liegen bei der Hatteria im Gebiet des Unterlides, fast in gleichem horizontalem Niveau. Die eine Oeff- nung liegt etwas unterhalb der Stelle, wo das obere und untere Augenlid zusammenstossen, und die zweite weiter lateral, etwa 3 mm entfernt. Jede Oeffnung ist an der Basis einer kleinen punktförmigen Erhebung, die Papilla laerymalis genannt wer- den kann, sichtbar. Die Canalieuli laerymales gehen nun von diesen Puncta lacrymalia aus in fast horizontaler Richtung medialwärts zum Eingang des knöchernen Thränennasenganges, wobei das aus dem medialen Punetum lacrymale ausgehende Kanälchen allmählich die dorsale Stellung einnimmt. Am ge- nannten Eingang vereinigen sich die beiden Kanälchen zu einem Stamm (Fig. 20, Taf. XVII), welcher dann als Ductus naso- laerymalis entlang der Innenfläche des Processus frontalis des Oberkiefers schräg nach vorn und ventral verläuft und unterhalb des Turbinale, vis-A-vis dem Jakobson schen Organ im vorderen Abschnitt der Choanenöffnung mit einer Rinne ausmündet (vergl. Textlig.. 6, 7.3: Die Innenfläche der Thränenkanälchen wie des Thränen- nasenganges besteht aus einem geschichteten Cylinderepithel (Ep, Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 301 Fig. 20). Die Cylinderzellen sind hier ungemein schlank und zeigen an vielen Stellen schleimige Metamorphose. Unter diesen oberflächlichen Zellen folgen dann Keilzellen und Rundzellen in verschiedenen Reihen. Die Epithelschieht wird zunächst von einer Lage mehr geordneten Bindegewebes und nach aussen hier- von von einem lockeren umgeben, in welchem viele Blut- und Lymphräume eingeschlossen sind. Augenmuskeln. Ueber die Augenmuskeln der Hatteria verweise ich auf meine frühere Publication „Beiträge zur Anatomie der Hatteria pwnetata® — dieses Arch. Bd. LI 1898. Von manchen Autoren wird ausser vier Reeti, zwei Obliqui und einem Retractor noch ein sogenannter Bursalis angegeben; denselben inöchte ich aber mit Weber als eimen modifieirten Retraetor auffassen, da er mit diesem in Bezug auf Ursprung und Inner- vation vollständig übereinstimmt. Geruchsorgan. Das Geruchsorgan der Hatteria wurde von Günther (77) folgendermaassen beschrieben: „A simple turbinal bone oceu- pies the bottom of the entrance of the nasal cavity, and an un- dulated cartilage projeets far into it from its roof; the latter may be distinetly seen from the palatal opening.“ Eine genauere Beschreibung des Geruchsorgans der Eidechse finden wir bei Leydig (123). Er unterscheidet die eigentliche Nasenhöhle von der Vorhöhle derselben und schildert deren Bau- und Lageverhältnisse. Auch das Jakobson’sche Organ und der Drüsenapparat der Nasenhöhle haben bei ihm Beachtung gefunden. Am eingehendsten hat sich Born (31) mit den Formverhältnissen der Nasenhöhle und des Thränenkanals sowie des Jakobson’- schen Organs der Saurier beschäftigt und die Leydig’schen Angaben vortheilhaft ergänzt. Von seiner umfangreichen Arbeit sei hier bloss so viel erwähnt, dass das hohe, geschichtete Riech- epithel das ganze Septum, die Decke, die senkrechte Seite des Muschelwulstes, ferner die blinde hinterste Kuppel der eigentlichen Nasenhöhle besetzt, und dass die Oeffnung des Thränenkanals, welche ursprünglich gegenüber der Ausmündung des Jakobson- schen Organes in der Aussenwand lag, nach hinten bis in die Gegend der späteren Choane verlegt wird. 302 Gakutaro Ösawa: Hatteria. Wie bei der Eidechse, zerfällt die Nasenhöhle der Hatteria in zwei Abschnitte, in die äussere und die innere Nasenhöhle. Die äussere Nasenhöhle erstreckt sich von der äusseren Oeff- nung nach hinten zum hinteren Rand des Turbinale, welch’ letz- teres den hinteren Theil des Bodens der ersteren bildet. Sie liegt demnach zum grösseren Theil in der Dicke der äusseren Haut und wird durch Einlagerung einiger kleinen Knorpelstücke gestützt. Die innere Nasenhöhle beginnt von dem hinteren Rand des Turbinale und nimmt fast die ganze knöcherne Nasenhöhle ein, welehe vom Praemaxillare und Nasale überdacht, vom Vomer getragen und vom Processus frontalis maxillae superioris und Mu Sp cho Fig. 5. Innere Nasenhöhle, von vorn gesehen, 3 mal vergrössert, schematisch. Sp=Septum, ChRo—= Choanenöffnung, Mu —=knorplige Muschel. Praefrontale seitlich umwandet, ausserdem durch das knorpelige Septum von der anderseitigen Höhle geschieden und nach hinten ebenfalls durch eine Knorpelkapsel gegen die Augenhöhle ab- gegrenzt wird. Von der Seitenwand entspringt die knorpelige Muschel mit breiter Basis und ragt mit einer pilzförmigen Ver- breiterung in’s Lumen der Nasenhöhle hinein (Textfig. 5). Die pilzförmige Verbreiterung hat im Innern einen Hohlraum mit einer ventral gerichteten Mündung, ist also nicht solid wie bei der Eidechse. Die innere Oeffnung der Nasenhöhle ist die Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 303 Choane, welche bei der Hatteria ganz vorn am Munddach sich öffnet und von Praemaxillare, Maxillare einerseits und vom Vomer und Palatinum andererseits umgrenzt wird. In den vorderen Theil der Choane mün- det von der lateralen Seite her der Thränen- nasengang und von der medialen Seite das Ja- kobson’sche Organ ein (Textfig. 6). Das Jakobson- sche Organ (Textfig. 6, 2 Jk) liegt in der Basis Eh des knorpeligen Septum Fig. 6. i re p Frontalschnitt des vorderen Abschnittes der narıum (Sp) auf dem Nasenhöhle, 5 mal vergrössert. . ; a:Nh.—=äussere Nasenhöhle, Sp=das knor- ea SAD pelige Septum narium, Ch = a Ik — von einer vom Septum das Jakobson’sche Organ, T.n. g.—der Thrä- ausgehenden Kn orpel- Nennasengang, Tu = Turbinale, Vo= Vomer, & < Kp = dorsale Knorpelkapsel, Xp’= ventrale kapsel (Ap) dorsalwärts Knorpelplatte. überdacht, während es ventralwärts durch eine Knorpelplatte (Xp‘) gestützt wird. Eine papillenartige knorpelige Einragung in das Organ wie bei der Lacerta kommt bei der Hatteria nicht vor. Die eben ge- nannte dorsale Knorpelkapsel des Jakobson’schen Organs dehnt sich weiter lateralwärts, schliesst auch den Thränennasengang (Tng) ein und scheidet mit dem ihr aufsitzenden Turbinale (7%) die beiden Organe von der äusseren Nasenhöhle (a. Nh) voll- ständig ab. Feinerer Bau. Die vordere Hälfte der äusseren Nasenhöhle ist nichts anderes, als die Fortsetzung der äusseren Haut und besteht aus einem mehrschichtigen Epithel und einer darunter folgenden Bindegewebsschicht. Die Epithelschicht setzt sich aus oberfläch- lichen, abgeplatteten, mittleren spindelförmigen, polyedrischen und tiefen eylinderförmigen Zellen zusammen. Eigenthümlich ist das Vorkommen einer Art Becherzellen mitten in dieser Epithelschicht. Die betreffenden Zellen sind hell und blasig aufgetrieben, ihr 304 Gakutaro Osawa: Kern ist an die Basis gedrängt und meist halbmondförmig ab- geplattet. Sie erinnern somit an die Becherzellen der Amphibien- haut, sind aber nicht so zahlreich vertreten wie bei diesen. Die subepitheliale Pigmentschicht fehlt an manchen Stellen oder wird durch eine geringe Anzahl dunkel pigmentirter Zellen vertreten. Das Unterhautgewebe besteht wie in der Haut aus sich kreuzenden Bindegewebsfasern, -welche in der direkt an das Epithel anstossenden Schicht sehr fest und compact, in der tie- feren Lage aber lockerer angeordnet sind. In der hinteren Hälfte der äusseren Nasenhöhle ändert sich der Charakter sowohl des Epithels als auch der subepithe- liaren Schicht. Im Epithel treten nämlich zahlreiche schlanke Papillen auf. Zwei oder drei Lagen von spindelförmigen oder kurzeylin- drischen Zellen überziehen den Gipfel der Papillen; die Seiten derselben und die Vertiefungen zwischen benachbarten Papillen sind mit Cylinder- und Becherzellen ausgekleidet. Hier bietet das Epithel also das Aussehen der Schleimhaut. Die subepitheliare Schicht wird durch ein cavernöses Ge- webe dargestellt, welches sich ausser durch netzartige Anordnung der Bindegewebsfasern auch durch den Besitz zahlreicher Blut- gefässe und glatter Muskelfasern auszeichnet. Die zur Stütze der äusseren Nasenhöhle dienenden hyalinen Knorpelstücke liegen unterhalb der subepitheliaren Bindegewebs- schieht und grenzen nach der äusseren Seite hin an die gleiche der äusseren Haut. Sie können demnach gewissermaassen als eine Scheidewand zwischen der Schleimhaut und der äusseren Haut betrachtet werden. Die innere Nasenhöhle lässt sich schon in Bezug auf die Verhältnisse des Epithels auch in Regio olfactoria und respiratoria eintheilen. Auf der Regio olfaetoria (Zp. Fig. 21, Taf. XVIH) besteht ein mehrschichtiges hohes Epithel, das Riechepithel. Auf Einzelheiten bei diesem Epithel kann ich nicht eingehen, weil es bei keinem meiner Präparate einigermaassen gut erhalten war. Die subepitheliare Schieht wird zunächst aus feinen, netz- förmig angeordneten Bindegewebsfasern (Bg‘) zusammengesetzt, welche sich in der unteren Schicht zu mehr oder weniger mäch- tigen Bündeln vereinigen und dadurch ein mehr geordnetes com- Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 305 pactes Geflecht (Dg) herstellen, wie es etwa in der Outis der Fall ist. Neben Blutgefässen (BT) und Lymphräumen finden sich besonders zahlreiche Nervenfasern (Olf), meist marklose, in dieser Schicht verbreitet. Charakteristisch für die Regio olfactoria ist auch das Vorkommen schlauchförmiger Drüsen (Bow), welche in grosser Menge in der subepitheliaren Schicht isolirt liegen und an die Epitheloberfläche ausmünden —, es sind die Bow- mann ’'schen Drüsen. Die Schläuche derselben sind nicht gerade ausgestreckt, sondern mehr oder weniger gebogen, zumal am Grunde, zeigen sich deshalb auf dem senkrechten Querschnitt der Schleimhaut sehr häufig als runde oder ovale Blasen oder auch als lange Kanäle. Verzweigung der Drüsenschläuche habe ich selten beobachten kön- nen. Die innere Epithelauskleidung besteht aus Zellen von Cylinder- resp. Becherform. Die erste Art sitzt meist im oberen Theil und am Hals des Schlauches, während die letztere den Grund desselben einnimmt. Die eylindrischen Zellen schliessen meistens am oberen Ende einen helleren feinmaschigen Inhalt ein, während der übrige Theil dunkler granulirt ist; innerhalb des letzteren sitzt ein läng- licher Kern. Bei den becherförmigen Zellen ist der ganze Zell- leib mit einem feinmaschigen Inhalt ausgefüllt und der abgeplattete Kern an die Basis verdrängt. Es gibt Cylinderzellen, welche kein helles Oberende zeigen, aber auch solche, bei denen das letztere eine grössere Ausdehnung erreicht, was darauf schliessen lässt, dass Form und Beschaffenheit der Zellelemente wesentlich von den Functionsstadien der Drüsen abhängig sind. Regio respiratoria (Fig. 22) zeichnet sich durch den Besitz grosser Flimmer- (fl) und Becherzellen (b) aus, welche den im Rachen, Oesophagus vorkommenden Gebilden völlig glei- chen. Die subepitheliare Schicht (Dg) ist ähnlich beschaffen wie bei der Regio olfactoria, nur trifft man hier viel weniger Ner- ven an. Was nun die Verbreitung des Riechepithels anbelangt, so vermag ich sie bei der Hatteria nur ungefähr anzugeben, insofern nämlich, als ich mich an das Vorkommen der Bowmann’schen Drüsen halten konnte. Demnach nimmt es das ganze Dach, dann die bintere obere Ecke der Nasenhöhle und das Septum bis zur Basis ein, auch den oberen Theil der lateralen Wand, sowie die freie Fläche der pilzförmigen Verbreiterung der knor- peligen Muschel, während die übrigen Theile der mit Flimmer- 306 Gakutaro Osawa: und Becherzellen versehenen Regio respiratoria angehören. Dieses Verhalten stimmt also mit der Angabe von Born bei der Ei- dechse überein. Wie bei manchen andern Körperstellen dieses Thieres, so ist auch in der Nasenhöhle eine unvollkommene Entwiekelung des Drüsenapparates zu verzeichnen. Die pilzförmige Muschel (Mu, Textfig. 5), die bei der Eidechse mit Drüsenmasse voll- gestopft ist, weist bei der Hatteria bloss einen mit Becherzellen austapezirten Hohlraum auf. Auch über die feinere Structur des Jakobson’schen Or- ganes kann ich nichts Genaues angeben, da das Organ schlecht conservirt war, so dass von den Epithelien nur da und dort kleine abgefallene Fetzen hängen blieben. Wie bei der Lacerta scheint das hohe mehrschichtige Epithel die dorsale und das einfache Flimmerepithel die ventrale Wand einzunehmen. Das subepitheliare Bindegewebe ist an der dorsalen Wand sehr mächtig ausgebildet (Textfig. 6), weist gleiche Beschaffenheit wie in der Regio olfaetoria auf und ist durch den Besitz zahlreicher Blut- gefässe und Capillaren ausgezeichnet. Bulbus olfaetorius (Fig. 21, Taf. XVII) schliesst im Innern einen Hohlraum ein, welcher sich nach hinten in den Ventrikelraum des Gehirns fortsetzt. Die Wand dieses Hohlraumes besteht aus: 1. der Schicht der Nervenfasern, DRS 2 „ Glomeruli, 3. der moleeulären Schicht, 4. der Schicht der Mitralzellen, et u „ Körner und tiefen Fasern, 6.03 r des Ependyms. 1. Die Schicht der Nervenfasern (Nf) bildet die äusserste und besteht aus feinen, marklosen Fasern, welche nach vorn eonvergiren und unter Kreuzung in das Riechepithel (O/f) ein- treten. 2. Die Schieht der Glomeruli (Glom) ist durch den Besitz von Glomeruli charaeterisirt, welche sich bei schwacher Ver- grösserung als unregelmässig begrenzte kugelige Gebilde aus- nehmen, bei stärkerer aber eine Zusammensetzung aus feinen Fasermassen erkennen lassen. Die Glomeruli sind meist in eine, Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 307 an manchen Stellen in zwei oder drei Lagen angeordnet und hängen einerseits mit den Fasern der folgenden Schicht, andererseits mit den Olfactoriusfasern zusammen. 3. Die moleeuläre Schicht (Mol) besteht aus retieulären Fasermi n, in welche hie und da rundliche Nervenzellen ein- gestreut sird. 4. In der Schicht der Mitralzellen (Mit) finden sich eine oder zwei Lagen grosser multipolarer Ganglienzellen mit einem grossen Kern und einem deutlichen Kernkörperchen. 5. Die Schieht der Körner (X) und Fasern zeichnet sich dureh das Auftreten zahlreicher Kerne von runder oder ovaler Form in den Maschen des Faseınetzes aus. Die Kerne stehen ziemlich dich: an einander und bilden eine mächtige Lage. 6. Die Schieht des Ependyms (Zpd) wird durch eine Lage eylindrischer Zellen dargestellt. Die Zellen haben ein breites Oberende ııd eine zugespitrte Basis. Eine Grenzmembran, die diese Schieht von der vor’; gehenden trennt, kommt nicht vor, und die Ependymzellen berühren daher die Körnerschicht direct; dies Verhalten wird nicht befremden, wenn Kölliker die Körnerzellen als Nerrogliazellen ansieht. Ueber die sonstigen feineren Verhältnisse des Bulbus olfac- torius im Allgemeinen verweise ich vor Allem auf Kölliker (103), bei dem man neuere Errungenschaften in dieser Beziehung auf eine so umfassende und kritisirende Weise dargestellt findet. Gehörorgan. Das Gehörorgan der Wirbelthiere hat viele Forscher be- schäftigt und es fehlt nicht an umfangreichen Arbeiten, — ich erinnere an Hasse (80—83), Clason (44), Kuhn (115), Ayers (7), Retzius (161) u. A. Indessen sind die Verhältnisse bei Hatteria noch sehr wenig beachtet worden; ausser der Angabe von Retzius, die ich im Folgenden wiedergebe, ist sozusagen bis jetzt fast nichts bekannt. Bei Günther (77) lautet es fast wörtlich: With the tym- panum a tympanie cavity is entirely absent. The only remaining portion of this sphere of the ear is the stapes, 11 millims. long...... After removal of the bony part of the exoceipital and basisphe- noid, which forms the bottom of the labyrinth, a cartilaginous capsule becomes apparent; its thiekness is half a millimetre; the 308 Gakutaro Osawa: membrane coating the walls of the eavity is of a deep black colour. The saceus vestibuli contains a single pear- shaped otolith 3 millims. long and 2 millims. broad at its widest (inner) end. The cochlea is more developed than in other lizards, showing the commencement of a spiral turn; the membrane at its base contains the termination of the cochlear nerve, which is apruptly split into four dichotomically divided and fanlike branches. The three semicireular canals lie behind and somewhat outward of the cochlea, and are also membranaceous, otherwise well developed, being from 12 to 15 millims. long. Retzius (161) unterscheidet am häutigen Labyrinth den Utrieulus mit dem Sinus superior und Sinus posterior, Recessus utrieuli, die Ampulla anterior mit Canalis m. ant., die Ampulla externa mit Canalis m. ext., die Ampulla posterior mit Canalis m. post., ferner den Sacculus mit Ductus und Saccus endolym- phatieus und die Cochlea mit ihren Unterabtheilungen Pars basi- laris und Lagena. Als Nervenendstellen werden dann angegeben: Macula acust. recess. utrieuli, drei Cristae acust. ampullarum, Mae. acust. saceuli, Papilla acust. basilaris, Papilla acust. lagenae und Mac. acust. neglecta. Der N. acusticus theilt sich in den R. ant. und post. Der R. ant. gibt einen besonderen Zweig zur Mac. acust. recess. utriculi und dann je einen zur Ampulle des vorderen und des äusseren Bogenganges ab, während der R. post. die Mac. acust. sacculi, Papilla acust. basilaris und lagenae sowie die Ampulle des hinteren Bogenganges mit je einem be- sonderen Ast versorgt; auch ein schwacher Zweig wird von diesem Nerv wahrscheinlich zur Mac. acust. neglecta abgegeben. Bezüglich der Lage dieses letzteren vom betreffenden Autor zu- erst benannten Fleckens endlich sei angeführt, dass dieser am unteren Umfang des Utrieulus etwas nach hinten vom Canalis utrieulo-sacralis seinen Sitz hat. Wie man sehen kann, ist die Angabe Günther's zu ein- fach, so dass man keine auch annähernde Vorstellung von dem Organe gewinnen kann, und Retzius hat nur das häutige La- byrinth untersucht, ohne auf Weiteres einzugehen. Es scheint mir deshalb sehr wünschenswerth, das betreffende Organ als ein Ganzes zu betrachten und dabei auch einige Einzelheiten zu be- handeln, die bis jetzt theilweise unbeachtet geblieben sind. Im Folgenden werde ich demnach sowohl das knöcherne als N Rn Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 309 auch das membranöse Labyrinth der Hatteria zur Rede bringen. Die knöcherne Gehörkapsel der Hatteria. Dieselbe lässt sich am verständlichsten als eine dreiseitige Pyramide bezeichnen, welehe die Basis dorsalwärts und die Spitze ventralwärts kehrt, und an der man drei Flächen unter- scheiden kann: eine laterale, eine hintere und eine mediale, welche alle nach der ventralen Pyramidenspitze zu eonvergiren. Diese letztere entspricht der Fossa cochlearis des Basiphenoid und stellt den später zu erwähnenden Recessus cochlearis dar. Die Basis der Pyramide (Textfig. 7), welche zugleich die dorsale Gehörkapsel vorstellt, wird, wie ich schon früher erwähnt, durch das Prootieum (Pro), Supraoeeipitale (So) und Opisthoticum (Op) gebildet, welche hier durch eine Bo h. B. Y-förmige Naht derart vereinigt sind, Fig.77. Ks ; Dorsale Gehörkapsel mit dass das Prooticum nach vomae und lan chscheinenden "drei teral, das Supraoceipitale medial und Bogengängen. 1ER, ; 3 } uuh Bo = Basi-oceipitale, != das Opisthoticum hinten lateralwärts foramen oceipitale, S.0.— liegt. Das Prooticum schreitet von die- Supra-oceipitale, Pro — Nah } £ { al) Prooticum, Op= Opistho- I U ae I yore a 7 Heum (zwischen dreiletzt- mählicher Verbreiterung, sodass es einen genannten Knochen ist IRRE ider medial ed et y-Naht,) v. B. — vorderer eil der medialen und den grössten Yerticaler Bogengang, Theil der lateralen Gehörwand liefert, A. B.= hinterer verticaler nojefrteret ; . irätle Bogengang, ho. B. — hori- welch’ letztere zu einem sehr kleinen zontaler Bogensanr. Theil auch durch das Opisthoticum er- gänzt wird. Der letzte Knochen schliesst sonst hauptsächlich die hintere Wand der Gehörkapsel ab. Das Supraoceipitale wird zur Bildung der dorsalen Kapselwand und des dorsalen Abschnittes der medialen Wand verwendet. Wie ich schon einmal betont habe, kommt ein Epioticum bei der Hatteria nicht vor, und was als solehes von Clason (45) bezeichnet wurde, ist nichts anderes als das Supraoceipitale. Was nun Einzelheiten der äusseren Fläche der Gehörkapsel anbetrifft, so sehen wir an der dorsalen der Basis der Pyramide entsprechenden Fläche ausser der schon genannten Y-förmigen Naht noch die drei Bogengänge (v.B., h.D., ho.B.) durchscheinen, 310 Gakutaro Osawa: welche zugleich als Grenze zwischen der dorsalen Fläche und den Seitenflächen angesehen werden können. An der lateralen Wand der Gehörkapsel sehen wir an deren vorderer dorsaler Eeke, wo nämlich der vordere verticale Bogengang endet, einen Vorsprung, welcher der Ampulla ossea des genannten sowie des horizontalen Bogenganges entspricht. Unterhalb dieses Vor- sprunges findet sich eine kleine Oeffnung, Foramen faciale, welche aufwärts die Knochensubstanz des Prooticums durchsetzt, und mit einem nachher zu erwahnenden Foramen an der medialen Wand communieirt. Der weiter nach hinten folgende Abschnitt der lateralen Wand entspricht dem Recessus sphaerieus des Vesti- bulums und ist demnach gleichmässig aufgetrieben. Der Ueber- gang dieses Abschnittes in die hintere Wand ist durch das grosse Foramen ovale characterisirt, welches ausser durch das Prooticum noch hinten durch das Opistothicum und ventral durch eine knorpelige Platte umwandet wird, und in welches die breite Basis des Stapes von der lateralen Seite her eingekeilt ist (Textfig. 8 00). An der hinteren Wand der Gehörkapsel nahe am Ueber- gang in die mediale ist noch eine zweite etwas kleinere Oeff- nung, Foramen rotundum, sichtbar, welche durch die breite Basis des Opisthoticum vom Foramen ovale getrennt ist. Sie mündet in das Foramen jugulare ein; dies ist eine grosse spaltförmige Oeffnung, welche zwischen der Gehörkapsel einer- seits und dem Pleuro- und Basioceipitale andererseits liegt und zum Durchgang der Vagusgruppe dient. Die mediale Wand (Textfig. 8) besteht im ventralen Theil aus einer Knorpelplatte und im vorderen aus dem Prootieum und im dorsalen aus dem Supraoceipitale und ist etwa in der mitt- leren Höhe entsprechend der Lage des Recessus elliptieus mässig aufgetrieben. In der Mitte dieser Auftreibung sieht man eine kleine schlitzartige Oeffnung, Aquaeduetus vestibuli, und weiter ventral von derselben zwei grössere, von denen die hintere im Gebiet der Knorpelplatte und die vordere in dem- Jenigen des Prootieums ihren Sitz hat. Beide dienen zum Durch- lassen des N. acusticus, und zwar ist die vordere für den R. anterior und die hintere für den R. posterior des genannten Nerven bestimmt. An der ventralen Wand der vorderen Oeff- nung, kurz hinter deren Eingang, findet sich noch eine kleinere, Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 311 welche sich lateral-abwärts in den Canalis facialis fortsetzt und schliesslich an der vorhin genannten Stelle der lateralen Wand aus- mündet. Die beiden genannten Löcher der medialen Wand ent- sprechen also der Fossula superior und inferior im Grunde des Porus acusticus internus beim Menschen. Ich möchte mir erlauben, sie So sup Ag. vest. VIII Sin.” post. Ro Op VII R.p Stap lag sac oth O0.v. Fig. 8. Mediale Wand der rechten Gehörkapsel; um das membranöse Laby- rinth darzustellen, sind die einzelnen Knochen u. Knorpelstücke weg- genommen worden. Vergrösserung 10 mal. So = Supraoceipitale, Op = Opisthoticum, Stap = Stapes, Aq. vest. — Aquaeductus vestibuli, Sin. sup. = Sinus superior, Sin. post. = Sinus posterior des Utrieulus, 0v — Foramen ovale, oth = Otholith, Sac — Sac- culus, lag = Lagena, VIII = Acusticus, R. a.— Ram. anterior, R.p. = Ramus posterior, VII= Facialis. der besseren Verständlichkeit halber einfach als Foramen acustiecum anterius und posterius zu bezeichnen. Das Innere des knöchernen Gehäuses des Gehörorgans wird durch das Labyrinth vorgestellt. Dasselbe lässt sich entsprechend der Form der Kapsel auch als eine Pyramide ansehen, deren Spitze ventral- und deren Arch, f. mikrosk, Anat. Bd. 52, El 312 Gakutaro Osawa: Basis dorsalwärts gerichtet ist. An ihm kann man auch drei Flächen, eine mediale, laterale und hintere unterscheiden. Die Spitze der Pyramide wird durch den Recessus eochlearis und ihre Basis durch den Recessus elliptieus dargestellt. Mm Ag Sim. sup. ac. p. h. B. ell ellip rot Sin. post. ac. a. Sin. ant. coch sph vest. ba. ho. Bo. l h Fig. 9. Das Innere des rechten knöchernen Labyrinth; die dorsale Kapsel ent- lang der drei Bogengänge herausgeschnitten, halbschematisch. Ver- grösserung 10 mal. m = mediale, != laterale, A = hintere Seite. Sin. sup. = Sinus superior, Sin. post. = Sinus posterior, Sin. ant.— Sinus anterior des Recessus elliptieus (ellöp), sph = Recessus sphaericus, coch = Recessus cochlearis, vest — Crista vestibuli, vest. ba. = Crista basilaris vestibuli, ®. B. = vorderer, Ah. B.=hinterer verticaler Bogengang, ho. B. — horizontaler Bogengang, Ag = Aquaeductus vestibuli, ac. p. =Foramen acusticum posterius, ac. a.—Foramen acusticum anterius, oo—= Foramen ovale, rot = Foramen rotundum. Der innere grosse Raum des Labyrinthes (Textfig. 9) wird durch eine kleine horizontale Ringleiste in eine dorsale und ven- trale Abtheilung zerlegt. Diese Leiste beginnt an der knorpe- ligen medialen Wand oberhalb der Mündung des Foramen acust. posterius und schreitet einerseits nach hinten auf das Opisthot;- cum fort, während sie andererseits nach lateralwärts auf das Prootieum übergeht. Sie ist nämlich nichts anderes als die Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 313 Crista vestibuli (vest) und die dorsale Abtheilung des Laby- rinthes kann demnach als Recessus elliptieus (ellip) be- zeichnet werden, während die ventrale dann dem Recessus sphaericus (sph) entspricht. Der Recessus sphaerieus stellt auch bei der Hatteria einen kugelförmigen Hohlraum dar, in welchen der membranöse Saceulus eingelagert ist. An der lateralen Wand ist das grosse Foramen ovale (ov) sichtbar, an welches sich der grosse Saceu- lus mit seiner lateralen Fläche anlegt. Der ventrale Umfang dieses Foramen ovale wird, wie schon erwähnt, durch einen Knorpel ersetzt, welcher mit dem Foramen ovale der zwischen der lateralen und hinteren Fläche der Pyramide liegenden Kante entspricht und sich, zugleich den Boden des Recessus sphaeri- cus darstellend, medianwärts zur Fossa cochlearis des Basi- sphenoid erstreckt, wo er im Zusammenhang mit dem die mediale Wand des Labyrinths abschliessenden Knorpel die Spitze der Pyramide bildet. Diese letztere (coch) ist vom eigentlichen Re- cessus sphaerieus durch eine niedrige Leiste, welche ich provi- sorisch Crista basilaris vestibuli (vest. ba.) nennen will, deutlich abgetrennt und stellt eine trichterförmige Grube dar, in welche die Lagena eingelagert ist. Sie kann demnach Recessus eochlearis genannt werden. Ueber diesem Recessus eochlearis, dieht an der genannten niedrigen Leiste öffnet sich das Foramen rotundum (rot) und eine Strecke weiter vorn an der medialen Knorpelwand das Foramen acusti- cum posterius (ac. p.). Der Recessus elliptieus (ellöp) lagert sich über den Recessus sphaerieus (sph) und hat eine annähernde Aehnlichkeit mit einer horizontal liegenden Ellipse, ‘deren Längsachse einer vom Fo- ramen jugulare zur ventralen Mündung des Canalis facialis ge- zogenen Linie ungefähr entspricht. Von der Mitte der Ellipse tritt nach median dorsalwärts gegen die Crista oceipitalis des Supraoeeipitale hin eine Ausstülpung des Recessus elliptieus her- vor und nimmt an der Spitze das Crus simplex des vorderen und hinteren verticalen Bogenganges auf. Die genannte Aus- stülpung kann demnach als Sinus superior (Sin. sup.) des Recessus elliptieus bezeichnet werden. An der medialen knorpe- ligen Wand dieses Sinus superior öffnet sich nahe an der Basis desselben der Aquaeduetus vestibuli in Form eines Schlitzes, 314 Gakutaro Osawa: welcher also der Fossula suleiformis des menschlichen Gehörlabyrinths entspricht (Ag). Die beiden Enden der Ellipse werden jeweils durch eine abgerundete Höhle dargestellt, welehe ich einfacherweise Sinus anterior und posterior benennen möchte. Der Sinus anterior (Sin. ant.) befindet sich an der Ecke zwischen der la- teralen und medialen Labyrinthwand und ist zur Aufnahme der Recessus utrieuli sowie der Ampulle des horizontalen und des vorderen verticalen Bogenganges bestimmt. An seinem Boden öffnet sich die innere Mündung des Foramen acusticum anterius (ac. a.). Der Sinus posterior (Sin. post.) liegt im Gebiet des Opisthoticum und ist der Sitz der Ampulle des hinteren verticalen Bogenganges. Die knöchernen Bogengänge der Hatteria bestehen wie gewöhnlich aus einem vorderen verticalen und einem hinteren verticalen sowie einem horizontalen. Der vordere verticale Bogengang (v. B.) beginnt am Sinus anterior des Recessus ellipticus, steigt von da aus dorso-median- wärts aus dem Bereich des Prootieum gegen die Crista oceipi- talis des Supraoceipitale hin auf und erreicht an der Spitze der medialen Labyrinthwand den Sinus superior des Recessus ellipti- cus, wo er mit dem, von der anderen Seite herkommenden hin- teren verticalen Bogengang zusammenstösst. Der letztere (Rh. B.) entstammt dem Sinus posterior (Sin. post.), läuft zunächst im Be- reich des Opisthoticum eine Strecke weiter nach hinten in hori- zontaler Richtung, biegt sich aber bald dorsalwärts um und eilt dann innerhalb des Supraoceipitale in einem schwachen Bogen nach vorn und dorsalwärts dem Sinus superior zu. Der dritte horizontale Bogengang (ho. B.) geht’ vom Sinus anterior aus inner- halb des Prooticum nach hinten, dabei etwas steigend, und er- reicht zwischen Prooticum und Opisthotieum die höchste Krüm- mung. Von da an richtet er sich nach vorn, dabei den hinteren verticalen Bogengang an dessen lateraler Seite kreuzend und erreicht schliesslich den Sinus superior, an dessen lateraler Wand er einmündet (vergl. Textfig. 10). Die knöchernen Bogengänge werden durch dünne compaete Knochenlamellen gebildet, die sich von der umgebenden porös>n diploöartigen Knochensubstanz deutlich unterscheiden. Die Innenfläche sowohl des Vestibulums wie der knöchernen Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 315 Bogengänge sind mit einer schwachen aber stark pigmentirten Bindegewebsschicht ausgekleidet. Das membranöse Gehörlabyrinth der Hatteria setzt sich aus dem Saeculus mit der Cochlea und dem Utrieulus mit den drei Bogengängen zusammen (Textfig. 10 u. 11). 4g Ut De anN | Amp. a. Se Amp. ho. Fig. 10. Laterale Ansicht des linken membranösen Labyrinth. 10 mal vergrössert. Durch die Entfernung des Otoliths ist eine grosse Lücke an der late- ralen Wand des Sacculus entstanden. v. B.—= vorderer, h. B.=hinterer verticaler Bogengang, ho. B. = hori- zontaler Bogengang, Amp. a.—= Ampulla anterior, Amp. ho.—= Ampulla horizontalis, Amp. p. = Ampulla posterior, Ut= Utriculus, Sae — Sac- eulus, (och = Cochlea, Ag = Aquaeductus vestibuli. A,B,C, D, E bezeichnen die Stellen, welche den Schnittbildern A, B, C, D, Eim Text entsprechen. Der Saceulus (Sac) liegt im Recessus sphaerieus und stellt die Form eines runden Sackes dar; die mediale Wand desselben besteht aus einer rundlichen Knorpelscheibe, von welcher die übrige membranöse Wandung ausgeht und auf diese Weise einen sehr grossen Innenraum einschliesst, welch’ letzterer fast aus- schliesslich mit einem grossen Otolith ausgefüllt ist (vgl. Text- figur 8 oth). Die laterale Wand stösst an das Foramen ovale, an dessen Innenfläche sie mittelst feiner Bindegewebsbalken be- 316 Gakutaro Osawa: festigt ist. Aus dem medialen Theil des Saceulus geht die Cochlea (Coch) hervor, welche sich bei der Hatteria als eine Ausstülpung des Sacculus erweist, indem die knorpelige wie die membranöse Wandung des letzteren in die erstere sich eontinuir- lieh fortsetzt, nur ist die Uebergangsstelle beider Abschnitte ein wenig eingeschnürt und stellt den verhältnissmässig weiten Ca- nalis reuniens dar (vgl. Textfig. E). Durch diese Einschnürung entsteht hier ein kleiner Einschnitt zwischen dem basalen Theil des Sacculus und der Cochlea, welcher der am knöchernen Laby- rinth beschriebenen Grenzleiste (Crista basilaris vestibuli) zwischen dem Recessus sphaerieus und cochlearis entspricht. Die Cochlea dehnt sich von dieser Uebergangsstelle aus eine kurze Strecke weiter ventral-medianwärts aus und endet im Grund des knorpe- ligen Recessus cochlearis mit einer abgesetzten Kuppel (lag, Textfig. 11), in welcher auch ihre Innenhöhle blind endigt. Diese ventrale Kuppel wird gewöhnlich mit Lagena bezeich- net und der dorsalwärts von ihr liegende Abschnitt heisst Pars basilaris ; die letztere Stelle ist besonders dadurch charakterisirt, dass die Knorpelplatte der medialen Wand der Cochlea eine kleine Lücke aufweist, welche nur durch eine später noch zn beschreibende dünne Membran zugeschlossen ist (vergleiche Textfig. E). Zurückkehrend zum Saceulus sehen wir, dass dieser dorsal- wärts gegen den Utriculus hin sich zuspitzt und in den Canalis utrieulo-saceularis übergeht (Textfig. C), welch’ letzterer am Fun- dus des Utriculus ausmündet. Etwas weiter nach vorn geht vom Dach des Sacculus ein zweiter kleiner Gang (Ag) aus, welcher die Fossula suleiformis der medialen Labyrinthwand dorsalwärts durchsetzt und am Aquaeductus vestibuli in der Schädelhöhle erscheint. Es ist dieses der sogenannte Ductus endolymphaticus (Textfig. B). Der Utrieulus (Ut) liegt über dem Saceulus, aber von diesem etwas medianwärts gerückt und ungefähr in der Ver- längerung der medialen Wand des letzteren. Nimmt man die knöcherne dorsale Kapsel weg, so wird der Sacculus blossgelegt, und man sieht ihn innerhalb eines Kreises liegen, welcher durch den horizontalen Bogengang einerseits und durch den Utrieulus andererseits umschlossen wird. Nun, der Utrieulus besteht aus zwei horizontalen und einem Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 317 senkrecht aufsteigenden Hohleanälehen, welche also in Form von dreistrahligem A miteinander verbunden sind. Von den beiden horizontalen Abschnitten geht der eine nach vorn und lateral- wärts und grenzt mit einer kleinen Auftreibung im Sinus anterior an die Ampullae des vorderen verticalen und des horizontalen Bogenganges; er heisst nach Retzius Recessus utrieuli (R. utr. Textfig. 11, 12). Der andere Abschnitt ist nach hinten medial gerichtet und geht im Si- „2. nus posterior in die Ampulle des „, „ f hinteren vertica- len Bogenganges über; er ist nach . 4q Retzius der x R. utr Sinusposte- 2 Amp. f rior des Utri- eulus (Sin. post. Sin. post.. Mextfie»il).Der dritte senkrech- te Theil allein steigt ungefähr R. amp. p. senkrecht in die Fig. 11. A 2 f Mediale Seite des linken Labyrinths, 10mal vergrössert. Höhe und nimmt v. B.— vorderer, h. B.—= hinterer verticaler Bogen- an seinem dor- gang, ho. B.—horizontaler Bogengang, Ut = Utrieu- lus, R. utr. = Recessus utrieulus, Sin. sup. = Sinus salen Ende den superior, Sin. post. — Sinus posterior, lag =Lagena, einfachenSehen- 47 = Aquaeduetus vestibuli, R. «a. — Raınus anterior, R.p. = Ramus posterior des Acusticus, A. amp. pP. = kel des vorderen Ram. ampullaris posterior. und hinteren ver- ticalen Bogenganges auf. Er wird von Retzius mit Sinus su- perior (Sin. sup.) bezeichnet. Die Stelle, wo alle drei Abschnitte zusammenfliessen, ist ein wenig erweitert und macht den Utri- eulus proprius (Ut) aus, in dessen Boden der schon be- kannte Canalis utrieulo-saceularis einmündet. Oberhalb dieser Mündung an der Wurzel des Sinus superior findet die Vereinigung des ampullenlosen Schenkels des horizontalen Bogenganges mit der lateralen Wand des Utrieulus statt (vgl. Textfig. 10). Die drei membranösen Bogengänge weisen in Bezug auf ihren Verlauf ganz dasselbe Verhalten auf, als bei den knöcher- lag 318 Gakutaro Osawa: nen, indem der vordere verticale mit der Ampulla anterior be- ginnt und in dem Sinus superior utrieuli endet, und der hintere verticale von der Ampulla posterior ebenfalls zum Sinus superior gelangt, während der hori- Amp.a. Amp. ho. zontale von der mit der Am- pulla anterior zusammenhän- genden Ampulla externa aus horizontal zur Wurzel des Sinus superior hinläuft und an die laterale Wand des Utrieulus sich öffnet. Was nun die Länge der Bogengänge anbetrifft, so ist Fig. 19. nach meinem Augenmaass der Nervenzweige für die Ampulle des vordere verticale am längsten vorderen verticalen (Amp. a.) und hori- 4 : : £ zontalen Bogenganges (Amp. ho.) so- und daran schliesst sich der wie für den Recessus utrieuli (R. utr.). horizontale, während der hin- 1.2, ororderer vericalor BOECNEENE, tere verticale am kürzesten (VIIT)=RamusanteriordesAcustieus. scheint. Nervenendstellen finden sich in den Ampullen der drei Bogengänge, im Fundus utrieuli, Macula neglecta Retzius, im Recessus utrieuli, im Sacceulus und in der Cochlea. P. und F. Sarasin (177), welche im Fundus des Utri- eulus der Gymnophionen eine Nervenendstelle fanden, erklären sich damit nicht einverstanden, dieselbe mit der Macula acust. Retzius für identisch zu halten, sondern wollen sie mit Macula fundi utrieuli bezeichnet wissen und die eigentliche Macula neglecta im Sacculus suchen. Hiergegen behauptet Retzius (162), dass die echte Macula neglecta am Boden des Utrieulus oder an der Oeffnung des Canalis utrieulo-saceularis oder bei niederen Amphibien in der eigentlichen Ausstülpung dieses Canals, bei den höheren aber in einer von ihm abgetrennten Ausstülpung der Sacculuswand liegt. Wenn die beiden Sarasin bei lIehthyophis an der oberen Saeculuswölbung in einer Ausstülpung eine besondere Nervenendstelle gefunden haben, meint Retzius, „könnte man ihneu das Recht der Entdeckung einer neuen Macula zuschreiben“. Auch Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 319 Ayers (8) sieht in der Macula fundi utrieuli Sarasin eine Macula neglecta Retzius. Bei der Hatteria ist das Verhalten der Macula acust. saceuli so merkwürdig, dass sie für die eben berührte Frage vielleicht von Bedeutung sein könnte. Die Macula acust. saceuli nämlich liegt in der medialen Wand des Sacculus, beginnt aber m. Sac, Fig. A. Fig. A. Die beiden Figuren entsprechen A der Textfigur 10, indem A den dor- salen und A‘ den ventralen Theil des Sacculus darstellen. Vergrösserung Hartnack Oe. 2, Obj. 4. A: Ut= Utrieulus, Sac = Sacculus, m. sac.— Macula acustiea saceuli, N=Nervenfasern. A’: Sac= Saceulus, m. sac'.—= basaler Theil der Mac. ac. sacculi, N = Nervenfasern. am vorderen Rand und theilt sich in zwei nach hinten verlaufende Schenkel. Ein Schnitt, der eine Strecke weit vom vorderen Rand entfernt durch die Länge des Saceulus geführt worden ist (Fig. A, A‘) zeigt zwei Maculae acusticae, eine dorsale nahe am dorsalen Rand gelegene und eine ganz an der Basis sitzende. Verfolgt man die Schnittserien, welche vom weiter nach vorn lie- genden Abschnitte des Saceulus herrühren, so kann man sich 320 Gakutaro Osawa: leicht überzeugen, dass die genannten beiden Flecken Schritt für Schritt einander convergiren und schliesslich zu einer senk- rechten Linie sich vereinigen. Wie weit diese Thatsache ver- werthet werden kann, vermag ich freilich nicht zu bestimmen, jedoch glaube ich, dass sie einmal betont zu werden verdient. Die Macula neglecta liegt also im Fundus utrieuli hinter der Einmündung des Canalis utrieulo-saceularis. (Auf der Textfig. 10 fällt ihre Lage auf die Strecke zwischen Cu. D.) Sie ist die kleinste von allen Maculae. In der Cochlea befinden sich zwei Maculae acusticae, Macula acustica basilaris und lagenae. Die erstere sitzt in der Pars basilaris auf der Knorpellücke, welche bloss durch eine dünne Membran medialwärts abgeschlossen ist (Textfig. E). Die Macula acust. lagenae ist m Form eines Halbringes angelegt, welcher etwa in der mittleren Höhe der Lagena liegt. Die halbringförmige Maeula verläuft durch die ganze Breite der medialen Wand der Lagena und erstreckt sich über den vorderen Rand auf einen kleinen Abschnitt der lateralen Wand (Textfig. D). Ueber die Macula acustica des Recessus utrieuli lässt sich nichts besonderes anführen. Feinerer Bau. Die Cochlea (Tetfig. E). Der grösste Theil der Wandung besteht aus einem modi- fieirten hyalinen Knorpel, dem sogenannten Spindelknorpel, welcher an der Grenze zwischen Pars basilaris und Lagena einen Einschnitt aufweist. Der Knorpel wird von den durch den ge- nannten Einschnitt eindringenden R. eochlearis n. acustici mehr- fach durchbohrt und erinnert somit an das Verhalten des Modio- lus der Säugerschnecke. Die laterale Wand der Pars basilaris wird dureh eine dünne faserige Membran dargestellt, Membrana Reissneri oder Tegmentum vasceulosum Retzius (Teg. vasc.). An der ganzen Wand besteht mit Ausnahme der beiden Maeulae ein Ueberzug aus kubischen resp. eylindrischen Zellen (Zp). An der lateralen Wand trifft man aber ein eigenthümliches Gebilde, wel- ches wohl der Stria vaseularis der höheren Thiere entsprechen dürfte. Bekanntlich ist man über das Wesen der Stria vaseu- laris noch nicht ganz im reinen. Die Frage ist also, kurz ge- Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 321 sagt, die, ob man es hier mit einem epitheliaren oder bindege- webigen Gebilde zu thun hat. Das erstere wurde von Retzius!) behauptet und von Prenant (157) bestätigt, während Baginsky (11) und Katz (99) den betreffenden Elementen eine bindege- webige Natur zuzuschreiben geneigt sind. Merkel (1355), der Teg. vas. PrrPFreR Ep reu . Coch. DEN TB, Ep er N Tg ZN x GE? m. ba, LHerN GG = 000 7 tginnge GT DR? E z Kp Fig. E, entspricht E der Textfigur 10. Sac —= Sacculus, Coch = Ductus cochlearis (Scala media), reu —= Canalis reuniens, m. ba.— Macula acustica basilaris, Teg. vas. = Tegmentum vasculosum, Ep, Ep = Epithel, Kp= Knorpel. Die Epithelzellen sind nicht genau gezeichnet. über die Arbeiten der genannten Forscher referirt, schlägt vor, diesbezügliche Untersuchungen auch an Vogel- und Reptilienem- bryonen anzustellen, da die Dinge bei diesen Thieren durch- siehtiger zu sein scheinen. Es würde also nicht gerade ohne Interesse sein, den Befund bei der Hatteria bei der Gelegen- heit, wenn auch nur kurz zu besprechen. 1) Retzius, G., Ueber ein Blutgefässe führendes Epithelgewebe am membranösen Gehörorgan. Biolog. Untersuch. 2. Jg. 1882, © ID IN Gakutaro Osawa: Bei diesem Thier handelt es sich um auffallend dunkle, eylindrische oder kubische Zellen, welche basalwärts in viele Fortsätze zerfallen und mit diesen der knorpeligen resp. binde- gewebigen Unterlage oder einer Capillarwand direkt aufliegen. Sie nehmen nicht blos einen besonderen Abschnitt der Schnecken- wand für sich ein, sondern kommen auch im normalen Epithel- theile zerstreut vor. Auch im ersteren Falle ist die Beimischung von normalen Epithelien nicht ganz ausgeschlossen. Diese liegen in einer gedrängten Gruppe zwischen den genannten Zellen, die ihrerseits einen Canal oder Tunnel für sie in der Weise liefern, dass die benachbarten Elemente mit ihrem enorm verbreiterten Oberende sich verbinden, so wie sich das Lungenepithel dieses Thieres, der Eidechse oder auch des Proteus !) den Blutcapillaren gegenüber verhält. Im zweiten Fall, wo nämlich die betreffenden Zellen unter den gewöhnlichen Epithelzellen eingestreut zugegen sind, verhält es sich umgekehrt, indem alsdann die letzteren die Rolle übernehmen, durch Canalbildung die ersteren zwischen sich einzuschliessen. Hieraus sehen wir also, dass die fraglichen Zellen mit den gewöhnlichen Epithelien in einer continuirlichen Reihe stehen, dass sie mit diesen innig zusammenhängen und dass sie daher epitheliarer Natur sind. Die Macula acustica basilaris (Textfig. E) präsentirt sich als eine kleine rundliche Erhabenheit auf der medialen Wand der Pars basilaris und wird durch eine dünne, fast homogene, aber scharf contourirte Membran, Membrana ba- silaris, getragen. Auf diese Membran folgt eine Reihe runder Kerne, welche gedrängt neben einander stehen und den Stütz- zellen angehören, deren Formbeschaffenheit hier wegen schlechter Conservirung nicht vollständig erkannt werden konnte; und dar- auf eine Schicht flaschenförmiger Hörzellen mit nach dem Lumen gerichteten Spitzen, auf welchen jeweils ein Büschel kurzer Härchen sitzt. An der Peripherie der Macula nehmen die Hör- zellen ab und machen den Stützzellen Platz, welch’ letztere dann auf das umliegende Epithel sich fortsetzen. Ueber die Oberfläche der Zellen auf der Macula zieht eine scharfe Linie 1) Vergl. Oppel: Zur Anatomie des Proteus anguineus. Dies. Arch. Bd. XXXIV. 1889. Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 323 hin, welche der Limitans!) Kaiser entspricht. Im Lumen der Schnecke, also in der Seala media, über der Macula findet man eine langgestreckte feinfaserige Masse, welche der Membrana tectoria Retzius nicht gar unähnlich sieht. Die Nervenfasern der Macula treten vom dorsalen Umfang derselben ein, ich fand sie nämlich an den dorsalen Knorpel- rahmen angelehnt und von da aus in die Epithelschicht ein- dringen. Die andere Fläche (nämlich mediale) der Membrana basi- laris ist mit einer Lage flacher Zellen endotheliarer Art ver- sehen. Der perilymphatische Raum dieser Seite entspricht also der Scala tympani. Die Macula acustica lagenae (Textfig. D). Diese fand ich etwas besser conservirt vor. Sie unter- scheidet sich von der Maecula basilaris dadurch, dass sie auf Mm. AC. D MU ME): I — De nn — RR, — 7 HN, HN m —— ——— N U / Kp I L a) . TE — ZEIIERa Zr _ ; | m. ac. Fig. D (entspricht D der Textfigur n Durchschnitt der Lagena. m — ınediale, l= laterale Seite, Kp= Knorpel, N—Nervenfasern, Mm. ac. — Macula acustica der medialen Wand, m. ac.= Macula acustica der lateralen Wand. einer soliden Knorpelunterlage ruht und von dieser nur durch eine sehr feine Basalmembran getrennt ist. Auch die Hörzellen 1) Ich bin nicht der Ansicht, die Limitans als eine selbständige Schicht zu betrachten. 524 Gakutaro Ösawa: scheinen hier weniger zahlreich vorzukommen. Auf der Basal- membran sitzen 1 oder 2 Reihen längliche und runde Kerne, welche den Stützzellen angehören; die letzteren gelangen durch die Zwischenspalte zweier Hörzellen zur Limitans und enden hier abgestutzt. Die Hörzellen und Limitans verhalten sich ähnlich wie bei der Macula basilaris; die eintretenden Nerven sind deutlicher zu sehen, und ich habe manche einzelne Fasern bis zur Mitte der Epithelschicht mit Sicherheit verfolgen können. Auch im Lumen finden sich eine feinfaserige oder beinahe homo- gene Masse mit bläschenförmigem Abdrucke und einzelne kleine Ötolithenkrystalle vor. Sacculus (vgl. Textfig. A, AM). Die mediale dieke Wand besteht aus einem sogenannten Spindelknorpel. Die Grundsubstanz ist an der Aussenseite fein- faserig und ist mit vielen Maschenräumen versehen, wird aber gegen die Innenseite zu homogen und enthält verschiedene Lücken, so dass sie an eine Membrana fenestrata erinnert. Dicht unter der Epithelschicht wird die Grundsubstanz wieder fein- faserig und schliesst sich durch eine feine Basalmembran von ihr ab. Ueberall trifft man runde oder mehr spindelförmige Kerne, wie der Name sagt. An der dorsalen Wand des Saceulus besteht eine dünne fibrilläre Schicht von gleicher Beschaffenheit; an der lateralen dagegen wird sie auf eine unbedeutende kaum erkennbare reducirt. An manchen Stellen ist die letztere Schicht nur durch eine einfache Reihe spindelförmiger Kerne vertreten, die in weiten Abständen stehen und sich mittelst feiner Fasern verbinden. Die Epithelauskleidung (Fig. 24, Taf. XVIII) des Saceulus ist auch nicht einerlei Art; an der medialen Wand besteht ein ziem- lich hohes Cylinderepithel, in welchem man meistens zwei Kern- reihen findet. Die Cylinderzellen sind schlank und enden mit einem unebenen zackigen Oberende, so dass von einer scharfen Limitans keine Rede sein kann. Die dorsale Wand weist ein niedriges Epithel aus kubischen Zellen auf, welche auf die platten der lateralen Wand übergehen; diese letzteren werden im basalen Abschnitt endlich so stark abgeplattet, dass die Zellen den Endothelien einer Gefässcapillare ähnlich sehen; Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 3% man hat es hier mit einer Kette der Länge nach verbundener Flachspindelzellen mit Auftreibung um den Kern zu thun. Die Macula acustica sacculi (Fig. 23), welche bekanntlich auf dem Schnitt der medialen Wand wie zwei isolirte Flecken erscheint, besteht aus flaschenförmigen, dunkleren Haarzellen (H. z.), sowie etwas helleren Stützzellen (St. 2... Ueber die Stützzellen möchte ich einiges nachtragen, weil ich sie hier am besten erhalten vorfand. Es sind schlanke fadenförmige Zellen, welche am basalen und oberen Ende eine kleine Verbreiterung zeigen, und wie ich sah, zu 2, 3, 4 zwischen den zwei benach- barten Haarzellen verlaufen. Die ihnen zugehörigen ovalen oder rundlichen Kerne bilden gewöhnlich zwei oder drei Reihen unter der Haarzellenschicht. Ar Pre > 7 Fig. B u. C entsprechen B. u. C. der Textfigur 10. Vergrösserung Hartnack Oe. 2 Obj. 4. B: Längsdurchschnitt des Aquaeductus vestibuli (Ag). C: Längsdurch- schnitt Canalis utrieulo-saceularis (Ut. sac.), Ut— Utrieulus, Sac = Sac- eulus. Der aus der dorsalen Wölbung des Sacculus ausgehende Aquaeduetus vestibuli (Textfig. B) wird inwendig durch die Fort- setzung des eylindrischen bis kubischen Epithels der medialen und der dorsalen Wand des Saceulus ausgekleidet. Der ge- 326 Gakutaro Osawa: nannte Gang beginnt mit einem schmalen Canal im Niveau des Bodens des Recessus utrieuli und steigt unter allmählicher Er- weiterung aufwärts. Das weitere konnte ich nicht mehr ver- folgen, weil es an gut conservirtem Material fehlte. Der Canalis utrieulo-saceularis (Textfig. C) ist nur ein kurzer Gang, welcher, wie schon erwähnt, den Fundus utrieuli mit der dorsalen Wölbung des Saceulus verbindet; daher bietet die innere Auskleidung weiter nichts besonderes als die im Sac- culus und ist demnach aus eylindrischen resp. kubischen Zellen zusammengesetzt. Die grosse innere Höhle des Saceulus wird durch einen grossen Otolith fast ausgefüllt, welcher aus kleinen hexagonal- prismatischen Krystallen zusammengesetzt ist. Das bei dem Tegmentum vasceulosum der Cochlea erwähnte Epithelgebilde findet hier unter den gewöhnlichen Epithelelemen- ten der lateralen Wand zerstreut und von diesen allseitig um- schlossen, vor. Utrieulus Auch dieser ist durch den oft genannten Spindelknorpel bewandet, dessen Innenfläche durch ein Epithel aus kubischen oder flachen Zellen ausgekleidet ist, von denen die ersteren nur in der Nähe der Ausmündung des Canalis utrieulo-saceularis und der Maculae sich finden und an andern Stellen den flachen Ele- menten Platz machen. In der dorsalen Wand des Sinus poste- rior findet sich eine Art Raphe mit kubischen Zellen. Die Beschaffenheit der Maculae stimmt mit derjenigen des Saeceulus überein; in dem Recessus utrieuli fand ich über der Macula eine Art Membrana tectoria aus feinfaseriger Masse und kleinen Otolithenkörnchen. Ampullen und Bogengänge. Die Ampulla anterior und externa liegen im Sinus anterior des knöchernen Recessus ellipticus und hängen mit dem Recessus utrieuli zusammen, von welch’ letzterem man dorsalwärts in die Ampulla anterior und lateralwärts unter der vorigen zur Ampulla externa gelangen kann. Die Ampulle posterior liegt allein im hinteren Sinus posterior. Jede Ampulle ist äusserlich durch eine Auftreibung sowie durch eine quere Furche am Boden characterisirt, welche als eine halbmondförmige Leiste, Crista acustica, in das Innere der Am- Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 327 pulle hineinragt. Sehen wir einen Querschnitt einer Ampulle, z. B. der Ampulla posterior an (Fig. 25, Taf. XVII), so bemerken wir am Boden der Ampulle die halbmondförmige Crista (Or. aec.), an deren beiden Seiten eine Einbuchtung; danach stossen wir auf die Seitenwand. Hier findet man beiderseits eine erhöhte Epithellage, welche man mit Planum semilunatum (Pl. semil.) bezeichnet. Jenseits des Planum semilunatum kommt man allmählich auf das Dach der Ampulle, in dessen Mitte wieder eine erhöhte Epithelstelle sitzt und der Crista acustica am Boden entgegensieht. Diese Stelle wird Raphe (Ra) genannt. Die Crista acustica ist mit den eharakteristischen Sinnes- epithelien ausgekleidet, deren feinere Beschaffenheit derjenigen des Saceulus genau entspricht. In der Einbuchtung an den Sei- ten finden sich wieder jene dunkelen modificirten Epithelzellen'), welche Retzius bei Alligator blos starkkörnige Zellen nennt. Auf dem Planum semilunatum (Pl. semil.) sieht man hohe Epithelzellen, wie wir solchen an der medialen Saceulus- wand begegneten. Weiter nach dem Dache der Ampulle hin werden diese Cylinderzellen immer niedriger und gehen in flache, protoplasmaarme Zellen über, deren Kerne ein wenig hervorragen. Auf der Raphe (Ra) endlich stehen 6—8 höhere Zellen, von denen die mittleren kubisch und die peripherischen mehr spindel- förmig sind und mit ihrer Achse gegen die mittleren hin sich neigen. Als Cupula terminalis wird sich wohl eine feinfaserige Masse, welche über der Crista acustica ausgespannt liegt, und an welcher verschiedene rundliche oder eckige schwach gefärbte Körnehen sowie mehr oder weniger lange Härchen hängen, an- führen lassen. } Soviel über die Ampulla posterior; auch die andern Am- pullen sind gleich beschaffen; ich habe die erstere nur deshalb gewählt, weil sie die einzig isolirt stehende ist und weil man sich bei dieser leichter zurecht findet als bei den andern Am- pullen, welche nicht nur mit einander, sondern auch mit dem Recessus utrieuli in nähere Nachbarschaft treten und dadurch ein complieirtes Bild auf den Schnittpräparaten bieten. 1) Auf Fig. 25, Taf. XVIII sind diese Epithelzellen nicht ein- gezeichnet worden. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 22 328 Gakutaro Osawa: Die Bogengänge (Fig.26, Taf. XVII) sind alle gleich gebaut. Ihre Wand besteht auch aus dem oft genannten Spin- delknorpel, weleher eine mehr oder weniger fibrilläre Struetur zeigt. Die Innenfläche wird mit einem ganz flachen Epithel überzogen, welch’ letzteres gewöhnlich auf der in der dorsalen Mittellinie liegenden Raphe (Ra) eine Modification erleidet, in- sofern, als die Raphe aus mittleren kubischen und peripheren spindelförmigen Zellen zusammengesetzt ist, wie ich es schon bei der Ampulle beschrieben habe. Manchmal sieht man am Boden des Bogenganges gegenüber der Raphe eine zweite Epithel- erhöhung; dies deutet auf die Fortsetzung der Crista acustica hin. Die Bogengänge stimmen in Bezug auf histologischen Bau so ziemlich mit dem Utriculus überein, so dass man sagen könnte, der Utrieulus sei ein erweiterter Bogengang. Nerven. Ueber den Verlauf und die Verzweigung bestätige ich die Angabe von Retzius vollständig. Der Acustieus theilt sich an der medialen Wand der Gehörkapsel in zwei Aeste, R. an- terior (R. a.) und posterior (R. p.), von welchen der erstere in das Foramen acusticum anterius und der letztere in das Foramen acustieum posterius eintritt. Der R. anterior giebt vor dem Ein- gang in das genannte Foramen zunächst einen bedeutenden Nerven, den Faeialis (Textfig.3 VIII), welcher durch einen besonderen Canal des Prooticums, „Canalis facialis“, an der ventralen Seite der Gehörkapsel erscheint, ab und tritt dann durch das Foramen anterius in den Sinus anterior des Recessus elliptieus ein und versorgt dann mit Zweigen die vordere und horizontale Am- pulle, sowie den Recessus utrieuli (Textfig. 12 R. a. VIII). Der Ramus posterior des Acusticus (R. p. Textfig. 8, 11) steigt nach Eintritt in den Recessus sphaerieus entlang der me- dialen Wand des Sacculus zur Basis der Lagena fast senkrecht herab, wobei er 1) einen R. ampullaris posterior (2. amp. post. Textfig. 11), welcher horizontal nach hinten zur Ampulla poste- rior verläuft, und dann 2) den R. saceularis zum Sacculus ab- giebt, findet sein Ende in der Cochlea, deren Pars basilaris und Lagena er mit Zweigen versorgt. Der Stamm enthält eine reiche Anzahl grösserer und kleinerer Ganglienzellen und eine nicht kleine Menge markhaltiger Fasern. Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 329 Die Wandung der perilymphatischen Räume (Fig. 27, Taf. XVII) wird dureh locker zusammengefügte Bindegewebsfasern, welche nur spärliche Kerne enthalten, und welche an der freien Fläche durch eine Reihe flacher Zellen mit weit auseinanderstehenden Kernen (End) ausgekleidet sind, dargestellt. Ich kann dies nur von der Mem- bran, die das Foramen ovale des Vorhafs überzieht, sagen. Die Paukenhöhle der Hatteria. wird wie bei der Eidechse durch eine hinter der Prominentia museularis gelegene seitliche Ausbuchtung des Schlundes darge- stellt und steht ventral-medialwärts mit dem Schlund in offener Verbindung; eine Tuba Eustachii kommt nicht vor. Die aussere Ohrsegend der Hameria. ist wie bei der Blindschleiche mit der äusseren Haut glatt über- zogen, so dass das Trommelfell von aussen nicht sichtbar ist. Der Hatteria ein Trommelfell ganz abzusprechen, vermag ich nicht, ich möchte in der dieken Membran, welche sich über die ovale Oeffnung zwischen Quadratum und Tympanieum ausspannt, ein solches erkennen. Die genannte Membran ist nämlich aus derben Bindegewebsfasern zusammengesetzt und nach innen mit der Fort- setzung der Rachenschleimhaut überzogen; nur die äussere Fläche ist durch die unveränderte Haut gedeckt. Würde diese eine Modi- fication eingehen, so hätten wir hier das nämliche Verhalten wie bei den andern Reptilien; denn nach Bertelli (21) zerfällt die Mem- brana tympanica in drei Schichten, in die äussere, mittlere und innere, von denen die äussere Schicht eine Fortsetzung der äusseren Haut darstellt, die zweite aus Bindegewebe besteht und die dritte von der Schleimhaut geliefert wird. Schlussbemerkung. Mit der vorliegenden Arbeit sind meine Untersuchungen über die Hatteria überhaupt ganz abgeschlossen, und ich finde es hier für angezeigt, die Beziehung dieses Thieres zu andern Formen etwas eingehender zu besprechen, nachdem ich die Organe der Hatteria systematisch untersucht und manche andere Thiere in Angriff genommen habe, um dadureh 330 Gakutaro Osawa: auch feinere Bauverhältnisse genauer zu vergleichen. Das Ma- terial, welches ich untersucht habe, besteht in Salamander, Me- nobranchus, Proteus, Axolotl, Caeeilia unter den Amphibien, und Eidechse, Blindschleiche, Gecko, Chamaeleon, Chelone viridis (ein sehr junges Exemplar), Crocodilus biporcatus, Alligator mis- sissippiensis unter den Reptilien. Ich will hier gleich bemerken, dass mir die Hoffnung, in den feineren Verhältnissen der Anmı- phibien vielleicht einen Anklang an die der Hatteria finden zu können, fehlschlug; die Zellen und Gewebe der Amphibien bilden für sich einen eigenen Typus, welcher sich von dem- jenigen der Reptilien leicht unterscheiden lässt, und die Zell- elemente der Hatteria gehören entschieden dem Typus der Reptilien an, ein Amphibiencharakter lässt sich in dieser Bezie- hung nicht erkennen. Im Folgenden werde ich die Körperorgane der Hatteria von Knochen, Muskeln und Nerven aus, alle Eingeweide- und Sinnesorgane sowie auch das Herz mit den gleichen anderer lebender Reptilien einzeln vergleichen und am Ende darthun, welche Stellung die Hatteria in der Thierreihe einzunehmen hat. Knochen des Schädels. Die Schädeldecke der Hatteria hat als obere Be- grenzung des Foramen oceipitale das unpaare Supraoceipitale, welches seitlich mit dem Opisthoticum und Prootieum sich ver- bindet und die dorsale Gehörkapsel bildet. Nach vorne vom Supraoceipitale stösst man auf das paarige Parietale, weiter vorn der Reihe nach an das paarige Frontale, Nasale, sowie Prae- maxillare. Diese Anordnung der Knochen bildet auch bei den Sauriern die Regel; nur sind die einzelnen Knochen wie Parietale, Frontale und Praemaxillare oft nicht immer paarig. An der Schädelbasis der Hatteria (Textfig. 13) sieht man zuhinterst das Basioceipitale (Bo) mit seinem unpaaren Condylus oceipitalis, vor ihm das Basisphenoid (Ds), welches durch das Parasphenoid (Pa. 5.) von der ventralen Seite her zum Theil gedeckt wird. Das spiessförmig verlängerte Para- sphenoid erstreekt sich von hier aus nach vorn bis zum Nasen- septum. An den Seiten des Basioceipitale sieht man das Opi- sthoticum, vordiesem die knorpelige Gehörkapsel mit dem lateral- wärts sich erstreckenden Stapes, und vor diesem und lateral von DL Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 331 der Gehörkapsel, durch eine kleine Spalte getrennt, das Quadra- tum (Q). Dasselbe ist vorn mit dem Pterygoid (Pf) und der Columella durch eine deutliche Naht verbunden und weist hinten eine sattelförmige Gelenkfläche für den Unterkiefer auf. Vor der Gelenkfläche liegt das Tympanicum (7'y), welches sich nach vorn mit dem Jugale inferias (J) verbindet und den Arcus jugalis Fig. 13. Ventrale Fläche des Schädels von Hatteria. b. 0. Pm = Praemaxillare, Vo— Fig. 14. Vomer, Pa = Palatinum, M Ventrale Fläche des Schädels von — Maxillare, Tr = Transver- Gonyocephalus Kuhlii Schleg (Java) sum, J= Jugale inferius, 7’y aus Siebenrock (197). = Tympanicum, Q = Qua- ». m. = Praemaxillare, vo = Vomer, dratum, ch=Choane, Pt= pa = Palatinum, m = Maxillare, tr = Pterygoid, Pa.s. —Parasphe- Transversum, ju = Jugale, pa. q. = noid, B.s.— Basisphenoid, Paraquadratum, q—=Quadratum, ch = Bo=Basioceipitale, #=Fo- Choane, pt = Pterygoid, pa. s.—Para- ramen zwischen Palatinum sphenoid, ba.s.—Basisphenoid, b. 0.—= und Transversum, x—= Naht Basioceipitale, f= Foramen zwischen zwischen Pterygoid u. Qua- Palatinum u. Transversum, x’ —=Stelle, dratum. welche an eine Naht erinnert. inferior bildet. Das Jugale inferius stösst nach vorn an das Maxillare (M) und dieses an das Praemaxillare (Pm). Die ganze Länge des Quadratum und des Arcus jugalis inferior schliesst von hinten lateral eine Lücke ein, welche vorn und medial durch das Transversum und Pterygoid zu eimem Loch ergänzt wird. Vor dem vorderen Ende des Quadratum liegt das Pterygoid (Pf), und von diesem gehen dann das Palatinım (Z’a) und der Vomer (Vo) nach vorn. Das erstere nimmt seine Lage lateral vom Vomer 332 Gakutaro Osawa: und Pterygoid. Das letztere weist am medialen Rand einen seichten Ausschnitt auf, welcher mit dem Gegenstück eine läng- lich spindelförmige Lücke erzeugt. Der Vomer liegt weiter vorn P Pf Fr Pf N Pm vom Palatinum und Pterygoid und grenzt an den hinteren Rand des Praemaxillare, mit welchem er die vordere mediale Wand der Cho- anenöffnung (Ch) bildet. Die Mündung der letz- ERS teren wird lateral vom Seitenansicht des Schadels der Hatteria. Maxillare begrenzt und Pm= Prämaxillare, N—Nasale, Prf=Prä- öffnet sich vorn am a Ma dratum, 7y= Tympanicum, x — Naht zwi- Fast dasselbe lässt zen Mietygolä And Quadrat, 7 sich von den Lager- Columella, Pt= Pterygoid, M=Maxillare, tiliern, sowie auch RE — a N. h. = Nasen- N gami de (Textfig. 14) sagen, wo- von man sich durch die nebeneinander gestellten Figuren über- zeugen kann. Nur eins möchte ich aber bemerken: dass das Quadratum der Hatteria bei den andern Sauriern von allen Autoren als ein Theil des Pterygoid angesehen wird; Näheres werde ich später bringen. Die Seitenwand des Hatteriaschädels (Text- fig. 15) weist zuhinterst das Opisthoticum, vor diesem den hin- teren Fortsatz des Parietale (?) und Squamosum (Sg) auf. Direct unterhalb der genannten Knochen treten das Quadratum (Q) und Stapes zum Vorschein. Das Squamosum verbindet sich mit einem vorderen Fortsatz mit dem Jugale superius (.J. s.) oder Postorbi- tale der Autoren, welch’ letzteres nach vorn an das Postfrontale (Pf) und Jugale inferius (.J. ö.) stösst und mit ihnen die hintere Begrenzung der Orbita liefert. Dieselbe wird ferner oben vom Frontale (Fr), vorne vom Praefontale (Prf) und unten vom Maxillare (M7) umschlossen. Vor dem Praefrontale liegt das Nasale (N) und vor diesem das Praemaxillare (Pm). Die beiden leiz- teren begrenzen mit dem Maxillare den Eingang der Nasenhöhle (Nh.). Das Maxillare verbindet sich nach hinten mit dem Jugale = Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 333 inferius (J. i) und dieses mit dem Squamosum (Sg) und Tym- panieum (7y), welch’ letzteres dann nach hinten an das Quadra- tum (Q) grenzt. Durch die Verbindung des Jugale inferius mit dem Squamosum und Tympanicum entsteht der untere Jochbogen, über welchem der von Squamosum, Jugale superius und inferius (zum Theil) gebildete obere Jochbogen seine Lage hat. p Df IR NDHT: n pm N Re No 0 m I n!hz (ty) (Ü. S.) Fig. 16. Seitenansicht des Schädels des Tejus monitor. pm = Prämaxillare. n = Nasale, prf = Präfontale, fr = Fron- tale, pf = Postfrontale, p = Parietale, pa.g. = Paraquadratum, sq = Squamosum, pt, pt’ = Pterygoid, qg = Quadratum, X = Stelle, welche der Naht zwischen Pterygoid und Quadratum bei der Hatteria entspricht, po. orb. = = Postorbitale (=J.s.), col= Columella, = Lacrynale, n. h. = Nasenhöhle. Wie verhält es sich nun mit dem Saurierschädel? Zum Vergleich nehme ich den Tejus Monitor (Textfig. 16). Das Verhalten des Opisthoticum und Parietale bleibt dasselbe, an Stelle des grossen Squamosum der Hatteria finden sich hier zwei kleine Knochenstücke (pa. g. und sq.), Squamosum und Supratemporale der Autoren (Squamosum, Prosqua- mosum Baur, Squamosum, Paraquadratum Gaupp). Das Quadratum, welches bei der Hatteria direct an das Squamosum und Opisthotieum grenzt, ist hier von ihnen weit entfernt und ist auf eine schmale Knochenspange (pt) reducirt. Das kleine Tympanieum der Hatteria ist hier sehr gross, blasenförmig geworden (q) und seine Verbindung mit dem Jugale inferius ver- schwindet, und damit fällt auch der Arcus jugalis inferior weg. Vor dem Squamosum (pa.q.) liegt das Jugale superius (po. orb.) und vor diesem das Postfrontale (pf) und Jugale inferius (7. i.), genau wie bei der Hatteria, und sonst lässt sich nichts be- sonderes anführen. Das bei diesem Saurier und bei anderen 334 Gakutaro Osawa: vorkommende sogenannte Laerymale (2) wird wohl als ein Haut- knochen anzusehen sein. Bemerkenswerth ist also das Verhalten, welches Squa- mosum, Quadratum, Tympanicum sowie das Ju- galeinferius bei den Sauriern darbieten. Fragen wir nun, ob diese Zustände auf die Hatteria bezogen werden können. Was zunächst das Squamosum betrifft, so behauptet Albreeht!), dass es bei den Säugern aus 2 Knochenele- menten entsteht, was wohl mit der Angabe Baur's (19) über- einstimmt, wonach der grosse Knochen der Hatteria aus Squamosum und Prosquamosum der Stegocephalen und Ichthyosaurier zusammengesetzt sei. Alsdann wäre es leicht denkbar, dass der betreffende Knochen bei den Sauriern in 2 getrennten Stücken bestehen bleibt. Unter Quadratum werden je nach der Hatteria oder anderen Sauriern 2 verschiedene Knochen verstanden. Quadratum nennt man bei der Hatteria seit Günther ein- stimmig jenen grossen Knochen (Q Fig. 13 und 15), welcher vorne am unteren Ende der Columella mit dieser und dem Ptery- goid in Verbindung steht, nach hinten dagegen mit einem ver- breiterten Ende einerseits in den Winkel zwischen dem Opistho- ticum und Squamosum eingekeilt, andererseits an die mediale Fläche des Tympanicum (Quadrato-Jugale Baur) angelebnt liegt, was an das Verhalten bei den Crocodilen?) erinnert. Auch bei diesen bezeichnet man als Quadratum einen sehr ausgedehn- ten Knochen, welcher nach vorme an das Pterygoid und die laterale Hirnkapsel anstösst und nach hinten mit dem Squamosum, Opisthoticum sowie dem lateralwärts liegenden Tympanieum sich verbindet, mit welch’ letzterem er die Gelenkfläche für den Unter- kiefer bildet. Im Gegensatz zu dem Gesagten bezeichnet man bei den Sauriern als Quadratum den Knochen, welcher der Lage nach dem Tympanieum der Hatteria und der Crocodile entspricht (vergl. @ Fig. 15 und qg Fig. 16) und das 1) Albrecht, Ueber d. morphol. Werth d. Unterkiefergelenkes. Comptes rendus d. III. intern. otolog. Congress. Basel 1885. 2) Ich habe hier speciell Crocodilus nilotiecus Daud. vor Augen. u u Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 335 Quadratum der beiden letztgenannten Thiere wird als ein hinterer Abschnitt des Pterygoid (pt/ Fig. 16) angesehen. Das Qua- dratum derHatteria wäre also gleich demPtery- goid der Saurier, unddas Tympanicum der crste- rendem Quadratum der letzteren. Vergleicht man z. B. die Schädelbasis der Hatteria und eines Sauriers (Fig. 13 und 14), so erkennt man sofort, dass das Quadratum und Pterygoid der ersteren dem ganzen Pterygoid des letzteren genau entspricht, sowohl in Bezug auf die Lage als auch die Form, abgesehen, dass das Pterygoid des Sauriers nach hinten etwas schmäler geworden ist und sich vom Opisthoticum losge- trennt hat, wie es bei der Seitenansicht deutlich wird (pt Fig. 16). Wenn nun bei der Hatteria und auch bei den Crocodilen die Thatsache besteht, dass es sich hier um 2 Knochen handelt, wenn Gaupp!) in der vorläufigen Mittheilung seiner entwicke- lungsgeschiehtlichen Studien des Eidechsenschädels von einem hinteren Stück des Pterygoid!) spricht und wenn man ferner erwägt, dass die paarigen Schädelknochen der Hatteria wie z. B. Parietale, Frontale ete. bei den Sauriern zu einem un- paarigen nahtlos vereinigt sind, so kann man wohl annehmen, dass auch bei diesen wie bei der Hatteria ursprünglich 2 Knochen vorhanden waren, die jedoch später zu einem Stück verschmolzen sind. Die Figur 14, welche aus Siebenrock's (196) Fig. 21 copirt worden ist, habe ich deshalb zum Vergleich gestellt, weil man bei X’ eine Stelle erkennt, welche, wenn auch nicht sicher und vom Verfasser selbst nichts angegeben ist, an eine Naht bei der Hatteria (Fig. 15 X) sehr erinnert. Was wird nun denn aus dem eigentlichen Quadratum der Saurier, wenn der hintere Abschnitt des Pterygoids dieses Tieres dem Quadratum der Hatteria und Crocodile homolog sein soll? Entweder entspricht es dem Tympanicum der Hatteria oder ist im Quadratum derselben mit enthalten. Das erstere 1) Gaupp, Zur Entwickelungsgesch. d. Eidechsenschädels. Aus d. Berichte der naturforsch. Gesellsch. z. Freiburg i. B. $ 13: Auf jüngeren Stadien liegt das hintere Stück des Pterygoid, von dem Fuss- punkt der Columella bis zum Quadratum, dem medialen Umfang des mehr oder minder vollständig verknorpelnden Zellstreifens an, der die genannten beiden Theile verbindet und ihre genetische Zusammen- gehörigkeit documentirt. 336 Gakutaro Osawa: kann nicht mit Sicherheit behauptet werden, so lange das Wesen des Tympanieums bei der Hatteria nicht festgestellt ist. Wäre es ein Belegknochen, wie bei den anderen Thieren, so kann es dem Quadratum der Saurier prinzipiell nicht homologi- sirt werden, da dies nach der einstimmigen Angabe der Autoren ein knorpelig präformirtes Gebilde ist. Vorderhand muss man sich für die zweite Annahme entscheiden und das scheint mir nicht gar zu unmöglich zu sein, wenn man sich nämlich den fraglichen Knochencomplex aus drei Stücken entstanden denkt, indem dann im Fall der Saurier zwei Stücke zu einem einzigen Pterygoid sich vereinigt und das dritte als das Quadratum von den übrigen sich emaneipirt hat, während bei der Hatteria die hinteren beiden Stücke zum Quadratum verwachsen und das vordere Stück von ihnen getrennt geblieben ist. Das Tympanieum der Hatteria findet dann keinen ent- sprechenden Knochen bei den Sauriern, vielleicht dürfte ein sol- cher in der Bandmasse, welche bei den letzteren Thieren das Jugale inferius mit dem Quadratum verbindet, gesucht werden. Gaupp bezeichnet das Tympanicum der Crocodile als Paraquadratum und stellt es dem gleichnamigen Knochen der Saurier homolog, einem Knochen, welcher von früheren Autoren Supratemporale genannt wurde. Die Frage in Bezug auf das Jugale ist leichter zu be- antworten, denn es handelt sich, meiner Ansicht nach, nur um einen verschiedenen Entwickelungsmodus ein und desselben Knochens. Bei der Hatteria habe ich das Jugale inferius als einen > förmigen Knochen beschrieben, welcher aus einem schräg aufsteigenden und einem horizontal liegenden Schenkel besteht. Diese Schenkel oder Fortsätze können beide erhalten bleiben, wie bei der Hatteria. Es kann aber der eine oder der andere sich zurückbilden. Bei dem Tejus (Textfig. 16) ist der horizontale Fortsatz ganz verschwunden, während der schräg aufsteigende noch erhalten ist und zur Bildung des Joch- bogens beiträgt, genau wie bei der Hatteria. Bei der Ei- dechse bleibt der horizontale Fortsatz als ein kleiner Stummel, welcher nach Leydig durch eine Bandmasse mit dem Tyımpa- nicum verbunden ist, worin man einen ähnlichen Zustand wis den Arcus jugalis inferior der Hatteria erblicken dürfte. Bei denCrocodilen ist endlich der horizontale Schenkel des Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria puuctata. 337 Jochbeines stärker geworden als der schräg aufsteigende und bil- det den kräftigen unteren Jochbogen, welcher sich nach hinten an das Tympanicum ansetzt. Aus dieser Betrachtung folgt also, dass die doppelten Jochbogen der Hatteria und der Crocodile im wesent- lichen dem einfachen Jochbogen der anderen Sau- rier gleich sind und das Vorhandensein eines unteren Joch- bogens bei den erstgenannten Thieren nicht als ein schroffer Gegensatz zu den andern Reptilformen anzusehen ist. Im Gegen- theil, die Hatteria stellt in Bezug auf Quadratum und Jugale geradezu die Uebergangsstufe zwischen den beiden Extremen, zwischen den Sauriern einerseits und den Crocodilen andererseits dar. Das bei den Sauriern als ein Stück des Pterygoid betrachtete unbedeutende Quadratum ist bei der Hatteria schon emanzipirt und erreicht bei den Croco- dilen eine stattliche Entwicklung. Das zweischenkelige Jugale der Hatteria ist bei den Sauriern zu Gunsten des aufsteigenden Schenkels und bei den Crocodilen zu Gunsten des horizon- talen differenzirt. Auch in Bezug auf das Squamosum, welches bei der Hatteria sehr weit nach unten zum Tympanicum hinabreicht, steht sie in der jetzigen Reptilienreihe nicht isolirt da, sondern sie findet auch Verwandte unter den Agamiden; so sagt Sieben- rock (196), dass das Paraquadratum (damit das Squamosum gemeint) bei dem Gonyocephalus u. A., ferner bei Lyrio- cephalus, Iguanidae, fortsatzartig gegen das Quadratum sich erstreckt und an das Verhalten bei der Hatteria erinnert. Nach all dem Erörterten ist also kein Grund vorhanden, die Hatteria in einen schroffen Gegensatz zu den anderen lebenden Sauriern zu stellen. Gehen wir nun zur Betrachtung des Unterkiefersüber, so finden wir hier auch keinen Umstand, welcher die Hatteria von den anderen Sauriern trennt. Die 6 Elemente desselben finden sich sowohl unter den Sauriern als auch den Agamiden in gleicher Anordnung wieder. Die Angabe Günther's, dass die beiderseitigen Unterkiefer der Hatteria nicht durch eine Naht wie bei den Lacertiliern, sondern durch ein Band wie bei der Schlange beweglich verbunden seien, ist nicht begründet. Die genannte 338 ( Gakutaro Osawa: Verbindungsweise verhält sich bei den Lacertiliern wie bei der Hatteria ganz gleich; es handelt sich in beiden Fällen nur um eine bindegewebige Symphyse. Das Visceralskelet der Hatteria gleicht völlig dem der Eidechse, wovon ich mich selber überzeugt habe; es besteht nämlich bei beiden aus einem länglich dreieckigen Körper mit einem vorderen Processus 'entoglossus und zwei hinteren Ausläufern, sowie 2 Paar Bögen, von welchen das vordere Paar nach Leydig mit dem Hammerknorpel fast in Berührung tritt, — ähnlich wie bei der Hatteria (vgl. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. Dieses Archiv Bd. 51, S. 520—524). Rumpf-Skelet. Die Wirbelkörper der Lacerta sind procoel, die der Hatteria hingegen äusserlich amphieoel. Der amphicoele Charakter der Hatteria darf aber durchaus nicht als eine primitive Stufe angesehen werden. Wie ieh schon im betreffen- den Capitel bemerkte (l. e. Fussnote S. 485) handelt es sich hier nicht um die eigentlichen amphieoelen Wirbel, wenn man darunter, wie Goette richtig sagt, Wirbel mit einer gegen die beiden Enden und intervertebral erweiterten Chordahöhle versteht, sondern die beiden Endflächen sind nur vertieft und mit je einer wirklichen Bandscheibe versehen, was auf eine weitere Entwick- lung zu dem bei den Crocodilen obwaltenden Verhältnisse hin- deutet. Die Halswirbel sind bei der Eidechse mit den Inter- centren und die Schwanzwirbel mit den unteren Bögen versehen, genau wie bei der Hatteria; die Zweitheilung der Schwanz- wirbelkörper bei der Eidechse ist allbekannt. Auch der Pro- atlas kommt nach Albrecht (die vier Zwischenkiefer, das Quadratum, das Quadrato-Jugale, das Jugale ete. — Comptes rendus de la Sieme session Copenhague 1884) ausser bei der Hatteria noch bei Crocodilen und anderen Thieren und nach Baur (Ueber den Proatlas einer Schildkröte. — Anat. Anz. Bd. 10, 1895) bei Platypeltis spinifer Les. vor. Von den Rippen der Eidechse kann man auch wie bei der Hatteria, Hals-, Brust- und Rumpfrippen unterschei- scheiden, von welehen die Halsrippen denjenigen der Hatteria gleichen. Die 3 Brustrippen setzen sich ebenfalls wie bei der Hatteria an den Seitenrand des Sternum; die weiteren 2 Paare Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 339 erreichen das letztere nur mittelst eines besonderen Knorpels, weisen hierdurch mehr oder weniger den Charakter der ventralen Bauchrippen !) der Hatteria auf. Die Laecertarippen entbehren der dorsalliegenden hakenförmigen Proc. uneinatus und des ven- tralen schaufelförmigen Fortsatzes und unterscheiden sich dadurch von denjenigen der Hatteria. Auch die ventralen Abdominal- rippen der Hatteria fehlen bei der Eidechse und werden nur durch eine sehnige Masse ersetzt, welche, wie bei der Hatteria, mit den Schuppenplatten der Bauchhaut fest verwachsen ist. In Bezug auf die Bauchrippen steht die Hatteria also den Crocodilen näher! Das Brustbein setzt sich aus dem Sternum und dem Epi- sternum zusammen. Das erstere stellt sowohl bei der Hatteria als auch bei der Lacerta eine rbombische Platte dar, welche seitlich zur Aufnahme des Coracoid und der 3 Brustrippen mit einer tiefen Furche (Suleus coracoideus) und mit 3 Incr surae costales versehen ist. Das Episternum ist bei der Hatteria T-förmig, bei der Lacerta aber +-fürmig. Extremitätenknochen. Auch der Schultergürtel ist bei Hatteria und Eidechse im wesentlichen gleich. Bei beiden besteht ein eontinuirlich zusammenhbängendes Scapulo-Coracoid mit dem Foramen supracoracoideum in der Nähe des Humerusgelenkes. Nur bei der Eidechse ist das Coracoid im vorderen medialen Theil oft nochmals durchlöchert. Die Clavieula weist in ihrer Form und Lagebeziehung zu den übrigen Knochen nur ge- ringe Schwankungen auf, was nicht von Bedeutung sein kann. In Bezug auf Ober- und Vorderarmknochen ist wenig zu sagen, sie sind in ihrer Form vollkommen gleich; nur 1) Diese können aber auch mit dem Xyphisternum der Sceinco- iden verglichen werden. Auch die Halsrippen dieser Thiere sind in- teressant; so sagt Siebenrock (19): Das untere schaufelförmige Ende der Cervicalrippen der Scincoiden und der Gerrhosauriden trägt ein Knorpelstück. Es theilt sich fast rechtwinklig in zwei spitzendi- gende Aeste, von denen der vordere Ast schief abwärts ragt und der rückwärtige in horizontaler Richtung auf die nächstfolgende Halsrippe zu liegen kommt, wodurch er einem Proc. uncinatus bei Hatteria und den Crocodilen gleicht. 340 Gakutaro Osawa: das Foramen entepicondyloideum fehlt bei der Lacertat); für die Hatteria ist das Vorkommen zweier Centralia im Carpus charakteristisch, während die Eidechse nur ein Cen- trale zu besitzen pflegt. Das Vorkommen zweier Centralia scheint aber bei den Reptilien nicht sehr selten zu sein. So be- richtet Baur (D. Carpus der Schildkröten. — Anat. Anz. VII. Jahrg. Nr. T u. 8, 1892) darüber bei den Schildkröten und Rosenberg (Ueber einige Entwicklungsstadien des Hand- skelets der Emys lutaria Marsili. — Morph. Jahrb. Bd. XVII, Heft 1, 1891) bei einem Schildkrötenembryo. Siebenrocek (195) bildet auf Fig. 8 das Handskelet des Zonosaurus ornatus Gray ab, bei welchen ausser 3 proximalen und 5 di- stalen Carpalknochen noch 2 Centralia zu erkennen sind, obwohl Siebenrock das radiale Stück davon als ca. 1 (=Carpale 1) deutet, indem dann 2 Carpale 1 vorhanden sein müssten. Auch ich habe in der Hand eines Geckoembryo zwischen der proxi- malen und der distalen Reihe der Handwurzelknochen zwei Knochenelemente nebeneinander liegen sehen. Der Beekengürtel besteht bei Hatteria und Eidechse aus Pubis, Ilium und Ischium mit dem Foramen cordiforme und obturatorium. Die mediale Begrenzung des Foramen cordiforme kann bei gewissen Arten der Lacertiliern fehlen, sodass die beiderseitigen Foramina meinander übergehen, jedoch bleibt die Grundform des ganzen Gürtels bestehen. Der Tarsus der Eidechse besteht nach Leydig aus einem einzigen Stück Knochen und aus dem Cuboid und Cunei- forme III und bei der Hatteria existiren noch zwei mediale Tarsalien. Da diese Knochen nach Leydig und Born sich mit dem entsprechenden Metatarsale vereinigt haben, so findet man auch hier keinen prineipiellen Unterschied zwischen den ge- nannten Thieren. 1) Siebenrock (197) theilt mit, bei den Agamiden im oberen Umfange der Fossa supratrochlearis anterior ein Loch gefunden zu haben, durch welches die eingeführte Sonde bis zur proximalen Apo- physe gelangt. Da die Abbildung nicht beigegeben ist und sonstige Verhältnisse zu den Weichtheilen nicht angegeben sind, so ist es na- türlich nient möglich, zu entscheiden, ob es sich um das Foramen entoepicondyloideum handelt. Nur die Lage der Mündung spricht dafür; jedenfalls ist eine genaue Nachforschung in dieser Beziehung wünschenswerth. Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 341 Muskeln. Die Augenmuskeln, 4 Reeti und 2 Obliquii sowie ein Retraetor finden sich sowohl bei der Hatteria als auch der Lacerta vor. Auch Kaumuskeln sind ähnlich angeordnet, ebenso Halsmuskeln, Rücken- und Schwanzmuskeln. Aftermuskeln wie Transversus perinei, Sphincter eloacae, Compressor glandulae analis sind auch bei den andern Sauriern vorhanden. Die seitlichen Bauchmuskeln der Lacerta sind nach Maurer einfacher gebaut als bei der Hatteria, inso- fern nämlich als die Rippen bei der letzteren anders beschaffen sind; dagegen ist der Recetus abdominalis bei der Lacerta com- plieirter. Was die Muskeln der vorderen Extremität, namentlich die Schulter- und Oberarmmuskeln anbetrifft, so konnte ich die Angaben Fürbringer’s, ausser in wenigen Fällen, auch bei der Hatteria bestätigen. Ueber die Muskeln der Hand der Saurier liegt eine genaue Mittheilung zur Zeit noch nicht vor. Ueber die Muskeln der hinteren Extremität der Hatteriasagt Gadowt), dass sie durch manche primitive Verhältnisse von denjenigen der übrigen Reptilien sich unter- scheiden, und dass sie demnach gesondert behandelt werden müssen, allein ich glaube, dass die Abweichungen der Muskeln der Hatteria von denjenigen der übrigen Saurier kaum grösser sind, als diese untereinander varliren. Nervensystem. Das Gehirn, welches aus einem abgerundet kegelförmigen Vorderhirn mit dem Lobus olfactorius, einem dahinter folgenden Zwischenhirn, einem buckelig aufgeblasenen Mittelhirn und einem deekelartig aufgerichteten Hinterhirn, sowie einem daran sich anschliessenden Nachhirn mit der Rautengrube besteht, verhält sich im wesentlichen sowohl bei der Eidechse als auch bei der Hatteria gleich. DieEpiphyse und das Parietal- 1) Godow, Beiträge zur Myologie der hinteren Extremität der Reptilien. Morph. Jahrb. Bd. VII. 1881. 342 Gakutaro Osawa: organ haben bei der Hatteria zwar eine höhere Entwick- lung erlangt, doch lässt sich der Vergleich der beiden Gebilde mit denjenigen der Lacertilier ohne weiteres durchführen (vgl. Spencer, On the presence and structure of the pineal eye in Lacertilia. — Quart. Journ. of mier. Se. N. S. Vol. XXVII, 1886) und Leydig (Das Parietalorgan der Amphibien und Reptilien. — Abhandlung der Senckenberg. naturforsch. Gesellsch. Frankfurt a. M. 1890). Von den Gehirnnerven und den sympathischen Nerven lässt sich nur wenig sagen; ich habe die Angabe J. G. Fischer's!) bei den Sauriern im grossen und ganzen bestätigen können; nur in einigen Punkten, wie über den R. re- eurrens ad nervum facialem Fischer, die Form und Bildung des Plexus pharyngealis, über Verlauf und Verästelung des Glosso- pharyngeus, über den tietliegenden Halssympathieus Fischer's u. a. habe ich eine andere Ansicht ausgesprochen, was aber für den Vergleich der bei den beiden Thierformen obwaltenden Ver- hältnisse von keinem grossen Belang ist. Von den Cervical- sowie Brachialnerven ist keine genaue Angabe vorhanden, mit welcher der Zustand der Hatteria verglichen werden kann, was ich bei Fürbringer?°) finden konnte, vermochte ich auch bei der Hatteria zu verwerthen. NervendesRumpfes, desSchwanzes dürften sich bei Lacerta und Hatteria woll gleich verhalten. Der. Nervenplexus:der hinteren: Extremiru: der Hatteria stimmt in seiner Zusammensetzung mit keinem der von Ga do w untersuchten Reptilien überein, gleichwohl muss ich bemerken, dass der Plexus ischiadieus der Hatteria wenigstens nach meiner Untersuchung die gleiche Zusammen- setzung wie derjenige der Lacerta viridis, Hydrosaurus marm., Cnemidophorus zeigt, nämlich b+ta+S+3; Ga- dow hat bei der Hatteria offenbar die Betheiligung des II. Prae- sacralnerven an dem genannten Plexus übersehen. Auch in Be- zug auf die Lage des N. sacralis lässt sich die Hatteria an La- 1) J.G. Fischer, Die Gehirnnerven der Saurier. Hamburg 1852. 2) Fürbringer, Zur vergleichenden Anatomie der Schulter- muskeln. Morph. Jahrb. Bd. 1875. Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 343 certa undCnemidophorus anschliessen. Bei der Hatteria nämlich ist der N. sacralis der 27., bei Cnemidophorus der 28. und bei der Lacerta der 29. Die Haut und die Mus- keln der Streckseite des Oberschenkels werden bei der Hatteria gleich wie bei den andern Reptilien vom Plexus eruralis ver- sorgt, während diejenige der Beugeseite die Nerven des Plexus ischiadicus bekommen. Die 3 Stämme der Unterschenkelnerven nach Gadow können wohl mit dem N. tibialis medialis und lateralis mit 3 Cutanei cruris ventralis sowie suralis verglichen werden, während der 4. Stamm Gadow’s durch den Peroneus bei der Hatteria vertreten ist. Verdauungsorgane. Die allgemeine Gestalt der Mundhöhle der Hatteria ist, wie schon im Capitel über die ventrale Schädelfläche besprochen worden ist, dem Typus der Saurier gleich. Die Zähne kommen bei der Hatteria sowohl auf beiden Kieferknochen als auch auf den Gaumenknochen und manchmal auf dem Vomer vor; bei der Eidechse beobachtet man sie anstatt auf dem Palatinum auf dem Pterygoid. Die Vomerbezahnung wurde von manchen Forschern bei der Hatteria für charakteristisch erklärt, und ich selber habe deren Bedeutung in Bezug auf fossile Repti- lien und Proreptilien einmal hervorgehoben !), doch muss ich jetzt gestehen, dass diese Erscheinung auch unter den leben- den Typen vorkommen kann, denn ich fand selbst unter wenigen Exemplaren der Reptilien in der hiesigen anatomischen Samm- lung eines mit einem gut erkennbaren Vomerzahn. Ich glaube, es war Iguana delicatissima Daud. Auch die feinere Structur der Zähne der Hatteria lässt sich von der der Lacerta nicht unterscheiden. Von den Drüsen der Mundhöhle unterscheidet Leydig bei der Lacerta Lippen- und Unterzungendrüse und bei der Blindschleiehe dazu noch die Gaumendrüse; dagegen spricht Holl nur von den Krypten, welche, wie ich gesehen habe, auch bei der Hatteria vorkommen. Die Lippen- drüse von Leydig wird wohl derjenigen bei der Hatteria 1) Nachtrag zu dem Vomerzahn. Dieses Archiv Bd. XXXIX. 1897..S. 225. Archiv f, mikrosk. Anat. Bd, 52 93 344 Gakutaro Ösawa: gleich sein, dagegen ist die Unterzungendrüse der Eidechse ent- schieden eomplieirter gebaut als bei der Hatteria; diese letz- tere steht demnach in dieser Beziehung der Blindschleiche näher, bei welcher nämlich die Unterzungendrüse, soweit ich untersucht habe, in Form von Krypten vorkommt. In Bezug auf die Zunge unterscheidet sich die Hatteria selbstverständlich von der Lacerta; die erstere ist ein Crassi- linguier. Abgesehen von der Anordnung der Muskulatur dieses Organes aber bleibt die feinere Structur bei beiden fast gleich. In Anbetracht der Zungenmuskeln steht die Hatteria dem Crocodil näher; nach Hoffmann (Bronns Klassen und Ordnungen des Thierreiches) finden sich auch bei den Cocodilen die Mm. hyo- glossus und genioglossus in ähnlicher Weise wie bei der Hat- teria, obwohl von dem Basihyalis proprius nichts erwähnt ist. Was nun das Nahrungsrohr anbetrifft, so beginnt es bei der Hatteria mit einem weiten trichterförmigen Oesophagus, weleher caudalwärts in den birnförmigen Magen sowie in einen gewundenen Dünndarm und beträchtlich weiteren Diekdarm über- geht und am Ende des letzteren mit einer Verdickung der Wand gegen die Cloake sich abschliesst und somit genau an das Ver- halten erinnert, welches sich auch bei der Lacerta in gleicher Weise wiederfindet. Auch der feinere Bau des genannten ganzen Traetus stimmt bei beiden völlig überein, und dasselbe lässt sich von den accessorischen Drüsen sagen. Athmungsorgane. Der Kehlkopf der Hatteria baut sich aus zwei Knorpeln, C. erieoidea und arytaenoidea auf, welche beide auch bei der Eideehse in gleicher Form sich wieder finden; die dazu ge- hörigen Muskeln bestehen bei beiden Thieren aus einem Dilatator und einem Constrietor laryngeus. Die Lunge der Hatteria stellt nach Milani (143) eine pri- mitive Form dar, stimmt aber mit derjenigen der Teiidae über- ein. Nach meiner eigenen Ueberzeugung ist die Eidechsen- lunge ganz ähnlich gebaut wie bei der Hatteria, so dass es wenigstens der mikroskopischen Structur nach keinen Unterschied zwischen den beiden zu geben scheint. Bei beiden stellt das Organ nämlich die Form eines einfachen Sackes dar, von dessen Wand zahlreiche Septa in's Lumen hineinragen, und es unter- 4 Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 345 scheidet sich so von der complieirten Form bei Schildkröten oder Crocodilen. Harnorgane. Die Form und Lage der Niere, des Harnleiters so- wie der Harnblase verhalten sich bei der Hatteria wie bei der Eidechse gleich. Auch die feinere Structur der Niere und des Harnleiters stimmt bei beiden überein, nur die Harn- blase der Eidechse habe ich selber nieht untersucht, glaube aber kaum, dass sie anders beschaffen ist. Die Ausmündung des Harnleiters in die Cloake ist bei der Lacerta wie bei der Hatteria von der des Geschlechtsganges getrennt. Geschlechtsorgane. Der Eierstock der Eidechse ist viel kleiner und kurz spindelförmig und unterscheidet sich von dem der Hatteria. In Bezug auf die Lage, sowie die feinere Structur findet man nichts abweichendes; die Eier der Lacerta aber haben nach meiner eigenen Untersuchung ein mehrschichtiges Epithel im Gegensatz zu dem einschichtigen der Hatteria. Der Eileiter und die Nebenniere sind bei beiden Thieren gleich. Die männlichen Geschlechtsorgane, wie Ho- den, Nebenhoden und Samenleiter sind sowohl in Be- zug auf Form und Lage als auch in der feineren Struetur nicht verschieden; auch die Spermatozoen sind ähnlich, selbst der Rest des Müller’schen Ganges ist bei der männlichen Hatteria wie bei der Lacerta erhalten. In der Cloake der Eidechse, deren Configuration der der Hatteria gleicht, beschreibt Leydig zwei Arten von Drüsen, eine grössere in der Hinterwand liegende Prostata und eine zweite kleinere an der Vorderwand der Cloake sitzende, welche Leydig als eine Art Talgdrüse betrachtet. Diese Angabe stimmt mit dem Verhalten bei der Hatteria nicht gut überein, da bei der letzteren nur eine Art tubulöser Drüsen in der Cloake sich befindet. Indessen muss ich nach meiner eigenen Erfahrung die Leydig’sche Angabe dahin modifieiren, dass nämlich die beiden Drüsen in der Cloake der Eidecehse, wie die Serien- schnitte es zeigen, continuirlich zusammenhängen, und dass sie 346 Gakutaro Osawa: also nur als eine Drüsenart angesehen werden müssen. Auf der andern Seite will ich aber nicht behaupten, dass die Drüse der Eidechse der der Hatteria vollkommen gleich sei, da die Cloakendrüse der ersteren wie die Unterzungendrüse einen eom- plieirten, mehr acinösen Charakter aufweist, was bei der Hatteria nicht der Fall ist. In dieser Beziehung steht die Hatteria der Blindschleiche oder dem Gecko näher, weil bei diesen letzteren ebenfalls einfache tubulöse Cloakendrüsen sich finden. Begattungsorgane wurden von Günther bei der Hatteria vermisst, und Gado w!), welcher die Angabe Gün- ther’s ohne Weiteres anerkannte, nalım die Querfalte der Cloake als solche in Anspruch und wollte das bei dn Gymnophio- nen obwaltende Verhältniss zur Geltung bringen; auch ich selber war in dieser Sache sehr vorsichtig und sprach bis jetzt keine bestimmte Ansicht darüber aus, weil ich über kein ge- nügendes Material verfügen konnte, um mich bestimmt zu er- klären. Jetzt aber, nachdem ich so viel Thiere daraufhin unter- sucht, muss ich mit der Behauptung auftreten, dass der Hatteria auch ein Begattungsorgan zukommt. Nach Leydig sitzt die Ruthe der Eidechse beiderseits an der Schwanzwurzel unter der Haut, hat im ausgestülpten Zu- stand eine warzige Form und steht durch eine Rinne, Samen- rinne, mit der Cloake in Verbindung. Ein solches Organ findet sich nach meiner Untersuchung ausser bei derEidechse auch beider Blindsehleiehe,Gecko,Chamaeleon. Ueber- all handelt es sich um eine vielfach verzweigte Epithelausstül- pung, welche im Innern mit Epithelmasse gefüllt und nach aussen von blut- und Iymphgefässreichem Bindegewebe umhüllt ist. Auch bei der Hatteria fehlt ein solches Organ nicht, es war bis jetzt unter der Bezeichnung „Analdrüse“ (Günther) bekannt. Dieselbe ist erbsenförmig und steht mit einem Ausführungsgang, welcher mit dem gewöhnlichen Pflasterepithel der Cloake aus- gekleidet und von dem echten Drüsenausgang ganz verschieden ist, mit der Cloake in Verbindung, ihr Inneres zerfällt in zahl- reiche Fächer, welche mit verfetteten Epithelien voll gefüllt sind. Dieselben scheinen, wie Leydig bei der Eidechsenruthe er- wähnt, als kothartige Ballen von Zeit zu Zeit entleert zu werdeı.. 1) Gadow, Remarks on the Cloaca and on the Copulatory Organs of the Amniota. Philos. Transact. Vol. 178. 1888. Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 347 Nach aussen wird sie ferner von Bindegewebe umgeben, welches in's Innere zahlreiche Septen sendet. Ausserhalb der Binde- sewebskapsel kommen dann die Muskeln, welche, von mir als Compressor glandulae analis bezeichnet, wohl dazu dienen, die Drüse resp. deren Epithelmasse nach aussen heraus- zutreiben. Ich finde es also jetzt für berechtigt, die betref- fende Drüse als die Ruthe und deren Ausführungs- sang als Samenrinne der Hatteria anzusehen, eine Ansicht, welche durch Boas eine noch weitere Stütze erfährt, wenn dieser Autor selbst bei den Crocodilen, bei welchen eine unpaare Ruthe besteht, doch noch die Moschusdrüse als ein Homologon der Eidechsenrute betrachtet. Durch den Besitz eines Begattungsorganes ist die Zugehörig- keit der Hatteria zu den Reptilien festgesetzt. Sinnesorgane. Die Haut der Hatteria unterscheidet sich von der der Am- phibien durch den Mangel der Hautdrüseh und durch Auftreten von vertroekneter Epidermis, sowie harte Schuppenbildung. Auch die Sinnesorgane der Haut bei der Hatteria gleichen den der Amphibien gar nicht. Die wohlgebildeten Sinnesorgane des Cryptobranchus z. B. erinnern mehr an die Geschmacksorgane der Hatteria!). Die Haut der Hatteria stimmt mit derjenigen der Reptilien, und zwar der Lacertilier vollständig überein. Das Fehlen der sogenannten Schenkeldrüsen wird ausser bei der Hatteria auch bei den andern Sauriern beobachtet; diese sind aber nebenbei bemerkt keine Drüsen, sondern Epithelanhäufungen in den Epidermisvertiefungen. Die Geschmacksorgane sind bei der Hatteria ähnlich gebaut wie bei den andern Sauriern; auch ihre Verbreitung ist bei beiden gleich. 3esichtsorgane. Die Retina und Linse der Hatteria weisen dieselbe Struetur wie bei den Sauriern auf; der Kamm fehlt bei der Hatteria, und das Vorkommen der Area centralis ist fraglich; im Verhalten von Cornea, Sklera und Skleralknöchelehen, sowie 1) Vergl. Maurer, Epidermis u. ihre Abkömmlinge. Leipzig 189. 3418 Gakutaro Osawa: von Chorioidea und Iris findet man nichts Abweichendes. Das obere und untere Augenlid und die Nickhaut sind bei der Hatteria und der Eidechse mit Ausnahme der Supereciliar- knochen gleich beschaffen. Die Angabe der Autoren, dass im Oberlid quergestreifte Muskeln vorkommen, was bei der Hat- teria nicht der Fall ist, wurde schon von Weber auch bei der Eidechse selber widerlegt. Ein abweichendes Verhalten zeigt nur der Drüsenapparat des Auges; es fehlt nämlich bei der Hatteria die Thränendrüse der Eidechse völlig; die Hat- teria würde sich in dieser Beziehung also den Agamiden anschliessen, vergl. Sardemann (178). Die Geruchsorgane. Auch diese sind bei der Hatteria im grossen und ganzen gleich wie bei der Eidechse beschaffen. Die Ausmündung des Thränennasenganges befindet sich bei der Hatteria etwas weiter nach vorn, als dies Born bei der Eidechse angegeben bat; ein prineipieller Unterschied ist aber darin nicht zu finden, um so mehr, als ich selber bei der Eidechse constatirt habe, dass eine von dem hinteren Abschnitt des Thränennasenganges aus eingeführte Sonde ziemlich weit vorn an der Choane zum Vor- schein kam. In dem cavernösen Gewebe der Vorhöhle der Ei- dechse will Leydig keine Muskelelemente gesehen haben; ich habe sie aber bei der Eidechse so gut wie bei der Hat- teria mit Sicherheit gefunden; auch Bruner (38) spricht da- von bei einigen Reptilien. Die becherförmigen Zellen in der Epidermis der äusseren Nasenhöhle sind ausser bei der Hat- teria auch bei der Eidechse zu treffen. Das Gehörorgan. Die Hatteria und die Eidechse unterscheiden sich im Verhalten des Utrieulus zum Saceulus. Während diese beiden Abschnitte des Labyrinthes bei der Hatteria fast übereinan- der gelagert sind, steht der Saceulus bei der Eidechse viel höher, so dass Utrieulus und Sacceulus nebeneinander liegen. Auch die Pars basilaris der Eidechse ist durch den Besitz einer Brücke im Knorpelrahmen ausgezeichnet (Clason); indessen gibt Retzius, der bei zahlreichen Wirbelthieren das Gehörorgan untersucht hat und in dieser Sache die erste Autorität behauptet, an, dass die Hatteria Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 349 in Bezug auf das membranöse Labyrinth den Lacertiliern am meisten ähnlich ist. Das Fehlen der Trommelhöhle, was Günther als merkwürdig angeführt hat, ist kein auffallendes Merkmal; es gibt Saurier, bei welchen keine Trommelhöhle zur Ausbildung kommt. Auch die unvollkommene Entwickelung der äusseren Schicht des Trommelfells steht nicht einzig da. Cireulationsorgane. Da das Material nicht mehr hinreichte, so habe ich die Untersuchung der Cireulationsorgane unterlassen müssen. Es sei hier bloss einiges über das Herz erwähnt. Das Herz der Hatteria besteht aus zwei grossen ÄAtrien und zwei diekwandigen Ventrikeln. Der Sinus venosus, welcher rechts den Ductus Cuvieri dexter und Vena cava inferior, links den Duetus Cuvieri sinister aufnimmt, ist ein membranöser quer- liegender Sack, welcher an die hintere Seite der beiden Atrien gelagert ist, und welcher von innen gesehen durch eine niedrige, von oben nach unten laufende Leiste, Septum Sinus venosi Röse, in zwei Hälften, in eine rechte und linke, unvollkommen getheilt wird. An der Basis der Leiste mündet auch die Herzvene in den Sinus aus, welcher seinerseits nach vorn mit dem rechten Atrium eommunieirt, an dessen Grenze zwei halbmondförmige Klappen, eine obere (linke) und eine untere (rechte) sichtbar sind. Die beiden Atrien stellen zwei grosse Säcke dar, die in der Mitte durch eine dünne Scheidewand (Septum atriorum) von einander völlig getrennt sind, und welche abwärts in die Ven- trikel sich fortsetzen. An der Atrio-ventrieulargrenze befindet sich jederseits eine grosse halbmondförmige Klappe, welehe von der medialen Wand ausgeht und an der vorderen und hinteren Ventrikelwand dureh Papillarmuskeln befestigt ist. In das linke Atrium ergiesst sich der vereinigte Stamm der Venae pulmonales, indem dieser die hintere Wand durchbohrt und da eine kleine Klappe erzeugt. Die dickwandigen Ventrikel weisen eine unvollständige Seheidewand auf, indemsie deshalb oben an dem Ursprung der grossen Arterien durch eine Oeffnung, Foramen Panizzae, eommunieiren. Die Arteria pulmonalis entspringt von der medialen oberen Ecke des rechten Ventrikels; dagegen nimmt die Aorta ihren Ursprung in der Gegend des Foramen Panizzae, steigt durch den rechten 350 Gakutaro Osawa: Ventrikel vor die Arteria pulmonalis in die Höhe und zerfällt durch das Auftreten einer Scheidewand in ihrem Lumen in eine rechte und linke Hälfte, Aorta dextra und sinistra. Die Arteria pulmonalis und die beiden Aorten sind bloss durch eine Scheide- wand getrennt. Ein Querschnitt in dieser Gegend (Truneus ar- teriosus) zeigt drei Lumina &, von denen das grössere hintere der Pulmonalis und die beiden kleineren vorderen den beiderseiti- gen Aorten entsprechen. Verfolgen wir die Gefässe eine Strecke weiter aufwärts, so finden wir, dass jede Aorta in zwei Bogen zerfällt, in den medialen (vorderen) Carotisbogen und den late- ralen (hinteren) Aortabogen, von denen der erstere kopfwärts geht, während der zweite caudalwärts steigt. Der anfangs hinter den Aorten gelagerte einfache Pulmonalisstamm geht unterhalb des Aortenbogens auch eine Zweitheilung ein, von welcher jedes Theilstück zur Lunge jeder Seite hinabläuft. Der Aortabogen gibt einerseits einen Anastomosenast zum Carotisbogen ab und ist andrerseits durch den Ductus Botalli mit der Pulmonalis verbunden. Röse (174) sagt in seiner Arbeit, dass der Sinus venosus der Hatteria unter den Reptilien am tiefsten stehe; indessen scheint mir keine Veranlassung vorzuliegen, der Hatteria eine Sonderstellung in dieser Beziehung zu geben. Das Septum sinus venosi z.B. ist bei der Eidechse und auch bei einigen Schildkröten ebenso schwach ausgebildet, wie bei der Hatteria. Aus der einfachen Beschreibung, die ich oben vorausgeschickt habe, kann übrigens zur Genüge hervorgehen, dass das Herz der Hatteria dem Verhalten bei den Reptilien und den Sauriern vollkommen entspricht. Günther meint, dass das Hatteriaherz mehr dem Typus der Lacertilier als dem der Crocodile sich nähere. Aus dem Erörterten ergibt sich also, dass die Hatteria in den meisten Fällen mit der Eidechse ganz gut zusammen- gestellt werden kann, und dass sie durch das Verhalten des Quadratums, der Rumpfrippen, der ventralen Bauchrippen auch zu den Crocodilen in nähere Beziehung tritt. Die Hatteria ist demnach ein Saurier, welcher den Uebergang von den Lacer- tiliern zu den Crocodilen vermittelt und der keine Verwandtscha?t zu den heute lebenden Amphibien zeigt. Die landläufige An- sicht, die Hatteria als etwas Isolirtes, niedrig Stehendes auf- Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 351 zufassen, und sie sogar zu den Amphibien in nähere Beziehung bringen zu wollen, wozu ich anfangs auch geneigt war, ist also hinfällig geworden. Fragen wir uns aber, wie denn diese An- sicht eigentlich aufgekommen ist, so finden wir ganz leieht die Aufklärung: Die Arbeit Günther’s (77) hat nämlich die Ver- anlassung dazu gegeben. Als dieser berühmte englische Zoolog zum ersten Male die Hatteria untersuchte, fand er soviel ab- weichende Punkte in dem Körperbau dieses Thieres, dass er sich genöthigt sah, demselben eine besondere Ordnung zu widmen, und er hat es in der That gethan. Nach ihm zerfallen die Squamata in drei Ordnungen, in die Ordnung der Ophidia, in die der Laeertilia und die dr Rhynchocephalia. Als Merkmale dieser dritten Ordnung wurden angegeben: „Qua- drat bone suturally and immovably united with the skull and pterygoid; columella present. Parts of the ali- and orbito-sphe- noid region fibro-cartilaginous; rami of the mandible united by a short fibrous ligament. Temporal region with two horizontal bars. Vertebrae amphicoelian. Copulatory organs none.“ Diese Angabe hat dann bei späteren Gelehrten Anklang gefunden und wurde bis auf unsere Zeit als feststehende That- sache angenommen. In „Brehms Thierleben“ z. B. finden wir folgende Worte angeführt, S. 623: : „Diese (Hatteria) in jeder Beziehung auffallende, in ihrem Aeusseren zwar ganz an die Ei- dechse erinnernde Ordnung, die aber in ihrem inneren Baue die Merkmale verschiedener Ordnungen, ja Klassen, neben einer Summe der seltsamsten Eigenthümlichkeiten vereint, stimmt in manchen Beziehungen sogar mit den Lurchen überein.“ Mir scheint es, dass der Verfasser des betreffenden Buches hierbei mit der Auslegung der Günther ’schen Angaben zu weit ge- gangen ist. So will er in den anscheinend amphieoelen Wirbeln der Hatteria eine Aehnliehkeit mit Lurchen und Fischen erblicken, in dem Verhalten der Reetusscheide und der ventralen Abdominalrippen eine solche mit dem Hautpanzer der Schild- kröten; das Fehlen des Trommelfells und der Trommelhöhle soll an de Schlangen erinnern, und der Mangel des männ- lichen Geschlechtswerkzeuges endlich eine Zusammengehörigkeit der Hatteria mit den Lurcehen bekunden, — wahrlich ein Monstrum, wie kein zweites in dieser Welt sich finden wird! In einem ganz kürzlich erschienenen Buch „Thierreich“ 392 Gakutaro Osawa: (herausgegeben von Paul Matschie und mehreren anderen Mitarbeitern, Neudamm 1898) heisst es (Heft 56, S. 52): „Ver- geblich sucht man unter den jetzt lebenden Formen irgend einen auch nur entfernt ähnlichen Verwandten der Brückenechse“ u. s.w. Auch hier liegt die Angabe Günther’s zu Grunde. Wie wir oben gesehen haben, sind die Merkmale, welche Günther als merkwürdig angegeben hat, nicht mehr merk- würdig. So kann man das Quadratum, welches freilich an das Verhalten der Crocodile sehr erinnert, einigermaassen auch mit demjenigen der Saurier vergleichen. Bei den Eidechsen ist die Columella vorhanden und die Gegend des Ali- und Or- bitosphenoid stets fibrös. Die beiderseitigen Unterkiefer der Hatteria vereinigen sich nicht durch ein Band wie bei der Schlange, sondern durch eine bindegewebige Symphyse wie bei der Eidechse. Die doppelten Jochbögen der Hatteria können auf den einfachen der Saurier leicht zurückgeführt werden. Die Wirbel sind nur anscheinend, nicht wirklich amı- phicoel, und das Copulationsorgan ist vorhanden. In wie weit ist doch die Organisation der Hatteria merk- würdig, und weshalb soll sie keinem anderen Reptil nicht einmal entfernt ähnlich sein?! Die Hatteria ist also entschieden ein kionokraner Saurier und zeigt in ihrem Körperbau eine vollkommene Ueber- einstinmmung mit den noch heute lebenden Formen der Saurier. Wegen der Aehnlichkeit der allgemeinen Körperform und auch des Kopfskelets lässt sie sich am besten zu den Agamiden rechnen. Die mangelhafte Ausbildung der Drüsen bei der Hatteria könnte auch mit dem Verhalten der T'hränendrüse bei den Agamen in eine Parallele gestellt werden. Hat man in der Hatteria eine Agamenart gefunden, so wird die Entdeckung der Palaeohatteria in Deutschland nicht befremden, denn eine Art Agame kommt ja jetzt noch im östlichen Europa vor, und Neuseeland, welches bisher als der- Jenige Ort galt, wo die Agamen fehlen, braucht nun gegenüber den benachbarten Inselgruppen keine Sonderstellung mehr einzu- nehmen, wenn eine Agamenart in Form von Hatteria gefunden ist. Die Hatteria ist somit ein den Agamiden angehörendes oder wenigstens ihnen nahe stehendes Reptil auf Neu- seeland. EEE ee Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 353 Ich kann diese Arbeit nicht abschliessen, ohne mein schmerz- liches Bedauern auszudrücken über den unerwartet erfolgten Tod des Herrn Professor Jeffery Parker in Otago (Neuseeland), welcher der hiesigen anatomischen Anstalt in so edelmüthiger und freigebiger Weise so viel Material der Hatteria überlassen hat. Auch sei es mir gestattet, Herrn Professor Wiedersheim, der mir soviel Material zur Verfügung gestellt und meine Arbeit in jeder Hinsicht erfolgreich unterstützt hat, meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. Ferner bin ich den Herren Collegen der hiesigen anatomischen Anstalt, bei welchen ich während meines Aufenthaltes hier stets freundliche Aufnahme gefunden habe, sehr verbunden. Endlich sei noch meiner Frau erwähnt, die mir bei meiner wissenschaftlichen Arbeit zur Seite stand und das Ab- schreiben des Manuskripts, das Revidiren der Druckbogen sowie die Anfertigung von mehreren tausend Schnitten, die ich für diese Untersuchung sowie für manche andere Zwecke benützte, unermüdlich besorgt hat. Krerbure i. b., denult. März. 1890. G. Osawa. Literatur-Verzeichniss. 1. Aeby, Ch., Der Canalis Petiti und die Zonula Zinnii beim Men- schen und bei Wirbelthieren. Gräfe’s Arch. f. Ophthalmol. XXVII. 1. 2 Agabalow, Die Innervation des Ciliarkörpers. Anat. Anz. Jahrg. VIll. 189. 3. Angelueci, A., Histol. Untersuchungen über das retinale Pigment- epithel der Wirbelthiere. Arch. f. Anat. u. Physiol. Physiol. Abth. 1878. 4. Derselbe, Ueber Entwicklung und Bau des vorderen Uveal- tractus der Vertebraten. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XIX. 1881. 5. Ayers, Howard, The ear of man: its Past, its Present, and its Future. 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K.—= Aeussere Körnerschicht, !. e. = Limitans ex- terna, Z= Zapfenschicht. .2. Isolirte Sehzellen der Retina; Zeiss Oe. II, Obj. DD. St= Stäbchen, Z= Zapfen, Oel = Oelkügelchen, Ellip = Ellipsoid, K=Kern der Stäbchenfaser. . 3—10. Flächenschnitte der Retina in verschiedenen Höhen; Zeiss, Oe. II, Obj. DD. . 3. Kegelförmige Müller’sche Stützfasern im Querschnitt. g. 4. Nervenfaserschicht, Nf = Nervenfasern, Stützf—= Müller’sche Stützfasern. .5. Ganglienzellenschicht, @. z. = Ganglienzellen. . 6. Innere moleculäre Schicht. . 7. Innere Körnerschicht. . 8. Aeussere Körnerschicht, innere Abtheilung. . 9. Aeussere Körnerschicht, äussere Abtheilung. g. 10. Schicht der Sehzellen. g. 11. Horizontaler Durchschnitt der Papilla nervi optici; Zeiss, Oe. H, Obj. A. N. f. opt. — Nervenfasern des Opticus, @.2. + Nf = Ganglienzellen- und Nervenfaserschicht, 2. m. — Innere moleculäre Schicht, a. K. — Aeussere Körnerschicht, Z= Zapfen- schicht, P= Pigmentschicht, ch} — Chorioidea, Scel = Sclera, Knorp = Knorpel der Sclera, m’= ein spaltförmiger Maschen- raum, welcher zwischen der Chorioidea und dem Pigment- epithel der Retina liegt. 12. Senkrecehter Durchschnitt der Retina am Ciliarrand; Zeiss, Oe. II, Obj. DD. @. z. = Ganglienzellenschicht, 2. m. = Innere moleeuläre Schicht, 2. X. = Innere Körnerschicht, Z= Schicht der Sehzellen. Beiträge z. Lehre von den Sinnesorganen der Hatteria punctata. 365 Fig Fig. ls: hl. 15. g. 16. But. 2219: 18. Senkrechter Durchschnitt des vorderen Uvealtractus; Zeiss, Oe. II, Obj. A. Conj= Conjunctiva, Scl, Scl=Selera, Knoch = Knochen der Selera, m, m = Museulus_ciliaris, CR = Cho- rioidea, P= Pigmentepithel, R=Pars ciliaris retinae, Ep — Epithel der Cornea, C = Cornea, Desc = Descemetisehe Mem- bran, I[=lris, sph = Sphincter, dil=Dilatator, Bl = Blut- gefässe, Fo= Fontana’scher Raum, C. cil.= Corpus ciliare, n. — Ciliarnerv. Horizontaler Durchschnitt der Linse; Zeiss, Oc. II, Obj. A. Lf=Linsenfasern, R. w.—= Hohe Epithelzellen an dem Ring- wulst. Querschnitt der Linsenfasern; Zeiss, Oc. II, Obj. DD. Senkrechter Durchschnitt der Sclera u. Chorioidea; Zeiss, Oe. I, Obj. A. Sci=Scelera, Ch= Chorioidea, P = Pigment- epithel der Retina, m = grosse, m’ = spaltförmige Maschen- räume der Chorioidea (mit Blutzellen vollgestopft), S. ch. = Supra chorioides, M= Ansatz eines Augenmuskels. Sagittaler Durchschnitt des Oberlids; Zeiss, Oc. II, Obj. A. Ep= Epithel in der Nähe der äusseren Haut, £p’—= Epithel der Schleimhaut, @. M.=Glatte Muskelfasern im subepitheliaren Gewebe, Bg= ein compactes Bündel von Bindegewebe, By’ = locker angeordneter Abschnitt von Bindegewebe, Bl = Blutgefässe. Ein Durchschnitt durch die ganze Dicke der Nickhaut; Zeiss, Oe. II, Obj. A. Ep = Epithel der äusseren Fläche, Ep/ = Epithel der inneren Fläche, Xp = Knorpel, Bl = Blutgefässe, Bg = Bindegewebe, G!. H. = Mündung der Harder’schen Drüse. Ein Stück der Harder’schen Drüse im Durchschnitt; Zeiss, Oe. II, Obj. DD. Ep= Epithel, Bg = Bindegewebe. . Querschnitt der Thränenkanälchen am Uebergang in den Thränennasengang; Zeiss, Oc.1I, Obj. A. Ep = geschichtetes Cylinderepithel. . Horizontaler Durchschnitt des Bulbus olfactorius mit einem Theil der Schleimhaut; Zeiss, Oc. II, Obj. A. YH= die centrale Höhle des Bulbus, welche sich nach hinten in den Ventrikel des Ge- hirns fortsetzt, Epd = Schicht des Ependyms, K= Schicht der Körner und Fasern, Mit= Schicht der Mitralzellen, Mol = Molecularschicht, G@lom = Schicht der Glomeruli, Nf = Schicht der Nervenfasern, Olf= Olfactoriusfasern, Bow = Bowmann’- sche Drüsen, Bg = derbes, Dg’ = feineres Bindegewebe, Bl= Blutgefässe, Ep = Riechepithel. . Senkrechter Durchschnitt der Schleimhaut der Regio respira- toria; Zeiss, Oc. I, Obj. DD. Ep=Epithel, db = Becher- zellen, i# = Flimmerzellen, Bg = subepitheliares Bindegewebe. . Senkrechter Durchschnitt der Macula acustica sacculi; Zeiss, Oc. II, Obj. DD. Nf= Nervenfasern, B. m. = Basalmembran, St. 2. = Stützzellen, 7. z. = Hörzellen, 7 = Hörhaare, Gakutaro Osawa: Beiträse z. Lehre von den Sinnesorsanen. fo) De) ig. 24. 228. . 27. Senkreehter Durchschnitt der Epithelschicht aus der medialen 'Sacceuluswand; Zeiss, Oe. II, Obj. DD. Querdurchschnitt der Ampulla posterior; Zeiss, Oec. II, Obj. A. Nf = Nervenfasern, Cr. ac. = Crista acustica, Ra = Raphe, Pl. semil. = Planum semilunatum. ;. Querdurchschnitt eines Bogenganges; Zeiss, Oe. II, Obj. A. Ra = Raphe. Durchschnitt durch die ganze Dicke einer Membran, welche das Foramen ovale von innen her abschliesst; Zeiss, Oc. II, Obj. DD. End = Endothelzellen. » >. 367 Nerv und Muskel. II. Mittheilung. Der Oberschenkel einiger anuren Batrachier, Von M. Nussbaum. Hierzu Tafel XIX—XXIl. Einleitung. Zum besseren Verständniss aller Einzelheiten der entwick- lungsgeschichtlichen Präparate über das Wachsthum der Ober- schenkelmuskeln bei Rana fusca war eine neue anatomische Untersuchung des fertigen Thieres nöthig. Der Topographie der Theile, dem Bau der Muskeln, dem Ort des Nerveneintrittes und der intramuskulären Nervenverzweigung musste mehr Aufmerksamkeit zugewendet werden, als dies bisher geschehen war. Der Anfang dieser Studien liegt, wie man weiss,’ bei’mir viele Jahre zurück. Seit der Veröffentlichung meiner ersten Mittheilung'!) über das Verhältniss des Muskelwachsthums zur Verbreitungsweise der intramuskulären Nerven ist inzwischen Gaupp's neue Bearbei- tung der Anatomie des Frosches von Ecker und Wieders- heim erschienen. Man wird sich leicht davon überzeugen können, dass das Buch unter den Händen des neuen Autor wesent- lich verbessert wurde. Gewiss würden mir beim Beginn meiner Studien recht viele Zweifel und viel Arbeit erspart worden sein, wenn schon diese neue Ausgabe der Anatomie des Frosches vor- gelegen hätte. Aber auch dann wären der Zweifel noch genug geblieben; da die Gesichtspunkte, welche Eeker bei der Be- arbeitung des Objectes vorzugsweise leiteten, auch bei Gaupp dieselben geblieben sind. Ecker? wie Gaupp?°) legen ihrer Beschreibung im Wesentlichen die Species Rana esculenta zu Grunde und ver- 1) Vergl. d. Arch. Bd. 47, pag. 416. 2) Anatomie des Frosches. Braunschweig 1864 pag. 4. 3) Dasselbe. Braunschweig 1896 pag. 5 (Systematik). - Archiv f. mikrosk, Anat, Bd. 52 35 368 M. Nussbaum: sichern, dass überall, wo sich Verschiedenheiten im Bau zwischen den einzelnen Arten finden, die Unterschiede angegeben sind. Als ich an der Hand des Ecker'schen Buches die Mus- kulatur von Rana fusca und besonders die des Oberschenkels studirte, fanden sich sehr oft Abweichungen von der mir vor- liegenden Beschreibung. Ecker bildet nur die Schenkelmuskeln von Rana esculenta ab, mit ausdrücklicher Bezeichnung dieser Species. Gaupp hat die Speciesbezeichnung bei den Abbildungen der Oberschenkelmuskulatur fortgelassen. Beide Autoren heben Abweichungen in der Lagerung und Form der Muskeln der einzelnen Froschspecies nicht hervor. Trotzdem gibt es der- selben grade bei der Oberschenkelmuskulatur eine so grosse Zahl, dass diese ebenso gut zur Bestimmung der Species verwandt werden können, wie die Unterschiede der äusseren Erscheinung, der Laichzeit, der Larvenformen, der Geschlechtsproduete und manche andere bisher bekannte. Die Species sind bei genauem Zusehen bis in den letzten Winkel ihres Baues verschieden. Es würde für die anfänglich begrenzte Aufgabe somit ge- nügt haben, eine möglichst genaue Beschreibung der Muskeln von Rana fusca zu liefern. Die Muskeln und Muskelgruppen der Larven von Rana fusca machen aber streng gesetzmässige Lageveränderungen von ihrem ersten Auftreten bis zu ihrer fertigen Ausgestaltung durch. Da Rana fusca in dem Grade der Entwieklung der Gewebe und Organe die übrigen Batrachier überragt, so schien es möglich durch die vergleichend-anatomische Untersuchung auch anderer anuren Batrachier eine in einzelnen fertigen Formen gleichsam erstarrte Reihe der Entwieklungsphasen wieder zu finden, die sich bei der Untersuchung der Entwicklung von Rana fusca ge- zeigt hatten. Dadurch erweiterte sich die Aufgabe. Aber auch auf diesem Gebiet waren die Species nicht berücksichtigt worden und von den Genus lagen nur ganz kurze Angaben vor. Die neueste vergleichend-anatomische Darstellung von A. Perrin!) kennt nur Unterschiede des Genus, nicht die der Species. 1) Bulletin seientifigque de la France et de Belgique, publie par A. Giard. Paris 1893, Tome 24. Nerv und Muskel. 369 Man findet in der vorliegenden Abhandlung eine vergleichend- anatomische Darstellung der Oberschenkelmuskeln und Nerven einiger anuren Batrachier und die Schlüsse, welehe sich aus einer Vergleichung der Befunde ergeben. Der entwieklungsge- schichtliche Theil wird in einer der nächsten Mittheilungen folgen. Vorbemerkungen. An dem mit der Spitze gegen das Knie gerichteten pyra- midenförmigen Oberschenkel kann ventral von dorsal und medial von lateral unterschieden werden. Da der Oberschenkel in dorso- ventraler Richtung abgeplattet ist, so ergibt sich eine dorsale und ventrale Fläche, ein medialer und lateraler Rand. Mit Bezug auf die Benennung der Muskeln schien es mir vortheilhafter, die vorhandenen Namen, soweit sie irgendwie brauchbar waren, beizubehalten. Auch den Eek er'schen Grund- satz, der beim Menschen gebräuchlichen Nomenclatur möglichst zu folgen, habe ich zu dem meinigen gemacht. Die Muskeln variiren schon bei nahe verwandten Speeies so stark, dass die Benennung mit einem aus den Insertionsstellen zusammengesetzten Wort wohl den Muskel einer Species bezeichnen könnte, aber niemals die homologen einer ganzen Gruppe. Da durch die Wahl eines Wortes nieht Zusammengehörigkeit und Verschieden- heit zugleich zu bezeichnen ist, so hat die von mir nicht ver- wandte Art der Namengebung gewiss auch ihre Berechtigung. Wollte man aber, wie dies bei der Beschreibung des Kniegelenkes des Näheren ausgeführt wird, im Namen der Muskeln eine zu- treffende Vorstellung von den Ansätzen derselben geben, so würde nicht allein die Vergleiehung erschwert; man müsste bei den Muskeln der Anuren geradezu Ungeheuer von Zusammen- setzungen schaffen. So wird der lange Kopf des M. biceps (Eeker) von Gaupp M. ileofibularis genannt. Man würde daraus ablesen, der Muskel inserire am Darmbein und am Unter- schenkelknochen. Der lange Kopf des M. biceps entspringt in der That am Os ilei; er inserirt aber nicht allein am Unter- schenkel-, sondern auch am Oberschenkelknochen. Die Hinzu- fügung von femoralis zu cruralis würde nicht gut möglich sein; weil mit M. ileofemoralis von dem Autor der kurze Kopf des 370 M. Nussbaum: Eceker’schen M. biceps als ein besonderes Muskelindividuum bezeichnet wird. Die Aufschrift „ileofibularis“ deckt also nicht den ganzen Inhalt. Mit der Benennung „M. biceps“ wird dies gar nicht er- strebt. Hier soll das Wort nur wie ein Zeichen die Vorstellung vom Bau, der Lage und der Entwicklung eines Muskels wach- rufen, der aus einer bestimmten Anlage hervorgegangen ist und bei verschiedenen Thieren ein ganz verschiedenes Verhalten zeigen kann. Bei der Verschiedenheit der von den einzelnen Autoren an- gegebenen Zahlen für die am Oberschenkel vorhandenen Muskeln, muss zur Verständigung und Aufklärung noch Einiges über das Zustandekommen dieser Abweichungen voraufgeschickt werden. Perrin gibt für die Anuren fünfzehn Muskeln an; Eeker sechszehn; de Man!) siebenzehn und Gaupp achtzehn. Folgende Muskeln sind nach der Beschreibung der Autoren trotz der Verschiedenheit ihrer Benennungen leicht wieder zu finden: 1. M. sartorius, 2. M. trieeps, 3. M. adductor magnus, 4. M. adductor longus, 5. M. gracilis, 6. M. cutaneus femoris, 7. M. ileopsoas, 8. M. glutaeus, 9. M. semimembranosus, 10. M. semitendinossus, 11. M. pyriformis, 12. M. obturatorius. Bei Perrin fehlen somit noch drei, bei Eeker vier, bei deMan fünf, bei Gaupp sechs Muskeln, die desshalb nicht leicht auf einander zu beziehen sind, weil der eine Autor trennt, was der andere verbindet. Ausserdem ist ein Muskel von Ecker und de Man doppelt beschrieben und gezählt worden. Die Schwierigkeit der Wiedererkennung dessen, was der einzelne Autor mit seiner Beschreibung gemeint hat, beruht nicht zum kleinsten Theile in der falschen Anwendung der Syno- nyma. So beschreibt Eeker den M. biceps als einen zwei- köpfigen Muskel. Perrin kennt nur einen Kopf, den er dedue- teur du fibula nennt; nichts destoweniger führt er den Ecker- schen Namen biceps als Synonym auf. Obwohl Perrin weiter- hin die Vermuthung ausspricht, der Ecker'sche M. quadratus femoris sei höchst wahrschemlich von Eeker einmal als kurzer Kopf des M. biceps (Ecker) und dann nochmals als besonderer M. quadratus femoralis (Ecker) beschrieben worden, so fehlt 1) Niederl. Arch. f. Zoologie II. 1874—1875. Nerv und Muskel. 371 unter dem Perrin’schen deducteur du femur als Synonym M. quadratus femoris (Eeker) dennoch nicht. Auch die Gaupp’sche Darstellung würde gewinnen, wenn bei der Beschreibung des kurzen Bicepskopfes das Synonym M. quadratus femoris Ecker wegbliebe Man könnte sonst zu der Annahme kommen, dieser von Eeker als von dem kurzen Bicepskopf verschieden beschriebene Muskel komme in der That vor; während er gar nicht existirt, wie Gaupp selbst wenige Seiten vorher (pag. 183) ganz richtig angibt. Ebenso müsste das Synonym M. ileo-fibularis, s. biceps auf pag. 182 bei der Beschreibung des Gaupp schen M. ileo-fibularis in Wegfall kommen; da Gaupp hier einen einfachen, Ecker aber als Biceps einen zweiköpfigen Muskel beschreibt. Nur wenn der M. biceps als wirklich zweiköpfig dargestellt wird, ist das Ecker- Synonym zutreffend. Die folgende Tabelle wird die Verhältnisse einfacher klar- stellen, als eine ausführlichere Darlegung in Form einer Be- schreibung es vermöchte. Alle Autoren zählen, wie schon hervorgehoben, zwölf Mus- keln auf, deren Synonymik keine Schwierigkeiten bereitet. Dazu kommen dann noch bei Ecker | Besrin | deMan | Gaupp [ 1. M. adductor vereinigt in getrennt in | getrennt in brevis. | 1. Puboischiofe- ‚1. M. obturator moral merze| externus. '|1. Flechisseur du) posterieur. 2. M. quadratus '{ femur (Nr. 119). ' femoris. | 2. Ischiofemoral 3. M. gemellus. | profond. | 2. M. pectineus. | — 3. Puboischiofe- |4. M. pectineus. moral interne | anterieur. 3. M. quadratus | 2. Deducteur duj/4. Il&of&moralpo- |Mit Recht geleug- femoris. | femur. sterieur Pro- net. fond. | | getrennt in | 4. M. biceps 3. Deducteur du. Il&of&moral et) 5. M.ileo fibularis. (zweiköpfig). fibula ı erural 6. M. ileo femo- ı (einköpfig). , _(zweiköpfig). | ralis. 19-24 =163,5| M23 =1H 19-4, 5— 17.404.426 18, 372 M. Nussbaum: Beschreibung der Muskeln. M. triceps femoris. Pelvi-femoro-rotulien Duge&s Triceps femoris Ecker lleoerural deMan Extenseur superficiel du tibia Perrin. Die Beschreibung dieses Muskels gilt bei Perrin für alle Anuren gemeinschaftlich. Bei den Autoren, die sich bei der Untersuchung dieses Muskels auf den Frosch beschränkt haben, sind ebenso wie bei Perrin die Angaben über den Ursprung und die Insertion nicht erschöpfend. Hier folgt eine Darstellung der von mir gefundenen Verhältnisse. Ecker zählt als Bestandtheile des Muskels den M. reetus femoris antieus, den M. vastus internus und den M. vastus ex- ternus auf; eine Bezeichnung, der ich mich soweit anschliessen will, als statt internus und externus die Adjectiva medius und lateralis gebraucht werden sollen. M. reetus femoris anticeus (Ecker). Caput medium s. Tensor fasceiae latae (Gaupp). a) BeiRana esculenta, var. hungarica. Quer über den Muskel zieht das Septum inguinale, so dass das platte distale Ende des Muskels unter dem Saccus femoralis gelegen ist, und das um 90° gedrehte proximale Ende von der Wand des Lymphsackes bekleidet in den Saccus iliacus hinein- ragt. Präparirt man den Muskel frei, so findet man den M. cuta- neus dorsi über die ventrale Fläche des proximalen Theiles hin- ziehen. Dieser heftet sich sehnig, lateral von dem über den Darmbeinkamm hinziehenden M. ileopsoas an Jdas Os ilei. Die Sehne ist gefaltet, die Oeffnung des dadurch entstehenden Bogens ist distal gerichtet. Sie liegt zwischen dem distalen Ende des M. obliquus abdominis internus und dem medialen Rande des M. glutaeus, etwa in gleicher Höhe mit der Mitte des letztge- nannten Muskels. Ventral zu dieser Sehne liegt die Insertion des M. obliquus internus und dorsal der M. glutaeus. Verfolgt man den Muskel weiter an den Oberschenkel, .o lagert er mit seinem Muskelbauch dem M. ileopsoas auf, stösst ventral mit seinem medialen Rande an den M. adduetur longus, Nerv und Muskel. 373 dorsal, mit seinem lateralen Rande durch einen dreieckigen Zwischenraum zuerst davon getrennt, an den M. vastus lateralis. Löst man den Muskel an seinem medialen Rande vom Ad- duetor longus ab, so liegt unter ihm der Vastus medius, die Arteria, Vena und der Nervus ceruralis, der M. ileopsoas.. Man erkennt alsdann auch, dass der Muskel an seinem proximalen Ende zusammengeklappt ist; die Oeffnung der Faltung sieht medial- wärts; die medialen Fasern verlaufen proximal ventral, also aussen, die lateralen Fasern dorsal, also innen. Das Verhältniss erinnert an die Verlaufsweise des M. pectoralis major des Menschen. Der Nerv stammt aus dem N. eruralis, tritt dem proximalen Ende genähert vom medialen Rande durch die Faltungsraphe an den Muskelbauch heran. Das distale Ende des längsfasrigen Muskels geht breit auf dem M. vastus medius und mit einem kleinen Theil auf dem M. vastus lateralis in eine Sehne aus, an die sich distalwärts auch Fasern der anderen Tricepsköpfe anheften. Der laterale Rand ragt etwas weiter gegen das Knie herab als der mediale; der Muskel endet aber an der Grenze des oralen und mittleren Drittels des Oberschenkels. b) Bei Rana fusea. Die Verschiedenheiten in der Ausgestaltung des Muskels bei Rana fuseca und Rana esculenta beziehen sich auf die Lagerung des lateralen und medialen Randes und des dista- len Endes. Der Muskel deckt nämlich mit seinem lateralen Rande nicht den M. vastus lateralis, sondern stösst nur lineär an ihn; mit seinem medialen Rande deckt er den M. vastus medius nicht völlig. Da bei Rana fuseca der M. adduetor longus auch nicht an die Oberfläche gelangt, so bleibt zwischen dem medialen Rande des M. reetus femoris antieus und dem medialen des M. sartorius ein nieht unbedeutender Zwischenraum. Das distale Ende des Muskels reicht am lateralen Rande bis zur Mitte des Oberschen- kels; bei Rana esculenta nur bis zum Anfange des zweiten Drittels. ec) BeiRana oxyrrhinus reicht das distale Ende nicht ganz so weit gegen das Knie als bei Rana fusca; da aber Rana oxyrrhinus auch den M. adductor longus nicht an der Oberfläche der Bauchseite des Schenkels zeigt, so sind die Verhältnisse der beiden Arten untereinander ähnlicher, als mit denen bei Rana esculenta. 374 M. Nussbaum: d) Bei Bufo vulgaris. Der Muskelbauch ist im Gegensatz zu den Verhältnissen bei Rana esculenta und Rana fusca fast nur vom Rücken aus zu sehen; er lagert dem Vastus lateralis gar nicht auf; lässt eine noch breitere Fläche des M. vastus medius frei, als bei Rana fusca und reicht auf dem M. vastus medius bis an die Grenze des mittleren und distalen Drittels des Oberschenkels. e) Bei Bufo agua. Der Muskel reicht bis zur Mitte des Oberschenkels, lässt ventral eine breite Fläche des M. vastus medius frei, deckt dorsal aber ein kleines Stück des M. vastus lateralis. f) Bei Bombinator igneus reicht der Muskel nicht weit distal am lateralen Rande des Ober- schenkels auf den Vastus medius herab, ventral und dorsal breite Streifen desselben freilassend. M. vastus medius. Diese Portion des Muskels zerfällt bei den meisten Anuren in eine oberflächliche und eine tiefe Schicht. Die tiefe Schicht ist doppelt gefiedert und liegt dem Oberschenkel locker auf. Bei Pelobates fehlt die Fiederung auf der Innenfläche; dafür ist ein mit dem Oberschenkel verwachsener accessorischer Kopf vor- handen. a) Bei Rana esceulenta. Von der ventralen Seite ist nur ein kleiner Zipfel seines distalen Endes sichtbar und vom lateralen Rande her nur soviel, als er nicht vom M. rectus femoris anticus bedeckt ist. Der mediale Rand des Muskels wird bis gegen das Knie hin vom M. adductor longus überlagert; der laterale Rand grenzt an den M. vastus lateralis. Der Muskel liegt unter dem Saceus femoralis. Entfernt man bei der Präparation die Bauchmuskeln und den M. femoris antieus, so sieht man das proximale Ende, das bis dahin vom M. femoris antieus bedeckt wurde und lateral an den M. vastus lateralis grenzte, über den M. ileopsoas dicht am Becken sich medianwärts wenden und den medialen Rand des Muskels noch weiter unter den M. adduetor longus gerathen; bıs sich lateraler und medialer Rand des Muskels zu einer Sehne ver- einigen und unter dem M. peetineus zwischen ihm und: dem Nerv und Muskel. 375 medialen Beckenrande des M. ileopsoas an das Becken sich an- heften. Entfernt man den M. adductor longus ganz, so zeigt sich, dass der M. vastus medius, mit seinem medialen Rande unter dem M. adductor longus gelegen, kniewärts an diesen und beckenwärts an den M. pectineus angrenzt, beziehungsweise von diesen Muskeln bedeckt wird. Die innere Fläche des Muskels ruht kniewärts medial dem M. adductor magnus, lateral dem distalen Ende des langen Bicepskopfes auf; beekenwärts dem nackten Oberschenkel; medial dazu dem M. adductor longus und pectineus; lateral dem M. ileopsoas. Der M. ileopsoas schiebt sich mit seinem lateralen Rande in der Becekengegend zwischen den lateralen Rand des M. vastus medius und den M. vastus lateralis. Die Form des Spaltes, in dem der M. ileopsoas liegt, ist bei den einzelnen Arten verschieden. Ebensosehr ist aber auch die Endigung der einzelnen Portionen am distalen Ende des Mus- kels verschieden. Der M. vastus lateralis nimmt niemals den lateralen Rand des distalen Endabschnittes ein; indem, freilich in verschiedenem Grade abgestuft, mehr oder weniger deutlich ein Theil der dem Oberschenkel anliegenden Portion des M. vastus medius sich seitwärts unter dem M. vastus lateralis vordrängt. Beim Weiterverfolgen der Beckenendsehne des Muskels findet sich, dass der M. ileopsoas sich schwerer von ihrer lateralen als der M. peetineus von der medialen Seite entfernen lässt, dass die Sehne die Hüftgelenkkapsel umkreist, oral ununterbrochen am Becken inserirt, lateral und medial mit einer nicht sehnigen Lücke sich absetzt gegen einen medial vom Oberschenkel ent- sprungenen Sehnenstreifen. Dieser sehnige Streifen zieht auf der Innenfläche am Ober- schenkel bis zum Knie hin; die Muskelfasern setzen sich fieder- förmig, oralwärts convergirend an ihn und ziehen über den medialen und lateralen Rand nach aussen, ohne jedoch in der proximalen Hälfte die Aussenfläche zu erreichen. Folgt man nämlich vom lateralen Rande her dem Eintritt des Nerven, der am distalen Ende des proximalen Oberschenkelviertels erfolgt, so lässt sich der ganze Muskel in eine kürzere äussere Lage theilen, in der die Fasern fast parallel, nur leicht divergirend verlaufen. Unter dieser Lage erscheinen dann die von den Seiten herziehenden, an der inneren, medianen Sehne entsprungenen Fasern, um nach kurzem Verlauf distal von den Enden der äusseren Fasern an 376 M. Nussbaum: der Sehne des M. triceps femoris zu enden. In 50°/, Alcohol gehärtete Präparate machen die Art der Endigung sehr deut- lich. Die äusseren Fasern enden weit vom Knie ab; die inneren fiederförmig divergirenden näher dem Knie. Das ganze sehnige Beckenende des Muskels ist sagittal, in die Längsaxe des Oberschenkels gestellt; während der Muskel- bauch platt, mit breiter Fläche dem Oberschenkel aufliegt. Dabei greifen sowohl die lateral als medial an den inneren Sehnenstreif ansetzenden Faserbündel um den entsprechenden Rand des Muskels auf die Oberfläche über. Zwischen die lateralen Fasern und die am weitesten lateral gelegenen Fasern der ober- flächlichen Schicht senkt sich die Endsehne des M. vastus late- ralis ein; bei grossen Exemplaren wohl einen cm proximal vom Knie entfernt, so dass Rana esculenta eine einzige Knieendsehne des M. triceps aufweist. by) Bei Rana fusea. Der Muskel ist im grösserer Ausdehnung von der Bauch- seite her sichtbar als bei der vorigen Species; ganz präsentirt er sich auch hier erst vom lateralen Rande des Schenkels und bei weiterer Präparation. Den medialen Rand des Muskels deckt im mittleren Theile des Oberschenkels der M. sartorius, weiter beckenwärts der unter dem M. sartorius gelegene M. adduetor longus. Die Endsehne geht zwischen M. ileopsoas und peetineus an die Umgebung des Hüftgelenks; die Faserung verhält sich wie bei Rana eseulenta, nur lässt sich noch leichter als bei dieser Art erkennen, dass die Fasern an einem breiten Sehnenspiegel von der Stelle, wo der distale Rand des M. rectus femoris anti- cus die Oberfläche des Muskels freigiebt, bis zum Knie hin enden. Man sieht die freien an der Sehne endigenden Enden der Mus- kelfasern im natürlichen Querschnitt. Das Dreieck zwischen M. vastus medius und lateralis, wo- rin der laterale Rand des M. ileopsoas sichtbar wird, ist bei Rana fusca gestreckter, als bei Rana esceulenta. Da ausserdem der laterale Rand des M. reetus femoris anticus bei Rana fusca nicht soweit dorsal übergreift als bei Rana esculenta, so erscheint in diesem Dreieck der M. ileopsoas bei Rana fusca in grösserer Ausdehnung als bei Rana esculenta. Die lateralen Fasern der inneren fiederförmigen Portion Nerv und Muskel. Sul umgreifen ebenfalls in der Kniegegend den lateralen Rand des M. vastus lateralis. ec) Bei Bufo vulgaris. Abgesehen von den Verschiedenheiten, die durch die Aus- dehnung und Lagerung des M. rectus femoris anticus bedingt werden, und die bei diesem Muskel beschrieben worden sind, bietet der Muskel noch weitere Eigenthümlichkeiten. Der M. vastus medius ist in der ventralen Ansicht in noch grösserer Aus- dehnung sichtbar, als bei Rana fusca. Das Beckendreieck, d.h. die Spalte zwischen M. vastus lateralis und medius, ist noch gestreckter. Während seine Spitze bei Rana fuseca noch nicht die Mitte des Oberschenkels erreicht, geht sie bei Bufo vulgaris kniewärts darüber hinaus. Wenn bei Rana esculenta und Rana fusea die einander zugewandten Ränder des M. vastus lateralis und medius schon in der proximalen Hälfte des Oberschenkels zusammenfliessen, so bleiben bei Bufo vulgaris die Muskeln bis dieht über dem Knie getrennt. Man kann sie durch leichten Zug trennen und nicht allen beekenwärts zwischen ihnen in der Tiefe den M. ileopsoas, sondern im weiteren Verlauf kniewärts, in dem Spalt der beiden Muskeln auch den untergelagerten M. adduetor magnus freilegen. Total verschieden ist die Ansicht in der Nähe des Kniees auf der ventralen Seite des Oberschenkels, median zum M. vastus medius im Vergleich zu Rana. Der Muskel grenzt nicht allein wie bei Rana esceulenta an den Adduetor longus an; der M. sar- torius ist zugleich so weit medial abgedrängt, dass in dem Zwischen- raum zwischen M. vastus medius und sartorius, medial zum M. adduetor longus das distale Ende des ventralen Kopfes vom M. adduetor magnus und die distale Endsehne des M. semimem- branosus sichtbar sind. ; Präparirt man den M. sartorius und den M. adductor frei und entfernt dieselben, so liegt der Muskel mit seinem ventralen Rande vom Knie an aufwärts zuerst auf eine kurze Strecke dem ventralen Bauche des M. adductor magnus, dann dem adductor longus an; von dort aus aber, da der M. pectineus über die pro- ximale Hälfte des Oberschenkels sich hinaus erstreckt, dem late- ralen Rande des M. pectineus. Bei Rana lagerte der Muskel hauptsächlich dem M. adductus longus an. 315 M. Nussbaum: Wegen der längeren Ausdehnung des M. rectus femoris antieus ist der Sehnenspiegel auf der ventralen Fläche nur kurz. Der Muskel lagert wegen der veränderten Gestaltung des M. ileopsoas diesem lateral fast ausschliesslich auf, während bei Rana eseulenta kniewärts über das distale Drittel hinaus der dorsale Kopf des M. adduetor magnus vom M. vastus medius bedeckt wurde. Die Nerven treten, mehr kniewärts verschoben als bei Rana, von dem dorsolateralen Rande ein. Die Beckenendsehne setzt an wie bei Rana; doch ist der auf der Innenfläche verlaufende Sehnenstreif nicht so stark aus- gebildet und zieht auch nur eine kurze Strecke weit kniewärts weiter. Entlang der Nerveneintrittstelle kann man den Muskel in eine oberflächliche und eine tiefere Schicht spalten; nur ist hier die oberflächliche mächtiger als bei Rana. d) Bei Bufo agua. Das Beckendreieck ist bedeutend kleiner; der laterale Rand des Muskels weit hinauf bis gegen das Becken mit dem M. vastus lateralis einheitlich verschmolzen. Am medialen Rande weicht auch bei dieser Kröte der M. sartorius weit zurück von der In- sertion. Dem M. vastus medius liegt aber nicht wie bei Bufo vulgaris in der Kniegegend nur ein kurzer Abschnitt des M. adduetor magnus an; dieser erstreekt sich bis zur Vereinigung mit dem M. adduetor longus in die proximale Oberschenkelhälfte hinein, und erst von da an liegt dem medialen Rande des M. ‚astus medius in ganz kleinem Bezirke der M. adductor longus an, um alsdann von dem M. pectineus abgelöst zu werden. Da bei Bufo agua neben dem M. adductor longus und pectineus auch der M. ileopsoas sich nicht soweit kniewärts erstreckt, als bei Bufo vulgaris, so liegt die Innenfläche des M. vastus medius bei dieser Species auf einer grossen Strecke dem nackten Ober- schenkel auf. Der Sehnenspiegel auf der Aussenfläche ist gross; die auf der Innenfläche gelegene Sehne stark ausgebildet und lang, während dies Alles bei Bufo vulgaris sich umgekehrt verhielt. e) Bei Bombinator igneus Der Muskel ist in grosser Ausdehnung von der ventraleiu Seite her sichtbar; medial lagert ihm vom Knie bis über das erste distale Drittel des Schenkels hinaus der M. adduetor magnus Nerv und Muskel. 379 an; dann weiter beekenwärts der M. adductor longus und erst in der proximalen Hälfte des Oberschenkels der M. pectineus. Der M. sartorius ist weit medial gedrängt und lässt zwischen sich und dem M. adduetor magnus wie bei Bufo vulgaris und agua die Endsehne des M. semimembranosus frei zu Tage liegen. Am lateralen Rande fehlt beekenwärts das Dreieck; die dasselbe bei den anderen Arten begrenzenden Muskeln, Rectus femoris anticus und Vastus medius medial, Vastus lateralis lateral, am Becken der M. glutaeus, sind durch Bindegewebe dicht zu- sammengehalten und nicht wie sonst weit von einander entfernt, so dass man in der Tiefe des Spaltes ohne weitere Präparation den M. ileopsoas bei Bombinator nicht sehen kann. Der M. vastus lateralis verschmilzt dicht unter der Mitte des Oberschenkels mit dem M. vastus medius. Der äussere Sehnenspiegel ist gross; die mediane Sehne auf der Innenfläche des Muskels ist gut ausgebildet und reicht weit gegen das Knie hinab. Ds Bei Belobhateszrusens)), Von der Bauchseite her ist der Muskel in grosser Ausdeh- nung sichtbar; beekenwärts deckt ihn der M. reetus femoris an- ticus, der aber nicht über das proximale Drittel hinausreicht. Der mediale Muskelrand liegt zuerst dem M. adductor magnus, dann dem M. adduetor longus an. Der letztgenannte Muskel bleibt etwa um eine Viertelslänge des ganzen Oberschen- kels vom Knie entfernt und vereinigt sich dann mit dem M. ad- duetor magnus. Der M. vastus medius entspringt wie bei den übrigen Anuren in der Umgebung des Hüftgelenks vom Becken und vom Oberschenkelbein. Eine mediane Sehne auf der Innenseite fehlt. Klappt man den Muskel, nachdem er von seiner proximalen Anheftungsstelle losgelöst worden ist, gegen das Knie hin um, so erscheint dem Oberschenkelbein aufliegend ein Muskel, der den übrigen Anuren zu fehlen scheint. Der Muskel beginnt von vornherein fleischig mit schräg lateral abfallender Begrenzung, wo der M. ileopsoas, etwa an der Grenze des proximalen und mittleren Drittels am Oberschenkel ventral zu Ende geht; erreicht 1) Vergl. Fig. 21 und 39. 380 M. Nussbaum: medianwärts die Schenkelinsertion des M. pectineus und ist durch ein schmales längliches Feld nackten Knochens von der Insertion des ventralen Kopfes des M. adductor magnus getrennt. Bei dem weiteren Verfolg des Muskels ergibt sich, dass er unter dem M. vastus lateralis her auf die dorsale Seite des Oberschenkels ge- räth. Dort grenzt er, weiter schräg abfallend, an die dorsale Insertion des M. ileopsoas und weiter an die Insertion des dor- salen Kopfes vom M. adduetor magnus, ragt lateral vom Knieende des M. vastus lateralis als ansehnlicher Wulst vor und inserirt unterhalb und seitlich von diesem Muskel am Condylus lateralis des Untersehenkelknochens. Somit umgreift das proximale Mus- kelende den Oberschenkelknochen, woher er in grosser Ausdeh- nung auf der ventralen, lateralen und dorsalen Seite Fasern be- zieht; er endigt distal an der lateralen Seite des Unterschenkels. Die Präparation der Nerven ergibt, dass von dem bei den übrigen Anuren für die drei Trieepsköpfe bestimmten Nerven ein Zweig in den M. vastus lateralis, ein Zweig in den M. vastus medius und ein dritter Zweig in den hier bei Pelobates vorhandenen M. vastus accessorius emtritt. Der Muskel muss somit in das System des sogenannten M. triceps femoris gehören. Dafür spricht seine Innervation, und die distale Insertionsstelle gibt wenigstens einen Fingerzeig, wie etwa bei den übrigen Anuren der Muskel wieder aufgefunden werden könnte. Es zeigte sich nun, dass von den lateralen Muskelfaser- bündeln der tieferen, fiederspaltigen Portion des M. vastus medius bei allen darauf untersuchten Anuren die Insertionsstelle des M. vastus lateralis in der Kniegegend lateral überragt wird, so dass wegen des Fehlens einer Sehne bei Pelobates auf der Innen- fläche des M. vastus medius die Homologie der Theile so zu deuten wäre: Bei allen Anuren ist ein M. vastus lateralis vor- handen; von dem M. vastus medius zweigt sich bei Pelobates ein besonderer Muskelbauch ab, der bei den übrigen Anuren die laterale Fiederung der tiefen Portion des Muskels bildet. Erhärtet wird die Richtigkeit dieser Annahme durch das Verhalten der Nerven bei den höheren Anuren, für das hier Rana fusca als Beispiel dienen möge. Will man die einzelnen Zweige der Nerven des M. triceps femoris bei Rana fusca darstellen, soweit sie aus dem N. ischia- dieus stammen, so geht man in der Furche zwischen M. vastus Nerv und Muskel. 381 lateralis und M. biceps, cap. longum ein, durchtrennt den M. vastus lateralis in der Mitte des Schenkels und löst das proximale Ende vom Becken. Unter dem M. biceps her kommt der für den M. vastus lateralis und medius bestimmte Nervenast, der sich in einen beekenwärts gelegenen Zweig für den M. vastus lateralis und einen kniewärts gehenden Zweig für den M. vastus medius gabelt. Der Zweig zum M. vastus medius tritt etwa in der Mitte des Obersehenkels in eine Furche zwischen dem oberfläch- lichen Theil und der lateralen Portion des gefiederten tieferen Theiles ein. Präparirt man jetzt, von der Trennungsfurche ge- leitet, den oberflächlichen Theil vom tieferen ab, durchtrennt den oberflächlichen Theil des M. vastus medius in der Mitte des Oberschenkels und zieht sein Beckenende durch vorsichtige Tren- nung von der Unterlage lateralwärts vom Schenkel ab, so gabelt sich der für den M. vastus medius bestimmte Zweig und schickt auf der lateralen, innen gelegenen Portion einen langen Nerven nach abwärts, der bald zwischen die Muskelbündel eindringt. Der andere Theilzweig versorgt durch weitere Gabelung die oberflächliche und die mediale tiefere Portion des M. vastus medius. Die Vertheilung der Nerven ist somit einer Homologi- sirung der lateralen Fasern des tiefen gefiederten Theiles vom M. vastus medius der meisten Anuren mit dem vierten Kopf des M. triceps bei Pelobates günstig. Denn bei Pelobates bekommt der vierte Kopf des M. triceps ebenfalls einen besonderen Nerven. Demgemäss würde der M. vastus medius der Anuren aus mehreren Theilen zusammengesetzt sein, die in verschiedener Weise mit einander verbunden sind. Bei allen ist eine oberfläch- liehe Lage vorhanden. Bei den meisten eine mit dieser verbun- dene tiefere, doppelt gefiederte Portion. Man kann sich aber die Fiederung bei den übrigen Anuren so entstanden denken, dass man den accessorischen Kopf des Muskels, wie er bei Pelo- bates sich findet, während seines embryonalen Wachsthums nicht mit dem Oberschenkel, sondern mit der tiefen medialen Lage des M. vastus medius sich verbinden lässt. Die Entstehung der me- dianen Sehne bietet wohl keine Schwierigkeit. Für die Deutung spricht ganz besonders die Nervenvertheilung und der Nachweis, dass beim Embryo in der That die Muskeln von der Nerven- eintrittsstelle nach allen Richtungen hin wachsen. Die Variabilität der Anheftungsstellen ist somit gegeben. 382 M. Nussbaum: Da die Eintrittsstelle der Nerven bei den zu vergleichenden Theilen, dem caput accessorium bei Pelobates und der lateralen tiefen Portion des M. vastus medius der übrigen Anuren, am weitesten kniewärts gelegen ist, so ist für Variationen in der Lagerung des Muskels sein proximales Ende am geeignetsten. Bei Pelobates ist das von der Nerveneintrittsstelle aus gerech- nete proximale Ende kurz und mit dem Oberschenkel ver- wachsen; bei den übrigen beschriebenen Anuren dagegen lang und statt mit dem Oberschenkel mit der imneren Sehne des M. vastus medius verbunden. M. vastus lateralis. Die Lagebeziehungen zum M. rectus femoris antieus,. M. vastus medius sind schon bei diesen Muskeln geschildert worden, weshalb hier darauf verwiesen werden kann. a) Rana esculenta. Das Beckenende inserirt am Processus superior des Darm- beinflügels. Die Muskelfasern gehen hart bis an den Knochen heran, in Form emer abgestutzten Pyramide endigend und lateral dem Ansatze des M. biceps anliegend. Der Muskel zieht dann über den M. glutaeus und M. ileopsoas kniewärts weiter, legt sich auf den M. adductor magnus und geht in die gemein- schaftliche Sehne des M. triceps femoris über. Mit dem ventral gerichteten Rande greift er von der Stelle, wo der M. rectus femoris antieus zu Ende geht, auf den M. vastus medius über; der dorsale Rand grenzt auf der Oberfläche zuerst an den M. pyriformis, dann an den M. semimembranosus; in der Höhe der Inseriptio tendinea dieses Muskels an das caput longum des M. biceps, von dem er in der Nähe des Kniees durch den lateralen Theil des M. vastus medius abgedrängt wird. Die distalen Enden seiner Fasern bleiben um die Länge dieser lateralen Portion des M. vastus medius vom Knie entfernt. b) Rana fusea. Die Verschiedenheiten gegen Rana esculenta sind durch die Topographie der benachbarten Muskeln bedingt und bei dor Beschreibung der übrigen Theile des M. triceps femoris angegeben worden. Nerv und Muskel. 383 ec) Bufo vulgaris. Der Muskelbauch ist gleich weit gegen das Knie zu ver- folgen, als der M. vastus medius. Aber auch bei Bufo drängt sich in der Nähe des Knies der laterale Rand der tiefen Portion des M. vastus medius so unter dem M. vastus lateralis vor, dass er an den langen Kopf des M. biceps angrenzt und dem M. ad- duetor magnus aufliegt, so dass der M. vastus lateralis nicht ganz lateral am Knie, sondern wie bei den übrigen Anuren dem distalen Ende des M. vastus medius aufliegend sich inserirt. d) Pelobates fuseus. Das Beckenende des Muskels entspringt von dem Processus superior alae ossis ilei, kriecht aber mit einer glänzenden Sehne über die Radix alae hin (vergl. Fig. 38). Die Insertion am Knie erfolgt zwischen M. vastus medius und dem Caput accessorium trieipitis. Grade diese Species mit den deutlich ausgeprägten vier Köpfen des Kniegelenkstreckers gab die Veraelassung, das Knie- ende des M. triceps auch bei den übrigen Anuren genauer zu untersuchen, als dies bisher der Fall gewesen war. Es ergab sich nieht allein die oben beim M. vastus medius durchgeführte Homologie der Theile, sondern auch die interessante Thatsache, dass bei keinem Anuren der M. vastus lateralis am Kniegelenk am weitesten lateral gelegen ist, sondern stets medial von dem lateralen Rande der tiefen Portion des M. vastus medius. Während beckenwärts die Variation den M. vastus medius bei den Anuren bedeutend umgestaltet, ist das Knieende mit Bezug auf die relative Lagerung der Theile völlig conservativ. Der Museulus sartorius. Sous-ileo-tibial Duges. Gracilis Klein. Sartorius Ecker. Sous-il&o-erural de Mau. Ileo-eruralis Hoffmann. Addueteur anterieur du tibia Perrin. Den M. sartorius kann man am wenigsten in einer für alle Anuren gültigen Beschreibung abmachen. Er erleidet von Species zu Species augenfällige Abweichungen. Die Richtung dieser Ab- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 26 384 M. Nussbaum: weichungen ist freilich erst dann zu erkennen, wenn ein grosses Material fertiger und entwicklungsgeschichtlicher Formen bis ins Einzelste hinein verfolgt worden ist. Wir wollen versuchen, zuerst eine Darstellung zu geben, die sich den bisher üblichen Beschreibungen anschliesst, um den Weg zeigen zu können, der zu einer neuen Auffassung von der Bedeutung dieses Muskels führen musste. Genus Rana. Bevor man das Beckenende des M. sartorius freilegen kann, müssen der M. cutaneus dorsi und die seitlichen Bauchmuskeln entfernt werden. Der Muskel liegt zum grössten Theil unter der Wand des Saceus femoralis (Eeker); doch gehen Becken- und Unterschen- kelende über die Grenze dieses Lymphraumes hinaus. Distal zieht das Septum femoro-erurale über die Endsehne hinweg, die mit der Haut durch dieses Septum fest verbunden ist. Auch am Becken hat der Muskel eine Endsehne; ehe diese jedoch als ein schmales Band den Muskelbauch fortsetzt, zieht schon das Septum inguinale quer über den Sartorius hin. In der Höhe des Condylus des tibialen Oberschenkelknochen- endes wird der Sartorius sehnig. Zwischen den Sehnen des Triceps femoris (Ecker) und des Sartorius spannt sich eine durchlöcherte Fascia aus, die dem Lymphstrom aus der Tiefe den Durchtritt in den Saccus femoralis gestattet. Die Sehne des Sartorius wendet sich dann bogenförmig um die tibiale Insertion des Graeilis und Cutaneus eruris herum; das peritendinöse Bindegewebe geht an die Haut und schliesst so den Saccus femoralis vom Saceus eruralis ab. Zwischen Gra- eilis und Sartorius bleiben aber immer einige Löcher ausgespart, durch die man bei Druck auf den Unterschenkellymphsack Flüssig- keit in den Saccus femoralis treiben kann. Dorsal vom Gracilis kommt bogenförmig zur Sehne des Sartorius die Sehne des Semitendinosus: beide ziehen vereint zur Crista tibiae. a) Rana fusca (Fig. 26). Von der Spina pelvis ventralis entsprungen, schwenkt der Muskel über den M. ileopsoas lateral gegen den M. triceps fe- moris. Am Becken wird zwischen ihm und dem M. rectus fe- Nerv und Muskel. 385 moris antieus ein breites Dreieck des M. ileopsoas abgegrenzt. Darauf stösst der Sartorius lateral direet an den Vastus medius; medial lässt er der Reihe nach einen Theil des M. pectineus und M. adduetor brevis, des Adduetor magnus frei zu Tage treten und zieht dann, an den distalen Bauch des M. gracilis anstossend, zum Knie hin. Nähert der Muskel sich dem Knie, so bleiben die Lage- rungsbeziehungen zu M. vastus medius und M. graeilis erhalten; die distale Endsehne geht über die Aussenfläche der vereinigten Sehnen des M. gracilis und M. eutaneus femoris zum Unterschenkel. Somit folgen sieh in der Kniegegend von der medialen zur late- ralen Fläche: M. gracilis, sartorius, vastus medius. b) Rana esceulenta (Fig. 25). Bei Rana esculenta macht der M. sartorius die für Rana fusca und auch für Rana oxyrrhinus charakteristische Schwen- kung nach der lateralen Parthie des Oberschenkels nicht; sein Verlauf ist gestreekter bis zum Knie hin. Dadurch lässt er an seinem lateralen Rande alsbald nach den sehnigen Anheftungen beider Muskeln am Beeken den M. adduetor longus frei hervor- treten, so dass bei dieser Art der M. sartorius ganz im Gegen- satz zu den beiden Landfröschen, Rana fusca (platyrrhinus) und oxyrrhinus, den M. vastus medius bis zum Knie gar nicht be- rührt. Der mediale Rand des M. sartorius lässt dagegen ähnlich wie bei den Landfröschen vom Becken aus gezählt mehr oder weniger vom M. peetineus, M. adduetor brevis und M. adduetor magnus frei, um neben dem distalen Bauch des M. graeilis am Knie sich festzuheften. Der Sartorius deckt somit bei Rana oxyrrhinus und pla- tyrrhinus den M. adduetor longus ganz und den M. peetineus, M. adduetor brevis und adductor magnus zum Theil. Bei Rana eseulenta werden alle diese vier Muskeln vom M. sartorius nur theilweise bedeckt. Es liegen also nicht nur Theile vom M. adduetor magnus und brevis, vom M. peetineus, sondern auch vom M. adduetor longus beim Wasserfrosch frei und vom Sar- torius nicht bedeckt an der Oberfläche. Man wird somit Rana eseulenta und Rana fusca sofort an den Unterschieden, welche die Lage des M. sartorius in beiden Species abgibt, erkennen können. 3836 M. Nussbaum: Es liegt nahe, zu vermuthen, ob nicht auch bei den übrigen Anuren der Muskel mindestens zur Charakterisirung des Genus verwandt werden könne. Da aber nicht nur „Ursprung und An- satz“, d.h. die Stellen der Anheftung des Muskels variiren, son- dern mit der Variation der übrigen Muskeln das Bild der gegen- seitigen Lagerung im ganzen Verlauf verändert werden muss, so wird man mit der bisher üblichen Aufzählung der Insertions- punkte und Beschreibung der Gestalt eines Muskels die Eigen- thümlichkeiten desselben nicht erschöpfen können. Auch die topo- graphischen Beziehungen der Theile müssen berücksichtig werden. Das Oberflächenbild des Oberschenkels wird wesentlich durch die verschiedene Ausbildung des M. sartorius beeinflusst. In einer ersten Gruppe, welche Pelobates und Bombimator umgreift, liegt der Muskel noch medial; bei Discoglossus ist er zwar weiter lateral und distal vorgedrungen, aber noch immer deutlich mit den Muskelbäuchen des M. semitendinosus verbunden. Bei dem Genus Bufo ist die Trennung noch nieht ganz vollzogen, die Sehnen des M. sartorius und semitendinosus ziehen aussen über die Sehnen des M. gracilis und M. ceutaneus femoris, caput inferius zum Unterschenkelknochen. Der M. sartorius ist aber gegen das Becken zu weiter lateral auf die ventrale Oberschenkel- fläche verlagert. Bei Rana esculenta und Rana fusca endlich ist die Trennung des M. sartorius vom semitendinosus fertig. Die Wanderung des distalen Endes nach der lateralen Beckenseite erreicht den höchsten Grad bei Rana fusca, indem der M. sar- torius hier den M. adduetor longus ganz bedeckt; während bei Pelobates und Bombinator der M. sartorius den medialen Rand des M. adductor longus noch nicht erreichte, bei den Bufonen und Discoglossus pietus und bei Rana eseulenta diesen medialen Rand aber schon überschritt. Am Knie geht der M. sartorius beim Genus Rana aussen vom M. graeilis, der M. semitendinosus innen vom M. gracilis zur Tibia. Es wird sich deshalb empfehlen, an dieser Stelle einige Öberflächenbilder vorzuführen, auf die hin Genus und Species sicher unterschieden werden können. Dabei zeigt sich, dass das Genus durch eine nach be» stimmter Riehtung fortschreitende Umbildung einzelner aber nicht aller Muskeln; die Species dagegen durch Unterschiede charac- Nerv und Muskel. 387 terisirt wird, die in ähnlicher Ausbildung bei allen Genus vor- kommen. Während nämlich der M. sartorius von den am tiefsten stehenden zu den höheren Anuren beständig weiter lateral am Becken vorrückt und am Knie mehr und mehr vom M, semiten- dinosus sich trennt, kehren die Verschiedenheiten, welehe durch die Länge des M. adductor longus bedingt sind, bei allen Genus gleichmässig wieder. Der M. sartorius bietet somit fortschreitende, der M. adductor longus eyelisch wiederkehrende Varietäten dar. 1. »Belob.ates.fuseus (Kiss 2, u 39) Entfernt man bei Pelobates fuseus die Haut des Ober- schenkels, so findet man die Muskeln auf der ventralen Seite in einer gegen Rana stark veränderten Lage. Während bei Rana von dem M. sartorius medial gerade das Beckenende des M. adductor magnus freigelassen wird, bleibt bei Pelobates fuscus auf der entgegengesetzten, also lateralen Seite des Sartorius das Knieende des M. adductor magnus un- bedeckt. Zwischen der Ansatzstelle der Sehne des M. sartorius und des M. adductor magnus erscheint am Knie in ansehnlicher Breite das distale Ende des M. semimembranosus. Der M. ad- ductor longus reicht oberflächlich bis gegen das distale letzte Viertel des Oberschenkels herab; der M. vastus medius ist in grosser Ausdehnung sichtbar. In der Beckengegend folgen sich von der lateralen zur medialen Seite der M. reetus femoris anti- cus, der ileopsoas, der adduetor longus, der den M. peetineus am Becken zum Theil deckt. Unter und medial zum M. adductor longus liegt der M. pectineus. Entfernt man den Beckenursprung des M. adductor longus, so zeigt sich, dass wie bei den übrigen Anuren zwischen M. ileopsoas und M. pectineus, der bei Pelo- bates breit zu Tage liegt, das proximale Ende des M. vastus medius sich in die Tiefe senkt. An den lateralen Rand des M. peetineus stösst die durchsichtige Sehne des M. sartorius, den M. adduetor magnus decekend. Dann erscheint die Sehne des M. gracilis, um den Beschluss der von der ventralen Seite her sichtbaren Theile zu machen. Auch die dorsale Seite zeigt starke Abweichungen von dem Verhalten der Lage der Muskeln anderer Anuren. Der M. pyriformis fehlt. ‘Der Vastus lateralis hat eine solche Lage, dass der Aufbau der Trieeps surae deutlicher wird, als es sonst 383 M. Nussbaum: bei den Anuren der Fall ist. Am Knie hat der Vastus lateralis eine eigene Sehne; am Becken geht über seine Endsehne, die sich bis zur Symphysis ossium ischii hin erstreckt der Nervus ischiadieus hin, der bei Rana an ihr vorbeigeht. In dem Drei- eck zwischen Vastus lateralis und Reetus femoris anticus am Becken liegt der Glutaeus und der Ileopsoas eine Strecke weit frei. Der Nervus ischiadieus, die gleichnamige Arterie und Vene werden wie bei Rana in einer Schleife von Muskelfasern dicht am Ausgang des Beckens festgehalten. Zwischen den distalen Enden des M. vastus lateralis und des M. biceps, eaput longum liegt ein Muskel, der sich bei wei- terer Präparation als ein accessorischer Kopf des M. triceps femoris ausweist. 2. Bombinator igneus (Fig.‘23). Bei der Feuerkröte sind die beim Frosch vorhandenen Muskeln der ventralen und medialen Seite des Oberschenkels leicht wiederzufinden, trotzdem ganz bedeutende Verschiebungen der Theile vorgekommen sind. Der M. gracilis deckt nicht mehr den M. semitendinosus an der medialen Oberschenkelfläche zu, sondern lässt beide Köpfe desselben in grosser Ausdehnung am Becken frei zu Tage treten. Ueberhaupt zeigt sich bald, dass die Hauptunterschiede durch die Variation der Muskelgruppe gracilis, semitendinosus und sar- torius bedingt sind. Am Knie erscheinen nämlich M. semitendinosus und sartorius als eine einheitliche Muskelmasse; das bleibt auch bei oberfläch- licher Betrachtung für den M. sartorius und den ventralen Kopf des M. semitendinosus bis gegen das becekenwärts gerichtete muskulöse Ende. Der laterale Rand des M. sartorius lässt am Knie einen klemen Zipfel des M. semimembranosus frei hervor- treten, liegt dann dem M. adduetor magnus an und geht mit allen Fasern nur wenig beckenwärts von der Mitte des Ober- schenkels, wo der M. adductor longus am lateralen Rande des M. adduetor magnus zu verschwinden beginnt, in eine breite Aponeurose über, die mehr als ein Drittel des M. adductor magnus, caput ventrale durchschimmern lässt. Wo sich die Ränder des ventralen und dorsalen Kopfes vom adduetor magnus distal an- Nerv und Muskel. 389 einanderlegen, dringt aus der Muskelmasse des M. sartorius ein kleiner Zipfel vor, der mit schmaler Sehne oberflächlich in dem Spalt der beiden Köpfe des M. adductor magnus zum Becken zieht. Etwas weiter kniewärts, als dieser muskulöse Zipfel abge- geben wird, der den M. semitendinosus, caput ventrale darstellt, löst sich vom dorsalen Rande der am Knie noch einheitlichen Muskelmasse ein anderer spindelfömiger Bauch ab, der am dor- salen Rande des dorsalen Kopfes vom M. adductor magnus das Becken erreicht. Dies ist der M. semitendinosus, caput dorsale. Die distale Endsehne der drei Muskelbäuche, der beiden Köpfe des M. semitendinosus und des M. sartorius, geht aussen über die vereinigten Sehnen des M. graecilis und M. cutaneus femoris inferior, zuerst mit der Haut verbunden, an die Tibia. Am Becken folgen sich von der lateralen zur medialen Seite hin der M. glutaeus, M. rectus femoris antiecus, der M. ileopsoas, M. adductor longus, der M. pectineus, ein Theil des M. adductor brevis, die beiden Hauptköpfe des M. adduetor magnus, der dorsale Kopf des M. semitendinosus und der M. gracilis. In der Kniegegend liegt nächst dem M. vastus medius und der gemeinschaftlichen Sehne des M. triceps femoris der M. adductor magnus frei; dann das distale Ende des M. semimem- branosus, der mit den Köpfen des M. semitendinosus noch ver- einigte M. sartorius und schliesslich der den M. gracilis deckende distale Kopf des M. ceutaneus femoris. Der Sartorius erreicht somit das Becken nicht, endet viel- mehr sehnig auf der äusseren Fläche des Adduetor magnus. Das Endstück des Semimembranosus, der beim Frosch nur von der dorsalen Seite sichtbar wird, schiebt sich beim Bombi- nator auf der ventralen Seite zwischen Endstück des Sartorius und Adductor magnus vor. Dagegen ist in der Kniegegend der M. adductor longus zwischen M. vastus medius und M. adductor magnus nicht mehr sichtbar, weil er schon vorher an das Os femoris heranging. Da beim Frosch der Sartorius lateral und kopfwärts weiter zieht als bei Bombinator, so liegt bei Bombi- nator am Becken ein grösserer Theil des Adductor longus und Ileopsoas frei. Der M. adduetor longus deckt nur einen kleinen, lateralen Theil des M. pectineus, und der M. adductor brevis 390 M. Nussbaum: tritt lateral unter der Beekenendsehne des ventralen Kopfes vom M. adduetor magnus frei zu Tage. Die Innervationsverhältnisse sind dieselben wie beim Frosch. Der dorsale Kopf des M. semitendinosus bekommt seinen Nerven mehr proximalwärts als der ventrale Kopf, der aus demselben Stämmehen mit dem Sartorius seinen besonderen Zweig erhält. Dorsal vom dorsalen Semitendinosuskopf ziehen die Nerven zum M. graeilis und M. cutaneus femoris. Der N. cutaneus femoris medialis tritt zwischen M. semitendinosus und M. graeilis hin- durch zur Haut, in der Gegend, wo der M. gracilis von einer Inscriptio tendinea quer durchsetzt wird. Oberhalb dieser Stelle durehbricht den M. graeilis ein Nervenstämmchen, das zum pro- ximalen Kopf des M. eutaneus femoris geht. Analwärts von diesem Nerven zieht über die Hautseite des M. ceutaneus femoris, caput superius, ein Cocceygealnerv zur Haut. 3. Discoglossus pietus (Fig. 27). Perrin hat auf Tafel XX in Fig. 34 eine Abbildung der auf der ventralen Oberschenkelfläche gelegenen Muskeln gegeben, die aber in den Details nicht ganz der Wirklichkeit entspricht. Das Material zu einer Nachprüfung stellte mir Herr Geheimrath Moebius in liebenswürdigster Weise zur Verfügung, wofür ich ihm meinen verbindlichsten Dank ausspreche. Entfernt man die Oberschenkelhaut, so liegen auf der ven- tralen Seite am Becken der Reihe nach frei, wenn man lateral- wärts beginnt: Der M. reetus femoris antieus. Des kleinen Zipfels vom M. ileopsoas wird man erst ansichtig, sobald die durehbrochene Grenzmembran des Saccus femoralis abpräparirt worden ist. Weiter folgt auf den M. ileopsoas der M. vastus medius, der M. adduetor longus, ein schmales Band des M. sartorius, der M. peetineus und, was bei den anderen Arten nicht so gut zu sehen ist, ein breites Dreieck des M, adductor brevis. An den Grenzen zwischen dem medialen Rande des M. adduetor brevis und M. adduetor magnus inserirt der grade Bauchmuskel, der bei anderen Anuren für gewöhnlich mit seiner Endsehne viel weiter gegen den Anus hinabreicht. Zwischen dem ventralen und dorsalen Kopf des M. addueto: magnus verläuft ziemlich oberflächlich die schmale Beekenendsehne des M. semitendinosus, eap. ventrale. Zwischen dem bei dieser Nerv und Muskel. 391 Art medial zu nennenden dorsalen Kopf des M. semitendinosus und dem Caput ventrale desselben Muskels liegt das Caput dor- sale des M. adduetor magnus. Nach dem M. semitendinosus, eaput mediale, sive dorsale macht den Abschluss der Muskelfolge am medialen Beckenrande mit einem fast linienförmigen Streifen die Insertion des M. gracilis. Der M. ceutaneus femoris, caput superius inserirt nicht am Becken, wie es nach Perrin's Figur scheinen könnte, sondern stösst mit einem schmalen Zipfel an den M. sphineter ani. In der Kniegegend sind in derselben Reihenfolge sichtbar: der M. vastus medius, der M. adductor magnus; nicht aber, wie Perrin zeichnet, der M. adductor longus. Der M. adduetor longus erreicht mit seiner Muskelmasse das Knie gar nicht. Zwischen dem M. adductor magnus und den am Knie vereinigten M. sartorius und M. semitendinosus erscheint ein kleiner Zipfel des M. semimembranosus. In der Kniegegend selbst legt sich M. sartorio-semitendinosus über die vereinigten M. gracilis und M. eutaneus femoris. Auf der freien Oberschenkelfläche erreicht der M. sartorius den M. vastus medius nicht, bleibt von ihm vielmehr durch einen Streifen des M. adductor longus getrennt. M. sartorius und semi- tendinosus gehen in einem beckenwärts offenen Bogen in einander über. Die Ränder dieses Bogens sind nicht immer geometrisch genau; es kommen auch Formen wie die von Perrin abge- bildete vor. 4. Bufo viridis. Wie bei den Kröten überhaupt, ist auch bei Bufo viridis die Haut der lateralen Kante des Oberschenkels bedeutend kürzer, als die der medialen, wodurch das Plumpe in der äusseren Er- scheinung im Gegensatz zu dem Genus Rana erzeugt wird. Bei Bufo calamita erreicht die Verkürzung der Haut an der lateralen Kante des Oberschenkels den höchsten Grad, wodurch die Ober- schenkel wie in den Rumpf hineingepresst erscheinen. ‘ Trennt man die Haut mitten auf der ventralen Oberschen- kelfläche der Länge nach, so bleibt mit dem lateralen Theil der Haut, in der Beckengegend bis zur Symphyse reichend und bauchwärts bis zu der Stelle, wo das Septum inguinale mit der Haut und den Bauchmuskeln verschmilzt, der ventrale Rand des M. eutaneus femoris verbunden, der bei Bufonen — B. vulgaris 392 M. Nussbaum: calamita, agua, viridis — demgemäss über die Grenzen des Saceus interfemoralis hinausragt. An der proximalen Grenze des Saccus femoralis liegt ein vom Septum inguinale ausgehender grosser Fettklumpen. Das durchlöcherte Septum interfemorale grenzt nur unvoll- ständig die beiden kleinen Saccus interfemorales in der Mittel- linie von einander ab. Saccus femoralis und suprafemoralis communieiren am Knie auf der medialen Seite durch mehrere Spalten und sind vom Saceus eruralis durch einige netzartige Stränge mangelhaft ge- trennt. Zwischen M. vastus medius und M. reetus femoris antieus ist eine durchlöcherte Membran ausgespannt; ebenso zwischen M. vastus femoris lateralis und dem M. reetus femoris. Sind die Bauchmuskeln abpräparirt, so erscheinen von der lateralen Seite am Becken ausgehend der Reihe nach die Inser- tionen folgender Muskeln: M. rectus femoris anticus; zwischen ihm und dem M. vastus medius der M. ileopsoas; nach dem M. vastus mecdius der M. adductor longus, der M. sartorius, die sich selbst nicht, wohl aber den M. peetineus völlig decken. Am medialen Rande des M. sartorius folgt der M. adduetor brevis, der M. ad- ductor magnus, caput ventrale und ein kleiner Theil seines caput dorsale.. Der M. gracilis, bedeckt vom M. cutaneus femoris, macht den Beschluss der ventral sichtbaren Muskeln. Der Muskel gracilis ist soweit auf der medialen Seite des Öberschenkels ventral vorgerückt, dass er den Semitendinosus völlig deckt. Am Knie folgen sich von der lateralen zur ventralen Seite: Die Sehne des M. triceps femoris, der M. adductor magnus, caput ventrale, ein Zipfel des M. semimembranosus, der M. sartorius, die vereinigten M. gracilis und cutaneus femoris. Der M. adduetor longus reicht nicht bis ans Knie. Die Sehnen des M. sartorius und semitendinosus ziehen vereinigt aussen über die vereinigte Sehne des M. graecilis und eutaneus femoris an die Tibia. 5. Biwfio. e»1am itiahl(Fig:22). Der augenfälligste Unterschied von Bufo calamita gegen- über Bufo viridis und Bufo vulgaris besteht darin, dass bei Bufo Nerv und Muskel. 393 calamita der M. adductor longus so lang ist als der ventrale Kopf des M. adductor magnus, also auch am Knie noch den M. vastus medius und den M. adductor magnus von einander trennt. Der M. graeilis reicht bei Bufo ealamita nicht so weit ventral an die übrigen Muskeln herauf: die beiden Köpfe des M. semitendinosus bleiben vom Becken bis fast zum Knie hin un- bedeckt. Bei allen Kröten zieht der N. eutaneus femoris medialis über den ventralen Rand des M. graeilis zur Haut des Ober- schenkels hin. 6. Bufo agua (Fig. 36). Diese Kröte nimmt mit Bezug auf die Anordnung ihrer Oberschenkelmuskulatur eime Mittelstellung zwischen Raniden und Bufoniden ein. Der M. graeilis deckt wie bei Rana den M. semitendinosus. Von den Ursprüngen des M. adduetor magnus am Becken liegt der des ventralen Kopfes ziemlich breit frei; von dem des dorsalen Kopfes nur ein ganz kleines Dreieck. Der M. adduetor longus ist kurz wie bei Rana fusca, und von dem distalen Ende des M. adductor magnus, cap. ventrale liegt wie bei den übrigen Bufonen lateral vom Knieende des M. sartorius ein Streifen frei. Das Beckenende des M. sartorius und des M. adductor longus deckt den M. pectineus völlig zu. Dagegen bleibt wie bei den übrigen Bufonen ein breites Dreieck des M. adductor brevis in der Beckengegend vom M. adductor magnus unbedeckt. Dieses frei liegende Dreieck reducirt sich bei Rana auf einem schmalen Streifen, der namentlich bei Rana fusca nur ganz linear die Oberfläche erreicht. Die vereinigten Sehnen des M. sartorius und des M. semitendinosus gehen aussen über die vereinigten M. gracilis und M. eutaneus femoris, cap. inferius zum Unterschenkel- knochen wie bei den anderen Kröten. Der M. recetus femoris antieus ist entschieden kürzer, als bei den übrigen Bufonen; der M. vastus lateralis ist nicht vom M. vastus medius bis zur distalen Insertionsstelle abgesetzt. Der M. adductor magnus hat alle drei Köpfe ausgebildet. Das eaput accessorium entspringt von der Sehne des M. semiten- dinosus, cap. ventrale, ist auf der dorsalen Seite sichtbar und in- 394 M. Nussbaum: serirt auf der Beugeseite des Knies zwischen caput ventrale und caput dorsale. Die ventrale Seite des Oberschenkels dagegen erreicht das distale Ende des caput accessorium nicht. Das caput dorsale umgreift den lateralen Rand des Oberschenkel- knochens und inserirt nahe dem Knie auch. auf der ventralen Fläche. Auf der Beugeseite des Kniegelenks inseriren alle drei Köpfe des M. adduetor magnus. Zur Illustration der Verschiedenheiten in Ansatz der Muskeln am Becken mögen die unter Nr. I des Anhanges gegebenen Ta- bellen dienen. Nr. II des Anhanges erläutert die Insertions- punkte der Muskeln in der Kniegegend und dient zum Theil auch dazu, die Unterschiede zwischen Amphibien und Säuge- thieren bezüglich der Sehnenverbindungen mit den Knochen dar- zuthun. Es erübrigt noch eine genauere Beschreibung des M. sar- torius von Pelobates fuseus hier anzufügen. Die Eigenthümlich- keiten des Muskels bei anderen Batrachiern ergeben sich aus den voraufgestellten Oberflächenbildern des Oberschenkels. e) Pelobates fuscus (Fig. 59 u. 40). Das Beckenende ist sehnig und heftet sich in der Gegend des Os pubis so an die Beckensymphyse, dass eine durch die Enden der Muskelfasern gelegte Linie mit dem medialen Rand des Muskels einen spitzen Winkel bildet. Durch die Sehne des Muskels schimmert ein dreieckiger Theil des M. adduetor magnus durch. Der dorsale Rand der Beckeninsertion liegt unter der Grenzlinie zwischen M. gracilis und M. semimembranosus. Löst man den M. sartorins an seinem ventralen Rande von seiner Nachbarschaft ab und klappt ihn medianwärts zurück, so zeigt sich, dass er nicht an dem lateralen Rande des ihn be- srenzenden M. gracilis zu Ende geht, sondern dass er, an diesem Rande von der Oberfläche verschwindend, in der Tiefe weiter zieht. Das Knieende hat auf der Innenfläche am dorsalen Rande eine dicht am Condylus tibiae dem M. gracilis aufliegende lange schmale Sehne, die sich in der Mitte des Oberschenkels ein wenig vom Rande aus gegen die Mitte des Muskels wendet, wo sie dann makroskopisch nicht weiter verfolgt werden kann. So mit ist der Muskel in seiner proximalen Hälfte auf der Innen- fläche doppelt, in seiner distalen Hälfte einfach gefiedert. Die Nerv und Muskel. 39 Fasern am dorsalen Rande verlaufen schräg, sind kürzer als die medial und ventral gelegenen. Das distale Sehnenende des Muskels theilt sich, nachdem es sehnig geworden ist, in zwei Zipfel, von denen der kürzere, aber breitere an den medialen Condylus der Tibia sieh ansetzt, der längere, schmälere an der medio-ventralen Kante der Tibia herabzieht. Pelobates fuseus würde somit einen M. sartorius haben, der in seinem Bau und seiner Lagerung sehr von dem abweicht, was man bei anderen Anuren zu finden gewohnt ist. Sucht man aber nach dem M. semitendinosus, so findet man ihn nicht. Es dürfte sich daher empfehlen die Untersuchung über den M. semitendinosus hier anzureihen. M. semitendinosus. Bis-ischio-tibial Du ges. Semitendinosus Ecker. Bisischio tibial de Man. Addueteur moyen du tibia Perrin. Für den Semitendinosus gibt Perrin eine eingehendere Schilderung der Form und Lage bei verschiedenen Anuren. Bei Rana und Bufo liegt nach unserem Gewährsmann der Muskel an der Innenseite, d. h. an der medialen Kante des Beckens; bei Bufo zum Theil, bei Rana völlig vom Graeilis be- deckt. Die sehnigen Ursprünge der beiden Köpfe lässt Perrin vom Os ischii ausgehen; die gemeinschaftliche Endsehne in zwei Zipfel sich theilen, von denen der eine sich an dieselbe Stelle der Tibia inserirt wie der Sartorius, der andere entlang der Innenseite der tibialen Diaphyse im ersten Viertel dieses Knochens zur Anheftung gelangt. Bei Bufo vereinigt sich nach Perrin dieser Zipfel mit der Sehne des Sartorius. Bei Bombinator ist nach Perrin der obere (ventrale) Kopf des Semitendinosus völlig mit dem unteren (medialen) Rande des Sartorius verschmolzen; bei Discoglossus ist diese Verschmelzung weniger ausgebildet. Von Bombinator zu Discoglossus, Bufo bis Rana soll der Semitendinosus folgende Veränderungen erleiden. Der obere Kopf individualisirt sieh auf Kosten des Sartorius. Der Muskel senkt sich in die Tiefe des Beckens, indem sein oberer Kopf in 396 M. Nussbaum: den Adduetor magnus eindringt. Der untere Kopf geleitet mehr und mehr unter den Gracilis, von dem er bei Rana völlig be- deckt wird. Es wird sich später ergeben, dass hiermit die Reihe der Veränderungen nicht erschöpft ist. de Man hat den Muskel für Rana und Bufo beschrieben und kennt wie Ecker einen vorderen und hinteren Kopf, die Perrin den oberen und unteren Kopf benennt. Wir ziehen es vor, einen ventralen und dorsalen Kopf zu unterscheiden, wie dies auch Gaupp thut. Die Insertionsverhältnisse am distalen Ende beschreibt de Man für Rana und Bufo im Abschnitt über den M. ischio- erural anterieur, unseren M. gracilis; ebenso Perrin bei Nr. 108 (Addueteur posterieur du tibia) (M. gracilis), indem er hervor- hebt, dass bei Rana ein Theil der Sehne des M. graeilis zwischen den Sehnen des M. sartorius (Nr. 106) und M. semitendinosus (Nr. 107) hindurchtrete, und so diese beiden Muskeln völlig trenne. Eeker und de Man lassen Fasern des Adduetor magnus von der Sehne des vorderen Kopfes entspringen; während ans der von Perrin gewählten Form der Beschreibung „est enfoui au milieu des fibres superficielles du long flechisseur du femur* nicht zu entnehmen ist, ob dieser intime Zusammenhang besteht, wie er von Ecker und de Man gefunden wurde. Dagegen gibt Perrin bei der Beschreibung des M. ad- duetor magnus (Perrin Nr. 110) an, dass einige Fasern dieses Muskels bei Rana und Bufo von der Sehne des oberen Semiten- dinosuskopfes abgehen. Da die Veränderungen dieses Muskels nicht allein, wie die bisherigen vergleichend anatomischen Darstellungen es voraus- setzen, von Genus zu Genus fortschreiten, sondern auch in der Species stark genug ausgeprägt sind, so kann man kein allge- mein gültiges Schema für die Ansatzstellen und die Topographie der Muskelbäuche geben. Mit Bezug auf den dorsalen Semiten- dinosuskopf gilt das von Gaupp in Fig. 106 abgebildete Schema der Beckeninsertionen nur für Rana fusca und nicht zugleich für Rana eseulenta, wie sich aus der folgenden Einzelschilderung des Muskels bei den verschiedenen Anuren ergeben wird, Nerv und Muskel. 397 Genus Rana. Nach Entfernung des M. graeilis präsentirt sich eine Mulde, in der am Beckenende der dorsale Kopf des M. adduetor mag- nus von den beiden Beekenendsehnen des Semitendinosus um- griffen wird. Die ventrale Begrenzung der Mulde liefert der ventrale Kopf des Adductor magnus, die dorsale der Semimem- branosus. a) Rana esculenta hungarıca. Der M. semitendinosus ist zweiköpfig. Der ventrale Kopf entspringt mit einer mässig langen, fadenförmigen Sehne, welche tief zwischen die beiden Hauptportionen des Adduetor magnus eingesenkt ist. Von der Sehne gehen nach drei Richtungen Fasern ab. Zwei Faserzüge liefen für den M. adductor magnus die Portio aecessoria. Der mittlere Faserzug stellt den ven- tralen Kopf des Semitendinosus dar. Die Faserbündel verlaufen über die ganze Länge des Muskels ungetheilt. Der dorsale Kopf des Semitendinosus entspringt mit platter, mit der Breitseite dorsoventral gestellter Sehne. Die Sehne liegt auf den einander zugekehrten Rändern des M. adductor magnus, caput dorsale und des M. gemellus, unter der Trennungsfurche des M. semimembranosus und graeilis. Auf der lateralen Fläche der Sehne setzen die Muskelfasern in einer schräg medial- wärts und gegen das Knie zu verlaufenden Richtung an die Sehne an; medial zieht von der Mitte dieser gleichsinnig ver- laufenden Insertionslinie noch eine breite Zunge der Sehnensub- stanz bis auf Centimeterlänge nach dem Knie zu. Die beiden Köpfe des Semitendinosus fassen die oberfläch- liche Parthie der dorsalen Portion des Adductor magnus zwischen sich, legen sich eng aneinander, um etwa lem oberhalb des Knies zu verschmelzen. Dabei geht von der lateralen Fläche des dorsalen Kopfes ein Sehnenspiegel in eine ziemlich lange fadenförmige Sehne über, an der zuerst alle Fasern des dorsalen, dann die Fasern des ventralen Kopfes inseriren. Der Muskel wird vom M. gracilis bedeckt; dorsal von diesem tritt die Sehne des M. semitendinosus an die mediale Seite des proximalen Endes der Tibia und verbindet sich ventral, vor dem Ansatz der vereinigten M. graeilis und M. eutaneus fe- moris inferior mit der distalen Endsehne des M. sartorius. 398 M. Nussbaum: Der M. gracilis geht somit am Knie durch emen Bogen, der von den Sehnen des M. sartorius und semitendinosus ge- bildet wird. b) Rana fusca. Der wesentlichste Unterschied des Muskels bei dieser Art und der vorhergehenden zeigt sich in der Insertion des dorsalen Kopfes am Becken und in dem Verhalten der Beckenendsehne des ventralen Kopfes zum accessorischen Kopf des M. adduetor magnus. Dringt man bei Rana fusca in dem Spalt zwischen M. gra- eilis und M. semimembranosus vor, so sieht man den dorsalen Kopf des M. semitendinosus unter der proximalen Parthie des M. semimembranosus verschwinden. Man muss erst den ventral gerichteten Rand des M. semimembranosus am Becken ablösen und von dem dorsalen Kopf des M. adductor magnus abheben, um freilich nicht mehr auf der Grenzlinie zwischen diesem dor- salen Kopf und dem M. gemellus wie bei Rana esculenta, sondern auf dem Beckenansatz der M. gemellus selbst der Insertion der Sehne des M. semitendinosus, cap. dorsale ansichtig zu werden. Was die Beckenendsehne des ventralen Kopfes vom M. semitendinosus anlangt, so dringt sie ebenfalls zwischen Caput ventrale und Caput dorsale des M. adduetor magnus in die Tiefe. Das Caput accessorium des M. adducetor magnus wird aber nur von wenigen an der Unterfläche der Sehne und am meisten proximal fest gehefteten Muskelfasern gebildet, während der ven- trale Kopf des M. semitendinosus von beiden Seiten der Sehne als doppelt gefiederter Muskel entsteht. Der accessorische Kopf des M. adduetur magnus ist oft so dünn, dass es in diesen Fällen besonderer Aufmerksamkeit be- darf, ihn darzustellen; während der Muskel bei Rana esculenta stets kräftig entwickelt ist. ec) Bufo ealamita. Bei dieser Kröte ist der M. semitendinosus ebenfalls zwei- köpfig. Die Sehne des dorsalen Kopfes fehlt am Beekenursprung vollständig. Die Fasern legen sich vielmehr über den dorsalen Kopf des M. adduetor magnus, vom ventralen Rande des Seini- membranosus aus gleich muskulös beginnend, hin, so dass nur ein kleiner Keil dieser Portion des M. adductor magnus freiliegt. Nerv und Muskel. 399 Legt man die beiden Portionen des Muse. adduetor magnus an ihrem Becekenursprunge auseinander, so kann man dem Ur- sprunge des lateralen Semitendinosuskopfes folgen. Der Muskel, der in eine schlanke Endsehne übergeht, ist weit tiefer zwischen die ventrale und dorsale Portion des M. adduetor magnus ein- gesenkt, als bei Fröschen und wendet sieh ventrolateralwärts unter den Ursprung der ventralen Portion des M. adduetor mag- nus, während er bei Fröschen gradlinig verlaufend zwischen bei- den Portionen des M. adduetor magnus sich an den Becken- knochen ansetzt. Die Sehne dringt auch bei Bufo calamita, wie bei den Fröschen zwischen den beiden Portionen des M. adduetor brevis weiter in die Tiefe, ehe sie am Becken inseritt. Von der Beekenendsehne des Semitendinosuskopfes entspringen keine Fasern, die wie bei Fröschen und anderen Krötenarten das Caput accessorium des M. adduetor magnus bilden. Das Nähere darüber findet sich bei der Beschreibung dieses Muskels. Gegen das Knie hin hören. die Muskelfasern der dorsalen Portion des M. semitendinosus früher auf, als die des ventralen Kopfes. Der auch bei Fröschen vorhandene Längenunterschied der beiden Köpfe fällt hier nur weit beträchtlicher aus. Die Knieendsehne ist für beide Köpfe gemeinschaftlich; Sehnenspiegel wie bei den Fröschen sind nieht ausgebildet. Ein anderer wesentlicher Unterschied des Genus Bufo von Rana besteht darin, dass der M. semitendinosus am Oberschenkel nicht vom M. gracilis verdeckt wird. Erst dort, wo die Muskelfasern des dorsalen Kopfes, der mehr medial gelegen ist als bei Rana, distal zu Ende gehen, legt sich der M. gracilis dem noch bis in die Kniegegend muskulösen ventralen (mehr lateral als bei Rana gelegenen) Kopf des M. semitendinosus so weit vor, dass nur ein Rand von diesem Muskel frei bleibt. Dann verbindet sich die Sehne des M. semitendinosus mit der des M. sartorius und beide gehen über die vereinigte Sehne des M. gracilis und M. eutaneus femoris an die mediale Seite des proximalen Endes der Tibia. Das scheint mir der bedeutsamste Unterschied gegen Rana zu sein, und da er allen Kröten gemeinschaftlich ist, so kann ich mich wohl auf die hier vorgeführte Species beschränken. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 97 400 M. Nussbaum: Bombinator igneus. Der ventrale Kopf zieht mit oberflächlich gelegener Sehne in der Grenzfurche des caput ventrale und caput dorsale vom M. adduetor magnus gegen das Becken und ist äusserlich noch nicht vom M. sartorius getrennt. Das Beckenende des dorsalen Kopfes ist durch den dorsalen Kopf des M. adducetor magnus vom ven- tralen Kopf des M. semitendinosus getrennt und nur wenig vom Beekenursprung des M. gracilis bedeckt. Der dorsale Kopf ist noch kürzer als bei Bufo calamita. Die Knieendsehne beider Köpfe geht mit der des M. sartorius vor der vereinigten Sehne des M. gracilis und M. eutaneus femoris inferior an die mediale Seite des proximalen Endes der Tibia. Diseoglossus pietus. Der M. sartorius und semitendinosus sind noch theilweise vereinigt, indem der M. sartorius und der ventrale Kopf des M. semitendinosus zusammenhängen. Die Gestalt und Lage des M. sartorius wurde pag. 390 im Flächenbild des Discoglossusschenkels geschildert. Der ventrale Kopf des M. semitendinosus beginnt oberflächlich mit schmaler Sehne zwischen ventralem und dor- salem Kopf des M. adduetor magnus. Die Sehne ist noch nicht wie bei Bufo und Rana in die Tiefe der Adduetorengruppe ver- senkt, doch gehen an sie einige der medialen, oberflächlich ge- legenen Fasern des ventralen Adductor magnus-Kopfes heran, so dass man schon hier von einem accessorischen Kopfe dieses Muskels reden kann. Die Beschreibung des accessorischen Kopfes vom M. adductor magnus (pag. 425 sq.) zeigt hinlänglich, dass mit Bezug auf die proximale Insertion dieses accessorischen Kopfes bei den verschiedenen Anuren keine Uebereinstimmung herrscht, dass vielmehr verschiedene Theile des bei Pelobates noch einheitlichen M. adductor magnus sich secundär mit der Sehne des ventralen Kopfes vom M. semitendinosus verbinden. Der dorsale Kopf des M. semitendinosus entspringt fleischig zwischen dem dorsalen Kopf des M. adductor magnus und dem M. gracilis am Becken. Medial stösst er auf eine kurze Strecke mit seinem Beckenansatz an den ventralen Rand des M. semi- membranosus, da der M. gracilis hier mit seiner kurzen Endsehne, die fast horizontal bei natürlicher Lage des Thieres, also ventral Nerv und Muskel. 401 zur Insertion des M. semimembranosus gestellt ist, die Oberfläche nicht erreicht. Der dorsale Kopf des M. semitendinosus entbehrt der proxi- malen Endsehne wie bei Bufonen, ist aber nicht so lang als bei diesen und den Raniden; da er schon proximal von der Mitte des Oberschenkels in eine feine Sehne ausläuft; er ist auch noch kürzer als bei Bombinator igneus. Der ventrale Kopf des M. semitendinosus ist vom Beginn des mittleren Oberschenkeldrittels an fleischig und hat etwa von der distalen Hälfte des Oberschenkels medial und innen eine feine Randsehne, die sich mit der des kurzen dorsalen Semiten- dinosuskopfes vereinigt und dem M. gracilis und cutaneus femoris vorgelagert am Unterschenkelknochen befestigt, imdem sie im Bogen über die Endsehne des M. gracilis hingeht. Mit den beiden Köpfen des M. semitendinosus endet gemeinschaftlich am Knie vor dem M. gracilis der M. sartorius. Die Vertheilung der Nerven gestaltet sich so, dass ein Ramus descendens communis zuerst einen Nerven für den M. semimembranosus abgiebt, der sich in drei Zweige — für die drei Portionen des Muskels je einen — spaltet, und dass aus dem weiter kniewärts und medial ziehenden Ast ganz in der Nähe der Abgabe des Zweiges für den M. semimembranosus ein Zweig zum dorsalen Kopf des M. semitendinosus hervorgeht. Dann zieht der Nerv auf der Innenfläche des M. graeilis weiter; gibt diesem und, seinen dorsalen Rand umfassend, dem distalen Kopf des M. eutaneus femoris Zweige; um mit einem ventral gerichteten End- zweige zuerst zwischen M. gracilis und ventralem Kopf des M. semitendinosus als N. cutaneus femoris medialis zur Haut zu ziehen und schliesslich vom dorsalen Rande her auf der Innen- fläche des M. semitendinosus, caput ventrale und sartorius sich einzusenken. Die Eintrittstellen der Nerven liegen vom Caput dorsale des M. semitendinosus zum M. gracilis, ventralem Kopf des M. semitendinosus und M. sartorius in einer schräg kniewärts abfallenden Linie, so dass die Eintrittsstellen der Nerven in den dorsalen und ventralen Kopf des M. semitendinosus weit von ein- ander entfernt sind. Da die Verhältnisse sich denen von Pelobates fuseus an- schliessen, so habe ich von der Beigabe einer Abbildung der Nerven bei Discoglossus absehen zu können geglaubt. 402 M. Nussbaum: Eine gesonderte Schilderung des M. semitendinosus bei Pelobates fuseus ist nach der vom M. sartorius dieses Batrachiers gegebenen Beschreibung nieht möglich. Wohl käme dem Muskel bei dieser Art der Name eines M. semitendinoso-sartorius zu. Eine Vergleichung der Innervationsverhältnisse bei ihr und einigen anderen Arten spricht zu Gunsten der Auffassung, der Muskel habe sich bei fortschreitender Entwicklung in einen M. semiten- dinosus und M. sartorius gegliedert. Man würde somit in diesem Muskel ein geeignetes Object einer von Genus zu Genus fortschreitenden Entwicklung gegeben haben. Die weitere Betrachtung muss lehren, ob die in fertigen Formen vorliegenden Entwicklungsstadien zur Aufstellung einer continuirlichen Entwicklungsreihe verwerthbar sind. Da wie gesagt die morphologische Bedeutung der Gruppe dieser Muskeln durch die Untersuchung ihrer Nerven verständ- licher wird, so soll hier unter Verweisung auf die erst später folgende, zusammenhängende Beschreibung der Nerven bei Rana fusca und Pelobates fuseus eine vergleichende Darstellung der hier in Betracht kommenden Verhältnisse gegeben werden. Aus dem N. ischiadieus geht nächst den Nerven für die Adductoren ein Ast hervor, der 1. den M. semimembranosus, 2. den M. semitendinosus caput ventrale und M. sartorius, 3. den M. semitendinosus caput dorsale, den M. gracilis und M. eutaneus femoris und die Haut innervirt. Dabei bilden die unter 2 und 5 genannten Muskeln wiederum gegen den isolirten M. semimeinn- branosus eine zusammengehörige Gruppe. Beschreibt man die Nerven nach Präparaten der einzelnen Species, so stellen sich auf den ersten Blick Verschiedenheiten heraus, zwischen denen ein Uebergang aber bei eingehender Ver- gleichung dennoch möglich ist. Für die allmähliche Trennung der Muskeln wird man als niederste Stufe Pelobates fuseus, als mittlere Bufo vulgaris und als höhere Rana 'esceulenta auswählen können. Die Verzweigungen der entsprechenden Nerven verhalten sich wie folgt. 1./ Bes Pelobates fürcus (Kir) Nach Abgabe des Zweiges für den M. semimembranosus ble.bt ein Stämmehen übrig, das alsbald in zwei Zweige zerfällt. Der proximale Zweig versorgt in deutlichen Abständen, ge- Nerv und Muskel. 403 trennt drei Portionen des noch ungetheilten M. semitendinoso- sartorius. Der Verlauf des Nerven über die Innenfläche des Muskels geht vom dorsalen Rand gegen den medialen hin, in stark gegen das Knie abfallender Richtung, so dass die dem M. sartorias der übrigen Anuren entsprechende ventrale Parthie am weitesten distal, die dem M. semitendinosus, caput dorsale homologe am weitesten proximal von ihren Nerven erreicht wird. Dabei haben die mittlere und die ventrale Portion einen ge- meinschaftlichen und die dorsale Portion einen gesonderten Theilast. Der distale Zweig gibt zuerst den Nervus cutaneus femo- ralis medialis ab. Von diesem habe ich bei guter Beleuchtung an einem in Spiritus conservirten Präparat einen Zweig zum distalen Ende des lateralen Randes vom M. semitendinoso-sartorius ziehen sehen. Der N. ceutaneus femoris zieht zwischen M. gra- eilis und M. semitendinoso-sartorius hindurch und gelangt zur medialen Seite der Haut des Oberschenkels. Nach dem N. eutaneus femoris medialis entspringen die Nerven des M. gracilis und M. ceutaneus femoris aus dem distalen /ıweige. Die Muskeläste sind so gruppirt, dass ein gegabelter Theilzweig in den proximalen Kopf des M. gracilis eindringt, und ein anderer Theilzweig für den distalen Kopf des M. graeilis und des M. cutaneus femoris bestimmt ist. Bei der Kleinheit des Objeetes habe ich an dem gehärteten Material nicht feststellen können, ob der in den distalen Theil des M. eutaneus femoris sicher eindringende Nerv auch Zweige für den proximalen Kopf dieses Muskels enthält. Weahrscheinlicher ist es, dass wie bei den übrigen Anuren die Nerven des proximalen Kopfes vom M. eutaneus femoris mit den Nerven für den proximalen Kopf des M. gracilis verlaufen. Das wird sich an frischem Material mit meiner Methode jedoch leicht feststellen lassen. 2. Bei Bufo vulgaris (Fig. 6). Der zu der Muskelgruppe tretende Nervenast theilt sich in zwei Zweige; der erste gibt die Nerven für den M. semitendi- nosus caput ventrale und den M. sartorius ab. Der zweite ver- sorgt den dorsalen Semitendinosuskopf, liefert den zwischen diesem Theile des M. semitendinosus und dem M. graeilis verlaufenden Nervus ceutaneus femoris medialis, die beiden Nervenstämmehen 404 M. Nussbaum: für die proximale und die distale Portion des M. gracilis und den Muskelnerven für den distalen Bauch des M. cutaneus fe- moris. Dieser Muskelnerv verläuft mit dem Zweige für die distale Portion des M. gracilis zuerst vereinigt und zieht über den dorsalen Rand des M. gracilis zum Hautmuskel des Ober- schenkels. 3. Bei Rana esculenta (Fig. 5). Nach Abgabe des Nerven für den M. semimembranosus gabelt sich der Nerv in zwei Zweige, von denen der erste den ventralen Kopf des M. semitendinosus und weiter den M. sar- torius versorgt. Der zweite Zweig gibt die Nerven für den M. semitendi- nosus, caput dorsale ab und zieht gegen die Gruppe des M. gracilis und eutaneus femoris weiter. Von ihm tritt zuerst über den dorsalen Rand des M. gracilis der Muskelnerv zum M. euta- neus femoris, caput inferius ab. Von diesem Stämmchen geht ein feiner durchbohrender Nerv zur medialen Seite der Ober- schenkelhaut, N. cutaneus femoris medialis inferior. Der Rest des Nerven versorgt den M. gracilis; gewöhnlich mit einem Theilzweig für die distal von der Inscriptio tendinea gelegene Portion und einem anderen für die proximale Portion. Diese Portion des Muskels wird auch von dem Nervus cutaneus femoris medialis superior durchbohrt und zugleich von den feinen Nerven für den M. eutaneus femoris, eaput superius. Der Hauptunterschied in dem Verlauf. der Nerven gegen die niederen Anuren besteht nach dem Mitgetheilten darin, dass der N. eutaneus femoris medialis superior nicht mehr wie bei Pelobates, Bombinator und Bufo über den ventralen Rand des M. gracilis zur Haut tritt, sondern bei Rana esculenta sowohl als bei Rana fusca durch die proximale Portion des M. gracilis. Im Uebrigen zieht der Nerv für den M. cutaneus femoris, caput inferius bei allen drei Batrachiern über den dorsalen Rand des M. gracilis und mit dem Nervenzweige für den distalen Theil dieses Muskels. Die relative Lage der Eintrittsstellen der Nerven in die dorsoventral sich folgenden Muskeln ist somit bei allen drei Am- phibien dieselbe geblieben. Am weitesten proximal liegt die Eintrittsstelle für den lateralen Rand der Muskelgruppe Semiten- Nerv und Muskel. 405 dinosus + sartorius, also bei Bufo und Rana die für den dorsalen Kopf des M. semitendinosus; dann folgt die des ventralen Kopfes dieses Muskels und am weitesten kniewärts die des M. sartorius. Es ist möglich, dass zur Ausbildung der Gestaltung von Rana ein Theil der Muskelanlage des M. semitendinoso-sartorius zum M. gracilis geschlagen wurde. Dafür spricht die verschiedene Lage des Nervus ceutaneus femoris med. sup., der bei Pelobates und auch Bombinator, sowie bei Bufo zwischen dorsalem Semiten- dinosuskopf und M. gracilis sich findet, während er bei Rana die proximale Portion des M. graeilis durchbohrt. Auch die Faserung am proximalen Ende der Muskeln spricht für diese Annahme. Der Muskel von Rana ist hier doppelt gefiedert. Die beiden divergirenden Fasergruppen fassen den Spalt zwischen sich, durch den der Hautnerv hindurchtritt. Bei den übrigen Anuren fehlt die Fiederung des M. gracilis. Die Erscheinung am M. triceps beim Vergleich von Pelo- bates mit den übrigen Anuren macht es somit in Uebereinstim- mung mit dem Bau des M. gracilis der verschiedenen Anuren wahrscheinlich, dass doppelt gefiederte Muskeln durch Verschmel- zung getrennter Muskeln entstehen. Nach den aufgeführten Thatsachen würde man sich unge- fähr das folgende Bild von den Veränderungen machen können, die die Semitendinoso-sartoriusgruppe bei den Anuren erleidet. Die niederste Stufe der Entwicklung stellt der noch nicht deut- lich gegliederte Muskel bei Pelobates fuscus dar. Meine eignen Untersuchungen habe ich bis jetzt noch nicht auf die Urodelen ausdehnen können. Aber nach den Angaben Perrins über den homologen Muskel dieser Batrachier zu schliessen, würde bei Pelobates fuscus doch schon eine weitere Gliederung sich geltend ‚machen. Die anscheinend einfache Muskelmasse ist bei Pelobates semäss ihrer Faserung und mit Bezug auf die eintretenden Nerven in die bei anderen Anuren deutlich zu unterscheidenden drei Ab- theilungen zerlegbar. Wichtig, aber vorläufig aus Mangel an geeignetem, frischem Material noch nicht geliefert, wäre der Nach- weis, ob etwa die drei Muskelabschnitte sich schon wie getrennte Muskeln oder wie ein einheitlicher Muskel verhalten. Dieser Nachweis wäre anatomisch aus dem Vorkommen eines über den ganzen Muskel ausgedehnten oder auf seine einzelnen Theile be- schränkten Nervenplexus zu erbringen. Physiologisch würde die 406 M. Nussbaum: Durehschneidung und Reizung der einzelnen Nervenzweige den gewünschten Aufschluss verschaffen. Bei Rana fusca sind der M. sartorius und die beiden Köpfe des M. semitendinosus völlig unabhängig von einander. Nach der Durebschneidung des Nerven eines der drei Muskelbäuche bringt die Reizung seines eentralen Endes vor der Vereinigung mit den Nerven der anderen "beiden Muskelbäuche keine Con- traction in diesen hervor. Einheitliche Muskeln, auch wenn sie durch sehnige Inseriptionen getrennte Fasern haben, wie der M, gracilis und M. reetus abdominis, gerathen dagegen auch bei der Reizung des centralen Stumpfes eines Theilzweiges ihres Nerven noch in Contraction, weil wie Mays!) nachgewiesen hat und ich bestätigen kann, an der Gabelungsstelle der Nerven Theilungen von Nervenfasern vorkommen. Die Reizung des durchschnittenen Armes einer getheilten Nervenfaser erregt immer den unverletzten Arm der Faser mit, und ermöglicht dadurch die Zusammen- ziehung des Muskels. Läge der geforderte Nachweis für den M. semitendinoso- sartorius des Pelobates fuseus vor, so würde man über die Ver- änderung des Nervenplexus in einem sich allmählich in mehrere Muskeln differenzirenden vorher einfachen Muskel eine zutreffende Vorstellung gewinnen können. Dagegen ergibt sich schon aus den bisherigen Feststellungen, mit welcher Zähigkeit die Nerven- eintrittstellen in verwandten Muskeln, selbst bei bedeutenden Um- formungen der Muskeln, in ihrer relativen Lage erhalten bleiben. Nächst Pelobates fuseus würde Bombinator igneus und auf diesen Discoglossus pietus folgen. Der M. sartorius ist als solcher auch bei diesen Thieren noch nicht völlig isolirt, aber die beiden Köpfe des M. semiten- dinosus sind am Becken schon durch den Ursprung des dorsalen Kopfes vom M. adductor magnus von einander getrennt. Der dorsale Kopf bleibt bei diesen Species und auch noch bei Bu- fonen breit muskulös, während er bei Rana eine lange platte proximale Endsehne erhält. Dabei verlängert sich der Muskel und reicht von Discoglossus beginnend und die Zwischenstadien bei Bombinator, Bufo ealamita, Rana eseulenta durchlaufend immer weiter kniewärts mit seinen Muskelfasern herab. Das dista!e 1) Zeitschr. f. Biologie, Bd. 20 u. 22. 1884 u. 1886. Nerv und Muskel. 407 Sehnenende ist somit bei Discoglossus am längsten und bei Rana fusca am kürzesten. Damit geht eine immer mehr kniewärts sich verschiebende Vereinigung der beiden Köpfe des M. semiten- dinosus Hand in Hand. Eine gleich bedeutende Veränderung erleidet der ventrale Kopf des M. semitendinosus. Dieser Theil der Muskelgruppe liegt mit den übrigen Bestandtheilen derselben bei Pelobates fuseus dem M. adduetor magnus auf. Bei Bombinator und Disco- glossus erhält er eine lange feine Beekenendsehze, die bei beiden Arten noch der Trennungsfurche des ventralen und dorsalen Kopfes vom M. adductor magnus ganz oberflächlich anliegt, und einigen medial verlaufenden Fasern vom ventralen Kopfe dieses Muskels zum Ansatz dient. Bei Bufo und Rana ist die Becken- endsehne des ventralen Semitendinosuskopfes tief zwischen die beiden Hauptportionen des M. adducetor magnus versenkt. Die Sehne durchdringt auch noch die unterliegende Schicht des M. adductor brevis, ehe sie sich am Becken inserirt. Auf ihrer Wanderung in die Tiefe werden die Verbindungen dieser Sehne mit den oberflächlichen Fasern, wie sie bei Discoglossus und Bombinator bestanden hatten, aufgegeben und neue mit tiefer ge- legenen, nach der Species variirenden Fasern eingegangen. Bei manchen Species finden sich starke individuelle Unterschiede in der Mächtigkeit dieses als accessorischer Kopf des M. adduetor magnus bezeichneten Bestandtheiles des M. adduetor magnus; bei anderen fehlen die Verbindungen mit der Sehne des ventralen Semitendinosuskopfes völlig. Die allmählich vorschreitenden Ver- änderungen dieses Muskelkopfes liefern auf vergleichend-ana- tomischem Wege ein werthvolles Beispiel von der Wanderung eines Muskelansatzes in der Richtung von der Oberfläche gegen die Tiefe. Der M. sartorius ist wie bei Pelobates, so auch bei Bom- binator und Discoglossus noch von der Stammgruppe der Muskeln nicht getrennt. In gewissem Sinne gilt dies auch noch von Bu- fonen; denn bei allen diesen Batrachiern geht die distale End- sehne der mehr oder weniger vereinigten drei Muskelbäuche wie bei Pelobates fuseus vor der Sehne des M. gracilis an das Knie. Dabei wandert die Muskelmasse von ihrer ursprünglichen Lage an der medialen Kante des Oberschenkels unter beständiger, beckenwärts gerichteter Verlängerung ihrer Muskelfasern mit dem proximalen Ende nach dem lateralen Rande der ventralen 408 M. Nussbaum: Oberschenkelfläche. Man kann aus den Typen des Muskels bei Bombinator, Discoglossus, den Bufonen und Rana eseulenta bis zu Rana fusca, wo der Muskel am weitesten lateral gelagert ist, eine continuirliche Reihe bilden, deren einzelne Stadien, wie die Verfolgung der Entwicklung des Muskels lehrt, auch in der Larve von Rana fusca durchlaufen werden. Die Abänderungen dieses Muskels bieten somit ein brauchbares Beispiel von der allmählichen Verlagerung eines Muskels in der Fläche. Im Gegensatz zur distal gerichteten Wanderung und Ver- längerung der Muskelbäuche des M. semitendinosus verlängert sich der Muskelkörper des Sartorius auf das Becken zu. Während der M. sartorius am proximalen Ende sich auf der ventralen Fläche allmählich von den niederen Formen der Anuren aus bis zu Rana fusca von dem ventralen Kopfe des M. semitendinosus entfernt, rückt der dorsale Kopf des M. semitendinosus in gleicher Weise an der dorsalen Fläche von dem ventralen Kopfe des M. semitendinosus weiter ab, wie sich aus einem Vergleich der Beckeninsertion bei den einzelnen Anuren ergibt. Bei Rana fusca sind somit am proximalen Ende der M. sartorius und der dorsale Kopf des M. semitendinosus am weitesten von dem ventralen Kopf des M. semitendinosus abgerückt. Eine letzte, und wie mir scheint bedeutungsvolle Umwand- lung erleidet die Semitendinosus-sartoriusgruppe an ihrer distalen Sehne. Während nämlich bei allen anuren Batrachiern, so weit ich sie untersuchen konnte, die vereinigte Sehne der Bäuche der Semitendinoso-sartoriusgruppe vor der Sehne des M. gracilis und M. cutaneus femoris zur Tibia gelangt, ist beim Genus Rana die Sehne des M. gracilis und M. eutaneus femoris zwischen die Sehnen des M. semitendinosus und des M. sartorius hindurch gesteckt, so dass die Sehne des M. sartorius über den M. gra- eilis und M. ceutaneus femoris, die des M. semitendinosus aber nicht mehr über diese Muskeln, sondern unter ihnen wegzieht. Gleichzeitig wird der M. semitendinosus beim Genus Rana vom M. gracilis verdeckt, während er bei den übrigen Anuren mehr oder weniger an der Oberfläche frei zu Tage lag. M. graeilis. Post-ischio-tibial profond Duges. Rectus internus major Ecker. Nerv und Muskel. 409 Graeilis du Bois-Reymond. Ischiocrural anterieur de Man. Adducteur posterieur du tibia Perrin. M. graeilis major Gaupp- Der Musculus gracilis ist wegen seiner häufigen Verwen- dung zu eleetrophysiologischen Versuchen von Physiologen am besten beschrieben worden. Selbst die schöne Beschreibung Ecker’s lässt es unentschieden, ob sämmtliche Fasern in der Inscriptio tendinea völlig unterbrochen seien. Das ist nicht für alle Anuren zutreffend; da die Unterbrechung in der Inserip- tio meist eine völlige ist. Bei Bufo calamita habe ich dagegen auf der äusseren Seite Fasern gefunden, die von einem Ende zum anderen ungetheilt über den Muskel hinzogen. Die Form und Lage der Inscriptio tendinea, nicht minder die Lage des ganzen Muskels ist für die Species charakteristisch, wenn zu- weilen auch nur kleine Unterschiede sich ausgebildet haben. Die jüngste anatomische, von Perrin ausgeführte Untersuchung geht auf den Bau des Muskels nicht ein; auch de Man lässt ihn unberücksichtigt. Du Bois-Reymond!) hat die erste ein- gehendere Untersuchung über den Faserverlauf im M. gracilis angestellt. 1. Rana fusea. Bei der Eröffnung des Saccus femoralis oder ventralen Lymphsackes des Oberschenkels wird der Musculus gracilis nur zum Theil sichtbar, da das Septum, welches im oberen Drittel des Oberschenkels den Saccus femoralis vom Saccus interfemo- ralis und weiter abwärts vom Saceus suprafemoralis trennt, über den Gracilis hinzieht. Die laterale Fläche des Muskels stösst am Becken an die dorsale Portion, weiter abwärts an die ven- trale Portion des Adductor magnus; ein wenig oberhalb des Knies legt sich ihm der mediale Rand des Sartorius an. Eröffnet man den Saccus interfemoralis, so legt man den sehnigen Ur- sprung des Muskels vom Os ischü frei. Während die ventrale Fläche des Gracilis nackt zu Tage liegt, wird die mediale Fläche von den beiden Köpfen des Cutaneus femoris bedeckt. Dorsal- wärts ist der Muskel nicht sichtbar. Trennt man den Cutaneus 1) Archiv f. Anatomie u. Physiologie 1876. — Ges. Abhdlgn. II, pag. 575. 410 M. Nussbaum: femoris von dem Semimembranosus, so sieht man die Grenzlinie zwischen Gracilis und Semimembranosus je mehr man sich dem Becken nähert, in die Tiefe rücken. Bei rein medialer Ansicht ist nach Entfernung des Cutaneus femoris nur der Beckentheil des Semimembranosus neben dem Graeilis sichtbar; bei rein dor- saler Ansicht nur die Nebeneinanderlagerung der Muskeln am Knieende. Die Muskeln haben somit einen leicht gedrehten Verlauf. Der Graeilis hat eine durch die ganze Dicke des Muskels hindurehgehende Inseriptio tendinea, die auf der ventralen Fläche vom Rande des Adduetor magnus beginnend schräg medial- und distalwärts zieht; um, bedeckt vom distalen Kopf des Cutaneus femoris, vom tiefsten Punkte aus unter spitzem Winkel über eine kleine Fläche zum medialen Rande, gegen den Semimembranosus hin, wieder beckenwärts zu ziehen. Die Form der Inseription ist somit spitzwinklig. Die Oeffnung des Winkels zieht gegen das Becken; die Spitze des Winkels liegt etwas unter der Mitte des Muskels, gegen seinen lateralen Rand zu. Die beckenwärts von der Inseriptio tendinea gelegene Masse des Muskels wird auf der Innenfläche nahe am lateralen Rande in zwei Portionen zerlegt; der Muskel erscheint eine Strecke weit doppelt gefiedert. Dann keilt sich zwischen diese beiden Portionen, von denen die medial gelegene von dem Kurzen Schenkel der Inscriptio tendinea ihren Ausgang nimmt, noch eine dritte Portion ein. Diese Portion hat die kürzesten Fasern; sie zieht vom Scheitelpunkt der winkelförmigen queren Inseriptio tendinea zum tiefsten Punkt der beekenständigen Sehne, von der die beiden Seitenportionen des Muskels bis zur Inseriptio tendinea ausstrahlen. Auf der Aussenfläche kann man nur zwei Portionen unterscheiden, die ebenfalls fiederartig von der Beekensehne ausgehen. In den Spalt zwischen diesen beiden Portionen dringt der mediale Haut- nerv des Oberschenkels und die Nerven für den Graeilis, sowie für den oberen Bauch des Cutaneus femoris ein. Die Nerven für den Gracilis selbst verzweigen sich schon auf der Innenseite des Muskels, um von da aus in den Muskel einzudringen. Der mediale Oberschenkelnerv durchbohrt den M. gracilis entweder zwischen der medialen und lateralen Portion auf der ventralca Seite des Muskels oder er geht durch die laterale Portion hin- durch. Der Nerv für den oberen Bauch des Cutaneus femoris Nerv und Muskel. 411 kommt nahe dem Becken zwischen medialer und lateraler Portion des Muskels zum Vorschein. Der Nerv zum distalen Bauch des Cutaneus femoris zieht zwischen Semimembranosus und Gracilis; umgreift also den Gracilis von der Rückenseite medialwärts und senkt sich in der Höhe der Inscriptio tendinea des M. gracilis in den distalen Bauch des Cutaneus femoris. Die Gestalt der Beckensehne ist die eines schmalen Streifen mit einem gegen den M. semimembranosus zu gelagerten längeren Zipfel, der zwischen die fiederförmig geordneten Muskelfaserbündel der dem M. semimembranosus anliegenden Portion eine Strecke weit eindringt, und von dem auch einige Bündel des M. semi- membranosus entspringen. Die dem M. semimembranosus an- liegende Muskelportion des M. gracilis kann von der weiter ven- tral gelegenen Portion leicht getrennt werden. Die kniewärts von der Inseriptio tendinea gelegene Parthie des Museulus gracilis kann wiederum in drei Portionen, eine mediale, eine mediane und eine laterale zerlegt werden. Von der medialen Portion ziehen zuweilen einige auf der ventralen Fiäche nahe dem Scheitel der wiukligen Inscriptio gelegenen Fasern bis zur Sehne der beckenwärts gelegenen Querhälfte des Muskels. Ansatz und Ursprung des Muskels sind sehnig. Die Becken- sehne ist platt, sie deckt zum Theil den medialen Ursprung des M. adductor magnus am Becken und lässt zwischen ihr und der ventralen Portion des Adduetor magnus ein kleines mit der Basis gegen das Becken gerichtetes Dreieck von der Substanz des medialen Theiles des M. adductor magnus frei. Die zum Knie hinziehende Sehne vereinigt sich mit der Sehne des distalen Bauches vom M. cutaneus femoris, schiebt sich unter den von den vereinigten Sehnen des Sartorius und Semi- membranosus gebildeten Bogen und geht an die mediale Seite des proximalen Gelenkendes der Tibia. Eine genauere Beschrei- bung der Sehnenenden am Kniegelenk folgt unten. Nicht alle Fasern erreichen die Endselhnen; man sieht so- wohl ventral- als dorsal-, becken- und kniewärts am gehärteten Präparat die natürlichen Querschnitte ihrer Enden. Die dorsale Seite des Museulus gracilis ruht auf dem M. adductor brevis, den beiden Köpfen des Semitendinosus und zu einem kleinen medial gelegenen Theile auf dem Semimembranosus. 412 M. Nussbaum: Bufo agua. Was vom M. gracilis bei dieser Kröte sichtbar ist, liegt nicht wie bei den Fröschen im Saccus femoralis, sondern aus- schliesslich im Saccus interfemoralis. Die Scheidewand zwischen den beiden Lymphsäcken verläuft bei der Kröte in anderer Weise als bei Fröschen. Sie zieht auf dem M. adductor magnus weiter kniewärts, und wo sie den M. gracilis medianwärts erreichen sollte, ist dieser schon von dem unteren Bauch des M. eutaneus femoris bedeckt, so dass die Scheidewand der Lymphsäcke an- statt auf den Gracilis überzugehen, den Cutaneus femoris trifft. In Uebereinstimmung mit dem Verlauf der Lymphsackscheide- wand durchbohrt der Nervus ceutaneus femoris medialis auch nicht wie bei Fröschen den M. gracilis, sondern tritt zwischen diesem Muskel und dem M. adduetor magnus zur Haut, auf welchem Wege er den weit in den Saccus femoralis hineinragenden unteren Bauch des M. cutaneus femoris durehbohrt. Gleichzeitig ist die Lage des N. eutan. feın. med. gegen die Inseriptio tendinea des M. gracilis so verschoben, dass sie zwar nicht kniewärts ver- lagert, aber wegen der Kürze der Beckenparthie des M. gra- eilis nicht in ihrem Bereich wie bei Fröschen, sondern dicht unter der sehnigen Unterbrechung gefunden wird. Entfernt man die Membranen der Lymphsäcke, so sieht man den sehnigen Ursprung des M. gracilis dem medialen Becken- ursprunge des M. adductor magnus aufliegen und ventral einen schmalen Keil von der Substanz dieses Muskels zwischen M. gra- eilis und der ventralen Portion des M. adduetor magnus. Nähert man sich dem Knie, so rücken der über den Adduetor magnus medialwärts hinwegziehende Sartorius und der Cutaneus femoris so sehr zusammen, dass sie das Knieende des M. gracilis völlig verdecken. Hebt man das distale Ende des M. sartorius auf, so liegt der M. graeilis ventralwärts nicht wie bei den Fröschen dem Adductor magnus an, sondern es drängt sich zwischen diese Muskeln vom Becken, unterhalb des Adduetor brevis beginnend zwischen sie zuerst der ventrale Kopf des Semitendinosus und weiter abwärts zwischen diesen und den Adductor magnus noch das distale Ende des Semimembranosus ein. Durch diese Ver- lagerung der benachbarten Muskeln ist ihnen der M. gracilis nur inedialwärts vorgelagert, nicht aufgelagert wie bei Fröschen, und Nerv und Muskel. 413 ebenso erleiden auch die Endsehnen des Musculus graeilis eine Verschiebung. Die Beckensehne des M. gracilis liegt nicht allein dem M. adduetor brevis, sondern auch dem Ursprunge des dorsalen Kopfes des Semitendinosus auf. Die mit der Endsehne des Cutaneus femoris kniewärts vereinigte Sehne des M. gracilis geht nicht ventralwärts vor der Sehne des Semitendinosus her, sondern liegt dorsalwärts von dieser, so dass zwischen Sartorius und Semiten- dinosus kein Sehnenbogen zu Stande kommt, durch den wie bei Fröschen die vereinigte Sehne des M, gracilis und des unteren Bauches des M. eutaneus femoris hindurchgehen könnte. Die Inseriptio tendinea ist auf beiden Seiten deutlich und geht quer durch den Muskel hindurch. Sie weicht somit in der Form wesentlich von der bei dem Genus Rana ab. Bei Bufo ealamita ist auch der dorsale Kopf des Semiten- dinosus soweit ventralwärts gerückt, dass der Gracilis gar nicht mehr mit dem Adductor magnus in Berührung kommt. Der Beekenursprung des M. gracilis liegt ganz dem Beckenursprung des dorsalen Kopfes des Semitendinosus auf; die Endsehne am Knie wird vom Sartorius und dem Cutaneus femoris wie bei Bufo agua bedeckt. Die Inseriptio tendinea ist auf der inneren Seite des Muskels stets deutlich quer gestellt, oberhalb der Mitte; auf der äusseren Seite wird sie bei einigen Exemplaren von den oberflächlichen Fasern überschritten, so dass der Muskel keine völlige Unter- breehung aller seiner Fasern erleidet. M. eutaneus femoris superior et inferior. Post-ischio-tibial superficiel Duges. Reetus internus minor Ecker. Cutaneo-erural de Man. Cutaneus eruris superior et inferior May s. Cutaneo addueteur du tibia Perrin. Graeilis minor Gaupp. Dieser Muskel ist von allen Anatomen, die bisher sich mit der Myologie der Anuren beschäftigt haben, in seinem wahren Baue verkannt worden. Man beschreibt den M. eutaneus femoris als einen Muskel, der von einem sehnigen Streifen längs der Symphyse der Beekenknochen mit Recetus abdominis und Sphine- 414 M. Nussbaum: ter ani entspringe und durch seine Endsehne mit dem Graeilis verbunden sei. Eeker fügt dann noch hinzu, dass der Muskel am Oberschenkel theils durch Gefässe, theils durch Bindegewebs- balken mit der Haut zusammenhänge. Eine Zeit lang glaubte ich zuerst gefunden zu haben, dass der Muskel in zwei gesondert innervirte Portionen zerfalle; da auch die neueste Arbeit des Anatomen Perrin aus dem Jahre 1893 den Muskel nicht anders beschreibt, als alle früheren. Bei genauerem Studium auch der physiologischen Literatur fand ich aber, dass Mays als der Erste die wahre Natur des M. eutaneus femoris erkannt und mit der ihm eignen Gründlichkeit die Nervenversorgung der beiden Portionen aus getrennten Nervenstämmchen nachgewiesen hat. Vergleichend-anatomisch bleiben aber noch manche inter- essante Punkte in Betreff des Aufbaues und der Entwickelung und ebenso sehr mit Bezug auf die Funktion übrig, so dass ich eine eingehendere Besprechung immerhin für geboten halte. Die neueste Bearbeitung der Ecker’schen Anatomie des Frosches lässt den Muskel (M. graeilis minor) von einem sehnigen Streifen entspringen, „der den hinteren Rand der Beckenscheibe deckt und vorn an der Insertion des Reetus abdominis, hinten an der Spina pelvis posterior befestigt ist. An dem hinteren Abschnitte dieses Streifens, bis zum Ursprunge des Gracilis minor entspringen die hintersten Bündel des Sphincter ani.“ Der hier beschriebene sehnige Streifen kommt bei den ver- schiedenen Anuren in verschiedener Ausbildung vor und liegt in der Basis des Septum, das die beiden Saeeus interfemorales von einander trennt. Bei Bufo vulgaris besteht der sehnige Streif ganz deutlich aus den Endabsehnitten der lateralen, am weitesten anal gelegenen Muskelbündel des M. sphineter ani, und die proxi- male Insertion des M. eutaneus femoris liegt nicht wie beim Frosch medial- und ventralwärts von dem M. sphineter ani, sondern dor- sal dazu; entspringt also gar nicht von dem sehnigen Streifen, wie bei Rana, Mit dem Septum interfemorale dagegen sind die anliegenden Fasern bei Bufo durch zahlreiche Bindegewebsbalken auf der ganzen Strecke verlöthet, bei Rana nicht. Bei Rana ist der Muskel ventralwärts nur an der äussersten dorsalen Parthie mit dem Septum des rechten und linken Saccus interfemoralis verbunden; bei Bufo zieht der Muskel parallel dem ganzen Sep- tum mit einem seitlichen Rande, bei Bombinator und Discoglossus Nerv und Muskel. 415 mit seinem breiten proximalen Ende vom Anus ventralwärts in die Höhe, ohne dass aber bei diesen beiden letzten Batrachiern ein Sehnenstreif überhaupt ausgebildet wäre. Auch die Insertions- stelle des M. reetus abdominis variirt bei den einzelnen Arten. An einer anderen Stelle macht Gaupp vergleichend ana- tomische Angaben über den Muskel: „Der M. rectus internus minor Ecker's („M. graeilis minor“ mihi), der am inneren Umfang des Oberschenkels herabzieht, ist beim Frosch durch eine Inseriptio tendinea in zwei Hälften ge- theilt. — Da diese Befestigungen in der ventralen Hälfte der er- wähnten Inscription besonders reichlich sind, so kann es leicht passiren, dass die Mukelfasern an dieser Stelle zerreissen, und somit der ventrale Theil des Muskels in zwei Muskeln, einen proximalen und einen distalen zerlegt erscheint, die beide oben an der Haut des inneren Oberschenkelumfanges anzusetzen scheinen.“ Gaupp, Anat. Anz. Bd. X, pag. 29. „Was bei Rana nur Kunstproduet ist, entspricht bei Bufo dem thatsächlichen Verhalten. Während der dorsale Theil des Muskels eontinuirlich herabzieht, nur dureh eine Inseriptio unter- brochen, sind die Fasern der ventralen Portion in der gleichen Höhe auseinandergesprengt und es sind hier wirklich ein proxi- maler und ein distaler Muskel vorhanden.“ Ebenda pag. 30. Perrin hat die Gestaltung des M. eutaneus femoris gänzlich verkannt und für alle Anuren nur eine einzige Angabe gemacht. Gaupp gibt für Rana eine einzige Beschreibung. Man kann jedoch leicht Rana fusca und Rana esceulenta an dem Unter- schiede des M. cutaneus femoris unterscheiden. Der M. eutaneus femoris zerfällt nun nicht, wie Gaupp darstellt, bei den anuren Batrachiern in einen dorsalen Theil und einen ventralen Theil, von denen der letztere aus einem proxi- malen und einem distalen Muskel besteht. Die Sache verhält sieh vielmehr so, dass es einen proximalen (caput superius) und einen distalen (eaput inferius) Kopf des M. eutaneus femoris gibt, wie Mays zuerst nachgewiesen hat. Die Fasern am ventralen Rande beider Muskeln haben bei den verschiedenen Anuren in geringerem oder höherem Grade die Neigung sich zu verbreitern und dabei dünner zu werden, während die Fasern am dorsalen Rande beider Köpfe mehr geschlossen verlaufen und jedem dieser Theile beider Muskeln ein mehr gedrungenes Aeussere geben. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd, 52 98 416 M. Nussbaum: Das Genus Rana hat Hautmuskeln der Brust, des Rückens und des Oberschenkels. Bei den tiefer stehenden Anuren sind nur die Hautmuskeln am Oberschenkel vorhanden, während den Urodelen mit den Lymphsäcken der Haut auch die Hautmuskeln fehlen. Bedenkt man nun, dass von dem System der Hautlymph- säcke bei Bombinator, Pelobates, Bufo nur die Schenkellymph- säcke gehörig ausgebildet sind, während Brust und Rückenhaut noch an den meisten Stellen mit der Unterlage durch lockeres Bindegewebe verbunden sind, so hält es nieht schwer, sich vor- zustellen, dass die Hautmuskeln in Beziehung zu den Hautlymph- säcken stehen. Die Contractionen dieser Muskeln werden, wie das vom Platysma myoides des Menschen bekannt ist, zur Beför- derung des Lymphstromes dienen; sie werden erst dann von schon vorhandenen Muskeln abgespalten, wenn die Entleerung der Lymphe durch das Vorhandensein grosser Säcke unter der Haut dies er- fordert. Die Bildung der Lymphsäcke ist durch den Zusammen- fluss der Spalten zwischen den Bindegewebszellen unter der Haut histologisch begründet. und wie das späte Entstehen der Haut- muskeln entwicklungsgeschichtlich am Frosch leicht zu verfolgen. Bei Rana eseulenta sind die Beziehungen zu den benach- barten Muskeln dieselben wie bei Rana fusca; nur ist die Inseriptio tendinea dadurch anders gestaltet, dass die obere Parthie des Muskels bei Rana esculenta relativ länger ist als bei Rana fusca. Der Winkel, den die Inscriptio tendinea bei Rana esculenta bil- det, ist stumpfer als beim Landfrosch. Bei Rana eseulenta hun- garica, dessen Muskeln ungemein kräftig entwickelt sind, sieht man oft die sehnige Unterbrechung des Muskels auf der ventralen Fläche in Form einer Schlangenlinie mit zwei seitlichen Wellen- thälern und einem mittleren Wellenberg verlaufen. Während bei den Kröten Bufo agua, calamita und vulgaris die ventral gerich- tete Portion des proximalen Kopfes die des distalen Kopfes überragt, lagert sich die Portion des proximalen Kopfes nament- lich bei Rana fusca häufig über die des distalen innen hinweg. Discoglossus pietus. Die Sehne des M. reetus abdominis endigt hoch ventral am Becken an der lateralen Grenze der Becekeninsertion des ventraien Kopfes vom M. adduetor magnus und steht in keiner Beziehung zum M. cutaneus femoris. Nerv und Muskel. 417 Wie bei den übrigen Anuren ist ein caput superius und ein caput inferius vorhanden: der Muskel ist sehr breit. Die dorsale Randparthie ist dieker als die ventral sehende. Proximal stösst das Caput superius mit dem dorsalen Rande an den M. sphineter ani. Das proximale Ende ist aber nicht wie bei anderen Anuren zusammengedrängt, sondern eben so breit als das distale und mit der Haut verwachsen. Die Trennungslinie zwischen dem Caput superius und dem Caput inferius ist winklig geknickt; die Spitze des Winkels nahe dem dorsalen Rande und gegen das Becken gerichtet. Die Endsehne des Caput inferius ist in der Kniegegend wie gewöhnlich mit der des M. gracilis verbunden. Bombinatorigneus. Die beiden Köpfe sind sehr breit; nur der laterale Zipfel des Caput superius stösst an den M. sphineter ani. Die proxi- malen Ränder des rechten und linken Muskels sind parallel zur Beekensymphyse gestellt. Die Trennungslinie zwischen Caput superius und inferius ist wenig gekniekt; eine deutliche Absetzung einer dorsalen Randparthie findet nicht statt. Pelobates fuseus. Das Caput superius hat wie bei Rana und Bufo die Gestalt eines Fächers, dessen Spitze proximal gerichtet ist. In der Inseriptio tendinea greifen caput superius und inferius nicht auf einander über. Die ventrale Portion des caput superius ist der dorsalen an der Verbindung mit dem M. sphineter ani aufgelagert und ebenso wie die ventrale Portion des caput inferius dünner als die dorsale Portion. M. semimembranosus. Sus-ischio-popliteE Duges. Semimembranosus Ecker. Ischioerural posterieur de Man. Flechisseur de la jambe Perrin. Die Beschreibung, wie sie Ecker und Gaupp vom M. semimembranosus geben, und die Darstellung des Muskels in Figur 81 bei Ecker und Figur 100 bei Gaupp sind nicht ganz zutreffend. Denn die Inscriptio tendinea, welche auf der Aussen- 418 M. Nussbaum: seite des Muskels sichtbar ist, geht nicht bis an den M. pyri- formis heran, da sie nicht die ganze Breite des Muskels durchsetzt. Am deutlichsten lässt sich dies bei Pelobates fuseus erkennen; hier zerfällt der Muskel in zwei Köpfe: einen der Axe des Ober- schenkels genäherten, ungetheilten Kopf und einen durch eine Zwischensehne in eine distale und eine proximale Portion zer- fallenden, dem medialen Rande des Oberschenkels zugewandten und an den M. gracilis anstossenden Kopf. Perrin ist die Inseriptio tendinea des Muskels ganz unbekannt geblieben. Auch die von Du Bois-Reymond!) gegebenen Abbildungen ent- sprechen nicht ganz der Natur; obschon sie den Bau des Muskels unter allen mir bekannt gewordenen Schilderungen am besten erläutern. Da grade dieser Muskel in der Physiologie eine ge- wisse Rolle gespielt hat, so ergibt sich von selbst die Nöthigung, ihn möglichst genau anatomisch zu kennen. Rana fusea. Die Inseriptio tendinea ist schräg kniewärts und medial abfallend gerichtet; dabei verläuft sie gewöhnlich gradlinig, etwa auf dem zweiten Viertel, vom M. biceps aus gerechnet, beginnend. Es kommt aber auch vor, dass der nach dem M. gracilis ge- richtete Theil der Inseription hakenförmig umbiegt. Rana esculenta, (Fig. 8.2.79). Unter dem dorsalen Rande liegt der N. ischiadieus. Der Sehne des M. biceps ist die Sehne des M. semimembranosus zu- gewandt und durch eine starke Membran zur Bildung des Bodens des Saccus intermuseularis mit ihr verbunden. Die Sehne geht fast bis zur dorsalen Grenze der Inseriptio tendinea auf der Innen- fläche des Muskels in die Höhe, dem dorsalen Rande genähert. Folgt man den Verzweigungen der Muskelnerven bei der weiteren Präparation, so kann man den Muskel in zwei grössere Portionen zerlegen, von denen die eine doppelt gefiedert ist und sich keilförmig in die andere einlagert. Die keilförmige Portion beginnt auf der Aussenfläche, wo die Inseriptio tendinea am dorsalen Rande aufhört, zieht über den dorsalen Rand auf die Innenfläche, die sie mit ihrem Becken- 1) Gesammelte Abhandlungen Bd. II., pag. 575. Nerv und Muskel. 419 ursprung bis fast gegen den ventralen Rand des ganzen Muskels einnimmt. Die beckenwärts aussen unterbrochene, aber sonst im ganzen Verlauf des dorsalen Randes umgeklappte Portion nimmt mit ihrer Anheftungsfläche den grössten Theil der dorsalen Insertions- zone des Muskels am Becken ein und überragt die andere nur wenig ventralwärts. Nur diese Portion hat eine Inscriptio tendinea. Von den am Becken festgehefteten Fasern verbinden sich nur die der keilförmigen mit der Sehne des Muskels. Denn die gefaltete, oder umgeklappte Portion des Muskels hat eine Inscriptio tendinea, woran alle ihre vom Becken kommenden Muskelbündel zu Ende gehen. Die Form der Inscriptio ist die eines Winkels; der Scheitel des Winkels ist kniewärts gerichtet; auf der Innenfläche hat der Winkel am unversehrten Muskel einen kurzen, auf der Aussenfläche einen langen Schenkel. Von der Zwischensehne gehen nun distal die Fasern ab, welche mit der keilförmigen Portion des Muskels die am dorsalen Rande gelegene, distale Endsehne zum Ansatz benutzen. Die proximale Zone dieser Sehne dient auf der dorsalen Fläche und auf der Innenfläche bis fast gegen das Knie hin den Fasern der keilförmigen Portion zum Ansatz. Nächst den Fasern der keilförmigen Portion folgt auf der Aussenfläche des Muskels die Anheftung der von der Inseriptio tendinea distal ausgehenden Fasern in schrägen Zügen bis zum Aufhören des Muskelbauches. Dann schliessen sich in aufsteigen- der Riehtung die Fasern der Innenfläche an, die auch auf der Innenfläche kniewärts von den am weitesten ventral gelegenen Fasern der keilförmigen Portion zu Ende gehen. Von der keilförmigen Portion sind die am ventralen Rande auf der Innenfläche gelegenen Fasern die längsten. Die am dorsalen Rande gelegenen Fasern, proximal von der Inseriptio tendinea sind die längsten der umgeklappten Portion. Die längsten Fasern dieser Portion, distal von der Inseriptio tendinea liegen an dem Grenzspalt, der den keilförmigen und den umgeklappten Theil auf der Innenfläche trennt, und in den die Nerven und Gefässe des Muskels eindringen. Discoglossus pietus!) hat eine von der leicht dorsal und becekenwärts aufsteigenden Inseriptio durchsetzte ventrale Portion 1) Fig. 49. 420 M. Nussbaum: und eine auf die Aussenfläche gedrängte dorsale Portion. Am dorsalen Rande ist im Bereiche des distalen Theiles der ventralen Portion der Muskel deutlich doppelt gefiedert. Bei Bufo vulgaris ist keine Inseriptio tendinea auf der Aussenfläche vorhanden. Die Muskelfasern lassen sich am Spiri- tuspräparat der ganzen Länge des Muskels nach herausziehen, während sie bei Rana stets an der Inseriptio zu Ende gehen. Ebensowenig liess sich bei Bufo calamita aussen eine Inseriptio tendinea nachweisen. Auch die bei Bufo vulgaris deutlich abge- setzte dorsale Portion liess sich bei Bufo cealamita nicht trennen. Die ealifornische Kröte hat eine distal von der Mitte des Oberschenkels quer über die ventrale Parthie ziehende Inseriptio tendinea. Die Inscriptio geht nicht über die Mitte der Breitendimension des Muskels hinaus. Die dorsale Portion ist wie bei Rana nicht deutlich abgesetzt, aber breiter als bei den Fröschen. Bufo agua hat eine deutliche, quer bis zur Mitte des Muskels reichende Inseriptio tendinea und eine breite Portio dorsalis. Die Fortsetzung der Sehne am dorsalen Rande reicht bis in die Höhe der Inseription beckenwärts hinauf, wie bei Rana, während sie bei den anderen Kröten nur kurz ist. Bufo viridis hat ebenfalls eine deutlich abgesetzte dorsale Portion und eine in der Mitte ihrer Länge durch eine leicht gegen das Becken aufsteigende Inscriptio tendinea getheilte ventrale Portion. Bei Pelobates fuseus!) inserirt der Muskel mit kurzer Sehne an der Symphysis ossis ischii, hat in halber Höhe eine schräg von der medialen Seite bis zur Mitte seiner Breite lateral gegen das Becken aufsteigende Inscriptio tendinea, Die dorsal zur Inscriptio tendinea gelagerte Masse des Muskels lässt sich, da sie nur durch lockeres Bindegewebe mit der anderen zusammen- hängt, als ein pfriemenförmiger Theil bis in die Kniegegend isoliren. Dort hängt die distale Portion der durch die Inseription getrennten ventralen Muskelmasse mit dem dorsalen Muskelbauch durch eine gemeinschaftliche Sehne zusammen, um am Kniege- lenkende des Os femoris zu enden. Die ventrale Portion umgreift bei Pelobates die dorsale noch nicht in der Weise wie bei Rana, doch ist die ventiale Portion im distalen Abschnitt von aussen her so stark vorge- 1) Fig. 40. Nerv und Muskel. 421 lagert, dass man die dorsale Portion kniewärts an der Oberfläche nicht zu Gesichte bekommt. Die distale Endsehne geht nicht merklich weit gegen das Becken hin vor, wie es bei Rana der Fall ist. M. biceps. lleo-peronien Duges. Biceps Ecker. Ileofemoral-et-erural de Man. M. ileofibularis et ileofemoralis Gaupp. Rana esculenta. Der M. biceps ist zweiköpfig und inserirt am Becken mit einer langen, glänzenden Sehne, die sich dem Ursprung des M. vastus lateralis so anschmiegt, als seien beide Muskeln dort ver- einigt. Bei der Ansicht des unzergliederten Oberschenkels sieht man nur den langen Kopf und diesen ebenfalls nur von der Grenze des proximalen Viertels bis zum Knie hin. In der Becken- gegend rückt der Muskel in die Tiefe und lagert sich zwischen M. vastus lateralis und M. pyriformis. Dem M. iliopsoas zugewandt verläuft die gestreckte Becken- endsehne auf der Oberfläche des langen Kopfes als breiter Spiegel fast bis zur halben Länge des Muskels; auf der entgegengesetzten Seite liegt die Knieendsehne, die noch über die Mitte des Muskels beckenwärts hinausragt, zuerst frei, dann als ein schmaler Streif, wie bei eingelegter Arbeit, und zuletzt als spatelförmiger Spiegel auf der Oberfläche. Die Fasern verlaufen doppelt fiederförmig von einer Sehne zur andern und sind deshalb nicht so lang als der ganze Muskel- bauch. Von der Nerveneintrittsstelle, die dem M. semimembranosus zugewandt ist, kann man den Muskel auseinanderklappen, wenn man der Nervenverzweigung folgt. Die Knieendsehne ist bei Schilderung des Kniegelenks von Rana esculenta berücksichtigt worden; sie heftet sich an den Oberschenkel und Unterschenkel lateralwärts mit den Schenkeln eines Bogens fest. Von dem langen Kopf wird der kurze schon in der Nähe des Beckens durch den zwischen beiden hindurchtretenden Nerven 422 M. Nussbaum: für die beiden M. vastus getrennt. Der kurze Kopf liegt unter dem langen und bezieht von der Beckenendsehne bis zu der Stelle, wo der lange Kopf fleischig wird, seine Fasern in doppelter Fiederform. Der Muskel endet am Oberschenkel zwischen M. ileopsoas und pyriformis und reicht mit seiner distal am weitesten vorgeschobenen Spitze bis zu der Stelle, wo die Insertion der lateralen oberflächlichen Portion des M. ileopsoas am Schenkel beginnt und der proximale Rand des M. adductor magnus, cap. dorsale auf den M. ileopsoas sich legt. Bei der Beschreibung des M. pyriformis sind die Unter- schiede angegeben, welche durch die relative Lagerung des distalen Endes des kurzen Bieepskopfes zu den benachbarten Muskeln für die einzelnen Species characteristisch sind. M. adduetor magnus. Sous-ischio-pubi-femoral Duges. Adductor magnus Ecker. Puboischiofemoral medial de Man. Long flechisseur du femur Perrin. Die Angaben der Autoren über Lage und Gestalt dieses Muskels weichen nicht unbedeutend von einander ab. Auch hier tritt wieder der Mangel hervor, dass die Species nicht in ge- bührender Weise berücksichtigt worden ist. Es kommen aber auch offenbar Mängel der Beobachtung desjenigen Objectes hinzu, das unberechtigter Weise jeweilig zur Verallgemeinerung der Be- funde gedient hat. Ecker hat gemäss der Figur 82 und entsprechend den in dem Vorwort zu seinem Buche gemachten Angaben Rana escu- lenta untersucht. Die Figur 82 gibt aber selbst von Rana escu- lenta die Verhältnisse nicht ganz genau wieder; da der Adduetor brevis darin nicht sichtbar und der am Beckenende zwischen Adduetor longus und Gracilis freiliegende Keil keinesfalls in Fig. 82 richtig bezeichnet ist. Dies ist weder Adductor longus noch Adductor brevis, sondern dorsaler Kopf des Adductor magnus. Ecker lässt mit de Man den M. adductor magnus von der Symphysis ossium pubis et ischii entspringen, Perrin vom Os pubis bis zur Hälfte des Os ischii. Nach de Man soll in Uebereinstimmung mit Ecker der von der Sehne des Semiten- dinosus entsprungene Theil bei Rana vorkommen. Perrin be- Nerv und Muskel. 423 schreibt ihn auch bei Bufo, während de Man ausdrücklich angibt, dass er diesem Anuren fehle. Die Insertionsverhältnisse des distalen Endes sind nicht im Einzelnen beschrieben worden; da, von allem Anderen abgesehen, die von der Semitendinosus- sehne entsprungene Portion, entgegen den Angaben der Autoren, eine gesonderte Insertion besitzt. Man kann die Fasern von Anfang bis zu Ende isolirt darstellen. Es würde zu weit führen, die Angaben der Autoren noch weiter in Einzelheiten zu verfolgen. Es genügt zu sagen, dass, trotz der zuweilen hervortretenden grossen Widersprüche in den Angaben der einzelnen Bearbeitungen, im Grossen und Ganzen jede Beschreibung an ein gewisses Objeet sich hält. Im speciellen Falle haben aber andere Autoren andere Objeete untersucht, und wenn nicht gar nur von Anuren, so doch mindestens nur von Bufo, von Rana u. s. f. geredet. Wenn de Man deshalb angibt, dass der vom Semitendinosus kommende Theil des Adduetor magnus Bufo fehle, so hat er höchstwahrscheinlich nur wenige Exemplare von Bufo vulgaris untersucht, eine Krötenart, die Perrin ganz gewiss nicht bei der Beschreibung des Adductor magnus zu Gesicht bekommen hat. Der Bau des Adduetor magnus variirt bei den Krötenarten, und das ist der Grund, weshalb die Angaben der Autoren für die von ihnen untersuchte Species richtig sein können, für das Genus aber offenbar keine Geltung haben. Daher denn auch die verschiedenen Angaben, so oft die einzelnen Beobachter nicht dieselbe Species derselben Gattung zu ihren Zergliederungen be- nutzten und im guten Glauben, die Gattung sei uniform in ihrem Muskelbau, es versäumten, die Species ausdrücklich zu benennen. Bei den meisten Anuren besteht der Muskel aus drei Köpfen; einem ventralen, einem accessorischen mit der Beckensehne des dorsalen Semitendinosuskopfes verbundenen und einem dorsalen Kopfe. Dieselbe Benennung der Theile hat auch Gaupp an- gewandt. a) Rana esculenta hungarica. Der M. adduetor magnus ist mit einem Theil seiner ven- trälen Fläche im Saceus femoralis sichtbar. Die Scheidewand zwischen Sacceus femoralis und interfemoralis beginnt am Becken zwischen der ventralen und dorsalen Portion des Muskels. Der 424 M. Nussbaum: kleine in der Beekengegend sichtbare Keil des dorsalen Kopfes liegt somit im Saccus interfemoralis. Das caput accessorium ist von aussen her nicht sichtbar. Folgt man dem Verlauf des Muskels vom Becken aus gegen das Knie hin, so stösst die ventrale Portion lateral zuerst an den M. adduetor brevis und pectineus und wird dann vom M. sartorius bedeckt. Medial grenzt die ventrale Portion an die dorsale Portion, von der indess nur ein kleiner Keil sichtbar ist, da sich der M. graeilis vorschiebt. Nachdem in der Mitte des Ober- schenkels Sartorius und Gracilis sich bis zur Berührung genähert haben, verschwindet der Adductor magnus von hier an ganz von der ventralen Oberfläche des Schenkels und ist auch auf der dorsalen nicht sichtbar. Bei Rana fusca ist die ventral freiliegende Fläche des Ad- duetor magnus breiter, aber kürzer als bei Rana esculenta, auch liegt zwischen Beckenursprung des M. sartorius und M. adduetor magnus ein breiteres Dreieck des M. adduetor brevis und pecti- neus frei zu Tage. Der Beckenursprung erstreckt sich bei Rana esculenta hungarica ein wenig medial vom lateralen Ursprungsrande des M. adductor brevis bis zum Ursprung des Semimembranosus hin, wird aber ungefähr in der Mitte durch die Einlagerung der Sehne des ventralen Semitendinosuskopfes in eine ventrale und eine dorsale Portion zerlegt. Zwischen die Aussenfläche des dorsalen Kopfes vom M. adduetor magnus und die Innenfläche des M. semimembranosus schiebt sich hart am medialen Rande des M. semimembranosus die Sehne des dorsalen Semitendinosuskopfes ein, sie liegt also nicht soweit dorsolateral als Gaupp sie m Fig. 106 einzeichnet, da man sie in dem Spalt zwischen M. semimembranosus und gracilis zum grössten Theil sichtbar machen kann. Man braucht nur den Beckenursprung des M. graeilis zu entfernen, um sich davon zu überzeugen. Somit wird ungefähr die laterale Hälfte des Beckenursprunges des dorsalen Kopfes des M. adductor mag- nus nur vom M. gracilis bedeckt. In derselben Schicht stösst die laterale Beckengrenze des M. adductor magnus an den medialen Rand des M. gemellas (Gaupp). Der Ursprung der ventralen Portion des M. adductor mag- Nerv und Muskel. 425 nus am Becken hat eine kurze platte und gegen den Muskel- bauch ventral verschmächtigte Sehne. Die dorsale Portion ent- springt gleich muskulös am Becken. Auf ihrem Laufe gegen das distale Ende des Oberschenkelbeines gesellt sich zu diesen beiden Portionen des Muskels noch eine dritte, die fiederförmig an der Beckenendsehne des ventralen Semitendinosuskopfes ent- sprungen ist. Die Muskelfasern des Adduetor magnus setzen sich an das ganze untere Viertel des Oberschenkelbeines an, indem sie alle vier Seiten des Kniegelenkendes des Femur einhüllen. Die ventrale Portion hat einen ziemlich eomplieirten End- verlauf. Ein Theil ihrer oberflächlichen!) und mittleren?) Fasern am freien Rande geht in eine feine Sehne über, an der auch die Fasern des M. adduetor magnus aufgereiht sind. Die Sehne zieht zum Lig. mediale genu und erreicht beekenwärts fast die Grenze der proximalen Hälfte des Oberschenkelbeines. Die weiter dorsalwärts gelegenen äusseren?) Faserbündel inseriren der Reihe nach an der Ursprungsehne des M. plantaris longus, während die innere‘) Faserlage schräg dorsalwärts abfallend einwärts vor der Sehne des M. adduetor longus beginnend bis in die Kniekehle hinein am Oberschenkelbein inserirt. Das caput accessorium des M. adductor magnus inserirt an einem schmalen Rhombus, dessen Längsseiten zwischen den Insertionsflächen der ventralen und dorsalen Portion des Muskels eingeschlossen sind. Die ventrale Schmalseite liegt beckenwärts von der Insertion der tieferen Fasern des caput ventrale am Oberschenkel; die dorsale Schmalseite sitzt am Oberschenkel auf dem lateralen Theile der Ursprungssehne des M. plantaris longus. Das caput dorsale setzt von hier bis zu der Stelle, wo die letzten Fasern des caput accessorium zu Ende gehen, den lateralen Rand des Oberschenkelbeines umgreifend bis zu der Stelle an, wo die Fasern des ventralen Kopfes am medialen Rande des Oberschenkels inseriren. Die Insertionsgrenze hält sich distal ziemlich genau an die Fortsetzung der Kreislinie proximal vom Knie; auf der ventralen Fläche dagegen weicht sie, zuerst noch mit der ventralen Portion in direeter Berührung, beekenwärts 1) Fig. 46 cap.v. 2. 2) Fig. 46 cap. v. 8. 3) Fig. 44 cap. v. 4) Fig. 46 cap. v. 1. 426 M. Nussbaum: bis gegen das distale Ende des M. ileopsoas lateral zurück, so dass die dorsolateralen Fasern, die dem M. ileopsoas zunächst endigen, die kürzesten sind, und die folgenden das distale Ober- schenkelbeinende hakenförmig umgreifen, während die dorsal am medialen Muskelrande gelegenen Fasern einfach schräg zur dor- salen Kniegegend ziehen. b) Rana fusca. Die Unterschiede gegen Rana esculenta bestehen im wesent- lichen in der Art der Verbindung des M. adduetor longus mit der Sehne der ventralen Portion des M. adduetor magnus, wie dies bei der Beschreibung des M. adduetor longus näher ausge- führt wird. Das caput accessorium ist bei Rana fusca nur klein und erreicht nicht die dorsale Oberfläche des Schenkels in der Kniegegend. Ventral am Knie berühren sich die Ansatzstellen der Hauptportionen nicht wie bei Rana esculenta. Die dorsale Muskelportion umgreift noch den lateralen Condylus des Ober- schenkelbeines, so dass die ventrale Portion ganz auf die ven- trale Fläche gedrängt ist. Bei Rana esculenta lagen auf der Beugeseite des Kniegelenks alle drei Portionen neben einander. ec) Rana oxyrrhinus. Die Insertionen auf der ventralen Fläche des distalen Ober- schenkelendes sind wie bei Rana fusca von einander getrennt und berühren sich nicht in der Mittellinie wie bei Rana eseulenta. d) Bei Bufo vulgaris liegt der Beckenursprung der ventralen Portion des M. adduetor magnus weiter dorsalwärts als bei Rana. Dementsprechend findet man die Scheidewand der Lymphsäcke, des Saccus femoralis und interfemoralis, schon auf der ventralen Seite des Adductor magnus am Becken beginnend, schräg medianwärts über ihn auf den ven- tralen Semitendinosuskopf und den Graeilis zum unteren Bauch des Cutaneus femoris treten. Der ventrale Theil des Adduetor magnus lässt vom M. adduetor brevis die ganze ventrale Fläche frei und ist ihm nur medial vorgelagert. Zwischen Gracilis und ventraler Portion wird nahe dem Becken ein kleiner Keil der medialen Portion des Adductor magnus sichtbar. Ventral in der Mitte des Oberschenkels deckt der mit dem Semitendinosus sich berührende Sartorius den Adduetor magnus. Nerv und Muskel. 427 Lateral vom Sartorius liegt ein Streifen des Adductor longus frei, und in der Nähe des Knies der Endzipfel des Adduetor magnus. Diese Eigenthümliehkeiten in der Lagerung der Aussenfläche des Muskels auf der ventralen Seite des Oberschenkels ist allen Krötenarten und auch Discoglossus pietus eigen; so dass im Gegensatz zu Rana in der Kniegegend stets ein mehr oder weniger breites Dreieck der ventralen Portion des M. adductor magnus unbedeckt zu Tage tritt. Geht man in die durch die Einlagerung des ventralen Semitendinosuskopfes deutlich gemachte Trennungsfurche zwischen den ventralen und dorsalen Kopf des M. adduetor magnus ein, so fehlt eine dem Genus Rana eigenthümliche, von der Sehne des M. semitendinosus cap. ventrale entsprungene Portio acces- soria des M. semitendinosus in vielen Fällen. Es ist aber stets ein entsprechendes Muskelbündel vorhanden, das in der Trennungs- ebene der beiden Hauptportionen der dorsalen Portion anliegt, und von da zur ventralen Portion übertretend, zwischen den beiden Hauptportionen weiter verläuft, ohne aber weder die ventrale noch die dorsale Oberfläche zu erreichen. Ventral am Knie inserirt auf der medialen Fläche des Oberschenkels distal von der Insertion des M. pectineus die ven- trale Portion des M. adducetor magnus; lateral enden wegen des distal weit hinabreichenden M. ileopsoas erst dicht oberhalb des Kniegelenkes die umgreifenden Fasern der dorsalen Portion. Beide sind durch einen breiten Streifen des nackten Oberschenkel- beines von einander getrennt. Während bei Rana die ventrale Insertionslinie der dorsalen Portion länger ist als die der ven- tralen Portion und des ventralen Theiles der accessorischen Portion zusammengenommen, ist bei Bufo vulgaris die Länge der Insertion der ventralen Portion allein länger als die der dorsalen. Der Abstand beider Insertionslinien ist noch grösser als bei Rana fusca. Aber wie bei Rana esculenta greift die ventrale Portion in der Kniebeuge weit über. Während aber bei Rana esculenta alle drei Portionen auch dorsal am Knie enden, berühren sich bei Bufo vulgaris die ventrale und die dorsale Portion dort direct. e) Bufo ealamita. Von dem M. adduetor magnus der grauen Kröte unter- scheidet sich der bei der Kreuzkröte durch das sofort in die 428 M. Nussbaum: Augen springende abweichende Verhalten des M. adduetor longus, der bei Bufo calamita noch länger als bei Bufo vulgaris ist. M. peetineus und ileopsoas ragen bei beiden Species verschieden weit nach abwärts; bei Bufo vulgaris der M. ileopsoas weiter distal als bei Bufo calamita und bei dieser Kröte der M. peeti- neus weiter gegen das Knie hin als bei Bufo vulgaris. Dadurch wird die am Oberschenkel durch die Insertion des M. adduetor longus, adductor magnus, pectineus und ileopsoas freigelassene Fläche verschieden; bei Bufo vulgaris auf der ventralen Fläche des distalen Oberschenkelendes mehr länglich, gassenförmig; bei Bufo calamita mehr dreieckig mit breiter kniewärts gerichteter Basis. Die dorsale Portion greift lateral am Knie nicht auf die ventrale Fläche des Oberschenkels über; wohl aber nimmt auf der dorsalen Fläche die Endigung der ventralen Portion mehr als die Hälfte der Sehne des M. plantaris longus in Anspruch. Somit varliren die Portionen des M. adductor magnus auch bei den einzelnen Species der Kröten in ihrer Stärke. f) Pelobates fuscus. Die Beckeninsertion ist breit sehnig und lässt somit die unterliegenden Muskeln durchschimmern; während bei Rana esceu- lenta der dorsale Kopf gleich muskulös vom Beeken ausgeht. Da sich bei Pelobates noch kein M. semitendinosus differenzirt hat, so ist der M. adductor magnus äusserlich noch nicht in ver- schiedene Portionen zerlegt. Hält man aber das Beckenende der Sehne gegen das Licht, so sieht man drei Muskelzipfel getrennt aus ihr hervorgehen. Der ganze Muskel ist schwach entwickelt; sein Knieende umgreift nicht den lateralen Rand des Oberschenkel- knochens. Die Insertionsverhältnisse gestalten sich auf der ventralen Fläche des Oberschenkels so, dass medial in dem unteren Drittel bis zum Knie der M. adductor longus und der vordere Rand der ventralen Portion des M. adductor magnus sich festheften. Während nun bei den übrigen Anuren vom lateralen Rande her, mehr oder weniger weit entfernt vom Ansatz der ventralen Portion, das distale Ende der dorsalen Portion des M. adduetor magnus za Ende geht, ist bei Pelobates in gradliniger Fortsetzung des proxi- mal vor der Mitte des Oberschenkels endigenden M. ileopsoas Nerv und Muskel. 429 der vierte Trieepskopf gelagert. Dieser vierte Tricepskopf deckt den lateralen Rand des Oberschenkelknochens, so dass auf der Beugeseite des Knies der laterale Rand der dorsalen Portion zu Ende geht und wicht den Oberschenkelknochen umgreifend auf die ventrale Seite übertritt. Mir schien es, als ob sich auch in der dorsalen Kniegegend die drei Portionen des Muskels noch trennen liessen. g) Discoglossus pietus. Durch die oberflächliche Einlagerung der Sehne des ven- tralen Kopfes vom M. semitendinosus ist auch schon äusserlich eine Sonderung in zwei Köpfe angedeutet. Ventral inseriren auf der medialen Seite des Oberschenkels nächst der distalen Insertion . des M. pectineus zuerst Fasern des dorsalen Kopfes, dann die Fasern des mit dem lateralen Rande des ventralen Kopfes ver- einigten M. adductor longus. Da M. pectineus und ileopsoas nicht weit gegen das Knie hinabreichen, so bleibt eine breite Fläche des Obersehenkelknochens frei; in der Kniegegend tritt über den lateralen Rand des Oberschenkelknochens, von der ventralen Fläche her nur als schmaler Streifen noch sichtbar, das Ende des dorsalen Kopfes vom M. adduetor magnus. Auf der Beugeseite des Kniegelenks inseriren fast gleich breit beide Portionen. Ein accessorischer Kopf ist nicht besonders nachzuweisen, wenn man nicht etwa die vom dorsalen Kopf ventral und distal ziehenden Fasern, die zwar nicht mit der Sehne des ventralen Semitendi- nosuskopfes zusammenhängen, dafür erklären will. M. adduetor longus. Sous-ileo-femoral Duges. Adductor longus Ecker. Sous-ileo-femoral de Man. Den Autoren sind die Lageverhältnisse des M. adduetor longus in ihrer Verschiedenheit bei den Gattungen und Arten der Anuren nur theilweise bekannt geworden. Wenn Ecker den Muskel von der vorderen unteren Ecke der Darmbeine entspringen lässt und weiter aussagt, dass er „ohne weitere Präparation nur theilweise sichtbar zwischen M. sartorius und vastus internus sei“, so bezieht sich diese Beschreibung nur auf Rana esculenta ; da der M. adduetor longus bei Rana fusca ohne weitere Präpa- ration gar nieht sichtbar ist. 430 M. Nussbaum: Ueber das distale Ende des M. adduetur longus hat Perrin vergleichende Untersuchungen angestellt, die aber in dem knappen resümirenden Bericht über seine Befunde nicht ganz das Richtige treffen. Man kann nämlich nicht, wie Perrin!) es gethan, die Eigenthümlichkeiten des Muskelansatzes nach den Gattungen der Anuren zusammenfassen, da jede einzelne Species von der ande- ren verschieden ist und in jeder Art mehrere Typen durch die einzelnen Species vertreten sind. Das Verhalten des M. adduetor longus zum M. adduetor magnus ist daher weit eher zur Erkennung der Species als zur Bestimmung des Genus geeignet. Perrin kann nur jedesmal eine Species aus jedem Genus untersucht haben. Seine Auswahl ist vom Zufall nicht begünstigt worden. a) Rana esculenta (Fig. 24 u. 34). Die Unterschiede der einzelnen Species mit Bezug auf die Lagebeziehungen zum M. sartorius sind schon gelegentlich der Beschreibung dieses Muskels behandelt worden. Bei Rana esculenta, sowohl der hier einheimischen als der ungarischen, kommt der Muskel, median zum M. ileopsoas gelagert, von der Symphyse der Darmbeine; grenzt lateral an den M. adductor brevis, den er bald nach seinem Ursprung zum Theil, weiter distal am Oberschenkel aber ganz deckt. Dadurch stösst der M. adduetor longus an den M. adductor magnus. Ein wenig proximal von der Mitte der Länge des Oberschenkels vereinigen sich die Fasern vom medialen Rande des M. adduetor longus mit den gleich hoch endenden des M. adductor magnus und er- zeugen, indem sie an eine gemeinschaftliche feine Sehne heran- treten, eine Doppelfiederung. Die Fasern am lateralen Rande des M. adduetor magnus kommen erst in der Nähe des Knies zur Insertion, wo auch die Sehne in die Hauptsehne des M. adduetor magnus übergeht. Am Oberschenkelknochen selbst ist der M. adduetor longus nicht befestigt. 1) l.c. pag. 95: „Chez le Bufo et le Discoglossus il se. jette a angle aigu dans le long flechisseur du femur (Adductor magnus Ref.). (Wie bei Bombinator an der Grenze zwischen 3. und 4. Viertel des femur Ref.). — „Chez la Rana la r&eunion des deux muscles n’a lieu qu’au voisinage de la base du femur.“ Nerv und Muskel. 431 Lateral grenzt er an den M. vastus medius, den er zum Theil bedeckt. Der Nerv stammt aus dem N. eruralis und tritt dicht am Beckenende von der Unterfläche in den Muskel ein. b) Rana fusca (Fig. 30). Die Verschiedenheiten von Rana esculenta in der Lagerung zum M. peetineus lassen sich leicht aus der Tabelle auf Seite 474 ablesen. Der Hauptunterschied besteht in der Art der Verbin- dung mit dem M. adductor magnus. Der mediale Rand des M. adductor longus vereinigt sich ungefähr in gleicher Höhe wie bei Rana esculenta mit dem M. adduetor magnus; da der Muskel aber nicht so breit ist als bei Rana esculenta, so reicht sein lateraler Rand auch nicht bis in die Gegend des Kniees herab. Die Unterschiede der beiden Species mit Bezug auf diesen Muskel sind so gross, dass man die Art daran erkennen kann. Zugleich ergibt sich aber auch, dass die Charaktere, welche Perrin für Bufo und Rana als Gattungskennzeichen angab, in der Gattung Rana gleichzeitig vorkommen. Denn die Species Rana eseulenta entspricht der Beschreibung, die Perrin für das Genus Rana gibt; die Species Rana fusca dagegen der von Perrin für das Genus Bufo gewählten. Wir können aber auch zeigen, dass das Genus Bufo wohl in einigen, aber nicht in allen Species unter die von Perrin ge- gebene Characteristik gehört. ec) BeiBufocalamita geht der Muskel so weit am Ober- schenkel herab, als der Adductor magnus; nur die oberfläch- lichen Fasern vereinigen sich mit der Endsehne des Adductor magnus, die tieferen setzen sich an das Periost des Ober- schenkels an (Fig. 22). d) Bufo vulgaris kommt Bufo calamita ziemlich nahe; doch geht der Adduetor longus nicht ganz so weit gegen das Knie; die oberflächlichen Fasern vereinigen sich aber auch hier mit dem Adduetor magnus, während die tieferen eine selbst- ständige Insertion am Oberschenkelknochen finden. e) Ganz anders verhält sich das distale Ende des Adductor longus bei Bufo agua. Der Muskel ist dünn und schmal und namentlich gegen das untere Ende durch die Drehung seiner Fasern, so dass die obere Fläche median und die untere lateral Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 29 433 M. Nussbaum: gestellt wird. An der Grenze des mittleren und unteren Drittels des Oberschenkelbeines gehen die Fasern alle in die Sehne des Adduetor magnus über (Fig. 36). f) Bei Bombinator igneus liegt das Beckenende des Mus- kels, da der Sartorius in diese Gegend noch nicht hineinreicht, oberflächlich dem M. peetineus auf, von dem er lateral eine kleine und medial gegen den M. adductor brevis zu eine breitere Fläche unbedeckt lässt. Die distale Endsehne des Muskels verbindet sich nicht mit dem M. adduetor magnus, sondern ist lateral vor ihm am Oberschenkelknochen selbst befestigt. M. ileopsoas. Intra-il&o-femoral Du ges. Ileopsoas Ecker. lleofemoral anterieur profond de Man. Extenseur du femur Perrin. Iliacus internus Gaupp. Der Muskel gehört, wie die Nervenversorgung und die ver- gleichend-anatomische Untersuchung zeigen, mit dem M. glutaeus genetisch zusammen. Es würde sich von diesem Gesichtspunkte aus empfehlen, wie dies Gaupp auch gethan hat, den alten Duges’schen Bezeichnungen den Vorzug vor anderen zu geben. Dennoch sind hier die Eeker’schen Namen beibehalten worden, weil von ihm schon lateinische Namen gewählt worden sind, und die Nomenelatur sich möglichst der in der menschlichen Anato- mie gebräuchlichen anschliessen soll. Die bei den Batrachiern und den Säugern verschiedene Quelle der Innervation des M. glutaeus kann keinen Grund abgeben, den Muskel bei Batrachiern anders zu nennen; er ist nicht der einzige, der sich so verhält. Ich erinnere beispielsweise nur an den M. sartorius, der bei Batrachiern aus dem N. ischiadieus, bei Säugern aus dem N. eru- ralis versorgt wird. a) Rana esceulenta. Der M. ileopsoas kann vollständig sichtbar gemacht werden, wenn man das Becken genau in der Medianebene halbirt. Im Becken wird der Muskel dann noch bedeekt von aem M. levator ani; zwischen beiden ziehen die Gefässe und Nerven für die Rückseite des Beines her. Ueberschreitet der Muskel Nerv und Muskel. 433 den freien ventralen Beekenrand, so gehen Nerven und Gefässe über ihn weg zur ventralen Seite des Oberschenkels. Hier wird der Muskel quer vom M. eutaneus dorsi überlagert. Entfernt man diesen Muskel zugleich mit den eine Strecke weit auf die ventrale Oberschenkelfläche übergreifenden Bauchmuskeln, so wird aussen am Becken und Oberschenkel ein kleines mit der Sehmalseite distal gerichtetes Trapez des Muskels frei, dessen laterale Seite der M. rectus femoris antieus bildet, während medial der M. adduetor longus und distal der M. vastus medialis gelegen ist. Klappt man den Beekenansatz des M. adduetor longus und den des unter ihm gelegenen M. pectineus median zur Seite, so überzeugt man sich davon, dass der mediale Rand des M. ileo- psoas aussen am Beeken dem freien Rande des M. obturatorius anliegt; dann am lateralen Rande des M. vastus medius in die Tiefe geht und vom M. vastus medius und M. reetus femoris anticus bedeckt wird. Am lateralen Rande des M. rectus femoris anticus, zwischen ihm, dem M. glutaeus und dem M. vastus lateralis ist ein bei den Arten verschieden grosses Dreieck des M. ileopsoas ohne jede weitere Präparation sichtbar, wie dies bei der Beschreibung des M. triceps femoris näher ausgeführt wurde. Weiter kniewärts wird der Muskel gänzlich von dem M. vastus medius und lateralis gedeckt. Dorsal liegt auf dem Muskel der M. vastus lateralis und unter diesem beckenwärts der lange und kurze Kopf des M. biceps, kniewärts der dorsale Kopf des M. adduetor magnus. Löst man den der Innenfläche des Beckens entsprungenen Theil des Muskels ab, so kann man die Fasern über den ventralen freien Beckenrand bis an ihre Insertion am Oberschenkel verfolgen. Es zeigt sich, wenn man dabei den Verzweigungen des Muskel- nerven folgt, dass eine oberflächliche laterale Partie sich isoliren lässt, die dorsal am weitesten distal inserirt. Die Fasern am medialen Rand dieser Partie bilden den äussersten distalen Zipfel der Insertion am Oberschenkel; dann folgen auf der ventralen Fläche die oberflächlichen Fasern der medialen, oberflächlichen und somit innen im Becken entsprungenen Fasern. Diejenigen Muskelfasern, welche tiefer, also auch weiter distal am Becken 434 M. Nussbaum: entspringen, setzen die Insertionslinien der oberflächlichen Fasern bis nahe an das Becken hin fort, so dass die tiefen Fasern der medialen Muskelportion ventral, die der lateralen Portion dorsal inseriren und zwar so, dass die Fasern des kurzen Bicepskopfes die der tieferen lateralen Portion vom Rücken her decken, wäh- rend alle übrigen Fasern so am Oberschenkel sich befestigen, dass bis zur Insertion des nächst gelegenen Muskels überall eine Strecke des Knochens frei bleibt. Die Fasern des dorsalen Kopfes vom M. adductor magnus ziehen dicht an dem äussersten distalen Insertionspunkte des Ileopsoas entlang, um aber weiter medial am Oberschenkelbein zu enden (siehe Fig. 46). Die Gaupp’sche Theilung des Muskels in eine vom Beckenrande und eine in der Beckenhöhle entsprungene Portion ist nicht durch- führbar. Die Bedeutung der von uns gegebenen Eintheilung wird sich bei Betrachtung des M. glutacus ergeben. b) Rana fusca. Der wesentlichste Unterschied zwischen dieser Art und Rana esculenta besteht in der Verschiedenheit der Topographie, wie dies bei Gelegenheit der Beschreibung des M. sartorius und triceps femoris angegeben worden ist. ec) Bufo vulgaris. Die distale Insertion geht weiter kniewärts als bei Rana und bildet auf der ventralen Seite mit der nur schmalen des M. adductor magnus eine grade Linie, so dass auch hier, wie auf der ganzen Strecke vom Hüftgelenk an der Oberschenkel nackt zu Tage liegt. Bei Rana esculenta ist das distale Ende des Oberschenkels dicht oberhalb des Gelenkes ganz von der Inser- tion des M. adductor magnus eingehüllt, bei Rana fusca bleibt ein feiner Spalt der ventralen Oberschenkelbeinfläche frei. 0),Bufo 2alamita. Auch bei dieser Kröte geht die distale Insertion näher an’s Knie heran, als bei Rana; das Bild auf der ventralen Ober- schenkelfläche ist aber durch die verschiedene Topographie der benachbarten Muskeln total von dem bei Bufo vulgaris verseuie- den. Während bei Rana esculenta und Rana fusca, sowie bei Bufo vulgaris der M. pectineus stets weiter vom Knie mit seinem Nerv und Muskel. 435 distalen Insertionsende zurückblieb, als mit dem entsprechenden der M. ileopsoas: liegen bei Bufo calamita die distalen Endpunkte beider Muskeln fast in gleicher Höhe. Ausserdem greift der dorsale Kopf des M. adduetor magnus bei Bufo calamita gar nicht mehr auf die ventrale Oberschenkelfläche über. e) Bufo agua. Die distale Insertion verhält sich auf der ventralen Fläche des Oberschenkels mit Bezug auf die Topographie gegen den M. pectineus und M. adduetor magnus, caput dorsale ähnlich wie bei Rana esculenta; doch deckt der M. adduetor magnus caput dorsale den Knochen nicht so weit, als dass es wie bei Rana esculenta zur Berührung mit dem ventralen Kopfe des M. adductor magnus käme. Somit sind die Species durch die Gruppirung und Lagerung dieses Muskels zu unterscheiden. Das Genus hat, wie eine Gegen- überstellung der Befunde bei den Kröten zeigt, kein bleibendes Kennzeichen. Die beiden Kröten Bufo vulgaris und Bufo eala- mita zeichnen sich vor Rana fusca und Rana esculenta durch die Länge des M. ileopsoas aus; Bufo agua hat aber einen M. ileopsoas, der ebenso weit vom Knie zurückbleibt als bei den beiden untersuchten Fröschen. f) Pelobates fuseus. Die Lagerung und nachbarlichen Beziehungen des Muskels sind bei diesem Batrachier durchaus andere als bei den vorher- beschriebenen. Es könnte scheinen, als ob sich diese Art schroff und unvermittelt den anderen gegenüberstellte.e Das ist aber nicht der Fall, wie sich aus einer vergleichenden Untersuchung des Nervenverlaufes unter Zuhülfenahme des Gesetzes vom Wachs- thum der Muskeln darthun lässt. Der Muskel entspringt im Becken wie bei den übrigen Anuren; der Verlauf seiner Fasern ist aber nicht wie bei Rana fast senkrecht aufsteigend bis zum ventralen Beckenrand, sondern von Anfang an stark lateral gerichtet. Geht man den Verzweigungen des N. eruralis nach, so dringt der Nerv für den M. ileopsoas bei den vorhergeschilderten Anuren so auf der ventralen Fläche dicht am freien Becken- rande ein, dass er eine laterale von einer medialen Portion 436 M. Nussbaum: trennt (vergl. Fig. 11 von Rana fusea). An der Eintrittstelle in den Muskel gabelt sich der Nerv und die laterale Zinke versorgt die laterale Portion des Muskels und den M. glutaeus (vergl. Fig. 45). Bei Pelobates liegt der Nerv aber mit seiner Eintritts- stelle am lateralen Rande des Muskels und versorgt mit der lateralen Zinke seiner Gabelung an dieser Stelle ausser dem M. glutaeus noch einen Muskel, der, soweit meine Kenntnisse reichen, nur noch bei Discoglossus und Bombinator vorkommt. Dafür fehlt nun diesen drei Batrachiern die laterale ober- flächliche Partie des M. ileopsoas. Dies spricht sich darin aus, dass auf der dorsalen Seite die Fasern der Reihe nach sich in- seriren, und dass nicht wie bei den übrigen Anuren in ungefähr halber Länge der Insertionslinie über die reihenweise erfolgende Insertion der tieferen Fasern sich auf einmal die Insertion län- gerer, oberflächlicher Fasern vorlegt. Durch die Besonderheiten in der Lagerung des dorsalen Kopfes vom M. adduetor magnus und des sogenannten accesso- rischen Kopfes des M. triceps femoris wird die Topographie der distalen Insertion des M. ileopsoas ebenfalls bedeutend verändert. Auf der ventralen Fläche (vergl. Fig. 18) reicht die distale Insertion des M. peetineus weiter kniewärts als die des M. ileopsoas. Der accessorische Kopf des M. triceps verdeckt näm- lich den weiteren Verlauf des M. ileopsoas, der erst nach Ent- fernung dieses Trieepskopfes oder bei der Ansicht von der dor- salen Seite her gesehen werden kann. Auf der dorsalen Seite stösst beckenwärts nicht wie bei den übrigen Anuren der kurze Kopf des M. biceps (vergl. Fig. 45) an die Insertion des M. ileopsoas; es lagert sich vielmehr die distale Insertion des vorhin schon genannten nur Pelobates, Bombinator und Discoglossus zukommenden Muskels dazwischen (vgl. Fig. 16). Erst da, wo dieser Muskel aufhört, berühren sich die Insertionen des M. ileopsoas und des kurzen Bicepskopfes. Aber auch weiter kniewärts ist Pelobates fuscus von allen anderen Anuren, auch von Discoglossus pietus, verschieden. Bei Pelobates fuseus geht der dorsale Kopf des M. adductor magnus in der Kniekehle zu Ende und das dorsale Ende des M. ileopsoas stösst an den accessorischen Kopf des M. triceps femoris (vergl. Fig. 16). Unterhalb der Insertionen des kurzen Bicepskopfes und des Nerv und Muskel. 437 M. ileopsoas ist der Oberschenkel nackt wie bei den übrigen Anuren. Dann aber grenzt nicht der dorsale Kopf des M. ad- ductor magnus an das distale Ende des M. ileopsoas (vergl. Fig. 46), sondern der accessorische Kopf des M. trieeps femoris. M. glutaeus. Ex-il&eo-trochanterien Duges. Glutaeus Ecker. Ileofemoral anterieur sublime de Man. Rotateur direet du femur Perrin. Iliacus externus Gaupp. a) Rana esculenta. Am Becken inserirt der M. glutaeus auf der lateralen Fläche der Ala ossis ilei. Die orale Grenze reicht bis an die anale Grenze des M. obliquus abdominis externus heran; der innere schräge Bauchmuskel zieht mit einwärts gerichtetem, distalen Bogenschenkel an ihm entlang. Der ventrale Rand des Muskels erreicht den ventralen Rand des Darmbeinflügels und wird in der Nähe des Darmbeinkörpers von der oberflächlichen, lateralen Parthie des M. ileopsoas bedeckt. Ungefähr in gleicher Höhe mit der Mitte des Muskelbauches entspringt einwärts vor seinen medialen Rande die gefaltete Sehne des M. rectus femoris an- tieus, der mit seinen Fasern einen Theil des M. glutaeus deckt. Dorsal ist der Muskel durch den freien Rand des Darmbeinflügels vom M. coccygeo-iliacus getrennt. Die Faserung des Muskels ist im oralen Theil fächerförmig, im weiteren Verlauf doppelt gefiedert. Wo der Muskel von der Oberfläche verschwindet und sich zwischen M. ileopsoas und M. rectus femoris antieus auf der medialen Seite des Spaltes und dem M. vastus lateralis auf der lateralen Seite des Spaltes in die Tiefe senkt, zeigt er auf der Aussenfläche einen centralen Sehnenspiegel, der von den Fasern zum Ansatz benutzt wird. Die Sehne zieht dann unter dem kurzen Kopf des M. biceps hart am oralen Ende der Insertionslinie des M. ileopsoas weiter dorso-median und endet unter dem Bauch des M. gemellus, dicht von der Sehne des M. obturatorius eine Strecke weiter medial ziehend, am Trochanter des Oberschenkelbeines (vergl. Fig. 45). 438 M. Nussbaum: b) Rana fusca. Verhält sich, soweit ich feststellen konnte, wie bei Rana eseulenta; nur deckt der dorsale Rand den gleichnamigen Rand des Darmbeinflügels, der bei der ersten Art frei liegt. c) Bufo vulgaris. Das orale Ende des Muskels liegt nicht frei, sondern wird wegen der grösseren dorsalen Ausdehnung der Bauchmuskeln vom M. obliquus abdominis externus gedeckt; auch der M. obliquus abdominis internus geht der oralen Insertionsgrenze des M. glu- taeus weiter dorsalwärts entlang, als bei Rana. Der M. rectus femoris antieus entspringt in der Höhe des oralen Endes des M. glutaeus; der dorsale Rand des Darmbein- flügels wird vollständig von dem Muskelbauch des glutaeus ver- deckt. Die Fasern des M. coceygeo-iliacus divergiren von ihrem Ursprung am Os coceygis unter spitzerem Winkel nach beiden Seiten als bei Rana und kommen erst dem oralen Ende des M. glutaeus gegenüber zum Ansatz am Darmbeinflügel; während sie diesen bei Rana viel früher erreichen. Die distale Sehne und ihre Insertion am Oberschenkel weichen nicht von dem bei Rana beschriebenen Verhalten ab. 0), Bunte, ealamira. Bei dieser Kröte liegt die dorsale Fläche des Muskels noch weniger frei zu Tage als bei der vorigen. Bei Bufo calamita drängt sich aber im Gegensatz zu dem Verhalten bei Bufo vul- garis unter dem analen Rande des M. obliquus abdominis exter- nus ein Muskelbündel des M. obliquus abdominis internus vor; demgemäss wird der M. glutaeus bei Bufo calamita dorsal nicht am Rande des M. obliquus abdominis externus wie bei Bufo vulgaris sichtbar, sondern erst am Rande des M. obliquus abdominis internus. Die Fasern des M. obliquus abdominis internus, welche auf jene weit dorsal zurückgreifenden folgen, entspringen entlang der oralen Grenze des M. glutaeus und dann weiter im anal gerich- teten einwärts am Darmbeinflügel zurückweichenden Bogen, so dass der innere schräge Bauchmuskel wie bei Rana und Bufo vulgaris mit seinem Beckenansatz auch bei Bufo calamita die von mir schon früher beschriebene Tasche !) bildet. Sie ist bei 1) D. Arch. Bd. 47. pag. 426. Nerv und Muskel. 439 Bufo calamita so gross, dass sie den grössten Theil des M. glu- taeus deckt, während ihre Ausdehnung bei Bufo vulgaris geringer ist. Der dorsale Rand des Darmbeinflügels wird ganz vom Muskelbauch verhüllt. Der M. reetus femoris antieus entspringt zwischen dem me- dialen Rand des M. glutaeus und der Insertion des M. obliquus abdominis internus, weiter distal als bei Bufo vulgaris. Die distale Sehne und ihr Ansatz am Oberschenkel verhalten sich wie bei Bufo vulgaris. e) Pelobates fuscus. Die Topographie des Muskels ist im Vergleich zu den vor- hergehenden Arten ganz bedeutend verändert. Dorsal liegt der Muskel ganz frei, da die dorsalen Enden der Bauchmuskeln nicht bis an das orale Ende des M. glutaeus heranreichen (vergl. Fig. 38). Der proximale Ansatz der Fasern ist dorsal soweit nach innen verschoben, dass der Muskel vom dorsalen Rande des Os ilei aus in’s Becken versenkt ist und der Innenfläche des Darm- beinflügels anliegt. Die Fasern entspringen also nicht mehr von der lateralen, sondern von der medialen Fläche der Ala ossis ilei. Der distale Sehnenspiegel hat die gewöhnliche Form; auch weicht die Insertion am Trochanter femoris nicht von der bei den übrigen Anuren ab. Bei Discoglossus pietus wird der M. glutaeus dorsal von den Bauchmuskeln bedeckt. Von Bombinator igneus!) gab ich gelegentlich der Beschrei- bung der Bauchmuskeln schon an, dass der innere seitliche Bauch- muskel den M. glutaeus dorsal zum grossen Theil bedeckt und so- mit nicht ventral am Os ilei wie bei den übrigen Auuren entspringe. Bei Bombinator und Disceoglossus erwähnt Perrin unter der Beschreibung des M. glutaeus, es sei bei diesen beiden Ba- trachiern am äusseren Rande noch ein breites Muskelband vor- handen, das von der äusseren Fläche der gegen das Kreuzbein gerichteten Verlängerung des Os ilei entsprungen, sich am ersten Viertel der Diaphyse des Femur auf der Innenfläche unmittelbar oberhalb der Insertion des Eceker’schen M. quadratus femoris festhefte, und von keinem Autor bis dahin erwähnt worden sei. Das Muskelband kommt auch bei Pelobates fusceus vor und 1) D. Arch. Bd. 47. pag. 427. 440 M. Nussbaum: ist hier wie auch bei Bombinator und Discoglossus zu einem selbstständigen Muskel ausgebildet, den ich als M. glutaeus ac- cessorius bezeichnen will. M. glutaeus accessorius. a) Pelobates fuscus. Der M. glutaeus accessorius liegt bei Pelobates fuscus zwischen M. reetus femoris anticus und M. glutaeus. Er ist am Becken (vergl. Fig. 18) auf der ventral gerich- teten Fläche des Darmbeinflügels festgeheftet und reicht oral nicht so weit hinauf als der M. glutaeus. Der Muskel über- schreitet lateral vom M. ileopsoas den Beckenkörper und heftet sich distal von der Sehne des M. glutaeus mit parallel geord- neten Fasern zwischen der Insertion des kurzen Bicepskopfes und des M. ileopsoas an das Schenkelbein. Der accessorische M. glutaeus entspricht dem oberflächlichen lateralen Theil des M. ileopsoas derjenigen Anuren, wo kein M. glutaeus accessorius sich findet. Die Nervenversorgung ist eine derartige, dass der M. ileopsoas und glutaeus eine Gruppe bilden, aus der im Laufe der Entwicklung sich verschieden gelagerte und an Zahl verschiedene Muskeln ausbilden konnten. Hier zeigt sich auch auf das Deutlichste, welehe Bedeutung für das ver- gleichende Muskelstudium der genauen Kenntniss der intramus- kulären Nervenverzweigung zukommt. Der N. eruralis überschreitet den ventralen freien Becken- rand und tritt nicht weit davon in den M. ileopsoas ein und durch den M. ileopsoas hindurch in den M. glutaeus accessorius und M. glutaeus. Die intramuseuläre Nervenverzweigung ist bei dem vorzugsweise distal gerichteten, embryonalen Auswachsen im M. ileopsoas distal, die des M. glutaeus mit seinem hauptsäch- lich oral gerichteten Wachsthum auch nach dieser, also der des M. ileopsoas entgegengesetzten Richtung entwickelt. Wo sich nun die laterale Portion des M. ileopsoas durch verstärktes An- wachsen in der Richtung des ursprünglichen M. glutaeus zu einem M. glutaeus accessorius entwickelt, bleibt zwar die Nerven- eintrittstelle in der Lage constant; aber die im M. ileopsoas distal gerichtete Nervenverzweigung wird verkleinert und die 1) Vergl. d. Arch. Bd. 47. pag. 427 u. Fig. 2 auf Taf. 21. Nerv und Muskel. 441 oral gerichtete verlängert; es wiederholt sich also hier derselbe Process noch einmal, der zur Differenzirung des M. glutaeus und M, ileopsoas aus einer gemeinschaftlichen Anlage führte. Die vorzugsweise distal auswachsenden Muskelfasern bilden den M. ileopsoas; die vorzugsweise oral sich verlängernden Muskel- fasern den M. glutaeus und M. glutaeus accessorius. Die Variation betrifft also die intramuseuläre Nervenstrecke, wie das im ent- wieklungsgeschichtlichen Theil noeh weiter begründet werden soll. b) Bombinator igneus. Bei Bombinator igneus ist die Anordnung der als M. glu- taeus accessorius zu bezeichnenden Muskulatur ganz verschieden von der bei Pelobates. Entfernt man den inneren seitlichen Bauchmuskel in der Beekengegend, so erscheint dorsal der M. glutaeus accessorius, auf der Aussenfläche des Darmbeinflügels den Ursprung des M. glutaeus bedeckend. Der accessorische Kopf umgreift den bei Bombinator relativ sehr mächtig ent- wickelten Darmbeinflügel (s. Anhang Nr. II) auf der dorsalen und ventralen Seite bis zur oralen Spitze. In halber Höhe der Ala ossis ilei liegt ventral vor dem M. glutaeus accessorius die Beckeninsertion des M. rectus femoris anticus. Hinter dem M. rectus femoris anticus beginnen die Fasern des M. glutaeus sich am lateralen Rande des Darmbeinflügels bis zum Körper des Os ilei festzuheften; sie greifen unter dem accessorischen Kopf auf die dorsale Darmbeinfläche über, erreichen aber oral nur eben die halbe Länge des Darmbeinflügels. Der M. glutaeus ist dop- pelt gefiedert, bedeutend schwächer und kaum halb so lang, als der parallelfaserige M. glutaeus accessorius. Die schmale Endsehne des M. glutaeus endet wie bei den übrigen Anuren am Oberschenkel und wie bei Pelobates proximal von der breitgezogenen Insertion der Muskelfasern des M. glu- taeus accessorius, die zwischen M. ileopsoas und kurzem Kopf des M. biceps am Oberschenkel zu Ende gehen. Ohne weiteres kann man die bei Pelobates geschilderten Verhältnisse an Bombinator igneus nicht wiederfinden. Bei Bom- binator ist der accessorische Kopf so mächtig entwickelt, dass er den Ursprung des eigentlichen M. glutaeus fast völlig bedeckt. Nur die relative Lage und die Art der distalen Insertionen bei- der Muskeln am Oberschenkel ist bei Pelobates, Discoglossus und 442 M. Nussbaum: Bombinator dieselbe. Das Beekenende ist verschieden. Während nämlich bei Pelobates fuseus der M. glutaeus dorsal am Darm- beinflügel und der M. glutaeus accessorius ventral am Darmbein- flügel gelegen ist, liegt bei Bombinator der accessorische Kopf lateral zum Hauptkopf des M. glutaeus. Diese Deutung der Theile begründet sich ausser durch die Uebereinstimmung der distalen Insertionen noch durch die Gestalt der Muskeln. Der bei Bombinator als M. glutaeus bezeichnete Theil ist wie der M. glutaeus der übrigen Anuren doppelt gefiedert, der als acces- sorischer Glutaeus bezeichnete Muskel dagegen parallelfaserig wie der accessorische M. glutaeus bei Pelobates. Dass die Inser- tion am Darmbeinflügel nicht dieselbe ist, wie bei Pelobates, kann aus der Art des Muskelwachsthums beim Embryo erklärt werden und ist in Uebereinstimmung mit der von uns gemachten An- nahme, der M. glutaeus accessorius entspreche der lateralen Muskelmasse des M. ileopsoas. Diese lateralen Muskelfasern des M. ileopsoas inseriren bei Rana und Bufo im Becken am Os ilei. Sobald sie variiren, werden sie bei Auswachsen im Embryo neue Ansatzstellen erreichen und sich an verschiedenen Stellen des Darmbeinflügels bei Bombinator und Pelobates fortsetzen können. M. pyriformis. Coceyfemoral Duges. Pyriformis Ecker. Coceygofemoral de Man. Cocey-femoral Perrin. a) Rana fusca (Fig. 1 u. 5). Der Muskel entspringt seitlich am analen Ende des Os coceygis. Zwischen seinem oralen Rande und dem distalen Ur- sprung des M. coceygeo-iliacus liegt ein kleiner Theil der In- sertion des M. levator ani frei zu Tage, während die Hauptportion des M. levator ani unter dem M. peetineus verborgen sich an das Os coceygis befestigt. Anal grenzt der Muskel an den Ur- sprung des M. sphincter ani vom Zipfel des Os eoceygis. Mit parallel zu einander geordneten Fasern zieht der M. pyriformis vom Becken aus so weiter, dass er an dem hinteren Lympn»- herzen vorbei in den Spalt zwischen M. vastus lateralis und M. semimembranosus hineingeräth, und ein wenig unter der Ober- Nerv und Muskel. 443 fläche des Schenkels vom M. vastus lateralis durch den langen und dann von diesem durch den kurzen Bicepskopf abgedrängt wird. Auf der Seite des M. semimembranosus, also auf der me- dialen, zieht der M. pyriformis in der Tiefe dem M. obtura- torius, dem M. gemellus und dem sich kniewärts anschlies- senden dorsalen Rande des M. adduetor magnus und unter diesem am Knochen dem M. adductor brevis entlang. Von der Anheftungs- stelle am Becken bis zu der am Oberschenkel nimmt der Muskel durch Entfaltung seiner Fasern an Breite zu, so dass die Inser- tionsleiste am Oberschenkel ziemlich langgezogen erscheint. Da- bei erleidet der Muskel eine Drehung um 90°. Die äusseren Becken- fasern liegen am Oberschenkel gegen den lateralen Rand des- selben gerichtet, die inneren Beckenfasern gegen den medialen Oberschenkelrand. Bei der Streeklage des Beines würden so- mit die Muskelfasern am Becken horizontal, am Oberschenkel dagegen sagittal verlaufen. Die Insertionslinie am Oberschenkel erstreckt sich zwischen denen des kurzen Bicepskopfes auf der lateralen und des M. gemellus und M. adduetor brevis auf der medialen Seite. Beckenwärts beginnen die Insertionen des M. gemellus und M. biceps, caput breve früher; kniewärts schneidet die des M. adduetor brevis mit der des M. pyriformis in gleicher Höhe ab; während die Insertionen des M. bieeps caput breve und die dorsal übergrei- fende des M. pectineus noch eine Strecke kniewärts weiter ziehen. b) Rana eseulenta hungarica. Die Obersehenkelinsertion verhält sich mit Bezug auf ihre Lage zu der des kurzen Bicepskopfes auf der einen, des M. gemellus, adduetor brevis und peetineus auf der anderen Seite verschieden gegen die für Rana fusca geltende Topographie. Die Insertion des M. adduetor brevis schliesst distal in gleicher Höhe mit der des kurzen Bicepskopfes ab. Der distale Rand des M. pyriformis bleibt somit entfernter vom distalen Rande der Insertion des M. adductor brevis; setzt sich aber auch ab- solut genommen mehr beckenwärts am Oberschenkel fest als bei Rana fusca. Der M. peetineus greift nicht auf die dorsale Schenkelfläche über, wie dies für Rana fusca gilt. 444 M. Nussbaum: c) Bufo vulgaris. Der distale Rand der Insertion am Oberschenkel liegt etwas über der Mitte der dorsal sichtbaren Insertion des M. adduetor brevis. Der distale Rand des kurzen Bicepskopfes geht mehr beekenwärts als der des M. adductor brevis an den Oberschenkel; der M. pectineus setzt dorsal die Insertionslinie des M. adductor brevis noch eine Strecke weit kniewärts fort. d) Bufo ealamita. Die distalen Ränder des M. biceps caput breve und des M. adductor brevis liegen in gleicher Höhe; der des M. pyri- formis an der Grenze des mittleren und distalen Drittels der dorsal siehtbaren Insertion des M. adducetor brevis. e, relobates Iuscus. Der M. pyriformis fehlt dieser Art. Die Insertionsverhältnisse am Oberschenkel sind also für jede Species verschieden, indem die in der Insertionslinie zusammen- stossenden M. biceps cap. breve, M. gemellus, M. adduetor brevis, peetineus und pyriformis ihre gegenseitige und absolute Lage variiren. M. peetineus. Sous-pubi-femoral Du ges. Peetineus Ecker. Puboischiof&emoral interne anterieur de Man. Nach Gaupp beginnt der Muskel in der Nähe der Spina ventralis!) pelvis bis in die Nähe des Os ischii, ohne es zu er- reichen und inserirt an der Crista femoris bis fast zur Mitte des Knochens. Perrin fasst den Muskel mit dem Ecker’schen M. ad- duetor brevis zusammen; die Variation der Ansatzpunkte am Oberschenkel ist nicht berücksiehtigt. Nach meinen Untersu- chungen verhält sich der Muskel folgendermaassen bei a) Rana eseulenta. Die Beckeninsertion erstreckt sich von der Spina anterior pelvis bis zur Mitte des Restknorpels und inserirt an der Crista femoris, distal von der Hüftgelenkkapsel beginnend, ohne jedoch 1) anterior (Gaupp). Nerv und Muskel. 445 die halbe Länge des Oberschenkelknochens zu überschreiten. Folgt man dem proximal, nahe dem lateralen Rande eintretenden Nerven, so kann man den Muskel in eine schmalere laterale und eine breitere mediale Portion zerlegen. Die mediale Portion grenzt an den M. adductor brevis, die laterale am Becken an den M. ileo- psoas, von dem sie im weiteren Verlauf durch den M. vastus medius abgedrängt wird; noch weiter distal liegt ein breiter Streifen des Knochens nackt zwischen der Insertion des M. peecti- neus und ileopsoas am Oberschenkel. b) Rana fusca (Fig. 11). Die Insertion am Oberschenkel greift dorsal weiter über als bei der vorigen Species und überragt distal die des M. ad- duetor brevis. ec) Bufo vulgaris. Die Schenkelinsertion ragt in die distale Hälfte des Ober- schenkels hinein und lagert sich wie bei Rana fusca auf der ventralen Seite distal vor die Insertion des M. adductor brevis. d) Bufo ealamita. Die Sehenkelinsertion reicht bis in die Nähe des Kniege- lenks herab. Die Insertion der Muskelfasern alternirt nicht allein wie bei den vorigen Arten mit den Fasern des M. adductor brevis, sondern auch mit solchen des ventralen Kopfes vom M. adductor magnus; so dass auf der ventralen ebenso wenig, als auf der dorsalen Seite zwischen den Insertionen dieser drei Muskeln der Knochen eine Streeke weit nackt liegt, wie es sich in aufsteigendem Grade bei Bufo vulgaris, Rana fusca und Rana esculenta findet. Die relative Lage des M. peetineus zum M. adduetor longus und M. sartorius ist gelegentlich der Beschreibung dieser Muskeln und in der Tabelle (Nr. I des Anhanges) berücksichtigt. Es gibt somit auch in der Ausgestaltung dieses Muskels für die Species charakteristische Unterschiede. Die angeführten Beispiele mögen hierfür genügen. M. adduetor brevis. Puboischiofemoral interne posterieur de Man. Die älteren Darstellungen des ventralen Oberflächenbildes vom 446 M. Nussbaum: Oberschenkel der anuren Batrachier sind mit Bezug auf die Lage des M. adduetor brevis ungenau. Zwischen M. sartorius und dem ihm zugewandten Rande des M. adduetor magnus wird ein mit der Basis dem Becken zugewandtes Dreieck gebildet, dessen Inhalt nach der Angabe der Autoren der M. peetineus ist. In diesem Dreieck liegt aber medial der freie Rand des M. adductor brevis und erst lateral von diesem der M. pectineus. Bei Rana fusca tritt der M. adduetor brevis in geringerer Aus- dehnung zu Tage, als bei Rana esculenta. Auch die Insertionen am Oberschenkelbein sind variabel und bieten mit den gleichzeitig variirenden Insertionen der be- nachbarten kurzen Muskeln ein für jede Species typisches Bild dar. Für einige Arten ist hierauf schon bei der Beschreibung des M. pyriformis eingegangen worden. Gaupp hat die Muskelmasse in der Nähe des Hüftgelenks, die unter einer oberflächlichen in einer zweiten Schicht gelegen ist, mn anderer Weise als seine Vorgänger abgegrenzt. Perrin fasst den Ecker’schen M. pectineus und M. ad- duetor brevis in einen Muskel zusammen, was der Innervation und dem Bau der Muskeln nach unzulässig erscheinen muss. Von dem Eceker’schen M. adductor brevis gliedert de Man den M,. ischiofemoral profond ab, einen Muskel, der von Gaupp als M. gemellus bezeichnet worden ist. Ohne Weiteres kann man nach dem Vorgange de Man's neben dem Eeker’schen M. pectineus, der vom N. ceruralis ver- sorgt wird, noch den dorsal gelegenen M. ischiof&moral profond (de Man), [M. gemellus (Gaupp)] aus der Masse des Ecker- schen M. adductor brevis als besonderes Muskelindividuum dar- stellen. Der M. gemellus ist auch durch seine Nervenversorgung als besonderer Muskel gekennzeichnet. Denn er empfängt aus einem ihm und dem M. obturatorius (Ecker) gemeinsamen Stämmehen von der Innenfläche her seine Nerven. M. obturatorius (Eeker) ist in der dritten Schicht gelegen. Die von Gaupp als M. quadratus femoris und M. obturator externus im M. ad- duetor brevis (N.) unterschiedenen Muskeln finden sich in der zweiten Schieht und erhalten mit dem M. adductor magnus ge- meinschaftlich ihre Nerven, die von der Aussenfläche in sie und von der Innenfläche in den M. adduetor magnus eindringen. Man würde somit den M. gemellus (Gaupp) und M. obturatorius Nerv und Muskel. 447 (Eeker) als eine zusammengehörige Muskelgruppe und die Gaupp schen M. quadratus femoris, M. obturator externus und den M. adduetor magnus als eine zweite zusammengehörige, von der ersten wohl geschiedene Gruppe betrachten können. Der M. gemellus (Gaupp) lässt sich der Fläche nach und an seinen Rändern als ein besonderer Muskel darstellen; das Bindegewebe ist da, wie dies bei wohlbegrenzten Muskeln der Fall ist, locker und leicht trennbar. Dagegen wird die Zerlegung des von de Man als M. pubo- ischio-femoral interne posterieur bezeichneten Muskels in den von Gaupp unterschiedenen M. quadratus femoris und M. obturator externus in manchen Fällen schwierig. Die Muskulatur ist wohl der Fläche nach und an den Rändern ihrer Gesammtmasse deutlich isolirt, nicht aber in ihrer Substanz ohne Weiteres in zwei Muskeln zerlegbar. Will man mit Gaupp die Einsenkungs- stelle der Sehne des ventralen Semitendinosuskopfes als Führungs- linie benutzen, so stellt sich dem entgegen, dass auch Fasern von dem Gaupp’schen M. quadratus zum M. obturator externus (Gaupp) hinüberziehen, und dass weiter Theile des M. obturator externus (Gaupp), und zwar die dem Spalt anliegenden in manchen Exemplaren eine zum M. quadratus femoris (Gaupp) symmetrische spitze Insertion am Oberschenkel zeigen, während die ventrale Portion des M. obturator externus (Gaupp) in langer Linie inserirt und weit über die Insertionsgrenze der dorsalen Portion und des M. quadratus femoris (Gaupp) kniewärts sich hinaus erstreckt. Der Gaupp’sche M. quadratus femoris bekommt, wie der Autor ganz zutreffend hervorhebt, ein eignes Nervenstämmchen und der M. obturator externus ein anderes. Dieses aber gabelt sich, wie ich hinzufügen möchte, makroskopisch in einen Zweig für die dorsale Portion des Gaupp’schen M. obturator externus und ein anderes für die ventrale Portion desselben Muskels. In anderen Fällen ist die anatomische Trennung der Muskeln im Gaupp’schen Sinne leichter, so dass bei Erwägung aller in Betracht kommenden Momente man der Eintheilung, wie sie Gaupp geschaffen hat, zwar zustimmen kann. Mit gleichem Recht aber dann auch den M. obturatorius (Eeker) in drei Muskeln zerlegen könnte, da die einzelnen Abschnitte desselben gesonderte Nervenzweige erhalten und in ihrer Wirkung offenbar Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 30 448 M. Nussbaum: verschieden sind. Eine Entscheidung würde erst mit Sicherheit dureh die Reizung der betreffenden Nerven möglich sein. Da müsste sich zeigen, ob die für die Muskelabschnitte getrennten Nerven den ganzen Muskel oder nur einzelne Theile zur Con- traction bringen können. Bis dahin ziehe ich vor, den M. qua- dratus femoris und M. obturatur externus Gaupp, wie de Man als einen einheitlichen Muskel zu bezeichnen und M. adductor brevis zu benennen. Die Schwierigkeit der sicheren Trennung beruht darin, dass der dorsale Theil des Gaupp’'schen M. obturator externus mit demM.quadratus desselben Autors gleiche Wirkung und verschiedene von dem Rest des Gaupp’schen M. obturator haben muss. Die Einlagerung der Sehne des M. semitendinosus, cap. ventrale in den M. adduetor brevis kann an und für sich keinen Grund abgeben, den Muskel in zwei selbstständige Muskeln ab- zugrenzen. Etwas Aehnliches findet sich beim Menschen in dem Verhalten des M. biventer zum M. stylonyoideus. Der M. stylo- hyoideus bleibt dennoch ein einheitlicher Muskel, ob auch sein Zungenbeinende vom M. biventer gespalten wird. Mir scheint die Unsicherheit in der Abgrenzung des de Man’schen Rest- muskels in der zweiten Schicht am Hüftgelenk dadurch bedingt zu sein, dass der Muskel sich in einem Uebergangstadium be- findet. Man kann den M. sartorio-semitendinosus der Knoblauch- kröte auch nicht in die drei Componenten trennen, obschon die Weiterentwicklung bei anderen Thieren derselben Gruppe die Trennung mehr oder weniger deutlich vollzogen hat. Bei Bufo vulgaris ist die Trennung in die beiden Gaupp- schen Muskeln leichter als bei Rana. a) Rana fusea. Unterhalb der Fasern des M. adductor brevis, die am Becken sich festsetzen, sind Fasern gelegen, die von der Kuppe der Hüftgelenkpfanne ausgehen und sowohl seitlich vom Spalt, der durch die eingelagerte Sehne des ventralen Semitendinosuskopfes ge- bildet wird, als unter diesem selbst sich finden. Die Insertion dieser Fasern folgt bald der Richtung der ventral vom Spalt gelegenen Portion, bald dem Zuge der dorsalen Portion des M. adductor brevis. b) Rana eseulenta. In manchen Fällen gelingt die Trennung der Muskulatur an Gaupp’schen Sinne; in den meisten aber nicht, da Fasern Nerv und Muskel. 449 von einer Portion schräg über den Spalt hin zur andern ziehen. Verstärkungsbündel von der Kapsel des Hüftgelenkes habe ich bei dieser Art nicht gefunden; wohl war das Bindegewebe zwischen der Kapsel und dem ihr direct aufliegenden Theile des Muskels fester als zwischen unserm Muskel und dem weiter proximal unter ihm gelegenen M. obturatorius. ec) Bombinator igneus. Der M. adduetor brevis ist noch nieht durch die Einlage- rung der Sehne des ventralen Semitendinosuskopfes gespalten; da die Sehne den M. adductor magnus noch nicht einmal durch- drungen hat. Eine Trennung zweier Köpfe gelingt nicht. Da bei Bombinator igneus noch kein M. sartorius am Becken inserirt, so wird das von dem M. sartorius und M. adduetor magnus bei Bufo und Rana gebildete kleine Dreieck bei ihm vom M. adductor longus und M. adductor magnus gebildet. Der M. pectineus liegt breit, der M. adductor brevis nur mit schmalem Rande in diesem Dreieck frei zu Tage. Folgt man den dorsalen Oberschenkelinsertionen der hier in Frage kommenden Muskeln distal vom Gemellus aus, so liegen lateral der Reihe nach die Insertion des M. adduetor brevis, die des M. pectineus und im Anschluss daran die des M. adductor longus bis zum Knie hin; medial die Insertion des M. pyriformis, des kurzen Bicepskopfes, des M. ileopsoas. Distal von der Inser- tion des kurzen Bicepskopfes entfernen sich die Insertionen des M. ileopsoas auf der einen Seite von denen des M. adductor brevis, peetineus und adductor longus, so dass ein distal breiteres langgezogenes Viereck nackten Knochens zwischen diesen Inser- tionen und der sich kniewärts anschliessenden Insertion des M. adduetor magnus einschiebt (vergl. oben p. 443). Die Sehne des M. adduetor longus ist demgemäss bei Bom- binator am Knochen, bei Rana esculenta auf dem bei dieser Art mächtiger entwickelten M. adductor magnus befestigt. M. gemellus, Gaupp. Ischiofemoral profond de Man. a) Rana esculenta. Der Muskel inserirt proximal am Os ischii von der Stelle beginnend, wo der M. adduetor magnus dorsal mit seiner Inser- tion beginnt, so dass der Adduetor magnus den M. gemellus frei 450 M. Nussbaum: lässt, während der ventralwärts an den Gemellus sich anschliessende M. adduetor brevis vom M. adductor magnus bedeckt wird. Auf dem M. gemellus liegt der dorsale Kopf des M. semi- tendinosus und, wo der M. semitendinosus den Gemellus nicht selbst deckt, der M. semimembranosus. Die Spina pelvis dorsalis!) erreicht der M. gemellus mit seiner Beekeninsertion nicht, so dass unter dem dem Pyriformis zugewandten Rande des M. gemellus ein Theil des M. obtura- torius frei hervortritt. Im Verlauf des Muskels tritt eine Drehung der Fasern ein; daher liegt die Insertion am Oberschenkel dieht unter dessen Kopfe nicht in einer Querebene des Thieres wie die Becken- insertion, sondern in einer Sagittalebene. Die Muskelfasern drängen sich zusammen. Auf der dem M. adductor brevis zugewandten Seite hat die distale Insertion einen kurzen Sehnenspiegel; ihr proxi- maler Rand stellt den tiefsten Punkt eines beckenwärts offenen Winkels dar, dessen lateraler Schenkel von der langgezogenen Beckeninsertion des M. adductor brevis, dessen medialer Schenkel von den gleichfalls beckenwärts ansteigenden proximalen Inser- tionen des M. pyriformis und M. biceps, eaput breve gebildet wird. Der distale Rand der Insertion des M. gemellus am Ober- schenkel wird von der Insertion des M. pyriformis und M. adduetor brevis überragt. b)-Rana fusca. Der mediale Rand des Muskels schliesst wieder mit dem freien Rande des in einer höher gelegenen Schicht M. adduetor magnus ab; der laterale lässt den in der tiefsten Schicht befind- lichen M. obturatorius zum Theil frei. Von Rana esculenta unterscheidet sich Rana fusca im wesentlichen durch die Topo- graphie des M. gemellus zur Sehne des dorsalen Semitendinosus- kopfes, die bei Rana fusca weiter lateral verschoben ist. Der proximale Rand der Insertion des Muskels am Ober- schenkel schliesst in gleicher Höhe mit dem gleichnamigen Rande der Insertion des kurzen Bicepskopfes ab. Die Insertion des M. pyriformis beginnt erst zwischen der des M. gemellus und M. biceps eaput breve in halber Länge der Insertion des M. ge- mellus und überragt dementsprechend den distalen Rand desselben bedeutender als bei Rana fusca. 1) posterior (Gaupp). Nerv und Muskel. 451 M. obturatorius. Isehiopubifemoral Duges. Obturatorius Ecker. Ileoischiopubifemoral de Man. Rotateur inverse du femur Perrin. M. obturator internus Gaupp. Der M. obturatorius liegt den vereinigten Beckenknochen an und stellt die tiefste Muskelschicht dar, die in ununterbrochener Folge am Becken inserirt, wo in den höheren Schichten der M. pectineus, adductor brevis und gemellus gelegen sind. Aber wie auf der dorsalen Oberschenkelfläche der Muskel unter dem M. gemellus eine Strecke weit frei bleibt, so blickt ventral bei Rana eseulenta ein schmaler Streif unter dem medialen Rande des M. peetineus hervor. Bei Rana fusca deckt der M. peetineus den ventralen Rand des M. obturatorius vollständig. Die Fasern eonvergiren stark nach einer breiten distalen Sehne, die auf der ventralen Seite frei über das Hüftgelenk hin- zieht, auf der dorsalen Fläche aber breit am Oberschenkelkopf sich befestigt, proximal von der Insertion des M. glutaeus und durch eine grubige Vertiefung von dem Trochanter getrennt, den die Sehne des M. glutaeus zum Ansatz wählt. Die Muskelfasern sind gegen die Sehne so abgesetzt, dass man eine ventrale, eine mittlere und eine dorsale Portion des Muskels darstellen kann; über die ventrale Portion zieht vom Hüftgelenk zum Becken ein breites Band hinweg. Dieser Trennung der Faserung entspricht auch die Drei- theilung des zum Muskel gelangenden Nerven. Der Plexus lumbosacralis von Rana fusca. Die Nerven der hinteren Extremität stammen aus dem Nervus spinalis VIII, IX, X und XI. Der achte Rückenmarksnerv giebt den N. ileohypogastrieus ab, der beim Genus Rana oral vom M. cutaneus dorsi, bei den übrigen Anuren aber, die des M. eutaneus dorsi entbehren, mit dem folgenden Ast, dem Nervus eruralis zugleich die Bauchhöhle verlässt. Vor der Abgabe des N. cruralis geht der achte mit dem neunten Rückenmarksnery eine Anastomose ein, die ent- weder Fasern vom achten allein in den neunten überführt, oder 452 M. Nussbaum: einen auch makroskopisch nachweisbaren Faseraustausch zwischen den beiden Nervenstämmen besorgt. (Vergl. hierzu Gaupp Nerven- system des Frosches pag. 192.) Bei Rana verläuft der N. eruralis caudal vom M. eutaneus dorsi. Sein erster lateral und im Septum inguinale zur Haut verlaufender Zweig ist der Ramus eutaneus femoris lateralis. Der Nerv versorgt die ventrale und laterale Partie der Oberschenkelhaut, indem von dem Hauptstämmchen gewöhnlich vier, in langmaschigen Längszügen weiter verzweigte Nerven abgehen. Die Nerven bilden Plexus. Sie tauschen unter einander und mit den benachbarten Hautnerven Fasern aus, wie man das an Prä- paraten, die mit Essigsäure macerirt und mit Osmiumsäure ge- schwärzt wurden in überzeugender Weise darthun kann!). Der Rest des N. ceruralis ist Muskelnerv für den M. reetus femoris antieus, den M. ileopsoas, M. glutaeus, M. peetineus und M. adduetor longus. Von dem gemeinschaftlichen Stämmehen ?) geht zuerst der Nerv für den M. reetus femoris anticus ab; dann folgt der Nerv für den M.ileopsoas, der sich spaltend die einzelnen Portionen des Muskels und mit einem durchbohrenden Aste den M. glutaeus versorgt. Die Eintrittsstelle des Nerven liegt bei dem M. reetus femoris anticus auf der Innenfläche nahe dem proximalen Ende; beim M. ileopsoas nahe dem lateralen Rande des Muskels auf der Aussenfläche dicht am Ein- gang zum Becken; beim M. glutaeus am distalen Ende auf der Aussenfläche. Der Rest des Nerven gabelt sich in zwei weiter zerfallende Aeste für den M. pectineus und M. adductor longus. Auch hier liegen die Nerveneintrittstellen nahe dem Beckenende der Muskeln. In den M. adduetor longus treten die Nerven von der Unterfläche ein; in den M. pectineus vom lateralen Rande der Aussenfläche her. Den M. pectineus muss man aufklappen, um der im Innern des Muskels gelegenen Nervenverzweigungen ansichtig zu werden. Der Hauptzug der intramuskulären Nerven geht bei den vom N. eruralis versorgten Muskeln distal; nur beim M. glutaeus ist die intramuskuläre Nervenverzweigung von der Eintrittstelle des Nerven aus proximal gerichtet. Alles dies ist in Uebereinstimmung mit der Entwicklung der betreffenden Muskeln, die der Lage und dem Verlauf der Nerven nach in zwei Gruppen sich theilen. In die erste gehören der M. ileopsoas, glutaeus und rectus fe- moris anticus; in die zweite der M. peetineus und adduetor longus. 1) Fig. 19. 2) Fig. 11. Nerv und Muskel. 453 Der Nervus ischiadieus tritt am dorsalen Rande der Becken- knochen aus und setzt sich für gewöhnlich aus dem VIII, IX. und X., zuweilen unter makroskopischer Betheiligung des XI. Rückenmarksnerven zusammen. Die Verzweigungen des Nervus ischiadieus bei Rana escu- lenta stellt J. G. de Man in folgender Weise dar: I. Nerv für den M. pyramidalis und die Haut. II. 1 Nerv für den M. obturatorius (Eeker) und den von Eeker nicht beschriebenen „Ischiofemoral profond* (Gemellus Gaupp). 2. Nerv zu dem M. adductor magnus und dem de Man- schen M. adduetor brevis. 3. Nerv zum M. semimembranosus. 4, Nerv a) zum vorderen Kopf des M. semitendinosus. b) zum M. sartorius. 5. Nerv a) zum hinteren Kopf des M. semitendinosus. b) zum M. graeilis. ce) zur Haut, nachdem der Nerv den M. cutaneus femoris versorgt hat. IIl. 1 a) zum M. vastus lateralis. b) zum M. vastus medialis. 2 zum langen Kopf des M. biceps. 3 zum Eeker’schen M. quadratus femoris und kurzen Kopf des M. biceps. Nach Gaupp versorgt der N. ischiadieus vierzehn Muskeln in sieben Gruppen. Die erste umfasst den M. pyriformis; die zweite den M. gemellus und obturator internus; die dritte die drei Köpfe des M. adduetor magnus, quadratus femoris und obturator externus; die vierte den ventralen Kopf des M. semitendinosus und nochmals den ventralen Kopf des M. adduetor magnus, den Musculus sartorius. Die fünfte Gruppe bilden der dorsale Kopf des M. semitendinosus, der M. graeilis major, der M. gracilis minor und M. semimem- branosus. In der sechsten Gruppe steht der M. ileofemoralis allein, die siebente umfasst den M. glutaeus magnus und den M. eruralis. Der Nervus eruralis versorgt nach Gaupp fünf Muskeln: den M. tensor fasciae latae, den M. iliacus internus und exter- nus, den M. adductor longus und den M. peetineus. Die folgende nach meinen Präparaten entworfene Schilde- rung des N. ischiadieus weicht im Grossen und Ganzen nicht 454 M. Nussbaum: von der meiner Vorgänger ab. Nur die Innervationsverhältnisse des M. eutaneus femoris verhalten sich anders; mit Bezug hierauf habe ich die richtigen Beobachtungen May’s erweitern können. Zur Freilegung des Nervus ischiadieus am Oberschenkel entfernt man den M. pyriformis, den man von seiner Anheftung am analen Ende des Os eoceygeum ablöst. Der Nerv tritt unter dem analen Rande des M. coceygeo-iliacus, medial der Mastdarm- muskulatur, lateral dem M. ileopsoas anliegend hervor; über den freien Beekenrand hinziehend liegt er dann zwischen M. vastus lateralis und dem distalen Ende des M. pyriformis. Nach seinem Austritt aus dem Becken ruht der Nerv dem Ursprung des M. biceps auf und geräth, indem er über diesen hinweg sich mehr medial wendet, an der Grenze des oberen und mittleren Drittels des Oberschenkels zwischen den langen Kopf des M. biceps und den M. semimembranosus. Auf diesem Wege lagerte der Nerv, vom Becken aus gerechnet, zuerst der Sehne des langen Bicepskopfes, dann dem kurzen Bicepskopfe auf. Geht der M. pyramidalis am Oberschenkel zu Ende, so verlässt der Nerv den kurzen Bicepskopf und liegt weiter distalwärts auf dem M. adduetor magnus. Schlägt sich dann der M. adduetor magnus von der dorsalen Seite des Schenkels lateralwärts, so gabelt sich am distalen Rande des Muskels der Nerv in seine zwei Endäste, von denen der eine, der N. peroneus, unter der Sehne des M. biceps sich lateral wendet; der andere, N. tibialis, am lateralen Rande des M. semimembranosus mehr medial und in die Tiefe rückt. Die Arteria ischiadica liegt dorsal zum Nerven. Der Nerv ischiadieus beschreibt somit in seinem Verlauf am Oberschenkel einen flachen, mit seiner Convexität ventral gerichteten Bogen, am Becken gedeckt vom M. pyriformis und von aussen zugänglich zwischen M. vastus lateralis und M. pyri- formis. Wenn auch der Nerv dem M. biceps angelagert bleibt und im weiteren Verlauf am Oberschenkel sogar unter ihn geräth und von ihm bedeckt wird, so ändert sich der Zugang zum Nerven von aussen her, sobald der M. pyriformis in die Tiefe zwischen M. vastus lateralis und M. semimembranosus sich senkt. Denn der M. biceps verschwindet bei Rana fusca und Rana »s- culenta von der Aussenfläche beckenwärts von der Grenze des proximalen und mittleren Drittels des Oberschenkels. Während Nerv und Muskel. 455 er vom Knie an zwischen M. semimembranosus und M. vastus lateralis frei zu Tage lag, stossen etwa in der Höhe des dor- salen Randes der Inscriptio tendinea vom M. semimembranosus dieser Muskel und der M. vastus lateralis aneinander. Den Nerv findet man aber am Knie zwischen M. biceps und M. semi- membranosus in der Tiefe der Muskelfurche ein wenig lateral- wärts unter den Muskelbauch des M. bieeps caput longum ver- lagert. Weiter beckenwärts, distal vom M. pyriformis, kommt man auf den Nerven, wenn man zwischen M. vastus lateralis und M. semimembranosus eindringt. Bei Kröten: Bufo vulgaris, Bufo viridis, Bufo calamita bleibt der M. biceps. caput longum bis fast an das Becken vom Knie aus breit an der Oberfläche sichtbar. Um den N. ischiadiceus zu finden, schneidet man der ganzen Länge nach gleichmässig am medialen Rande des M. biceps ein. Der Nerv liegt bei den Kröten auch nicht wie bei Rana unter dem M. biceps caput longum versteckt. Da Gaupp eine meist zutreffende Benennung der ein- zelnen Aeste und Zweige des Nerven gegeben hat, so werde ich mich ihm im Allgemeinen anschliessen und an geeigneter Stelle die Ergänzungen über Lagerung der Nerven, Eintritt in die Muskeln und intramuskuläre Verzweigung, wie es für unsere Zwecke nöthig ist, hinzuzufügen (Fig. 1, 3, 4). 1. Hat man das proximale Ende des M. pyriformis abge- tragen, so erscheint dicht unter dem Os eoceygeum der erste Ast des Nervus ischiadieus, der zu Oberschenkelmuskeln und Oberscehenkelhaut gelangt. Der Nerv tritt dorsal aus dem Stamme des N. ischiadieus hervor, giebt den Ramus cutaneus femoris dorsalis und einen Zweig zum M. pyriformis ab. Der M. pyriformis hat an seinem analen Ende eine äussere und innere Fläche, einen oralen und analen Rand. Im weiteren Verlauf dreht sich der Muskel, so dass seine äussere Fläche am Oberschenkel sich lateral stellt, seine innere Fläche dagegen me- dial. Der Nerv geht nun fast an der Grenze des proximalen und mittleren Drittels des Muskels vom oralen Rande her, sich proximal und distal gabelnd, in die Muskelsubstanz ein und ist von aussen her nicht sichtbar. Der N. cutaneus femoris dorsalis geht unter dem M. pyri- formis her; in manchen Exemplaren ein Zweig desselben aber auch 456 M. Nussbaum: über den Muskel. Der unter dem M. pyriformis zur Haut gehende Nerv theilt sich in zwei Hauptzweige, deren Verästelung und Anastomosenbildung in Fig. 20 dargestellt ist. 2. Der zweite Nerv, für den M. gemellus und obturatorius bestimmt, geht vom medialen Rande des N. ischiadieus ab, wo dieser eben über den Beckenrand hinweg zum Oberschenkel hinzieht. Der Nerv wird am lateralen Rande des M. semimembranosus in der Beckengegend am Oberschenkel sichtbar, liegt zuerst dem M. obturator frei auf, gabelt sich in einen Zweig für diesen Muskel und den M. gemellus und wird bald von dem M. ge- mellus verdeckt, dessen freien Rand sichtbar wird, sobald man den M. semimembranosus ein wenig medialwärts verschiebt. In den M. gemellus tritt der Nerv von der Innenfläche nahe dem distalen Ende gegabelt ein und verzweigt sich proximal- wärts. Der Nerv für den M. obturatorius liegt am distalen Rande auf der Aussenfläche des Muskels und giebt auf seinem Wege einzelne Aeste in den breiten Muskel ab, die sich proximalwärts verzweigen. Es kommt gelegentlich vor, dass der Nerv von der medialen Seite des folgenden abgegeben wird, während für gewöhnlich, wie die Autoren dies auch beschreiben, ein kleiner Zwischen- raum zwischen beiden sich findet. 3. Dann ist der dritte Ast, Ramus profundus dorsalis (po- sterior Gaupp) ein wenig mehr dorsal, als der zweite Ast ent- sprungen; aber wie dieser ebenfalls medial gerichtet. Der dritte Ast übertrifft die beiden vorigen an Stärke. Zu seiner weiteren Verfolgung muss die Beeken- und Knieinsertion des M. semimem- branosus abgelöst und der Muskel medialwärts so umgeklappt werden, dass seine Innenfläche sich dem Untersuchenden zuwendet. Der Ast wird von der Innenfläche des M. pyriformis be- deckt, zieht schräg medial und kniewärts und theilt sich fast genau an der Grenze des M. gemellus gegen den M. adduetor brevis in den Ramus descendens communis und Ramus adduetorius. 3a. Der Ramus descendens communis läuft über den dor- salen Rand des M. adductor magnus und zieht zwischen M. se- mitendinosus, caput dorsale und M. semimembranosus kniewärts. Der Nerv ist Muskel- und Hautnerv zugleich. Der Reihe naeh werden von ihm versorgt zuerst der M. semimembranosus. Der Nerv tritt an den Muskel auf der Unterfläche heran; Nerv und Muskel. 457 gabelt sich in zwei Zweige, von denen der stärkere sich noch- mals spaltet. Der ungetheilte Zweig ist für die ungetheilte Muskelportion, der gespaltene für die von der Inscriptio tendinea durchsetzte Portion des Muskels bestimmt. Nach der Spaltung ziehen die Nerven bis an den Zwischenraum von ungetheilter und getheilter Muskelmasse. Zwei Zweige gehen in der Höhe des dorsalen Endes der Inscriptio tendmea zu den von ihnen ver- sorgten Muskelabtheilungen. Der dritte, für den distal von der Inseriptio tendinea gelegenen Theil des Muskels bestimmte Ner- venzweig, läuft auf der Innenfläche der ungetheilten Muskel- portion eine Strecke weiter und beginnt sich an der Grenze des proximalen und mittleren Drittels der von ihm versorgten, distal von der Inseriptio tendinea gelegenen Muskelfasern zu ver- zweigen. Der Ramus deseendens communis zieht dann weiter gegen das Knie hin und gabelt sich in einer kurzen Entfernung von der Abzweigung des Nerven für den M. semimembranosus in einen stärkeren medialen und einen schwächeren lateralen Zweig. Der stärkere mediale Zweig versorgt zuerst das Caput dor- sale des M. semitendinosus, giebt über den dorsalen Rand des M. graeilis einen Nerven ab, der Fasern für den M. eutaneus femoris, cap. inf. und den N. eutaneus femoris medialis minor s. inferior enthält; um mit seinem letzten Ausläufer in die Furche zwischen M. graeilis und den dorsalen Kopf des M. semiten- dinosus einzudringen, den M. gracilis, den M. cutaneus femoris, cap. sup. zu versorgen und als M. eutaneus femoris medialis major s. superior sich in der Haut des Oberschenkels zu verästeln. In das caput dorsale des M. semitendinosus gelangt der Muskel an der Grenze des proximalen und mittleren Drittels vom lateralen Rande her. Man muss den Muskel der Länge nach von dieser Stelle aus aufklappen, um die Verzweigungen des Nerven im Muskel verfolgen zu können (vgl. Fig. 13). Der Nerv zum Caput inferius des M. eutaneus femoris geht über den dorsalen Rand des M. graeilis, ein wenig proximal von der Inseriptio tendinea desselben und dringt von der Innenfläche aus in den Hautmuskel ein; gewöhnlich in zwei Hauptzweige gespalten, von denen der eine sich proximal, der andere distal im Muskel verästelt. In der Bahn des distalen Zweiges ver- läuft der N. eutaneus femoris medialis minor, der den M. ceuta- 458 M. Nussbaum: neus durchbohrt und sich, wie Fig. 19 u. 26 näher erläutern, an der medialen Seite des Oberschenkels in der Haut verzweigt. Zum M. graeilis tritt nicht allein der für diesen Muskel bestimmte Nerv, sondern auch der Nerv für das caput superius des M. eutaneus femoris und der N. eutaneus medialis major heran. Der Stamm erreicht den M. graeilis von der Innenfläche in der Längsspalte der proximal von der Inseriptio tendinea ge- legenen Muskelportion, gabelt sich in einen ersten Zweig, der die proximal von der Inscriptio tendinea gelegene Partie des M. gracilis und mit einem durchbohrenden Stämmehen das Caput superius der M. cutaneus femoris versorgt; in einen mittleren Zweig, der als N. ceutaneus femoris medialıs major durch die Längsspalte des M. gracilis in das Septum femorale inferius ein- tritt und von da zur Haut des Oberschenkels zieht, wie Fig. 25 veranschaulicht. Ein dritter Zweig zieht anfänglich oberflächlich gelegen zur distalen Portion des M. gracilis. Der Nerv zum M. gracilis ist, wie Mays entdeckte, dadurch ausgezeichnet, dass schon in seinem Stamme Theilungen der Nervenfasern vorkommen und sich bis in die feineren Zweige hinein wiederholen, während bei den übrigen Oberschenkelmuskeln des Frosches die Theilungen der Nervenfasern für die einzelnen Muskeln verschieden weit vom Nervenstamme beginnen. Der M. gracilis hat somit auch einen extramuskulären Plexus !); die meisten übrigen Muskeln nur intramuskuläre Plexus verschiedenen Grades, je nachdem der Austausch der durch Theilung entstandenen Fasern in den Zweigen erster oder zweiter oder einer weiteren Ordnung erfolgt. Zwischen den durch die Inseriptio tendinea getrennten Portionen des M. eutaneus femoris findet weder Faseraustausch wie beim M. graeilis, noch ein solcher wie beim M. reetus abdominis statt. Die Vertheilung der Nerven im M. graeilis variirt; doch würde es zu weit führen, wenn ich hier die einzelnen nach Präparaten gewonnenen Schemata genauer besprechen wollte. 1) Die Plexus der Muskel- und Hautnerven unterscheiden sich von den Plexusbildungen der Stämme der Rückenmarksnerven da- durch, dass nicht allein Austausch von Stammfasern, sondern auch Gabelung von Nervenfasern stattfindet. Die getheilten Nervenfasern versorgen verschiedene Gebiete aus derselben Ganglienzelle des Rücken- marks. Die Verlaufsweise der ungetheilten Fasern dagegen bringt es mit sich, dass ein und dieselbe Muskelregion mit verschiedenen Ganglien- zellen des Rückenmarks in Beziehung gebracht wird. Nerv und Muskel. 459 Der schwächere laterale Zweig zieht schräg kniewärts weiter, versorgt in weitem Abstande von der Eintrittsstelle des Muskelnerven in den dorsalen Kopf des M. semitendinosus den ventralen Kopf dieses Muskels, nachdem er vorher einen Zweig abgegeben hatte, der in flachem, mit der Convexität kniewärts gerichtetem Bogen den M. adduetor magnus umkreist und auf der ventralen Seite des Schenkels in die distale Hälfte des M. sartorius am medialen Rande von der Unterfläche her eindringt und sich proximal und distal im Muskel verzweigt. Wegen der Verschiedenheit der Lagerung des M. sartorius zu den benachbarten Muskeln kann man wohl bei Rana fusca, aber nicht bei Rana esculenta die ventrale Strecke des Nerven, die Eintrittsstelle eingeschlossen, am lebenden Thiere sehen (vgl. Fig. 25 u. 26). | Dr. J. G. de Man hat die Muskeln und Nerven der hin- teren Extremität des Frosches vorzugsweise nach Präparaten von Rana esculenta beschrieben. Der Sartorius (Ecker) soll nach de Man in seinem proxi- malen Theile vom N. cruralis, im distalen vom N. ischiadieus innervirt werden. Die Innervationsstelle des vom Cruralis nach de Man zum Sartorius ziehenden Nervenzweiges habe ich im proximalen Theile des Muskels nicht finden können. Auch Mays kennt in seinen überaus sorgfältigen und schönen Unter- suchungen nur eine distal gelegene Eintrittsstelle des Nerven in den Muskel. Doch kann man sowohl vom 8. als vom 9. Rücken- marksnerven den Musculus sartorius (Ecker) zur Contraetion bringen. Alle Fasern aber verlaufen in der Bahn des N. ischiadieus und treten an der Grenze des distalen und mittleren Drittels medialwärts auf der Innenfläche in den Muskel ein. Da ausserdem nach meinen entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen der M. sartorius von einer einfachen Anlage, aus der distalen Gegend an der medialen Seite des Oberschenkels seinen Ursprung nimmt und erst secundär in den Bereich des N. cruralis an das Becken gelangt, so stellte ich, um auch nach einer anderen Methode Gewissheit über die Nervenvertheilung im M. sartorius zu erlangen, folgenden Versuch an. Durchschneidet man den achten Rückenmarksnerven bald nach 460 M. Nussbaum: seinem Austritt aus dem Wirbelkanal und dann noch den Nervus eruralis distal von der Anastomose zwischen achtem und neuntem Rückenmarksnerven (vergl. Fig. 1 u. Fig. 11), so zucken bei Reizung am peripheren Ende des durchsehnittenen achten Rücken- marksverven: M. sartorius, M. adductor magnus, M. semimembra- nosus und M. triceps femoris. Reizung des peripheren Endes vom durehschnittenen N. eru- ralis ruft Zuckung des M. ileopsoas, M. recetus femoris anticus, M adduetor longus und M. pectineus hervor. Der M. sartorius bleibt schlaff; ebenso die übrigen Muskeln. Macht man denselben Versuch und durchsehneidet auch noch den neunten Rückenmarksnerven, so zucken bei Reizung seines peripheren Endes wie bei der Reizung des peripheren Endes vom achten Rückenmarksnerven: M. sartorius, M. adduetor magnus, M. semimembranosus und M. triceps femoris. Diese Muskeln werden also vom achten und neunten Rückenmarksnerven innervirt. Durchschnitt ich den neunten Rückenmarksnerven dieht an der Wirbelsäule, den N. ischiadiceus distal von seiner Anastomose mit dem N. eruralis, so blieben, soweit ich gesehen habe, auf Reizung des peripheren Stumpfes vom neunten Rückenmarks- nerven alle Muskeln des Oberschenkels in Ruhe. Es würden so- mit in meinen Versuchen wohl Fasern des achten Rückenmarks- nerven durch die Anasomose in den neunten und von da in die Bahn des N. ischiadieus übergetreten sein; der N. eruralis be- stand aber nur aus Fasern, die ihm vom achten Rückenmarks- nerven zugeführt wurden !!). Die Nerven des M. sartorius stammen somit aus dem achten und neunten Rückenmarksnerven; sie verlaufen aber nur in der Bahn des N. ischiadieus und treten distal von der Unterfläche aus in den Muskel an der Stelle ein, von wo der Muskel während des Larvenstadiums zu seiner bleibenden Gestalt auswuchs, Der Ramus deseendens ecommunis versorgt, wie oben gezeigt wurde, die Gruppe des M. semimembranosus, semitendinosus, gra- eilis, sartorius und cutaneus femoris, sowie die Haut an der medialen Fläche des Oberschenkels. Löst man diese Gruppe von Muskeln nach Durchschneidung 1) Siehe Anhang Nr. IIl. Nerv und Muskel. 461 des Ramus descendens ecommunis aus dem Zusammenhang mit den übrigen Theilen, so kann man den Ramus adduetorius mit seinen Verzweigungen darstellen. 3b. Die Präparation desselben wird erleichtert, wenn man die Oberschenkel, nachdem das Thier in der Beckengegend quer durch- schnitten wurde, mit der dorsalen Fläche dem Beobachter zuge- wendet festheftet. Löst man die Beekeninsertion des M. adduetor magnus und des ventralen Semitendinosuskopfes ab, so ergiebt sich Folgendes. Nahe dem dorsalen Rande der einander zugewandten Flächen des M. adduetor magnus und adductor brevis gibt der Nerv beekenwärts einen Zweig an die dorsale Portion des M. adduetor brevis (M. quadratus femoris Gaupp) ab und kniewärts einen Zweig, der, sich distal und proximal gabelnd, in den M. adduetor magnus eintritt. Von diesem Nerven wird bei Rana fusca auch der accessorische Kopf neben der dorsalen Portion des M. adduetor magnus versorgt. In den ventralen Kopf treten noch zwei Zweige von dem bogenförmig über den M. adductor brevis verlaufenden Hauptnerven ein und ebenso zwei bis drei Zweige in den ventralen Theil des M. adductor brevis (M. ob- turator externus Gaupp. Der letzte dieser Zweige gabelt sich und tritt sowohl in den M. adduetor magnus als den M. adduetor brevis ein. Die Präparation der Nerven ist durch die vielen pigmentirten Gefässe erschwert; wird aber durch voraufgehende Verquellung des Bindegewebes und Maceration der Gefässe in verdünnter Essigsäure erleichtert. Der Ramus adduetorius ist ein rein motorischer Nerv, von dem die M. adduetor magnus und adductor brevis versorgt wer- den. In den M. adductor magnus treten die Nerven nahe dem proximalen Ende von der Innenfläche, in den M. adduetor brevis nahe dem distalen Ende von der Aussenfläche her ein. 4. Dieht unter der Abspaltung des Ramus profundus dor- salis gehen auf der lateıalen Seite des M. pyrilormis aus dem medialen Rande des N. ischiadieus zwei feine Nerven für den kurzen Bicepskopf ab, die sich von der Beckengegend aus im Muskel verzweigen. Während die bisher besprochenen Aeste auf der medialen Seite des N. ischiadieus liegen und über die mediale Kante des Oberschenkelbeines bis auf die ventrale Fläche gelangen, liegt 462 M. Nussbaum: der folgende Ast lateral zum Hauptstamm und geht zum Theil über die laterale Kante der Extremität zu deren ventralen Fläche. 5. Dieser Ast ist der Ramus profundus ventralis (anterior !) Gaupp), der sich nicht weit kniewärts von dem distalen Nerven für den M. biceps, caput breve vom N. ischiadieus abzweigt; um bald darauf einen Ast für den langen Kopf des M. biceps abzu- geben. Der Nerv dringt auf der medialen Seite gleich weit von Becken- und Knieinsertion entfernt in den Muskel ein. Es kommt aber auch vor, dass der Nerv zum langen Kopf des M. biceps nicht vom Ramus profundus ventralis abgegeben wird, sondern distal von diesem Ast auf der lateralen Seite direet aus dem Nerven ischiadieus entspringt. Diesen Fall hat de Man ebenfalls beschrieben. Doch versorgt der Zweig entgegen der Angabe de Man’s, der auch den kurzen Bicepskopf von diesem Nerven innerviren lässt, nur den langen Bicepskopf. Der Ramus profundus ventralis zieht zwischen langem und kurzem Bicepskopf kniewärts und lateral über den M. ileopsoas weiter, giebt an der Grenze zwischen M. biceps, eaput longum und M. vastus lateralis den Nerven zum M. vastus lateralis ab, der proximalwärts, wo mittleres und proximales Drittel des Ober- schenkels zusammenstossen, in den Muskel eintritt. Sodann ga- belt sich der Nerv in dem Spalt, der die oberflächliche Portion des M. vastus medialis von einer tieferen trennt so, dass jede dieser Theile einen Nerven erhält, der kniewärts von der Mitte auf den einander zugewandten Flächen dieser Theile in dieMuskeln eindringt. Zum Vergleich füge ich hier noch eine kürzere Darstellung des Plexus lumbo-sacralis von Pelobates fuseus bei. Bei diesem anuren Batrachier treten vier Nerven zum Plexus der hinteren Extremität zusammen. Ventralwärts gehen ab, der N. ileohypo- gastrieus und N. eruralis, dorsal der N. ischiadieus. Der N. eruralis verhält sich wie bei Rana. Der N. ischiadieus giebt als ersten Ast den 1. N. eutaneus femoris dorsalis ab. Diesem folgen: 2. der Nerv für den M. gemellus und M. obturatorius, 1) Anterior und posterior sind hier durch ventralis und dorsalis ersetzt worden; da es beim Frosch, der auf der Erde kriecht, kein vorn und hinten wie beim Menschen gibt. Nerv und Muskel. 463 3. der Ramus profundus dorsalis, der sich in zwei Zweige gabelt, von denen der eine, Ramus descendens communis, den M. semimembranosus, den M. semitendinoso-sartorius, den M. gracilis und M. cutaneus femoris versorgt und den N. eutaneus femoris medialis abgibt, der andere Ramus adductorius die Adductorengruppe, den M. adduetor magnus und M. adduetor brevis innervirt. 4. der Ramus profundus ventralis, der der Reihe nach ab- giebt: einen Zweig für das caput breve des M. biceps, für das caput longum desselben Muskels, Zweige für den M. vastus lateralis, medius und den accessorischen Kopf des M. triceps femoris (Fig. 2). Aus der Gruppirung der Nervenstämme würde man in Ueber- stimmung mit den entwicklungsgeschichtlichen Ergebnissen zu dem Schluss gelangen, dass bei den Amphibien eine Reihe von Muskeln von der dorsalen auf die ventrale Seite und ebenso von rückwärts her an den medialen und lateralen Rand des Ober- schenkels gewandert sind. Nach der Topographie des N. ischia- diews kann man dann noch die von ihm versorgten Muskeln in folgender Weise ordnen. In eine erste Gruppe gehört der M. pyriformis, in die zweite der M. gemellus und M. obturatorius. Eine dritte Gruppe umgreift den M. semimembranosus, semiten- dinosus, sartorius, graeilis und eutaneus femoris, die selbst wieder zerlegbar ist in die Unterabtheilungen M. semimembranosus; M. semitendinosus caput ventrale, und M. sartorius; M. semiten- dinosus, caput dorsale, M. gracilis und M. cutaneus femoris. In eine besondere Gruppe gehört M. adductor magnus und brevis; in eine andere M. biceps, caput longum und der M. vastus lateralis und medialis. Diesen kann man den kurzen Kopf des M. biceps zugesellen, oder ihn als besonderen Muskel für sich betrachten. Eine vergleichende Uebersicht der einzelnen Muskeln und ihrer Nerwen bei den verschiedenen Anuren lässt eine grössere Zahl von allmähliehen Umwandlungen erkennen, deren einzelne Etappen in den fertigen Formen erhalten sind, so dass man eine fortschreitende Reihe aus ihnen bilden könnte. Andere Umwand- lungen zeigen an den in einer solehen Reihe geordneten Thieren bald Fort- bald Rückschritte. Noch andere Veränderungen er- folgen derart, dass Sprünge beim Uebergang von einer fertigen Form zur anderen vorzukommen scheinen. Archiv f. mikrosk, Anat. Bd. 52 31 464 M. Nussbaum: Nun kennen wir weder alle lebenden, noch viel weniger alle ausgestorbenen Formen. Man würde somit abwarten dürfen, ob die Lücken nicht mit der Zeit durch die Ergebnisse der ver- gleichenden Anatomie und der Palaeontologie ausgefüllt werden, wie das an so vielen Stellen schon geschehen ist. Es fragt sich nur, ob es nicht Fälle gibt, wo die bekannten Organisationsverhältnisse nicht mehr durch neue Funde dieser beiden Forschungsmethoden ergänzt werden können, und ob nicht dann die fehlenden Glieder der Kette mit anderen Hülfsmitteln aufzufinden sind. Die Definition solcher Fälle würde gegeben sein, wenn der Uebergang von einer bestehenden zu einer anderen ebenfalls vor- handenen Form am fertigen Thier ausgeschlossen, in der Em- bryonalperiode aber möglich wäre. Dann würde auch der Einwand entkräftet werden, die Palaeontologie liefere nur die erhaltenen Hartgebilde ausgestor- bener Arten; es liesse sich nicht erwarten, die Uebergänge von Weichgebilden wie Muskeln und Nerven aufzufinden, wenn sie auch in der That bestanden hätten. Unsere Betrachtung entfernt sich soweit von den bis jetzt geläufigen Vorstellungen, dass es eines näheren Eingehens auf den Gegenstand bedarf. Wählen wir hierfür die Veränderungen, welche die Semi- tendinoso-sartoriusgruppe der Anuren erleidet, wie sie in den Einzelheiten auf Seite 385 —408 geschildert worden ist. Berücksichtigt man nur die Muskelbäuche, so lassen sich die Ausgestaltungen des Muskels in eine Reihe bringen, deren einzelne Glieder gleichen Schritt mit der höheren Stellung der Träger im System halten. In der That hat Perrin diese Reihenbildung versucht, indem er mit Recht hervorhob, der M. sartorius isolire sich allmählich vom M. semitendinosus und wachse dann stufenweise von Bombinator zu Discoglossus und Bufo bis Rana hin gegen das Becken weiter. Ich habe die Glieder dieser Reihe noch vermehren können, indem ich an den Anfang Pelobates fuseus und durch das Auffinden von Speciesunterschieden im Genus Rana Rana fusca an das Ende setzen konnte. Ich will hier davon absehen, dass es eigentlich keine durchgreifende fort- schreitende Entwieklung gibt; da neben den Zeichen der höheren Stufe bei demselben Thiere solche Eigenthümliehkeiten gefunden Nerv und Muskel. 465 werden, die vorher als Characteristica niederer Organisation er- kannt wurden. Dafür braucht nur auf das Schwanken in der Entwicklung solcher Muskeln als des Ileopsoas und Adductor longus hingewiesen zu werden. Achtet man bei der Untersuchung des M. semitendinoso- sartorius aber auch auf die distalen Sehnen, so ergibt sich vom Genus Bufo zum Genus Rana eine Weiterentwieklung von sprung- haftem Öharaeter, deren Zwischenstadien an fertigen, etwa zwi- schen Bufo und Rana stehenden Formen bis jetzt nicht gefunden worden sind. Bis zu den Kröten einbegriffen gehen bei allen bis jetzt untersuchten Anuren die Sehne des M. semitendinosus und sar- torius vereinigt über den M. graeilis her; bei Rana dagegen um- fassen die Sehnen des M. semitendinosus und des M. sartorius den M. gracilis, indem die Sehne des M. sartorius über den M. graeilis, die des M. semitendinosus unter dem M. gracilis herzieht. Wollte man glauben, die Zwischenstadien könnten dennoch an fertigen Thieren bestanden haben, so müsste man sich vor- stellen, der M. semitendinosus des Genus Bufo habe zu einer ge- wissen Zeit seine Verbindung mit der Tibia gelöst, sich auf dem neuen Wege zum Knochen in verschiedener Weise mit den Weich- theilen verbunden, in deren Nähe er bei seiner Wanderung ge- rieth, und alle Zwischenformen von Bufo bis Rana seien uns un- bekannt oder verloren gegangen. Diese Vorstellung ist gewiss möglich; sie ist aber nicht nöthig und auch nicht wahrscheinlich. Der vom Knochen los- gelöste Muskel wäre den Trägern der stufenweisen Veränderung nur nutzloser Ballast gewesen und als solcher gewiss eher zurück- als weitergebildet worden. Jedenfalls entspricht eine andere Annahme!) den Thatsachen der vergleichend-anatomischen und embryologischen Untersuchung 1) Es liegt mir fern, jede Wanderung von Muskeln am fertigen Thier läugnen zu wollen. Ich glaube sogar, gegen den Verdacht einer solchen Annahme dadurch gesichert zu sein, dass ich selbst die Wan- derung funktionirender Muskeln am Auge der Froschlarve nachge- wiesen habe (Anatomenversammlung, Basel 189%). Am Auge liegen die Verhältnisse aber auch so, dass die Möglichkeit der Wanderung nicht ausgeschlossen ist. 466 M. Nussbaum: besser: Die Trennung der Sehnen ist nicht allmählich, sondern mit einem Schlage erfolgt, zu einer Zeit, wo die Umwandlung ohne Aufhebung der Funetion des Muskels möglich war. — Die einzige Zeit, wann diese Möglichkeit sich findet, ist die Larvenperiode. Da wächst der Muskelbauch von der Nerven- eintrittsstelle proximal- und distalwärts aus und ist noch nicht mit den im fertigen Thiere Ursprung und Ansatz benannten Stellen des Skelets verbunden. Dann kann der eine Muskelbauch der Semitendinoso-sartoriusgruppe in Form des M. sartorius der Raniden vor dem M. graecilis und der Rest als M. semitendinosus unter dem M. gracilis distal weiter wachsen; während beide Muskeln bei den Larven der übrigen Batrachier von der Nerven- eintrittsstelle aus vor dem M. gracilis her vereinigt gegen das Knie vordringen. Eine weitere Schwierigkeit für die Annahme des überall in fertigen Formen erhaltenen, allmählichen Ueberganges ergibt sich beim Versuche, den Batrachiertypus des Kniestreckmuskels in den Säugethiertypus überzuführen. Bei den Batrachiern wird der Muskel vom N. ischiadieus, bei Säugethieren aber vom N. eruralis versorgt. Der eine Nerv geht dorsal, der andere ventral von der Beekensymphyse zum Kniestrecker hin. Da die Muskeln im fertigen Thiere mit ihren End- punkten befestigt sind, die sie versorgenden Nerven aber gleich- falls und dabei in diesem Falle einmal vor dem Steg, das anderemal hinter demselben Steg der Beckensymphyse herlaufen, so ist am fertigen Thier ein Uebergang absolut undenkbar. Das System ist durch die zwischen die beiden Paare von Endpunkten einge- schobene Barriere der Beckenknochen für jeden Typus unverrückbar. Es gäbe freilich auch hier einen Ausweg; indem man an- nähme, dass nach und nach die vom N. ischiadieus versorgten, ursprünglichen Muskeln zurückgebildet würden und aus dem Ge- biet der vom N. eruralis versorgten Muskelgruppe sich allmählich ein neuer Streckmuskel für das Kniegelenk herausbilde. Untersucht man die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme, so würde man bei dem geringen Regenerationsvermögen der fertigen anuren Batrachier doch wieder auf die Larvenperiode zurückgreifen müssen. Denn zur Neubildung von Muskeln ist nicht allein die Umwandlung an der Peripherie, sondern auch Neubildung im centralen Nervensystem nöthig. Das ist aber nach Nerv und Muskel. 467 den bisherigen Erfahrungen an alten Thieren wohl nicht möglich. Ausserdem kommt hier wieder die Schwierigkeit hinzu, zu ver- stehen, warum dieselbe Muskelgruppe schwinden und zugleich wieder ersetzt werden solle. Einfacher lassen sich die bisherigen Beobachtungen an- einander reihen, sobald man annimmt, der Uebergang von der tiefer zur höher stehenden Form sei auch in diesem Falle im Embryo der höher stehenden entstanden. Im Embryo geht nach unseren heutigen Erfahrungen die Umlagerung der Theile in sol- chem Grade vor sich, dass der Batrachiertypus des Beckenplexus der Spinalnerven und ihrer zugehörigen Oberschenkelmuskulatur unvermittelt und mit einem Schlage in den Säugethiertypus über- geführt werden könnte. Die Erklärung verwerthet nicht allem das vorliegende Be- obachtungsmaterial; sie wird zugleich dem, soweit wir wissen, thatsächlichen Fehlen von Uebergangsformen an fertigen Thieren gerecht. Welehe Umwälzungen können aber im fertigen Thier nicht schon durch die Verschiebung einer oder weniger Zellen des Embryo erzielt werden! Das „Survival of the fittest“ wird auch hier dafür sorgen, dass eine den anderen Lebensbedingungen ent- sprechende, in der Embryonalperiode erfolgte Abänderung erhalten bleibt, während alles Uebrige zu Grunde geht. Dafür liefern die Missbildungen den besten Beweis. Ich vermag die Frage nicht zu erörtern, ob die Ursachen der Veränderungen im Embryo selbst gelegen sind, oder ob sie auf dem geheimnissvollen Wege der Vererbung in der embryonalen Periode zur Geltung kommen. Die Nerven haben zu einer gewissen Zeit der Embryonal- entwicklung einen fixen Punkt: das sind die Ganglienzellen, aus denen sie als Fortsätze hervor und nach der Peripherie weiter wachsen. Eine Umlagerung der Nerven ist also während der Embryonalperiode leicht möglich. Die Umlagerung könnte auf verschiedene Weise zu Stande kommen und zwar durch Wande- rung der Ganglienzellen selbst, durch Umlagerung der Fasern im Rückenmark oder in den Nervenstämmen. Leider ist vorläufig ein Nachweis von Umlagerungen erst in den peripheren Nerven- stämmen mit Sicherheit zu führen, wie die verschiedenen Formen grade des Beckenplexus bei den Batrachiern darthun. Wande- 468 M. Nussbaum: rungen von Ganglienzellen selbst sind aber an den Wirbelthier- embryonen wohl zu verfolgen. — Auf der Naturforscherversamm- lung zu Halle theilte ich gelegentlich des Eisler’schen Vor- trages!) die Beobachtung mit, dass bei Arthropoden periphere Nervenfasern, entstanden aus Ganglienzellen eines Bauchganglion, durch die Längscommissur und das nächste Bauchganglion hindurch mit dem peripheren Nerven dieses zweiten Ganglion zusammen austreten. Es würde somit auch der Annahme einer Wanderung von Fasern im Rückenmark kein prineipielles Bedenken entgegen- stehen. Wie gesagt, sind die Methoden des Nachweises für die peripheren Abschnitte des Nervensystems einfacher und sicherer. Man kann die Wanderung eines ganzen Extremitätengürtels bei manchen Fischen, z. B. dem Lophius piscatorius durch die An- ordnung der peripheren Nerven deutlich nachweisen und durch eine Serie passender Entwicklungsstadien den Wanderungsprocess in seinen einzelnen Stadien illustriren. Das würde vorläufig für eine Umlagerung der Nerven im Rückenmark selbst unmög- lich sein. Auf welche Weise demgemäss die Ablenkung der Nerven für den Kniestrecker des Batrachiertypus aus der Bahn des N. ischiadieus in die des N. eruralis beim höheren Wirbelthiertypus erfolge, ob durch Umlagerung im Rückenmark oder in dem Beckenplexus der Nerven, wird durch eigens darauf gerichtete Untersuchungen erst festzustellen sein. Jedenfalls rechnet diese Art, die zwischen den beiden Typen vorhandene Lücke auszufüllen, mit Vorgängen, die sich wirklich abspielen können. Denn auch die Muskeln haben im Embryo keinen festen Punkt. Von dem Ort ihres ersten Auftretens er- leiden sie Verlagerungen der verschiedensten Art, und wenn die Anlagen sich mit den zugehörigen Nerven verbunden haben, wachsen sie auf die in der beschreibenden Anatomie Ursprung und Ansatz genannten Punkte, Leisten oder Ebenen aus, um sich dort zu befestigen. Dabei müssen schon bald nach der Abspaltung der Muskel- anlagen Verschiebungen bei den höheren Wirbelthierklassen vor- kommen. Bei den Selachiern lassen sich die Extremitätenmuskeln 1) Ueber den Plexus lumbosacralis. Anatomische Section. Halle a.d.S. 1891. Nerv und Muskel. 469 auf bestimmte Muskelknospen anstandslos zurückführen. Bei den Knochenfisehen ist dies nicht mehr für alle Muskeln möglich !). Das scheint mir darauf hinzudeuten, dass die Zellen der Anlage nieht mehr geschlossen ihre Wanderung antreten; um schon von Anfang an leichter neue und von denen der Vorfahren verschie- dene Ansatzstellen erreichen zu können. Es würde somit nicht in allen Fällen die extramuskuläre Nervenstrecke den Weg erkennen lassen, den ein Muskel vom Orte seines ersten Auftretens aus gemacht hat; wenn dies auch des Oefteren zutrifft. Die intramuskuläre Strecke der Nerven und ihre Verzweigung geben aber Aufschluss darüber, wie der Muskel von der Stelle an, wo der Nerv sich mit ihm vereinigte, zu seiner definitiven Form ausgewachsen ist. Aus der Länge der extramuskulären Strecke des N. phreni- cus der Säugethiere ergibt sich, dass ihr Zwerchfellmuskel in die Rumpthöhle eingewandert sei; aus dem intramuskulären Verlauf seiner Nerven, dass das Wachsthum des Muskels von der Nerven- eintrittsstelle gegen die Rippen und caudalwärts gegen die Wirbel- säule sich gewandt habe. Die extramuskuläre Nervenstrecke weist hier auf den Mutterboden der Anlage hin, wie bei den Extremitätenmuskeln der Selachier; die intramuskuläre Strecke aber auf das Wachsthum der Anlage, das dem fertigen Muskel eine bestimmte Function zuweist. Ich hatte Gelegenheit, an einer menschlichen Leiche eine Zwerehfellhernie zu untersuchen. Ihr Entstehen war dadurch ermöglicht worden, dass das Zwerchfell links den Rippenbogen nicht erreicht hatte. Die Muskelanlage war also in diesem Falle an die „normale Stelle“ verschleppt worden, hatte aber durch ein unaufgeklärtes Hinderniss die „normale Wachsthumsrichtung“ nicht einschlagen können. Das hier beobachtete Fehlen des Rippentheiles am Zwerch- fell spricht, wie ich glaube, ebensowohl als die vom Centrum nach der Peripherie ausstrahlende Nervenverzweigung dieses Muskelabschnittes zu Gunsten derjenigen Embryologen, welche den Rippentheil peripher auswachsen lassen. Man vergleiche hierzu Paterson: On congenital diaphragmatie hernia (Studies of anatomy from the anatomical departement of the Owen’s 1) R. G. Harrison, Dies Arch. Bd. 46. pag. 566 sg. 470 M. Nussbaum: College. Manchester 1591, Vol I, pag. 227). In meiner ersten Mittheilung (D. Arch. Bd. 47 pag. 442) wies ich aus der Art der intramuskulären Nervenverzweigung im Zwerchfell der Krokodile nach, dass dieser Muskel vom Becken aus oralwärts ausgewachsen sei. Bei der Gegenüberstellung dieser beiden Typen ergiebt sich also, dass gleichartig funetionirende Muskeln verschiedenen Ursprungs sein können. Das Verhältniss dieser Muskelgruppe ist aber ein durchaus von dem verschiedenes, wie es die Oberschenkelmuskulatur der Batrachier und Säugethiere darbietet. Beim Zwerchfell der Krokodile und der Säugethiere hat nicht etwa ein Muskel den andern verdrängt, sondern jeder Typus hat seinen besonderen und anders gelagerten Muskel. Bei der Oberschenkelmuskulatur der Batrachier und der der Säuge- thiere handelt es sich dagegen um gleichartig gelagerte Muskeln mit verschiedener Innervation. Innerhalb des Kreises der Anuren finden nachweisbare Wanderungen der Muskeln am Oberschenkel statt. Die Nerven der gewanderten Muskeln machen Drehungen und rückläufige Bewegungen. Dorsal gelegene Nerven treten in ventral gelegene Muskeln ein. Bei den Säugethieren ziehen ven- trale Nerven nur zu ventralen Muskeln, dorsale nur zu dorsalen. Unsere Annahme geht nun dahin, dass die in einem späteren Stadium bei Batrachiern sich vollziehenden Verlagerungen bei den Säugethieren sich schon in allererster Zeit der Entwiekelung abspielen, sodass die Muskeln und Nerven weit einfacher in ihre definitive Lage gerathen können. Dadurch würde eine Continuität in der Entwicklung her- gestellt sein, die nach den Ergebnissen der vergleichenden Ana- tomie noch aussteht. Somit würde sich die Möglichkeit ergeben, an dieser und auch an anderen Stellen durch die Entwieklungs- geschichte an fertigen Formen scheinbar fehlende Uebergänge nachzuweisen und die Variabilität der embryonalen Periode nicht auf die Einrichtungen zu beschränken, die ausschliesslich dieser Zeit des Lebens zweckdienlich sind, wie etwa Ei- hüllen u. s. £. Hier mögen schliesslich noch einige Worte über die Be- deutung der intramuskulären Nervenstrecke ihren Platz finden, nachdem namentlich Gegenbaur, Fürbringer und Ruge den Nerv und Muskel. 471 hohen Werth der extramuskulären Nervenstrecke für die ver- gleichend anatomische Forschung dargethan haben. Es zeigt sich nämlich, dass die extramuskuläre Strecke innerhalb einer Thiergruppe mit grosser Zähigkeit ihrer Gestalt behält, und dadurch der Ort des Nerveneintritts in die Muskeln bis zu einem gewissen Grade constant bleibt, während die intra- muskuläre Strecke von Species zu Species varirt. Dafür liefern die verschieden langen Muskeln am Ober- schenkel der Batrachier hinreichende Beweisstücke. Bei den Batrachiern tritt in den M.sartorius der Nerv immer distal, in den M. adduetor longus immer proximal ein. Verlängert sich der M. sartorius proximalwärts, so wird die proximale intramuskuläre Nervenstrecke länger; wächst der M. adductor longus weiter gegen das Knie hin, so verlängert sich die intramuskuläre Nervenstrecke distalwärts, während der Ort des Nerveneintritts, also die Länge der extramuskulären Nervenstrecke unverändert bleibt. Die extra- muskuläre Strecke bleibt auch am accessorischen Kopf des M. triceps femoris bei Pelobates fuseus dieselbe wie bei dem homo- logen Theile des M. vastus medius der übrigen Batrachier; trotz- dem der Muskel sich beekenwärts verlängert, bleibt doch die distal gelegene Nerveneintrittstelle erhalten. Der M. ileopsoas der Batrachier wächst distal aus, der M. glutaeus proximal; ihre Nerveneintrittsstellen liegen in ungefähr gleicher Höhe; aber die intramuskuläre Nervenverzweigung zeigt die bei beiden Muskeln einander entgegengesetzte Wachsthumsrichtung an. K. Mays hebt die grosse Verschiedenheit der Nervenver- breitung in denselben Muskeln, gleichzeitig aber auch das streng Typische für jeden Muskel hervor. Der Typus sei so stark aus- gebildet, dass trotz der Variationen im einzelnen Falle man an der Ausbreitung der Nerven den Muskel bestimmen könne. Der Verlauf der Nervenfasern in den intramuskulären Plexus spricht nach Mays gegen die Hypothese Du Bois-Reymond's, dass die Ersparung von Nervenlänge bei der Anordnung eine Rolle spiele. Man braucht aber nicht einmal die complieirte intramuskuläre Verlaufsweise der Nerven zu studiren. Die Strecken sind alle beim Vergleich mit der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Nervenprineips zu klein, als dass sie ein durchgreifendes Gesetz für die Nervenvertheilung begründen könnten. Der Ner- 472 M. Nussbaum: vus phrenieus, der Nervus laryngeus inferior machen, durch ent- wiecklungsgeschichtliche Ursachen bedingt, recht weite Wege, um zu ihren Muskeln zu gelangen, und die Strecke, die ein Ner- vus ischiadicus bis zu den Fussmuskeln zurücklegt, ist grösser als alle Umwege, die ein Nerv im intramusculären Plexus machen kann. Freilich würde auf den ersten Anschein die extramusku- läre Strecke nicht in Frage kommen; aber wenn wir bei Frosch- muskeln sehen, dass auch die extramuskuläre Strecke in Folge von Entwicklungsvorgängen Umwege machen, die bei anderer Entwicklung leicht hätten vermieden werden können, wenn es überhaupt auf Ersparung kleiner Umwege ankäme, so fällt doch die Wegverschwendung in der intramuskulären und der extra- muskulären Strecke unter denselben Gesichtspunkt. So würde man, um nur zwei Beispiele herauszugreifen, für den M. ileopsoas der Batrachier je nach seiner Länge die Eintrittstelle des Nerven verschoben zu finden erwarten und beim M. glutaeus, wenn nicht in der Mitte des Muskels, so dann sicher eher am oralen Muskelende, als am caudalen. Da aber bei beiden Muskeln das Auswachsen, die Verlängerung und Ver- mehrung der Fasern von einem bestimmten Punkte ausgeht, so bleibt unbekümmert um die Form des Muskels die Nervenein- trittstelle constant. Eine gewisse Rolle bei der Wahl der Ner- veneintrittstelle wird auch die Verschiebung der Theile durch die Contractionen der Muskeln spielen; aber sie kann nicht sehr gross sein, da die extramuskulären Strecken lang genug sind, um Dehnung und Zusammenziehung der betreffenden und der be- nachbarten Muskeln ohne Zerrung der Nerven zu ermöglichen. Die Nerveneintrittsstellen der Muskeln bleiben demgemäss ohne Rücksicht auf die Form der Muskeln lange Zeit constant, bis schliesslich auch sie selbst durch völlige Umlagerung des Nerven- und Muskelsystems beim Uebergang von einer Thierklasse zur andern die lang vererbte Lage gelegentlich aufgeben. Nach den Erfahrungen der Aerzte und der pathologischen Anatomen, nach den Ergebnissen physiologischer Versuche') kann es keinem Zweifel unterliegen, dass das Chiasma nervorum opti- 1) Literatur bei Hellendahl und Hansmann. Arch. f. Ana- tomie und Physiologie. Physiol. Abth. 1897 pag. 511. Nerv und Muskel. 473 corum beim Menschen neben gekreuzten auch ungekreuzte Fasern enthält. Wo ist da anders als im Embryo ein Uebergang von der mit absoluter Sicherheit auch anatomisch nachweisbaren to- talen Sehnervenkreuzung der niederen Wirbelthiere!) möglich? Anhang. Nr: Beckeninsertionen einiger Oberschenkelmuskeln. 1. Bei Rana esceulenta hungarieca mit Angabe der Unterschiede gegen Rana fusca. Muskeln Beekeninsertion M. semimembranosus. | Von dem Verbindungsknorpel des Os ilei mit dem Os ischii und ungefähr der anstossen- den Hälfte des Os ischii. M. gracilis. Von da mit schmaler Sehne bis an die Grenze des ventralen Drittels des Os ischii. (Bei Rana fusca ungefähr ebenso; nur ist der M. semimembranosus relativ breiter und die Beckenendsehne des M. gracilis länger.) M. semitendinosus Sehnig an der Grenze zwischen M. semimem- (dorsaler Kopf). branosus und gracilis am Os ischii. (Bei Rana fusca liegt die Beckenendsehne unter dem M. semimembranosus.) M. gemellus. Vom Beginn des knöchernen Os ischii bis zur Grenze zwischen M. semimembranosus und gracilis. M. adductor magnus | Von der Grenze des M. gemellus am Os ischii (dorsaler Kopf). bis zur Grenze des Os pubis. M. semitendinosus An der Grenze des Os ischii und Os pubis. (ventraler Kopf). M. adductor magnus | Vom dorsalen Rand bis etwa zur Mitte des Os (ventraler Kopf). pubis; der M. adductor brevis etwas weiter vorragend als der M. adductor magnus. 1) Beim Häring geht der Sehnerv der einen Seite durch einen Schlitz des anderen hindurch. \ M. Nussbaum: Muskeln Beckeninsertion M. peetineus. M. sartorius. M. adduetor longus. Von der Mitte des Os pubis bis zur Spina pel- vis ventralis, theilweise bedeckt vomM. sar- torius und M. adductor longus. Vom ventralen Drittel des Os pubis, den M. ad- ductor longus theilweise deckend. (Bei Rana fusca vom ventralen Drittel des Os pubis bis zur Spina pelvis ventralis, den M. adductor longus völlig und medialwärts über ihn hin- aus den M. pectineus noch theilweise ver- deckend. Von der Spina pelvis ventralis, den M. pecti- neus theilweise deckend. (Bei Rana fusca nur wenig lateral unter dem M. sartorius beginnend bis zur Spina pelvis ventralis und unter dem M. sartorius den lateralen Theil des M. pectineus deckend.) . Bei Bufo vulgaris. Muskeln M. semimembranosus. M. gracilis. M. semitendinosus (dorsaler Kopf). M. gemellus. M. adduetor magnus (dorsaler Kopf) (ventraler Kopf). M. adduetor brevis. M. pectineus. M. sartorius und M. adductor longus. Beckeninsertion Vom dorsalen Drittel des Os ischii. Vom mittleren Drittel des Os ischii. Ohne Endsehne, genau unter dem Becken- ursprung des M. gracilis mit seinen Muskel- fasern beginnend. Von der Mitte der Insertion des M. semimem- branosus bis zur Mitte der Insertion des M. semitendinosus, cap. dorsale. Anschliessend bis zur Grenze des Os ischii gegen das Os pubis. Schmal, nur wenig von der Grenze des Os isch aut das Os pubis übergreifend. Der bei Rana fast ganz unter dem vorigen gelegene Muskel liegt breit frei und erstreckt sich über die dorsale Hälfte des Os pubis. Auf der ventralen Hälfte des Os pubis bis zur Spina pelvis ventralis. Neben einander und den M. pectineus deckend. Nerv und Muskel. 475 Die Bestimmung der Insertionspunkte am Becken wurde so gemacht, dass an dem einen in der Mitte amputirten Ober- schenkel die Muskeln bis zum Ansatz hin frei präparirt wurden. Das andere Bein schälte ich alsdann aus der Hüftgelenkpfanne und entfernte alle Ansätze der Muskeln von dem Beekenknochen dieser Seite. Da bei den Batrachia anura keine Beckenhöhle wie bei höheren Wirbelthieren besteht, Os ilei, pubis und isehü der einen Seite vielmehr mit den entsprechenden Knochen der anderen Seite zu einer platten Symphyse aufeinandergelöthet sind, so lässt sich nach dieser Vorbereitung die Topographie der Muskelansätze leicht übersehen. Die Tabellen werden kaum einer weiteren Erläuterung bedürfen, da die Verschiedenheiten der einzelnen Thiere bei jedem der aufgeführten Muskeln so- gleich auffallen. Nr. II (Fig. 34 u. 44). Von dem prineipiellen Unterschied der Sehnenverbindungen der Oberschenkelmuskeln mit den Knochen bei Amphibien und Säugethieren wird man durch die hier eingeschaltete Be- schreibung der Kniegegend von Rana esculenta hungariea sich eine Vorstellung bilden können. Zugleich wird aber auch auf wichtige Unterschiede aufmerksam gemacht werden können, die bei den einzelnen Gruppen der Anuren selbst sich finden. Die Kniegegend von Rana esculenta hungarica. Spaltet man die Haut an der ventralen Seite des Knies, so liegt im Saceus femoralis die Sehne des Trieeps femoris vor, lateral dazu der Endwulst des Vastus medialis; zwischen diesem und dem Endstück des Biceps ist die Auskleidungsmembran des Saecus femoralis über einen intermuskulären Lymphraum hin- weggespannt, der in der Höhe des Gelenkendes der Tibia con- stant von einer grösseren Oeffnung durchbohrt ist. Sobald die Membran des Lymphsackes auf die ventrale Seite des Biceps übergetreten ist, geht sie zur Haut und grenzt den zumeist ven- tral gelegenen Saceus femoralis von dem auf der dorsalen Seite des Oberschenkels gelegenen Sacceus suprafemoralis ab. Auf der ventralen Seite reicht der Lymphsack bis unter das Knie herab, ehe seine innere Wand mit der äusseren zur Begrenzung des Saceus femoralis verschmiltzt. Auf der dorsalen Seite hebt sich 476 M. Nussbaum: die innere Wand des Saecus suprafemoralis früher von dem M. biceps, dem M. semimembranosus und dem Lymphspalt zwischen diesen beiden Muskeln ab, als die Höhe des Kniege- lenks erreicht ist, um dann als straff, aber frei über den Muskel- spalt gespannte Membran zur Haut zu ziehen und so den dor- salen Lymphsack des Oberschenkels distal abzugrenzen. In der Kniegegend folgen sich von dem lateralen zum medialen Rand des Oberschenkels im Bereich des Saeccus suprafemoralis; die Sehne des langen Bicepskopfes, der M. semimembranosus und ein schmaler Streifen des M. gracilis, ein breiterer des M. euta- neus femoris, cap. inferius!). In der halben Breite. des M. eutaneus femoris erhebt sich eine Scheidewand zwischen Saceus femoralis und Saceus supra- femoralis und erst in der Höhe des medialen Endes der Inseriptio tendinea des M. semimembranosus schiebt sich zwischen beide, dorsal stark ausladend, der Saceus interfemoralis ein?). Wo die Sehne des M. graeilis die Tibia erreicht, ist auf der medialen Seite ebenso wie auf der lateralen Seite an der oben angegebenen Stelle die innere Wand des Saccus femoralis durehbohrt und bei Bewegungen im Kniegelenk tritt Flüssigkeit aus dem ansehnlichen Loch hervor. Bei Krötenarten ist am Knie der Saccus femoralis mit dem Unterschenkel-Lymphraum durch ein grobes Maschenwerk in offener Comunication. Entfernt man die innere Wand der Oberschenkellymphsäcke, so erscheinen die oberflächlich gelegenen Sehnenenden der Muskeln, unter denen wieder andere Sehnen und die Bänder des Kniegelenks sich finden. Dabei werden die tieferen Lagen und selbst die Beugeseite der Kniegelenkkapsel durch feine, sehnige Streifen mit den höheren Lagen und selbst mit der Haut verbunden. 1) Bei Rana fusca ist der dorsale Rand des M. ceutaneus femoris inferior soweit an dem M. semimembranosus hinaufgezogen, dass er den unterliegenden M. gracilis ganz verdeckt. Der M. gracilis kann demgemäss bei dieser Species vom Rücken aus nicht gesehen werden; man sieht ihn in ansehnlicher Breite bei Bufo vulgaris. 2) Bei Rana fusca, Rana oxyrrhinus und Rana mugiens geht die mediale Scheidewand der beiden Hauptlymphsäcke des Oberschenkels nicht bis zum Knie; man kann vielmehr distal vom Saccus interfemo- ralis aus dem einen Lymphraum in den anderen gelangen. Bei Bufo calamita sind Saccus femoralis und Saccus suprafemoralis bis zum Knie getrennt, bei Bufo vulgaris und Bufo agua nicht. Nerv und?Muskel. 477 Die auf der Bauchseite des Knies gelegene Tricepssehne seht am lateralen Rande bogenförmig ausgeschweift über die Sehne des langen Bicepskopfes hin und ist dann, als dünner Streifen abwärts ziehend, zugleich Ursprungssehne des lateralen Theiles des M. plantaris. Sie zieht von da über die ventrale Seite des Kniegelenks mit distal gerichteter Concavität im Bogen hinweg zur vorderen Kante der Tibia, um sich dort nach abwärts zugespitzt zu inse- riren. Medial von dieser Stelle ist sie wieder auf den Ober- schenkel zu in die Muskelfasern des Trieeps zu verfolgen; unter Aussparung eines längsovalen Loches hängt sie mit der ver- einigten Endsehne des M. semitendinosus und des M. sartorius zusammen, so dass ein Theil jener Sehne unter der Haube der Sehne des Triceps in der Gegend des ovalen Loches herzieht. Wo Sartorius- und Tricepssehne durch kräftige Sehnenzüge ver- einigt zusammenhängen, dringt aus der Tiefe von der Endsehne des M. adduetor .magnus senkrecht ein fester Sehnenstreif in die Höhe, um sich mit der oberflächlichen Haube des Kniees, der Trieepssehne, zu vereinigen. Trennt man durch einen senkrechten Schnitt die Sehne des M. sartorius von der des M. triceps, so hängt unter ihr ein Theil der Sehne des M. gracilis mit der Tricepssehne zusammen; ein anderer, weiter einwärts gelegener Theil dieser Sehne des M. gracilis geht unter der Tricepssehne her, um sich, über das medale Seitenband des Kniegelenks hinwegziehend, unterhalb der medialen sehnigen Ausstrahlung des M. semimembranosus schräg medial abfallend, dicht unter dem proximalen Gelenkende an den medialen Rand der Tibia anzusetzen. Die weitere Be- schreibung der Sehne des M. gracilis folgt erst später bei Be- schreibung der Beugeseite des Kniegelenks. Von besonderer Wichtigkeit für unsere Zwecke ist es zu betonen, dass die Sehne des M. sartorius vor der des M. gracilis gelegen ist. Geht man nun über die Sehne des M. gracilis distal hinaus, nachdem wie vorhin angegeben die Sartoriussehne der Länge nach gespalten wurde, so hängt die Sartoriussehne mit einem die vereinigten Sehnen des M. gracilis und M. cutaneus femoris inferior umkreisenden sehnigen Bogen zusammen, der ventral sich theilt und dann verschieden zur Tricepssehne sich lagert. Dicht unterhalb der Sehne des M. gracilis verbirgt 478 M. Nussbaum: sich das Sehnenende der vereinigten M. semitendinosus und sar- torius unter der Tricepssehne, um unter ihr und distal von der tiefen ventralen Insertion des M. gracilis unter der Gelenk- fläche der Tibia zu enden. Indem nun weiter distal sich Triceps- sehne und Sehne des M. semitendinosus am medialen Rande der Tibia berühren und festheften, und auch die Sehne des M. sartorius nach vorn concav ausgeschnitten, distal der Sehne des M. semi- tendinosus, proximal der Sehne des M. triceps sich anschmiegt, so entsteht jene vorher schon beschriebene ovale Lücke am medialen Knierande, in deren Tiefe der ventralwärts ziehende Sehnenzipfel des M. semitendinosus liegt. Die beschriebenen Verhältnisse liessen sich ohne Entfernung der Sehne des M. triceps erkennen. Durchschneidet man nun den Muskel am Oberschenkel quer und klappt ihn bis zur Inser- tion der Sehne an der Tibea um, so zeigen sich die Ansatz- stellen der ventralen Sehnenschenkel vom M. semimembranosus, des tiefen Sehnenzipfels des M. gracilis sowie des M. semitendinosus noch deutlicher als zuvor; es erscheint aber auch das mediale Seitenband des Gelenkes in seiner ganzen Ausdehnung. Wo die ventrale Endsehne des M. gracilis am proximalen Ende des Unterschenkels medial zu Ende geht, beginnt das Lig. mediale; es läuft durch eine Gabel des ventralen und dorsalen Sehnenendes des M. graeilis hindurch über den Kniegelenkspalt zur medialen Seite des distalen Oberschenkelendes; inserirt hier in dem Ausschnitt zwischen den distalen muskulösen Enden des ventralen und dorsalen Kopfes vom M. adductor magnus und nimmt an seinem medialen Rande die Sehne auf, deren man beim Umklappen des distalen Endes des M. adductor longus nach dem medialen Rande des Oberschenkels ansichtig wird. An diese Sehne heften sich die Fasern des M. adduetur longus und einige des ventralen Kopfes des M. adductor magnus. Ueber die ventrale Seite des Kniegelenks ziehen zwei Sehnen von Unterschenkelmuskeln. Medial, unter der Oberschenkelinsertion des Ligamentum mediale von dessen lateralem Rande her sich darunter verbergend, die Sehne des M. extensor eruris brevis (Ecker); dann weiter lateral die Sehne des M. tibialis antieus (Eeker), die höher am Oberschenkel, als die des vorigen Muskels, dem lateralen Rande des Lig. mediale angeschlossen sich festheftet. Eine dritte Unterschenkelmuskelsehne, die des M. peroneus (Ecker), Nerv und Muskel. 479 umgibt zuerst scheidenartig die vorige Schne und breitet sich dann platt aus; sie endet am vorderen Rande des proximalen Gelenkendes der Tibia, ist durch dichte weiche Bindegewebs- massen von der zum Oberschenkel ziehenden Sehne des M. tibialis antieus getrennt und bildet die Wand des Kniegelenks an der ventralen Partie des distalen Endes des Oberschenkel- beines bis zu dessen dorsalen Rande. Sie verbindet medial sich mit der Sehne des Extensor eruris brevis und dringt lateral mit Aussparung einer Lücke bis in die Gegend des Ligamentum laterale vor. Unter dem Ligamentum laterale setzt sich das Endstück dieser Muskelsehne an den Oberschenkel und Unter- schenkel und verschmilzt auf der Beugeseite des Gelenks mit der Bandmasse, die dem Haupttheil des M. plantaris zum Ur- sprung dient. Das Ligamentum mediale genu liegt im Kniegelenk; in der ventralen Wand des Gelenkes liegen die Sehnen des M. tibialis anticus und M. extensor eruris. Die laterale Wand des Gelenks bildet die Endsehne des M. peroneus. Ausserhalb des Gelenkes liegt das Ligamentum laterale genu. Der vordere tiefe Sehnen- zipfel des M. graeilis ist an seiner Innenfläche mit der medialen Ausstülpung der Kniegelenkkapsel verwachsen. Löst man auf der dorsalen Seite die Membran der Lymph- säcke von der Haut ab, so eröffnet man zwischen M. biceps und semimembranosus einen intermuskulären Lymphraum!). Von der Sehne des langen Bicepskopfes zieht in distal offenem Bogen ein Bandstreif zum M. semimembranosus, der die Gefässe und den N. tibialis posticus niederdrückt. Sobald diese Theile in der Kniekehle unter dem genannten Bande hergetreten sind, buchtet sich medial und lateral von ihnen der Raum in zwei längs- gestellte Taschen aus, die aber ventral und dorsal von dem durch Bindegewebe zusammengehaltenen Gefäss- und Nervenbündel mit einander communieiren. Lateral wird dieser Raum durch die von der Sehne des langen Bicepskopfes zur Haut tretende Flügel- lamelle, medial durch eine gleiche von der Sehne des M. semiten- dinosus und dem Muskelbauch des M. gracilis zur Haut tretende 1) Dieser Lymphraum zieht bis gegen den M. pyriformis zwi- schen M. biceps und semimembranosus gegen das Becken hin, ist in der Mitte schmal, an beiden Enden breit dreieckig. Arch, f, mikrosk. Anat. Bd, 52 39 480 M. Nussbaum: Membran abgeschlossen. Medial neben dem Gefässbündel ragt in den Raum hinein die Sehne des M. semimembranosus und die dorthin abgehenden Sehnenstreifen des M. gracilis. Entfernt man das Gefäss und Nervenbündel aus der Knie- kehle, so erscheinen Theile der Sehnen des langen Bicepskopfes, der dem M. plantaris zur Anheftung dienende Sehnenbogen, Theile der Sehnen des M. semimembranosus, gracilis und semi- tendinosus deutlicher. Man entferne weiter den die M. bieeps und semimembranosus verbindenden Bandstreif, die Gefässe und Nerven, auch den unter dem M. biceps lateralwärts dureh- tretenden Nerv peroneus; dann erscheint in der Tiefe das den Sehnenbogen des M. plantaris oralwärts begrenzende distale Ende des M. adduetor magnus. Werden nunmehr in der Mitte des Oberschenkels die dorsalen oberflächlichen Muskeln quer durchsehnitten, der M. biceps (caput longum) mit dem M. trieeps lateral, der M. semimembranosus, semitendinosus, graeilis, eutaneus femoris inferior, sartorius medialwärts umgebogen, so kann man zum ersten Male die Insertionen der Trieepssehne an der lateralen Seite des Kniegelenks völlig übersehen. Was von Aussen her vor der Durehschneidung der Muskeln sichtbar war, ist oben bereits beschrieben worden. Klappt man das distale Ende des M. trieeps so um, dass seine Innenfläche nach aussen gewandt wird, so kann man die Sehne von der Insertionsstelle am late- ralen Rande der Tibia frei weg gespannt über die tiefer an der lateralen Fläche des Kniegelenks gelegenen Bandmassen und den N. peroneus bis an die laterale Fläche des distalen Oberschenkel- endes hin verfolgen, wo sie sich, schräg nach hinten ab- fallend, festsetzt und von da im Bogen über den N. peroneus hinweg als Ursprungssehne der vorderen medialen Portion des M. plantaris weiterzieht. Trennt man den den N. peroneus deekenden Sehnenbogen mitten durch, so erscheint die Sehne des langen Bicepskopfes in Gestalt eines Spornes, dessen einer Arm an die laterale Oberschenkelfläche, dessen anderer Arm an die gleichnamige Fläche der Tibia, dieht unter der Gelenkfläche heranzieht, und dessen Dorn in den Muskelbauch zu verfolgen ist. Unter der längs gestellten flachen Gabelung der Biceps- sehne liegt das Ligamentum laterale genu: am Oberschenkel etwas mehr ventral und distal als diese inserirt, am Unterschenkel ganz lateral und von der Biceepssehne völlig bedeckt. Nerv und Muskel. 481 Mit der völlig von ihren Anheftungspunkten abgelösten Sehne des Triceps war auch der laterale vordere Theil des M.plantaris zurückgelegt und so der Ursprung der übrigen Theile dieses Muskels frei gmacht worden. Auf der lateralen Seite des Kniees gabelt sich die Sehne, wie es schon vom Bicepskopfe be- schrieben wurde. Der distale Bogenschenkel geht unter dem Lig. laterale genu an den ventralen Rand der Tibia bis dicht an den Falz für die proximale Sehne des M. peroneus. Der proxi- male Schenkel verläuft an der lateralen Fläche des Oberschenkels, bis er zwischen der lateralen Anheftung des M. trieeps und des M. tibialis antieus sein Ende erreicht. Auch von der dorsalen Seite betrachtet stellt sich das sehnige proximale Ende des M. plantaris als ein Bogen dar, proximal an das Ende des M. ad- ducetor magnus am Oberschenkel angrenzend, distal an der Tibia befestigt. Diese Befestigung übersieht man aber erst völlig, wenn man den Muskelbauch des M. plantaris von der Sehne abtrennt. Die Sehne ist über dem dorsalen Kniegelenkspalt ver- schmälert, verbreitert sich aber nach abwärts, hegt dem Knie- gelenk medial nur locker auf, ist lateral mit der Kapsel ver- wachsen, geht in der Höhe des fibularen Gelenkknorren in den distalen Sehnenschenkel des M. biceps über und endet schliess- lieh medial am tibialen Gelenkknorren. Was die laterale Insertion des M. triceps am Oberschenkel anlangt, so kann man, wenn die Präparation soweit als beschrieben vorgerückt ist, deutlich erkennen, dass dieselbe mit der Sehne des M. plantaris zusammenhängt, wie am medialen Gelenkende des Oberschenkel die Tricepssehne in die Sehne des M. adduetor magnus überging. Beide am Oberschenkel festgeheftete Leisten der Trieepssehne liegen dorsal von den Insertionen der seitlichen Kniegelenkbänder. Es bleibt die Betrachtung der Insertionsverhältnisse der, wie vorhin bemerkt, durchschnittenen und umgeklappten, am me- dialen Rande des Kniegelenks inserirenden Muskeln übrig, soweit sie von innen her jetzt zugänglich gemacht sind. Zwischen M. semimembranosus und den vereinigten M. gra- eilis und cutaneus femoris inferior erscheint die Sehne des M. semitendinosus. Von der Innenfläche der Sehne des M. graeilis zieht ein Sehnenstreif zur Sehne des M. semimembranosus, ein anderer quer über die Fossea poplitea hin zum distalen Ende 482 M. Nussbaum: des fibularen Gelenkknorren. Unter dem so in der Fossa poplitea gebildeten sehnigen Bogen verschwinden in der Tiefe die Gefässe und Nerven der Unterschenkelgegend. Der distale Sehnenbogen des M. gracilis, die Sehne des M. semitendinosus hängen durch ein derbe bindegewebige Membran zusammen, die den dorsalen intermuskulären Lymphraum medial- wärts und gegen die Haut abschliessen. Durchtrennt man nun die Sehne des M. semitendinosus und die dorsalen Sehnenzipfel des M. gracilis, so liegt zwischen dem M. semimembranosus und dem distalen sehnigen Ende des M. gracilis das Ligamentum me- diale genu frei, das an der Fläche des tibialen Gelenkknorren sich inserirt und von da fächerförmig auf die ventrale Fläche der Tibia ausstrahlt. Man sieht zugleich, wie das Lig. mediale genu in der Gelenkkapsel liegt, während das Lig. laterale genu sich ansserhalb derselben befindet. Es bleiben noch die Insertions- verhältnisse der distalen Sehne des langen Bicepskopfes zu be- sprechen übrig. Um dies zu können, müssen auch noch die Seitenbänder des Kniegelenkes durchtrennt werden. Dann zeigt sich, dass die Kniegelenkkapsel nur an der medialen Seite und der ihr anstossenden dorsalen Partie ein dünnes Häutchen dar- stellt, dass sie dagegen an allen übrigen Stellen entweder durch derbe Bandmassen — dorsal und lateral — oder dureh weiches dichtes Bindegewebe — so auf der ventralen Fläche — verstärkt wird. In die dünne Kapsel dringt die Sehne des M. semimem- branosus ein, sehr bald nachdem sie sich aus dem Muskelbauch entwickelt hat. Sie gabelt sich gleich den Sehnen der übrigen Muskeln. Ein Sehnenschenkel zieht ventral vor dem gleich näher zu beschreibenden Lig. erueiatum und heftet sich nahe der überknorpelten Gelenkfläche des medialen Condylus der Tibia an; geht in einen Bandstreifen über, der etwas mehr ven- tral an demselben Gelenkknorren festhaftet, dann aber über das Gelenk frei hinweg gespannt ist und auf der medialen Seite nahe dem Oberschenkel mit der Sehne des M. extensor eruris brevis zusammenhängt, ventral flächenhaft mit der Endsehne des M. popliteus verlöthet ist und mit dieser am lateralen Gelenkknorren befestigt in die Sehne des M. plantaris übergeht. Der Streifen inserirt am lateralen Gelenkende des Oberschenkels. Eine dänne Kapselmembran trennt von ihm einen anderen, feinen, schmalen Bandstreifen, der an dem ventralen Rand des distalen Oberschenkel- Nerv und Muskel. 483 endes inserirt; seine Hauptmasse reicht weiter dorsal zurück und befestigt sich dort, dem dorsalen Rand genähert, umgriffen von den Endzipfeln des Ligamentum eruciatum dorsale, als das proxi- male Ende des Ligamentum eruciatum ventrale. Durehschneidet man der Quere nach das Ligamentum eru- ciatum ventrale, so liegt von der ventralen Seite her sichtbar das Ligamentum eruciatum dorsale vor. Dieses Band ist nicht wie das Lig. eruc. vt. frei über die Tibia zwischen den Gelenk- knorren ausgespannt, sondern leicht gedreht, vom medialen Con- dylus der Tibia dorsal ziehend, auf der Gelenkfläche der Tibia befestigt. Das proximale Ende des Bandes inserirt am dorsalen Rande der Gelenkfläche des Oberschenkels. Sind schliesslich alle Verbindungen zwischen Oberschenkel und Unterschenkel durchtrennt, so lässt sich auch der zweite Schenkel der Bicepssehne übersehen. Er inserirt, durch eine schmale Lücke von dem ventralen Schenkel getrennt, in der dor- salen Fossa intercondyloidea der Tibia; von da zieht dann, durch einen Spalt von der Gelenkfläche des lateralen Condylus der Tibia abgehoben, ein Band, das lateral mit der Sehne des M. plantaris und ventral mit dem Ursprung des Ligamentum erucia- tum ventrale und der Sehne des M. popliteus zusammenhängt, so dass sich demgemäss die beiden Sehnenschenkel des M. semi- membranosus zwar dorsal und medial am medialen Gelenkknorren der verwachsenen Unterschenkelknochen inseriren, mit ihren Aus- läufern aber in ein Bandpolster verfolgen lassen, das ringförmig das proximale Ende des Unterschenkels umgiebt und wiederum mit anderen Bändern, dem Ligamentum crueiatum ventrale und den Sehnen des M. plantaris und peroneus zusammenhängt. Die Haupthöhle des Kniegelenks liegt dorsal von dem eir- eulären Bandpolster; hier ist auch das proximale Ende des Unter- schenkelknochen überknorpelt. Durch den lateralen Spalt unter dem Ringpolster communieirt diese Höhle mit dem Zwischenraum zwischen beiden Lig. eruc. und durch eine Lücke zwischen den Sehnenschenkeln des M. semitendinosus mit einer medialen Aus- buchtung, die das Ligamentum mediale genu enthält. Die voraufgehende Beschreibung geht dem bestimmten Zweck gemäss mehr auf die Lagerung der Theile ein, als die der früheren Autoren. Es ergibt sich daraus für die Sehnen der Muskeln am Kniegelenk soviel mit Gewissheit, dass dieselben entweder 484 M. Nussbaum: dureh längsgestellte Bogenbildung an Oberschenkel und Unter- schenkel gleichzeitig inseriren, oder durch Bogenbildung nach den beiden anderen Axen des Raumes zugleich mit äusseren und inneren Punkten, Flächen oder Leisten zusammenhängen, oder schliesslich auf Ringbänder wie der M. semimembranosus ein- wirken können. Wie schon oben hervorgehoben interessirt uns hier vor Allem der Bogen der vereinigten Sehnen des M. sartorius und semitendinosus, durch den die vereinigten Sehnen des M. gracilis und eutaneus femoris inferior beim Genus Rana hindurchtreten. Bei allen anderen bisher von mir untersuchten anuren Batrachiern liegen die Verhältnisse so, dass die mehr oder weniger getrennten Bäuche des M. sartorius und semitendinosus am Knie über die Sehne des M. gracilis und eutaneus femoris inferior ungespalten hinziehen, die Sehne der letztgenannten Muskeln also nicht zwischen sich fassen. Dieser Unterschied ist in den vergleichenden Darstellungen der Anurenmuskeln bisher nicht besonders betont worden, wenn aus den Specialbeschreibungen und Abbildungen auch die Thatsachen erkannt werden können. NT-SIIR Dass der Plexus lumbosacralis der Anuren varlire, ist be- kannt. Ich verweise hierfür auf Gaupp, Anatomie des Frosches III pag. 192. Unter meinen anatomischen, nicht zu physiologischen Zwecken verwandten Präparaten finden sich auch solche, wo an der Anastomose zwischen achtem und neuntem Rückenmarksnerven schon makroskopisch zu erkennen ist, dass Fasern des achten Nerven in den N. ischiadieus und Fasern des neunten Nerven in den N. cruralis eintreten. Die Anastomosen zwischen den beiden Nerven vor dem Ab- gang des N. cruralis sind hier nämlich länger als gewöhnlich, und die ein- und austretenden Fasern sind an jedem Nerven als ge- sonderte Stränge zu erkennen. In diesem Falle würde offenbar auch die Reizung des neunten Rückenmarksnerven Contraction in den vom N. eruralis versorgten Muskeln hervorgebracht haben. Auch am Plexus ischiococeygeus habe ich gelegentlich Varietäten beobachtet. An einem meiner Präparate gehen vom Nerv und Muskel. 485 neunten Rückenmarksnerven Zweige ab, die für gewöhnlich erst vom zehnten abgegeben werden. Es lässt sich somit aus dem anatomischen Verhalten der peripheren Nerven die Art der Nervenversorgung eines Muskels — ob sie aus einem oder mehreren Rückenmarksnerven erfolge — nicht immer bestimmen. Nennen wir die Fälle, wo vom achten Rückenmarksnerven Fasern in den neunten eintreten A, diejenigen Fälle mit kreuz- weise übertretenden Fasern B, so würden die vom N. eruralis abgehenden Muskelnerven bei A nur Fasern aus einem, bei B dagegen aus zwei Rückenmarksnerven enthalten; während die vom N. isehiadieus versorgten Muskeln in beiden Fällen Fasern aus zwei Rückenmarksnerven beziehen. Angesichts solcher Verschiedenheiten drängt sich der Ge- danke auf, ob denn nicht doch in beiden Fällen die Muskeln gleichartig innervirt werden, und ob nicht die augenfällige Ab- weichung durch eine für die Innervation gleichgültige, verschiedene Verlaufsweise der peripheren Nervenfasern bedingt sei? Dabei bliebe freilich zu entscheiden übrig, ob die motori- schen Ganglienzellen für die vom N. eruralis versorgte Musku- latur beim Falle A im Rückenmark alle in den Bereich des Ur- sprungsgebietes des achten Nerven zusammendrängt und beim Falle B auf die Ursprungsgebiete des achien und neunten Rücken- marksnerven vertheilt seien. Es wäre aber auch möglich, dass in beiden Fällen die Ganglienzellen im Rückenmarke in identischen Querschnitten sich befänden und im Falle A die Fasern aus dem Ursprungsgebiet des neunten Rückenmarksnerven schon in der Substanz des Markes selbst denen des achten sich zugesellten, während die des achten erst in der peripheren Anastomose zum neunten überträten. Im Falle B findet dagegen der Uebertritt der Fasern des neunten zum achten zugleich mit denen des achten zum neunten Rücken- marksnerven erst an der Peripherie dieht vor dem Abgange des N. cruralis statt. Nr sIV; Bei der Abhängigkeit, in der Skelet und Muskulatur zu einander, stehen dürften einige Angaben über Verschiedenheiten im Beckengürtel bei Rana esculenta, Bufo variabilis und Bombi- 486 M. Nussbaum: nator igneus von Interesse sein. Es würde den Rahmen der vor- liegenden Untersuchung jedoch weit überschreiten, wenn hierbei eine erschöpfende Darstellung angestrebt worden wäre. Die Zahl der Wirbel ist bei allen drei Species zehn, das Steissbein eingerechnet. Die orale Spitze der Darmbeinschaufel liegt bei Rana esculenta an der ventralen Fläche des dorsal im spitzen Winkel gegen die Flucht der Wirbelsäule geneigten Quer- fortsatzes des neunten Wirbels; bei Bufo variabilis an der ventralen Fläche des horizontal von dem Wirbelkörper abstehenden, schaufelförmig verbreiterten Querfortsatzes des neunten Wirbels und ragt mit dieser bis zur Mitte des achten Wirbelkörpers kopfwärts vor; bei Bombinator igneus ebenfalls an der ventralen Fläche des schaufelförmig verbreiterten Querfortsatzes des neunten Wirbels und mit diesem bis zum caudalen Rande des siebenten Wirbels vorgeschoben. Bei Rana esculenta überragt das im Hüftgelenk gebeugte Oberschenkelbein das Os ilei um ein Bedeutendes und erreicht mit seinem Knieende den Querfortsatz des sechsten Wirbels. Bei Bufo und Bombinator ist das Os femoris kürzer und reicht bei der Beugung im Hüftgelenk nicht bis an die orale Spitze des Os ilei heran. Bei Rana eseulenta 'sind die Querfortsätze der Wirbel rein quer gestellt, der des neunten Wirbels ist nicht verbreitert. Bei Rana fusca sind die Querfortsätze des neunten Wirbels unter spitzem Winkel caudalwärts gegen die Wirbelkörpers gerichtet. Bei Bufo variabilis sind die Querfortsätze des zweiten Wirbels eranial, die des dritten horizontal, die vierten bis sechsten caudal, die des siebenten bis neunten eranial gerichtet. Die Querfort- sätze des zweiten, dritten und vierten Wirbels sind kräftig, die folgenden verschmächtigen sich allmällich, die des achten sind ganz zart; die Querfortsätze des neunten Wirbels sind dorso- ventral abgeplattet, schaufelförmig verbreitert und ragen bis zur Mitte des achten Wirbelkörpers kopfwärts vor. Bei Bombinator igneus sind die Querfortsätze des zweiten bis vierten Wirbels horizontal gestellt und ziemlich kräftig, Jie des fünften bis achten Wirbels nadelförmig und kopfwärts ge- richtet, die des neunten Wirbels dorsoventral abgeplattet, schaufel- förmig bis zum analen Rande des siebenten Wirbels vorragend. Nerv und Muskel. 487 Erklärung der Abbildungen auf den Tafeln XIX— XXIII. Allen Figuren gemeinsame Buchstabenbezeichnung der Muskeln und Knochen: a. br. = adductor brevis. a.l. = adductor longus. a.m. a. = adductor magnus, caput accessorium. a. m. d.—= adductor magnus, caput dorsale. a. m. v.— adductor magnus, caput ventrale. o.e.= obliquus abdom. externus. 0.i. — obliquus abdom. internus. Os. c..=0s eoceeygis. Os. Qsnler pP. = pectineus. pt. = pyriformis. pl.1.—= plantaris longus. r.a.= rectus abdominis. a. m. — adductor magnus. b. c. br. — biceps, caput breve. b. ec. 1.=biceps, caput longum. ee. = eutaneo-cocceygeus. e. d. — eutaneus dorsi. e. el. = eoceygeo-iliacus. . = cutaneus femoris inferior. . = eutaneus femoris superior. gl. = glutaeus. gm. = gemellus. gr. = gracilis. ip. = ileopsoas. r.f. a. = rectus femoris antieus. . = sartorius. S. = Symphyse. sm. = semimembranosus. sph. a.= sphincter ani. st. d. = semitendinosus, eaput dor- sale. st. s. = semitendinoso-sartorius. st. v. = semitendinosus, caput ven- trale. v. m. = vastus medius. v. 1. —= vastus lateralis. 0. = obturatorius. NB. In manchen Figuren ist zum Unterschied von gleichzeitig bezeichneten Nerven vor die für die Muskeln gewählten Buchstaben noch ein M. gesetzt worden. Fig. 1. Verzweigung des Beckennervenplexus bei Rana fusea. Das Präparat ist dadurch gewonnen, dass die Symphyse der Beckenknochen ganz bis auf Blase und Mastdarm hin von der ventralen Seite her halbirt und das rechte Bein stark la- teralwärts gedreht wurde, bis die im lebenden Thiere sagittal stehende Symphyse dem Beschauer ganz zugewandt war. Zu dem Zwecke musste die Ala ossis ilei in der Mitte ihrer Länge quer durchschnitten werden. Nach rechts zurückgeklappt sind M. graeilis, cutaneus fe- moris und semimembranosus; nach links der M. semitendinosus. Gleichfalls vom Becken abgelöst wie die vorigen Muskeln und nach links umgelegt sind die Köpfe des M. adductor magnus; der dorsale Kopf überdies noch kniewärts umgebogen. Vom Becken abgelöst sind weiter die M. gemellus und adduetor brevis. Die Buchstabenbezeichnung ist die bei den übrigen Figuren gebrauchte. Nur bezeichnet hier © den M. glutaeus, + den M. biceps, cap. longum und breve, £ die vomM. le- 488 Fig. 2. M. Nussbaum: vator ani ausgehende Muskelschlinge für die dorsalen Becken- nerven und Gefässe. N. c. d.—= Nervus cutaneus femoris dorsalis. Verzweigung der Beckennerven bei Pelobates fuscus. Nerven und Muskeln des linken Beines von der dorsalen Fläche. Das Becken ist halbirt, ein Stück des Reetum erhal- ten, das Os ilei oberhalb des Ursprunges des M. glutaeus durch- schnitten. Abgelöst vom Becken ist der M. semimembranosus, dessen Zweitheilung an dem medianwärts umgeklappten Muskel sichtbar ist. Der M. biceps, caput longum ist gedehnt und medianwärts von seiner Unterlage abgehoben. Der M. vastus lateralis nahe dem Knie durchschnitten; der proximale Theil des Muskels ist in die Höhe gehoben. Zwischen M. glutaeus und vastus lat., unter dem N. ischia- dieus ist in der Beckengegend ein Theil desM. ileopsoas sichtbar, der um das Os ilei herum und unter dem M. vastus lateralis weiter ziehend zur Seite des M. vastus medius wieder sichtbar wird. Dem M. vastus laleralis und dem distalen Ende des M. ileopsoas liegt das caput breve des M. biceps an; auf ihn folgt medial der M. adductor magnus. In der Beckengegend ist zwischen M. semimembranosus und M. adductor magnus ein kleiner Theil des M. semitendinoso-sartorius sichtbar. Der M. rectus femoris anticus liegt beckenwärts dem M. vastus medius auf; zwischen diesem und dem M. glutaeus 2 erscheint ein kleines Dreieck der dorsalen Fläche des M. ileopsoas. Von dem Beckengeflecht der Nerven gehen ventralwärts in der Abbildung vom M. glutaeus 1 bedeckt der N. ileo-hypo- gastricus und cruralisab; an den Mastdarm treten zwei Zweige. M. glutaeus 2 = glutaeus accessorius. Im weiteren Verlauf der Nerven auf der dorsalen Seite gehen vom Nervus ischiadicus der Reihe nach ab: der N. cu- taneus dorsalis, der Nerv zum M. obturatorius und gemellus, ein Ast für die Strecker des Knies mit einem ersten Zweige für den kurzen Kopf des Biceps, mit einem zweiten für den langen Kopf des Biceps und einem dreigespaltenen Zweige für den M. vastus lateralis, vastus medius und das caput accessorium des M. triceps. Auf diesen lateral gerichteten Ast folgt, zwischen langem und kurzem Kopf des M. biceps hindurchtretend, der Stamm des N. ischiadicus, der beckenwärts noch zwei Aeste nach der medialen Schenkelfläche hin abgibt: 1. den Ast für die Aduc- toren und 2. den Ast für den M. semitendinoso-sartorius und die Haut, für M. gracilis und cutaneus femoris und für den M. semimembranosus. Am unteren Rande des M. vastus medius und des «ap. accessorium vom M. triceps folgen sich, vom Becken aus ge- rechnet: der M. ileopsoas, das Caput breve bieipitis, der M. ad- ductor magnus und M. biceps cap. longum. Nerv und Muskel. 489 Fig. 3. Die Verzweigung des N. ischiadicus freigelegt durch Ablösung Fig. 4. des M. vastus lateralis von der Kniesehne, Durchtrennung des M. semimembranosus nicht weit vom Becken und nahe der Insertion am Knie. Die Innenfläche des M. semimembra- nosus wurde bei der Präparation nach aussen gedreht, so dass sie dem Beschauer zugewandt ist; der dorsale Rand des Muskels sieht nach links. Es fehlt das proximale Viertel des Muskels. Zwischen M. recetus femoris anticus, glutaeus und vastus lateralis liegt ein kleines Dreieck vom M. ileopsoas frei, das in der Figur nieht durch einen besonderen Buchstaben bezeichnet ist. Ebenso ist der vom M. obturatorius zwischen M. pyriformis und gemellus sichtbare Theil nicht mit einem besonderen Buchstaben versehen. Die Muskeln haben in dieser Figur zur Unterscheidung von den bezeichneten Nerven den Zusatz M. erhalten. N. c. f. d. = Nervus cutaneus femoris dorsalis. N.t. = Ner- vus tibialis. N. p.=Nervus peroneus. N. c. er. 1. = Nervus eutaneus ceruris lateralis (Rana fusca). Die tief gelegenen Zweige des N. ischiadieus bei Rana fusca. Das Präparat stellt nur Theile der Beckengegend dar. Der M. pyriformis, vastus lateralis, der lange Kopf des Biceps, der M. semimembranosus, der dorsale Kopf des M. semitendinosus sind entfernt; ebenso die distale Portion des ventralen Semi- tendinosuskopfes, dessen Sehne einwärts von dem M. adductor magnus nochmals durchscehnitten wurde, nachdem der M. ad- ductor magnus selbst an seiner Anheftung vom Becken los- gelöst und kniewärts und nach links in der Figur zurück- gelegt wurde. Ebenso sind M. adductor brevis und M. ge- mellus vom Becken losgelöst. Der M. gemellus ist nicht allein wie der M. adductor brevis kniewärts zurückgeschoben; son-” dern auch, um den M. obturatorius zeigen zu können, mit sei- nem proximalen Ende ganz umgeklappt. Auf diese Weise wer- den die in den M. gemellus eintretenden Nerven sichtbar. Der Nervus ischiadieus ist nach Entfernung des langen Bicepskopfes stark nach rechts in der Figur verlagert worden, um die Nerven, die nach links in der Figur zu den Muskeln ziehen, grader verlaufen lassen zu können. Durchschnitten sind hoch am Becken links der N. cutaneus femoris dorsalis, der nach rechts umgelegte Ramus descendens communis, die Nerven zum langen Kopf des M. biceps und der beiden M. vastus, so dass zur Darstellung gelangen: die Verzweigungen der Muskelnerven 1. für M. obturatorius und gemellus, 2. für die Adductoren, 3. für den kurzen Kopf des M. biceps. Die drei Köpfe des M. adductor magnus sind auseinander- gelegt; man sieht den Ursprung des accessorischen Kopfes von der Sehne des ventralen Semitendinosuskopfes. Fig. M. Nussbaum: Die Muskeln und Nerven der Sartoriusgruppe von Rana escu- lenta. ZR. d.= der Ramus descendens des N. ischiadieus. Vergr. 1,7. Dasselbe Präparat von Bufo vulgaris. Vergr. 1,7. Dasselbe Präparat von Pelobates fuscus. Vergr. 6. Alle drei Zeichnungen in gewöhnlicher Tischhöhe mit dem Zeichenapparat entworfen. Der rechte M. semimembranosus von Rana esculenta hunga- rica, von aussen gesehen. Der keilförmige Theil mit seiner aussen doppelt gefiederten Muskelfaserung ist nach rechts von dem mit der Inseriptio tendinea durchsetzten Theil ab- gezogen. Die beiden gemeinschaftliche distale, in der Zeich- nung untere Endsehne, ist nicht ganz dargestellt. Derselbe Muskel von innen gesehen. Der Theil der Innen- fläche, von der die in der Zeichnung nach oben gelagerte, auf der abgehobenen Fläche fast parallelfaserige keilförmige Portion abpräparirt wurde, ist dunkler gehalten, der schmale, anstossende Theil, der mit der abgehobenen keilförmigen Por- tion an niveau lag, hell. Nach unten in der Zeichnung schliesst sich der dem M. gracilis und dorsalen Kopf des M. semiten- dinosus anliegende und mediale Rand des M. semimembrano- sus an; hier zieht die Insceriptio tendinea schräg gegen das links in der Abbildung liegende distale Muskelende zu, wäh- rend sie auf der Innenfläche mehr quer den Muskel durch- setzte und auf der Aussenfläche (siehe die Fig. 8) ebenfalls schräg verlief. Buchstabenerklärung für die Fig. 8 und 9; d.a. = die Aussenseite des distal von der Inscriptio tendinea gelegenen Theiles; d. e. = freiliegende Innenseite dieses Theiles; d. i. = dieselbe nach Abhebung des keilförmigen Theiles. d. s$.= die distale Endsehne. J= Inseriptio tendinea. Xk. a. = Aussenseite des keilförmigen Theiles, k. 2. —= dessen Innenseite, X i,. — die von dem mit der Insceriptio tendinea versehenen Theil abge- hobene Fläche des keilförmigen Theiles in der Abbildung Fig. 9 umgeklappt und dem Beschauer zugewandt. p.a.= freiliegende Aussenseite, 9. ?3. — von der keilförmigen Portion abpräparirte Innenseite der proximal von der Inscriptio ten- dinea gelegene Muskelportion. m. R.—=der mediale Muskelrand. Fig. 10. Nervenverzweigung im M. eutaneus femoris super. und infer. bei Rana esculenta. Essigsäure, Osmiumsäurepräparat. In den oberen Muskel treten zwei feine Nerven, in den unteren ein diekerer Nervenstamm, der einen durchbohrenden, in der Zeich- nung heller gehaltenen Hautzweig abgibt. Es findet kein Faseraustausch zwischen den Nervenverzweigungen des oberen und unteren Kopfes statt. Die Inseriptio tendinea trennt also in der That die beiden Muskeln. (ef. Mays I. e.). Fig. 11. Fig. 14. Nerv und Muskel. 491 Darstellung der Verzweigung des N. ileo hypogastricus (N. 2. h.) und des N. cruralis bei Rana fusca. Der M. sartorius und adductor longus sind durchschnitten; ihr proximales Ende bauchwärts umgeklappt. Der M. vastus medius ist von seiner proximalen Insertion gelöst und nach rechts in der Figur mit dem M. reetus femoris anticus gegen den M. vastus lateralis hin umgeschlagen. Der M. adductor magnus ist von Becken und Oberschenkel abgelöst und nach links umgeklappt. VIII, IX, X, XI=die Rückenmarksnerven. N.c.f.l.= der erste Zweig des N. cruralis, der Nervus cutaneus femoris la- teralis. Ausser den Zweigen des N. cruralis für den M. rectus femoris anticus, den M. ileopsoas, den M. adductor longus und den in der Figur aufgeklappten M. pectineus treten von links her Zweige des N. ischiadieus zum M. adductor magnus und brevis und von rechts Zweige des N. ischiadicus zum M. vastus medialis. . Topographie der *Hautnerven am medialen Rande des Ober- schenkels. c. f. d.= Hautnerv in der Höhe des proximalen Kopfes des M. cutaneus femoris aus dem,Nervus cutaneus femoris dorsalis. c. f. m. = Hautnerv, den proximal von der Inspriptio tendinea gelegenen Kopf des M. gracilis (M. gr.) durehbohrend — Nervus cutaneus femoris med. sup. s. maior. e. f. m). = Hautnerv in der Bahn des Muskelnerven für den distalen Kopf des M. cutaneus femoris (M. ce. f. t.). M. gra. = distal von der Inscriptio tendinea gelegener Kopf des M. gracilis. N = Nervenstamm zum M. gracilis und M. cu- taneus femoris, enthält auch die Hautnerven c. f. m. u. c. f. m,. Der Nerv zum proximalen Kopf des M. cutaneus femoris musste durchschnitten werden, weil die Muskeln sonst nicht so weit auseinander hätten gelegt werden können. . Essigsäure-Osmiumsäurepräparat der Nervenverzweigungen in dem M. semimembranosus und semitendinosus von Rana fusca. Die genannten Muskeln sind entlang den Nervenverzwei- gungen aufgeklappt; da die Verzweigungen zum grössten Theil im Inneren der Muskeln liegen. Zwischen M. semimembranosus und dorsalem Semitendinosus- zieht der Nerv für M. graecilis, eutaneus femoris und die Haut; bei * der Nerv zum M. sartorius abgeschnitten. Lymphsäcke und Verlauf des N. ileohypogastricus und cuta- neus femoris lateralis bei Rana esculenta. Das Präparat stellt die ventrale Bauchwand und Ober- schenkelfläche dar. Die Haut ist so eingeschnitten und theil- weise entfernt, dass rechts in der Figur das Septum abdominale ganz der Länge nach halbirt und in der Höhe der ersten Inseriptio tendinea des M. rectus abdominis seitlich eingeschnit- ten ist. Der der Haut anhaftende Theil konnte dann mit dieser Fig. 17. Fig. 18. M. Nussbaum: gegen den Oberschenkel so weit zurückgeschlagen werden, dass dadurch das Septum inguinale sichtbar gemacht wurde. In dem Septum inguinale, also frei liegend zwischen Saceus abdominalis und Saccus femoralis, verlaufen die beiden Haupt- äste des Nervus cutaneus femoris lateralis.. In den Saccus femoralis sieht man durch eine künstliche Oeffuung des Sep- tum inguinale bei Se. f. hinein. Das Septum dorsale ist durch Zurückbiegen der Haut der seitlichen Bauchwand nach rechts hin angespannt; es trennt oben in der Figur den Saccus lateralis vom Saccus dorsalis; in der Gegend des M. cutaneus dorsi den Saccus lateralis vom Saceus iliacus, der in der Hüftgegend zwischen Saccus late- ralis und Saccus dorsalis eingeschoben ist. Deutliche Lücken des Septum stellen distal vom M. cuta- neus dorsi eine Communication zwischen Saccus lateralis und Saceus iliacus her. Wie der N. eutaneus femoralis lateralis unter dem M. cuta- neus her in’s Septum inguinale zur,sHaut gelangt, so zieht der N. ileohypogastrieus oral vom M. cutancus dorsi, das Septum abdominale durchbohrend zur Haut. Der N. ileohypogastricus ist tief schwarz gehalten, da er frei liegt; der N. cutaneus femoris lateralis ist dagegen matt schwarz im Septum inguinale dargestellt, das ihn etwas ver- schleiert. S. a.— Septum abdominale; S.d.—Septum dorsale; 7 = Septum inguinale; Se. d.— Saccus dorsalis; Se. f. — Saccus femoralis; ec. d..—=M. cutaneus dorsi; 0o.e.—=M. obliquus abdo- minis externus; 0.2.—=M. obliquus abdominis internus;r.a — M. reetus abdominis. . Nerveneintritt und -verzweigung auf der Innenfläche des M. pyriformis von Rana fusca. Essigsäure-Osmiumsäure-Präparat. . Die tiefen Muskeln des Öberschenkels und Beckens von Pelo- bates fuscus in dorsaler Ansicht. C. f. = eaput femoris. Cd. f.—= condylus femoris. gl. = der M. glutaeus; gl. —= der accessorische M. glutaeus. 4. Der ac- cessorische Kopf des M. triceps femoris. 7 =Nackter Oberschen- kelknochen. Im Uebrigen gelten die allgemeinen Bezeichnun- gen. Der M. vastus lateralis, M. semitendinoso-sartorius sind entfernt und vom M. biceps, adductor magnus, semimembra- nosus plantaris longus nur die Insertionen am Oberschenkel erhalten. Austritt des N. cutaneus femoris medialis aus der proximalen Portion des M. graeilis bei c. f.; 7 = Nerv des distalen Kopfes vom M. cutaneus femoris, der vom dorsalen Rand des M. gra- eilis her in den Hautmuskel eintritt; *= das über den Rand den M. graeilis hinziehende Septum femorale inferius (Rana esc.), Die tiefen Muskeln des Oberschenkels und Beckens von Pelo- Zee ee ee Fig. 19: 22 Nerv und Muskel. 493 bates fuscus in ventraler Ansicht: gl. — der M. glutaeus; gl. — der acceessorische M. glutaeus; 7.—M. rectus femoris anticus; 2.—M. vastus lateralis; 3.—=M. vastus medius (alle drei ab- geschnitten und zurückgelegt, so dass von / nur der Becken- ansatz in der Lage erhalten ist); 4. — der accessorische Kopf des M. triceps femoris. Im übrigen gelten die allgemeinen Bezeichnungen. Essigsäure-Osmiumsäure-Präparat der Haut des Oberschenkels von Rana fusca. Epithel und Chromatophoren führende äussere Schicht des Corium sind entfernt; die Haut selbst ist an der medianen Seite der Länge nach gespalten und flach ausge- breitet, so dass die den seitlichen Rändern anstossenden Par- tien der ventralen und die mittleren Partien der dorsalen Fläche angehören. p.= proximal, d.= distal; v. —= ventral; m.— medial. c. f. d.m.—= der mediale Ast des Nervus euta- neus femoris dorsalis; c. f. d.1.—der laterale Ast desselben Nerven; c. f. I. = der Nervus cutaneus femoris lateralis aus dem N. eruralis; /. — Nervus eutaneus femoris medial. super. s. maior; 2.— Nervus eutaneus femoris medial. infer. s. minor; * = rück- läufige Aeste des N. ischiadicus der Kniegegend. Die Anasto- mosenbildung tritt bei stärkerer Vergrösserung noch deutlicher hervor, als sie hier zwischen den verschiedenen Nerven und den Zweigen desselben Nerven dargestellt ist. -, 20. Haut des Oberschenkels von Rana fusca in der Umgebung des Afters. Dieselbe Präparationsmethode wie bei Fig. 19. A. = After, c. c.—= Nervus cutaneus coceygeus; c. f. d.m. = medialer Ast des N. eutaneus femoris dorsalis; e. f. l.—= Ner- vus cutaneus femoris lateralis (aus dem N. cruralis); 1. = Ner- vus ceutaneus femoris medialis superior; 2. — Nervus cutaneus femoris medialis inferior; ?. = proximal; d.= distal; m. d. — von dem medialen Rand zur dorsalen Fläche; m. v. = vom medialen Rand zur ventralen Fläche. Die Muskeln auf der ventralen Fläche des Oberschenkels von Pelobates fuscus bei dreifacher Vergrösserung. * = Nervus cutaneus femoris medialis superior; +=M. ceutaneus femoris superior. . Dieselben Muskeln von Bufo calamita. . Dieselben Muskeln von Bombinator igneus. *—= Nervus cuta- neus femoris medialis superior. Muskeln der ventralen Oberschenkelfläche von Rana eseulenta hungarieca mit Erhaltung der Septen der Hautlymphsäcke frei präparirt. Das Septum inguinale der linken Seite ist mit dem Hautstück * oralwärts zurückgelegt; das im lebenden Thier sagittal gestellte und stark durchlöcherte Septum perineale nach dem rechten Oberschenkel hingezogen. Auf das Septum inguinale dextrum sieht man vom Saceus abdominalis her; das Septum abdominale dieser Seite ist dicht an der gegen den 494 Fig. 25. Fig. %6. Fig. 27. Fig. 28. Fig. 29. Fig. 30. M. Nussbaum: Oberschenkel zurückgeschlagenen Haut eingekerbt, so dass man bei + in den Saccus iliacus hineinsieht. Das Septum femorale inferius ist glatt von der Haut abgetrennt und ver- läuft von der Grenze des M. adductor magnus caput ventrale und caput dorsale über den proximalen Theil des M. gracilis zum M. eutaneus femoris inferior. Ventrale Fläche des Oberschenkels von Rana esculenta hun- garica. Eröffnung des Saceus femoralis. Die Muskeln schim- mern durch. Bei * die Haut mit dem Septum inguinale oral- wärts umgeklappt. Bei + Verbindung des Septum femorale inferius mit dem Septum inguinale. Oral von der Inscriptio tendinea des M. graeilis verläuft im Septum femorale inferius der Nervus cutaneus femoris medialis superior. Distal zur Inseriptio tendinea schiebt sich zwischen M. graeilis und Sep- tum das distale Ende des M. cutaneus femoris inferior ein. techts und links von der mit der Haut verbundenen Sehne des M. sartorius ist die Wand des Lymphsackes durchlöchert, zur Communication mit dem Unterschenkellymphsack. Ventrale Oberschenkelfläche von Rana fusca zur Veranschau- lichung des Durchtrittes und der Lage des Muskelnerven für den M. sartorius und M. cutaneus femoris superior und infe- rior, sowie des Nervus cutaneus femoris medialis superior bei / und des Nervus cutaneus femoris medialis inferior bei 2. NB. Die 5 Figuren 24—26 illustriren auch zugleich die Speeiesunterschiede der Muskeln von Rana esculenta und Rana fusea. Muskeln auf der ventralen Fläche des Oberschenkels von Discoglossus pietus. Bm. = Bauchmuskeln nicht ausgeführt; s. a. — Sphincter ani. Dasselbe Präparat nach Durchschneidung des M. semitendinoso- sartorius, dessen distales Ende über das Knie hinweggeschlagen und dessen proximales Ende medial, d. h. nach unten in der Zeichnung geklappt ist, um zu demonstriren, dass der M. semi- tendinoso-sartorius ganz auf dem M. graeilis liegt. * = distal von der Inscription gelegener Theil des M. gracilis. Von den übrigen Muskeln sind nur die Umrisse gezeichnet. Die Muskeln auf der ventralen Fläche des Oberschenkels von Rana oxyrrhinus. Der M. sartorius ist durchschnitten und proximal und distal zurückgeschlagen. Der M. cutaneus dorsi ist von der Rückenhaut abgelöst. Das Septum perineale ($. p.) ist nach links in der Figur umgeschlagen, der Saccus inter- femoralis eröffnet; dieser Lymphsack geht bei * zu Ende und distal von ihm communiciren wie bei Rana fusca der Saccus femoralis und suprafemoralis. L.g. m. = Ligamentum genu mediale; + = distales Ende des M. semimembranosus. Ventrale Ansicht der Oberschenkelmuskeln nach Entfernung Fie. 31. Nerv und Muskel. 495 des M. sartorius. Der M. vastus medialis ist stark nach oben in der Zeiehnung gezogen und in dieser Lage befestigt; der M. adduetor longus ist etwas vom M. adductor magnus abge- hoben, um die Verbindung der beiden Muskeln und die Inser- tion des M. adductor magnus am Oberschenkel zeigen zu können (Rana fusca). !.m. 9.—= Ligamentum genu mediale; + —=distales Ende des M. semimembranosus. Lagerungsverhältnisse des M. semitendinoso-sartorius zu dem M. adduetor magnus und gracilis bei Bombinator igneus. Topographie der Lymphsäcke und der Muskeln auf der dor- salen Oberschenkelfläche. Die Septen der Lymphsäcke sind von der Haut abgetrennt und auf der muskulären Wand er- halten. In 50°, Alkohol eonservirte Rana esculenta. Oben in der Zeichnung liegt der Saccus femoralis. Die proximale Partie der Haut ist zurückgeschlagen, um in dem Septum inguinale die Lücken sichtbar zu machen, unter denen der Saccus iliacus gelegen ist. Am Knie Oeffnungen zur Communication mit dem Saccus eruralis. Auf den Saccus femoralis folgt abwärts in der Figur am Oberschenkel der Saccus suprafemoralis. In seinem Bezirk folgen sich der Reihe nach ein Streifen des M. vastus lateralis, der M. biceps, der beckenwärts von der Oberfläche verschwindet und nicht mehr den abwärts in der Kniegegend ihm anliegenden M. semimembranosus von M. vastus lateralis trennt. Der Sac- eus intermuscularis wird proximal breiter und liegt dann, d.h. rechts in der Figur frei zwischen M. vastus lateralis und semimembranosus, bis ganz proximal sich noch der M. pyri- formis einschiebt. In der Gegend der Inscriptio tendinea schmiegt sich dem M. semimembranosus unten in der Zeich- nung der dorsale Rand des M. graecilis an. In der Knie- gegend trennt das Septum femorale inferius den Saccus su- prafemoralis vom Saccus femoralis. Geht man vom Knie aus in der Figur dem Septum femorale inferius weiter becken- wärts nach, so gabelt es sich in das dorsal verlaufende Septum femorale intermedium, das vom M. cutaneus femoris inferior über den M. gracilis auf den M. semimembranosus bis zum Septum inguinale der Rückenfläche hinzieht. Es bliebe noch der Saccus dorsalis in der Figur und unter ihm ein complieirt gebauter Lymphsack, der über der Anusmuskulatur gelegen auf beiden Seiten mit retroperitonealen Lymphräumen durch grosse Löcher oberhalb des Afters comnyunieirt, dann in den Bereich des M. semimembranosus jederseits von der Mittellinie übergeht und unter der proximalen Insertion des M. cutaneus femoris superior mit dem ventral und medial gelegenen Saccus interfemoralis communicirt. Dieser Saccus interfemoralis ist durch quere Trennung des M. cutaneus femoris inferior in der Arch. f, mikrosk. Anat. Bd. 52, 33 496 M. Nussbaum: Figur von der Rückseite her eröffnet; man sieht das Septum femorale inferius schräg über den M. cutaneus femoris becken- wärts ziehen. Figur 24 vervollständigt die hier vorliegende Zeichnung von der ventralen Fläche. Fig. 33. Knieende des Öberschenkels von Rana mugiens. Nur der Saccus interfemoralis ist erhalten und auf der ventralen Fläche durch einen Fensterschnitt eröffnet. Bei Rana mugiens geht das Septum femorale nicht wie bei Rana esculenta bis in die Kniegegend, sondern hört früher auf, so dass distal vom Saceus interfemoralis Saceus suprafemoralis und femoralis in breiter Communication stehen. Der M. sartorius ist quer durchschnitten, das distale Ende über das Knie zurückgeschlagen, um die Insertionen des M. adductor longus und magnus zu zeigen. Der M. sartorius geht mit seiner distalen Endsehne Verbindung mit der Haut ein, zieht an die Tibia und aussen vom M. graeilis und M. cu- taneus femoris im Bogen nach der dorsalen Seite. In der Fig. ist die Verbindung dieses Bogens mit dem M. semitendinosus nicht dargestellt. *= Wand des Saccus interfemoralis Fig. 34. Lage und Endigung der Muskeln des Oberschenkels von Rana esculenta hungarica auf der medialen Knieseite. M. sartorius und M. graecilis * nebst M, eutaneus femoris durchschnitten und über das Knie hinweggeschlagen. Die Endsehne des M. semimembranosus + wird vom Liga- mentum genu mediale umgriffen. Auf der ventralen Fläche des Kniegelenks liegen unter der eingeschnittenen Endsehne des M. triceps femoris die proximalen Endsehnen des M. tibia- lis anticus longus und extensor cruris brevis. Fig. 35. Die Muskeln der ventralen und medialen Seite des Öber- schenkels von Bufo calamita. Der M. sartorius ist durch- schnitten, das proximale Ende in der Lage erhalten, das di- stale mit der Eintrittsstelle des Muskelnerven zurückgeklappt. Der M. cutaneus femoris inferior ist sammt der ihn deckenden Haut medial abgezogen und quer durchschnitten. Zwischen M. adductor magnus und M. semitendinosus ragt der Stumpf des Muskelnerven für den Sartorius hervor, zwischen M. semi- tendinosus und gracilis der Stumpf des N. eutaneus femoris medialis superior. Da die Kröten des M. eutaneus dorsi entbehren, so tritt der N. ileohypogastrieus (N.?. h.) mit dem N. cutaneus femoris lateralis (N. c. f.!.) an derselben Stelle hervor. In der Zeich- nnng sind _auch die Nerven zum M. rectus femoris anticus, zum M.ileopsoas und der gemeinsame Stamm der Nerven für den M. adductor longus und pectineus sichtbar. Fig. 36. Die Muskeln an der ventralen Oberschenkelfläche bei Bufo agua in natürlicher Grösse. Der-M. vastus medius ist stark Fig. 38. Fig. 43. Nerv und Muskel. 497 zur Seite gezogen, um das Verhältniss des M. adductor longus zum M. adductor magnus zu zeigen. . Die Muskeln an der ventralen Oberschenkelfläche von Bombi- nator igneus. Die Bauchmuskeln sind nur durch Umrisslinien angedeutet aber nicht vom Oberschenkel zurückpräparirt. Der M. sartorius ist losgelöst und umgelegt. Die Figur zeigt den Nerven zum ventralen Kopf des M. semitendinosus und zum M. sartorius, den Nerven zum M, cutaneus femoris superior und einen Hautast des Steissbeinnerven. Muskeln der dorsalen Oberschenkelfläche von Pelobates fuscus. gl. = dorsaler, gl.; = ventraler M. glutaeus; F.l. d.=Fascia lumbodorsalis; #£r., = accessorischer Tricepskopf; ZR. ce. t.s. = Raınus cutaneus N. tibialis superior, N. t. d.—= Nervus tibialis dorsalis; N. p. = Nervus peroneus; pl.l.—=M. plantaris longus. Der M. pectineus fehlt diesem Batrachier; daher tritt der N. ischiadieus frei zwischen M. ileococeygeus und dorsalem M. glutaeus an den Oberschenkel heran. . Die Muskeln der ventralen Oberschenkelfläche von Pelobates fusceus. (Fig. 40 und 41 gleichfalls von Pelobates fuscus.) Der Oberschenkel ein wenig mehr lateral gedreht als der vorige und der M. sartorio-semitendinosus mit seinen Nerven umgelegt, nachdem die Beckeninsertion dieses Muskel gelöst war. B.= Bauchmuskeln; s. st. —M. sartorio-semitendinosus. Der M. graeilis quer durchschnitten und beide Hälften mit der Innenfläche nach aussen umgelegt; in der proximalen Hälfte der Nerv. s.st.=M. sartorio-semitendinosus. . Oberschenkelmuskeln von Discoglossus pietus in dorsaler An- sicht. + = Insertion des M. plantaris longus; 7’= der Unter- schenkelknochen. * M. gracilis, proximale Hälfte. Der M. triceps, der lange Kopf des biceps, der graeilis und cutaneus femoris, sowie der M. semitendinoso-sartorius sind quer durchschnitten und mehr oder weniger aus der Lage gebracht. Die natürliche Lagerung der übrigen Muskeln ist erhalten. Laterale Ansicht der Beckengegend. Der orale Theil des Os ilei ist durch einen queren in der Hüftgelenkpfanne verlau- fenden Sägeschnitt auf der rechten Körperseite entfernt, und der abgelöste M. coceygeo-iliacus stark dorsal in der Zeich- nung nach links zurückgebogen. Vom sogenannten M. levator ani löst sich eine Schlinge von Muskelfasern ab, die den N. ischiadieus, die Schenkelvene und Schenkelarterie umgreift: M. attrahens nervorum et vasorum. «.üÜ.=M. coceygeo iliacus; R.=Rectum; a.N. V.=M. at- trahens nervorum et vasorum; B. = Bauchhöhle; P. —= Perito- neum; A.=Gegend des Afters; L.t. = Ligamentum teres; V.m.=M. vastus medius. Die Kapsel des Hüftgelenkes ist durchschnitten und der 498 Fig. 44. Fig. 46. M. Nussbaum: Oberschenkelkopf in distaler Richtung aus der Pfanne heraus- gezogen. Die Haut ist am After nicht abpräparirt und mit Nadeln auf der Unterlage festgeheftet. NB. DenM. attrahens nervorum et vasorum sieht man am leichtesten, wenn man den M. cocceygeo iliacus von seiner An- heftung am Os ilei abschneidet, dieses selbst aus der proximalen Verbindung löst und lateralwärts zurückbiegt. Man sieht dann in den Raum, der zwischen M. ileopsoas und levator ani im Becken sich findet (Rana esculenta). Dorsale Ansicht der Kniegegend von Rana esculenta hunga- rica. Insertion der Muskeln und Bänder. Der M. semimembranosus ist bis auf seine distale Sehne ganz entfernt; diese Sehne gabelt sich und umgreift mit den Bogenarmen das Kniegelenkende des Oberschenkelbeines. Der dorsale Arm ist auch mit der Tibia verbunden und erhält auf der Fläche einen Sehnenzipfel vom M. gracilis. cap. v., cap. a., cap. d.=M. adductor magnus, caput ven- trale, caput accessorium und caput dorsale; s.—=M. sartorius; gr. = gracilis; st. —= semitendinosus; e. f. i. = cutaneus femoris inferior: c. m. = Condylus medialis tibiae; ce. . = Condylus la- teralis tibiae; p.2.=M. plantaris longus; p.!. 1= Ursprung des M. plantaris longus von der Sehne des M. triceps femoris; p.!l.2= Ursprung des M. plantaris longus in der Kniekehle, dessen oberflächlicher Theil entfernt wurde, weil sonst der dicke Muskelbauch die Uebersicht hindert; d.=M. biceps; sm. — M. semimembranosus; v. m.—= M. vastus medialis. Ausser dem zur Sehne des M. semimembranosus gehenden Zipfel der distalen Endsehne des M. gracilis und M. eutaneus femoris inferior geht noch ein anderer Zipfel zum Condylus lateralis tibiae, um gegenüber dem distalen Bogen der End- sehne des M. biceps caput longum sich festzuheften. . Die Innervation des M. glutaeus aus dem Nerven für den M. ileopsoas. Der M. rectus femoris anticus ist in seinem distalen Abschnitt entfernt und die dorsal oberflächlich ge- legenen lateralen Bündel des M. ileopsoas zur Freilegung der Nerven auf eine kurze Strecke weggenommen (Rana esculenta). ec. f. = Caput femoris; N.?. h.= Nervus ileohypogastricus; N.c.f.l.= Nervus cutaneus femoris lateralis; +=Nerv zum M. adductor longus und pectineus abgeschnitten; P. s.= Pro- cessus superior ossis ilei; 8.p. = Spina pelvis dorsalis; $.= Symphyse. Die Insertions- und Lageverhältnisse des M. adductor magnus und ileopsoas in der distalen Gegend des Oberschenkels. cap. d.= eaput dorsale; cap. ac. = caput accessorium; cap. v. 2 = die inneren; cap. v.2 = die äusseren; cap. v. 8 = die mittleren Faserzüge des ventralen Kopfes; cap. d.= der dor- Nerv und Muskel. 499 sale Kopf vom M. adduetor magnus; a.l.=M. adductor lon- gus; 2.p.—=M. ileopsoas (hana eseulenta). Der in der Zeichnung sichtbare Rest des M. adductor lon- gus ist medialwärts, also in der Figur nach links umgeklappt, so dass man die Verbindung der mittleren Fasern desM. adduetor magnus cap. ventrale (cap. v. 3) mit der Sehne sieht, während in der natürlichen Lage die hier in der Zeichnung verdeckten Fasern (cap. v. 2) in ihrer Verbindung mit der Sehne (Se.) ge- sehen werden (vgl. Fig. 34). Inhalts- Verzeichniss. Einleitung. Die Muskeln des De erenken, zeigen er re en ee teristische Eigenthümlichkeiten Vorbemerkungen, Nomenclatur . Tabelle zur Vereinfachung der Synony le einiger rer muskeln (M. adductor brevis, pectineus, und biceps [Ecker]) Die Muskeln. quadratus femoris 367 368 369 Sl ans ice il Sa Re 22 &: E59» |*|7 Namen der Muskeln NR SS ee 5|2|© Be le Wehen 22/81/5215 823 | laje|" |s2 [8 | SslE 1. M. triceps femoris 5 | a) M. rectus femoris anticus . 13721373 374| — | — |374| — | — |374 b) M. vastus medius . 374 376377) — | — 1378| — 8791378 c) M. vastus lateralis . . 1382/3821383) — | — | — | — 1383| — 2. M. sartorius f 385.384 — | — |392)3931391/394|1388 3. M. semitendinosus 3971398) — 1398| — | — 400) — 1400 4. M. gracilis — 1409| — /413| — 412 —_|— 5. M. eutaneus femoris 416,416) — | — | — | — 41614171417 6. M. semimembranosus . 418 |42014201420|1420 419/420) — 7. M. biceps 4221 — | —- | -|-|- -|-|— 8. M. adductor magnus 423 42614264271 — | — 4291428] — 9. M. adductor loneus . 14301431) 431 | — 1431| — | — 1432 10. M. ileopsoas . 4321434 434 | — 1435| — 1435| — 11. M. glutaeus. . 4374381 438 | — | — | — |439| — M. elutaeus accessorius —|—-| — |-— | — |439]440[441 12. M. pyriformis . „4434421 444 | — | — | — 1444| — 13. M. pectineus : . 14444451 45 |— | — || — | — 14 M. adductor brevis . ; 448 — I1—|- | — | — 449 15. M. gemellus . 4950 7° — |—-|-|1—- | - | — 17. M. obturatorius A N je ee 500 M. Nussbaum: M. vastus medius liegt kniewärts-lateral zum M.vastus lateralis 382, 383 Muskelschleife des M. levator ani um dorsale Beckengefässe enduNenven‘. 7. VEN VE SE Bandes M.:gracilis 2 9 EDER EEE IRA Bausdes-M. semimembranosus> Saat a re lie Die Nerven. Der Plexus lumbosaeralis von Ranartusea re EA Der Plexus lumbrosacralis von Pelobates fuscus . . . 1 08102 Gruppirung der Muskeln nach dem Verhalten der Nerven a ee Nerven des M. triceps femoris bei Rana Füsca Tr Ne el se 2 20) Pelobates fuseus . . . u Nerv des M. vastus medius bei Ban eeenlenta 0 Nervus eutaneus femoris medialis der Kröten . . . . 2 2...089 Nerven der Semitendinoso-sartoriusgruppe bei Diseoglassus’pictus”.. rn ae. ar, oe Pelobates’füseus-. 1: var Se N Et )>, Bufo vlgarns 27, Se RE 2 a De Ranaresculentar 2 0 ee ee RE 0)rE Bömbimafer igneus I MN EIN ee WR IE DerKürhmtescher Versuche zn: u EN EUR? Die Mays’schen Untersuchungen der SEN te ek GonstanziderNerveneintrittsstellene 2 2. Te EG Allgemeines. Doppelt gefiederte Muskeln . . . sr REN Muskelwanderung von der Oberfläche i in as Tiefe at ee 0) Flächenwanderung von’ Müskeln |. 22. ...... x -....2.02. 2.02 Sur Entgegengesetzt gerichtete Wanderung der Ränder eines und desselben Muskels . . . . ee SE RN Die Variation des distalen Se inehendex der Semitendinoso-sarto- riuspruppe . . . UT Uebergänge während der a onen Beide N REG EA Umwandlung der Semitendinoso-sartoriusgruppe . . . . 405 u. 464 Wanderung funktionirender Muskeln . . . WERBS. 465 Umwandlung des Kniestreckers aus dem ee: in den Säugethiertypus . . . 15 Muskelanlagen bei Selschlern En. nheren Wirbelihierka er 469 Extra- und intramuskuläre Nervenstrecke . . . . .440, 469 ı u. 471 ZWecchfell E aa har TER ee seta ST Chiasma nervorum opticorum - . „2 +... U DE Verschiedenes. Bemerkungen über Lymphsäcke 392, 475, 476, 479, 491, 493, 495, 496 Oberflächenbilder des Oberschenkels von Pelobates’Tuseus "u. 7: 21, las see Ve Bombinator. ieneus „url tier 02-0 De er, ee Discoglossus; pietas@e Ak 2. 5, wlan MAR Nerv und Muskel. 501 Buteylvwmide sun d0..2 Weber 2 a ee. Bi Bo N ae 1 a ee 0 Beet, Re RER ENGER. 2° Du RS AR: ech mE MESENDEIUS HE. 0a ee ee yet, A Beckeninsertion von Oberschenkelmusken . . . 2 2 2..2..2..473 Topographie der Kniegegend von Rana eseulenta . . . . 474-484 Wanietätensdes Blesus Iumbosacralis'; :.3.. WW ranlı ash s, 484 Notizen zur vergleichenden Osteologie . . » » 2 2 2 .2.2..0...485 Beracunssdersähbildunsen #4 ı...:..080 20 20 Nee ee EB (Aus dem anatomischen Institut in Berlin.) Ueber die Gestalt und die Entstehungsweise des Ventriculus terminalis und über das Filum ter- minale des Rückenmarkes bei Neugeborenen. I. Mittheilung. Von Dr. P. Argutinsky, Professor der Kinderheilkunde an der Universität Kasan. Hierzu Tafel XXIV und XXV. Bereits vor einigen Jahren hatte Rauber (1) mit Recht darauf hingewiesen, dass, so gering auch die physiologische Func- tion des untersten Theiles des Rückenmarkes beim Menschen sein möge, der morphologische Werth ihm sicher nicht abzusprechen sei. In der That ist es ganz selbstverständlich, dass die bedeu- tenden Schicksale, die der unterste Abschnitt des Rückenmarkes in der Phylogenie erfahren hat, sich an seiner Entwickelung und seinem Bau auch beim Menschen kund geben werden. Zum Ver- ständnisse des morphologischen Werthes dieses Theiles des Rücken- markes in seinem fertigen Bau ist aber vor Allem eine genaue Kenntniss der embryonalen Entwieklung desselben um so noth- wendiger, als in diesem Rückenmarksabschnitte schon früh nicht 502 P. Argutinsky: nur ein Zurückbleiben in der weiteren Ausbildung Platz greift, sondern auch, wie allgemein angenommen wird, bereits sich früh- zeitig bedeutende regressive Processe dauernd einstellen. Unsere Kenntnisse der betreffenden Entwicklungsvorgänge sind indessen bekanntlich sehr mangelhaft. Ja, wie unvollständig und ungenau bis in die letzte Zeit wir von dem Bau des ausgebildeten Conus medullaris und des Filum terminale des erwachsenen Menschen unterrichtet waren, das haben die Entdeckung !) des Ventrieulus terminalis durch W. Krause (2) und die interessanten Funde von Rauber (1) bewiesen. Die nachfolgenden Blätter handeln über einige Beobachtungen, welche das untere Ende des Rückenmarkes des neugeborenen Kindes und menschlicher Föten aus den letzten Monaten des Embryonallebens betreffen. Wie wir sehen werden, lehren diese Beobachtungen, dass wir nicht allein bei grösseren Föten, sondern auch noch bei reifen Neugeborenen auf Verhältnisse stossen, welche von denjenigen, die beim erwachsenen Menschen vor- kommen, sehr abweichen und manche Aufklärungen, manche interessante Daten zur richtigen Beurtheilung des Endtheiles des Rückenmarkes zu geben im Stande sind. Das Material zu dieser Untersuchung verdanke ich grössen- theils der Liebenswürdigkeit des Herrn Professors W. Nagel, dem auch hier mein bester Dank gesagt sei. Ausser den reifen Neugeborenen, die den überwiegenden Theil der untersuchten Objecte bilden, habe ich noch menschliche Embryonen von über 20 em Steissscheitellänge, resp. über 32cm Gesammtlänge an, etwa vom 7., 8., 9. und 10. Schwangerschaftsmonat untersucht. Es wurden zur Untersuchung möglichst frische Rückenmarke verwendet und dieselben (mit den Hüllen) für sich allein gehärtet. Das Rückenmark wurde mit dem uneröffneten Duralsack, also auch mit der gesammten Cauda equina, aus dem Wirbelcanal herausge- nommen, und darauf die Dura mater, sowohl vorn (ventral), als hinten (dorsal) in der Medianebene gespalten. Der vordere Medianschnitt wurde bis zum unteren Ende des Duralsackes fortgesetzt, der hintere Medianschnitt dagegen in den meisten Fällen nur bis zum Conus medullaris geführt und von hier an abwärts die Dura hinten (dorsal- wärts) unaufgeschnitten gelassen; das Rückenmark dann entweder im 1) Es muss hier aber bemerkt werden, dass bereits L. Clarke (3) die betreffende Erweiterung des Centralcanals genau erwähnt und richtig abgebildet hatte. Siehe darüber weiter unten pag. 504. ou nn an Ueb. d. Gestalt u. d. Entstehungsweise d. Ventrieulus terminalis ete. 503 Alkohol (96°/,) oder in der Müller’schen Flüssigkeit gehärtet. Nur in zwei Fällen kam Formalin zur Anwendung, und zwar wurde erst das gesammte Gefässsystem des Neugeborenen von der Carotis aus mit 250/,iger aleoholischer (Alcohol von 96°/,) Lösung injieirt (im Ganzen 400 ce) darauf das Rückenmark in verdünntes Formol und dann in Alcohol gelegt. Nach der Härtung wurden alle Rückenmarke celloidinirt und in Alcohol von 80°/, aufbewahrt. Erst vor der Untersuchung wurde der ganze untere Abschnitt des Rückenmarkes, der Conus, das Filum sammt der umgebenden Cauda equina durch Horizontalschnitte in Blöcke von etwa 3 bis 6 mm Höhe getheilt und ein Theil dieser Blöcke dann nach- träglich in Serienschnitte zerlegt!). Von allen Blöcken wurden mit dem Abbe@’schen Zeichenapparat bei einer geringen Vergrösserung (19:1) die Grenzeontouren der proximalen Schnittflächen gezeichnet und möglichst genau auch die Centouren der Höhle des Centralcanals, resp. des Ventriculus terminalis auf die Zeichnung mit aufgetragen. Durch die Reduction der Maasse dieser Zeichnungen, als auch durch direetes Messen mit dem Ocularmikrometer wurde der grösste sagit- tale und der grösste frontaie Durchmesser sowohl der betreffenden Querschnittflächen, als auch der Centraleanalhöhle bestimmt. Die mikroskopischen Schnitte, welche in Serien aus diesen Blöcken erhalten waren, wurden entweder nach van Gieson (4) oder mit Delafield’schem Hämatoxylin und nachträglich mit Urancarmin von Schmauss (5) gefärbt und genau mit Hilfe des Zeichenprismas abgezeichnet. An einem Theil der Präparate habe ich die Weigert- sche Markscheidenfärbung angewandt. Ausser den menschlichen Föten und Neugeborenen habe ich auch jüngere Embryonen einiger Haussäugethiere (Rind, Schaf, Schwein) untersucht, hauptsächlich um über die Frage von den Mitosen im Rückenmarke Beobachtungen zu sammeln. Dieses Material wurde in starker Flemming’scher Lösung fixirt und meist mit Hämatoxylin- Eisenalaun nach M. Heidenhain (6) oder mit Safranin gefärbt. Ich beginne mit dem Ventrieulus terminalis und werde dann zum Filum übergehen. 1) Durchaus nothwendig ist es dabei, dass die Cauda in ihrer ganzen Dicke von Celloidin gut durchtränkt ist und dadurch wie ein einziges zusammenhängendes Stück sich schneiden lässt. Ebenso ist es für unsere Zwecke nothwendig, soweit wir nicht den Conus oder das Filum für sich allein, ohne die Cauda, schneiden wollen, die Dura mater nicht abzulösen. Nach dem Aufschlitzen derselben auf ihrer vorderen Fläche (nicht aber der hinteren Fläche, da nicht selten das Filum ihr entlang verläuft) soll man die Dura im Zusammenhang mit den darunter liegenden Theilen lassen, denn sonst ist es fast unmög- lich die Nervenfasern der Cauda in ihrer ursprünglichen gegenseitigen Lage bei der Härtung zu erhalten, 04 P. Argutinsky: I. Ventrieulus terminalis. Bekanntlich nahm B. Stilling (7) an, dass der Central- canal im Conus medullaris nicht allein sich erweitere, sondern auch zugleich sich öffne, und zwar beim Menschen auf der dor- salen, bei einigen Säugethieren dagegen auf der ventralen Seite. W. Krause (2) war es, der diese Annahme, als durchaus irrig hinstellte und sicher bewies, dass diese Erweiterung beim Menschen peripherisch allseitig geschlossen ist und nur nach oben und nach unten mit dem Centraleanal communieirt. Krause hat diese Höhle Ventrieulus terminalis genannt, welche Bezeich- nung eine allgemeine Aufnahme fand. Zwar hatte Krause seine Beobachtungen nur am Menschen „gesammelt, aber der von ihm gezogene Schluss, dass der Ventrieulus terminalis auch bei anderen Säugethieren, wenn überhaupt vorhanden, ebenfalls geschlossen sein müsse, war gewiss vollkommen gerechtfertigt. Aber noch vor Krause hatte der um das Studium des Rückenmarkes hochverdiente L. Clarke in seiner berühmten Ab- handlung vom Jahre 1859 (3) Abbildungen der allseitig geschlos- senen Erweiterung des Centralcanals im Conus medullaris und Filum terminale, beim Ochsen gegeben (siehe Clarke, Taf. XXIV, Fig. 23, 24, 25). In derselben Abhandlung bildet L. Clarke auch einen Querschnitt (Clarke Taf. XXIH, Fig. 21) durch die allseitig geschlossene Erweiterung des Centralcanals im Conus beim Menschen ab und sagt bei der Erklärung dieser Abbildung: „Ihe Spinaleanal has extended backwards and sideways in the form of T“!), während es von seiner Figur 23 heisst: „The canal here very large... .” ?). 1) Irrthümlich meint W. Krause (2) dass die T-form ein Kunst- product sei. Im oberen Theile des Ventrikels, worauf wir noch mehr- fach zurückkommen werden, ist die T-Form das Resultat der Bildungs- weise dieses Abschnittes des Ventrikels und daher ganz typisch. 2) Bei der Erklärung der Abbildungen wird in Betreff der Fig. 24 gesagt: „A similar section near of the end of the Conus medullaris of the ox. It appears to be altered in shape bei some accidental cause, for in its natural state the canal is nearly of the same form as in Fig. 23°. Und in Betreff der Figur 25 (Filum terminale des Ochsen) heisst es: „The canal is collapsed laterally, but is naturally very large and the epithelium ist consequently abundant“. Hieraus geht hervor, dass bereits L. Clarke den allseitig geschlossenen Ventrieulus termi- nalis gesehen und abgebildet hat. lt Ueb. d. Gestalt u. d. Entstehungsweise d. Ventrieulus terminalis ete. 508 Nach Krause’s Angaben, hat der sich nach oben und unten verschmälernde Ventrieulus terminalis beim Menschen eine Längenausdehnung von 8 bis 1Omm; er misst in der Breite (von links nach rechts) meistens 0,6—1,0Omm und in der Tiefe (von vorn nach hinten) 0,4—1,1mm. Die eigentliche Ventrikelhöhle hat gewöhnlich eine dreieckige Form mit der nach vorn ge- richteten Basis, mitunter aber stellt der Ventrieulus eine mediane Längsspalte mit erweitertem hinteren Ende dar. Nach oben hin nimmt der Ventrikelquerschnitt allmählich die Form eines kleinen Dreiecks mit nach hinten gekehrter Basis an; diese Figur setzt sich in den Centralcanal des Conus fort. Das untere Ende des Ventrieulus terminalis stellt sich auf Querschnitten als transver- sale elliptische Spalte dar; diese wird beim Uebergang in das Filum terminale enger und rundlich und geht in den Central- canal des Filum über. Der ganze Hohlraum des Ventrikels ist von niedrigerem Flimmerepithel bekleidet. So weit die Angaben Krause’s. Unsere Kenntnisse über den Ventriculus terminalis bei ver- schiedenen Säugethieren sind äusserst spärlich und ungenügend und das Allermeiste darüber verdanken wir einem einzigen Autor. Abge- sehen von den eben erwähnten Angaben von L. Clarke, das Ochsen- rückenmark betreffend, und den einzelnen beiläufigen Angaben mancher Autoren (Bidder und Kupffer (8), Bräutigam (9) u. A.) ist nur eine Arbeit, welche den Ventriculus terminalis ausführlich behandelt, und zwar diejenige von Saint-Remy (10) bekannt. Saint-Remy hat in einer dankenswerthen Untersuchung die Erweiterung des Centralcanals am unteren Ende des Rückenmarks bei Hunden, Katzen, Ratten, Meerschweinchen und Kaninchen nachge- wiesen. Bei der Fledermaus fand er keine Erweiterung. Er sagt: „Chez les animaux jeunes la dilatation est plus marque6e, que chez les adultes; ..... les cellules de l’Epithelium sont plus nombreuses et for- ment plusieurs assises“, d. h. um die Erweiterung. Also bei erwach- senen Thieren ist der Ventrieulus terminalis von geringeren Dimen- sionen, als bei ganz jungen Thieren. Er spricht von der „extreme variabilit@ de formes du canal de l’ependyme dans la portion termi- nale.“ Weiter sagt er: „ou ne peut ramener ces dilatations A une forme typique comme celle d’un triangle A base anterieure, par ex- emple, que Krause a decrite comme la forme normale chez !’Homme, et m@me nous croyons quil serait oiseux de chercher A £tablir un type regulier, fixe pour chaque espece.“ Nach seinen Zeichnungen, fand Saint-Remy die Höhle am ausgesprochensten bei Katzen, Meerschweinchen und jungen Ratten, dann aber auch beim Hund. Die absoluten Dimensionen der Höhle auf den Querschnitten, wie seine 506 P. Argutinsky: Zeichnungen lehren, waren bei Thieren verhältnissmässig sehr gering und mit blossem Auge mit Mühe eben sichtbar. Der grösste Durch- messer der Lichtung auf Querschnitten überstieg bei keinem Thier — ob jung oder alt — einen halben Millimeter, während bei dem von Saint-Remy untersuchten einzigen neugeborenen Kinde der im Quer- schnitt einen frontalen Schlitz darstellende Ventrieulus terminalis einen Breitendurchmesser (von links nach rechts) von nahezu 11mm zeigte. Saint-Remy meint, dass die Abweichung der von ihm beim mensch- lichen Neugeborenen gefundenen Form des Ventriculus terminalis von den Formen, die Krause beschrieb, davon herrührt, dass die Höhle überhaupt variable Formen zeigt. Ueber die Frage nach der Entstehungsweise des Ventriculus terminalis sind die Autoren einig. Es haben sich darüber ausser Krause (2) noch Loewe (11), Saint-Remy (10) und Charpy (12) ausgesprochen. Krause meint, dass der Ventriceulus terminalis wahrscheinlich „als persistirender Rest des Sinus rhomboidalis der Säugethierem- bryonen zu betrachten ist“. Es fehlen aber in der Arbeit Krause’s irgend welche Beweise für diese Annahme, die, wie wir sehen werden, unmöglich richtig sein kann!). Loewe sagt, indem er auf den Ventriculus terminalis zu sprechen kommt: „Aus den soeben dargelegten Embryonal-Metamorphosen des Ependyms erklärt sich die von W. Krause neuerdings entdeckte Thatsache von der Existenz eines Sinus terminalis im menschlichen Rückenmark. Der Krause’sche Sinus ist offenbar ein nicht obliterirter Rest des ursprünglich im ganzen Rückenmark sehr weiten Lumens des Centralcanals“. Und so nennt Loewe die Krause’sche Erwei- terung des Centralcanals nicht Ventriculus terminalis, da sie kein echter Ventrikel sei, sondern Sinus terminalis, mit welchem Namen ge- sagt wird, dass sie als ein nicht obliterirter Abschnitt des primitiven weiten Centralcanals zu betrachten ist. Saint-Remy ist derselben Meinung. Er schliesst sich ganz Loewe an und äussert sich über den Ventriculus terminalis wie folgt: „IIn’y a evidemment pas de doute A avoir: il s’agit &videmment d’une portion du canal central embryonnaire dont l’obliteration a &t& moins complete que celle des autres regions“. An anderer Stelle sagt er, vom Ventriculus terminalis redend: „Rien d’&tonnant, d’ailleurs A ce qu’une cavit& qui n’est que le resultat d’un arr&t dans le travail d’obli- teration du canal medullaire primitif ait une forme variable“?). 1) Während Krause sich in der eitirten Arbeit (2) so äussert, sagt er an einem anderen Orte (13): „dagegen sind weitere Unter- suchungen nöthig um zu entscheiden, ob der Ventrikel nicht einen Ueberrest vom unteren Ende des beim Säuger-Embryo entsprechenden Sinus rhomboideus darstellt“. 2) Merkwürdigerweise erwähnt Saint-Remy selbst, über den Ventrieulus terminalis eines jungen Meerschweinchens redend, eine Ueb. d. Gestalt u. d. Entstehungsweise d. Ventrieulus terminalis ete. 507 Auch Charpy (12) theilt diese Ansicht und sagt ausdrücklich: „La forme large embryonnaire persiste encore chez ladulte dans le eöne terminal et eonstitue le ventriecule terminale de la moelle, de- couvert par W. Krause en 1875... Il est une persistance simple de l’etat foetal et non le resultat d’une dilatation de eroissance“. Daher glaubt Charpy, ebenso wie Loewe und wie Saint-Remy, dass es besser wäre, ihn nicht Ventrieulus terminalis, sondern Sinus terminalis zu nennen, da er nur einen nicht obliterirten Rest des ursprünglich weiten embryonalen Centralcanals des Rückenmarkes darstellt. Um einen Ueberbliek über den Ventrieulus terminalis bei menschlichen Neugeborenen (resp. beim reiferen Fötus) zu ge- winnen, wollen wir eine übersichtliche Beschreibung der ver- schiedenen, dem Gebiete des Ventrieulus gehörenden und auch ihm benachbarten Querschnittflächen des Rückenmarkes an einer Reihe von Objekten geben und zwar jedesmal von der Lenden- anschwellung ausgehen und nach abwärts (caudalwärts) vor- schreiten. Dabei beobachten wir vor Allem die Uebergangsweise zwischen dem Centraleanal und dem Ventrieulus terminalis und orientiren uns über die Gestalt und die Dimensionsverhältnisse des Ventrikels und über seine Lage im distalen Theile des Rücken- markes!). Dann wollen wir die typische Form des Ventrieulus terminalis, wenn eine solehe vorhanden ist, feststellen und aus den gewonnenen Thatsachen, wenn möglich, ein Urtheil über die Entstehungsweise des Ventrikels zu gewinnen suchen. Thatsache, die ihn in seiner Ansicht über die Entstehungsweise des Ventrikels hätte wohl stutzig machen sollen; er bleibt aber gar nicht bei dieser Thatsache stehen. Er sagt nämlich wörtlich: „Nous avons eu A notre disposition quelches embryons de Cobaye. Nous n’avons trouv& chez aucun d’eux mö&me chez le plus ag& qui mesurait 9 centi- metres de longueur, la moindre trace d’une dilatation semblable ä celle que nous venons de decrire.“ 1) Hier sei erwähnt, dass wir uns bei der nun folgenden Be- schreibung das Rückenmark aufrechtstehend, den Suleus medialis anterior nach vorn gerichtet denken. In der nachfolgenden Schil- derung: oben bedeutet immer proximal (kopfwärts) unten a 3 distal (eaudalwärts) vorn 5 5 ventral hinten ” y dorsal. 508 P. Argutinsky: OÖbjeet AA. Rückenmark eines reifen Neugeborenen. Formolhärtung (Fig. 1—18, Taf. XXIV). Der Rückenmarkquerschnitt, der durch die grösste Breite der Lendenanschwellung geht — wir nennen ihn a!) — zeigt einen sagit- talen Durchmesser von 5,0 mm und einen frontalen von 6,0mm. Die entsprechenden Maasse des Centralcanallumens sind hier 0,37 mm sagittal und 0,16 mm frontal. An den 18 Millimeter caudalwärts da- von, aber noch immer oberhalb des Ventrieulus terminalis angelegten Querschnitt b hat sich die Schnittfläche mehr als 4 mal verkleinert, aber das Lumen des Centralcanals bleibt noch unverändert. Während an dieser Schnittfläche der sagittale Durchmesser des Rückenmarkes 20mm und der frontale 2,58mm beträgt, sind die entsprechenden Durchmesser des Centralcanals 0,42 mm sagittal und O0,llmm frontal. Weitere 3 Millimeter caudalwärts, also 21 Millimeter abwärts vom Querschnitt a, zeigt der dem obersten Abschnitt des Ventriculus ter- minalis gehörende Rückenmarkquerschnitt e noch kleinere Dimen- sionen: in sagittaler Richtung 1,1lmm und in frontaler 2,0 mm; also ist die Schnittfläche des Rückenmarkes mehr als zehnfach kleiner, im Vergleich zu a, geworden. Hier, in der Schnittfläche ce (Fig. 9, Taf. XXIV) finden wir statt des engen Centralcanallumens der vorerwähnten Schnitte a und b nun eine bedeutende Lichtung vor, von einer regelmässigen, aber eigenthümlichen Form. Diese Lichtung ist in allen ihren Theilen von Epithel begrenzt und stellt eine genau sagittal gelegene Figur etwa einer mit der Spitze nach vorn gerichteten Lanze dar, die mit ihrem kurzen Schaft dorsalwärts in die Mitte eines Querspaltes ein- mündet, welcher letzterer dicht unter dem hinteren Rande des Rücken- markquerschnittes in frontaler Richtung hinzieht?). Gehen wir nun von diesem Schnitte noch weitere 3 Millimeter abwärts, so treffen wir in der Gegend der grössten Breite des Ventri- eulus terminalis auf das Querschnittbild d (Fig. 18, Taf. XXIV), eine Schnittfläche, welche, trotzdem sie der unmittelbaren Fortsetzung des (verschmälerten) Rückenmarkes entspricht, doch durchaus nicht einem solchem gleicht, sondern vielmehr den Querschnitt eines verhältniss- mässig dünnwandigen, in frontaler Ebene plattgelegten grossen Sackes darstellt, dessen Höhle überall sich vom Epithel begrenzt zeigt. Wäh- rend die Dicke seiner Wand nirgends 0,2 mm übersteigt und der 1) Ueber die eingehaltene Buchstabenbezeichnung der an be- stimmten Höhen angelegten Querschnitte des Rückenmarkes siehe weiter unten pag. 509 (Tabelle) und 512. 2) Diese Lichtung könnte man, ihre Hauptcontouren berück- sichtigend, auch mit einer T-Figur vergleichen, deren senkrechter, mittlerer Theil (Träger) nach vorn (ventralwärts) gerichtet ist und an seinem Vorderende (nach einer Erweiterung) sich zuspitzt und deren Seitenarme (resp. der Querbalken) nahe unter der Hinterfläche des Rückenmarkes in frontaler Richtung nach beiden Seiten verlaufen, u Se ee Ks rn ; Ueb. d. Gestalt u. d. Entstehungsweise d. Ventrieulus terminalis ete. 509 sagittale Durchmesser des Sackes daher in maximo 0,4 mm beträgt, ist sein frontaler Durchmesser ein bedeutend erheblicher und zwar 1,90 mm; dementsprechend sind die Maasse der eigentlichen Höhle im sagittalen Durchmesser 0,25 mm und in frontalem 1,68 mm. Weiter caudalwärts verkleinert sich der Sack allmählich. 2 Milli- meter abwärts vom Querschnitt d zeigt im Querschnitt e die Lichtung des Sackes einen sagittalen Durchmesser von 0,13 mm und einen fron- talen von 1,16 mm; dagegen nach weiteren 5 Millimetern abwärts (cau- dalwärts), im Querschnitt /, hat sich der Sack bereits so weit ver- schmälert, dass seine Lichtung ungefähr die Dimensionen bietet, die wir am Centralkanal in der Lendenanschwellung gefunden haben. Hier sind wir somit schon unterhalb (caudalwärts) vom Ventriculus terminalis. Erste Tabelle (Object AA.). I II III 18% 1% VI Annähernde!) Durchm. der Durchm. d. Lich- ai Schnitt- . : . verticale Ent- | © Schnittfl. (inmm) | tungen (in ınm) fernungen der | Yüchen Schnittflächen sagittal | frontal | sagittal \ frontal ne (a | 5,0 0,60 087. 7°1.#70,16 | b 2,0 2,58 0,42 01 ale j® Lt 2,0 0,74 0,89 3 la 0,42 1,90 0,25 0,68 | e — — 0,13 1,16 a £ _ = 0,13 0,32 al mm 1) Ueber die verticale Ausdehnung des Vertriculus terminalis bei verschiedenen Objeeten vermag ich durchaus keine genaue Angaben zu machen. Die Zahlen der Columne I sind nur aus den Bestimmungen der Höhen der einzelnen Blöcke oder deren Theile gewonnen. Diese Bestimmung ist nur mit dem blossen Auge geschehen, und daher kön- nen die betreffenden Zahlen bei den hier in Betracht kommenden sehr geringen Dimensionen und anderen Fehlerquellen unmöglich genau sein. Auch hat die jedesmalige Lage der unteren Ventrikelgrenze nicht bestimmt werden können. — Die Summe der Zahlen der Columne I bedeutet die Entfernung von der grössten Breite der Lendenanschwel- lung bis zum Wiederbeginn des Centralkanals im Filum nach unten (caudalwärts) vom Ventrieulus terminalis. Die Zahlen der anderen Columnen sind mit Hülfe des Ocularmikrometers möglichst genau (an eelloidinirten Präparaten) bestimmt. 510 P. Argutinsky: Es fragt sich nun: 1) Wie findet der Uebergang vom engen Lumen des Central- canals der Querschnitte a und 5b in die grosse eigenthümlich ge- staltete Lichtung des Querschnittes c statt, der dem oberen Theile des Ventrieulus terminalis entspricht? 2) Wie geht diese Lichtung des Querschnittes c ihrerseits in den breiten Sack des Querschnittes d über, dessen frontale Ausdehnung mehr als zweimal die der Liehtung des Querschnittes c übertrifft? Zur Beantwortung dieser Fragen zerlegen wir die ganze Rückenmarkstrecke von b zu c in eine ununterbrochene Reihe von aufeinander folgenden Querschnitten (von etwa 25—30 Mikren Dicke) und verfolgen bei einer geringen Vergrösserung (19:1) die ganze Schnittreihe von oben nach unten (caudalwärts). Ebenso wollen wir auch mit der Strecke zwischen c und d verfahren. Ad 1. Der Uebergang von bzuc (Fig. 2 bis 3 Taf. XXIV und vor Allem das zusammenfassende Bild der Fig. 45 I Taf. XXV)!). Vom Schnitte b ausgehend und caudalwärts vorschreitend, finden wir, dass noch in einigen Schnitten sowohl der Uentralkanal selbst, als auch die Schnittflächen nichts Neues und Besonderes aufweisen. Aber schon in den nächsten in der Richtung zu e folgenden Schnitten beobachten wir zweifache Veränderungen in den medialen Theilen der Schnittflächen. Erstens sieht man, dass der sagittal gerichtete spaltförmige Centralcanal sich allmählich zu einem dreieckigen gestaltet, indem ausser den beiden seitlichen Rändern noch ein hinterer Rand entsteht, welcher nahe der Schnittfläche ce ebenso lang, wie die beiden anderen wird (Fig. 4—7),. Zweitens tritt schon etwas höher, als diese Umwandlung des spaltförmigen Lumens des Centralcanals zum Dreieck beginnt, ausser dem Centralcanal noch eine zweite und zwar schlitzförmige, quergerichtete (frontale) unter dem mittleren Theile des hinteren Querschnittrandes sich findende Höhle auf, welche erst klein, dann in den caudalwärts folgenden Querschnitten immer grösser wird und weiter nach unten mit dem dreieckigen Lumen des Centralcanals durch einen von ihrer Mitte nach vorn abgehenden Verbindungscanal ?) sich vereinigt (Fig. 2—9). Dieses geschieht folgendermaassen: Schon einige wenige Schnitte abwärts vom Schnitte db, dicht vor der Mitte der Hinterwand des Rückenmarkquerschnittes tritt ein dunkler schmaler 1) Siehe auch die Erklärung der betreffenden Abbildungen. 2) Selbstverständlich existirt dieser Verbindungscanal in Wirk- lichkeit gar nicht und kommt zur Erscheinung nur, indem wir das eigenthümlich gestaltete obere Ende des Ventrieulus terminalis in hori- zontale Querschnitte zerlegen. ee Zn nn Ueb. d. Gestalt u. d. Entstehungsweise d. Ventriculus terminalis ete. 511 Querstreifen auf, aus einer dichten Ansammlung intensiv sich färbender runder Kerne und wie es stärkere Vergrösserungen lehren, den runden Kernen des Ependyms des Centralcanals durchaus ähnlich aussehend. Diese streifenförmige Kernansammlung hat bei seinem ersten Auftreten nur eine geringe Ausdehnung. Sie vergrössert sich weiter in den nächst folgenden Schnitten in frontaler Richtung (nach rechts und links), nimmt aber in der Richtung von hinten nach vorn (dorsoventral) kaum das hinterste Viertel der Strecke zwischen Centralcanal und Hinterwand des Rückenmarkquerschnittes ein. Besonders zu erwähnen ist, dass die Strecke zwischen dem Querstreifen und dem Centralcanal durch- aus keine Kernvermehrung zeigt und ganz dasselbe Aussehen, wie in den höher gelegenen Querschnitten, aufweist. Ein paar Querschnitte abwärts von seinem ersten Auftreten bildet dieser frontale Querstreifen eine die Längsaxe einnehmende enge spaltförmige Höhle, welche so- mit nahe und parallel dem mittleren Abschnitte der Hinterwand des Rückenmarkes verläuft und ringsum von zahlreichen runden Kernen besetzt ist. In den darauf nach abwärts folgenden Schnitten dehnt sich diese Höhle immer mehr aus, vorwiegend in frontaler Richtung und wird nach unten (caudalwärts) allmählich breiter und vor Allem länger, die Kerne um dieselbe noch zahlreicher, namentlich an deren lateralen Enden (Fig. 2 bis 5). Sobald der Spalt eine gewisse Ausdehnung er- reicht hat, zeigt er seiner Länge nach einen wellenförmigen Verlauf, indem seine lateralen Theile etwas nach vorn umbiegen, während der mediale Theil des Spaltes auch eine Biegung nach vorn macht, dem Verlauf des hinteren Randes des Rückenmarkes auf dem Querschnitte folgend. Von nun an die Schnittserie caudalwärts verfolgend, merkt man, dass, während die lateralen Enden des Querspaltes den dichtesten Kernbesatz aufweisen, auch die vordere (ventrale) Wand in ihrem mitt- leren Theile eine dickere zapfenartig nach vorn vorspringende Kern- anhäufung bekommt und sich zugleich auch selbst in diesen Kern- zapfen nach vorn spitz ausbuchtet (Fig. 7). Diese Ausbuchtung ver- längert sich immer mehr ventralwärts und nachdem sie etwa die Mitte der Strecke zwischen der Hinterwand des Rückenmarks und dem Cen- traleanal erreicht hat, sieht man in ihrer Fortsetzung nach vorn (ven- tralwärts) einen soliden aus Kernen bestehenden Streifen zur Hinter- wand des dreieckigen Centralcanals führen (Fig. 8). Ferner sieht man in den nächst unteren Querschnitten diesen aus Kernen bestehenden Streifen hohl werden und die Verbindung zwischen dem Querspalt und dem dreieckigen Centralcanal herstellen. Auf diese Weise bildet sich die oben auf dem Querschnitte e beschriebene eigenthümliche Lichtung (Fig. 9). Ad. 2. Der Uebergang von ce zud (Fig. 9 bis 18, Taf. XXIV). Eine Durchmusterung der dazwischen liegenden Querschnitte macht es vollständig klar, wie es aus der Lichtung des Querschnittes c die Höhle des Querschnittes d wird. Vone abwärts wird der Rücken- markquerschnitt von vorn nach hinten (dorsoventral) immer flacher und auch die Lichtung verändert dabei ihre Gestalt. Vor Allem wird der Archiv f. mikrosk. Anat, Bd. 52 34 512 P. Argutinsky: mediane Verbindungscanal nach und nach breiter (Fig. 9—11), wobei auch seine Seitenwände, je weiter abwärts, desto mehr nach hinten divergiren. Ebenso wird der vordere mit der Spitze nach vorn ge- richtete Abschnitt der Höhle aus einem spitzen allmählich zu einem stumpfen Winkel (Fig. 9—13). Zu gleicher Zeit dehnt sich aber auch der hintere frontal gerichtete Theil der Höhle nach rechts und links aus und erreicht fast die Seitenränder des Rückenmarkquerschnittes (Fig. 9—15). Indem nun der gesammte vordere Rand der stetig in die Breite wachsenden Höhle sich abflacht und dem hinteren Rande sich nähert und die Wände der Höhle sich immer mehr verdünnen, kommt allmählich das Bild des Querschnittes d zu Stande, das eine grosse dünnwandige frontal gerichtete Höhle darstellt (Fig. 18). In der nun folgenden Beschreibung der Rückenmarke der unten angeführten Neugeborenen, resp. reiferen Foeten, kann ich mich kürzer fassen. Auch hier werde ich bei der Beschreibung ebenfalls von den in bestimmten Höhen gewonnenen Schnittflächen ausgehen und dieselben ebenso, wie oben beim Neugeborenen AA, bezeichnen. Somit bedeutet auch im Folgenden: a einen Querschnitt in der grössten Breite der Lendenan- schwellung; b einen Querschnitt durch den unteren Theil des Conus, nahe oberhalb des Auftretens des frontalen Querstreifens aus dicht gehäuften Kernen, also nahe oberhalb des Ventrieulus terminalis; c einen Querschnitt in der Höhe der lanzenförmigen Höhle, dem oberen Abschnitt des Ventrieulus terminalis entsprechend; d. entspricht der sackartigen Höhle, der grössten Breite des Ventrieulus terminalis; e bezeichnet einen Querschnitt durch den unteren Theil des Ventrieulus terminalis; endlich stellt f einen Querschnitt dar, der nahe unterhalb des unteren Endes des Ventrieulus terminalis liegt. Hier tritt, als die un- mittelbare Fortsetzung des Ventrikels, wiederum der Centralcanal auf, dessen Weite an dieser Stelle (im Bereiche des Querschnittes /) ungefähr den Dimensionen des Centralcanals in der Lendenan- schwellung gleicht. Object EE. Riückenmark eines reifen Neugeborenen. Formolhärtung. Fig. 19 bis 31, Taf. XXIV.) Das Object EE zeigt eine grosse Uebereinstimmung mit dem Objecte AA in Bezug auf die uns interessirenden Verhältnisse. Ueb. d. Gestalt u. d. Entstehungsweise d. Ventrieulus terminalis ete. 513 Auf der Höhe der Lendenanschwellung, im Querschnitt a, wie 15 Millimeter tiefer im Querschnitt b, erweist sich bei diesem Neuge- borenen der Centralcanal in seinem Lumen weiter und (dorsoventral) länger, als bei anderen Objecten. In den beiden Querschnitten, in a und in 5b bietet er gleiche Dimensionen. Aber auch bei diesem Neu- geborenen tritt schon einige Schnitte caudalwärts von b, dicht vor dem medialen Theile der Hinterwand des Rückenmarks eine verhält- nissmässig kleine frontal gerichtete streifenförmige Kernanhäufung auf, die sich in der Querschnittebene nach vorn und nach hinten scharf abgegrenzt zeigt. In den nächsten nach unten folgenden Schnitten nimmt die Keranhäufung an Grösse rapide zu, wobei sie nach den lateralen Seiten hin wächst und von der Mitte ihres Vorderrandes nach vorn sich zuspitzt (Fig. 19, 20). Zu gleicher Zeit aber lässt diese Kern- anhäufung ein frontal gerichtetes, scharf umsäumtes Lumen in sich axial entstehen, welches im kleinen Maassstabe die Form des Kern- haufens wiedergiebt und auch eine spitze mediane Vorbuchtung von der Mitte seiner Vorderwand nach vorn sendet (Fig. 21). Nach ihrer weiteren Zunahme in den nächst folgenden Querschnitten vereinigt sich diese Querspalte mittelst ihrer vorderen Ausbuchtung mit der sagittal gerichteten Höhle des Centralcanals und es entsteht auf diese Weise die für den Querschnitt ce charakteristische Lichtungsfigur (Fig. 22), die wir im Allgemeinen bereits beim Objecte AA eingehend besprochen haben. Die nun so entstandene T-förmige Höhle zeigt beim Neugeborenen EE eine etwas abweichende Gestalt im Vergleich mit der des Neuge- borenen AA. Und es ist auch ganz klar, weshalb dieses der Fall ist. Während nämlich in AA der Centralcanal vor der Vereinigung mit dem Querspalt in seinem hinteren Theile in die Quere sich verbreitert und auf dem Querschnitte zum breiten gleichschenkeligen Dreieck mit der Spitze nach vorn und der Basis nach hinten (dorsalwärts) wird, bleibt in EE der Centralcanal in seiner ursprünglichen ovalen Form bestehen, wodurch nach der Vereinigung mit dem Verbindungscanal eine gegen AA etwas abweichende Gestalt der Lichtung resultirt. An dieser Lichtung kann man auch beim Neugeborenen EE scharf die unmittelbare Fortsetzung des Centraleanals — Vordertheil der Lichtung — von dem hinteren Theile der Lichtung unterscheiden. Die Umwandlung der Lichtungsfigur des Querschnittes e (Fig. 22) zu der Höhle des Querschnittes d (Fig. 31) findet bei diesem Object in gleicher Weise, wie bei AA statt. Fassen wir dieses näher in’s Auge. Auch hier tritt, wenn wir vom Querschnitte e nach unten (caudalwärts) vorschreiten, eine allmähliche Verschmälerung, Verflachung der Rücken- markquerschnitte in sagittaler Richtung ein, wogegen die frontale Ausdehnung der Querschnitte erst viel später sich verjüngt. Während der Rückenmarkquerschnitt sich so ändert, finden wir (von c zu d) folgende Umgestaltung der Lichtung vor. Der vorderste mit der Spitze nach vorn gerichtete Abschnitt der Lichtung, der anfangs einen sehr spitzen Winkel darstellt, erweitert sich allmählich zu einem stumpfen 514 P. Argutinsky: Winkel; zugleich wird der Verbindungscanal immer breiter und seine Seitenränder divergiren immer mehr (Fig. 23—28), während die ganze Lichtung in frontaler Richtung nach rechts und links wächst. Im Weiteren flacht sich die ganze Lichtung in sagittaler Richtung immer mehr ab und wird schliesslich zu einer abgeplatteten frontal gerichte- ten Höhle, deren vorderer Rand einen sanften nach vorn convexen Bogen bildet und deren hinterer Rand eine leicht wellenförmige nach hinten convexe Bogenlinie bildet (Fig. 29—31). Zweite Tabelle (Object EE). I 180 111 IV VW VI Annähernde Durchm. der Durchm. d. Lich- verticale Ent- | Schnitt | Schnitt. in mm): | tungen (in mm) fernungen der flächen Schnittflächen sagittal | frontal | sagittal | frontal 15 ja 5,1 | 5,8 0,38 | 0,15 11, Ib 1,75 1,9 0,41 0,15 1 Ic 1,29 1,34 0,95 0,61 d 0,76 1,21 0,21 0,95 Pre | | f _ — 0,35 0,25 21a OÖbjeet HH. Rückenmark eines Foetus von 42 em. Ge- sammtlänge (28 em Steissscheitellänge). Alcoholhärtung. (Etwa 9. Schwangerschaftsmonat.) Die Schnittreihe zwischen den Querschnitten b und e durch- musternd, treffen wir auch bei HH das Auftreten der Kernanhäufung unter dem mittleren Theile des hinteren Querschnittrandes, die sich weiter caudalwärts rasch nach rechts und links ausdehnt, zusehends grösser wird und bald in ihrem axialen Abschnitt ein frontal gerich- tetes, scharf begrenztes Lumen zeigt, das sich dann mittelst einer von der Mitte seiner Vorderwand nach vorn abgehenden, mit jedem fol- genden Schnitt sich verlängernden, von Kernsaum besetzten Fortsatz mit dem Centralkanal verbindet und so die typische, lanzenförmige Lichtungsfigur des Querschnittes ce entstehen lässt. Der Uebergang von c zu d findet ebenfalls ganz so statt, wie wir ihn bei AA beschrieben haben. Ueb. d. Gestalt u. d. Entstehungsweise d. Ventrieulus terminalis etc. 515 Dritte Tabelle (Öbjeet HH). I II II Iv V vI Annähernde ‘ / Durchm. der Durchm. d. Lich- verticale Ent- | Schnitt- Schnittfl. (in mm) tungen (in mm) fernungen der | Aüchen Schnittflächen sagittal | frontal | sagittal | frontal 16 ja | 4,32 5,21 0,18 0,08 11/5 |b 2,05 2,63 0,32 0,13 2 IE 1,0 1,64 0,53 0,36 | d 1,0 1,34 0,68 1,0 5 !e _ u _ = | f _ —_ 0,16 0,16 241/, mm Objeet P. Rückenmark eines Foetus von 32 cm. Gesammt- länge (20 em Steissscheitellänge). Härtung in Müller’schen Flüssig- oO Oo fo) keit. (Etwa 7. Schwangerschaftsmonat.) Dieses kleinste unter den in dieser Reihe angeführten Unter- suchungsobjecten zeigt zwar in mancher Hinsicht Abweichungen gegen= über der vorgeschrittenen Stadien, worüber wir noch weiter unten sprechen werden, aber auch hier zeigt sich der Uebergang vom Schnitte b zum Schnitte e ganz in derselben Weise, wie wir im Vorhergehenden geschildert haben, d. h. ebenfalls durch die Vereinigung des Central- canals mit einer nahe am Hinterrande des Querschnittes gelegenen, frontal gerichteten spaltförmigen Höhle. Vierte Tabelle (Object P). I Jul 1II IV V VI Annähernde Durchm. d. Lich- verticale Ent- tungen (in mm) fernungen der Durchm. der Schnitt- : Schnittfl. (in mm) flächen Schnittflächen sagittal | frontal | sagittal | frontal [a 3,25 4,15 0,26 0,13 10 | b _ — 0,15 0,08 1/, | le = = 0,40 0,49 5 | d _ — 0,15 0,25 151/, mm 516 P. Argutinsky: Object U. Rückenmark von einem reifen Neugeborenen. Aleoholhärtung. Auch dieses Object zeigt (mit geringen Abweichungen) denselben Grundvorgang beim Uebergang von b zu c, wie die vorhergehenden Objeete, und um Wiederholungen zu vermeiden, sei hier nur auf das früher Mitgetheilte hingewiesen. Fünfte Täbelle (Object U). 7 ea Iv v vI Annähernde Schnitt Durchm. der Durchm. d. Lich- verticale Ent- [ 227 | Schnittfl. (in mm) | Zungen (in mm) fernungen der | flächen Schnittflächen sagittal | frontal | sagittal | frontal 141), la 3,9 6,11 | 0,21 0,26 1/g |) 1,0 1,79 0,21 0,32 2 je 0,98 |. 177 0,55 0,43 | d 0,47 1,10 0,20 0,92 6 e — — — — | f _ — 0,05 0,26 23 mm | ObjeetV. Rückenmark vom Neugeborenen. Aleoholhärtung. Sechste Tabelle (Object V). EN l IT I; v vı Pe Durchm. der Durchm. d. Licht- Schmatt- Schnittfl. (in mm) tungen (in mm) flächen _ ; £ ' sagittal | frontal | sagittal | frontal - (8,37) | (4,11) (0,16) | (0,11) a DZ — — — b 1,42 1,63 0,37 0,08 & 1,50 1,50 1 0,74 d 0,5 1,32 VOR 1,29 e 0,28 0,86 0,09 0,70 h B., | auge Ueb. d. Gestalt u. d. Entstehungsweise d. Ventriculus terminalis ete. 517 Die Sehnittreihen des Objeetes V sind besonders lehrreich, denn sie zeigen, wie der Typus der Ventrikelbildung sogar bei zufälligen ungünstigen Verhältnissen doch eingehalten wird. Beim Objeet V erweist sich nämlich am Rückenmark eine zufällige Abweichung — die wir auch sonst hie und da getroffen haben — und zwar finden wir an ihm auf Strecken einen tiefen Suleus medialis posterior, der sich weiter eaudalwärts hin, im unteren Theile des Conus, in seinem peripheren, oberflächlichen Theile verwachsen zeigt, in seinem inneren, tieferen Theile aber nicht verwächst, und auf entsprechenden Querschnitten eine (Blutgefässe enthaltende) spaltförmige Lücke darstellt, die somit hinter (dorsalwärts) vom ÜCentralcanal liegt. Diese Ge- webslücke ist auf den betreffenden Querschnitten nach hinten (dorsalwärts) und, wegen einer leichten Assymmetrie des Rücken- marks in dieser Höhe, zugleich etwas nach rechts gerichtet; sie beginnt direet hinter dem Centraleanal und endet im einer ziem- lichen Entfernung vom Hinterrande des Querschnittes. Verfolgen wir nun unsere Querschnitte des Objectes V, von oben nach unten vorschreitend, und beginnen wir am Conus, eine Strecke weit oberhalb des Ventriculus terminalis. Der oberste Querschnitt dieser Reihe hat keinen tiefen Sulcus medialis posterior. Sein von vorn nach hinten gerichteter Centralcanal hat einen sagittalen Durchmesser von 0,37” mm und einen frontalen von 0,08mm, während die entsprechenden Maasse des Querschnittes selbst 1,42 mm sagittal und 1,63 mm frontal sind. Eine Reihe von Schnitten weiter nach unten sehen wir, dass der Centralcanal etwas grösser geworden ist und jetzt sagittal 0,58 mm und frontal 0,13mm misst. Zugleich sehen wir den besprochenen Suleus medialis posterior auftreten und in den darauf folgenden Quer- schnitten durch die oben beschriebene Weise eine Gewebslücke hinter dem Centraleanal bilden. Von hier an ist diese Gewebslücke in einer Reihe von Schnitten im unteren Theile des Conus zu sehen und sie hört erst unmittelbar vor dem Auftreten der Lichtungsfigur des Quer- schnittes ce auf, also bleibt noch in den Schnitten bestehen, in denen vor dem Hinterrande des Conusquerschnittes die obere frontal gerichtete Ausbuchtung des Ventriculus terminalis, „die frontale Querhöhle“, auf- tritt, welche dann also dorsalwärts von dieser Lücke zu liegen kommt. Sobald wir, die Schnitte caudalwärts hin durchmusternd, in das Gebiet des Ventrieulus terminalis gelangen, so bemerken wir an den Querschnitten zweifache Veränderungen. Erstens, eine Veränderung am Centralcanal, der sich in seinem hinteren (dorsalen) Abschnitte zu erweitern beginnt, indem sich an ihm ein etwas schräg verlaufender hinterer, dritter Rand bildet. Zweitens, sehen wir nahe am hinteren 518 P. Argutinsky: Querschnittrande einen frontal gerichteten, aus dicht gelagerten Kernen bestehenden Querstreifen auftreten, der in den nächst unteren Querschnitten sich namentlich in der Länge vergrössert und in sich eine axiale, frontal gerichtete, querspaltartige Höhle entstehen lässt. Vom vorderen Rande dieser Höhle sehen wir nun gleich weiter unten auf dem der Figur 33 entsprechenden Querschnitte einen soliden, aus Kernen bestehenden Fortsatz nach vorn abgehen, aber nicht von der Mitte des Vorderrandes, wo dicht davor die oben beschriebene Ge- webslücke liegt, sondern unmittelbar (links) an der Gewebslücke vor- bei und somit vom (linken) Ende der frontal gerichteten Höhle. In den nächstfolgenden Querschnitten (Fig. 34—36) finden wir sowohl am Centralcanal, als an der querspaltartigen Höhle weitere Veränderungen vor. 1. Der hintere Rand des Centralcanals ver- grössert sich und damit nimmt auch der hintere dorsale grössere Theil des Centraleanals an Breite zu, bekommt schliesslich auf dem Quer- schnitte eine unregelmässig dreieckige Form, während der vordere kleinere (ventrale) Centraleanalabschnitt fast unverändert eng bleibt. 2. An der von dichten Kernen umgebenen, vor dem Hinterrand des Querschnitts frontal verlaufenden querspaltartigen Höhle bemerken wir Folgendes. Sie vergrössert sich ebenfalls, nimmt an Breite und be- sonders an Länge unter Beibehaltung ihrer Form zu und zeigt sich von noch dickerem Kernbesatz umgeben. Der vom linken Ende ihres Vorderrandes dicht an dem linken Rande der Gewebslücke vor- bei nach vorn abgehende solide, aus Kernen bestehende Fortsatz nimmt ebenfalls zu und höhlt sich in den nächstunteren Schnitten aus, wodurch eine nach vorn und etwas nach links abgehende Aus- buchtung der Querhöhle (der Querspalte) gebildet wird. In der Fig. 36 ist dieser nun hohle Fortsatz so weit nach vorn vorgedrungen, dass er die Hinterwand des Centralcanals berührt. In der Fig. 37, die dem Querschnitt e der vorhergehenden OÖbjeete entspricht, sehen wir bereits unter den beim Objeet V ungünstigen Verhältnissen die Ver- einigung des Querspaltes und des Centralcanals, wie in den vorher- gehenden Objecten, mittelst des Verbindungscanals_ stattfinden und zwar unter Bildung einer Lichtungsfigur, die den ihr zu Grunde liegenden, schon mehrfach erwähnten Typus der T-Figur doch noch erkennen lässt. Wäre der Verbindungscanal von der Mitte der Quer- höhle abgegangen, so hätten wir auch hier eine vollkommene T-figur; da aber dieses durch das Vorhandensein einer Gewebslücke vor der Mitte des Vorderrandes des Querspaltes unmöglich wurde, und da der Verbindungscanal vom (linken) Ende der @Querhöhle hat abgehen müssen, so fehlt nun natürlich ein Querarm der T-Figur, während der andere Querarm besonders lang ausgefallen ist. Die Fig. 38 und 39 stellen Anfangsstadien des Ueberganges des oberen Abschnittes des Ventrieulus terminalis zu der den mittleren Theil des Ventrikels charakterisirenden weiten Höhle vor. Wir finden in diesen Figuren den Verbindungscanal schon sehr bedeutend erweitert, in der Figur 39 sehen wir die ganze Höhle in die Quere Ueb. d. Gestalt u. d. Entstehungsweise d. Ventriculus terminalis ete. 519 sich ausdehnen und erweitern, wie wir es bereits auch an anderen Objecten beschrieben haben. Nach einer Reihe von Schnitten finden wir schliesslich Quer- schnitte vor uns, die gar keine Aehnlichkeit mehr mit den Rücken- markquerschnitten haben, sondern eine zu einer Spalte abgeplattete grosse Höhle mit verhältnissmässig dünnen Wänden darstellen und dem Querschnitt d der anderen Objecte entsprechen. Wir bemerken am Object V noch eine Thatsache. Wenn wir nämlich aus diesem mittleren Theile des Ventrieulus terminalis eine Reihe von Querschnitten durchsehen und mit einander vergleichen, so überzeugen wir uns, dass die Contouren der Querschnitte und somit auch (der Höhle eontinuirlich sich ändern, so dass nur das Vorhanden- sein der Uebergangsschnitte uns davon überzeugen kann, dass die von einander so verschiedenen Figuren wie die Fig. 40 bis 44, den Quer- schnitten einer und derselben Höhle entsprechen. Ungefähr von der Höhe der Figur 44 an nach abwärts beginnt die fortschreitende Verjüngung der Höhle, fängt der untere Theil des Ventrieulus terminalis an, welcher sich eaudalwärts hin allmählich immer ınehr verengt ‚und schliesslich zum Centralcanal des Filum ver- schmälert. Indem wir nun an einer Reihe von Serienschnitten einen Gesammtüberblick über die Querschnittbilder des Ventrikels in verschiedener Höhe bekommen haben, versuchen wir uns zunächst die Gestaitung des oberen Endes des Ventriculus terminalis und die Art seines Ueberganges nach oben hin in den Central- canal zu vergegenwärtigen. Zu diesem Zweck bleiben wir, da wir bei allen untersuchten Objeeten im Allgemeinen dieselben Verhältnisse gefunden haben, beim Objeet AA stehen, stellen uns den ganzen Ventrikel vor und reconstruiren uns auf Grund der Zusammenfassung der betreffenden Zeichnungen die Gestalt und die Contouren seiner Abgrenzung nach oben (kopfwärts) hin und seinen Zusammenhang mit dem weiter nach oben hinaufsteigenden Centralcanal (conf. Fig. 451 auf Taf. XXV und die Erklärung dazu). : eg Die obere (proximale) Abgrenzung des Ventriculus terminalis kann in ganz natürlicher Weise in der ventrodorsalen Richtung (d. h. von vorn nach hinten) in drei Abschnitte getheilt werden, in einen vorderen (ventralen), einen mittleren und hinteren (dor- salen) (Fig. 45). Nur in den vorderen (ventralen) Abschnitt des obersten Theiles des Ventrieulus terminalis geht der Üentralcanal- des 520 P. Argutinsky: Conus über. Im Objeet AA findet dies unter Umwandlung der engen sagittalen Spalte des Centralcanals zu einem grösseren dreieckigen Lumen statt, indem am Centralcanal zu seinen beiden Rändern noch ein dritter dorsaler Rand allmählich hinzutritt. Eben solche Umwandlung des sagittal gerichteten Spaltes des Central- canals des Conus in ein grösseres dreieckiges Lumen bei seinem Uebergang in den vorderen (ventralen) Abschnitt des obersten Theiles des Ventriculus terminalis beobachten wir bei vielen unseren Objecten!). Der mittlere Abschnitt des obersten Theiles des Ventri- eulus terminalis stellt ein spitzes Dach dar mit der median ge- richteten, nach vorn etwas abschüssigen Firste und mit den nach rechts und links abfallenden Dachflächen (Fig. 45 D). Der hintere (dorsale) Abschnitt der oberen Ventrikelgrenze reicht weiter nach oben (kopfwärts), als die Firste des mittleren Theiles und bildet eine quer gerichtete (frontale) spaltförmige, nach oben sieh verschmälernde, bei AA eine recht bedeutende blinde Fortsetzung des Ventrikels, welche hinten (dorsalwärts) sich, wie eine Sattellehne, an den mittleren Abschnitt anschliesst. Ein genau median durch die obere Grenze und den obersten Abschnitt des Ventrieulus terminalis geführter Sagittalschnitt würde ungefähr eine Begrenzungslinie darstellen, wie sie die Fig. 45 III auf Tafel XXV wiederzugeben bestrebt ist. Wie uns somit die Gestalt der oberen Ventrikelgrenze zeigt, geht in den Centraleanal hinauf nicht die gesammte Wandung des Ventrieulus terminalis über, sondern nur der vordere (ventrale) Abschnitt der Ventrikelwand, während die ganze übrige Wandung der Ventrikelhöhle eine nach dorsalwärts und zum Theil nach oben hinauf gerichtete grosse Ausbuchtung darstellt. Diese Aus- buchtung reicht bis nahe an die hintere Wand des Rückenmarks und endet nach oben (kopfwärts), wie wir gesehen haben, blind in Form eines Daches mit sagittal gerichteter, nach vorn ab- schüssiger Firste und einer hinten (dorsalwärts) daran sich an- schliessenden frontal gerichteten Querspalte, welche letztere merk- lich weiter hinaufreicht, als die erwähnte Uebergangsstelle des 1) Aber dieses findet z. B. nicht statt beim Object EE, wie uns die Fig. 19—22, Taf. XXIV lehren. Hier geht der Centralcanal ohne Jegliche Formveränderung direetin den vorderen Abschnitt des obersten Theiles des Ventriculus terminalis über. Ueb. d. Gestalt u. d, Entstehungsweise d. Ventrieulus terminalis ete. 521 vorderen Abschnittes des Ventrikels in den Centraleanal (Figur 451 und 451). Wenn wir nun umgekehrt, vom Uebergang des Central- canals in den obersten Abschnitt des Ventrieulus beginnend, an der vorderen Ventrikelwand Schritt für Schritt herabsteigen, so können wir sehr genau die Fortsetzung der Wände des Central- canals in den vorderen Theil der Ventrikelwand verfolgen. Auch überzeugen wir uns dabei nochmals, dass in den obersten Ab- schnitt des Ventrieulus terminalis gerade nur das Epithel des vorderen Theiles der Ventrikelwand den Charakter und das Aus- sehen wie oben am Centraleanal bietet, wogegen der übrige Theil des oberen Abschnittes des Ventrikels eine Zellenwand besitzt, deren Aussehen dem ursprünglich embryonalen Charakter des Ependyms entspricht. (Fig. 50 auf Tafel XXV.) Gehen wir nun zu den Querschnitten über, die in der Höhe der grössten Ausdehnung des Ventrieulus terminalis angelegt sind, und versuchen wir über die Gestalt dieses Theiles des Ventrieulus terminalis uns eine Anschauung zu bilden. Während der Querschnitt des oberen Absehnittes des Ven- triculus terminalis in der überwiegenden Mehrzahl der Objecte eine typische Form darstellt, zeigt der Querschnitt durch die srösste Breite (wir nennen ihn den mittleren Abschnitt des Ventrieulus terminalis, obgleich er viel näher dem oberen Ven- trikelende, als dem unteren gelegen ist) eine verschiedene Ge- stalt. Statt einer detaillirten Beschreibung der erhaltenen Be- funde, lasse ich je eine Querschnittzeichnung dieses mittleren Abschnittes des Ventriculus terminalis (bei einer geringen Ver- grösserung 19:1) von einer Anzahl von Objecten folgen und daneben zum Vergleich bei derselben Vergrösserung auch die Lumina der entsprechenden Centraleanäle von der Höhe der Lendenanschwellung (Fig. 521 bis Fig. 52 X auf Taf. XXV)N). Die dünnwandige Begrenzung der Ventrikelhöhle zeigt in vielen von diesen Zeichnungen (Fig. 521, U, III, V, VOI,X) gar keine Aehnlichkeit mit der Gestalt eines Rückenmarkquer- schnittes, während in den andern Zeichnungen (Fig. 52 IV, VI, 1) Nur bei den Objecten V und F sind die Lumina des Central- eanals aus dem Dorsalmark angegeben, da die entsprechenden Zeich- nungen aus der grössten Breite der Lendenanschwellung verloren ge- gangen sind. 522 P. Argutinsky: VII, IX) die. eharakteristischen -Contouren eines Rückenmark- querschnittes noch mehr oder weniger deutlich zu. erkennen sind. Im ersten Falle — in über der Hälfte der Objeete — finden wir den von dünnen Wänden umgebenen Ventrieulus terminalis oft eine verhältnissmässig grosse Höhle darstellen und, wie die entsprechenden Figuren zeigen, ist dieselbe im Querschnitt einem weit offenen, oder abgespalteten, oder in verschiedenen Längs- spalten gelegten Sack gleich). Im zweiten Falle hat der Ventrieulus terminalis auch hier, in der Gegend seiner grössten Breite, im Vergleich zu den eben beschriebenen sackartigen Höhlen gewöhnlich geringere Maasse; ist von dieken (besonders ventralwärts) Wänden umgeben, deren Peripherie die Rückenmarkseontouren erkennen lässt, und somit liegt dann nicht allein der obere, sondern auch der mittlere Theil des Ventrieulus terminalis noch im Bereiche des untersten Abschnittes des Conus medullaris. Die Gestalt der grössten Breite des Ventrieulus terminalis ist in diesen Fällen im Querschnitt meist einem niedrigen gleichschenkeligen Dreieck mit einer breiten, nach vorn gerichteten diekwandigen Basis?) und mit weniger dieken, geraden oder etwas eingebogenen Schenkeln gleich. (Fig. 52 IV, VL VID?) Die Querschnitte durch den unteren Theil des Ven- trieulus terminalis bieten wenig Bemerkenswerthes dar. Im proximalen Abschnitt dieses unteren Theiles der Ventrikelhöhle 1) Es ist gewiss anzunehmen, dass alle diese Faltungen des mitt- leren Theiles des Ventriculus terminalis an gehärteten Präparaten wohl hauptsächlich durch die osmotischen Vorgänge zwischen der Fixirungsflüssigkeit und dem Ventrikelinhalt durch die dünnen Wandungen hervorgerufen wurden und somit „künstlich“ entstan- den sind. 2) Also entgegen dem, was wir im oberen Abschnitte des Ven- triculus terminalis als typisch gefunden haben, wo wir die Spitze der Lichtung, der T-Figur, nach vorn gerichtet und die Basis nach hinten (dorsalwärts) liegend, beschrieben. 3) Während diese im Querschnitt dreieckige Gestalt (mit der Basis. nach vorn gerichtet!) des mittleren Theiles des Ventrieulus terminalis von W. Krause als eine für sein Material am meisten charakteristische Form beschrieben ist, entspricht sie bei Neage- borenen der Minderzahl der Fälle und, soweit ich beurtheilen kann, zugleich einer geringeren Ausbildung, geringeren Entwiekelung der Ventrikelhöhle. Ueb. d. Gestalt u. d. Entstehungsweise d. Ventriculus terminalis ete. 523 sehen wir oft die Form des mittleren Theiles in geringerem Massstabe sich wiederholen; so entspricht er oft ebenfalls einem offenen, oder einem abgeplatteten, oder in verschiedenen Längs- falten gelegten, sich nach abwärts verschmälernden Sacke; in der Riehtung nach unten (eaudalwärts) geht er in weiterer lang- samen und gleichmässigen Verjüngung ohne scharfe Grenze in den Centralcanal des Filum über. Dieser untere Theil des Ventrieulus terminalis ist beim Neugeborenen der längste und bedingt die bei ihm verhältniss- mässig bedeutende Länge des Ventrikels. Aus dem Vorhergehenden ergiebt sich in Kürze folgende Charakteristik für die Gestalt des Ventrieulus terminalis beim Neugebornen, wie sie sich auf Querschnitten darstellt: Der obere Theil des Ventrieulus terminalis — der am meisten typische — stellt im Querschnitt in den allermeisten Fällen eine T-Figur dar, die aus einem frontal verlaufenden hinteren (dorsalen) und einem sagittalen, genau durch die mediane Ebene von demselben nach vorn abgehenden Theile ge- bildet wird, welcher letztere an seinem vorderen Ende lanzen- förmig zugespitzt ist. Nur der vordere (ventrale) Abschnitt dieser Figur geht hinauf (kopfwärts) in den Centralcanal über, während deren hinterer (dorsale) Abschnitt in seiner ganzen Ausdehnung in eine blinde, nach oben gerichete Ausbuchtung des Ventriculus terminalis übergeht (Fig. 451, Taf. XXV). Der obere Theil des Ventrieulus terminalis ist immer von dicken Wänden umgeben, liegt immer im Bereiche des Conus medullaris, welcher die Con- figuration des Rückenmarkschnittes auch an dieser Stelle klar und deutlich zeigt. Der mittlere Theil des Ventrieulus terminalis zeigt, wie wir gesehen haben, zweierlei Verhalten; in der Mehrzahl der Fälle stellt er einen dünnwandigen offenen, oder abgeplatteten, oder in Längsfalten gelegten Sack dar (Fig. 46, 47 I—III, 48, 49), oder, in der Minderzahl der Fälle, liegt er noch ebenfalls innerhalb des Conus medullaris, hat diekere Wände (am dieksten ventralwärts), ist der dorsalen Conusfläche gewöhnlich näher ge- legen als der ventralen, besitzt meist geringern Durchmesser, als die sackartige Höhle, und hat eine dreieckige Gestalt, mit der 524 P- Arcutriusky: breiten nach vorn gerichteten Basis. (Fig. 52 IV, 52 VI, 52 VII, Taf. XXV). Der in der Richtung von oben nach unten allerlängste untere Theil des Ventrieulus terminalis, dessen Länge gewöhn- lich die des oberen und mittleren Theiles zusammengenommen erheblich übertrifft, zeigt sich in der Regel zu einer frontalen, von links nach rechts gerichteten Spalte in gehärteten Präparaten abgeplattet, welche Spalte nach unten hin ganz allmählich aber eontinuirlich sich verschmälert und ohne scharfe Grenze distal- wärts in den Centralcanal des Filum übergeht. Sehr interessante Verhältnisse ergibt auch das Studium der Ausbreitung des Flimmersaumes am Ventrieulus ter- minalis. Auf den oberhalb (proximalwärts) vom Ventrieulus termi- nalis geführten Querschnitten des unteren Theiles des Conus medullaris sehen wir an dem sagittal gerichteten spaltförmigen Centraleanal schön ausgebildete Flimmerhaare, die längs der beiden Seitenränder des Centralcanals in gleichmässiger Länge zu beobachten sind. In den Fällen, in denen der Centralecanal unmittelbar vor seinem Uebergang in den Ventrieulus terminalis unter Entstehung eines dritten — hinteren — Randes eine drei- eckige Form bekommt, habe ich an dem letztgebildeten dritten Rande (der Basis des Dreiecks) stets vergeblich Cilien gesucht und dieselben auch an Präparaten vermisst, an denen diese ver- gängliche Gebilde sonst vorzüglich zu sehen waren. Während, was den Ventrieulus terminalis selbst betrifft, so- wohl an den Schnitten durch den ganzen mittleren Theil desselben, als in dem gesammten unteren Theil!) eine vorzüg- lich sichtbare Flimmerbekleidung bei geeigneter Fixirung des Objects (bei Formol, bei Alcohol) nachzuweisen ist, finden wir etwas Abweichendes im oberen Theile des Ventrieulus ter- minalis. Wenn ich den oberen Abschnitt des Ventrieulus termi- nalis zum Nachweise des Flimmersaumes von oben nach unten (eaudalwärts hin) genau an unseren Objeeten durchmustere, so finde ich Folgendes: 1) Ebenso auch eaudalwärts an dem dem Ventrieulas terminalis sich anschliessenden Centralcanal des Filum. Ueb. d. Gestalt u. d. Entstehungsweise d. Ventrieulus terminalis ete. 525 In der querspaltartigen nach oben gerichteten blinden Fortsetzung des Ventrieulus terminalis habe ich an meinem Material nie, in gar keinem Falle und auf keiner Stelle der- selben, einen Flimmersaum gesehen, sondern immer und ausnahms- los hatte diese blinde Ausbuchtung eine flimmerlose Zellenbeklei- dung (Ependymwand), während auf demselben Querschnitte der Centralcanal des unteren Theiles des Conus medullaris an seinen Seitenwänden einen vortrefflich erhaltenen Flimmerbesatz zeigte!). Dagegen in demselben oberen Theile des Ventrieulus terminalis, vor Allem an seiner vorderen (ventralen) Wand, welche die un- mittelbare Fortsetzung der beiden Seitenwände des Centralcanals des Conus bildet, traf ich ausnahmslos vortreffliche Flimmerhaare, während auf den seitlichen Wänden und der hinteren Wand dieses oberen Ventrikelabschnittes erst mehr oder weniger nahe unterhalb des Querschnittes ce d. h. unterhalb des Auftretens der T-förmigen Lichtungsfigur sich ein Flimmersaum fand. Am Uebergange in den mittleren Theil des Ventrieulus ter- minalis hatte der obere Ventrikelabschnitt bereits immer in dem ganzen Umkreise seines Querschnittes einen Flimmer- saum. Somit hat der Ventrieulus terminalis überall eine Flimmer- bekleidung, ausgenommen seinen allerobersten Theil: die ge- sammt blinde obere (proximale) Ausbuchtung des Ventrikels hat keinen Flimmersaum, ist immer flimmerlos (und ebenso der mitt- lere Abschnitt der obersten (proximalen) Begrenzung des Ventri- eulus terminalis, d.h. die nach vorn etwas abschüssige Dachfirste ?). 1) Die Annahme, dass wir es hier mit einem Zugrundegehen dieser vergänglichen Gebilde im abhängig gelegenen (bei der gewöhnlichen Rückenlage der Leiche) Theile des Objects zu thun haben könnten, ist absolut nicht zulässig, da sonst dieser Flimmersaum an der gesamm- ten hinteren (dorsalen) Wand des mittleren und des unteren Ventrikel- abschnittes ebenso vortrefflich zu beobachten war, wie an seinen seit- lichen und vorderen Wänden. Auch haben wir fast immer (mit seitenen Ausnahmen) mit ganz frischem Material zu thun gehabt. 2) Weshalb dieses der Fall, ist wohl darin zu suchen, dass diese flimmerlosen Abschnitte des Ventriculus terminalis gerade die jüngsten, die zuletzt entstandenen sind; denn es ist eine allgemeine Regel, dass der Flimmersaum erst nachträglich nach der Ausbildung einer Epen- dymwand (ob Centralcanal, ob ein Ventrikel) entsteht (Prenant (14), Merk (15)). 526 P: Argutinskyi Und nun fragen wir uns, was die beobachteten Thatsachen in Bezug auf die wichtigste den Ventrieulus terminalis betreffende Frage, die Frage nach der Entstehungsweise des Ventrieulus ter- minalis lehren. Ist der Ventrieulus terminalis, wie alle Autoren einstimmig behaupten, ein persistirender, ursprünglich breiter embryonaler Centraleanal, welcher an anderen Stellen bei seiner weiteren Aus- bildung sich ganz bedeutend verengert hat, hier aber auf seiner früheren Entwickelungsstufe stehen geblieben ist; oder spricht nicht alles vielmehr dafür, dass der Ventriculus terminalis eine nachträglich entstandene und zwar durch die Wucherung der Wand des Centralcanals gebildete Höhle ist? In diesem letzteren Falle hätten wir hier mit einer echten Ventrikelbildung, analog der Bildung der Hirmventrikel zu thun, was gewiss ein grosses morphologisches Interesse beanspruchen dürfte. Wie es die oben angeführten und manche andere That- sachen lehren, ist wohl kaum zu bezweifeln, dass der Ventrieulus terminalis sich erst nachträglich durch die Wucherung der Wan- dung des Centralcanals, wie ein echter Ventrikel, bildet. Dieses ergibt sich aus folgenden Gründen: 1. Die Form der oberen (proximalen) Begrenzung des Ventrieulus terminalis, d. h. die oben genau beschriebene eigen- thümliche Gestaltung des Ventrikeldaches und insbesondere seiner blinden frontalen Ausbuchtung nach oben hin, kann nur nach- träglich durch eine an der entsprechenden Stelle stattgefundene Wuceherung der oberen dorsalen Wand (und der seitlichen Wände) entstanden sein; dagegen kann sie ganz unmöglich durch eine einfache Persistenz des ursprünglich weiten Centralcanals erklärt werden. Und was das Fehlen der Flimmerhaare gerade und nur an diesen Theilen des oberen Ventrikelabsehnittes betrifft, sowie der früh embryonale Charakter der Ependymwand daselbst, so sind das Criterien, worauf auch sonst am Rückenmark die weniger ausgebildeten, jüngeren Elemente und Abschnitte der Central- canalwand sich von den reiferen, älteren unterscheiden (Prenant (14), Merk (15) u. A.). 2. Bei den von mir untersuchten jüngeren Embryonen der- Jenigen Haussäugethiere, bei denen der Ventrieulus terminalis nach der Geburt nachgewiesenermaassen existirt, fand sich an der entsprechenden Stelle keine Spur einer Erweiterung des Ueb. d. Gestalt u. d. Entstehungsweise d. Ventriculus terminalis ete. 527 Centraleanals !), also muss der Ventrieulus terminalis unzweifelhaft nachträglich entstanden sein. 3. Der ursprünglich weite primitive embryonale Central- canal besitzt weder im Conus, noch sonst an irgend einer Stelle im ganzen Bereiche des Rückenmarkes, die Weite des Ventrieu- lus terminalis, dessen Peripherie auf Querschnitten, wie wir ge- sehen haben, bei Neugeborenen eine Ausdehnung von 3—4 mm erreichen kann; weshalb auch der Ventrieulus terminalis des Neugeborenen sehr gut mit dem blossen Auge auf dem Querschnitte zu sehen ist. 4. . Für die Entstehung einer verhältnissmässig so bedeu- tenden Erweiterung des Centralcanals, wie es der Ventrieulus terminalis darstellt, durch eine ependymale Wucherung der Wand scheint auch die ausserordentliche Kernvermehrung, Kernan- häufung zu sprechen, welche sowohl in der ganzen Länge des Ventrieulus terminalis, als namentlich an dem obersten Ventrikel- abschnitte?) an der hinteren Ventrikelwand (auch an seinen Seitenwänden) und deren nächsten Umgebung zu beobachten ist, aber weiter oberhalb (proximalwärts) vom Ventrikel sogleich und vollständig aufhört (Fig. 50, 51, Taf. XXV). 5. Für die Wandzellenwucherung am entsprechenden Ab- schnitte des Centralcanals, als der Ursache der Ventrikelbildung, spricht endlich das Vorkommen von Mitosen am distalen Ende des Rückenmarks in der späteren Zeit des embryonalen Lebens, wovon noch später die Rede sein wird. Aus alledem folgt, dass die Höhle des Ventrieulus termi- nalis durch eine am Ende des Conus medullaris und im Anfang des Filum terminale in bestimmter Ausdehnung stattfindende nach- trägliche bedeutende Wucherung der dorsalen Wand und der seitlichen Wände des Centralcanals entstanden ist, und bei sol- cher Sachlage müssen wir den Vorgang als eine (spät vor sich gehende) echte Ventrikelbildung, analog der Ventrikelbildung am Kopfende des Medullarrohres betrachten. 1) Dasselbe berichtet, wie wir oben gesehen haben, auch Saint- Remy in Bezug auf Meerschweinchenembryonen. 2) An der oberen (proximalien) Ventrikelgrenze wird auch das blinde Ende des Ventriculus terminalis vom Kernbesatz, wie von einer Kuppe, umschlossen. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 35 528 P. Argutinsky: Hier mögen noch einige Bemerkungen Platz finden, die als nahe liegende Folgerungen aus den gewonnenen Thatsachen zu nehmen sind. Der merkwürdige Erfolg dieser in der zweiten Hälfte des embryonalen Lebens lange Zeit hindurch vor sich gehenden Ven- trikelbildung scheint die langsame Einschmelzung des unteren Endes des Conus zu sein. Während vom unteren (distalen) Ende des Ventrieulus terminalis, wie wir später sehen werden, der Process der Verengerung, Verschmälerung desselben, des Ein- gehens desselben bis zum engen Lumen des Centraleanals lang- sam proximalwärts vorschreitet, erweist sich der obere Abschnitt und namentlich die obere Abgrenzung des Ventriculus terminalis im langsamen aber stetigen Weiterwachsen nach oben (proximal- wärts) hin, begleitet zugleich von der langsamen Vergrösserung des oberen und mittleren Abschnittes des Ventrieulus. Aus dem Zusammenspiel dieser beiden Momente während einer langen Zeitperiode — des stetigen Eingehens des unteren Endes und des stetigen Weiterwachsens der oberen Begrenzung — muss wohl das langsame Hinaufrücken des Ventrieulus termi- nalis am Rückenmark folgen, so dass es anzunehmen ist, dass der Ventrieulus terminalis eines jüngeren Embryo nach einiger Zeit sich in den mittleren und unteren Abschnitt des Ventrieulus terminalis desselben nun älter gewordenen Embryo umwandelt, während der obere Theil dieses späteren Ventrieulus terminalis neugebildet ist!).. Von diesem Vorgang wird wahrscheinlich auch die weitere Verlängerung des Filum terminale nach oben (proxi- malwärts) hin bedingt. Und so beobachten wir am distalen Ende des Rückenmarkes auch in verhältnissmässig später, vorgeschrittener Periode des 1) Ich möchte hier noch beiläufig erwähnen, dass, wenn ich den oberen Theil des Ventriculus terminalis bei dem jüngsten von mir unsersuchten menschlichen Embryo (Steissscheitellänge 15!/; em) mit dem des Ventrieulus terminalis des Neugeborenen vergleiche, so finde ich, dass der Ventrieulus im ersten Falle in einer nur wenig entwickel- ten Region des Rückenmarks liegt (nur Ependymwand und Randschleier vorhanden), während im zweiten Falle man einen regelrecht ausge- bildeten Conusquerschnitt findet, so dass im ersten Falle d.h. in einem früheren Stadium seines Bestehens der Ventriculus terminalis wahr- scheinlich mehr eaudalwärts liegt und in einem späteren Stadium proxi- malwärts verschoben sich zeigt, hinaufgerückt ist. Ueb. d. Gestalt u. d. Entstehungsweise d. Ventrieulus terminalis ete. 529 Embryonallebens neben dem — wovon im Weiteren die Rede sein wird — Reductionsprocess am unteren Abschnitt. des Ven- trieulus terminalis zu gleicher Zeit merkwürdiger Weise auch eine lebhafte Proliferation, eine rege Zellbildungsthätigkeit (in der dorsalen Wand und namentlich am oberen Abschnitt des Ventrikels), und zwar zu einer Zeit, in der das übrige Rücken- mark schon lange keine nennenswerthe Zellbildung erkennen lässt; eine lebhafte Proliferation, deren Enderfolg, wie wir ge- sehen haben, nicht Aufbau, sondern Schmelzung des Gewebes (des unteren Theiles des Conus) zu sein scheint. Auch sei hier noch Folgendes bemerkt. Die oben geschil- derte nachträgliche Entstehung einer Höhle im Rückenmark (Ventrieulus terminalis), die sich in verhältnissmässig später Periode des embryonalen Lebens aus dem Centraleanal durch Ependymwucherung bildet, stellt diesen normalen entwickelungs- geschichtlichen Process in eine gewisse Analogie mit dem patho- logischen der Syringomyelie. Bei diesem pathologischen Process haben wir es ebenfalls mit einer Höhlenbildung durch eine Wucherung der ependymalen Wand des Centraleanals zu thun, und die Bilder, die man dabei zu sehen bekommt, die enorme Kernansammlung um die entstandene Höhle erinnern lebhaft an die Verhältnisse des Ventrieulus terminalis. Auch die Thatsache, dass wir bei der Syringomyelie mit dem vorwiegenden Ergriffen- sein der dorsalwärts liegenden (hinteren) Abschnitte des Rücken- marks zu thun haben, zeigt eine Uebereinstimmung mit dem, was wir am Ventrieulus terminalis beobachten; denn auch bei der Bildung des Ventrieulus terminalis haben wir es vor Allem mit der Proliferation der Elemente der hinteren (dor- salen) Wand zu thun. Litteraturverzeiechniss. 1. Rauber, A., Die letzten spinalen Nerven und Ganglien. Morphol. Jahrb. Bd. III. 1877. 2. Krause, W., Der Ventrieulus terminalis des Rückenmarks. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XI. 1875. 3. Clarke, Lockhart, Further researches of the grey substance of the spinal cord. Philosophie. Transact. of the Royal Society of London. Bd. 149. 1859. 930 P. Argutinsky: 4. van Gieson, J., Laboratory notes of technical methods for the nervous system. New York medic. Journal 1889. (Citirt nach Fr. Merkel und R. Bonnet, Ergebnisse der Anatomie und Entwicklungsgeschichte, Bd. III. 1893 (1. Theil Anatomie, I. Technik von C. Weigert). 5. Schmauss, H., Technische Notizen zur Färbung der Achsen- eylinder im Rückenmark. Münchener medie. Wochenschr. Bd. 28. 1891. 6. Heidenhain, M., Ueber Kern und Protoplasma. Festschr. f. Kölliker, Leipzig. 1892. 7. Stilling, B., Neue Untersuchungen über den Bau des Rücken- marks, Cassel 1859. 8. Bidder, F. und Kuptfer, C., Untersuchungen über die Textur des Rückenmarks. Leipzig 1857. 9. Bräutigam, H., Vergleichend-anatomische Untersuchungen des Conus medullaris. (Dissertation) Dorpat 1892. 10. Saint-Remy, G., Recherches sur la portion terminale du canal de l’ependyme chez les Vertebres. Internat. Monatschr. f. Anat. und Physiol., Bd. V. 1888. 11. Loewe, L., Beiträge zur Anatomie und zur Entwicklungsge- schichte des Nervensystems der Säugethiere und des Menschen. Bd. I und Bd. II. Lieferung 1. Berlin und Leipzig, 1880—1883. 12. Charpy, A., Moelle epiniere in: Poirier, P., Trait& d’anatomie humaine Tome III, premier Faseiceule, Livre deuxieme. Paris 1894. 13. Krause, W., in Handbuch der menschlichen Anatomie von C. F. Th. Krause, 3. Aufl. von W. Krause. I. Bd. Allgemeine und mikroskopische Anatomie, Hannover 1876. 14. Prenant, A., Criteriums histologiques pour la determination de la partie persistante du canal ependymaire primitif. Internat. Monatschr. f. Anat. und Physiol. Bd. XI, 1894. 15. Merk, L., Die Mitosen im Centralnervensystem. Sep.-Abdr. aus den Denkschr. der mathem.-naturwissensch. Classe der Wiener Akademie Bd. LIII, Wien 1887. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXIV u. XXV. Tafel XXIV. Die sämmtlichen Figuren dieser Tafel stellen Querschnitte durch das distale Ende des Rückenmarks dar aus dem Gebiete des Ventri- eulus terminalis und aus dem Bereiche des unmittelbar über ihm lie- enden untersten Theiles des Conus medullaris. Dieselben sind bei einer und derselben geringen Vergrösserung möglichst genau mit dem Ueb. d. Gestalt u. d. Entstehungsweise d. Ventrieulus terminalis ete. 531 Zeiehenapparat von Abbe gezeichnet. Zeiss Obj. a* (bei 10) Oc.3 Tub. eing. Vergr. 19:11). Fig. 1—18. Aus der Querschnittreihe des Objeetes AA (Neugeborener), Fig. Fig. Fig. t. Einzelne Schnitte, etwas oberhalb des Ventriculus terminalis beginnend, und bis in den mittleren Theil des Ventrikels reichend. Ein Querschnitt, der dicht oberhalb des Ventrieulus terminalis liegt (aber unterhalb des im Texte beschriebenen Quer- schnittes D). 2—8 liegen im Gebiete der oberen blindsackartigen Ausbuch- tung des Ventriculus terminalis, zwischen den Querschnitten b und c. 9 entspricht dem Querschnitte c, d.h. dem Querschnitte durch den 19 ig. 20, . 22 ig. 31 ig. 32 oberen Abschnitt des Ventriculus terminalis, dicht unterhalb der blindsackartigen Ausbuchtung. . 10—17 liegen zwischen den Querschnitten ce und d und zeigen die allmähliche Erweiterung des oberen Ventrikelabschnittes und seinen Uebergang in den mittleren Theil des Ventriculus terminalis. '. 15 entspricht dem Querschnitt d, dem mittleren Theile des Ventri- eulus terminalis. (Den ganzen obersten Abschnitt des Ventriceulus terminalis des Objecten AA stellt das zusammenfassende plastische Bild Fig. 45I (und 45II) Taf. XXV dar (siehe die Erklä- rung dazu!) - . 19—31. Aus der Querschnittreihe des Objectes EE (Neugeborener). Von dem obersten (proximalen) Ende des Ventriculus terminalis bis in den mittleren Theil desselben. liegt unterhalb des Querschnittes D, trifft das obere Ende des Ventrieulus terminalis (d. h. die oberste, proximalste Stelle der Wand der blinden Ausbuchtung). 21 einzelne Schnitte durch die blinde obere Ausbuchtung des Ventrieulus terminalis. entspricht dem Querschnitte c. g. 23—30 einzelne Schnitte aus dem Uebergangsgebiete von e zu d, d. h. durch den oberen Ventrikelabschnitt und seinen Ueber- gang in den mittleren Theil des Ventriculus terminalis. entspricht dem Querschnitt d. (Die Ventrikelhöhle hat bei dem Objecte EE dicke Wände und erreicht nicht die Grösse, wie bei AA). . 32—44. Aus der Schnittlänge des Objectes V (Neugeborener). liegt im unteren Theile des Conus medullaris, oberhalb des Querschnittes b (zwischen den Querschnitten a und Db, viel näher zum letzteren). 1) Alle Vergrösserungen in beiden Tafeln sind nach directen Messungen angegeben. 532 P. Argutinsky: Fig. 33, 34, 35 gehen durch die blinde obere Ausbuchtung des oberen Ventrikelabschnittes. Fig. 37 (und auch 36) entspricht dem Querschnitt c. Fig. 38, 39 zeigen die fortschreitende Erweiterung des oberen Ab- schnittes des Ventriculus terminalis und den Beginn seines Ueberganges in den mittleren Ventrikelabschnitt. Fig. 40. Dieser Schnitt tritt nach einer Reihe der Fig. 39 caudal- wärts folgenden Querschnitte auf und entspricht dem Quer- schnitt d, d. h. der grössten Breite des mittleren Theiles des Ventrieulus terminalis. Fig. 41—44 sind Querschnitte aus dem mittleren Theile des Ventrieulus terminalis. Es sind hier auch die Contouren der grössere Blutgefässe enthaltenden Piaumhüllung mit gezeichnet. Die letzte Figur (44) zeigt schon die beginnende Verschmälerung der Ventrikelhöhle, den beginnenden Uebergang zu dem unteren Theile des Ventrikels. Tafel XXV. Ausgenommen die Figuren 45I—III, sind sämmtliche Abbil- dungen dieser Tafel mit dem Zeichenapparat von Abbe und zwar bei verschiedenen Vergrösserungen gezeichnet. Fig. 451, 4511 stellen Ansichten von der Seite (451) und von oben (4511) von einem plastischen, aus Modellirthon ausgeführten Modelle dar, welches letztere, soweit es ohne Anwendung der Platten- inodellirmethode möglich gewesen, bestrebt ist, eine sorgfältige und .getreue Wiedergabe der (von den Querschnitten der Figuren 2—9 getroffenen) Höhle des allerobersten Ventrikel- abschnittes des Objectes AA (bei einer genau 60fachen lineären Vergrösserung) zu sein. Auf der Zeichnung 451, die am Anschaulichsten die Gestalt des oberen Ventrikelendes wiedergiebt, sieht man links (im Präparate — dorsalwärts) vom mittleren Theile der Figur die bergartig sich erhebende blinde obere Ausbuchtung des Ven- trieulus terminalis, und rechts (im Präparate — ventralwärts) den sich nach unten hin aus einem Spalt zu einem Dreieck erweiternden Centralcanal. :.45III stellt (ebenfalls vom Object AA) die durch die mediane Ebene getroffene ideale Contour der oberen (proximalen) Abgrenzung des Ventriculus terminalis dar, so wie es die Figuren 1—9 und das plastische Modell lehren, bei einer beinah 27 fachen lineären Vergrösserung. Fig. 46 giebt den in der Figur 18 der vorhergehenden Tafel abge- bildeten Querschnitt vom Object AA bei einer Vergrösserung von 55:1 Zeiss Obj. AA, Oc. 21). Fi 9 1) Auf dieser Zeichnung sind auch die Cilien am Wandepithel Ueb. d. Gestalt u. d. Entstehungsweise d. Ventrieulus terminalis etc. 533 Fig. 47I—-III geben die in den Figuren 40, 42 und 44 abgebildeten Quer- schnitte vom mittleren Ventrikelabschnitt des Objectes V bei stärkerer Vergrösserung wieder. Fig. 47I Vergrösserung: 69:1 Zeiss Obj. AA Oe. 2, Tubuslänge 160 mm. Fig. 4TII Vergrösserung: 80:1 Zeiss Obj. AA, Oe. 3. Fig. 47 III Vergrösserung: 74:1 Zeiss Apochr. Obj. 16, Comp. Oe.4. Fig. 48. Fig. 49. Fig. 50. Querschnitt durch den mittleren Theil des Ventriculus termi- nalis vom Objeet Z (Foetus, Gesammtlänge 37 em, Alcohol- härtung), Zeiss Obj. AA, Oe. 3. Vergr. 80:1. Querschnitt durch den mittleren Theil des Ventriculus terii- nalis vom Öbjeete E (Foetus. Gesammtlänge 33 em, Härtung in Müller’scher Flüssigkeit), Zeiss Obj. AA, Oe. 3. Vergr. 80:1. Die beiden folgenden Figuren illustriren das massenhafte Auftreten von Kernen im Gebiete (des oberen Theiles) des Ventrieulus terminalis. Querschnitt durch den oberen Theil des Ventrieulus terminalis. Aus einer Schnittserie des Objectes EE, Zeiss Obj. AA, Oe. 2. Vergr. 55:1. Man sieht den grossen Unterschied zwischen der schmalen, dünnen vorderen Ependymwand des Ventrikels einerseits und der breiten hinteren (und seitlichen) andererseits. In der ganzen Umgebung der hinteren Wand sieht man bis zum Hinterrande des Querschnittes hin sehr zahlreiche Kerne, da- gegen bemerkt man nichts davon entsprechend der vorderen Begrenzung des Ventrikels und in der ganzen vorderen Hälfte des Querschnittes. . Ein Theil des Querschnittes durch den oberen Ventrikelabschnitt des Objeetes GG (Neugeborener, Alcoholhärtung), Zeiss Ob). AA, Oe. 1. Vergr. 44:1. Der vordere (ventrale) Theil der ependymalen Ventrikelwand bietet eine ganz geringe Dicke und durchaus dieselbe Be- schaffenheit, wie das Epithel des Centralcanals weiter oben im Conus medullaris. Der übrige Theil der Begrenzung des Ventrikels zeigt sich in dem dieser Zeichnung entsprechenden Präparate von einer mächtigen Schicht von Kernen gebildet, aber nicht so dicht und nicht so regelmässig angeordnet, wie in der vorderen (ventralen) Ventrikelwand. Auch in diesem Querschnitt ist die ganze Umgebung der ependymalen Hinter- wand übersäet mit Kernen, ganz ebenso, wie in der Figur 50. Aber ausserdem sieht man in diesem Querschnitt, wie es die Figur zeigt, einen breiten zungenförmigen, aus äusserst zahl- gezeichnet, nicht aber auf den Figuren 471, II, III, 45 u. 49. Auf den diesen Figuren entsprechenden Querschnitten sind aber selbstverständ- lich ebenfalls Cilien vorhanden, und zwar im ganzen Umkreise. 534 K. Argutinsky: Ueber die Gestalt und die Entstehungsweise ete. reichen Kernen bestehenden Streifen von der Ventrikelwand aus nach links und vorn in die Schnittfläche abgehen!). Fig. 52I—X. Stellen je einen Querschnitt durch den mittleren Ventrikel- abschnitt von zehn Objecten bei einer geringen Vergrösserung (19:1) dar und daneben bei derselben Vergrösserung die Summa der entsprechenden Centralcanäle (bei V und bei F aus der Mitte des Dorsalmarks, bei den übrigen Objecten aus der gröss- ten Breite der Lendenanschwellung). Fig. 521. Objeet AA Neugeborener. Härtung in Formol. Fig. 52II. Object F Neugeborener. Härtung in Müller’sch. Fl. Fig. 521II. Objeet V Neugeborener. Härtung in Alcohol. Fig. 52IV. Objeet GG Neugeborener. Härtung in Alcohol. Fig. 52V. Object Z Foetus, Gesammtlänge 37 em. Härtung in Alcohol. Fig. 52VI. Object HH Foetus, Gesammtlänge 42 em. Härtung in Alcohol. Fig. 52VII. Object JJ Foetus, Gesammtlänge 44 cm. Härtung in Alcohol. Fig. 52VIII. Object U Neugeborener. Härtung in Alcohol. Fig. 52IX. Object R Foetus, Gesammtlänge 35 em. Härtung in Müller’sch. Fl. Fig. 52X. Object E Foetus, Gesammtlänge 33 cm. Härtung in Müller'sch. Fl. 1) An den nächst unteren Querschnitten überzeugt man sich, dass dicht unter diesem Kernstreifen und ihm entsprechend eine seit- liche Erweiterung des hinteren (dorsalen) Ventrikelabschnittes zur Er- scheinung kommt, deren obere (proximale) Wand eben durch diesen Kernenstreifen gebildet wird. 935 Ueber Structur und Architectur der Zellen. I. Nervengewebe. Von Prof. 3. Arnold in Heidelberg. Hierzu Tafel XXVI, Die ersten Mittheilungen über feinere Structur der Substanz der Ganglienzellen verdanken wir Remak, Stilling, Ley- dig, Walter, Bealeund Fremmann!) Der letztgenannte Autor machte auf das fibrilläre Gefüge der Ausläufer aufmerksam und beschrieb die Fibrillen als dicht aneinander gelagert, in wechselnder Zahl vorhanden und in eine homogene Grundsubstanz eingebettet. Im Zellkörper sah er die Fibrillen gerade oder im Bogen nach dem Kern ausstrahlen, seitlich von ihm und über ihn weglaufen und von da in den gegenüber liegenden Pol der Zelle ziehen, während andere sieh längs der Zellränder vertheil- ten, eine faserige Einfassung derselben bildend. Ich?) selbst habe gleichzeitig und unabhängig von Frommann zuerst an den Ganglienzellen des Sympathieus, später an denjenigen des Rückenmarks und des Ganglion Gasseri feinere Structuren be- schrieben. An möglichst frisch untersuchten Ganglienzellen konnte ich grössere stark glänzende und kleinere mattere Körnchen nachweisen; schon damals war von mir betreffs der ersteren der Unterschied in der Liehtbreehung gegenüber der übrigen Zell- substanz und eine gewisse Aehnlichkeit in dieser Hinsicht mit den Körnchen des Kerns hervorgehoben worden. Ich hatte ferner auf ihre theils reihenförmige theils netzartige Anordnung, sowie 1) Bezüglich der älteren Literatur vergleiche man J. Arnold, über feinere Structur der Zellen unter normalen und pathologischen Bedingungen. Virchow’s Archiv Bd. 77. 1879. 2) J. Arnold, Ueber die feineren histologischen Verhältnisse der Ganglienzellen des Sympathicus ete. Virchow’s Archiv Bd. 32. 1865 und Ein Beitrag zur feineren Structur der Ganglienzellen, daselbst. Bd. 41. 1867. 536 JArn old: auf deren Beziehung zu den Körnerreihen in den Protoplasma- ausläufern aufmerksam gemacht (vgl. die Abbildungen in Virechow’s Archiv Bd. 41). Ob die Körner optischen Querschnitten von Fäden entsprechen, liess ich, so wahrscheinlich mir dies aus ver- schiedenen Gründen war, unentschieden. Die bedeutungsvollen ArbeitenMax Schultze’s,Schwalbe’s, Flemming’s!) u. A. sind allgemein bekannt. Der Erste wird gewöhnlich als der Entdecker der feineren Structur der Ganglien- zellen und als der Begründer der Lehre von dem fibrillären Auf- bau derselben bezeichnet. Flemming hebt hervor, dass an gefärbten Schnitten und ebenso an Isolationspräparaten aus dünnen Chromsalzlösungen die Streifung der centralen Nervenzellen nicht so gleichmässig und feinfaserig sei wie an den Abbildungen Max Schultze’s.. In diesen sind die Fibrillen als feinste in ihrer ganzen Länge gleiche Durchmesser einhaltende Linien, in deren Zwischenräumen verschiedentlich Körner eingebettet liegen, gezeichnet. Flemming erschienen die Fibrillen mehr als dunkel gefärbte fein gekörnelte Streifen in einer schwach gefärbten Grundsubstanz. Bei einem Vergleich der Abbildung beider Autoren, welche allerdings auf verschiedene Objeete sich beziehen, kann es in der That zweifelhaft erscheinen, ob die als Fibrillen bezeichneten Gebilde identisch sind. Für den fibril- lären Bau der Ganglienzellen haben sich ferner Nissl, Benda, Mann, Levi, Lugaro,Dehler, Dogiel; Gehuchten, Marinesco u. A., gegen denselben Bütschli, Altmann, Held, v. Lenhossek und Ramöny Cajal ausgesprochen. In seiner neuesten Arbeit gibt v. Lenhossek?) eine fibrilläre Einstrahlung am Polkegel der Spinalganglienzelle zu, während er für die Substanz derselben einen fibrillären Bau auch jetzt noch in Abrede stellt. Aus den Mittheilungen der Autoren über fibribilläre Structur 1) Flemming, Vom Bau der Spinalganglienzellen, Beitr. zur Anatomie und Physiologie als Festgabe f. Henle, Bonn 1882. Ueber den Bau der Spinalganglienzellen. Arch. f. mikroskop. Anatom. Bd. 46. 1895 und Structur centraler Nervenzellen. Anat. Hefte 1895; daselbst Literatur. 2)v. Lenhossek, Ueber den Bau der Spinalganglien des Menschen. Arch. f. Psychiatrie Bd. 29. 1896 u. Flemming, Die Struc- tur der Spinalganglienzellen der Säugethiere daselbst. Ueber Structur und Architeetur der Zellen, 537 geht nicht immer mit voller Bestimmtheit hervor, ob sie die Fibrillen als den einzigen wesentlichen Strueturbestandtheil der Ganglienzelle auffassen oder neben diesen noch andere wichtige Structurelemente zulassen. Zu einer derartigen Unter- scheidung fordern meines Erachtens die bedeutungsvollen Be- funde Nissl’s !) einerseits, diejenigen von Beeker?), Apathy°) und Bethe*) andererseits auf. Aus den Untersuchungsergeb- nissen der letztgenannten Autoren muss wohl der Schluss gezogen werden, dass in den Ganglienzellen als feine Streifen sich dar- stellende Leitungsbahnen existiren, während durch die grund- legenden Arbeiten Nissl’s der Nachweis geführt ist, dass die Ganglienzellen mittelst Methylenblau darstellbare Substanzpartikel enthalten. In Anbetracht der verschiedenen Anordnung, der ver- 1) Eine Zusammenstellung der Arbeiten Niss!’s ist vielleicht den Lesern dieses Archivs erwünscht. 1. Ueber die Untersuchungsmethoden der Grosshirnrinde. Tagebl. der 58. Vers. deutsch. Naturf. u. Aerzte zu Strassburg 1885, S. 506. 2. Ueber den Zusammenhang von Zell- structur u. Zellfunction in der centralen Nervenzelle. Tagebl. der 61. Versamml. deutsch. Naturforsch. u. Aerzte Cöln 1888, S.194. 3. Ueber die Veränderungen der Ganglienzellen am Facialiskern des Kaninchens nach Ausreissung von Nerven. Allgem. Zeitschr. f. Psychiatr. Bd. 48. 4. Ueber experimentell erzeugte Veränderungen an den Vorderhorn- zellen des Rückenmarks bei Kaninchen, daselbst. 5. Mittheilungen zur Anatomie der Nervenzellen, daselbst Bd. 50. 6. Ueber Rosin's neue Färbemethode. Neurolog. Centralbl. 1894. 7. Ueber eine neue Unter- suchungsmethode des Centralorgans. Centralbl. f. Nervenheilkunde 189. 8. Ueber die sog. Granula der Nervenzellen. Neurolog. Centralbl. 1894. 9. Der gegenwärtige Stand der Nervenzellenanatomie. Centralbl. f. Nervenheilkunde 1895. 10. Mittheilungen über Karyokinese im cen- tralen Nervensystem. Allgem. Zeitschr. f. Psychiatr. Bd. 51. 11. Mit- theilungen zur patholog. Anatomie der Dementia paralytica. Arch. f. Psychiatr. 12. Ein Brief an Prof. Goldscheider, Fortschritte der Mediein. 1895. 13. Ueber die Nomenelatur in der Nervenzellenanatomie. Neurolog. Centralblatt 1895. 14. Kritische Fragen der Nervenzellen- anatomie, daselbst 1896. 15. Ueber die Veränderung der Nervenzellen nach experimentell erzeugter Vergiftung, daselbst. 16. Die Beziehungen der Nervenzellensubstanz zu den thätigen, ruhenden und ermüdeten Zellzuständen. Zeitschr. f. Psychiatr. 52. 17. Die Hypothese der speci- fischen Nervenzellenfunction. Zeitschr. f. Psychiatr. Bd. 54. 2) Becker, 20. Wanderversamml. d. südwestdeutsch. Irrenärzte. Arch. f. Psychiatr. Bd. 27. 189. 3) Apathy, Mittheil. d. zoolog. Station in Neapel. 1897. 4) Bethe, Arch. f. mikroskop. Anatom. 1897. 538 J. Arnold: schiedenen Lage, der verschiedenen Lichtbrechung und insbe- sondere des verschiedenen tinetoriellen Verhaltens muss wohl an- genommen werden — darin stimmen die meisten neueren Beob- achter überein —, dass es sich um verschiedene vermuthlich nicht gleichwerthige Substanzen handelt. Nissl unterscheidet nach dem Verhalten der Zellen zum Kern und der Färbung beider earyochrome, eytochrome und somatochrome Formen; während bei den ersteren der morpholo- gische Schwerpunkt auf den Zellen liegt, haftet bei den letzteren, deren wohlentwickelter Zellleib in deutlicher Contourirung er- kennbar ist und den Kern allseitig umgiebt, der Farbstoff haupt- sächlich an diesem. — Je nach der dichteren Lagerung der farblosen Substanz im Zellleib werden pyenomorphe, apyeno- morphe und parapyenomorphe, je nach der netz-, reihen- oder körnerartigen Anordnung derselben areyochrome, stichocehrome und gryochrome Zellen unterschieden. Ich führe diese von Nissl aufgestellten Zelltypen hier an, weil aus dieser Aufzählung hervorgeht, welch’ verschiedene Architeetur die färbbare Sub- stanz darbieten kann. Während Held!) die Nisslkörper ?) als Fällungsgranula im Sinne Fischer’s betrachtet, haben die 1) Held, Arch. f. Anatomie. 1895—97. 2) Flemming hatte schon im Jahre 1882 eigenthümlich das Licht brechende Körper beschrieben und abgebildet (l. c.). Später war von Benda (1885) auf die „chromatophilen Concretionen* im Zellkörper mancher Nervenzellen hingewiesen worden. Wie aus den obigen Mittheilungen hervorgeht, hatte ich schon im Jahre 1867 das Vorkommen stark glänzer Körner in der Substanz der Ganglien- zellen und der Protoplasmaausläufer beobachtet. -— Nissl gebührt das Verdienst, das Vorkommen der färbbaren Substanz, die morpho- logischen und tinetoriellen Eigenschaften sowie ihr Verhalten nicht nur unter normalen, sondern auch unter pathologischen Bedingungen fest- gestellt zu haben. — Es sind für die Nissl-Körper vielfach andere Bezeichnungen vorgeschlagen worden: chromophile Coneretionen (Benda), chromatische Streifen (Friedmann), chromatische Spindeln (@uervain), chromatische Körperchen (Sehaffer, Cajal), chroma- tische und chromatophile Elemente (Marinesco, Gehuchten) und in neuester Zeit Tigroid (v. Lenhossek). Nahe genug liegt es ja, für sie einen Namen zu wählen, welcher auf ihre tinctoriellen Eigenschaisen hinweist. Niss] hat in seinen Arbeiten (vgl. insbesondere Nr. 6, 8 u. 17) ausführlich erörtert, warum die Bezeichnungen basophil, chromo- phil, chromatisch, tigroid etc, nicht sachentsprechend sind. Ueber Structur und Architeetur der Zellen. 539 meisten Forscher ihre Präexistenz anerkannt (Flemming, von Lenhossek, H. Virchow, Rosin, Juliusburger, Quervin, Benda, Becker, Ramön y Cajal, Marinesco, Apathy, Gehuehten, Lugaro, Levi, Brauer u. A.). Die Verände- rungen, welche man bei Vergiftungen und unter pathologischen Verhältnissen an. ihnen festgestellt hat (Nissl, Schaffer, Sarbo, Vas, Dehio, Pandi, Troemmer, Beck, Ma- rinesco, Juliusburger, Lamy, Dotto, Goldscheider und Flatau, Lugaro, Brauer u. A.) zeigen bestimmt an, dass wir sie als bedeutungsvolle Einrichtungen anzusehen haben. Die Thatsache, dass die Nissl-Körper in manchen Arten von Ganglienzellen vermisst werden, beweist nichts gegen eine solehe Annahme. Auf der anderen Seite muss bekannt werden, dass wir über ihre physiologische Leistung und ihre Struec- tur sehr mangelhaft unterrichtet sind. — Friedman und Kronthal identifieiren die Nissl-Körper mit den Leitungs- bahnen; die meisten Beobachter stimmen darin überein, dass diese zwischen den ersteren gelegen sind. — Niss| spricht sich dahin aus, dass wir nicht wissen, was die färbbare Substanz ist. Benda betrachtet sie als persistirendes Proto- plasma, Rosin und Becker als Granulaarten, andere als Chro- matinstrueturen oder Stoffwechselproduete. Nach Lugaro, von Lenhossek, Gehuchten!) und Ramön y Cajal?) enthalten dieselben einen Reservenährstoff. Marinesco?°) sieht die „chro- matophile Substanz“ nicht als alimentäre Reservestätte an, son- dern als eine funetionelle an, damit sei allerdings nicht ausge- schlossen, dass sie eine Rolle bei der Ernährung spiele. Viel- leicht sei die Function an die Oxydation der Granula gebunden. Sehr mangelhaft sind unsere Kenntnisse über den Bau der Nissl-Körper; entsprechend den Anschauungen über Struetur und Architeetur der Substanz der Ganglienzellen überhaupt sind die Meinungen sehr verschiedene. Darin stimmen allerdings die meisten Beobachter überein, dass sie nicht einfache Körner, son- 1) Gehuchten, L’anatomie fine de la cellule nerveux. Internatio- naler medieinischer Congress in Moskau. 1897. 2) Ramön y Cajal, Die Structur des nervösen Protoplasma. Monatsschr. f. Psychiatr. u. Neurolog. 1897. 3) Marinesco, Pathologie de la cellule nerveux. International, mediein. Congress in Moskau. 1897. 540 J. Arnold: dern Körnergruppen sind; ob und in welcher Beziehung dieselben zu einander und zu der sie umgebenden Zellsubstanz stehen, darüber hat man erst angefangen, Aufschlüsse zu erzielen. v. Lenhossek hebt hervor, dass die „Schollen“ aus kleinen Granulis und einer lichten Zwischensubstanz zusammengesetzt sind; er betont ferner die vollkommene Ungezwungenheit der Lagerung der sog. Tigroidschollen, welche sich in einer un- regelmässigen, oft netzförmigen Vertheilung der gröberen Körner- gattung ausspricht, während die feineren Körnergebilde eine mehr gleichmässige Anordnung erkennen lassen. Er betrachtet die chromatischen Körner nicht als eine Ausfüllungsmasse zwischen den sog. Fibrillen; vielmehr sollen sie direet mit ihnen zusammen- hängen. „Mit anderen Worten die ehromatischen Körner sind Anschwellungen der chromatischen Streifen.“ Der Bau der Zellsubstanz ist nach v. Lenhossek's Auf- fassung ein körnig-wabiger. — Ueber diesen äussert sich im ganz ähnlicher Weise Held; er spricht in Uebereinstimmung mit Bütsehli von einer wabigen bezw. vacuolisirten Architeetur. Die radiäre Streifung am Nervenhügel wird nicht auf Fibrillen, sondern auf ein Maschenbild bezogen. Er unterscheidet im Cyto- spongiom ausser den Nissl-Körpern die Neurosomen. Die letzteren verlaufen zwischen den ersteren in Form kurzgewundener und fadenförmiger Züge. Die feineren Stäbchen oder kurzen Fi- brillen, welche man in den Dendriten trifft und die schon Alt- mann beschrieben und abgebildet hat, zeigen alle Uebergänge zu Neurosomenreihen. — Ramön y Cajal unterscheidet Chro- matinschollen, ein chromatinloses Netz oder nervöses Spongioplasma und die zwischen den Schollen gelegenen Leitungsbahnen. Die erste- ren sind kein einfaches Netzwerk, sondern eine Art Schwamm, über deren Balken sich eine Chromatinkruste gelegt hat. Die eontinuir- liche Chromatinsubstanz ist körnig und enthält einen basophilen Stoff und einen anderen, der basische Anilinstoffe nicht annimmt. Von den Rändern der Chromatinschollen gehen Fortsätze aus, auf welche schon Nissl und Levi aufmerksam gemacht haben. An der Oberfläche derselben setzen sich Spongioplasmabälkchen an, durch welche die Spindeln untereinander, sowie mit dem Nucleus verbunden sind. Das chromatinfreie Gebälk (Spongioplasma) ist netzförmig angeordnet. Blasse membranartige Bälkchen begrenzen vieleckige Maschen; diesen scheint die Leitung ‘obzuliegen. — Ueber Structur und Architeetur der Zellen. 541 Apathy fand auch bei den Ganglienzellen der Wirbelthiere die Grundthese bestätigt, dass die leitenden Primitivfibrillen in die Ganglienzellen auf dem Wege der anatomischen Fortsätze ein- dringen, sich dort in dünnere Neurofibrillen spalten und in ein Neurofibrillengitter im Somatoplasma übergehen, dass die Ele- mentarfibrillen dieses Gitters sich wieder zu Primitivfibrillen sam- meln, welche die Ganglienzellen verlassen. Das Neurofibrillen- gitter durchwebt das ganze Somatoplasma und ist nicht nur auf gewisse Zonen beschränkt. Die zu- und ableitenden Fibrillen sind in der Regel nicht in demselben Fortsatz vereinigt, sondern auf verschiedene vertheilt. Das Axoplasma ist keine Fortsetzung des Somatoplasma der Ganglienzelle, noch weniger hat es mit der Kernsubstanz zu thun. — Nach Marinesco hängen die ele- mentaren Granula, aus welchen die chromatophile Substanz be- steht, durch achromatische Substanz zusammen. Die Fibrillen liegen zwischen dieser und ein grosser Theil derselben verzweigt sich im Zellkörper. Er unterscheidet ein chromatophiles, achro- matisches und amorphes Element in der Ganglienzelle. Die wechselnde Anordnung dieser Elemente und ihre Combination soll das verschiedene Aussehen der verschiedenen Formen er- klären. Marinesco konnte sich von der wirklichen Existenz von Fibrillen in der achromatischen Substanz überzeugen; bei der Chromatolyse treten diese deutlicher hervor. Das Spongio- plasma bildet die Hauptarchiteetur; in seinen Maschen entsteht die chromatophile Substanz, diese ist eine Art Öement. Er be- trachtet es als eine fundamentale Thatsache, dass von der Textur des Spongioplasma die Form der chromatophilen Elemente ab- hängt. Die Fibrillen geben während ihres intracellulären Ver- laufes collaterale Aeste ab, welche sich in dem Netz des Cyto- plasma entfalten und in die Zwischenräume dieses sich fortsetzen. Die Maschen des Netzes des Cytoplasma sind in direetem Zu- sammenhang mit der Verzweigung der Fibrillen. Bezüglich der Structur der Fortsätze berichtet die Mehrzahl der Forscher, dass dieselbe eine streifige sei und die färbbare Substanz nur in den Protoplasmafortsätzen vorkomme. Nach Held soll der Bau der Fortsätze ein wabiger sein. Das peri- celluläre Ende des Axeneylinders sei durch Auflockerung des Axospongioms und durch Einlagerung von diehten Granula (Neuro- somen)in das grob vacuolisirte Protoplasma charakterisirt. Das Pro- 542 IAT nord: toplasma der Axeneylinderendflächen an centralen Nervenzellen hänge mit dem eigenen Protoplasma zusammen. Er nimmt „Faser- körbe“ !) an dem Zellleib vieler Ganglienzellen an, bei denen sie bis- her nicht beschrieben waren und betrachtet es als ein allgemeines Prineip, dass nervöse Hüllen von Axeneylinderprotoplasma die Nervenzellen an Zellleib und. Dendriten umkleiden. Die Kerne der Ganglienzellen sind namentlich von Flemming, Nissl, v. Lenhossek, Ramön y Cajal und Gehuchten genauer studirt. Uebereinstimmend wird hervorgehoben, dass ausser einem gewöhnlich einfachen Kern- körperehen ein Gerüst unterschieden werden muss, in welchem bald spärlichere, bald zahlreichere Körner eingebettet liegen. Nissl erwähnt auch körniger Einlagerungen in der Kernwand. — v. Lenhossek hebt hervor, dass der Kern der Ganglien- zellen ausser dem Nucleolus keine basophile Substanz enthalte, derselbe somit des Basichromatins entbehre und in der Gesammt- heit acidophil sei. Die von Levi beschriebenen „basophilen Brocken“ konnte v. Lenhossek nicht auffinden. Wie aus den obigen Mittheilungen hervorgeht, werden die Nissl-Körper von den Einen als präexistente Gebilde, von den Anderen als Fällungsgranula im Sinne Fischer’s gedeutet. Es schien somit erwünscht, zunächst festzustellen, ob, wie Flemming und von Lenhossek angeben, an frischen Präparaten diese Gebilde zu sehen sind oder nicht (Held). — Wie ich nach früheren Befunden erwartet hatte, lassen sich dieselben an Ob- Jeeten ohne Zusatz und bei Anfeuchtung mit Serum oder 0,70], Kochsalzlösung wahrnehmen (ef. Tafel XXVI, Fig. 1). Die Identität dieser Figuren mit den Nissl-Körpern kann meines Erachtens nicht zweifelhaft sein; ihre Lichtbreehung und diejenige der zwischen ihnen gelegenen Substanz differirt so sehr, dass beide sich deutlich genug gegen einander abheben. Die ganze An- ordnung und gegenseitige Gruppirung ist dieselbe wie am Nissl- 1) Die Entdeckung des pericellulären Netzes wird vielfach Ehr- lich zugeschrieben. Niemand erkennt bereitwilliger die grossen Ver- dienste Ehrlich’s um dessen Nachweis an, als ich. Dessen ungeachtet glaubte ich meine älteren Ansprüche geltend machen zu dürfen (vgl. Anatom. Anzeiger. 1890). Ueber Structur und Architecetur der Zellen. 543 Präparat, besonders auch ihr Verhalten in den Protoplasmaaus- läufern. Der von Held verlangte Nachweis, dass es sich nicht um vitale bezw. postmortale Säurung im Inneren der Gewebe handelt, welche eine vor der Beobachtung bereits eingetretene Ausfällung der Nissl-Körper bewirkt, wird allerdings kaum zu erbringen sein. Immerhin scheint mir schon die Thatsache für die Beurtheilung dieser Verhältnisse bedeutungsvoll, dass auch ohne Einwirkung von Reagentien, welche die Eiweisskörper fällen, diese Gebilde zur Anschauung gebracht werden können. — Was das Verhalten der Ganglienzellen an solchen Objecten sonst anbelangt, so trifft man zwischen den N issl-Körpern, seien sie in grösseren und kleineren Haufen, Spindeln, Gruppen und Reihen angeordnet oder mehr gleichmässig an dieser oder jener Stelle vertheilt, lichtere reihen- oder netzförmig aufgestellte Körner (Fig. 1). Auch an den Protoplasmafortsätzen finden sich Reihen sehr kleiner Körncehen, welche eine feine Stricheluug bedingen. Fängt die Zelle an zu zerfallen, so weichen die Körnerreihen auseinander und es kommt dann mehr eine gitterförmige Archi- teetur zum Vorschein. Bemerken muss ich noch, dass auch an ganz frischen Präparaten der Kern deutlich zu sehen ist und eine complieirtere Structur aufweist, als man gewöhnlich an- nimmt (Fig. 1). Wie ich oben berichtete, wird der Kern als sehr einfach structurirt, der Hauptsache nach aus Membran, einem grossen Kernkörperchen und einem spärlichen Gerüst bestehend ange- sehen. Für die Ganglienzellen der Vorderhörner des Rücken- marks vom Rind trifft diese Vorstellung nicht zu. Wie ich schon früher erwähnte, finden sich neben den Kernkörperchen grössere und kleinere Körner, manchmal in reichlicher Zahl eingebettet in ein Gerüst, dessen Fäden streckenweise gleichfalls stärkere Licht- brechung wahrscheinlich in Folge Eimlagerung kleinerer Körn- chen darbieten. Die Vertheilung der Körner wechselt, bald ist sie eine mehr gleichmässige, bald liegen sie in der Umgebung des Kernkörperchens oder näher der Kernwandschichte. In der den Kern umgebenden Zellwandschichte kommen öfters auf der einen oder anderen Seite oder in der ganzen Circumferenz glänzende Körner und Fäden vor, welche von aussen an die Kernwandschichte sich ansetzen. Zum Zweck der Isolirung der in den Vorderhörnern (Rücken- mark vom Rind) gelegenen Ganglienzellen bin ich in folgender Archiv f. mikrosk. Anat. Bd, 52 36 544 J. Arnold: Weise verfahren. Stücke von eirca 1 cm Höhe wurden in der Medianlinie von hinten her bis auf die Commissur gespalten und dann die Vorderhörner mit dem Messer oder der Scheere abge- tragen. Die so gewonnenen Streifen grauer Substanz legte ich dann für 2 bis 3 x 24 Stunden (und länger) in das Jod-Jodkaligemisch (5—10 Tropfen des starken Gemenges auf 10 Ce. Jodkalilösung von 10 Proz.). Bei häufigerem Umschütteln lösen sich sehr bald kleine Partikelchen ab. Dann wird abgegossen und mit con- centrirter wässeriger Eosinlösing gefärbt. Sehr gute Resultate sind auch zu erzielen, wenn man erst 2X24 Stunden eine 10°/, Jodkalilösung einwirken lässt und dann erst einige Tropfen Jod- Jodkalilösung zusetzt. Bei Befolgung der ersten Methode sind die Zellen besser in ihrer Form erhalten, bei der zweiten voll- ständiger isolirt und deren Architeetur etwas gelockert. — Aus solchen Gemengen fischt man mit der Nadel kleinste Partikel- chen heraus und legt langsam ein Deckglas auf, das durch eine Sehutzleiste unterlegt wird. In Präparaten, welche auf diese Weise hergestellt wurden, finden sich Ganglienzellen der verschiedensten Gestalt und Grösse, sehr grosse viel verzweigte mit ihren langen Ausläufern, kleinere verzweigte, lange bipolare und endlich ganz kleine Formen. So verschieden wie ihre Gestalt, so verschieden ist ihre Architeetur und Struetur. Bestimmend ist in dieser Hinsicht die Anordnung der Nissl-Körper, welche in solchen Objeceten sehr deutlich sind. Diese haben bald eine runde oder eckige, bald eine spindel- oder streifenförmige Gestalt; nicht selten bestehen zwischen ihnen quere oder schiefe Verbindungen (Tafel XXVI, Fig. 2 und 3). Ich darf auf eine ausführlichere Beschreibung verzichten und mich damit begnügen auf die Uebereinstimmung dieser Bilder mit den nach der Nissl’schen Methode gewonnenen hinzuweisen. Haben die Objeete längere Zeit in Jodkalilösung (ohne Jodzusatz) gelegen, so weichen die Elemente der Zellkörper etwas auseinander und sie beginnen zu zerfallen (Fig. 6). Es ist dann möglich, sich davon zu überzeugen, dass die Nissl-Körper aus glänzenden Körnern, welche unter einander durch kurze und schmale Bindeglieder in Verbindung stehen, zusammengesetzt sind. Nicht alle Körner schienen mir von gleicher Grösse und Lichtbrechung: zwischen grösseren glänzenden glaubte ich kleinere etwas blassere zu sehen. Die grösseren Körner enthielten zuweilen im Inneren Ueber Structur und Architeetur der Zellen. 545 hellere Stellen, als ob sie vacuolisirt wären. Die kleineren Ge- bilde sind nur mittelst der leistungsfähigsten Objeetive zu er- kennen, starke Ocularvergrösserungen zu vermeiden. In vielen Zellen trifft man durch den Zellleib vertheilt Körner, welche mit denjenigen der Nissl-Körper, was ihre Liehtbrechung anbelangt, Aehnlichkeit darbieten, aber eine mehr isolirte Lagerung zeigen d. h. nicht in Form von Gruppen angeordnet sind (Fig. 4 u. 5). Die sog. achromatische Substanz lässt sich bei Jod-Jod- kalibehandlung gleichfalls in kleine blasse Körner, welche durch kurze Bindeglieder zusammenhängen, zerlegen. Da man von den Nissl-Körpern kurze Fortsätze abtreten und in die achromatische Substanz sich einsenken sieht, darf eine Verbindung zwischen beiden Substanzen wohl angenommen werden. — Von der Ueber- zeugung ausgehend, dass gerade die achromatische Substanz nicht nur einen fibrillären Bau besitze, sondern auch längere Fi- brillen einschliesse, war ich bemüht solche zu isoliren. Es ge- lang mir aber immer nur ganz kurze Fädchen zur Darstellung zu bringen, die Körner enthielten und vielfach in Körner sich auflösten (Fig. 6 u. 7). Die eircumnucleäre Zone enthält auch an solehen Präpa- raten Körnchen und Fädchen zuweilen in grosser Zahl, welche an die Kernwandschichte herantreten. Die letztere zeigt sehr häufig körnige Einlagerungen, als ob sie aus solchen sich zu- sammensetzte (Fig. 2—7). Ob die Fäden von aussen und innen nur an die Kernwandschichte sich inseriren oder dieselbe durch- setzen, diese Frage wage ich auch für dieses Objeet nicht mit Bestimmtheit zu beantworten, so wahrscheinlich es mir dünkt, dass Beziehungen zwischen den Elementen des Kerns und der cireumnucleären Schichte des Zellleibs bestehen. Der Einwurf von Lenhossek’s, dass man, wenn eine solche Beziehung zwi- schen Cytomitom und Caryomitom vorhanden wäre, bei Ablösung der Kernwandschichte vom Protoplasma fädige Anhänge u. dgl. sehen müsste, kann ich als zwingend nicht anerkennen. Die Lösung kann meiner Meinung nach erfolgen, ohne Spuren zu hinter- lassen. Andererseits will ich gern einräumen, dass die Befunde fädiger Anhänge an isolirten Kernen auch nicht entscheidend sind. Dass die Kerne in Bezug auf das Gerüst und der in ihm ein- gelagerten Körner complieirter gebaut sind, als man nach den gewöhnlichen Darstellungen voraussetzen sollte, lehren auch die 546 JeAamiold: Jod-Jodkalipräparate; auch an ihnen sieht man kleinere und grössere Körner in wechselnder Zahl in das Gerüst eingebettet (Fig. 2—7). In den Protoplasmafortsätzen zeigen die Niss|-Körper eine mehr in die Länge gezogene Gestalt, erscheinen als Spindeln, Streifen und Reihen, zusammengesetzt aus Körnern; je weiter vom Zellleib entfernt, desto mehr treten sie zurück (Fig. 2, 3 u. 6). Die Fortsätze sind fein gestreift und enthalten dann aus- schliesslich Körnerreihen und feine aus Körnern zusammengesetzte Fädchen, zwischen welchen schiefe und quere Verbindungen zu bestehen scheinen; wenigstens konnte ich an den Enden der Protoplasmafortsätze, wenn diese sich auffaserten, vielfach unter- einander verbundene Körnerreihen erkennen (Fig. 8). An man- chen Protoplasmafortsätzen habe ich eine mehr schiefe oder quere Aufstellung von Körmern oder Fädchen beobachtet, konnte aber über die Bedeutung dieser Anordnung nichts Sicheres er- mitteln (Fig. 4). An den Axeneylinderfortsätzen vermisste ich die Nissl- Körper; dass hie und da noch einzelne gleichwerthige Körner in ihnen vorkommen können, will ich nicht in Abrede stellen. An den centralen Nervenfasern, weniger deutlich an den peripheren, kommt nach der Behandlung mit 10°/, Jodkalilösung (mit und ohne Zusatz von Jod) entsprechend dem Mark ein System von feinen Fädehen und Körnern zum Vorschein, das seiner ganzen Anordnung nach am meisten Aehnlichkeit hat mit dem von Lantermann, Joseph und Koelliker beschrie- benen, aber viel feiner und engmaschiger ist wie das Neuro- keratinnetz (Kühne und Ewald). — Ein weiteres Eingehen auf diese Frage liegt ausserhalb der Ziele dieser Arbeit. Anden ecentralen Fasern zeigt der Axencylinder eine feine Streifung; Fädchen durch Körner vielfach unterbrochen oder geradezu aus Körnerreihen zusammengesetzt, verlaufen bald geradlinig, bald wellig, getrennt und getragen durch eine hyaline Zwischensubstanz; auch hier kommen quere und schiefe Ver- bindungen zwischen den Fädcehen vor (Fig. 9). An den peripheren Nervenfasern ist die fibrilläre Zeichnung deutlicher, die Fibrillen erscheinen etwas dieker, ver- laufen theils geradlinig, theils wellig, theils gewunden. Bei län- gerer Behandlung mit Jodkalilösung zerfallen die Fibrillen in Ueber Structur und Architeetur der Zellen. 547 feinere Fädehen und Körnerreihen, welehe vermuthlich den sog. Elementarfibrillen entsprechen. Ob auch zwischen ihnen quere und schiefe Verbindungen bestehen, muss ich unentschieden lassen. Namentlich wenn die Fasern an den Enden sich aufzu- lösen begannen, hatte ich den Eindruck, als ob dem so wäre. Endlich sei noch der Ependym- und Gliazellen ge- dacht, welche sich bei dieser Methode sehr schön isoliren. An den ersteren hängen lange einfache und verzweigte Fäden, welche in den Zellleib continuirlich sich fortsetzen. Sehr bemerkens- werth ist der Befund von vollständig isolirten mit sehr zahl- reichen Ausläufern versehenen Gliazellen (Fig. 10). Die Kerne sehen eigenthümlich homogen aus; der Zellleib ist sehr undeut- lich, weil sein Contour durch zahlreiche manchmal bis in die Umgebung des Kerns reichende Fortsätze unterbrochen wird. Die Fäden selbst haben einen eigenartigen Glanz und sind oft zu einem wirren Knäuel aufgerollt, andere Male verlaufen sie mehr gestreckt. Ueber den Zusammenhang der Fortsätze mit dem Zellleib kann ein Zweifel an solchen Isolirungspräparaten nicht aufkommen. Welche Vorstellungen dürfen wir uns auf Grund der oben mitgetheilten Beobachtungen über die Structur und Architeetur der Ganglienzellen machen? Dass dieselben an isolirten Gang- lienzellen und bei Anwendung von Reagentien, welche eine sofor- tige Fällung von Eiweisskörpern nicht bedingen, angestellt wurden, verdient bei dieser Erörterung besondere Berücksichtigung!). Die nächstliegende und in den neueren Arbeiten am meisten erörterte Frage scheint mir die, ob die Ganglienzellen einen fibrillären Bau besitzen. Ich muss zunächst bekennen, dass mir diese Fragestellung nicht mehr ganz sachentsprechend scheint. Nachdem der Nachweis geführt ist, dass in dem Leib der Ganglienzellen Substanzen enthalten sind, welche morphologisch und tinetoriell verschieden sich verhalten, dünkt mir die fol- gende Fragestellung die richtigere: 1) Fügt man Jod-Jodkalilösungen zu Transsudaten hinzu, so ent- stehen erst nach längerer Zeit flockige Abscheidungen, während der Zusatz der gewöhnlichen Fällungsmittel die gleiche Flüssigkeit in eine feste Masse umwandelt. Andrerseits darf nicht vergessen werden, dass Jodkalilösungen ohne Jodzusatz die Gewebe quellen machen, allerdings um so weniger, je mehr Jod hinzugefügt wurde. 548 J. Arnold: 1) Wie ist die Substanz gebaut, welche mit Methylenblau sich tingiren lässt ? 2) Welche Structur besitzt diejenige Substanz, welche ge- wöhnlich als achromatische bezeichnet wird und der Leitung dienen soll? 3) Bestehen Beziehungen zwischen den beiden Substanzen ? 4) Existiren ausser ihnen noch andere? Es wurde oben hervorgehoben, dass die meisten neueren Untersucher die Nissl-Körper aus „Granula* sich zusammen- gesetzt denken. An den Jodkalipräparaten konnte mit Sicher- heit festgestellt werden, dass dieselben grössere glänzende und kleinere matte Körner enthalten, welche eine gitterartige Archi- teetur darbieten. Auf grössere Strecken zusammenhängende fädige Gebilde konnten aus denselben nicht isolirt werden. Es haben sich somit Anhaltungspunkte für eine fibrilläre Struetur der Nissl-Körper nicht ergeben; ebensowenig konnte ein wabiger Bau, dagegen eine Vacuolisirung namentlich an den grösseren Körnern nachgewiesen werden. In der sog. achromatischen Substanz, in welche die Lei- tungsbahnen verlegt werden, fanden sich kleinere und mattere Körner, zwischen ihnen kurze Fädcehen, welche sich aber wieder in Körnerreihen auflösen liessen. Weder aus der Mitte noch an den Rändern gelang es, längere Fäden zu isoliren. — Dieses Resultat steht in einem scheinbaren Widerspruch mit den Befunden Becker’s Apathy’s und Bethe’s, denen es gelang, die Leitungsbahnen als kürzere und längere gefärbte Streifen mittelst der Tinetion darzustellen. Ich halte den Widerspruch bei un- seren Befunden deshalb nur für einen scheinbaren, weil aus den Resultaten der genannten Autoren wohl der bedeutungsvolle Schluss gezogen werden darf, dass solche längeren Leitungs- bahnen existiren, aber nieht, wie die in ihnen gelegenen Elemente beschaffen und aneinander gereiht sind. Es dünkt mir einleuch- tend, dass derartige Bilder sowohl bei der Anwesenheit wirk- licher Fibrillen als bei derjenigen von Körnerreihen entstehen können. Dass Fibrillen, welche ja an gewissen Stellen der Zellen und in gewissen Zellformen sehr wahrscheinlich vorkommen, nicht als letztes Structurelement angesehen werden dürfen, darauf weisen unsere Befunde nicht nur an den Ganglienzellen, sondern auch an den Protoplasma- und Axencylinderfortsätzen, sowie an Ueber Structur und Architeetur der Zellen. 549 den Axencylindern der Nervenfasern hin, an denen die Fibrillen in Körnerreihen sich auflösen liessen. Vermuthlich sind diese Körner und Körnerreihen mit den Neurosomen Held’s und den Elementarfibrillen Apathys identisch, während man die Primitivfibrillen des letztgenannten Autors als aus mehreren Körnerreihen bestehend sich vorzustellen hätte. Die in den Ganglienzellen nachweisbare sog. fibrilläre Zeichnung bietet nach der Darstellung der Autoren und meinen eigenen Er- fahrungen grosse Verschiedenheiten insofern dar, als die „Fibrillen“ bald als gestreckt verlaufende und die Ganglienzellen durch- setzende Züge, bald als vielfach unterbrochene wellige Streifen von sehr wechselnder Länge sich darstellen. Zum Theil mögen diese Verschiedenheiten die Folge der Präparation sein; ich glaube bei der Anwendung von Jodkalilösungen mehr eine An- ordnung in Form kürzerer welliger Streifen beobachtet zu haben, während an Jod-Jodkalipräparaten die Körnerreihen eher ge- streckt verliefen und geradelinig angeordnet waren. Andererseits ist die Möglichkeit nicht ausser Acht zu lassen, dass nicht nur in verschiedenen Zellen, sondern auch an verschiedenen Stellen der gleichen Zelle die Architeetur in dieser Hinsicht eine wechselnde sein mag. Es ist ganz gut denkbar, dass da, wo die Leitungsbahnen die Zellen in grösserer Ausdehnung durch- setzen, die Anordnung eine mehr geradlinige ist, während an der Stelle des Ueberganges der Fasern in die gitterförmige Archi- teetur der Verlauf ein mehr welliger wird. Ein Zusammenhang der längeren Leitungsbahnen mit den gitterförmigen darf wohl angenommen werden. Die in den Protoplasma- und Axeneylinder fortsätzen, sowie in denAxeneylindern der Nervenfasern beobachteten queren und schiefen Verbindungen der Körnerreihen sprechen dafür und wären als ein Rest oder eine Fortsetzung dieser Eim- richtung aufzufassen, nicht als der Ausdruck einer wabigen Struetur (Held). Dass zwischen den der Leitung dienenden Körnern und Körnerreihen der sog. achromatischen Substanz noch andere Körner vorhanden sind, welche zu anderen Functionen, z. B. der Er- nährung, in Beziehung stehen, ist mir sehr wahrscheinlich; jeden- falls findet sich zwischen ihnen noch eine hyaline Ausfüllungsmasse. Die Beobachtung an Ganglienzellen, welche nach verschie- denen Methoden behandelt sind, fordern zu der Annahme auf, dass in denselben ausser der zuletzt erwähnten Ausfüllungsmasse 550 J. Arnold: mindestens 2 verschiedenartige Substanzen enthalten sind, eine solehe, welcher die Leitung, eine andere, welcher vielleicht die Ernährung oder aber beiden obliegt. Beide sind in Form von Körnern und Körnerreihen angeordnet. Nach den Befunden in den Axencylinderfortsätzen der Ganglienzellen und den Axeneylindern der Nervenfasern darf man vermuthen, dass die kleineren und weniger stark lichtbreehenden Körner der Leitung dienen; man könnte sie als Neurosomen (Held) bezeichnen. Allerdings müssten wir dann in den Proto- plasmafortsätzen gleichfalls die Anwesenheit solcher nervösen Elemente annehmen. Was die anderen Körmer anbelangt, so sind sie grösser und glänzender, kommen vereinzelt und in Gruppen angeordnet vor, ich meine die sog. Nissl-Körper. Die Versuchung liegt ja sehr nahe aus dem differenten morphologischen und tinetoriellen Ver- halten der Nissl-Körper auf verschiedene chemische und physio- logische Eigenschaften zu schliessen und die letzteren zur Er- nährung in Beziehung zu bringen, wie dies von verschiedenen Seiten geschehen ist. Nissl hat in seiner kritischen Besprechung der Mittheilungen Rosin’s hervorgehoben, wie vorsichtig man mit der Bezeichnung basophil ete. sein muss und dass wir über die functionelle Bedeutung dieser Gebilde nichts wissen. Ich selbst!) habe bei anderen Gelegenheiten darauf auf- merksam gemacht, dass man aus dem tinetoriellen Verhalten der Gebilde basischen und sauren Farbstoffen gegenüber nicht ohne weiteres auf ikre chemische Constitution schliessen darf und dass dieselben „Granula“ unter wechselnden Verhältnissen bald mit den einen bald mit den andern Farbstoffen sich tingiren lassen. Noch weniger wird man berechtigt sein auf ihre functionellen Eigenschaften zu folgern. Andererseits muss man zugeben, dass der Befund zweier Substanzen in einer Zelle, welche sieh tine- toriell und morphologisch verschieden darstellen und von denen der einen, ihrem Vorkommen in den Nervenfasern nach zu schliessen, wahrscheinlich die Leitung zukommt, für die andere die Annahme zulässig ist, dass ihr andere oder noch andere Lei- stungen obliegen. Ob dieselbe einer anderen Art von Nervenleitung 1) J. Arnold, Zur Morphologie u. Biologie der Zellen des Knochen- marks. Virchow’s Archiv Bd. 140. 1891. Ueber Structur und Architeetur der Zellen. Dal dient oder der Ernährung, darüber sind zur Zeit höchstens Vermuthungen möglich. Der Hinweis, dass in anderen Zellen Leucoeyten, Knochenmarkzellen ete. gleichfalls mit Methylenblau sich färbende Gebilde vorkommen, ist in dieser Hinsicht nicht entscheidend, weil wir nicht wissen, ob sie mit den Nissl-Körpern identisch sind und welche Functionen ihnen zukommen). Damit soll nicht in Abrede gestellt werden, dass die Hypothese, die Nissl-Körper dienen der Ernährung, und seien Reservestätten, viel Ansprechendes hat. Selbstverständlich wäre damit nicht ausgeschlossen, dass die N issl-Körper ausserdem noch der Leitung dienende Substanzen enthalten können; der Befund von kleineren und blasseren Körnern neben grösseren glänzenden, sowie der durch seine Fädehen und Körnerreihen vermittelte Zusammenhang der Nissl-Körper mit der sog. achromatischen Substanz liesse sich in diesem Sinne verwerthen. Vorausgesetzt es wäre eine solche Unterscheidung zwischen der Leitung einerseits, der Ernährung andererseits dienenden Körnern und Körnerreihen gerechtfertigt, so könnte man die ersteren als Neurosomen-, die letzteren als Plasmosomensysteme bezeichnen. Welche gegenseitige Anordnung diese beiden Systeme darbieten, ob sie nebeneinander bestehen, oder ob das Neuro- somengitter, in das Plasmosomengitter eingefügt ist oder ob beide dureh Verbindungsglieder zusammenhängen, ob die Ganglienzellen noch andere Substanzen enthalten, welche feineren Veränderungen die Bestandtheile derselben unter normalen und pathologischen Verhältnissen eingehen, das sind Räthsel, deren Lösung als eine der interessantesten biologischen Aufgaben bezeichnet werden darf. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXVI. 1. Isolirte Ganglienzelle aus-dem Vorderhorn des Rückenmarks vom Rind; 0,7°/, Kochsalzlösung. 2. Dasselbe, Jod-Jodkalilösung. 1) Il. e. u. über die feinere Struetur der hämoglobinlosen und hämoglobinhaltigen Knochen-Markzellen. Virchow’s Archiv Bd. 144. 1896. Es ist in dieser Beziehung ferner zu berücksichtigen, dass die angewandten Conservirungsmethoden auf das morphologische und tinctorielle Verhalten der „Granula* von grossem Einfluss sind, 552 K. W. Zimmerman: Dasselbe, Jod-Jodkalilösung. Dasselbe, Jod-Jodkalilösung. Dasselbe, Jod-Jodkalilösung. Dasselbe, Jodkalilösung und nachträglicher Zusatz von Jod-Jod- kalilösung. 7. Dasselbe, die gleichen Zusatzflüssigkeiten. 8. Protoplasmafortsatz, dieselben Zusatzflüssigkeiten. 9. Centrale Nervenfaser, Zusatzflüssigkeiten wie bei 8. 10. Isolirte Gliazelle, 10°, Jod-Jodkalilösung. FETTE Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. Von K. W. Zimmermann, Privatdocent und Proseetor am anatomischen Institut zu Bern. Hierzu Tafel XXVIL XXVIINI u. XXIX. Schon seit mehreren Jahren bin ich mit der Untersuchung der Epithelien im Allgemeinen und der Drüsen im Speciellen beschäftigt und zwar hauptsächlich unter Anwendung der Benda- Heidenhain’schen Eisenhämatoxylinmethode, da ich zunächst nur die Absicht hatte, die Lage und Anordnung der Kittsubstanz festzustellen, wozu eben die genannte Methode wie keine andere geeignet ist. Da es sich nun herausstellte, dass ausnahmslos alle intercellulären Sekretgänge. Kittlinien aufweisen, so lag der Gedanke nahe, mit Hilfe dieser Thatsache zu entscheiden, ob gewisse Sekretgänge inter- oder intracellulär resp., um die so ähnlich klingenden Ausdrücke zu vermeiden, ob sie zwischen- zellig oder binnenzellig verlaufen. Zu dem Behuf wurde auch die schnelle Golgi-Methode mit Fixation und Nachfärbung angewandt. Da nun wie bekannt die Eisenhämatoxylinmethode zugleich mit den Kittlinien auch die Centralkörper schön zur Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 553 Darstellung bringt, so erschien es mir praktisch zugleich auch diese zu berücksichtigen. Was zunächst die Kittleisten anbelangt, so hat zuerst M. Heidenhain darauf aufmerksam gemacht, dass man sie mit seiner Methode im Darm leicht und schön darstellen könne: „Betrachtet man das Darmepithel auf Tangentialschnitten von der inneren Oberfläche her, so findet man, dass die Darmepithel- zellen durch äusserst scharfe, schwarze, feingezackte Linien von einander getrennt sind; man hat durchaus den Eindruck, als ob eine gut gelungene Versilberung der Kittsubstanzen vorläge“!). Diese Bemerkung hat den Anstoss zur vorliegenden Arbeit gegeben. Ich habe bereits in Strassburg auf der achten Versammlung der Anatomischen Gesellschaft Kittleistennetze an den Epithelien des Uterus, des Nebenhodens, des Darms, des Ureters, der Niere, der Thränendrüse, des Pigment- epithels der Netzhaut und der Ausführungsgänge von Schleimdrüsen demonstrirt?). Später hat auch Bonnet?) über „Schlussleistennetze*“ der Epithelien der Magengrübchen, der Fundus- und Pylorusdrüsen, der serösen und Schleim- drüsen der Zungenwurzel und der Submaxillaris sowie der Ausführungsgänge dieser Drüsen, dann der Gallenblase und des Darms berichtet. Was die feineren Sekretwege der Drüsen anbelangt, so ist in neuerer Zeit viel mit Hilfe der Golgi’schen Methode darüber gearbeitet worden. Es wurde die Kupffer'sche Angabe über die Sekretvacuolen in den Leberzellen und ihren Zusammenhang mit den Gallenkapillaren bestätigt und die feineren Sekretgänge (Sekretkapillaren) der Parotis, Sublingualis, Submaxillaris und des Pankreas sowie die sonderbaren korbartigen oder bäum- chenartigen Sekretwege der Belegzellen der Magendrüsen ent- deckt. Ungelöst blieb jedoch die Frage nach den Beziehungen 1) Martin Heidenhain, Ueber Kern und Protoplasma. Sepa- ratabdruck aus der Festschrift zum 50jährigen Doktorjubiläum des Herrn Geheimrath Prof. Dr. v. Kölliker. Leipzig 1892, pag. 119. 2) Verhandlungen der Anatomischen Gesellschaft auf der 8. Ver- sammlung in Strassburg i. E. Jena 1894, pag. 244. 3) Bonnet, R., Ueber „Schlussleisten“ der Epithelien. Aus der medieinischen Gesellschaft in Giessen. Deutsche medieinische Wochen- schrift 189. 554 K. W. Zimmermann: der Sekretkapillaren zu den Zellen, ob sie „binnenzellig“ oder „zwischenzellig“ beginnen und verlaufen. So hiess es anfangs allgemein, dass z. B. die Sekretkörbehen der Belegzellen an der Oberfläche der Zellen verlaufen sollten (Golgi, Erik Müller)'!), während andere (Langendorff und Laser- stein?) und in einer späteren Arbeit auch E. Müller)?) so- wohl binnenzelligen als auch aussenzelligen Ver- lauf behaupteten. Um diese Frage zu lösen, genügen eben Golgi-Präparate allein nicht. Man müsste ausser der Sekret- färbung auch noch die Zelleontouren und die Kerne deut- lich und scharf erkennen, also die Präparate noch etwa mit Hämatoxylin und Eosin ete. nachfärben können. Thut man das letztere, ohne die Schnitte fixirt zu haben, so verschwinden die Chromsilberniederschläge. Ich habe nun die Kallius’sche Fixation mit Hydrochinon häufig mit gutem Erfolge besonders bei Leberpräparaten ange- wandt, jedoch auch hier und da Misserfolge gehabt. Ich ver- suchte auch das Chromsilber in Schwefelsilber umzuwandeln, was ir mit Schwefelammonium recht gut gelang. In eine Schale mit 100 cbem Alkohol absol. werden unter Umrühren 2—3 Tropfen besten Schwefelammoniums geträufelt, und dabinein die des Paraffins beraubten Schnitte aus Alkohol gebracht. Das Schwefel- ammonium dringt sehr schwer ein, man muss es deshalb !/, bis 1 Stunde unter häufigem Umrühren einwirken lassen. Hat man etwas zu viel Schwefelammonium genommen oder zu lange ein- wirken lassen, so können sich die Niederschläge zum Theil oder ganz lösen und so verschwinden. Mit einiger Vorsicht bekommt man jedoch sehr schöne Präparate, die man nach Auswaschen in Alkohol beliebig nachfärben kann. Die dem Abschnitt über den Magen resp. den Figuren 46 bis 51 zu Grunde liegenden Präparate sind so hergestellt. In letzter Zeit habe ich versucht l) E. Müller, Zur Kenntniss der Labdrüsen der Magenschleim- haut. In Biologiska Föreningens Ferhandlingar, Stockholm, Bd. IV. Februar 1892 Nr. 8. 2) ©. Langendorff und S. Laserstein, Die feineren Abson- derungswege der Magendrüsen. Arch. f. d. gesammte Physiologie. Bd. LV. 1894. 3) E. Müller, Ueber Sekretkapillaren. Arch f. mikrosk. Anat. Bd. XLV. 1895. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 008 Kochsalz zur Fixation zu verwenden d. h. das Chromsilber in Chlorsilber umzuwandeln (von anderer Seite ist früher hierzu schon Salzsäure benutzt worden, welche das Chlorsilber jedoch leicht löst und daher zu verwerfen ist) und die Präparate dann dem Lichte auszusetzen. Nach verschiedenem Probiren entschied ich mich zu folgender Methode: Die Schnitte werden aus Alkohol in folgende Flüssigkeit übertragen: Physiologische Kochsalzlösung 100. Alkohol 96°/, 200. Wegen des geringen Kochsalzgehaltes muss man eben ein grösseres Quantum Flüssigkeit nehmen. Während man umrührt, bemerkt man, wie die Präparate resp. die Niederschläge sehr schnell blassgelb werden, wenn auch die Schnitte diek sind. Es geht also die Umwandlung sehr schnell vor sich. Beobachtet man dieselbe auf dem Objectträger, so sieht man sie bei dünneren Schnitten fast plötzlich eintreten, während die Flüssigkeit durch chromsaures Natron sich gelb färbt. Der Vorsicht halber lässt man am besten die Schnitte 10—15 Minuten in der Flüssigkeit (häufig umrühren!) und überträgt sie dann in 75—96°/,igen Alkohol, worin sie auf weissem Untergrund im hellen Zimmer liegen bleiben, bis die Niederschläge genügend dunkel erscheinen, was bei genügend Licht in einem halben Tage erreicht ist. Schneller wirkt direktes Sonnenlicht, doch wird, wenn man nicht vorsichtig ist, der Grund leicht etwas zu dunkel. Man kann nun leicht nachfärben. Besonders ist Thionin oder Safranin zu empfehlen. Das erstere färbt am schönsten, wenn man anfangs dem Kali biehromieum anstatt Osmimusäure Formalin zugefügt hat. Es färben sich dann z. B. bei Präparaten vom centralen Nervensystem die ganzen Ganglienzellen blau, so dass unvoll- ständig mit Silberniederschlägen gefärbte Zellen durch die Thio- ninfärbung noch ergänzt werden. So sah ich häufig Ganglien- zellen halb und halb mit Chlorsilber und mit Thionin gefärbt. Regelmässig war der mit Thionin gefärbte Abschnitt dünner als der mit Chlorsilber imprägnirte, woraus zweifellos hervorgeht, dass ein Theil des Silbersalzniederschlags sich auf der Zellober- fläche befindet. — Ich bin mit der Methode sehr zufrieden, sowohl weil sie nie versagt, als auch weil sie so einfach ist und die erforderlichen Substanzen stets zur Hand sind. Auf diese Weise gelang es mir die Frage nach der Lage 556 K. W. Zimmermann: der letzten feineren Verzweigungen der Sekretbäumchen resp. Körbehen der Belegzellen endgültig zu lösen. Doch war es mög- lieh, dass durch die schwarzen Massen manche Details verdeckt wurden. Besonders gilt dies für die Strecke zwischen dem Hauptlumen und dem Körbehen oder Bäumchen, welche ja auch den Stöhr’schen Fortsatz enthalten muss, über den man durch die Golgi-Methode gar keinen Aufschluss erhält. Es war also notwendig eine Methode anzuwenden, welche möglichst scharf die Zellgrenzen darstellt und dabei auch die feinsten Details im Protoplasma erkennen lässt. Dazu war nun keine besser ge- eignet als die Benda-Heidenhain’sche Eisenhäma- toxylinmethode, wie auch Rudolf Krause und Erik Müller richtig erkannt haben. Beide haben sie auf die Speichel- drüsen angewendet, kamen aber in Bezug auf die Beziehungen der Sekretgänge zu den Zellen zu entgegengesetzten Anschauungen. So berichtet R. Krause in seiner Arbeit über die Speicheldrüsen des Igels') pag. 119: „Die Canälchen erscheinen von dicken schwarzen Linien eingefasst, in welche überall die Balken des Protoplasmas übergehen. ....... Dass diese Gebilde wirklich innerhalb derZellen endigen, ist ausser allem Zweifel.“ Erik Müller dagegen behauptet in seiner Arbeit über Sekretkapillaren?) pag 469: „Vom Lumen der Drüsentubuli zweigen sich feine, helle Röbrehen zwischen die Zellen hinab, um nach geradem oder gewundenem Verlaufe gewöhnlich in der Nähe der Membrana propria blind zu endigen. Niemals anastomosiren diese Röhrchen miteinander. Sie theilen sich oft während ihres Verlaufes. Die Uebereinstimmung zwischen diesen Bildern und den mit der Golgi’schen Methode erhaltenen ist deutlich, sie gestatten uns aber noch weitere Blicke als die letztgenannte in das Wesen dieser Bildungen zu thun, besonders, was die Frage von der Lage derselben im Verhältnisse zu den Zellen und ihrer Struktur anbetrift. Die Lage dieser Röhrchen ist intercellular. Diese Frage ist jedoch nicht so leicht zu unterscheiden, wie es bei dem ersten Blick zu sein scheint.“ ete. Zuweilen sollen Sekretvacuolen an den Gängen 1) Rudolf Krause, Zur Histologie der Speicheldrüsen. Die Speicheldrüsen des Igels. Archiv f. mikrosk. Anatomie Bd. 45. 1895. 2) E. Müller, Ueber Sekretkapillaren. Archiv f. mikrosk. Anat, Bd, 45. 1895. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 557 sitzen. Zwischen den Schleimzellen sollen bestimmt keine Sekret- gänge vorhanden sein. Betrachtet man die Abbildungen beider Autoren, so sieht man sofort, dass sie die gleichen Gänge vor sich hatten, dass aber die Müller’schen Abbildungen (z. B. Fig. 1, 2, 3 und 4) gerade so gut von R. Krause als Illustrationen für seine Ansicht angefertigt sein könnten, und umgekehrt. Es stellte sich also auch hier die Nothwendigkeit heraus, genauere Untersuchungen mit der gleichen Methode vorzunehmen und wo- möglich ein Mittel zu finden, welches es uns bei auch noch so ungünstigen Lagen der Sekretgänge ermöglicht, doch zu be- stimmen, ob diese Gänge zwischen oder in den Zellen liegen. Dieses Mittel aber war bereits, bevor die beiden genannten Autoren ihre Arbeiten publieirten, gefunden und mitgetheilt; es besteht nämlich in den Kittlinien oder Schlussleisten, welche gerade durch die M. Heidenhain’sche Eisenhäma- toxylinmethode so überraschend schön zur Darstellung gelangen. Wenn man die Thatsache oder — vielleicht ist es nicht zu viel gesagt — das Gesetz bedenkt, dass, wie auch Bonnet ver- muthet hat, und Cohn!) bestätigt, sämmtliche bisher mit der genannten Methode daraufhin untersuchte Drüsen- und andere Epithelien (geschichtetes Plattenepithel ausgenommen) an den Rändern ihrer freien resp. secernirenden (resp. beim Darm resor- birenden) Oberflächen mit einander verkittet sind, und dass da- durch die aufnehmenden und die absondernden Flächen scharf und dauernd von einander geschieden sind, so wird man keinen Grund einsehen können, warum diese Einrichtung nur auf grossen Oberflächen und in den groben Sekretwegen vorhanden sein sollte, man wird vielmehr annehmen müssen, dass dieses Gesetz, wenn ein solches wirklich existirt, auch für die allerfeinsten Sekret führenden Gänge zwischen den Drüsenzellen Geltung haben muss. Man wird also, wenn ein auch noch so feiner, Sekret führender Gang zwischen zwei Drüsenzellen verläuft, zwei einander gegen- überliegende Kittleisten sehen, resp. wenn drei, vier oder fünf und mehr Zellen sich an der Bildung des Sekretganges betheiligen, drei, vier oder fünf und mehr Kittleisten wahrnehmen, und zwar 1) Th. Cohn, Ueber epitheliale Schlussleisten an embryonalen und ausgebildeten Geweben. Verhandl. d. phys.-med. Gesellsch. zu Würzburg. N. F. XXXI Bd. 1897. K. W. Zimmermann 558 IELSIETTESLIIBEG 1 VOHHHHEDIHTFTER, 0 1ZORTTRRGLREEG BFH: ZEkAL: Ehe Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 559 bei Querschnitten der Gänge als Punkte im Contour des Ganges, von denen die Zellgrenzen mehr oder weniger deutlich ausgehen; bei Längsschnitten als ebensoviel schwarze, distinkte Linien, welche theilweise optisch auf einander projieirt sein können und am blinden Ende des Ganges in einander übergehen, vorausge- setzt, dass am Ende des Ganges noch die gleiche Zellenzahl sich an der Bildung desselben betheiligt. Ebenso klar ist es aber auch, dass an binnenzelligen Sekretgängen das Vorhandensein von Kittlinien niemals erwartet werden darf. Da die eben erör- terten Verhältnisse von ganz besonderer Wichtigkeit sind, so dürfte es vielleicht angebracht sein, wenn ich, besonders mit Rücksicht auf Nachuntersucher, an der Hand einiger Schemata die Verhältnisse kurz erörtere. Auf diese Weise wird es mir ermöglicht, mich bei der Beschreibung der einzelnen Drüsen kurz zu fassen und Wiederholungen vorzubeugen. Betrachtet man Fig. 2 der Müller’schen Arbeit (im bei- gefügten Schema a wiedergegeben) oder Fig. 24 dieser vor- liegenden Abhandlung, so ist es, wenn man zunächst die Kitt- leisten, die ja auch von R. Krause und E. Müller zur Ent- scheidung der Frage nicht benutzt worden sind, ausser Acht lässt, nicht möglich zu entscheiden, ob der abgebildete Gang binnenzellig oder zwischenzellig lieg. Wenn man also einen Querschnitt durch den Gang nebst Umgebung legen würde (etwa im Sinne der punktirten Linie in Figur a), so könnte man. entweder Bilder erhalten wie in Fig. 5 (binnen- zellige Lage des Ganges) oder wie in Fig. ce (zwischenzellige Lage desselben; der Pfeil über der Figur deutet die Richtung an, in der man blicken müsste, um die Ansicht « zu bekommen). Es geht daraus hervor, dass Abbildungen wie in Fig. a, und wie sie R. Krause und E. Müller hauptsächlich geben, für die Entscheidung der Frage, ob der Sekretgang binnenzellig oder zwischenzellig liege, ganz ungeeignet sind und nichts beweisen, dass dagegen aus den Figuren 5 und c die Lagebeziehung des Sekretsanges zur Zelle sofort ersichtlich ist. Will man also selbst zur richtigen Erkenntnis gelangen und auch Abbil- dungen liefern, welche geeignet sind, andere zu überzeugen, so suche man zuerst Querschnitte von Sekretkapillaren auf und lasse die Längs- und Schrägsehnitte vorläufig ganz ausser Acht. Soleher Bilder wird man in der Parotis, dem Pankreas, der Submaxillaris Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 37 560 K. W. Zimmermann: ete. massenhaft finden. Nehmen wir nun an, wir hätten ein sehr weites Hauptdrüsenlumen, von dem aus zahlreiche einfache Seiten- gänge zwischen die Drüsenzellen gingen, und wir hätten so ge- schnitten, dass wir senkrecht auf die das Hauptlumen begrenzende Oberfläche der Drüsenzellen blicken, so würden wir bei Ein- stellung auf dieselbe das Kittleistennetz und die Mündungen der Seitengänge sehen, also etwa ein Bild wie in Fig. d erhalten. Hier sind vier zwischenzellige Nebengänge angenommen, an deren Begrenzung sich zwei, drei, vier und sechs Zellen betheiligen. An den Mündungsstellen der Nebengänge sind die Kittleisten scheinbar unterbrochen, ziehen aber in Wirklichkeit in die Gänge hinein, um auch hier die secernirenden Flächen der Drüsenzellen an ihren Rändern zusammenzukitten. Wir würden also, voraus- gesetzt, dass die Sekretgänge senkrecht zur Präparatebene ver- laufen, wenn wir etwas tiefer einstellen, so dass eben das ober- flächliehe Kittleistennetz verschwunden ist, ein Bild bekommen wie in Fig. e, d. h., wir würden die Kittleisten im Querschnitt als mehr oder weniger rundliche schwarzblaue Punkte im heller gefärbten Contour des Gangquerschnittes und von ihnen die ebenfalls heller gefärbten Zellgrenzen ausgehen sehen. Nehmen wir nun noch an, die Seitengänge wären gleich lang, und die betreffenden Drüsenzellen nähmen bis zum blinden Ende der Gänge an der Bildung derselben immer noch in gleicher Weise Theil, so würden wir, wenn wir auf die blinden Enden einstellen, ein Bild erhalten, wie in Fig. /, d. h. die Kittleisten würden in einander übergehen. Selbstverständlich würden wir, wenn wir irgendwo den Querschnitt von einem binnenzelligen Gang fänden, in seinem Contour niemals Kittleisten finden. Sehen wir also in dem Contour eines Gangquerschnittes zwei, drei oder mehr Pnnkte (niemals einen), welche, sowie man auch einstellen mag, immer scharf erscheinen, dabei sich hin und her bewegen können und sich dadurch als Fadenquerschnitte kundgeben, so liegt dieser Gang zwischen deu Zellen, ob wir nun von den be- sagten Punkten Zellgrenzen abgehen sehen oder nicht (sie könnten ja undeutlich oder ganz verschwunden sein, wie es von manchen Drüsen angegeben wird). Ist aber der Contour des Gangquer- schnittes frei von Kittleisten, und sieht man dementsprechend von ihm keine Zellgrenzen ausgehen, hat man ferner an anderen Stellen sich überzeugt, dass die Kittleisten, wenn welche da Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 561 wären, sicher gefärbt sein müssten, so liegt der Gang im Zell- leib. Nachdem man so die Querschnittbilder richtig verstehen gelernt hat, kann man auch zur Beurtheilung der Längsbilder der Nebengänge übergehen, deren verschiedene Ansichten in den Figuren g, Ah, © und %k dargestellt sind. Die Figuren stellen ge- wissermassen vollständig durchsichtige Modelle dar und zwar g, hund @ von je zwei an einander stossenden Zellen mit einem Nebendrüsengang zwischen sich. Fig. % entspricht jedoch nur einer einzigen Zelle. Am oberen Ende einer jeden Figur ist die dem Hauptdrüsenlumen zugekehrte (Absonderungs-) Fläche, von Kittleisten umrahmt, in Schrägansicht dargestellt. Fig. g ist die vereinfachte Zeichnung a. Die beiden Zellen liegen so, dass die (querschraffirte) Trennungsebene parallel mit der Ebene des Ob- jeettisches liegt, man also senkrecht auf sie blickt. Man würde daher im Präparat nichts von ihr wahrnehmen können, und nur durch das Vorhandensein zweier übereinander liegender Kerne (d. h. wenn sie im Schnitt liegen) daran erinnert werden, dass zwei Zellen übereinander liegen. Könnte man das Präparat da- gegen so drehen, dass man die freie Oberfläche der Zellen zu Gesichte bekäme, so würde man an der vorhandenen Kittleiste die wirklichen Verhältnisse erkennen. Der Sekretgang nun er- scheint durch eine schwarze Linie scharf begrenzt. Diese liegt jederseits gerade an der Stelle der Gangoberfläche, an welcher die Gesichtslinie dieselbe tangential trifft. Es fällt eben in diesem Falle die Projeetion des Gangeontours gerade mit derjenigen der Kittleisten zusammen. Die 'beiden vis-aA-vis liegenden Kittleisten vereinigen sich am blinden Ende des Ganges, so dass eine blau- schwarze U-förmige Linie entsteht, welche sich von dem um- gebenden Protoplasma scharf abhebt. Dreht man das Modell um 90°, so steht nunmehr die Trennungsebene der beiden Zellen senkrecht auf der Präparatebene (Objeettisch), und ihre Projeetion muss sammt den in ihr liegenden Kittleisten eine einzige Linie dar- stellen. Man kann jedoch bei gut differenzirten Präparaten und sorg- fältiger Einstellung sofort die schwarzblauen Kittleisten von der sie fortsetzenden helleren Trennungslinie der Zellen gut unterscheiden. Hat man auf die obere Kittleiste in der Sekretgangwand einge- stellt und schraubt man vorsichtig herunter, so muss diese ver- schwinden, und die zweite tiefer gelegene Kittleiste auftauchen (ich muss noch bemerken, dass die ganzen Verhältnisse nur bei 562 K. W. Zimmermann: Anwendung einer guten Oelimmersion klar zur Anschauung ge langen — es sind auch alle Zeichnungen unter Anwendung einer solehen ausgeführt). Der in der Projection des Ganges erscheinende Contour wird durch eine zarte Linie dargestellt, vorausgesetzt, dass nicht eine dunkler gefärbte Oberflächenschicht vorhanden ist). Wäre dies jedoch der Fall, so würde der Contour zwar auch mehr oder weniger dunkel erscheinen, aber nur allmählich bei dem Arbeiten mit der Mikrometerschraube verschwinden und nicht plötzlich wie die Kittleisten. Würde man das Modell um irgend einen anderen Winkel drehen, so würden die beiden vis-A- vis liegenden Kittleisten in der Projeetion neben einander fallen, und zwar zwischen die beiden zarten, den Gangeontour dar- stellenden Linien. Man würde also vier, in drei verschiedenen Ebenen liegende Linien wahrnehmen, welche am Grunde des Ganges in einander übergehen. Fig. ö soll dieses klar machen. Fig. %k stellt einen in den Zellleib dringenden und blind endi- senden Gang dar. Der Contour würde dieselbe Farbe besitzen wie das Protoplasmagerüst und beim Verstellen der Schraube allmählich versehwinden. Irgend eine dunkle Kittleiste muss selbstverständlich fehlen. Man kann also vermittelst der Kitt- leisten gewöhnlich leicht erkennen, ob Sekretgänge, die in Längs- ansicht vorliegeu, zwischen den Zellen oder im Zellleib verlaufen ?). Ein ganz einfaches Modell von einem Sekretgang hat man im einem Reagensglas. Ohne alle Zurüstung stellt es einen kitt- leistenfreien, binnenzelligen Sekretgang dar. Malt man der Länge nach zwei vis-a-vis stehende blauschwarze Linien auf, welche am Grunde des Gläschens in einander übergehen, so hat man das Modell eines zwischen zwei Zellen liegenden, blind endigen- den Sekretganges. Mit drei und mehr, ziemlich gleich von ein- ander abstehenden Linien würde es einen Sekretgang zwischen drei oder mehr Zellen repräsentiren. 1) Eigenthümlich ist, dass in Präparaten, die von mehrere Stun- den nach dem Tode der Leiche entnommenem Material angefertigt sind, die Wände der Sekretkapillaren sich schwarzblau färben, so dass die letzteren sehr deutlich in ihrer Gesammtheit hervortreten. Da man an solchen Präparaten die Kittleisten nicht unterscheiden kann, so ist es in vielen Fällen unmöglich zu entscheiden, ob der Gang binnen- zellig oder zwischenzellig verläuft. Ich besitze solche Präparate von der Leber, der Submaxillaris und der Sublingualis des Menschen. 2) Die Figuren g’—k‘ sind Querschnittsbilder der entsprechenden darunter stehenden Schemata. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 969 Sehr unangenehm bei der Eisenhämatoxylinmethode ist der Umstand, dass man nie genau wissen kann, wann der richtige Moment gekommen ist, wo man die Differenzirung unterbrechen muss. Man thut deshalb gut, mehrere Präparate verschieden lang zu entfärben und dann die besten auszuwählen. Unangenehm is ferner für das Aufsuchen der Centralkörper, dass sich oft zahl- reiche feinste schwarze Körnchen im Zellleib der Drüsenepithe- lien und zwar hauptsächlich in den Knotenpunkten des Proto- plasmagerüstes färben, ganz abgesehen von den Sekretmassen, welche besonders in den oberflächlichen Schiehten der mit Su- blimat fixirten Stücke als blauschwarze, mehr oder weniger dieke Körner auftreten und das Auffinden der Centralkörper ganz un- möglich machen. Dies ist daran Schuld, dass ich z. B. bei den Speicheldrüsen nicht in einer einzigen Zelle das Mikrocentrum nachweisen konnte. Vielleicht wird es noch mit anderen Me- thoden gelingen. Von besonderem Nutzen war mir ein nicht zu starkes Nachfärben mit Säurefuchsin, weil dadurch bei manchen Epithelien (z. B. in der Hypophysis) eine Attractionssphäre, oder doch eine mehr oder weniger deutlich abgegrenzte Verdichtung des Protoplasmas um die Centralkörper herum zum Vorschein kam, wodurch sich die Letzteren sofort von anderen Körnchen, welche gleiche Grösse besassen, unterscheiden liessen. Von der Vorfärbung mit Bordeauxroth hatte ich keinen Nutzen. Die Untersuchungen mussten über die Oentralkörper fol- gende Fragen klar zu stellen suchen: Form und Zahl der- selben in einer Zelle? Liegt das Mikrocentrum im Kern oder nicht (bekanntlich zeichnet Stöhr in dem Schema der Zelle in seinem Lehrbuche den Centralkörper in den Kern hinein!)? Wenn nicht, hat es eine typische Lage im Zellleib oder nicht? Hat es noch andere Funktionen als das Mit- wirken bei der Kerntheilung, vor allem wie verhält es sich zur Sekretion? Wir werden sehen, wie weit es mir ge- lungen ist, über alles dies Aufschluss zu erhalten. Da die Duplieität des Centralkörpers, welche ja auch bei anderen Zellarten gefunden worden ist — M. Heidenhain und Cohn fanden sie bei Entenembryonen überall; ich selbst sah sie bei allen Zellen des Menschen ete., welche ich nebenbei zu Gesichte bekam (fixe Bindegewebszellen, Fettzellen, Leuko- eyten, glatte Muskelfasern, protoplasmareiche Zellen der Keim- 564 K. W. Zimmermann: centren von Lympbhfollikeln, Stromazellen des Katzenovariums) ganz regelmässig — so werde ich der Kürze halber für ein typisches mehr oder weniger deutlich durch Centrodesmose ver- bundenes Centralkörperpaar den Ausdruck „Diplosoma* ge- brauchen. Meine Untersuchungen erstreckten sich auf folgende Drüsen resp. Epithelien: l. Dreizellige Drüse von Phronima. 2. Thränendrüse (Mensch, an Krankheit gestorben). 3. Parotis (Hingerichteter). 4. Kleine seröse Drüsen der Zunge (Hinge- richteter). 5. Submaxillaris (Hingerichteter und an Krankheit Gestorbener), Sublingualis und Drüsen der Epiglottis (an Krankheit Gestorbener). 6. Pankreas (Hingerichteter und an Krankheit Gest.). 7. Leber (an Krankheit Gestorbener). 8. Magenfundus (Hingerichteter, Pferd, Hund, Katze). 9, Dünndarm und Colon (Hingerichteter). 10. Thyreoidea (an Krankheit Gestorbener). 11. Hypophysis (an Krankheit Gestorbener). 12. Niere (Kaninchen). 13. Nierenbeeken (Kaninchen) und Ureter (Hin- gerichteter). 14. Samenblase (Hingerichteter). 5. Nebenhoden (Hingerichteter). 16. Uterus und Tube (Mensch). 17. Gesehichtetes Plattenepithel der Cornea (Rhesusaffe) und Zunge (Hingerichteter). 18. Knäueldrüsen der Haut (Rhesusaffe u. Mensch). Ich werde zunächst die einzelnen Nummern für sich be- sprechen und dann in einer Schlussbetrachtung die wichtigsten Punkte (Centralkörper und Sekretkapillare) zusammenfassen. Mit Rücksicht darauf, dass tadelloses menschliches Material nur schwer zu erlangen ist, und ich Gelegenheit hatte, solches von einem jugendlichen Hingerichteten zu benutzen, hielt ich es für angezeigt, der Schilderung der uns hier speziell interessirenden Punkte eine allgemeine Beschreibung der betr. Epithelien vorauszu- schicken auf die Gefahr hin, bereits Bekanntes und Feststehen- Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 565 des zu wiederholen. Im Uebrigen bin ich auch hier und da auf einiges Andere als gerade die Centralkörper und Sekretkapillaren eingegangen, falls es mir von besonderer Bedeutung zu sein schien. So ist es gekommen, dass einige Artikel nur kurz ge- rathen, andere dagegen, wie z. B. der Magenfundus, eingehender behandelt sind. 1. Dreizellige Drüsen von Phronima. Phronima sedentaria gehört zu den Flohkrebsen und lebt im Mittelmeer und Atlantischen Ocean (aus der zoolo- gischen Station zu Neapel leicht zu beziehen). Das Thier ist ausgezeichnet durch Drüsen, welche constant fünf oder drei Zellen besitzen, von denen vier resp. zwei (Hauptzellen) secerniren und (besonders diejenigen der fünfzelligen Drüsen) ein sehr reichliches, mit besonderer Wandung versehenes Sekretkanalsystem im Zellleib besitzen. Diese binnen- zelligen Kanäle convergiren nach einer bestimmten Stelle hin, um hier, durch häufiges Zusammenfliessen zu wenigen Stämm- chen redueirt, in Kanälchen überzugehen, welche einer anderen (der fünften resp. dritten) mit den Hauptzellen in Contact stehen- den Zelle (Ampullarzelle) angehören und zu eier ebenfalls im Leibe dieser Zelle gelegenen Ampulle sich vereinigen. Die Ampulle mündet in den binnenzelligen Kanal einer langgestreckten fadenförmigen Ausführungsgangzelle, welche mit der Körperoberfläche in Verbindung steht und das Sekret nach aussen gelangen lässt. Die fünfzelligen Drüsen finden sich zu mehreren Exemplaren in den grossen Greifzangen des fünften Brustbeinpaares und in den proximalen Gliedern des sechsten und siebenten Brustbeinpaares; hier, wenn ich richtig unterrichtet bin, nur zu zweien. Die Hauptzellen der Greifzangendrüsen sind gross und kubisch und besitzen je einen grossen gestreckten Kern. Diejenigen der Drüsen im sechsten und siebenten Bein- paare dagegen sind fast lmm gross, in die Länge gestreckt und besitzen einen Kern, der in so üherraschend reichlichen Ver- zweigungen und Windungen die ganze Zelle durchsetzt, dass es ganz unmöglich ist, die einzelnen Theile des Kerngewirres zu erkennen. Verzweigte Kerne sind ja besonders in Drüsen von Insekten vielfach bekannt, lassen sich aber, was die Reichlich- keit der Verzweigungen anbelangt, mit den oben erwähnten bei 566 K. W. Zimmermann: Phronima nicht vergleichen. P. Mayer hat nachgewiesen (in den Mittheilungen der zoologischen Station zu Neapel), dass zu- erst ein einfacher runder Kern vorhanden ist, der allmählich zu der definitiven Form auswächst. Der Kern der Ampullarzelle ist ringförmig. Die Ampulle besitzt vier Ausbuchtungen, in welche die Sekretgänge je einer Hauptzelle einmünden. Die dreizelligen Drüsen finden sich an vielen Stellen im Körper, besonders in einer dünnen zellreichen Schicht auf dem Rücken dieht unter den Brustringen, die man entweder an der vom in toto fixirten Thier abgehobenen dorsalen Hälfte des Brustpanzers lässt und mit ihm zusammen färbt (er färbt sich gewöhnlich nieht mit) oder so gut es geht, abpräparirt. Die Drüsen sind zwar wie die anderen bekannt, doch konnte ich nirgends genauere Angaben über ihren feineren Bau finden, wes- halb ich sie besonders wegen der uns speciell interessirenden Sekretkapillaren und der Art und Weise der Verbindungen der Zellen unter einander ganz kurz beschreiben will. Zunächst muss ich bemerken, dass das der Abbildung zu Grunde liegende Präparat von einem lebend in Chromsäure (0,25°/, in Seewasser) fixirten Exemplar stammt und nach der M. Heidenhain'schen Methode gefärbt ist. Diese Drüsen (s. Fig. 1 der Taf. XX VII) bestehen, wie schon angedeutet, aus zwei (ganz ausnahmsweise aus drei) secernirenden Hauptzellen (a der Figur) und der oben erwähnten Ampullarzelle (b), an welche sich noch die Ausführungsgangzelle (e) anschliesst. Die Hauptzellen sind ganz platt und zeigen an der Peripherie (auf die ganze Drüse bezogen) mehr oder weniger tief gehende buch- tige Einschnitte, so dass plumpe, eckige meist spitz auslaufende Fortsätze entstehen. Bei dem meistens anzutreffenden und auch hier abgebildeten Funktionsstadium kann man zwei deutlich, wenn auch nicht durch eine scharfe Linie von einander geschie- (dene Zonen, eine periphere (auf die ganze Drüse bezogen) und eine centrale, unterscheiden. Die periphere Zone färbt sich dunkler, ist fein radiär gestreift und zeigt zahlreiche grössere und kleinere, meist kreisrunde Vacnolen, die gewöhnlich dunkler umsäumt sind, da an ihrer Peripherie das Protoplasma reichlicher angehäuft ist. Diese Zone enthält auch den grossen Kern (k). Die centrale Zone ist weit heller gefärbt und zeigt eine feine Netzstruktur. In ihr bemerkt man die schon eingangs erwähnten Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 567 schr feinen und mit einer besonderen Wand versehenen, im All- gemeinen radiär verlaufenden Sekretkapillaren. Dass sie wirk- lich eine wenn auch sehr dünne Wand besitzen, die sich anders verhält als das übrige Protoplasma, geht auch daraus hervor, dass in mit Osmiumgemischen fixirten und nicht nachgefärbten Präparaten die Oontouren der Gänge viel dunkler erscheinen als das übrige Protoplasma. Auch mit Eisenhämatoxylin färben sie sich deutlich dunkler als die Umgebung. Die Kanälehen ver- einigen sich zwei bis dreimal und bilden schliesslich ein bis drei, gewöhnlich aber zwei feine Hauptstämmcehen, welche an dem centralen Rande dicht nebeneinander in Kanälchen der Ampullar- zelle übergehen. Die Kanälchen sind von einer Masse umgeben, welche einen mässig breiten dunklen, lappigen Saum bildet, der bei den ein- zelnen Drüsen sehr verschieden entwickelt ist und sogar ganz fehlen kann. Ist nur wenig vorhanden, so liegt die dunklere Masse an dem Hauptkanälchen, also mehr dem Centrum der Drüse zu. Es handelt sich hier augenscheinlich um fertiges Sekret, das sich um die Sekretkapillaren herum angesammelt hat und im Be- griffe ist, ausgestossen zu werden oder gar schon bis auf geringe Reste ganz ausgestossen ist. Die Ausstossung beginnt, wie em Vergleich der verschiedenen Drüsen zeigt, an den pheripheren Anfängen der Sekretkanälchen und endigt an den centralen Enden. Die eentralen Zonen beider Zellen bilden zusammen eine kreisrunde Scheibe. Die grossen, einfach gestalteten Kerne (k) besitzen ein reichliches, grossmaschiges und ziemlich regelmässiges, achromatisches Gerüst, an dem mehrere grössere und kleinere sehr verschieden gestaltete Chromatinklümpchen sitzen. Einen Centralkörper oder eine Sphäre habe ich nirgends entdecken können. Die beiden Hauptzellen berühren einander nur in einem Radius und scheinen nirgends mit einander verkittet zu sein. Die Ampullarzelle (b, oberhalb des Drüsencentrums) ist bedeutend kleiner und protoplasmaärmer als die beiden Haupt- zellen und von einfacher, mehr plump spindelförmiger Gestalt. Der grösste Durchmesser geht durch das Drüsencentrum. Am centralen Ende besitzt die Zelle einen knopfartigen Fortsatz („Ampullarfortsatz“ möchte ich ihn nennen). Die Zelle ist so zwischen die beiden Hauptzellen eingeschoben, dass der Ampullarfortsatz genau in das Drüsencentrum zu liegen kommt. Hier ist der Fortsatz (und nicht der übrige Theil der Zelle) 568 K. W. Zimmermann: mit den beiden Hauptzellen dureh eine sich blau- schwarz färbende Kittmasse verlöthet. Der Am- pullarfortsatz zeigt genau in der Mitte eine kleine kugelrunde Höhle (Ampulle), von der zwei Arten von feinen Kanälchen ausgeben: jederseits je ein bis drei, meistens aber zwei radiär verlaufende, deren Lumina durch die Kittsubstanz hin- durch direkt in diejenigen der Sekretkapillaren der Haupt- zellen übergehen, so dass das Sekret der letzteren nur in die Ampulle der Ampullarzelle fliessen kann. Sieht man etwas schräg auf die Drüsen, so erkennt man deutlich, dass die Kitt- masse die Kanälchen von allen Seiten umgiebt, dass sie also ein so vielmal (meist zweimal) durch- lochtes Band darstellt, als Kanälchen hindureh- gehen. Von der Ampuile führt ferner ein ganz kurzes Kanäl- chen aus der Ebene heraus, dessen Lumen in dasjenige des Ausführungsganges (A) übergeht, der von einer hohlen, faden- förmigen und sehr langen Zelle (Ausführungsgangzelle) gebildet wird und mit dem Ampullarfortsatz durch einen feinen Kittring vereinigt ist. Wegen der Fein- heit dieses Kittringes entfärbt er sich auch viel eher als der übrige Kitt, so dass man bei vielen Drüsen nichts mehr von ihm wahrnimmt, obgleich die den Ampullarfortsatz mit den Haupt- zellen verklebende Kittmasse noch schwarzblau gefärbt ist. Die Kerne der Ampullarzelle und der Ausführungsgangzelle haben im Wesentlichen denselben Bau wie die Kerne der Hauptzellen, sind nur viel kleiner und relativ chromatinärmer. Auch bei diesen Zellen konnte ich die Centralkörper nicht finden. Wenn wir alles über die Sekretwege der ganzen Drüse Gesagte berücksichtigen, so können wir zu keinem anderen Schluss kommen, als dass dieselben durchaus in allen Theilen dauernde Einrichtungen sein müssen. Ich möchte diesen Punkt besonders hervorheben, damit wir uns leichter an den Gedanken gewöhnen, dass auch bei Säugern dergleichen wohl vorkommen könnte. Wir können überhaupt, wenn nicht die ganzen Drüsen, so doch die Hauptzellen mit den Drüsen resp. secernirenden Zellen der Wirbelthiere, speeiell der Säuger, sehr wohl vergleichen. Die dunkle, leicht gestreifte periphere Zone bei Phronima (Bildungsstelle des Sekrets) ent- spricht dem basalen gestreiften und auch meist dunkler gefärbten Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 569 Zellabschnitt in so vielen Drüsen der Säuger, der ja auch an der dem Drüsenlumen zunächst liegenden Seite den Kern enthält oder doch wenigstens mit ihm in Berührung steht. (Man vergleiche die in Fig. 64 abgebildeten Hauptzellen des Magens.) Die centrale helle Zone bei Phronima (Sammelstelle des Sekrets) entspricht dem der freien Oberfläche der Epithelien zunächst liegenden Zelltheil bei den Säugern, wo sich ja auch die Sekrete anzusammeln pflegen (vgl. Fig. 6 und 7, Thränendrüse, doch fehlen hier binnen- zellige Sekretgänge). So reich verzweigte Sekretgänge im Zell- leib finden wir allerdings nur in den Belegzellen des Magens. Die übrigen Einrichtungen, Ampullarzelle und Ausführungsgang- zelle, sind uns jedoch bei Wirbelthieren unbekannt. Aus der Beschreibung der dreizelligen Phronima-Drüsen geht hervor, dass wir in den Hauptzellen geradezu das Schema einer Drüsenzelle besitzen, indem wir, vorläufig noch mit Aus- nahme des Centralkörpers, alles in ihr finden, was man über- haupt von einer Drüsenzelle erwarten darf. Dies ist auch der Grund, weshalb ich diesen Abschnitt an die Spitze der Arbeit gestellt habe, 2. Die Thränendrüse des Menschen. Mit Fig. 2—19. Diese Drüse besitzt sehr lange und vielfach verzweigte Tubuli mit einem verhältnissmässig sehr weiten Lumen, das je- doch vielen Schwankungen unterworfen ist. Die kleineren Aus- führungsgänge, um mit diesen zu beginnen, besitzen ein verhält- nissmässig niedriges und deutlich zweischichtiges Epithel. Die Epithelzellen der das Lumen begrenzenden Schicht könnte man als niedrig kubisch bezeichnen. Ihre freie Oberfläche färbt sich mit der Heidenhain’schen Methode sehr dunkel, welcher Um- stand mich wohl verhindert hat, die Centralkörper zu sehen. Die tiefere Epithelschicht ist am niedrigsten und wenig höher als der Kern diek ist. In dem Querschnitt, von dem Fig. 2 ein Stück darstellt, zählte ich neunzehn Kerne in der oberfläch- lichen, aber nur zwölf in der basalen Schicht. Es müssen also in der letzteren die Kerne weiter auseinanderliegen. Nun sind im Allgemeinen die Zellen der basalen Schicht ebenso breit wie diejenigen der oberflächlichen Schieht. Man kann daraus nur schliessen, dass die ersteren Zellen in der Richtung der Tubu- 570 K. W. Zimmermann: lusaxe länger sind als die der oberflächlichen Schicht. Ich muss jedoch hervorheben, dass die basalen Zellen sich hier und da nicht vollständig berühren, so dass dementsprechend einzelne Zellen der oberflächlichen Lage zwischen den betreffenden Basal- zellen hindurch bis zur Basalmembran reichen. Fig. 2 zeigt dies an zwei Stellen. Wir hätten. es also hier mit einem „partiell seschichteten Epithel“ zu thun. Ich möchte diesen Aus- druck einführen, da diese Epithelform an vielen Stellen vorkommt. Die Ränder der dem Lumen zugekehrten Zelloberflächen sind durch deutliche Kittleisten mit einander verbunden. Die Kittmassen scheinen sich zwischen die aneinander stossenden Zell- flächen fortzusetzen, indem die Zellen überall durch dunkle Li- nien von einander getrennt sind, welche mit dem Kittleistennetz zusammenhängen. Jedoch ist auch die Möglichkeit vorhanden, dass die unmittelbar sich berührenden Exoplasmaschichten benach- barter Zellen sich dunkel färben und so als eine einzige Masse erscheinen, die sich optisch von dem oberflächlichen Kittleisten- netz nicht trennen lässt. Gegen die secernirenden Drüsenschläuche zu werden die basalen Zellen immer niedriger und strecken sich mehr und mehr in die Länge, während sie seitlich vollständig die Fühlung mit- einander verlieren. Kurz vor dem Uebergang in den eigentlichen Drüsentubulus sind die basalen Zellen zu langgestreckten dünnen Gebilden mit länglichen Kernen gewor- den (Fig.3), diein der Längsrichtung unter einem gewissen Abstande von einander verlaufen. Das Protoplasma ist deutlich fein längs gestreift. Bei vorsich- tiger Entfärbung bleiben die Streifen (Fibrillen) fast schwarz ge- färbt, so dass sie bei Tangentialschnitten sehr scharf und deut- lich hervortreten. Ich möchte die Zellen mit plattgedrück- ten glatten Muskelfasern vergleichen. Wir hätten dann ähnliche Einriehtungen wie bei den Knäueldrüsen. Im weiteren Verlauf der Tubuli ändert sich die Form, indem man statt der einfachen langgestreckten Basalzellen verzweigte Formen findet (Fig. 4a und b). Diese Form ist dadurch ausgezeichnet, dass man die schwarzblauen Fibrillen eines oder mehrerer Ausläufer als gesonderte Bündel dureh den Zellleib hindurch und am Kern vorbei in einen oder mehrere gegenüber liegende Ausläufer ver- folgen kann, Man erhält häufig Ueberkreuzung der Ausläufer Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 5 solcher sternförmigen Zellen. Ob an solchen Stellen die Zellen orga- nisch mit einander verbunden sind oder nur frei aneinander vorbei- ziehen, vermochte ich nicht zu entscheiden. Schliesslich, gegen das Ende der Tubuli zu, nehmen die basalen Zellen mehr eireulären Verlauf, behalten aber eine geringe Verästelung bei. Die Gründe, wes- halb der beschriebene Wechsel der Form und der Anordnung in den verschiedenen Drüsenabschnitten eintritt, konnte ich nicht eruiren. Das oberflächliche Epithel, welches bei den eigenartigen Zuständen der basalen Zellen nur noch allein den Namen Epi- thel verdient, it kurz vor dem UTebergang in die ei- gsentlichen Drüsentubuli etwa ebenso hoch als breit. Noch immer färbt sich die freie Oberfläche stark blau. Das Protoplasma scheint durchweg gleichmässig gebaut zu sein und zeigt nichts Besonderes. Der Kern liegt annähernd in der Mitte, etwas gegen die Basis verschoben. Ueberall da, wo die Ober- fläche stark blau gefärbt ist (diese Eigenthümlichkeit findet sich auch in den Ausführungsgängen der Schweissdrüsen; ob sie auf der Färbung einer Cutieula oder einer oberflächlichen Protoplas- maschicht oder eines Sekretniederschlages beruht, kann ich nicht sagen), war es mir auch hier nicht möglich, etwas von Üentral- körpern zu sehen. Augenscheinlich ist auch hier nur die dunkle Färbung schuld und nicht etwa der gänzliche Mangel oder die Lage im Kern. Allerdings glaube ich an einer Stelle, wo zu- fällig der oberflächlichste Abschnitt der Zellen in dünner Schicht vorlag, in zwei nebeneinander liegenden Zellen in einem hellen, nur wenig dunkler umrahmten Hofe je einen stäbehenförmigen (hantelförmigen ?) Centralkörper gesehen zu haben. Das Kittleistennetz ist auch hier scharf ausgeprägt. Die Ausführungsgänge gehen, soweit meine im Wesentlichen nur auf das Studinm der Centralkörper, Kittleisten und Sekret- kapillaren gerichteten Untersuchungen zu beurteilen gestatten, ohne scharfe Grenze in die secernirenden Tubuli über. Die Epi- thelzellen derselben zeigen grosse Varianten in der Grösse und dem Bau, wie die Figuren 6—12 darthun. Zunächst fallen schon bei schwächerer Vergrösserung Tubuliabschnitte mit sehr hohem Epithel auf, wie es in keiner anderen Drüse zu finden ist (s. Fig. 6 und Fig. 7 rechts). Man kann in dem Leibe jeder Zelle drei Zonen unterscheiden. Die der Basis zunächst liegende ist deutlich in der Riehtung der Zellaxe gestreift, was bekanntlich 572 KE. W. Zimmermann: vielen secernirenden Zellen und besonders den Epithelien der Speichelröhren mehr oder weniger eigenthümlich ist. Betrachtet man Tangentialschnitte von einem Tubulus, so sieht man eben- falls eine Streifung, welche jedoch unregelmässig angeordnet ist. Immerhin kann man aber einzelne Nachbarstreifen unter sich gleiehgerichtet sehen (s. Fig. 5, welche die Basalansiecht im übri- gen anders gearteter Epithelzellen darstellt, aber auch die eben- erwähnten Verhältnisse gut illustrirt). Es geht hieraus mit Sicher- heit hervor, dass die Streifung einer lamellären Struktur entsprieht. Die Lamellen selbst erscheinen wie- der fein gekörnt. In der folgenden mittleren Zone des Zellleibes sehe ich eine feine, gleichmässige, gerüstartige Struktur ohne irgendwelche besondere Eigenthümlichkeiten. Doch ist sie weniger dunkel gefärbt als die basale Zone. Hierauf folgt die dritte, dem Lumen zunächst liegende Zone, die unser besonderes Interesse in Anspruch nimmt. Sie ist zunächst viel heller als die beiden anderen Zonen und gegen die mittlere durch einen Kreisbogen (richtiger Kugelschalenab- schnitt) deutlich, aber nicht scharf abgegrenzt. Die Höhe dieser Zone ist sehr variabel, doch bei allen Zellen desselben Tubulus- querschnittes ziemlich dieselbe. Die Figuren 6 und 7 enthalten Zellen, bei denen die Zone die grösste Entwicklung zeigt. Sie kann in schmäleren Zellen doppelt so hoch als breit sein. Man bemerkt nun ausnahmslos in jeder Zelle, und zwar bei denjenigen mit maximaler Entwickelung der dritten Zone etwas unterhalb der Mitte der Zone, etwa im Öentrum des Kreises, dem der dieGrenze zwischen dieser und der mittleren Zone bildende Kreisbogen ange- hört, zwei stäbehenförmige (vielfach angedeutet hantelförmige), schwarzblau gefärbte Körper- ehen. Dieselben können jede beliebige Lagebeziehung zu ein- ander haben, doch herrscht die Lage beider Stäbchen in der Zellaxe vor. Die Axen beider Stäbchen bilden stets einen, wenn auch variablen Winkel mit einander. Nie sah ich die beiden Axen eine einzige gerade Linie bilden. Das Entfernungsmaxi- mum zwischen beiden Stäbchen beträgt ungefähr doppelte Stäb- chenlänge. Die letztere ist etwa das Drei- bis Vierfache der Stäbchenbreite. Häufig erscheinen die Stäbchen als kleine Punkte, Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 573 Dann verläuft die Axe derselben parallel mit der Sehaxe. Dass es sich in diesem Fall wirklich um ein Stäbchen und nicht um ein rundliches Korn handelt, erkennt man daran, dass das Körperchen beim Verstellen der Mikrometerschraube länger scharf bleibt, als es der Fall wäre, wenn es Kugelform besässe. Zuweilen schien nur ein Stäbchen vorhanden zu sein, dann verdeckte aber das eine das andere. Wegen der verhältnissmässig grossen Entfer- nung der Stäbehen von einander sieht man nämlich beim Ar- beiten mit der Mikrometerschraube das eine verschwinden und das andere auftauchen. Mir ist nie ein Fall begegnet, in dem mit Sicherheit nur ein einziges Stäbchen oder statt der Stäbchen rundliche Körner vorhanden gewesen wären. Es unterliegt kei- nem Zweifel, dass wir in den beiden Stäbchen die doppelten Centralkörper der betreffenden Epi- thelzellen vor uns haben, welche jedoch in Form und Lage unter sich und im Zellleib von dem bisher im Allgemeinen Gewohnten nicht unwesentlich abweichen. Wir werden auf diesen Punkt noch zurückzukommen haben. Eine scharf hervortretende Centrodesmose habe ich nicht beobachtet, doch habe ich in einigen Fällen, wenn beide Stäbchen in der Zellaxe lagen, eine dieselben verbindende und sogar hier und da über sie hin- ausgehende streifenförmige und verwaschene Trübung des Proto- plasmas gesehen, über deren Natur ich keinen Aufschluss erhalten konnte (Archiplasmaanhäufung ?). In vielen Zellen konnte ich um das Stäbehenpaar herum in dem hellen Grunde des Zellabschnittes eine nur wenig Sunklere, etwası verwaschene und’vwerbreiterte Kreislinie (eigentlich Kugelschale) erkennen, deren Durchmesser meistens etwas grösser war als der halbe quere Durch- messer der Zelle. Die Substanz dieser Linie oder Zone ist nicht homogen, sondern undeutlich radiär gestrichelt oder auch nur punktirt und scheint ein etwas deutlicher hervortretender Ab- schnitt der Filarmasse zu sein. Zuweilen ist die Linie resp. Begrenzung der Zone etwas zackig. Der ganze Befund erinnert mich an gewisse Abbildungen, die M. Heidenhain in seiner Arbeit über Kern und Protoplasma von Leukoeyten giebt. Irgend welche radiäre Strahlung jedoch konnte ich ausser der undeut- lichen radiären Strichelung der eben beschriebenen Zone nicht auffinden. K. W. Zimmermann: or SI Ha Der gewöhnlich annähernd kugelrunde Kern liegt an der Grenze zwischen dem basalen und mittleren Zellabschnitt. Das Kittleistennetz ist sehr deutlich, doch zeigt es hier eine Eigenthümlichkeit, welehe ich bei keiner anderen Drüse wahrgenommen habe: die Kittmasse stellt nämlich keinetFäden von rundlichem oder elliptischem Quersehnitt dar, sondern Bänder, indem sie sich zwischen den Zellen weiter herab erstreckt, um sich, immer dünner werdend, allmählich zu ver- lieren, so dass man nicht mit Bestimmtheit angeben kann, wo sie aufhört. Eigenthümlich sind dunkle, auf der freien Ober- fläche über mehrere Zellen hinwegziehende und sich häufig durehkreuzende Linien, welche jedoch nicht mit den Kittleisten zu verwechseln sind. Ihre Bedeutung ist mir völlig unbekannt (s. Fig. 6). Ich sagte weiter oben, dass die Breite der hellen, dem Drüsenlumen zugekehrten Zellzone sehr variire. Es ist nun bei dem Vergleich der verschiedenen Tubuli leicht zu erkennen, dass es sich dabei um verschiedene Funktionszustände handelt. Die eben geschilderten Zellen befinden sich augenschemlich im Zustande der maximalen Sekretfüllung, sind also „geladen“. Der Ver- gleich der verschiedenen Funktionszustände lässt uns die Sekretion und speciell die Ausstossung des Sekrets im folgender Weise vor sich gehend erscheinen. Der helle Zellabschnitt ist die Sammel- stelle des Sekrets, aber er ist nicht ausschliesslich als eine ein- heitliche Sekretmasse aufzufassen, wie man an der Lage des Stäbchenpaares und der dasselbe umgebenden gestrichelten Kreis- linie (eigentlich Kugelschale) in ihm sowie an einem ihn durch- setzenden feinen und lockeren Protoplasmagerüst erkennen kann. Soll nun das Sekret ausgestossen werden, so wölbt sich die freie Zelloberfläche hügelartig über das Niveau des Kittleistennetzes vor. Der Hügel wird immer höher und nimmt so allmählich Wurstform an, um schliesslich in einzelne grössere und Kleinere mehr oder weniger rundliche Ballen zu zerfallen. Die Würste und Ballen sind ganz hell und besitzen einen zarten körnigen Contour. Im Inneren bemerkt man einzelne unregelmässige kömige Brocken (Fig. 8). Zweifellos sind die Hügel, Würste und Ballen Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 575 die austretenden Sekretmassen, welche nur sehr wenig gerinnbare Substanz enthalten. Während des Heraustretens des Sekretes nähert sich das Niveau des Kittleistennetzes, welches die Grenze zwischen dem Zellleib und der ausgetretenen Sekretmasse, also die Lage der wirklichen Zelloberfläche markirt, dem Stäbchenpaar, bis es dasselbe vollständig erreicht hat. Zugleich tritt die Grenze zwischen Zelle und ausgetretenem Sekret immer deutlicher hervor, so dass, wenn die eigentliche Zelloberfläche bis zum Stäbchen- paar gelangt ist, sie durch eine im Niveau des Kittleistennetzes liegende und das Stäbchenpaar aufnehmende, dunklere Schicht markirt wird. Ich sagte, dass die Zelloberfläche sich dem Stäb- chenpaar nähere und nicht umgekehrt. Dass dem so ist, erkennt man daran, dass bis zu dem zuletzt geschilderten Moment die Lage des Stäbchenpaares zu allen basal von ihm gelegenen Zell- abschnitten, besonders auch zum Kern, keine merkliche Aenderung erfahren hat, dass überhaupt die Gesammttopographie dieser Zell- abschnitte anscheinend dieselbe geblieben ist. Von jetzt an wird der Vorgang etwas anders: die dunklere Öberflächenschicht rückt sammt dem in ihr liegenden Stäbehen- paar weiter basalwärts, so dass der zwischen dem Stäbehenpaar und der mittleren Zellzone gelegene Theil der Sekretsammelstelle immer kleiner wird und schliesslich ganz verschwindet, während dagegen die dunklere Oberflächenschicht an Dicke zunimmt. Schliesslich erhält man Bilder, wie in Figur 9: Die dunklere Öberflächenschicht nimmt !/, bis !/, der Zellhöhe ein und reicht, allmählich heller werdend, fast bis zum Kern, der nunmehr in der Mitte der Zelle liegt, seine Lagebeziehung zur Zellbasis aber anscheinend nicht geändert hat. Die Zellhöhe ist nur wenig grösser als die halbeHöhe der „geladenen“ Zelle: »Dierbeiden Centralstäbchen ‚liegen. un- mittelbar an der freien Zelloberfläche und zwar fast ausschliesslich in der Nähe des Randes derselben, also ganz und gar excentrisch. Häufig liegen sie sogar an entgegen- gesetzten Punkten. Es hat also das Entfernungsmaximum sich bedeutend vergrössert. Fragen wir uns nun, welche Kräfte bei der Austreibung des Sekretes aus der Zelle thätig gewesen sind, so dürften wir wohl aus den geschilderten Vorgängen einigen Aufschluss erhalten: Archiv f, mikrosk. Anat. Bd. 52 38 576 K. W. Zimmermänn: siesind zusuchen in der Contraetion derin der Sekretsammelstelle, also indem dem Lumen zu- nächstliegenden Zellabschnitte sowie auch in dem mittleren Zelltheil, enthaltenen Filarmasse. Und zwar beginnt die Contraction dieht an der freien Zellober- fläche und schreitet allmählich gegen das Stäbchenpaar und immer weiter gegen den Kern zu fort, wodurch die Sekretmassen an dem Punetum minoris resistentiae, d. h. an der freien Zell- oberfläche (ob durch vorhandene oder erst bei dem Heraustreten sich öffnende Poren der Zelloberfläche, liess sich nicht ermitteln) immer mehr hervorquellen, und die an der dunkleren Färbung des betreffenden Zellabschnittes erkennbare Verdichtung des Protoplasmas (d. h. Filarsubstanz) entsteht. Vielleicht entsprechen die dunklen, sich kreuzenden Linien auf der freien Zelloberfläche verdichteten Protoplasmamassen, welche dazu bestimmt sind, der Zelloberfläche, die ja bei dem Herauspressen des Sekretes einem gewissen Druck ausgesetzt sein muss, besonders Festigkeit zugeben. Es geht aus dem Gesagten ausserdem hervor, dass das Stäbehenpaar bei der Sekretion eine gewisse Rolle spielen muss; warum sollte es sonst mitten in der Sekretsammelstelle liegen? warum sollte ferner sonst die Filarmasse eine Andeutung von eoncentrischer Anordnung um das Paar herum besitzen? Welcher Art könnte nun diese Rolle sein? Das Stäbehenpaar ist höchst wahrscheinlich wie die Centralkörper der Leuco- eyten das Centrum motorischer Vorgänge und zwar deroben geschilderten, d.h. die Stäbehen sind entweder Insertionspunkte „organischer Radien* und spielen nur eine passive Rolle, oder es gehen von ihnen gewisse Kräfte aus, welche die Contraetion der Filarmasse hervorrufen. Wir sind also auch hier zu denselben ungelösten Fragen gelangt, wie sie bei der Bewegung der Leucocyten, der Chromosome bei der Kerntheilung und der Pigmentkörnchen in den Chromatophoren aufgetreten sind. In unserem speciellen Falle würden noch fol- sende Specialfragen zu beantworten sein: Sind wirklich dureh- gehende „organische Radien“ vorhanden? Sind sie, diesen Fall vorausgesetzt, wirklich an den Stäbehen selbst befestigt, oder liegen die letzteren etwa in einem ceentralen Filz oder dergleichen, - an dessen Peripherie die Radien erst beginnen? Sind die Radien thatsächlich an den Stäbehen befestigt, und haben wir bei der Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 577 verhältnissmässig grossen Entfernung derselben von einander somit zwei Radiengruppen, wie verhalten sich diese dann zu einander (Antagonismus oder nicht?) und wie sind sie in der Zelle ange- ordnet? (Greifen die Radien des einen Systems zwischen diejenigen des anderen oder sind beide vollständig von einander getrennt?) Geschieht die Expulsion des Sekretes durch gleichmässige Con- traction der Radien (oder Fila des Protoplasmagerüstes überhaupt) in toto oder durch gesonderte Action einzelner Bezirke? Bei diesen Fragen ist vorausgesetzt, dass die Beziehungen beider Stäbchen zum Protoplasmagerüst eine gewisse Gleichmässigkeit aufweisen. Es wäre nun nicht absolut unmöglich, dass beide verschiedene Verhältnisse darböten, dass etwa nur das Eine als Ansatzpunkt der Radien diene, das Andere aber eine andere Funktion hätte ete. Doch erscheint mir dies nicht wahrschein- lich. Mit Bezug auf die Stäbchen selbst könnte man noch die Frage aufwerfen, ob überhaupt die Stäbchenform die natürliche sei, oder ob nicht ein Kunstprodukt vorliegen könnte, ferner ob in der Richtung der Axen derselben irgend eine Gesetzmässigkeit zu finden sei oder nicht. Es würde zu weit führen, wenn ich alle aufgestellten Fragen ventiliren wollte. Ich wäre doch nicht im Stande, einigermaassen befriedigende Antworten zu geben. Nur auf zwei Punkte möchte ich etwas eingehen, nämlich auf die Frage, ob sich das ganze Protoplasmagerüst der Sekretsammelstelle gleichmässig eontrahire oder nicht, und ob die Stäbehenform der Centrosome die natür- liche sei. Was zunächst die letzte Frage anbelangt, so könnte man mit Rücksicht darauf, dass das Material erst vier Stunden nach dem Tode der Leiche entnommen worden ist, wohl daran denken, dass eine postmortale Veränderung vorliege, zumal auch eine andere im Bindegewebe zwischen den Tubuli und besonders zwischen Fettzellen gelegene Zellform (Plasmazellen ?) die gleiche Eigenthümlichkeit zeigt (s. Fig. 13; in der untersten Zelle sind die beiden Stäbehen so gelagert, dass scheinbar ein einziges doppelt so langes vorhanden ist). Demgegenüber muss ich jedoeh hervorheben, dass in allen fixen Bindegewebszellen und Fettzellen, bei denen ich die Centralkörper beobachtete, ein typisches „Diplo- soma“, d. h. zwei rundliche durch Centrodesmose mit einander verbundene Centralkörper, die stets die gleiche, minimale Ent- fernung von einander zeigten, vorhanden war. Ich kann nieht 578 K. W. Zimmermann: einsehen, warum bei einer Zellart die Centrosome sich ausnahms- los und zwar in durchaus gleicher Weise verändern, bei einer anderen aber ebenso ausnahmslos die ursprüngliche Form be- wahren sollten. Es muss also die ausgesprochene Stäbehen- form resp. Hantelform der Gentrosome als eine für die beschriebenen Epithelzellen der Thränendrüse des Menschen typische angesehen werden. Das Gleiche gilt für die Paarigkeit der Stäbehen in jeder der ge- nannten Zellen. Was die andere Frage anbelangt, so habe ich bereits weiter oben erörtert, dass die Contraetion zuerst an der freien Zelloberfläche sichtbar wird. Hieraus dürfen wir jedoch noch nicht den Schluss ziehen, dass das Contractionsbestreben nur unter der freien Oberfläche vorhanden oder doch grösser sei als anderswo. Nehmen wir an, das Bestreben sich zu eontrahiren sei überall in der Sekretsammelstelle gleich, so wird bei be- ginnender Contraction allseits das Sekret unter gleichem Druck stehen. Es sucht nun nach allen Seiten gleich stark auszuweichen. Dies gelingt jedoch nur an der freien Oberfläche. Hier wird sofort ein kleines Quantum austreten, wodurch der betreffende Abschnitt des Protoplasmagerüstes die Contraction wirklich aus- führen kann, zumal die zunächst darunter liegenden Sekretmassen wegen der Reibung nicht so schnell durch die feinen Maschen des Gerüstes nachfolgen können. Es würde also bei überall gleichem Contractionsimpuls das gleiche Bild entstehen, als wie wenn der- selbe unter der freien Oberfläche beginnen und allmählich basal- wärts fortschreiten würde. Nun könnte man einwerfen: wenn wirklich auf Grund dieses oder jenes Modus eine Contraetion und somit eine Verdichtung der Filarmasse an der freien Ober- fläche eintritt, wird dadurch nicht das weitere Heraustreten des Sekretes durch erhebliche Verengerung oder gar theilweisen Ver- schluss der Passagen verhindert? Nein: die Sekretsammelstelle kann sich nicht im Querschnitte contrahiren, sondern nur in axialer Richtung, da sie sich sonst von dem gleichen Abschnitte der Nachbarzelle trennen würde, was ausgeschlossen ist; es werden also auch die im Querschnitt gelegenen Gerüstspalten und Maschen, welche ja von den Sekretmassen hauptsächlich passirt werden müssen, nicht verengert. Im Gegentheil! Bei den sekretvollen Zellen, welche lang ausgezogen sind, ist wegen der Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 979 abgestumpften Pyramidenform die freie Oberfläche besonders schmal und überhaupt kleiner als jeder basal davon gelegene Querschnitt. Contrahirt sich nun das Gerüstwerk oberflächlich, und rückt die Oberfläche immer mehr basalwärts, so muss ihr im Tubulusquerschnitt liegender Durchmesser allmählich immer grösser werden (da sie mit der Oberfläche der Nachbarzelle ver- kittet ist), während der der Tubulusaxe parallel verlaufende Durchmesser sich gleich bleibt. Es werden somit in dem con- trahirten Bezirke die im Zellquerschnitt liegenden Maschen nicht nur nicht enger, sondern sogar weiter, wodurch auch das Austreten des Sekretes nicht nur nicht erschwert, sondern sogar etwas erleichtert wird. Ob diese Dehnung der freien Zelloberfläche an der excen- trischen Lage der ihr in sekretleeren Zellen dieht anliegenden Centralstäbehen schuld ist, oder ob diese auf ein doch noch nach- träglich eintretendes einseitiges Contraetionsbestreben oder auf andere Gründe zurückzuführen ist, vermag ich nicht zu ent- scheiden. Ausser der beschriebenen Epithelform finde ich nun noch eine andere, welche von jener wesentlich verschieden ist und sich in die Reihe der Sekretionsstadien jener Zellen nieht ein- fügen lässt (Fig. 7 links, 10, 11, 12). Die genannten Zellen finden sich im Endabschnitte der Drüsenschläuche und zwar an- scheinend auf eine grössere Strecke hin. Die Zellen sind durch- weg kleiner, als die erst beschriebenen. Das Protoplasmagerüst ist in allen Functionsstadien ein viel gröberes, d. h. besitzt grössere Maschen. In einem niederen, basalen Abschnitte findet sich die Lamellenbildung, wie bei der ersten Epithelform. Da aber diese Schicht des Zellleibes ungleich viel kleiner ist als bei jenen, so liegt der Kern der Basis so nahe, dass er sie in vielen Fällen berührt. Bei sekretvollen Zellen, bei denen die basale Schicht auf ein Minimum redueirt oder gar nicht mehr zu erkennen ist, sind die Kerne gegen die Basis gedrängt und häufig mehr- fach eingedrückt. Eine mittlere Zellzone, sowie eine besondere Sekretsammelstelle lassen sich hier nicht unterscheiden, vielmehr ist der ganze Zellleib Sekretsammelstelle. Dies erkennt man be- sonders deutlich an der Peripherie des fixirten Stückes, wo das Sublimat intensiver eingewirkt hat, und sich die Sekretmassen in verhältnissmässig grossen, schwarzgefärbten Tropfen im ganzen 5850 K. W. Zimmermann: Zellleib vorfinden (s. Fig. 7 links). Bei keiner Drüsenart bildet das Sekret so grosse Tropfen im Zellleib als hier. Da die Drüsen- endabschnitte gewöhnlich in der Peripherie der Drüse liegen (die bisher angefertigten Schnitte entstammen derselben), und da sich gerade hier die Sekretmassen so dunkel färben, erklärt es sich, dass ich nur in wenigen, näher der Mitte der Schnitte gelegenen Tubuli, an denen die Oberflächenwirkung des Sublimats sich nicht mehr so sehr bemerkbar machte, die Centralkörper gefun- den habe. Es waren dies Zellen, welche theils eben sekretvoll waren, theils schon das Sekret auszustossen begonnen hatten (s. Fig. 10, 11, 12). Auch hier finde ich ausnahms- los ein Stäbchenpaar, das aber überall ganz in der Nähe der Oberfläche liegt. Nie sah ich es etwa in der Mitte des Zell- leibes oder in der Nähe des Kermnes. Fig. 11 zeigt die betr. Zellen von der Fläche. Man erkennt hier die ausgesprochen exeentrische Lage und die schwankende Entfernung der beiden Stäbehen von einander. Das Stäbehenpaar sieht man häufig, be- sonders wenn die Stäbchen dicht bei einander liegen, mit einem schmalen hellen Hofe umgeben, der wieder von einer dunkleren Zone eingefasst wird. Die Expulsion des Sekretes findet in ähn- licher Weise statt, wie es bei den kleinen serösen Zungendrüsen beschrieben wird (s. Fig. 22), weshalb ich jetzt nicht weiter darauf eingehen will, zumal ich noch weiter über diesen Gegen- stand zu arbeiten gedenke. Ueber das Kittleistennetz ist dasselbe zu sagen, wie bei der anderen Zellart. Betrachtet man die Figur 11, so sieht man Stellen, wo die Kittleisten einander nicht treffen und wie abgeschnitten erscheinen. Hätte man das Präparat vor sich, so würde man beim Arbeiten mit der Mikrometersehraube erkennen, dass hier die Kittlinien thatsächlich weiterlaufen und zwar in die Tiefe gegen die Basal- membran zu, um dann, ohne sie zu erreichen, in einander über- zugehen. Mit anderen Worten, wir haben hier ganz ein- fach gestaltete, zwischenzellige -Sekretgänge vor uns, welehe sieh vom Hauptlumen abzweigen, ziemlich gerade radiär verlaufen, um etwaiin Kernhöhe zu endigen. Gegen das Ende hin verjüngen sie sich allmählich, um schliesslich spitz zu endigen. Hier und da bemerkt man einmal eine einfache Gabelung. Ihr Vorkommen ist, soweit meine bisherigen Untersuchungen ein Urtheil gestatten, Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. »8l recht variabel. Sehr häufig sind sie in grösseren Endbezirken der Drüsenschläuche und zwar zwischen den zuletzt beschriebenen Epithelzellen anzutreffen. Fig. 12 stellt einen solchen Drüsen- schlauch im Querschnitt dar; sämmtliche vorhandenen Sekretgänge sind eingezeichnet, aber dunkel ausgemalt, und zwar die dem Beschauer zunächst gelegenen schwarz; die anderen um so heller, je weiter sie entfernt sind, so dass eine Art Luftperspeetive er- zielt wird. Auf diese Weise ist das Präparat künstlich in ein Golgipräparat verwandelt, das aber im Gegensatz zu den capri- eiösen wirklichen Golgipräparaten sicher sämmtliche Sekretgänge zeigt. An anderen Stellen können die Sekretgänge wieder spär- licher sein (Fig. 11), ja, sie können streckenweise sogar ganz fehlen. Zwischen den zuerst beschriebenen, hohen Epithelzellen konnte ich bis jetzt nur Andeutungen von zwischenzelligen Sekret- gängen finden, d.h. kurze oberflächliche Buchten. Es ist jedoch die Frage, ob man hier überhaupt von Sekretgängen sprechen darf. Ich habe Zelle für Zelle sorgfältig darauf hin untersucht, ob binnenzellige Sekretgänge oder Sekretvaeuolen vorhanden wären. Es war mir jedoch unmöglich, auch nur Andeutungen davon aufzufinden, so dass ich gezwungen bin, binnen- zellige Sekretgänge (Sekretcapillaren) oder Se- kretvacuolen für die Thränendrüse bestimmt in Abrede zu stellen. Fassen wir noch einmal die Ergebnisse dieser Untersuchungen über die Thränendrüse zusammen, so ergiebt sich: Die langgestreckten Tubuli enthalten zwei Arten von Zellen epithelialer Natur oder Herkunft: 1. secernirende Epithelzellen, welche wieder zwei Formen erkennen lassen: a. solche, die in geladenem Zustande hoch, in sekretleerem Zustande bedeutend niedriger sind, feinmaschige Protoplasmastruetur und eine beson- dere Sekretsammelstelle aufweisen, und deren Kern stets eine grössere Entfernung von der Basis besitzt; und b) solche, welche stets niedriger sind als die vorigen, weitmaschiges Protoplasma- gerüst, dagegen keine besondere Sekretsammelstelle aufweisen, deren Sekret bei vollständiger Füllung als grosse Tröpfehen die ganze Zelle bis auf eine dünne, basale Schicht erfüllt, deren Kern stets nahe der Basis liegt. Beide Zellarten besitzen ein deutliches Kittleistennetz. Die 582 K. W. Zimmermann: Kittsubstanz setzt sich in aussergewöhnlicher Weise noch etwas weiter basalwärts fort, um allmählich aufzuhören. Beide Zellarten enthalten ausnahmslos als Centralkörper ein Stäbehenpaar, das stets weit vom Kern entfernt ist, bei der ersten Zellart, wenn sie sekretvoll ist, mitten in der Sekretsammelstelle liegt, bei sekretleeren Zellen aber stets unmittelbar an der freien Oberfläche, bei der zweiten Zellart aber, wie es scheint, immer dieht unter der Oberfläche oder doch in ihrer Nähe zu finden ist. Das das Centralstäbchenpaar umgebende Protoplasma zeigt Andeutungen von concentrischer Anordnung. Das Stäbchenpaar spielt bei der Sekretion augenscheinlich eine bestimmte Rolle, die Jedoch noch zu ergründen ist. Die Expulsion des Sekretes aus der Zelle wird durch Contraetion des Protoplasmagerüstes bewerkstelligt. 2. Zwischen den secernirenden Epithelien und der Basal- membran liegen platte Zellen, welche, am blinden Tubulusende beginnend, erst eirculär, dann als Sternzellen nach verschiedenen Richtungen und schliesslich glatten Muskelfasern ähnlich längs verlaufen. In den Ausführungsgängen bilden sie durch Kürzer- werden und Zusammenrücken die basale Lage des anfangs partiell geschichteten, dann durchweg zweischichtigen Epithels. Ich halte die Zellen für echte Epithelzellen, deren Bestimmung es ist (wenig- stens in den eigentlichen Drüsentubuli), durch ihre Contraection das in dem Lumen des betr. Drüsenschlauches befindliche Sekret herauszutreiben, also als Detrusoren zu wirken. 3. Die Parotis des Menschen. Mit Fig. 14—19. Dieselbe ist, wie die übrigen Speicheldrüsen, in letzter Zeit so eingehend untersucht worden, dass ich mich kurz fassen kann. Das mir vorliegende Material stammt von einem 21 jährigen Hin- gerichteten. Derselbe hatte am Abend vor der Hinrichtung wenig gegessen und am Morgen vor derselben nur etwas Kaffee zu sich genommen, so dass man annehmen durfte, dass die Speicheldrüsen noch wenig Sekret entleert haben konnten. Dies wurde auch durch den Befund bestätigt. Die Zellen waren verhältnissmässig sehr gross und hell. Der ganze Zellleib zeigte überall gleich- mässig ein ziemlich grobmaschiges Protoplasmagerüst, in dem sich besonders an den Knotenpunkten feine, schwarzblau gefärbte Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 989 Körnchen zeigten, die jedoch mit dem Sekret nichts zu thun zu haben scheinen. Das letztere blieb, in den Gerüstmaschen liegend, ungefärbt (die von mir untersuchten Schnitte stammen aus dem Innern eines mit Sublimat gefärbten Stückes, zeigten also nieht die Schwarzfärbung der Sekrettröpfehen). Die erwähnte Proto- plasmastructur giebt dem Zellleib ein schaumiges Ansehen. Nur zuweilen konnte ich an der Basis der Zellen dieht am Kern eine minimale Menge von homogenerem Protoplasma erkennen. Der Kern war dicht an die Basis und oft zugleich an eine Seiten- fläche der Zelle gedrängt, im Allgemeinen rundlieh, sehr häufig jedoch abgeplattet oder gar mit, wie es scheint, vom Sekretdruck herrührenden Einbuchtungen versehen. Die Kerne waren gewöhn- lich schwarzblau gefärbt, ohne Details erkennen zu lassen. Centralkörper konnte ich in keiner einzigen Zelle der Drüsentubuli unterscheiden, aber nur aus dem Grunde, weil das unruhige Bild, welches die Protoplasmastructur darbietet, und die feinen dunklen Körnchen im Protoplasmagerüst mir das Erkennen unmöglich machten. Ich konnte keinen Grund finden, der zur Annahme zwänge, dass die CGentralkör- per ganz fehlten, oder doeh nichtimProtoplasma lägen. Was nun die Sekreteapillaren anbelangt, so habe ich schon pag. 559 an der Hand einiger schematischer Zeichnungen dar- gethan, dass mit absoluter Sicherheit nur an Querschnitten, aber auch an Längsansichten, wenn die Kittleisten gut gefärbt sind, erkannt werden kann, ob ein Sekretgang binnenzellig oder zwischen- zellig verläuft. Da die Sekretgänge in den Drüsentubuli der Parotis recht zahlreich sind, so macht das Auffinden von Quer- schnitten derselben nicht die geringsten Schwierigkeiten. Ja, man findet ganz gewöhnlich Tubuli, in denen fast nur Quer- schnitte vorkommen. Die Querschnitte sind alle gleich gross (s. Fig. 14 und 15), jedoch nieht ganz kreisrund. Man bemerkt welche, die mehr elliptisch und solche, welche mehr abgestumpft dreieckig erscheinen. Beobachtet man den Contour sorgfältig, so sieht man deutlich, dass bei den elliptischen Querschnitten an den beiden Punkten, wo der grösste Durchmesser denselben schneidet, je ein scharfes blauschwarzes Pünktchen sich findet. Das gleiche beobachtet man an den Eeken der mehr dreieckigen Quersehnitte. Von diesen Pünktchen sieht man die Zellgrenzen 584 K. W. Zimmermann: deutlich ausgehen (genaue Querschnitte vorausgesetzt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass wirin den ge- nannten blauschwarzen Pünktchen Querschnitte von Kittleisten vor uns haben, dass also die be- sehriebenen Querschnitte mit absoluter Sicher- heit zwischenzelligen und nicht binnenzelligen Se- kretgängen angehören Niemals ist mir unter tausenden von Querschnitten, welche ieh unter- sucht habe, ein einziger begegnet, beidemich auch nur einen Moment im Zweifel gewesen wäre, ob er einem binnenzelligen oder zwischen- zelligen Sekretgang angehöre. Wenn nun dem so ist, so müssen auch unbedingt alle in Sehräg- und Längsansicht vorliegenden Kanälchen zwischen- zellig und »icht binnenzellig verlaufen. Hierfür spricht umsomehr der Umstand, dass, wiederum richtige Diffe- renzirung des Präparates vorausgesetzt, gerade in solchen Fällen, in denen die Kanälehen mit ihren Biegungen und Verzweigungen annähernd in der Präparatebene liegen, die Contouren der Kanäl- chen mehr oder weniger dunkelblau erscheinen (auf Färbung der Kittleisten beruhend) und sich so von dem durch Säurefuchsin mehr rosa gefärbten Protoplasmagerüst scharf abheben. Die Tren- nungsebene der betr. Zellen würde dann ebenfalls in der Präparatebene liegen und daher unsichtbar sein (vergl. Schema g pag. 557). Ferner findet man ganz gewöhnlich Fälle, welche der Fig. ö oder A auf S.557 entsprechen (in Fig. 16 der Tafeln findet man an zwei Stellen Bilder, für welche das Schema AR gilt). Damit nicht jemand auf den Gedanken kommt, dass R. Krause und ich verschiedene Kanälchen gesehen hätten, bilde ich in Fig. 15 unten und in Fig. 15 Längsansichten ab, welehe man beim Ver- gleich mit den Krause’schen Abbildungen als identisch mit den betr. Kanälehen derselben erkennen wird. Die beiden Kanälchen sind in allen ihren Theilen dunkelblau contourirt, was darauf hindeutet, dass sie Kittleisten enthalten, dass sie also zwischenzellig verlaufen. Wenn man Sekret- canälchen ganz nahe an Kernen vorbeiziehen oder endigen sieht, so beweist dies gar nichts. In Fig. 16 sieht man einen Gang in der Nähe eines Kernes (unten links) endigen. Dass man hieraus nicht auf einen binnenzelligen Verlauf schliessen Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien, 985 darf, zeigt die Figur 16a, wo ein quer getroffenes Kanälchen ganz in der Nähe eines Kernes, aber zwischenzellig verläuft. (Der Pfeil über Fig. 16a zeigt an, in welcher Richtung man das Präparat ansehen müsste, um annähernd dasselbe Bild zu erhalten, wie in Fig. 16 links unten.) Ja, es sind Fälle denkbar, und ich habe solche gesehen, wo das in Längsansicht vorliegende Kanälchen fast den Kern bei gleich- zeitig scharfer Einstellung beider berührt (wenn nämlich dieser der Berührungsebene zweier Zellen dieht anliegt, was ganz ge- wöhnlich vorkommt, wie in Fig. 15 oben zweimal zu sehen ist) und wo doch das Kanälchen zwischenzellig verläuft, obschon man von einer mit dem Kanälchen zusammenhängenden Trennungs- ebene nichts wahrnimmt. Man sieht nämlich die sich berühren- den Zellflächen nicht, oder doch höchstens nur als einen wenig trüberen, verschwommenen Streifen, wenn der mit der Object- tischebene gebildete Winkel von einem rechten mehr oder weniger stark abweicht (s. in Fig. 16 rechts unten an zwei von einem Punkte ausgehenden zwischenzelligen Kanälchen und in Fig. 17 an dem schräggetroffenen Kanälchen rechts). Ebensowenig ist beweisend für binnenzelligen Verlauf eines Kanälchens, wenn man seinen Contour an einer isolirten Zelle sieht, da, wenn zwei zusammengekittete Epithelzellen auseinander gerissen werden, die Kittleiste sich der Länge nach spaltet, so dass an jeder Zelle je eine Hälfte sitzen bleibt. Nach dem oben Gesagten muss ich also entschieden annehmen, dass R. Krause irrt, wenn er an isolirten Zellen die Contouren der Sekretgänge in den Zellleib hinein verlegt. Ich stimme also mit Erik Müller überein, der nur zwischenzelligen Verlauf annimmt. Von Sekretvacuolen, welche derselbe an den Sekretgängen wahrnimmt, konnte ich bei der Parotis nichts entdecken, womit nicht gesagt sein soll, dass sie nicht auch vorkommen können, zumal ich sie bei der Submaxillaris desselben Individuums deutlich nach- weisen konnte. Man muss vielmehr aus dem Müller’schen und meinem Befunde schliessen, dass sie nur bei einem bestimm- ten Stadium der Sekretion, vielleicht erst kurz vor oder während der Expulsion des Sekretes auftreten. Die von R. Krause be- schriebenen Körner mit dunkler Peripherie und hellem Centrum, von denen er glaubt, dass E. Müller sie mit Sekretvacuolen verwechselt habe, Konnte ich zwar bei der Parotis nicht wahr- 586 K. W, Zimmermann: nehmen, fand sie jedoch in anderen Drüsenzellen. Sie sind leicht von Sekretvacuolen zu unterscheiden, da sie bei Eisenhämatoxylin- präparaten, besonders wenn diese von der Oberfläche der fixirten Stücke stammen, anders gefärbt sind als das Protoplasmagerüst und gewöhnlich erheblich kleiner sind als die Sekretvacuolen. Zwischen den secernirenden Zellen und der Membrana propria finden sich regelmässig vereinzelte sternförmige Zellen, deren Ausläufer schmal und lang sind und grössere Abschnitte der Tubuli umgreifen. In Fig. 19 ist eine Zelle dieser Art sehr glücklich getroffen; sie lag jedoch nicht in einer ebenen, sondern kuppelförmig gewölbten Fläche. Die Enden der Ausläufer waren nicht zu sehen, da sie abgeschnitten waren, doch sieht man rechts unten die Ausläufer einer Zelle gleicher Art. Man erkennt den Kern in dem platten Zellleib. Deutlich sieht man aus jedem Ausläufer schwarzblau gefärbte Fibrillen oder Fibrillenbündel in den Zellleib übergehen, daselbst divergiren und grösstentheils am Kern vorbeiziehend in mehrere andere Ausläufer übergehen. Einzelne feinste Fibrillen, resp. Bündel scheinen im Zellleib zu endigen, wenigstens vermochte ich sie nicht weiter zu verfolgen, wohl hauptsächlich deshalb, weil der Kern sie verdeckte. Es ist wohl möglich, dass der Zellleib und die Ausläufer breiter sind, als ich sie gesehen und gezeichnet habe, dass nur bestimmte derbere Fibrillenbündel, vielleicht besonderer Art sich so intensiv gefärbt haben!), und dass die übrige Filarsubstanz nicht gefärbt ist oder durch die Epithelzellen und das Gefüge der Membrana propria verdeckt oder unerkennbar gemacht ist. Durch diesen eigenartigen Bau unterscheiden sich diese Zellen wesentlich von den gewöhnlichen fixen Bindegewebszellen, deren Protoplasma im gleichen Präparat nur zart grauröthlich gefärbt ist, soweit ich es überhaupt erkennen konnte, was nur unter sehr günstigen Verhältnissen der Fall war. Meist konnte ich das Vorhanden- sein des Zellleibs nur an dem in der Nähe des Kernes liegenden „Diplosoma* erkennen. Dass die dunkeln Linien nieht etwa Bindegewebs- oder elastische Fasern sein können, an deren Kreuzungspunkten ein- 1) Dergleichen ist ja bekannt; ich erinnere nur an die pracht- vollen Bilder, welche man mit der Eisenhämatoxylinmethode von quer- gestreiften Muskelfasern erhält: contractileSubstanz blauschwarz, Sarko- plasma grau resp. mit Säurefuchsin rosa. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 587 fach gestaltete Zellen sitzen, geht daraus hervor, dass alle Binde- gewebsfasern bis auf einige diekere Bündel, welche mehr oder weniger verwaschen blau gefärbt waren, im Allgemeinen röthlich aussahen, dass ferner die elastischen Lamellen kleiner Arterien im gleichen Präparate farblos erschienen. Auch um Kittleisten zwischen den Epithelzellen und den basalen Zellen kann es sich nicht wohl handeln, da ich zuweilen die schwarzen Linien sich überkreuzen sah, ohne dass sie sich berührten. Es bleibt also nichts Anderes übrig, als in den fraglichen Gebilden Zellen eigener Art zu sehen, in deren Protoplasma bestimmte Fibrillenzüge scharf hervortreten, und die man deshalb, abgesehen von der äusseren Form, höchstens mit glatten Muskelfasern vergleichen kann. Wir dürfen dem- nach auch wohl annehmen, dass die fraglichen Zellen denselben Werth besitzen, wie die bei der Thränendrüse beschriebenen basalen Zellen, welche ich nach Lage der Dinge als contractile Epithelzellen auffassen zu müssen glaube. Ist dieses richtig, dann müssen die Zellen auch hier als Detrusoren wirken. Einen absolut sicheren Beweis dafür kann ich allerdings weder hier noch dort führen. Auch geben mir meine bisherigen Unter- suchungen noch keinen Aufschluss darüber, ob die fraglichen Zellen der Parotis in irgend einer Verwandtschaft zum Epithel stehen. Allerdings gibt die Zweischichtigkeit des Epithels im Ductus parotideus zu denken! Bekamntlich sind sternförmige Zellen der Membrana propria längst beschrieben und abgebildet worden. Doch scheinen mir diese Zellen dichter beisammenzustehen und plumper zu sein, als die von mir beschriebenen. Ich kann deshalb noch nicht mit Bestimmtheit beide Zellarten als identisch mit einander erklären. In den Schaltstücken sehe ich deutlich das Kitt- leistennetz, das, entsprechend den mehr in die Länge ge- streekten Zellen, lange schmale Maschen bildet. Was die Cen- tralkörper betrifft, so glaube ich einen solchen in einigen wenigen Fällen zwischen Kern und freier Oberfläche als ein ein- faches minimales Körnchen gesehen zu haben. Da aber die er- wähnte Protoplasmaschicht, in der man nach den bei allen übrigen Epithelien gemachten Erfahrungen allein das Mikrocentrum zu suchen hat, verhältnissmässig recht dünn, und das Lumen recht 588 K. W. Zimmermänn: eng ist, da ferner die schwarzblauen Kittleisten so nahe bei einander liegen, so ist es erklärlich, dass meine Untersuchungen in diesem Punkte nur sehr unbefriedigende Resultate gezeitigt haben. — Ob hier Basalzellen vorhanden sind oder nicht, vermag ich noch nieht zu entscheiden. — Die nicht häufigen „centro- acinären“ Zellen gehören, wie auch R. Krause glaubt, nach meinen Erfahrungen bestimmt den Schaltstücken an. In den Speiehelröhrehen, deren Kittleistennetz keine Besonderheiten darbietet (es stimmt ganz mit der Fig. 38 über- ein), vermochte ich in jeder Epithelzelle ein typisches, voneinem etwashelleren schmalen Hof umgebe- nes „Diplosoma“ wahrzunehmen. Es liegt ganzin der Nähe der freien Oberfläche, ohne sie jedoch unmittelbar zu berühren. Die Achse des Diplosomas (Verbindungs- linie der Mittelpunkte beider Centralkörper) fällt annähernd mit der Zellachse zusammen (man vergleiche hiermit die Fig. 30, welche Jedoch die Zellen eines Speichelröhrehens der Submaxillaris darstellt). 4. Kleine seröse Drüsen der Zungenwurzel. Mit Fig. 22. Dieselben besitzen langgestreckte, vielfach gewundene und verzweigte Tubuli. Man findet oft die verschiedensten Funktionssta- dien in einem einzigen Querschnitt. Erst sind die Zellen klein und ver- hältnissmässig schmal, der Kern liegt etwas von der Basis entfernt, durch einen streifigen Zellabsehnitt von ihr getrennt. Dieser Theil der Zelle ist in Eisenhämatoxylin-Säurefuchsinpräparaten mehr bläu- lich gefärbt, während die der freien Seite entsprechende Zellhälfte etwas mehr röthlichen Ton angenommen hat. In sehr gün- stigen Fällen erkennt man in der etwas helleren Mitte diesesletzteren Zellabschnittesein kleines, meist in der Mitte etwas eingeschnürtes Stäb- chen, welches wohl als Diplosoma zu deuten ist. Seine Axe fällt annähernd mit der Zellaxe zusammen (Fig. 22g). Dann findet man Zellen, welche eine feine, dichte, mehr röthliche Körnelung zeigen (Fig. 22a). In anderen Zellen zeigt die Körnelung einen violetten Schimmer und tritt dadurch etwas schärfer hervor (Fig. 22b). Wieder in andern ist die Körnelung etwas dieker und dunkler geworden, und die Zelle hat an Grösse allmählich zugenommen (Fig. 22c). Das geht so fort, bis die Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 589 kugelrunden Sekrettröpfehen und damit auch die Zelle ihr Maxi- mum erreicht haben (Fig. 22d,e). Bisher haben die Granula die ganze Zelle erfüllt bis auf eine schmale Exoplasmaschicht. Nunmehr beginnen die Körnchen sich von der Basis zu entfernen, während sie an der freien Fläche zu gleicher Zeit austreten (Fig. 22 f). Das geht so weiter, bis die Körnchen alle im Lumen sind, wo man sie in vielen Drüsenschnitten auffinden kann. Sie scheinen hier aufzuquellen und dann zu zerfliessen, wobei ihre Färbbarkeit für Hämatoxylin verloren geht, denn häufig sah ich blauschwarze Körnchen in verschiedenen Nüancen und Grössen in einer homogenen, blassröthlichen Masse. Deutlich sieht man das Kittleistennetz, selbst an den Zellen, wo die schwarzblaue Körnelung sehr deutlich hervor- tritt. Von dem sehr verschieden weiten Hauptlumen ziehen, ge- wöhnlich nieht über die Zellenmitte hinausgehende, enge Seiten- gänge von verschiedener Länge stets zwischen die Zeiten Ende in die Zelllerperhinein, was die deutlich vorhandenen Kittleisten auf's Ent- schiedenste beweisen. Das Auftreten der Nebengänge ist übrigens sehr unregelmässig. Man findet oft zwischen allen benachbarten Zellen Seitengänge, oft aber auch nirgends einen einzigen, also ähnliche Zustände wie in der Thränendrüse. Dieht unter dem Epithel findet man reichliche, verzweigte Zellen, deren meist die Längsrichtung haltenden Ausläufer dunkel- blau gefärbte Fibrillen aufweisen (Fig. 22x). Man wird oft un- willkürlich an die Schweissdrüsen erinnert. Sind die entspre- chenden, bei der Thränendrüse und der Parotis beschriebenen Zellen wirklich contractil, dann müssen es auch diese sein. Auch an kleineren Schleimspeicheldrüsen der Zunge habe ich die basalen Zellen beobachtet. Hier ist ihr Verhalten besonders eigenartig. Zunächst fiel mir an den Schleim produ- eirenden Tubuli-Abschnitten zwischen dem Drüsenepithel und der Membrana propria eine zusammenhängende Lage dicht stehender, schwarzblau gefärbter, mehr oder weniger feiner Fibrillen auf, welche längs verlaufen. Die Kerne, welche ich anfangs nicht sah, fand ich schliesslich als ganz platte, zwischen den Schleim- zellen und der Fibrillenschicht liegende Gebilde, welche sich von den Kernen der Schleimzellen nur durch ihre in der Fibrillen- richtung etwas verlängerte Gestalt unterscheiden lassen. Zuweilen 590 K. W. Zimmermann: erscheinen sie auch etwas zwischen zwei benachbarte Schleim- zellen hineingedrängt. Zellgrenzen konnte ich nicht wahrnehmen. Wegen der dichtstehenden Fibrillen muss man annehmen, dass, falls sie wirklich, wie ich glaube, Theile der Zellen sind, diese letzteren an einanderstossen, und grosse platte Gebilde dar- stellen, zumal die Kerne verhältnissmässig spärlich vorhanden sind. An den serösen Enden der Tubuli stehen die Fibrillen nicht mehr so dicht, vielmehr ähneln die Verhältnisse mehr denjenigen bei der- Parotis, d. h. die Fibrillen erscheinen mehr in stern- förmiger Anordnung mit dem Kern am Kreuzungspunkt. Zu- weilen finden sich auch Ueberkreuzungen von Fibrillen benach- barter Systeme, resp. Zellen desselben Tubulus. Es macht dem- nach den Eindruck, als ob die Zellen nieht mehr zusammen- hängende Platten bildeten, sondern Sternform angenommen hätten. Jedoch auch hier ist es mir nicht möglich gewesen, die wirklichen Zelleontouren aufzufinden. An den kleineren Ausführungsgängen, an denen man noch deutlich die dieht stehenden Längsfibrillen unterscheiden kann, sind die. Kerne der basalen Zellen immer noch platt, aber etwas reichlicher vorhanden. An etwas stärkeren Ausführungsgängen haben die basalen Zellen eine gewisse Dieke erreicht, auch sind die Kerne nieht mehr platt, sondern bläschenartig, dabei aber etwas in die Länge gestreckt und ein wenig kleiner als die- jenigen der oberflächlichen Zellen. Ferner stehen sie etwas diehter als in den den secernirenden Drüsenabschnitten näheren Theilen, woraus man schliessen muss, dass die Zellen kleiner geworden sind. Ich muss betonen, dass in Querschnitten der Ausführungsgänge die Zellen überall da, wo man ausser den schwarzblauen Fibrillen überhaupt etwas vom Zellleib erkennen kann, stets eine geschlossene Schicht bilden, dass also die Zellen der zweiten (dem Lumen zunächst liegenden) Schicht nirgends die Membrana propria erreichen. Das Protoplasma ist, abge- sehen von den basalen Fibrillen, heller als dasjenige der blass- bräunlich grauen, oberflächlichen, niedrig eylindrischen Zellen. Schliesslich verschwinden allmählich die schwarzblauen Fibrillen, und die basalen Zellen nehmen eine niedrig-kubische Form an. Es fragt sich nun, ob die Fibrillen denn wirklich zu den basalen Zellen gehören, oder ob es Fasern sind, welche den Zellen, von denen man nur die Kerne sähe, anliegen. Das ist Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 591 nicht so leicht zu beantworten. Bindegewebsfasern sind es nicht, da dieselben sonst überall im Präparat vollständig entfärbt sind. Auch elastische Fasern können es nieht sein, da an Stellen, wo sicher solche vorhanden sind, z. B. in den Arterien, dieselben keine Färbung angenommen haben. Es blieben noch basale Kittleisten übrig. An solche hatte ich lange gedacht, ehe ich die Kerne der basalen Zellen gesehen hatte. Als ich aber an den serösen Drüsenenden, wie schon erwähnt, Ueberkreuzungen der Fibrillen beobachtete, und die ähnlichen Verhältnisse bei der Thränendrüse und der Parthie auffand, wo ieh die Fibrillen bestimmt als Bestandtheile der basalen Zellen auffassen zu müssen glaube, so schien mir das Letztere auch für den vorliegenden Fall zutreffend zu sein. Jedenfalls sind erneute Untersuchungen zur endgültigen Entscheidung erforderlich. w 5. Schleimspeicheldrüsen und Schleimdrüsen. Mit Fig. 23—31. Es ist hier nicht meine Absicht, auf die so wichtige und viel erörterte Frage, ob die Randzellen (Giannuzzi’'schen Halbmonde) seröser Natur, oder ob sie nur sekretleere (ruhende) Schleimzellen seien, genauer einzugehen, da ich diese Frage nach einer Anzahl neuerer Arbeiten (z. B. E. Müller, R. Krause, Mislawsky und Smirnow u. A.) und nach eigenen Unter- suchungen für endgültig gelöst ansehen muss und zwar in dem Sinne, dass die Randzelleneomplexe in normalen Verhältnissen nur seröses Sekret und nie Schleim liefern, also Zellen swi generis enthalten. Es würden demnach unter die zugleich Speichel und Schleim ab- sondernden Drüsen („Schleim-Speicheldrüsen“) zu rechnen sein: die Submaxillaris, die Sublingualis, manche Lippendrüsen, die Drüsen auf der oberen Seite des weichen Gaumens, die Drüsen der Epiglottis und der Trachea und vielleicht noch andere. Zu den Beweisen, welche R. Krause in seinen beiden Arbeiten über die Speicheldrüsen giebt, und denen ich mich im Allge- meinen vollständig anschliessen kann, möchte ich nur noch Fol- gendes hinzufügen: Bekanntlich existirt für diejenigen, welche die Randzellen für sekretleere Schleimzellen halten, in den rand- zellenfreien Schleimdrüsen der Zunge und der unteren Seite des weichen Gaumens eine sehr unangenehme Klippe, die Stöhr in Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 39 592 K. W. Zimmermann: der Weise zu umgehen sucht, dass er für diese Drüsen einen anderen Sekretionsmodus annimmt (das Genauere ist in der neuesten Arbeit R. Krause’s nachzulesen, wo er sich mit Stöhr über diesen Punkt eingehend auseinandersetzt). Nehmen wir an, Stöhr hätte Recht, dass es also zwei scharf geschiedene Formen von Schleimdrüsen gäbe, die eine Form, bei der die Tubuli immer zwei verschiedene Funktionsstadien enthielten, welehe je einen vom andern bestimmt abgegrenzten Complex bilden, und bei der jede Schleimzelle in der Reihe ihrer Funktionsstadien auch ausnahmslos ein von den serösen Zellen nicht unterscheid- bares Stadium aufweist, und die andere Schleimdrüsenform, bei der jeder Tubulus die verschiedensten Funktionsstadien regellos nebeneinander aufweist, so dass an Präparaten, die mit Häma- toxylin oder einem andern schleimfärbenden Mittel behandelt sind, ganz dunkle und farblose, sowie alle Zwischenstufen mit einander abwechseln und dem Tubulus ein scheckiges Ansehen verleihen, bei der (der andern Form nämlich) aber nie ein den serösen Zellen ähnliches Stadium auftritt —, unter welche der Formen würden dann solche Drüsen unterzubringen sein, welche ganz der zweiten Form gleichen, bei denen aber jeder Tubulus am Ende und stets nur dort deutliche, scharf begrenzte Rand- zelleneomplexe aufweist? Solche Drüsen finden sich in der Epi- glottis des Menschen. Dieselben sind verhältnissmässig klein und locker gebaut, so dass man in einem dickeren Schnitte einen Tubulus oft bis in die letzten Zweige hinein verfolgen kann. Wenn man auch hier feinere Details in den Zellen nicht mehr erkennt, so kann man bei geeigneter Färbung sofort die Rand- zelleneomplexe von den Schleimzellen enthaltenden Drüsenab- schnitten unterscheiden. Alle Randzellen zeigen dieselben Ver- hältnisse wie diejenigen der Sublingualis und Submaxillaris. Sämmtliche Zellen ein und desselben Halbmondes haben unter sich gleiches Aussehen. Doch bemerkt man zwischen den ein- zelnen Halbmonden wohl Andeutungen von Funktionsunterschieden: Bald sind die Zellen etwas grösser und heller, bald sind sie etwas kleiner und dunkler. Stets aber sind sie deutlich von den Schleimzellen zu unterscheiden, und nie fehlen sie an den Tubulienden. Sie greifen hier auch sehr weit kappenförmig um die Drüsenenden herum, und es kommt zuweilen vor, dass, wenn die Drüsenenden ganz kurz und plump verzweigt sind, zwei und Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 593 mehr Nachbarhalbmonde einander berühren können. Dies tritt besonders deutlich hervor, wenn nur die Randzelleneomplexe dunkler gefärbt sind und alles Uebrige einen helleren Ton an- genommen hat. So besitze ich ein Präparat, an dem ich mit Orcein die elastischen Fasern der Epiglottis habe färben wollen. Die elastischen Fasern waren wahrscheinlich, weil der Säure- gehalt der Orceinlösung nicht richtig getroffen war, fast nicht gefärbt, dagegen hatten die Randzelleneomplexe einen braun- violetten Ton angenommen, während die Schleimzellen, welche bei Anwendung guter Orceinlösung die feinsten Funktionsunter- schiede aufweisen (man findet alle Nüanecen von schwarzbraun bis farblos) ungefärbt geblieben waren. Da der Schnitt etwas dieker war, so konnte man eben deutlich erkennen, dass jedes Tubulusende, das im Schnitt getroffen war, einen Randzellen- complex besass, dass nirgends sonst in den Tubuli Zellen von gleichem Charakter vorkamen, und dass umgekehrt in keinem Randzelleneomplex eine Schleimzelle zu erkennen war. Ich habe seither häufig Epiglottispräparate von verschiedenen Individuen und nach verschiedenen Methoden angefertigt; immer gab es die gleichen Bilder, vorausgesetzt, dass das Material einigermassen frisch war. Nie fand sich das umgekehrte Bild, d. h. Schleim- zellen am blinden Ende des Drüsenschlauches und Zellen von serösem Charakter, da, wo sonst Schleimzellen zu sehen sind. Es unterliegt aber keinem Zweifel, dass die RKandzellen dieser Drüse keine Schleimzellen, sondern wegen ihrer Uebereinstimmung mit den Zellen seröser Drüsen als seröse Zellen aufzu- fassen sind, und dass umgekehrt die Schleim- zellenzwar die verschiedensten Stadien auf- weisen, wie sie Stöhr für dierandzellenfreien Schleimdrüsen angiebt, dass aber unter diesen’ einden serösen Zellen ähnliches fehlt.. Dies geht auch noch aus einer anderen Beobachtung hervor: In einem Präparat, das mit Hämatoxylin und Eosin gefärbt war, konnte ich im Lumen verschiedener Tubuli, und zwar sowohl in Quer- wie in Längsschnitten deutlich zwei verschiedene Sekrete zu gleicher Zeit wahrnehmen: in der Mitte eine röthliche Masse und um diese herum eine blaugefärbte Schicht, welehe mit den aus den dunkelsten Schleimzellen hervorquellenden Massen un- 594 K. W. Zimmermann: trennbar zusammenhing und sich somit als Schleim documentirte. Diese Bilder sind nur so zu deuten, dass die röthliche Masse am Drüsenende in den Halbmonden secernirt wurde, und dass weiter- hin durch den von den Schleimzellen abgesonderten Schleim das Randzellensekret nach der Mitte des Lumens gedrängt wurde. In den Ausführungsgängen und in den mit diesen zusammen- hängenden Tubuliabschnitten war eine Trennung nicht mehr er- kennbar. Oft ist es mir auch an Präparaten der Sublingualis begegnet, dass der deutlich vorhandene Inhalt eines mit Rand- zellen versehenen Drüsenschlauches keine Schleimfärbung an- nehmen wollte, während im anderen Schläuchen der Inhalt ganz dunkle Färbung angenommen hatte. Es mussten also die ver- schiedenen Schläuche verschiedenes Sekret enthalten, da man doch annehmen muss, dass nur Schleimzellen mit fertigem Schleim denselben ausstossen. Dieselben Funktionsstadien, wie man sie in den Schleim- drüsen der Zunge und in den Schleim producirenden Abschnitten der Epiglottisdrüsen findet, kann man auch in der Submaxillaris und der Sublingualis nachweisen. Hier und besonders in der letzteren ist es jedoch gewöhnlich wie in den Schleimdrüsen der unteren Seite des weichen Gaumens, d. bh. man findet ganze Schläuche und ganze Läppchen in demselben Funktionsstadium, wie man bei Färbungen mit Hämatoxylin oder Thionin leicht erkennen kann. Die Thioninfärbung pflege ich folgendermaassen auszuführen: Mit Alauncochenille durchgefärbte Stücke werden eingebettet und geschnitten (15 u) und die Schnitte, ohne das Paraffin zu lösen, auf frisch bereitete wässerige Thioninlösung gebracht (gesättigte Lösung mit etwa dem fünften Theil destillirten Wassers verdünnt, da sich aus der gesättigten Lösung, besonders wenn sie alt ist, feine, schwarzblaue Nadeln und Büschel an der Ober- "fläche des Präparates ausscheiden); nun quillt sofort der fertige Schleim und färbt sich, während alles Uebrige wegen der Pa- raffindurehtränkung anfangs keinen Farbstoff annimmt. Nach ein bis zwei Minuten bringt man die Präparate mit dem Spatel (Vorsieht! damit sie nicht zerbrechen) in destillirtes Wasser, spült sie gründlich ab und überträgt sie dann auf den Objeetträger. Hier saugt man das Wasser weg und drückt die Präparate mit mehrmals zusammengefaltetem, glattem Filtrirpapier fest an, lässt sie dann vollends trocknen. Nach Lösung des Paraffins mit Beiträge zur Keuntniss einiger Drüsen und Epithelien. 595 Xylol, Canadabalsam, Decekglas. Die Randzelleneomplexe, resp. die serösen Zellen, sind roth (Kerne dunkelviolett); die Schleim- zellen sind farblos bis intensiv blau, je nach dem Reifezustand des Schleimes (Kerne dunkelblau). Wenn man nun in so behandelten Präparaten die verschie- denen Schläuche und Läppchen mit einander und mit den Sehläuchen der Schleimdrüsen der Zunge und mit den Drüsen der Epiglottis vergleicht, so sieht man ganz dieselben Funktions- stadien der Schleimzellen, nur in anderer Anordnung. Es ist deshalb kein Grund einzusehen, warum nun gerade hier in diesen srösseren Drüsen ein von den übrigen Stadien so sehr abweichen- des und den serösen Zellen so frappant ähnliches hinzukommen müsse, während doch die ganz genau so gebauten Schleimzellen der Zungenschleimdrüsen nie in ein solches übergehen. Einen weiteren Grund, der für die Verschiedenheit der Schleimzellen und der Randzellen spricht, liegt in dem verschie- denen Verhalten beider Zellarten bei der Eisenhämatoxylin- färbung mit nachfolgender vorsichtiger Säurefuchsinfärbung. Wie die Figuren 25, 26, 28, 29 (Submaxillaris des Hingerichteten, von dem auch die Parotispräparate stammen), zeigen, haben die Schleimzellen (in Fig. 25 sind nur zwei vorhanden) einen gelb- röthlichen Ton angenommen, der gleichmässig die ganze Zelle betrifft. Das Protoplasmagerüst ist im Allgemeinen sehr zart bis auf gewisse Einzelheiten, von denen noch die Rede sein wird. Die sekretvollen oder annähernd in diesem Stadium befindlichen serösen Zellen (die Randzelleneomplexe unterscheiden sich in keiner Weise von den nur aus serösen Zellen bestehenden Drüsen- läppchen) dagegen zeigen ein grobes, violett gefärbtes Proto- plasmagerüst auf farblosem Grund. In Fig. 25 sieht man unter den serösen Zellen zwei Formen (a, a), welehe mit der Schleim- zelle (b) eine entfernte Aehnlichkeit zeigen, indem in beiden Zellarten der Kern an die Basis gedrängt ist. Aber selbst bei mittlerer Vergrösserung gelang es mir, durch den erwähnten Färbungsunterschied, die beiden Zellarten von einander zu unter- scheiden. Dazu kommen noch andere Momente: An der Basis der serösen Zellen zeigte sich regelmässig die bekannte, schwarz- blau gefärbte, gestrichelte Masse. Von der Basis aus gesehen (Fig. 25c) zeigt die Masse eine grobe, unregelmässige Streifung. Wir erkennen daraus, dass es sich hier um auf der Basis 596 K. W. Zimmermann: senkreeht stehende, imUebrigen aber unregel- mässig angeordnete Blättehen handelt, eine Ein- richtung, wie wir sie von so vielen Drüsenzellen kennen (man vergleiche die Abbildungen zur Thränendrüse und zum Pankreas; Krause hat sie ebenfalls mehrfach abgebildet). In der Parotis konnte ich dergl. eigenthümlicher Weise nicht finden, was wohl an der Eigenart der Eisenhämatoxylinmethode liegen mag. Ein weiterer Unterschied zwischen den Randzelleneomplexen, resp. den serösen Parthieen der Submaxillaris, Sublingualis und der kleinen gemischten Drüsen auf der nasalen Fläche des weichen Gaumens (die Epiglottisdrüsen habe ich noch nicht mit Eisen- hämatoxylin gefärbt) und der Schleim produeirenden Abschnitte ist der, dass zwischen den Zellen der ersteren regelmässigSekreteapillaren auftreten, wäh- rend ich zwischen den Schleimzellen, beim Menschen wenigstens — nur von diesem habe ich bis jetzt die betreffenden Drüsen untersucht —, niemals dergl. auchnurangedeutet gefunden habe. Was die von Stöhr abgebildeten und von ihm als Sekretgänge gedeuteten, feinen, schwarzen Linien für eine Bedeutung haben, lässt sich schwer sagen. Wenn es zwischenzellige Sekretgänge wären, so müsste man sie auch an Eisenhämatoxylinpräparaten, an denen in den serösen Parthieen die Gänge so scharf und bestimmt her- vortreten, deutlich sehen können, zumal die hellen Schleimzellen die Beobachtungen leichter machen als die serösen Abschnitte. Stöhr meint, dass zwischen sekretvollen Schleimzellen die Sekret- sänge durch Zusammendrücken der Wände verschwinden. Da- gegen sprechen zwei Gründe: einmal der Umstand, dass überall, wo zwischenzellige Sekretgänge zu beobachten sind, deutliche und scharfe Kittleisten vorhanden sind, die sicherlich nicht ver- schwinden würden, wenn wirklich durch Aneinanderpressen der Zelloberflächen das Lumen vorübergehend verschwinden würde. Man müsste also auf alle Fälle diese Kitt- leistenzwischen den Zellen wahrnehmen. Nie habe ich dergl. an solchen Präparaten gesehen, an denen das dem Hauptdrüsenlumen zunächst liegende, typische Kittleistennetz scharf und deutlich gefärbt war (Fig. 26). Weiter spricht dagegen, dass stets zwischen sekretvollen („geladenen“) serösen Zellen die Sekretgänge weiter erscheinen Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 897 als zwischen sekretleeren Zellen. Man vergleiche die Figuren 23 bis 26 (Submaxillaris) sowie die Figuren 14 u. 15 (Parotis) mit der Fig. 27 (seröser Tubulus mit kleinen sekretleeren Zellen aus der Submaxillaris eines anderen Individuums). Sämmtliche Figuren sind bei der gleichen Vergrösserung gezeichnet. Der Grund für die Erweiterung der Sekretgänge zwischen sekret- vollen Zellen liegt wohl darin, dass bei dem Anschwellen der Zellen alle Theile der Oberfläche gedehnt werden, somit auch die schmalen secernirenden Oberflächenstreifen an Breite zunehmen müssen, dass ferner das Protoplasmagerüst eine stärkere Spannung erfährt, so dass dadurch die freien Ober- flächenabsehnitte, an denen ja gerade so gut das Gerüst be- festigt ist, wie an den übrigen Abschnitten, etwas mehr ein- gezogen werden, und das Lumen der Sekretgänge eher weiter werden muss. Umgekehrt ist wieder das Klaffen der Lumina ein Beweis für das Vorhandensein eines Tonus in einem bestimmten präformirten, con- traetilen Gerüstwerk. Könnten die Fila keinen Zug ausüben, wären sie eine unbestimmte, flüssige, beliebig veränder- bare Masse, dann wäre das Exoplasma einem schlaffen Sack vergleichbar, der sich aufblähen und abrunden würde, wenn seine Füllung zunähme, und es würden die Theile der Oberfläche, welche kein äusserer Widerstand daran verhinderte, sich um so mehr vor- wölben, und so alle Lumina der feineren Sekretgänge fest ver- schlossen werden. Von einem Heraustreten des Sekretes aus den Zellen in die Sekretgänge wäre keine Rede. Das könnte dann nur an der Peripherie des Tubulus, also an den Zellbasen geschehen, was ja aber nie stattfindet. Wir haben keinen Grund, bei den Schleimzellen in dieser Beziehung ganz andere Verhältnisse an- zunehmen. Was würden hier die zwischenzelligen Sekretgänge für einen Nutzen haben, wenn sie gerade in dem Moment, wo die Zelle im höchsten Grade mit Sekret erfüllt ist, und nun das Sekret heraustreten soll, geschlossen, also so gut wie nicht vor- handen wären? Da könnte man allerdings einwenden: jetzt tritt bei den Sehleimzellen erst die Contraction des Protoplasma- gerüstes ein und werden dadurch die freien Oberflächen einge- zogen und hier die Sekretmassen herausgepresst, so dass auch jetzt erst die Lumina klaffen! Das wäre schon eher diseutir- bar; aber ich wiederhole, dann müsste man unbedingt die Kitt- 598 K. W. Zimmermann: leisten an den lumenlosen Sekretgängen nachweisen können, was mir absolut nicht gelungen ist. Ich komme also auf Grund meiner Beobachtungen zu dem Schluss: Die Randzellen- eomplexe besitzen wie die rein serösen Drüsen (Parotis, seröse Zungendrüsen, Pankreas) reichliche, zwischen- zellig verlaufende Sekretgänge; die schleim- zellenhaltigen Drüsenabschnitte zeigen, wie Schleimdrüsen überhaupt, dergleichen beim Menschen nicht, ein so schwerwiegender Uhter- schied, der schon ganz allein genügt, um die Gleichwerthigkeit der Randzellen mit den Schleimzellen mindestens als sehr zweifel- haft erscheinen zu lassen. Was nun die Frage nach der Lage der Sekret capillaren in den Schleimspeicheldrüsen anbetrifft, so kann ich mich ganz kurz fassen: Die serösen Abschnitte stimmen in dieser Beziehung ganz mit der Paro- tis überein. Ich konnte trotz sorgfältigster Untersuchung keinen Gang entdecken, der der Kittleisten entbehrt hätte (man vergleiche die Fig. 23 bis 27), folglich verlaufen alle Sekretgänge zwischenzellig und keiner binnen- zellig! (Beweisführung s. pag. 557 und ff. und unter „Parotis“.) Dagegen konnte ich in einzelnen Zellen (Fig. 25a, a und Fig. 23 unten rechts) deutlich Sekretvacuolen mit den Sekretgängen im Zusammenhang sehen. Eine Verwechselung halte ich für aus- geschlossen. Ob diese Bildungen jedoch typisch sind und regel- mässig in bestimmten Sekretionsphasen auftreten, kann ich bei der verhältnissmässig geringen Zahl von Fällen, in denen ich sie beobachtet, nicht entscheiden. Es sind hierüber neue und ausgedehnte Untersuchungen erforderlich. Ich. möchte hier noch auf eine Bemerkung R. Krause's in seiner Arbeit über die Speicheldrüsen des Igels pag. 119 ein- sehen. Er sagt daselbst: „Die Canälchen erscheinen von dieken, schwarzen Linien eingefasst, in welche überall die Balken des Protoplasmas übergehen.“ Man könnte daraus schliessen, dass er die Kittleisten gesehen, sie jedoch für die Kanalwand gehalten hat. Doch ist es mir zuweilen begegnet, dass die Kanalwände überall schwarzblau gefärbt erschienen, und die Kittleisten infolge dessen nicht zu erkennen waren. Ich sah dies bei der Leber, dem Pankreas, der Submaxillaris und der Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 5899 Sublingualis, aber nur dann, wenn das Material nicht so bald nach dem Tode eingelegt war. Bei ganz frischem Material habe ich dergleichen nie beobachtet. Es ist leicht begreiflich, dass in solehen Fällen Ansichten wie in Fig. 15 unten, 18 u. 24 unmöglich mit Sicherheit gedeutet werden können, d. h. dass es nicht möglich ist zu unterscheiden, ob sie binnenzellig oder zwischenzellig verlaufen. Dass die Protoplasmabälkehen in die Kanälchenwand übergehen, ist für beide Möglichkeiten selbst- verständlich, da sie ja auch mit dem Exoplasma überall zu- sammenhängen. Es beweist dieser Umstand also nichts. Auch in Schleimzellen irgend welcher Drüsen der Mundhöhle war es mir nicht möglich, binnenzellige Sekretgänge nachzuweisen. R. Krause glaubt dagegen solche wahrge- nommen zu haben. Da er demnach der bestimmten Ansicht ist, dass sowohl seröse wie Schleimzellen binnenzellige Sekretgänge aufweisen, so sieht er in dem nach seiner Ansicht nur theil- weise zwischenzelligen Verlauf der Gänge in den Randzellen- complexen keinen Beweis für die Verschiedenheit derselben von den Schleimzellen, während ich gerade den Umstand, dass die Randzelleneomplexe nur und zwar zahlreiche zwischenzellige Sekretgänge, die schleimzellenhaltigen Abschnitte aber weder binnen- noch zwischenzellige Gänge besitzen, für einen wich- tigen Unterschied beider Theile halten muss, wenigstens beim Menschen. Was die Centralkörper anbelangt, so habe ich bei keiner serösen Zelle der hierhergehörenden Drüsen irgend eine Andeutung davon wahrnehmen können und zwar aus denselben Gründen, die ich auch bei der Parotis angegeben habe. Das Protoplasmabild ist zu unruhig, und es finden sich hier und da in den Knotenpunkten feine, blauschwarze Körnchen. Da ist es denn unmöglich zu sagen, welches davon Centralkörper ist, zu- mal ich von einer auch nur angedeuteten Centrirung im Proto- plasmagerüst nichts habe auffinden können. Anders ist es je- doch in den Schleimzellen. Hier ist zweifellos eine Centrirung vorhanden, wie die Figuren 25, 28, 29, zum Theil auch 26 deut- lich zeigen. Man sieht da einen vielfach fein radiär gestrichelten, hier und da gröbere, dunkle Klümpchen enthaltenden Kranz (in Wirklichkeit natürlich eine Kugelschale) von schwankendem Durchmesser, doch herrscht ein gewisses Mittel (Fig. 29 links) 600 K. W. Zimmermann: vor. Von diesem Kranz sehe ich, in einzelnen Fällen ziemlich deutlich, eine nicht überall gleichmässig deutlich ausgeprägte Strahlung in das übrige Protoplasmagerüst ausgehen und da- selbst sich verlieren. Zuweilen konnte ich auch einzelne radiäre Strahlen bis zum Centrum des Systems vordringen sehen. Hier bemerkte ich nun in solchen Fällen, wo ich sicher sein konnte, dass das Centrum thatsächlich im Schnitt lag, regel- mässig ein oder zwei Körnchen, welche jedoch geringe Schwankungen in Grösse, Form und Färbungsintensität zeigten. Trotz dieser Varianten glaube ich doch in diesem central gelegenen Gebilde das oder die Central. körper sehen zu müssen. Zuweilen fehlen die Central- körper, doch scheint dann das Messer dicht neben dem Centrum vorbeigegangen zu sein, so dass es nicht mehr im Schnitte liegt. In manchen anderen Fällen ist das Bild der Centrirung sehr undenutlich oder fehlt ganz (Fig. 26). Das ist aber sehr wohl begreiflich, da man in ganz dünnen Schnitten bei der Grösse der Schleimzellen sehr wohl den Kern und einen grossen Theil (des Zellleibes im Schnitt haben kann, ja haben muss, ohne dass die centrirte Stelle irgend wie getroffen ist. Dann dürfen wir nicht vergessen, dass der Schleim in wässerigen Lösungen schnell und stark quillt, und dass dadurch vielleicht Schädigungen der Protoplasmastructur eintreten können. Es wäre auch nicht un- möglich, dass nach dem Differenziren der Färbung die Eisen- salzlösung vom Schleim länger festgehalten wird, so dass da- durch die Elemente des centrirten Systems sich nachträglich noch stärker entfärben als das Uebrige. Alles, was hier mit- getheilt ist, gilt vornehmlich für die Schleimzellen der Sub- maxillaris. Man darf jedoch wohl annehmen, dass die übrigen Schleimdrüsen und Schleimspeicheldrüsen keine Ausnahme davon machen. Sehr deutlich sind die Centralkörper in Form von typischen „Diplosomen“ in den Speichelröhrchen der Sub- maxillaris (von dieser habe ich sie speciell untersucht, Fig. 30). Ausnahmslosjede Epithelzelle hat ein solches Gebilde aufzuweisen. Regelmässig liegt dasselbenahe der freien Oberfläche in einem schmalen, wenig helleren Hof, der durch einen undeutlichen Pünktehenkranz abgeschlossen ist. Vielfach findet man excentrische Lage, was man am besten auf Flächen- Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 601 bildern wahrnimmt. Die Axe des Diplosomas verläuft annähernd parallel mit der Zellaxe, weshalb dasselbe auf Flächenbildern meist als Punkt erscheint. Ich möchte besonders hervorheben, dass also auch hier das Mikrocentrum weit ab vom Kern liegt. Das Kittleistennetz der Speichelröhrchen ist recht diek und auffällige. In dem zwischen Kern und Lumen liegenden Zelltheil fällt eine quere, zarte Schichtung auf. An der freien Oberfläche vieler Zellen springt ein heller, gegen die Zelle scharf abge- srenzter Hügel vor, welcher wohl als hervorquellendes Sekret und nicht als Vorwölbung der eigentlichen Zelloberfläche zu deuten ist (Fig. 30). Er ist bei den einzelnen Zellen ver- schieden hoch. Die kleineren Ausführungsgänge besitzen ein einschichtiges, hohes Epithel, das auch einzelne Becherzellen enthält (Fig. 31). An der freien Oberfläche der einzelnen Zellen springt eben- falls gewöhnlich ein heller, gegen die übrige Zelle scharf abgegrenzter Buckel mehr oder weniger weit vor, welcher wohl auch hier als austretendes Sekret aufzufassen ist. Im Bantzer.mitsder freien 0Perfläche steht, aus- nahmslos in jeder Zelle, wie man besonders an Flächen- bildern sieht, ein typisches Diplosoma, dessen Axen- richtung zwar schwankt, aber mit der Zellachse höchstens einen halben rechten Winkel bildet, so dass stets nur einer der beiden Centralkörper die Oberfläche berührt. Auch hier liegt das Diplosoma sehr oft excentrisch. Der Kern liegt in den einzelnen Zellen sehr verschieden hoch, so dass Einem bei oberflächlicher Betrachtung leicht eine Mehrschichtig- keit vorgetäuscht werden kann. Das Kittleistennetz ist kräftig ausgeprägt und ähnelt in der Flächenansicht der Fig. 39. Von basalen Zellen, denen der Thränendrüse, der Parotis oder der serösen Zungendrüsen ähnlich, konnte ich an Eisenhämatoxylinpräparaten der Submaxillaris und Sublingualis nichts wahrnehmen. Es kann jedoch ein unglücklicher Zufall die Färbung verhindert haben, so dass ich die Frage, ob solche in meinen Präparaten vorhanden seien oder nicht, nicht zu entscheiden vermag. Eine Bemerkung möchte ich noch zur Frage nach der Scehiehtung der Zellen im Bereich der Randzellencomplexe 602 K. W. Zimmermann: machen. Bekanntlich leugnet Stöhr dieselbe entschieden und spricht seinen Gegnern einfach das plastische Vorstellungsver- mögen ab. Auf die Gefahr hin, von ihm in gleicher Weise be- handelt zu werden, möchte ich doch auch für das Vorkommen einer Schiehtung eintreten, aber nur in anatomischem Sinne; d.h. es kommt häufig vor, dass vom Hauptlumen des Drüsenschlauches aus erst eine Schleimzelle und dann eine dem Randzelleneom- plex angehörende seröse Zelle kommt, dass also die seröse Zelle unter die Basis der Schleimzelle geschoben ist. Das ist aber nicht von Belang, denn nur die Schleimzelle giebt ihr Sekret direkt in das Hauptlumen ab, während die seröse Zelle ihr Sekret zunächst in einen oder mehrere zwischenzellige Sekretgänge des Rand- zellencomplexes und von da aus erst in das Hauptlumen abfliessen lässt. Die beiden aneinander stossenden Zellen haben also gar keine funktionellen Beziehungen zu einander, sie begrenzen thatsächlich ganz verschiedene Drüsenlumina. Es besteht also in physiologischem Sinne gar keine Schichtung. Allerdings muss die ernährende Lymphe zwischen die beiden Zellen dringen, um zur Basis der verdeckten Schleimzellen zu gelangen, was jedenfalls keine Schwierigkeiten hat, da die Lymphe noch ganz andere Wege zurückzulegen hat, um zu den zu ernährenden Zellen zu gelangen. Doch möchte ich bei der Annahme einer anatomischen Schichtung in jedem einzelnen Falle zur Vorsicht rathen. Es sind mir nämlich Fälle begegnet, wo ich anfangs eine Schich- tung zu sehen glaubte, wo es sich aber bei genauerer Prüfung herausstellte, dass zwischen die Schleimzellen und die serösen Zellen noch eine dünne Schicht Bindegewebe eingeschoben war, so dass also in keinem Sinne von einer Schichtung die Rede sein konnte (Fig. 26 oben rechts). 6. Das Pankreas des Menschen. Mit Fig. 32 bis 39. Ich habe das Pankreas von dem schon erwähnten Hinge- richteten und von einem anderen Individuum untersucht. In sämmtliehen Zeilen des Pankreas vom Hingerichteten lassen sich drei Zonen unterscheiden. Zunächst eine basale, feinge- streifte, frei von Sekretkörnern. Die Streifen stehen dicht und sind Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 603 sehr fein granulirt, soweit sich dies überhaupt bestimmen lässt. Betrachtet man die Zellen von der Basis (Fig. 36 unten), so erkennt man ebenfalls eine Streifung. Die Streifen sind in Gruppen ange- ordnet. Diejenigen einer bestimmten Gruppe verlaufen unter sich ziemlich parallel, doch findet zwischen den verschiedenen Gruppen keine Uebereinstimmung statt. Es geht daraus hervor, dass auch hier der Streifung der genannten Schicht lamellenartige Struktur zu Grunde liegt, und dass Gruppen von gleichgerichteten Lamellen auf der Basis senkrecht stehen. Eine mittlere Zone ist durch zahlreiche kleine, schwarzblau gefärbte Sekretkörnchen oder Tröpfehen — der Schnitt stammt aus der Nähe der Oberfläche des fixirten Stückes — ausgezeichnet, welche gegen die dritte und letzte Zone zu allmählich abnehmen. Diese letzte hellste Zone ist von der vorigen nicht scharf geschieden. Sie ist bis auf eine Ueber- gangsschicht fast frei von den schwarzblauen Sekretkörnchen und lässt ein feinmaschiges Protoplasmagerüst erkennen. Der Kerm liegt an der Grenze zwischen der mittleren und der ba- salen Zone, doch mehr oder weniger in die letztere hineinge- drängt, so dass er sogar hier und da die Basis zu berühren scheint. Die Kerne sind verhältnissmässig klein, jedenfalls kleiner als diejenigen der übrigen Speicheldrüsenzellen. Das Pankreas des anderen, im Spital verstorbenen Indivi- duums zeigte ein etwas fortgeschritteneres Funktionsstadium. Die Sekretkörnehen waren etwas grösser und dichter gedrängt und nahmen ungefähr die dem Tubuluscentrum zugekehrte Zell- hälfte ein. Zuweilen konnte man die Sekretkörnchen in Reihen angeordnet sehen. Die Körnchen selbst sind bedeutend kleiner als diejenigen der Speicheldrüsen und der Thränendrüse. Die Protoplasmastruktur war im Wesentlichen dieselbe wie beim ersten Fall. Die Kerne, welche ebenfalls nahe der Basis lagen, waren deutlich grösser als im vorigen Falle. Da beide Präparate in derselben Weise fixirt und behandelt waren (das Material des zweiten Falles war allerdings mehrere Stunden nach dem Tode der Leiche entnommen worden), so kann diese Grössenverschieden- heit wohl nur mit der Funktion in Verbindung gebracht werden, wenn nicht ein individueller Unterschied vorliegt. Ich "kann mich nicht erinnern, irgend etwas wahrgenommen zu haben, was auf das Heraustreten des ‚Sekretes aus dem Kern und 604 K. W. Zimmermann: auf das Vorhandensein eines Nebenkerns gedeutet hätte; doch beabsichtige ich, diese Punkte noch eingehender zu untersuchen. In beiden Fällen zeigten die meisten Tubuli, falls die Sehnittrichtung günstig war, die sogenannten eentroacinären Zellen. Besonders charakteristisch sind Bilder, wie sie Fig. 32 aufweist. Hier ist in rein anatomisehem Sinne, auf das Centrum bezogen, zweifellos eine Zweischichtigkeit vorhanden, jedenfalls aber nieht in physiologischem Sinne, da die secernirenden Zellen ihr Sekret zunächst in zwischen ihnen gelegene Sekretgänge ergiessen, und nicht direet in das von den centroacinären Zellen umgebene Centrallumen. Dieses Centrallumen hat mit den secer- nirenden Zellen nichts zu thun, es ist das Lumen eines Sehalt- stückes, denn die centroacinären Zellen sind Schaltstückzellen, wie man ja wohl jetzt auch ziemlich allgemein annimmt. Dass dem so ist, geht aus den Figuren 32, 34, 35 hervor. In Fig. 34 sieht man aus dem gerade verlaufenden Schaltstück (unten) nach oben ein kurzes Seitenästehen abgehen, das im Schnitt nur aus drei Zellen besteht. An diese schliessen sich unvermittelt die Trypsinzellen an. Der Fall ist so klar, dass es keines weiteren Commentars bedarf. Auch Fig. 32 ist deutlich zu verstehen. Hier ist der Fall von Fig. 34 fünfmal vertreten. Die einzelnen Zellgruppen sind deutlich durch Bindegewebe getrennt. Man kann daher hier nicht von centroacinären Zellen sprechen. Nun kommt es aber vor, dass von einem gerade verlaufenden Haupt- schaltstück keine aus Schaltstückzellen bestehenden Seitenzweige abgehen, sondern dass die Trypsinzellen sich direkt an das Haupt- schaltstück anschliessen. Denkt man sich nun, dass die Trypsinzellen sich reichlich vermehren, und dass auch dementsprechend neue Lu- mina zwischen ihnen auftreten, während an den Schaltstücken sich nichts verändert, so werden sich die ersteren Zellen allmählich um- biegen und entweder an das Schaltstück sich anlegen (Fig. 34 rechts), aber noch durch Bindegewebe davon getrennt bleiben, oder sie werden sich an den Schaltstückzellen entlang schieben und sogar mit anderen in der Nähe, die ja demselben Schaltstück ange- hören, in unmittelbare Berührung treten können, theils mit, theils ohne bindegewebige Trennung. Hierher würde wohl Fig. 33 gehören, wo rechts zwei bindegewebige Scheidewände vorhanden sind, im Uebrigen aber solche fehlen. Findet man dergl. nur an einer Seite eines Schaltstückes, Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 605 so erhält man Bilder wie in Fig. 35 und 36 (letzteres ist etwas schräg geschnitten und deshalb nieht so klar). In Fig. 35 sieht man noch zwei benachbarte Zellgruppen, resp. Tubuli oder Aeini durch ein bindegewebiges Septum, welches für beide die Mem- brana propria darstellt, getrennt. — Auffällig ist in dieser Zeich- nung der Grössenunterschied der verschiedenen Schaltstückzellen. — Denkt man sich solche secernirenden Zellgruppen (Acini oder Tubuli) in der ganzen Peripherie des Schaltstückes, mit oder ohne deutliche Septen dazwischen, so erhält man eben im Quer- schnitt Bilder wie Fig. 33. Dieses Bild ist also nicht als ein Tubulus oder Acinus aufzufassen mit centroacinären, resp. centro- tubulären Zellen, sondern als ein Schaltstück, das ringsum mit nicht mehr überall deutlich gesonderten Acini oder Tubuli oder Zellgruppen oder, wie man sich sonst ausdrücken mag, besetzt ist, wie ein Alveolargang mit Alveolen. Hier und da trifft man auch wohl Stellen, wo in dem Endtheil eines Schaltstückes an einer Seite die Schaltstückzellen fehlen, und statt deren Trypsin- zellen vorhanden sind. So ist in Fig. 35 unten links eine Schalt- stückzelle mehr vorhanden als oben. Augenscheinlich gehört auch Fig. 36 hierher, doch ist die sonderbare Stelle oben rechts wohl nur so zu deuten, dass Schaltstückzellen und Trypsinzellen mit einander alterniren oder sich doch mehr oder weniger tief zwischen einander drängen. Was nun die Centralkörper anbelangt, so habe ich solche hier weder bei den eigentlichen Trypsinzellen noch bei den Schaltstückzellen nachweisen können. Glücklicher war ich dagegen bei den Ausführungsgängen. Betrachtet man Fig. 38, so bemerkt man in fünf Zellen, d. h. bei allen, die, wie die vor- handenen Kerne andeuten, vollständig im Schnitt liegen, je ein schwarzblaues Stäbchen, das Andeutung einer Gliede- rung zeigt. Da, wo dieselbe am deutlichsten erschien, stimmt sie mit den in Fig. 96, 97, 98 und 99 abgebildeten Verhält- nissen annähernd überein, war aber gewöhnlich nicht so klar. Es liegt dies wohl daran, dass das Protoplasma einen etwas kräftigen Farbenton angenommen hat, wodurch das Erkennen der fraglichen Eimrichtungen bei ihrer Kleinheit erheblich beein- trächtigt wurde. Es liegt also wohl die Möglichkeit vor, dass das Stäbehen eine Kette von (zwei bis drei) mehr oder weniger deutlich getrennten Körnchen darstellt. 606 K. W. Zimmermann: Das Stäbchen liegt fast überall annähernd in der Zellaxe, wie das Flächenbild, welches in jeder Zelle das Stäb- chen, zu einem Punkt projieirt, erkennen lässt, zeigt. Das Ge- bilde liegt ausnahmslos ganz in der Nähe der Ober- fläche, ja, es berührt sie in vielen, wenn nicht in den meisten Fällen, unmittelbar. Doch was bedeutet dieses Stäbehen? Wir haben bisher gesehen, und werden noch in vielen andern Fällen finden, dass, wo immer Centralkörper in Epithel- zellen nachweisbar sind, dieselben zwischen Kern und freier Zell- oberfläche und in vielen Fällen der letzteren mehr oder weniger nahe liegen, dass ferner, falls sie als Diplosoma auftreten, die Axe desselben annähernd mit der Zellaxe zusammenfällt. Ver- gleichen wir unsern jetzigen Fall hiermit, so kommen wir zu dem bestimmten Schluss, dass in dem gegliederten Stäbehen eine aus unbekannten Gründen mangelhaft differenzirte Central- körpergruppe zu sehen ist. In den Fällen, in denen das Stäbehen die Oberfläche un- mittelbar berührt, konnte ich, wenn die äusseren Verhältnisse günstig lagen, sehr häufig von dem oberflächlichen Stäb- cehenende aus, einen äusserst feinen Faden frei in das Lumen hineinragen und dort endigen sehen. Derselbe war überall gleich dick, gerade oder doch nur leicht gebogen, und etwa um die Hälfte oder etwas mehr länger als das Stäbchen. Die Färbung stimmte mit derjenigen des Prötaplasmas überein. Das Gebilde gehört zu den optisch schwierigsten Objeeten. Die Chancen, dasselbe trotz seines Vorhandenseins zu übersehen, sind daber sehr gross. Ich sagte, dass man nicht in allen Fällen das Stäbehen die freie Zelloberfläche berühren sieht. Nach reif- licher Erwägung aller Befunde glaube ich diese Fälle so er- klären zu müssen, dass hier an der Zelloberfläche Sekret im Be- griffe ist, auszutreten, dass aber die schon ausgetretene Sekret- masse, deren Oberfläche gegen das Lumen des Ausführungsganges hin stets scharf erscheint, noch zu gering ist, als dass man sie von dem Zellleib bestimmt abgrenzen könnte, dass also in Wirk- lichkeit das Stäbehen doch noch mit der eigentlichen Zellober- fläche in Berührung: steht, zumal das betreffende Stäbchenende nie unter dem Niveau des Kittleistennetzes liegt und bei Ver- grösserung des ausgetretenen Sekrettröpfehens deutlich mit der nun besser erkennbaren Zelloberfläche in Contakt steht. Bis jetzt Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 607 gelang es mir nicht, an solchen secernirenden Zellen den be- schriebenen „Aussenfaden“ (so können wir ihn nennen) nachzu- weisen. Ob ich ihn einfach übersehen, oder ob er etwa einge- zogen worden ist, oder gar verloren gegangen, vermag ich nicht zu entscheiden. Ueber die muthmaassliche Bedeutung des Ge- bildes überhaupt werde ich mich erst in der Schlussbetrachtung auszusprechen haben. Noch muss ich erwähnen, dass ich in einigen Fällen von dem basalen Ende des Centralstäbehens deut- lich einen weiteren Faden („Innenfaden*) abgehen gesehen zu haben glaube, der, die Richtung des Stäbchens innehaltend, sich im Protoplasmagerüst verlor. An seinem Vorhandensein glaube ich um so weniger zweifeln zu müssen, als er, wie wir sehen werden, bei gewissen Epithelzellen der Niere ausnahmslos an- getroffen wird. Die, wie gewöhnlich, nur am Drüsenlumen liegenden Kitt- leisten waren überall deutlich zu. erkennen, weshalb ich ein- fach auf die hierher gehörenden Figuren 32—55 und 38, 39 verweisen kann. Wie bei den Speicheldrüsen, verhelfen sie uns hier zur riehtigen Erkenntniss der Lage der feinsten Sekret- gänge. Ich habe sorgfältig sämmtliche Gänge eines Präparates, in dem die Kittleisten überall gut gefärbt waren, geprüft: nirgends vermisste ich die letzteren. Einige Male glaubte ich in der fast sekretfreien, dritten Zone der Drüsenzellen im Pankreas des Hingerichteten feine, kittfreie, also binnenzellige Gänge zu sehen; sie haben sich aber stets als in Reihen liegende Maschen des Protoplasmagerüstes erwiesen. Demnach muss ich beim Pankreas binnenzellige Sekret- gänge entschieden in Abrede stellen. In Fig. 57 habe ich sämmtlich vorhandene Sekretgänge einer zu einem Schaltstück gehörenden Tubuligruppe aufgezeichnet, schwarz ausgemalt und so künstlich ein Golgipräparat dargestellt. Das Bild stimmt ganz mit den z. B. von Laserstein!) ge- gebenen Figuren (z. B. Fig. 7 auf Tafel VIII) überein, kein einziger der Gänge liegt ‚jedoch in-einerrZiehle, "da alle ausnahmslos Kittlinien in ihrer Wand aufweisen. Bemerken möchte ich noch, dass ich Sekretvacuolen nir- 1) S. Laserstein, Ueber die Anfänge der Absonderungswege in den Speicheldrüsen und im Pankreas. Arch. f. d. gesammte Physiol. Bd. 55. 1895. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd, 52 40 608 K. W. Zimmermani: gends beobachtete. Ebensowenig habe ich etwas von basalen Zellen gesehen. Für das Fehlen der letzteren spricht auch der Umstand, dass das Epithel der Ausführungsgänge einschichtig ist. 7. Die Leber. Mit Fig. 40. Auf der Versammlung der anatomischen Gesellschaft zu Basel habe ieh über die Architeetur der Leber vorgetragen. Der Hauptinhalt meines Vortrags war der Nachweis, dass die An- ordnung der Gallencapillaren in ausgedehnten Netzen mit ge- schlossenen Maschen eine ganz regelmässige Einrichtung ist, dass man ferner im Allgemeinen drei Zonen in den Läppehen zu un- terscheiden hat: eine eentrale Zone mit radiär stehenden, unter sich nur hier und da zusammenhängenden Gallencapillarnetzen mit kleinen, nur je eine Zelle enthaltenden Maschen ; sämmtliche in den Maschen desselben Netzes steckenden Zellen bilden Zell- ebenen (Zellmauern) von mehr oder weniger grosser Ausdeh- nung die nur sehr spärlich von Bluteapillaren durchbrochen werden; eine intermediäre Zone mit weniger reichlichen, nur eine Zelle enthaltenden Maschen, dagegen vielen, durch die auch je eine Blut- capillare geht; und eine periphere Zone, in der wiederum fast aus- schliesslich engmaschige, je nur eine Zelle enthaltende Gallen- capillarnetze die Regel sein die jedoch so unter sich verbunden sind, dass man in zwei auf einander senkrecht stehenden Schnittriehtungen Gallencapillarnetze, resp. zusammenhängende, von Blutcapillaren nur spärlich durchbrochene Zellebenen von mehr oder weniger grosser Ausdehnung beobachtet. Ich habe diese Anordnung der Leberzellen mit einem Wabenwerk verglichen, in dessen Lu- mina die hier fast ausschliesslich radiär verlaufenden Bluteapil- laren stecken. Meine Untersuchungen sind noch nicht ganz ab- geschlossen. Ich werde daher über dieselben in einer anderen Arbeit berichten. Für jetzt möchte ich nur auf die viel ventilirte Frage: „ob die Gallencapillaren eine besondere Wand haben oder nicht“ etwas näher eingehen. Bekanntlich stützen sich die Vertheidiger einer besonderen Wand der Gallencapillaren auf die Isolirbarkeit derselben. Diese kann man gerade so gut in der Weise deuten, dass eine ober- flächliche Exoplasmaschicht eine etwas derbere Consistenz be- sitze als das übrige Protoplasma und deshalb der Zerstörung grösseren Widerstand entgegensetze. Das beste Mittel, die lei- Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 609 dige Frage aus der Welt zu schaffen, wäre der Nachweis von Zellgrenzen, resp. Kittleisten, welche entweder den Leberzellen oder besonderen, diesen aufliegenden und die Gallencapillarwand zusammensetzenden Zellen anderer Art angehörten. Rudolph Krause geht in einer Arbeit über die Wirbeltbierleber!) auf die Frage nach Zellgrenzen ein. Seine Ansicht geht aus folgenden beiden Stellen hervor: Pag. 71 (Kaninchen): „An sehr vielen Stellen sieht man in ihr ein ganzes Netz feiner Linien, ähnlich wie bei Lacerta. Dass es sich hier nicht mehr um Zellgrenzen handelt, wie in dem interlobulären Gang, ist auf den ersten Blick zu erkennen, denn dazu sind die Netze viel zu engmaschig.“ Und pag. 76 (Hund): „Die so modifieirten Grenzschiehten be- nachbarter Leberzellen verschmelzen in ihrer Peripherie mit ein- ander und formiren so ein Rohr, die Gallencapillarwand. Diese Verschmelzung scheint überall eine sehr innige zu sein, da sich Trennungslinien, welche einer etwa vorhandenen Kittsubstanz ent- sprächen, nicht nachweisen lassen.“ Dieses negative Resultat der Untersuchungen Krause’s?) und meine günstigen Befunde bei den Sekretgängen der Speicheldrüsen ete. veranlassten mich, auch bei der Leber die Kittfrage in Angriff zu nehmen. Gleich das erste Präparat, welches ich von gut fixirter Katzenleber anfertigte, und dessen Differenzirung, wenigstens für die fraglichen Verhältnisse, den richtigen Grad erreicht hatte, entschied die Frage in einwandsfreier Weise: Bei allen Quer- 1) R. Krause, Beiträge zur Histologie der Wirbelthierleber. Erste Abhandlung: Ueber den Bau der Galleneapillaren. Arch. f. mikr. Anatomie. Bd. 42. 1893. 2) Th. Cohn will aus den Worten Krause’s, dass man an sehr vielen Stellen der Gallencapillarwand ein ganzes Netz feiner Linien sehe, entgegen der bestimmten Ansicht Krause’s, dass es sich hier nicht mehr um Zellgrenzen handele, da die Netze viel zu engmaschig seien, absolut herauslesen, dass Krause die Kittleisten doch gesehen, aber nicht erkannt habe. Das ist sicher nicht der Fall, da die Kitt- leisten sich so verhalten wie die Gallencapillaren: bilden die Letzteren keine Maschen, so thun dies auch die Kittleisten nicht, bilden sie da- gegen Maschen, in denen je eine Zelle steckt, so verhalten sich die Kittleisten ebenso, d. h. die betr. Zelle ist von zwei parallelen und nirgends unter sich zusammenhängenden, aber in sich zurücklaufenden Kittleisten, welche die eine halbe Gallencapillare darstellende und sie vollständig umziehende Rinne begrenzen, also von einem Kittleisten- maschenpaar umgeben. 610 K. W. Zimmermann: schnitten der Gallencapillaren wurde der Contour der- selben von so viel feinen, blauschwarzen Pünktchen unterbrochen, als Leberzellen sich an dem Aufbau der- selben betheiligen, d. h. gewöhnlich von zweien. Die Pünktchen entsprachen regelmässig genau den Zell grenzen. Beim Arbeiten mit der Schraube blieben die Pünktchen, falls der Contour deutlich blieb, ebenfalls scharf; sie mussten somit Querschnitte von Fäden, d.h. Kittleisten sein. Hierauf gelang es mir auch, die Kittleisten an allen Längsansichten der Kanälchen deutlich zu erkennen, ja, ich wurde auf die Letzteren in den meisten Fällen erst durch die dunklen und scharf hervortretenden Kittleisten aufmerksam ge- macht. Sal ich quer getroffene Kanälchen in längsverlaufende über- gehen, so geschah auch regelmässig dasselbe mit den Kittlinien. Ich habe nachher das Gleiche bei verschiedenen anderen Säugethieren und beim Menschen eonstatiren können. Das mensch- liche Material stammte von einem achtjährigen Kinde, wurde aber der Leiche erst einen Tag nach dem Tode entnommen. Da machte ich denn dieselbe Beobachtung wie bei der Submaxillaris: die Wände der Sekretgänge färbten sich schwarzblau, so dass sie ungemein deutlich hervortraten, dass aber von Kittlinien nur an wenigen, stärker entfärbten Stellen etwas zu erkennen war. Erst bei etwas stärkerer Differenzirung erhielt ich auch an an- deren Stellen brauchbare Bilder. Aus allem geht also hervor, dass die Gallencapillaren aus einzelnen Theilen bestehen, die durch Kittleisten mit einander verbunden sind und in jeder Beziehung mit den betreffenden Leberzellen correspondiren, d. h. als Bestandtheile derselben und nicht als besondere Bildungen aufzufassen sind. Mit anderen Worten: die Gallencapillaren sind zwischenzellige Sekretgänge, welche im Allgemeinen mit den bei anderen Drüsen ge- fundenen übereinstimmen. Nur ist das ganze Sekretgangsysten mit seinen Netzen und einmündenden Sekretvacuolen ein viel complieirteres als bei irgend einer anderen Drüse. Wir werden Jedoch sehen, dass Anastomosen zwischen Nachbargängen und sogar plumpe Maschenbildungen auch bei den Fundusdrüsen des Magens vorkommen. Es gelang mir noch nicht, das Mikrocentrum der Leberzellen aufzufinden, wohl aber sah ich in dem Epithel der stärkeren inter- Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 611 lobulären Gallengänge in jeder Zelle je ein kleines Stäbchen mit der freien Oberfläche in Contact stehen, ganz wie bei den Ausführungsgängen des Pankreas. Eine von dem Stäbchen aus- gehende und über die freie Oberfläche vorragende Geissel ver- mochte ich jedoch noch nicht nachzuweisen. 8. Die Fundusdrüsen des Magens!'). Mit Fig. 41—71. I. Pferd. Mit Fig. 41—45. Als ich zur Complettirung meiner Demonstrations-Sammlung Schnitte von mit Sublimat fixirter Schleimhaut aus der Fun- dusregion des Pferdemagens anfertigte, fiel mir zunächst die enorme Dicke der Schleimhaut und dementsprechend die Länge der Drüsenschläuche auf, die vonEllenberger undHofmeister‘®) auf 2—3 mm angegeben und von Oppel?) als die beträchtlichste unter allen bei Säugern bekannten erklärt werden. Mit den Elienberger’schen Angaben contrastirt jedoch die beigefügte Zeichnung (in Oppel’s Werk wiedergegeben auf Seite 338) ganz enorm. Ich nehme deshalb an, dass die Zeichnung als Schema gedacht ist; doch auch als ein solches ist sie nicht sonderlich dazu geeignet, die Verhältnisse beim Pferde klar zu machen. Wenn die Zellen der Schläuche nicht annähernd den Charakter der Belegzellen trügen, würde man annehmen können, die Ab- bildung sollte Diekdarmschleimhaut darstellen. Die von Sappey abgebildeten, grossen Fundusdrüsen (Oppel’s Werk pag. 334, Fig. 239) zeigen Verästelungen (wovon die Ellenberger- sche Zeichnung nichts aufweist) und lassen erkennen, dass die einzelnen Aeste und auch Einzelschläuche in sehr verschiedener Höhe endigen, erreichen aber bei weitem nicht die Durchschnitts- länge der Schläuche, welche sich in der Mitte des der grossen Curvatur entsprechenden Fundusregionsabschnittes befinden. Da ich jedoch nur die Schleimhaut dieser Gegend untersucht habe, 1) Die einschlägigen Präparate dieser Mittheilung wurden auf der 79. Jahresversammlung der Schweizer. naturforschenden Gesell- schaft am 3. August 1896 in Zürich demonstrirt. 2) Ellenberger und Hofmeister, Ueber die Verdauungssäfte und die Verdauung des Pferdes. Arch. f. wissenschaftl. und prakt. Thierheilkunde Bd. IX. 1883. 3) A. Oppel, Vergl. mikrosk. Anat. I. Der Magen. 189. 612 K. W. Zimmermann: kann ich nicht entscheiden, welchem anderen Abschnitte die Sappey ’sche Abbildung entsprieht. Wie man gleich sehen wird, lässt sowohl die Ellenberger’'sche wie auch die Sappey’sche Abbildung eine Eigenthümlichkeit vermissen, welche, von einem einzigen Falle beim Hunde und vereinzelten beim Menschen ab- gesehen, bisher von mir nur beim Pferde beobachtet und für dieses als ganz besonders charakteristisch erkannt wurde. Es fiel mir nämlich bei der Betrachtung des ersten Schnittes, der nieht absolut genau parallel zu den Tubuli geführt war, auf, dass häufig von einem Schlauche ein mehr oder weniger kurzer Seitenschlauch abging, der direct gegen die Oberfläche gerichtet war, während das übrige Schlauchstück und eventuell andere Zweige gerade gegen die Muskularis abwärts verliefen. Ich nahm nun anfangs an, dass dieser rückläufige Seitenschlauch sich von gewöhnlichen Verästelungen nur durch den abnormen Verlauf unterscheide. Als ich jedoch möglichst gut orientirte Schnitte untersuchte, stellte es sich heraus, dass diese rückläufigen Zweige sich oft durch das ganze Gesichtsfeld annähernd parallel mit dem Hauptschlauch verfolgen liessen, ohne dass sie in dem betr. Schnitt ein Ende erreichten. Ja, es gelang, theils einige in demselben Schnitt, theils die übrigen durch graphische Recon- struction bis zu einem Magengrübehen und zwar meist zu dem- selben, von dem auch der Hauptschlauch ausging, zu verfolgen und den Zusammenhang des Schlauchepithels mit dem Grübchen- epithel zu eonstatiren. Mit anderen Worten: Zwei oder auch drei gleichwerthige benachbarte Drüsenschläuche können sich in der der Muscularis zu gelegenen Schleimhauthälfte vereinigen. Aus der Vereinigungs- stelle können gleich viele oder mehr oder weniger Schläuche hervorgehen. Diese letzteren können alle oder theilweise, entweder verzweigt oder einfach sich wieder vereinigen oder mit Nachbarschläuchen in Ver- bindung treten etc. Ich habe beobachtet, wie zwei Schläuche sich fünfmal vereinigt und wieder getrennt haben und nebenher noch mit anderen mehrmals in Verbindung getreten sind. Auf diese Weise entsteht ein Netzwerk oder Balkenwerk, das sich aber nur in der der Muscularis zusekehrtien Schleimhauthälfte (gewöhnlich jedoch nur ?/,) als ganz regelmässige Erscheinung zeigt. Es stehen jedoch nicht Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 615 alle Schläuche miteinander in Verbindung, sondern immer nur grössere oder kleinere Gruppen, die bald mehr rundlich, bald mehr platt sind. Die Maschen des Balkenwerks sind in die Länge gestreckt und sehr verschieden gross. Die kleinste Masche, die ich beobachtete, war etwa so weit wie die Dieke des Kernes einer Belegzelle, dass also nur etwa eine Blutcapillare passiren konnte. Es fragt sich nun, handelt es sich bei den Vereinigungen von Schläuchen nur um äussere Anlagerung oder auch um Commu- nication der Drüsenlumina, oder kommen etwa beide Möglich- keiten vor? An diekeren Schnitten, welche eher gestatten, mehrere vollständig geschlossene Maschen oder doch reichlichere Knoten- punkte auf einmal zu sehen und sich daher für die allgemeine Örientirung besser eignen, war es kaum gut möglich, diese Fragen in jedem Falle vollständig zu lösen. Ich stellte mir deshalb eine geschlossene Längs-Schnittserie (ich meine längs zu den Drüsen- schläuehen) von 5 u Schnittdicke her, und zwar von einem 2 mm breiten, mit Hämatoxylin und Eosin gut durchgefärbten Stück (Aufklebung mit diekflüssigem Nelkenölecelloidin ohne Aether und Alkohol), um etwa auch eine plastische Reconstruetion an- fertigen zu können. Ich suchte mir nun möglichst in einem Schnitt geschlossene Maschen oder doch deutliche Knotenpunkte auf, was bei den verhältnissmässig dünnen Schnitten seine Schwierigkeiten hatte, zumal es ja hauptsächlich auf die Lumina ankam. Doch da es sich um durchaus ganz regelmässige Er- scheinungen handelte und der Zufall mir günstig war, so gelang es mir, in den meisten Schnitten, in einzelnen Fällen sogar in ein und demselben Gesichtsfeld mehrere durchaus klare und ein- wandsfreie Stellen aufzufinden, die beweisen, dass auch die Lumina ineinander übergehen (s. Fig. 42). Wir haben also hier Zustände, welche wir bis zu einem gewissen Grade mit denjenigen in der Leber der Amphibien ver- sleichen können. Ob aneinander gelagerte Schläuche mit Verschmelzung, aber ohne Lumenübergänge beim Pferde vor- kommen, kann ieh mit Sicherheit bis jetzt nieht entscheiden; gesehen habe ich jedenfalls dergleichen nicht. Beim Hunde, bei dem ich auch nach den geschilderten Verhält- nissen gefahndet habe, fand ich bis jetzt eine einzige derartige Stelle. Es handelt sich um ein Golgi-Präparat, und zwar um einen Quer- 614 K. W. Zimmermann: schnitt der Tubuli. Hier (s. Fig. 47) hingen zwei Nachbarschläuche nur vermittelst einer einzigen Belegzelle mit einander zusammen. Dass es sich hier nieht etwa nur um ein Andrängen des einen Schlauches an den anderen handelte, war daraus zu ersehen, dass von den geschwärzten, binnenzelligen Sekretgängen statt eines, zwei schwarze Fäden ausgingen, die je mit der ge- schwärzten Sekretmasse in einem der beiden Drüsenlumina zu- sammenhingen. Wir haben also hier die überraschende That- sache, dass eine einzige Belegzelle ihr Sekret in zwei, im Uebrigen von einander getrennte Drüsenschläuche ergiesst! Wenn man auch (beim Pferde) in einem diekeren Schnitte an manchen Stellen ziemlich reichlich Knotenpunkte und schöne, geschlossene Maschen finden kann, so ist es doch klar, dass man verhältnissmässig eine nur ganz kleine Zahl der wirklich vor- handenen Maschen, nämlich die gerade in der Schnittebene liegen- den, zu Gesichte bekommt, während weitaus die meisten in anderen Ebenen liegen und daher durchschnitten werden. Um mich nun über die Reichlichkeit der Maschen und Knotenpunkte über- haupt zu orientiren, suchte ich ein Modell von einer Tubuligruppe anzufertigen. Theoretisch geschlossen, musste es schwierig er- scheinen, die verhältnissmässig doch dünnen und diehtgedrängten Schläuche in den aufeinander folgenden Schnitten immer richtig auf einander zu beziehen. Doch in praxi liess sich dies leicht bewerkstelligen, so dass ich für Genauigkeit der Recon- struction (durchaus garantiren kann. Als „Definirlinien“ be- nutzte ich die innere Begrenzungslinie der Museularis mucosae, welche ich genau an die Grenze des Gesichtsfeldes schob, ferner grössere oder kleinere Blutgefässe zwischen den äusseren !) Drüsenenden und der Museul. muc., sowie bindegewebige, Muskel- faserbündel enthaltende Streifen zwischen den einzelnen Schlauch- gruppen. Diese genügten bei der geringen Breite der Schnitte vollständig. Ich suchte mir nun für den Anfang der Reconstruc- tion einen Schnitt aus, der möglichst zusammenhängendes Maschen- werk und lange Tubulistücke enthielt. (Aus diesem Schnitt ist Fig. 42 entnommen, welche sich auch in der nach dem Modell entworfenen Zeichnung, Fig. 41a oben links an der sehr 1) Als „inner-“ bezeichne ich alles, was der Schleimhautober- fläche, als „äusser-“ alles, was der Peritonealoberfläche näher liegt. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 615 engen Masche sofort wieder herausfinden lässt.) Ich zeichnete nur das auf, was ich nach Herausschieben der inneren Oberfläche der Museularis mucosae an die Grenze des Gesichtsfeldes sehen konnte. Das entsprach im Maximum ziemlich genau ?/, der ganzen Drüsenschicht (bis zum Grunde der Grübchen gerechnet), was vollständig genügte, da innen von dieser Zone, wenigstens im Bereich des reconstruirten Bündels, Verbindungen zwischen den Sehläuchen nicht vorhanden waren (hier und da finden sich noch solche bis zur Mitte der Drüsenschicht, darüber hinaus habe ich keine beobachtet). Als Material zum Modelliren benutzte ich entsprechend dicken Carton. Die einzelnen Stücke wurden mit kleinen Flach-, Rund- und Winkelmeisseln ausgestochen. Ich zeichnete zunächst aus einer Anzahl von Schnitten alle Tubuli der betreffenden Gruppe, schnitt aber nur die aus, welehe mit den im Anfangsschnitt verbundenen Tubuli mittelbar oder unmittel- bar und untereinander in Zusammenhang standen. In dieser Weise fuhr ich fort, so dass ich schliesslich alle in einem Bündel nach irgend welcher Richtung hin zusammenhängenden Röhrchen mit allen Knoten, Maschen und blind endigenden Seitenästen im Modell erhielt. In dem vorliegenden Beispiel handelt es sich nur um acht Schläuche, welche mit einander theilweise so reich- lich in Verbindung getreten sind, dass es, wie die Figuren 41a und b zeigen, bei den meisten der aus dem Maschenwerk heraus- tretenden Tubuli nicht mehr möglich ist, zu sagen, zu welchen Anfangstubuli sie gehören. Die blinden Endstücke reichen sehr ungleich weit herab. Nur zwei gelangen in die Nähe der Mus- cularis mucosae. Diese sind ungleich viel reichlicher verzweigt als die weiter oben endigenden. Auch sind die blinden Enden etwas erweitert, so dass man von „Endkammern“ sprechen könnte. Ueberhaupt nehmen die Tubuli nach aussen ganz all- mählich etwas an Dicke zu. Die mit Endkammern versehenen Abschnitte treten nicht mehr in Verbindung mit einander. Eine genauere Besprechung des Modells ist wohl bei der Klarheit der Zeichnungen überflüssig. Nur folgende Daten möchte ich noch angeben: Die ganze an und für sich doch kleine Gruppe enthält elf vollständig geschlossene Maschen und zwanzig Knotenpunkte. In zwei Knoten gehen zwei Schläuche hinein!) und kommen drei 1) Das Hineingehen und Herausgehen ist in der Richtung nach der Muscularis mucosae gemeint. 616 K. W. Zimmermann: wieder heraus; bei dem Einen derselben vereinigen sich die Letz- teren sogleich wieder zu einem Knoten, um dann wieder in zwei Schläuche zu zerfallen. An zwei Knoten gehen drei Schläuche hin- ein und kommen zwei heraus. An einem Knoten gehen drei hinein und kommen auch wieder drei heraus. An sieben Stellen ver- einigen sich zwei Tubuli und kommt nur einer heraus. Es tritt somit schliesslich eine Reduction der Drüsenzahl ein, so dass, wie schon gesagt, schliesslich nur zwei bis ganz herab reichen. Der Vollständigkeit halber gebe ich hier noch einige Punkte über das Pferd an, welche zum Theil die Angaben Ellenberger’s und Hofmeisters bestätigen, zum Theil ergänzen. Schon bei schwächeren Vergrösserungen erkennt man in der Schleimhaut, abgesehen von der Muscularis mucosae und einer dünnen, diese von den Drüsenfundi trennenden Bindegewebsschicht vier, durch ihre Färbungsintensität und ihre Breite von einander ziemlich scharf geschiedenen Zonen, welche, wie man bei stärkerer Ver- grösserung erkennt, durch die Verschiedenheit der Zellcharaktere einzelner, bei allen Schläuchen annähernd gleich langer Ab- schnitte bedingt sind. Demnach hat man folgende Schleimhaut- schichten, resp. Drüsenabschnitte zu unterscheiden: 1. Sehicht der Magengrübcehen, 2. Schicht der Drüsenhälse (dunkel gefärbt), 3. Schicht der Schaltstücke (ganz hell), 4. Sehicht der Drüsenkörper (dunkel), an der man noch vier nicht so scharf getrennte Unterabtheilungen machen könnte: a. Schicht frei von Knotenpunkten (Anastomosen), b. Schieht arm an Knotenpunkten und geschlossenen Maschen, e. Schicht reich anKnotenpunkten und geschlossenen Maschen, d. Schicht der Endkammern. Nach meinen Erfahrungen beträgt die Gesammtstärke der Fundusschleimhaut 3 bis 3,5 mm (nach der Fixation aber vor der Einbettung gemessen). Das von mir zur Reeonstruetion benutzte Stück mass 3 mm, die 5 u dicken Sehnitte davon dagegen nur 2,75 mm. Die Differenz kommt von dem Zusammenschieben der Schnitttheilchen in der Richtung der Messerführung her. Man sollte daher, wenn man in einer be- stimmten Richtung verlaufende Organe ete. im Schnitt messen will, den Block so einspannen, dass die Richtung der Messer- führung auf der Verlaufsrichtung der zu messenden, langgestreckten Gebilde senkrecht steht, da dann die Verkürzung nicht in der Länge, sondern in der Dicke eintritt, was wohl in den meisten Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 617 Fällen weniger von Belang ist. Ich hatte dies versäumt, musste daher alle aus dem Schnitt gewonnenen Längsmasse umrechnen. Es verhielten sich natürlich die Schnittzahlen zu den wirklichen Werthen wie 2,75:3. In Wirklichkeit ergab sich demnach: KarDieke’der grübcehenhaltigen Sehieht 977.9. 77, 0,25 mm Zu DielkeiderDrüsenhälsschicht.? N 2 73 R2070,11 3. Dicke der schaltstückhaltigen Schicht resp. Länge Benvpchalistücke, ren 1, ET ” 2Mickeider Drüsenkörperschicht. u... Aa TE 5. Dieke einer minimalen Bindegewebsschicht rischen Dräsen" und -Muskulaturt va Der 2297.20 Besssehiehtder Müseularıs mueosser 77272027016, also Gesammtdicke der Schleimhaut . . . le IR Tour, Dieke der gesammten Drüsenschicht inel. Grübehen EN Alle Zahlen, wohlvermerkt, mit Correetion der Schnittver- kürzung. Was nun die Dicke und den Charakter der einzelnen Drüsenabschnitte betrifft, so ergiebt sich in Kürze Folgendes: Biekeder Drusenhälse ..... ua 22.5. 12:5 Dis-18,75.u ” ar ey. u. 2a ee ZUR 0,0 Zellen niedriger als in den Grübehen und dunkel gefärbt; keine deutlichen Anzeichen von Sekretion; Belegzellen nur ganz ver- einzelt. Verzweigungen finden in den Tiefen der Grübehen und in den Anfängen der Hälse statt. In einem Falle zählte ich auf ein Hauptmagengrübchen 13 fertig getheilte Drüsenhälse, resp. Drüsenschläuche überhaupt (nicht einbegriffen die Verzweigungen der Drüsenkörper). Bieker den S chaltstücke.,2 227, 233.1..2.25;0:bi8435,0 Hu Ienengallein ns... Spk Se ae 10,05 Das weiteste Lumen aller Abschnitte. Keine Hauptzellen, nur eubische, ganz helle Schleimreaktion zeigende Zellen mit dieht an die Basis gedrängten Kernen. Belegzellen sehr reichlich vorhanden, stellenweise mehrere ununterbrochen anein- ander stossend; etwas kleiner und weniger an der Peripherie der Schläuche prominirend als in den Drüsenkörpern; nehmen auch meist breit an der Bildung der Lumen theil. Keine Ver- zweigungen oder Seitensprossen, dementsprechend auch keine Knotenpunkte und Maschen. 618 K. W. Zimmermann: Diekeider Drüsenk örper! 1.2920 IHR d. h. an Stellen gemessen, wo keine Belegzellen vorspringen. Grösster Durchmesser, Belegzellen einbegriffen. . . . 3T,0Ou Lumen weiter als bei den Drüsenhälsen, aber viel enger als-bei den Schaltstücken = .» +1..22..2.%:, , „EB. 0 KeineSchleimzellen,nurHauptzellen mit fast mittelständigen Kernen. Sehr reichliche Belegzellen, besonders an der Uebergangsstelle der Schaltstücke in die Drüsenkörper und in dem benachbarten Abschnitte der letzteren. Von da ab nimmt ihre Zahl etwas ab, doch bei den einzelnen Schläuchen sehr ungleich. So findet man nebeneinander Schläuche mit grösseren belegzellen- freien Parthieen und solche mit sehr vielen Belegzellen. Die letzteren prominiren im Allgemeinen mehr als in den Schaltstücken, doch können einzelne auch wohl mehr in einer Flucht mit den Haupt- zellen stehen und mit einem längeren in der Längsrichtung des Tubulus sieh erstreekenden, im Uebrigen aber schmalen Streifen an der Begrenzung des Lumens theilnehmen, ein Verhalten, welches man natürlich nur an Längsschnitten deutlich sehen kann. Dieke der Endkammern (nur bei den wenigen, ganz herabreichenden, am Ende kurz, aber zuweilen etwas reichlicher ver- zweigten Schlauchenden einigermassen ausgeprägt) maximum 45 u äusserstes beobachtetes Lumenmaximum . . . 2... ..15u Belegzellen regelmässig vorhanden, doch weniger als in den übrigen Theilen der Drüsenkörper. Knotenpunkte und Maschen habe ich, was ich hier noch einmal betonen will, nur in der eigentlichen Drüsenkörperschieht beobachtet (Genaueres siehe weiter oben). Häufig finden sich mehr oder weniger kurze Fortsätze, die aus verhältnissmässig wenigen Zellen gebildet werden, und in die auch eine Lumen- abzweigung hineingeht (hierher gehören eigentlich auch die „Endkammern“). Sie enthalten regelmässig Belegzellen, besonders an dem blinden Ende. Fragen wir uns nun noch, wie wohl die Bildung des Knoten- und Maschenwerks in der Drüsenkörperschicht entstanden sein mag, so lehrt der Fall beim Hunde, dass es mög- lich ist, dass fertige, benachbarte Schläuche sich (wohl besonders zunächst durch Belegzellen) berühren und dann mit einander ver- schmelzen können. Wäre dies aber der gewöhnliche Modus, dann müsste man auch Stellen finden, wo zwei oder mehrere Schläuche Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 619 auf grössere Strecken hin mit einander verschmolzen wären, was ich jedoch nie beobachtet habe. Ich denke mir dagegen die Entwicklung so vor sich gegangen, dass in der Zeit, wo die Drüsenkörper auswuchsen, sich verzweigten und auch Seitenäste trieben, dies in nicht regelmässiger Weise vor sich ging, so dass eine grosse Zahl (sowohl Haupt- als Seitenschläuche) mit ihren Enden auf vorausgeschrittene Haupt- oder Seitenzweige benach- barter Tubuli gestossen und mit diesen verschmolzen sind und zwar derart, dass auch stets die Lumina in Verbindung mit ein- ander traten (wenn sich die Lumina nicht überhaupt erst später gebildet haben, nachdem das Balkenwerk fertig oder doch zum Theil fertig war). Unbedingt muss dieser Entwicklungsmodus obgewaltet haben in den ganz gewöhnlichen Fällen, wo ein Tubulus sich gabelt und die beiden Gabeläste nach kürzerem oder längerem Verlauf sich wieder zu einem einzigen Rohr vereinigen, was sich an ein und demselben Rohr öfter abspielen kann, oder wenn zwei Rohre sich vereinigen, aus dem Knotenpunkt drei Rohre hervor- gehen, diese sich wieder verbinden, und daraus wieder nur zwei Schläuche oder gar nur einer hervorgehen. Diese Ansicht wird auch noch dadurch unterstützt, dass in dem Bereiche der Drüsen- hälse und der Schaltstücke, wo ich Seitenästehen überhaupt nicht beobachtete, auch keine Knotenund Maschen vorhanden sind. Ich habe mit concentrirter Salzsäure versucht die Schläuche aus fixirtem Material zu isoliren, was auch an und für sich gut ging, aber deshalb unklare Präparate ergab, weil die Schläuche so reichlich zusammen hingen, dass man einzelne dieke Bündel erhielt, an welchen Details nicht mehr zu erkennen waren. Riss man diese auseinander, so erhielt man meist wohl einzelne Schläuche, welche mit mehreren Ausläufern versehen waren, von denen man aber nicht bestimmt sagen konnte, ob sie blind endigten oder mit Nachbarschläuchen zusammenge- hängt hatten. Trotzdem erhielt ich einige gute Ansichten von Schläuchen, welche sich theilten, und deren Theilstücke sich wiedervereinigten, was an einigen Tubuli mehrmals vorkam. II. Die Sekretgänge der Belegzellen in Golgi-Präparaten. Mit Figur 46 —51. Bekanntlich sind von E. Müller die Sekretgänge der Belegzellen entdeckt und weiterhin von Golgi, von Brunn, 620 K. W. Zimmermann: Langendorff und Laserstein und vom Entdecker weiteı untersucht worden. E. Müller und Golgi waren der Ansicht, dass das korbähnliche Sekretgangsystem die Belegzelle umspinne. Demnach würde also auf der Oberfläche der Zelle ein mehr oder weniger complieirtes Rinnensystem ausgearbeitet sein, welches schliesslich durch einen zwischen den Hauptzellen verlaufenden Gang mit dem Lumen des Drüsenschlauches zusammenhinge. Nun, wenn diese Gänge nur sich da fänden, wo die Belegzellen an die Hauptzellen stossen, dass sie also vollständig von, wenn auch verschieden funetionirenden Epithelzellen begrenzt würden, so wäre gegen die Möglichkeit dieser Ansicht nichts einzuwenden. Nun wissen wir aber, dass die Belegzellen an der Peripherie der Drüsenschläuche so stark vorspringen können, dass sie mit einem verhältnissmässig nur kleinen Abschnitt ihrer Oberfläche die Hauptzellen berühren, und dass somit der grösste Theil der Oberfläche mit der Membrana propia, d. h. also mit unbelebter, quellbarer und verdaubarer Substanz in Berührung steht. Da nun aber bei manchen Thierformen (z. B. besonders bei Nagern) die durch die Golgi-Methode erhaltene schwarze Masse ein allseits geschlossenes, zum Theil recht engmaschiges Körb- chen darstellt, so müssten die betreffenden Sekretgänge auf der einen Seite von der secernirenden Zelle, auf der anderen Seite direkt von der unbelebten Substanz der Membrana propria be- grenzt werden, diese letztere also der zerstörenden Wirkung des Sekretes direet ausgesetzt sein. Es würde sich also das Sekret überallhin in der Peripherie der Drüsenschläuche verbreiten und die Ernährung der Drüsenzellen so sehr beeinträchtigen, dass die ganzen Drüsenmassen gleich bei der ersten Sekretion hätten zu Grunde gehen müssen. Aus dieser Betrachtung geht hervor, dass die Sekretgänge unmöglich an der Oberfläche der Belegzelle liegen können. Aus dem gleichen und noch anderen Gründen ist die Ansicht von Conrad Stein!) (eitirt nach dem Neapeler zoolog. Jahresbericht), dass das flüssige Sekret längs feinster Binde- gewebsfasern, welche sich bis zu den zwischenzelligen Drüsen- gängen zwischen den adelomorphen Zellen erstrecken sollen, in 1) „Ueber das Verhalten des Bindegewebes zu den Delomorphen- zellen der Magendrüsen.“ In: Mitth. Embry. Inst. Wien. V. Heft pag. 32—98. 1892. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien 621 das Drüsenlumen hineinsickere, dass also die zarten Fasern gleichsam die Leitfäden für die in einer jeden Belegzelle be- reitete Sekretmenge vorstellen, entschieden zurückzuweisen. Es lag demnach von vornherein nur die Möglichkeit vor, das Sekret- sangsystem, soweit es nicht zwischen Epithelzellen liegen konnte, in den Zellleib hinein zu verlegen. Auf diese Ansicht hätte man um so eher kommen müssen, als ja längst Kupffer nachge- wiesen hat, dass im Innern der Leberzellen sich die Galle in Vacuolen ansammelt, und von diesen durch je einen in dem Zell- leib verlaufenden, kurzen, feinen Gang zur Oberfläche gelangt und hier in eine Gallencapillare einfliesst, was ja auch von ver- schiedenen Seiten durch die Golgi-Methode bestätigt worden ist. Ferner ist es längst bekannt, dass bei vielen niederen Thieren die Drüsenzellen ein zum Theil recht complieirtes Sekretgang- system im Zellleib besitzen hönnen, an dem man zuweilen sogar leicht eine besondere Wand erkennen kann. Als Beispiel habe ich die Drüsen von Phronima an die Spitze der Arbeit gestellt. Nun haben in letzter Zeit Langendorff und Laserstein!) über die fraglichen Verhältnisse bei Hund, Katze und Kaninchen (auch bei Frosch und Salamander) gearbeitet. Sie kamen zu dem Schluss: „dass es sich, wenn nicht immer, 80 doch in der weitaus grössten Zahl der Fälle um Kanälchensysteme handelt, die innerhalb des Zellleibes gelesen sind. Ent- scheidend für diese Auffassung erscheint uns der meistens gelin- gende Nachweis, dass um das ganze, durch seine dunkele Fär- bung scharf gekennzeichnete Gebilde ein deutlich erkennbarer, bald mehr, bald minder breiter Rand von verästelungsfreier Zell- substanz liegt. Lägen die Endkörper pericellulär oder selbst nur in den alleräussersten Protoplasmaschichten, so wäre ein solches Bild unmöglich.“ Sie geben dazu eine Abbildung. Dass sie ihren Befund nicht als prineipielle Verhältnisse aufgefasst haben, zeigt die Bemerkung: „wenn nicht immer, so doch in der weit- aus grössten Zahl der Fälle.“ Auch Stöhr lässt in der neuesten Auflage seiner Histo- logie beide Möglichkeiten (der pericellulären und intracellulären Lage der Sekretgänge) zu. 1) ©. Langendorff und S. Laserstein, Die feineren Abson- derungswege der Magendrüsen. Pflügers Archiv für die gesammte Physiologie Band 55. 1594. 022 K. W. Zimmermann: E. Müller, der anfangs, wie schon bemerkt, nur peri- eellulären Verlauf annahm, schliesst sich in seiner neueren Arbeit!) Langendorff und Laserstein an, wie aus folgender Stelle hervorgeht: „Was die Lage der Sekreteapillaren zu den Zell- leibern betrifft, so fand ich solche theils pericellulare, theils in Uebereinstimmung mit den Untersuchungen von Langendorff und Laserstein wirklich intracellulare.“ Um die Frage nach der Lage der Sekretgänge endgültig zu lösen, war es nothwendig, die Contouren ete. des Zellleibes und des Zellkernes so deutlich zu machen, dass man die Lage- beziehungen der geschwärzten Sekretmassen zu der Zelloberfläche und zu dem Kern sowie zu den Nachbarzellen sicher feststellen konnte. Um dies zu erreichen, musste ich zunächst gleichmässige und dünne Schnitte herstellen, was nur durch Einbetten der Stücke in Paraffin möglich war. Dann musste ich, ohne dass die Resul- tate der Golgi-Methode irgendwie alterirt wurden, Kerne und Zellleiber bestimmt mit Contrastfärbung darstellen, was ohne Fixirung der Silberchromatniederschläge unmöglich war. Diese wurde durch Schwefelammonium und in letzter Zeit durch Kochsalz bewerkstelligt (Genaueres siehe in der Einleitung). Nach der Fixation wurde in verdünntem Delafield'schem oder Böhmer'schem Hämatoxylin so lange gefärbt, bis die Kerne eben kräftig und scharf hervortraten. Dann wurde mit ganz dünner Eosin- oder noch besser Säurefuchsinlösung nachgefärbt, bis die Belegzellen einen deutlichen, wenn auch nieht sehr kräf- tigen Ton angenommen hatten. Ich verfahre bei der Eosin- färbung neuerdings mit Erfolg auch so, dass ich nur eine ge- sättigte Lösung von Eosin in Carbol-Xylol herstelle, davon ein kleines Quantum mit dem gleichen Theil reinen Carbol-Xylols vermische und in diese Flüssigkeit die Schnitte aus absolutem oder 96°/,igem Alkohol übertrage, wodurch die Schnitte sowohl aufgehellt als auch mit Eosin gefärbt werden. Etwaige Ueber- färbungen werden dann je nach dem Grade durch kürzeres oder längeres Liegenlassen in reinem Carbol-Xylol beseitigt. Dann Canadabalsam, Deckglas. Nun wurden mit mittlerer Vergrösserung die günstigen Stellen aufgesucht und gleich mit apochromatischer OÖelimmersion (Seibert) genau untersucht. Ich benutzte Mate- 1) E. Müller, Ueber Sekreteapillaren. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 45. 1895 pag. 463. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 623 rial von einem Dachshund, der eine Stunde vor seinem Tode gefressen hatte, und von einer in ganz ausgehungertem Zustand mir überbrachten, halbwüchsigen Katze, deren ganzer Darm- tractus vollständig leer war. Die Anordnung der Sekretgänge zeigt zunächst bei Hund und Katze deutliche Unterschiede, wie sie auch Langendorff und Laserstein angegeben haben, und sie jetzt auch von E. Müller zugegeben werden, nämlich beim Hunde mehr oder weniger reichliche Verästelungen, nur ausnahmsweise mit Quer- verbindungen, bei der Katze, vollständiges Gelingen der Reaction vorausgesetzt, regelmässig schönes Maschenwerk. Sehr schön konnte ich die von Golgi angegebenen Unterschiede zwischen den Bildern, die man im Verdauungszustande, und denjenigen, die man während des Hungerns erhält, beobachten: in Fig. 47 bis 51 (Hund im Verdauungszustande) sieht man die Sekretfäden verhältnissmässig diek, woraus man auf reichliche Sekretion schliessen darf, während in Figur 46 (Katze im Hungerzustande) die Sekretfäden viel dünner sind, so dass hier eine geringe Se- kretion angenommen werden muss. Um nun die Frage, die ich mir gesteckt hatte, zu lösen, suchte ich mir zwei Arten von Zellan- sichten auf: solche, bei denen der Kern und der mit dem Hauptlumen zusammenhängende Hauptstamm des geschwärzten Sekretbäumchens in einer Ebene lagen, und solehe, bei denen die Zellaxe, welche un- gefähr mit der Axe des Bäumehenstammes zusammenfällt, auf der Schnittebene senkrecht stand. Da nun der Kern im Allgemeinen bei den Thieren in der Axe der Zelle liegt, so stellte ich auf das Kernkörperehen scharf ein, wobei ich auch scharf die Zellgrenzen erkennen konnte. Es war jetzt sehr leicht zu sehen, ob das Sekretbäumehen, resp. Körbehen im Protoplasma oder ausserhalb der Zelle lag. Es konnte kein Zweifel darüber bestehen, dass sämmtliche feinste Sekretgänge (Sekretbäum- ehen und Körbehen) im Protoplasma im Allge- meinenineiner mittleren, zwischen Kern und Zelloberfläche befindlichen Schicht lagen, wie aus den Figuren 46 und 48—51 deutlich hervorgeht. Hier und da sah ich allerdings auch einzelne Theile ziemlich nahe an den Kern, resp. an die Oberfläche treten. Nirgends fand ich auch nur eine Stelle, welche so hätte gedeutet werden können oder müssen, dass die Gänge, wenn auch nur streekenweise Archiv f, mikrosk. Anat. Bd. 52 41 624 K. W. Zimmermann: zwischen Zelle und Membrana propria verliefen. Man könnte noch einwenden, dass an den mir zugekehrten oder an den von mir abgewendeten Zelloberflächen pericelluläre Gänge hätten vor- handen sein können, und dass an solchen Stellen das Erkennen der Lage fast unmöglich sei. Dem ist indessen zu entgegnen, dass, wenn ich bei der von mir gewählten Einstellung, also bei der Untersuchung desjenigen Zellenschnittes, der sämmtliche Punkte der Zelloberfläche enthält, welehe die Gesichtslinie an- nähernd als Tangente berührt, ausnahmslos bei jeder Zelle, welche Lage sie auch im Präparat eingenommen haben mag, den ange- gebenen Befund erhielt, ich annehmen durfte, dass derselbe auch für die ganze Zelloberfläche und für alle Belegzellen gültig sei. Ob ausserdem noch besondere Gänge zwischen den Belegzellen und den Hauptzellen vorhanden seien oder nicht, konnte ich an den Golgi- Präparaten nicht mit absoluter Sicherheit entscheiden. Gesehen habe ich zwar dergleichen bei Hund und Katze bis jetzt nicht, aber es wäre nicht ganz ausgeschlossen, dass durch die schwarzen Massen, besonders durch den dieken, das Bäumchen, resp. Körb- chen mit der Ausfüllungsmasse des Hauptlumens verbindenden Stamm die erwähnten, möglichen Gänge verdeckt wurden. Wir werden im folgenden Kapitel sehen, dass solche zwischenzelligen Gänge, beim Menschen wenigstens, in der That existiren. Zum besseren Verständniss der Figuren muss ich bemerken, dass nur die Theile der geschwärzten Sekretmassen, welche bei der eben angegebenen Einstellung scharf erscheinen, schwarz und scharf begrenzt gezeichnet sind, während alle übrigen Parthieen um so heller und verschwommener dargestellt sind, je weiter dieselben von der das Kernkörperehen enthaltenden Ebene entfernt lagen; dadurch versuchte ich den Abbildungen eine gewisse Per- spective zu verleihen. Il. Die Befunde an nach der Eisenhämatoxylin- Methode behandelten Präparaten, besonders vom Menschen. Mit Fig. 52—11. Nachdem ich, wie im vorigen Kapitel berichtet wurde, nachge- wiesen hatte, dass man beim Hunde und bei der Katze an fixirten und nachgefärbten G ol gi-Präparaten deutlich erkennen kann, dass die Sekret-Bäumchen und -Körbehen innerhalb des Zellleibes der Belegzellen und nicht pericellulär gelegen sind, erübrigte es Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 625 noch, an gut fixirten, nicht nach Golgi behandelten, sondern mit der Eisenhämatoxylinmethode, welche sich bei den Speichel- drüsen so vorzüglich bewährt hat, gefärbten Präparaten zu unter- suchen, ob man nicht auch auf diese Weise die Sekretgänge in der Zelle, ihre Beziehungen zu dem Hauptdrüsenlumen, und wie sich dieselben zu dem Stöhr’schen Fortsatz verhalten, erkennen könne. Denn da die Verzweigungen der Sekretgänge innerhalb der Zellleiber liegen, und da ich ferner niemals zwischen dem mit dem Ausguss des Hauptdrüsenlumens zusammenhängenden Stamm des geschwärzten Bäumehens und den benachbarten Haupt- zellen auch nur eine Spur von den Belegzellen angehörenden Protoplasmamassen gefunden habe, da ich ferner — auch bei Querschnitten dieses Stammes — denselben nie hohl gesehen habe, so lag die Frage nahe, ob denn überhaupt dieser Stöhr’sche Fortsatz existire, ob er ein Theil des Protoplasmas sei oder nicht, oder was es überhaupt für eine Bewandtniss mit ihm habe. Da ich nun gerade vorzüglich conservirtes Material von dem schon erwähnten Hingerichteten zur Hand hatte, so wollte ich die noth- wendigen Untersuchungen gerade an diesem vornehmen. Da es eben nicht häufig ist, dass man gutes, menschliches Material er- hält, so dürfte es wohl angebracht sein, dass ich, bevor ich zur Schilderung der Sekretwege schreite, eine allgemeine Charakte- ristik der Zellen der einzelnen Drüsenabschnitte voraus schicke. Bei dieser Gelegenheit werde ich auch das, was ich von Central- körpern gesehen habe, mittheilen. Die Schleimhaut des betreffenden Stückes ist 1,2 mm dick (leider vermag ich nicht anzugeben, aus welcher speciellen Stelle des Fundus dasselbe entnommen ist, doch glaube ich aus der Dieke der Schleimhaut und aus der Tiefe der Grübehen schliessen zu dürfen, dass es aus einer Gegend stammt, welche nicht allzu weit von der intermediären Zone entfernt ist). Wir haben beim Pferde gesehen, dass die Fundusdrüsen sehr deutlich in 4 Ab- schnitte zerfallen, welche durch die Zelleharaktere sich unter- scheiden lassen. Bei der Untersuchung des menschlichen Mate- rials stellte es sich heraus, dass hier ganz dieselben Abschnitte mit annähernd den gleichen Zellcharakteren zu unterscheiden sind. Bei der folgenden Schilderung der einzelnen Abtheilungen werde ich die Belegzellen ganz unberücksichtigt lassen, da ihnen ein besonderer Abschnitt gewidmet werden soll. 626 K. W. Zimmermann: 1. Die Magengrübehen. Ob dieselben noch zu den Drüsen zu rechnen sind oder nieht, ist eine Frage, die keine besondere Bedeutung hat. Jeden- falls ist ihr Epithel von dem auf der Höhe der Leisten, welche die Grenzen zwischen den Nachbargrübehen bilden, im Allge- meinen nicht verschieden. Die Epithelzellen der Magenoberfläche und des grössten benachbarten Grübchenabschnittes sind schmal und hoch, aber lange nicht so hoch, als sie v. Kupffer!) m seinem Fall 1 abbildet. Eher würden seine Abbildungen vom Magen eines Hingerichteten (Fig. 8 und 9) dieselben Höhenver- hältnisse zeigen. Die basale Hälfte jeder Zelle ist dunkler ge- färbt als die andere und enthält den ellipsoidischen Kern. Nur hie und da findet sich einer, welcher an der der freien Ober- fläche ‘näher liegenden Seite leicht eingedrückt ist. Die der freien Oberfläche zu gelegene Hälfte ist ganz hell, jedoch nicht structurlos. Zunächst erscheint der die freie, mehr oder weniger stark vorgewölbte Zelloberfläche begrenzende, scharfe Contour etwas dunkler als das Uebrige, doch lässt sich eine Cutieula, wie sie v. Kupffer nur bei dem Magen Nr. 3 (also unter 9 Fällen einmal) gefunden hat, nieht nachweisen. In ungenügend entfärbten Präparaten bemerkt man bei Anwendung apochroma- tischer Oelimmersion in dem ganzen Abschnitt eine äusserst feine Körnelung. Hat man jedoch diese durch eben genügende Entfärbung beseitigt und hat man sich eine Stelle ausgewählt, bei der man eine grössere Zahl von hellen Zellenhälften im (Querschnitt vor sich sieht, so bemerkt man, wenn man auf die freie Oberfläche der Zellen eingestellt hatte, ein schönes, mit sechseckigen Maschen versehenes Kittleistennetz, das hier von Bonnet zuerst gesehen worden ist. Schraubt man nun ganz vorsichtig tiefer, so sieht man plötzlich mehr oder weniger gleichzeitig genauinder Mitte eines jeden Sechsecks ein scharfes, minimales, schwarzes Pünktchen, und fallsman besonders gut zum Mikroskopiren disponirt ist, nach kürzerer oder längerer Betrach- tung in einiger Entfernung um dieses Pünktchen herum einen Kreis (eigentlich Kugelschale) von blassge- 1) ©. Kupffer, Epithel und Drüsen des menschlichen Magens. Festschrift d. ärztl. Vereins. München 18853. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen urd Epithelien. 627 färbten, weiterenallerfeinsten Pünktchen, welche ehen- ander); Grenze der.sichtharkeit liegen (s. Fig. 53a). Der Durchmesser des Kreises beträgt ungefähr den dritten Theil des kürzesten Durchmessers des Zellquerschnittes. Betrachtet man nun, nachdem man sich so von dem regel- mässigen Vorhandensein dieses eigenartigen Systems überzeugt hat, längsgetroffene Epithelzellen (s. Fig. 52), so findet man auch hier bald das gleiche Bild, jedoch mit dem Unterschiede, dass man in den meisten Zellen anstatt eines Pünktchens zwei erkennt, die mehr oder weniger weit von einander ent- fernt sind, doch so, dass ein gewisses Maximum der Entfernung nicht überschritten wird. Das ganze System liegt im Allgemeinen in der Mitte des betreffenden Zellabschnittes, doch habe ich in vereinzelten Fällen dasselbe auch wohl ganz nahe dem basalen Ende des Abschnittes gesehen, aber nur in tieferen Theilen des Magengrübehens (Fig. 56 a und db). Ich glaube regelmässig einen sehr feinen Verbindungsfaden zwischen beiden Körperchen ge- sehen zu haben. In anderen Fällen schien eine Verbindung zwar vorlıanden, aber verschwommen zu sein. Einige Male liess sich der Verbindungsfaden über das basale Körnchen hinaus basalwärts gegen den Kern zu verfolgen. Das Pünktchenpaar ist stets so orientirt, dass die Verbindungslinie beider in der Zellaxe liegt. Aus diesem Grunde kann man auch in Zellquer- schnitten nur ein einziges Pünktchen erkennen, da beide Körn- chen sieh einander decken. Ich glaube mit vollem Recht diese so regelmässig vorhandenen Körnchen als die Gentral- körperderEpithelzellenbezeichnen zu dürfen, obscheon dieselben mittenın dervonSekreter- füllten Zellhälfte liegen. Und zwar finden wir meist ein typisches Diplosoma oder auch wohl und zwar in dem tieferen Theile der Magengrübchen hier und da nur einen ein- zigen Centralkörper. Wir werden wohl nicht fehl gehen, wenn wir annehmen, dass die Zellen mit einem Cen- tralkörper junge Tochterzellen sind; zumal in der Gegend, wo sie sich finden, häufig Zelltheilungen zu beobachten sind. Der erwähnte Körnchenkranz dürfte wohlals das van Beneden’sche Körnerstratum aufzufassen sein. Wir haben also hier Verhältnisse, welche mit den bei den grossen Zellen der Thränendrüse beschriebenen eine ge- 628 K. W. Zimmermann: wisse Aehnlichkeit haben, nur dass die Centralkörper dort stäbehenförmig sind. Es geht auch aus der Schilderung hervor, dass der helle Zellabschnitt nieht ausschliesslich ein Schleim- pfropf ist, der ausgestossen wird, wonach die Zelle wie ein ent- leertes Becherglas aussehen würde sondern dass ein feines, wahr- scheinlich eontractiles Protoplasmagerüst, das das Mikrocentrum der Zelle enthält, die ganze schleimhaltige Zellhälfte durchsetzt. Die Sekretion müssten wir uns dann ganz ähnlich denken wie bei der Thränendrüse: Contraetion des centrirten Protoplasmagerüstes und dadurch Heraustreten des Schleimes. Ob dabei die Con- traction an der freien Zelloberfläche beginnt wie bei der Thränen- drüse, vermag ich noch nicht zu entscheiden. Gegen den Grund der Magengrübchen hin nimmt allmäh- lich die helle Zellhälfte an Grösse, wenn auch nur allmählich, ab. Der Centralkörper, resp. das Diplosoma hält immer die Mitte des genannten Zellabschnittes ein, rückt also der Ober- fläche allmählich näher. Nun treten auch hie und da und zwar in der Gegend, wo Zellen mit einem einzigen Centralkörper zu finden sind, Kerntheilungsfiguren auf: sehr schön sieht man im ausgebildeten Monasterstadium die Spindel mit dem tiefschwar- zen Polkörperchen (s. Fig. 55), welehe mir etwas grösser und deutlicher zu sein scheinen, als die Centralkörper der ruhenden Zellen. Eigenthümlich ist, dass bei mit Bordeauxroth vorgefärb- ten Präparaten die Spindel deutlich röthlich gefärbt ist, während das übrige Protoplasma lilagrau aussieht. Auch sonst hebt sich die Spindel gegen das Protoplasma so scharf ab, dass es aussieht, als ob das ganze Gebilde wie ein Fremdkörper in der Zelle stecke, Weiter ist von Interesse, dass bei den sich theilenden Zellen in keinem Stadium der helle Abschnitt fehlt, dessen Existenz wir doch auf Sekretansammlung, wenn auch nicht auf einen einzigen homogenen Sekretklumpen zurückführen müssen. Allerdings ist das helle Feld etwas kleiner und zwar ungefähr so gross als die Hälfte des gleichen Feldes der ruhenden Nachbarzellen. Es geht daraus hervor, dass eine secernirende Epithelzelle auch noch in, wenn auch nicht vollständig geladenem Zustande sich theilen kann, also sich ihres Sekrets nicht vollständig zu entledigen braucht. Nun, dies kann uns ja nicht in Verwunderung setzen, da wir ja reichlich mit Dotter beladene, embryonale Zellen sich ungehindert teilen sehen. Von besonderem Interesse scheint mir Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 629 ferner der Umstand zu sein, dass, wo ich auch immer einen Monaster oder Dyaster mit Spindel sah, die Spindelaxe stets senkrecht auf der Zellaxe stand: eine Beobachtung, welche übri- gens schon bekannt ist. Betrachtet man die Fig. 55, so sieht man die Spindel, resp. die Polkörperchen in einer Zone liegen, welche die Mitte inne- hält zwischen der Kernzone und der Mikrocentrenzone. Diese höhere Lage der Kerntheilungsfiguren ist zwar ebenfalls nichts Neues, doch dürfte der Grund hierfür wohl erst jetzt zu erkennen sein: er liegt in der weiten Entfernung des Mikro- Gentzums: vom Kerne in.der, ruhenden Zelle, ‚Da eine mitotische Theilung ohne Betheiligung des, resp. der Cen- tralkörper ausgeschlossen ist, so müssen also beide zusammen kommen. Da das Diplosoma auch mit der freien Zelloberfläche durch das Protoplasmagerüst verbunden ist, kann es nicht ein- fach zum Kern wandern, um die Theilung einzuleiten;- wohl ist aber wegen der Dehnbarkeit der Verbindung wit der Oberfläche wenigstens ein Entgegenkommen bis zu einem gewissen Grade möglich. Das Zusammenkommen wird, wie wir wohl annehmen dürfen, durch Contraction des das Mikrocentrum mit dem Kern verbindenden Abschnittes desProtoplasmagerüstes, der wahrschein- lich in der Zellaxe sich vor der Wanderung noch verdichtet (wenn ich die Zustände in den Zellen der Fig. 56 richtig deute), bewerkstelligt. Während früher also die absonderliche Lage der Kerntheilungsfiguren uns sehr befremdlich erscheinen musste, ist dieselbe jetzt, da wir die Lage des Mikrocentrums kennen, in einfacher und ungezwungener Weise zu erklären. In dem 9 mm langen und 5 u dieken Schnitte zählte ich 155 Zellen mit Kerntheilungsfiguren. Dem entsprechend fanden sich auch zahlreiche absterbende Zellen in verschiedenen Stadien des Schwundes. Man erkennt diese leicht an der intensiven Fär- bung; sie werden schliesslich immer schmäler und schmäler. Stets aber kann man eine dunklere, basale und eine helle, gegen die freie Oberfläche gerichtete Hälfte erkennen. Die letztere stellt einen leeren Schlauch dar, welcher an der freien Seite offen ist (s. Figur 55 links). Der grosse Unterschied in der Höhe der Zellen der Magenoberfläche und der Grübehen bei den einzelnen Fällen, welche v. Kupffer untersuchte, ist sehr sonderbar. Auf besondere Sekretionszustände der Zellen selbst ist das wohl kaum 630 K. W. Zimmermann: zurückzuführen. Vielmehr glaube ich den Grund auf reichliche Zellproliferation in den Grübchen bei geringem Absterben auf der Höhe der Leisten und im oberen Theile des Grübehenepithels zurückführen zu müssen, wodurch die Zellen sich zusammendrängen und sowohl schmäler als auch höher werden. Man muss jedoch auch an die Möglichkeit denken, dass durch Contraction der glatten, in der Tuniea propria gegen die Oberfläche ausstrahlenden Muskelfasern einähnlicher Effekt erzielt werden kann. Die von Stöhr gezeichneten Epithelzellen der Grübehen (Drüsenausgänge; Fig. 1 der Stöhr’schen Arbeit) stimmen im Wesentlichen mit den von mir abgebildeten überein. Fig. 43a und b stellt das Oberflächen resp. Grübehen- epithel des Pferdes dar. In Fig. 43a (Flächenansicht, Cen- tralkörperzone) erkennt man deutlich die Centralkörper in der Mitte der Zellenquerschnitte. Doch fand ich auch viele Zellen, m denen das Diplosoma ganz excentrisch lag, was ich beim Menschen nie beobachtete. Auffallend ist, dass die Zellen ausser durch Kittleisten noch durch Intercellular- brücken, welche, wie in Fig. 43b abgebildet ist, auf der Höhe von Längsleisten stehen können, mit einander verbunden sind. Die Längsleisten hängen mit einander wieder durch schwächere Querleisten zusammen. Meist ist jedoch das Längsleistensystem nieht so bestimmt ausgeprägt, so dass das Gesammtbild ein mehr unregelmässiges ist. Nachdem ich diese Verhältnisse beim Pferde constatirt hatte, untersuchte ich nochmals das menschliche Material daraufhin und sah auch thatsächlich an Flachschnitten des Epi- thels etwas Aehnliches, aber viel undeutlicher. Es müsste dem- nach in Fig. 53a in der Mitte der dunklen Streifen, welche die hellen Felder begrenzen, noch eine feine, helle, vielfach unter- brochene Linie, die Summe der Intercellularlücken, dargestellt sein. Als ich die Zeichnung anfertigte, hatte ich die Lücken noch nicht gesehen. 2. Die Drüsenhälse. Die Zellen des den Magengrübehen zunächst liegenden Drüsenabschnittes des Drüsenhalses (oder inneren Sehaltstücks?) sind nur Modifieationen des Grübehenepithels. Die Zellen der Magengrübehen gehen allmählich in diejenigen der Drüsenhälse über, d. h. sie werden allmählich niedriger und breiter, bis sie schliesslich ungefähr halb so hoch und um die Hälfte breiter ge- Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 631 worden sind, als die Oberflächenepithelzellen. Die ziemlich be- stimmte Grenze zwischen dem dunklen und hellen Abschnitt der Oberflächenzellen verwischt sich immer mehr, so dass schliesslich ein Bild entsteht, wie wenn gewissermassen eine vollständige Vermengung der in beiden Abschnitten liegenden Substanzen ein- getreten wäre, d. h. der Zellleib zeigt in allen Theilen auf hellem Grunde durchweg ein unregelmässiges, dunkleres Netz- werk. Der Kern ist noch gross und rund und liegt der Basis nabe. -Das Mikrocentrum ist allmählieh. immer mehr gegen die Oberfläche gerückt und hat in den niedrigsten Zellen diese fast erreicht. Eine besondere Protoplasmastructur in dessen Umgebung konnte ich nicht wahrnehmen, doch schien mir in vielen Fällen etwas mehr von der dunkleren Gerüstsubstanz des Zellleibes angehäuft zu sein. Am Ende dieses Drüsenabschnittes rückt das Diplosoma wieder von der Zellobertläche fort, der Zellmitte zu. Das Kitt- leistennetz zeigt nichts Besonderes. 2: Die S:chaltstücke: Der so von mir beim Pferd und beim Menschen bezeichnete, in allen Fundusdrüsen beobachtete Abschnitt ist länger als der von Rollet „äusseres Schaltstück* genannte Theil und stinnmt deshalb mit demselben nicht überem. Ueberhaupt habe ich weder bei Stöhr noch bei Kupffer eine Andeutung gefun- den, aus welcher hervorginge, dass die von ihnen beschriebenen Fundusdrüsen einen Abschnitt besessen hätten, dessen Zellen den noch näher zu schildernden Charakter aufwiesen. Auch in der Zusammenstellung von Oppel kann ich nichts dergleichen finden. Zunächst fällt auf, dass die Kerne am Ende des Drüsenhalses schnell niedriger werden und an der der freien Oberfläche zuge- kehrten Seite eine Delle bekommen, welche schon an der Nach- barzelle so tief ist, dass der Kern derselben, von der Seite ge- sehen, halbmondförmig erscheint (s. Fig. 57, Uebergang des Halses in das Schaltstück und Fig. 58). Diese Kernform findet sich jedoch nur bei den allerdings in grosser Mehrzahl vorhandenen Zellen, deren Basis durch die so zahlreich hier vorkommenden Belegzellen eingeengt ist. Bei an der Basis nicht verschmälerten Zellen erscheint der Kern platt an den Boden gedrückt (Fig. 59 links und Fig. 61). 632 K. W. Zimmermann: Das eigentliche Schaltstück beginnt mit der ersten Zelle, die . einen abgeplatteten Kern hat. Die Zellen dieses Abschnittes charakterisiren sich noch folgendermaassen: Sie sind höher und breiter als im Halse, aber niedriger als im Magengrübchen. Der Zellleib ist ganz hell, mit einem sehr feinen, spärlichen Ge- rüstwerk durchsetzt. Der Kern färbt sich meist ganz schwarz. Die Centralkörper (Diplosoma) glaube ich hierin der Mitte der Zelle zu sehen in einer kleinen, nur wenig dichteren Protoplasmaanhäufung (s. Fig. 58, 59 links, 60 links); es ist aber sehr schwer und in den meisten Fällen unmöglich, dieselbe bestimmt zurecognoseiren, da hie und da in dem Gerüstwerk noch andere minimale schwarze Körn- chen vorkommen, die aber augenscheinlich nichts mit Central- körpern zu thun haben. Diese Zellen zeigen also ganz den Charakter der Schleimzellen der Schleimdrüsen, zumal sie sich auch mit gewissen basischen Anilinfarben stark färben. Aller- dings beobachtete ich nie Andeutungen einer concentrischen An- ordnung des Protoplasmagerüstes, um das muthmassliche Mikro- centrum herum, wie ich sie an den Schleimzellen der Submaxil- laris gesehen. Trotzdem stehe ich nicht an, die beschrie- benen Zellen für wirkliche Schleimzellen zu er- klären. Das Kittleistennetz besitzt etwas in die Länge ge- streckte Maschen. 4. Die Drüsenkörper. Der Uebergang der Schaltstücke in die Drüsenkörper ist ein allmählicher. Dies beruht jedoch nicht darauf, dass die Zell- form des einen Abschnittes allmählich in diejenige des andern übergeht, sondern darauf, dass zwischen den hellen Zellen mit an die Basis gedrängtem Kern unvermittelt Zellen auftreten, welche sich deutlich von ihnen unterscheiden (s. Fig. 59 und 60) und deren Charakter in dem Hauptdrüsenabschnitt überall der gleiche ist, während die erstere Zellart an Zahl immer mehr abnimmt und bald ganz aufhört. Diese neue Zellform (es sind die Hauptzellen) unterscheidet sich von den Zellen des Schalt- stückes (also den Schleimzellen) auf den ersten Blick dadurch, dass der Zellleib dunkler ist; dass er ein grobes, mit kleinen, rundlichen Maschen versehenes Gerüstwerk enthält; dass an der Basis, zwischen ihr und den Kern und in dessen seitlicher Umgebung Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 633 eine mehr gleichmässige, dunkle, gegen das Gerüst nicht ganz scharf, aber doch ziemlich deutlich abgegrenzte Protoplasmamasse mit ange- deuteter, auf der Basis senkrecht stehender Streifung erkennbar ist; dass ferner der Kern stets rundlieh ist und sich dicht an der Grenze zwischen der dunklen, streifigen, basalen Protoplasmamasse und dem engmaschigen Protoplasmagerüst befindet. Also ein Bild, das mit den serösen Zellen der serösen und gemischten Speichel- drüsen eine gewisse Aehnlichkeit hat. Wir werden schliesslich noch ein anderes wichtiges Unterscheidungsmerkmal kennen ler- nen, wenn wir die Sekretwege besprechen. Nirgends habe ich auch nur eine Andeutung von Uebergängen der Schaltstückzellen, d. h. der Schleimzellen in die Hauptzellen beobachtet. Ich kann mir deshalb nicht denken, dass die beiden Zellformen verschiedene Funktions- stadien der gleichen Zellenart sein könnten. Es war mir nieht möglich, in den Hauptzellen irgend etwas von Centralkörpern wahrzunehmen. Es ist jedoch kein Grund vorhanden, daraus das Fehlen dieser Gebilde abzuleiten. Das unruhige Bild der Zellstruetur mit zahlreichen, feinsten, schwarzen Körnchen im Protoplasmagerüst machte mir das Unter- scheiden der Centralkörper eben unmöglich. Wie die Figuren 64, 65, 66 zeigen, sind die Maschen des Kittleistennetzes ganz schmal und langgestreckt. Sie bilden gewöhnlich annähernd Rechtecke, was auffällig ist, da man sonst regelmässig Sechsecke findet. Kupffer berichtet in seiner Arbeit, dass er in zwei Magen (Nr. 4 und 6 seiner Arbeit) Drüsenschläuche gefunden habe, die nur Schleimzellen enthielten. Ich habe die- selbe Beobachtung gemacht, aber nur ein einziges Mal einen sol- chen Schlauch gesehen, obgleich ich etwa 40 Schnitte darauf- hin durchmustert habe. Ich kann jedoch daraus keinen Schluss auf die Häufigkeit solcher Bildungen in der ganzen Fundusregion ziehen, da ich nur ein kleines Stückchen untersucht habe. Die Zellen waren ganz hell und zeigten den an die Basis gedrängten Kern, wie ich dies von den Schaltstücken beschrieben habe. Einmal fand ich auch einen Schlauch, der nur aus Zellen vom Charakter derjenigen des Drüsenhalses bestand, nur waren diese etwas breiter und höher. Die Umgebung enthielt reich- licher Leukoeyten als gewöhnlich. 634 K. W Zimmermann: Die Belegzellen und die Sekretwege. Die Ersteren hatten die gleiche Verbreitung, wie sie Stöhr angiebt und in seiner Figur 4 und in seinem Lehrbuch abbildet. Ich fand sie also auch hier und da in den Grübchen, aber nicht über die mitosenhaltige Region hinaus. Häufig waren sie in den Hälsen, am häufigsten in den Schaltstücken. Von da nehmen sie wieder gegen den Drüsenfundus hin ab, so dass dieser Drüsen- theil bald mehr, bald weniger oder gar keine mehr enthielt. In den Grübehen waren die Zellen, wie auch Stöhr angiebt (Fig. 1 seiner Arbeit) schmal pyramidenförmig, reichten aber stets bis zur Oberfläche des Epithels. In den Hälsen wurden sie breiter und niedriger (s. Figur 57, welche zwar den Uebergang des Halses in das Schaltstück darstellt). In den Schaltstücken be- gann das Gesammtvolumen der Belegzellen zuzunehmen, zeigte aber deutliche Schwankungen (vergl. Figur 60 mit 61). Sowohl in den Hälsen wie in den Schaltstücken und auch noch in dem Anfange der Drüsenkörper nahmen die Belegzellen meist breit an der Begrenzung des Lumens theil, dabei konnte die freie Oberfläche genau in der gleichen Flucht mit derjenigen der übrigen Epithelzellen liegen (Figur 59, 61 und 62, annähernd auch noch Figur 57 und 58), oder aber in einer leichten Ver- tiefung (Figur 60), letzteres besonders im Uebergang der Schalt- stücke in die Drüsenkörper. An der Basis konnten die Beleg- zellen ebenfalls mit den Nachbarzellen in der gleichen Flucht- linie liegen (Figur 59), oder aber sie sprangen über die Umgebung mehr oder weniger vor (Figur 57, 58, 61). Im den Drüsenkörpern nahm die Grösse im Allgemeinen zu (Figur 67 und 64), doch fand ich auch hier und da kleinere Formen (Figur 65 und 66), wie auch in den Schaltstücken grössere Exemplare. Jedenfalls waren aber die Belegzellen der Drüsenkörper erheblich grösser als diejenigen der Drüsenhälse (vergl. Figur 57 mit 64 bis 67). Zugleich zogen sich die freien Oberflächen weiter vom Lumen zurück, so dass sie schliesslich weitaus in den meisten Fällen an das Ende eines mehr oder weniger langen Kanals zu liegen kamen (Figur 64 bis 66). Das Vorwölben der Basis über die Umgebung hielt damit nicht gleichen Schritt. Jedenfalls sprangen die Zellen im Allgemeinen nur mässig vor im Gegensatz zu den entsprechenden Verhältnissen mancher Thiere. Bisher stimmte meine Beschreibung mit derjenigen Stöhr’s Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 635 ziemlich überein. Wie steht es jedoch mit seinem Fortsatz der Belegzellen im Drüsenkörper, den er in Figur 8 abbildet? Er sagt nämlich pag. 227: „Gegen das Drüsenlumen spitzen sich die Belegzellen zu und laufen m einem schmalen 1,7—5 u messenden Fortsatz aus, der bis zum Drüsenlumen reicht. Der Fortsatz ist heller als die Zelle, nur selten granulirt und färbt sich fast nie mit den die Belegzelle selbst so auszeichnenden Anilinfarben“, mit anderen Worten: Die Belegzellen sollen zwischen den benachbarten Hauptzellen hindurch stets bis zum Hauptlumen reichen, wenn man auch gewöhnlich nichts von dem schmalen Fortsatz zu sehen bekommt, wie auch die Figuren 6, 7, 10 und 16 inStöhr's Arbeit zeigen. Hat Stöhr Recht, dann muss man unbedingt zwischen dem Ende des Fortsatzes, d. h. den Rändern der freien Oberfläche der Belegzelle, die annähernd in der gleichen Flucht wie die freien Oberflächen der Hauptzellen liegen müsste, und den Rändern dieser Flächen der Hauptzellen Kittleisten sehen, selbst wenn man den Fortsatz nicht deutlich erkennen könnte. Dem ist Jedoch nicht so: Die Belegzellen sind zwar ausnahmslos mit den Nachbarzellen, seien es nun Schleim- oder Hauptzellen, dureh Kittleisten verbunden, aber diese Kittleisten finden sich regelmässig im Bereich der deutlich granulirten Zelle. Reicht diese bis zum Hauptlumen, dann liegen die sie mit den Nachbarzellen verbindenden Kittleisten in gleicher Höhe wie das Kittleistennetz der übrigen Zellen (Magengrübchen, Drüsenhals, Schaltstück, eventuell auch noch Anfang des Drüsenkörpers). Beseht der sranulirte!Thenlider Beleg-zelle.j.e- doch nicht deutlich bis zum Hauptlumen und seht dann von dem letzteren ein mehr oder weniger langer Kanal zwischen die Hauptzellen hinein bis zur Belegzelle (der gewöhnliche Be- fund in den Drüsenkörpern), so liegen die frag- lichen Kittleisten am Ende dieses Seitenkanals. Die Kittleisten hängen mit dem oberflächlichen Kittnetz des Hauptlumens stets dureh Kitt- leisten zusammen, welche -die an der Bildung des zur Belegzelle führenden Seitenganges be- theiligten Hauptzellen zusammenkitten (Figur 64 bis 66). Es ist also richtig, dass die Belegzellen stets und ausnahmslos bis an das Drüsenlumen reichen, aber dieses Lumen 636 K. W. Zimmermain: ist in dem Drüsenkörper im Allgemeinen nicht das Hauptlumen, sondern ein von diesem ausgehendes Nebenlumen. Ich habe hier und da beobachtet, dass zwei Belegzellen zusammenstiessen ; stets waren dann dieselben, ob sie nun an das Hauptdrüsenlumen reichten oder nur an einen Nebengang, durch Kittleisten mit einander verbunden. Niemals hingen sie protoplasmatisch zu- sammen, wie es Stöhr angiebt. Die betr. Bemerkung Stöhr's, pag. 228: „Zuweilen vereinen sich die Fortsätze zweier delo- morphen Zellen zu einem, der dann zum Lumen führt,“ sowie die weiter oben eitirte, dass der „Fortsatz“ sich ganz anders färbt, als die Zelle selbst, und ganz besonders das Verhalten der Kittleisten veranlassen mich zu dem bestimmten Schluss, dass der helle Stöhr’sche Fortsatz weiter nichtsals geronnenes Sekret ist, welches den betreffen- den Seitengang des Drüsenlumens ausfüllt, dass somit Edinger!) mit seiner gleichen, längst ge- äusserten Ansicht Recht hat. Ist dies richtig, dann muss man auch an den breit an das Hauptlumen reichenden Be- legzellen austretende und geronnene, mit den Zellen noch ver- bundene Sekretmasse auffinden können. Dies ist auch der Fall, wie Figur 59 lehrt. Man sieht von der Belegzelle einen zungen- förmigen, homogenen Fortsatz ausgehen, der gegen die Magen- oberfläche (sie würde links zu suchen sein) umgebogen ist, also dem allgemeinen Sekretstrom folgt. In der Nähe finden sich einige rundliche Klümpcehen von ganz gleicher Beschaffenheit und gleichem Verhalten den Farbstoffen gegenüber. Es sind die be- kannten, auch von Stöhr angeführten Sekretmassen der Beleg- zellen. Zuweilen beobachtete ich in der Mitte eines Klümpehens ein schwarzgefärbtes, kleines Korn, dessen Bedeutung ich nicht ermitteln konnte. Solche Bilder der noch mit den Belegzellen zusammenhängenden Sekretmassen findet man nicht häufig. Es scheint, dass die Massen durch den allgemeinen Sekretstrom bald von den Zellen abgerissen werden, da die abgelösten Sekret- klümpehen oder Tröpfehen alle ziemlich gleich gross sind und dabei nur geringes Volumen besitzen ?). 1) Edinger, Arch. f. mikr. Anat. Bd. XVII, p. 193. 2) Es ist doch eigenthümlich, dass das Sekret der Belegzellen, die doch Salzsäure liefern sollen, gerinnbar ist. Man müsste daraus den Schluss ziehen, dass die Salzsäure nicht rein, resp. nur durch Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 637 Ist also ein heller, sich anders als die eigentliche Zelle ver- haltender Stöhr’scher Fortsatz an den nur mit einem Neben- lumen in Beziehung stehenden Belegzellen vorhanden (dass das nicht immer der Fall ist, zeigen selbst die Stöhr’schen Abbil- dungen), so haben wir es nur mit ausgetretenen, aber noch mit den Zellen in Zusammenhang stehenden Sekretmassen zu thun. Wir haben gesehen, dass von dem Hauptlumen Nebenlumina zwischen die Hauptzellen hinein zu den Belegzellen dringen, vor- ausgesetzt, dass die letzteren vom Hauptlumen „abgedrängt“ sind. Hiermit ist aber die Complieation des Drüsenlumens noch nicht erschöpft. Man sieht nämlich ganz gewöhnlich vom Ende eines der erwähnten Nebengänge noch feinere Sekretgänge zwischen die betr. Beleg- zelle und die sie berührenden Hauptzellen drin- gen und zwar in der Zahl von 1 bis 3 (Figur 62 und 64—68), Die Länge dieser Gänge kann sehr verschieden sein: zuweilen sind sie sehr kurz (Figur 62a und 66), in anderen Fällen da- gegen endigen sie nicht weit von der Membrana propria (Fig. 65). Auch die Breite ist, wenn auch gering, etwas wechselnd. Die Gänge besitzen das charakteristische Merkmal aller zwischen- zelligen Sekretgänge: Kittleisten in der Wand, und zwar soviel, als sich Zellen an dem Aufbau des Ganges betheiligen. In Fig. 69 (schematisch) ist die das Ende eines Nebenganges ab- schliessende freie Fläche einer Belegzelle (in der Mitte) und sind die sie umgebenden Hauptzellen im Querschnitt dargestellt. Mansieht den die Zellen verbindenden Kittleistenring und die Anfänge von drei der erwähnten zwischenzelligen Sekreteapillaren. Alle sind in Bezug auf die Zahl der sie zusammenzetzenden Zellen (2—-4) verschieden. Die ausnahmslose Gegenwart der Kittleisten lässt Einen auch Ansichten wie in Figur 62a und 67 sofort richtig deuten; es müssen diese Gänge unbedingt zwischen- zellig und nicht binnenzellig verlaufen. Quer- schnitte der betreffenden Gänge müssten demnach wie in den theoretisch construirten Figuren 625 resp. 68 aussehen. Wasser verdünnt ausgestossen wird, sondern gebunden an eine ge- rinnbare Substanz, welche später verdaut wird, so dass die Salzsäure erst in den Grübehen drei würde, da man die Sekretklümpchen bis dahin deutlich verfolgen kann. 638 K. W. Zimmermann: Liegen am Ende eines Nebenganges nicht eine, sondern zwei Belegzellen, so können auch zwischen ‘diese hinein Sekret- capillaren gehen, wie aus den Figuren 45c (Pferd), 64 und 70 (beide Mensch) ersichtlich ist. Aber nicht nur zu Belegzellen, resp. Belegzellen und Haupt- zellen treten zwischenzellige Sekreteapillaren in Beziehung, son- dern auch zu Hauptzellen allein. Diese sind jedoch nicht überall zu sehen, können aber auch sehr zahlreich auftreten. Dies zeigt Fig. 63, das Stück eines Schlauches, der auffallend arm an Belegzellen war. Man sieht, dass die Gänge kurz sind, breit beginnen und meistens spitz zulaufen, wodurch sie sich deutlich von den übrigen zwischenzelligen Sekretcapillaren der Fundusdrüsen, die fast immer am Ende abgerundet sind, unter- scheiden. Diese Sekretcapillaren sind übrigens schon von anderer Seite an Golgi-Präparaten beschrieben worden. Zwischen den Schleimzellen der Schaltstücke konnte ich niemals auch nur eine Andeutung von Sekretgängen entdecken. Wir haben somit in gewissem Sinne bei dem vorliegenden Magen ähnliche Verhältnisse wie bei den gemischten Speicheldrüsen. Was nun den Bau der Belegzellen betrifft, so be- merkte ich an meinen ersten Eisenhämatoxylin-Bordeaux-Präpa- raten vom Menschen, bei denen das Bordeaux möglichst ausge- zogen und die Ditferenzirung so weit getrieben war, dass die Kittlinien eben noch scharf und dunkel hervortraten, dass die deutlich granulirten, bräunlich gefärbten Belegzellen kein sleichmässiges Bild gewähren, dass man viel mehr im Zellleib drei Zonen unterscheiden kann: eine eentrale, dunkler gefärbte, den oder die Kerne und auch das Mikrocentrum enthaltende, eine intermediäre, hellere und eine periphere, dunklere von gleichem Charakter wie die centrale Zone; beide hängen auch regelmässig an der Zellbasis, wo die intermediäre Zone weniger deutlich entwickelt ist, zusammen. Die intermediäre Zone berührt stets die freie Zelloberfläche, ausserdem aber auch in vielen Fällen dieWand derschon beschriebenen zwischen- zelligen Sekretkanälchen, die von dem zur Belegzelle führenden Nebengange aus zwischen die Belegzelle und die be- nachbarten Hauptzellen dringen (Fig. 62, und 65). Die inter- mediäre Zone ist zwar nicht absolut scharf begrenzt, hebt sich Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 659 aber doch deutlich von der centralen und peripheren ab. In den dem Drüsenhals und dem Schaltstück angehörigen Beleg- zellen erscheint die intermediäre Zone an Längsschnitten als Dreieck mit mehr oder weniger unvollständiger Basis und in der freien Oberfläche liegender, abgestumpfter Spitze. Da so ziem- lich alle Zellen annähernd das gleiche Bild gewähren, so kann man daraus schliessen, dass die ganze intermediäre Zone die Form 'eines Kegelmantels oder eines umgekehrten 'Trichters von gewisser Wanddicke besitzt. Im Drüsenkörper ist das Bild im Allgemeinen ähnlich, doch erleidet es wegen der Beziehungen der genannten Zone zu den zwischenzelligen Sekretgängen und aus anderen, mir unbekannten Gründen manche Complicationen, so dass oft die Zone mehr einem plumpen Netzwerk gleicht, oder gar nur einzelne, mehr oder weniger verzweigte Stränge darstellt (Fig. 61, 65, 66). Sind mehrere zwischenzellige Sekretgänge vor- handen, so kann mit jedem ein solcher Strang verbunden sein (Fig. 62, 65). Auch die intermediäre Zone ist deutlich granulirt. Hat man vorsichtiger differenzirt, oder spielen andere Gründe mit (vielleicht handelt es sich um besondere Funktions- zustände), so behalten die Granula der centralen und der peri- pheren Zone die blaue Hämatoxylinfärbung, während die Gra- nula der intermediären Zone gern saure Farbstoffe wie Eosin, Bordeaux und Säure-Fuchsin annehmen. Besonders deutlich trat dies bei dem Magen des Pferdes (Fig. 44 und 45a bis c) her- vor (der Magen war reichlich mit Nahrung gefüllt). Hier konnte ich jedoch einen auffallenden Unterschied eonstatiren: Die inter- mediäre Zone trat nicht mit der im Allgemeinen bestimmten Form (Kegelmantel) auf wie beim Menschen, sondern war viel- fach durchbrochen durch Brücken, welche den centralen und den peripheren Abschnitt mit einander verbanden, oder die centrale Zone war durchsetzt von Brücken intermediären Charak- ters, so dass die gesammte intermediäre Substanz ein plumpes Balkenwerk bildete, in dessen Maschen dunkle Granulahaufen lagen (Fig. 45 a und b). Die letzteren konnten auch fehlen, so dass man in den betr. Zellen nur zwei Zonen sah, eine centrale, unregel- mässige, helle und mit dem sauren Farbstoff gefärbte und eine periphere mit Hämatoxylin gefärbte (Fig. 45 c). Waren zwischen- zellige Sekretgänge vorhanden, so konnte die helle acidophile Zone mit der Wand der Gänge in Verbindung stehen (Fig. 45 ec). Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 42 640 K. W. Zimmermänä: Bei sorgfältigster Untersuchung erkannte ich zuerst beim Pferde und später auch beim Menschen innerhalb der hellen Balken und Inseln, resp. intermediären Zone feine, helle Gänge in verschiedenen Richtungen getroffen und in ihrer Anordnung sich nach der Ausdeh- nung der hellen Substanz richtend; also beim Pferde mehr in Gerüst- oder Körbehenform den Golgi-Präparaten der Katze (Fig. 46) entsprechend, und beim Menschen in Büschel- oder Bäumehenform, annähernd wie bei den Golgi-Präparaten des Hundes (Fig. 4’—5l). Da die Zeichnungen nach den Prä- paraten vom Menschen schon alle fertig waren, bevor ich die binnenzelligen Sekretgänge erkannt hatte, muss ich mieh damit begnügen, an einem Schema Fig. 70, die betr. Verhältnisse zu erläutern. Dasselbe stellt zwei aneinanderstossende, quergetroffene Belegzellen dar mit einem zwischenzelligen Sekretgange (man übersehe nicht die beiden quergetroffenen Kittleisten), mit dem die deutlich ausgeprägte, intermediäre Zone und die in ihr ver- laufenden, binnenzelligen Sekretbahnen in Beziehung treten. Die binnenzelligen Gänge sind nicht so leicht zu sehen, aus dem Grunde, weil sie sehr eng sind, und eine besondere Wand nicht zu erkennen ist, vielmehr die Lumina direkt durch die Granula begrenzt zu werden scheinen. Hierin unter- scheiden sich auch die geschilderten Verhältnisse wesentlich von denen bei den Drüsen von Phronima. Ich glaube hieraus den Schluss ziehen zu dürfen, dass die binnenzelligen Sekretwege der Belegzellen keine absolut dauern- den und unwandelbaren Verhältnisse darstellen, dass sie also wechseln und sieh neubilden können, was jedoch eine gewisse Constanz in den Haupt- zügen durchaus nicht ausschliesst. Sehen wir doch auch, wenn Wasser über Flächen ganz lockeren Sandes fliesst, sich allmählich Gerinne ausbilden, welche eine gewisse Dauer besitzen und doch einer besonderen Wand entbehren. Dann müssen wir auch bedenken, dass nach unseren neueren Anschau- ungen über den Bau des Protoplasmas das Gerüst (Spongio- plasma, Mitom, Filarmasse) desselben eine gewisse Stabilität be- sitzt, so dass, wenn einmal in ihm besondere zusammenhängende Bahnen sich ausgebildet haben, diese einige Beständigkeit haben müssen. Nur einen einzigen Fall beobachtete ich (Fig. 61 links), Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 641 wo ein durch eine dunklere Linie eingefasstes, also scharf be- grenztes, helles Bäumchen so deutlich hervortrat, dass ich es selbst mit Objectiv 3 und Ocular III von Leitz deutlich erkennen konnte. Für Sekretgänge sind die Streifen viel zu breit, für einfache, intermediäre Substanz ist das Bäumchen zu bestimmt begrenzt. Ich kann mir das sonderbare Bild nur so erklären, dass die Zelle krank ist, dass alle vorhandenen acidophilen Granula sich in fertiges Sekret umgewandelt haben, oder doch im Begriffe sind, sich umzuwandeln, und dass aus irgend welchen Gründen eine Umwandlung der Granula der peripheren und cen- tralen Zonen zum Ersatz der acidophilen nieht eingetreten ist. Die eigenartigen Verhältnisse im Leib der Belegzellen, vor allem die bestimmt bervortretenden Granula lassen von vorn her- ein das Suchen nach den Centralkörpern an Eisenhämatoxylin- Präparaten als fast aussichtslos erscheinen. In einigen wenigen Fällen, die hauptsächlich den Schaltstücken angehören (Fig. 57, 61 rechts, 65), glaube ich jedoch je zwei gleich grosse Körnchen (also Diplosoma) von der Dieke gewöhnlicher Centralkörper nahe der Mitte der Zelle und, wenn der Kern mehr basale Lage hatte, zwischen ihm und der freien Zelloberfläche, jedenfalls aber immer in der centralen Zone, beobachtet zu haben. Gewöhnlich war das Diplosoma von einem etwas helleren Hof umgeben. Einmal sah ich eine deutliche, feine Verbindung zwischen beiden Cen- trosomen (Fig. 61 rechts). Die Axe des Systems hatte keine ausgesprochene Richtung; so verläuft sie in Figur 61 und 65 senkrecht zur freien Oberfläche, während sie in Fig. 57 rechts die Mitte zwischen beiden Richtungen innehält. Nach Lage der Dinge sind jedoch weitere Untersuchungen mit anderen, für die be- treffenden Verhältnisse geeigneteren Methoden dringend nothwendig. Was die Kerne betrifft, so fand ich sie bei Mensch, Pferd, Hund und Katze in den Belegzellen wesentlich grösser als in den Hauptzellen. Gewöhnlich war nur einer vorhanden, in welchem Falle er meistens nahe der Zellbasis lag (Fig. 57, 59, 60, 64, 65). Häufig sah ich zwei oder auch drei beim Menschen. Immer waren sie von dunklen Körnchen umgeben. Nur sehr ausnahmsweise wurden sie an irgend einer Stelle von der intermediären Zone berührt. Bonnet hat beobachtet, dass Leukoeyten in die Beleg- zellen dringen. Ich habe dasselbe hier und da beim Menschen 642 K. W. ZimwWermanü: gesehen. Sie können in grösserer Zahl in einem Klumpen in der Zelle vorhanden sein, wie Fig. 71 zeigt. Dieselbe Figur lehrt auch, dass die Färbbarkeit der Kerne der Leukoeyten, welche doch unter normalen Verhältnissen eine sehr intensive ist, bei dem Aufenthalt in der Zelle sehr herabgesetzt wird. Sie kann sogar ganz verloren gehen. Vergleicht man Stöhr's Figur 19 (die rechte Belegzelle mit vier rundlichen Klümpehen in einer Vaeuole) mit meiner Figur 71, so wird man wohl auf den Gedanken kommen, dass, wie auch Hamburger meint, es sich da um Leukocyten handelt, deren Kerne die Färbbarkeit verloren haben, und nicht um Sekretklümpehen, wie Stöhr meint, da, wie alle Golgi-Präparate und meine Beobachtungen an Eisenhämatoxylinpräparaten lehren, die Anordnung der Sekret- massen im Zellinnern an Bäumchen oder korb- (netz-) förmige feine Sekretgänge mit höchstens kleinen Anschwellungen und nicht an grosse, runde Vacuolen gebunden ist. Erst nach dem Austritt in das Hauptlumen der Drüse nimmt das Sekret Klümpchenform an. Nach allen bisherigen Beobachtungen haben wir uns die Sekretion der Belegzellen in folgender Weise vor sich gehend zu denken: Das Sekret tritt als feine Körnchen, welche bei Anwendung der Heidenhain'schen Methode Hämatoxylin- färbung annehmen kann, in der centralen und peripheren Zone, welche physiologisch gleichwerthig sind, und das chemische Öentrum, den Kern, enthalten, auf. Diese Körnchen rücken nach der intermediären Zone, wo sie ihre Färbbarkeit mit Häma- toxylin verlieren, aber sich leicht mit sauren Farbstoffen färben lassen, d. h. sie nehmen saure Reaction an, behalten jedoch da- bei vorerst noch ihre Körnchengestalt bei. In der Mitte der sauren Zone werden die ausgereiften Sekretkörnchen flüssig und bilden so Sekretströme, welche in bäumcehenförmig (Mensch, Hund), oder netzförmig (weitmaschig bei Pferd und Katze, eng- maschig bei Nagern) angeordneten Sekretbahnen fliessen, schliess- lich die Zelle verlassen und entweder gleich in das Hauptlumen (Hals, Schaltstück) oder in einen gröberen primären Seitenzweig des Hauptdrüsenlumens (Drüsenkörper) gelangen oder erst später nach dem Passieren durch secundäre feinere, zwischenzellige Sekretgänge (Mensch, Pferd). Die Sekretmassen in den Seiten- gängen des Hauptdrüsenlumens können, da sie bei Fixationen gerinnen und so erhalten bleiben, Fortsätze (Stöhr) der Beleg- Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 643 zellen vortäuschen. (Die eigentliche freie Oberfläche der Beleg- zellen ist deutlich dureh Kittleisten, welche sie mit den Nach- barzellen verbinden, markirt.) Beim Uebergang in das Haupt- lumen zerfällt der bisher zusammenhängende Sekretstrom in ein- zelne rundliche Klümpchen, welche bis zum Uebergang der Drüsen- hälse in die Magengrübchen nachweisbar sind. Der Umstand, dass in fixirten Präparaten die Sekretmassen scharf begrenzte und sich durch Eosin ete. färbbare Klümpchen bilden, beweist, dass die Consistenz des Sekretes keine dünnflüssige sein kann, dass es ferner ausser der Salzsäure noch einen gerinnbaren, wohl eiweissartigen Körper enthalten muss, welcher erst durch die Einwirkung des Pepsins verdaut wird, so dass jetzt erst die Salzsäure frei wird. Dies scheint erst in den Magengrübehen einzutreten. In Bezug auf das Hauptlumen der Drüsenkörper möchte ich noch mittheilen, dass ich, wie beim Pferde, so auch beim Menschen Theilung des Hauptlumens und Wieder- vereinigung der beiden Aeste zu einem einzigen Stamm bedbachtet habe, jedoch nur in wenigen Fällen, ohne dass ich besonders danach gesucht hätte. Fig. 64, welche einen einzigen Schnitt darstellt und nicht etwa eine Reconstruction, zeigt dies so klar, dass ein Zweifel wohl ausgeschlossen ist. Es ist sogar wahrscheinlich, dass dicht links von der vollständigen Masche noch eine weitere vorhanden war, doch konnte ich dies nicht weiter constatiren, da der Schnitt nicht einer Serie ent- ‘stammt. Ich beabsichtige, auch über diesen Punkt noch weitere Untersuchungen anzustellen. Zum Schluss gebe ich noch einige die Dicke der ver- schiedenen Schleimhautschiehten resp. Länge der entsprechenden Drüsenabschnitte betreffende Zahlen: Dicke der gesammten Schleimhaut . . . . 1,2 mn Dicke der Grübehen führenden Schicht . . . 0,256—0,5325 mm Länge des Drüsenhalses . . . .- . . 0,046—0,078 mm Länge des Schaltstückes (bis zum ae, for treten der Hauptzellen) . . . .......0,252—0,265 mm Länge des Schleimzellen führenden Rhsehnikten überhaupt (bis zur letzten Schleimzelle) . 0,265—0,312 mm Länge des Schleim- und Hauptzellen haltenden Stückes (Ueber&anssgebiel) 7 >... ...0,075 Länge des Drüsenkörpers (also Hauptzellen haltender Theil) 2.7. 202.0... ..0,465=0,558 nm 644 K. W. Zimmermann: Dieke des drüsenfreien basalen Schleimhautab- schnittes En muceosae und Binde- Sewebe)' " „unaER RN, 0,093 mın. Kurz vor Abschluss "tele Arbeit habe ich auch noch den Pylorustheil vom Menschen und Pferd unter Anwendung der Eisenhämatoxylinmethode untersucht und zahlreiche zwischen- zellige Sekretgänge aber keine binnenzelligen beobachtet. Die Gänge reichen oft bis in die Nähe der Mem- brana propria und laufen meist spitz aus, verhalten sich also ähnlich wie die Sekretgänge der Thränendrüse. Ich kann also bestätigen, was E. Müller an Golgi-Präparaten gefunden. Wie beim Fundus, so finde ich auch in der Regio pylorica das Mikrocentrum mitten im schleimhaltigen Abschnitt der Oberflächenepithelzellen. Die Drüsenepithelzellen stimmen an Eisenhämatoxylin-Prä- paraten, soweit ich bis jetzt beurtheilen kann, mit den Zellen der Brunner’schen Drüsen überein, doch sind die Letzteren etwas grösser. Bisher gelang es mir noch nieht das Mikrocentrum aufzufinden. Eine Uebereinstimmung der Drüsenzellen mit den als Schleimzellen bezeichneten hellen Zellen in den Schaltstücken der Fundusdrüsen oder mit den Hauptzellen der letzteren halte ich auf Grund meiner Präparate für ausgeschlossen. 9, Dünndarm und Diekdarm des Menschen (Hingerichteter). Mit Fig. 72—87 Untersucht wurde die Schleimhaut des Duodenums, Ileums und der Flexura sigmoidea. Ueberall sowohl im Oberflächen- epithel wie in demjenigen der Lieberkühn’schen Krypten und der Brunner’schen Drüsen konnte ich ein zusammenhängendes Kittleistennetz auffinden, und so die Angaben M. Heidenhain'’s, der zuerst mit seiner Methode dasselbe im Darm gesehen hat, bestätigen. Regelmässig fanden sich die Kittleisten an der Grenze zwischen Zellleib und Cutieula, welche letztere deutlich aus Stäbchen zusammengesetzt erschien. Figur 76 stellt das Kittleistennetz von der Oberfläche einer hahnenkammförmigen Zotte des Duodenums!) dar. Man sieht, 1) Das Duodenum und auch der obere Theil des Jejunums des Menschen besitzen bekanntlich im Allgemeinen nicht einfache finger- förmige Zotten, sondern ausser einfach zungenartigen Zotten quer zum Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 645 dass die Maschen sowohl in Form als auch in der Weite etwas differiren. Der röthliche Fleck links ist eine Becherzelle. Fig. 77 stellt das Kittfadennetz aus dem untersten Ende einer Krypte dar. Die Maschen sind erheblich kleiner, da hier die Zellen die Form einer abgestumpften Pyramide besitzen, deren Basis etwas grösser, deren freie Oberfläche aber kleiner ist als die- jenige der Zellen im anderen Abschnitte der Krypten, wo die Maschen, resp. die freien Zelloberflächen in querer Richtung etwas schmäler sind als in der der Kryptenaxe entsprechenden Richtung. Die Verhältnisse der Centralkörper sind in den verschie- denen Zellarten ziemlich verschieden, weshalb es am besten ist, zunächst die Zellcharaktere etwas genauer zu präecisiren. Sehen wir zunächst von den Brunner ’schen Drüsen ab, so glaube ich auf Grund meines Materials vier Zelltypen aufstellen zu müssen: 1. Die gewöhnlichen dunklen Epithelzellen mit der Stäbchencuticula. Die Zellen sind nicht überall gleichmässig gefärbt, viel- mehr sehe ich drei Zonen (s. Fig. 72), eine oberflächliche, dunk- lere, welche den dritten Theil der Zelle einnimmt, darunter eine hellere von etwa !/, der Zellhöhe und schliesslich wieder eine dunkle, basale, welche die Hälfte der Zelle ausmacht und den Kern enthält. Die Centralkörper und zwar. ganz regel mässig in der Form des typischen Diplosomas, liegen dieht unter der Cuticula, ohne sie jedoch direkt zu berühren, und zwar gewöhnlich inner- Walb. einues..-minimalen, etwas.helleren. EKeldes (Fig. 72, 73, 78, alle vom Duodenum 85, 86 vom S. romanum). Sind die Zellen aus irgend welchen Gründen schmäler und länger als gewöhnlich, so rückt das Diplosoma etwas von der Cuticula ab (Fig. 85, S. romanum). Ich möchte besonders hervorheben, dass das Diplosoma Darm stehende, oft langgestreckte Blätter, welche am freien Rande tief eingekerbt sind, so dass das ganze Gebilde wie ein Hahnenkamm aussieht. Bei Inuus Rhesus finden sich überhaupt nur quergestellte Blätter oder zungenartige Zotten, welche nicht eingekerbt sind. Diese Gebilde besitzen so ausgedehnte centrale Chylusräume, dass man sie in einem einzigen, selbst grösseren Schnitt an sämmtlichen Blättern wahrnehmen kann. Ich gedenke bei anderer Gelegenheit über diesen Punkt zu berichten. 646 K. W. Zimmermann: ‚und der Kern an ganz entgegengesetzten Zellenden liegen. Es geht daraus hervor, dass in der ruhenden, d. h. nicht zur Theilung sich anschiekenden Zelle die Beziehungen zwischen dem Mikrocentrum und dem Kern nur geringe sein können, dass aber, wenn das Diplosoma in gleichem Falle überhaupt das Centrumirgend weleher Vorgänge ist, diese sieh an oder dieht unter der freien Zell- oberfläche abspielen müssen. Nach allem, was wir bis jetzt über die Centralkörper wissen, ist wohl nicht mehr zweifel- haft, dass sie die Centren motorischer Vorgänge sind; wir müssen also zuerst daran denken, dass sich an der freien Zelloberfläche motorische Vorgänge abspielen. Doch welcher Art sollten diese sein? Diese Frage ist schon seit einiger Zeit beantwortet: E. Metscehnikoff!) fand bei Cölenteraten, Du Plessis bei Turbellarien, dass die Entodermzellen pseudopodienartige Fortsätze ausstrecken, um die Nahrungsstoffe aufzunehmen. L. v. Thanhofer?) sah Aehnliches beim Frosch und R. Wieders- heim?) beim Grottenmolch (Spelerpes fuseus). Letzterer schildert seine Beobachtungen in folgender Weise: „Zwischen den im Darmkanal ziemlich häufig vorkommenden Flimmerzellen fanden sich auf grosse Strecken hin jene längst bekannten ge- wöhnlichen Darmepithelien, allein von jenem Basalsaum war im frischen Präparate nichts zu erkennen. Die freien Ränder er- schienen im Gegentheil ohne jegliche scharfe Begrenzung, gleich- sam offen, unregelmässig gelappt, aufgefasert und da und dort wie eingerissen und in diekere Flimmerhaare zerfallend. Die so ins Darmlumen hereinragenden Fortsätze hielt ich anfangs für starr und dachte sogar an eine auf mechanischem Wege erfolgte Verletzung des Epithels, allein bald wurde ich eines Besseren belehrt. Das Protoplasma war am freien Rand einzelner Zellen in activer, amöboider Bewe- 1) Ueber d. Verdaunngsorgane einiger Süsswasserturbellarien. Zool. Anz. I. Jahrg. 1878, S. 387. — Ueber die intracelluläre Verdau- ung bei Coelenteraten. Zool. Anz. III. Jahrg. 1880, S. 261. 2) Beitr. zur Fettresorption und histolog. Structur der Dünn- darmzellen. Pflüger’s Arch. Bd. VII. 3) Ueber die mechanische Aufnahme der Nahrungsmittel in der Darmschleimnaut. Festschrift der 56. Versammlung deutscher Natur- forscher und Aerzte. Freiburg 1884. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 647 gung begriffen. Ganz deutlich konnte ich in den obengenannten faserartigen Zellfortsätzen langsame Formveränderungen beobachten, und zweimal sah ich auch, wie dieselben wieder in den Zellleib zurück ge- zogen wurden.“ Nach Verlauf von 1—2 Minuten hörten die Bewegungen vollständig auf, trotz Zusatz von Glaskörperflüssig- keit und Umrandung des Deckgläschens mit Wachs. Ein Jahr vor Wiedersheim hat Th. Zawarykin!) beim Hunde, Kaninchen und der weissen Ratte die gleichen Un- tersuchungen angestellt und gefunden, dass sich der Qutieular- saum in der Weise ändere, dass die Stäbehen flächenhaft aus- einandergehen, und wie kurze Cilien aussehen. Eingehende Un- tersuchungen über die Stäbcheneutieula und Bewegungserschei- nungen an derselben bei Salamander, Hund, Kaninchen und Meerschweinchen hat R. Heidenhain?) angestellt. Er kommt zu dem Schluss (pag. 20): „Die Epithelzellen des Darmes sind befähigt, aktiv ihre Form zu ändern, aus ihrem Protoplasma an der freien Basalseite Fortsätze von veränderlicher Länge und Dicke auszusenden und den diese Fortsätze tragenden Theil durch Absehnürung frei werden zu lassen. Unter gewöhnlichen Um- ständen haben diese Fortsätze die Gestalt kürzerer oder längerer Stäbehen; sie können sich aber auch zu langen, dünnen Härchen dehnen. Oft befindet sich zwischen ihnen eine ebenfalls aus dem Zelleibe stammende homogene Zwischenmasse, welche indess schwinden kann; dann ist die Basis der Zelle von freistehenden Stäbehen besetzt.“ (Es ist hier unter „Basalseite* und „Basis“ die freie Oberfläche zu verstehen.) Es sind also, was ich noch besonders hervorheben möchte, nach Heidenhain die Stäb- chen selbst, welche ausgestreckt werden. Auf der Versammlung der Anatomischen Gesellschaft zu Strass- burg demonstrirte ich ?) Präparate vom S. romanum eines Hingerich- teten, die mit Eisenhämatoxylin gefärbt waren (s. Fig. 86 u. 87). 1) Ueber die Fettresorption im Dünndarm. Pflüger’s Arch. Bd. 31. 5.—6. Heft. 1883. 2) Beiträge zur Histologie und Physiologie der Dünndarmschleim- haut. Pflüger’s Archiv f. d. ges. Physiologie. Bd. 43. Supplement- heft. 1888. 3) Verhandlungen der anatom. Gesellschaft auf der 8. Versamm- lung in Strassburg pag. 245 unter Nr. 9. 648 K. W. Zimmermann: Die gewöhnlichen Epithelzellen der Krypten nahe deren Mündung und hier und da auch die Zellen der Oberfläche zeigten einen mehr oder weniger dichten Besatz von eilienartigen Fäden, welehe ungefähr die Länge von Flimmerhaaren besassen. Ich dachte auch anfangs, dass es sich um solehe handele. Bei sorgfältiger Betrachtung ergaben sich jedoch wesentliche Unter- schiede: Die Fäden waren überall gleich diek und liefen nieht wie die Cilien, allmählich sich verjüngend, fein aus; ferner waren sie fein gekörnt wie das Protoplasma und liessen sich zwischen den heller gefärbten Stäbchen der Cutieula hindurch deutlich bis zum Pro- toplasma verfolgen, in das sie ohne Grenze direkt übergingen, während die ächten Cilien ganz glatt sind und eine jede von ihnen an ihrer Basis im Zellleib ein mit Eisenhämatoxylin sich dunkelblau färbendes Knötchen aufweist (s. Fig. 110 links, Ober- flächenepithel des Uterus). Dazu kommt noch, dass die Zellen sehr verschieden mit den Fäden besetzt waren. Allerdings zeigten viele Zellen ein bestimmtes Maximum (s. Fig. 86 und 87 rechts), dagegen gab es auch sehr zahlreiche, welche nur wenige Fäden bis zu einem einzigen aufwiesen. Diese vereinzelt stehenden Gebilde waren häufig umgebogen, oder bildeten gar eine Schlinge, was ich an ächten Cilien nie beobachtet habe. Ich glaube daraus schliessen zu dürfen, dass die fraglichen Fäden weichere Consistenz besitzen als die Flimmerhaare. Alle angeführten Gründe sprechen dafür, dass diebescehriebenen Fäden keine Flimmerhaare sind. Ist somit die Identität mit letzteren ausgeschlossen, so ist noch die Möglichkeit vorhanden, dass es sich um Sekretfäden handelt. Hiergegen spricht jedoch der Umstand, dass ich nie Verklebungen und Zusammenfliessen oder Abreissen der Massen gesehen habe, was ich doch hier und da gefunden haben müsste, wenn es sich wirklich um Sekretströmehen handelte. Mit aus- tretendem Sekret konnten die Fädchen also nichts zu thun haben. Auch lag keine Veranlassung vor, etwa an Bak- terien zu denken. Es blieb somit nichts anderes übrig, als in den frag- lichen Gebilden feine Pseudopodien zu sehen, welehe von den Epithelzellenzwischen denStäb- chen der Cutieula hindurehausgestreckt worden sind, um Nahrung aufzunehmen. Ich muss noch be- sonders betonen, dass es nicht etwadie Cuticularstäb- Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 649 chen sind, welche ausgestreckt worden sind. Diese viel heller als das Protoplasma und die Pseudopodien gefärbten Gebilde bleiben an Ort und Stelle und unverändert. Dass dem so ist, erkennt man besonders an den Zellen, an denen nur vereinzelte dunklere Pseudopodien zu sehen sind, indem hier die Cuticula, wie sie auch Heidenhain abbildet, eine schmale basale!) und eine breite oberflächlichere Schicht aufweisen und deutlich senk- recht gestreift erscheinen, sich mit anderen Worten genau so verhalten, wie an den pseudopodienfreien gewöhnlichen Epitbel- zellen des ganzen übrigen Darmes. Der ganze Cutieularsaum ist auch an den Zellen, welehe ganz dicht mit den flimmerartigen Pseudo- podien besetzt sind, deutlich und scharf begrenzt zu erkennen. Jetzt verstehen wir auch, warum das Mikrocentrum so nahe der freien Oberfläche zu findenist, weil nämlich hier bei denbetreffendenZellen die ein- zige Stelle ist, wo motorische Vorgänge sich ab- spielen, und dasDiplosoma seiner Aufgabe um so besser gerecht werden kann, je näher es dieser Stelleilnegit. Wenn nun, wie ich gezeigt habe, das Diplosoma dicht unter der Cutieula, und der Kern nahe der Zellbasis liegt, also beide weit von einander entfernt sind, wie ist da eine mitotische Kern- theilung möglich? Dass die Darmepithelien in den Krypten sich mitotisch theilen und sich reichlich theilen, wissen wir längst; man würde wohl bei gesunden Menschen und Säugethieren ver- geblich nach einer Krypte suchen, die, wenigstens in den un- teren Abschnitten, der Mitosen entbehrte. Ebenso ist längst be- kannt, dass die Mitosen nie im Niveau der ruhenden Kerne, sondern erheblich weit darüber liegen. Bei Besprechung der Magengrübchen und der Fundusdrüsenhälse habe ich angegeben, dass die eigentliche Lage der Kerntheilungsfiguren nur dadurch zu erklären sei, dass Kern und Mikrocentrum, welche ja auch dort für gewöhnlich weit auseinander liegen, sich einander nähern, dass sie sich etwa in der Mitte der ursprünglichen Entfernung treffen, und dass dann erst die Kerntheilung eintrete. Dies gilt auch für die Epithelzellen der Krypten des Dünn- und Diekdarms. 1) Ich bezeichne mit Basis das festsitzende und nicht das freie Ende der Zelle und mit basal alles, was dieser Basis näher liegt. 650 K. W. Zimmermann: Nachdem nun constatirt ist, dass der Kern und das Mikro- eentrum sich einander nähern, drängt sich uns der Wunsch auf, zu wissen, was hier für Kräfte thätig sind, ob der Impuls zu dem Rendez-vous von dem Kern oder vom Diplosoma, oder ob er von sonst einer Stelle des Zellleibes ausgeht, ferner was für materielle Vorgänge stattfinden. Ich bin nur über den letzten Punkt in der Lage, einigen, wenn auch durchaus noch unvoll- kommenen Aufschluss geben zu können. Wir haben gesehen, dass bei den Epithelzellen der Magengrübchen häufig ein Axen- faden auftritt, der vom Mikrocentrum aus gegen den Kern hin gerichtet ist (Fig. 56c und d), resp. wenn das Letztere, wie es hier und da vorkommt, dem Kern näher liegt — vielleicht ist diese Lage ein Zeichen dafür, dass das Mikrocentrum die Wan- derschaft angetreten hat — über das Mikrocentrum hinaus gegen die Mitte der Sekretsammelstelle hinzieht (Fig. 56a und 5 und Fig. 52 links). Da dieser Axenfaden und die tiefere Lage des Mikrocentrums nur da auftritt, wo auch Kerntheilungsfiguren zu beobachten sind, so vermuthe ich, dass wir es hier mit einer axialen Protoplasma-(Archiplasma-?)An- häufung zuthun haben, dureh deren Oontraection Mikrocentrum und Kernaneinandergebrachtwer- den. Vergleichen wir nun hiermit die Fig. 72 (aus einer Krypte des Duodenums vom Hingerichteten), so sehen wir nahe bei ein- ander zwei verschiedene Phasen der Annäherung (a und 5b). In beiden Fällen haben Kern und Mikrocentrum ihre Plätze schon verlassen und sich der hellen Zellzone genähert, resp. sie schon erreicht. In der Zelle « sieht man um das sonderbarer Weise einfache Gentrosoma herum zunächst einen hellen, etwas länglichen Hof und um diesen herum eme dunkle Zone, welche im Allgemeinen Spindelform besitzt und am basalen Ende dureh einenin der Zellaxe ver- laufenden Faden mit dem Kern verbundenist. Es ist wohl ausser allem Zweifel, dass dieser Verbindungsfaden eine wesentliche Rolle bei der Annäherung der beiden Gebilde spielt, und wir dürfen wohl annehmen, dass diese Rolle in der Con- traction besteht, dass also der Verbindungsfaden als „Leitfaden“ dient. Die Einzahl des Centralkörpers ist befremdend, da in dem indifferenten Zellzustand ausnahmslos ein typisches Diplosoma si vorhanden ist, In Fig. 76 und 77 (Flächenansichten) ist schein- Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 651 bar häufig nur ein Centralkörper vorhanden, doch deckt hier Eins das Andere. Ich glaube nicht, dass im Falle « etwa nur das eine Centrosoma die Wanderung angetreten hat, da ich von einem zweiten trotz sorgfältigsten Suchens nichts gefunden habe. Ich kann mir deshalb den Befund nicht anders erklären, als dass beide Centrosome miteinander vor der Wan- derung oder im Anfang derselben mit einander verschmelzen. Selbstverständlich muss, falls dieser Vorgang thatsächlich stattfinden sollte, bei der Einleitung der Kerntheilung selbst wieder eine Oentralkörpertheilung eintreten. In der Zelle b ist die Annäherung schon weiter gediehen. Auch hier ist kein ächtes Diplosoma mehr vorhanden, sondern ein einziger deutlicher Centralkörper, an dem nach unten ein länglicher Anhang bemerkbar ist, der heller und dünner ist als der ächte Centralkörper. Ob wir in dem Anhang doch einen modifieirten zweiten Centralkörper zu sehen haben, oder was er sonst für eine Bedeutung hat, vermag ich nicht zu sagen. Der helle Hof ist etwas grösser und reicht bis an den Kern. Ebenso ist die dunkle Zone, aber nur an der der freien Zelloberfläche zugekehrten Seite verbreitert und geht hier ver- waschen in das übrige Protoplasma über. Der Kern im Fall b steht deutlich höher als der im Falla. Beide haben ihre Struc- tur noch nicht verändert. Was weiter geschieht, und was dem Fall a vorangegangen ist, werden hoffentlich weitere Unter- suchungen ergeben. “s b) Die Becherzellen (Fig. 73—75 und 78 aus den Krypten des Duodenums; Fig. 85 und 86 aus dem S romanum). Der Schleim besteht aus groben Körnern, die, wie der- ‚jenige in den Schleim- und den gemischten Drüsen bei Eisen- hämatoxylinpräparaten Säure-Fuchsin lieber aufnehmen, resp. fest- halten als das Sekret der Brunner’schen Drüsen und das Protoplasma. In derMitte der gesammten Schleim- anhäufung im Zellleib, zuweilen auch etwas mehr basal, seltener wenig über der Mitte bemerkt man unter günstigen Ver- hältnissen meistens einen einzigen Uentralkörper. Derselbe ist von einem kleinen hellen Hof umgeben, der in be- sonders deutlichen Fällen durch einen aus feinsten Pünkt- chen bestehenden, wohlals Mikrosomenstratum 652 K. W. Zimmermann: zu deutenden Kranz (eigentlich eine Kugelschale) abge- schlossen wird, eine Einrichtung, welche, wie man sich erinnern wird, auch in dem Oberflächen- und Grübehenepithel des Magens zu finden ist. Die nähere Umgebung dieses Systems färbt sich gewöhnlich ein wenig dunkler als das periphere Gebiet der Sehleimansammlung. Nur in wenigen Fällen habe ich mit Sieher- heit ein Diplosoma beobachtet (Fig. 75, in der linken der beiden Zellquerschnitte). Anfangs hat es mir Schwierigkeiten gemacht, den Centralkörper aufzufinden. Häufig war er so blass gefärbt, dass ich ihn eben noch erkennen konnte, während die Diplosome der benachbarten gewöhnlichen Epithelzellen deutlich zu erkennen waren. In anderen Fällen suchte ich vergebens. Ich vermuthe, dass dies daran liegt, dass der Schleim, wie Farbstoffe, so auch beim Auswaschen das Eisensalz länger festhält, so dass, während bei den übrigen Zellen die Entfärbung schnell unterbrochen wird, dieselbe in den Becherzellen noch etwas weiter fortschreitet. Aus der Lage des Mikrocentrums im Innern der Schleim- anhäufung geht hervor, dass die Letztere den betr. Zellabscehnitt nieht ausschliesslich erfüllt, dass sie vielmehr von einem feinen Protoplasma- gerüst durchsetzt wird,dassalso Verhältnisse vorliegen, wie wirsie auch beim Oberflächen- epitheldes Magenskennen gelernt haben. Dies geht auch noch daraus hervor, dass, wie G. Bizzozero nachge- wiesen hat, die Kerntheilung innerhalb der Schleimanhäufung statt- findet. Bis jetzt habe ich Schleimzellen mit Kerntheilungsfiguren noch nicht beobachtet. Habe allerdings im Diekdarm, wo Bizzo- zero beim Hunde solehe gefunden, noch nieht danach gesucht. c. Zellen mit grobmaschigem Protoplasma- gerüst (Fig. 79 und 80). Diese Zellen finden sich ausschliesslich und regelmässig am Grunde der Krypten des Dünndarms und zwar im Duodenum nicht in allen Schläuchen, im Ileum dagegen ausnahmslos. Eine Uutieula besitzen sie nicht. In den weiten Maschen gewisser Funktionsstadien sitzen grobe, schwarzblau gefärbte Körner (Fig.79); in anderen Zellen (Fig. 80) sind solehe nieht gefärbt, dagegen sieht man an der Oberfläche eine körnige Masse über das Niveau der Kittleisten vorragen, dass man den Eindruck gewinnt, als Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 653 ob Sekret auszutreten im Begriff sei, zumal im Kryptenlumen die gleiche dunkle und körnige Masse zu finden ist, welche mit Schleim sicher nichts zu thun hat, da der Letztere sofort sich von den Massen unterscheiden lässt, indem er im gut differen- zirten Präparaten das Hämatoxylin vollständig abgegeben hat. Der Kern ist in allen Zellen dicht an die Basis gedrängt, zuweilen sogar etwas abgeplattet. Bei der eigenartigen Structur des Zellleibes war es mir nicht möglich, mit Sicherheit die Centralkörper aufzu- finden. Die Zellen erinnern sehr an diejenigen seröser Drüsen. An Präparaten vom Ileum, die mit Delafield’schem Häma- toxylin und dann mit Eosin gefärbt waren, zeigten sich die blinden Enden der Krypten schon bei schwacher Vergrösserung kräftig ziegelroth gefärbt. Bei starker Vergrösserung zeigte sich das Roth an die Sekretgranula der beschriebenen Zellen gebunden. Im Diekdarm habe ich von diesen Zellen nichts entdecken können. Dieser Unterschied zwischen Dünn- und Diekdarm tritt besonders scharf an Präparaten der Valvula coli hervor. Es unterliegt für mich keinem Zweifel, dass es sich um die gleichen Zellen han- delt, welehe Paneth!) bei der Maus und dem Meerschweinchen eingehend beschrieben, und welche Schaffer?), auch beim Menschen an derselben Stelle gefunden hat. Wir dürfen daraus schliessen, dass die Paneth’schen Zellen normale und für den Fundus der Krypten des Dünn- darms durchaus typische Gebilde sind, die wirklich seecerniren, so dass die Lieberkühn- schen Krypten des Dünndarms (im Gegensatz zum Diekdarm!) als Drüsen aufzufassen sind. 4 d. Flaschenförmige, helle Zellen (Fig. 78 in der Mitte). Diese Zellformen habe ich in wenigen Fällen in den Krypten des Duodenums beobachtet. Ihr grösserer, basaler Abschnitt ist 1) Paneth hat auch beim Menschen ähnliche Gebilde beschrie- ben, deren Granula sich von denjenigen der Maus dadurch unter- scheiden sollen, dass sie Farbstoffe nicht festhalten. Ich finde im Gegentheil, dass abgesehen von den rothen Blutkörperchen und ver- einzelten eosinophilen Zellen die Granula das Eosin am intensivsten angenommen haben. 2, Beiträge zur Histologie menschlicher Organe. Sitz.-Ber. d. K. Akad. d. Wiss. in Wien, math.-nat. Kl. Bd. 100. Abth. III. Dee. 1891, 654 K. W. Zimmermann: stark aufgetrieben und ganz hell. Ein zartes, lockeres Proto- plasmagerüst durchzieht den Abschnitt. In der Mitte desselben liegt der etwas mehr der Quere nach entwickelte Kern. Gegen die freie Oberfläche zu verjüngt sich die Zelle stark, so dass sie hier schmäler erscheint als die gewöhnlichen Epithelzellen. Dieser Zellenhals ist dunkler als der bauchige Abschnitt. Der Central- körper (einfach) ist deutlich zu sehen und zwar an der Grenze zwischen oberem und mittlerem Dritte. Er liegt im einem grösseren, hellen Hof, der von einer dunklen Zone, die gegen die freie Oberfläche schmal ausläuft, umgeben ist, und sich deutlich von der Umgebung abhebt. Das Bild erinnert in dieser Be- ziehung sehr an die Zellen « und 5b in Figur 72, doch hat die gesammte Zelle ein ganz anderes Aussehen. Auch habe ich sonst nie etwas bemerkt, was auf Zelltheilung hingedeutet hätte. Ueber die Bedeutung dieser Zellenformen vermag ich keinen Aufschluss zu geben. Mit Schleimzellen haben sie anscheinend nichts zu schaffen. Eine Cutieula scheinen sie nicht zu besitzen. Die Zellen der Brunner’ schen Drüsen (Fig. 81—84). Dieselben haben in Eisenhämatoxylinpräparaten ein sehr sonderbares Aussehen (Fig. 84). Man kann im Zellleib drei Zonen unterscheiden: Eine obere, ganz helle, eine mittlere, dunklere, deren oberflächlichere (d. h. periphere) Schicht schwarz- blau gefärbt ist, und eine wieder hellere an der Basis. Ueberall findet sich ein zartes Protoplasmagerüst, das je nach der Fär- bung der betr. Zone mehr oder weniger dicht angeordnet ist. Zu erwähnen ist noch ein etwas dunkler gefärbter, verwaschener Streifen in der Axe der Zelle, der anscheinend bis zum Kern herabreicht. Die freie Oberfläche der Zellen ist über das Niveau des deutlichen Kittleistennetzes mehr oder weniger stark vorgewölbt, eine Beobachtung, welche man an so vielen Epithelien machen kann. Die Deutung als austretendes Sekret liegt nahe, jedoch ist die Möglichkeit, dass es sich um die künst- lich vorgedrängte freie Zelloberfläche handele, nicht von der Hand zu weisen. Der Kern ist, wie man es gewöhnlich findet, platt an die Basis angedrückt, welche er in ihrer vollen Breite ein- nimmt. Das Diplosoma (in dieser Form treten die Central- Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 655 körper regelmässig auf) liegt annäherndin der Mitte des; dem Lumen zunächst gietegienlen,.hlellen Zellabsehnittes, der wohl als Sekretsammel- stelle aufzufassen ist; und zwar befindet es sich in einer etwas helleren Stelle des erwähnten axialen, dunkleren Streifens. Ein Mikrosomenstratum in seiner Umgebung oder eine strahlige Anordnung des Protoplasmagerüstes konnte ich auch nicht einmal andeutungsweise nachweisen. In Bezug auf den axialen Streifen möchte ich noch auf ähnliche Befunde bei den grossen Zellen der Thränendrüse, beim Oberflächenepithel des Magens und auch bei den Nierenepithelien hinweisen. Obschon Mikro- centrum und Kern weit von einander entfernt liegen, liegt doch der Gedanke nahe, dass durch den Axenstreifen (Archiplasma?) irgend ein unbekannter Einfluss des einen Zellorgans auf das andere ausgeübt wird. Was den Zusammenhang der Brunner’'schen Drüsen mit dem Darmlumen anbelangt, so konnte ieh, wie dies auch schon von anderer Seite für den Menschen angegeben worden ist, zwei Modi eonstatiren: Entweder schliesst sich die Drüse direkt und unvermittelt an den Grund einer Kıypte an, so dass man dicht neben einander Becherzellen, Paneth’sche Zellen und solche der Brunner’schen Drüse sehen kann; oder die Drüsen be- sitzen einen besonderen Ausführungsgang, dessen Zellen alle Uebergänge zeigen von dem gewöhnlichen Darmepithel zu den typischen Zellen der Brunner'schen Drüsen. Dieser Ueber- gang beginnt schon in der Mucosa, indem unter der freien Ober- fläche der Zellen eine helle Stelle auftritt, und die Cutieula nicht mehr nachzuweisen ist. Zugleich rückt das Diplosoma von der Oberfläche ab und nimmt die Mittein der hellen Stelle ein (Fig. 81). Während die Zelle nun an Höhe abnimmt, die helle Stelle immer grösser wird, und der Kern sich mehr der Basis nähert, behält das Diplosoma immer seine annähernd centrale Lage in der hellen Stelle (Sekretsammelstelle?) bei (Fig. 82). Die Zellen werden schliesslich breiter als hoch. Man kann schon deutlich eine Andeutung der drei weiter oben beschriebenen Zonen erkennen (Fig. 85). Die oberste, das Displosoma enthal- tende entspricht der eben erwähnten, hellen Stelle. Von jetzt ab nimmt die Axe des Diplosomas, die bisher in ihrer Riehtung Arch. f, mikrosk. Anat. Bd. 52, 43 656 K. W. Zimmermain: mehr der Zellaxe sich näherte, oder wohl gar mit ihr zusammen- fiel, beliebige Richtung an (Fig. 84). Der Umstand, dass in denselben Präparaten, in denen die Becherzellen Säure-Fuchsin angenommen haben, die Zellen der Brunner ’schen Drüsen durchweg frei davon geblieben sind, spricht dafür, dass die Brunner’schen Drüsen von Sehleimdrüsen verschieden sind. Vielmehr stimmen sie in den Eisenhämatoxylinpräparaten mehr mit den Pylorus- drüsen überein. Die von anderer Seite gemachte Beobachtung, dass Theile der Brunner’schen Drüsen oberhalb der Musceularis mucosae liegen, finde ich an meinem Material bestätigt. Auch finde ich da, wo die Brunner ’schen Drüsen spärlich werden, einzelne kleinere verzweigte Brunner'sche Drüsenschläuche, die gar nicht in die Submucosa hinabreichen, zwischen grösseren Gruppen von Lieberkühn schen Krypten, ohne dass grössere Drüsen, die in die Submucosa reichen, in der Nähe zu sein brauchen. 10. Die Schilddrüse des Menschen. Mit Fig. 88—92. Ich beschränke mich hier auf die Beschreibung des Kitt- leistennetzes und der Centralkörper, welche ich überall, wo die Verhältnisse günstig waren, nachweisen konnte. Das Kittleistennetz zeigt, wie gewöhnlich, meist sechs- eckige Maschen (Fig. 61), die jedoch, entsprechend den ver- schiedenen Flächenausdehnungen der Zellen, sehr verschieden weit sein können. Eigenthümlich ist, dass an Netzen mit weiteren Maschen fast überall anden Knotenpunkten der Kitt fehlt (Fig. 91). Es handelt sich hier nicht etwa um Anfänge feiner, dauernder Seitengänge, wie im Schema d pag. 558, da man bei tieferer Einstellung nicht Bilder wie im Schema e er- hält. Ichvermuthe, dass hierdas Auseinander- weichen der Zellen behufs Durchlassen des Sekretes beginnt. Die Figuren 88 bis 90, Seitenansichten, zeigen, dass das Kittleistennetz wie sonst überall, wo keine Cu- tieularbildungen vorhanden sind, ganz oberflächlich liegt, und dass die einzelnen Leisten im Querschnitt scharf begrenzt sind und rundliche Form haben. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 657 Die Centralkörper sind da, wo das Auffinden der- selben überhaupt möglich ist, regelmässig in der Zweizahl vorhanden. Beide Oentralkörper sind deutlich mit einander durch Centrodesmose verbunden (also Diplosoma). Sie sind in der Zelle so orientirt, dass der eine der Centralkörper, welcher gewöhnlichetwaslänglichist, meist die Mitte der’ freien Oberfläche unmittelbar berührt. Vielfach ist die Berührungsstelle höckerartig etwas über die Umgebung vorgewölbt. Ist genügend Platz vorhanden, so steht die Axe des Systems annähernd auf der Oberfläche senkrecht. In sehr vielen Fällen ist jedoch der Raum zwischen Kern und freier Zelloberfläche so unbedeutend, dass das System sich ganz quer stellen muss. Meist sieht man dann überhaupt nichts von den Centralkörpern, da der Kern sie verdeckt. Dies alles erklärt auch, warum man oft lange suchen muss, um gün- stige Flächenbilder (Fig. 91 und 92) zu bekommen. Ist man so glücklich und hat einen Flachschnitt, in dem nur die oberfläch- lichen Theile einer grösseren Zahl von Zellen ohne Kernfragmente enthalten sind, so kann man sich aufs Deutlichste überzeugen, dass thatsächlieh alle Zellen das Centralkörpersystem besitzen, und dass dasselbe mit wenigen Ausnahmen ziemlich. genau in der Mitte sitzt. Oft ist auch ein kleiner heller Hof um dasselbe herum angedeutet. In einigen, sehr günstig liegenden Fällen konnte ich in Seitenansicht von dem basalen Centralkörper in der Verlängerung der Axe des Körnchen- systems einen Faden ausgehen sehen und eine Streeke'weit'in das Protoplasma'hinein ver- folgen. In einem einzigen Falle (Fig. 90) ging auch deutlich ein feinsterFaden von dem ober- flächliehen Körnchen aus und ragte freiin das Lumen hinein, ein Befund, welchem wir schon in den Ausführungsgängen des Pankreas begegnet sind, und welchem wir auch noch bei anderen Epithelien resp. Drüsen, zum Theil sogar als allgemeine Regel wiederbegegnen werden. Auf die muthmass- liche Bedeutung dieser Einrichtung werde ich in der Schluss- betrachtung zu sprechen kommen, 658 K. W. Zimmermann: j 11. Die Hypophysis des Menschen. Mit Fig. 93 und 94. Das Material, welches mir zu Gebote stand, war leider nicht ganz tadellos, indem hier und da die Epithelien von der Unter- lage etwas losgelöst waren. Trotzdem waren die Präparate tür meine Zwecke durchaus brauchbar. Die Färbung war wie ge- wöhnlich mit Eisenhämatoxylin und Säure-Fuchsin vorgenommen. Wirkliche Follikel vom Charakter derjenigen der Thyreoidea waren an der Grenze zwischen dem cerebralen und dem pharyn- gealen Abschnitte in geringer Zahl und Ausdehnung vorhanden. Die bekannten Zellenstränge und -Haufen, welche den grössten Theil des pharyngealen Abschnittes einnahmen, zeigten grössten- theils, falls sie günstig vom Messer getroffen waren, ein deut- liches Lumen, das meist eckig und unregelmässig war und in vielen Fällen ein dunkelgefärbtes, homogenes Sekret enthielt. Die die Schläuche zusammensetzenden Zellen liessen zwei Haupt- typen erkennen. Die eine am reichlichsten vorhandene Form war im Allgemeinen gross und protoplasmareich. Die Kerne waren ebenfalls gross und rund und zeigten einzelne diekere Chromatinklümpchen, welche gewöhnlich mit der Kernmembran in Contact standen. In einzelnen Zellen zeigten sich eingeschnürte Kerne, oder gar zwei Kerne, die jedoch gewöhnlich aneinander lagen und oft verschieden gross waren (Fig. 94). Die Zellen zeigten die verschiedensten Färbungsgrade. Einzelne waren fein schwarzblau granulirt; doch standen die Granula so dicht, dass die ganze Zelle fast schwarz erschien (Fig. 95 a). Wieder andere waren etwas weniger dunkel (Fig. 95 b); dann fanden sich Zellen vom Charakter der mit ce und d bezeichneten. Die hellste Form ist in Figur 94 wiedergegeben. Die helleren Zellen nun (Charakter ce und d resp. Fig. 94) zeigten alle, wenn sie günstig getroffen waren, eine deut- liche, grosse Attractionssphäre. Dieselbe war in der Peripherie mit zahlreichen, feinen, kurzen Zacken versehen, welche meistens mit einem ganz dunklen, oft schwarzen Körn- chen endigten. In sehr günstigen Fällen war besonders bei den hellsten Zellformen in der Umgebung der Sphäre die Filarmasse radiär zur Sphärenmitte angeordnet, wenn auch nur andeutungs- weise. Die Sphäre war kräftig roth gefärbt, während das übrige [op} or Ne) Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. Protoplasma einen mehr violetten Ton angenommen hatte. In der etwas helleren Mitte war ausnahmsweise ein typi- sches Diplosoma zu beobachten, dessen Axe ge- wöhnlich durch den Kern ging, wenn auch nicht immer durch dessen Mitte. Die Sphäre stand regelmässig mit dem Kern in Contact. Jedoch war die Lage in der Zelle eine ganz beliebige. Bald fand siesich näherderfreienOberfläche, bald Bahnen" der Basiis, bald’ mehr! zur"Sett ee." "Dieses Verhalten ist durchaus befremdend und findet sich bei keinem der zahlreichen, von mir untersuchten anderen Epithelien. Es ist schr wahrscheinlich, dass wir es hier mit secerniren- den Zellen und zwar mit verschiedenen Functionsstadien zu thun haben. Vielleicht haben wir in den Formen a und b einerseits und den Formen c und d andererseits zwei verschiedene Zell- arten zu sehen, indem mir auch die ersteren etwas kleiner er- schienen, und ich auch bis jetzt weder eine Attractionssphäre noch einen Oentralkörper in ihnen habe entdecken können. Es wäre jedoch wohl möglich, dass durch die dunkle Färbung des Zellleibes diese Gebilde verdeckt wurden. Weitere Untersuchungen werden hoffentlich Klarheit über diesen Punkt bringen. Eine weitere, helle Zellart (e) ist viel kleiner und proto- plasmaärmer. Auch der Kern ist kleiner und mehr in die Länge gestreckt. Einen Gentralkörper habe ich bis jetzt nicht in ihnen entdecken können. An der dem Lumen zugekehrten Oberfläche hängen die Zellen ausnahmslos durch ein deutliches Kittleisten- netz zusammen, das nichts Aussergewöhnliches zeigt. 12. Die Niere des Kaninchens. Mit Fig. 95—101. In den Duetus papillares und den gröberen Sammelröhrehen der Pyramiden ist das Epithel hoch und hell (Fig. 95), und das Protoplasmagerüst zart und locker. In dem basalen Drittel der Zellen lassen sich deutlich auf der Unterlage senkrecht stehende Fäden wahrnehmen, welche im Querschnitt als feine Pünktchen erscheinen, also nieht etwa der Ausdruck von Wabenwänden sind. Die freie Oberfläche der Zellen ist meistens etwas vorgewölbt. Ein sehr schönes, sechs- 660 K. W. Zimmermann: ecekige Maschen aufweisendes Kittleistennetz, das regel- mässigste, was ich je beobachtet, verbindet die Zellen an den Rändern der freien Oberfläche mit einander. Ich möchte deshalb gerade diese Epithelien für die Darstellung des Kittleistennetzes zu Demonstrationszwecken als bestes Object empfehlen. Der Centralkörperistausnahmslos doppelt (also typisches Diplosoma), und liegt in der Zellaxe und zwar etwas von der freien Oberfläche entfernt, aber ihr doch viel näher als dem Kern. Die Axe des Doppelkörperchens fällt mit der Zellaxe zusammen, kann jedoch auch von ihr abweichen, wenn auch nicht mehr als 45°. Das ganze Gebilde ist von einem kleinen hellen Hof umgeben, der durch dunklere Körnchen, wenn auch oft nur undeutlich und unregelmässig abgegrenzt wird. Der kugelrunde Kern liegt so weit von der Basis entfernt, dass sein oberster Punkt ziemlich genau der Zellmitte entspricht. Der Kern enthält ein bis drei gröbere, platte Chromatinklümpchen, welche der Kernmembran dicht anliegen und oft dieselbe etwas vorwölben. In der Nähe des Kerns bemerkte ich bei vielen Zellen schwarzblaue Körner (Fig. 95) mit dunklerem Contour bald unterhalb, bald oberhalb des Kerns und zwar häufig diesen direkt berührend. Ob es sich hier um aus dem Kern ausge- tretene Massen handelt oder um was sonst, vermag ich nicht anzugeben. Gegen die Rinde hin werden die Epithelzellen der Sammel- röhrchen immer niedriger, das Mikrocentrum rückt immer näher der freien Oberfläche der Zelle, bisessie vollständig berührt. Zugleich tritt eine Veränderung an ihm auf: derder Oberfläche zunächst liegende Central körper verlängert sieh in derRicehtung der Diplo- somenaxe und zeigt eine Andeutung einer Ein- sehnürung. Zugleich rücken beide Körnchen etwas weiter auseinander, so dass man die Centrodesmose als feinste Linie deutlich zu sehen bekommt. An einem Präparat (Figur 96a), von dem ich leider weder angeben kann, woher es stammt, noch wie es fixirt war, da ich den Block unbezeichnet von anderer Seite erhielt, war schon in den stärkeren Sammelröhren der Pyramiden dieEinsehnürungdeslänglichen, oberflächlichen Körperehens sehr deutlich zuerkennen. Sie ging Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 661 meistens sogar so weit, dass man mit vollem Recht im Ganzen von drei CGentralkörpern sprechen konnte; doch lag der mittlere derselben stets dicht bei dem oberflächlicheren. Der letztere war der grösste von allen und erschien deutlich breiter als lang. Der mittlere war der kleinste von allen und kugelrund. Das basale Korn war in querer Richtung etwas grösser als in longitudinaler. Das ganze Gebilde war von einem helleren, elliptischen Hofe umgeben, der durch ein Körnerstratum begrenzt war. In ganz besonders günstigen Fällen konnte ich auch von den einzelnen Körnchen des Stratums feine Fädchen radiär ausgehen sehen, jedoch nur auf ganz kurze Strecken hin. Auffallend war, dass sich die Gentrodesmose deut- lieh über den basalen CGentralkörper in das Proto- plasma hinein fortsetzte und sich auf eine Distanz, welche die Entfernung des basalen Centralkörpers vom oberflächlichsten etwas übertraf, verfolgen liess. Auch über das oberflächlichste Korn hinaus konnte ich die Desmose verfolgen, aber weniger deutlich und weniger weit. Man könnte somit das ganze System mit drei ungleich gestalteten und grossen Perlen vergleichen, welche auf eine gerade gespannte Schnur aufgereiht sind. Ich möchte jedoch damit nicht gesagt haben, dass die Centralkörper durchbohrt wären. In den Markstrahlen sind die Zellen der Sammelröhren etwa so hoch als breit. Hier berührt dasMikrocentrum fast immer die Oberfläche. Immer sieht man die Des- mose. Immer ist das oberflächliehste Körnehen läng- lich mit angedeuteter Einsehnürung. Bei möglichst dünnen Schnitten und günstigen anderen Verhältnissen sieht man auch hier den bei dem Präparat unbekannter Herkunft be- schriebenen, basalwärts ziehenden Faden („Innenfaden“ habe ich ihn bei der Beschreibung der entsprechenden Verhältnisse in den Epithelzellen der Ausführungsgänge des Pankreas genannt) vom Körnchensystem ausgehen und sich im Zellleib verlieren. Ferner ragt, ebenfalls wie beim Pankreas (Ausführungsgänge) ein „Aussenfaden“, von dem mit der Oberfläche in Contact stehenden Korn ausgehend, frei in das Lumen desSammelröhrehens hinein. Der Aussenfaden hat manchmal ein Endknöpfehen, das aber stets den gleichen blassen Farbenton annimmt wie der 662 K. W. Zimmermann: Faden selbst und höchstens etwa die Grösse eines Central- körpers besitzt. Vielleiebt handelt es sich nur um eine Ver- quellung des äussersten Fadenendes, da es eben nicht häufig zu beobachten ist. Ich habe das gesammte System, bestehend aus den beiden Körnehen (resp. drei, wenn das oberflächliche tief eingeschnürt ist): dem Aussenfaden, dem Zwischenfaden (Centro- desmose) und dem Innenfaden, bei der Demonstration auf der Anatomenversammlung in Strassburg „UCentralgeissel“ ge- nannt, wegen der entfernten Aehnlichkeit mit einer Geissel, und weil die Körnchen mit den Centralkörpern anderer Zellen zweifel- los identisch sind. Ob der Ausdruck treffend ist oder nicht, will ich dahingestellt sein lassen. Ich möchte ihn, um unnöthige Umschreibungen zu vermeiden, beibehalten. Ich komme in der Schlussbetrachtung noch einmal auf das System zu sprechen. In den Sehaltstücken (s. Fig. 97 und 98), deren Epithel etwas breiter als hoch ist, ist das Kittleistennetz deutlich vorhanden. Das Centralkörpersystem steht mit einigen Ausnahmen immer mit der freien Oberfläche in Contact, besitzt überhaupt alles, was zu einer typischen „Uentral- geissel“ gehört. Die erwähnten Ausnahmen betreffen einige Zellen, welche ich hier und da zwischen den typischen Epithelzellen sah. Sie waren dunkler, homogener und viel kleiner, oft wie von den Nachbarzellen zusammengedrückt. In diesen Zellen glaubte ich einige Male, das Centralkörpersystem etwas unter der Oberfläche zu sehen. Es hatte auch mehr den Charakter eines gewöhn- lichen Diplosomas. Ob es sich hier um besondere Zellformen handelt oder nur um funktionelle Verschiedenheiten, vermag ich nieht anzugeben. Doch erscheint mir das letztere weniger wahrscheinlich, da die ganz gewöhnlich anzutreffenden Funktions- unterschiede nieht an nebeneinander liegenden Zellen ein und desselben Schaltstückes zu beobachten waren, sondern immer ganze Schaltstüeke unter. sich differirten. Fig. 97 und 98 zeigen solche Unterschiede. In Figur 97 sind die Zellen gross und ganz hell und zeigen nur eine unbestimmte Structur. Am hellsten ist die Zone zwischen Kern und freier Oberfläche. Es handelt sich hier wohl um sekretvolle Zellen. In Figur 98 sind die Zellen kleiner, besonders niedriger, welche Verminderung hauptsächlich die Zone zwischen Kern und Oberfläche betrifft. Diese schmale, oberflächliche Zone ist überhaupt heller als der breite basale Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 663 Abschnitt, der eine undeutliche, senkrechte Streifung aufweist. Die ganze Zelle ist entschieden dunkler als die andere Form, aber lange nieht so dunkel (ich spreche immer von Eisenhäma- toxylinpräparaten) als die Zellen der Tubuli eontorti. Diese Zellform glaube ich als sekretleer bezeichnen zu dürfen. Die Centralkörperverhältnisse sind bei beiden ganz gleich, nur gelingt es bei den sekretleeren Zellen nicht recht, den Innen- faden zu sehen, da wegen der geringen Entfernung zwischen Kern und Zelloberfläche der basale Centralkörper ganz gegen den Kern gedrängt ist. In den Zellen der aufsteigenden Schenkel, die in dem Kaninchenmaterial nicht besonders gut eonservirt waren, fanden sich nahe der Basis regelmässig einzelne, schwarzblau gefärbte Schollen, die kurze Ausläufer besitzen konnten. Die Letzteren verliefen jedoch nur in querer Richtung (auf das ganze Kanälchen bezogen). Anfangs war es mir nicht möglich, das Centralkörpersystem aufzufinden. Schliesslich gelang es mir jedoch, als ich Flächen- ansichten untersuchte. Da fehlte es nirgends. Als ich es endlich doch noch an Seitenansichten fand, konnte ich consta- tiren, dass es auch hier mit der Oberfläche in Contact stand. Ob ein Aussenfaden vorhanden ist oder nicht, vermochte ich nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Die Kittleisten waren überall zu erkennen. In den absteigenden Schenkeln (Fig. 99) mit den hellen platten Zellen, welche oft mehr als die Hälfte des ganzen Rohrquerschnittes einnehmen, ist die Centralgeissel mit allem Zubehör regelmässig vorhanden, und am besten an Querschnitten der Tubuli zu sehen, so weit der bis an die Oberfläche reichende Kern dies überhaupt zulässt. Hier ist das oberflächliche Korn am deutlichsten eingeschnürt, so deutlich wie in Fig. 96. Da zwischen Kern und Zelloberfläche kein Platz mehr ist, so liegt das System etwas abseits, doch so, dass das basale Ende des Systems meist gegen den Kern hingewendet ist. Das Kitt- leistennetz ist überall vollständig vorhanden. Es besitzt hier die grössten Maschen in der ganzen Niere. Die einzelnen Leisten verlaufen nicht gerade, sondern etwas wellig. In den Tubuli eontorti (Fig. 100 und 101) ist der ober- flächliche Bürstenbesatz der Zellen deutlich vorhanden. An der Grenze zwischen ihm und dem Protoplasma kann auch ich das 664 K. W. Zimmermann: von Sauer!) beschriebene und abgebildete, feine Körnechen- stratum, welches sich ganz dunkel färbt, deutlich erkennen. An Stellen, wo die einzelnen Stäbchen oder Borsten des Bürstenbe- satzes einzeln zu erkennen waren, schien es mir, als ob die Körnchen je an der Basis einer Borste sässen. Wir hätten dann, wenn ich richtig beobachtet. babe, ähnliche Einrichtungen, wie man sie noch deutlicher an der Basis von Flimmerhaaren dicht unter der Zelloberfläche findet. Das Centralkörpersystem steht auch hier mit der Mitte der Zelloberfläche, also auch mit der Basalseite des Bürstenbesatzes, in unmittel- barerBerührung. Einen Aussenfaden konnte ich jedoch nicht mit Sicherheit nachweisen, da der Bürstensaum alles verdeckt. Einmal (Fig. 101) glaubte ich ihn gesehen zu haben, doch ist eine Täuschung wohl möglich. Das Kittleistennetz ist, wenn auch sehr fein, doch überall vollständig vorhanden. Die einzelnen Leisten verlaufen etwas geschlängelt. An dem Epithel der Bowman’schen Kapseln konnte ich bis jetzt weder ein Kittleistennetz noch einen Centralkörper nachweisen. Einer Beobachtung muss ich noch Erwähnung thun: Auf Längsschnitten sehe ich an den Zellbasen, d. h. zwischen ihnen und der Membrana propria äusserst feine, ziemlich dieht stehende schwarze Fäden, die eireulär um das Canälchen herumlaufen. An den Tubuli contorti sind sie etwas stärker als an den Schaltstücken. An der Bowman’schen Kapsel kann man mehrere Richtungen erkennen, die sich theilweise durehkreuzen. Ob es sich dabei um Fibrillen besonderer Art oder um Zellausläufer oder um basale Kittleisten handelt, habe ich noch nicht feststellen können. Bis jetzt habe ich auch zwischen den Zellbasen und der Membrana propria nichts von Kernen, resp. Zellleibern, denen die feinen Fäden als Aus- läufer angehören könnten, bemerkt. Allerdings liegen in der Membrana propria Zellen, deren Ausläufer mehr eirculär verlaufen; sie treten aber nie mit den Epithelzellen in unmittelbare Be- rührung, wenigstens habe ich nichts davon bemerkt. 1) Sauer, H., Neue Untersuchungen über das Nierenepithel und sein Verhalten bei der Harnabsonderung. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 46. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 665 Nachdem ich diese Zeilen niedergeschrieben hatte, gelang es mir, auch an menschlichem Material das oben über Central- geissel und Kittleistennetz Mitgetheilte nachzuweisen. Es hat deshalb keinen Zweck, die menschlichen Verhältnisse besonders zu beschreiben. Nur möchte ich noch bemerken, dass die Cen- tralgeissel häufig excentrisch liegt, während sie sieh beim Ka- ninchen, wie wir gesehen haben, gewöhnlich ziemlich genau in der Mitte der freien Zelloberfläche findet. 13. Ureter und Nierenbecken. Mit Fig. 102—105. a) Ureter des Menschen (Hingerichtetern). Die eigenthümlichen Formen der Zellen des Uebergangs- epithels sind bekannt genug. Ich habe deshalb auf Einzelheiten nicht einzugehen und gebe nur eine ganz kurze Beschreibung der Verhältnisse im vorliegenden Falle. Das Epithel des vor- liegenden Ureters zeigte nicht überall im Querschnitt die gleiche Dicke. In den Tiefen zwischen den Schleimhautfalten war es am dünnsten, oft nur drei Zelllagen dick. Am kleinsten waren die Zellen an der Basis des Epithels, gegen die Oberfläche hin nahmen sie ganz allmählich an Grösse zu. Am grössten waren demnach die Zellen der oberflächlichsten Schicht (Deckzellen). Diese waren an manchen Stellen bedeutend in die Breite ge- dehnt und unterschieden sich auch, wie ich. noch zeigen werde, in anderen Beziehungen von den übrigen Zellen. Das Protoplasma aller Zellen mit Ausnahme der Deckzellen war im Allgemeinen ziemlich locker. Dies gilt hauptsächlich für den grösseren oberflächlichen Theil des Epithels bis dicht unter die Decksechicht. Besonders locker und hell war hier der grösste, den Kern ein- schliessende Abschnitt der Zellen. Ja, es war um den Kern herum eine grössere Zone fast frei von tingirbarem Proto- plasma, doch waren scharfe Grenzen zwischen der helleren und dunkleren Zone nicht vorhanden. In den der Basis am nächsten stehenden Zellen und in denjenigen der Deckschicht fehlte diese grosse helle Stelle um den Kern herum. Höchstens fand ich hier und da einmal bei den Letzteren eine wirkliche Vaeuole dieht am Kern und zwar entweder seitlich oder mehr gegen die Oberfläche zu (Fig. 104). Ich glaube nicht, dass die helle, nicht scharf begrenzte 666 K. W. Zimmermann: Zone um den Kern berum ein Kunstprodukt ist, da das Material kurze Zeit nach der Hinrichtung in Sublimat gelegt worden war, und ich an dem anderen, zu gleicher Zeit eingelegten Material nichts Dergleichen beobachtet habe. (Bei Fig. 95 könnte man eher an ein Kunstprodukt denken.) Das Protoplasma der Deekzellen färbte sich durchweg mit Säurefuchsin viel stärker als dasjenige der übrigen Zellen. Ganz besonders gilt dies für eine deutlich, aber nicht scharf gegen den übrigen Zellleib abgegrenzte dieke, die freie Ober- fläche bildende Schicht, die sich auch durch eine meist nicht sehr deutliche, senkrecht zur Oberfläche verlaufende Streifung auszeichnete. Da sich die ge- nannte streifige Protoplasmaschicht nicht scharf gegen den übrigen Zellleib abgrenzen lässt, so glaube ich nicht, dass man von einer Cutieula sprechen darf. (Disselhorst!), der eine vergleichende Untersuchung des Ureters angestellt hat, hat die gestreifte Schicht überhaupt nicht gesehen.) Die Deckzellen zeigten viele Varianten. Oft waren sie gegen die darunter liegenden Zellen durch eine auf weitere Strecken hin gerade verlaufende Linie abgegrenzt, so dass es fast aussah, als ob sie nach fertiger Entwicklung des Epithels diesem nachträglich aufgesetzt wären, zumal eine Zelle dieser Schicht im Sehnitt über vier darunter liegende Zellen sich erstrecken kann. Zuweilen sah ich die darunter liegenden Zellen mit ihrer leicht econvexen Oberfläche, wenn auch nur unbedeu- tende Eindrücke auf der Unterseite der Deckzellen machen. Wieder in anderen Fällen war es umgekehrt: die Zellen der Deckschicht waren auf der Unterseite stark abgerundet und näherten sich überhaupt mehr der Kugelform (siehe Figur 104). Wieder in anderen Fällen waren die Zellen höher als breit, ohne dass die darunter liegenden Zellen sich wesentlich von denen anderer Stellen unterschieden hätten. An manchen Stellen sah ich abgestorbene Zellen, aber nur in der Deckschicht (Fig. 104 die schwarzblaue Zelle; über den Vorgang des Absterbens siehe weiter unten); oder ich fand auf eine mehr oder weniger grosse Strecke hin die Deekschicht ganz fehlend, so dass die darunter liegende Schicht frei lag. In diesem Fall waren die der Ober- 1) Der Harnleiter der Wirbelthiere. Anatomische Hefte I. Abtheil. 11. Heft. 1894, [or\ eR BG) Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. fläche zunächst liegenden, also entblössten Abschnitte dieser Zellen deutlich dunkler mit Säurefuchsin gefärbt als der übrige Zellleib, zeigten also die Tendenz, den Charakter der Deckzellen anzunehmen. Man darf daher wohl annehmen, dass sie sich vollständig umgewandelt haben würden. Das Absterben der Deckzellen geht, wenn ich die Bilder richtig deute, in folgender Weise vor sich: Gewisse schwarz blau- gefärbte Körner, von denen noch weiter unten (folgende Seite) die Rede sein wird, und welche in ganz geringer Zahl fast in allen Deckzellen vorkommen (Fig. 104), nehmen an Zahl zu; besonders treten ganz kleine, unregelmässig gestaltete und schwarzblau sich färbende Krümel auf und vermehren sich derart, dass die betreffenden Zellen schliesslich viel dunkler aussehen als die übrigen Deckzellen (Fig. 103 links, das Stück einer nicht vollständig ge- zeichneten Zelle). Schreitet der Process in angegebener Weise fort, so beginnt die Zelle sich zu verkleinern und die Färbbarkeit durch Fuchsin-S. zu verlieren. Schliesslich resultiren Formen wie in Fig. 104 rechts. Solche Zellen haben augenscheinlich die Elasti- eität verloren, so dass sie bei Dehnungen des Epithels sich von der Unterlage und den Nachbarzellen ablösen und verloren gehen. In Fig. 103 ist oben rechts eine Stelle, wo sehr wahrscheinlich eine abgestorbene Zelle vor einiger Zeit ausgefallen ist. Was die Kerne betrifft, so besassen die Deckzellen deren öfters mehrere. Häufig fand ich auch tief eingeschnürte Kerne und vollständig durchgeschnürte, die jedoch dicht aneinander gedrängt lagen. Die Mehrkernigkeit ist also augenscheinlich auf amitotische Vorgänge zurückzuführen. Ueberhaupt ist es mir bis jetzt nicht gelungen, eine einzige Mitose im Ureterepithel aufzufinden. Nie habe ich beim Menschen weder im Ureter noch in der Blase so grosse Riesenepithelzellen gefunden, wie sie Dogiel bei Nagern sah, oder eine Art Syneytium, wie es Disselhorst augiebt. Regelmässig beobachtete ich in den Kernen aller Zellen einen oder mehrere schwarzblau gefärbte, rundliche Klümpchen, welche breit an der Kernmembran sassen. Nur in den Kernen der Deckzellen fand ieh auch zuweilen meist nur eine grössere, kugelrunde, schwarze Masse im Innern des Kerns (Nucleolus oder Chromatin ?). Ganz auffallend ist der Umstand, dassin / Zellen aller Schiehten aussen an der Kernmembran 668 K. W. Zimmermann: mehrere verschieden grosse, schwarzblau gefärbte Körner oder Tröpfehen sassen, welehe ein gewisses Grössenmaximum nicht überschritten. Ich fand kaum einen Kern, der nicht solehe Auswüchse gehabt hätte, abgesehen von den Zellen der Deckschicht, wo diese Tröpfehen nur aus- nahmsweise am Kern sassen. In einzelnen Fällen sah ich sie genau an einer Stelle hängen, wo ein schwarzes Klümpchen innen an der Kernmembran sass, so dass die beiden Massen nicht von einander zu trennen waren. Ich konnte mich des Eindruceks nicht erwehren, als ob diese Tröpfehen aus dem Kern austretende Substanz wäre. Thatsächlich bemerkte ich auch hie und da im Zellleib einzelne kugelrunde Massen, deren Grösse das Maximum der Kernanhänge nicht überschritt. Dieser Umstand beweist auch, dass die erwähnten Tröpfehen nicht etwa bei einer durch die Fixationsmittel hervorgerufenen Contraction der Kermmembran künstlich aus dem Kern herausgepresst wurden, da man dann solehe nur am Kern und nicht in einiger Entfernng von ihm im Protoplasma finden dürfte. Die Massen in den Zellleibern lagen meistens mehr basal, doch fanden sich, wie die Fig. 103 lehrt, auch solche an andern Stellen. In mit Alauneochenille gefärbten Präparaten erscheinen die Tropfen blassroth. Welcher Art die austretende Substanz ist, kann ich nicht sagen. Wahr- scheinlich ist, dass sie nicht aus der Zelle ausgestossen wird. Die Centralkörper der Zellen des Uebergangsepithels sind, wie gewöhnlich, doppelt vorhanden, ohne dass man jedoch von Diplosomen sprechen darf. Denn die einzelnen Central- körper sind zunächst nieht rundlich, sondern -ausge- sprochen stäbehenförmig und zwar etwa drei bis viermal so lang als breit. Zuweilen sind sie scheinbar rund, dann steht aber ihre Axe annähernd senkrecht auf der Präparatebene. Die Axen beider Stäbchen haben sowohl unter sich als auch im Be- zug auf den Kern oder zur Oberfläche ete. ganz beliebige Rich- tung. Doch habe ich bis jetzt nichts gesehen, dass beide Axen zusammenfallen. Ferner konnte ich eine Centrodesmose in keinem Falle nachweisen. Die Entfernung der Stäbehen von einander kann bis zur doppelten Stäbehenlänge betragen, überschreitet aber in den meisten Fällen eine Stäbchenlänge nicht. Eine direkte Berührung beider habe ich nie beobachtet. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 669 Das Stäbehenpaar liegt in einem kleinen helleren Hof, der allmählich in eine dunklere Zone übergeht. Die Letztere ist an der Peripherie gegen das übrige Protoplasma in besonders gün- stigen Fällen durch eine zackige Linie scharf abgegrenzt (Fig. 105), so dass man wohl von einer Astrosphäre sprechen kann. Das ganze System liegt regelmässig in dem der freien Oberfläche des Epithels näher liegenden Zellabschnitte, also niemals basal vom Kern. In Figur 103 ist der grösste Durchmesser fast jeder Zelle etwas nach rechts geneigt, als ob auf die Ober- fläche ein schräg nach rechts gerichteter Druck ausgeübt worden wäre. Dem entsprechend liegt auch das Mikrocentrum etwas mehr rechts. In tieferen Schichten des Epithels und in der Deekschicht (Fig. 104) berührt das ganze System gewöhnlich den Kern. Da, wo die helle Zone um den Kern herum auftritt, ist das Mikrocentrum vom Kern abgedrängt. Dass dem so ist, lehren Zellen, in denen die helle Zone fehlt (man findet zu- weilen solche in oberflächlicheren Schichten), und in denen dann die Attractionsspliäre (niemals die Stäbchen selber) direkt den Kern berührt (Fig. 105). Da die Deckzellen in vielen Fällen reich an schwarzblau gefärbten Körnchen im Protoplasma sind, wird das Auffinden ihres Mikrocentrums sehr erschwert. In Fig. 104 ist es im drei Zellen deutlich in einem hellen, dunkel- begrenzten Hof zu sehen. Auf die Aehnlichkeit der geschilderten Verhältnisse, das Mikrocentrum betreffend, mit denjenigen der Thränendrüse, ab- gesehen von der deutlichen Attractionssphäre, brauche ich wohl nicht erst hinzuweisen. Was nun die Kittverhältnisse betrifft, so sind die- selben beim Uebergangsepithel ganz eigener Art. Zunächst findet man an der freien Oberfläche des Epithels ein typisches, grossmaschiges KRittleistennetz. Dann sind die Deckzellen regelmässig an denRändern der basalen Flächen durch ein fortlaufendes Kittleistensystem unter sich und mit den zunächst darunterliegenden Zellen verbunden. Diese Kittleisten hängen mit solchen zusammen, welehedieRänder deran dieDeckzellen stossenden Flächen der betreffenden Zellen mit einander und mit den Deckzellen verkleben, so dass das Kittleistensystem unter den Deckzellen eomplieirter ist 670 K. W. Zimmermaiun: als das au ihrer freien Oberfläche. Ferner findet man regel- mässig sich blauschwarz färbende Kittleistensubstanz zwischen je zwei übereinander liegenden Zellen tieferer Schiehten. Sind die Berührungsflächen zwischen diesen Zellen gross, so finden sich die Kittleisten stets an den Rändern und kleben diese auch noch an die Seitenflächen der benach- barten Zellen, so dass immer mindestens drei Zellen durch ein und dieselbe Kittleiste zusammengehalten werden. Diese Leisten stehen alle mehr horizontal. Gerade aufsteigende Kitt- leisten sind nur ausnahmsweise vorhanden und stellen dann ganz kurze Stücke einer etwas im Ziekzack laufen- den, im grossen Ganzen aber horizontal gerichteten Kittleiste dar. Sind die horizontal stehenden Berührungsflächen zweier übereinander geschichteten Zellen sehr klein (in Fig. 103 finden sich mehrere soleher Fälle), so kann auch eine kleine Kittscheibe oder ein Kittklümpehen zwischengeschoben sein, das jedoch mit anderen färbbaren Kittmassen nicht in Verbindung steht. Zusammenhängende Kittleistennetze konnte ich also nur an der oberen und unteren Fläche der Deckzellenschicht wahrnehmen. Gegen die Basis des gesammten Epithels zu werden die tingiblen Kittmassen spärlicher und unscheinbarer. Zwischen der am meisten basal gelegenen Zellschieht und der darüberliegenden konnte ich nichts mehr von Kitt nachweisen. An der Unterseite der basalen Zellen sehe ich wieder reichliche, feinste, schwarze Fäden und Pünktehen (Querschnitte von Fäden), welche jedoch mit den Rändern der basalen Zell- flächen nicht zusammenfallen. Vielieicht handelt es sich hier um feine, basale Kittleisten. Vielleicht auch kommt hier die feinere Struetur einer Basalmembran zum Aus- druck. An der Thränendrüse und der Parotis habe ich direkt unter der Basis der Epithelzellen ebenfalls dunkle Streifen ge- sehen, dieselben aber auf Theile von basalen Zellen zurück- führen können. Wir müssen auch hier an diese Möglichkeit denken. Alle Bemühungen, entsprechende Zellleiber und Kerne aufzufinden, waren jedoch bis jetzt erfolglos. Zuweilen fand ich einzelne Leukoeyten im Epithel, theils rundlich (in Fig. 105 unten links), theils langgestreckt (unten rechts, zwischen Zellen der zweiten Lage). Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 671 b) Nierenbeeken des Kaninchens. Auf der Höhe der Nierenpapillen in der Umgebung der Mündungen der Duetus papillares ist das Epithel durchweg noch einschichtig. Auf den Abhängen der Papillen treten jedoch hier und da niedrigere Zellen zwischen den anderen auf. Diese sind !/, bis ?/, so hoch als die anderen und an der Basis breiter als an der Spitze. In den meisten Fällen geht ein Busse Kweiter“: Gang.’v 0 nider.O'berflä cherid:eis Epithels bis zu den niedrigeren Zellen. Hier und da finden sich jedoch auch niedrigere Zellen, welche vollständig von der Oberfläche des Epithels abgedrängt sind, so dass die Nachbarzellen über sie herüberragen und sie vollständig bedecken. Im feineren Bau sind alle Epithelzellen gleich. Beim Uebergang des äusseren Papillenepithels in das Epithel des eigentlichen Nierenbeckens nehmen die niedrigeren Zellen an Zahl zu und bilden sehr bald eine geschlossene Lage. Zu- gleich werden die von der Basis abgedrängten, oberflächlicheren Zellen grösser und breiter. Weiter nach dem Ureter zu kommen zu den zwei Zellschichten allmählich andere hinzu, so dass wir schliesslich die gleichen Bilder erhalten wie im Ureter. Auch finde ich zuweilen im Protoplasma einzelne schwarz- blaue Klümpcehen in der Nähe des Kerns oder ihm direkt anliegend. Fig. 102a zeigt einen Flach- schnitt vom Epithel einer Nierenpapille dieht an deren Basis. Man sieht, dass die Maschen des Kittleistennetzes, resp. die Zellen selbst, sehr unregelmässige Formen haben !), dass ferner einzelne zwei Kerne besitzen. In jeder Masche, resp. Zelle sind je zwei stäbehenförmige Central- körper zu erkennen, die sich gerade so verhalten wie diejenigen des menschlichen Ureters. Sie bilden also zusammen ein System und liegen zwischen Kern und freier Oberfläche und zwar in den Zellen der Nierenpapille mehr in der Mitte zwischen Kern und freier Oberfläche (das gilt auch für die niedrigeren Zellen), in dem eigentlichen Nierenbeeken näher dem Kern und 1) Die Zeichnung ist kleiner gehalten als die übrigen, um nicht unnöthig Platz zu verschwenden. — Oben rechts (b) ist ein kleiner Theil der Zeichnung in gleicher Grösse gehalten wie die übrigen Fi- guren. Zwei von dem Stern ausgehende Linien verbinden die ent- sprechenden Stellen miteinander. Archiv f, mikrosk. Anat. Bd. 52 44 672 K. W. Zimmermant: zwar in den Zellen aller Schichten in gleicher Weise. In ei nigen Zellen mit zwei Kernen (nahe dem unteren Ende der Zeichnung) habe ich bestimmt zwei Cen- tralkörperpaare gesehen, von denen jedes der Lage nach je einem entsprechenden Kerne zugehört. Ich habe nieht in allen Zellen mit zwei Kernen auch zwei Centralkörperpaare auffinden können, woraus man jedoch nicht schliessen darf, dass das zweite Paar thatsächlich fehlt. Bei so kleinen Gebilden und dem Umstand, dass ein dunkler Kern direkt darunter liegen kann, ist es sehr leicht möglich, dass man sie übersieht. Die Zeichnung lehrt, dass, wenn das Centralkörpersystem auch im Allgemeinen zwischen Kern und freier Oberfläche liegt, es doch erheblich nach irgend einer Seite verschoben sein kann. 14. Die Samenblase des Menschen (Hingerichteter). Mit Fig. 106 und 107. Die Samenblase des Menschen besitzt bekanntlich kubisches Epithel. Auf der Höhe und den Seitenflächen der Leisten war das Epithel im vorliegenden Falle niedriger als in der Tiefe zwischen den Leisten. Hier und da fand ich zwischen und zum Theil unter den Epithelzellen einzelne andere, oben abge- rundete und nur etwa halb so hohe Zellen (Fig. 107). Zuweilen traten diese basalen Zellen reichlicher auf und schlossen sich dieht an einander an, so dass thatsächlich eine Strecke weit (das Epithel zweischichtig war. In solchen Fällen waren die basalen Zellen mehr abgeplattet und erschienen im Schnitt (senkrecht zur Oberfläche) annähernd spindelförmig (Fig. 106). Die oberflächliehen Zellen werden durch ein ziemlich regel- mässig gestaltetes Kittleistennetz zusammengehalten. In Präparaten, deren Entfärbung vorsichtig bewerkstelligt worden war, sah ich ganz gewöhnlich dieht unter der Epithel- basis feine, schwarzblau gefärbte Striche und Punkte ganz wie beim Epithel des Ureters. Ob es sich hier wirklich um Kitt handelt, vermag ich nicht zu entscheiden. Zwischen den basalen und den oberflächlichen Zellen konnte ich nichts dergleichen wahrnehmen. Was die Centralkörper anbetrifft, so besitzen die basalen Zellen ausnahmslos je ein typisches Diplosoma, Dasselbe befindet sich regelmässig zwischen Kern und der dem Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 673 Lumen zunächst liegenden Zelloberfläche, kann dabei jedoch weit nach der Seite verschoben sein (Fig. 106 in der Mitte). Da die Protoplasmaschicht, welche das Gebilde birgt, nur dünn ist, verläuft die Axe desselben parallel zu der an dem ihn zunächst befindlichen Punkt der Kernoberfläche gelegten Tangentialebene. Die Centralkörper der oberflächlichen Zellen zeigen dagegen ganz andere Verhältnisse. Zwar besitzt jede Zelle deren zwei, beide liegen aber weiter auseinander, als es gewöhnlich bei dem Diplosoma der Fall ist, und sind ungleich gestaltet. Der eine ist stets länglich, häufig quer ein- seschnürt und berührt die freie Oberfläche unmittel- bar; der andere ist rundlich und liegt mehr basal. Die sehr deutliche Centrodesmose setzt sich in Zellen, wo der Raum zwischen Kern und Oberfläche es gestattet, über den basalen Centralkörper fort und verliert sich im Protoplasma. Wenn auch nicht inallen Fällen, so dochin vielen,sah ich auch über das oberflächlicheKör- perchen hinaus den Verbindungsfaden sich fort- setzen und frei in das Lumen hineinragen. Wir haben also in den genannten Fällen Einrichtungen („Centralgeissel“), wie wir sie in gewissen Abschnitten der Niere durchaus als Regel kennen gelernt haben. Ob in den anderen Fällen der überaus feine „Aussenfaden“ prinzipiell fehlte, ob er abgerissen war, oder ob sein Fehlen nur vorübergehend, also periodisch ist, oder schliesslich ob er zwar vorhanden, aber an die Zelloberfläche angelegt und mit ihr künstlich verklebt war, so dass ich ihn nicht sehen konnte, das sind Fragen, in welche weitere Untersuchungen Lieht bringen müssen, sowie in die Bedeutung der Einriehtung überhaupt. In wenigen Fällen konnte ich die beiden Central- körper des Systems optisch nicht deutlich von einander trennen, was mir bei den Zellen im Ausführungsgangssystem des Pankreas vielfach auch nicht gelungen ist, so dass nur ein verhältniss- mässig langes Stäbchen erkennbar war. Einmal (Fig. 106 rechts) lag der basale, runde Centralkörper neben dem oberflächlichen, länglichen. Fig. 107 zeigt zwei Zellen, deren Oberfläche etwas abgehoben ist. Sehr wahrscheinlich handelt es sich hier um Sekretansammlung unter der Oberfläche. Dabei hat das Uentral- körperehen eine eigenthümliche Lage angenommen: in beiden 674 K. W. Zimmermann: Fällen steckt das basale Körnchen im eigentlichen Protoplasma, während das oberflächliehere, eingeschnürte Körperchen in der Sekretansammlung liegt und zwar bei der rechten Zelle noch im Contaet mit der Zelloberfläche und mit herausragendem Aussen- faden, in der linken Zelle mitten in der Sekretmasse und mit innerhalb der letzteren bis zur Oberfläche verfolgbarem Faden (früherem Aussenfaden). Falls es sich hier nieht um cellular- pathologische Zustände oder Kunstprodukte handelt, sind von weiteren Untersuchungen dieser Verhältnisse wichtige Aufschlüsse über die Beziehungen der Centralkörper zur Sekretion zu erhoffen. Für jetzt muss ich mich auf die eben mitgetheilten Beobach- tungen beschränken. 15. Der Nebenhoden des Menschen (Hingerichteter). Mit Fig. 108 und 109. In dem hohen Flimmerepithel sind bekanntlich im Wesent- lichen zwei Zellformen vorhanden: ganz helle, rundliche mit breiter, etwas abgerundeter Basis (sogenannte „Ersatzzellen*“), der Membrana propria aufsitzend, welche ich nicht ganz bis zur Oberfläche verfolgen konnte, und dunkler gefärbte, von der Basis bis zur Oberfläche reichende, die Flimmerhaare tragende Zellen. Gelingt es, Stellen zu finden, wo die Axen der Epithelzellen ge- nau in der Schnittebene liegen, so sieht man bei günstig getroffenen Zellen der ersten Kategorie häufig einen immer schmaler wer- denden Zellfortsatz zwischen den Flimmerzellen lumenwärts ziehen. Es gelang mir jedoch nie, denselben bis zur Oberfläche zu ver- folgen. Andere Zellen waren dagegen fast kugelrund. Die Zellen erscheinen zwischen diejenigen der zweiten Kategorie eingezwängt, so dass die letzteren auf die Seite gedrängt werden. Die Kerne sind annähernd kugelförmig und liegen ganz basal. Im Zellleib bemerkt man bei den genau längs getroffenen und vollständig im Schnitt liegenden Zellen eine kegelförmige, dem Kern auf- sitzende und mit der Spitze oberflächenwärts gerichtete, etwas dunklere, feinstructurirte Protoplasmamasse, deren Spitze als feiner, mehr oder weniger dunkelblau ge- färbter, meistens leicht geschlängelter Faden in den Zellfortsatz hinein ausläuft. Es gelang mir bis jetzt nicht, ihn über die Mitte des gesammten Epithels hinaus zu verfolgen. In der kegelförmigen Protoplasmamasse nun be- Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 675 merkte ich regelmässig in geringer Entfernung von dem Kern eintypisches Diplosoma, das aber gewöhnlich der Ober- fläche der Masse anlag. In den runden Zellen, welche keinen Fortsatz aufwiesen, war auch keine dunklere Protoplasmaparthie zu bemerken. Das Diplosoma fehlte jedoch nicht und lag regel- mässig dicht oberhalb des Kerns (s. Fig. 108 in der Mitte). Ganz andere Verhältnisse zeigten die eigentlichen Flimmerzellen, die im Allgemeinen von der Basis bis zur Oberfläche reichten, wenn sie auch hier und da durch die hellen Zellen mehr oder weniger von der Basis abgedrängt waren. Die Zellen waren sehr verschieden breit, wie aus dem in Figur 109 dargestellten Flächenbild ersichtlich ist. Die in verschiedener Höhe liegenden Kerne waren der Zellform entsprechend in die Länge gestreckt. Auffällig ist, dass vielenKernen, wenn nicht den meisten, an demderBasis zugekehrten Ende ein oder zwei sehr verschieden grosse, ku- gelrunde und blauschwarz gefärbte Körner ge- wöhnlich unmittelbar aufsassen. Dieser eigenthüm- liche Befund erinnert sehr an die beim Ureter beschriebenen Verhältnisse, nur dass dort die schwarzen Körner allenthalben an der Kernoberfläche sassen. Wie dort finden sich auch hier blauschwarz gefärbte Körnchen im Zellleib, jedoch viel zahl- reicher und nur oberhalb des Kernes. Sollten die an der basalen Kernseite gelegenen Tropfen wirklich aus dem Kern stammen, was man wohl vermuthen, aber schwerlich bestimmt beweisen kann, so müsste man auch in der Kernmembran eine bestimmte, nur an der basalen Seite gelegene Austrittspforte (eine hypothe- tische „Karyopyle“) annehmen, da ich an keiner anderen Stelle der Kernoberfläche jemals ein Körnchen sitzen sah. Man müsste dann auch annehmen, dass die Körnehen oder Tröpfchen nach dem Austritt aus dem Kern an ihm vorbeiwandern und allmäh- lieh zur Oberfläche gelangen, soweit nicht solche etwa im Proto- plasma selbst entstehen. Ob die hier beschriebenen Verhältnisse identisch sind mit den von Van der Stricht!) bei Lacerta ge- fundenen Sekretionsvorgängen, vermag ich nicht zu entscheiden, da sich meine Untersuchungen bis jetzt nur auf den Menschen erstreckten. ec ET signification des cellules &pitheliales de l’eEpididvme de La- certa vivipara. Comptes rendus d. |. soc. de biologie s. IX. f. 5 1893. 676 K.W. Zimmermann: Mit Centralkörpern haben die am Kern sitzenden Körner sicher nichts zu schaffen. Der Zellleib war unterhalb des Kerns deutlich dunkler als anderswo, ein Umstand, den man so oft bei secernirenden Zellen findet. Das Aufsuchen der Centralkörper wurde durch die zahlreichen Körner anfangs sehr erschwert. Es gelang jedoch bei guter Färbung und guter Beleuchtung bald, dieselben regelmässig dieht unter der Oberfläche, meist genauin der Mitte derselben, und zwar ineinem etwas helleren Hofe zu finden. Sie sind gewöhnlich kleiner als die erwähnten dunkeln Körner im Protoplasma, weshalb man sie anfangs leicht übersieht. Wie auch in andern Fällen, findet man die Centralkörper viel leichter und unter günstigen Umständen in allen Zellen, wenn man in einem Flachschnitt auf die Kittleistenebene oder ein wenig tiefer einstellt (s. Fig. 109). Man beobachtet dann auch, dass nur in wenigen Fällen das Diplo- soma excentrisch liegt. Dieser Umstand, dass in allen benachbarten Feldern das Diplosoma vorhanden ist, beweist, denke ich, dass keines der Felder zu einer hellen Basalzelle gehört, da ja bei diesen regelmässig das Diplosoma in der Nähe des Kernes liegt, dass also auch keine Zelle dieser Art trotz des beschriebenen aufwärtsstrebenden Fortsatzes bis zur Oberfläche reicht. Die Axe des Diplosomas fällt meistens annähernd mit der Zellaxe zu- sammen, kann jedoch auch erlieblieh davon abweichen. Niemals steht sie jedoch quer. Zuweilen bemerkt man schmale, bis auf eine etwas hellere, obere Parthie blauschwarz gefärbte Zellen, wie wir das auch beim oberflächlichen Magenepithel und in der Deekzellenschicht des Uebergangsepithels kennen gelernt haben. Ich halte sie für abge- storbene Epithelzellen. Sie sind insofern von besonderer Bedeutung, als man an ihnen, da sie nur immer einzeln vorhanden sind, leicht entscheiden kann, ob sie durch die basalen Zellen von der Basalmembran abgedrängt werden oder nicht. Sie reichen regel- mässig bis zur Basalmembran herunter und werden höchstens durch die basalen Zellen auf die Seite gedrängt oder erhalten von den- selben seitliche, rundliche Eindrücke am basalen Abschnitt. Es geht daraus hervor, dass man keine Berechtigung hat, von einem geschichteten Epithel hier zu reden, obschon die hellen Zellen nicht bis zur Oberfläche reichen. Wir haben eben hier Verhält- Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 677 nisse wie in einem Walde: Gras oder Moos, Unterholz und hohe Bäume; sie überragen einander, aber sind nieht übereinander- geschichtet. Allerdings lagen die basalen Zellen auf grössere Strecken hin oft sehr nahe bei einander, dass die basalen Theile dder Flimmerzellen sehr verschmälert wurden, doch konnte ich mich nie davon überzeugen, dass die Flimmerzellen von der Basis vollständig abgeschlossen wurden. Einmal beobachtete ich eine Flimmerzelle, welehe nicht nur nieht bis auf die Basis reichte, sondernsogar noch kürzer als breit war, also ganz oberflächlich lag, ohne jedoch über die Umgebung vorzuragen. Im Uebrigen hing sie mit den benachbarten Zellen in gewöhnlicher Weise durch Kittleisten zusammen. Das Kittleistennetz liegt wie gewöhnlich ganz ober- flächlich und zeigt, der ungleichen Dicke der Zellen entsprechend, sehr verschieden weite Maschen, so dass 10 der kleinsten Maschen wohl in einer einzigen der grössten Platz hätten. Was die Frage anbetrifft, ob die basalen, hellen Zellen Ersatzzellen seien oder nicht, so möchte ich mich Hermann anschliessen, der in den „Ergebnissen“ für 1894 gegen den Namen „Ersatzzellen“ Front machen zu müssen glaubt. Er giebt an, dass bei Thieren Kerntheilungsfiguren in den Flimmerzellen sehr häufig seien. Ich habe zwar beim Menschen, so sehr ich mich auch bemüht habe, nicht eine einzige gesehen. Doch konnte ich andererseits auch nie eine Andeutung von Uebergängen zwi- schen den basalen Zellen und den Flimmerzellen auffinden. Der Ersatz für die abgestorbenen und allmählich schrun- pfenden Flimmerzellen kann sehr wohl zeitweilig durch Dicken- wachsthum der Nachbarzellen geschaffen werden, wie die sehr verschieden dieken Querschnitte der Flimmerzellen beweisen (s. Fig. 109). Ich muss hierbei noch bemerken, dass der Hoden des Hingerichteten eine ganz minimale Spermatogenese aufwies und dementsprechend auch im Nebenhoden eine ganz geringe Menge von Spermatozoen zu finden war; ja in vielen Querschnitten des Duetus epididymidis war nicht ein einziges zu finden. Es geht daraus hervor, dass in der ganzen Geschlechtssphäre (vielleicht infolge psychischer Einflüsse) eine ganz geringe Thätigkeit herrschte, wodurch vielleicht auch der gänzliche Mangel an Kerntheilungs- figuren im Nebenhoden erklärt werden könnte. 678 K. W. Zimmermann: 16. Der Uterus des Menschen. Mit Fig. 111—114. Das Material war von anderer Seite mit Sublimat fixirt. Leider war es mir nicht möglich, irgend etwas über die Per- sonalien der Leiche, von welcher der Uterus stammte, zu erfahren. Das Oberflächenepithel war überall vorhanden und anscheinend gut fixirt. Ein deutliches Kittleistennetz ver- band die Ränder der freien Zelloberflächen mit einander. Jede Kittleiste erschien rundlich im Querschnitt. Nur wenige Flimmerzellen waren zu beobachten; diese waren aber gut ausgebildet. Ein jedes Flimmerhaar zeigte an der Basis dicht unter der Zelloberfläche ein schwarzblau gefärbtes, stäbehenförmiges Knötchen. Eine Glie- derung konnte ich an demselben nicht deutlich wahrnehmen. Die Länge des Stäbchens war ungefähr die eines Diplosomas. Die Flimmerhaare selbst waren nirgends mit einander verklebt, so dass ich jedes einzelne deutlich erkennen konnte. Es gelang mir in keinem Falle ein Centrosoma oder Diplosoma aufzu- finden, obschon solehe in den Nachbarzellen absolut scharf und schwarz hervortraten. Es ist jedoch wohl möglich, dass dasselbe zwischen den Basalknötchen der Flimmerhaare steckte und von diesen verdeckt wurde. Die übrigen Zellen des Oberflächenepithels waren sehr verschieden hoch und breit, wie die Fig. 110 bis 113 zeigen. Die freie Oberfläche, an der ich nichts von irgend einer Cuti- eularbildung beobachten konnte, war meistens stark über das Niveau des Kittleistennetzes vorgewölbt, und zwar bei den ein- zelnen Zellen in sehr verschiedenem Grade. Hier und da fanden sich Gruppen von Zellen, bei denen der oberste Theil der Her- vorragung ganz hell erschien (Fig. 112), so dass man den Ein- druck erhielt, als ob sieh hier Sekret angesammelt hätte. Die Grenze zwischen der hellen Stelle (Sekretanhäufung) und dem eigentlichen Protoplasma war nie eine absolut scharfe. Von dem Heraustreten des Sekrets aus der Zelle etwa durch Platzen der Zell- membran oder auf andere Weise konnte ich nichts wahrnehmen. Einzelne Kerne überragten zum Theil (im Maximum bis zu !/,) das Niveau des Kittleistennetzes (s. Fig. 111). Man kann daraus schliessen, dass die Grösse der gesammten Zelle gegen- über derjenigen des Kerns eine relativ geringe sein muss. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 679 Die Centralkörper waren ausnahmslos in jeder ei- lienfreien Zelle in Form je eines typischen Diplosomas vorhanden. Dasselbe lag in der Oberflächenkuppe und be- rührte stets die Oberfläche unmittelbar, aber nur mit einem einzigen Üentralkörper. Es war bald ganz in der Spitze der Hervorragung, bald ganz an der Seite zu sehen. In den Fällen, bei denen eine Flüssigkeitsansammlung unter der Oberfläche stattgefunden hatte, lag das Diplosoma stets noch im unveränderten Protoplasma, aber meistens dicht an der Grenze und zugleich an der Zelloberfläche. In ganz wenigen Fällen sah ich von dem oberflächlichen Central- körper einen feinen kurzen Faden ausgehen und frei an der Oberfläche vorragen. Eine Täuschung erscheint mir ausgeschlossen. Der Umstand, dass ich an den übrigen Zellen nichts dergleichen beobachtete, spricht nicht dagegen, da das schr zarte Fädehen sicher leicht zerstörbar ist, besonders am Oberflächenepithel, wenn mehrere Stücke in einem Glase auf- bewahrt werden (Fig. 113). Wir haben bei der Thränendrüse, dem Oberflächenepithel des Magens und bei den Becherzellen des Darms gesehen, dass das Mikrocentrum mitten in der Sammelstelle des Sekrets lag, dass also die letztere von einem, wenn auch noch so zarten Protoplasmagerüst, welches das Mikrocentrum in situ erhielt, durchsetzt sein musste. Bei den erwähnten Uterusepithelzellen lag jedoch das Mikrocentrum niemals in der Sekretansammlung, son- dern stets im eigentlichen Protoplasma, waraus ich schliessen muss, dass die Sekretansammlung ganz frei von Filarmasse ist. Es liegt nun nahe, anzunehmen, dass auch der scharfe ober- flächliche Contour dem geronnenen Sekret angehöre, wie man das so häufig sieht (z. B. an den wurstförmigen, der Zellober- fläche aufsitzenden Sekretmassen in der Thränendrüse), und dass die Grenze zwischen der Sekretansammlung und dem unverän- derten Protoplasma der eigentlichen Zelloberfläche entspreche. Aber gerade der Umstand, dass diese Grenze nicht scharf ist, ruft Bedenken hervor, dies anzunehmen. Bei obiger Ausein- andersetzung ist vorausgesetzt, dass es sich um wirkliche, nor- male Sekretion handelt. Wir dürfen uns jedoch nicht verhehlen, dass auch ein cellularpathologischer Vorgang oder gar ein Kunst- produkt vorliegen könnte. 680 K. W. Zimmermann: Die Drüsen (es handelt sich um Fundus uteri) zeigten ein hohes, ganz helles Epithel (Fig. 114), das etwa 2—3 mal so hoch war als das Oberflächenepithel. Das Kittleistennetz zeigte ziemlich regelmässige Maschen und wurde von der Zelloberfläche nicht wesentlich überragt. Das helle Protoplasma zeigte nichts besonders Erwähnenswerthes. Irgend eine Zonirung oder An- deutung besonderer Funktionsstadien vermochte ich nicht nach- zuweisen. Auch vom Austreten des Sekretes sah ich nichts. Die Kerne waren viel grösser als diejenigen des Oberflächen- epithels und erreichten oft die halbe Länge der Zelle. Sie lagen zwar im Allgemeinen näher der Basis, in den einzelnen Zellen jedoch verschieden weit von ihr entfernt. Ausnahmslos konnte ich in jederZelle je ein typisches Diplosoma nachweisen. Nur ausnahmsweise lagen die beiden Centralkörper etwas weiter auseinander. Die Desmose fehlte in dem Falle jedoch nicht. Die Axe des Systems näherte sich zwar meist der Zellaxe, oder fiel ganz mit ihr zu- sammen, wich jedoch nicht selten von ihr ab und konnte sogar in wenigen Fällen fast quer stehen. Ganz auffallend war die Lage des Gebildes im Zellleib: Bald fand es sichin der Nähe des Kerns, bald ganz dieht an der freien Oberfläche, bald irgendwo dazwischen, aber niemals basal vom Kern. Man könnte mit Rücksicht auf die Beobachtungen am Epithel der Darmkrypten denken, dass die Diplosome herunterrückten, um eine Kerntheilung einzuleiten. Dieses ist jedoch ausgeschlossen, da es mir nie gelang, eine indirekte oder direkte Kerntheilung aufzufinden. Auch war es mir nicht möglich, die Verschiedenheit in der Lage zur Sekre- tion in Beziehung zu bringen, obschon das Letztere das Wahr- scheinlichere ist. Vielleicht werden vergleichende Untersuchungen Aufklärungen über den fraglichen Punkt bringen. Fig. 114 stellt einen etwas diekeren Schnitt dar. Sämmt- liche Kerne und Diplosome wurden eingezeichnet. 17. Geschichtetes Plattenepithel. Mit Fig. 115 und 116. Zuerst untersuchte ich mit Eisenhämatoxylin gefärbte Prä- parate von der Fingerbeere von Inuus Rhesus und von Tast- ballen eines wenige Tage alten Kätzehens. Die Epithelfasern Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 681 färbten sich jedoch so intensiv schwarzblau, dass es mir absolut unmöglich war, etwas vom Mikrocentrum in irgend einer Epithelzelle zu beobachten. Besseren Erfolg hatte ich jedoch beim Studium des Cornealepithels vom Rhesusaffen und des Plattenepithels derZunge vom Menschen. a, Das Seschichtete Plattenepitkeh der Corneg von Inuus Rhesus. Mit Fig. 115. Das Epithel zeigte im Allgemeinen die bekannten Verhält- nisse. Die unterste Schicht enthielt prismatische Zellen, welche im Allgemeinen wenig höher als breit waren, aber ziemliche Höhenschwankungen zeigten. Sie nahmen den vierten Theil bis die Hälfte der gesammten Epitheldicke ein. Die folgenden Sehiehten nahmen schnell an Dicke ab, so dass schon einzelne Zellen in der zweiten Schicht und sämmtliche in der dritten Schieht breiter als hoch waren. Die tieferen Zellen steckten immer, wie das von dem Cormnealepithel ja allgemein bekannt ist, mit ihren abgerundeten Kuppen in entsprechenden Vertie- fungen der darüber liegenden Zellen. Die Zellen der tiefsten Schicht zeigten eigenartige Reliefverhältnisse. An den Seitenflächen beobachtete ich feine, parallel verlaufende und auf der Unterlage senkrecht stehende, blass bläulich gefärbte Linien, welche mir der Ausdruck von Leisten zu sein schienen. Ob nun diejenigen der Nachbarzellen mit den Kanten zusammenstiessen, oder ob sie in einander griffen, vermochte ich nicht bestimmt zu entscheiden. Flachsehnitte würden darüber Klarheit bringen. Ich habe solche jedoch noch nicht angefertigt, da diejenigen senkrecht zur Oberfläche meinem Hauptzwecke, d. h. dem Aufsuchen der Centralkörper vollständig genügten. Auf den abgerundeten Kuppen der Zellen machten die Leisten zahlreichen, kleinsten Wärzchen Platz, welche breit und dunkel contourirt waren, während im Bereich der Leisten die Contouren viel feiner erschienen. Diese Wärzehen fanden sich auch auf der convexen Oberfläche der Zellen der zweiten Schicht, wenn auch nicht so bestimmt ausgesprochen. Bei den folgenden Zellen konnte ich von den Wärzehen nichts wahrnehmen, wohl aber den dunklen Saum, Es machte mir nieht den Eindruck, als ob die dunkle, 682 K. W. Zimmermann: die Zelloberfläche überziehende Schicht (Saum) Kitt darstellte. Vielmehr scheint es mir sich hier eher um dunkler gefärbtes Exoplasma zu handeln. Jedenfalls kann ich diese Frage noch nicht bestimmt entscheiden. Auch über eine die Grenze zwischen Epithel und Unterlage darstellende Schicht feinster, ganz dicht stehender, dunkelblauer Pünktchen — sie sind viel feiner als die Centralkörper — konnte ich noch nicht in's Klare kommen. Jedenfalls handelt es sich nieht etwa um Querschnitte subepi- thelial verlaufender feinster Nervenästchen, da die durch die Bowman’sche Membran ziehenden Nervchen sich stets ungefärbt präsentiren. Die Centralkörper konnte ich in jeder Zelle der drei untersten Schichten als eehtes Diplosoma deutlich nach- weisen und zwar wie bei allen übrigen Epithelien immer zwischen dem Kern und der der Oberfläche des Gesammtepithels zugekehrten Seite. Regelmässig sah ich, falls der Schnitt genügend dünn war, und die Nachfärbung mit Säurefuchsin die genügende Intensität hatte, das Diplosoma in einem wenig dunk- leren, rundlichen Felde, das einen noch dunkler punktirten Saum aufwies. Zuweilen war innerhalb dieser Attractionssphäre dicht um das Diplosoma herum noch ein ganz schmaler, heller Hof zu bemerken. Vom Rande der Attractionssphäre aus konnte ich in sehr günstigen Fällen deutlich einzelne Strahlen, wenn auch nicht weit in den Zellleib hinein, verfolgen. Eigenthüm- lieherweise lag regelmässig die Attraetiens- sphäre der Zellperipherie diehtan, ganz ohne Rücksicht darauf,’ ob’ der Kern dich ad oder weiter entfernt lag. Ich habe viele Fälle beob- achtet, wo zwischen der Attractionssphäre und dem Kern ein deutlicher, mehr oder weniger breiter Protoplasmastreifen lag, in dem ich günstigen Falls eine Andeutung von der erwähnten Strahlung sah, die von der Attraetionssphäre ausging. Es liegt also auch hier eine gewisse Lageunab- hängigkeit des Mikrocentrums nebst Sphäre vom Kern vor. Das eben Erörterte gilt für die beiden untersten Zellenschiehten und zwar hauptsächlich für die basale. Bei den folgenden, protoplasmaärmeren Zellschichten trat die Attraetionssphäre nicht mehr so deutlich hervor und berührte, wo sie erkennbar war, sowohl Kern als Oberfläche, da überhaupt Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 683 wenig Raum zwischen beiden vorhanden war. Bei den stärker abgeplatteten Zellen konnte ich das Mikrocentrum nur in einigen erkennen, weil es hier mehr seitlich lag und deshalb wohl in den Fällen, wo ich es nicht bemerkte, vom Kern verdeckt wurde. Augenscheinlich hatte es keinen Platz zwischen dem Kern und der der Oberfläche zugekehrten Seite der Zelle. b) Geschichtetes Plattenepithel der Zungen- wurzel vom Menschen (Hingerichteter). Mit Fig. 116. Das Protoplasma des Oberflächenepithels färbte sich hier zwar weniger intensiv als in der Haut, doch hatte ich ebenso- wenig bei der Nachforschung nach Centralkörpern Glück. Ich konnte constatiren, dass nicht sämmtliche Zellen durch Riffe und Stacheln, resp. durch diese miteinander verbindende Kittklümp- chen miteinander verbunden waren. Vielmehr hingen die stark plattgedrückten Zellen einer diekeren, dicht unter der Oberfläche gelegenen Schicht an ihrer scharfen Kante durch eontinuir- liehe Kittleisten, die hier wie bei den ein- sehiehtigen Epithelien und beim Uebergangs- epithel geschlossene Maschen bilden, zusam- men. Da, wie gesagt, nicht nur die Zellen einer einzigen, ober- flächlichsten Schicht, sondern auch die einiger darunter liegenden Schichten auf diese Weise zusammengekittet waren, so fanden sich mehrere Kittleistennetze über einander, welche jedoch an gewissen Stellen, wo Leisten benachbarter Netze sich kreuzten, zusammenhingen. Dieses Kittleistensystem setzte sich in das ein- fache Kittleistennetz der oberflächliehsten Zellschieht der End- stücke der Drüsenausführungsgänge fort. Diese Endstücke besitzen ein vielschichtiges, dem Ober- flächenepithel gleiches Epithel, d. h. die Zellen (echte Stachel- zellen) sind mit Ausnahme der kubischen Zellen der oberfläch- lichsten Schicht, in welcher die Ränder der die Epitheloberfläche bildenden Zellflächen durch ein typisches Kittleistennetz zusammenhängen, durch zahllose, feinste Kittklümpehen mit ein- ander verbunden. Diese Zellen zeigten, da sie weiter von der Ober- fläche des Stückes entfernt lagen, und deshalb das Sublimat an ihnen nicht die intensive Oberflächenwirkung ausüben konnte, eine ge- ringe Färbung des Protoplasmas. Auch trat die Färbung der 684 K. W. Zimmermann: Kittklümpehen weniger scharf hervor. Dies veranlasste mich, sofort nach Centralkörpern zu fahnden und zwar diesmal mit entschiedenem Erfolg: ich konnte eonstatiren, dass bei den Zellen sämmtlicher Sehichten, mit Ausnahme der oberflächliehsten, indem der freien Oberfläche am nächsten lie- genden Zellleibabschnitt eine randliche, mit Säurefuchsin sich ein wenig dunkler färbende, gegenüber der Granulirung des übrigen Zell- leibes fast homogene Stelle sieh befindet, und dass dieser Fleck regelmässig ein Centralkörper- paar enthält. Stäbchenform der einzelnen Centralkörper habe ich nie beobachtet. Ebensowenig konnte ich eine Centrodesmose nachweisen, obschon die beiden Centralkörper nie das für Diplo- somen charakteristische Entfernungsmaximumüberschritten. Es ist aber sehr wohl möglich, dass die Centrodesmose zu schwach ge- färbt war, um sie erkennen zu können. Die Attraetionssphäre — denn so haben wir doch wohl die rundliche Parthie um das Diplosoma zu bezeichnen — stand regelmässig mit der Zellober- fläche in Contact; meistens auch mit dem Kern, und zwar, wenn die Entfernung zwischen beiden die Dieke der Attractionssphäre nicht überschritt. Bei den der Epithelbasis zunächst liegenden Zellen, welche kleiner sind, d. h. weniger Protoplasma besitzen, in unserm Fall auch vielfach etwas breiter als hoch erschienen, lag das Diplosoma dem Kern ziemlich nahe; auch war die Attrac- tionssphäre nicht recht zu erkennen. Im Allgemeinen waren die Verhältnisse so klar, dass ich auf verhältnissmässig grosse Strecken hin bei sämmtlichen Zellen sowohl die Sphäre als auch besonders das Diplosoma ausnahmslos auffand, allerdings erst, nachdem ich die betreffende Stelle längere Zeit auf das Angestrengteste beob- achtet hatte!). Was nun die Zellen der oberflächlichen Lage anbelangt, so sind die Centralkörper derselben bei einiger Uebung sofort zu erkennen. Sonderbarerweise ist gewöhnlich nur ein einziger Centralkörper vorhanden, der die Oberfläche 1) Nach meinen bisherigen Erfahrungen gehört das geschichtete Plattenepithel, was das Auffinden der Centralkörper betrifft, zu den schwierigsten Objecten, wenn man von denjenigen Epithelien absieht, bei denen man aus besonderen Gründen dieselben überhaupt nicht auffinden kann. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 685 zwar nicht direkt berührt, aber ihr doch ziemlich nahe liegt und in allen Zellen die gleiche Entfernung von ihr beibehält. Er liegt gewöhnlich in der Mitte des Querschnittes, doch kommen auch Abweichungen hiervon vor. Nur in wenigen Fällen glaubte ich zweiCentralkörper zu sehen, die aber sehr dicht bei einander lagen. Ein einziges Mal sah ich direkt unterhalb des einzelnen Centralkörpers, der sich an der typischen Stelle befand, in grösserer Entfernung ganz nahe beim Kern ein zweites, gleich grosses Körnehen, das mit dem Hauptkorn dureh eine äusserst feine Linie verbunden war. Das ganze System war von einem etwas helleren Hofe umgeben. Etwas, was an eine Attractions- sphäre erinnerte, vermisste ich bei allen oberflächlichen Zellen. Höchstens war ein kaum angedeuteter, hellerer Hof um den Cen- tralkörper zu beobachten. 18. Die Knäueldrüsen. Mit Fig. 117 u. 118. Als ich einen mit Eisenhämatoxylin gefärbten Schnitt von der Kopfhaut des Menschen untersuchte, um die Kittverhältnisse und die Beschaffenheit der Centralkörper der Talgdrüsen kennen zu lernen, was übrigens ein vollständig negatives Resultat ergab, fiel mir auf, dass das Lumen im secernirenden Ab- schnitt derSchweissdrüsen nicht einfach war, sondern feine Nebengänge zwischen dieZellen sendete,ohne dassan der äusseren Oberfläche der Schläuche irgendwelche Complicationen zubemerken waren. Da das Material nicht ganz tadellos war, untersuchte ich die betreffenden Drüsen in der unmittelbar nach dem Tode mit Sublimat fixirten Fingerhaut eines gesunden Inuus Rhesus. Im vorigen Kapitel habe ich schon bemerkt, dass in dem geschichteten Plattenepithel die Epithelfasern über- aus deutlich, und zwar blauschwarz auf farblosem Grunde her- vortraten, dass aber von den Centralkörpern deshalb nichts zu sehen war. Um so mehr Glück hatte ich, wie man sehen wird, bei der Untersuchung der Knäueldrüsen des Rhesusaffen. Das Epithel zeigte die bekannten Verhältnisse: dasjenige des Ausführungsganges, soweit er in der Cutis verlief, war zwei- schiehtig. Die oberflächliche Schicht zeigte an Eisenhämatoxy- linpräparaten eine fast schwarzblau gefärbte Oberfläche, wie ich 686 K. W. Zimmermann: das auch von den Ausführungsgängen der Thränendrüse angegeben habe. Gegen den secernirenden Abschnitt hin streekten die Zellen der basalen Schicht sich in der Richtung der Schlauchaxe mehr in die Länge und verloren allmählich die seitliche Fühlung unter sich, so dass die Zellen der oberflächlichen Schieht sich zwischen sie hineindrängten und mit der Membrana propria in Berührung traten. Schliesslich resultirten die bekannten Verhältnisse: helle, secer- nirende Epithelzellen in einer Lage und zwischen ihnen und der Membrana propria die bekannten, langgestreckten, einen ge- wissen Zwischenraum zwischen sich lassenden, als glatte Muskel- fasern gedeuteten Zellen, welche trotz ihrer Form zweifellos epithe- lialer Natur sind. Mit den glatten Muskelfasern haben sie die deutlich hervortretenden, schwarzblau gefärbten und der Länge nach parallell verlaufenden Fibrillen gemein. Das Lumen war in den secernirenden Abschnitten ungefähr so weit als die Epithellage diek war, betrug also den dritten Theil des Durchmessers des ganzen Schlauches. Wie schon oben bemerkt, gehen vom Hauptlumen kurze, mehr oderweniger weite Nebengänge aus, welche radiär zwischen die Epithelzellen dringen. Ungefähr in halber Höhe der secernirenden Zellen oder noch näher deren Basis theilen siesichin 2bis5 blind endigende, zwischen- zellige Sekretcapillaren. Diese sekundären Neben- gänge ziehen schräg nach allen Seiten gegen die Muskelfaser- schieht resp. die Basis des Epithels zu, um ganz in deren Nähe zu endigen. Zuweilen biegen sie jedoch noch um und ziehen eine Strecke weit der Peripherie des Schlauches parallel weiter, um dann erst zu endigen. Wenn die primären Nebengänge, be- vor sie sich in die secundären theilen, ziemlich weit zwischen die Epithelien eindringen, dann können die secundären Gänge auch gleich unter annähernd rechtem Winkel abgehen und parallel mit der Schlauchperipherie weiterlaufen. Die primären Neben- gänge werden von 2 bis 5 Zellen begrenzt (Fig. 117), während die secundären Kanälchen nur von zwei Zellen begrenzt werden. Die Weite der seceundären Sekretgänge (Sekretcapillaren) ist un- gefähr dieselbe wie in den übrigen Drüsen (Speicheldrüsen ete.), oft eher noch etwas weiter. Dass die bis jetzt geschilderten Gänge zwischenzellig und nieht binnenzellig verlaufen, ist ausser Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 687 allem Zweifel, da überall deutlich die Kittleisten wahrzu- nehmen sind, welche sich bei der hellen Färbung der Zellen selbst scharf von der Umgebung abheben. Als ich nun die einzelnen Epithelzellen genauer auf ihre Structur hin untersuchte, bemerkte ich in dem äusserst zarten Protoplasmagerüst theils im Querschnitt, theils in Längsansicht Faimster Röhrchen,. welehe. einer deutliche; etwas dunkler als das.Protoplasmagerüst'ge- färbte Wand besassen. So weit die Feinheit der Ver- hältnisse es gestattete, glaubte ich zahlreiche Fäden des Mitoms in die Wand der Kanälchen übergehen zu sehen, so dass sich mir der Gedanke aufdrängte, die Wand bestehe aus einer Ver- filzung der Mitomfäden. Sollte dem wirklich so sein, dann müsste der Filarfilz ein sehr dichter sein, da er mir homogen erschien. Soleher Kanälchen besass jede Zelle mehrere. Sie hingen theils mit den Nebenlumina, theils mit dem Hauptlumen zusammen. Dass diese feinsten Gänge binnenzellig verlaufen, unterliegt keinem Zweifel, da nie von Querschnitten derselben Zellgrenzen ausgehen, und ihr Contour auch niemals Kittleisten enthält (vergl. die Allgemeine Erörterung pag. 557 und ff.). Was nun die Centralkörper betrifft, so besitzt jede secernirende Epithelzelle je ein stäbehenförmiges Ge- bilde, das in vielen, wenn nicht den meisten Fällen in der Mitte mehr oder weniger eingeschnürt erschien, so dass es im günstigsten Falle einem Diplosoma mit stark hervortretender Öentrodesmose glich. In der Regel berührte das Stäbchen die Zelloberfläche und zwar gewöhnlich die dem Hauptdrüsenlumen zugekehrte; doch fand ich dasselbe in einigen Fällen mit der einem Nebenlumen angehörigen Oberfläche in Contact. Stets stand das Gebilde auf der Oberfläche annähernd senkrecht. Einen über die Oberfläche vorspringenden Faden, wie an den Epithelzellen der Niere ete., konnte ich trotz sorgfältigster Beob- achtung nicht entdecken. In vereinzelten Fällen lag das Stäb- chen etwas von der Oberfläche entfernt, doch konnte ich nicht eruiren, was die Ursache dieses Verhaltens war. Am nächsten liegt der Gedanke, dass hier besondere Funktionszustände im Spiele sind. Jedenfalls sind zur Aufklärung neue Untersuchungen nöthig. Der Kern zeigte nichts Besonderes. Er lag etwas näher der Basis, doch so, dass die Zellenmitte in ihn hineinfiel. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 45 688 K. W. Zimmermann: Fig. 118 stellt den Querschnitt eines Tubulus dar. Sämmt- liche gröberen und feineren Lumina sind eingezeichnet; die zwischenzelligen sind schwarz, resp. grau ausgemalt und zwar um so dunkler und bestimmter, je näher sie dem Beschauer liegen, wodurch das ganze Gangsystem plastischer erscheint. Das Gleiche gilt für die -Kerne. Auf diese Weise ist das Präparat künstlich in ein Golgi-Präparat umgewandelt, das vor den gewöhnlichen den Vorzug voraus hat, dass sieher alle zwischenzelligen Sekretgänge zur Darstel- lung gelangt sind. Schlussbetrachtung. Hier soll nur auf die Centralkörper und die Sekreteapillaren eingegangen werden. Ä. Die Centralkörper. 1. Die Dase-derselnen Wenn wir die beschriebenen Epithelarten zunächst mit Rücksicht auf die Lage des Mikrocentrums mit ein ander vergleichen, so ergiebt sich, dass überall da, wo nicht Sekretkörnchen ete. die Untersuchung überhaupt unmöglich machen, das Mikrocentrum nicht im Kern, sondernim Zellleib und zwar, wenn genügend Raum vorhanden ist, zwischen dem Kern und der der freien Epithel- oberfläche zunächst gelegenen Zellserite leer Dass diese Zustände nicht nur beim Erwachsenen, sondern auch ın verhältnissmässig früher Zeit der Entwieklung herrschen, lehren die Beobachtungen von M.Heidenhain und Cohn!) Ueberhaupt haben diese Autoren das Mikrocentrum ganz allge- mein bei ihrem Material (junge Entenembryonen der ersten Brütungstage) in allen Zellformen aufgefunden. Bei dem em- bryonalen Material könnte man einwenden, dass alle Zellen über kurz oder lang sich theilen würden, und dass aus diesem Grunde das Mikrocentrum seine extranucleäre Lage vorläufig beibehalten habe, um erst, wenn die Zelltheilungen weniger häufig aufeinanderfolgen, seine intranucleäre Lage wieder dauernd einzunehmen. Nun, wir 1) Verhandlungen der Anatom. Gesellsch. auf der 10. Versamm- lung in Berlin 1896. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 689 dürfen auf Grund dessen, was wir bis jetzt über die Lage des Mikro- centrums wissen, getrost behaupten, dass es, ganz allgemein ge- sprochen, in der Regel überhaupt nicht im Kerne liegt, und dass, wenn dies trotzdem mit Sicherheit bei irgend einer Zelle nachgewiesen sein oder werden sollte, es sich nur um Ausnahmen handeln kann. Jedenfalls dürfte es recht schwierig sein, mit Sicherheit nachzuweisen, dass das, was man aus dem Kern aus- treten sieht, auch wirklich das Mikrocentrum ist und nicht irgend eine andere Substanz (vergl. den Befund bei den Epithelzellen des Ureters und der Epididymis). Es liegt somit keine Veranlassung vor, in Lehrbüchern in einem Schema der Zelle das oder die Centralkörper in den Kern zu zeichnen (vide die neueren Auflagen des Lehr- buchs der Histologie von Stöhr)!). Während bei mesodermalen Zellen das Mikrocentrum im Allgemeinen meist bestimmte Lagebeziehungen zu dem Keme besitzt ?), hat sich dasselbe bei den ektodermalen und endoder- malen Epithelzellen für gewöhnlich ganz von. dem Kerne eman- zipirt. Nur bei den Zellen der Hypophysis und zwar in den Schläuchen mit engem Lumen steht die grosse Attraetionssphäre mit dem Kern, wie es scheint, stets in Contact. Diese Zellen zeichnen sich auch von allen anderen Epithelien dadurch aus, dass das Mikrocentrum anscheinend regellos bald an der basalen, bald an der der freien Zelloberfläche, bald an der den Nachbar- zellen zugekehrten Seite des Kerns liegen kann. RBegelmässig basale Lage scheint das Mikrocentrum nur in den Zellen der oberen zwei Drittel des Schmelzepithels der Zahnanlage zu be- sitzen (Cohn). Kurz vor dem Abschluss dieser Arbeit fand ich im Hodenkanälchen des mehrfach erwähnten Hingerichteten, der nur spärliche Spermatogenese aufwies, in wandständigen ram 1) Auch ©. Hertwig und Hansemann glauben bekanntlich ebenfalls, dass die Centralkörper für gewöhnlich Bestandtheile des ruhenden Kerns seien. 2) Bei Chromatophoren der Knochenfische kann allerdings der Kern ganz in der Nähe des Mikrocentrums, aber auch weitab an der Peripherie der Zelle liegen. 3) Ueber epitheliale Schlussleisten an embryonalen und ausge- bildeten Geweben. Verhandl. d. physikal.-mediein. Gesellsch. z. Würz- burg. N. F. XXXI. Bd. 1897. 690 K. W. Zimmermäin: Zellen, die ganz den Charakter der Sertuli’schen Zellen zeigten, aber protoplasmareicher waren und nicht mit Sperma- tiden in Verbindung standen, je ein typisches Diplosoma an der basalen Seite des Kerns, hier und da etwas seitwärts verschoben, stets aber ganz nahe dem Kern. Sonst liegt das Mikrocentrum regelmässig zwischen Kern und freier Zelloberfläche. Und zwar in verschiedener Höhe: a) mehr inder Nähe des Kerns in den Basalzellen (Pseudo-„Ersatzzellen*) des Nebenhodens und im Uebergangs- epithel. Auch die protoplasmareichen Zellen in den Schläuchen der Hypophysis wären hier anzuführen, so weit bei ihnen das Mikrocentrum zwischen Kern und freier Zelloberfläche liegt. Bei den Belegzellen der Fundusdrüsen glaube ich es auch näher dem Kern zu sehen. Bei den Deckepithelien der Magengrübehen kommt dies nur ausnahmsweise vor. b) Ungefähr in der Mitte zwischen Kern und freier Zelloberfläche hauptsächlich in sekret- vollen Drüsenzellen, z. B. in den Becherzellen des Darms, den Oberflächenzellen des Magens, den Schleimzellen der Schalt- stücke der Fundusdrüsen, den grossen Zellen der Thränendrüse, den flaschenförmigen Zellen der Dünndarmkrypten ete. ec) Näher der Oberfläche als dem Kern liegt das Mikrocentrum in den stärkeren Sammelröhrehen der Niere, ferner in den Zellen der Brunner schen Drüsen. Vorüber- gehend auch in manchen Drüsenzellen. d) Ganz in der Nähe.der freien Zeilloper- fläche, resp. der der freien Oberfläche des Gesammtepithels zunächst liegenden Zellseite, ohne sie jedoch unmittelbar zu be- rühren, wird das Mikrocentrum sehr häufig gefunden und zwar vor allem in sämmtlichen gewöhnlichen Epithelzellen des Dünn- und Diekdarms (also mit Ausschluss der Becherzellen, der Paneth’schen Zellen und der hellen flaschenförmigen Zellen), in den Zellen der Hälse der Fundusdrüsen des Magens, in den Speichelröhrehen, im Nebenhoden, vorübergehend in manchen Drüsenzellen. Auch das geschichtete Plattenepithel ist hierher zu rechnen. Im manchen Fällen ist es schwer zu erkennen, ob die betreffenden Zellen hierher oder zur nächsten Gruppe ge- hören. e) InunmittelbaremContact mit der freien Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 691 Zelloberfläche fand ich das Mikrocentrum vor allem in sämmtlichen Nierenkanälchen mit Ausnahme der gröberen Sammel- röhrehen im Deckepithel des Uterus, im Ausführungsgangsysteni des Pankreas, in den interlobulären Gallengängen, in der Thyreoidea, im sekretleeren Zustande der grossen Zellen in der Thränen- drüse, auch in den Knäueldrüsen. f) Sehr veränderlich kann die Lage des Mikro- centrums in Drüsenzellen sein. Vor allem ist hier die grosse Zellart der Thränendrüse zu erwähnen. Hier ist die Lage vom jeweiligen Sekretionsstadium abhängig, d. h. sie wechselt in ein und derselben Zelle. Am meisten variabel ist die Lage des Mikrocentrums in den Zellen der Drüsen im Fundus uteri (Fig. 114): bald liegt es ganz in der Nähe des Kerns, bald dicht unter der freien Oberfläche, bald irgendwo dazwischen; doch vermochte ich nicht zu ermitteln, ob das Mikrocentrum während der Sekretion in jeder einzelnen Zelle einen Lagewechsel durch- macht, oder ob es in jeder Zelle einen festen Platz hat, der aber bei den verschiedenen Zellen verschieden ist. Mir scheint eher das letztere der Fall zu sein. Eine Lageveränderung findet sich auch bei der Einleitung der Kerntheilung m den Darm- epithelien und im Anschluss an dieselbe. eDiekormiund Anzahlder GCentralkörper, Lesp. der Gentivalbkörpersrupp en. Hierüber giebt die vorliegende Arbeit folgende Aufschlüsse: a) Den Centralkörper habe ich a) als einfaches, kuge- liges Körnehen in den Epithelzellen nur ausnahmsweise angetroffen und zwar in der oberflächlichen Zelllage der Ausführungsgänge kleiner Schleimdrüsen der Zunge, in der Tiefe der Magengrübchen und in Becherzellen. Eigenthümlich erscheint mir, dass bei der Einleitung der Kerntheilung in dem Darm-Kryptenepithel, d. h. wenn Kern und Mikrocentrum sich aufsuchen, das Mikrocentrum als einfaches Korn auftritt, wäh- rend es doch vorher in der vollständig ruhenden (d. h. sich nicht theilenden Zelle) ausnahmslos als Doppelkorn erscheint und später die beiden Polkörperchen der Spindel liefern muss. ß) Der einfache Centralkörper besitzt Stäbehenform bei den Epithelien der Knäueldrüsen, der serösen Zungendrüsen, der interlobulären Gallengänge und der Ausführungsgänge des 692 K. W. Zimmermann: Pankreas. Das Stäbchen war in vielen Fällen (besonders bei den Knäueldrüsen) jedoch so deutlich eingeschnürt, dass man von einem Diplosoma mit stark hervortretender Centrodesmose sprechen musste. b) Der Centralkörper ist doppelt und zwar a) die beiden Körner sind anscheinend kugelrund und mehr oder weniger deutlich dureh eine „GCentrodesmose* (Heidenhain) mit einander verbunden. Es ist, wie es sich immer mehr her- ausstellt, durchaus die typische Form des Mikrocentrums ganz im Allgemeinen. Und zwar sowohl im embryonalen Leben (Flemming bei Salamanderlarven: Heidenhain und Cohn!) bei Entenembryonen) als auch bei ausgewachsenen Individuen. Ich habe deshalb für diese Form des Mikrocentrums den Aus- druck Diplosoma gebraucht. Die Axe desselben nähert sich meistens sehr der Zellaxe oder fällt mit ihr zusammen. ß) Die beiden Centralkörper sind stäbchenförmieg. Typisch ist diese Form für die Epithelzellen der Thränendrüse und des Uebergangsepithels vom Nierenbecken herab bis zur Blase. Eine Centrodesmose habe ich nur bei den grossen Zellen der Thränendrüse nachweisen können, aber auch hier nicht in Jedem Falle. Streng genommen handelt es sich hier nicht um eine solche, sondern um eine fadenförmige, in der Zellaxe ver- laufende, dunklere Protoplasma-(Archiplasma-?)Anhäufung, welche die Stäbehen enthält. Die Stäbchen sind meist weiter von ein- ander entfernt als die Körner des Diplosomas. ‘ Die Richtung der beiden Stäbehen zu einander ist beliebig, doch kann ich mich nicht erinnern, Epithelzellen beobachtet zu haben, in denen die Axen beider Stäbchen zusammen eine Linie gebildet hätten. Die Axe des Systems, d. h. die Verbindungslinie der Mitten beider Stäbchen, fällt in den meisten Fällen mit der Zellaxe zusammen, kann jedoch auch jeden beliebigen Winkel mit ihr bilden. Bei den sekretleeren Epithelzellen der Thränendrüse liegen beide Stäbchen regelmässig der freien Zelloberfläche an. Bei den gleichen Zellen glaube ich bestimmt an den Stäbchen zuweilen eine leichte Einschnürung zu sehen, so dass man von einer Phalangenform sprechen könnte. ZweiPaare vonStäbcehen fand ich in zweikernigen Dale. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien, 693 Epithelzellen des Nierenbeekens vom Kaninchen. Jedes Stäbchen- paar lag gewöhnlich über je einem Kern. ce) Das Mikrocentrum besteht aus dreiin einerReihe liesenden,.. durch eine scharf ausgeprägte Centrodesmose mit einander verbundenen Centralkörpern, in den Epithelzellen der gröbsten Sam- melröhrehen der Niere eines Säugers (von welchem, kann ich leider nicht angeben; wird aber durch vergleichende Unter- suchung zu ermitteln sein; Kaninchen ist es sicher nicht). Die Centrodesmose setzt sich in diesem Fall regelmässig noch über die Endglieder der Centralkörperkette hinaus ins Protoplasma hinein fort. Die einzelnen Centralkörper sind unter sich nicht gleich gestaltet (das Genauere ist in der betr. Abhandlung nachzulesen). d) Das Mikrocentrum zeigt die Form der „Central- geissel“ in sämmtlichen Nierenkanälechen mit Ausnahme der Sammelröhrehen, in dem Ausführungsgangsystem des Pankreas, in den Samenblasen. Vereinzelt glaubte ich sie zu sehen im Oberflächenepithel des Fundus uteri und in der Schilddrüse. Die Centralgeissel ist dem eben geschilderten Centralkörpersystem sehr ähnlich. Doch kommt als wichtiges Characteristieum hinzu, dass der der freien Oberfläche der Zelle zunächst liegende Cen- tralkörper diese ausnahmslos berührt, und, dass von demselben ein feiner Faden, der „Aussenfaden“ (die eigentliche Geissel), frei über die freie Zelloberfläche hinaus in das Kanal- lumen hineinragt. Am typischsten ist die Centralgeissel in den Nierenkanälchen gestaltet. Deutlich getrennt sah ich die der freien Zelloberfläche zunächst liegenden Centralkörper nur in den absteigenden Schenkeln der Henle’schen Schleifen. In allen übrigen Nierenkanälchen sowie in der Samenblase erscheinen sie zusammen nur als ein einziges, deutlich eingeschnürtes, läng- liches Korn. In den Ausführungsgängen des Pankreas erschien die Centralkörpergruppe mehr als ein eingeschnürter Stab. In den Fällen, wo ich beim Uterus und der Schilddrüse das Vor- handensein einer Centralgeissel zu sehen glaubte, wich die Gestalt der Centralkörpergruppe nicht deutlich von einem Diplosoma ab. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die in neuerer Zeit von mehreren Autoren (jüngst von Meves für den Menschen) !) an- 1) Meves, Zur Entstehung der Axenfäden menschlicher Sper- matiden. Im Anat. Anz. Bd. 14. 1897 pag. 168. 694 K. W. Zimmermann: gegebenen Befunde an Spermatiden, bestehend in einem Diplo- soma, von dem ein Centralkörper die Zelloberfläche unmittelbar berührt, und von dem ein Faden, die erste Anlage des Axen- fadens, frei über die Zelloberfläche vorragt, identisch sind mit meiner „Centralgeissel“. Ein Vergleich der Figuren der Meves’- schen Abhandlung mit meinen Figuren 37, 90, 9T—99 und 106 beweisen das zur Genüge. Gerade der Umstand, dass die Centralgeissel der Sperma- tiden sich zum Bewegungsorgan der Spermatozoen ausbildet, be- weist, dass ich mit meiner Vermuthung, in dem fraglichen Gebilde eine Geissel, also einen ursprünglich bewegten Apparat sehen zu müssen, Recht gehabt habe. Dass bei den Zellen, an denen ich die Centralgeissel gefunden habe, die letztere wirklich auch Be- wegungen ausführt, ist damit noch nicht bewiesen. Es wäre auch an die Möglichkeit zu denken, dass die zarte Geissel, deren Bewegung für die Beförderung des im Drüsenlumen befindlichen Sekretes doch sicher ohne Bedeutung ist, als eine Art Sinnesorgan der Zelle wirkt, d. h. dass Ver- änderungen in der Zusammensetzung des im Drüsenlumen fliessen- den Sekretes einen Reiz auf die Geissel und durch deren Ver- mittelung auf die Zelle selbst ausübe, wodurch die Sekretion qualitativ oder quantitativ beeinflusst werden könnte. Schliess- lich wäre es ja auch möglich, dass das Gebilde überhaupt nicht mehr funetionire, sondern nur ein phylogenetisches Ueberbleibsel sei!). Es wird jedenfalls eingehender Untersuchungen an leben- dem und fixirtem Material bedürfen, um die Frage nach der Bedeutung des fraglichen Zellorgans zu lösen. Besonders wäre es wünschenswerth, die bewegliche Geisseln tragenden Zellen niederer Thiere auf die Beziehungen der Geisseln zum Mikro- eentrum hin zu untersuchen. Es ist zu erwarten, dass dieselben dort im Wesentlichen die gleichen sind. 3. Das Vorhandensein einer Sphäre. Eine solehe scheint mir bestimmt vorhanden zu sein in den Epithelzellen der engen Schläuche der Hypophysis, 1) Böhm und v. Davidotf bilden in ihrem Lehrbuch der Histologie Zellen aus der Urniere von Petromyzon ab, welche je eine kräftige Geissel besitzen. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 695 ferner im Ureterepithel:und im geschichteten Plattenepithel. Mindestens eine Andeutung von Üen- trirung des Protoplasmas findet sich im Oberflächen- Bpithel des Magens, m den Beceherzellen des Darmes, inden Zellen der Thränendrüse, in den Schleimzellen" der Submaxillaris und in den enıchelzeltlen der Sammelröhreder Niere. Eine sphärenartigeAnhäufung oder Verdich- tung vonProtoplasma entwickelt sich bei Einleitung der Kerntheilungin denZellen derDarmkrypten. 4. Die hohe Lage der Kerntheilungsfiguren insoylinderepithelien. Dieselbe ist beobachtet im Magen und Darmepithel (in den Becherzellen der Diekdarmkrypten von G. Bizzozero), im Nebenhodenepithel, im Medullarrohr von Embryonen. Der Grund liegt darin, dass der Kern und das Mikrocentrum für gewöhnlich weit von einander entfernt liegen und sich daher einander nähern müssen, wenn die Kern- theilung eingeleitet werden soll. Sie treffen sich in einer weit über der Kernzone liegenden Schicht (im Asearis- Darm dicht unter der freien Oberfläche), wo dann die Kern- theilung stattfindet. Während des Aufbruchs zum Rendez-vous entwickelt sich eine sphärenartige Verdichtung des Protoplasmas in der Umgebung des Mikrocentrums, welches selbst in der hellbleibenden Mitte diese „Sphäre“ zu finden ist. Ein von dieser zum Kern ziehender „Leitfaden“ scheint durch seine Contraetion die Annäherung beider Zellorgane zu bewirken. Ob nun vom Mikrocentrum oder vom Kern der Anstoss zur Wanderschaft gegeben wird, kann erst durch neue, eingehendere Untersuchungen festgestellt werden. Jedenfalls kommt bei den betreffenden Epithelzellen zu den bekannten Phasen der Kerntheilung eine weitere einleitende hinzu, welche ich als „Prosynode* (n mpooVvodog, die vorausgehende Zu- sammenkunft) bezeichnen möchte. Dementsprechend müssen am Ende der Kerntheilung die beiden Tochterzellorgane wieder aus- einanderrücken und ihren definitiven Platz aufsuchen, ein Vor- gang, der „Dialyse“ (n dıaAuoıg, das Auseinandergehen) ge- nannt werden möge. 696 K. W. Zimmermann: 5... Die Beziehungen des '"Mikroeenfrums sur Sekretion. Wir haben gesehen, dass das Mikrocentrum bei verschie- denen geladenen Drüsenzellenarten (Thränendrüse, Becherzellen ete.) mitten in der Sekretsammelstelle liegt. Besonders auffällig ist dies für die Becherzellen und Schleimzellen der Magenober- fläche, da man anzunehmen geneigt war, die helle Stelle der- selben lediglich als Schleimpfropf aufzufassen. Bei der Thränen- drüse habe ich die Sekretion etwas weiter verfolgt und die muthmassliche Rolle des Mikrocentrums bei derselben klar zu machen versucht. Ich kam zum Schluss, dass das Mikro- centrum wahrscheinlich das Centrum für die das Austreiben’des:Sekrets aus der Zeilerer- ursachende Protoplasmacontraction in der Sekretsammelstelle sei. 6. Die-Bedeutunge: der Gentralkörperm Allgemeinen. Fassen wir die Hauptmomente dessen zusammen, was wir über die Centralkörper wissen, so ergiebt sich Folgendes: Sie liegen bei der Kerntheilung in Centren motorischer Vorgänge, die die Beförderung der getheilten Chromatinmassen gegen diese Centren hin zur Folge haben ete. Bei nichtin Theilung begriffenen Zellen finden wir immer die Central- körper möglichst nahe an Stellen motorischer Vorgänge. Können dieselben durch den ganzen Zell- leib mit gleicher Intensität vor sich gehen, so liegt das Mikrocentrum möglichst von allen Punkten gleich weit ent- fernt, d.h. in der Mitte der Zelle (Leukoeyten, Pigmentzellen) oder derselben doch möglichst nahe, wenn die Grösse des Kerns eine genau centrale Lage nicht gestattet (bei glatten Muskel- fasern liegt es dicht neben der Mitte des Kerns und, wie es scheint, nie an dessen Enden). Finden motorische Vorgänge nur ineinem gewissen, wenn auch ausgedehnten Zellabschnitt, statt (wie ich es für die Sekretsammelstellen gewisser Drüsenzellen als schr wahrscheinlich ansehe,) so liegt das Mikrocentrum annähernd im Centrum dieser Stelle. Spielen sich motorische Vorgänge nur aneinem TheilderOber- Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 697 fläche ab, so liegt das Mikrocentrum diesem Theil der Ober- fläche stets möglichst nahe. Da solche einseitigen Bewegungen bei Epithelien nur an der freien Oberfläche stattfinden, so liegt das Mikrocentrum dicht unter derselben (Flimmerzellen des Neben- hodens, Pseudopodien treibende Epithelzellen des Darms). Handelt es sich nur um einen einzigen Faden (Geissel), der über die Oberfläche vorragt und eventuell bewegt werden könnte, so liegt das Mikrocentrum in dem im Zellleib verlaufenden Theil des Fadens dicht unter der Zelloberfläche und zwar so, dass die Achse des Centralkörpersystems mit der Achse des Fadens zusammenfällt. Ich glaube aus alledem den Schluss ziehen zu dürfen, dass, ganz allgemein gesprochen, das Mikro- eentrum dasımetorische Centrum, !also (das „Kinocentrum“ der Zelle sei (gegenüber dem Kern als „Chemoeentrum“). Ob die an der Basis der Cilien der ächten Flimmerzellen dieht unter der Zelloberfläche gelegenen länglichen Knötchen !) mit dem das typische Kinocentrum darstellenden Diplosoma verwandt sind, woran beim Vergleich mit der „Centralgeissel“ zu denken, so nahe liegt, oder nicht, liesse sich vielleicht durch entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen feststellen. B. Die Sekretcapillaren. In der vorliegenden Arbeit habe ich versucht, die strittige Frage nach der Lage der Sekretcapillaren verschiedener Drüsen zu entscheiden und zwar mit Hülfe der Kittleisten, welche als überall zwischen den Rändern freier und befeuchteter Zell- oberflächen vorhandene Einrichtungen auch in der Wand zwischen- zelliger Sekretgänge zu finden sind, während sie an binnenzelligen Gängen fehlen müssen. Die Ergebnisse meiner Untersuchungen sind kurz folgende: 1. Sekretcapillaren konnte ich überhaupt nicht finden in den Schleimdrüsen und schleimprodueirenden Abschnitten der gemischten Drüsen (Submaxil- 1) Dieselben fehlen in den Flimmerzellen des Nebenhodens, sind aber sehr deutlich in denjenigen des Uterus und der Tube. 698 K. W. Zimmermann: laris und Sublingualis), inderHypophyse, Thyreoi- dea, in den Fundusdrüsen des Uterus, in den Lieber- kühn’sehen Krypten, in den Brunner’schen Drüsen, in der Niere. 2. Nurzwischenzellige Sekretcapillaren finden sich in der Parotis, im Pankreas, in den serösen Zungendrüsen, in den serösen Abschnitten der Submaxillaris, derSublingualis und verwandter Drüsen, in dr Thränendrüse, und in den Fundusdrüsen des Magens zwischen den Hauptzellen. 3. Zwischenzellige und binnenzellige Sekret- capillaren zugleich finden sich von den untersuchten Drüsen überhaupt nur in den Fundusdrüsen des Magens (beim Menschen jedenfalls beide Capillarformen; ob bei Thieren auch zwischenzellige, muss noch genauer festgestellt werden), und den Schweissdrüsen. Hierher ist auch bekanntlich die Leber zu rechnen. Ich sehe mich also in der Lage, die Zahl der mit binnen- zelligen Sekretcapillaren versehenen Drüsen sehr einschränken zu müssen, was ich besonders für die Speicheldrüsen betonen - möchte gegen R. Krause, der so bestimmt für die binnen- zellige Natur der Sekretcapillaren bei diesen Drüsen eintritt. Ich stelle mich demnach ebenso bestimmt auf die Seite von Erik Müller, der in seiner letzten Arbeit !) schreibt (pag. 321): „Die Sekretkapillaren der Eiweissdrüsen sind alle intercellulär gelegen.“ Bern, den 20. Februar 1898. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXVII-XXIX. Sämmtliche Figuren, mit Ausnahme von No. 20, 21, 41, 42, 70, 102, sind unter Anwendung eines Seibert’schen Apochromaten 2 mm ge- zeichnet. Die Färbung ist, wo nicht anders angegeben, Eisenhäma- toxylin mit oder ohne Säurefuchsin. 1) Drüsenstudien. Arch. f. Anat. u. Physiol. 1896. Anat. Abth. Ben, Big. 1. DD Fig. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 699 Dreizellige Drüse von Phronima. aa = secernirende Zellen; b = Ampullarzelle; ce — Ausführungsgangzelle; A = Aus- führungsgang; KK = Kerne. Thränendrüse des Menschen. Ausführungsgang mit zwei Zell- schichten. An zwei Stellen reichen Zellen der obersten Schicht zwischen denjenigen der basalen Schicht hindurch bis zur Mem- brana propria. Fig. 3,4 u.5. Thränendrüse des Menschen. Zwischen den Drüsenzellen Fig. 10. Fig. 12. und der Membrana propria gelegene, den glatten Muskelfasern der Schweissdrüsen vergleichbare Zellen. Thränendrüse des Menschen. Hohe „sekretvolle“ Drüsenzellen mit je zwei stäbchenförmigen Centralkörpern in der Sekret- sammelstelle. Kittleistennetz. Sich kreuzende Linien unbekannter Bedeutung auf der freien Zelloberfläche. Die schwarzen Punkte zwischen den Epithelzellen und der Membrana propria sind quergetroffene Ausläufer der basalen Zellen (s. Fig. 3, 4 u. 5). Thränendrüse des Menschen. Grosse, helle Drüsenzellen wie in Fig. 6; kleine Drüsenzellen mit groben Sekretkörnern; basale Zellen aa a. Thränendrüse des Menschen. Grosse Drüsenzellen in der Aus- stossung des Sekretes begriffen; Centralkörper ganz oberfläch- lich; Kittleisten; «aa = Ausläufer basaler Zellen. Thränendrüse des Menschen. Sekretleere grosse Drüsenzellen mit feinmaschiger Protoplasmastructur (Charakter der Zellen in Fig. 6, 7 rechts und 8 ); Centralkörper ganz oberflächlich; Kitt- leisten. Thränendrüse des Menschen. Sekretzellen mit weitmaschigem Protoplasmagerüst (vom Charakter der Zellen in Fig. 7 links; eine Zelle ist deutlich in Sekretion begriffen); in jeder Zelle je ein Paar stäbchenförmiger Centralkörper in der Nähe der freien Oberfläche; Kittleisten; bei @ basale Zelle. Thränendrüse des Menschen. Flächenansicht der in Fig. 10 ab- gebildeten Zellen; in einigen Zellen liegen die Centralkörper auffallend weit auseinander; Kittleistennetz; Mündungen von vier zwischenzelligen Sekretgängen. Thränendrüse des Menschen. Zellen vom gleichen Charakter wie in Fig. 10 und 7 links; Centralkörper oberflächlich; mehrere zwischenzellige Sekretgänge; sämmtliche Lumina sind schwarz resp. grau ausgemalt, wodurch das Präparat künstlich in ein Golgi-Präparat umgewandelt ist; je weiter die Sekretgäuge und Kerne voın Beschauer entfernt liegen, um so heller und unbe- stinimter sind sie dargestellt, wodurch eine gewisse Perspective erzielt wird; bei aa basale Zellen. Thränendrüse des Menschen. Granulirte Zellen (Plasmazellen ?) mit je zwei stäbehentörmigen Centralkörpern innerhalb eines granulafreien Hofes. Fig. 16. N - Fig. 17. Fig. 18. Fig. 19. K. W. Zimmermann: Parotis des Menschen. Sechs zwischenzellige Sekretgänge im Querschnitt mit je zwei Kittleisten; bei a basale Zelle. Parotis des Menschen. Zwischenzellige Sekretgänge: sechs im Querschnitt, wovon einer von zwei Zellen und fünf von drei Zellen gebildet werden; ein gegabelter, zwischenzelliger Sekret- gang mit dunklen Contouren (von den Kittleisten herrührend) im Längsschnitt; bei « basale Zelle. Parotis des Menschen. Zwischenzellige Sekretgänge in ver- schiedenen Ansichten: bei keinem fehlen die Kittleisten; links unten kommt ein Sekretgang einem Kern ziemlich nahe, ob- schon er zwischenzellig verläuft; die Fig. 16a soll zeigen, wie die betreffende Stelle aussehen würde, wenn der betreffende Sekretgang quer getroffen wäre; der Pfeil über 16a giebt die Richtung an, in welcher man blicken müsste, um die Ansicht in Fig. 16 zu erhalten. Parotis des Menschen. Zwischenzellige Sekretgänge in Quer- und Schrägschnitt mit Kittleisten; oben links kommt ein Sekret- gang einem Kern sehr nahe, ohne jedoch binnenzellig zu ver- laufen. Parotis des Menschen. Zwischenzelliger Sekretgang in Seiten- ansicht; nur an den dunkelblauen, von Kittleisten herrührenden Contouren des Ganges kann man auf seinen zwischenzelligen Verlauf schliessen. Parotis des Menschen. Basale Zelle mit mehreren, von Aus- läufer zu Ausläufer durch den Zellleib hindurch und über den Kern hinweg ziehenden und sich kreuzenden Fibrillen- zügen. Fig.20u.21. Epiglottisdrüsen des Menschen. Schleimzellen in verschie- Fig. 2. denen Funktionsstadien neben einander und Randzellencom- plexe (Fig. 21); in Fig. 20 enthält das Lumen zwei verschieden gefärbte Sekretarten. Delafield'sches Hämatoxylin und Eosin. Seröse Zungendrüse des Menschen. Verschiedene Funktions- stadien (a bis g); in drei Zellen (p) je ein stäbchenförmiger, eingeschnürter Centralkörper; Kittleisten; kurze zwischenzellige Sekretgänge; bei & basale Zellen. Fig. 23 u. 24. Glandula submaxillaris des Menschen. Zwischenzellige Sekretgänge in Quer- und Längsschnitt; Kittleisten; in Fig. 23 rechts unten einige kleine Sekretvacuolen an einem Sekretgang sitzend. Fig. 25 u.26. Glandula submaxillaris des Menschen. Gemischte Drüsen- schläuche; zwischenzellige Sekretgänge nur zwischen serösen Zellen, in Fig. 25 auch ein solcher zwischen einer serösen (a) und einer Schleimzelle (b) mit Sekretvacuolen; bei ce basaler la- mellöser Abschnitt einer serösen Zelle; Centrirung der Schleim- zellen; Kittleisten. Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. ‘ol Fig.27. Glandula submaxillaris des Menschen (von einem andern In- dividuum). Sekretleere, seröse Zellen; enge, zwischenzellige Sekretgänge mit Kittleisten im Querschnitt; gleiche Ver- grösserung wie bei den vorigen Präparaten. Fig. 28u.29. Glandula submaxillaris des Menschen. Centrirte Schleim- zellen. Fig. 30. Glandula submaxillaris des Menschen. Zellen aus einem Spei- chelröhrehen mit austretendem Sekret; Kittleisten im Quer- schnitt; Diplosoma. Fig.31. Glandula submaxillaris des Menschen. Kleiner Ausführungs- gang mit Becherzelle Diplosoma; dicht unter der freien Ober- fläche; Kittleisten; Sekretionserscheinungen. Fig. 32—36. Pankreas des Menschen. Die Beziehungen der Schaltstücke, der centroacinären Zellen und Drüsenzellen zu einander: die eentroacinären Zellen sind Theile der Schaltstücke; nur zwi- schenzellige Sekretgänge mit Kittleisten. Fig. 37. Pankreas des Menschen. Künstliches Golgi-Präparat erhalten durch Ausmalen sämmtlicher, in dem gezeichneten Abschnitt vorhandener, zwischenzelliger Sekretgänge; die mit Pfeilen ver- sehenen Kanalstücke waren von centroacinären Zellen umgeben, sind also Schaltstücklumina; die Pfeile geben die Richtung an, in welcher sich die Lumina verzweigen. Fig.38. Pankreas des Menschen. Epithel eines Ausführungsganges; Sekretion; Centralgeisseln und geisselfreie Mikrocentren; Kitt- leisten. Fig.39. Pankreas des Menschen. Epithel eines Ausführungsganges von der Fläche gesehen; Mikrocentrum in jeder Zelle; Kittleisten- netz. Fig. 40. Leber der Katze. Gallencapillare mit Kittleisten. Fig. 41. Magenfundus vom Pferd. Plattenmodell des unteren Theils einer Drüsengruppe mit vielen Anastomosen zwischen den Schläu- chen; 5 stellt Fig.a von links gesehen dar. Fig. 42. Magenfundus vom Pferd. Teil eines zu dem Plattenmodell ver- wandten Schnittes (die Stelle ist in Fig. 41a links oben leicht wieder zu finden); das Verhalten der Drüsenlumina entspricht vollständig dem äusseren Bilde. Leitz Obj, 7. Oberhäuser’s Camera; Delafield’ches Hämatoxlyin und Eosin. Fig.43. Magenfundus vom Pferd. Öberflächenepithel im Querschnitt (a) und in Längsansicht (b); Intercellularbrücken und -Lücken; Mikrocentrum in jedem Zellquerschnitt von a; Kittleisten in b. Fig. 44 u. 45 (abisc). Magenfundus vom Pferd. Belegzellen mit von hellem Hof umgebenen, binnenzelligen Sekretgängen; in Fig. 44 reicht die Belegzelle nicht bis zum Hauptlumen; in Fig. 45 e münden binnenzellige Sekretgänge in einen zwischenzelligen Gang; in Fig. 44 u. 45c Kittleisten im Querschnitt, K. W. Zimmermann: Fig.46. Fundusdrüse von der Katze. Golgi-Färbung; Fixation mit Fig >’ = ° Fi. Fig. 47. e. 52 g. 58 &. 59 62. Schwefelammonium; Delafield’sches Hämatoxylin und Eosin; von den binnenzelligen Sekretgängen der Belegzellen sind nur die gezeichnet, welche bei scharfer Einstellung auf das Kern- körperchen theils scharf, theils nur verschwommen zu erken- nen waren. Fundusdrüsen vom Hunde. G olgi-Präparat; die geschwärzten Sekretmassen sind um so schärfer dargestellt, je näher sie dem Beschauer liegen; eine Belegzelle gehört zugleich zwei Tubuli an. g.45(a,b,c) bis5l. Fundusdrüsen vom Hunde. Golgi-Färbung; Fi- xation mit Schwefelammopium; Delafield’sches Hämatoxylin und Eosin; Belegzellen mit binnenzelligen Sekretgängen; von den letzteren sind die am dunkelsten und schärfsten gehalten, welche bei genauer Einstellung auf das Kernkörperchen scharf und bestimmt hervortraten. —&6b. Epithel aus den Magengrübchen des Menschen. Fig. 52, 5» u. 56 Epithelzellen im Längsschnitt; Mikrocentrum in der Schleimansammlung. In Fig.55 links eine abgestorbene Zelle, rechts eine Mitose in der Mitte zwischen der Mikrocentrenzone und der Kernzone. In Fig. 56 verschiedene Abweichungen von der gewöhnlichen Lage des Mikrocentrums; deutliche Entwicklung einer Proto-(Archi-)Plasmaanhäufung in der Zell- axe; es handelt sich hier vielleicht um die „Prosynode“ oder um die „Dialyse“. Fig. 53 u. 54 Epithelzellen im Querschnitt; bei 53a Einstellung auf die Mikrocentren, bei b auf das Kitt- leistennetz derselben Zellen. . Fundusdrüsen des Menschen. Uebergangsgebiet des Drüsen- halses in das Schaltstück; zwei Belegzellen, die drei Zonen zeigend; Diplosoma in allen Zellen. u. 61. Fundusdrüsen des Menschen. Schaltstück, Fig. 58 im Längsschnitt, Fig. 61 im Querschnitt; Schleimzellen mit Mikro- centrum; Belegzellen; Kittleisten im Querschnitt. und 60. Fundusdrüsen des Menschen. Uebergang aus dem Schaltstück in den Drüsenkörper; Schleimzellen (ganz hell), zum Theil mit Diplosoma; Hauptzellen (grau, mit runden Kernen); Belegzellen (braun), die drei Zonen zeigend; in Fig. 59 Belegzelle mit austretender Sekretmasse; Kittleisten. Fundusdrüsen des Menschen. Uebergangsgebiet zwischen Schaltstück und Körper. Schleimzelle; Belegzelle; Hauptzelle; kurze, zwischenzellige Drüsengänge zwischen der Belegzelle und einer (nicht erkennbaren) Hauptzelle mit Kittleisten; « ist direkt beobachtet, b soll zeigen, wie a von der freien Ober- fläche gesehen erscheinen würde bei Einstellung auf das Kittleistennetz. Fig. 63. Fundusdrüsen des Menschen. Drüsenkörper; kurze zwischen- Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 708 zellige Sekretgänge zwischen den Hauptzellen, mit Kitt- leisten. Fig. 64. Fundusdrüsen des Menschen. Ende des Drüsenkörpers. Haupt- Fig. Fig. Fig. 69. er) © 68 Fig. 73 Fig. 16 =] DD ATS: zellen und Belegzellen. Zu den Letzteren führt vom Haupt- drüsenlumen ein mit Kittleisten versehener, von den Haupt- zellen gebildeter Nebengang, von dem zwischenzellige Sekret- gänge zwischen die Hauptzellen und die Belegzellen, resp. zwischen die Belegzellen dringen. Das Hauptlumen theilt sich, um sich bald wieder zu vereinigen. Kittleistennetz mit langgestreckten, vom sechseckigen Typus abweichenden, zum Theil rechteckigen Maschen. 5 bis 67. Fundusdrüsen des Menschen. Zwischen den Hauptzellen und einer Belegzelle zwischenzellige, mit Kittleisten versehene Sekretgänge, mit denen die intermediäre (die nicht erkenn- baren, binnenzelligen Sekretgänge enthaltende) Zone in Ver- bindung steht. zeigt, wie der in Fig. 67 dargestellte, zwischenzellige Sekret- gang im Querschnitt aussehen würde. Idealer Querschnitt durch das letzte, erweiterte Ende eines vom Hauptlumen zu einer Belegzelle führenden Nebenganges, von dem drei zwischenzellige Sekretgänge zwischen die Be- legzelle und die benachbarten Hauptzellen dringen; Kittleisten. . Schema zweier zusammenstossender Belegzellen vom Menschen. Centrale (den oder die Kerne enthaltende) Zone mit bläulich gefärbten Granula; intermediäre (die binnenzelligen Sekret- gänge enthaltende) helle Zone; periphere, der centralen gleiche Zone. Zwischen beiden Zellen ein zwischenzelliger, mit den binnenzelligen Sekretwegen zusammenhängender und mit Kitt- leisten (im Querschnitt erscheinend) versehener Gang. . Belegzelle des Menschen, eine Gruppe Leukocyten enthaltend, deren Färbbarkeit sehr herabgesetzt ist. Duodenum des Menschen. Gewöhnliche Epithelzellen mit Stäbcheneuticula aus dem tieferen Theil einer Lieberkühn- schen Krypte. In a u. b Zellen im Stadium der Prosynode. Diplosome in den ruhenden Zellen nahe der freien Oberfläche; Kittleisten im Querschnitt. bis 75. Becherzellen in Längs- und Querschnitt mit Central- körper. u. 77. Duodenum des Menschen. Epithel von der freien Ober- fläche gesehen. Centralkörper in jeder Zelle. Kittleistennetz. Fig. 76 von einer hahnenkammförmigen Zotte; Fig. 77 aus dem Grund einer Lieberkühn’schen Krypte. Duodenum des Menschen. Epithel aus dem tieferen Theil einer Krypte; zwei gewöhnliche Zellen mit Cuticularsaum, zwei Becherzellen und eine flaschenförmige, helle Zelle unbe- kannter Bedeutung. Centralkörper; Kittleisten. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 45* 704 Fig. Fig. K. W. Zimmermann: . 79 u. 80. Duodenum des Menschen. Paneth'sche Zellen aus dem Grund einer Krypte. Fig. 80 mit austretendem Sekret. . 81. Duodenum des Menschen. Zellen aus dem Ausführungsgang einer Brunner’schen Drüse. Diplosome; Kittleisten. '. 82 u. 83. Duodenum des Menschen. Uebergangsformen zwischen den Zellen des Ausführungsganges und den eigentlichen Drüsenzellen einer Brunner’schen Drüse. Diplosoma an- nähernd in der Mitte einer helleren, oberflächlicheren Schicht. . 84. Duodenum des Menschen. Zellen einer Brunner'schen Drüse. Diplosoma in der Sekretsammelstelle einer jeden Zelle. ‘. 85 bis 87. Colon des Menschen. Epithelzellen aus den Krypten nahe der Mündung derselben. In Fig. 86 u. 87 gewöhnliche Epithelzellen mit Stäbcheneuticula und Pseudopodien. In allen Figuren besitzen die gewöhnlichen Epithelzellen je ein Diplo- soma in einem schmalen, hellen Hof nahe der Oberfläche. In den Becherzellen liegt der Centralkörper mitten in der Sekretsammelstelle. Kittleisten. '. 88 bis 92. Glandula thyreoidea des Menschen in Seitenansicht (Fig. 85 bis 90) und von der freien Oberfläche gesehen (Fig. 91 u. 92). Ueberall Mikrocentrum in Contact mit der freien Oberfläche. In Fig. 90 rechts eine Centralgeissel. Kitt- leisten; in Fig. 91 Unterbrechungen an den Knotenpunkten. . 93 u. 94. -Hypophysis des Menschen. Drüsenschlauch mit deut- lichem Lumen und mit Kittleisten. «a u. b Zellen mit dunkel gefärbten Granula (verschiedene Sekretionsstadien). cc Zellen mit deutlicher, grosser Attractionssphäre dicht am Kern; an ganz beliebiger Stelle. Diplosoma in jeder Attractionssphäre. ee Protoplasmaärmere Zellen mit langgestrecktem Kern. 95. Niere des Kaninchens. Epithel einer Sammelröhre mit Diplo- soma in jeder Zelle etwas entfernt von der freien Oberfläche derselben; Kittleisten; dunkel gefärbte Körper unbekannter Bedeutung in der Nähe des Kerns. '. 96. Niere unbekannter Herkunft. Epithel einer Sammelröhre. Das Mikrocentrum besteht aus drei gleichsam auf einen Faden gereihten Centralkörpern verschiedener Form. In 5 ist das Mikrocentrum willkürlich vergrössert dargestellt. 97 u. 98. Niere des Kaninchens. 2 Schaltstücke in verschiedenen Funktionsstadien (Fig. 97 ist ein wenig stärker vergrössert als 98). Jede Zelle besitzt eine „Centralgeissel“. Kittleisten. Feinste Fibrillen unbekannter Bedeutung dicht unter dem Epithel. :. 99. Niere des Kaninchens. Absteigender Schenkel. Centralgeissel. . 100 u. 101. Niere des Kaninchens. Gewundenes Kanälchen mit Mikrocentrum (Centralgeissel?) dicht unter dem Bürstenbesatz. -. 102. Nierenbecken des Kaninchens. Flächenansicht des Epithels dicht an der Basis einer Nierenpapille. a etwas schwächer Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen und Epithelien. 705 vergrössert als die übrigen Abbildungen; b eine kleine Stelle aus a in der gleichen Vergrösserung wie die übrigen Figuren. Unregelmässige Zellformen. Ein Paar stäbehenförmiger Central- körper in jeder Zelle; einige zweikernige Zellen besitzen zwei Paare derselben. Kittleistennetz. Fig. 103. Ureter des Menschen. Schnitt durch die ganze Dicke des Epithels. Mikrocentrum in Gestalt zweier Stäbchen fast in sämmtlichen Zellen mit Ausnahme der Deckschicht zu erkennen. Es liegt innerhalb einer nicht überall deutlichen, zackigen Sphäre, welche sich zwischen dem Kern und der der freien Epitheloberfläche zugekehrten Zellseite findet. Blauschwarz- gefärbte Körner an der Kernoberfläche. Kittsubstanz zwischen den Rändern der freien Oberflächen und der basalen Flächen der Deckzellen, überhaupt zwischen sämmtlichen Zellen der oberen zwei Drittel des Epithels. Fig. 104. Ureter des Menschen. Deckschicht mit einer abgestorbenen Zelle. In drei Zellen je ein Paar stäbchenförmiger Central- körper in der Nähe der der freien Epitheloberfläche zuge- kehrten Kernseite. Kittleisten zwischen den Rändern der freien Zelloberflächen und der basalen Seiten. ‚. 105. Ureter des Menschen. Zelle aus einer mittleren Schicht des Epithels mit Stäbchenpaar innerhalb einer die Kernoberfläche berührenden, zackigen Sphäre. Schwarzblaue Körner an der Kernoberfläche. Fig. 106 u. 107. Samenblasen vom Menschen. Centralgeissel in den oberflächlichen Zellen; Diplosoma in den basalen Zellen. Kitt- leisten. Fig. 108. Nebenhoden des Menschen. Je ein Diplosoma dicht unter der freien Oberfläche der Flimmerzellen sowie je ein solches in den Basalzellen. Körner im Zellleib und im Contaet mit dem basalen Ende der Kerne. Kittleisten. Eine abgestorbene Flimmerzelle (blauschwarz). Fig. 109. Nebenhoden des Menschen. Flimmerzellen von der freien Oberfläche gesehen, auf die letztere eingestellt. Mikrocentrum in jeder Zelle mit hellem Hof. Kittleistennetz mit sehr variabler Maschenweite. Fig. 110—113. Uterus des Menschen. Oberflächenepithel. In jeder Zelle Diplosoma in Contact mit der freien Oberfläche. In Fig. 113 Andeutung einer Centralgeissel. Kittleisten. Fig. 114. Uterus des Menschen. Drüsenepithel aus dem Fundus. Diplosome in sehr wechselnder Höhe, aber immer zwischen Kern und freier Zelloberfläche. Fig. 115. Cornea vom Rhesusaffen. Diplosoma in den drei unteren Zellschichten nahe der der freien Epitheloberfläche zugekehrten Zellseite. Fig. 116. Geschichtetes Plattenepithel der Zunge des Menschen. Fi (0 =} 706 K.W. Zimmermann: Beiträge zur Kenntniss einiger Drüsen etc. Diplosoma von einer dunkleren Protoplasmaanhäufung (Sphäre) umgeben dicht an der der freien Epitheloberfläche zugekehrten Zellseite. Oben rechts ein Leukocyt mit Diplosoma. Fig. 117 u. 118. Schweissdrüse vom Rhesusaffen. Binnenzellige und zwischenzellige Sekretgänge. In Fig. 118 sind die zwischen- zelligen Sekretgänge ausgemalt, und das Ganze so künstlich in ein Golgi-Präparat umgewandelt; je näher die Sekretgänge dem Beschauer liegen, um so dunkler sind sie gehalten. Zum Theil als eingeschnürte Stäbchen erscheinende Diplosome im Contact mit der freien Zelloberfläche. In Fig. 117 Kittleisten. Die glatten Muskelfasern sind an der dunkelblauen Färbung der Fibrillen kenntlich. 707 (Aus dem Königl. pathologisch-anatomischen Universitäts-Institut zu Königsberg i. Pr.) Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues der Glandulae parathyreoideae (Epithelkörperchen) des Menschen. Von Ludwig Schreiber, cand. med. Hierzu Tafel XXX. Wenn ich den zahlreichen in jüngster Zeit erschienenen Arbeiten über die Entwickelung und den Bau der von Sand- ström entdeckten Glandulae parathyreoideae im Folgenden noch eine neue hinzufüge, so glaube ich darin eine Rechtfertigung zu finden, dass die bisherige Kenntniss von diesem Gegenstande vornehmlich an Thieren gewonnen ist, und die wenigen Untersuchungen, welche an menschlichem Material an- gestellt wurden, zum Theil vollkommen widersprechende Resul- tate geliefert haben. Im Verlaufe meiner Arbeit, welche ich von Mitte Januar bis Ende December 1897 im hiesigen pathologisch-anatomischen Institut ausgeführt habe, ergaben sieh num Befunde, die vielleicht geeignet erscheinen, die noch wenig umfangreichen Beobach- tungen über die Entwickelung und den Bau der in Rede stehen- den Organe des Menschen zu’ ergänzen und wenigstens ın einigen Punkten den schroffen Gegensatz zwischen den bisher hierüber herrschenden Anschauungen zu beseitigen. Wiewohl eine erschöpfende Zusammenstellung der diesbe- züglichen Literatur in der Kohn’scehen Arbeit (Ta u. Tb) existirt, möchte ich dennoch, zur leichteren Orientirung, einen Ueberblick der bisherigen Veröffentlichungen den nachfolgend mitzutheilenden eigenen Untersuchungen voranschicken. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 46 708 Ludwig Schreiber: Literäatur-Uebersicht. Die erste Kenntniss von den Glandulae parathyreoideae verdanken wir Sandström!), der sie im Jahre 1880 an der Schild- drüse des Menschen und einiger Säugethiere entdeckte. „Bei den von ihm untersuchten 50 menschlichen Individuen fand er sie constant als paarige Drüse jederseits an der hinteren Fläche der Seiten- lappen oder in der Nähe des unteren Randes der Schilddrüse oder endlich in der Nähe der Arteria thyreoidea inferior. Die Grösse der Drüsen schwankt zwischen 3—15 mm, im Durchschnitt sind sie 6mm gross. Der Gestalt nach sind sie in der Regel mehr oder weniger plattgedrückt; die Farbe ist meist rothbraun mit einem Stich ins Gelbliche. Von der Arteria thyreoidea inferior treten ein oder meh- rere Zweige in die Drüse ein. Auf dem Durchschnitt der erhärteten Drüsen erkennt man zuweilen schon mit unbewaffnetem Auge eine undeutliche Lappung der Substanz, die von einer gemeinsamen Binde- gewebshülle umgeben ist. Ihre Zellen bestehen aus einem runden Kern und einem ihn umgebenden feinkörnigen Protoplasma; die Zellgrenzen treten nach Erhärtung in Müller oder Ueberosmiumsäure in der Regel nicht deutlich hervor. Die aus den beschriebenen Zellen zusammen- gesetzte Drüsensubstanz bietet, was ihre gröbere Anordnung betrifft, manche Variationen dar: 1. Oft erschein sie als eine einzige zu- sammenhängende Zellmasse, durchzogen von einem ziemlich dichten Capillarnetze. 2. In anderen Fällen besteht das Drüsenparenchym aus netzartig mit einander zusammenhängenden Zellbalken, deren Maschen von den Blutgefässen und dem diese umgebenden Bindegewebe aus- gefüllt sind. 3. Endlich findet man zuweilen auch die Drüsenzellen zu mehr weniger zahlreichen runden Klümpchen „Follikeln“ vereinigt. Nicht selten finden sich diese drei verschiedenen Typen nebenein- ander in einer Drüse; zuweilen ist in der ganzen Drüse nur eine Form vertreten.“ — Auf Grund dieser Untersuchungen, die sich auch noch auf eine Reihe von Säugern erstrecken, spricht Sandström folgende Ansicht aus: „Die also beim Menschen und bei anderen Säugethieren vorhandene Drüsenbildung gehört offenbar derselben (Gruppe von Drüsen an wie die Schilddrüse; sie bietet nämlich in ihren besonders beim Menschen vorkommenden verschiedenen Variationen grosse Uebereinstimmung mit den verschiedenen Entwickelungsstadien der Schilddrüse, und sie dürfte als eine der Schilddrüse verwandte embryonale Drüse betrachtet werden können. Mit den nur ausnahms- weise vorkommenden, mit der Schilddrüse im Bau ganz überein- stimmenden Glandulae thyreoideae accessoriae hat die vorliegende Drüsenbildung nichts zu thun; in den Fällen, wo jene vorkommen, ist diese neben ihnen vorhanden. Sandström nennt die neuen Drüsen 1) ef. Referat von Retzius in Hoffmann-Schwalbe's Jahres- berichten über die Fortschritte der Anatomie u. Physiologie (Bd. IX, Lit. 1880). Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues ete. 709 Glandulae parathyreoideae, um (wie bei Parovarium, Paradidymis) auf ihre embryonale Natur hinzuweisen. Ihre physiologische Bedeutung ist natürlich ganz unklar; dagegen sind sie für die Pathologie wahr- scheinlich von Bedeutung, da sie zu Neubildungen Anlass geben können.“ Ohne Kenntniss der Sandström'’schen Entdeckung giebt ein Jahr später Stieda Aufschluss über die Genese der fraglichen epithe- lialen Körper. In seiner Arbeit über die Entwickelung der Thymus, Thyreoidea und der Glandula carotica, welche Stieda an einer Reihe von Sängethieren studierte, beschreibt er bei einem Schweineembryo von 13mm einen epithelialen Strang, welcher von der Rachenspalte bis zur äusseren Haut sich hinzieht. „Zwischen dem (nach Stie«la) Vagus und den seitlichen Grenzen des Rachens verdickt sich der Strang zu einem dreieckigen Gebilde, dessen Basis mit dem Strang zusammenfällt, während die Spitze des Dreiecks nach vorn und unten gekehrt ist.“ „Die diesen dreieckigen Körper bildenden Zellen sind rundlich oder eckig mit zartem Protoplasma (0,006 mm im Durchmesser), mit rundlichen, scharf‘ eontourirten Kernen. Die Zellen liegen sehr dicht aneinander, nehmen das Carmin lebhaft an, und deshalb erscheint der dreieckige Körper stärker gefärbt als der epitheliale Strang. Dass dieser Körper wie der Strang epithelialer Natur ist, unterliegt keinem Zweifel.“ — Auch an älteren Embryonen, sowohl von Schweinen, als auch von Schafen konnte Stieda mit Sicherheit diese Gebilde als epitheliale Anhäufungen, die sich vom Epithel der Gritten und vierten Kiemenspalte symmetrisch abgeschnürt haben, wiedererkennen. Stieda selbst glaubt den epithelialen. Körper an der dritten oder vierten Kiemenspalte als Glandula carotica ansprechen zu müssen, was aber nur eine Vermuthung von ihm ist, welche, wie er selbst sagt, er mit Sicherheit nicht beweisen könne. Eine striete Unterscheidung der Kiemenspalten gelang ihm bei den frühen Stadien nicht, gleichwohl glaubte er die dritte als Mutterboden der Glandula carotica aunehmen zu dürfen. Welches Schicksal hernach die epithelialen Reste an der vierten Kiemenspalte erleiden, diese Frage lässt er offen. Seine dies- bezüglichen Abbildungen veranschaulichen das Lageverhältniss des epithelialen Körpers zur Schilddrüse, Thymus und Arteria carotis recht deutlich und zeigen denselben immer an der lateralen und hinteren Fläche der Schilddrüsenseitenlappen, doch stets durch Lage und Structur seine Selbständigkeit der Thyreoidea und Thymus gegenüber be- wahrend. Ein Vergleich dieser Bilder mit den Angaben neuerer Autoren, ich meine Prenant, Tourneux und Verdun, auf die ich noch zurükkomme, lassen wohl kaum einen Zweifel obwalten, dass diese epithelialen Körper — sicherlich diejenigen an der vierten Kiemen- spalte — den Glandulae parathyreoideae Sandström’s vollkommen identisch sind. Stieda untersuchte zu junge Embryonen, als dass ihm selbst die Eigenart dieser Gebilde und ihre an der fertigen Carotis- drüse gänzlich abweichende Structur hätte in die Augen fallen können. Merkwürdiger Weise ruhten trotz dieser interessanten Angaben 710 Ludwig Schreiber: Sandström’s und Stieda’s die weiteren Untersuchungen über die neu entdeckten Organe länger als ein Jahrzehnt. Erst im Jahre 1892 brachte eine Reihe von Mittheilungen Gley’s!) die Frage über die Herkunft und die physiologische Bedeutung der in Rede stehenden Gebilde wieder in Fluss; Gley hoffte auf dem Wege des Experiments die Antwort hierauf zu erhalten. An einer Zahl von Hunden und Kaninchen nahm er totale Schilddrüsenexstirpationen vor, die ihm eine befriedigende Erklärung für die merkwürdige Erscheinung des Auf- tretens der Kachexia strumipriva bei ersteren und des Ausbleibens derselben bei letzteren allein aus dem verschiedenen Lageverhältnis der Glandules thyroidiennes?) zur Schilddrüse bei diesen Thieren zu geben schienen. Infolge der engen Beziehung nämlich, welche beim Hunde die Glandules thyroidiennes mit den Schilddrüsenseiten- lappen eingehen, werden sie bei einer Thyreodectomie notwendiger Weise jedesmal mit entfernt, während dieselben bei den erwachsenen Nagern, insbesondere beim Kaninchen wegen ihrer mehr isolirten Lage im Körper zurückbleiben und nach Umwandlung in echtes Schilddrüsen- gewebe und beträchtlicher Volumenzunahme (etwa um das Doppelte) viecariirend die Function der ursprünglichen Schilddrüse übernehmen. Diese Mittheilungen, welche für die Glandules thyroidiennes in der Physiologie und Pathologie der Schilddrüse eine hervorragende Stellung prätendirten, haben bisher keine Bestätigung gefunden, ja Moussu und Hofmeister, welehe an einem grösseren Material diesbezügliche Nachuntersuchungen angestellt haben, sind sogar zu einem direkt ent- gegengesetzten Resultate zelangt. So hat das Experiment, anstatt die Frage zu klären, dieselbe nur noch eomplieirt. Glücklicher schien der Weg, den die nun folgenden Autoren einschlugen. In seiner Arbeit über die Entwickelung der Schild- drüse, der Thymus und der Carotisdrüse wandte Prenant auch der Her- kunft der Glandules thyroidiennes seine volle Aufmerksamkeit zu. Auf Grund seiner Beobachtungen an Schafsembryonen, von denen er alle Ent- wickelungsstadien studierte, glaubte erdenGlandulesthyroidiennes einen selbständigen epithelialen Ursprung aus der vierten Kiemenfurche zuer- kennen zu müssen, ganz analog der Carotisdrüse, deren Anlage er von der dritten Kiemenfurche herleitete. Seine Angaben hierüber, die bei näherer Betrachtung nur eine Ergänzung zu den diesbezüglichen Mittheilungen Stieda’s bilden, gebe ich im Folgenden kurz wieder: „La troisieıme poche branchiale entodermique est compos&e, comme la quatri&me, de deux bran- ches; l’&tude des coupes seriees montre que la forme estidentique dans l’une et l’autre poche. Leurs produits sont egalement semblables, au debut tout au moins. Tontes deux donnent, en effet, naissance A un puissant 1) Die Mittheilungen Gley’s sind mir nur durch Referate aus Schmidt’s Jahrb. Bd. 233—341, 1892 bekannt geworden. 2) So bezeichnet Gley die Glandulae parathyreoideae Sand- ström’s. Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues etc. 711 diverticule ventral, creux; en outre, dans l’angle de leurs deux bran- ches se forme, par Epaississement de leur paroi, un organe arrondi, plein, de texture semblable, de structure cellulaire identique, ayant des rapports analogues. Le diverticule parti de la troisicme poche est le thymus. Celui qui prolonge la quatrieme poche est l’&bauche thyroidienne laterale. L’organe annexe& ä la troisieme poche est la glandule thymique (glande carotidienne). Celui qui est appendu ä la quatriöme poche est la glandule thyroidienne. A ce stade, les derives respectifs des deux fentes branchiales sont encore parfaitement homodynames, et le sont non seulement par leur origine, mais encore par leur constitution; ils sont done de plus homo- typiques. Plustard, ’homotypie se conservera parfaite entre la glande carotidienne et la glandule thyroidienne; non seulement leur consti- tution, mais leurs rapports m&mes continueront d’etre analogues, puis- que nous savons que, de m@me que la glande thyroidienne demeure en connexion avee l’&bauche de la thyroide laterale issue de la quatrieme poche, la glande carotidienne est incorporee A la tete du thymus derivee de la troisiöme poche branchiale.“ Fast gleichzeitig mit Prenant veröffentlichte Kohn seine sorg- fältigen Untersuchungen über Vorkommen und Structur der betreffen- den Organe, denen er den Namen „Epithelkörperchen“ beilegte (nach dem Beispiel Maurer’s, welcher mit demselben ähnlich zusammenge- setzte Gebilde von Amphibien bezeichnete). Kohn’s Untersuchungen beziehen sich in erster Linie auf junge Katzen, bei denen ihm die regelmässigsten und einfachsten Verhältnisse in Bezug auf anato- mische Lage und histologischen Aufbau der fraglichen Organe vor- handen zu sein schienen. An jedem der beiden Schilddrüsenseiten- lappen fand er constant ein sogenanntes „äusseres“ (d. h. ausserhalb des Schilddrüsenparenchyms liegendes) und ein „inneres“ (d. h. von Schilddrüsenparenchym umschlossenes) Epithelkörperchen von gleicher histologischer Structur. In analoger Lagebeziehung zur Schilddrüse beschreibt er ausserdem noch ein „äusseres“ und „inneres“ Thymus- läppchen als ebenso constante Befunde. Die Entwickelung dieser Ge- bilde hat Kohn zwar nicht untersucht, gleichwohl spricht er auf Grund seiner histologischen Ergebnisse folgende Vermuthung über ihre Genese aus: „Ich halte es für wahrscheinlich, dass all die genannten vier Ge- bilde (nämlich äusseres und inneres Epithelkörperchen eines jeden Schilddrüsenseitenlappens) als rudimentäre Organe aufzufassen seien, die selbständigen, in der Nähe der Ursprungsstätten der Thyreoidea und 'Thymus gelegenen Anlagen ihre Entstehung verdanken und erst seecundär in so innige räumliche Beziehung zur Schilddrüse treten. Von diesen rudimentären Organen differenziren sich zwei zu Thymus- gewebe (zum inneren und äusseren Thymusläppchen der Schilddrüse), die zwei anderen verbleiben in einem Zustande geringerer Differen- zivrung, so dass sie späterhin in ihrem Baue weder der Schilddrüse noch auch der Thymus entsprechen.“ So schien die Frage über das Wesen der Epithelkörperchen 712 Ludwig Schreiber: endgültig beantwortet, als ein Jahr später Schaper die Sandström- sche Theorie von der embryonalen Schilddrüsennatur der Glandulae parathyreoideae wieder aufnahm. An dieser Stelle auf alle Differenzen zwischen den bisherigen Angaben und den Beobachtungen Schaper’s einzugehen, würde den Rahmen einer knappen literarischen Ueber- sieht überschreiten; nur die wesentlichsten Punkte, mit denen er die Wiederaufnahme der älteren Theorie begründet, seien hier berück- sichtigt. Ihm dienten in erster Linie Schafe als Untersuchungsobject; seine Erfahrungen über das Verhalten der Epithelkörperchen beim Menschen stützen sich auf das Studium der Halsorgane dreier Er- wachsener, eines dreijährigen Kindes und eines Neugeborenen. Em- . bryologische Angaben finden wir bei Sehaper nicht, seine Schlüsse über die Genese der fraglichen Organe leitet auch er ausschliesslich aus seinen histologischen Befunden her. Schon bezüglich der ana- tomischen Lage der Epithelkörperchen weichen die Mittheilungen Schaper’s erheblich von denen der übrigen Autoren ab. Beim Schafe bezeichnet er als ihren Hauptfundort die nächste Umgebung der Carotisbifurcation, ebenda fand er sie auch beim Menschen, wobei er sie jedoch in der Nähe der Schilddrüse gleichfalls nicht vermisste. Ausserdem beschreibt Schaper auch beim Menschen ein soge- nanntes „inneres“, also von Schilddrüsenparenchym eingeschlossenes Epithelkörperchen als vollkommenes Analogon zu den von Kohn bei der Katze gefundenen. Dieses bisher unberücksichtigt gebliebene multiple Vorkommen in Verbindung mit den histologischen Bildern der Epithelkörperchen, in denen er unzweifelhafte colloidgefüllte Follikel mit einer gewissen Regelmässigkeit wahrgenommen haben will, veran- lasst Schaper zur Aufstellung folgender Sätze: „Von einem paarigen Auftreten der Epithelkörper und ihrem alleinigen Vorkommen in unmittelbarer Nähe der Schilddrüse kann im allgemeinen nicht die Rede sein.“ „Die Epithelkörperchen verharren für gewöhnlich in ihrem mehr oder weniger indifferenten, functionslosen Zustande; unter gewissen Be- dingungen jedoch, die uns vor der Hand noch unbekannt sind, können sich dieselben weiter entwickeln und zwar nach der Richtung des typischen Schilddrüsengewebes hin, wobei jedoch in der Regel nicht das ganze Organ, sondern nur ein beschränkter Abschnitt desselben in einen derartigen Fortbildungsprocess einbezogen wird, während der grössere Theil auf embryonaler Stufe zurückbleibt.“ „Die äussern Epithelkörperchen sind abgesprengte, auf gewissen Stadien der embryonalen Entwickelung zurückgebliebene Partikel der lateralen Schilddrüsenanlage.* „Innere und äussere Epithelkörperchen sind einander völlig gleichwerthig. Die Differenzen in ihrer Lagebeziehung zur Schilddrüse sind auf bis jetzt unbekannte entwickelungsgeschichtliche Ursachen zurückzuführen. Ich vermuthe, dass die äussern Epithelkörperchen aus einzelnen Zellenkomplexen hervorgegangen sind, die auf dem Wege, den die Schilddrüse während ihrer Entwickelung zur Erlangung ihrer Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues etc. 713 definitiven Lage durchläuft, den Zusammenhang mit letzterer verloren haben und durch gleichzeitigen Verlust der zu ihrer typischen Weiter- entwickelung nöthigen Correlationen in ihrem jeweiligen embryonalen Zustande verblieben sind. Vielleicht sind auch die innern Epithel- körperchen in gleicher Weise entstanden und als die zuletzt abge- sprengten Keime anzusehen, die infolge ihrer unmittelbaren Anlagerung an die Schilddrüse bei fortschreitender Fortentwickelung von dieser umwachsen und wieder gänzlich in dieselbe hineinbezogen worden“. Embryologische Studien an Halsorganen von Katzenembryonen brachten Jacoby zu der Ansicht, dass inneres und äusseres Epithel- körperchen einem ganz verschiedenen Mutterboden entstammten; ersteres sollte aus der Schilddrüse, letzteres aus der Thymus hervor- gehen. Als er jedoch seine embryologischen Befunde experimentell in Gemeinschaft mit Blumreich zu erhärten suchte, stellte sich als- bald seine Anschauung als irrig heraus. Eine Veröffentlichung dieser Experimente ist bisher nur in Form einer kurzen vorläufigen Mit- theilung erfolgt, der ich die fünf Cardinalsätze entnehme: „il. Es besteht keine histologische Verwandtschaft zwischen Schild- drüse und Nebendrüsen!) des Kaninchens. 2. Eine genetische Beziehung dieser Gebilde ist noch durchaus zweifelhaft. 3. Die Zurücklassung oder Mitentfernung der Nebendrüsen bei der Thyreodeetomie hat keinen Einfluss auf die Lebensprognose des Thieres; bezüglich der Folgeerscheinungen ist zu bemerken, dass so- wohl complet wie incomplet thyreodectomierte Kaninchen zum Theil kachectisch werden, zum Theil der Kachexie entgehen. 6. Die histologische Untersuchung der im Körper verbliebenen Nebendrüsen ergab keine Structurveränderungen, also auch keine Umwandlung in Schilddrüsengewebe. 7. Auf Grund unserer Versuche müssen wir den Nebendrüsen des Kaninchens im Gegensatz zu den anderen Autoren eine directe physiologische Beziehung zur Schilddrüse absprechen.“ Nur eine jüngst erschienene Arbeit Tourneux’sund Verdun'’s?) möchte ich noch anführen, die um so grösseres Interesse beansprucht, als die beiden Forscher sich mit der Entwickelung. der Epithelkörper speciell beim Menschen befasst haben. — Den beiden an der lateralen Seite jedes Schilddrüsenlappens befindlichen Epithelkörpern schreiben sie einen verschiedenen Ursprung zu. Bezüglich der vierten Kiemen- 1) So bezeichen Jacoby und Blumenreich die Epithelkör- perchen. 2) Die embryologischen Untersuchungen Groschuff’s sind mir erst nach Abschluss der vorliegenden Arbeit bekannt gewordem. Aus denselben ersehe ich, dass die Mittheilungen Tourneux’s und Ver- dun’s bezüglich der Genese der Epithelkörperchen des Menschen im Wesentlichen eine Bestätigung der schon von Groschuff erhobenen Befunde bilden. 714 Ludwig Schreiber: spalte decken sich ihre Befunde mit denen Stieda’s und Prenant’s; auch sie leiten von ihr Schilddrüse und einen Epithelrest her. Während aber Stieda und Prenant aus der dritten Kiemenspalte die Thymus hervorgehen lassen und den Epithelrest an derselben als die künftige Glandula earotica deuten, erblicken Tourneux und Verdun in diesem epithelialen Rest die Anlage des zweiten Epithelkörperchens, indem sie mit Katschenko, Marchand, Paltauf und Schaper die epitheliale Natur der Glandula carotica leugnen und dieselbe als eine Verdickung der Adventitia der Carotidenwand sich anlegen lassen. Demnach verwerfen sie auch den Collectivnamen „Epithel- körperchen“ und bezeichnen den Epithelrest an der dritten Kiemenfurche wegen seiner embryologischen Beziehung zur Thymus als „glandule thymique“ und den der vierten, der den gleichen Mutterboden mit der Thyreoidea theilt, als „glandule thyroidienne“. Die Struetur dieser beiden ihrer Entwickelung nach differenten „glandules“* ist nach ihren Befunden vollkommen analog. Ich ziehe es vor bezüglich dieser Verhältnisse sowie der Lageveränderung der fraglichen Organe im Verlaufe ihrer ersten Entwickelung die eigenen Worte Tourneux’s und Verdun’s hier folgen zu lassen: „Les glandules thyroidiennes formees, ainsi que nons l’avons indique, aux depens des parois dorsales des quatriemes poches endo- dermiques sont primitivement situ6es audessous des glandules thymiques. Plus tard, par suite de l’abaissement des cordons thymiques entrainant les glandules thymiques annexes, les glandules thyroidiennes deviennent superieures. En rapport avec la face posterieure des lobes lateraux de la thyroide (au niveau des thyroides laterales) elles sont interposdes entre la carotide primitive et l’oesophage.“ — „Les glandules thymiques naissent sur la paroi des troisiömes poches endodermiques et, lorsque les canaux thymiques se sont detaches du pharynx et allonges, elles restent attenantes ä leur extr&mite superieure. A l’&paississement superficiel, qui donne naissance ä la glandule thymique, r&pond une saillie interne de la paroi opposee s’enfoncant dans la cavite de la troisieme poche, et d&terminant sur la coupe la forme d’un eroissant.“ — „Les glandules thymiques accompagnent les canaux thymiques dans leur deplacement de haut en bas et de dehors en dedans. Elles passent ainsi en avant des thyroides laterales, et vont s’accoler A la face posterieure du croissant thyroidien, au point d’union de l’isthme avec les lobes lateraux. L’&volution structuale de ces glandules est iden- tique A celle des glandules thyroidiennes“. Dies zur Charakteristik des augenblicklichen Standes der Frage. — Eine Entscheidung der Controversen spitzt sich dem- nach im wesentlichen auf die Beantwortung folgender Punkte zu: 1. Sind die Glandulae parathyroideae !) genetisch selbstän- 1) Aus später zu erörternden Gründen will ich fortan die ur- sprüngliche Bezeichnung ‚„Glandula parathyreoidea‘ beibehalten. BT DE Be 2 a a u en nn U Lu LU UL ul LU 2 LU LU LU UN UL LU LU HU Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues etc. 715 dige Organe oder sind sie nur als abgesprengte, in embryonalem Zustande verbliebene Keime der Sehilddrüse zu betrachten ? 2. Verharren diese Organe während des ganzen Lebens in ihrem indifferenten Zustande oder sind sie befähigt, sich zu echtem Schilddrüsengewebe zu entwickeln ? Diese Fragen ihrer Lösung näher zu bringen ist der Zweck der folgenden Betrachtungen. Untersuchungsmaterial und Untersuchungsmethode. Zur eigenen ersten Orientirung stellte ich zunächst Nach- untersuchungen an den Halsorganen von Katzen und Kaninchen an, indem ich dieselben in transversale Schnitte zerlegte; die ausführlichen histologischen Angaben Kohn’s über die Glan- dulae parathyreoideae dieser Thiere kann auch ich vollkommen bestätigen. Meine weiteren Untersuchungen beziehen sich ganz ausschliesslich auf menschliches Material, und zwar umfassen dieselben alle Entwiekelungsstadien des Menschen von der zehnten Woche des fötalen Lebens bis zu siebzigjährigen Individuen. Die fötalen Schilddrüsen einschliesslich derjenigen von Neuge- borenen wurden im Zusammenhange mit der Trachea, dem Oeso- phagus und der Arteria carotis herauspräparirt und in transver- sale Sehnittserien zerlegt, was in erster Linie mit Rücksicht auf die Schaper schen Angaben über das multiple Vorkommen der Glandulae parathyreoideae vor allem an der Arteria carotis geschah. Diese Methode bot ausserdem noch den nicht zu unterschätzen- den Vorzug, dass sie jederzeit eine leichte und sichere Orien- tirung über die Zahl der Parathyreoideae und vornehmlich über ihre Lagebeziehung zu den Nachbarorganen bei vollkommener Schonung des Präparats ermöglicht. An den postembryonalen menschlichen Schilddrüsen gelingt es in den meisten Fällen die Parathyreoideae isolirt herauszupräpariren '); allerdings ist man hierbei den verschiedensten Täuschungen unterworfen: nicht gar selten entpuppen sie sich bei mikroskopischer Untersuchung als einfache Lymphknötchen oder als die Thymusläppehen der Schilddrüse, schliesslich öfter als die im Bau der Thyreoidea 1) Für die Untersuchung wurden die Glandulae parathyreoideae stets im Zusammenhange mit einem kleinen Stück Schilddrüsengewebe gelassen. 116 Ludwig Schreiber: vollkommen analogen Nebenschilddrüsen. Selbst das entschei- denste makroskopische Kriterium, die symmetrische An- lagerung der Parathyreoideae an die Schilddrüse, lässt häufig im Stich. Zur Vermeidung dieser Irrthümer empfiehlt sich da- her die frische Untersuchung eines kleinsten Theilchens der be- treffenden Knötehen in Kochsalzlösung, der man zur Färbung der Kerne vom Rande des Deckglases her essigsaures Vesuvin zufliessen lässt. Zur mikroskopischen Untersuchung wurde nur durchaus wohl conservirtes Material benutzt. Alle Untersuchungsobjeete wurden entweder in Müller’scher Flüssigkeit oder in Rabl- scher Lösung (Pierinsäure-Sublimat) oder — und zwar dies am häufigsten — in einem Gemisch von Müller’scher Flüssigkeit mit Formol zu gleichen Theilen fixirt und nach Auswaschen in Wasser in 96 °/, Alcohol gehärtet. Eingeschlossen wurden die Präparate sämmtlich in Celloidin und mittels eines Schlitten- mikrotoms in Schnitte von 8—1l5u zerlegt. Als Färbeflüssig- keiten für die Schnitte wurden Saffranin, van Gieson-Lösung, vornehmlich jedoch Hämalaun-Eosin benutzt. Histologischer Bau der Glandulae parathyreoideae in ihren verschiedenen Entwickelungsphasen. Den Ausgangspunkt meiner Untersuchungen am Menschen — und nur diese seien hier berücksichtigt — bildeten zwar die Halsorgane von Neugeborenen, doch empfiehlt es sich bei der Darstellung des histologischen Aufbaues der Glandulae parathy- reoideae in ihren verschiedenen Entwickelungsstadien die zeit- liche Folge festzuhalten. Um mich nicht unnützer Wieder- holungen schuldig zu machen, will ich nur solche Altersphasen ausführlich mittheilen, welche eine wesentliche Veränderung in der Struetur oder eine veränderte Beziehung zu den Nachbar- organen bedeuten. — Ich beginne mit der Beschreibung der diesbezüglichen Verhältnisse bei einem zehn Wochen alten Fötus (33 mm Kopf-Steiss-Länge). Vor der Trachea und dieselbe hufeisenförmig umschliessend liegt die Schilddrüse; ihre Epithelstränge sind in einzelne Haufen zerfallen, deren Zellen sich hie und da schon zu Follikeln anordnen ; interstitielles Bindegewebe und Gefässe sieht man nur in spärlicher Menge; eine bindegewebige Hülle a Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues ete. 717 ist noch nicht vorhanden. An den lateralen Seiten der Schenkel- enden des Hufeisens, vor «der Arteria earotis und von ihr durch eine recht beträchtliche Bindegewebsbrücke geschieden erblickt man rechts und links in annähernd gleicher Höhe je ein ovales, aus Epithelzellen zusammengesetztes Knötchen, das nach Lage und Aussehen unschwer als Glandula parathyreoidea zu recognoseiren ist. Rechte und linke Parathyreoidea zeigen einen vollkommen identischen Bau. Die Gestalt derselben ist auf Transversalschnitten elliptisch, ihr grosser Durchmesser be- trägt 108 u, der kleine 82 u; sie sind von einer derben fibrösen 8u dieken Kapsel allseitig umschlossen, deren Zellen Spindel- form zeigen. Documentiren schon hierdurch diese Organe ihre vollkommene Selbständigkeit gegenüber der Thyreoidea, so wird dieselbe bei einem genaueren Vergleiche der Anordnung der beiderseitigen Zellen noch augenfälliger. Die Kapsel der Para- thyreoidea ist ausschliesslich von Epithelzellen erfüllt; Bindege- webe ist auch nicht in geringsten Spuren vorhanden, ebenso- wenig sind Gefässe sichtbar. Die Hauptmasse der Zellen ist polyedrisch, nur die Randzone wird von einer einfachen Lage kurz-eylindrischer Zellen gebildet; das Aussehen derselben lässt keinen Zweifel an ihrer epithelialen Natur zu. Die Grösse der Zellen beträgt im Durchschnitt 9,4 u, während die des angren- zenden Schilddrüsengewebes nur 7,4 u messen. Die Zellmembran ist nur an vereinzelten Zellen als sehr zarte Linie erkennbar; etwas deutlicher tritt sie an den peripheren Cvylinderzellen hervor. Das Protoplasma ist fein granulirt und mit Eosin nur wenig tingirbar. Der Kern ist gross (6,7 u im Durchmesser), bläschenförmig, rund bis oval; sein Chromatin ist grobkörnig; er zeigt zwei bis sechs tiefblau gefärbte Kernkörperchen. — Bemerkt sei noch, dass weder die rechte, noch die linke Glan- dula parathyreoidea irgend welche näheren Beziehungen mit dem Schilddrüsenparenchym eingeht. Bei einem drei Monate alten Fötus (8!/);, em Kopf- Steiss-Länge) fand ich je zwei Glandulae parathyreoideae an jedem der beiden lateralen Seitenlappen der Schilddrüse, von denen die oberen etwa in der Höhe des oberen Isthmusrandes, die unteren am aboralen Schilddrüsenpole lagen, letztere durch einen beträchtlichen Bindegewebszug von der Thyreoidea ge- trennt. Zur Arteria carotis haben dieselben entsprechend dem 718 Ludwig Schreiber: Wachsthum der Halsorgane jegliche Beziehung verloren. — Be- züglich der histologischen Structur zeigt die rechte und linke obere Glandula parathyreoidea keinen wesentlichen Unterschied gegenüber dem vorigen Stadium. Ein etwas anderes Bild geben die unteren Glandulae: in ihren centralen Parthien sieht man, jedoch ohne bestimmte Anordnung, vier zarte bindegewebige Septa, die in sich Capillaren bergen, welehe infolge ihres Gehalts an rothen Blutkörperchen leicht als solehe zu erkennen sind. Die Epithelzellen zeigen zu den Gefässen keine bemerkenswerthe Beziehung. Die Zellmembran tritt hier auch an den centralen Epithelien viel deutlicher hervor. Es machen diese Gebilde gegenüber den mehr oral gelegenen und gegenüber den Glan- dulae parathyreoideae des zehn Wochen alten Embryo entschie- den den Eindruck höherer Differenzirung. — Nicht unerwähnt will ich lassen, dass die Schilddrüse in diesem Stadium im Wesentlichen schon das Bild des fertigen Organs giebt; ihre Epithelien haben sich zum grössten Theil schon zu Follikeln an- geordnet; dieselben sind zwar noch klein, enthalten aber schon reichlich Colloid, das sich mit Eosin kräftig rosaroth gefärbt hat. Ich hebe dies hervor, um die gänzliche Verschiedenheit von Glandula parathyreoidea und Schilddrüse auf dieser Ent- wickelungsstufe zu zeigen. Wenn ich dem nächsten von mir untersuchten Stadium, einem Fötus von 4!/, Monaten '), eine ausführlichere Be- schreibung widme und dadurch vielleicht manches bereits Er- wähnte wiederholen muss, so hoffe ich mich damit entschuldigt, dass die Glandulae parathyreoideae in dieser Zeit einen ganz besonders regelmässigen und charakteristischen Aufbau der sie zusammensetzenden Elemente zeigen, welcher vor allem das Ver- ständniss für die älteren Phasen wesentlich erleichtert. — Auch in diesem Falle sind vier Glandulae vorhanden, je zwei auf jeder Seite an der hinteren Fläche der lateralen Schilddrüsenlappen. Bei einer transversalen Schnittserie vom oralen nach dem ab- oralen Schilddrüsenpole erscheint zuerst links unmittelbar ober- halb des Isthmus eine Parathyreoidea; 50 u unterhalb des un- 1) Die Halsorgane dieses Foetus verdanke ich der Liebens- würdigkeit des Herrn Privatdocent Dr.M. Askanazy; für die Ueber- lassung derselben spreche ich ihm an dieser Stelle meinen verbind- lichsten Dank aus. ic Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues etc. 719 teren Randes derselben treten gleichzeitig die beiden rechten auf und noch tiefer, am unteren Schilddrüsenrande, liegt die zweite linke Parathyreoidea. Alle vier Glandulae sind von an- nähernd elliptischer Form; ihr grosser Durchmesser beträgt im Durchschnitt 630 u, der kleine 390 u. Die beiden linken Organe zeigen einen vollkommen analogen Bau (Taf. XXX, Fig. 1). Die zarte, allseitig geschlossene Kapsel besteht aus fibrillärem Bindege- webe mit spärlichen, einen stäbehenförmigen Kern enthaltenden Zellen. Von ihr aus dringen hie und da zwischen die Epithelzellen Septa, die etwa dreimal so breit als die Kapsel sind und Capillaren oder kleinere Gefässe einschliessen; sie nehmen einen wesentlichen Theil der Parathyreoidea ein und verleihen ihr durch ihre netz- förmige Vereinigung ein charakteristisches Aussehen. In die Maschen dieses Netzes erscheinen die Epithelzellen gleichsam suspendirt. Die Randzone des Organs zeigt eine typische radiäre Anordnung der Epithelien, in den centralen Parthien liegen sie in regellosen Haufen nebeneinander. — Die Zellen selbst stellen meist Polyeder mit vier, sechs oder acht Flächen dar, ihr Durch- messer beträgt 10,4 u, während die des angrenzenden Schild- drüsengewebes nur 8,3 u messen; eine sehr derbe Zellmembran grenzt sie scharf von einander ab. Ihr Protoplasmasaum ist weit, homogen, durchscheinend, mit Eosin nicht tingirbar. Der Kern ist gross (7,4 u im Durchmesser), bläschenförmig, oval bis rund- lich, er ist sehr hell gefärbt, was besonders gegenüber den viel dunkleren benachbarten Gefässendothelien in die Augen fällt; sein Chromatin ist hell, er besitzt ein, zwei bis sechs deutlich erkennbare, tiefer tingirte Kernkörperchen. — Bemerkenswerth ist noch, dass einige regellos liegende Kerne beträchtlich grösser als die übrigen sind und ihr Protoplasmaleib dementsprechend dicker. Um schliesslich noch in Kürze auf die Anordnung der Ge- fässe und ihr Verhältniss zu den Epithelien einzugehen, so ist schon erwähnt, dass sie zum Theil in den Bindegewebssepten verlaufen, zum Theil liegen ihre Endothelien ohne jegliche binde- gewebige Umscheidung direkt den Epithelzellen an; auffallend ist (lie senkrechte Stellung der Zellen zur Längsachse der Ge- fässe, und dass die den Gefässen zugekehrte Fläche der Zellen einen mindestens um das Doppelte vergrösserten Protoplasma- saum zeigt. — Mitosen wurden nicht gesehen. 120 Ludwig Schreiber: Vollkommen identisch ist der Bau der rechten medialen und der obersten Partie der lateralen Parathyreoidea. Nur wäre zu bemerken, dass die Kapsel der medialen Parathyreoidea an der unteren vorderen, also an der der Schilddrüse zugekehrten Fläche unterbrochen ist; hier sieht man einige Epithelien in einem lockern zwischen Thyreoidea und Parathyreoidea gelegenen Bindegewebszuge ohne erkennbare Anordnung eingestreut, jedoch so, dass sie vom Parenchym der Schilddrüse durch deren binde- gewebige Hülle streng gesondert sind. — Recht beachtenswerth ist der Befund an dem lateralen Organe, das, wie gesagt, in seinem obersten Theil das schon entworfene normale Bild ge- währt. Auf dem zwölften Schnitte des letztern (1 Schnitt=10u) erblickt man an der vordern medialen Fläche einen schmalen sichelförmigen Saum von viel kleineren und durch ihre Färbung sich scharf abhebenden Zellen; je weiter nach unten man die Schnittserie verfolgt, um so grösser wird die Sichel; schliesslich gelangt man zu einem Schnitte, der gar keine Epithelien mehr zeigt und der nur von diesen intensiv gefärbten Zellen einge- nommen wird. Weder Zellmembran noch Protoplasmaleib ist an ihnen sichtbar, ihr Kern ist klein und tiefblau tingirt. Lässt schon das ganze Aussehen der Zellen kaum einen Zweifel an ihrer Iymphoiden Natur zu, so wird dieser Eindruck durch das Auftreten zweier Hassal’schen Körperchen zur Gewissheit. Es hat hier demnach ein direkter Uebergang von Parathyreoidea zu einem der schon oft von den Autoren bei Säugern erwähnten Thymusläppchen der Schilddrüse stattgefunden und zwar in der Weise, dass beide allenthalben von einer gemeinsamen bindege- webigen Kapsel umschlossen sind. 6'!/, Monate alter Fötus. Der Unterschied gegen das vorige Stadium ist unbedeutend. Die Glandulae parathyeroi- deae liegen in diesem Falle nicht neben-, sondern übereinander. Das Verhältniss der Bindegewebssepten zu den Epithelien ist derart, dass diese an Masse zugenommen haben und viel dichter aneinandergereiht sind. Die Bindegewebssepten sind an Zahl spärlicher geworden, haben jedoch an Breitenausdehnung ge- wonnen, dabei sind ihre Fibrillen sehr zart nnd arm an Kernen; die in ihnen verlaufenden Capillaren sind blutleer, ihr Lumen ist weit, wodurch die netzartige Structur des Organs noch augen- fälliger wird. Auch hier geht eine der Paratlıyreoideae die e Tee Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues ete. 721 innigsten Beziehungen zu einem Thymusläppchen ein; das Thymus- gewebe breitet sich diffus im unteren Segmente der Parathy- reoidea aus; Iymphoide Zellen und Epithelien liegen hier bunt dureheinander, letztere sind jedoch an ihrem weiten, nicht tingirten Protoplasmasaum und an ihrer derben Zellmembran leicht kennt- lich. — Das Thymusgewebe ist am aboralen Schilddrüsenpole so reichlich, dass ich anfangs der Meinung war, es beginne in diesem Falle der obere Theil des Hauptkörpers der Thymus schon hinter dem Isthmus der Thyreoidea; concentrisch ge- schichtete Hassal’sche Körperehen sind nur in sehr geringer Zahl vorhanden. Ein wesentlich anderes Bild liefert die Parathyreoidea der Neugeborenen, wiewohl bei genauerer Betrachtung die Diffe- renz mehr eine quantitative als qualitative ist; qualitativ nur insofern, als der Protoplasmaleib der Epithelzellen schmäler ge- worden und die Zellmembran nur vereinzelt als ausserordentlich zarte Linie sichtbar ist. Von diesem Stadium gelangten drei Halsorgane zur Untersuchung; allen dreien ist gemeinsam eine entschiedene Zunahme der Epithelzellen gegenüber dem Binde- gewebe, das eigentlich nur als Adventitia der Capillaren und kleinern Gefässe vorhanden ist. Ganz besonders dicht sind die Epithelien um das Blutgefässsystem gelagert, und die unmittel- bar an die Adventitia stossende Zellenzone setzt sich gegen die übrigen durch ihre tief blau gefärbten Kerne stets scharf ab. Hervorheben möchte ich, dass das Verhältniss von Epithel und Bindegewebe gewissen individuellen Schwankungen unterliegt, jedoch nieht in dem Masse, dass nicht in allen Fällen der Typus der Parathyreoidea leicht zu erkennen wäre. Interessant ist weiterhin, dass ihre Grösse zwischen 0,5 und 1,75 mm im längsten Durchmesser variirt, und dass die Zahl der Organe an allen drei Neugeborenen eine verschiedene ist; beim ersten fand ich jederseits eine, bei dem zweiten links eine und rechts zwei, bei dem dritten jederseits zwei Parathyreoideae, die in allen Fällen durch eine Kapsel und eine zum Theil recht beträchtliche Bindegewebsschieht vom Schilddrüsenkörper geschieden sind. Bezüglich der Lage möchte ich noch erwähnen, dass in einem Falle die Organe an der medialen Seite der Schilddrüsen- lappen zwischen diesen und der Trachea gelegen sind. Der eben geschilderte, gegen Ende des intrauterinen Lebens 722 Ludwig Schreiber: bestehende histologische Typus stellt für die Mehrzahl der Fälle die definitive Struetur dieser Organe dar. Er ist in Kürze durch folgende Momente gekennzeichnet: Von der Kapsel aus dringen gefässführende Bindegewebssepta in grosser Zahl zwischen das Parenechym und zerlegen dasselbe dureh ihre netz- artige Vereinigung in mehr minder regelmässige eylindrische Epithelstränge, welche die Maschen des Netzes ganz erfüllen. Nicht ganz so häufig gelangt im postfoetalen Leben ein zweiter Typus (Taf. XXX, Fig. 2) zur Beobachtung: Die epithe- lialen Elemente erfahren eine enorme Zunahme und imponiren als einheitliche, compaecte, von einem sehr dichten Capillar- netze durchzogene Zellenmasse. Zuweilen bietet sich gerade das entgegengesetzte Bild: das Bindegewebe gewinnt die Oberhand; es dringt in ungleich- mässigen Abständen ins Parenchym und zerklüftet dasselbe in regellose Läppcehen der verschiedensten Grösse. Hierbei kann das Bindegewebe annähernd die Hälfte des ganzen Organs ein- nehmen. Diese drei Haupttypen, welche sich im wesentlichen mit den von Sandström, Kohn und Schaper beschriebenen decken, können in ihren Erscheinungsformen so sehr differiren, dass man ihre prägnantesten Bilder auf den ersten Blick nicht für homo- loge Organe hält. Die beiden ersten zeigen im grossen und ganzen eine gewisse Abhängigkeit vom Lebensalter, indem die netzartigen Parathyreoideae fast ausnahmslos bei jüngeren Indi- viduen, compaete Epithelmassen in späteren Stadien angetroffen werden. Dem dritten Typus fehlt jegliche Beziehung zum Lebens- alter; sein Vorkommen ist bei weitem seltener als die erstge- nannten Formen. Die Parathyreoideae eines Individuums können alle drei Variationen zeigen, ja es kann sogar innerhalb ein und desselben Organs der Typus wechseln, was man besonders an mittleren Stadien zuweilen beobachtet. Eine detaillirte Be- schreibung der einzelnen das Organ zusammensetzenden Gewebs- elemente kann hier unterbleiben; Epithelzellen, Bindegewebe und (Gefässe haben sich qualitativ gegen die bei den embryonalen Stadien eingehender geschilderten Verhältnisse im allgemeinen nicht verändert. Nur eins sei noch berücksichtigt: Schon bei dem 4'/, Monate alten Foetus wurde erwähnt, dass einzelne, regellos liegende Epithelzellen sich durch ihre Grösse deutlich Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues ete. 723 gegen die andern abheben; diese Epithelien liegen im postem- bryonalen Leben meist in Häufchen aneinander, und zwar in der Peripherie des Organs, und bilden zuweilen etwa den sechsten Theil aller Epithelzellen. In einem Falle sah ich dieselben zu einer soliden Kugel angeordnet, die sich durch einen lichten, aus spärlichen, sehr zarten und lockeren Fibrillen bestehenden Saum scharf gegen das übrige Parenchym absetzte. Nicht gar selten findet man, ganz besonders reichlich bei älteren Individuen, mitten im Parenchym unregelmässig verstreut gelegene kleinste Träub- chen von Fettgewebe (Taf. XXX, Fig. 2 Fz.), welche von dem meist an der hinteren Fläche der Parathyreoidea befindlichen Fettgewebe aus die bindegewebige Kapsel durchbrochen haben. — Mitosen konnten niemals nachgewiesen werden, was sich aus dem Umstande erklärt, dass die Halsorgane erst 12—36 Stunden post mortem den Leichen entnommen werden konnten). Es erübrigt noch mit einigen Worten auf die Blutversorgung der Paratlıyreoidea einzugehen, die, wie schon bei der Beschrei- bung der embryonalen Organe hervorgehoben wurde, eine ausser- ordentlich reiche ist. Die Anordnung der Gefässe und insbeson- dere ihre Lagebeziehung zu den Epithelien sind die gleichen ge- blieben, wogegen die Zahl derselben sich bei allen drei Haupt- typen beträchtlich vermehrt hat. Jedes stärkere Bindegewebs- septum enthält meist zwei kleine Arterien und zwei Venen, die sich in ein dichtes Capillarnetz auflösen, so dass zwischen zwei Capillaren meist drei, häufig aber nur eine einzige Zellenreihe gelegen ist. Die Capillaren sind theils von einem zarten Binde- sewebsmantel umscheidet, theils liegen ihre Endothelien direkt den Epithelzellen an. Die Arterien werden hie und da von ziem- lich weiten Lymphräumen begleitet. — Ganglienzellen und Nerven- fasern wurden niemals gesehen. Eine Parathyreoidea innerhalb der Schilddrüse (sog. inneres Epithelkörperehen Kohn’s), wie sie Schaper als erster beim Menschen beschrieben hat, konnte ich nur em einziges Mal bei einem einjährigen Kinde beobachten. Dieselbe lag, allseitig von einer bindegewebigen Kapsel umgeben, im hinteren und late- 1) An der Parathyreoidea eines 3 Monate alten Kätzchens, deren Halsorgane ich lebenswarm in Fixirflüssigkeit brachte, gelang es mir, Mitosen in grosser Zahl nachzuweisen. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 47 124 Ludwig Schreiber: ralen Schilddrüsenseitenlappen in gleicher Höhe mit der äusseren Parathyreoidea. von der sie etwa 1!/;, mm entfernt war. Allent- halben war sie von Schilddrüsenparenechym umschlossen, ohne mit demselben einen geweblichen Zusammenhang zu bilden. Nach diesen Befunden, welche sich mit den oben angeführ- ten, prineipiell unerheblichen Variationen an 23 von mir unter- suchten menschlichen Halsorganen wiederholten, glaubte ich mich rückhaltslos der Ansicht all der Autoren (Prenant, Kohn, Tourneux und Verdun etc.) anschliessen zu müssen, welche für die Glandulae parathyreoideae eine selbständige, von der Schilddrüse unabhängige Genese in Anspruch nahmen. Auch ich konnte in ihnen nur die Anlagen rudimentärer Drüsen erblicken, welche das ganze Leben hindurch in ihrem indifferenten Zu- stande verharren und denen insbesondere niemals die Fähigkeit zukommt, aus ihren Epithelzellen secernirende Follikel zu ent- wickeln. — Allerdings hatte diese Annahme etwas Unbefriedi- gendes insofern, als sie mir die an so umfangreichem Material gewonnene, gerade entgegengesetzte Anschauung Sandström’s und ihre Bestätigung und Erweiterung durch Schaper nicht erklärten. Sollten die histologischen Befunde dieser Autoren auf mangelhafter Beobachtung oder falscher Deutung der mikro- skopischen Bilder beruhen ? — Diese Bedenken veranlassten mich zu weiterem Suchen, und der Zufall wollte es, dass mir die beiden folgenden Präparate, die Halsorgane eines 41 jährigen Mannes und einer 70 jährigen Frau, eine befriedigende Erklärung für die Möglichkeit so erheblicher Differenzen trotz exacter Unter- suchung auf beiden Seiten gaben. Bisher habe ich es absichtlich unterlassen, das makro- skopische Verhalten der Glandulae parathyreoideae im post- embryonalen Leben, insbesondere die Häufigkeit ihres Vorkommens, die Zahl der Organe und ihre Lagebeziehung zur Schilddrüse und zueinander, einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Bei den embryonalen Stadien und den Neugeborenen verbot sich dies theils infolge der Kleinheit der Organe, theils wegen der in An- wendung gebrachten Präparationsmethode von selbst. Anderseits schien es mir zweekmässig, in der Schilderung der histologischen Bilder keine Unterbrechung eintreten zu lassen. Wenn ich jetzt dies Prinzip aufgebe, so halte ich es mit der Wichtigkeit makro- Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues etc. 725 skopiseher Angaben gerade für die letzten beiden Fälle gerecht- fertigt. — Vorausschieken will ich, dass an den 25 von mir untersuchten Halsorganen die Schilddrüse und ihre Nachbarschaft stets makroskopisch und mikroskopisch völlig normale Verhält- nisse bot. — Die Glandulae parathyreoideae werden niemals vermisst. Sie liegen immer in unmittelbarer Nähe der Schild- drüse an der lateralen und hinteren Fläche der Seitenlappen annähernd in der Höhe des oberen Isthmusrandes als linsenförmige bis ovale Körper, von einer eigenen bindegewebigen Kapsel all- seitig umschlossen und von der Thyreoidea leicht isolirbar. Ihre Oberfläche ist glatt, die Farbe meist braungelb; ihre Grösse variirt entsprechend dem Alter des Individuums, im Durehsehnitt erreicht das Organ eine Länge von Smm., bei einem 11mona- tigen Kinde betrug dieselbe 2 mm, bei einem 65 jährigen Manne 18mm. Ebenso ist die Zahl erheblichen Schwankungen unter- worfen; wie in den embryonalen Stadien so sind auch hier in der Regel jederseits zwei Parathyreoideae vor- handen, in 4 Fällen fand ich nur eine einzige auf jeder Seite, in 2 Fällen reehts eine und links drei Para- thyreoideae. Bemerkt sei, dass insgesammt niemals mehr als vier Organe zur Beobachtung gelangt sind. Die Parathyreoideae ein und derselben Seite liegen bald neben-, bald übereinander, ihr gegenseitiger Abstand beträgt höchstens 2 mm. — Die arterielle Blutversorgung erfolgt von der Arteria thyreoidea inferior aus. \ Diese eben ceharakterisirten normalen makroskopischen Ver- hältnisse bieten auch die Glandulae parathyreoideae an den schon erwähnten Halsorganen eines 41 jährigen und eines 70 jährigen Individuums; bei beiden sind jederseits zwei Parathyreoideae vorhanden und bei letzterem ausserdem noch links eine Neben- schilddrüse von derselben Grösse. — Um so überraschender ist der mikroskopische Befund: jeder Schnitt zeigt eine nicht unbeträcht- liche Zahl seeretgefüllter Hohlräume (Taf. XXX, Fig. 3 Pff.). Diese Hohlräume sind von einer einfachen Schicht von Epithelzellen ausge- kleidet, und an etwas diekeren Schnitten tritt bei Einstellung des Mikroskops für verschiedene Ebenen deutlich eine calottenförmige An- ordnung der Zellen hervor. Demnach unterliegt es keinem Zweifel, dass diese Hohlräume als den Follikeln der Schild- drüse analoge Drüsenformationen aufzufassen sind. — 726 Ludwig Schreiber: Weleher Natur ist nun das die Follikel erfüllende Secret? Die Entscheidung dieser Frage beruht, da specifische Reactionen für Drüsensecrete bisher nicht existiren, einzig und allein auf Ana- logieschlüssen. — Das in Rede stehende Secret bestelt zum Theil aus runden bis ovalen Tröpfehen, theilweise bildet es eine fein granulirte Masse, am häufigsten ist es jedoch als homogene Scholle sichtbar; entweder liegt es den Zellen unmittelbar an oder es erscheint, eoncentrisch zu denselben gelegen, als viel- zackige Sternfigur; bei Behandlung mit Hämalaun-Eosin nimmt es eine hellrosa bis leuchtend rothe Farbe an. All diese physi- kalischen und chemischen Eigenschaften!) kommen auch dem Colloid der betreffenden Schilddrüsenfollikel zu, und ich glaube, dass hiermit der sichere Beweis geliefert ist, dass das fragliche Seeret der Parathyreoidea-Follikel dem echten Schilddrüsenecolloid mindestens sehr nahe steht, ja sogarihmindentisch ist (Taf. XXX, Fig. 3 Ptf). — Diese Befunde werden noch durch weitere Erscheinungen an eben- diesen Organen gestützt. Mit grösster Klarheit lässt sich ein lücken- loser Uebergang der anfänglich soliden Zellenhaufen zu Drüsen- lumina und weiterhin zu typischen eolloidgefüllten Follikeln beob- achten. Die Follikel erreichen im Durchschnitt die Grösse, wie ich sie an der Schilddrüse des 3monatigen Foetus sah (37,5:33,75 u), Wo- gegen einige an Mächtigkeit den mittelgrossen Follikeln der beiden zugehörigen Schilddrüsen nicht nachstehen (grosse Follikel der Parathyreoidea 318,75:150 u, grösster Follikel 862,5 :300 u, Taf. XXX, Fig. 4. Die in Bildung begriffenen und ausge- bildeten secernirenden Follikel mögen in diesen beiden Fällen etwa den sechsten Theil der ganzen Parathyreoidea ein- nehmen; zuweilen füllen sie ein Läppchen ganz aus, häufig liegen active und ruhende Zellenhaufen in einem Läppchen nebenein- ander. Die Umwandlung des Parenchyms geht von der Peri- pherie aus und schreitet gegen das Centrum vor. (Diese letztere Beobachtung steht zwar im Widerspruch mit den Angaben Wölfler’s über die Entwickelung der Follikel bei der Schild- drüse, kann aber an der Deutung obiger Befunde nichts ändern.) — Die den Follikel auskleidenden Epithelzellen sind je nach dem 1) Ein Vergleich dieses Secrets mit dem Inhalt der perivascu- lären Lymphräume, der in beiden Fällen reichlich vorhanden war, zeigt bedeutende Differenzen in Aussehen und Farbe. Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues etc. 727 Gehalt an Colloid polyedrisch (Taf. XXX, Fig. 5 Pif.) bis plattenförmig (Taf. XXX, Fig. 4) und nehmen zum Theil das Eosin lebhafter an als die übrigen. Mitunter ist der Kranz der Epithelien von Kügelchen unterbrochen, die eine intensiv roth tingirte eentrale Parthie von der Grösse des Kerns und einen heller roth gefärbten Saum von der Weite des Proto- plasmaleibes unterscheiden lassen. Man geht wohl nicht fehl, wenn man derartige Kügelchen als in chromophiles Colloid sich umwandelnde Epithelzellen anspricht. Es erübrigt noch mit einigen Worten auf den ruhenden Parenchymrest (Taf. XXX, Fig. 5, Pf.) der betreffenden Organe einzugehen: derselbe zeigt vollkommen das nor- maleBildderParathyreoidea vom Typus der Läppehen- bildung, was ich ganz besonders betonen will, um eine etwaige Vermuthung, dass obiger Beschreibung eime Glandula thyreoidea accessoria!) zu Grunde liegen könne, von vornherein zu entkräften. An den Parathyreoideae der mannigfachsten Entwickelungs- phasen wurden bereits isolirte Zellen und Zelleneomplexe erwähnt, welehe im Vergleich zu den anderen durch ihre Grösse auffielen. Aehnliche Verhältnisse, nur in viel ausgesprochenerem Maasse, bekam ieh auch an dem ruhenden Parenchymrest der Para- thyreoidea des 41 jährigen Mannes zu Gesicht. Auch hier waren Kern und Protoplasmaleib sehr gross; nur besteht gegen alle früheren Beobachtungen darin ein wesentlicher Unterschied, dass das Protoplasma deutlich granulirt war, das Roth des Eosin intensiv annahm und ein, seltener zwei Vacuolen?) zeigte. Für eine Deutung dieses Verhaltens, ob es sich hier um progressive, ob um regressive Erscheinungen handele, fehlten alle weiteren Anhaltspunkte. 1) Zur Controle untersuchte ich noch die oben erwähnte, den Parathyreoideae anliegende Nebenschilddrüse der 70jährigen Frau; ihre histologische Strucinr entsprach vollkommen dem Bau des Hauptkör- pers der Schilddrüse. 2) Mit Rücksicht auf die Angaben Sandström’s, dass die Epithelzellen der Parathyreoidea zuweilen „Fettkörnchen“ enthalten, wurden mehrere Schnitte mit einem Gemisch von Osmiumsäure und Müller’scher Flüssigkeit (im Verhältniss von 1:2) behandelt. Das Resultat fiel negativ aus. 128 Ludwig Schreiber: Zusammenfassung und Schluss. Die vorliegenden Untersuehungen über die Entwickelung und den Bau der Glandulae parathyreoideae beim Menschen setzen da ein, wo die diesbezüglichen embryologischen Studien Tourneux’s und Verdun’s abbrechen und bilden in ihrer Fortsetzung eine Bestätigung der eingangs ausführlicher eitirten Be- funde (ef. p. 713 ff.) dieser Autoren. Nur eine Differenz hinsicht- lich der Anzahl der fraglichen Organe finde hier noch Berücksichti- sung: Tourneux und Verdun beschreiben in allen Fällen jedersieits:je zwei. Parathyreoideae’von werke kommen identischer Struetur und nehmen infolge- dessen als Ursprungsstätten derselben die schon erwähnten epi- thelialen Verdiekungen der dorsalen Wände sowohl der dritten als der vierten Kiementasche in Anspruch, — Ich selbst habe bei dem Embryo von 553 mm Länge nur je eine Parathyreoidea rechts und links ge- funden, und auch alle weiteren Stadien können mich von einem regelmässig jederseits paarigen Auftreten (ef. p- 725) nieht überzeugen. Es wurde ferner hervorgehoben, wie nahe die Parathyreoideae derselben Seite stets aneinander- liegen ; niemals beträgt ihr gegenseitiger Abstand mehr als 2 mm. Diese Thatsachen, in Zusammenhang mit dem gelegentlichen Auftreten vondreiOÖrganen auf einerSeite (ef. p. 725), machen es mir wahrscheimlich, dass die Glandulae parathyreoideae nurauseinereinzigen symmetrischen Anlage hervorgehen und dass ihre Multiplieität auf eine secun- däre Absehnürung von Epithelmassen des ur- sprünglich einheitlichen Körpers zurbeziehenkt. Wegen der in allen Entwickelungsphasen bestehenden innigen räumlichen Beziehung dieser Organe zur Schild- drüse bin ich geneigt, die vierte Kiementasche alleinals Ursprungsstätte der Parathyreoideae anzusprechen, wofür ich überdies in den Untersuchungen Pre- nant’s eme Stütze finde. Eine ins Schilddrüsenparenchym eingelagerte und von ihm all- seitig umschlossene Parathyreoidea (sog. inneres Epithelkörperchen, ef. p. 723 ff.) kam mir nur ein einziges Mal zur Beobachtung. Ihr gelegentliches Vorkommen widerspricht der obigen Annahme nicht, Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues ete. 729 ist vielmehr bei Berücksichtigung des ungleichmässigen Wachs- thunıs von Thyreoidea und Parathyreoidea leicht verständlich. In keinem Falle gelang es mir die Glandulae parathyreoideae in der Bifurcation der Arteria carotis nachzuweisen. Für post- embryonale Stadien will ich die Möglichkeit zugeben, dass die- selben von mir einfach übersehen sein können, doch hätten sie an den foetalen Halsorganen, die in lückenlose Serien zerlegt wurden (cf. p. 715), mir zu Gesicht kommen müssen. Die betreffen- den Angaben Schaper’s sind nicht in Zweifel zu ziehen; nur möchte ich diesen Fundort als Ausnahme hinstellen, die in einer Ab- schnürung von Epithelmassen auf sehr früher Entwickelungsstufe, wo zwischen Glandula parathyreoidea und Arteria carotis noch enge räumliche Beziehungen bestehen, ihre Erklärung finden würde. Bezüglich der weiteren geweblichen Differenzirung der Parathyreoideae haben die vorliegenden Untersuchungen ergeben, dass dieselben in einer grossen Zahl der Fälle ihren embryonalen Charakter beibehalten, dass sie anderseits unter gewissen, bisher unbekannten Bedingungen befähigt sind, sich zu colloidsecer- nirendem Parenchym zu entwickeln. Ob diese Gewebe dem echten Schilddrüsengewebe, ob sein Colloid dem Schilddrüsen- eolloid thatsächlich vollkommen identisch ist, hierfür ist ein strikter Beweis schwer zu erbringen; nur soviel kann mit Sicherheit behauptet werden, dass zwischen beiden Organen einesehrinnige Verwandtschaft bestehen muss. Diese Befunde scheinen mir, wie gesagt, geeignet, den schroffen Gegensatz in den bisher über Entwickelung und Bau der Parathyreoideae herrschenden Anschauungen in befriedigen- der Weise zu erklären und gleichzeitig zu beseitigen. — Sand- ström und Schaper suchten durch histologische Studien an postembryonalen Halsorganen die Frage zu entscheiden. Sie konnten in einer Zahl von Fällen die Umwandlung der Para- thyreoidea zu colloidsecernirenden Follikeln beobachten. Was lag nun für sie näher, als diese Organe für abgesprengte Schild- drüsenkeime anzusprechen, welche meist in ihrem embryonalen Zustande verharren, zuweilen aber echtes funetionirendes Schild- drüsengewebe bilden? Für ihre Ansicht haben sie weiterhin die Aehnlichkeit zwischen embryonaler Schilddrüse und der Para- thyreoidea des Erwachsenen geltend gemacht, und Schaper verweist in diesem Sinne auf die betreffenden Abbildungen aus 130 Ludwig. Schreiber: der Wölfler’schen Arbeit. Kohn bestreitet eine derartige Aehnlichkeit aufs Entschiedenste; ich muss dieselbe für post- embryonale Stadien — und nur diese kamen Sandström und Sehaper zur Beobachtung — ebenso entschieden anerkennen. Auf die fundamentalen Differenzen an den entsprechenden foetalen Organen ist bei Beschreibung .derselben genügend hingewiesen. Dass Kohn in keinem einzigen Falle colloidhaltige Fol- likel in der Parathyreoidea gefunden, ist zwar recht auffallend, kann jedoch nicht gegen die Thatsache sprechen, zumal dieselben mir selbst erst bei Untersuchung des 24. Falles zu Gesicht kamen. Kohn leugnete infolgedessen die Theorie von der embryonalen Schilddrüsennatur der Parathyreoidea und glaubte auf Grund seiner rein histologischen Befunde eine selbstständige Anlage für dieselbe behaupten zu müssen, worin ihn die Prenant sche Arbeit und die die Gley schen Experimente in Zweifel stellen- den Mittheilungen Moussu’s und Hofmeister's bestärkten. Kohn behielt zwar mit dieser seiner Annahme recht, aber der Schluss, durch welchen er zu derselben gelangte, war falsch, was aus seiner zweiten Behauptung ersichtlich ist, dass nämlich der Parathyreoidea niemals die Fähigkeit zukomme, secernirende Follikel zu entwickeln. Dass die ausschliesslich embryologischen Untersuchungen Prenant's, Groschuff's Tourneux’s und Verdun’s keine Entscheidung in dieser zweiten Frage herbei- führen konnten, erklärt sich aus den vorliegenden Ergebnissen. Eine physiologische Function der Glandulae parathyreoideae ist zwar wegen ihrer Kleinheit gegenüber der Schilddrüse höchst unwahrscheinlich, doch anderseits nicht völlig von der Hand zu weisen; dieselbe wäre nach obigen Befunden nur in der Rich- tung der Colloid-Sekretion zu erblicken. Verständlicher ist eine gewisse Bedeutung dieser Organe für die Pathologie der Halsgeschwäülste, wiewohl hierfür bisher keinerlei Beobachtungen vorliegen. Was schliesslich die. Terminologie der fraglichen Organe betrifft, so hat bisher fast jeder Forscher einen neuen Namen für dieselben in Vorschlag gebracht. Verwerfen möchte ich die Bezeichnungen Groschuff’s „Parathymus-System“ und Tour- neux’s und Verdun’s „glandule thymique“, da dieselben sehr leicht zu Verwechslungen mit den durchaus nicht gleichwerthigen „Ihymusläppehen der Schilddrüse“ Anlass geben können. Der Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues ete. 731 ursprünglich von Sandström gewählte Name „Glandulae para- thyreoideae“ scheint mir in Hinsicht auf die zwar selbstständige, aber mit der Glandula thyreoidea gemeinsame Ursprungsstätte an der vierten Kiementasche und mit Rücksicht auf die Fähig- keit dieser Organe, sich zu einem der 'Thyreoidea mindestens analogen, wenn nicht homologen Gewebe zu entwickeln, am treffendsten. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zusammenfassend, möchte ich folgende Sätze aufstellen: 1. Die Glandulae parathyreoideae sind genetisch selbst- ständige Organe, die wahrscheinlich einer symmetrischen epi- thelialen Verdiekung der vierten Kiementasche in der Nähe der Anlage der Glandula thyreoidea ihre Entstehung verdanken. 2. Die Glandulae parathyreoideae verharren meist während des ganzen Lebens in ihrem indifferenten Zustande, sind jedoch unter gewissen, bisher unbekannten Bedingungen befähigt, sich zu colloidsecernirendem, dem Schilddrüsengewebe sehr nahe- stehenden, oder sogar ihm identischen Gewebe zu entwickeln. 3. Das multiple Vorkommen der Glandulae parathyreoideae ist wahrscheinlich auf eine Abschnürung von Epithelmassen der ursprünglich einheitlichen Anlage zurückzuführen. Am Schluss dieser Arbeit angelangt, spreche ich meinem hochverehrten Lehrer, Herın Geheimrath Prof. Dr. E. Neumann, mit dessen Erlaubniss diese Untersuchungen im hiesigen patho- logisch-anatomischen Institut ausgeführt wurden, für die gütige Anregung zu vorliegendem Thema und für all die werthvollen Rathschläge, mit denen er mich unterstützte, meinen wärmsten Dank aus. Zu vielem Danke verpflichtet fühle ich mich auch Herrn Geheimrath Prof. Dr. L. Stieda für die freundliche Er- laubniss, die Bibliothek des anatomischen Instituts zu benutzen, und Herrn Prof. Dr. C. Nauwerck für das mir stets bewiesene liebenswürdige Interesse. Nachtrag. Recht gern folge ich der freundlichen Aufforderung des Herrn Geheimrath Professor Waldeyer, über den Inhalt der nach Abschluss der vorliegenden Arbeit veröffentlichten Mit- 132 Ludwig Schreiber: theilungen Souli&’s und Verdun’s!) noch in Kürze zu be- richten: Die Untersuchungen dieser beiden Autoren, die an den frühesten Stadien (2—38 mm Länge) von Kaninchen- und Maul- wurfsembryonen angestellt sind, behandeln die erste Entwicke- lung der Schilddrüse, Thymus und der Parathyreoideae dieser Thiere. Dieselben ergänzen die bereits oben ausführlich be- sprochenen Angaben Tourneux’s und Verdun’s bezüglich des Ursprungs dieser Organe beim Menschen, indem sie zeigen, dass die erste Anlage der Parathyreoideae hier wie da im wesentlichen die gleiche ist. Daher verweise ich auf obiges Referat (ef. p. 713 ff.) und will an dieser Stelle nur der zwischen den drei Thierspecies bestehenden Abweichungen Erwähnung thun. — Während nach jenen Autoren an menschlichen Foeten die Struetur der glandules thyroidennes und der glandules thymiques stets vollkommen identisch, ihr Volumen annähernd ein gleiches ist, beobachtet man beim Kaninchen im Bau dieser Or- gane einen Unterschied derart, dass die glandules thyroidiennes ausschliesslich aus Epithelzellen, die glandules thymiques — stets an Volumen. mächtiger — ausserdem noch aus gefässführendem Bindegewebe sich zusammensetzen, Differenzen, die sich freilich in den spätern Stadien (Embryo von 38 mm) fast völlig ausgleichen. Ganz analog verläuft die erste Entwiekelung beim Maulwurf, nur dass hier die Anlagen der glandules thymiques (d. h. die epitheliale Verdiekung der dritten Kiementasche) sehr bald atrophiren und spurlos verschwinden. Zum Schlusse möchte ich aus obiger Arbeit noch einen Befund anführen, durch welchen meine Vermuthung, dass das multiple Vorkommen der Glandulae parathyreoideae auf eine Ab- schnürung von Epithelmassen der ursprünglich einheitlichen Anlage (ef. p. 728u. 731) zurückzuführen ist, eine reelle Basis gewonnen hat?). 1) A. Soulie et P. Verdun, Sur les premiers developpements de la grande thyroide, du thymus et des glandules satellites de la thyroide chez le lapin et chez la taupe. — Journal de l’Anatomie et de la Physiologie publi& par M. Duval XXXIlIe Annee No. 6. 1897. 2) Bei dieser Gelegenheit möchte ich jedoch nochmals betonen, dass ich auf Grund meiner Beobachtungen am Menschen die vierte Kiemenspalte allein als Ursprungsstätte der Parathyreoideae anzu- sehen geneigt bin. Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues ete. 733 Die betreffenden Angaben Souli&’s und Verdun’s, die sich auf einen Kaninehenembryo von 18 mm Länge beziehen, lauten: „Glandules thymiques. — Nous ferons remarquer, que la glandule gauche est formde de deux portions distinetes sensiblement &ga- les, r&unies par un pedieule de 40 u de large sur 30 de haut. Peut-etre assistons-nous chez ce foetus ä la formation de deux glandules thymiques distinctes. La pluralit& des glandules thy- miques, observee chez quelques Mammiferes, le monton par exemple (Schaper), serait due ainsi a une fragmentation de la glandule primitive et non & la presence d’ebauches multiples.“ Bei der Korrektur der vorliegenden Arbeit möchte ich noch die kürzlich erschienene Publikation Welsh’s!) erwähnen; die- selbe enthält in ihrem ersten Theile eine ausführliche Literatur- angabe über die Glandulae parathyreoideae; auf den zweiten, anatomisch-experimentellen Theil näher einzugehen, ist mir aus äusseren Gründen unmöglich. Literatur-Verzeichniss. Die mit einem * bezeichneten Arbeiten waren mir im Original nicht zugänglich. 1. Andersson, ©. A., Zur Kenntniss der Morphologie der Schild- drüse. Archiv f. Anat. u. Physiol. (anat. Abt.) 1894. 2. Blumreiech,L., undJacoby, M., Experimentelle Untersuchungen über die Bedeutung der Schilddrüse und ihrer Nebendrüsen für den Organismus. Berlin. klin. Wochenschr. 189. Jahrg. RR): Heft 15. 3. Bozzi, E., Untersuchungen über die Schilddrüse. Ziegler's Beiträge 189. Bd. XII Heft l. *4a.Gley, E., Effets de la thyroideetomie chez le lapin. b.— Contributions A l’ötude des effets de la thyroidectomie chez le chien. Arch. de physiol. norm. et pathol. XXIV. 183. c. Recherches sur le röle des glandules thyroidiennes chez le chien. Arch. de physiol. et pathol. XXV. 189. *=5. Hofmeister, Experimentelle Untersuchungen über die Folgen des Schilddrüsenverlustes. Beiträge zur klin. Chirurgie (Bruns), Bd. XI. 1894. 1) Welsh, D. A. Concerning the Parathyroid Glands: a critical anatomical, and experimental Study. — The journal of Anatomy and Physiology eonducted by Turner, Cunningham etc. Vol. XXXI. — New Series. — Volume XI. Part. II. 1898. 734 6. a8 b. ke) 10. 1la. 13. 18. 19: Ludwig Scehreiber: Jacoby, M., Ueber die Entwiekelung der Nebendrüsen der Schild- drüse und der Carotidendrüse. Anatom. Anz. Bd. XII. 1896. Nr. 6. Kohn, A., Studien über die Schilddrüse I. Arch. f. mikroskop. Anatom. Bd. XXXXIV. 189. — Dasselbe. Theil II. Arch. f. mikr. Anatom. Bd. XXXXVII. 1896. Moussu, Effets de la thyroidectomie chez nos animaux domesti- ques. Comptes rendus. 1892. Nr. 29. Müller, L. R., Beiträge zur Histologie der normalen und er- krankten Schilddrüse. Ziegler’s Beiträge Bd. XIX. 1896. Müller, W., Ueber die Entwickelung der Schilddrüse. Jenaische Zeitschr. f. Mediein u. Naturwissensch. Bd. VI. 1871. Prenant, A., Contributions ä l’eEtude du d&eveloppement organi- que et histologique du thymus, de la glande thyroide et de la glaude carotidienne. La Cellule, Tome X. Iere fascicule 189. .— Elements d’embryologie de l’'homme et des vertebres. Livre deuxieme. Paris 1896. 2. Sandström, J., Om em ny Körtel hos menniskan och atskilliga doggdjur. Upsala. Läkare förenings Förhandlingar 1880. (Refe- rat aus „Jahresberichte über d. Fortschritte d. Anat. u. Physiol. (Hofmann-Schwalbe) Bd. IX. Litt. 1880. Schaper, A., Ueber die sog. Epithelkörper (Glandulae parathy- reoideae) in der seitlichen Nachbarschaft der Schilddrüse und der Umgebung der Carotis der Säuger und des Menschen. Arch. f. mikrosk. Anatom. Bd. XXXXVI. 189. Schmid, E. Der Sekretionsvorgang in der Schilddrüse. Arch. f. mikrosk. Anatom. Bd. XXXXVM. 1896. . Stieda, L., Untersuchungen über die Entwickelung der Glandula Thymus, Glandula Thyreoidea und Glandula Carotica. 1881. Sultan, G, Beitrag zur Involution der Thymusdrüse. Virchow'’s Archiv für pathol. Anatom. u. für klin. Mediein. Bd. 144. 1896. Tourneux, F. et Verdun, P., Sur les premiers developpements de la thyroide, du thymus et des glandules parathyroidiennes chez l’'homme. Journal de l’Anatom. et de la Physiolog. norm. et pathol. (Duval) XXXIIIe Annee. Nr. 4. 1897. Waldeyer, W. Die Rückbildung der Thymus. Sitzungsber. der königl. preuss. Akad. der Wissensch. Berlin, 1890. Wölfler, A., Ueber die Entwickelung und den Bau der Schild- drüse mit Rücksicht auf die Entwickelung der Kröpfe. Berlin, 1880. Groschuff, Bemerkungen zu der vorläufigen Mittheilung von Jacoby: Ueber die Entwickelung der Nebendrüsen der Schild- drüse und der Carotidendrüse. Anatom. Anzeiger Bd. XII. 1896. Nr. 20. . Symington, J, The Thymus Gland in the Marsupialia, The Journal of Anatomy and Physiology conducted by Turne, Cunningham etc. Vol. XXXIH. — New Series. — Volume XII. Part. II. 1898. Beiträge zur Kenntniss der Entwickelung und des Baues etc. 735 Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXX. Die genauere Beschreibung der Abbildungen befindet sich im Text Bedeutung der gewählten Abkürzungen: Tf. = Follikel der Thyreoidea.. — Ptf. = Follikel der- Para- thyreoidea, sämmtlich mit Colloid gefüllt. — Pf. = Ruhende Epithel- zellen der Parathyreoidea. — Fz. = Fettzellen. — Big. = Blutge- fässe. — End. —= Endothel der Blutgefässe. — Bg. = Bindegewebe. Fig. 1. Transversalschnitt durch die Parathyreoidea und den linken lateralen Schilddrüsenlappen eines 4!/;, Monate alten Foetus. — Fixirung in Rabl’scher Lösung (Picrinsäure-Sublimat), Färbung: Hämalaun-Eosin. Vergr. 100 fach. Centrale Parthie aus der Parathyreoidea eines 11 Jahre alten Knaben. Die Parathyreoidea zeigt den Typus Il: compacte Epithelzellenhaufen, wenig Bindegewebe. — Fixirung in einem Gemisch von Müller’scher Flüssigkeit und Formol zu gleichen Theilen, Färbung: Hämalaun-Eosin. Vergr. 390 fach. Fig. 3. Randparthie aus der Parathyreoidea eines 41 Jahre alten Mannes. Umwandlung der Epithelzellen zu colloidgefüllten Follikeln im Centrum, ruhendes Parenchym in der Peripherie der Figur. Fixirung und Färbung wie Fig. 2. Vergr. 390 fach. g. 4. Parthie aus der epithelialen Wandauskleidung eines colloid- haltigen Follikels derselben Parathyreoidea (Fig. 3). Grösse des Follikels 862,5: 300 u. Die Epithelzellen durch das Collord stark abgeplattet, rechteckig. Vergr. 730 fach (Oel-Immers). 189) (Aus dem histologischen Institut der Universität Wien.) Ueber den feineren Bau der Drüsen des Kehl- kopfes und der Luftröhre. Von Frau Sophie Fuchs-Wolfring. Hierzu Tafel XXXI. 1. Einleitung und Historisches. Ziel der Untersuchung. Als ich auf Anregung meines verehrten Lehrers, des Herrn Hofrathes v. Ebner, daran ging, die Drüsen des Respi- rationstractes einer genaueren Untersuchung zu unterziehen und zu diesem Zwecke auch die diesbezügliche Literatur durch- musterte, überzeugte ich mich bald, dass diese Frage bis jetzt 136 Sophie Fuchs-Wolfring: noch äusserst wenig berücksichtigt worden war. Die Zahl der hier- hergehörigen Publieationen ist eine sehr geringe, besonders wenn man der fast unübersehbaren Fülle von Arbeiten über die Speichel- drüsen gedenkt. Wenn wir zunächst die histologischen Lehrbücher ansehen, so finden wir die Drüsen des Kehlkopfes und der Trachea meistens ganz kurz abgethan, ohne näheres Eingehen auf deren feineren Bau. Toldt (1) erwähnt von den Drüsen des Kehldeckels, dass sie zum Theile den Bau seröser Drüsen haben. Ausführlicher äusserst sich Klein (2, p. 260):. „Der tiefere T’heil der Schleim- haut hat einen lockeren Bau und entspricht der Submucosa; in ihm liegen zahlreiche Schleimdrüsen, deren Ausführungsgänge durch die Mucosa ziehen und an der freien Oberfläche münden. Die Alveolen der Drüsen haben die Eigenschaft von mueösen Alveolen, d. h. ein beträchtliches Lumen mit eimer Lage von becherförmigen Schleimzellen. Man trifft indessen auch Alveolen, welche von eylindrisch albuminösen Zellen ausgekleidet sind, und solche, welche beide Arten besitzen, wie in der Sublingualdrüse vom Hund. Das Flimmerepithel der Oberfläche setzt sich an einigen Orten auch eine kurze Strecke in den Ausführungsgang fort.“ 3öhm und Davidoff (3) sagen bei der Besprechung .des Kehlkopfes: „Das Stratum proprium enthält Drüsen, welche alveolär und zusammengesetzt und zu grösseren Gruppen ver- einigt sind.“ Von den Trachealdrüsen heisst es: „Die Drüsen sind ebenso beschaffen wie im Kehlkopfe, man findet an ihnen ver- einzelte Giannuzzi’sche Halbmonde; besonders zahlreich sind die Drüsen an der knorpelfreien Wand.“ Die eingehendste Schilderung der uns interessirenden Drüsen finden wir bei Renaut (4). Ohne uns auf die physiologischen und pathologischen Deduetionen einzulassen, welche er an seine Darstellung knüpft, wollen wir dieselbe nur, soweit sie die ana- tomischen Verhältnisse schildert, mit seinen eigenen Worten wieder- seben. Von den Drüsen des Kehlkopfes heisst es (p. 539): „Ces glandes, grosses ou petites, sont Edifices sur un type commun. Leurs lobules sont formes de euls-de-sae allonges et ramifies en doigts de gant, tapisses de cellules mucipares analogues & celles de la sous-maxillaire et portant, de distance en distance sur leurs cötes, de ceroissants de Giannuzzi. Tous les euls-de-sae d’un m&me lobule eonfluent en un eanal eolleeteur non differeneie, Ueb. den feineren Bau der Drüsen des Kehlkopfes u. der Luftröhre. 737 tapisse de cellules mucipares claires et entoure, de distance en distance, par des croissants de Giannuzzi disposes comme des series annulaires de calottes parietales autour du eonduit. Ce dernier presente sur son trajet, qui est sinueux, des dilatations ampullaires souvent Enormes, remplies de mucus et dont l’Epithe- lium est forme d’une seule rangee de cellules eubiques.“ Von den Trachealdrüsen gibt derselbe Autor folgende Be- schreibung (p. 530): „Dans les espaces interceptes par les entreeroisements des branches des ligaments chondro-muqueux en Y, on trouve egalement quelques pelotons de tissu adipeux, mais surtout les glandes tracheales. Les plus petites sont contenues entre la eouche tendiniforme du derme muqueuse et les ares carti- lagineux; les plus grandes sont en partie logees dans les inter- valles des arcs, en dedans des ligaments interchondraux en X. — Elles sont formees par de longs ceuls-de-sae qui se divisent et se subdivisent & la facon de doigts de gant ramifies, pour former ainsi des lobules. Ce sont la des glandes tres-interessantes et d’un type tout partieulier, qui ressemblent beaucoup a celles oceupant la place des sudoripares dans ia bande buccale pileuse du Lapin et du Lievre. Par certains de leurs caracteres, elles rappellent aussi les glandes orbitaires de Harder, bien qu’elles en different ä divers points de vue. Je les ai surtout etudiees analytiguement dans la trachee du Mouton, apres fixation de la muqueuse absolument fraiche par les vapeurs d’acide osmique dans la ehambre humide. Elles sont en effet tres alterables et, chez l’Homme, la congestion tracheo-bronchique qui accompagne constamment lagonie rend leurs Epitheliums absolument mecon- naissables parce qu’alors ils deviennent rapidement mötatypiques. — Ces glandes sont eonstruites sur le type penne, a peu pres comme celles des bronches de distribution et sont davantage encore ramifiees. La lumiere des euls-de-sae, tubuleux et replies dans tous les sens, est arrondie et large. Elle est bordee par un seul rang de cellules prismatiques toutes en general de m&me hauteur. Le noyau, tres gros et arrondi, oceupe, dans la majorit@ des cellules la region moyenne du corps protoplasmique. Celui-ci se eolore en rouge intense par l’&osine de l’&osine hematoxylique, et renferme un nombre considerable de vacuoles rondes oceupees par une substance refringente, incolore apres fixation par l'acide osmique. Ceei rappelle beaucoup les cellules epitheliales de la 738 Sophie Fuchs-Wolfring: glande de Harder, et absolument celles des glandes tubuleuses de la bande buccale pileuse du Lapin. Dans la lumiere glandu- laire, le produit de s&eretion apparait coagul& en place sous forme d’une masse gommeuse, brillante, quel’&osine teint en rouge lumineux. Il ne s’agit pas du tout ici de mucus, mais bien d’une matiere visqueuse et tenace, tout comme celle seeretee par la glande de Harder du Lapin. Mais de distance en distance, soit isol&ment, soit par sroupes de deux ou de trois, certaines cellules Epitheliales des tubes seereteurs sont teintes en bleu au milieu des cellules ordinaires, qui sont colorees en rouge quand on a fait agir l’&osine hematoxylique. Elles le sont plus ou moins, et l’on peut suivre tous les intermediaires entre elles et des cellules du type commun, a protoplasma teint en rouge et & vacuoles brillantes, et d’autre part, avec des cellules devenues completement muqueuses, ä noyau refoul& vers la base et excav& en cupule. Cette Evolution se fait ca et Ja, sans ordonnance reguliere et sans departir les tubes seereteurs en regions mucipares differenceiees et en eroissants de Giannuzzi. Il en faut eonclure que, tour & tour en divers points des tubules, les cellules Epitheliales des glandes subissent l’Evolu- tion muqueuse, mais toujours en petit nombre.“ R. Heidenhain (5, p. 15), welcher die Drüsen des Kehl- kopfes und der Trachea zu den Schleimdrüsen zählt, fügt die Bemerkung hinzu, dass es doch noch genauerer Untersuchung bedürfe, ob in diesen Orten nicht auch seröse Drüsen vorkommen. Ebenso spärlich sind die Specialarbeiten über die uns interessirende Frage. Als erste hierhergehörige Publieation, die sich allerdings auf eine andere Partie des Respirationsapparates, als die von uns untersuchte bezieht, ist die von Anton Heiden- hain (6) zu nennen. Aus seinen Untersuchungen, welche im Anschlusse an die berühmten Entdeckungen seines Bruders über die Speicheldrüsen angestellt worden waren, ergab sich, dass auch die acinösen Schleimhautdrüsen in eigentliche Schleim- drüsen und in seröse Drüsen zerfallen. Die letzteren fanden sich bei den von ihm untersuchten Species nur in der Schleimhaut der Nase. Am sehönsten und ausgeprägtesten waren sie beim Hunde; unzweifelhaft aber finden sie sich auch beim Menschen, wo sie jedoch wegen der Schwierigkeit, frisches Material zur Untersuchung zu erhalten, weniger leicht nachzuweisen sind, Ueb. den feineren Bau der Drüsen des Kehlkopfes u. der Luftröhre. 739 Ebenso besitzt das Kaninchen dieselbe Art von Drüsen, während beim Kalbe nur Schleimdrüsen vorkommen. Das Schaf endlich hat eine Art von Drüsen, die mit Sicherheit weder der einen noch der anderen Species zugezählt werden können, jedoch mehr den serösen ähnlich sind. Tarehetti (7), welcher im Jahre 1871 eingehende Unter- suchungen über die Drüsen der Trachea unter Bizzozero's Lei- tung angestellt hat, macht die Bemerkung, dass er in der Trachea des Hundes und Menschen überall neben Sehleimdrüsen auch protoplasmatische Drüsenzellen gesehen hat und ausserdem Giannuzzi’sche Halbmonde. Die Verschiedenheit der Drüsen hat er sowohl an frischem Material, wie auch an conservirten Ob- jeeten überall mit Bestimmtheit constatiren können. i C. Waller und G. Björkman (8), welche ihre Unter- suchungen vorwiegend an der Trachealschleimhaut des erwachsenen Menschen, ausserdem aber auch an der des Hundes, der Katze und des Kaninchens angestellt haben, berichten über die Drüsen Folgendes: „Die Acini der Drüsen sind zweierlei Art, nämlich eine reiehlicher vorhandene muköse und eine weniger zahlreiche seröse Form. Das Epithel der mukösen Drüsenaeini besteht aus zwei Zellenformen: den eigentlichen Schleimzellen, welche länglich oval, durehsichtig, hell und nur schwach feinkörnig oder von einem zarten weitmaschigen Netzwerk durchzogen sind und die kleinen Kerne unten, der dünnen homogenen Basalmembran zugewandt und in der Regel unter den Nachbarzellen eingeschoben tragen; diese Zellen umgeben das enge Lumen der Acini. Die andere Zellenart der mukösen Aecini entspricht ganz den bekannten Giannuzzischen Lunulae der Schleim-Speicheldrüsen der Mund- höhle, wie sie Frankenhäuser schon beschrieben hat, wovon sich Kölliker aber später nieht überzeugen konnte. Die Lunulae bestehen auch hier aus dieht gedrängten, stark körnigen kleineren Zellen, welche zwischen den Schleimzellen und der Basalmembran gruppenweise liegen. Die zweite Art der Aecini enthält dagegen nur eine Art von Zellen, welche im Ganzen der feineren Be- schaffenheit nach den Lunulaezellen am meisten ähneln, indem sie ebenfalls stark körnig erscheinen; eine genetische Verwandt- schaft zwischen ihnen ist jedoch bis jetzt nicht bewiesen; die hellen grösseren Schleimzellen sind in diesen Acini nicht vorhanden.“ In einer Arbeit von R. Heymann (9) findet sich ebenfalls Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 48 140 Sophie Fuchs-Wolfring: eine kurze hierhergehörige Bemerkung. Es heisst daselbst p. 339: „Die acinösen Drüsen des Kehlkopfes scheinen sämmtlich Schleim- drüsen zu sein, wenigstens habe ich bei dahingehender Prüfung meiner Präparate nie den serösen Drüsen Heidenhain’s und v. Ebner’s entsprechende Bilder gefunden.“ Endlich ist hier noch eine Arbeit A. A. Kanthack’s (10) zu erwähnen, welcher über diese Drüsen folgende Angaben (p. 334) macht: „Während der Larynx des 3 monatlichen Foetus noch gar keine Andeutungen von Drüsen besitzt, finden wir gegen Ende des 4. Monats die Anfangsstadien derselben als Einstülpungen von der Oberfläche in die Tiefe. Diese Schläuche theilen sich dann, und auf diese Weise werden racemöse Drüsen gebildet, die schliesslich den Typus von racemo-acinösen Drüsenmassen annehmen. Dies ist beim halbausgetragenen Kinde noch leicht zu erkennen, beim Neugeborenen jedoch sind die Drüsenhaufen so complieirt, dass wir nur das Bild von acinösen Massen gewahren können. Trotz- dem müssen wir nach dem, was wir von ihrer Entwickelung kennen, sie als racemo-acinös bezeichnen. Wie Heymann richtig be- merkt, gehören sie zu den sogenannten „Schleimdrüsen“, d. h. wir sehen helle durchsichtige Zellen mit einem runden Nucleus gegen die Randzone gelegen. Ich will mich dabei in keine Theorien einlassen in Betreff der chemischen Natur ihrer Secretion, will nur beiläufig bemerken, dass man wohl mit einigem Recht bezweifeln darf, ob die sogen. Schleimdrüsen wirklichen Schleim als Hauptsubstanz secernieren.“ Aus den angeführten Untersuchungen sehen wir, dass man in den Drüsen des Respirationstraetes nur das Vorkommen von Schläuehen mit protoplasmatischen Zellen neben solchen mit Schleimzellen constatirt hat. Ob es sich dabei jedoch um ge- mischte Drüsen mit Schleim- und serösen Zellen handelt, oder um reine Schleimdrüsen mit in verschiedenen Functionszuständen befindlichen Drüsenzellen, beziehungsweise Drüsenabschnitten, wie es Schiefferdeeker (11, p. 104) für die Drüsen der Nasen- schleimhaut annimmt, darüber war man sich im Unklaren. Nun zeigen aber die Erfahrungen, welche in der reichen Literatur über die Drüsen der Mundhöhle niedergelegt sind, zur Genüge, dass es äusserst schwierig ist, eine seceretleere Schleimzelle als solehe von einer serösen Drüsenzelle zu unterscheiden. Deshalb habe ich auch von vorneherein darauf verzichtet, eingehendere Ueb. den feineren Bau der Drüsen des Kehlkopfes u. der Luftröhre. 741 Studien über den Seeretionsvorgang selbst und über das Ver- halten der Drüsenzellen in Bezug auf die Granula in verschiedenen Funetionszuständen anzustellen. Dagegen haben uns die neueren Untersuchungsmethoden, vor Allem die Golgi’sche, sehr werthvolle Resultate geliefert, mdem mit Hülfe derselben ein charakteri- stischer Unterschied zwischen den echten Schleimdrüsen und den serösen Drüsen aufgedeckt worden ist: die letzteren besitzen Seceret- capillaren, die ersteren nicht. Es liess sich erwarten, dass bei Anwen- dung dieser Methoden sich auch unsere Frage würde entscheiden lassen, umso mehr, als die neueren Arbeiten von G. Retzius (12) und Erik Müller (13) vor Allem den Nachweis liefern, dass die Secretcapillaren ein sicheres Criterium für das Vorhandensein seröser Drüsen sind. Die in dieser Beziehung von Stöhr (14) erhobenen Einwendungen sind wohl nicht haltbar. Es ist zwar nicht meine Absicht, dieselben hier speciell zu widerlegen, ich möchte jedoch nur einiges aus meinen Beobachtungen anführen, was mich in dieser Meinung bestärkt. Untersucht man nämlich ohne Voreingenommenheit mehrere sowohl nach Golgi wie auch mit tinetoriellen Mitteln behandelte Präparate, so kommt man recht bald zur Ueberzeugung, dass die sogenannten Secret- capillaren der Schleimzellen nichts anderes sind als die Wände der Schleimzellen in Profil- wie in Flächenansicht. Dieselben sind schwärzlich oder braun an Golgi-Bildern, stark lichtbrechend und dunkel an den mit Hämatoxylin-Congoroth gefärbten und sehr scharf hervortretend. Die tingirten Bilder zeigen diese Grenzen umso schärfer, je mehr die Zellen schleimhaltig sind; an proto- plasmatisch gewordenen Zellen verschwinden diese scharfen Contouren vollständig; an denen, die zum Theil schon protoplas- matisch geworden sind, reichen die scharfen Contouren nur so weit, als die schleimhaltige Zone, vgl. Fig. Ba. Dieser Befund steht in vollkommenem Widerspruch mit der Annahme, dass es sich um Seereteapillaren handelt; denn wäre dies wirklich der Fall, so müssten ja die Zellgrenzen an entleerten und protoplasmatisch gewordenen Schleimalveolen deutlicher sein als an den mit Schleim gefüllten, während uns die Delaf ield-Congoroth-Bilder und auch die mit Heidenhain’s Eisenlack-Hämatoxylin behandeiten ge- rade das Gegentheil zeigen. Dazu kommt aber noch Folgendes. Während die Seereteapillaren der serösen Alveolen grosse Un- regelmässigkeiten in Bezug auf ihre Länge, ihren Verlauf und be- 742 Sophie Fuchs-Wolfring: sonders auf ihre Weite zeigen — sie haben bei verschiedenen Thieren ein ganz verschiedenes Caliber und sind beim pilocar- pinisirten Kaninchen so enorm erweitert, dass man sie auch bei schwachen Vergrösserungen als unregelmässig begrenzte, mehr oder weniger breite und lange helle Röhrchen deutlich wahrnimmt — zeigen die Scheidewände der Schleimzellen überall, wo die- selben deutlich hervortreten, genau das gleiche Aussehen. Bei keinem der untersuchten Objekte, nicht einmal bei einer mit Pilocarpin vergifteten Katze, wo die Schleimgänge excessiv er- weitert sind, sieht man an diesen Grenzen irgend welche Ab- weichungen von dem stereotypen Bilde. Ich glaubte daher ein Recht zu haben, das von Retzius und E. Müller angegebene Criterium für das Vorhandensein seröser Drüsen auch bei meinen Untersuchungen zur Richtschnur zu nehmen. II. Methoden. Zur Beantwortung unserer Frage stellte ich meine Beob- achtungen an Kehlkopf und Trachea von folgenden Thieren an: Ratte, Kaninchen, Meerschweinchen, Katze und Hund. Zum Schlusse gelang es mir als willkommene Ergänzung eine ganz frische menschliche Trachea, von einem Justifieirten stammend, zu erhalten. Die zum Zwecke der Fixirung angewendeten Flüssig- keiten waren: die Zenker’sche Flüssigkeit, die van Gehuchten’- sche Flüssigkeit, Sublimat-Kochsalzlösung, die Müller’sche Flüssig- keit mit 10°/, Formalinlösung aa. pp. Von allen diesen Fixirungs- methoden gab jedoch die Zenker'sche die besten Resultate, so dass ich bald alle anderen bei Seite liess und die weiter geschilderten Beobachtungen fast durchweg an nach Zenker fixirtem Material anstellte. Besonders unzureichend und gar nicht für diese Zwecke empfehlenswerth erwies sich die Fixirung nach van Gehuchten infolge starker Schrumpfungen der Drüsen, die sie hervorruft. Bei der Färbung der Schnitte hielt ich mir vor allem zwei Dinge vor Augen: möglichst empfindliche Schleimreactionen zu erhalten und möglichst deutlich die Secretcapillaren zu sehen. Dem entsprechend ist auch die Wahl der Farbstoffe ausgefallen. Da das Mucicarmin das empfindlichste Schleimreagens darstellt und sich selbst solche Spuren von Schleim durch dasselbe schwach roth färben, die mit anderen Schleimfärbemitteln gar nicht zu Ueb. den feineren Bau der Drüsen des Kehlkopfes u. der Luftröhre. 743 finden sind, so habe ich an sämmtlichen Objeeten die Doppel- färbung mit Hämalaun-Mueicarmin angewendet. Ausserordentlich befriedigende Resultate ergab jedoch auch die Doppelfärbung mit Delafield’schem Hämatoxylin und Congoroth. Die Schnitte wurden 6—18 Stunden in stark verdünntem Hämatoxylin vorgefärbt (falls die Färbung zu intensiv ausgefallen, wurde mit salzsaurem Alcohol differenzirt), hierauf eirca 1 Stunde in Leitungswasser aus- gewaschen und endlich mit Congoroth nachgefärbt. Durch diese Methode wurde ein doppelter Zweck erreicht; die Schleimdrüsen hatten sich je nach dem Grade ihres Schleiminhaltes mehr oder weniger intensiv blau gefärbt, die protoplasmatischen Zellen jedoch mit Congoroth, wobei die Secretcapillaren der serösen Drüsen als ganz deutliche helle Röhrchen sich von den ziegelroth gefärbten Zellen scharf abhoben. Bei dieser Methode, besonders wenn für recht dünne Schnitte Sorge getragen wurde, habe ich die Secret- capillaren so deutlich und schön zu Gesicht bekommen, dass ich die auch von mir an verschiedenen Objeeten angewendete Heidenhain’sche Eisenlack-Hämatoxylinfärbung, die verhältniss- mässig viel mehr Mühe und Sorgfalt verlangt, nur mehr als eine Art Controle benützt habe. Endlich, eingedenk des vielfach eitirten Satzes, mit welchem v. Brunn sein Referat über die neueren Arbeiten über Speichel- drüsen m Merkel’s und Bonnet’s „Ergebnisse der Anatomie und Entwicklungsgeschichte* beendigt (Bd. III. 1893): „Die nächste Aufgabe wird die sein, die Resultate der Golgi’schen Methode mit denen der tinetoriellen Methoden in Harmonie zu bringen“, habe ich geglaubt, meine Untersuchungen auch naclı dieser Richtung ausdehnen zu sollen, und zu diesem Zwecke einige Objecte auch nach der Golgi'schen Methode behandelt. Die Golgi-Methode und zwar das vonRamon y Cajal modifieirte sogenannte rasche Verfahren (3 Tage in 3 !/, °/, Kaliumbichromat- Lösung mit 1°/, Ueberosmiumsäure 4:1 bei 37° C.; 2—4 Tage in ?/,°/, Arg. nitrie.) wurde angewendet am Kehlkopf und Trachea von Kaninchen, Katze und Meerschweinchen. Um eine Impräg- nation der Secretcapillaren zu erhalten, mussten die Stückchen Jedoch immer doppelt imprägnirt, d. h. das oben angegebene Verfahren noch einmal in derselben Reihenfolge wiederholt werden. Bei der Trachea konnte ich infolge massenhafter Nieder- schläge keine brauchbaren Bilder erhalten, dagegen ergab diese 744 Sophie Fuchs-Woölfring: Methode am Kehlkopf recht schöne und mit den durch tinetorielle Methoden erzielten Bildern vollständig übereinstimmende Resultate. Um auch die eventuellen Veränderungen zu studiren, welche an künstlich gereizten Drüsen auftreten, habe ich Präparate von Kehlkopf und Trachea von pilocarpinisirten Thieren angefertigt, nämlich von Katze und Kaninchen. Zu diesem Zwecke wurde den Thieren je 1 cem 0,1 °/,iger Pilocarpinlösung subeutan injieirt und dieselben eine Stunde darauf getödtet. Die dem Kehlkopf und der Trachea entnommenen Stücke wurden derselben Behand- lung unterworfen wie die anderen Objecte. Von der pilocarpini- sirten Katze habe ich auch Golgi-Präparate hergestellt (s. Fig. 1u8) III. Untersuchungsergebnisse und Schlussfolgerungen. Es sei hier gleich vorweg erwähnt, dass im Baue der Drüsen des Kehlkopfes an seinen mit Flimmerepithel bekleideten Abschnitten und jener der Trachea derselben Thiere eine so vollständige Uebereinstimmung besteht, dass man sie ohne weiteres bei der Besprechung zusammenwerfen kann. Auf die unwesent- lichen Unterschiede, die hie und da vorkommen, wird jedenfalls bei der Detailbesprechung hingewiesen werden. Bevor ich zur eingehenden Darlegung der Befunde an jedem der untersuchten Thiere übergehe, möchte ich schon an dieser Stelle Einiges anführen, was sämmtlichen untersuchten Objeeten gemeinsam ist. Ueberall weisen die Drüsen sowohl des Kehlkopfes wie auch der Trachea schon auf den ersten Blick zwei deutlich verschiedene Typen von Schläuchen auf. Die einen bestehen aus hohen, hellen, prallen Zellen, deren meist abgeflachte Kerne an der Basis sitzen, und die sich mit Mucicarmin oder Delafield 'schem Hämatoxylin mehr oder weniger intensiv färben. Die Grenzen dieser Zellen sind meist sehr deutlich, die Lumina der aus denselben zusammengesetzten Schläuche mehr oder weniger weit, hie und da mit Schleim gefüllt. Kurz, es sind Drüsen, die alle für Schleimdrüsen characteristischen Merk- male aufweisen. Neben diesen finden wir aber in sehr grosser Zahl auch Drüsen von total anderem Aussehen. Die Alveolen sind kleiner, die Zellen dunkler und matt, die Zellgrenzen undeutlich, die Kerne rund mit körnigem Chromatin, die Lumina sehr eng. Diese Drüsen, welche vollkommen den Eiweissdrüsen gleichen, Ueb. den feineren Bau der Drüsen des Kehlkopfes u. der Luftröhre. 745 färben sich auch weder mit Hämatoxylin noch mit Mucicarmin. Auch fand ich bei allen untersuchten Objeeten mehr oder weniger deutliche Secretcapillaren, und es sei schon gleich hier betont, dass ich dieselben immer zwischen die Zellen eindringen sah, und niemals in die Zellen hinein, ein Befund, welcher mit den Unter- suchungen von E. Müller in vollkommener Uebereinstimmung steht. Die beiderlei Drüsenschläuche finden sich, wie gesagt, an allen untersuchten Objecten in der verschiedenartigsten Vertheilung. Bald liegen die Schleim- und serösen Drüsenschläuche ganz abgeson- dert von einander, indem man ganze Lobuli des einen oder des an- deren Typus findet, bald sieht man in einem und demselben Lobulus Schleimdrüsenschläuche und seröse Alveolen, wobei entweder die Zahl der einen oder der anderen überwiegt, so dass über deren quantitatives Verhältniss zu einander sich nichts bestimmtes sagen lässt. Ausserdem sehen wir mehr oder minder schöne Randzellen- complexe (echte Giannuzzi’sche Halbmonde) (s. Fig. 2); endlich finden sich die schleim- und protoplasmahaltigen Zellen in einem und demselben Schlauche beisammen in verschiedenster Art ver- gesellschaftet, ganz ähnlich wie sie Nadler (15) für die Lippen- drüsen des Menschen beschrieben hat (Taf. XXI 3a, 3b, 3e, 3e, 3f, 38). Was die Ausführungsgänge dieser Drüsen betrifft, so lässt sich darüber wohl folgendes als gemeinsame Regel sagen: Nahe der Mündung an der Oberfläche sind die Gänge mit hohem Flimmerepithel bekleidet, an dessen Stelle in grösserer oder ge- ringerer Entfernung ein zweischichtiges mehr weniger hohes Cylinderepithel tritt, welches immer niedriger wird, so dass seine Zellen endlich kubisch aussehen. Von dieser allgemeinen Regel giebt es hie und da kleine Abweichungen, die im Folgenden näher besprochen werden sollen. Leider gelang es mir nicht mit voller Bestimmheit festzustellen, ob es ganz selbständige seröse Drüsen mit eigenen Ausführungsgängen giebt, oder ob dieselben immer in die Ausführungsgänge der Schleimdrüsen einmünden und daher Läppehen gemischter Drüsen darstellen. TER G. Von allen untersuchten Objeceten haben die Präparate vom Hunde die schönsten und mannigfaltigsten Bilder geliefert, an denen wir eigentlich alles vorfinden, was uns die sämmtlichen anderen bieten. Darum rühren auch die gegebenen Abbildungen 746 Sophie Fuchs-Wolfring: zum grössten Theil von diesem Thiere her, und wir wollen auch eine eingehendere Besprechung mit dem Kehlkopf und der Trachea vom Hunde beginnen. Bei der Betrachtung von mit Delafield’schem Hämatoxylin und Congoroth gefärbten Schnitten eines m Zenker’scher Flüssig- keit fixirten Kehlkopfes vom Hunde sehen wir zunächst, dass die Drüsen in mehr oder weniger dichten Massen, meistens jedoch in grosser Ausdehnung ziemlich tief unter dem Oberflächen-Epithel im submueösen Bindegewebe liegen. Sie erstrecken sich auch auf das Gebiet des lockeren Bindegewebes, dicht am Knorpel. Sie sind in grössere oder kleinere Lobuli gesondert, welche durch verschieden dieke bindegewebige Septa von einander getrennt sind. Schon auf den ersten Blick sehen wir, dass wir es hier mit einer gemischten Drüsenart zu thun haben, und dieser Ein- druck wird durch nähere Betrachtung nur bestätigt. Die Schleim- tubuli und Gänge sieht man überall meistens ziemlich tief mit Hämatoxylin gefärbt, die mehr oder weniger weiten Lumina mit blau gefärbtem Schleim erfüllt, die Zellen in der schon geschilder- ten Weise die Merkmale der Schleimdrüsenzellen aufweisend. Daneben finden sich andere schön mit Congoroth gefärbte Alveolen, ihrerseits mit allen Merkmalen der serösen Drüsen. Das allgemeine Bild zeigt eine täuschende Aehnliehkeit mit den Bildern der ge- mischten Drüsen. Die Anordnung der serösen- und Schleimdrüsen- zellen bietet eine grosse Mannigfaltigkeit. Fig. 1 zeigt uns z. B. drei durch bindegewebige Septa von einander geschiedene Drüsen- läppchen, deren zwei entschieden zu den serösen Drüsen zu rechnen sind, während das dritte nicht minder sicher als Schleim- drüseneonvolut zu erkennen ist. Bei den ersten sehen wir schon bei der verhältnissmässig schwachen Vergrösserung, dass die Lumina sehr eng und die Kerne rund und in der Mitte der Zellen gelegen sind, beim zweiten fallen uns die grösseren Alveolen, die weiteren Lumina und die der Basis anliegenden abgeplatteten Kerne auf. Während die serösen Lobuli auf diesem Bilde nur aus Alveolen mit Eiweisszellen bestehen, zeigen die Schleimdrüsen- läppchen gleichfalls einzelne Alveolen mit Eiweisszellen, ganz für sich allein, oder auch als Randzelleneomplexe eingestreut. Neben dieser Anordnung der beiderlei Drüsenzellen finden wir, und zwar vorwiegend an allen Schnitten, dass die beiderlei Drüsenzellen in denselben Läppehen neben einander vorkommen, Ueb. den feineren Bau der Drüsen des Kehlkopfes u. der Luftröhre. 747 in der verschiedensten Weise, meistens sehr innig mit einander vermischt. Es sind Bilder, wie sie auch Heidenhain in Her- mann’s Handbuch der Physiologie von der Submaxillaris des Menschen oder auch von der Sublingualis des Hundes zeichnet. Ausserdem sehen wir überall an diesen Präparaten schöne Rand- zelleneomplexe, mehr oder weniger stark ausgebildet. Eine von diesen mit besonders schönen Giannuzzi’schen Halbmonden aus- gestattete Stelle zeigt uns Fig. 2. Wenn wir die Details näher ins Auge fassen, so wird da- durch der innige Zusammenhang der beiderlei Drüsenalveolen nur noch bestätigt. An vielen Stellen, im Kehlkopf wie in der Trachea sehen wir, wenn die Schnittrichtung günstig getroffen ist, wie die kleinen Seceretwege der serösen Alveolen in die grösseren Lumina der Sehleimtubuli einmünden. Fig. 5 zeigt uns ein aus drei Alveolen zusammengesetztes Läppchen. Die zwei mit schönen, deutlichen Secretcapillaren versehenen Alveolen senden ihre Secretgänge zu einer Schleimalveole, und man kann ganz deutlich verfolgen, wie dieselben mit dem weiten, von etwas fädig ge- ronnenem, blaugefärbten Schleim erfüllten Lumen des Schleim- tubulus confluiren. An letzterem sieht man noch, wie die Grenzen einzelner seiner Zellen gegen das Lumen aufgelöst sind und aus denselben Secret sich entleert. Ein anderes, jedoch viel complicirteres Bild analoger Verhältnisse bietet Fig. 4 Eine aus blasigen, prall gefüllten Zellen zusammengesetzte Schleimalveole erscheint in eine seröse Alveole direet hineingedrängt und fast bis an das Lumen der- selben vorgerückt. Die Lumina der beiden communieiren mit einander, in das des serösen Alveolus münden einige Secret- capillaren. Dieses Bild denke ich mir auf die Weise zustande gekommen, dass ein Schleimtubulus an der Stelle seines Ueber- ganges in einen serösen geknickt und dass der Schnitt durch die Kniekungsstelle ganz oben in der Weise geführt worden ist, dass er beide Lumina noch in ihrem Zusammenhange ge- troffen hat. Die hier geschilderten Vorgänge zeigen die voll- ständigste Analogie mit dem, was E. Müller (13, Taf. XXVII, Fig. 8 und 9) in der Submaxillaris des Hundes gefunden und auch abgebildet hat. Randzellen besitzen die meisten Schleimtubuli; an vielen derselben sind sehr deutliche Seeretcapillaren zu sehen. 748 Sophie Fuchs-Wolfring: Ausser dieser Vergesellschaftung von Schleim- und serösen Alveolen finden wir vielfach beiderlei Arten Drüsenzellen in einem und demselben Alveolus, wie schen eingangs in der allge- meinen Betrachtung erwähnt. Bei den Schleimalveolen sieht man die Zellen durch Schleim- farbstoffe mit verschiedener -Intensität gefärbt, von intensiv mit Delafield blau oder mit Mucicarmin roth gefärbten Zellen bis zu fast farblosen. Ausserdem kann man an den Zellen einer und derselben Alveole vielfach die verschiedensten Stadien ihrer Thätigkeit schön wahrnehmen. Während die einen noch recht prall gefüllt sind und flache Kerne besitzen, zeigt sich bei anderen um die rundlich gewordenen Kerne eine mehr oder weniger breite protoplasmatische Zone, die sich nicht mit Schleimfarb- stoffen, dafür aber mit Congoroth sehr schön tingirt hat. Je nach dem Grade der Schleimentleerung wird diese Zone immer grösser, indem sie sich von der Peripherie centralwärts ausdehnt, während die schleimhaltige Zone dafür immer schmäler wird, bis die letztere endlich ganz verschwindet und die Zelle ein protoplasmatisches Aussehen gewinnt mit rundem, ebenfalls central- wärts vorgerückten Kern, der sich von den Kernen der serösen Alveolen nicht unterscheidet. Fig. 5 zeigt uns eine solche Schleim- alveole, in der die eben geschilderten Vorgänge gut zu sehen sind. Die Hälfte der Zellen der Schleimalveole ist bereits protoplasmatisch, bei den übrigen sehen wir die protoplasmatische Zone schon mehr oder weniger ausgebildet. Die Zellgrenzen an den protoplasmatischen Zellen sind kaum wahrnehmbar, an jenen, die noch Schleim enthalten, sehen wir scharfe dunkle Scheide- wände, die jedoch nur so weit reichen, als der schleimige Theil der Zelle. Das Lumen ist weit, die Kerne rundlich. Daneben liegt eine rein seröse Alveole mit engem Lumen und deutlichen Secreteapillaren. Dieselben gehen als kleine helle Röhrehenzwischen dieZellen hinein undendigen blind mehr oder weniger weit entfernt von der Basis. Die Verschiedenheit des Aussehens der Secretcapillaren und der Zellgrenzen der Schleimdrüsen fällt auf den ersten Blick auf. Die serösen Drüsen an diesen Präparaten zeigen ausser den schon erwähnten Merkmalen zum grössten Theil schöne Secret- capillaren, die an den mit Congoroth gefärbten Schnitten als ziem- lich weite helle Röhrchen deutlich in der roth tingirten Alveole Ueb. den feineren Bau der Drüsen des Kehlkopfes u. der Luftröhre. 749 zu sehen sind. Sie sind besonders beim Hund so deutlich, dass man sie gar nicht zu suchen braucht, da sie förmlich in die Augen springen, sogar an Schnitten, die mit Hämalaun-Mucicar- min gefärbt waren, wo die serösen Zellen farblos geblieben sind. Die Kerne der letzteren sind rund mit dunklen Körnchen ver- sehen; bei den protoplasmatisch gewordenen Schleimzellen be- kommen sie dasselbe Aussehen und zeigen absolut keinen Unter- schied gegenüber den erstgenannten. Die Ausführungsgänge sind meistens sehr gross, in der Trachea im allgemeinem kleiner als im Kehlkopf. Sie sind mit zweischichtigem Cylinderepithel ausgekleidet, welches in der Nähe der Ausmündung mit Flimmerhaaren besetzt ist. Je weiter sich der Gang verzweigt, desto niedriger werden auch die Epithel- zellen seiner Wandung. An sehr vielen Stellen beobachtet man den plötzlichen Uebergang dieser eylindrischen Zellen in speei- fische Schleimzellen, genau wie es v. Ebner (16, Taf. I, Fig. 14) abgebildet hat. An einem Schnitte konnte man sogar den Ueber- gang eines Ausführungsganges in einen Schleimtubulus, der seiner- seits mit einer mit Seeretcapillaren versehenen serösen -Alveole endete, beobachten. Die weiten Lumina der Ausführungsgänge sind vielfach mit fädig geronnenem Schleim erfüllt. Bei vielen Schleimgängen sind die Zellen ganz abgeflacht und protoplasmatisch; man sieht dies besonders bei jenen, die enorm weite Lumina besitzen. Um die grösseren Schleimgänge findet man gewöhnlich dicht an der Wand ganze Convolute von Schleim- und serösen Drüsen. 2 Kuartiv;ei Bei der Katze hatte ich Gelegenheit, die Trachea von einigen Thieren zu untersuchen. An sämmtlichen Präparaten vom Kehlkopfe sowohl wie von der Trachea liegen die Drüsen nicht in compacten abgesonderten Läppchen wie beim Hunde, sondern sind einzeln, oder zu wenigen mit einander gepaart, im Bindegewebe ziemlich gleichmässig verstreut. Ihre Masse in der Trachea hängt von dem Raume ab, welchen das Bindege- webe zwischen Schleimhaut und Knorpel einnimmt. Die serösen Drüsenschläuche zeigen ähnliche Bilder wie beim Hund, nur sind die Secreteapillaren viel enger; die Schleimdrüsenschläuche dagegen zeigen ein wesentlich anderes Verhalten. Erstens ist die Schleim- 750 Sophie Fuchs-Wolfring: reaction an allen bedeutend schwächer ausgefallen, man sieht, im Gegensatz zum Hunde, an den Tubulis nur äusserst wenig aufge- blähte und intensiv mit Hämatoxylin oder Muciearmin gefärbte Zellen. Die Schleimtubuli sind nicht geschlängelt und mit blasigen Zellen erfüllt, sondern stellen sich als mit mehr oder weniger weitem Lumen versehene Rohre dar,- deren Zellen meistens schlank eylin- drisch aussehen; ihr Inhalt ist zum grössten Theile protoplasmatisch mit einer meistens dünneren schleimigen Zone um das Lumen herum. Die nahe der Basis gelegenen Kerne sind rundlich oder oval, nicht abgeplattet. Die Schleimgänge zeigen seitliche Ausbuchtungen, in welehe mit Secreteapillaren versehene seröse Drüsen ein- münden. Sie erreichen vielfach enorme Dimensionen. An einem mit Mucicarmin gefärbten Schnitte aus der Trachea konnte ich einen sehr grossen Ausführungsgang von der Ober- fläche der Schleimhaut an durch die ganze Dicke der an dieser Stelle knorpelfreien Trachea verfolgen; derselbe besass ein weites Lumen und verlief in vielfachen Schlängelungen, wobei man auch mehrere Abzweigungen in kleinere Schläuche, die ihrerseits mit grösseren oder kleineren serösen Drüsenpacketen in Verbindung standen, wahrnehmen konnte. Die Zellen der Schleimgänge nahe der Oberfläche sind mit Flimmerhaaren bekleidet und bilden meist eine einfache eylindrische Lage; hie und da sieht man auch ein zweischichtiges Epithel. Die Zellen desselben sind im allgemeinen schlanker und höher als beim Hund und zeigen oft eine streifige Beschaffenheit. Um die Ausführungsgänge findet sich häufig eine starke Ansammlung von Lymphkörperchen. An den Schleimalveolen sieht man ähnliche Bilder verschiedener Seeretionsstadien, wie es schon vom Hunde abgebildet worden ist (Fig. 5). Bei einer mit Pierinsublimat fixirten Trachea einer neuge- borenen Katze fanden sich die Schleimdrüsen eigentlich noch in ihrem Entwiecklungsstadium. Es sind fast durchweg weite Rohre, die mit mehreren Ausbuchtungen versehen sind, welche offenbar die Anlage weiterer Verzweigungen und Schleimalveolen dar- stellen. An den Kernen sind zahlreiche Mitosen zu beobachten. Die serösen Drüsenläppchen sind mit Seeretcapillaren versehen und gleichen denen des erwachsenen Thieres. Am Kehlkopf einer in bereits oben geschilderter Weise mit Pilocarpin vergifteten Katze ist das Bindegewebe in sehr hohem Maasse von Lymphkörperchen durchsetzt; in diesem stark infiltrirten Gewebe liegen nun die Ueb. den feineren Bau der Drüsen des Kehlkopfes u. der Luftröhre. 751 fast ganz protoplasmatisch aussehenden Drüsen. Die Anhäufung der Lymphkörperchen ist so mächtig, dass sie an vielen Stellen das Oberflächenepithel förmlich durchwuchern und sich auch in grosser Zahl auf der Schleimhautoberfläche vorfinden. Die Schleimgänge sind meistens enorm erweitert und zeigen ähnliche Abzweigungen zu serösen, mit Secretcapillaren versehenen Al- veolen, wie beim normalen Thiere. Fig. 6 giebt uns ein solches Bild eines sehr weiten Schleimganges mit einer in denselben einmündenden serösen Alveole; daneben liegt eine zweite, an der ebenfalls Seeretcapillaren zu sehen sind. Dasselbe Bild vom selben Thiere erhielt ich an nach Golgi behandelten Präpa- men: Die SeceretweseundiSeeceretcapillaren der serösen Drüsen sind nicht weiter, als beim nor- malen Thier. In vielen Lumina der enorm weiten Schleim- gänge sieht man eine Anhäufung von abgestossenen Schleim- zellen in einer Masse, die nicht mehr schleimhaltig ist, einge- bettet. In dem die Wandungen auskleidenden Epithel finden sich vielfach Defecte, als ob die Zellen mit Gewalt herausgerissen wären. Die Schleimalveolen, die sich fast gar nicht mit Delafield und Mueicarmin gefärbt haben, zeigen häufig deutliche Zeichen der Erschöpfung. Die Zellen sind sehr abgeflacht, die Lumina ver- grössert und in den meisten fehlt das Schleimseeret. Die Trachea zeigt dieselben Eigenschaften, nur sind die Schleimgänge nicht so erweitert wie im Kehlkopf. Endlich habe ich auch Präparate vom Kehlkopf desselben (pilocarpinisirten) Thieres mittels der Golgi-Methode hergestellt. Fig. 7 zeigt, wie an einem stark erweiterten Schleimgang die serösen Alveolen mit schön imprägnirten Secretcapillaren nach Art von Beeren hängen. Im Lumen des Schleimrohres sieht man die Schlussleisten schön imprägnirt, ein zierliches Gitter- werk darstellend. Links unten liegen einige seröse Alveolen. Solcher Bilder habe ich an diesen Präparaten viele gesehen, und sie sind für die Katze charakteristisch, da ich sie sonst bei keinem der untersuchten Thiere in dieser Weise gefunden habe Pig. Bsstellt eine Alveole mit Randzellen von demselben Präparate dar, während bei den miittelst tinetorieller: Methoden hergestellten Praparaten keimeskandzellen: zu schen;sind, was sich wohl durch das protoplasmatische 152 Sophie Fuchs-Wolfring: Aussehen sämmtlicher Drüsenzellen erklären lässt. An vielen Schnitten sind an einzelnen und auch an Gruppen von serösen Alveolen die Secretcapillaren, wie schon abgebildet, imprägnirt. Diese Bilder lassen absolut keinen Unterschied merken, wenn man sie mit ebenfalls nach Golgi behandelten Präparaten von der Parotis desselben Thieres, die ich eigens zu diesem Zwecke hergestellt habe, vergleicht. An vielen Schleimtubulis haben sich die Zellgrenzen zierlich impräg- nirt und zeigen Bilder, wie sie Stöhr (14, Taf. XXII, Fig. 8) von der Gland. submaxillaris des Hundes abbildet. 3. Kaninehen. Beim Kaninchen zeigen die Kehlkopf- und die Tracheal- drüsen im allgemeinen eine grosse Aehnlichkeit mit denen vom Hunde, sodass das meiste, was wir vom Hunde gesagt haben, auch hier gilt. Die Drüsen liegen jedoch dem Oberflächen- Epithel viel näher als beim Hunde, wo zwischen dem Epithel und der eigentlichen Drüsenlage meistens eine breite Schicht submucösen Bindegewebes mit hier und da spärlich eingestreuten Drüschen sich vorfindet. Beim Kaninchen hingegen liegt die Hauptmasse der Drüsen sowohl des Kehlkopfes, wie der Trachea ganz dicht unter dem Epithel. Manche Alveolen, besonders seröse, und auch kleinere Lobuli schmiegen sich direet an das Epithel, an einigen Stellen scheinen sie dasselbe direkt hervor- zuwölben und in einer Art Bucht an der Basis der Epithelzellen zu liegen, so dass dieselben an diesen Stellen auch niedriger sind. Der gemischte Drüsentypus ist auch hier sehr deutlich ausge- prägt. Die Drüsen sind ebenso zumeist in Läppchen angeordnet wie beim Hunde, nur sind dieselben gewöhnlich kleiner. Auch sehen wir beim Kaninchen zahlreichere rein seröse Drüsenläppehen. Die Schleimtubuli sind im Allgemeinen nicht so gross wie beim Hund, die Zellen ebenso in verschiedener Intensität durch Muei- carmin oder Delafield gefärbt und weisen ebenfalls oft in einer und derselben Alveole verschiedene Secretionsstadien auf, indem die Zellen in ihrem Aussehen alle Abstufungen zwischen dem Bild von prall mit Schleim gefüllten bis zu dem rein proto- plasmatischen zeigen. Halbmonde sehen wir auch oft an den Schleimtubulis, jedoch meistens nicht so schön ausgebildet wie beim Hund. Einen deutlichen Zusammenhang von Schleim- und Ueb. den feineren Bau der Drüsen des Kehlkopfes u. der Luftröhre. 753 serösen Alveolen. wie ihn Fig. 3 zeigt, habe ich nicht beobachtet. Die serösen Drüsenläppchen besitzen alle ihre charakteristischen und schon besprochenen Merkmale und lassen an den mit Congoroth gefärbten Schnitten ebenfalls sehr deutliche und ziemlich weite Secreteapillaren erkennen. Seröse Läppcehen liegen auch sehr oft dieht an der Oberfläche, in manchen sieht man auch vereinzelte Schleimalveolen. Inmitten eines solehen serösen Läpp- chens habe ich z.B. ein Schleimrohr gefunden mit ziemlich srossem Lumen, an dem die Zellen zur Hälfte rein schleimig mit flachen Kernen und zur anderen Hälfte rein protoplasmatisch aussahen, beiderlei Zellen inselartig nebeneinander vorkommend. Auch grössere Schleimgänge sieht man in den serösen Läppehen auftreten. Zum überwiegenden Theile bestehen die Lobuli je- doch aus beiderlei Schläuchen. Die Ausführungsgänge sind im allgemeinen kleiner als beim Hunde. An der Ausmündung sind sie mit zweischichtigem Cylinderepithel bekleidet, welches oft schon dieht unter der oberflächlichen Epithellage durch speeifische Schleimzellen ersetzt wird. An einem Schnitt habe ich einen Ausführungsgang be- obachtet, den man eine kurze Strecke von der Oberfläche aus verfolgen konnte. Derselbe begab sich zu einem grösseren rein serösen Lobulus und war mit einfachem, ziemlich niedrigen Cylinderepithel bekleidet. Im ziemlich engen Lumen sah man mit Congoroth gefärbtes Secret. Da weder an den Zellen noch im Lumen Spuren von Schleimreaetion zu beobachten waren, da ferner der Gang von serösen Alveolen umgeben war, so halte ich es für wahrscheinlich, dass dies auch ein rein seröser Aus- führungsgang war, umsomehr, als beim Kaninchen die serösen Läppehen oft so nahe unter dem Epithel liegen, dass sie wahr- scheinlich auch unmittelbar ihr Secret an die Oberfläche er- giessen. Aehnliche Bilder findet man öfter, und die Golgi- Präparate scheinen noch besonders diese Vermuthung zu bestätigen. Anhäufungen von Lymphkörperchen in der Submucosa in stär- kerem oder schwächerem Grade sind auch hier zu beobachten. An Schnitten von nach Golgi behandelten Kehlkopfstück- chen eines Kaninchens habe ich schöne Imprägnationen von Secreteapillaren in der Nähe der Oberfläche bekommen. Meistens sind Gruppen von serösen Alveolen in dieser Weise imprägnirt, und vielfach, besonders an den dicht unter dem Epithel gelegenen 154 Sophie Fuchs-Wolfring: Lobulis, sieht man schön die Verzweigung der Gänge vom Aus- führungsgang an bis zu den kleinsten Secretröhrehen. Fig. 9 zeigt uns eine derartige gelungene Imprägnation an einem dieken Freihandschnitt. Wir sehen hier einen grösseren serösen Lobulus, an dem die Gänge wie Aeste sich verzweigen. Infolge der be- trächtlichen Dicke des Schnittes sieht man bei verschiedener Einstellung verschiedene Schichten desselben, so dass derselbe - sich fast wie ein Corrosionspräparat präsentirt. An Präparaten von pilocarpinisirten Kaninchen fällt vor allem das protoplasmatische Aussehen aller Drüsen in die Augen. Selbst ein so empfindliches Schleimreagens wie das Mueicarmin, zeigt nur an einzelnen Zellen der Alveolen und Ausführungs- gänge Spuren von schwach-rosenrother Färbung, sonst sehen die Drüsen farblos aus. An mit Delafield-Congoroth gefärbten Schnitten haben sich sämmtliche Drüsen mit Congo gefärbt. Unter sechszehn Schnitten fand ich nur an einer Stelle zwei Schleimtubuli mit typischen, ziemlich prallen und schwach blau gefärbten Zellen. Die anderen zeigen alle das Bild der Er- schöpfung: grosse, schleimleere Lumina, niedrige Zellen, runde, in die Mitte gerückte Kerne. An vielen serösen Alveolen sind die Seeretcapillaren stark erweitert und selbst bei schwächeren Vergrösserungen deutlich zu sehen, während in den Schleimtubulis nirgends etwas Aehnliches zu bemerken ist. Das submueöse Bindegewebe um die Drüsen ist an vielen Stellen sehr stark mit Lymphkörperchen infiltrirt, welche auch auf der Schleimhaut- Oberfläche zu sehen sind; ausserdem bemerkt man an der Ober- fläche Auflagerungen von Secret. Von der oberen Region des Kehlkopfes vom Kaninchen, wo die Schleimhaut noch vom Pflasterepithel bekleidet ist, kann man nur sagen, dass dort im allgemeinen viel mehr Schleimdrüsen sich befinden, als im Be- reiche des Flimmerepithels. Ueberhaupt habe ich beim pilocarpinisirten Kaninchen keine so erweiterten Schleimgänge wie bei der pilocarpinisirten Katze gesehen; auch zeigt das Epithel hier keine solchen Defekte und in den Lumina finden sich keine zelligen Elemente, wie wir sie bei der Katze gesehen haben. Im Gegensatz dazu sind die Secreteapillaren und Secretwege beim Kaninchen nach Pilo- carpininjection stark erweitert, während sie bei der Katze nor- N Ueb. den feineren Bau der Drüsen des Kehlkopfes u. der Luftröhre. 755 males Aussehen zeigen. Dieses Verhalten lässt in uns die Ver- muthung aufsteigen, dass das normale Aussehen der Seeretcapil- laren bei der Katze dadurch bedingt wird, dass die serösen Drüsen ihr Secret in die Schleimgänge ergiessen, so dass bei künstlich gesteigerter Secretion zunächst die Schleimgänge durch Secretstauung erweitert werden, während beim Kaninchen, wo die meisten serösen Läppehen wahrscheinlich ihre eigenen Ausführungsgänge besitzen, die Stauung infolgedessen auch die Secretceapillaren erweitert, zumal die serösen Läppchen auch sehr nahe der Oberfläche liegen. 4. Meerschweinchen. Die Drüsen sind nicht so ausgesprochen in grösseren Läpp- chen angeordnet, sondern finden sich mehr gleichmässig zerstreut im submucösen Bindegewebe. Auch liegen sie nicht so dicht unter der Epithellage wie beim Kaninchen. An Muecicarmin- Präparaten sieht man, dass fast sämmtliche Drüsen Schleim- reaction zeigen, so dass dieselben beim Meerschweinchen bei einer oberflächlichen Prüfung den Eindruck von reinen Schleim- drüsen machen. Die Zellen sind auch hier in verschiedenen Thätigkeitsstadien fixirt worden, wie wir es schon bei Besprechung anderer Objeete erwähnt haben, und dementsprechend finden wir an ihnen schleim- und protoplasmatische Zonen in verschie- denem Verhältniss nebeneinander. Bei den meisten sind die Kerne zwar noch dicht an der Basis gelegen, haben jedoch schon runde Form. Zellen, die prall gefüllt sind und flache Kerne besitzen, sind eigentlich wenig zu sehen. Seröse Alveolen sind äusserst selten, und auch Halbmonde nur hie und da anzutreffen. An den Schnitten sind viele Ausführungsgänge an ihrer Einmündungsstelle getroffen. Das Epithel derselben ist zweischichtig eylindrisch, oft beginnen die specifischen Schleimzellen schon gleich an der Mündung des Ganges. Dass die Kehlkopf- und Tracheal-Drüsen des Meerschweinchens vor- wiegend Schleimdrüsen sind, bestätigen auch die Golgi-Prä- parate, denn unter zahlreichen Schnitten fand ich nur an einem eine einzige Alveole mit imprägnirten Secretcapillaren (Fig. 10). 3 Batite. Die Präparate wurden mit Sublimat-Kochsalzlösung_ fixirt. An Schnitten derselben sieht man ebenfalls beide Drüsentypen Arch. f. mikrosk Anat. Bd. 52 49 156 Sophie Fuchs-Wolfring: vertreten, und der Unterschied zwischen Schleim- und serösen Drüsen tritt ebenso deutlich hervor wie beim Hunde. Die einen mit ihren charakteristischen Schleimreactionen zeigen uns grosse Tubuli mit prallen Zellen und abgeplatteten Kernen, die anderen, bedeutend kleineren Alveolen sind lebhaft mit Congoroth gefärbt. Secreteapillaren sind jedoch bei weitem nicht so leicht zu beob- achten als beim Hund oder Kaninchen. Die Drüsen sind meistens ziemlich gesondert in Läppchen angeordnet. An den Schleim- alveolen sieht man hie und da Randzellen. Die Ausführungsgänge sind zunächst mit Flimmerepithel bekleidet, dann meistens mit zweischichtigem Cylinderepithel. Die Epithelzellen sind schmal und hoch und färben sich mit Congoroth. An den Schnitten habe ich sehr viele quergetroffene Schleimröhren beobachtet, meistens mit sehr grossem Lumen, bei manchen ist das Lumen geradezu enorm im Verhältniss zu den Dimensionen des ganzen Schnittes. An diesen Gängen zeigen die Zellen ein Bild der Erschöpfung, sie sind sehr niedrig, oft nur so hoch wie die Kerne. Die Lumina sind leer oder zeigen ein diffus blauge- färbtes Secret. Im submueösen Bindegewebe sind auch An- häufungen von Lymphkörperchen zu beobachten. 6. Mensch. Die Trachea eines eirca 20 jährigen Justifieirten wurde 1—-2 Stunden post mortem in Zenker’sche Flüssigkeit eingelegt. Schnitte von derselben habe ich ebenfalls mit Delafield-Congoroth und Hämatoxylin-Mueicarmin gefärbt. Man sieht hier sehr zahl- reiche Drüsen in grossen compaeten Läppcehen ziemlich weit von der Oberfläche und dieht am Knorpel im Bereiche des lockeren Bindegewebes ausgebreitet. Schleim- und seröse Alveolen sind in bunter Reihe durcheinander gemischt und bieten dieselben prägnanten Unterschiede wie in der Submaxillaris des Menschen. Nur finden wir in der Trachea bedeutend mehr Schleimdrüsen als in der Submaxillaris. Die Schleimtubuli sind meistens lang, ihre Zellen nicht stark mit Schleimfärbemitteln imbibirt, sehr hell, hoch, prall, mit randständigen Kernen. An den meisten Alveolen finden sich grosse Randzelleneomplexe. Ueberhaupt sieht man hier viele Halbmonde in jedem Sinne: die Pflüger- schen, d.h. zum Theil mit Protoplasma gefüllten Zellen, die Stöhr'schen, d.h. einzelne vom Lumen abgedrängte protoplasmatisch Ueb. den feineren Bau der Drüsen des Kehlkopfes u. der Luftröhre. 757 aussehende Zellen, die echten Giannuzzi’schen Halbmonde, d. h. die Randzelleneomplexe, und endlich stark verdickte Stellen der Membrana propria. Die letztere kommt überhaupt sehr deut- lich dureh die Congorothfärbung zum Ausdrucke. An vielen Stellen präsentiren sich die Korbzellen der Membrana propria durch ihren Contrast gegenüber den ganz hellen Schleimzellen besonders auffallend. Die Zellgrenzen sind allgemein als dunkle Linien sehr deutlich zu sehen. Das gleichzeitige Vorkommen aller dieser halbmondförmigen Bildungen, speciell der zweiten und dritten Kategorie, spricht auch dafür, dass die von Stöhr (17, 14) aufgestellte Ansicht, alle Randzellen, mit Ausnahme der Pflüger’'schen und der Membrana propria-Halbmonde (Korbzellen), seien als „secret- leere, durch secretgefüllte Zellen vom Lumen abgedrängte Drüsenzellen* aufzufassen, in dieser Form nicht haltbar ist. Sicherlieh existiren derartige Stöhr’sche Halbmonde, deren Zustandekommen auf die von ihm angegebene Weise zu erklären ist. Aber wir haben keinesweges ein Recht, auch die echten Giannuzzi’schen Halbmonde in diesem Sinne zu deuten; diese letzteren sitzen immer endständig an einer halbkugeligen Alveole, wie schon Retzius und Erik Müller beschrieben und ab- gebildet haben. Ausserdem finden sich inihnen und nur in ihnem Seceretcapillaren. Man wird deshalb wohl mit vollem Rechte — und meine Befunde sprechen auch ganz in diesem Sinne — diese Bildungen als seröse Drüsen- zellen aufzufassen haben. Diese letzteren sehen wir nicht nur massenhaft als Rand- zellencomplexe auftreten, sondern vorwiegend als ganz selb- ständige Läppehen, an zahlreichen Stellen die Zahl der Schleim- drüsen weit übertreffend. An vielen finden sich Secretcapillaren ; sie sind jedoch viel enger und infolgedessen nicht so leicht aufzu- finden wie beim Hunde. Die Kerne liegen bei den meisten dicht an der Basis, ein Verhalten, welches an den untersuchten Thieren nicht zu sehen war, bei denen die Kerne zum grössten Theil ziem- lich in der Mitte der Zellen gelegen sind. An manchen Alveolen kann man auch Schleim- und protoplasmatische Zellen nebenein- ander sehen. Die Ausführungsgänge stülpen sich zumeist an der Oberfläche in Form eines weiten Triehters ein, dessen Wände bis zum Triehterrohr noeh mit demselben bohen Flimmerepithel 58 Sophie Fuchs-Wolfring: und mit zahlreichen Becherzellen wie die Schleimhautoberfläche ausgekleidet sind. Dieses Epithel geht dann im einfaches Cylinderepithel über, noch häufiger jedoch wird es plötzlich durch die speeifischen Schleimzellen ersetzt, auf welche oft wiederum Cylinderzellen folgen, die dann endgiltig den Schleim- zellen Platz machen. Manchmal, namentlich an kleineren Aus- führungsgängen, beginnen die Schleimzellen fast ganz an der Oberfläche (Fig. 11). Ansammlung von Lymphkörperchen um die Mündung der Ausführungsgänge habe ich nicht beobachtet. Beiderlei Drüsenalveolen, die Schleim-, wie die serösen, zeigen das Bild der ausgeruhten Drüsen, was wir daraus schliessen, dass die Kerne bei den ersten meist platt und randständig sind und auch bei den letzten ganz peripherisch liegen. Die Lumina sind eng, die Schleimzellen sehr hell und prall gefüllt. Dies ist der wesentlichste Unterschied zwischen diesen Präparaten und jenen aller von mir untersuchten Thieren. An allen anderen Objeeten konnte man an den Schleimalveolen die verschiedensten Stadien der Thätigkeit, am wenigsten das der Ruhe beobachten. Dem ent- sprechend sah man auch an den meisten serösen Alveolen das bekannte Bild der serösen Drüsen in Thätigkeit, trübes Aus sehen, die Kerne weit centralwärts vorgerückt, die Zellen klein. Fassen wir die Ergebnisse unserer Untersuchungen noch einmal kurz zusammen, so kommen wir zu folgenden Schluss- folgerungen: 1. Die Drüsen des Kehlkopfes und der Luftröhre sind gemischte Drüsen, was, ausser durch verschie- dene andere Merkmale, vor allem durch das Vorhanden- sein von Secretcapillaren in den serösen und das Fehlen derselben in den Schleim absondernden Drüsenschläu- chen an allen untersuchten Objecten mit Sicherheit nachgewiesen wird. 2. Bei allen untersuchten Thieren kann man an diesen Drüsen die verschiedenen Functionszustände der Schleim absondernden Zellen oft schon an einem und demselben Drüsenschlauch leicht verfolgen, indem wir die Zellen in allen Stadien, vom rein schleimhal- tigen angefangen bis zum rein protoplasmatischen, an- treffen. Er 3. Die serösen Drüsenschläuche ergiessen ihr Ueb. den feineren Bau der Drüsen des Kehlkopfes u. der Luftröhre. 759 Seeret zum grössten Theil in die Schleimgänge, nur die Präparate vom Kaninchen lassen uns vermuthen, dass bei diesem Thiere seröse Drüsen mit eigenen Ausführungsgängen vorkommen. 4. Bei allen untersuchten Objeeten finden wir neben selbständigen serösen Drüsenalveolen auch Randzelleneomplexe (Giannuzzi’sche Halbmonde) von serösen Zellen, an denen ebenfalls Seceretcapillaren nachzuweisen sind. 5. An Präparaten von pilocarpinisirten Thieren bieten sämmtliche Drüsen ein Bildstarker Erschöpfung: die Drüsenzellen erscheinen niedrig, protoplasmatisch, die Lumina weit. Die Schleimgänge bei der Katze und die Secreteapillaren beim Kaninchen sind enorm erweitert. Das Bindegewebe ist von zahlreichen Lymph- körperchen durchsetzt. Am Schlusse dieser Arbeit erfülle ich eine tiefempfundene Pflicht der Dankbarkeit, indem ieh der vielfachen Anregung und Unterstützung gedenke, die mir Herr Hofrath v. Ebner zu Theil werden liess. Ebenso danke ich Herrn Prof. Schaffer bestens für seine zahlreichen werthvollen Rathschläge bei der Ausführung meiner Untersuchungen. Literatur-Verzeichniss. C. Toldt, Lehrbuch der Gewebelehre. 3. Aufl. Stuttgart 1888. E. Klein, Grundzüge der Histologie. Deutsche Ausgabe von Kollmann. 2. Aufl. 1890. 3. Böhm und Davidoff, Lehrbuch der Histologie des Menschen. Wiesbaden 189%. 4. Renaut, Traite d’Histologie pratique. Tome second, Faseicule premier. Paris 1897. 5. R. Heidenhain, Physiologie der Absonderungsvorgänge im Handbuch der Physiologie, herausgegeben vonL. Hermann. Bd.V. Leipzig 1883. 6. A. Heidenhain, Ueber die acinösen Drüsen der Schleimhäute, insbesondere der Nasenschleimhaut. Dissertation. Breslau 1870. ‘. P. Tarchetti, Sulla struttura delle ghiandole mucipare della ror 160 [0 0) 10. 11. 16. 17: Fig. Fig. Fig. Sophie Fuchs-Wolfring: trachea. Torino 1875. Die Resultate waren schon vorher aus- zugsweise in der Rendieconti dell’ Istituto Lombardo 1871 publieirt worden. C. Waller und G. Björkman, Studien über den Bau der Tracheal- schleimhaut mit besonderer Berücksichtigung des Epithels. Biolo- gische Untersuchungen, herausgegeben von G. Retzius. 2. Jahrg. 1882. p. 71. - R. Heymann, Beitrag zur Kenntniss des Epithels und der Drüsen des menschlichen Kehlkopfes im gesunden und im kranken Zu- stande. Virchow’s Arch. Bd. 118. 1889. p. 320. A. A. Kanthack, Studien über die Histologie der Larynxschleim- haut. II. ibidem. Ba. 119. 1890. p. 326. P. Schiefferdecker, Histologie der Schleimhaut der Nase und ihrer Nebenhöhlen im Handbuch der Laryngologie und Rhino- logie, herausgegeben von P. Heymann. Bd. III. 1. Lief. p. 87 bis 151. Wien 18%. G. Retzius, Ueber die Anfänge der Drüsengänge und die Nerven- endigungen in den Speicheldrüsen des Mundes. Biologische Unter- suchungen. Neue Folge III. 1892. Erik Müller, Ueber Secretcapillaren. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXXV. 189%. p. 463. Ph. Stöhr, Ueber Randzellen und Secretcapillaren. Ibidem Bd. XXXXVII. 1896. p. 447. J. Nadler, Zur Histologie der menschlichen Lippendrüsen. lbidem Bd.- L.' 1897. pP: 419. V.v. Ebner, Die acinösen Drüsen der Zunge und ihre Bezie- hungen zu den Geschmacksorganen. Graz 1873. Ph. Stöhr, Ueber Schleimdrüsen. Festschrift, A. von Kölliker zur Feier seines siebenzigsten Geburtstages gewidınet von seinen Schülern. Leipzig 1887. p. 421. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXXI. 1. Hund. Kehlkopf. a) Seröse Läppchen, b) Schleimdrüsen- läppchen, c) Ausführungsgang. Hartnack Obj. 4, Oe. 3, eing. Tubus. Färbung mit Delafield’s Hämatoxylin und Congoroth. 2. Hund. Kehlkopf. Schleimdrüsen mit Randzelleneomplexen (echten Giannuzzi'schen Halbmonden). Hartnack Obj. 4, Oe. 3, ausg. Tubus. Färbung mit Delafield’s Hämatoxylin und Congoroth. 3. Hund. Trachea. a) Alveole einer Schleimdrüse, zum Theil entleert. Im weiten Lumen geronnener Schleim, bei einigen Zellen die Zellgrenzen gegen das Lumen aufgelöst; man sieht an diesen Stellen den Schleim hervorquellen. b) Zwei seröse Ueb. den feineren Bau der Drüsen des Kehlkopfes u. der Luftröhre. 761 Fig. 4. Rıe..D. Fig. 6. Fig. 9. Fig. 10. Alveolen mit Secretcapillaren, welche in das Lumen der Schleimalveole einmünden. Färbung mit Delafield’s Häma- toxylin und Congoroth. Hartnack Obj. 7, Oe. 3, ausg. Tubus. Hund. Kehlkopf. Querschnitt durch einen Tubulus mit einem serösen und einem Schleimabschnitt. An ersterem deutliche Seceretcapillaren. Beide Lumina confluiren, das der Schleimalveole ist von hervorquellendem Schleim erfüllt. Näheres im Text. Färbung mit Delafield’s Hämatoxylin und Congoroth. Hartnack Obj. 7, Oc. 3, ausg. Tubus. Hund. Trachea. a) Schleimalveole, deren Zellen zum Theil protoplasmatischh, zum Theil noch in verschiedenem Grade schleimhaltig sind, b) seröse Alveole mit Secretcapillaren. Beide Alveolen zeigen im Aussehen ihrer Zellgrenzen sehr deutliche Unterschiede. Färbung mit Delafield’s Hämatoxylin und Congoroth. Hartnack Obj. 7, Oe. 3, eing. Tubus. Katze, pilocarpinisirt. Kehlkopf. Färbung mit Dela- field’s Hämatoxylin und Congoroth. a) Sehr stark erweiterter Schleimgang mit hohen cylindrischen Zellen, b) seröse Alveole, deren Capillaren in den Schleimgang einmünden, ce) seröse Alveole, ebenfalls mit Secretcapillaren. Hartnack Obj. 7, Oe. 3, eing. Tubus. Katze, pilocarpinisirt. Kehlkopf. Behandlung nach Golgi. a) Sehr stark erweiterter Schleimgang. Im Lumen sieht man deutlich imprägnirt die Zellgrenzen in Flächenan- sicht, b) c) d) seröse Alveolen mit Secretcapillaren, von denen bu.c wie Beeren dem Schleimgang anhängen. Dieses Bild zeigt eine vollständige Uebereinstimmung mit der von dem- selben Thiere stammenden Fig. 6 Hartnack Obj. 4, Oec. 3, ausg. Tubus ohne Unterlage. Katze, pilocarpinisirt. Kehlkopf. Behandlung nach Golgi. Schleimalveole mit Randzellencomplexen. Hartnack Obj. 7, Oe. 3, ausg. Tubus. Kaninchen. Kehlkopf. Behandlung nach Golgi. Ein ganzes. seröses Drüsenläppchen mit Secretcapillaren imprägnirt. Dieker Schnitt, an welchem mehrere Schichten zu sehen sind; die am stärksten angelegten Secretcapillaren gehören der obersten Schichte an; bei a ein Ausführungsgang an seiner Einmün- dung in das Epithel der. Schleimhaut. Hartnack Obj. 7, Oe. 3, eing. Tubus. Meerschweinchen. Kehlkopf. Behandlung nach Golgi. Eine seröse Alveole mit Secretcapillaren. Hartnack Obj. 7, Oe. 3, eing. Tubus. . Mensch. Trachea. Färbung mit Delafield’s Hämatoxylin und Congoroth. Ein Ausführungsgang, an dem die speei- fischen Schleimzellen bis zur Mündung reichen. Hartnack Obj. 7, Oe. 3, eing. Tubus. 162 Ueber feinere Structur und Architectur der Zellen. II. Theil: Muskelgewebe. Von Prof. 3. Arnold in Heidelberg. Hierzu Tafel XXXII. Glattes Muskelgewebe. In der älteren Literatur finden sich Mittheilungen über reihenweise gestellte Pünktchen und Längsstreifung der contractilen Faserzellen (Margo, Wagener und J. Arnold). Später wurden diese Zeichnungen als der Ausdruck einer fibrillären Structur derselben angesehen (Engel- mann, Kölliker, Schiefferdecker). Von Heitzmann!) wird hervorgehoben, dass die Granula der glatten Muskelfasern, namentlich gegen deren Enden, eine Anordnung darbieten, derzufolge sie eine Achnlichkeit mit den sarcous elements der quergestreiften Muskeln erhalten. Bütschli?) nimmt eine wabige Structur der glatten Muskel- fasern an. Nach Paul Schultz?) enthält eine jede Zelle ein diehtes Bündel von Fibrillen, welche gleichmässig in derselben vertheilt sind. Eine einzelne Fibrille durch die ganze Faser zu verfolgen, ist Schultz nie gelungen. Gegen das Ende der Zellen nehmen die Fibrillen an Zahl ab, aber nicht in Folge von Vereinigung, sondern stumpfer Endigung derselben. Marchesini und Ferrari?) behaupten, dass die glatten Muskelfasern des Katzendarmes aus vielen verschlungenen Fäden bestehen, in welche sich das Zellprotoplasma aufgelöst habe. 1) C. Heitzmann, Microscopie. Morphology. New York 1883. 2) Bütschli, Verhandlungen d. naturhistor.-medicin. Vereins z. Heidelberg 1896. 3) Paul Schultz, Die glatte Muskulatur d. Wirbelthiere. Arch. f. Anat. u. Physiologie, physiolog. Theil. 189. 4) Marchesini u. Ferrari, Anatom. Anzeiger Bd. XI. 1896. Ueber feinere Structur und Architeetur der Zellen. 763 Mittelst der Jod-Jodkalimethode lassen sich die glatten Muskeln sehr leicht isoliren, sei es, dass man Magen und Darm (Frosch) zuerst für zwei bis drei Tage in 10°/, Jodkalilösung und dann ebenso lange in Jod-Jodkalilösung (5 Tropfen der starken Lösung auf 10 ee. Jodkalilösung von 10°/,) einlegt, sei es, dass die letztere Mischung von Anfang an verwendet wird. In dem ersteren Fall isoliren sich die Zellen besser, in dem zweiten bewahren sie vollkommener ihre Form. Sehr zu em- pfehlen ist der Zusatz weniger Tropfen wässriger Eosinlösung zu der Isolirungsflüssigkeit. — Sehr deutlich tritt an solehen Präpa- raten die Längsstreifung hervor (Taf. XXXII, Fig. 1); die sog. Fibrillen lassen sich aber meistens nicht von dem einen Ende zu dem anderen verfolgen; vielmehr sind sie häufig durch feinste Körnchen unterbrochen und zeigen eine mehr bündelweise Gruppi- rung und stellenweise Andeutung einer netzförmigen Anordnung (Fig. 2). Allerdings ist es sehr schwierig, über diese Verhältnisse sich Gewissheit zu verschaffen, weil bei spiraliger Drehung der Fasern, wie sie bei solchen Isolirungen leicht erfolgt, solche Un- regelmässigkeiten im Verlauf und in der Anordnung der Fasern entstehen und insbesondere der Anschein einer bündel- oder netzförmigen Archtiteetur erzeugt werden könnte. — Lässt man die Muskelfasern längere Zeit in der Isolirungsflüssigkeit liegen, dann verschwindet die fibrilläre Zeichnung und wird durch eine mehr körnige ersetzt. Es macht dann den Eindruck, als wären die Zellen aus feinen durch kurze Fädehen unter einander ver- bundenen Körnern aufgebaut (Fig. 3). Der Kern wird von einem deutlichen Gitterwerk durchzogen, dessen Fäden an die Kernwandschichte inseriren, welche manch- mal auch von Körnern durchsetzt erscheint (Fig. 1—3). Auf die Körnerreihen an den Polen haben schon Klebs, Franken häuser, Wagener und ich aufmerksam gemacht. Zuweilen setzen sich diese Körner in einfacher oder mehrfacher Reihe ziemlich weit gegen die Enden der Zellen fort (Fig. 1), wie auch Schwalbe, Ranvier und Schultz angeben. Schwalbe bezeichnet dieses Gebilde als Axenstrang; Ranvier meint, dass es in einem Kanal gelegen sei. — Ausser diesen Körnerreihen kommen noch andere mehr vereinzelt liegende Körner vor, welche durch ihren stärkeren Glanz von den Myosomen, aus welchen die sog. Fibrillen sich zusammensetzen, unterschieden sind. Ver- 764 J: Armold: muthlich stehen sie zur Ernährung in Beziehung und sind den interstitiellen Körnern der quergestreiften Muskelfasern — den Sarcosomen — gleichwerthig. Sehr häufig trifft man an den Rändern der Zellen aus Körnern bestehende Erhebungen (Fig. 2), wahrscheinlich die Reste der Intercellularbrücken, wie sie von Kultschitzky, Busachi, Barfurth, Heidenhain, Nicolas, Erik Müller, Klecki, de Bruyne, Bohemann, Paul Schultz u. A. beschrieben worden sind. Von manchen der genannten Autoren werden die Intercellularbrücken als Fortsätze der sog. Fibrillen gedeutet. Bezüglich der zwischen den Zellen in den Intercellularlücken gelegenen Substanz, welche früher als eine Art Kittsubstanz auf- gefasst wurde, neuerdings als Ernährungsflüssigkeit angesehen wird, will ich noch bemerken, dass diese Anschauung mit den von mir am glatten Muskelgewebe beobachteten Abscheidungen von Indigkarmin nicht nur im besten Einklang steht, sondern dass deren Berechtigung durch diesen Nachweis besser als durch Injeetionsversuche begründet wird. Bei der Infusion von Indig- karmin in das Blut lebender Thiere konnte ich eine Ab- scheidung von Farbstoffkörnehen zwischen den Zellen der glatten Muskulatur wahrnehmen und zog daraus den Schluss, dass sie in erster Linie zu den Ernährungsvorgängen in Beziehung ge- bracht werden müsse '). Dass der Zwischensubstanz ausserdem nach eine Rolle bei der gegenseitigen Verbindung und bei der in den verschiedenen Phasen der Zusammenziehung und Er- schlaffung erfolgenden Verschiebung zukommen kann, wird man nicht ausser Acht lassen dürfen. 1) J. Arnold, Ueber die Abscheidung des indigschwefelsauren Natrons im Muskelgewebe. Bd. 71. 1877. Die Lehre von den Inter- cellularlücken ist neuerdings von den normalen Anatomen sehr erfolg- reich gefördert worden. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf die Mittheilungen von Thoma und von mir über die Abscheidung von Indigkarmin in den Intercellularräumen von Epithelien und Endothe- lien, sowie in den Saftbahnen des Bindegewebes, Knorpels und Knochens (Virchow’s Archiv Bd. 64, 1875; Bd. 66, 1876; Bd. 68, 1876; Bd. 71, 1877, Bd. 73, 1575) aufmerksam machen, weil sie meines Erachtens bei der Erörterung der Ernährungs- und Zellwanderungsvorgänge unter normalen und pathologischen Verhältnissen mehr Berücksichtigung verdienen, als ihnen bisher zu Theil geworden ist. Ueber feinere Structur und Architeetur der Zellen, 165 QuergestreifteMuskelfasern. — Die Beobachtung, dass die quergestreiften Muskelfasern nicht nur in der Längs- richtung, sondern auch der Quere nach zerfallen, hat Bowman zur Aufstellung seiner „sacrous elements“ veranlasst. Krause's „Muskelkästehen“* und Merkel’s „Muskelelemente“ sollen gleich- falls nieht nur eine quere Gliederung, sondern auch eine Zu- sammensetzung derselben aus verschiedenen Bestandtheilen an- zeigen. Dass die genannten Autoren die Abgrenzungen dieser Muskelelemente an verschiedene Stellen verlegten und der Zer- fall in Querscheiben an verschiedenen Stellen erfolgen kann, schien einer Aufstellung solcher „Elemente“ nicht günstig. — Die meisten Histologen betrachten die „Fibrille* als den wesent- lichsten Bestandtheil der quergestreiften Muskelfaser. Die Vor- stellung, derzufolge die Zwischensubstanz die Hauptrolle bei der Contraction spielen solle, hat keinen Anklang gefunden. Ueber die Structur der Fibrillen sind die Meinungen in sofern ver- schieden, als die Meisten diese, der verschiedenen Lichtbreehung ihrer Abschnitte ungeachtet, als histologische Einheiten betrachten, während Andere für eine Zusammensetzung aus verschiedenen Bestandtheilen eintreten. C. u. L. Heitzmann!) betonen, dass der Bau der quer- gestreiften Muskelfaser identisch sei mit dem der Zellsubstanz. Sie unterscheiden „sarcous elements“ und die zwischen ihnen befindlichen Körnerreihen, sowie eine Zwischensubstanz. Sämmt- liche Bildungen der erstgenannten Art, ob Säulchen oder Körner, sind untereinander mittelst feiner Fäden verbunden, die entweder von dem Centrum der Basalfläche oder von den Rändern der Säulchen abtreten, um in benachbarte Säulchen und Körner einzumünden. — Retzius?) betrachtet die Fibrillen als histolo- gisch einheitlich; die Existenz von Seiten- und Quermembranen stellt er in Abrede, beschreibt dagegen eine feine Körnelung an der Zwischenscheibe. Bütschli?), welcher gleich van Beneden und Schneider an den Fibrillen eine reihenförmige Aufstellung von Körnern wahrgenommen hatte, schreibt nicht nur dem Sarco- 1) ©. Heitzmann ]l. e. u. L. Heitzmann, Bau u. Entwicklung des quergestreiften Hautmuskels. Arch. f. Dermatologie Bd. 33. 1895. 2) Retzius, Muskelfibrille u. Sarcoplasma. Biolog. Untersuch. N. F. I. 1880. 3) Bütschli, l. e. u. Biolog. Centralblatt Bd. XI. 1891. 766 J. Arnold: plasma, sondern auch der ceontractilen Substanz eine wabige Structur zu. Die charakteristische Eigenthümlichkeit der quer- gestreiften Muskelzellen besteht seiner Ansicht nach darin, dass das Wabenwerk der contractilen Elemente eine Differenzirung in der Längsrichtung erfuhr. Die contractilen Elemente bestehen aus der Länge nach abwechselnd hintereinander gereihten ver- schiedenartigen Abschnitten: längeren, matteren und stärker tingirbaren . einerseits, kürzeren, glänzenderen und schwächer tingirbaren andererseits, den anisotropen und isotropen Quer- scheiben. Allerdings beziehen sich diese Angaben auf die eon- tractilen Elemente von Insekten und Crustaceen; am Sehluss wird aber bemerkt, dass die quergestreiften Muskelzellen der Wirbel- thiere denselben Bau zeigen. — Altmann!) schildert die neben der Krause’schen Membran gelagerten Granula, welche in be- sonderer Beziehung zu der ersteren stehen sollen, ferner ausser mit Osmium gefärbten Granula feinere solche Gebilde in der Zwischensubstanz. Die Muskelfibrille entstehe aus aneinander sich reihenden Granula; sie seien die echten Bildner der Disdia- klasten, nicht die Granula der Zwischensubstanz, welche erst später auftreten. — Galeotti?) erwähnt fuchsinophile Körn- chen im Sarcoplasma; er fasst sie als Stoffwechselproducte der Faser auf und will beobachtet haben, dass sie entsprechend der Muskelarbeit zu und abnehmen. Mit der Entstehung der Fasern haben diese Körner nichts zu thun. — Fusari?) hat die quer- gestreiften Muskelfasern nach der Golgi'schen Methode be- handelt und an solchen Präparaten die Existenz eines feinen aus Fäden und Knotenpunkten bestehenden Netzes in der Ebene des Amicei’'schen Streifens wahrgenommen. Die Netze der ver- schiedenen Streifen haben innige Beziehung zum Protoplasma des Muskelkörperchens, von dem sie eine Fortsetzung zu sein scheinen; sie stehen auch unter sich mittelst Fäden und länglichen Lamellen in Verbindung. An jeder Grenze der doppelt brechenden Scheibe d. h. zwischen ihnen und der einfach brechenden existirt ein anderes Netz. In der doppelt brechenden Scheibe sollen läng- 1) Altmann, Elementarorganismen. 1894. 2) Galeotti, Ueber die Granulationen in den Zellen. Inter- nationale Monatsschrift f. Anat. u. Physiol. Bd. XII. 1891. 3) Fusari, Sur le structure des fibres muscul, stri&es. Arch. ital. d. biolog. Bd. 23. 1894 u. Atti del congresso med. internat. XI. 18%. N Ueber feinere Struetur und Architeetur der Zellen. 767 liche, prismatische und in der Mitte hellere Körner enthalten sein, die manchmal aus 2 Theilen zu bestehen scheinen. Das Netz, welches die Amici’schen Streifen bedeckt, entspreche dem Sarcoplasma. Die isolirten Fibrillen seien nicht homogen, sondern enthalten dunkle doppeltbrechende und intensiver sich färbende Parthien. Jedes Segment werde durch eine dunkle Linie oder ein Granulum begrenzt. Auch die Bowman’'sche Scheibe sei nicht homogen, vielmehr enthalte sie 2 grosse sphärische Granula. Seit den Untersuchungen Kölliker's, Cohnheim’s, Gerlach’s, Rollet’s, Retzius’ u.v. A. zweifelt wohl Nie- mand mehr an der Existenz einer Zwischensubstanz. Dass die- selbe Körner — Sacrosomen — enthält, ist längst bekannt; in welcher Beziehung diese zu einander und zu den Struetur- elementen der sog. Muskelfibrillen ‚stehen, darüber finden sich, wie aus den obigen Literaturangaben hervorgeht, nur Andeutungen. Auch über die Bedeutung, welche dem Sacroplasma zukommt, ist eine Verständigung bisher nicht erzielt. Während die Meisten dasselbe zur Ernährung der Muskelfasern oder deren gegenseitigen Verbindung bzw. zu beiden in Beziehung bringen, schreiben ihm Andere eine wichtige Rolle bei der Contraction zu, indem das Sarcoplasma als das eigentliche contractile Element oder aber als bedeutungsvoll für diesen Vorgang deshalb angesehen wird, weil es bei diesem in inniger Beziehung zu der doppelt- brechenden Substanz treten soll. Ich habe Muskelfasern vom Frosch und Menschen nach den oben angegebenen Methoden behandelt. Es erfolgt dann an den- selben ein Zerfall des Inhalts der Sacrolemmaschläuche zunächst in der Querrichtung, später in der Längsrichtung '). Neben sehr gut erhaltenen Fasern trifft man solche, bei welchen die doppelt- brechenden Querscheiben unregelmässige Abstände von einander darbieten, einen mehr welligen oder geschlängelten Verlauf an- nehmen, bis sie sich endlich als kürzere und längere Stäbe oder Scheiben von einander abheben (Tafel XXXII, Fig. 13 und 14). 1) Bezüglich der Dauer der Einwirkung der Jodkali- und Jod- Jodkalilösungen lassen sich allgemein gültige Vorschriften nicht geben. Nicht nur bei den Muskeln verschiedener Thiere und den verschie- denen Muskelgruppen, sondern auch bei den Fasern des gleichen Muskels ist der Erfolg ein wechselnder. 168 J. Arnold: Ausserdem verlieren die Querscheiben ihre scharfen und glatten Soptouren, welche durch kleine körnige Unebenheiten unterbrochen werden und schliesslich in Körner zerfallen. Im Anfang behalten diese noch die Aufstellung in querer Richtung bei, nehmen aber später eine mehr unregelmässige Lagerung an. Man kann diesen körnigen Zerfall an den Querscheiben nicht nur in situ, sondern auch nach ihrer Isolirung nachweisen, weshalb eine Täuschung durch zerfallene Theile der heilen isotropen Scheiben oder der Zwischensubstanz ausgeschlossen werden kann. Ist der körnige Zerfall ein vollständiger, dann ist es allerdings nicht mehr mög- lich, die einzelnen Körner von einander zu unterscheiden. Eine solche Muskelfaser sieht dann wie ein mit körniger Masse ge- füllter Schlauch aus, dessen Inhalt mit der Substanz anderer Zellen wegen seiner Zusammensetzung aus Körnern und Fäden eine auffallende Uebereinstimmung darbietet (Fig. 14). Hat das Sarcolemma sich abgehoben oder ist dasselbe eingerissen, dann treten die anisotropen Querscheiben zuweilen über den Rand vor. — Auch an der Stelle der isotropen Querscheiben kommt sehr bald eine feine Körnelung zum Vorschein. Die Körner sind feiner wie die der anisotropen. An beiden Körnerarten trifft man feine fädige Fortsätze und Verbindungen. Kommt es zur Isolirung des Imhaltes des Sarcolemma- schlauches in der Längsrichtung, ehe ein Zerfall in Querscheiben eingetreten ist, so namentlich an den Bruchflächen, dann sieht man die Muskelsäulchen getrennt durch Zwischensubstanz; an der Stelle der doppeltbrechenden Substanz treten je nach der Breite der Säulehen mehrere glänzende Körner auf, welche sowohl in der queren Richtung als in der Längsrichtung der Faser durch Fäden verbunden zu sein scheinen (Fig. 15 u. 16). Erfolgt namentlich an den Enden eine fibrilläre Auffaserung der Muskel- säulchen, so kann man die Zusammensetzung der „Fibrillen“ aus Längsreihen von Körnern, welche durch Fädchen untereinander verbunden sind, nachweisen; in den Verlauf der letzteren sind ausserdem noch feinere Körner eingebettet, welche vermuthlich der isotropen Substanz angehören, während die ersteren wohl als Bestandtheile der anisotropen angesehen werden müssen. Wenn die Fibrillen etwas auseinander rücken, dann sieht man fädige Ver- bindungen zwischen den anisotropen Körnern derselben. Zuweilen treten in den Säulchen ziemlich eomplieirte netzförmige Zeichnungen Ueber feinere Structur und Architeetur der Zellen. 769 auf, wenn sich die Körner auf die Seite legen und so ihre gegen- seitigen Verbindungen, so wie diejenigen mit den Körnern und Fäden der isotropen Zwischenschichte zum Vorschein kommen. An den Bruchflächen lösen sich manchmal kleine aus Körnern zusammengesetzte Scheibehen ab, zwischen denen kleinere dureh Fädehen unter sich und mit den Scheiben verbundene Körner gelegen sind. An Querschnitten von frischen gefrorenen Muskeln kann man entsprechend den Cohnheim schen Feldern eben- falls Körner nachweisen. Ueber die Zahl der in den anisotropen Querscheiben eines Muskelsäulchens enthaltenen Körner Gewiss- heit zu erhalten, ist sehr schwierig, weil sowohl an isolirten Fasern sowie an Querschnitten dureh Verschiebung sehr leicht eine Verlagerung bedingt wird. Dass die anisotropen (Quer- scheiben aus 2 Reihen von Körnern bestehen, ist mir mit Rück- sieht auf die Existenz einer Mittelscheibe und die Trennung der- selben an dieser Stelle sehr wahrscheinlich. Vielleicht ist aber diese Anordnung durch eine eigenartige Structur der Körner bedingt. Ueber die Existenz einer Zwischensubstanz kann man an solehen Präparaten auf das Bestimmteste sich überzeugen, nament- lich wenn die Muskelsäulchen anfangen auseinander zu weichen (Fig. 15 u. 17). Die Form dieser intercolumnaren Räume ist eine etwas verschiedene; bald erscheinen sie als lange zwischen den Muskelsäulchen gelegene Streifen, bald als längere und kürzere, schlitz- und spaltförmige Räume. In einer hyalinen Zwischen- substanz sind grössere und kleinere Körner von wechselnder Liehtbreehung eingebettet, die durch feine Fädchen gitterartig zusammenhängen. Dieselben stehen aber nicht nur unter sich sondern auch mit den Körnern der isotropen Scheiben in Ver- bindung; zwischen den Körnern des Sarcoplasma den — Sareo- somen — und denjenigen der anisotropen Scheiben — den Myo- somen — konnte ich eine Beziehung nicht mit Sicherheit nach- weisen. Ausser zwischen den Muskelsäulchen findet sich hyaline Zwischensubstanz zwischen den „Fibrillen“ und den verschiedenen Körnerarten, aus denen diese aufgebaut sind; sie vermittelt die Verbindung der Körner der anisotropen Schicht zu einem homo- genen Gebilde und verdeckt die Zusammensetzung der isotropen Schieht aus Körnern und Fäden. Ob die zwischen den Körmnern der anisotropen und isotropen Schichten gelegene homogene Substanz mit der interfibrillären und intereolumnären identisch 770 JA rno ide ist und von ihr nur durch den Mangel an Sarcosomen sich unterscheidet, kann ich nicht entscheiden. Erwähnen muss ich noch, dass auch unter dem Sarcolemma Lagen von Sarcoplasma sich finden. Herzmuskel. Beim Frosch erscheinen die Muskelfasern als spindelförmige und verästigte Zellen oder aber als grössere Muskelplatten (Tafel XXXII, Fig. 5). Sehr deutlich ist an ihnen die Zusammensetzung aus Säulchen und Sarcoplasma (Fig. 6). Bei den einfacheren Formen ist dieses in der Mitte gelegen umgeben von Muskelsäulehen Bei den complieirteren Muskel- platten ist die Zwischensubstanz in Räumen zwischen den auseinanderweichenden Muskelsäulchen enthalten (Fig. 5). Die letzteren zeigen deutliche Querstreifung; diese Querstreifen zer- fallen entsprechend der Theilung der Muskelsäulchen in Fibrillen und erscheinen dann als glänzende durch Fäden in der Längs- richtung verbundene Körner. Auch die zwischen den anisotropen Scheibehen gelegene isotrope Substanz geht einen Zerfall in Körner ein, welche mit denjenigen der Zwischensubstanz zu- sammenhängen. In späteren Stadien der Umwandlung ist die gegliederte Zeichnung der Zelle durch eine feinkörnige Masse mit netzförmiger Anordnung ersetzt (Fig. 6). Beim Menschen stellen sich die Muskelfasern des Herzens mehr als verbundene Balkensysteme dar. Die fibrilläre Zeich- nung ist an ihnen auffallend deutlich (Fig. 7). An den Bruch- enden sieht man sehr schön die Zusammensetzung aus an der Stelle der anisotropen Schicht gelegenen und untereinander in der Längsrichtung verbundenen Körnern (Fig. 9 u. 16). Weichen die Muskelfibrillen auseinander, dann kann man quere Verbin- dungen zwischen diesen Körnern wahrnehmen (Fig. 10). Ich darf nicht unterlassen zu erwähnen, dass Fusari (l. e.) den Herzmuskeln denselben Bau zuschreibt wie den anderen quergestreiften Muskelfasern. Neuerdings hat John Bruce Mac Callum eine sehr genaue Beschreibung der Herzmuskulatur geliefert. Er betont die Gegenwart von Fibrillenbündel, welche durch Sarcoplasma getrennt sind, sowie die Theilung des letzteren in Scheiben, deren horizontale Trennungslinien den Querstreifen der Fibrillenbündel entsprechen. Er unterscheidet an diesen eine Querscheibe und eine Zwischenscheibe, welche zum Sarco- plasma und den Fibrillen in Beziehung stehen soll. EEE Ueber feinere Structur und Architectur der Zellen. zu. Welehe Vorstellungen darf man sich auf Grund der mit- getheilten Thatsachen über den Aufbau der quergestreiften Muskelfaser machen? — Es konnte nachgewiesen werden, dass die als contractile Elemente und als histologisch einheitliche Gebilde aufgefassten „Muskelfibrillen“* an der Stelle der aniso- tropen Querscheiben durch Fäden verbundene Körner enthalten und dass auch die zwischen diesen gelegene isotrope Substanz nur scheinbar homogen ist, weil sie gleichfalls durch feine Fäd- chen zusammenhängende Körner enthält. Ob die Theilung der anisotropen Querscheibe auf eine Zusammensetzung aus mehreren Körnerreihen oder, auf ein eigenartiges Structurverhältniss der Körner zu beziehen ist, liess sich nicht entscheiden; dagegen hat es sich als wahrscheinlich ergeben, dass die sog. Zwischen- scheiben in der isotropen Schicht gelegenen Körnerreihen ent- sprechen. Aus diesen Befunden muss geschlossen werden, dass die sog. Muskelfibrillen aus Körnern und zwar verschiedenwerthigen, sowie aus Zwischensubstanz aufgebaut sind. Sie dürfen somit auch vom histologischen Standpunkt aus nicht als einheitliche Gebilde, nicht als die Elemente der Muskelfasern aufgefasst werden. Dasselbe gilt von den anisotropen und isotropen Scheiben sowie von den „sarcous elements“ und von den ihnen mehr oder weniger gleichwerthigen Gebilden. Ich verzichte absichtlich vor- erst auf eine ausführlichere Erörterung der angeregten Frage und beschränke mich auf den Hinweis, dass für eine Verschieden- heit der isotropen und anisotropen Substanz von ihrem differenten optischen Verhalten abgesehen auch ihre morphologischen Eigen- schaften, sowie die Beziehung des ersteren zu den Bestandtheilen der intercolumnären Zwischensubstanz sprechen. Was die Bedeutung des’ letzteren anbelangt, so stimmen die meisten Beobachter darin überein, dass sie der Ernährung dient. Für eine solehe Auffassung sind ausser dem Vorkommen von Fett und Pigment im Sarcoplasma die von mir!) an diesen Stellen beobachteten Abscheidungen von Indigkarmin geltend zu 1) J. Arnold, Ueber das Verhalten des Indigkarmin in den lebenden Geweben. Centralbl. f. d. med. Wissenschaft Nr. 51, 1875 und Ueber die Abscheidung des indigschwefelsauren Natrons im Muskel- gewebe. Virchow’s Archiv Bd. 71, 1877; ferner Leo Gerlach, Ueber das Verhalten des Indigkarmins im Knorpelgewebe. Erlangen 1876. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd, 52 50 173 J. Arnold: machen. Ich habe nachgewiesen, dass bei der Infusion von indig-schwefelsaurem Natron in das Blut lebender Thiere Farbstoffablagerungen unterhalb des Sarcolemma, in der Um- gebung der Kerne und in der Richtung der Kernpole, sowie in den intercolumnären Räumen zu Stande kommen (Fig. 19). In anderen Fällen erfolgte die Abscheidung nicht nur in diesen Spalten; vielmehr war die Substanz der Muskelfasern von zahl- reichen blauen Körnern durchsetzt. Sehr auffallend war mir damals der Befund von Farbstoffabscheidung zwischen den Quer- scheiben (Taf. XXXIL, Fig. 3 u. 5 eu. Fig. 19). Derselbe wird verständlich, wenn man berücksichtigt, dass, wie oben ange- deutet wurde, vermuthlich zwischen den Körnern der isotropen Schieht und denjenigen des intercolumnären Sarcoplasma Be- ziehungen bestehen. Sprechen diese Thatsachen für die nutri- tive Bedeutung des Sarcoplasma, so soll damit andererseits nicht in Abrede gestellt werden, dass dieses möglicher Weise auch bei der gegenseitigen Verbindung und bei der Contraction eine Rolle spielt. Man wird z. B. annehmen dürfen, dass seine Anordnung und Vertheilung im ruhenden und contrahirten Muskel eine verschiedene ist. Mit Rücksicht auf diese eben erörterten Verhältnisse ist es wohl gerechtfertigt, zwei Arten von Körnern in den Muskel- fasern zu unterscheiden: die im Sarcoplasma eingelagerten — die Sarcosomen — und die Myosomen; als solche wären zweifel- los die in der anisotropen Schicht der Muskelfibrillen enthaltenen Körner aufzufassen; zweifelhaft bliebe vorerst die Stellung der Körner, welche in den isotropen Scheiben gelegen sind. Welche Bedeutung den geschilderten Befunden vom Stand- punkt der „Protoplasmalehre“ zukommt, die Erörterung dieser Frage muss ich mir vorbehalten. Zuvor soll noch über die Morphologie der Zellmierosomen bei Stoffwechselvorgängen be- richtet werden. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXXL.: Fig. 1—3. Glatte Muskelfasern aus dem Froschdarm. Fig. 4-6. Muskelfasern aus dem Froschherzen. Ueber feinere Struetur und Architeetur der Zellen. 713 Fig. 7—12. Muskelfasern aus dem menschlichen Herzen. Fig. 12. Intercolumnäre Körnerreihe aus demselben Object. Fig. 13—15. Muskelfasern vom Frosch in verschiedenen Phasen des Zerfalls. Fig. 16. Isolirtes Muskelsäulchen, an dem einen Ende in Körner zer- fallend. Fig. 17. 2 Muskelsäulchen mit intercolumnären Körnern. Fig. 18. Isolirter Inhalt einer zerfallenen Muskelfaser, aus fädig ver- bundenen Körnern bestehend. Fig. 19. Abscheidung von indigschwefelsaurem Natron in einer Muskel- faser (Frosch). (Vgl. Virchow’s Archiv Bd. 71. 1877.) Beitrag zur Anatomie des Pankreas und seiner Ausführungsgänge. Von med. Konrad Koloman Helly, Demonstrator an der I. anat. Lehrkanzel zu Wien. Hierzu Tafel XXXII, XXXIV und vier Textfiguren. Von der Ansicht ausgehend, dass die Anatomie und Histo- logie des Pankreas und seiner Ausführungsgänge trotz ihrer be- deutenden Ausarbeitung noch manche Lücken aufweise, ging ich daran, einem Auftrage meines Lehrers, des Herrn Professor Dr. Zucekerkandl, entsprechend, einen kleinen Beitrag zur Frage der Mündung des Duetus Santorini zu liefern. Gleichzeitig zog ich auch die topographische Lage des Ductus choledochus zum Pankreas in den Bereich meiner Untersuchungen. Die übereinstimmenden Angaben sämmtlicher Anatomen lauten dahin, dass das Pankreas einen Hauptausführungsgang besitze, Ductus pancreaticus (Wirsungianus) genannt, der die Drüse der Länge nach durchsetzt und gemeinschaftlich mit dem Duetus eholedochus an der Spitze der Papilla maior (Vateri) 774 Konrad Koloman Helly: ınündet. Dort, wo Kopf und Schweif des Pankreas anemander- grenzen, zweigt von dem Duetus Wirsungianus ein grösserer Nebengang ab, der sogenannte Duetus pancreaticus aceessorius (Santorini), welcher ein wenig oberhalb und einwärts von der Papilla maior an der Papilla minor mündet. Diese auffallende Thatsache der scheinbar doppelten Mündung eines und desselben Ganges wurde nun vielfach bezweifelt. Henle (2) sagt hierüber folgendes: „Der Duetus pancrea- ticus acc. hat etwa den dritten Theil des Durchmessers des Hauptganges. Er lässt sich leichter von dem letzteren als von dem Darm aus injieiren, nimmt auch an Weite von der Darm- mündung gegen die Mündung in den eigentlichen pankreatischen Gang zu und scheint demnach, während er die Bewegung des Sekretes nach beiden Richtungen gestattet, doch in der Regel seinen Inhalt in den Hauptausführungsgang zu entleeren. .... Verneuil und Bernard vermissten den accessorischen Gang niemals und Sappey traf unter 17 Fällen nur einen, wo der accessorische Gang an dem Ende, wo er in den Darm münden sollte, geschlossen war und demnach einen einfachen Ast des Hauptganges darstellte. Diese Anordnung muss ich nach meinen Erfahrungen doch als eine ziemlich häufige erklären und glaube, dass bezüglich der Einmündung des accessorischen Ganges in den Darm Täuschungen vorkommen können, indem 1. bei In- jection vom Hauptgange aus die Drüsensubstanzläppchen, die das blinde Ende des accessorischen Ganges ganz von der Darmhöhle trennen, durchbrochen werden, oder 2. Mündungen der Aus- führungsgänge ganz kleiner Gruppen von Drüsen, die sich von dem oberen Lappen des Pankreaskopfes isoliren, für Mündungen eines accessorischen Ganges gehalten werden. Nach Meckel ist die Duplieität des pankreatischen Ganges beim Foetus nor- mal und die Obliteration des oberen dieser Gänge beim Erwach- senen Regel.“ Gerade das Gegentheil behauptete vor wenigen Jahren Hamburger (1): „Der Santorinische Gang ist sehr eonstant. Ich habe mehr als 50 menschliche Bauchspeicheldrüsen unter- sucht und konnte ihn immer nachweisen. Zwar genügt es nicht in allen Fällen, die Schleimhautoberfläche des Duodenums zu untersuchen, um das Vorhandensein der kleinen Papille nachzu- weisen, denn in seltenen Fällen ist dieselbe so wenig hervor- Beitrag zur Anatomie des Pankreas u. seiner Ausführungsgänge. 775 tretend, dass sie leicht übersehen und das Fehlen des Santorini- schen Ganges somit irrthümlich angenommen werden kann. Eine Injeetion durch den Wirsung’schen Gang mit einer gefärbten Flüssigkeit wird aber alsbald das wahre Sachverhältniss zeigen, indem die Flüssigkeit wegen der immer vorhandenen Anastomose aus der kleinen Papille hervorquillt. Auf der anderen Seite kann die Papille des Santorini’schen Ganges so stark entwickelt sein, dass man glauben könnte, es sei der Wirsung’sche Gang, der ge- sondert neben dem Ductus eholedochus mündet, während der Santorinische Gang niemals fehlt, wie dies in mehreren Lehr- büchern als Varietät beschrieben ist; eine getrennte Mündung des Ductus choledochus und Ductus Wirsungianus habe ich nie- mals gefunden. Auch Sappey leugnet bestimmt ihr Vorkommen.“ Wie man sieht, lassen sich gegen diese Angaben wiederum Henle’s Einwände erheben. Um nun zu einem sicheren Resul- tate zu gelangen, ohne irgend welchen Täuschungen unterliegen zu können, bediente ich mich der mikroskopischen Untersuchung, indem ich die Papilla minor sammt einem Theile des eintretenden Ductus Santorini in Reihenschnitte zerlegte und nach der ge- wöhnlichen Hämatoxylin-Eosin-Methode färbte. Ausserdem inji- eirte ich einige Fälle von dem Hauptgange aus und zerlegte sie dann in Schnitte. Auf die Ergebnisse meiner Injectionen jedoch komme ich erst später zu sprechen. Das Material zu meinen Untersuchungen entnahm ich den Leichen, welche im hiesigen pathologischen Institut zur Sektion kommen. Natürlich konnte dasselbe nicht ganz frisch sein, sondern entstammt den ersten zwei bis zwölf Stunden nach dem Tode. Im ganzen gelangten 50 Fälle zur Untersuchung. Von diesen besass einer nur den Duetus Santorini, der an der Spitze der Papilla minor mündete, während ein selbständiger Duetus Wirsungianus nicht zu finden war. In diesem Falle, sowie in zwei anderen, in denen beide Gänge vollständig von einander getrennt waren, und die Mündung des Ductus Santorini ganz leicht durch Präparation und Sondirung nachzuweisen war, unter- blieb die mikroskopische Untersuchung. Alle übrigen 47 Fälle, in denen der Duetus Santorini mit dem Duetus Wirsingianus theils in Verbindung stand, theils selbständig war, wurden mikroskopisch untersucht. Im Folgenden seien nun in Kürze die Resultate meiner Arbeit angeführt. 776 Konrad Koloman Helly: Was das Aussehen der Papilla minor betrifft, so schwankt dasselbe bedeutend, ebenso wie ihre Grösse, indem, angefangen von dem vollständigen Mangel derselben, alle Zwischenstufen vorkommen bis zu Papillen, die selbst der Papilla maior an Grösse nicht mehr nachstehen. Dabei ist aber bemerkenswerth, dass die Mündungsöffnung des Duetus Santorini, wenn sie über- haupt zu sehen ist, beinahe immer im Verhältniss zur Grösse der Papille und zur Weite des Ganges sehr klein genannt werden muss, ein Verhalten, das u. a. auch schon Sappey (6) auffiel, der das Schmälerwerden des Duetus Santorini gegen seine Mün- dung in der Darmwand ebenfalls beschrieben hat und hierin folgendermassen fortfährt: „Une fois cependant, je l’ai vu s’elar- gir au point qu’a son entree dans le parois du duodenum, il offrait un diametre presque egal & celui du canal de Wirsung; mais dans ce cas exceptionnel, comme dans les cas ordinaires, il ne communi- quait avee l’intestin que par un orifice tres-etroit.*“ Ausserdem ist die Papille von einer hohen Schleimhautfalte immer mehr oder minder vollständig umgeben. Unter dem Mikroskop weist die Papille sämmtliche normale Bestandtheile der Jejunalschleimhaut auf. Ihr Reichthum an Brunner’schen Drüsen und an Solitärfollikeln schwankt und steht im allgemeinen in innigem Zusammenhang mit ihrer Grösse. D.Wirs, D.Wirs--- D.Wirs. | Der Duetus Santorini zeigt in seinem Verlauf folgende drei Typen: er geht entweder als starker Ast von dem Duetus Wir- sungianus ab, um sich gegen den Darm hin zu verschmälern («.), oder er steht mit dem Duetus Wirsungianus bei sonst gleichem Verhalten durch eine quere Brücke in Verbindung (b.). Dazu Beitrag zur Anatomie des Pankreas u. seiner Ausführungsgänge. 777 gesellt sich als dritte Form die, wo er bei seinem Abgange von dem Duectus Wirsungianus bedeutend schmäler ist als derselbe, durch Aufnahme von Nebenästen, von denen einer immer be- sonders gross ist, an Weite zunimmt, um sich dann gegen den Darm hin wieder zu verschmälern (c.). N) D / en /) Muscularis, P. = Pankreas, S. —= Schleimdrüsen, B. = Bindegewebige ja F uw > > f | M. un ständigen Pankreas- und Schleimdrüsen in der Papille. Wandung des Ductus Santorini (D. $.), A.= Ausführungsgang von selb- M. Verfolgen wir nun den Duetus Santorini auf seinem Wege durch die Papilla minor, so zeigt sich, dass er in den meisten Fällen durchgängig ist. Er tritt in schräger Richtung in die Darmwand ein und erfährt innerhalb derselben sehr häufig eine Abbiegung von etwa 20°—30° Seine Mündung, falls er eine 778 Konrad Koloman Helly: solehe besitzt, ist von Zotten umgeben, welche aber nicht so dieht angeordnet sind, wie an der übrigen Schleimhaut des Duo- denums (Fig. 5). Sie beherbergen zwischen sich theils normal gebaute Krypten, theils solche, welche durch ihre bedeutende Weite sieh von den übrigen sofort auffallend unterscheiden. Diese dienen einerseits Schleimdrüsen zur Mündung, welche immer in der Papilla minor, falls eine solche überhaupt vorhanden ist, zu finden sind, und auf die ich gleich näher eingehen werde. An- dererseits endet der Ductus Santorini selbst häufig ebenfalls in Form einer solehen allseitig erweiterten Lieberkühn schen Krypte (Fig. 4). Da diese Erweiterung aber selten mehr als das zwei- bis dreifache des Durchmessers einer normalen Krypte beträgt, so ist damit ein Grund gegeben, weshalb die Mündung des Duetus Santorini an der Papilla minor, die überdies nicht immer an der Spitze derselben liegt, so auffallend eng ist und sich dem unbewaffneten Auge oft ganz entzieht. Was die eben erwähnten Schleimdrüsen betrifft, so lässt sich darüber Folgendes sagen: wie schon Kölliker (4) nach- gewiesen hat, finden sich in der Wand aller grösseren Aus- führungsgänge des Pankreas kleine traubige Drüschen, die ur- sprünglich ebenfalls für Pankreas gehalten wurden, sich aber bei genauerer Untersuchung als Schleimdrüsen herausstellten. Der Duetus Santorini trägt natürlich auch solche Drüsen in seiner Wandung. Sobald er aber die Muscularis des Darmes durch- brochen hat, ändert er oft wie mit einem Schlage sein Aussehen: Sein Lumen behält er zwar bei, aber dasselbe schwankt ungemein an Weite, indem sehr schmale Stellen mit unregelmässig gestal- teten Erweiterungen abwechseln (siehe nebenstehende schema- tische Zeichnung d.); ja, es geschieht sogar nicht selten, dass er sich in mehrere Aeste theilt, welehe sich bald wieder vereinigen. Zugleich ist er von mehr minder zahlreichen Schleimdrüsen um- geben, welche durch unverhältnissmässig weite Gänge theils in ihn selbst münden, theils die schon erwähnten erweiterten Krypten als Mündung benützen. Dieses Gewirr von Drüsen und Ausführungsgängen ist ge- legentlich so gross, dass man namentlich auf einem Quersehnitte durch die Papille in einem solchen Falle den eigentlichen Ductus Santorini nur mit grosser Mühe herausfinden kann (Fig. 5). Das trifft auch immer dann zu, wenn er innerhalb dieses Conglome- Beitrag zur Anatomie des Pankreas u. seiner Ausführungsgänge. 779 rates, das gleichwohl eine abgeschlossene Form erkennen lässt, vielfache Windungen durchmacht!). Abgesehen von solchen eomplieirten Formen giebt es aber auch sehr einfache, bei welchen der Ductus Santorini ein an- nähernd gleichmässiges Lumen zeigt und die Schleimdrüsen an Mächtigkeit zurücktreten. Dies Verhalten zeigt sich in allen jenen Fällen, in welchen zwischen dem Ductus Wirsungianus und dem Duetus Santorini entweder gar keine oder nur eine schwache Verbindung vorhanden ist. Allen Formen gemeinschaftlich aber ist die Mächtigkeit des Bindegewebslagers, in welches der Ductus Santorini mitsammt den Schleimdrüsen eingebettet ist (Fig. 5). Die Scehleimdrüsen, die wir in der Papilla minor finden, bilden daselbst eingeschlossene Läppchen, welche eine Grösse von fast 53mm erreichen können. Doch sei gleich an dieser Stelle bemerkt, dass ich ganz gleich gebaute Schleimdrüsen, die an Grösse ihrer Läppchen denen in der Papilla minor kaum nach- standen, auch im Pankreas selbst fand, wo sie Läppchen bildeten, die mit dem Duetus Wirsungianus, beziehungsweise mit dem Duetus Santorini durch einen kurzen, aber weiten Ausführungsgang in Verbindung standen. Sie zeigen drei Formen in ihrem Bau, die theilweise von dem Orte abhängig sind, wo sie vorkommen. Die eine, zugleich einfachste Form ist die kleiner, traubiger Drüschen, wie sie in den Wandungen der Ausführungsgänge vorkommen, woselbst sie eine Grösse von höchstens 0,15 mm erreichen und nur wenige Alveolen besitzen (Fig. 1), die mit dem Lumen des betreffenden Ganges durch ganz kurze, entsprechend weite Aus- führungsgänge zusammenhängen. Die zweite Form ist die selb- ständiger, grösserer Läppchen, wie ich sie soeben beschrieben habe. Auch diese zeigen einen deutlich alveolären Bau. Doch besitzen sie sehr zahlreiche Alveolen und haben auffallend weite Ausführungsgänge (Fig. 5 u. 6). Sie weisen ein bindegewebiges 1) Dieser hier schematisch dargestellte Fall gewinnt noch dadurch an Interesse, dass die Duodenalschleimhaut oberhalb der beiden Pa- pillen je eine Ausstülpung besass, von denen die untere, der Papilla maior entsprechende, sich geradeswegs in das Pankreas erstreckte und von dessen Gewebe allseitig umgeben war (Fig. 14 u. 15). Letzterer Umstand lässt es im Verein mit der Lagebeziehung der beiden Aus- stülpungen zu den Papillen nicht unmöglich erscheinen, dass ihrer Entstehung entwickelungsgeschichtliche Ursachen zu Grunde liegen. 780 Konrad Koloman Helly: Gerüst auf, das weiter nichts Bemerkenswerthes an sich trägt, und sind ausserdem immer in eine sehr dichte, ebenfalls binde- gewebige Kapsel eingeschlossen. Die dritte Form endlich fand ich nur am Endstück des Ductus Santorini. Sie zeigen wie die ersten nur kleine und spärliche Alveolen, die in ein ungemein starkes Bindegewebslager eingebettet sind (Fig. 7). Sie finden sich nur in jenen Fällen, wo der Ductus Santorini entweder ganz obliterirt ist, oder aber, fast möchte ich sagen, der Obli- teration nahe ist, wie ich es in der oben stehenden Zeichnung d. schematisch dargestellt habe. Die Zellen der Schleimdrüsen sind in den Alveolen nie- drige und breite, fast kubisch aussehende Cylinderzellen von ca. 10 u Höhe, während das Epithel in den Ausführungsgängen eine Höhe von ea. 20 u und darüber erreicht. Daselbst finden sich auch Becherzellen, deren Menge schwankt und wahrschein- lich von dem jeweiligen Sekretionszustande der Drüse abhängig sein dürfte (Fig. 10). Das Vorkommen von Becherzellen habe ich übrigens auch im Duetus Santorini und im Duetus Wirsun- gianus beobachten können; doch sind sie hier nicht sehr zahl- reich und entziehen sich daher leicht der Beobachtung. Ueber- einstimmend mit diesem Befunde an Schleim secernirenden Ele- menten kann man auch in den grösseren Ausführungsgängen häufig Mucin nachweisen. Im Anschluss an die Besprechung dieser Schleimdrüsen will ich meiner Injectionsversuche gedenken, die ich am Duetus Santorini derart vornahm, dass ich die Injectionsmasse, meist Gelatinemasse, von dem Ductus Wirsungianus oder direkt dem centralen Theil des Duetus Santorini aus gegen die Papilla minor zu injieiren suchte, bis sie aus derselben in den Darm abfloss, während die Mündung des Hauptganges an der Papilla maior abgebunden war. Dabei zeigte sich nun, dass selbst in Fällen, wo der Duetus Santorini mit dem Duetus Wirsungianus gar nicht in Verbindung stand, und trotz Anwendung von nur geringem Drucke doch Zerreissungen des Schleimdrüsengewebes vielfach vorkamen, wodurch Henle’s Einwand gegen die Zuverlässigkeit der Injectionsergebnisse gerechtfertigt erscheint. In einzelnen Fällen war es mir überhaupt nicht möglich, den Widerstand zu überwältigen, den das sich loslösende und zusammenballende Epithel der Ausführungsgänge mitsammt dem in denselben vor- Beitrag zur Anatomie des Pankreas u. seiner Ausführungsgänge. 781 handenen Schleim der Injection entgegenstellte, sondern ich bekam höchstens Extravasate. Von den Schleimdrüsen liessen sich die kleinen, in den Wandungen der Ausführungsgänge gelegenen, verhältnissmässig leicht injieiren, wogegen in die grösseren, in der Papille gelegenen Drüsen fast nie Injeetionsmasse eindrang. Letzteres mag vielleicht auch damit im Zusammenhange stehen, dass in Folge der Lage dieser Drüsen zum Duetus Santorini (Fig. 5) die Injeetionsflüssigkeit von der Mündung an der Papilla minor aus gegen das Pankreas zu getrieben werden muss. Zu diesem Behufe musste die Kanüle der Injeetionsspritze entweder von dem Darm aus in die Papilla minor eingeführt und der Ductus Santorini unterbunden werden, oder man injieirt vom Duetus Wirsungianus aus; dann muss die Mündung des Duetus Santorini in den Darm durch Abklemmung der Papille ver- schlossen werden. In beiden Fällen wird aber der Injeetions- masse der Zugang zu den Drüsen versperrt. Aus all diesen Gründen entschloss ich mich bald, von dieser Untersuchungs- methode abzustehen, um so mehr, als ich der mikroskopischen Nachuntersuchung nicht enthoben war und mir die letztere auch ohne vorherige Injection leicht verständliche Bilder bot. Wo dies aber nicht der Fall war, nahm ich mit Erfolg eine nach- trägliche graphische Reconstruetion zu Hülfe. Ausser den im Vorhergehenden behandelten Schleimdrüsen fand ich noch in einer bedeutenden Anzahl von Fällen echte Pan- kreasdrüsen in der Papilla minor. Dieselben sind entweder von der Hauptdrüse durch die äussere Muskelschichte des Duodenums ge- trennt, oder, und das ist viel häufiger der Fall, der Ductus Santorini wird bei seinem Durchtritt durch die Muskelschichte von kleinen Pankreasläppchen umgeben, welche dabei die Muskulatur viel- fach zerklüften, ja sogar vollständig verdrängen können. In der Papille selbst reicht das Pankreasgewebe bis unmittelbar unter die Lieberkühn schen Krypten, umgiebt aber den Duetus Santorini nicht mehr auf allen Seiten, sondern kommt auffallender Weise gewöhnlich nur auf eine Seite desselben zu liegen. Auch münden seine Ausführungsgänge nicht sämmtlich in den Santo- rinisschen Gang, sondern ein Theil derselben sammelt sich zu einem selbständigen Ausführungsgang, der neben jenem in den Darm mündet (Fig. 8, Textbild d.), ein Umstand, von dem ich später noch eingehender sprechen werde. Die Ausdehnung dieses 782 Konrad Koloman Helly: Pankreasgewebes steht im Allgemeinen in direktem Verhältniss zur Grösse der Papille. Seine Architektur stimmt entweder mit der der Hauptdrüse vollkommen überein, oder es ist insofern ein Unterschied vorhanden, als die Drüsenaecini vielfach auseinander gesprengt und die Zwischenräume zwischen ihnen durch reich- liches Bindegewebe und von Schleimdrüsen ausgefüllt sind (Fig. 9), ein Verhalten, das in Fällen von Obliteration des Duetus Santorini auch für die letzten, an die Darmwand grenzenden Läppehen zutrifft (Fig. 7). Des Vergleiches halber habe ich beim Hund, der ebenfalls zwei Ausführungsgänge seines Pankreas besitzt, die Mündung derselben in den Darm mikroskopisch untersucht. Doch ver- mochte ich bisher, ausser den normalen kleinen Schleimdrüsen in den Wandungen der Gänge, nichts zu finden, was den Be- funden an den menschlichen Präparaten entspräche. Allerdings sind beim Hunde beide Gänge immer vollständig getrennt und selbständig, was beim Menschen bei weitem die Ausnahme bildet. Wo es aber der Fall ist, gleicht die Mündung des Ductus San- torini in vielen Punkten der des Ductus Wirsungianus, ohne je- doch der grossen Schleimdrüsen und des Paukreasgewebes in der Papilla minor zu entbehren. Ich habe bei meiner bisherigen Beschreibung des Baues der Papilla minor vornehmlich den Fall im Auge gehabt, dass der Duetus Santorini durchgängig ist. Nun giebt es aber auch Fälle — und hier befinden sich die Ergebnisse meiner Unter- suchungen im Widerspruche mit den Angaben Hamburger’'s — in welchen der Ductus Santorini entweder noch vor der Museu- laris des Darmes (Fig. 7), oder aber erst in der Papille ein Ende hat (Fig. 9). In letzterem Falle findet sich dann ebenfalls in der Papille gelegenes Pankreas- und Schleimdrüsengewebe, welches selbständig an der Spitze der Papille mittels eines ge- meinschaftlichen Ausführungsganges in den Darm mündet (Fig. 9). In ersterem Falle ist von einer Papilla minor überhaupt nichts mehr zu sehen. Das Ende des Ductus Santorini, das man in diesen beiden Fällen richtiger seinen Anfang nennen könnte, be- steht ebenso wie der Anfang des vorerwähnten gemeinschaftlichen Ausführungsganges der Drüsen in der Papille aus kleinen Schleim- drüschen, die nach Bau und Anordnung sich zur zweiten und dritten der oben angeführten drei Arten derselben zählen lassen (Fig. 8 u. 9). ee Beitra@ zur Anatomie des Pankreas u. seiner Ausführungsgänge. 783 © or [o} An dieser Stelle muss ich auch eines Falles Erwähnung thun, in welchem der Ductus Santorini einen einfachen Nebenast des Duetus Wirsungianus darstellte und seinen Ursprung, wie alle anderen Aeste desselben aus Pankreasläppehen nahm, wäh- rend an der Stelle, welche seinem sonstigen Eintritt in die Darmwand entsprach, ein etwa 1 cm langes Nebenpankreas sass. Der Ausführungsgang desselben sammelte sich zunächst aus einer grösseren Schleimdrüse und mündete, wie sonst der Ductus San- torini, an der Spitze der Papilla minor. Dieser Fall bildet also in gewissem Sinne eine Illustration zu dem, was Henle als die zweite Ursache der Täuschungen hinstellt, denen jene Autoren unterlagen, welche die Obliteration des Ductus Santorini ganz läugneten oder als grosse Seltenheit hinstellten. Und ich muss gestehen, dass ich beinahe selbst hier einer solchen Täuschung anheimgefallen wäre. Denn die Papilla minor war so gross und die Mündung des Ausführungsganges daselbst so deutlich zu sehen, zugleich aber der Abgang des Santorini'schen vom Wirsung’schen Gange so leicht nachzuweisen, dass ich die Vermeidung eines Irıthums nur dem Umstande zu verdanken habe, dass ich hier, wie in jedem Falle, trotz der scheinbar ganz klaren Verhältnisse den Ductus Santerini vollständig frei- präparirte und so den wahren Sachverhalt aufdeckte. Ueberblieken wir jetzt das Resultat der Untersuchungen, so ergeben sich folgende Typen: I. Der Ductus Santorini hat eine Mündung an der Papille; 1. sein Verlauf ist einfach, sein Lumen überall entsprechend weit; 2. sein Verlauf ist vielfach gewunden, sein Lumen sehr unregelmässig und stellenweise ausnehmend eng; in beiden Fällen sind zugleich entweder a) in der Papilla minor theils selbständig in den Darın, theils in den Ductus Santorini mündende Schleim- drüsen, oder b) in der Papilla minor ausser den Schleimdrüsen noch theils selbständig im Verein mit einem Theile der ersteren in den Darm, theils in den Ductus Santorini mündende Pankreasdrüsen. II. Der Ductus Santorini ist obliterirt; dabei sind aber noch 784 Konrad Koloman Hellpy: 1. in der Papilla minor selbständig in den Darm mündende Schleimdrüsen ; 2. ausserdem noch in der Papilla minor mit den Schleim- drüsen gemeinschaftlich mündende Pankreasdrüsen; 3. es ist überhaupt keine Papilla minor vorhanden, mithin fehlen auch die Schleim- und Pankreasdrüsen daselbst. Im Verein mit dieser Eintheilung ergiebt sich unter Be- rücksichtigung der Zahlenverhältnisse der einzelnen Typen fol- gende Tabelle: Der Ductus Santorini mündete: 3 mal | (Typus unbekannt) 18 mal | a) mit Schleimdrüsen in der Papille 19 mal | b) mit Schleim- und Pankreasdrüsen in der Papille 40 mal | Der Ductus Santorini war obliterirt: 2 mal 1. in der Papille waren Schleimdrüsen 5 mal | 2. in der Papille waren Schleim- und | Pankreasdrüsen 3 mal | 3. es war überhaupt keine Papille | vorhanden 10 mal Hierzu ist zu bemerken, dass die ersten drei Fälle mikros- kopisch nicht untersucht wurden, weil, wie ich schon einmal er- wähnte, in diesen Fällen die Mündung des Duetus Santorini ganz ausser Zweifel stand. Der Zufall wollte es, dass ich diese Fälle präparirte, bevor ich noch die ersten Reihen geschnitten hatte und von der Anwesenheit der Pankreas- und Schleimdrüsen in der Papilla minor wusste. Immerhin ist es aber nach den späteren Befunden an ähnlichen Fällen für mich zweifellos, dass auch hier in der Papille mindestens Schleimdrüsen vorhanden ge- wesen sind. Weiters muss ich zur Kritik dieser Statistik be- merken, dass es verfehlt wäre, aus den Ergebnissen dieser 50 Fälle ein genaues procentuales Verhältniss für das Vorkommen N Beitrag zur Anatomie des Pankreas u. seiner Ausführungsgänge. 785 der einzelnen Typen auszurechnen. Zu diesem Behufe müsste sich die Untersuchung mindestens auf die vier- bis sechsfache Anzahl erstrecken, da sonst die gewonnenen Ziffern zu sehr vom Zufall beeinflusst sind. Ausserdem wäre das Vorhandensein noch anderer Varietäten als der hier angeführten sehr wohl denkbar, wie z. B. die Combination eines vor der Museularis endigenden Duetus Santorini mit einer Drüsengewebe enthaltenden Papille, was ich bisher nicht gefunden habe. Wohl aber genügt die Tabelle, um zu beweisen, dass es thatsächlich, und zwar durch- aus nicht selten, vorkommt, dass der Duetus Santorini obliterirt ist. Dass ich von einer Aufstellung der Zahlenverhältnisse für die unter I. 1 und 2 festgesetzten Typen Abstand genommen habe, hat seinen Grund darin, dass sich eine bestimmte Grenze zwischen diesen beiden Formen nicht ziehen lässt, da viele Uebergänge vorkommen. Man kann nur sagen, dass im Allge- meinen nicht mehr als ein Drittel bis ein Viertel der Fälle mit Mündung des Santorinischen Ganges sich unter den mit I. 1 bezeichneten Typus sammeln lassen, während die anderen zu I. 2 zu rechnen sind. Etwas verspätet, als die Arbeit bereits dem Drucke über- geben war, gelangte ich zur Kenntniss einer recht interessanten Abhandlung von Schirmer (7), welcher in das Ende des Duectus Wirsungianns eine Kanüle einband und von da aus mit Hülfe eines Gummischlauches Luft gegen das Duodenalende einblies, während das Präparat unter Wasser war. An dem Aufsteigen der Luftblasen stellte er fest, ob nur einer, oder beide Gänge vorhanden waren. Er fand unter 104 Fällen 7, in denen es nur einen Gang gab, 19, in denen der Duetus Santorini zwar gut entwickelt, an seiner Mündung jedoch verschlossen war, und einen Fall, in welchem an der offenen oberen Pupille nur ein ganz kurzer, erhalten gebliebener Rest des Ductus Santorini mündete. Auch diese Untersuchungsart ist nicht ganz einwands- frei, da es möglich ist, dass in einigen Fällen der Duetus San- torini zwar durchgängig, jedoch so vielfach gewunden und ver- engt war, dass der darin angesammelte Schleim dem Vordringen der Luft einen unüberwindlichen Widerstand entgegensetzte. All diese bis nun gewonnenen Ergebnisse liessen einen Vergleich des mikroskopischen Baues der Papilla minor mit dem der Papilla maior nieht überflüssig erscheinen, und thatsächlich gelang es mir, 186 Konrad Koloman Helly: auch hierin eivige, bisher nicht beschriebene Einzelnheiten festzu- stellen. Zunächst konnte ich nachweisen, dass die Leisten, welche das Innere der Papilla maior auskleiden, keine blossen Schleimhaut- leisten sind, welche etwa als eine Art Klappenapparat dienen könnten, um das Eindringen von Darminhalt zu verhindern. Nach aussen hin von normalem Darmepithel bekleidet, beherbergen sie natürlich in ihrem Innern eine grosse Menge von kleineren Schleimdrüsen (Fig. 16 u. 17), welche ihr Sekret in die ge- meinsame Mündung des in ihrem Endstück zu einem Gang ver- einigten Ductus choledochus und Ductus Wirsungianus ergiessen. Weiter sind diese Leisten, die sich in beide Gänge hinein fort- setzen, in letzteren allerdings weniger lang und zahlreich als in erstern, ganz gleich gebaut. Diejenigen, welche der Seite des Gallenganges angehören, enthalten viele Schleimdrüsen und Blut- gefässe, ebenso diejenigen, welche auf der dem Pankreatischen Gange entsprechenden Seite gelegen sind; ebenso zeigen alle ein gleich starkes Bindegewebsgerüst. Die soeben erwähnten Blut- gefässe stellen theils sehr weite Kapillaren und Präkapillaren dar, theils gehören sie einem dichten Netze verhältnissmässig starker Venen an, das in der Regel in beiden Papillen zu finden ist und bis hart unter das Epithel des Darmes reicht (Fig. 9). Auch in der Papilla minor fand ich gelegentlich solche Leisten, aber in viel geringerer Zahl und ohne be- stimmte Anordnung. Die grösseren von ihnen wiesen im Innern ebenfalls einige Schleimdrüsen auf (Fig. 5). Die Buchten zwischen den Leisten endigen in beiden Papillen entweder blind oder in kleine Schleimdrüsen. Grössere Drüsenläppchen oder Pankreas- gewebe habe ich in der Papilla maior in den wenigen unter- suchten Fällen nieht zu finden vermocht. Zurückgreifend auf die Beschreibung der Papilla minor muss ich noch einer bereits erwähnten Eigenthümlichkeit ge- denken, deren Erklärung mir bisher allerdings noch nicht voll- ständig gelungen ist. In der weitaus überwiegenden Zahl von Fällen fand ich, wie bemerkt, dass von dem in der Papille ge- legenen Drüsengewebe ein Theil vollständig vom Duetus Santo- ini getrennt war. Das betraf theils bloss Schleimdrüsen, theils Pankreasgewebe, dessen Ausführungsgänge sich mit denen einiger Schleimdrüsen verbanden und ihre gemeinsame Mündung, die in der Nähe derjenigen des Ductus Santorini gelegen war, mittels Beitrag zur Anatomie des Pankreas ü. seiner Ausführungsgänge. 787 eines, diesem histologisch ganz gleichen, verschieden langen Ganges erreichten. Als Erklärung dieser Erscheinung sind meines Erachtens nur zwei Möglichkeiten vorhanden: entweder entstammt dieser Drüsentheil der einfachen dorsalen Anlage des Pankreas, deren Ausführungsgang der Ductus Santorini ist, indem sie sich später von derselben ablöst und sekundär einen Aus- führungsgang gewinnt, oder wir haben es mit einer doppelten dorsalen Anlage zu thun, wie eine solche von Stoss (8) beim Schaf von Wlassow (9) beim Schwein beschrieben wurde. Sollte Letzteres der Fall sein, dann müsste diese zweite An- lage jedenfalls zu emer verhältnissmässig späten Zeit entstehen; denn bei emem Embryo von 28 mm Länge konnte ich nichts davon finden, während in diesem Stadium von den beiden ven- tralen Anlagen nur mehr diejenige zu finden ist, welche mit der dorsalen in Verbindung steht (Jankelowitz (3)). Wohl aber fand ich beim Neugeborenen eine selbständig mündende Schleim- drüse neben der Mündung des Duetus Santorini. Untersuchungen an anderen Stadien konnte ich bisher aus Mangel an entsprechen- dem Material noch nieht vornehmen. Bemerkenswerth ist jeden- falls, dass auch in Fällen der Obliteration dieses Ganges, die nach Typus II. 1 u. 2 gebaut sind, sich in der Papille zwei von einander getrennte Drüsenhäufchen nachweisen lassen. Wie wir also gesehen haben, bildet das Offenbleiben des Ducetus Santorini bei weitem die Regel. Es bleibt nun noch immer die Frage zu beantworten, wieso es zu erklären ist, dass der Ausführungsgang einer Drüse nach zwei Richtungen hin offenbleiben kann und demgemäss dem Sekret der Drüse einen doppelten Abfluss gestattet. Da glaube ich nun, dass, abge- sehen von wenigen Fällen, wo der Duetus Santorini mit dem Duectus Wirsungianus in gar keiner oder nur in schwacher Ver- bindung steht und einen mehr einfachen Verlauf, sowie eine seiner Grösse entsprechend weite Mündung hat, das Sekret zum allergrössten Theil seinen Weg durch den Ductus Wirsungianus nimmt. Ich stütze diese Meinung durch die Thatsache, dass in allen anderen Fällen der Santorinische Gang unmittelbar vor dem Eintritt in die Darmwand ganz bedeutend verengt ist (Fig. 2), dass der hierdurch entstehende Widerstand für den Abfluss des Sekretes noch durch seinen bereits oben beschriebenen Verlauf in der Papille erhöht wird und dass endlich obendrein seine Archiv f. mikrosk. Anat, Bd. 52 51 788 Konrad Koloman Helly: Mündung an der Spitze der Papille bedeutend verengt ist, während im Gegensatze hierzu die Verbindune mit dem Wirsung’schen Gange dem Abfluss die günstigsten Bedingungen bietet. Es stellt vielmehr das Endstück des Ductus Santorini mitsammt den in der Papille enthaltenen Drüsen in erster Linie einen, gewisser- maassen selbständigen secernirenden Apparat dar, der in den meisten Fällen mit dem übrigen Pankreas in anastomotischer Verbindung geblieben ist. Die Papilla minor stellt mit ihrem Inhalt also weniger ein Rudiment, als vielmehr ein arbeitendes Organ dar, und das sehe ich als Grund dafür an, dass sie so häufig erhalten bleibt, ohne für die Beförderung des Pankreas- sekretes vonnöthen zu sein. Für die Richtigkeit dieser Ansicht sprechen umsomehr die Fälle, in denen der Duetus Santorini obliterirt ist, und in der Papille noch selbständig mündende secernirende Elemente vorhanden sind. Ich wende mich jetzt dem zweiten Haupttheile meiner Untersuchungen zu, dessen Gegenstand das Lageverhältniss des Pankreaskopfes zum Duetus choledochus bildet. So einfach und selbstverständlich dasselbe eigentlich ist, gehen doch die An- sichten darüber vielfach auseinander. 0. Wyss (10) eonstatirt, dass Krause, Weber, Luschka u. a. den Duetus choledochus, bevor er die Wandung des Duo- denums durchbricht, durch den Kopf des Pankreas (gewöhnlich durch ein Läppcehen desselben) hindurchgehen lassen, während andere, wie z.B. H. Meyer, Hyrtl, Dursy und Henle nichts darüber berichten. Er selbst hat bei 22 Leichenöffnungen den Duetus choledochus nur 5 mal den Kopf des Pankreas dureh- setzen gesehen. In der Folgezeit fehlen genauere Angaben über diesen Gegenstand, und erst Prof. Zuckerkandl hat demselben in seiner anatomischen Einleitung zu Oser’s Monographie über das Pankreas (5) wieder Aufmerksamkeit geschenkt. Nach seiner Angabe bettet sich der Ductus choledochus an der dem Zwölf- fingerdarm zugekehrten Seite des Pankreas in eine Rinne des- selben, die sich in der Regel zu einem Kanal abschliesst. Ich bin nun in der Lage, durch meine Untersuchungen diese Angabe bestätigen und theilweise ergänzen zu können. Ich habe ungefähr 70 Fälle untersucht und von 40 derselben die genauen Maassverhältnisse aufgezeichnet, und bin zu dem Beitrag zur Anatomie des Pankreas u. seiner Ausführungsgänge. 789 Resultat gelangt, dass das Endstück des Duetus choledochus immer in einer Ausdehnung von 2—7Tem mit dem Pankreas- kopfe in innige Verbindung tritt; und zwar lassen sich hierin folgende Typen erkennen: I. der Duetus choledochus liegt in eine oberflächliche seiehte Rinne des Pankreaskopfes eingebettet, an welchen er durch straffes Bindegewebe festgelöthet ist (Fig. 11); II. der Duetus eholedochus liegt in einer seitlichen Rinne des Pankreaskopfes, derart, dass dieselbe durch Verlöthung mit der Duodenalwand zu einem Kanal abgeschlossen wird; III. der Duetus choledochus liegt zunächst in einer Rinne des Pankreaskopfes; dieselbe schliesst sich aber durch Vor- lagerung meist dünner Pankreasläppchen bald zu einem Kanal ab; IV. der Ductus eholedochus liegt zunächst in einer Rinne des Pankreaskopfes, dann in einem Kanal desselben, der sich aber bald wieder zu einer Rinne öffnet (Fig. 12); V. der Ductus choledochus liegt mit seinem ganzen Endstück in einem verschieden tiefen Kanal des Pankreaskopfes (Fig. 15). Unter den oben erwähnten 40 Fällen lag der Ductus choledochus: I | | | 9 mal I. in einer Rinne | | von 3—b em 6 mal II. in einer mit dem Darm zu einem Kanal geschlossenen Rinne von lo—2 cm 11 mal | III. in einer Rinne | in einem Kanal von von 1a—2 cm | 1!/,—31/, cm 7 mal | IV. in einer Rinne | ineinem Kanal von |in einer Rinne von von 1, —21/, cm 1 —21/, em | 1—3 cm 7 mal V. in einem Kanal | von 2—4 cm | Auch von dieser Statistik muss ich bemerken, und zwar aus denselben Gründen, wie bei der früheren, dass sie keines- wegs beansprucht, als Ausdruck des thatsächlichen procentualen Verhältnisses im Vorkommen der einzelnen Formen aufgefasst zu werden. Wohl aber unterstützt sie in überzeugender Weise die Ansicht, dass zwischen dem Gallengang und der Bauch- speicheldrüse immer eine innige Berührung stattfindet. Im allgemeinen ist es nur mehr der Duetus choledochus, 790 Konrad Kolomaän Helly: der an das Pankreas herantritt. Es kommen aber auch Fälle vor, in denen die Vereinigung des Ductus hepaticus mit dem Duetus eysticus zum Ductus choledochus so tief unten erfolgt, dass sogar noch jene beiden Gänge in den Bereich des Drüsen- gewebes gelangen (Fig. 12); ja, einmal fand ich in einem ähn- lichen Falle überdies einen doppelten Ductus hepaticus, so dass im ganzen drei Gänge in eine kurze Rinne des Pankreas zu liegen kamen, während der aus ihrer Vereinigung hervorge- gangene Ductus choledochus bereits in einen Kanal des Drüsen- kopfes eingeschlossen war. Wie ich bereits eingangs hervorhob, sind die gefundenen Verhältnisse eigentlich selbstverständlich, und ich füge dem noch hinzu, dass sie auch von vorne herein gar nicht anders zu er- warten sind. Schon beim Embryo liegt ja das Endstück des Gallenganges zwischen der Pankreasanlage und dem Duodenum eingeschlossen. Da nun beim Erwachsenen das Drüsengewebe den Ductus Wirsungianus ebenso, wie ich es schon für den Duetus Santorini beschrieben haben, bis in die äussere Muskel- schicht der Darmwand verfolgt und jener Gang entweder direkt in den Ductus choledochus vor dessen Eintritt in den Darm, oder mit ihm zusammen an der Papilla maior mündet, so ist es ganz klar, dass der Gallengang zum mindesten an einer Seite mit dem Pankreas verlöthet sein muss. Dass durch diese nahen Beziehungen des Ductus choledochus zum Pankreas Tumoren des letzteren den erstern comprimiren können, hat schon Wyss ganz richtig hervorgehoben. Diese Möglichkeit ist um so grösser, als selbst in Fällen, wo es sich um eine einfache, oberflächlich gelegene, seichte Rinne von Pankreas- gewebe handelt, dieselbe sehr häufig durch grosse und zahlreiche Lymphdrüsen zu einem Kanal abgeschlossen wird. Am Schlusse meiner Arbeit angelangt, spreche ich meinem hochverehrten Chef und Lehrer, Herrn Prof. Dr. E. Zucker- kandl meinen tiefgefühlten Dank für die mir während meiner Arbeit zu Theil gewordene Unterstützung aus. Gleicherweise danke ich Herrn Prof. Dr. Weichselbaum, sowie Herrn Prof. Dr. Kolisko dafür, dass sie mir in entgegenkommendster Weise das nöthige Material für meine Untersuchungen zur Ver- fügung stellten. Beitrag zur Anatomie des Pankreas u. seiner Ausführungsgänge. 791 10. Literatur-Verzeichniss. Haınburger, Zur Entwickelung der Bauchspeicheldrüse des Men- schen. Anat. Anzeiger VII. 1892. Henle, Handbuch der Eingeweidelehre des Menschen. II. Aufl. 1873. Jankelowitz, Ein junger menschlicher Embryo und die Ent- wickelung des Pankreas bei demselben. Arch. f. mikrosk. Anat, Bd. 46. 189. Kölliker, Handbuch der Gewebelehre des Menschen. VI. Aufl. 1889. Nothnagel, Handbuch der speeiellen Pathologie und Therapie (Oser: Pankreas. 1898). Sappey, Trait& d’anatomie descriptive. XII. Ed. 1873. Schirmer, Beitrag z. Gesch. u. Anat. d. Pankreas. Inaug.-Diss. Basel 1893. Stoss, Untersuchung über die Entwickelung der Verdauungs- organe, vorgenommen an Schafsembryonen. Inaug.-Dissertation. 1892. Wlassow, Zur Entwickelung des Pankreas beim Schwein. Morph. Arbeiten. VI. 1. 1894. 0. Wyss, Zur Aetiologie des Stauungsikterus. Virchow'’s Archiv. 1866. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXXIII u. XXXIV. Allgemein gültige Bezeichnungen: D. S. = Ductus Santorini. | P.= Pankreas. D. W. = Ductus Wirsungiani. S. — Schleimdrüsen. Du. = Duodenum. la.= Schleimdrüsen-Ausführungs- D. eh. = Ductus choledochus. gang. L. k.= Lieberkühn’sche Krypten. | b. = Blutgefässe. K. = Vergrösserte Krypten. | B. = Brunner’sche Drüsen. | M. = Muskularis. Fig. Fig. 1. Ductus Santorini ca. lcm vor seinem Eintritt in die Papilla minor. In seiner Wand kleine Schleimdrüsen. Querschnitt. Vergr. 1:400. Derselbe Duetus Santorini unmittelbar vor seinem Eintritt in die Papilla minor. Er ist bereits bedeutend verengt, dagegen ist die Wandung dünner geworden. Vergr. 1:400. 9) .3. Querschnitt durch die Papilla minor desselben Falles. Mitten zwischen zahlreichen Schleimdrüsen und deren weiten Aus- führungsgängen findet sich das Lumen des Duetus Santorini. . 4. Längsschnitt durch das Ende derselben Papille. Die Blut- gefässe reichen bis nahe unter die Lieberkühn'schen Kryp- ten. Auf diesem, wie auf allen anderen Schnitten durch die Fig. Fig. Fig. Fig. Ss 10) 14: a 18. ig. 14. Konrad Koloman Helly: Papilla ıninor ist das dichte Bindegewebslager bemerkens- werth. Vergr. 1:400. Längsschnitt durch die Papilla minor. Der Ductus Santorini ist überall, wo nicht Leisten vorspringen oder Schleimdrüsen- ausführungsgänge einmünden, annähernd gleich weit. An der Spitze der Papille, neben seiner Mündung, ausgeweitete Kryp- ten, als Mündungen von Schleimdrüsen. Zottenzahl gegen die Spitze hin vermindert. Vergr. 1:180. Die auf dem vorigen Bilde oberhalb des Duetus Santorini be- findliche grosse Schleimdrüse in stärker vergrössertem Maass- stabe. Vergr. 1:400. Längsschnitt durch das Ende eines vor dem Eintritt in die Muscularis obliterirten Ductus Santorini. In dessen Umgebung theils zersprengte Pankreasreste, theils in dichtes Bindegewebe eingelagerte kleine Schleimdrüsen. Da keine Papille vor- handen war, unterblieb die Darstellung der Innenfläche der Duodenalschleimhaut ganz. Dieselbe wäre am rechten Bild- rande zu ergänzen. Vergr. 1:150. Längsschnitt durch eine Papilla minor in der Nähe der Mün- dung des Ductus Santorini, der in Folge seiner Krümmungen mehrere Male getroffen ist. Oberhalb von ihm ein selbstän- diges Pankreasläppchen mit Schleimdrüsen und dem gemein- schaftlichen, gesondert mündenden Ausführungsgang (4). Der Ductus Santorini selbst ist von Schleimdrüsen und ein wenig Pankreasgewebe begleitet. Vergr. 1:400. Längsschnitt durch eine Papilla minor mitsammt dem, inner- halb derselben in Form einer endständigen, grossen Schleim- drüse obliterirten Ductus Santorini. In der Papille selb- ständig im Verein mit Schleimdrüsen mündendes Pankreas- gewebe, sowie viele grosse Blutgefässe. Vergr. 1:150. Querschnitt durch eine grössere Schleimdrüse mit ihren Aus- führungsgängen, in denen vielfach Becherzellen (Be) zu finden sind. Starke Vergrösserung. Vergr. 1:5000. Ductus choledochus in einer oberflächlichen Rinne des Pan- kreaskopfes gelegen. Ansicht von hinten und unten. Natür- liche Grösse. Ductus eholedochus, sich aus dem Ductus hepaticus und Ductus eysticus zusammensetzend, zunächst in einer Rinne des Pan- kreaskopfes gelegen, die sich in einen kurzen Kanal verwan- delt, der sich wieder zu einer Rinne Öffnet. Ansicht und Grösse wie vorher. Ductus choledochus in einen Kanal des Pankreaskopfes ein- gebettet. Das Endstück des Ganges ist schematisch einge- zeichnet. Im Uebrigen Ansicht und Grösse wie vorher. Duodenalschleimhaut von vorne. Ductus choledochus sondirt. Oberhalb der Papilla minor (p. mi.) ein Divertikel (Di.), ober- Beitrag ie. 15. &. 16. 19. 17. zur Anatomie des Pankreas u. seiner Ausführungsgänge. 7% halb der Papilla maior (p. ma.) der Zugang (Dt. 1.) zu einem zweiten Divertikel. Natürliche Grösse. Derselbe Fall von rückwärts gesehen. Das zweite Divertikel (Di. 1.) deekt die Einmündung des Ductus Wirsungianus in den Duetus choledochus vollständige zu und erstreckt sich mitten in’s Pankreasgewebe, welches theilweise wegpräparirt ist. Der Ductus Santorini läuft aut das erste Divertikel (Di) zu, an welchem einige Pankreasläppchen festgewachsen sind. Natürliche Grösse. Querschnitt durch den Ductus Wirsungianus und Ductus cho- ledochus bei ihrem Eintritt in die Muscularis. Beide zeigen Leisten ihrer Schleimhaut, zwischen denen Buchten liegen, in die zum Theil Schleimdrüsen münden. Letztere sind theils in den Gangwandungen, theils in den Leisten zu sehen. Vergr. 1:200. Querschnitt durch das gemeinschaftliche Endstück derselben zwei Gänge, ebenfalls noch in der Muscularis. Die Leisten enthalten ausser den Drüsen noch viele kleine Blutgefässe, welche zum Unterschiede von jenen als dunkle Punkte dar- gestellt sind. Vergr. 1:200. Die Bedeutung desPeriblastes und der Kupffer- schen Blase in der Entwickelung der Knochenfische. Von Prof. W. Reinhard in Charkow. Hierzu Tafel XXXV und XXXVI. Die Frage über die Entwickelungsart des Periblastes bei den Knochenfischen ist bis jetzt noch nicht ganz aufgeklärt. Noch im Jahre 1588 bin ich in einer „Entwicklung der Keimblätter, der Chorda und des Mitteldarmes bei den Cyprinoiden“ !) be- 1) Zoolog. Anzeiger Nr. 293, 1888. 7194 W. Reinhard: titelten Notiz in Bezug auf die Entwicklung des Periblastes zu folgendem Schlusse gelangt: „Auf Grund eigener Beobachtungen bin ich geneigt anzunehmen, dass der Periblast sich aus den eindringenden Zellen des Blastodisk bildet. Die Phasen, welche v. Kowalewski!) für eine Zellenabfurchung im Blastodisk (Fig. 6) hält, bin ich eher bereit für eine Zelleneindringung zu halten. Trotzdem zur Erklärung des uns beschäftigenden Pro- zesses, nach Kowalewski, das Stadium wichtig ist, wenn das Blastoderm zweischichtig ist, bietet er gerade während dieses Stadiums der Entwickelnng keine überzeigenden Zeichnungen. Die eindringenden Zellen sind amöbenförmig und besitzen Be- wegungsfähigkeit, was klar aus einigen meiner Präparate er- sichtlich ist, in welchen ich bewegliche Zellen fand, welche von den gegen den Rand des Blastodisk zu gelegenen Zellen durch einige Dotterballen getrennt sind. Und so vereinigen sich, meiner Meinung nach, diese unter dem Blastodisk gelegenen Zellen in der Folge, wobei der ganze Periblast die Form einer ununter- brochenen protoplasmatischen Schicht annimmt, mit darin zer- streuten Kernen, welche sich später vergrössern und derart ver- mehren, wie dies bereits beschrieben worden ist: durch direete Theilung oder durch Fragmentation. Auf diese Weise erblicke ich in dem künftigen Periblast zuerst das Auftreten von Zellen und später schon freie Kerne. Auf keinem der gut erhaltenen Prä- parate beobachtete ich etwas einer Segmentationshöhle Aehnliches. In dieser Hinsicht kann ich die Beobachtungen Kowalewski’s bestätigen. Die Höhlung, welche Wencekenbach zeichnet (Taf. XVI, Fig. 6)?), scheint mir eine künstliche Bildung zu sein. Die äussere Zellenschicht des Blastodisk bildet die Deck- schicht, welche sich jedoch nicht einstülpt, wie dies List ver- sichert, sondern, meinen Beobachtungen nach, an der Oberfläche des Dotters sich ausbreitet. Gleichzeitig damit breitet sich an der Oberfläche des Dotters auch der Periblast aus. Diese beiden Schiehten bedecken den Dotter vollständig.“ Das Verschmelzen der Zellen der künftigen Periblastschicht und die Bildung eines mehrzelligen Plasmodiums, das sich in 1) M. Kowalewski, Ueber die ersten Entwickelungspro2esse Knochenfische. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. I. 43, 1886. 2) Wencekenbach, K., Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Knochenfische. Arch. f. mikr. Anat. XXVIIL, 1886. Die Bedeutung des Periblastes und der Kupffer’schen Blase ete. 79 Zusammenhang findet mit einer oberflächlichen Protoplasmaschicht welche die ganze Oberfläche des Eies bedeckt, hat schon Kowa- lewski beschrieben, aber die Entwickelungsweise der Periblast- zellen ist bei ihm eigenartig. Daher konnte ich mich nieht seiner Meinung anschliessen, so wie auch der Meinung Wenckenbach's, welcher die Existenz einer Segmentationshöhle annimmt und die Zellen des Periblastes, wie oben gesagt, von denjenigen ableitet, die auf den Boden dieser Höhle fallen. In letzter Zeit ist Sobotta!) in einem Aufsatze, der über die Entwiekelung der Belone handelt, zu dem Schlusse ge- langt, dass der Periblast durch Verschmelzen der peripherischen Zellen an ihrem Aufenthaltsorte sich bildet. „Wenn nun die Randverschmelzung vor sich geht“, sagt er, „kommen die Kerne der Randzellen in das jetzt gemeinsame Protoplasma zu liegen, welches zugleich auch mit dem umliegenden von Anfang an ausserhalb des Keimes gelegenen Protoplasma verschmilzt. Hier theilen sich die Kerne mitotisch, während eine neue Reihe von Zellen am Rande des Keims verschmilzt. Indem derselbe Process sich wiederholt, die schon im Syneytium vorhandenen Kerne sich aber zugleich mitotisch weiter theilen, entsteht um den eigent- lichen Keim herum eme breite Schicht von Dottersyneytium mit mehreren Reihen yon Kernen.“ Indem ich nun meine früheren als auch die neu angefertigten Präparate durchsehe, komme ich zum Schlusse, dass die Bildungs- weise des Periblastes bei mir ganz richtig beschrieben ist. Auch in meinem Objeete beginnt das Verschmelzen der Zellen auf der Peripherie, aber ausserdem dringen die Zellen aus dem Blasto- diseus in den darunterliegenden Dotter an verschiedenen Stellen, und bilden durch ihr Verschmelzen allmählich eine ununterbrochene periblastische Schicht. Der Unterschied zwischen meinen Beob- achtungen am Leueiseus und denen von Sobotta an Belone besteht darin, dass beim Leueiseus gleich nach dem Verschmelzen der Zellen auch die mitotische Theilung derselben aufhört, bei Belone dagegen die mitotische Theilung der Zellen länger dauert. Weiter sagt Sobotta: „Man kann am Flächenbilde nicht mit Sicherheit entscheiden, ob das Syneytium nur vom 1) Sobotta, Zur Entwickelung von Belone acus. Verh. d. Anat. Ges. auf der zehnten Vers. in Berlin. 1896, S. 93. 196 W. Reinhard: Rande gebildet wird, oder ob etwa derselbe Process auch an der unteren Fläche des Keimes statt hat.“ Während der Bildung des Periblastes beim Leueiseus liegen die Zellen der Embryonalscheibe unmittelbar dem Dotter an; auch bildet sich der Periblast anders als bei Belone. Bei letz- terem „Allmählich . ... rücken Theilstücke des unmittelbar am Keimrande sich: theilende Kerne des neugebildeten Syneytiums etwas unter den Rand des Keimes in das an seiner Unterfläche gelegene Protoplasma. Indem sie sich hier noch weiter theilen (Theilungsaxe radiär), gelangen sie allmählich weiter unter den Keim und finden sich am Schluss der Furchung schon unter dem Centrum des Keimes.“ Beim Leueiseus, wie wir es schon sahen, erscheinen diejenigen Zellen, welche den Anfang dem Periblast geben, an verschiedenen Stellen unter der Oberfläche der Em- bryonalscheibe. Zur Bestätigung meiner Ansicht führe ich hier die Zeichnungen von meinen schon im Jahre 1888 angefertigten Präparate an. Fig. 1 stellt den Querschnitt eines Eies im Stadium der Bildung des Periblastes dar. In der Mitte sieht man eine Zelle des Embryonalschildes, welche angefangen hat, in den darunterliegenden Dotter überzugehen; ihr oberer Theil ist abge- rundet; während der untere pseudopodienförmige Auswüchse bildet. Zwei andere Zellen, die zu beiden Seiten der. genannten liegen, sind schon vollständig in den Dotter übergegangen; ihre obere, zum Embryonalschild gekehrte Seite ist fast eben, während auf der unteren auch Auswüchse zu sehen sind. Ein ähnliches Aus- sehen hat auch die vierte Zelle. Die fünfte Zelle ist viel weiter von der Grenzlinie fortgerückt und liegt im Dotter. Auf dem auf Fig. 2 vorgestellten Querschnitt befinden sich sechs amöben- förmige Zellen, die offenbar unlängst in den Dotter übergegangen sind, sich aber ihrer Form nach schon bedeutend von den höher liegenden Zellen der Embryonalscheibe unterscheiden. Ihr Ver- schmelzen hat noch nicht begonnen, sie berühren sich nur mit ihren Auswüchsen. Der auf Fig. 3 abgebildete Querschnitt stellt fünf Zellen im Momente ihres Verschmelzens vor; die Auswüchse verschwinden hier schon, das Protoplasma der Zellen verschmilzt immer mehr und mehr zusammen; um die Kerne herum zeigt es eine strahlenförmige Vertheilung. Auf Fig. 4 sind mindestens vier Zellen zu sehen, die verschmolzen sind, aber noch nicht völlig, was an den Unebenheiten des unteren Randes dieses \. Die Bedeutung des Periblastes und der Kupffer’schen Blase etc. 797 Syneytiums zu bemerken ist. Die rechts liegende Zelle hat sich bedeutend von der Grenzlinie zwischen dem Dotter und der Embryonalscheibe entfernt. Einen noch höheren Grad des Ver- schmelzens — eine fast fertige Periblastschieht zeigt Fig. 5. Der untere Theil des Syneytiums bildet eine wellige Linie — Spuren von Auswüchsen der Zellen, welche als Bestandtheile in dasselbe eingetreten sind. Sogar nach dem völligen Verschmelzen der Zellen unterscheiden sich anfangs die Zellenkerne durchaus nicht von den Zellenkernen der Embryonalscheibe: sie sind rund und von gleicher Grösse und bloss späterhin nehmen sie die für die Peri- blastkerne charakteristische Form und Grösse an. E. Ziegler!) nimmt auch an, dass der Periblast sich aus den Blastodermzellen bildet, durch Verschmelzen der letzteren, und zwar bei Labrax nur der Randzellen, denn er sagt: „es kommen die Periblastkerne bei den weiteren Theilungen nicht nur peripherwärts weiter über die Dotterkugel herab zu liegen, sondern auch centralwärts unter die Blastodermscheibe*. Am nächsten zu meinen Beobachtungen der Bildungsweise des Peri- blastes beim Leueiseus stehen die Beobachtungen von Samassa?) am Salmo. Er findet auch keine besondere Protoplasmaschicht zwischen dem sich furchenden Embryo und dem Dotter (Zwischen- sehicht Bambecke, Samassa), obgleich er auf die Anwesen- heit einer kleinen Protoplasmaschicht auf der Peripherie der Embryonalscheibe hinweist, von deren Entstehung er übrigens nichts sagt. Der Periblast bildet sich aus den unteren Zellen des sich furchenden Eies, welche augenscheinlich ihre ursprüngliche Lage ändern: „Die Randzellen legen sich der Zwischenschicht breiter an; man kann in günstigen Fällen sehen, wie die Grenze der Zellen gegen die Zwischenschicht zum Theil schon aufgelöst ist, zum Theil noch besteht (Fig. 1). Schliesslich verschmilzt die Zelle vollständig mit dem am Rande bereits vorhandenen Peri- blast und der Zwischenschicht. Es kann dann noch eine zweite 1) E. Ziegler, Die Entstehung des Periblastes bei den Knochen- fischen. Anat. Anzeiger XII. Bd., Nr. 15 und 16, Oktober 189. 2) P. Samassa, Studien über den Einfluss des Dotters auf die Gastrulation und die Bildung der primären Keimblätter der Wirbel- thiere. III. Teleostier. Archiv f. Entwickelungsmechanik der Orga- nismen. III. Bd. 2. Heft. 1896. 7198 W. Reinhard: Zelle an derselben Stelle mit dem Periblast verschmelzen.“ ... „Etwas später als am Rande beginnt die Verschmelzung an der Basis der Keimscheibe. Man sieht in Fig. 2 zwei Zellen, von denen die eine beinahe ganz, die andere erst zur Hälfte mit der Zwischenschicht verschmolzen ist. Diese Verschmelzung findet an der ganzen Basis in gewissen Abständen statt.“ Ich finde nur den Ausdruck: Verschmelzung mit der Zwischenschicht nicht ganz zutreffend. Die Zellen, wie ich es in der ersten Arbeit mitgetheilt habe und jetzt bestätige, dringen in den Dotter ein und verschmelzen nur mit einander: der Dotter wird dabei heraus- gedrängt und, möglicherweise, zum Theil von den Zellen verzehrt; die Zellen sind deutlich vom Dotter getrennt. Der Ausdruck Oellacher’s, nach dem die Zellen sich in den Dotter „ein- graben“, ist meiner Meinung nach passender. Die Abbildungen von Samassa sind bei geringer Vergrösserung gemacht, die Umrisse der Zellen auf Fig. 1 und 2 sind zu undeutlich, sonst hätte man ohne Zweifel ihre zum Dotter gekehrten Auswüchse sehen können, von denen ich oben sprach. Wenn ich in Bezug auf die Entstehung des Periblastes im Ganzen die Ansichten von Ziegler und Sobotta theile, so weicht anderseits meine Meinung in dieser Frage von der- jenigen Berent’'s ab!). Letzterer ist zum Schlusse ge-langt, dass bei den Knochenfischen eine Nachfurchung stattfindet; indem er zum Theil die Beobachtungen von Henneguy be- stätigt, bemerkt er: „was aber das spätere Schicksal des Para- blastes anbelangt, so lassen die Henneguy schen Angaben viel zu wünschen übrig. Beweisende Bilder der Ablösung der Zellen fehlen“. Seine Ansicht formulirt Berent folgender- maassen: „Der Parablast, eine mit der Keimscheibe zusammen- hängende protoplasmatische Lage, die vom Dotter während der Furehung noch weiteren Zufluss erhält, giebt anfangs durch in- direkte, dann durch direkte Kerntheilung dem Blastoderm Zellen ab, welehe aber in keinem genetischen Zusammenhang mit irgend einem Blatte stehen, vielmehr in die Bildung der ganzen Keim- scheibe, aller Keimblätter einbezogen werden“. Als zweifellosen 1) W. Berent, Zur Kenntniss des Parablastes und der Keim- blätterdifferenzirung im Ei der Knochenfische. Jen. Zeitschr. Bd. XXX, 1896. Die Bedeutung des Periblastes und der Kupffer’schen Blase etc. 799 Beweis seiner Meinung führt er die Fig. 2, Taf. XVI an. Diese Figur aber scheint mir den Gedanken des Verfassers gar nicht zu bestätigen. Ich sehe hier keine Abtrennung von Zellen; meiner Meinung nach ist das eine der Bildungsphasen des Peri- blastes, eine Phase, in der die Zellen zum Theil miteinander ver- schmolzen sind, die Kerne aber noch fortfahren sich kariokinetisch zu theilen. Der Umstand, dass in einer der Zellen die Kern- spindel eine senkrechte Stellung hat, kann noch nicht als Beweis dafür dienen, dass die losgelöste Zelle unter die Zellen der Em- bryonalscheibe gerathen wird. Diese Phase entspricht einer der von mir für Leueiseus abgebildeten Phasen, nur mit dem Unter- schiede, dass in der letzten die Zellen nieht im Momente der Theilung dargestellt sind. Es kann mir erwidert werden, dass auch meine Zeichnungen ja nicht das Eindringen der Zellen in den Dotter darstellen, sondern die Abtrennung derselben; jedoch spricht für meine Ansicht der Umstand, dass diese Zellen eben an der zum Dotter gekehrten Seite, zu welchem hin die Bewe- gung stattfindet, mit Auswüchsen versehen sind. Berent meint, es finde auch von dem ganz ausgebilde- ten Periblast eine Ablösung von Zellen in Blastoderm statt, die Kerntheilung gehe aber in diesem Falle direet vor sich (amito- tisch). Dabei beruft er sich auf seine Fig. 9—12, Taf. XV. Auch diese Figuren halte ich nicht für beweisend und glaube, dass die Verschmelzung der sogenannten „sich abtrennenden* Zellen mit dem Periblast, z. B. auf Fig. 12, das Resultat einer gewissen Fixirungsart ist. Auf guten Präparaten aus Leuciseus sehe ich immer die Zellen der Keimscheibe deutlich von der Periblastschicht abgetrennt. Ich kann auch Hoffmann’s Meinung nicht theilen, welcher schon im Jahre 1888 in seiner Untersuchung über die sogenannten freien Kerne sagt'!): „Von dem Jüngsten Stadium ab betheiligt sich der Nahrungsdotter unmittelbar an der Bildung der Zellen der Keimscheibe, und später an der des Blastoderms und der Keimblätter.* Ich schliesse mich der Meinung derjenigen Forscher an, welche die Bildung des Periblastes in einer späteren Periode sehen. Die Entstehung der „sich vom 1) K. Hoffmann, Ueber den Ursprung und die Bedeutung der sogenannten „freien“ Kerne in dem Nahrungsdotter bei den Knochen- fischen. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 46, 1888, S. 519. 800 W. Reinhard: Periblast abtrennenden“ Zellen, die bei Hoffmann auf Fig. 15—16 dargestellt sind, erkläre ich ebenso wie die Entstehung der ent- sprechenden Zellen die beiBerent abgebildet sind. Indem ich mit Hoffmann darin ganz einig bin, dass der Periblast eine gewisse Rolle in der Bildung des Embryo spielt, beschränke ich jedoch dieselbe bedeutend. Ieh halte den Periblast für einen eigen- artig abgeänderten primären Entoblast, der dem secundären Entoblast des Darmtraetus den Anfang gibt, wie wir es weiter sehen werden. Ich gehe jetzt zur Betrachtung der Frage über die Ent- stehung der Embryonalschiehten über. Während einige Gelehrte die Entstehung der zweiten (unteren) Keimschicht durch Umschlag des Ektoblastes erklären (in letzter Zeit Henneguy, Wilson), leiten andere sie von der Abspaltung von dem letzterem ab (Hoff- mann). In meiner oben angeführten Notiz bin ich zum Sehlusse gelangt, die Embryonalscheibe diene nach der Ausbildung der Periblastschieht hauptsächlich zur Bildung des Mesoblastes, während der Ektoblast sich auf Kosten der Deckschicht bildet. Diese Schlussfolgerung, die ich im Ganzen für richtig halte, scheint mir im letzten Theile verfehlt zu sein. Lwoff sagt in seiner im Jahre 1894 erschienenen Arbeit über die Entstehung der zweiten Embryonalsehicht Folgendes'): „Lech glaube, dass es kein prineipieller Unterschied zwischen den zwei Vorgängen (Einstülpung und Spaltung) existirt, welche zur Bildung des Umschlagsrandes führen, da nach meinen Befunden die sogenannte Einstülpung hier zu der Bildung des Darmes in keiner Beziehung steht und nichts anderes ist, als das Wachs- thum des umgeschlagenen Blastodermrandes nach innen, ein Vor- gang, der nur zur Bildung der zusammenhängenden Anlage der Chorda und des Mesoderms führt.* Virchow sagt, dass „die untere Keimschieht sich im ganzen Umfang der Keimscheibe bildet durch einen Umschlag (Einstülpung) vom Rande der oberen Keimhaut aus, und dass später in der unteren Keimschicht eine Sonderung in Entoderm und Mesoderm eintritt?). Berent?), ob- 1) B. Lwoff, Die Bildung der primären Keimblätter und die Entstehung der Chorda und des Mesoderms bei den Wirbelthieren. Bulletin de la Soc. Imp. d. Natur. de Moscou. 1894. 2) H. Virchow, Ueber den Keimhautrand der Salmoniden. Verh. d. Anat. Ges. 1895, S. 202. 3) W. Berent,l. ce. S. 312. Die Bedeutung des Periblastes und der Kupffer’schen Blase ete. 801 gleich er meint, dass „zwischen Einstülpung und Spaltung in gewisser Beziehung kein Unterschied besteht und diese Momente sich gegenseitig ergänzen können, so dass das zweite als Folge des ersten erscheinen kann“, erklärt sich dennoch für die Bildung des secundären (unteren) Blattes durch Umschlag. Samassa!) formulirt seine Ansicht über diese Frage in folgender Weise: „Die erste Anlage des primären Entoderms entsteht als eine Lage locker beisammenliegender Zellen aus den unteren Schichten der Keimscheibe in Folge der gegen den Rand hin erfolgenden Ver- schiebung der Zellmassen. In der Medianlinie verschmelzen diese Zellen mit den darüberliegenden Zellen zu einer kompakten Masse, in der sodann ein Spalt auftritt, der das Entoderm vom Ektoderm scheidet. In lateralen Partien, die später zu Mesoderm werden, vergrössert sich das Entoderm durch Eigenwachsthum und durch den Zuwachs der indifferenten Randzone. Eine Einstülpung, ein Umschlag, kurz irgend ein Process, der die unmittelbar unter der Deckschicht gelegenen Zellen zu Entodermzellen machen könnte, findet nicht statt.“ ... . „Ich habe vom Mesoderm im Vorstehen- den immer nur den am Embryonalrande auftretenden Theil der- selben im Auge gehabt; bekanntlich entsteht dasselbe aber schliesslich im Bereich des ganzen Keimhautrandes. Ich konnte mich leicht davon überzeugen, dass auch hier das Mesoderm in ähnlicher Weise entsteht wie am embryonalen Rande. Nachdem das Centrum der Keimscheibe sich mehr verdünnt hat und der Randwulst deutlich in Erscheinung tritt, sieht man, wie sich die unteren Zellen desselben etwas lockern und gegen die darüber liegenden abgrenzen, am Rande aber mit denselben im Zusammen- hange bleiben und von dort aus auch Nachschub erhalten.“ Meinerseits erkläre ich die Entstehung der secundären (unteren) Schieht in folgender Weise: Wenn die Embryonalscheibe anfängt, den Dotter zu umwachsen, geht die Vermehrung der Zellen be- sonders rasch in dem Randwulst vor sich, wodurch letzterer sich verdickt und diese Verdickung anfangs fast gleichmässig auf der ganzen Peripherie ist, wie es die Durchschnitte jüngerer Ent- wiekelungsstadien zeigen. Etwas später wird die Verdiekung auf der embryonalen Seite der Embryonalscheibe grösser und übertrifft die Verdiekung auf der gegenüberliegenden abembryo- 1) P. Samassa, |. ec, pag. 202 u. 203. 502 W. Reinhard: nalen Seite. Infolge der Bildung des Randwulstes wird die Periblastschicht etwas zurückgedrängt und es entsteht zwischen dieser und der Embryonalscheibe ein Hohlraum. Die Zellen der unteren Schichten der Embryonalscheibe vertheilen sich freier. Die sich vermehrenden Zellen des Randwulstes suchen natürlich den nächsten freien Raum einzunehmen und vereinigen sich mit den unteren freier liegenden oder mit den sich ablösenden Zellen der Embryonalscheibe, die in der Nähe des Randwaulstes ver- theilt sind, wie es (namentlich für den Randwulst) Samassa beschreibt. Solche Ablösung der unteren lockeren Zellen der Embryonalscheibe geht an verschiedenen Stellen auf der ganzen Oberfläche derselben vor sich. So findet denn hier kein richtiger Umschlag der oberen Schicht, so wie auch keine Abspaltung von Zellen statt. Fände ein regulärer, auf dem ganzen Rande der Embryonalscheibe gleichmässiger Umschlag statt, so würden wir bei dem Weiterwachsen der unteren Schicht im Centrum einen runden Raum erhalten (bei ungleichmässigem Umschlag aber einen kaum von anderer Form), der sich mehr und mehr verkleinern würde, wie sich der sogenannte Dotterblastoporus infolge des Umwachsens des Dotters durch die Embryonalscheibe verkleinert. Jedoch wird nichts dergleichen beobachtet. Da nach der Bildung des Randwulstes die Ablösung der Zellen wie gesagt auf der ganzen Fläche der Embryonalscheibe stattfindet und diese sich schnell vermehren, so tritt plötzlich ein Moment ein, wo die Mesodermschicht an der ganzen Oberfläche isolirt erscheint. In der Mitte der Embryonalscheibe, dem Dotterblastoporus gegen- über, liegen die Zellen des Mesoblastes anfänglich so frei, dass es unmöglich ist, von ihrer Entstehung durch Umschlag zu sprechen. In kann mich auch nicht entschliessen zu behaupten, dass der Mesoblast sich durch Abspaltung gebildet habe, da dieser Process die Abtrennung einer ganzen Schicht oder wenigstens einer bestimmten Lage von Zellen, die eng miteinander ver- bunden sind, voraussetzt. Daher, glaube ich, wird es passender sein, die Entstehungsweise des Mesoblastes mit einem Worte zu bezeichnen, das keine so specielle Bedeutung hat, — als Ablösung von dem oberen Blatte. In der folgenden Entwicklungsphase finde ich schon eine Anhäufung von Mesoblastzellen vor dem Vorderende des Embryo, an der Stelle, wo seine ektoblastische Verdickung in eine dünnere Schicht des Ektoblastes übergeht. Die Bedeutung des Periblastes und der Kupffer’schen Blase etc. 803 Meine Beobachtungen an der Entwickelung des Leueiseus führen mich zur Bestätigung desjenigen Schlusses, zu dem ich früher gelangt war, dass nämlich die untere Schicht, die sich aus der oberen bildet, der Mesoblast ist; diese Schicht erscheint schon ganz ausgebildet zu der Zeit, wenn die Bildung des Entoblastes erst beginnt. Die meisten Controversen ruft die Frage über die Art der Bildung des Entoblastes hervor. Ich stelle ihre Ent- scheidung in engen Zusammenhang mit der Erklärung der Ent- stehung und dem weiteren Schicksal eines besonderen Gebildes, das bei den Knochenfischen beobachtet wird, nämlich der Kupffer’schen Blase. Was die Literatur der betreffenden Frage anbelangt, so werde ich in diesem kurzen Abrisse nur die letzten Arbeiten berühren. Henneguy!) nimmt an, dass der Entoblast sich durch Differenzirung des unteren Blattes in den Mesoderm und den Entoderm sich bildet. Auf einer bestimmten Entwicklungsphase ‚le deuxieme feuillet primaire, donne simultane- ment naissauce au mesoderme, ä la corde dorsale et a l’endoderme secondaire ou definitif“?). „Il n’apparait, en effet en tant que feuillet differeneie qu’en m&me temps que le mesoderme‘“. So sind denn seine Anschauungen über die Zeit und die Art der Entwickelung des Entoblastes von den meinigen ganz verschieden. Henneguy lässt übrigens die Betheiligung der Periblastzellen bei einigen Fischen, in der Bildung des primären Entoderms zu, wobei er sich auf die Beobachtungen von Kowalewski beruft. Nach Hoffmann geht die Bildung der unteren Schicht „des primären Hypoblastes* durch Abspaltung vor sich. Letzterer zerfalle nachher in den Mesoblast und den „seeundären Hypo- blast*. „Wohl zweifle ich keinen Augenblick“, sagt er, „dass es die Merocyten sind, welche den grössten Antheil an der Bil- dung des Hypoblast haben.“” Wilson*) leitet den Entoblast durch Differeneirung von der sich umschlagenden unteren Schicht ab, im Momente des Umschlagens. In meiner oben genannten Notiz bin ich zu dem Schlusse gekommen, dass der Periblast an der Bildung des Darmes und der Chorda theilnimmt. Dabei 1) Henneguy, l. c. S. 550. 2) S. 549. 3)-.C/K. Hoffmann, Lie. S. 535: 4) Wilson, The embryology of the Sea Bass (Serranus atra- rius) 1891. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd, 52 52 804 W, Reinhard: habe ich auf die besondere Anhäufung der Periblastkerne gerade in dem sogenannten Dotterblastoporus hingewiesen (Fig. 2 u. 3) und auf die Ablösung von Zellen aus dem Periblast (Fig. 4), welche ich zu sehen glaubte. Im Jahre 1894 ist Lwoff!) auch zu dem Schlusse gelangt, dass die Periblastschicht zur Bil- dung des Entoblastes diene, und nicht nur dieses, sondern zum Theil auch des Mesoblastes und des Mesenchyma. Der Mesoblast und das Mesenchyma haben, seiner Meinung nach, zweierlei Ur- sprung: sie bilden sich zum Theil aus dem Entoblast, zum Theil aus dem Periblast. Die Chorda wird aus dem Mesoblast diffe- renzirt. Ungeachtet dessen, dass ich zum Theil dieselben An- sichten vertrete, für die sich später auch Lwoff ausge- sprochen hat, kann ich seine Argumente nicht für beweiskräftig halten. Die Folgerung über die Entstehung des Entoblastes und des Periblastes wird von ihm hauptsächlich dureh das enge An- liegen des ersteren an dem letzteren begründet, dadurch, dass der Entoblast „ohne scharfe Grenze in die intermediäre Schieht über- geht“. Solch ein unmittelbarer Uebergang, das Fehlen deutlicher Grenzen, hängt so oft von der Art der Fixirung ab und über- haupt von dem mehr oder weniger gelungenen Anfertigen des Präparates, dass es m. E. unmöglich ist, bei der Entscheidung so schwieriger Fragen sich darauf zu stützen. Unzweifelhafte thatsächliche Daten für das Uebergehen der periblastischen Zellen in entoblastische wie auch in mesenehymatische und mesoblastische hat Lwoff auf keiner seiner Zeichnungen geliefert. Indem Lwoff seine Fig. 37 erklärt, spricht er übrigens schon selbst von der Entstehung eines Theiles des Entoblastes, des unter der Chorda gelegenen, in Form einer Vermuthung. „Auf dem Querschnitt von Gobius haben wir schon gesehen, dass die Entodermlamelle, aus welcher sich später der Darm bildet, unterhalb der Mesodermplatten schon fertig ist, unterhalb der Chorda aber sieht man noch keine Zellgrenzen, sondern bloss eine plasmatische Schicht mit den Kernen. Auf einem etwas späteren Stadium sieht man schon eine ununterbrochene Ento- dermzellenreihe. Es liegt die Wahrscheinlichkeit nahe, dass der mittlere Theil der Zellenreihe sich aus der plasmatischen Sehicht gebildet hat.“ Die endgiltige Bildung des Darmes entsteht nach 1) Lwoff, l. e. Die Bedeutung des Periblastes und der Kupffer'schen Blase ete. 805 Lwoff’s Meinung durch Faltung nur des mittleren Theiles der Entoblastlamelle, „die weitere Bildung des Darmes resp. Fal- tung zum Rohre geht unter Betheiligung der Dotterelemente vor sich“. Die zur Bestätigung dieser Ansicht angeführten Fig. 39, 40 u. 41, beweisen es m. E. auch nicht. Ich sehe hier nirgends eine Ablösung periblastischer Zellen und eine Umbildung der- selben in entoblastische. Das Zusammenfalten des Entoblastrohres kann hier durch Vermehrung von Entoblastzellen des mittleren Theiles der Entoblastlamelle erklärt werden, wenn man schon, wie es Lwoff thut, die Seitentheile derselben nicht in Be- tracht zieht. Daher halte ich Berents!) Entgegnungen, welche er Lwoff macht, für durchaus begründet. Gegen die oben angeführten Beobachtungen hat sich auch Prof. Zieg- ler?) ausgesprochen. M. Kowalewski?) beschreibt die Ent- wiekelung des Entoblastes in folgender Weise: „An einem Blasto- derm, wie es Fig. 16 zeigt, finde ich zwischen dem hinteren um- geschlagenen Blastodermrand, der darunter liegenden Verdickung der intermediären Schicht und der Deckschieht eine Zellenlage, die allseitig vollständig gesondert ist. Sie besitzt die Form emes schmalen Keils, dessen stumpfe, oberflächlich von der Deckschicht bedeckte Seite mit dem umgeschlagenen Blastodermrande einen Winkel bildet (Fig. 16—20). Von diesem letzteren erstreckt sich oft eine deutliche Spalte zwischen das Ektoderm, Mesoderm und das Entoderm (Fig. 16, 17, 19). Die Zellen der gesammten Entodermsehicht sind relativ grösser und viel heller als die übri- gen Blastodermzellen (Fig. 16, 18, 19, 20); auch sind sie in Form und Anordnung von denen des Blastoderms ganz verschieden.“ Dessen ungeachtet leugnet er entschieden die Möglichkeit der Entstehung dieser Zellen aus dem Periblast und sagt: „Ich bin geneigt, dieselbe von einigen dieser Blastodermzellen abzuleiten, die am hinteren Blastodermrande während der zweiten Um- wachsungsperiode die äusserste Bekleidung dieses Randes bilden und bei dessen Anlagerung an die intermediäre Schicht, durch den sich umsehlagenden Blastodermrand nieht mitgeschleppt wer- den, sondern ausserhalb des Umschlagbezirkes liegen bleiben.“ 1) W. Berent, |. c. 2) E. Ziegler, l. c. S. 367. 3) M. Kowalewski, l. ec. S. 474. 806 W. Reinhard: Positive Daten über die Entstehung dieser Zellen finden wir hier also nicht, es wird darüber nur eine Vermuthung ausgesprochen. In einer weiteren Arbeit kommt Kowalewski zu einem anderen Schlusse '): „Die von mir in der eben genannten Arbeit als Entoderm beschriebene Anlage stellt nicht, wie ich es zuvor vermuthete, das ganze Entoderm, sonderm bloss einen kleinen hinteren Theil desselben dar, aus welchem die sogenannte Allan- tois oder Kupffer'sche Blase entsteht“ ; diejenige Zellenmasse, welche Kowalewski auf der Fig. 1 mit E” bezeichnet, unterscheidet sich durch nichts von den Zellen des Entoderms, wie jeder aus der von ihm beigefügten Zeichnung ersehen kann und sehe ich keine Gründe, welche Kowalewski bestimm- ten, dieselbe für Entoblastzellen zu halten. Was diejenigen Zellen anbelangt, welche neben dem Dotterblastoporus liegen und welche sich von den übrigen ihrer Form und besonders ihrer Grösse nach wirklich unterscheiden, so meint er, dass „die radiäre Anordnung seiner der intermediären Schicht anliegenden Zellen um eine kleine, der Deckschicht zugewendete Aushöhlung (Fig. 1 E), wie ich es schon früher bei Gobius beobachtet habe, ohne damals darauf aufmerksam zu machen, ist nicht ohne Bedeutung. Zum Gegentheil, dieselbe läst uns aus dem weiteren Verhalten des gleichen Gebildes beim Goldfisch erkennen, dass wir es hier mit der eben in Entstehung begriffenen Kupffer’schen Blase zu thun haben.“ In der angegebenen Figur sieht er die Darstellung des ersten Moments der Gastrulation, die Höhlung hält er für eine Gastrulahöhle oder für einen Blastoporus. Ich meine, Kowalewski irrt sich hier: es ist zweifellos klar, dass die genannte Höhlung eine künstliche Bildung ist, die auf mechanischem Wege bei der Ausführung des Schnittes entstanden und möglicherweise auch von der Art der Fixirung abhängig ist. Auf guten Präparaten ist hier gar keine Höhlung. Die erste Phase der Bildung der Kupffer'schen Blase hat Kowalewski offenbar nicht ge- sehen, und seinen auf Fig. 1 abgebildeten Durchschnitt halte ich für einen seitlichen, der die Kupffer sche Blase nicht getroffen 1) M. Kowalewski, Die Gastrulation und die sogen. Allantois bei Teleostiern. Sitzungsberichte der physik.-medie. Gesellsch. in Er- langen, 1886. Die Bedeutung des Periblastes und der Kupffer’schen Blase ete. 807 hat. Weiter meint er, dass diese Höhlung scheinbar verschwindet und die sich bildende Kupffer’sche Blase eompaet wird, und nachher zum zweiten Mal eine Höhlung bekommt. Diese Stelle der Beobachtungen von Kowalewski ist nicht ganz klar aus- einandergesetzt. Beweise für das Weiterrücken der Kupffer'- schen Blase sind nicht angeführt, da nur zwei Abbildungen ge- geben sind, von denen die eine nach dem Durchschnitt des Eies von Gobius, die andere nach dem des Eies von Carassius gemacht ist; dabei ist auf der zweiten schon eine ganz ent- wickelte Kupffer’sche Blase abgebildet. Ferner, wenn die mit E’ bezeichneten Zellen den Rest des Canalis neurenterieus darstellen sollen, nicht aber den Anfang der Bildung der Kupffer'- schen Blase, aus welchen Zellen entsteht dann die Kupffer’sche Blase und wann liegt sie an der Denkschicht? Spätere Arbeiten bestätigen in dieser Hinsicht die Beobachtungen von Kowa- lewski und Kupffer nicht. „Chez la Truite“, sagt Henne- guy'), „je n’ai jamais observe de communication entre la vesi- eule et l'exterieur, soit par un canal en avant du bourgeon caudal, comme l’admet Kupffer, soit par une ligne et une cordon cellulaire, comme le dit Kowalewski, je ne puis ad- mettre, en effet, que les quelques cellules aplaties, qui se trouvent ä la face interne de la lame enveloppante, puissent @tre regardees comme representant le canal d’invagination de la vesieul.“ Ob- gleich er weiter vorsichtig bemerkt: „De ce que je n’ai pas observe de communication entre la vesieule et l’exterieur dans les especes que jai examinees, Truite, Epinoche, Perche, Lepi- dogaster, je ne me crois pas autorise & conelure que cette commu- nication ne puisse exister chez d’autres Poissont“. Ich zweifle nicht daran, dass Henneguy selbst nur die spätere Entwicke- lungsphase der Ku pffer schen Blase sah. Daher behauptet er, dass „chez la Truite, la vesieule de Kupffer n’apparait qu'au stade. E, par eonsequent, apres la formation de la corde dor- sale, des James mesodermiques et la differenciation de l’endoderme secondaire“. Die Zellen des Entoderms vermehren sich und ‚il en resulte une petite masse cellulaire qui fait saillie au millieu des cellules ectodermiques ou indifferentes, qui sont en arrier de l’extremite posterieure de la corde dorsale. Cette masse eellu- 1) Henneguy, |. c. S. 563. 808 W. Reinhard: laire se ereuse d’une eavite, et donne naissance A une vesieule.“... Meine Beobachtungen, wie wir es weiter sehen werden, sprechen dagegen. Die in den letzten Jahren erschienenen Arbeiten suchen zu beweisen, dass die Periblastschicht gar keinen Antheil an der Bildung des Embryo nimmt; so erklärt Ziegler!) auf's Neue: „Seit Jahren vertrete ich die Ansicht, dass die grossen Kerne im Dotter der Teleostier und Selachier sich von der Zeit der Be- endigung der Furchung ab in keiner Weise mehr morphologisch an der Embryonalentwickelung betheiligen . . . ich glaube sogar, dass ein entsprechender Satz für alle meroblastischen Wirbelthiere Giltigkeit hat.“ Fast dasselbe spricht Samassa aus?): „Be- züglich des Schicksals und der Bedeutung der Dotterkerne stehe ich völlig auf der Seite jener Forscher, die, wie Agassiz und Whitman, Wencekenbach, Ziegler u. A., jede Betheili- gung derselben am Aufbau des Embryonalleibes in Abrede stellen. Während der Furchung kann von einem Abschnüren von Zellen von Seite des Periblasts eben so wenig die Rede sein, wie von einer Betheiligung desselben an der Bildung des Darmes.‘‘ Bei Corning?) finde ich folgende Bemerkung: ‚Von dem Zeitpunkt an, wo die Merocyten sich vom Keime abtrennen und wo ihre Fortwachsung durch indirekte Theilung aufhört, geht ihnen jede formative Bedeutung für den Embryo ab.“ Da ich nicht die Möglichkeit hatte, künstlich befruchtete Eier von Leuciseus zu beobachten, und die Entwieklungsphasen nach der Dauer der Entwicklung einzutheilen, so habe ich mein ganzes Material in eine, und zwar möglichst grosse Anzahl auf- einander folgender Phasen, nach den eigenthümlichen Merk- malen, die sie zeigten, eingetheilt, und fing darauf an, dieselben zu studiren. Die Beschreibung der Kennzeichen, die ich für die einzelnen Entwiekeluugsphasen angenommen habe, und die Ab- bildungen der aufeinander folgenden Schnitte werde ich später geben. Nachdem ich die Phase, in der die Kupffer'sche Blase völlig ausgebildet erscheint, gefunden hatte, begann ich Schnitte 1) H. Ziegler, Ueber das Verhalten der Kerne im Dotter der meroblastischen Wirbelthiere. Berichte der naturf. Gesellsch. zu Frei- burg i. B. Bd. 8. 189. 27 SAmMaBSsarıl.c.n. 191. 3) H. Corning, Merocyten und Umwachsungsrand bei Teleo- stiern. Festschrift f. C. Gegenbaur. 18%. wi Die Bedeutung des Periblastes und der Kupffer’schen Blase etc. 809 jüngerer Entwicklungsphasen zu machen in der Absicht ihre Bildungsweise zu erforschen. Diese Untersuchungen haben mich zu dem Schlusse geführt, dass die Kupffer’sche Blase sich unmittelbar am Dotterblastoporus bildet, wie es Kowalewski vermuthete, nicht aber in einer gewissen Entfernung von ihm, wie Henneguy und andere meinen. Seine Bildungsweise ist aber eine andere. Die Kupffer’sche Blase erscheint als ein compakter Zellenhaufen, in welchem sich darauf eine kleine Höhle bildet, die sich allmählich vergrössert. Nachdem die Kupffer’sche Blase eine gewisse Grösse erreicht, verengt sie sich und ihre Höhlung nimmt die Form einer Spalte an. Die Zellen, welche die Höhlung umgeben, vermehren sich rasch und verbreiten sich auf der unteren Fläche des Keimes zwischen der Mesoblastschicht und dem Periblast. Neben dem Vorderende der Kupffer’schen Blase (dem zum Vorderende des Embryo ge- richteten) bilden die Zellen auf dem Schnitte einen immer dünner werdenden Kegel, bis sie endlich in eine einzellige Schicht übergehen, welche sich an der Oberfläche des Periblastes zum vorderen Ende des Embryo hin erstreckt. Meine Beobachtungen haben gezeigt, dass das Material zur Bildung der Kupffer- schen Blase von dem Periblast gegeben wird, dessen Kerne, mit dem umgebenden Protoplasma, sich zu Zellen differenziren, die in den Bestand der Zellenwände der Blase eintreten. Diese Bildung der Zellen aus dem Periblast geht auf der unteren, dem Periblast anliegenden Fläche der Kupffer’schen Blase vor sich in dem Maasse, als die fertigen Zellen, sich vermehrend, seine Wände verlassen. Diese Vermehrung der Zellen und deren Austritt möchte ich mit dem ähnlichen Prozess bei der Gastrula einiger Echino- dermata vergleichen, wo aber freilich die austretenden Zellen eine andere Bedeutung haben. Daher kann man Phasen beob- achten, bei denen die untere Seite der Kupffer’'schen Blase zellenlos ist, keine eigene Wand hat und unmittelbar dem Peri- blast anliegt. Durch diesen Umstand erkläre ich mir die sonst ganz unbegreiflichen Widersprüche, die zwischen den Deutungen der Gelehrten über den Bau der Kupffer’schen Blase existiren. So halten sie Kingsley und Conn für eine Höhle, die zwischen dem Entoblast und dem Dotter liegt. Derselben Ansicht sind 810 W. Reinhard: Agassiz und Whitman, und Cuningham. Henneguy sagt im Gegentheil!): „L’opinion des auteurs que, tels que Kingsley et Conn, Agassiz et Whitman, Cuning- ham, Ziegler, qui admettent, que la vesiceule de Kupffer est formee par une depression comprise entre la partie posterieur de l’embryon et le parablaste et en tirent par consequent des conelusions theoriques, est inadmissible parc& qu’elle repose tres probablement sur une erreur d’observation.“ An einer anderen Stelle sagt er: „La vesicule est en effet, fermee inferieurement par une couche de cellules; elle est entierement comprise dans l’eppaisseur de l’endoderme.“ Schwarz sagt Folgendes über die Entstehung der Kupffer’schen Blase: „Als erste Anlage der Kupffer’schen Höhle deute ich eine eigenthümliche, nicht weiter zu beschreibende Gruppirung von Zellen in jener Zellmasse, welche unter dem Oellacher’schen Achsenstrang am vorderen Ende der Oellacher- schen Schwanzknospe gelegen ist.“ Die Lage vor der „Schwanz- knospe“ nimmt die Kupffer’sche Blase erst späterhin ein; daher ist es klar, dass Schwarz den Anfang ihrer Bildung nicht gesehen hat. Weiter fügt er hinzu: „Ich habe nicht be- obachtet, dass die Kupffer'sche Höhle zu irgend einer Zeit oder an irgend einer Stelle auf der Dotterseite sich öffnet. Im Dotter unter der Kupffer’schen Höhle liegen immer einige Dotterkerne, welche aber mit den die Höhle nach unten be- srenzenden Zellen nichts zu thun haben“ ?). Nach Wilson liegt die Kupffer’sche Blase zwischen dem Entoblast und dem Periblast, — ‚The cavity of the vesiele originally lies between the entoderm and the periblast‘“ ®?); er lässt eine zweifache Art ihrer Bildung zu: „Whereas in the Bass the vesiele arises by a process of folding, in the Salmonidae its development may by construed as the hollowing out of a solid thierening“. Den ersten Moment der Bildung der Kupffer- schen Blase hat Wilson offenbar nicht beobachtet. H. Virchow. fand%: „Die Kupffer’sche'.Blase 7. 1) Henneguy, |. c. S. 564. 2) D. Schwarz, Untersuchungen des Schwanzendes bei den Embryonen der Wirbelthiere. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 48. 1889, S. 197. 3) Wilson, 1. ce. S. 236. 4) H. Virchow, Ueber d. Keimhautrand der Salmoniden. Verh. d. anat. Gesellsch. 1895, S. 209. Die Bedeutung des Periblastes und der Kupffer’schen Blase ete. 811 hat eine ventrale Wand... die Kupffer’sche Blase... tritt erst einige Zeit nach der Bildung des embryonalen Entoderms auf. In einer Bemerkung fügt er übrigens hinzu: „An der ventralen Wand ist der epitheliale Character nieht so klar.“ Berent sagt!): „Die Anlage der Kupffer schen Blase steht nieht im direkten Verhältniss zu der grosszelligen Anlage, sondern sie ist auf nachträgliche Wucherung des schon gebildeten Entoderms zurückzuführen (Fig. 36, Taf. XVII). Diese und die folgenden Figuren zeigen, dass Berent den ersten Moment der Bildung der Kupffer’schen Blase nicht gesehen hat. Fig. 42 zeigt eine spätere Phase und dabei einen Sehnitt durch das Ende der Blase. Die Kupffer’sche Blase halte ich für den Ort, wo die Entwicklung des Darmes anfängt; in dieser Hinsicht stimme ich Henneguy bei, welcher sagt: „la vesieule de Kupffer n'est done que la premiere apparition de la cavite du tube digestif, avec laquelle elle se confond plus tard.“ Ich habe aber noch keine sicheren Daten in Bezug darauf, ob und in weleher Form sich die Höhlung der Blase erhält; mit dieser Frage bin ich unter anderem jetzt beschäftigt. Sobotta2) beschreibt die Entstehung der Kupffer’schen Blase in folgender Weise: „Im Entoderm tritt... unmittelbar vor dem Randknopf gelegen, eine an ihrer oberen Wand von hoch eylindrischen Zellen begrenzte kleine Höhle auf, die Kupffer’sche Blase.“ Er bemerkte sie bei einem Embryo, der schon drei Somiten hatte. Auf Fig. 6 gebe ich einen Längs- schnitt des Embryo, der die jüngste Entwicklungsphase der Kupffer’schen Blase zeigt. Wir sehen hier eine Gruppe von Zellen, die am Dotterblastoporus gelegen sind und eine radiäre Anordnung zeigen. Sogar mit Hilfe der homogenen Immersion konnte ich hier keine Höhlung finden. Die Zellen der Deekschieht gehen nicht in die unten liegen- den Zellen über, sondern setzen sich an der Oberfläche des Dotterblastoporus fort. Unter der Stelle, wo die Kupffer’sehe Blase sich entwiekelt, bildet das Protoplasma der Periblastschicht 1) Berent, 1. ce. S. 317. 2) Sobotta, Ueber Mesoderm, Herz, Gefäss und Blutbildung bei Salmoniden. Verhandl. anat. Ges. 94, S. 79. 812 W. Reinhard: immer eine bedeutende Erweiterung, die sich weiter nach vorne- hin rasch verengt. Diese Erweiterung erhält sich die ganze Zeit, so lange die Bildung der Zellen aus dem Periblast vor sich geht, und bleibt im Zusammenhange mit der Kupffer'schen Blase einige Zeit, auch nachdem die Höhlung derselben den grössten Durchmesser erreicht und ganz geschlossen wird. Diese Erweiterung der Periblastschicht habe ich auf Fig. 10 abgebildet. Hier bildet sie in der Richtung der Kupffer’'schen Blase, die schon ganz geschlossen ist, einen allmählich sich verengenden Vorsprung. In dieser Erweiterung und in dem anliegenden Dotterblastoporus befinden sich viele Kerne von verschiedener Grösse. Die erwähnte Erweiterung und die Anhäufung von Kernen, schien es mir, mussten eine gewisse Bedeutung haben und veranlassten mich, besondere Aufmerksamkeit auf die Ent- wicklung dieses Theiles des Embryo zu richten. Auf Fig. 7 sehen wir schon eine kleine, aber deutliche Höhlung. Die Zellen erhalten eine radiäre Disposition und ver- mehren sich. Die Zellen, die näher zum Vorderende des Em- bryo liegen, sind recht lang; die unteren, die sich nicht getheilt haben, übertreffen an Grösse die übrigen. Zwischen der Deck- schicht, den Zellen der Kupffer’schen Blase und der Periblast- schieht ist ein dreieckiger Raum zu sehen, der sich beim Schneiden und Fixiren auf künstlichem Wege gebildet hat und den Kowa- lewski für Blastoporus hält. Auf Fig. 8 ist die Höhlung der Kupffer’schen Blase bedeutend grösser, während die Zellen, die zur Rückenseite des Embryo gekehrt sind, von den um- gebenden ihrer Grösse nach nicht differiren, die unteren, dem Periblast anliegenden, bedeutend grösser sind. Auf der vorher- gehenden Figur sahen wir, dass die Kupffer’sche Blase noch dem Dotterblastoporus anliegt, auf Fig. 8 ist sie etwas von dem hinteren Ende des Embryo weggerückt. In dieser und der folgenden Entwicklungsphase dauert die Vermehrung der Zellen der Kupffer’schen Blase fort und sie verbreiten sich nach dem vorderen Ende des Embryo hin. Fig. 9 stellt auch einen Längs- schnitt des hinteren Endes des Embryo dar. Die Kupffer’sche Blase hat hier eine noch grössere Höhlung. Auf der dein Peri- blast anliegenden Seite sind die Zellen noch grösser, besonders eine, die mit zwei Kernen versehen ist. Rechts von derselben liegt die Wand der Kupffer’schen Blase unmittelbar an der Die Bedeutung des Periblastes und der Kupffer'schen Blase ete. 815 Periblastschicht und hier sind noch keine Zellen. Die Kupffer- sche Blase ist noch mehr vom Dotterblastoporus in Folge der Ver- mehrung der höher liegenden Zellen weggerückt. Es ist sehr schwer Beweise für die Differenzirung der Zellen der Kupffer- schen Blase aus dem Periblast anzuführen, und zwar deshalb, weil diese Differenzirung augenscheinlich sehr rasch vor sich geht. Es ist also nothwendig, die Zellen in dem Moment zu er- haschen, wenn sie sich eben gebildet haben. Zu diesem Zwecke muss eine bedeutende Anzahl Serien von Schnitten aus einer und derselben Entwicklungsphase gemacht werden. Aber auch hier entsteht die Frage, durch welche Be- sonderheiten können oder müssen sich diese Zellen von den übrigen unterscheiden ? Sie können grösser sein, da die Kerne des Periblastes gewöhnlich eine bedeutende Grösse haben. Jedoch dort, wo die Periblastkerne sieh rasch vermehren, können die- selben, ihrer Grösse nach, den Kernen der übrigen Zellen des Keimes entsprechen. Im Hinblick darauf kann zugegeben werden, dass die sich differenzirenden Zellen von verschiedener Grösse sein können. Es ist unmöglich, Zellen von gleicher Grösse mit den übrigen Zellen des Keimes von den letzteren zu unterscheiden. Als andere Merkmale dieser Zellen können dienen: ihre Lage in dem Periblast (so lange sie noch nicht als Bestandtheile in die Wand der Kupffer’schen Blase eingetreten sind) und, vielleicht, die Anwesenheit von zwei Kernen in einigen von ihnen. Auf Fig. 11 und 12 habe ich zwei Querschnitte von der- jenigen Entwicklungsphase abgebildet, welehe unmittelbar auf diejenige folgt, welche auf den vorhergehenden Figuren abge- bildet sind. Der auf Figur 11 dargestellte Schnitt hat die Kupffer’sche Blase nicht getroffen: er ist vor derselben durch- gegangen und liegt in der Entfernung einiger Schnitte von ihr ab. Oben sehen wir hier die untere Lage gleichförmiger Zellen des hinteren Endes des Embryo, weiter unten einen breiten Protoplasmastreifen, der Erweiterung der Periblastschieht neben der Kupffer’schen Blase entsprechend, noch weiter unten den Dotter mit Dotterballen. In der Periblastschicht liegen zwei grosse Zellen, deren jede viel grösser ist, als die übrigen Zellen des Embryo. Ihrer Lage nach ist es unzweifelhaft, dass sie in Folge der Theilung einer noch grösseren Zelle entstanden sind. In der unteren von ihnen befinden sich zwei Kerne, die offenbar 814 W. Reinhard: auch durch direkte Theilung entstanden sind. Links liegt eine ebensolehe Zelle, die der oberen von den zwei erwähnten ähnlich ist. Diese Zellen haben sich, meimer Ansicht nach, aus der Periblastschicht differenzirt, worauf ihre Lage im Periblast, ihre Grösse und die Aehnlichkeit der Kerne mit den Periblastkernen hinweist. Fig. 12 zeigt einen Schnitt, der durch die Kupffer’sche Blase gegangen ist. Sein oberer Theil besteht aus vollkommen differenzirten Zellen. Die Zellen links haben sich sehr ver- längert. Auf der unteren Seite sind die Zellen nicht differenzirt. Wir sehen hier eine grosse Zelle mit einem grossen Kern und nebenbei eine andere von geringerer Grösse. Beide haben sich differenzirt, und scheinbar erst eben, aus der Periblastschicht. In Bezug auf die kleinere ist das nicht zu beweisen, da sie ihrer Grösse nach sich schon den übrigen Zellen nähert. Zur Linken liegen drei Kerne, die der Grösse nach den Kernen der übrigen Zellen des Embryo gleich sind, aber in dem umgebenden Plasma konnte ich keine den Zellenumrissen entsprechende Grenzen be- merken, selbst mit der homogenen ‚Immersion nicht. Fig. 13 stellt einen Längsschnitt der Kupffer'schen Blase in der folgen- den Entwicklungsphase dar. Eine grosse Zelle mit einem, im Vergleich zu den übrigen viel grösseren, den Periblastkernen ähnlichen Kern, als auch zwei andere, die mehr nach rechts liegen und unzweifelhaft aus der Theilung einer grossen hervorgegangen sind, sind durch Differenzirung aus der Periblastschieht, in der sie liegen, ent- standen; sie haben noch nicht die völlige Aehnliehkeit mit den übrigen Zellen angenommen. Fig. 14 zeigt einen Längsschnitt der Kupffer’schen Blase in der übernächsten nach der eben betrachteten Entwicklungsphase. Die Zellenwand der Blase ist ganz geschlossen und an der unteren Seite von der Periblast- schieht zum Theil sogar durch Mesoblastzellen getrennt. Unter den Zellen der Kupffer schen Blase aber hat Eine, die offen- bar aus dem Periblast entstanden ist, worauf wiederum ihre Grösse, wie die Grösse und Aehnliehkeit des Kernes mit den Periblastkernen deutet noch nicht Zeit gehabt, sich zu theilen. Mit den sogenannten Megasphären, die ich mehrmals beobachtet habe, hat diese Zelle nichts gemein und enthält gar keinen Dotter. Ich habe also diejenigen Zellen, die nach allen Merk- Die Bedeutung des Periblastes und der Kupffer'schen Blase ete. 815 malen sich aus der Periblastschieht differenzirten, in drei Ent- wicklungsphasen des Embryo gefunden und dabei im letzten Falle in einer Phase, die im Verhältniss zur vorhergehenden, nämlich zu der auf Fig. 13 dargestellten, die übernächste ist. So habe ich denn das Recht, den Schluss zu ziehen, dass die Bil- dung der Zellen aus dem Periblast im Laufe von vier Ent- wicklungsphasen vor sich geht. In den jüngeren Entwieklungs- phasen, wenn die Kupffer’sche Blase noch sehr klein ist oder wenn die Höhlung sich noch nicht gebildet hat, habe ich nicht die Möglichkeit gehabt, diese sich differenzirenden Zellen zu sehen, aber,. wie ich glaube, nur deshalb, weil ich wenig Em- bryonen gerade dieser Entwieklungsphase hatte und bis jetzt wenige Schnitte aus ihnen gemacht habe. Diese Lücke werde ich natürlich jetzt, da ich mir neues Material zur Untersuchung vorbereitet habe, auszufüllen suchen. Nachdem ich meine Beobachtungen über die Bildungsweise der Kupffer’schen Blase mitgetheilt habe, kann ich die Bemerkungen, die Virchow über die im hinteren Theile des Embryo gelegenen Zellen macht, nicht mit Stillschweigen übergehen: „Hier“, sagt er, „fand ich grosse Zellen, welche nach der Beschaffenheit ihres Protoplasma und ihrer Kerne syneytische Merkmale hatten, in dem drei- eckigen Raume zwischen Randsaum, Umschlag und Dotter. Ich habe solche Zellen auf Schnitten bisher nur am hinteren Rande gesehen, doch möchte ich das für einen Zufall halten. Aus der Lage ist nicht zu schliessen, ob sie sich dem Randsaum oder dem Umschlag oder keinem von beiden anschliessen werden; ich möchte aber das Zweite glauben.“ Das weitere Schicksal und den Ursprung dieser Zellen hat Virchow nicht verfolgt. Ich muss hier noch eine Bemerkung über die Lage der Kupffer’schen Blase machen. Wir sahen oben, dass sie vor- wärts rückt, wenn auch unbedeutend, und dieses Rücken von der Vermehrung der die Blase hinten und unten umgebenden Mesoblastzellen abhängig ist. Ueber die Verbreitung der Entoblastschieht bestehen noch Widersprüche. Virchow sagt darüber Folgendes!) : „Entoderm findet sich um die Zeit des Dotterlochschlusses und noch in den 1) H. Virchow, Ueber den Keimhautrand der Salmoniden. Verh, d. anat. Ges. 1895, S. 206. si16 W. Reinhard: nachfolgenden Perioden nicht nur im Embryo, sondern auch seitlich von der eigentlichen Embryonal-Anlage und ausserdem im hinteren Rande des Dotterloches auf dem Dottersack.“ Auf Grund der oben mitgetheilten Beobachtungen kann ich mit dem letzten nicht übereinstimmen und finde, dass im hinteren Rande des Dotterloches kein Entoderm liegt. Virchow bemerkt weiter selbst: „Ueber das Schicksal des im hinteren Rande des Dotterloches liegenden Entoderms ist es schwer, etwas sicheres zu ermitteln“ und giebt sein Zerfallen zu. Die Anwesenheit des Entoblastes in der abembryonalen Region der Keimscheibe wird auch von Samassa geleugnet',;, Virchow?) leugnet die Existenz des Entoblastes hinter der Kupffer’schen Blase; er sagt: „Man wird daher kaum zweifeln dürfen, dass das embryo- nale Entoderm mit der hinteren Wand der Kupffer’schen Blase seinen Abschluss findet, dass demgemäss der dahinter ge- legene Zellenhaufen nicht entodermal, sondern mesodermal ist.“ „An der unteren Seite des Endwulstes, also dort, wo dieser an das Syneytium grenzt, suchen wir vergeblich nach Entoderm, welches wir erwarten dürften, in Form der stark abgeplatteten Zellen zu finden, wie sie auch für das Entoderm des Keimhaut- randes und für das seitliche Entoderm neben dem Embryo charakteristisch sind. Ich habe auf diesen Punkt peinliche Sorgfalt verwendet, aber ich muss auf Grund der Durcharbeitung meiner Serien sagen, dass eine derartige Lage nicht nachweisbar ist.“ Dem hier ausgesprochenen Satze stimme ich vollkommen bei, er entspricht auch meinen Beobachtungen vollständig. Was das Umwachsen des Dotters durch den Periblast an- belangt, so sagt darüber Virchow Folgendes): „Bei der weiteren Umwachsung überragt dann das Syneytium nie mehr den zelligen Rand, sondern schneidet entweder mit ihm ab oder wird von ihm überragt. Ich besitze Präparate von Salmoniden, wo einige Zeit vor dem Verschluss des Dotterloches der Rand des Syneytium an keiner Stelle des Umfanges den zelligen Rand erreicht.“ Corning*) stellt das Umwachsen des Periblastes 1) Samassa, l. c. S. 203. 21H. Varchos, \..e.-8..811: 3) H. Virchow, Ueber das Dottersyneytium und den Keimhaut- rand der Salmoniden. Verh. d. anat. Ges. 1894, S. 75. 4) Corning,l. ce. A Die Bedeutung des Periblastes und der Kupffer'schen Blase ete. 817 vollständig in Abhängigkeit von dem Umwachsen des Randes der Keimscheibe. Das Umwachsen des Dotters durch den Peri- blast und die Deekschicht geschieht bei Leueiseus lange vor der Schliessung des Dotterblastoporus. Das Umwachsen des Periblastes und der Deckschicht folgt nicht auf das Umwachsen des Randes der Keimscheibe, sondern im Gegentheil es geht diesem bedeutend voraus. Auf diesen Umstand habe ich schon früher hingewiesen. Es ist klar, dass in dieser Hinsicht bei verschiedenen Fischen grosse Unterschiede vorkommen, und wenn bei einigen eine gegenseitige Abhängigkeit des Umwachsens des Periblastes und des Umwachsens des Randes der Keimscheibe auch existirt, so kann man sie nicht als allgemeine Regel auf- stellen. Bei Leuciscus wenigstens besteht eine solche Abhängig- keit nicht. Ein so frühzeitiges Umwachsen des Dotters halte ich für mehr primär. Die sich aus dem Periblast differenzirenden Zellen müssen sich weiter hin ganz gewiss kariokynetisch theilen, was die von mir früher darüber ausgesprochene Meinung bestätigt !). (Vorgelegt in der Sitzung der Gesellschaft der Naturforscher in Charkow am 3. April 1897.) Schlussfolgerungen. l. Eine Zellenablösung von dem Dotter, die sogenannte Nachfurchung findet bei Leueiseus nicht statt. 2. Der Periblast wird bei Leueiseus durch Eindringen der Zellen des Blastodiseus in die obere Schicht des Dotters und durch das allmähliche Verschmelzen derselben mit einander gebildet. 3. Der Periblast und die Deckschieht umwachsen den Dotter vor der Schliessung des Dotterblastoporus und wachsen also unabhängig von dem Rande der Keimscheibe aus. 4. Die Kupffer'sche Blase erscheint am Rande des soge- nannten Dotterplastoporus als eine Ansammlung radiär geordneter Zellen, zwischen denen sich eine recht kleine Höhlung bildet, welche sich allmählich vergrössert. 5. Die Kupffer’sche Blase bildet sich auf Kosten der sich 1) W. Reinhard, Zur Frage über die amitotische Theilung der Zellen. Biolog. Centralblatt Bd. 16, Nr. II, 1896. 818 W. Reinhard: aus dem Periblast diflerenzirenden Zellen. Die Differenzirung geht weiter auf der unteren Fläche der Kupffer'schen Blase vor sich, wo letztere dem Periblast anliegt; daher sind die Beob- achtungen derjenigen Gelehrten, welche die Kupffer’sche Blase von dieser Seite ungeschlossen sahen, ganz richtig. 6. Die Zellen der Kupffer’schen Blase bilden, indem sie sich vermehren, den Entoblast des Darmes. 7. Der Periblast ist nichts Anderes, als der auf besondere Weise umgebildete primäre Entoblast. 8) Der Mesoblast differenzirt sich als eine zusammenhängende Schicht früher als der Entoblast. Er entsteht durch Ablösung von Zellen an der ganzen Oberfläche der Keimscheibe. Seine Bildung beginnt am Randwall. Die vorliegende Arbeit konnte deutsch erst viel später, als russisch im Drucke erscheinen. Inzwischen hat Bataillon einen Aufsatz veröffentlicht !), in dem er annimmt, die Entwicke- lung des Periblastes bei Leuciscus nehme ihren Anfang auf einer sehr jungen Entwickelungsphase (aus 32 Zellen bestehend). Dieser Meinung, wie es aus dem Obigen zu ersehen ist, kann ich mieh nicht anschliessen. Die Kerne, die Bataillon beschreibt, „entour&s chacun d’une masse granuleuse tres chro- mophile, avec de prolongements qui s’enchevetrent en se rami- fiant de facon a donner en surface un reseau tres riche“, sind Zellen, die in den Dotter eindringen, um zur Bildung des Periblastes zu dienen. Seine Fig. 1 Taf. XIII entspricht meiner Fig. 2 und stellt also eine der Jüngsten Entwickelungsphasen des Periblastes dar. Was die Theilung der Blastomeren anbelangt, die in meiner oben eitirten Schrift beschrieben war, so meint er, dass „il est possible que le cas eonsidere reste a part comme bien d’autres. Ü’est affaire de definition“ ?). Ich denke jedoch, dass bei der Defi- nition der mitotischen Theilung die Segmentirung der chromati- schen Substanz die grösste Rolle spielen muss und wird. Meine Erwiderungen gegen Ziegler und vom Rath stützen 1) E. Bataillon, Nouvelles recherches sur les m&canismes de l’evolution. Arch. d. zoologie experim. 1897 Nr. 2. 2) 1. c. 8. 308. Die Bedeutung des Periblastes und der Kupffer’schen Blase etc. 819 sich nieht ausschliesslich auf den Theilungsmodus der Blastomeren, sondern auch darauf, dass die Periblastkerne (deren amitotische Theilung niemand bestreitet) sich in Zellen des Entoblastes diffe- renziren können, die sich weiter mitotisch theilen. In den „Ergebnisse der Anatomie und Entwickelungsge- schiente“!) sagt Meves, dass die Zeichnungen in meiner sehon erwähnten Schrift das Dispiremstadium der mitotischen Theilung darstellen. A. a. OÖ. sage ich aber: „Zellen mit runden ehromatischen Kernen, die eine Centrosome und Sphäre enthalten, und auch solehe mit zwei Sphären und Centrosomen und verschiedenen Phasen der mitotischen Theilung sind sehr gut zu sehen“ ?). Unter anderem sahı ich allerdings auch das Dispiremstadium der runden Kerne. Doch glaube ich, dass die „polymorphen“ Kerne in die Theilungsphasen der runden Kerne nicht hineingehören. Bei dieser Frage will ich mich übrigens nicht länger aufhalten, da ich die Absicht habe, sie ausführlicher zu besprechen. Neuerdings beschrieb Plate°) Kerne in der Lunge von Janella, die an die „polymorphen“ der Blastomeren bei Leueiseus erinnern. Sie theilen sich amitotisch und dienen zur Regeneration der Zellen. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXXV u. XXXVL Alle Zeichnungen sind sorgfältig mit dem Zeichenapparat von Abbe gezeichnet. Fig. 1—5. Schnitte, die die allmähliche Bildung des Periblastes zeigen. Zeiss, E 2 Oc. Fig. 6. Anfang der Bildung der Kupffer’schen Blase. Längsschnitt. Hom. Imm. !/, 4 Oc. Fig. 7. Das erste Auftreten einer Höhle in der Kupffer’schen Blase. Längsschnitt. Hom. Imm. 1/5, 6 Oec. Fig. 8. Weitere Ausbildung der Kupffer’schen Blase. Längsschnitt. Hom. Imm. !/j, 4 Oc. Fig. 9. Weitere Ausbildung der Kupffer’schen Blase. Längsschnitt. Hom. Imm. Y/,, 4 Oc. 1) Bd. VI, 1897. Fr. Meves, Zelltheilung. 2) Biolog. Centralbl. Bd. XVI, Nr. II, S. 425. 3) L. Plate, Ueber regenerative Amitose etc. Archiv f. mikr. Anat. Bd. 51, 1898. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52. 53 830 Richard Thome&: -. 10. Längsschnitt. Apochr., 2 Oe. Fig. 11. Querschnitt. Zellen, die sich in dem Periblast differenzirt haben. Apochr., 6 Oe. Fig. 12. Querschnitt aus derselben Serie, einige Schnitte später als der vorhergehende. Zellen, die sich aus dem Periblast differen- ziren. Hom. Imm. !/,o, 4 Oe. Fig. 13. Längsschnitt. Hom. Imm. !/;, 4 Oec. Fig. 14. Längsschnitt. Hom. Imm. !/,o, 4 Oe. Die Figuren der Lichtdrucktafel beziehen sich auf die gleich- nummerirten Zeichnungen. (Aus dem anat.-biologischen Institut zu Berlin.) Endothelien als Phagocyten (aus den Lymph- drüsen von Macacus cynomolgus). Von Dr. Richard Thome. Hierzu Tafel XXXVI. Kurz vor Weihnachten 1897 gelangte das anatomisch-bio- logische Institut zu Berlin in den Besitz eines noch jungen, aber ausgewachsenen weiblichen Exemplars von Macacus eynomolgus. Um eine möglichst gute Fixation der einzelnen Organe zu er- halten, wurden dem Thier nach voraufgegangener Morphium- injektion, auf die es auffällig rasch reagirte, beide Arteriae femorales geöffnet und nach völliger Verblutung sofort von der Aorta ascendens aus eine 4°/, Formalinlösung injieirt. Es wurden unter anderem eine grössere Anzahl von Lymphdrüsen aus der Mesenterial- und Halsregion entnommen und in Zenker'’sche Flüssigkeit eingelegt. Eingebettet wurden sie sämmtlich in Paraffin. Bei der mikroskopischen Untersuchung einer dieser fielen Herrn Privatdozenten Dr. Krause eine Art grosser, Ein- schlüsse enthaltender Zellen auf, und zur nähern Untersuchung Endothelien als Phagoeyten ete. 82i dieser Zellen wurde mir dann das Material übergeben. Von jeder der Lymphdrüsen fertigte ich eime Anzahl Schnitte an in der Dicke von 3—5 u, die mit verdünntem Alkohol aufgeklebt wurden, und unterwarf diese den verschiedensten Färbemethoden : Hämatoxylin mit verschiedenen Protoplasmafärbungen, Toluidin, Heidenhain, Bizozzero und Ehrlich-Biondi. Die letztere ergab die besten und übersichtlichsten Bilder und wurde deshalb späterhin fast ausschliesslich von mir angewandt. Auch die Zeichnungen sind nach Präparaten angefertigt, die in dieser Weise gefärbt sind Bei der Bereitung der Mischung richtete ich mich zunächst nach der Angabe von R. Krause. Von Rubin S, Orange G und Methylgrün, die sämmtlich von der Berliner Aktiengesell- schaft für Anilinfabrikation bezogen waren, wurden gesättigte wässrige Lösungen angefertigt Alsdann wurden zu 7 cem Orange- lösung 4cem Rubinlösung zugesetzt und durch Umrühren eine gleiehmässige Mischung hergestellt. Dann erst wurden 8 cem Methylgrünlösung langsam unter stetigem Umrühren beigefügt. Auf diese Weise entstand kein Niederschlag. Von dieser Stamm- lösung wurde zur Herstellung der eigentlichen Farblösung 1 Theil mit 100 Theilen Wasser verdünnt. In der Lösung verblieben die Schnitte 24 Stunden. Das Protoplasma und das Chromatin waren nach dieser Zeit gut gefärbt, das Protoplasma vielleicht etwas zu intensiv, doch zeigte sich der Uebelstand, dass in den meisten rothen Blutkörperchen an Stelle der Orange- eine Rubin- färbung getreten war. Hoyer, dem dies ebenfalls aufgefallen war, hatte angegeben, zur Erzielung distinkter Bilder in dieser Beziehung nur wenige Stunden zu färben. Leider fiel dann bei mir die Chromatinfärbung zu schwach aus. Auch Anwendung anderer Concentrationen half wenig. Ich versuchte nun andere Mischungsverhältnisse und gelangte schliesslich mit einem Ver- hältniss von Rubin 2, Orange 5, Methylgrün 8 zu durchweg brauchbaren Resultaten. Auch hiervon wurde eine 1°/, Lösung hergestellt und hiermit die Präparate 24 Stunden gefärbt. Vor- heriges Verweilen der Schnitte in sehr verdünnter Essigsäure oder die nachherige Anwendung von angesäuerten Alkohol änderte am Resultat nur wenig. Wohl aber erhielt ich lebhaftere Fär- bungen, wenn die Farblösung selbst etwas angesäuert wurde. Es geschah dies einfach in der Weise, dass in einem Messeylinder 8223 Riehard Thome: 100g Wasser 20 Tropfen Eisessig zugesetzt wurden. Diese Lösung wurde ausgegossen und in demselben Cylinder die Ver- dünnung der Stammmischung vorgenommen. Das Verfahren ist zwar nicht sehr exakt, hatte aber immer guten Erfolg. Es scheint also auf ein paar Tropfen mehr oder weniger nicht viel anzukommen. Die Farblösung lieferte noch nach 8 tägigem, fortdauernden Gebrauch gute Bilder, doch fertigte ich mir un- gefähr jede Woche neue an. Nach der Färbung wurden die Schnitte kurz mit destillirtem Wasser abgespült, ebenfalls nur ganz kurz in 95°/, Alkohol abgeschwenkt und dann durch Ale. abs. und Xylol in Canadabalsam übergeführt. Liess ich sie längere Zeit in 95°), Alkohol, so wurde die Farbe theilweise ausgezogen. Es färbten sich das Chromatin und die Kern- membran des ruhenden Kernes blau, des karyokinetischen blau- grün, Kernkörperehen, Protoplasma und Bindegewebe roth, die rothen Blutkörperchen und ihre Abkömmlinge orange. Doch will ich noch ausdrücklich bemerken, dass die angewandte Farb- mischung nur für die grossen, näher zu beschreibenden Zellen die besten Resultate gab; für andere Zellarten in denselben Schnitten erwiesen sich andere Modifikationen oft günstiger. Die Literatur über die Lymphdrüsen der Affen ist äusserst spärlich. Erst in neuerer Zeit sind zwei Arbeiten erschienen: von Rawitz ‚Ueber die Zellen in Lymphdrüsen von Macacus eynomolgus“ und von Schumacher „Ueber die Lymphdrüsen des Macacus rhesus“. Die Angaben beider Autoren weichen erheblich von einander ab, was um so auffälliger erscheint, als es sich doch um ganz nah verwandte Thiere handelt. Da auch ich über die Lymphdrüsen von Macacus eynomolgus arbeite und mit keinem von beiden Vorgängern völlig gleiche Befunde habe, so sehe ich mich genöthigt, auch meinerseits kurz auf den Bau dieser Lymphdrüsen einzugehen, obwohl es meinem eigentlichen Thema scheinbar fern liegt. Rawitz beschreibt seinen Befund, den er gleichmässig an etwa 12 mesenterialen Lymphdrüsen gemacht hat, etwa folgender- maassen. In der sogenannten Rindensubstanz' finden sich weder Primär- noch Sekandärknötehen; vielmehr erscheint die «ganze Rinde bei schwacher Vergrösserung als gleiehmässige, dicht punktirte Organpartbie, in der nur hier und da durch Gefäss- durchschnitte verursachte Lücken sich finden. Diese gleich- Endothelien als Phagocyten etc. 823 mässige Punktirung findet sich sowohl nach seiner adjektiven Färbung mit basischen Anilinen als auch nach Anwendung von Kernfärbemitteln. Nur an einer Stelle findet er eine Andeutung von Knotenbildung, die bei stärkerer Vergrösserung als durch einen etwas stärkeren Bindegewebsstrang hervorgerufen erkannt wird. Die Marksubstanz ist heller und zeigt gegen die Rinde unregelmässige Konturen. Er betont Flemming gegenüber, der ein zeitweiliges Fehlen der Sekundärknötehen — und zwar im Ruhezustand der Lymphdrüse — anerkennt, dass auch die Rindenknoten in seinen Präparaten vollständig fehlen. Er nimmt infolge dessen an, dass die ganze mesenteriale Lymphdrüse des Macacus einem Rindenknoten eines anderen Säugethiers gleich- werthig sei. Auch findet er keine Mitosen in seinen Präparaten, sondern nur eine einzige Zelle, die einen sich amitotisch theilen- den Kern besitzt. Er lässt es indessen unentschieden, ob er nur ruhende Lymphdrüsen vor sich gehabt hat oder ob in den Lymphdrüsen des Macacus überhaupt keine Lymphzellen neu gebildet werden. Schumacher weicht in seinen Befunden in fast allem von Rawitz ab. Zwar hält er es nicht für unmöglich, dass Lymphdrüsen vorkommen, die nur einem. Rindenknoten ent- sprechen. Er selbst hat eine derartige gefunden, die aber alle Anzeichen der Degeneration darbot. Die von Rawitz abge- bildete sei aber viel zu gross. Ausserdem könne die Marksub- stanz nicht einem Sekundärknötchen entsprechen, da sie eine ausgezackte Kontur habe, von Zellbalken durchzogen sei und zwischen diesen Riesenzellen lägen. Er glaubt, dass Rawitz eine Lymphdrüse im Zustand vollkommener Ruhe vor sich ge- habt hat. Er findet in allen Lymphdrüsen, wenn auch manch- mal nur andeutungsweise, Sekundärknötchen. Ferner trifft er in jeder Lymphdrüse Mitosen, wenn nicht in den Sekundärknötchen, so in den Retieulumzellen. In manchen Sekundärknötchen findet er deutlich Degenerationsvorgänge, die nach ihm auf eine von den Gefässen ausgehende hyaline Degeneration des Bindege- webes zurückzuführen sind. Besonders eingehend spricht er sich über das Reticulum aus. Er findet es, wenigstens ausserhalb der Rinde, stets zellig. In den meisten Lymphdrüsen füllt ein zelliges Gewebe die Zwischenräume zwischen den Rindenknoten so aus, «(ass oft kein Raum mehr für Lymphbahnen übrig bleibt. 824 Riehard Thome: Das Gewebe besteht aus compakten Zellmassen, die sich erst gegen die Marksubstanz hin in Balken auflösen, die zwischen sich die Lymphbahnen frei lassen. Er nennt dies Gewebe Zwischengewebe. Es wird von protoplasmareichen Zellen ge- bildet, die meist unregelmässig polygonal gebildet sind. Ihre Kerne sind rund oder oval, selten unregelmässig, von epitheloidem Charakter. Die betreffenden Zellen stehen durch Ausläufer in Contiguität und sind epithelartig aneinander gelagert. In manchen Lymphdrüsen sind sie spindelförmig und erscheint dann auch ihr Kern in der Richtung der Längsaxe gestreckt. Ein der- artiges Verhalten des Retieulums hat Schumacher ausser beim Affen auch beim Menschen und bei der Katze beobachtet. Die Befunde in den mir zur Verfügung stehenden Lymph- drüsen, die sowohl aus der Mesenterial wie aus der Halsregion stammen, stimmen mit keinem der vorstehenden völlig überein. Bei allen findet sich eine wohl ausgebildete Rindenschicht, in der die Rindenknoten und Sekundärknötchen meist gut zu unter- scheiden sind. Von der starken, bindegewebigen Kapsel ziehen fibrilläre Trabekel zwischen den Rindenknoten in das Innere, lösen sich aber bald in feinste Fasern auf. In den Sekundär- knötehen finden sich fast immer Mitosen, oft sehr reichliche. Die Entwicklung der Rindenknoten ist eine sehr starke, so dass die Lymphspalten zwischen ihnen oft äusserst schmal werden. An manchen Stellen fliessen die einzelnen Knoten ineinander über, so dass die Lymphspalten hier völlig verschlossen werden. Bei einigen Schnitten, die von der Spitze einer Lymphdrüse ent- nommen sind — die Lymphdrüse als eiförmiges Gebilde gedacht — sind die Rindenknoten sämmtlich in einander übergegangen, und nur noch andentungsweise ist eine Trennung zwischen ihnen zu bemerken. Auch fehlen hier Sekundärknötchen und Mitosen sind äusserst spärlich vorhanden. Das Bild ist also dem von Rawitz entworfenen nicht unähnlich. Indessen habe ich in keiner Lymph- drüse ein vollständiges Fehlen von Mitosen beobachten können, wie Rawitz dies von den mesenterialen wenigstens als Regel hin- zustellen geneigt ist. Auch ein Fehlen derselben nur in den Sekundärknöteben, wie Schumacher beobachtet hat, und das er dureh einen Ruhezustand der Lymphdrüse erklärt, habe ich nicht finden können. Wohl aber sind in manchen Theilen der Rinde weder deutliche Sekundärknötchen noch Mitosen vorhanden, Endothelien als Phagocyten etc. 825 während sie in andern Theilen der Drüse, oft im selben Schnitt, reichlich sind. Wenn man also ein Fehlen der Mitosen durch einen Ruhezustand der Drüse erklärt, so geht daraus hervor, dass ebenso wie bei den Lymphdrüsen im ganzen, so auch bei ihren einzelnen Abschnitten zwischen einem ruhenden und thätigen Zustand zu unterscheiden ist. Jedenfalls bestehen sämmtliche mir zur Verfügung stehenden Lymphdrüsen aus einem Complex von Rindenknoten, nie sind sie nur einem einzigen gleichwerthig. Die Markstränge sind in meinen Präparaten durchgängig gut entwickelt, von den Lymphsinus gut unterscheidbar, und oft von ihnen durch eine Endothellage deutlich abgetrennt. Die Lympbspalten selbst sind in der Marksubstanz ziemlich weit, zwischen den Rindenknoten allerdings eng und öfters durch Ver- schmelzen zweier benachbarter ganz verschlossen. Die Rand- sinus sind häufig auffallend weit. In den Lymphräumen finden sich, wenn auch nirgends sehr häufig, so doch regelmässig rothe Blutkörperchen. Von einem „Zwischengewebe* Schumacher’s oder einem ohne weiteres als zelliges Gewebe erkenntlichen Reticulum habe ich nichts finden können. Im Gegentheil, eher scheint es dem Schema zu entsprechen, das Schumacher als gültig für die Lymphdrüsen der Wiederkäuer im Gegensatz zu dem der Affen aufstellt: „Von der Kapsel und den fibrillärbinde- gewebigen Trabekeln ziehen feine Fasern nach den benachbarten Rindenknoten. Das Reticulum der Lymphbahnen ist stets faserig und von Endothelzellen bedeckt.“ Auch den Trabekeln selbst findet man Endothelzellen aufgelagert. Ebenso findet man in den Rindenknoten und Marksträngen leicht Fasern und ihnen an- liegend Zellen mit langgestrecktem, hellen bläschenförmigen Kern. Im allgemeinen entspricht so der Bau der Lymphdrüsen mehr dem Bild, das Schumacher entworfen hat. Nur in Bezug auf das Zwischengewebe bezw. das Reticulum scheint ein tiefgreifender Unterschied zu bestehen. Hierauf, sowie auf das Endothel werde ich weiter unten noch zurückkommen. Besonders zu erwähnen sind noch die kleinsten Blut- gefässe der Iymphoiden Substanz. Diese haben nämlich ein aussergewöhnlich hohes, fast eylin- drisches Endothel, dessen dem Lumen zugekehrte Fläche leicht gewölbt ist (Fig. 2). Die runden oder ovalen Kerne liegen etwa in der Mitte; das Protoplasma erscheint dunkel. Man wäre 826 Riehard Thome: auf den ersten Anblick eher geneigt, an einen Drüsenausführungs- gang als an ein Blutgefäss zu denken. Selbst in den feinsten Capillaren bildet das Endothel noch eine geschlossene Lage und erreicht oft die Höhe des Durchmessers eines rothen Blutkörper- chens. Die in der Marksubstanz gelegenen grösseren Blutgefässe dagegen zeigen ein wenn auch sehr deutliches, so doch keines- wegs besonders hohes Endothel. Der Uebergang zwischen den beiden Arten ist ziemlich schrof. Renaut giebt an, dass die Endothelien der feinsten Blutgefässe nur dann abgeplattet seien, wenn die Gefässe mit Blut prall gefüht sind, während bei leeren Gefässen die elastischen Endothelien eylindrisch würden. Er schreibt dem Gefässendothel also eine ähnliche Eigenschaft zu wie etwa dem Blasenepithel. Da das Thier verblutete, könnte man diese Erklärung vielleicht als ausreichend ansehen. Doch ist darauf zu bemerken, dass sich das hohe Endothel auch in solchen Gefässen findet, die mit rothen Blutkörperchen vollgestopft er- scheinen. Ferner ist zu bedenken, dass nachher nicht unbe- trächtliche Mengen Formalinlösung eingeführt wurden, so dass die Endothelien sieh doch wieder hätten abplatten müssen, wie auch Renaut selbst dies nach energischer Injektion von Os- miumsäure gesehen hat. Dann aber kann ich mir auch kaum denken, dass bei den in Frage kommenden Gefässen eine so er- hebliche Ausdehnung möglich ist, wie nothwendig wäre, um das hohe Endothel in plattes zu verwandeln. Ich glaube, dass wir es hier eben mit einer ganz besonders hohen Form des Blutge- fässendothels zu thun haben. Hiermit glaube ich das Wichtigste über den allgemeinen Bau der Lymphdrüsen des Macacus erledigt zu haben und gehe daher zu meinem eigentlichen Thema über, nämlich zu den hier näher zu beschreibenden Zellen. Es handelt sich um runde oder ovale Zellen — trotz häufiger grösserer oder geringer Abweichung ist eine ovale Form immer noch zu erkennen — von ziemlich bedeutender Grösse, die schon bei mittelstarker Vergrösserung (Zeiss D.) leicht zu erkennen sind. Der Kern ist mittelgross bis klein, unregelmässig oval, öfters leicht eingezogen oder. aus- gebuchtet. Auch die Kontur ist nicht ganz gleichmässig, sondern erscheint hier und da leicht eingekerbt. Er enthält 1, selten 2 Kernkörperchen, die sich bei Biondifärbung roth färben, so dass sie von Chromatinklumpen leicht zu unterscheiden sind. Endothelien als Phagocyten etc. 827 Das Chromatin, das nur spärlich entwickelt ist, liefert meist An- deutungen eines zarten Netzwerks, selten findet es sich in grössern Klumpen. Die Kernmembran ist nicht besonders diek, aber deut- lich gefärbt. Aeusserst selten finden sich zwei Kerne in einer Zelle (Fig. 3), eine noch grössere Anzahl habe ich nie gefunden. Das Protoplasma bildet zwei Lagen, die ineinander übergehen. In der Randpartie ist es sehr dicht. Zwar erscheint es nicht homogen, doch ist auch keine Gliederung ausgesprochen, dass man etwa von homogenem oder streifigem Protoplasma reden könnte. Der innere Theil bildet ein zierliches Netzwerk aus dünnen Fäden, in die gelegentlich kleine Knötchen eingeschaltet sind (Fig. 3, 5, 12). Die Grössenverhältnisse beider Zonen sind sehr wechselnd. Bei einigen Zelldurchscehnitten ist die Randzone sehr schmal; sie kann an einem Theil oder sogar am ganzen Umfang fehlen. Andrerseits kann sie sehr breit werden, ja in einzelnen Zellen hat das ganze Protoplasma die Beschaffenheit der Randzone (Fig. 3, 9, 10). Es wäre nicht unmöglich, dass die Randzone ebenfalls aus Fäden besteht, die nur so dicht an- einander liegen, vielleicht auch theilweise miteinander ver- schmolzen sind, dass sie einzeln nicht mehr erkannt werden können. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedenfalls zwischen dem Randprotoplasma und den Fäden des Netzwerks nicht, denn letztere entspringen unmittelbar aus ersterem, ohne dass irgend eine Abgrenzung möglich ist. Eine weitere Auflösung der Fäden war selbst mit dem stärksten, mir zur Verfügung stehenden System (Leitz Oelimmersion !/,,) nicht möglich. Die Form des Netzwerks und die Färbung der Zwischen- substanz (Paraplasma Kupffer’s?) ist nicht gleichmässig. Wäh- rend sich meist das feine Netzwerk von einem ganz ungefärbten oder nur leise röthlich angehauchten Hintergrund abhebt, kann die Zelle auch diffus roth gefärbt erscheinen — abgesehen von den später zu erörternden Einschlüssen —, dass das Netzwerk kaum sichtbar wird. Dieses selbst kann so grossmaschig werden, dass die ganze Zelle nur wenige Maschen enthält, wobei die ein- zelnen Fäden meist entsprechend dieker werden. Um ein Netz- oder Maschenwerk handelt es sich hier sicher. Mit Leichtigkeit kann man bei wechselnder Einstellung sehen, wie die Fäden sich untereinander verbinden. An den Treffpunk- ten mehrerer scheint häufig eine etwas grössere Anhäufung von 828 Richard Thome&: Protoplasma, eine Knötchenbildung, stattzufinden. Dass die ein- zelnen Fäden nicht aneinander vorbeilaufen, wie Flemming dies als möglich annimmt, indem sie sich vielleicht dicht aneinander legen oder unter Kniekung umkehren, glaube ich mit Bestimmt- heit verneinen zu können. Denn wenn sie nur einander anlägen, würde man bei ihrer relativen Dicke und bei den angewandten starken Systemen sicher irgend eine Andeutung von Trennung finden können. Dies gelang mir aber nirgends. Wenn sie aber nach dem Aneinanderlegen miteinander verschmelzen, so bilden sie eben ein Netzwerk, gleichgültig, wie es entstanden ist. Um eine wabenförmige Anordnung des Protoplasmas nach Bütschli kann es sich hier keinesfalls handeln. Wenn Bütschli meint, dass bei der Kleinheit der in Frage kommenden Strukturen — er fand, dass die Maschenwerke der eigentlichen Plasmastrukturen kaum 1 u überschreitet — eine feste Entscheidung nach dem mikroskopischen Bild sich nicht treffen lasse, da es bei Netz- wie bei Wabenstruktur dasselbe sei, so glaube ich doch, dass bei den von mir gebrauchten Vergrösserungen eine Unterscheidung in meinen Präparaten möglich ist. Denn wenn Wabenstruktur vorläge, so müssten doch, wenn auch nicht bei jeder Einstellung, gelegentlich nicht nur Durchschnitte, sondern auch Flächenbilder der Wabenwände zur Anschauung kommen, ähnliche Bilder also erscheinen, wie wir sie bei Durchschnitten durch die Lungen- alveolen gewöhnt sind, nur in entsprechend verkleinertem Maassstabe. Eine andere Frage ist es, ob wir in der Zellstruktur das Proto- und Paraplasma Kupffer's bezw. die Filar- und Inter- filarmasse Flemming’s vor uns haben. Die Maschenweite, so- wie die Dicke der Fäden scheint dem zu widersprechen. Ein Einwurf, der nicht zu widerlegen ist, wäre der, dass es sich hier nicht um natürliche Zellstruktur, sondern um ein in Folge der Fixation aufgetretenes Kunstprodukt handele. Dann aber könnten wir hier ein durch Vacuolenbildung oder Stoffeinlagerungen ge- bildetes protoplasmatisches Netz wie in Talgdrüsen oder Becher- zellen vor uns haben. Wir würden alsdann in den Fäden noch die eigentliche Protoplasmastruktur zu suchen haben. Für die Fälle, in der die ganze Zelle nur wenige Maschen enthält, die Fäden ziemlich dick sind, hat diese Ansicht ja grosse Wahr- scheimlichkeit für sich. Weniger wahrschemlich, wenn man die Endothelien als Phagocyten etc. 829 Zellen betrachtet, in denen durch feinste Fäden ein sehr enges Maschenwerk gebildet wird. Zwar sind diese immer noch grösser als die grössten von Bütschli ermittelten Protoplasmastrukturen. Da es sieh hier aber um sehr grosse, wie ich später nachzu- weisen versuchen werde, vergrösserte Zellen handelt, wäre es doch nicht unmöglich, dass bei der Zellvergrösserung die Maschen ihrerseits auch nur vergrössert, nicht vermehrt worden sind. Auch habe ieh bei keiner Färbung irgendwelche Struktur in den Fäden finden können. Die Frage kann ihrer Lösung erst dann näher gebracht werden, wenn es gelingt, derartige Zellen noch lebend zu untersuchen. Bei der Hämatoxylin-Eisenalaunfärbung nach Heidenhain fanden sich ziemlich häufig im Zellleib ein, manchmal auch zwei intensiv dunkel gefärbte Körnchen, die oft einer leichten Ein- buchtung des Kerns entsprachen. Ein bestimmtes Verhalten der- selben gegenüber dem Protoplasma oder eine Attraktionssphäre konnte ich nicht feststellen. Da diese Körnchen aber selbst nach langem Ausziehen mit Eisenalaun ihre Farbe behielten, so halte ich dafür, dass es sich um ÜOentrosomen handelt. Die beschriebenen Zellen finden sich in allen Lymphdrüsen in den Lymphspalten und -sinus. Wenn sie auch nicht überall gleich zahlreich sind, so habe ich sie doch in keinem Schnitt vermisst, wenn nicht etwa nur die Rinde getroffen war. Denn weder in der Rinde noch in den Marksträngen kommen sie vor. In dem Randsinus fehlen sie in manchen Schnitten, doch habe ich sie in andern oft in grösserer Menge getroffen. Ebenso sind sie in den die Rinde durchziehenden spärlich, nehmen aber gegen den Hilus zu an Menge zu, so dass ich einmal über 50 im Ge- sichtsfeld bei Objektiv Zeiss D, Okular 3 zählen konnte. Die- jenigen, die zuerst in die Augen fallen, liegen meist scheinbar frei in den Lymphräumen und zeigen einen oder zwei Ausläufer, der dieselbe Struktur wie die Randzone zu haben scheint. Ver- folgt man indessen diese scheinbaren Ausläufer weiter, wozu aller- dings manchmal eine grössere Anzahl von Schnitten gehört, so wird man immer finden, dass sie mit Retieulumfasern zusammen- hängen. Man wird dann auch vielfach Zellen finden, die den Trabekeln oder den Faserzügen, die die Markstränge von den Lymphbahnen scheiden, direkt aufsitzen. ° Eine Abgrenzung der Zellen ‘von diesen Fasern ist in den meisten Fällen unmöglich. 830 Richard Thome: Auch bei denjenigen, die beim ersten Anblick ganz frei und ohne Ausläufer in den Lymphspalten zu liegen scheinen, gelingt es in den meisten Fällen, vorausgesetzt, dass man Serien geschnitten hat, einen Zusammenhang mit dem Retikulum aufzufinden. Nur bei einem verschwindend geringen Bruchtheil ist mir dies nicht gelungen. Hüten muss man sich hier vor einer Verwechslung mit einer Art grosser Leucocyten, die in der adenoiden Substanz sowohl wie in den Lymphräumen nicht selten ist. Beide Zell- arten stimmen in der Grösse ungefähr miteinander überein, auch zeigen die Leucocyten dasselbe Protoplasmanetzwerk, vielleicht sogar noch etwas zierlicher. Ebenso finden sich in ihnen auch gelegentlich Einschlüsse wie die später zu beschreibenden. Da- gegen ist der Kern der Leucocyten nicht unerheblich grösser und enthält bedeutend mehr Chromatin. Ferner fehlt ihnen die Rand- zone, nie zeigen sie Ausläufer und sind, falls sie sich zufällig an Retikulumfasern anlegen sollten, leicht von diesen abzugrenzen. Die meisten der zu beschreibenden Zellen enthalten Ein- schlüsse der verschiedensten Art. Recht häufig finden sich rothe Blutkörperchen darin, die in Form und Grösse den in Blutge- fässen liegenden vollständig entsprechen (Fig. 5). Ferner finden sich rundliche Körper, Schollen und Körmer, sämmtlich kleiner wie rothe Blutkörperchen, die bei der Biondifärbung alle Schattirungen von Orange, von der hellsten bis zur dunkelsten aufweisen. Ja, die kleinsten Körner können fast schwarz er- scheinen und nur bei bestimmter Einstellung einen Orangeton er- kennen lassen. Seltener sind grössere Theile der Zelle diffus gelb gefärbt und im Bereich dieser Stellen ist dann vom Protoplasma- netzwerk nichts mehr zu sehen (Fig. 11). Die Färbung dieser Gebilde ist indessen nur zum Theil eine künstliche, auch am un- gefärbten Präparat sind sie theilweise in ähnlichen Farben sicht- bar. Insbesondere die kleinern Körner scheinen von der Färbung nur wenig berührt zu werden. Gelegentlich, sozusagen als zufälligen Befund, findet man einen kleinen Leucoeyten in den Zellen (Fig. 15). Die wenigen, die ich fand, waren sämmtlich von einem hellen Hof umgeben, lagen also vermuthlich in einer Vakuole, ein Verhalten, das eben- so vonR. Heidenhain, Hoyer, Masslow u. a. geschildert wird. Wenn Masslow sagt, es sähe aus, als ob sie mit dem Locheisen aus dem Zellleib ausgeschlagen seien, so ist dies Bild Endothelien als Phagocyten ete. 831 äusserst zutreffend. Bemerkenswerth ist, dass bei den andern Einschlüssen dies nie gefunden wurde, sondern das Protoplasma bis unmittelbar an sie heranreichte.e. Schumacher freilich fand auch die rothen Blutkörperchen in Vakuolen, Blasen liegen, ebenso Rawitz seine kugeligen Körperehen, die von Schu- macher als modifizirte rothe Blutkörperchen erklärt wurden. Selten nur fand ich kleinere Krümel in Vaeuolen liegen, jedoch unter so eigenthümlichen Umständen, dass ich weiter unten noch darauf zurückkommen werde. Die Litteratur über Phagocyten und speziell über blutkörper- chenhaltige Zellen ist sehr reichhaltig. Rusnetzoff fand Phagoeyten in der Milz, die 1—5 rothe Blutkörperchen enthielten. Er konnte auf dem geheizten Objekttisch die Aufnahme derselben, so wie ihren Zerfall in grössere und kleinere Stücke direkt beob- achten. Bei Thieren fehlten sie nach längerem Hungern, bei menschlichen Leichen aber fand er sie selbst nach abzehrenden Krankheiten. Riess und Litten fanden sie bei pernieiöser Anämie im Knochenmark, doch hat letzterer sie auch im normalen Knochen- mark angetroffen. Ersterer gibt an, dass bei geringer Anzahl der aufgenommenen rothen Blutkörperchen diese den normalen durchaus gleichen, scheibenförmig sind, während sie bei grösserer Anzahl kleiner und kugelig sind und den Microcyten ähneln. Groh& fand blutkörperchenhaltige Zellen im Knochenmark, Osler ebenfalls regelmässig im Knochenmark, in den Lymph- drüsen nicht immer, aber oft, besonders bei Blutstauung sehr zahlreich. Er fand die rothen Blutkörperchen darin sowohl noch gut erhalten, als auch in jeder Art der Umwandluug in braunes Pigment begriffen. Hoyer fand sie nach Hämorrhagien in den Darmfollikeln. Am genauesten sind die Schieksale der rothen Blutkörper- chen in den Phagocyten wohl von Langerhans beschrieben worden. Er stellte seine Beobachtungen an bei der Resorption von Blutextravasaten beim Kaninchen, Meerschweinchen und bei der Taube. Im letzteren Fall konnte er auf dem Objekttisch sehen, wie eine „eontraktile Zelle“ sich an die Breitseite eines rothen Blutkörperchens anlegte und dies umfloss. Während der Aufnahme wurde dies rund. Bei Kaninchen und Meerschwein- 839 Richard Thome: chen gelang ihm eine derartige Beobachtung nicht, wohl aber hat er hier die weiteren Veränderungen feststellen können. Un- mittelbar nach der Aufnahme sind die rothen Blutkörperchen noch scheibenförmig, später werden sie kugelig, indem sich- zu- gleich ihr Durchmesser verkleinert. Alsdann Zerfall in grössere und kleinere Schollen und Pigmentkörner. Diese letztern werden entweder als Pigment in fixen Zellen abgelagert oder aber, sie werden vollständig vernichtet. Hierbei lösen sie sich zunächst auf, die Zelle wird diffus gelblich gefärbt, und allmählich ver- schwindet diese Färbung, ohne eine Spur zu hinterlassen. Selbst bei grossen Blutextravasaten konnte er gelegentlich nach 3—4 Wochen keine Ueberreste mehr entdecken. Alle diese Beobachter fanden meist mehrere, oft 10—20 rothe Blutkörperchen in den Phagoeyten eingeschlossen. Auch in den Lymphdrüsen vom Aften sind grosse Zellen mit Einschlüssen gefunden worden. Rawitz beschreibt Riesen- zellen, deren Protoplasma eine unbestimmte Struktur zeigt, mit meist mehreren (5—7) Kernen, die keine regelmässige Anordnung zeigen. Die Kernmembran ist deutlich, wenn auch nicht sehr diek, das Chromatin spärlich. Er findet sie meist in der Mark- substanz, in der Rinde nur in wenigen Schnitten und sporadisch. In diesen Riesenzellen liegen in Blasen runde, homogene Körper: chen, durchgängig kleiner als rothe Blutkörperchen. Sie werden durch Bersten der Blasen frei und gelangen so in die Lymph- bahn. Er hält sie für identisch mit den tingiblen Körperchen Flemming’s und glaubt, dass sie das einzige Produkt der Lymphdrüsen seien, das in den Lymph- bezw. Blutstrom über- ginge. Schumacher giebt an, dass die von ihm beobachteten Phagocyten meist rund, einige dagegen unregelmässig seien und deutliche Fortsätze zeigten, die mit den Ausläufern der Retieu- lumzellen in Verbindung ständen. Das Protoplosma sei fem granulirt; meist nur 1 oder 2 Kerne, selten mehr. In den Phagocyten findet er homogene runde Körperchen, ähnlich den von Rawitz beschriebenen, daneben aber auch scheibenförmige rothe Blutkörperchen. Er glaubt, dass die rothen Blutkörperchen vor dem Zerfall in solehe homogene Kugeln sich umwandelten. Zwar hat auch er gesehen, dass gelegentlich die Blasen, in denen die Gebilde lagen, platzten und diese dadurch frei wurden, glaubt Endothelien als Phagocyten etc. 833 dies aber nieht dahin deuten zu dürfen, dass sie in den Lymph- strom normaler Weise übergingen, sondern \dass der Phagocyt zu viele aufgenommen habe, diese nicht bewältigen könne und deshalb zu Grunde gehe. Er findet ganze Partien des Retieulums und der Phagocyten angefüllt mit gelbbraunem Pigment, das er auf zerfallene rothe Blutkörperchen zurückführt. Beide, Schu- macher und Rawitz, stimmen dahin überein, dass sie meist eine grössere Anzahl, bis zu 20 derartiger Gebilde in einem Phagoeyt gefunden haben. Dass es sich bei den Einschlüssen in meinem Präparaten um rothe Blutkörperchen handelt, scheint mir ganz sicher zu sein. Schon bei der Flächenansicht hat man den deutlichen Eindruck, dass die Mitte dünner ist wie die Randpartie. Auch ein Ver- gleich mit den in Blutgefässen liegenden rothen Blutkörperchen zeigt, dass sie sich von diesen in Farbe und Grösse wenig unter- scheiden. Die Orange-Färbung ist bei der gewählten Methode ja geradezu als Charakteristikum für die rothen Blutkörperchen und ihre Abkömmlinge anzusehn. Bisweilen erbält man auch Durchschnitte, die die bekannte Bisquitform zeigen. Blutkörper- chenhaltige Zellen sind ferner, wie oben angeführt, schon von verschiedenen Autoren, auch in den Lymphdrüsen gefunden wurden. Zwar geben diese an, dass sich dieselben meist zu mehreren in den Zellen finden, während ich neben mehr oder minder grossen Resten stets nur eins beobachten konnte. Doch glaube ich, dass dies von der Anzahl der rothen Blutkörperchen in der betreffenden Lymphdrüse abhängt. So konnte ich in Lymphdrüsen von Lemur varius, deren Gehalt an rothen Blut- körperchen bedeutend grösser war als beim Macacus, sowie in denen eines Kaninchens, die wahrscheinlich in Folge einer Hämor- rhagie gradezu vollgestopft erschienen, überall Phagocyten finden, die mit mehreren rothen Blutkörperchen beladen waren. Ein kugeligwerden, wiees Schumacher und Langer- hans beschreiben, habe ich ebenfalls nicht finden können, stets blieb bis zum beginnenden Zerfall die Mitte verdünnt. Ich be- finde mich in Uebereinstimmung mit den Befunden von Riess, wenn ich annehme, dass auch dies mit der Menge der aufge- nommenen zusammenhängt. Denn in den vorher angeführten Phagocyten von Lemur und Kaninchen fand ich sie ebenfalls kugelig. Ueber die eigentliche Ursache kann ich. mir jedoch 834 Richard Thome: keine Vorstellung machen, da der durch Raumbeschränkung ent- stehende Druck wohl kaum aus scheibenförmigen Gebilden kugelige zu machen im Stande ist. Auch über die Art und Weise der Aufnahme glaube ich an der Hand meiner Präparate Aufschluss geben zu können. Es sind hierbei zwei Arten zu unterscheiden. Bei der ersten legt sich das rothe Blutkörperchen der Zelle an und versinkt in diese, ohne dass eine besondere Thätigkeit der Zelle zu beobachten wäre (Fig. 6). Es scheint sich um ein Umfliessen zu handeln, ähnlich wie es Langerhaus an seinen „kontraktilen Zellen beobachtet hat. Das Blutkörperchen wird scheinbar stets von der Kante ergriffen und wird während der Aufnahme elliptisch, um nachher vermöge seiner Elastizität wieder zu seiner ursprüng- lichen Gestalt zurückzukehren. Möglich wäre allerdings, dass es sich um eine optische Täuschung handelte, indem in den be- treffenden Bildern wir nicht senkrecht, sondern schräg auf die Fläche blickten. Daneben findet sich noch ein anderer Auf- nahmemodus, bei der das aktive Vorgehen der Zelle deutlicher zu erkennen ist. Sie streckt nach einem entfernter liegenden rothen Blutkörperchen zwei Fortsätze aus, die dasselbe um- klammern und in die Zelle hineinziehen (Fig. 7, 8, 9). Der Vorgang ist etwas anders wie bei beweglichen Phagocyten, die zwar auch Fortsätze aussenden können, dann aber einfach um den betreffenden Gegenstand herumfliessen, dieser also seine Lage zunächst wenig oder gar nicht ändert. Hier aber handelt es sich um ein Hineinziehen in den festsitzenden Zellleib. Die Anzahl der Fortsätze scheint konstant zwei zu betragen. Bei der Fortsatzbildung ist die Randzone in erster Linie thätig, während das Protoplasmanetzwerk nur sekundär in Betracht kommt. Das letztere scheint bei der Aufnahme der betreffenden Gebilde überhaupt keine besondere Rolle zu spielen, sondern einfach bei Seite gedrängt zu werden. Die zweite Form der Aufnahme ist die bei weitem seltenere. Die ganze Aufnahme scheint in relativ kurzer Zeit vor sich zu gehen, wie man aus dem seltenen Vorkommen derartiger Bilder gegenüber dem massen- haften Auftreten von Zellen mit Einschlüssen schliessen darf. Darüber, dass es sich hier um eine Aufnahme und nicht eben um Neubildung und Ausstossung von rothen Blutkörperchen handelt, brauche ich wohl nicht viel zu sagen. So ziemlich alle Endothelien als Phagocyten ete. 835 Autoren sind darüber einig, dass in den blutkörperchenhaltigen Zellen der Lymphdrüsen wie der andern Organe die rothen Blutkörperchen zerstört werden; theilweise ist dies sogar direkt unter dem Mikroskop beobachtet worden. Nur Löwit beschreibt eine Neubildung von rothen Blutkörperchen in den Lymphdrüsen und sagt von den Erythroblasten, dass es kleine rundliche, meist kreisrunde Zellen seien mit sehr grossem Kern, denen die amö- boide Beweglichkeit vollkommen fehle. Sie stimmen also in keiner Weise mit den von mir geschilderten Zellen überein. Auch die blosse Betrachtung der Bilder wird auf niemand einen andern Eindruck machen, als dass es sich um Aufnahme von Elementen handelt. Insbesondere die Fortsatzbildung wäre zur Ausstossung vollkommen überflüssig. Die weiteren Schicksale der rothen Blutkörperchen scheinen ungefähr dem zu entsprechen, was Langerhans beobachtet hat. Sie zerfallen in immer kleinere Bruchstücke, während das Schlussstadium der diffusen Gelbfärbung meist zu fehlen scheint. Man findet jedenfalls die Pigmentkörner in allen Grössen und wechselnder ‘Menge, nur selten dagegen eine grössere Strecke der Zelle diffus gefäbrt. Man muss also annehmen, dass auch ohne dies eine völlige Zerstörung statthaben kann. Denn auch eine Ablagerung von Pigment in der adenoiden Substanz habe ich nirgends gesehen. Es ist leicht möglich, dass dies nur dann geschieht, wenn eine sehr reichliche Aufnahme von rothen Blut- körperchen stattgefunden hat, so dass die Zelle nicht in der Lage ist, sie alle vollständig zu zerstören. Nach Schumacher liegt das körnige Pigment in Vakuolen, die manchmal so gross werden können, dass nur noch ein schmaler Protoplasmasaum übrig bleibt. Auch dies habe ich für gewöhnlich nicht gefunden, sondern grosse wie kleine Körner sind einfach in die Zelle eingelagert. Nur selten fanden sich überhaupt Vakuolen und nie so grosse, wie Schumacher ge- sehen hat. In diesen befand sich allerdings gewöhnlich Pigment. Einige entsprechen so genau der Grösse eines rothen Blut- körperchens in der Flächenansicht, dass man auf die Vermuthung kommen kann, dass das Stroma des rothen Blutkörperchens noch erhalten geblieben sei, während das Hämoglobin gewissermaassen ausgelaugt worden sei. Für diese Vermuthung lässt sich nur anführen, dass manche der aufgenommenen Blutkörperchen Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 52 54 836 Riehard Thome: äusserst blass erscheinen, obwohl ihre Form nur wenig verändert ist. Als Beweis kann man das aber nicht gelten lassen, da auch die in den Gefässen liegenden sich in sehr verschiedenem Maasse färben. Stäbchenförmige Gebilde, den von Bizzozero und Torre im Vogelblut gefundenen ähnlich, die von Schumacher ebenfalls in den Vakuolen beobachtet wurden, habe ich nicht gesehen. Als was haben wir nun die beschriebenen Zellen anzu- sehen ? Den Riesenzellen anderer Organe, etwa den Megacaryo- eyten des Knochenmarks, sind sie nicht zu vergleichen. Abge- sehen davon, dass sie nie die excessive Grösse dieser erreichen, ist auch ihre ganze Form, insbesondere die des Kerns, eine durchaus andere. Nie finden sich gelappte, wurstförmige oder ähnliche Kerne, sondern diese sind rund oder oval, scharf be- grenzt und zeigen nur hier und da geringe, selten erhebliche Einziehungen oder Ausbuchtungen. Auch Abschnürung, amito- tische Theilung, habe ich nie beobachten können, dagegen, wenn auch selten, schöne Mitosen. Auch gewöhnlichen Wanderzellen entsprechen sie nicht, da man sie dann doch häufiger freiliegend finden müsste. Dagegen bin ich der Ansicht, dass es sich hier um ver- grösserte Endothelzellen handelt. Grund für meine Annahme bietet mir der Umstand, dass die Zellen fast regelmässig an den Fäden des Reticulums befindlich in Gemeinschaft mit den niedrigen, platten Endothelzellen die Lymphspalten und -sinus begrenzen. Nicht selten finden sich längere Züge regelmässig angeordneter Endothelien, unter denen sich plötzlich an einer Stelle, an der man sicher eine Endothelzelle zu finden hoffen würde, ein der- artiger grosser Phagocyt befindet (Fig. 1). Auch die Kerne beider Arten haben sehr grosse Aehnlichkeit miteinander, nur unerheblich sind die der Phagocyten grösser. Vereinzelt finden sich auch Phagocyten, bei denen ein Zusammenhang mit den Fasern nicht nachzuweisen ist. Bei ihrem sehr seltenen Vor- kommen indessen bin ich der Ansicht, dass bei diesen Zellen die manchmal äusserst feine Faser gerade quer durchschnitten worden ist und dieser punktförmige Querschnitt dem Suchenden wohl entgehen kann. Dass das Endothel der Lymphgefässe, meist allerdings unter pathologischen Verhältnissen, sich erheblich vergrössern Endothelien als Phagocyten ete. 837 kann, ist von Baginsky und Baumgarten beschrieben worden. Auch gibt ersterer an, dass es beim Fötus und Neuge- borenen stets kubisch sei und sich erst später abplatte. Leider fehlt es, um meine Ansicht ganz sicher begründen zu können, mir an ausreichenden Zwischenformen zwischen den platten Endothelien und den Phagoeyten. Ob nun diese Zellen den Retieulumfasern nur anliegen oder ob sie im festen Zusammenhang damit stehen, lässt sich aus den einfachen Präparaten schlecht entscheiden. Mir scheint ein direkter Zusammenhang am wahrscheinlichsten. Es ist absolut unmöglich, einen Unterschied zwischen der Randzone und den Fasern zu machen, so dass ich anfänglich im Schnitt liegende Faserparthieen für lange Zellausläufer hielt. Dass aber die Rand- zone ein Theil der Zelle ist und nicht etwa durch enganliegende Fasern vorgetäuscht wird, erhellt wohl am besten daraus, dass sie bei der amöboiden Bewegung so hervorragend betheiligt ist. Auffällig bleibt bei der Annahme, dass es sich um ver- änderte Endothelien handelt, der Umstand, dass in der adenoiden Substanz keine Phagocyten vorkommen, trotzdem man auch in dieser bei einiger Aufmerksamkeit leicht den Reticulumfasern anliegende Zellen finden kann, die mit den vorhandenen Leuko- cyten gar keine Aehnlichkeit haben, wohl aber den Endothelien der Lymphspalten auf’s genaueste gleichen. Doch lässt sich dies unauffällig damit erklären, dass in der adenoiden Substanz mit seltenen Ausnahmen keine rothen Blutkörperchen vorkommen, sondern nur in den Lymphräumen, und dass die Phagoceyten die Aufgabe haben, diese zu zerstören. Verschiedene Angaben finden sich in der Literatur, die mich in meiner Ansicht bestärken. So sagt Flemming: „Ausserdem sind die Zellen, welche das Pigment und die tin- giblen Körper enthalten, ihrer Form nach grösstentheils so be- schaffen, dass man sie eher für vergrösserte Zellen des Reti- culums als für amöboide, fressende halten wird.“ (Bemerken will ich hier, dass Flemming zu seiner Arbeit: ‚Studien über die Regeneration der Gewebe“ zwei dieser Zellen abbildet, bei denen ich eine Randzone ähnlich der von mir beobachteten zu finden glaube, doch wird in der Beschreibung nichts davon erwähnt.) Özermak beschreibt Phagoeyten mit rothen Blutkörper- 838 Richard Thome: chen, die den Reticulumfasern anliegen. Doch lässt er es un- entschieden, ob sie mit diesen im Zusammenhang stehen oder sie nur als Stützpunkte für ihre amöboiden Bewegungen benutzen. Demoor ferner hat gefunden, dass das Reticulum ver- schiedener Organe aus anastomosirenden Zellen besteht, deren Protoplasma im Zellleib netzförmige, in den Ausläufern mehr fibrilläre Struktur zeigt. Die Kerne zeigen einen auffallenden Mangel an Chromatin. Im Knochenmark und der Milz hat er KRiesenzellen getroffen, die vermittels Ausläufer mit dem retikulirten Gewebe zusammenhängen. Doch hat er diese aus- schliesslich beim Igel im erwachsenen Zustand gefunden, bei den übrigen Säugern nur während der Embryonalzeit und kurz nach der Geburt. Schumacher endlich erklärt die von ihm gefundenen Phagocyten ausdrücklich für Retieulumzellen. Während der Phagoeytose sollen sie sich aus dem ziemlich lockeren Verband los- reissen und nach Zerstörung der aufgenommenen Bestandtheile entweder degeneriren oder in den Verband mit den übrigen zurückkehren. Nach dem Ausgeführten wäre es vielleicht richtiger ge- wesen, die Phagocyten nicht als Endothelien, sondern als Reti- eulumzellen zu bezeichnen. Es ist aber bekanntlich noch eine offene Frage, ob wir zwei Arten von Zellen zu unterscheiden haben, oder ob Retieulum- und Endothelzellen identisch sind; eine Frage die wohl nur entwieklungsgeschichtlich zu lösen ist. In meinen Präparaten habe ich nun ausser den Phagocyten nur eine Art von Zellen in Verbindung mit den Fasern getroffen, niedrige, platte Zellen mit langgestrecktem Kern. Da ich nun die Phagoeyten als Abkömmlinge dieser betrachte, und beide zusammen die Lymphspalten und -sinus auskleiden, so habe ich dieses Umstandes wegen die Bezeichnung Endothelien beibehalten. leh möchte hier noch einmal auf die Beschreibung des Retieulums von Schumacher zurückkommen, da hier schein- bar ein tiefgreifender Unterschied zwischen unsern Beobachtungen besteht. Nun aber giebt Schumacher noch an, dass es je nach dem Zustand der Drüse sein Aussehen ändere. Während es für gewöhnlich aus grossen, protoplasmareichen Zellen mit rundem Kern besteht, kann es auch feinfaserig, protoplasmaarın mit platten Kernen werden. Da in diesem Fall zugleich die Endothelien als Phagocyten etc. 839 Lymphräume weiter sind als im ersteren, so kann man wohl an- nehmen, dass die fasrige Struktur durch Dehnung der die Zellen verbindenden Ausläufer hervorgerufen wird, ebenso die Ab- plattung der Zellen und Kerne durch Druck bewirkt wird. Geht man nun noch einen, gar nicht so grossen Schritt weiter, so er- hält man ein Bild, wie es meinen Präparaten entsprechen würde. Die Ausläufer der Zellen sind hier theilweise zu wirklichen Fasern geworden; ich glaube wenigstens nicht, dass wir sie ein- fach noch als Zellausläufer, als integrirende Bestandtheile der Zellen auffassen dürfen, wenn sie auch aus diesen hervorge- gangen sind. So würde sich auch der Umstand erklären lassen, dass bei der Phagocytose Schumacher die Zellen sich aus dem Verbande loslösen lässt, indem sie ihre Ausläufer einziehen, während ich dies nie oder doch nur äusserst selten gefunden habe, da sie die zu Fasern umgewandelten Fortsätze nicht mehr einziehen können. Die Differenzpunkte, die sich immer noch ergeben, lassen sich dann auch leicht dadurch erklären, dass Schumacher Lymphdrüsen auf einer anderen Entwicklungsstufe beobachtet hat wie ich. Woher die rothen Blutkörperchen in den Lymphdrüsen stammen, habe auch ich nicht nachweisen können. Zwar scheint es, als ob eine direkte Verbindung zwischen den kleinsten Blut- gefässen und den Lymphsinus bestände. Doch kann ich nirgends eine Oeffnung finden, wenn auch das Gefäss bis an den äusser- sten Rand der adenoiden Substanz sich erstreckt. Die im Ver- hältniss zum Lumen so ausserordentlich hohen Endothelzellen erschweren diese Untersuchung ausserordentlich und es lässt sich nicht nachweisen, ob das Gefäss in sich geschlossen oder nur eollabirt ist. Erst Injektionsversuche werden hierüber Klarheit schaffen. Um einen pathologischen Vorgang wird es sich jeden- falls nicht handeln, denn das Thier war frisch importirt, es war vollkommen munter und auch die mikroskopische Untersuchung der innern Organe ergab nichts Pathologisches. Zum Schluss gestatte ich mir, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geheimrath Hertwig, für die Ueberlassung der Arbeit und der dabei gewährten Unterstützung meinen besten Dank 840 Richard Thome: auszusprechen. Besonderen Dank schulde ich auch Herrn Privat- dozenten Dr. Krause, der mir während der Ausführung der Arbeit stets bereitwillig mit Rath und That zur Seite gestan- den hat. ot 10. Hl. 14. 15. Literatur-Verzeichniss. Baginsky, A., Ueber normalen und pathologischen Befund des Lymphgefässendothels in der kindlichen Darmwand. Centralblatt f. med. Wissenschaft 1882 Nr. 3. Baumgarten, Experimentelle u. pathologisch-anatomische Unter- suchungen über Tuberkulose: Die Histogenese des Lymphdrüsen- tuberkels. Zeitschr. f. klinische Mediein Bd. 9. Bizzozero, Ueber Blutbildung bei Vögeln. Centralblatt f. med. Wissenschaft 1880 Nr. 40. Derselbe, Neue Untersuchungen über den Bau des Knochen- marks bei Vögeln. Arch. f. mikrosk. Anat. 1890 Bd. 35. Czermak, Einige Ergebnisse über die Entwicklung, Zusammen- hang und Funktion der Lymphknötchen der Darmwand. Daselbst 1894 Bd. 42. Demoor, L., Recherches sur la structure du tissu r&tieule. Arch. de Biologie 1891 Tome 13. Flemming, W., Studien über Regeneration der Gewebe. Arch. f. mikrosk. Anatomie Bd. 24. Derselbe, Zellsubstanz, Kern- und Zelltheilung. Leipzig, Verlag von F. C. W. Vogel 1882. Groh&, Ueber das Verhalten des Knochenmarks in verschiedenen Krankheitszuständen. Berl. klin. Wochenschrift 1881 Nr. 44. Heidenhain, R., Beiträge zur Histologie und Physiologie der Dünndarmschleimhaut. Pflüger’s Arch. f. Physiologie Bd. 43, Supplementheft. Heidenhain, M., Neue Untersuchungen über die Centralkörper und ihre Beziehungen zum Kern und Zellenprotoplasma. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 43. Hertwig, O. Die Zelle und die Gewebe. Jena, Verlag von Gustav Fischer 189. . Hoyer, Beitrag zur Kenntniss der Lymphdrüsen. Arch. f. mikr. Anatomie Bd. 34. Krause, R., Beiträge zur Histologie der Wirbelthierleber. Da- selbst Bd. 42. Kusnetzoff, Ueber die Blutkörper haltigen Zellen der Milz. Jahresbericht über die Fortschritte der Anatomie und Physiologie 1873 Bd. 2. Endothelien als Phagocyten etc. 841 16. Langerhans, Beobachtungen über Resorption der Extravasate und Pigmentbildung in denselben. Virchow’s Archiv Bd. 49. 17. Litten, Ueber das Vorkommen blutkörperhaltiger Zellen im Knochenmark. Centralblatt f. med. Wissenschaft 1881 Nr. 50. 18. Löwit, Anordnung und Neubildung von Leukoblasten und Ery- throblasten in den Blutzellen bildenden Organen. Arch. f. mikr. Anatomie Bd. 38. 19. Masslow, Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwicke- lung der Blutelemente. Daselbst 1897 Bd. 51. 20. Osler, Note on cells containing red blood-corpuseles. Lancet 1882, 4. Febr. 21. Rawitz, Ueber die Zellen in den Lymphdrüsen von Macacus cy- nomolgus. Arch. f. mikrosk. Anatomie Bd. 45. 22. Renaut, Note sur la forme de l’endothelium des arterioles, des veinules et des capillaires sanguines. Arch. de physiologie 1881 Nr..2. 23. Riess, Beitrag zur pathologischen Anatomie des Knochenmarks bei perniziöser Anämie. Centralblatt f. med. Wissenschaft 1881 Nr. 98. 24. Säxer, Ueber Entwicklung und Bau der normalen Lymphdrüsen. Anatomische Hefte 1896, I. Abth. 19/20. 25. Schumacher, Ueber die Lymphdrüsen des Macacus rhesus. Arch. f. mikr. Anatomie 1897 Bd. 48. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXXYVII. Alle Abbildungen wurden mit Hülfe des Abbe@’'schen Zeichen- apparates mit Leitz Oelimmersion !/» gezeichnet. Bei Fig. 1 und 2 Ocular Leitz 3, die übrigen Ocular Zeiss 5. Projektion auf den Ar- beitstisch. Aus technischen Gründen musste darauf verzichtet werden, die blau-grün erscheinenden Kerne wie in Fig. 14 in dieser Farbe ab- zubilden, ebenso die verschiedenen Nuancen von Orange getreu wieder- zugeben. Fig. 1. Lymphspalte zwischen zwei Marksträngen. a) platte Endo- thelien, 5b) Phagocyt, c) grosser Leukocyt. Fig. 2. a) Kleines Gefäss aus der Rindensubstanz mit sehr hohem Endothel. Fig. 3. Phagoeyt mit zwei Kernen, vollständig ausgebildete Randzone, in einem Kern zwei Kernkörperchen. Fig. 4. Phagocyt mit rothen Blutkörperchen, fast die ganze Zelle von ähnlichem Aussehen wie sonst nur die Randzone. Phagoeyt mit vollständigem rothen Blutkörperchen und ver- schiedenen Resten. Anlagerung eines andern rothen Blut- - körperchens. = (7 (Di! 8412 Au Pfıster: Fig. 6. Phagoeyt mit halb versunkenem rothen Blutkörperchen. Rand- zone äusserst fein. Fig. 7. Phbagocyt mit Vakuole, in der sich Pigmentkörner befinden. Rothes Blutkörperchen vollständig versunken, die Zelle noch nicht wieder ganz geschlossen, die Zwischensubstanz diffus röthlich. Fig. 8. Phagocyt mit zwei Ausläufern, die nach entfernter liegendem rothen Blutkörperchen ziehen. Zwischen beiden eine trichter- förmige Vertiefung. Fig. 9. Phagocyt, der mit seinen Ausläufern ein rothes Blutkörperchen fast vollständig umfasst hat. Wenige Maschen, Fäden sehr dick. Fig. 10. Beginnender Zerfall eines rothen Blutkerperchens; Einkerbung am Rand. Fig. 11. Phagoeyt, von dem grössere Partien diffus gelblich gefärbt sind. Fig. 12. Phagoeyt mit sehr blassem rothen Blutkörperchen. Fig. 13. Zwei Phagocyten mit verschiedenen Einschlüssen; a) Leukocyt mit wurstförmigem Kern in grosser Vakuole liegend, 5) kleine Vakuole, c) rothes Blutkörperchen. Eine vollständige Ab- grenzung der beiden Phagocyten von einander ist nicht möglich. Fig. 14. Phagocyt in Mitose. (Aus dem anatomisch-biologischen Institut zu Berlin.) Veränderungen des Froscheies und Eierstockes unter dem Einfluss eines Entzündung erre- genden Agens. Von Dr. A. Pfister. Hierzu Tafel XXXVIIl. Bei meinen Studien über die vergleichende Anatomie der Eierstöcke interessirten mich hauptsächlich die Degenerations- formen der Eier und so unternahm ich es auf Anregung von Herrn Veränderungen des Froscheies und Eierstockes etc. 845 Geheimrath Hertwig, dieselben künstlich auf dem Wege der Entzündung herzustellen. Zu diesem Zwecke injieirte ich zu- nächst Fröschen ein wenig Terpentin in den Eierstock und hatte dann im Sinn, im Falle befriedigenden Resultates diese Injeetionen auf die Ovarien der Säugethiere auszudehnen. Wenn ich folgende Zeilen jetzt, obgleich die Versuche noch nicht abgeschlossen sind, der Oeffentlichkeit übergebe, so hat dies seinen Grund darin, dass ich äusserer Umstände halber in geraumer Zeit nieht in der Lage bin, mich mit diesem Gegen- stand zu befassen, und vielleicht diese Mittheilungen wenn auch kein praktisches, so doch ein geringes theoretisches Interesse darbieten. Die Versuche wurden diesen Januar begonnen und in fol- gender Weise an Laboratoriumsfröschen ausgeführt. Zunächst versuchte ich einmal durch die Bauchdecken hin- durch mittelst der Pravaz’schen Spritze in das deutlich hin- durchschimmernde Ovar die Flüssigkeit zu injieiren, ich stand aber schon beim nächsten Thiere davon ab, einmal wegen der Unsicherheit des Ortes, wohin man sticht, und dann wegen der Schwierigkeit der Dosirung des Terpentins.. Das Thier bekam durch Eindringen von Terpentin in die Bauchmuskeln eine sehr energische Contraction derselben und verfiel in Shoc, lebte aber weiter, wie die Herzeontractionen bewiesen, bis ich es nach 4 Stunden tötete. Durch diese Erfahrung gewitzigt, verliess ich das subeutane Verfahren und ging nun in Zukunft so vor, dass ich die Bauch- decken eines ehloroformirten Frosches seitwärts, um die oberfläch- liche Medianvene zu vermeiden, mittelst Scheere und Pincette spaltete, dann in der Regel die untere Kante des rechten Ovars, durch leichten Druck auf die Bauchdecken etwas herausdrängte und bloss durch minimale Drehung des Spitzenstempels ein kleines Tröpfehen Terpentin in dasselbe einbrachte. Sodann wurde die Bauchmuskelwunde durch 2 dünne Seidenfäden genäht und darüber die Haut ebenfalls durch 4—5 Nähte vereinigt. Sofort nach der Injektion machte sich immer ein geringer Shoe wahrnehmbar; die Thiere erholten sich aber gar rasch wieder und wurden nach Schwinden der Narkose bald munter. Ein einzigesmal versuchte ich statt der Einspritzung zur genauen Örientirung einen mit Terpentin getränkten Faden durch das Ovar zu ziehen, dieses Thier ging aber am 5. Tage zu Grunde. 54 A, »Bfvster: Die übrigen Thiere wurden im Zeitraum von 4 Stunden bis 3 Tage nach der Operation getötet. Bei der Autopsie fand sich beim 1. Frosche eine diffuse Peritonitis, bei den übrigen Thieren eine mehr oder minder loka- lisirte Entzündung, das Ovar war an einzelnen Stellen mit Darm- oder Bauchwand verlöthet. Im allgemeinen war das Ovar weicher und schlaffer und hatte geringe Auflagerung von Exsudatmassen. Von jedem Eierstock wurden mehrere Stücke aus der Nähe des Injektionsgebietes und aus entfernter davon gelegenen Partien eingelegt. Fixirungsflüssigkeiten wurden verschiedene durchprobirt; mit Pierinsublimatessigsäure bekam ich ganz leidliche Resultate; die schönsten Präparate aber wurden durch Fixirung der Stücke in heisser !/,°/, Chromsäure, auf 85°C. erhitzt, erzielt. Flemming'- sches Gemisch dringt schwer in die Eier ein, auch ist die Fär- bung darnach schwierig. Einige Objekte wurden im Stück gefärbt, zum Theil in Böhmer’schem Hämatoxylin, zum Theil in Boraxkarmin, welches zur Hälfte mit schwach angesäuertem Alkohol verdünnt wurde, 36 Stunden lang. Dabei machte ich die Erfahrung, dass sich die Stücke darin sehr ungleich fürbten, ich verwandte daher zuletzt, um nicht auf das Errathen angewiesen zu sein, nur noch Schnittfärbung. Die Härtung der Eier erfolgte in der Weise, dass dieselben sehr lange Zeit in 95°/, Alkohol, dagegen nur 1—2h in abso- lutem Alkohol verweilten, darauf folgte das Chloroform eirca 12h, chloroformhaltiges Paraffin 2—3 h, reines Paraffin 4h. Sämmtliche Objekte wurden in Paraffin mit einem Schmelz- grad von 56°C. eingebettet. Die Dieke der Schnitte war gewöhnlich 10 u, sie wurden bald einzeln, bald in Serien geschnitten. Es war nicht schwer, auch Schnitte von Du anzufertigen. Aufgeklebt wurden die- selben in verdünnter Agarlösung (l gr Agar mit 1000 Wasser aufgekocht und filtrirt), in derselben Weise wie mit Wasser. Ich war damit, d. h. mit der Fixirung auf dem Objektträger sehr zufrieden. Bezüglich der Schnittfärbung kann ich Born beistimmen, der für die Tritoneier das Böhmer ’sche Hämatoxylin als sou- veränes Färbemittel anerkennt. Als bequeme und schöne Färbung, Veränderungen des Froscheies und Eierstockes etc. 845 die sowohl die Struktur des Keimbläschens als auch die des Dotters gut hervortreten lässt, möchte ich die Ehrlich sche Triacidfärbung (5—15 Min.) empfehlen. Um den Unterschied zwischen eingewanderten Zellen und dem Dotter hervorzuheben, ist eine Doppelfärbung anzurathen (Hämatoxylin-Orange, Boraxkarmin-Pierinsäure). Mikroskopischer Befund. A priori liess sich erwarten, dass durch die Terpentinent- zündung eine Erweiterung der Gefässe, Einwanderung von Leu- kocyten, vielleicht Wucherung des Follikelepithels, sicher aber Verflüssigung des Eiinhaltes und Resorption desselben mit folgen- der Bindegewebsentwickelung hervorgerufen werde. Wie weit dies eingetroffen, soll im Folgenden dargelegt werden. Die Be- obachtungen stützen sich hauptsächlich auf Präparate aus dem nach 4 Stunden, nach 48 Stunden und nach 8 Tagen getödteten Frosche, weil diese als am besten fixirte die einwandfreiesten Bilder boten. Der Kürze halber bezeichne ich sie künftighin als von Frosch I, II und III stammend. Als augenfälligster Befund zeigt sich, vor allem bei Frosch III, dass die Schädlichkeit nicht alle Eizellen gleichmässig betroffen hat, sondern dass zunächst die grössten, dotterhaltigsten Zellen und von diesen wieder die der Wand des Ovarialsackes am nächsten liegenden durch sie gelitten haben. Die Eier zeigen nicht mehr ihre rundliche Form, sondern sind langgezogen, mit Eindrücken versehen, oft zwischen zwei noch gut erhaltene Exen- plare hineingezwängt, so dass sie Hantel- oder Bisquitform ange- nommen haben. Es liegt auf der Hand, dass diese Formver- änderung eine Verminderung des Zellinhaltes zur Vorbedingung hat. In der That ist denn auch der Dotter von der Eiwand abgewichen; bezüglich seiner Zusammensetzung besteht er bald noch aus schön gerundeten, gut färbbaren Dotterplättchen, bald ist er schon zu einer homogenen, diffus tingirten Masse zusammen- geschmolzen, in der manchmal, hauptsächlich am Rande, noch die schwach gefärbten Contouren von Plättchen bei starker Ver- grösserung hervortreten. Im Dotter zerstreut liegen einige grosse Pigmentklumpen und mehrere Kerne, die meist keinen Zellleib erkennen lassen. Von einem Keimbläschen ist nichts zu sehen (natürlich nur durch Serienschnitte zu beurtheilen). 846 A, PAirster: Die Hauptveränderung aber zeigen die Eier an der Peri- pherie. Ich lasse zur Erläuterung derselben gleich die Beschrei- bung des in Figur 1 abgebildeten Eies folgen. Es stellt die Zeiehnung ein Ei von mittlerer Grösse dar. Von einer äussern grösstentheils dünnen Grenzmembran geht ein stark pigmenthaltiges, meist rundliche und. polygonale, bienenwabenähnliche Hohlräume (v) umschliessendes Maschennetz aus, welches gegen den Dotter hin abgeschlossen ist. An einigen Stellen ist dieses anastomo- sirende Fadennetz von der äusseren Hülle durch stark vorspringende Gefässe (bl) abgedrängt. Bietet das Netz schon an und für sich ein eharakteristisches Bild, so wird die Eigenthümlichkeit des- selben noch erhöht durch zahlreiche Kerne (%), welche sich in den am weitest nach innen gelegenen Maschen eingelagert finden. Nur ab und zu liegen einige Exemplare an den Netzknotenpunk- ten. Die Kerne sind bald von längsovaler, bald eckiger Form, sie befinden sich oft am Scheitelpunkt von denjenigen Schlingen, welche am meisten nach innen hineinragen (wie dies auch insbe- sondere Figur 10 bei % deutlich zu sehen ist). Die Kerne bilden ringsum eine geschlossene Kette gegen den Dotter hin. Dieser besteht aus grossen, scharf contourirten Plättehen, welche oft stark lichtbrechende Körper in sich einschliessen. Im Dotter selbst finden sich einige Kerne und mehrere Pigmentklumpen (an anderen Schnitten zu sehen). Solche Typen von Eizellen sind allermeist zu erkennen; ausserdem gibt es aber, wenn man so eintheilen darf, eine zweite grosse Kategorie von Eiern (Fig. 2), welche nur wenig Dotter in der Mitte aber noch reichlich körniges Pigment enthalten, ganz von Kernen durchsetzt und von jenem oben erwähnten Maschennetz ausgefüllt sind. Oft sind die Eier in ihrer ganzen Länge oder Breite von Gefässen durehwachsen (s. Fig. 2 bei bl). Offenbar sind das Eier, welche schon sehr weit in der Degene- ration vorgeschritten sind. Das sind in kurzen Umrissen die zwei Hauptarten von Ei- zellen, welche sich vorfinden, die feinern Details sollen im folgen- den betrachtet werden. Ich beginne mit der Beschreibung des Keimbläschens, auf welches ich leider nieht ein so eingehendes Detailstudium verwenden konnte, als es wünschenswerth gewesen wäre. Er- schwert wird das Studium auch noch dadurch, dass die Zeit, Veränderungen des Froscheies und Eierstockes etc. 847 welehe von dem Beginn der Veränderungen bis zum völligen Verschwinden des Keimbläschens verstreicht, meiner Meinung nach eine relativ kurze ist. Auch hat man sich gerade bei der Umgestaltung und Formveränderung desselben am meisten vor Artefakten zu hüten und muss wohl erwägen, ob eine bestehende Abweichung nieht auf Rechnung der Fixirung und Conservirung zu setzen ist. Es sind daher im folgenden nur Typen von Eiern zur Beurtheilung gekommen, welche ringsum von wohlerhaltenen andern umgeben waren. Die Veränderungen des Keimbläschens gehören wohl zu den ersten Vorgängen der regressiven Metamorphose des Eies, daher lassen sie sich am besten an dem bald nach der Injektion ge- tödteten Thiere beobachten, doch finden sie sich, da nicht alle Eier gleichzeitig von der Degeneration ergriffen werden, natürlich auch an den länger lebenden Thieren. Oft bietet sich bei mittelgrossen Eiern, deren Dotter noch aus feinkörnigem Material besteht, jenes schöne Bild, dass das Keimbläschen lappige, pseudopodienartige Fortsätze aussendet, mit je einem Nukleolus in jedem Fortsatze. Durch eine eigen- thümliche, stark lichtbreehende Abgrenzung vom Dotter erscheinen sie den Sonnenprotuberanzen ähnlich. Einige Fortsätze, die von weiter oben oder unten als der jeweiligen Schnitthöhe entspricht, abgehen, liegen vom Keimbläschen abgetrennt. Dadurch bekommt man oft bei Betrachtung eines einzigen Schnittes einen scholligen Zerfall des Keimbläschens vorgetäuscht, besonders wenn der Schnitt durch einen Pol desselben geht. Wirklich scholligen Zerfall habe ich trotz genauen Durchmusterns von Schnittserien nie finden können. Bei Frosch I beobachtete ich manchmal, dass das Chroma- tin des Keimbläschens bei kleinen Eiern, bei welchen sich das- selbe in der Regel peripher befindet, central zu einem Klumpen zusammengeballt war. Fig. 3 gibt das Bild eines solchen Eies wieder, bei welchem sich auch als weiteres Anzeichen der einge- tretenen Schädlichkeit das Plasma des Zellleibes in Form von Vakuolen (©) von den Zellhüllen zurückgezogen hat. Dieser Chromatinknäuel (chr) kann unter direkter Einwirkung des Ter- pentins oder erst der der konsekutiven Entzündung entstanden sein. Figur 4 gibt die Formveränderung eines grossen Eies wieder; die achromatische Substanz (a) seines Keimbläschens ist 348 A. Pfister: zum Theil aus demselben ausgetreten, das Keimbläsehen (kbl) erscheint offenbar kollabirt, der um dasselbe befindliche, central gelegene Dotter (d) ist auch schon krankhaft verändert und im Zustande der feinkörnigen Erweichung begriffen. Ob dieses Platzen des Keimbläschens unter dem Einflusse der Entzündung oder während der Konservirung eingetreten, das ist allerdings schwer zu entscheiden. Bei Frosch II fiel mir ein Keimbläschen durch das eigen- thümliche Verhalten seiner Nukleolen auf. Es ist in Fig. 5 ab- gebildet. Das Keimbläschen (bl) liegt peripher, dieht unter der Oberfläche des Eies, von den Eihüllen nur durch eine dünne Lage Dotters getrennt, und hat abgeplattete längliche Form, gehört also einem augenscheinlich schon ziemlich der Reife nahen Ei an. Die Nukleolen (rn) liegen central um spärliche, körnige Granula (gr) herum. Die meisten derselben haben ihre Tinktions- fähigkeit verloren und stellen nunmehr farblose Ringe dar. Manch- mal findet sich noch an einem solehen Ringe ein Pünktchen Chromatin. Vor allem imponirt aber in der Mitte ein grosser Nukleolus, welcher eine Kugel darstellt, die an der Peripherie einen grossen und 4 kleine Chromatinklumpen enthält. Das Ei bietet ausserdem, abgesehen von einer zweimaligen Faltung der Dotterhaut, nichts Besonderes. Einen häufigen Befund boten bei Frosch III Eier, von denen sich 2 Exemplare in Fig. 6 u. 7 abgebildet finden. Die Eier sind schon ziemlich alt. Die Keimbläschen liegen peripher und haben das Gemeinsame, dass sie von einem grossen plasmatischen Hof (h) umgeben sind. Die chromatische Substanz des einen ist mässig reichlich um körnige Granula in der Mitte vereinigt, das andere Keimbläschen hat nur noch spärliche Reste einer solchen (in einem folgenden Schnitte zu sehen); die Membran des ersten ist noch scharf und deutlich, das zweite Bläschen geht an man- chen Stellen ohne deutliche Grenze in jenen plasmatischen Hof über; derselbe ist doch wohl als ein Produkt des Niedergangs des Eies anzusehen. Es lässt sich wohl denken, dass der weitere Vorgang sich bei diesen Eiern in der Weise abgespielt hätte, dass die chro- matische Substanz des Keimbläschens allmählich geschwunden wäre, d. h. die Fähigkeit, Farbstoffe aufzunehmen, verloren hätte, die Membran des Keimbläschens sich sodann in der umgebenden Veränderungen des Froscheies und Eierstockes etc. 849 Flüssigkeit aufgelöst, und dann beiderlei Substanzen sich mitein- ander vermengt hätten. Nach dieser Betrachtung der Veränderungen des Keimbläs- chens gehe ich gleich über zur Darstellung der Vorgänge, welche sich an der Peripherie des Eies abspielen. Das Froschei ist aussen von einer meist dünnen, sehr kern- armen membranösen Hülle umgeben; dieser liegt dicht das Follikelepithel an als diejenige Schicht, welche am deutlichsten hervortritt. Darauf folgt bei grössern Eiern die den Dotter um- schliessende strukturlose Membran, die Dotterhaut oder das Oolemm (vgl. Fig. 9a). Die meisten Eier hängen nur durch einen dünnen Stiel mit der Ovarialwand zusammen. In ihm verlaufen die er- nährenden Gefässe, um sich am Ei zwischen äusserer Hülle und Follikelepithel auszubreiten. Den Raum, den sie beanspruchen, erhalten sie dadurch, dass sie das Follikelepithel nach innen abdrängen oder auch, indem sie Ausbuchtungen nach aussen be- wirken. Von den Gefässen geht die erste Veränderung an den äusseren Schichten des Eies unter dem Einfluss des Entzündung erregenden Agens aus, wie dies ja auch dem Cohnheim’schen Begriff von der Entzündung entspricht. Sie erweitern sich und füllen sieh strotzend mit Blut. Je weiter die Gefässe, desto mehr trennen sie das Follikelepithel und die äussere Membran von einander und springen in das Ei vor (Fig. 8 bei bl). Die Ge- fässerweiterung war neben den oben erwähnten Befunden am Keimbläschen die einzige Veränderung, welche sich an den Eiern des Frosch I nachweisen liess. Als zweites Moment findet sich dann insbesondere bei Frosch III ein Breiterwerden der Follikelepithelschicht, welches zuerst an den Stellen beginnt und am ausgesprochensten ist, wo “Gefässe derselben anliegen. Figur 9 b zeigt dieses Stadium; je weiter das Follikelepithel vom Gefäss sich entfernt, desto schmäler wird es, desto stäbchenförmiger seine Kerne. Im weiteren Ver- lauf schwindet das Oolemm, es entsteht zwischen Epithel und Dotter eine Zone von feinkörnigen Granula, welche zum Theil Zerfallsprodukt, zum Theil wohl auch Exsudation aus den er- weiterten Gefässen sein dürfte. Das Follikelepithel wird inzwischen immer breiter, es entstehen Vakuolen (2) in demselben, und es 350 A. Pfistet: wird reichlich Pigment aufgenommen (Fig. 9e). Zellgrenzen lassen sich nieht unterscheiden. Das Verhalten der Kerne ändert sich auch insofern, als ihre Längsachse, im Gegensatz zu früher, öfters senkrecht zu den Eihüllen steht (Fig. 9e bei k). Später verschwindet die das Epithel vom Dotter trennende Membran und man bekommt das Bild von Fig. 9d. Wie diese Membran sich auflöst, ist nicht deutlich nachzuweisen, wahrscheinlich verflüssigt sie sich. Mit diesem Vorgang ist das letzte Hemmniss gefallen und die Kerne, die sich schon vorher von der äusseren Hülle entfernt haben (Fig. 9e), dringen in den Dotter ein. Bei ihrem Einwandern, welches an den meisten Stellen der Eiperipherie ziemlich gleich- mässig stattfindet, schleppen sie jenes eigenthümliche Faden- und Maschennetz nach sich, welches die eharakteristischen Bilder von Fig. 10 liefert. Es erinnert dies Phänomen an das Eindringen des Spermakerns in den Dotter. Das Gerüst ist aus veränderter, vakuolig gewordener Dottersubstanz abzuleiten. In diesem Stadium der Degeneration finden sich die meisten Eier von Frosch IH. Fig. 10 giebt einen Theil der Peripherie solcher Eier wieder. Schön ist daran insbesondere zu sehen, wie die Maschen Dotterplättchen in sich einschliessen. Kann das bis jetzt Geschilderte als Anfangsstadium der Ei- degeneration bezeichnet werden, so gestaltet sich, wie vorzüglich an Eiern von Frosch III ersichtlich, der weitere Vorgang folgen- dermaassen: Die Kerne dringen immer weiter in das Innere des Eies hinein, das Maschennetz wird immer breiter, die Dotter- plättehen in den Maschen werden spärlicher; der Dotter im Innern des Eies ist ebenfalls weniger geworden und hat sich von der Einwanderungszone entfernt. Die Kerne verändern ihre Form, sie werden zum Theil polygonal, eckig, senden kleine Fortsätze aus; immer aber marschiren sie an der Spitze und halten sich an der innerst gelegenen Partie des Netzwerkes. Nur wenige bleiben an den Knotenpunkten desselben zurück und helfen am Aufbau des Gerüstes. Einige aber lösen sich vom Netze los und finden sich frei im Dotter, meist um Pigmentklumpen herum. Merkwürdiger Weise konnte ich nie dabei Mitosenbildung wahr- nehmen. Da aber die Kerne in vielen Eiern allmählich an Zahl zunehmen, trotzdem doch sicher bei der Einwanderung eimige zu Grunde gehen werden, so ist nichts anderes anzunehmen, als N Veränderungen des Froscheies und Eierstockes ete. 851 dass sich neue Elemente zu den alten gesellen und dieselben zum Theil ersetzen, zum Theil vermehren, Dieser Ersatz der Kerne stammt offenbar aus den Gefässen. Nicht minder nämlich wie das Follikelepithel haben sich im- zwischen auch die Gefässe verändert. Sie, die Anfangs zwischen der äusseren Hülle und dem Netzwerk, dasselbe einbuchtend, verlaufen, bahnen sieh einen Weg durch die Maschen und ge- langen so in das Innere des Eis. Sie durchwachsen das Ei und wuchern dabei so kolossal, dass oft die Hälfte eines solehen durch ein Gefässlumen eingenommen wird. In Fig. 11 sind sie (bl) strotzend mit Blut erfüllt, zahlreiche rothe und weisse Blutkörper- chen haben ihre Bahn verlassen und finden sieh zwischen die Dotterplättchen zerstreut. Dort werden die Uontouren ihres Zell- leibes vielfach undeutlich und sind nicht mehr scharf vom um- gebenden Dotter abzugrenzen. Es erübrigt noch, die ersten Umbildungen des Dotters zu besprechen. Als erste Veränderung entsteht zwischen Dotter und Eihülle eine Lückenbildung, welche aber oft nicht gleich- mässig, sondern sprungweise erfolgt, wodurch sich am Rande kleine Vakuolen (Fig. 30) bilden, ein Vorgang, der sich aber auch in enormem Maasse steigern kann. Jch habe dies bei Frosch III sehr häufig beobachtet; der Anschnitt eines solchen Eis sieht wie durchlöchert aus. Das Oolemm verschwindet gar bald, an der ganzen Peripherie häufen sich statt dessen feinkörnige Massen an, wie schon ein- mal früher erwähnt (Fig. 9b). Zu den Veränderungen am Rande tritt gleichzeitig eine Lockerung und Auflösung des Dotters im Centrum um das zu Grunde gehende Keimbläschen (Fig. 4 d), es entsteht hier ebenfalls ein feinkörniger, schwächer tingirbarer Detritus. Der übrige Dotter kann sich noch lange unverändert erhalten, die Dotterplättehen bleiben scharf contourirt und färben sich ınit Hämatoxylin schön blau. Bisweilen entsteht aber eine Verschmelzung derselben zu einer diffus färbbaren Masse, in welcher noch gleichsam die Schatten der ehemaligen Plättehen erkennbar sind. In seltenen Fällen fliesst der Dotter zu schönen grossen Tropfen zusammen. Zu erwähnen ist noch eine weitere Veränderung der Dotterplättehen, als sich in vielen derselben stark liehtbrechende, kleine Körperchen befinden. Was das Pigment der Eizelle am (spätern) animalen Pole Archiv f, mikrosk. Anat. Bd, 52 55 352 A. Pfister: anbetrifft, so wird es zumeist von jenem oben erwähnten Netz- werk eingeschlossen und haftet in Gestalt kleiner Körner an den Maschen desselben, zum Theil aber befindet es sich an Stellen, wo es im gesunden Ei nicht vorkommt, nämlich in Form von Klumpen im Innern des Eies, im Dotter. Dass es dahin durch zellige Elemente verschleppt wird, wird durch Pigmentklumpen, an die sich Kerne innig anschmiegen, klar angedeutet. In späteren Stadien verdickt sich, wie Fig. 1 zeigt, die im Beginne oft recht dünne, äussere, membranöse Hülle durch Apposition von Bindegewebe aus der Ovarialwand, welches sich oft schiehtweise, zwiebelschalenförmig, dem Maschennetz anlegt. Durch fortwährende Breitenzunahme des von Pigment erfüllten Netzes und Heranrücken von allen Seiten wird schliesslich die ganze Eihöhle ausgefüllt (Fig. 2). Der Dotter ist zum grössten Theile verschwunden, nur noch vereinzelte Plättchen (d) sind gegen das Innere zu sichtbar; die Kerne (A) sind in der Mitte zusammen- getroffen, der ganze Dotter des Eis ist in das früher beschriebene Netzwerk umgewandelt, in manchen Eiern nehmen die Gefässe, welche das Ei durchwachsen haben, einen grossen Raum für sich in Beschlag. Im weiteren Verlauf werden die Kerne spärlicher, die Menge des Pigments nimmt bedeutend ab; das Ei schrumpft. Die voll- ständige Rückbildung konnte ich natürlich, da sich meine Ver- suche nur auf die Ovarialveränderungen binnen 8 Tagen er- streckten, nicht wahrnehmen. Wenn ich zum Schlusse noch eine kurze Uebersicht geben darf, so sind die Veränderungen an dem entzündeten Ovarialei folgende: 1. Absterben des Eis, sich hauptsächlich an Veränderungen des Keimbläschens zeigend: 2. Einwuchern fremder Elemente in den Zellleib und Resorp- tion desselben a) durch Einwuchern von Follikelepithelzellen und Bildung eines Maschennetzes; b) durch Einwachsen von Gefässen, Austritt von rothen und weissen Blutkörperchen; 3. Sehrumpfung des Eis. Das Maschennetz hat den Zweck, den entstandenan grossen Veränderungen des Froscheies und Eierstockes etc. 853 Hohlraum möglichst schnell auszufüllen, je grösser das Ei, desto grösser auch in der Regel, wie ich zu bemerken glaubte, die Maschen. Noch ist zu betonen, dass die Degeneration rasch vor sich geht, denn schon bei dem nach 48 Stunden getödteten Thiere enthielten zahlreiche Eier keinen Dotter mehr und waren ganz ausgefüllt von dem Maschengerüst. Der Vergleich. mit der spontanen Rückbildung der Eier anderer Thierarten soll nur soweit ausgedehnt werden, als es un- bedingt geschehen muss. Die Resultate Ruge’s und A. v. Brunn’s kommen vor allem in Betracht. Unser pathologischer Prozess hat mit den Degenerationsformen, wie sie Ruge bei Siredon piseiformis und Salamandra maculosa und A. v. Brunn bei den Vögeln beobachtet und beschrieben haben, mehreres gemeinsam, so die Einwanderung der Follikelepithelzellen und der Leuko- eyten, die Aufzehrung des Dotters mit Hülfe derselben, das Einwuchern der Gefässe, unterscheidet sich aber wesentlich da- durch, dass nie das von jenen Autoren geschilderte Mehrschichtig- werden des Follikelepithels gefunden wurde. Auch das Einwachsen von Blutgefässen dürfte bei der spontanen Rückbildung nicht in so enormem Maassstabe vorkommen, vielmehr eine Eigenthümlich- keit der gewaltsamen Degeneration sein. Nieht unerwähnt möchte ich die Beobachtung lassen, dass ich insbesondere bei Frosch I zahlreiche Eier gefunden habe, welche ich für spontan degenerirt halte. Makroskopisch erschienen sie als schwarze Klümpehen, welche punktförmig einem grossen Ei aufsassen. Mikroskopisch zeigte sich ein solches Ei fast total von Pigment ausgefüllt, in den spärlichen Zwischenräumen be- fand sich Bindegewebe mit reichlichen Zellen und rothen Blut- körperchen. Ich deute den Pigmentreichthum so, dass die Ei- zelle bei ihrer Rückbildung abnorm viel Pigment produeirt hat. Am Ende meiner Arbeit ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Geheimrath Hertwig und Herrn Assistenten Dr. Krause für ihre Unterstützung meinen besten Dank zu sagen. s54 A. Pfister: Literatur-Verzeichniss. G. Ruge, Vorgänge am Eifollikel der Wirbelthiere. Morphol. Jahrb. 15. Bd. 4. H. A. v. Brunn, Die Rückbildung nicht ausgestossener Eierstockseier bei den Vögeln. Beiträge zur Anatomie u. Embryologie, als Festgabe für Jakob Henle. Bonn 1882. Ein genaues Literatur-Verzeichniss einschlägiger Arbeiten findet sich bei Schottländer, Ueber den Graaf’schen Follikel. Archiv f. mikrosk. Anatomie Bd. 41, 1893. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXXVIL. Sämmtliche Zeichnungen, mit Ausnahme von 9, sind von Frl. Paula Günther in Berlin angefertigt. Die Vergrösserung ist in Zeichnung 1, 2, 3, 6, 7, Zeiss Oe. 1, Obj. a, in den übrigen Zeiss Oc. 4, Obj. b. Im Allgemeinen bedeutet ?—= Kern, d = Dotter, bl — Blutgefäss, v—= Vakuole, fe = Follikelepithel, #bl — Keimbläschen, n = Nukleolus, pg = Pigment. Fig. 1. Fixation in heisser Chromsäure, Boraxcarminfärbung. Dar- stellung eines Eis von Frosch III, welches sich in dem häufigst angetroffenen Degenerationsstadium befindet. Es zeigt jenes charakteristische Maschennetz mit seinem Wall von Kernen (k) gegen den centralen Dotter (d) zu. Der- selbe ist etwas nach innen abgewichen, besteht noch aus gut erhaltenen Plättchen. Die Maschen sind grösstentheils ge- schlossen. Die Gefässe (bl) springen stark hervor und drängen das Maschenwerk von der äusseren Hülle ab. In den Maschen ist reichlich Pigment abgelagert. Uebersichtsbild eines schon stark degenerirten Eis (Frosch II). Heisse Chromsäurefixation, Triacidfärbung. Das ganze Ei besteht aus einem Maschengerüst, welches in der Mitte noch vereinzelte Dotterplättchen (d) enthält. Die Kerne (k) sind im Centrum zusammengetroffen, nachdem sie von allen Seiten eingewandert. Das Pigment ist auf der einen Seite reichlich vertreten. Die Maschen umschliessen rundliche und polygonale Hohlräume (v). Die Aehnlichkeit mit einer Bienenwabe oder dem Durchschnitt eines Wespennetzes springt in die Augen. Zu erwähnen ist noch das Gefäss (bl) tief im Innern des Eis. Fig. 10) Fig. 4. Veränderungen des Froscheies und Eierstockes etc. 855 Kleines Ei von Frosch I, Sublimat-Pierin-Essigsäure-Fixation. Hämatoxylinfärbung. Das Chromatin ist in der Mitte des Keimbläschens zu einem Knäuel (chr) zusammengetreten (die Nukleolen von Eiern in derselben Grösse liegen sonst peripher). Am Rande des Dotters sind kleine Vakuolen (®). Keimbläschen eines grossen Eis mit reichlichem Dotter (Froseh ]). Sublimat- Pierin-Essigsäure-Fixation; Hämatoxylin-Orange-Fär- bung. Keimbläschen (kDbl) kollabirt, die achromatischen Be- standtheile (a) desselben sind zum grössten Theile ausgetreten. Dotter (d) ringsum in feinkörniger Erweichung begriffen. Ei von Frosch II, heisse Chromsäure Fixation, Hämatoxylin- Färbung. Das Keimbläschen (kbl) ist peripher gelegen. In seiner Mitte lagern um spärliche körnige Massen (gr) die Nukleolen (»), welche durch ihr eigenthümliches Verhalten auffallen. Ein Theil derselben erscheint als farblose Ringe, welche hier und da noch ein Pünktchen Chromatin erkennen lassen. Besonders imponirt ein grosser Nukleolus; er stellt eine Kugel dar, welche an der Peripherie einen grossen und vier kleine Chromatin- klumpen enthält. Sonst bietet das Ei nichts Abweichendes dar. Fig. 6 u. 7. Frosch III, heisse Chromsäure-Fixation, Triacidfärbung. Fig. 8. Fig 10. Grosse Eier mit peripher gelegenem Keimbläschen (kbl), welche von einem plasmatischen Hof (A) umgeben sind. Die Membran des Keimbläschens ist in 7 noch scharf und deutlich abgesetzt. Ei 6 zeigt in der Abbildung kein Chromatin, in einem spätern Schnitt der Serie sind aber noch minimale Reste vorhanden. Frosch III, heisse Chromsäure-Fixation, Boraxkarminfärbung. Die Wand zweier Eier im Anfangsstadium der Degeneration. Die Gefässe (bl) sind erweitert, stark mit Blut gefüllt, springen in das Ei vor. Die Follikelepithelschicht (/e) ist breiter ge- worden, in derselben ist oft reichlich Pigment (pg). Im Dotter (d) sind keine Zellen oder Kerne erkennbar. a (Frosch I) unveränderte Hüllen des Froscheis; 1. äussere Hülle; 2. Follikelepithel; 3. Oolemm. Im Dotter ist die radiäre Streifung am Rande gut zu sehen. 5 (Frosch Ill) erste Ver- änderung des Follikelepithels in der Umgebung eines Gefässes: b, (Frosch III) das ganze Follikelepithel (fe) ist breiter ge- worden. Oolemm verschwunden, statt dessen feinkörnige Gra- nula (gr) zwischen Dotter und Eihüllen. e (Frosch III) Va- kuolenbildung (v) im Follikelepithel. Entfernung der Kerne (k) von der äusseren Hülle. Das Follikelepithel hat reichlich Pigment aufgenommen. d (Frosch III). Die Membran, welche das Follikelepithel nach innen begrenzte, ist geschwunden, die Kerne (k) wandern in den Dotter (d) ein, ein Zellleib ist nicht erkennbar. Die Peripherie zweier angrenzenden Eier von Frosch II, heisse Chromsäure-Fixation, Triacidfärbung. 856 Franz Friedmann: Die Kerne (k) sind schon ziemlich weit in den Dotter (d) eingewandert. Besonders schön ist der Beginn der Maschen- bildung zu sehen. Die Schleifen fassen noch gut erhaltene Dotterplättchen (d) zwischen sich. Am Kopf der Schleife ist oft ein Kern als äusserster vorgeschobener Posten. Fig. 11 u. 12. Frosch II, heisse Chromsäure-Fixation. Boraxkarmin- färbung. Diese Bilder dienen zur Darstellung des Einwucherns der Gefässe in die degenerirenden Eier. In das Ei 11 erscheint das Gefäss (bl) schon ziemlich tief eingedrungen, viele Blut- körperchen sind im Dotter (d) zerstreut. Der Dotter ist reich- lich vorhanden, das Follikelepithel (fe) rechts unten ist ver- breitert, zeigt aber noch keine Maschenbildung. In Fig. 12 dringen zwei mächtige Gefässe (bl) in schon stark degenerirte Eier ein. Die zwei Gefässe sind durch Theilung eines grossen Stammes entstanden (durch die Serie ersichtlich). Von den zwei Eiern, welche eine langgestreckte Form zeigen, ist bloss ein Theil des Maschennetzes abgebildet. (Aus dem anatomisch-biologischen Institut der Berliner Universität.) Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie der männlichen Geschlechtsorgane. Von Franz Friedmann. Hierzu Tafel XXXIX u. XXXX, Auf den folgenden Blättern soll über einige die männlichen Geschlechtsorgane betreffende Untersuchungen berichtet werden. Dieselben bezogen sich ursprünglich nur auf die Raniden, insbe- sondere den grünen und braunen Frosch, wurden aber bald zur Vervollständigung und zum Vergleich auch auf die anderen Am- Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie etc. 857 phibien, sowie auf verschiedene Vertreter der Fische, Reptilien, Vögel, Säuger und endlich auch auf einige Wirbellose ausgedehnt. — Der Uebersichtlichkeit wegen sei gleich hervorgehoben, dass unsere Besprechung im wesentlichen drei Fragen betrifft: I. Die Natur der interstitiellen Hodensubstanz. I. Das Fett und die fettartigen Körper im Hoden verschiedener Thiere; die Bedeutung der interstitiellen Substanz. IH. Das Schicksal der Zwischenkörperchen im Hoden. Was die Technik anbelangt, so habe ich bei sämmt- lichen im I. und II. Theil besprochenen Untersuchungen zur Fixirung der Organe die Hermann ’sche Flüssigkeit (15 Th. 1°/, Platinchlorid, 4 Th. 2°/, Osmiumsäure, 1 Th. Eisessig) ange- wandt. Die Objekte blieben darin 48 Stunden, wurden darauf 24 Stunden in fliessendem Wasser ausgewaschen, um dann die gewöhnliche Weiterbehandlung mit Alkohol von allmählich steigen- der Coneentration, Chloroform, weichem Paraffin (42° Schmelz- punkt) zu erfahren. Schliesslich wurden sie in hartem Paraffin (58° Schmelzpunkt) eingebettet. Die sehr zahlreichen so herge- stellten Präparate waren ausnahmslos schön und gleichmässig von der Hermann’schen Flüssigkeit fixirt und besassen sämmt- lich eine tadellose Sehnitteonsistenz. Sie wurden in 5u dieke Schnitte zerlegt und ungefärbt untersucht. — Ich möchte noch hervorheben, dass nach meinen Erfahrungen die nachträgliche Behandlung Hermann’scher Präparate mit Holzessig, nament- lich da, wo es sich um die Untersuchung fettartiger Substanzen handelt, nicht empfehlenswerth ist. Der gerade bei Anwendung der Hermann’schen Flüssigkeit so schön hervortretende Contrast zwischen dem zartgebräunten Gewebe und den mehr oder weniger tief geschwärzten Fettsubstanzen wird durch den Holzessig immer zum Theil verwischt und so die Uebersichtlichkeit des Bildes wesentlich verringert. Die Literatur über die interstitielle Substanz des Hodens findet sich zwar in den letzten diesbezüglichen Arbeiten ziemlich vollständig angegeben; gleichwohl sei eine kurze Zusammen- fassung an dieser Stelle gestattet. Der Entdecker der interstitiellen Substanz ist Leydig (1); er hält sie für fett- und pigmenthaltige Bindesubstanzzellen. 358 Franz Friedmann: Sodann beschrieb sie Kölliker (2), der die Substanz ebenfalls dem Bindegewebe zurechnet. Henle (3) hat die interstitiellen Zellen genau beschrieben, sich aber über ihre Bedeutung kein Urtheil bilden können. Ludwig und Tomsa (7) sind der Ansicht, dass in den Räumen zwischen den interstitiellen Zellen die Lymphbalhnen entstehen und äussern sich dann über die Natur dieser Zellen: „Es gehen von den Adventitien der Blutgefässe zahlreiche fibrilläre Fortsätze ab . . .. die Anschwellungen, welche die Fibrillen zeigen, müssen auf dieselbe Weise wie oben gedeutet werden, als Stücke von schief abgeschnittenen Gefässwänden und als eingelagerte zellenartige Körper.“ Boll (8, 9) vermuthet nähere Beziehungen zwischen der Zwischensubstanz und dem Blutgefässsystem. Waldeyer (4) rechnet die interstitiellen Zellen zu den Plasmazellen, die besonders gerne Fett, theils in grossen, theils in kleinen Tropfen aufnehmen, hebt jedoch in einer späteren Abhandlung (6) hervor, dass sie weder mit den Mastzellen Ehrlieh’s noch mit den Plasmazellen Unna’s identisch seien ; er bezeichnet sie (5) als Perithelien, d. i. Zellen, die die Gefässe umgeben. Mihalkowies (12, 13), der ebenfalls zwischen den interstitiellen Zellen die Lymphbahnen beginnen lässt, hält bei allen von ihm untersuchten Hoden das Fett für das am meisten Charakteristische an den Zwischenzellen. Hofmeister (10) schreibt den interstitiellen Zellen, die übrigens vom Verlauf der Blutgefässe unabhängig seien, einen „epithelialen Charakter“ zu. Sodann erhalten wir von diesem Autor einige interessante entwicklungsgeschichtliche Angaben : während bei einem viermonatlichen Embryo ?/, des ganzen Parenchyms von dem interstitiellen Gewebe eingenommen sind, beträgt dieses beim 8jährigen Knaben nur noch !/,, des Volumens, erfährt während der Geschlechtsreife abermals eine Vermehrung und ist beim erwachsenen Manne reichlich entwickelt und mit Fett und Pigment versehen; zwischen beiden Substanzen ver- muthet der Autor genetische Beziehungen. Bezüglich der Natur der Zellen hält er ihre bindegewebige Abstammung für erwiesen, da er alle Uebergangsformen zwischen fixen Bindegewebszellen und typischen interstitiellen Zellen gefunden hat. art ER Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie ete. 359 Harvey (11) glaubte sodann, in der interstitiellen Sub- stanz nervöse Elemente, ‚ein eigenthümliches, ausserordentlich reichhaltiges Beispiel von mit Zellen versehenen kermhaltigen, vasomotorischen Nervenfasern“ erblieken zu müssen, eine An- sicht, die schon kurz darauf von Jacobson (14) widerlegt wurde; letzterer Autor fand beim pathologisch veränderten Hunde- hoden die interstitielle Substanz bis zum Schwund der Samen- kanälchen vermehrt. Zu nahezu den gleichen Resultaten als Hofmeister kam Messing (15), der das interstitielle Gewebe bei verschiedenen Säugethieren untersuchte. Nussbaum (17), der die Zwischensubstanz bei Säuge- thieren, Reptilien und Vögeln constant vorfand, legt grossen Werth auf eontinuirliche bindegewebige Häute, die um die ein- zelnen kleineren oder grösseren Gruppen von interstitiellen Zellen nachweisbar sind, und vermuthet, dass die Hodenzwischensubstanz aus Pflüger’schen Schläuchen entstehe, die auf einer niedrigen Entwicklungsstufe stehen geblieben seien und sich früher zu funktionierenden Hodenschläuchen hätten ausbilden können. v. Ebner (19), der wiederum bei verschiedenen Thieren die Beziehungen der interstitiellen Substanz zu den Blutgefässen feststellt, hält dieselbe mit Kölliker und Leydig für „eine besondere Art von Bindegewebe“. Nagel (16) macht die interessante Angabe, dass die Zwischenzellen erst bei einem 10 em langen menschlichen Embryo auftreten. Hansemann (18) fand beim Murmelthier zur Zeit des Winterschlafes d. h. bei sistirender Spermatogenese gar Keine interstitiellen Zellen, sondern an ihrer Stelle nur feine spindel- förmige Elemente, während der einige Zeit nach Beendigung des Winterschlafes funktionirende Hoden eine mächtig ausge- bildete interstitielle Substanz besitzt. Dies im Verein mit der Erfahrung, dass beim Menschen bei gewissen Erkrankungen die Zwischenzellen eine starke Vermehrung erfahren, bringen den Verfasser zu dem Schlusse, dass diese kein constantes, sondern ein veränderliches Organ darstellen. Reinke (21) fand in den interstitiellen Zellen des Hodens bei einem 25 jährigen Hingerichteten in grosser Anzahl mit der Weigert'schen Fibrinfärbung in Alkoholpräparaten darstellbare 860 Franz Friedmann: Gebilde, die er als eiweissartige Kıystalloide bezeichnet, und die nach diesem Autor in allen rege funktionirenden Hoden vor- handen sind. Neuerdings vertreten wieder einige Autoren die Anschauung von der epithelialen Abstammung der interstitiellen Zellen, so Böhm und v. Davidoff (23) in ihrem „Lehrbuch der Histo- logie des Menschen“ und v. Lenhossek (26), der von diesen Elementen sagt, „dass sowohl die einzelnen Zellen in ihrer Form wie auch ihre Complexe in ihrer Anordnung ein frappantes epithelartiges Aussehen darbieten‘“; auch vermisst dieser Autor Uebergangsformen zwischen Bindegewebs- und interstitiellen Zellen. v. Bardeleben (28) glaubt neuerdings, dass die Zwischen- zellen durch die nach Durchtränkung mit Lymphe entstandenen Räume und Lücken der Membrana propria in das Innere der Tubuli wandern und hier zu den sogenannten Sertoli’schen Zellen werden, also deren Jugendform darstellen. Er hält sie für epitheliale Gebilde, die schliesslich untergehen. Eine ganz andere Auffassung von der Bedeutung der inter- stitiellen Hodensubstanz hat Plato (24, 25). Er beschreibt im funktionirenden Katerhoden feinste, die Membrana propria der Tubuli durchsetzende Kanälchen, die zur Zeit grossen Stoffver- brauchs Fett aus der interstitiellen Substanz ins Innere der Tubuli führen. Demgemäss schreibt er den interstitiellen Zellen eine wesentlich trophische Funktion zu. Plato tritt nach seinen entwieklungsgeschichtlichen Unter- suchungen am Katerhoden mit Entschiedenheit für die bindege- webige Abstammung der interstitiellen Zellen ein und behauptet ausserdem, dass in der Entwicklung des Hodens das Fett zuerst als interstitielles auftrete. Seine Befunde hinsichtlich des Durchtritts von geformtem Fett durch die Membrana propria sind sodann von v. Len- hossek (27), der die Kanälchen nicht finden konnte, sowie in der allerneuesten Literatur von Beissner (29), der sonst nur die Nussbaum ’schen Darstellungen von den die einzelnen Com- plexe interstitieller Substanz begrenzenden Membranen repro- dueirt, angezweifelt worden. Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie etc. 861 I. Die Natur der interstitiellen Hodensubstanz. Was die erste Entwieklung der interstitiellen Sub- stanz anbelangt, so habe ich an meinen Präparaten vom jungen Schweineembryo und vom ganz jungen Kater die Ueberzeugung gewonnen, dass sich alle Uebergänge zwischen gewöhnlichen Bindegewebszellen und typischen interstitiellen Zellen nachweisen lassen und schliesse mich also hierin der Ansicht Hofmeister’s und Plato’s an. — Desgleichen finden sich bei Rana viridis in den Interstitien zwischen bestimmten, gut charakterisirten Drüsen- kanälehen, die wir später als neugebildete junge Hodentubuli kennen lernen werden, alle möglichen Zwischenformen zwischen fixen Bindegewebs- und typischen interstitiellen Zellen. Ebenso beschreibt und zeichnet Semon (34) bei einem 12 Tage alten Hühnerembryo, ja noch bei einem eben ausge- schlüpften Hühnchen zwischen den Hodentubuli, wo später die typischen interstitiellen Zellen vorhanden sind, ein reichliches, noch völlig indifferentes, aus feinen spindelförmigen Elementen bestehendes Bindegewebe. — Auch die vergleichende Anatomie weist mit Be- stimmtheit auf die bindegewebige Natur der Hodenzwischen- substanz hin. Wir finden bei niederen Thieren, wo noch keine typischen interstitiellen Zellen vorhanden sind, stets an ihrer Stelle indiffe- rentes Bindegewebe. So ist es schon bei den Urodelen, von denen ich Triton eristatus und Siredon piseiformis (Axolotl) unter- sucht habe. Hier findet sich zwischen den Hodenampullen aller Stadien ein ziemlich spärliches indifferentes Bindegewebe. Eben- so ist es bei den Teleostiern (Esox lueius, Leuciscus), wo das interstitielle Bindegewebe noch weniger entwickelt ist, sowie bei den Cyelostomen (Petromyzon fluviatilis). — Von Wirbellosen habe ich vorläufig den Flusskrebs sowie Paludina vivipara und Pla- norbis genauer untersucht. Andere Pulmonaten (Helix, Limax, Limnaeus), deren hermaphroditische Geschlechtsdrüsen ich gern untersucht hätte, waren der Jahreszeit wegen leider nicht frisch zu bekommen. Während sich bei Astacus fluviatilis und auch bei Planorbis in den Zwischenräumen zwischen dem Hoden- parenchym ein äusserst spärliches, wenig charakteristisches Binde- gewebe findet, sind bei Paludina vivipara die Interstitien zwischen 862 Franz Friedmann: den einzelnen Tubuli regelmässig von einem eigenthümlichen Ge- webe erfüllt. Auerbach (35), der die Spermatogenese von Palu- dina vivipara eingehend studirt hat, scheint dieses Gewebe nicht aufgefallen zu sein; wenigstens bildet er es in seiner einen Zeich- nung, in der 3 benachbarte- Tubuli zwischen sich einen ziemlich beträchtlichen Zwischenraum lassen, nicht ab, sondern lässt diesen Raum ganz leer. Auf meinen Präparaten findet sich aber hier stets ein scharf charakterisirtes Gewebe: es besteht aus grossen blasigen Zellen mit rundem in Gentianaviolett gut tingirbarem Kern und reichlichen Fettkörnchen. Diese grossen blasigen, den Chordazellen nicht unähnlichen Elemente (Fig. 5) sind nun nach den Untersuchungen von Flemming (45) und Kollmann (46) typisch für das Bindegewebe der Mollusken. Da aber, wie sich später ergeben wird, diese Bindegewebszellen hier zwar noch nicht morphologisch, wohl aber schon physiologisch den Werth und die Bedeutung wirklicher interstitieller Zellen besitzen, so haben wir auch hier sicher einen Hinweis auf die bindegewebige Abkunft der interstitiellen Hodensubstanz, — Besonders lehrreich und, wie mir scheint, absolut beweisend sind aber die Befunde bei den Anuren, speciell bei den Raniden. Eine eingehende Schilderung der Verhältnisse bei den einzelnen Vertretern derselben wird im II. Theile unserer Besprechung, wo wir auch die Bedeutung der interstitiellen Substanz zu würdigen haben, gegeben werden; hier sollen nur die Thatsachen erwähnt werden, die zur Aufklärung der Abkunft der interstitiellen Zellen geeignet erscheinen. Wenn man den Hoden von Rana fusca nach der Ende März stattfindenden Begattung, d. h. im April oder Mai, selbst Anfang Juni untersucht, so findet man die Tubuli dieht gefüllt mit den zurückgebliebenen Spermatogonien und ziemlich zahl- reichen Follikelkernen. Die Querschnitte der Tubuli erscheinen zu dieser Zeit nicht, wie gewöhnlich, rund, sondern ausnahms- los eckig, polygonal; sie grenzen mit scharfen geraden Linien aneinander, sodass das ganze Bild eines solchen Hodens auf dem Schnitt an die Anordnung eines typischen Plattenepithels erinnert (Fig. 6). Für eine Zwischensubstanz ist natürlich hier gar kein Raum, und eine solehe ist in der That zu dieser Zeit überhaupt nicht vorhanden. In den minimalen Zwischen- räumen, die dort, wo drei oder mehr Tubuli aneinander grenzen, Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie ete. 863 entstehen, finden sich auf dem Schnitt meist 1—2 rothe Blutkör- perchen und hier und da 1 oder 2 Bindegewebskerne. Ebenso liegen die Verhältnisse noch während der Entwicklung der ersten Cysten, die etwa Ende Juni beginnt. Sodann aber finden wir successive mit den Fortschritten der Spermatogenese eine Zunahme des interstitiellen Gewebes, und im Herbst, wo man in vielen Tubuli alle Stadien der Samenbildung antrifft, kann man darauf rechnen, diese Tubuli von reichlicher Zwischensubstanz umgeben zu finden (Fig. 9a). Doch auch dieser Zustand ist nicht von Dauer: schon gegen Ende Oktober und dann während der folgen- den Wintermonate, wo keine Spermatogenese mehr stattfindet, wo man ausser den reifen Spermatozoen nur zurückgebliebene Spermatogonien vorfindet, ist die interstitielle Substanz wieder- um im Verschwinden begriffen und oftmals garnicht mehr nach- weisbar. Ebenso ist das Bild noch zur Brunstzeit (Ende März). Wenn dann die Masse der reifen Spermatozoen ausgestossen ist, erhält man natürlich wieder das charakteristische oben be- schriebene Bild (Fig. 6). — Wir können also hier mit grosser Deutlichkeit ein periodisches Entstehen und Vergehen der inter- stitiellen Substanz wahrnehmen. Die Frage liegt nahe, was aus der zur Zeit der Spermatogenese so reichlich vorhanden ge- wesenen, nunmehr wieder ganz geschwundenen Zwischensubstanz geworden ist. Ich habe diesbezügliche Untersuchungen nicht angestellt, hielte sie aber für recht wünschenswerth und gerade den braunen Frosch für ein hierzu nicht ungeeignetes Objekt. In der Literatur findet sich darüber nur eine und, wie mir scheint, unwahrscheinliche Angabe. v. Bardeleben sucht nämlich nachzuweisen, dass die Zwischenzellen durch die nach Durchtränkung mit Lymphe ent- standenen Lücken in der Wand der Tubuli hindurehwandern und im Innern des Tubulus zu Sertoli’schen Zellen werden. Dieselben wechselvollen Zustände in der Ausbildung der Zwischensubstanz, dieselben Beziehungen zwischen Spermatogenese und Entfaltung des interstitiellen Gewebes zeigt der Hoden des grünen Frosches. Ja, bei diesem Thier, wo die einzelnen Par- thieen ein und desselben Hodens oft sehr verschiedene Stadien aufweisen (s. u. im II. Theil), variirt die Ausbildung der interstitiellen Substanz nicht nur zeitlich je nach dem Stadium der Spermatogenese, sondern auch bei ein und demselbem Thier 364 Franz Friedmann: örtlich, wie man sich oft schon an einem einzigen Schnitt überzeugen kann. Während man dort im Präparat, wo nur Anfangsstadien der Samenbildung vorhanden sind, nur ein äusserst spärliches, bisweilen gar kein intertitielles Gewebe trifft, sieht man in voller Spermatogenese begriffene Tubuli von reichlicher, oft sogar kolossal entwickelter Zwischensubstanz umgeben. Auch beim Laubfrosch zeigt sich deutlich ein erheblicher Wechsel in der Ausbildung der interstitiellen Substanz. Während dieselbe noch im Juli wenig oder gar nieht vorhanden ist, er- scheint sie im Oktober, wo zahllose Spermatozoen die Tubuli erfüllen und auch die Spermatogenese noch blüht, in stattlicher Entwicklung. Bei der Kröte vollends finden wir bei einem T'hier, dessen Hoden nur frühe Stadien, Spermatogonien und Anfänge der Cystenbildung aufweist, interstitielles Gewebe überhaupt nicht, sondern in den minimalen Interstitien nur wenig Bindegewebe, während in Organen verschiedener Thiere vom Winter, die hauptsächlich Spermatozoen enthalten, die interstitielle Substanz in einer Mächtigkeit entwickelt ist, wie ich es nie wieder bei irgend einer der vielen von mir untersuchten Species gesehen habe. Meine Befunde von der enormen Veränderlichkeit der inter- stitiellen Substanz je nach dem Stadium der Samenbildung stehen in gutem Einklang mit den Angaben Hofmeister’s, ferner mit der Beobachtung Hansemann’s (s. o.), dass sich beim Murmel- thier zur Zeit des Winterschlafes gar keine interstitiellen Zellen, sondern an ihrer Stelle nur feine spindelförmige Elemente vorfin- den, während der funktionirende Hoden eine wohl ausgebildete Zwischensubstanz besitzt. Aus alledem ergibt sich, wie mir scheint, ganz abgesehen von den oben gebrachten entwicklungsgeschichtlichen und ver- gleichend anatomischen Beweisen mit Nothwendigkeit die That- sache, dass die interstitiellen Zellen bindege- webiger Abkunft sind. Denn woher soll z. B. bei Rana fusea, wo doch thatsächlich zu gewissen Zeiten (s. 0.) ein inter- stitielles Gewebe vollkommen fehlt und an seiner Stelle nur spär- liches Bindegewebe sich findet, die im Sommer wieder neu ge- bildete interstitielle Substanz stammen, wenn nicht von diesem ? Indem die jedem Tubulus eng anliegenden zunächst äusserst spär- lichen zurückgebliebenen Bindegewebszellen proliferiren und sich Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie ete. 865 in typische interstitielle Zellen umwandeln — es lassen sich alle Zwischenformen beobachten — entsteht eine neue Zwischensub- stanz, zu deren Aufbau also jeder der aneinander stossenden Tubuli vermöge der ihm anliegenden Bindegewebszellen sein Theil beiträgt, eine Thatsache, die namentlich in grösseren Interstitien, wo mehrere Tubuli aneinander grenzen, oft klar zu Tage tritt. Demgemäss erscheint auch die interstitielle Substanz gewöhnlich nur dann, wenn sie in sehr geringem Umfange getroffen oder aber durch grossen Fett- resp. Pigmentreichtum undeutlich ge- worden ist, als scheinbar einheitliche, auch grössere Interstitien eontinuirlich ausfüllende Gewebsmasse. Meist jedoch gewinnt man an Stellen, wo die Schnittrichtung eine günstige war, mit grosser Deutlichkeit die Anschauung, dass von der Wand jedes der an- einander stossenden Tubuli aus in der Richtung nach dem Üen- trum des Interstitiums zu je ein in sich geschlossener und nach aussen hin ziemlich scharf begrenzter Complex interstitiellen Ge- webes gewuchert sei (Fig. 9a). Daher findet man in der Regel oder vielmehr immer, wenn die Schnittriehtung günstig war, genau so viele Öomplexe ein Interstitium formi- rend ,-als-Tubuli an. der betreffenden. Sstellelan einander stossen und jeden Complex dem zuge- hörigen Tubulus eng anliegend (Fig. 9a). Oft na- türlich wird man auf Schnitten, wenn ein Complex inter- stitieller Substanz vom Messer so getroffen ist, dass seine Zugehörigkeit zu. einem der Tubuli nicht ohne weiteres zu erkennen ist, diesen allseitig isolirt und scheinbar regellos ver- sprengt im Interstitium vorfinden. Solche weniger deutlichen Bilder habe ich selbst in Amphibienhoden und namentlich bei der Taube in grosser Anzahl zu Gesicht bekommen. Auch beim Kater sind sie nieht selten zu finden, und sie haben hier Beiss- ner neuerdings wieder irre geführt. Dieser äussert: „Wir haben es also hier, wie ja auch schon Nussbaum in seiner oben er- wähnten Arbeit dargethan hat, mit isolirten Schläuchen zu thun, in welche die Zwischensubstanzzellen eingeschlossen sind, und die den Tubuli gegenüber also völlig unabhängig dastehn.“ Um Missverständnissen vorzubeugen, als ob die oben ge- schilderten Beziehungen zwischen Tubuli und Complexen inter- stitiellen Gewebes etwa nur beim Frosch zu finden wären, möchte ich bemerken, dass ich dieselben bei allen von mir untersuchten 366 Franz Friedmann: Thhieren mit ausgebildeter interstitieller Substanz (Fig. 9b ist beispielsweise dem Hoden einer Kröte entnommen) gesehen habe. Bilder, die unverkennbar deutlich die engen Beziehungen jedes Complexes interstitieller Substanz zu je einem Hodentubulus zeigen, habe ich auch sehr häufig im Katerhoden gesehn und könnte auch solche in Menge abbilden. Mit Rücksicht auf das häufige Vorkommen von Bildern, die die Zugehörigkeit der einzelnen Complexe interstitiellen Gewebes zu den betreffenden Hodentubuli nicht so deutlich erkennen lassen, wie Fig. 9a, habe ich zur Abbildung absichtlich noch eine andere Stelle gewählt, die jenes Verhältniss nicht überall in idealer Deutlichkeit zeigt (Fig. 9 b). Auf den ersten Bliek wird man hier nur an dem in der Figur rechts und dem rechts oben gelegenen Complex die Zugehörig- keit zu den betr. Tubuli erkennen, während Nussbaum und Beissner das rechts unten gelegene Stück interstitieller Sub- stanz für allseitig isolirt und dem unteren Tubulus gegenüber unabhängig dastehend erklären werden. Nun kann man aber, wenn man sich das Bild in’s Körperliche übersetzt, leicht den Zusammenhang dieses rechts unten und des links von ihm be- findlichen Stückes interstitieller Substanz und somit die Zuge- hörigkeit beider Stücke zu einem Complex erkennen, dessen Beziehungen zum unteren Tubulus dann auch hier wieder klar vor Augen liegen. Dieser Complex braucht bloss etwas unregel- mässig geschlängelt zu verlaufen, um bei bestimmter Schnitt- richtung das in der Figur dargestellte Bild zu geben. — Dass solche Complexe interstitieller Substanz sehr häufig, namentlich nach der dem Tubulus abgekehrten Seite hin, von Zügen. indifferenten Bindegewebes begrenzt sind, habe auch ich beobachtet (Fig. 9a); dies erscheint mir aber auch keines- wegs auffällig, sondern durch die Art der Entstehung und Wieder- entstehung der interstitiellen Substanz aus indifferentem Binde- sewebe leicht erklärlich. II. Das Fett und die fettartigen Körper im Hoden ver- sehiedener Thiere; die Bedeutung der interstitiellen Substanz. Ich möchte vorausschicken, dass ich im folgenden der Kürze des Ausdrucks halber mit „Fett“ alle Osmiumsäure reducirenden Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie ete. 867 Substanzen bezeichnen !) werde, die nicht, wie etwa das Pigment, noch durch besondere Farbe und Gestalt anderweitig deutlich charakterisirt sind. Zum Ausgangspunkt der Besprechung wähle ich Rana viridis s. esculenta als diejenige Species, die mir auch für die Untersuchung die Grundlage und den Ausgangspunkt darbot. Von Rana viridis liegen uns die Hoden von 160 in der Zeit vom Juni bis März jedesmal ganz frisch gefangenen und gleich getöteten Thieren vor, die sämmtlich einer sorgfältigen Untersuchung unterzogen wurden. Eine völlig erschöpfende Dar- stellung der mannigfachen gerade bei diesem Objekt sehr wechsel- vollen Verhältnisse würde über den Rahmen dieser Mittheilung hinausgehn: es sollen daher nur die wesentlichsten Momente, die sich aus der grossen Mehrzahl der Fälle als Regel ergaben, besprochen werden. Man findet während des ganzen Spätsommers und Herbstes fast in jedem Hoden alle Stadien der Spermatogenese, auf die verschiedenen Tubuli vertheilt, vor, von den eben erst gebildeten Spermatogonien an bis zu den schon frei in's Lumen ragenden Spermatozoen. Eine sich lediglich mit der Jahreszeit änderude Vertheilung des Fettes hat man hier also nicht zu erwarten. — Zum Verständniss der diesbezüglichen Verhältnisse bei Rana viridis ist es nun von hohem Werth, die Bedeutung gewisser Kanäle zu kennen, die man, namentlich in der Zeit vom Juni bis Oktober, oft und in grosser Anzahl, bald mitten zwischen die funktionirenden Hodentubuli eingelagert, bald nur an einem Rande des Hodens einen kleineren Complex bildend, vorfindet. Es sind dies Kanäle, deren Querschnitte meist kleiner erscheinen, als die der Tubuli seminiferi und die, wenn sie nur in geringem Um- fange getroffen sind, bei schwächerer Vergrösserung scheinbar von einem gewöhnlichen Cylinderepithel mit länglichen Kernen und nieht nachweisbaren Zellgrenzen ausgekleidet sind, so dass man wohl zunächst geneigt sein könnte, diese Kanäle für Aus- führungsgänge anzusprechen. Nun finden sich aber oft, doch stets in geringerer Zahl, zwischen jenen scheinbar wenig charak- 1) Hierbei lasse ich die chemische Natur dieser Körper dahin- gestellt; bekanntlich ist ja nicht alles, was von Osmiumsäure geschwärzt wird, Fett. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 52 56 868 Franz Friedmann: teristischen Wandelementen und nicht selten von einem Kranz von solchen umgeben, grosse, oft sogar kolossal grosse Spermato- sonien (Fig. le, 1d) und die ersterwähnten länglichen Wand- kerne zeigen bei genauerer Untersuchung all die charakteristischen Eigenthümlichkeiten der Follikelkerne des Amphibienhodens: die längliche, unregelmässig gebogene, oft dreieckige Form und die Vertheilung des Chromatins in kleineren und grösseren Körnern und Brocken. Oft trifft man, wie bereits erwähnt, auf Schnitten in einzelnen Kanälen überhaupt nur Follikelkerne an (Fig. la, 1b), immer aber überwiegen diese an Zahl bei weitem über die Spermatogonien. In Fig. le sehn wir z. B. etwa 60 Follikel- kerne und nur 1 Spermatogonie. Ausserdem kommen in diesen Drüsenkanälen, meist nahe dem Lumen, noch hin und wieder von Osmiumsäure diffus stark gebräunte Zellen vor (Fig. 1e, 1d bei 2), die vielleicht dem Untergang anheimfallen; ich habe mich nicht genauer mit ihnen beschäftigt. Ich halte nun die soeben beschriebenen Kanäle (Fig. 1a, b, e, d) mit Sicherheit für neugebildete junge Hodentubuli und kann mir die Nothwendigkeit solcher Neubildung bei Rana viridis erklären, da man im Herbst, namentlich im Oktober, öfters ein- zelne Tubuli findet, die gar keine Wandzellen mehr enthalten, sondern ganz mit Spermatozoen erfüllt sind, die also nach deren Ausstossung wohl zu Grunde gehen. Meine Bilder erinnern, wie ich später sah, sehr an die von Semon (34) über die erste Entwicklung des Hühnerhodens mitgetheilten Befunde und Zeich- nungen: „Am Ende der dritten Woche beginnt die Bildung der Samenkanälehen, d. h. die mit Ureiern erfüllten und infiltrirten Segmentalstränge erhalten ein Lumen . .. . Die Wandung des so gebildeten Kanälchens wird von 2 Zellformen gebildet: Kleinen Zellen mit ovalem durch Farbstoffe stark tingirtem Kern und grossen rundlichen mit blassem, bläschenförmigem Kern. Die ersten sind die Zellen der Segmentalstränge (und werden zu Stützzellen), die letzteren die in jene aufgenommenen Ureier“ (Spermatogonien). — Auch andere Autoren entwerfen von jungen Hodentubuli der verschiedensten Thiere Bilder, die mutatis mu- tandis auch sehr gut auf unsere Befunde passen: Fr. Hermann (22) eitirt eine diesbezügliche Angabe von v. la Valette St. George und bestätigt sie seinerseits für den Mäusehoden: „Das nicht geschlechtsreife Hodenkanälchen birgt nach diesem Autor, Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie ete. 869 eingebettet in eine das Kanallumen vollständig erfüllende Eiweiss- masse, zweierlei Kerne: 1. kleine von runder oder ovaler Form und 2. in unregelmässigen Abständen zwischen jene vertheilt, grössere runde Kerne, die von einer Lage nach aussen scharf abgegrenzten Protoplasmas umgeben sind; diese Gebilde stellen die Spermatogonien dar, die sich innerhalb des Lagers der er- steren Gebilde, der sogenannten Follikelzellen vermehren.* — Genau die gleichen Befunde beschreibt Plato (25) für den Hoden des neugeborenen Katers, und ich selbst habe an Präpa- raten vom jungen Schweineembryo und vom ganz jungen Kater stets die Beobachtung gemacht, dass die Stützzellen anfangs bei weitem an Zahl über die Spermatogonien überwiegen. Dass wir es also im vorliegenden Fall bei Rana viridis mit jungen, neugebildeten Hodentubuli zu thun haben, ist wohl als sicher zu betrachten. Was nun für unsere Frage von Wichtigkeit ist, ist die Thatsache, dass die oben beschriebenen Kanäle stets, selbst wenn sonst im ganzen Hoden gar keine oder nur vereinzelte kleine Fettkörnchen zu finden sind, stets von grösseren und kleineren Fettkugeln vollgepfropft sind (Fig. la, b, e, d). Dieser Befund im Verein mit den aus der Betrachtung älterer, sowie in voller Entwicklung begriffener Tubuli hervor- gehenden ergiebt mit Sicherheit den wichtigen Satz, dass der ursprüngliche!) und Hauptsitz des Fettes im Hoden von Rana viridisintratubulär ist, — eine Thatsache, die ich schon hier Plato gegenüber, der (25) das interstitielle Gewebe als ursprünglichen Sitz alles Hodenfettes anspricht, be- tonen möchte. Während der Anfangsstadien, wo fast nur Sper- matogonien, höchstens hier und da junge Cysten vorhanden sind, finden sich zwischen diesen, meist mehr in der dem Rande des Tubulus zunächst liegenden Zone feinere oder gröbere Fettkörn- chen; zu dieser Zeit ist die Zwischensubstanz noch gar nicht oder nur sehr wenig entwickelt und enthält gar kein Fett. Während der nächsten Stadien, wo die mitotischen Kerntheilungen 1) „Ursprünglich intratubulär“ im Gegensatz zu inter- stitiell; das erste nachweisbare Osmiumsäure redueirende Fett findet man nie interstitiell, sondern intratubulär; natürlich ist es auch hier nicht in loco entstanden, sondern stammt wohl zum grössten Theil aus dem Blut. 870 Franz Friedmann: blühen, findet man oft gar kein Fett im Tubulus. Sodann aber erfolgt ein mächtiges Wachsthum der interstitiellen Sulıstanz, die jetzt bisweilen bis zur Unsichtbarkeit der einzelnen Zellen mit Fett erfüllt ist, und sobald im Tubulus Spermatozoen erscheinen, findet man massenhaft Fett. zwischen den Cysten und zwischen den reifenden Spermatozoen (Fig. 5). In der bei weitem überwiegenden Mehrzahl der Fälle findet man bei Rana viridis das ganze Jahr hindurch die Hauptmasse des Fettes intratubulär. Freilich sind auch hin und wieder — ich fand es namentlich in der ersten Hälfte des August — colos- sale, bei weitem überwiegende Mengen in der dann natürlich auch sehr entwickelten interstitiellen Substanz zu treffen. Aber solche Fälle finden sich unter der grossen Zahl der untersuchten Thiere nur verhältnissmässig selten. Er ist daher wohl der Schluss berechtigt, dass das Fett hier nur vorübergehend, sogar nur sehr kurze Zeit in grösseren Mengen interstitiell vorhanden ist. Schon hierin liegt eine Bestätigung der Plato’schen Auf- fassung der interstitiellen Substanz als fettliefernden Hülfsge- webes. Nieht selten findet man im Lumen, namentlich in colossal grossen, schon mit blossem Auge sichtbaren Tubuli, wie ich sie besonders Ende Juni und Anfang Juli oft angetroffen habe, zahl- lose freie Zellen, vor allem Spermatiden und Spermatozoen, aber auch reichliche Cystenkerne. Zwischen all diesen finden sich colossale Fettmassen, die meist die Cystenkerne in dichten rund- lichen, wiederum aus einzelnen Kügelchen zusammengesetzten, Colostrumkörperchen nieht unähnlichen Haufen umgeben. Auch finden sich häufig den Cysten anliegende, deutlich geschwärzte Cystenkerne. Im Winter, wo man ausser einer einfachen Schicht zurück- gebliebener Spermatogonien und einigen wenigen Follikelkernen nur in regelmässigen feinen Büscheln angeordnete reife Sperma- tozoen findet, ist ein interstitielles Gewebe überhaupt nieht mehr vorhanden. Fettkörner finden sich jetzt bald mehr, bald weniger zwischen den Spermatogonien; übrigens kommen sie zu dieser Zeit auch sicher in denselben vor. Dagegen sind Fettkörner Jetzt nie zwischen den reifen Spermatozoen zu finden; es scheint, als ob diese jetzt, wo ihre Entwicklung vollkommen abgeschlossen ist, einer fortdauernden Nahrungszufuhr, wenigstens einer solchen Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie ete. 871 von Osmiumsäure reducirenden Substanzen nicht mehr bedürfen. So erkläre ich es mir auch, dass jetzt eine fettliefernde intersti- tielle Substanz nicht mehr vorhanden ist; sie ist eben jetzt nicht nothwendig, da die beiden einzigen zu dieser Zeit (abgesehn von den wenigen Follikelkernen) intratubulär vorkommenden Zell- formen ihrer nieht bedürfen: die Spermatozoen sind vollkommen gereift, hängen nur noch an ihren äussersten Spitzen lose mit dem Wandbelag des Tubulus zusammen und harren ihrer Aus- stossung; die Spermatogonien aber enthalten zwischen sich ziem- lich reichlicehe Fettkörnehen, die für den Winter ausreichen, bis dann im Sommer bei erneuter Thätigkeit des Organs ein inter- stitieller Fettzuschuss erfolgt. Meine Auffassung von der Bedeutung der interstitiellen Hodensubstanz — zunächst der des grünen Frosches — weicht von der Plato’schen (namentlich für den Kater gegebenen) nur insofern ab, als ich bei meinem Objekt nicht in der inter- stitiellen Substanz, sondern im Tubulus selbst den zuerst nachweisbaren Sitz des Fettes erblicke. Ich habe nicht genügende embryologische Erfahrung hierüber, um diesen Satz mit Bestimmtheit verallgemeinern zu können, doch scheint es mir mehr als wahrschemlich, dass er für die meisten T'hiere zutrifft. So zeigen Präparate vom sehr jungen Schweine- embryo, in denen sich hauptsächlich Follikelkerne und zwischen ihnen wenige Spermatogonien finden, wo von einer Fettströmung aus der interstitiellen Substanz in die Tubuli also noch nicht die Rede sein kann, intratububulär überall reichliche Fettkörner, während man in der sehr entwickelten Zwischen- substanz, die noch alle Uebergangsstufen zwischen fixen Binde- sewebs- und typischen interstitiellen Zellen zeigt, Fettkörnchen auch mit stärkster Vergrösserung nicht wahrnehmen kann. Wir finden also hier vollständig dieselben Verhältnisse wie beim srünen Frosch, nämlich den ersten Sitz des Fettes in den jungen, in Entwicklung begriffenen Hodentubuli und nicht interstitiell. — Das einzige Objekt, was mir in dieser Beziehung zu denken ge- geben hat, ist gerade das Plato’sche: Der Hoden eines Jungen Katers, in dem intratubulär gar kein Fett anzutreffen ist, wäh- rend interstitiell, freilich nur in der unmittelbar unter der Albu- ginea gelegenen Zone, bereits ziemlich reichliches Fett vorhanden ist. Allein vielleicht gelingt es, wenn man beim Kater auf ein 8372 Franz Friedmann: viel früheres Embryonalstadium als das jüngste von Plato untersuchte (der 7 wöchentliche Embryo) zurückgeht, bereits in- tratubuläres Fett zu finden, ohne dass interstitielles vorhanden ist. Es wäre dann erstens der Beweis erbracht, dass auch beim Kater das erste nachweisbare Fett intratubulär gelegen ist, also unser Satz auch hier keine Ausnahme erleidet; zweitens würde sich, wenn man Plato’s Befunde bei älteren Katerembryonen mit in Betracht zieht, die nothwendige Schlussfolgerung ergeben, dass hier bereits im intrauterinen Leben, wohl in Folge besonders grossen Stoffverbrauchs, Fettzuschüsse aus dem interstitiellen Ge- webe stattfinden. Wie dem auch sei, bei Rana viridis enthält jeder eben neugebildete junge Tubulus die zu seiner ersten Entfaltung noth- wendige, gewöhnlich sehr reichliche Fettmenge (Fig. la, b, e, d), während in dem zwischen diesen Tubuli befindlichen Gewebe Fett nicht zu finden ist. Während die Spermatogonien sich stark vermehren und allmählich die Follikelkerne an Zahl über- treffen, oft auch noch später während der Cystenbildung, findet man, wie bereits erörtert, feine Fettkörnchen zwischen den Zellen resp. jungen Cysten, bis allmählich der erste Vorrath aufge- braucht ist. Dann aber, wenn bereits Spermatozoen vorhanden sind, die noch der Ernährung bedürfen und neue Generationen von Samenzellen sich entwickeln sollen, ist ein Zuschuss von aussen nöthig, also ein Uebertritt von Nährsubstanzen aus dem interstitiellen Gewebe geradezu theoretisches Postulat. Und in der That sehn wir jetzt die interstitielle Substanz mächtig ent- wickelt und voller Fett. Ich habe mich, wie ich gleich bemerken will, von dem Uebertritt geformten Fettes aus dem interstitiellen Gewebe in den Tubulus u. a. auch bei Rana viridis mit Deutlichkeit über- zeugen können und eine solche Stelle (Fig. Ta) abgebildet. Sehr selten sind freilich Stellen so schön und auf den ersten Blick beweisend wie die eine in Plato's erster Abhandlung (24) Fig. 4a abgebildete. Ich selbst habe Kanälchen mit so deutlichen, von feinen Bälkchen gebildeten Wandungen in meinen Präparaten nie gesehn und Plato selbst hat sie in dieser Schärfe wohl nur ein oder zweimal gefunden. Es genügt aber auch, um den Uebertritt geformten Fettes zu beweisen, vollständig wenn man Züge interstitiellen Fettes sich eontinuirlich d. h. ohne sichtbare Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie ete. 873 durch die Membrana propria gebildete Grenze in die Tubuli fortsetzen sieht, und solche Stellen habe ich sehr häufig ge- funden und könnte sie in grosser Zahl abbilden. Dass daneben auch ein Uebertritt gelösten Fettes reichlich stattfindet, halte ich für äusserst wahrscheinlich. — Ich erkenne also der interstitiellen Substanz nach meinen Befunden die ihr von Plato zuerst vindi- eirte Bedeutung eines trophischen Hülfsorgans im vollsten Sinne des Wortes zu, glaube hingegen, dass ihre Bedeutung für das Hodenparenchym erst später beginnt als Plato meint. Hier möchte ich noch einmal auf das bereits im I. Theil hervorge- hobene correlative Verhältniss zwischen Ausbildung der intersti- tiellen Substanz und Stadium der Spermatogenese aufmerksam machen. — Während des ganzen Sommers und Herbstes finden sich in sehr vielen Hoden von Rana viridis (ich zähle in meinen Protokollen gegen 50 erwähnt) in den Kernen der Sperma- tiden und in den Köpfen der Spermatozoen glänzende dunkle Körnchen, die bei bestimmter Einstellung der Mikrometerschraube als schwarze Hohleylinder imponiren (Fig. 4). Sie erfüllen namentlich die Spermatidenkerne bisweilen so dicht, dass diese kaum noch zu erkennen sind. Es sind diese Gebilde sicher keine Pigmentkörnchen, da sie sich schon durch ihre schwarze Farbe und ihren ungewöhnlich starken Glanz von dem typischen braunen Pigment des Frosches unterscheiden ; auch vermisst man sie in Sublimatpräparaten, während Pigment auch in diesen wohl erhalten ist. Bei sorgfältiger Untersuchung mit stärkerer Vergrösserung findet man aber in gefärbten Subli- matpräparaten entsprechende Formen in Gestalt von vakuolen- artigen hellen Kreisen und auch hier nur in Spermatiden und Spermatozoen. Hierdurch ist es bewiesen, dass diese Gebilde aus einer Osmiumsäure reducirenden, also wohl einen Nährstoff repräsentirenden Substanz bestehn. Ich möchte annehmen, dass diese Körnchen, da sie erstens nur in Spermatiden und Sperma- tozoen und vor allem da sie in reifen Spermatozoen, wie sie während des Winters, zu Büscheln vereinigt, fast den ganzen Hoden füllen, nie anzutreffen sind, charakteristisch sind für die älteren Spermatidenkerne und die jungen eben aus ihnen durch Auswachsen in die Länge entstandenen also noch unreifen Spermatozoenköpfe. Auch Plato beobachtete einmal im Hunde- 8374 Franz Friedmann: hoden „eigenthümliche in der Axe der reifenden Spermatozoen gelegene mit einem durch Osmium geschwärzten Fettmantel ver- sehene Hohleylinder.* — Ich habe übrigens, wie ich gleich vor- wegbemerken will, die eben beschriebenen Körnchen und Hohl- eylinder auch sehr häufig in Spermatiden und unreifen Spermato- zoen des braunen Frosches und der Kröte, sowie bisweilen in den Nucleolen von Eiern des Bidder’schen Organs, endlich auch einmal im Nucleolus einer Spermatogonie von Rana fusca ge- sehen. — Zum Sehlusse unserer Besprechung des grünen Frosches sei es mir gestattet, noch kurz einen Punkt zu erwähnen, der eigentlich nicht zu unserem Thema gehört. Vor kurzer Zeit habe ich in einer. kleinen Abhandlung (43) über einen Fall von Hermaphroditismus bei Rana viridis berichtet, der darin bestand, dass sich in beiden sonst ganz normalen Hoden eine Anzahl wohl entwickelter !/,—!/, mm grosser Eier befanden. Bei genauer Durchsicht meines recht zahlreichen Materials von Rana viridis fand ich nun in mehreren Hoden intratubulär ge- legene Gebilde, die zum mindesten eine grosse Aehnlichkeit mit jungen Eizellen aufweisen. Einige davon habe ich in Fig. 2a, b, « abgebildet. Ich hoffe, auf die erste Geschlechtsdifferenzirung beim Frosch und die Frage nach etwaigen das zukünftige Ge- schlecht bestimmenden oder wenigstens beeinflussenden Ursachen später einmal ausführlich einzugehen. Nach dieser Abschweifung wollen wir zu unserm Thema zurückkehren und zu der Betrachtung der Verhältnisse bei Rana fusea übergehn. Sie sind von denen beim grünen Frosch nicht sehr verschieden. Doch glaube ich nicht, dass hier beim er- wachsenen Thier alte Tubuli zu Grunde gehn und neue gebildet werden. Denn ich habe hier nie Tubuli gesehn, die nur Spermato- zoen, aber keine zurückgebliebenen Wandzellen mehr besessen hätten, auch habe ich vor allem die charakteristischen Bilder der neugebildeten jungen Hodentubuli, wie wir ihnen bei Rana viridis so oft begegnet sind, niemals wahrgenommen. Iın Frühling, nach der Ablaichung, fehlt, wie bereits im I. Theil erwähnt wurde, die Zwischensubstanz im Hoden von Rana fusea vollkommen. Die Tubuli erscheinen zu dieser Zeit auf dem Quersehnitt eckig, polygonal und stossen dieht anein- ander. Sie enthalten anfangs nur Spermatogonien und Follikel- Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie ete. 875. kerne und zwischen den Zellen bald mehr bald weniger Fettkörnchen (Fig. 6). Etwas später erscheinen die ersten jungen Cysten, die Fettkörnehen liegen nun zwischen den Spermatogonien und den aus ihnen gebildeten Cysten, aber noch immer fehlt eine inter- stitielle Substanz. Erst wenn die eigentliche Spermatogenese blüht und bereits Spermatozoen vorhanden sind, sehen wir die interstitielle Substanz mächtig entwickelt und voller Fett. Doch auch beim braunen Frosch scheint sich das Fett nicht lange in der Zwischensubstanz aufzuhalten, man findet nur selten die Haupt- menge interstitiell; vielmehr tritt es auch hier schnell in die Tubuli ein, wo man es denn auch meist in Menge antrifft: zwischen den Wandzellen, zwischen den Cysten, vor allem aber zwischen den mehr nach dem Lumen zu gelegenen — reifenden — Spermatozoen. Diese Verhältnisse kann man noch im Oktober finden. Erst Ende Oktober oder Anfang November ist die Sper- matogenese vollkommen abgeschlossen und wir gewahren jetzt ein typisches Bild: die interstitielle Substanz ist zum aller- grössten Theil, oft schon ganz und gar wieder geschwunden. Im Innern des Tubulus aber finden wir eine von zahlreichen Lücken unterbrochene einfache Wandschicht von Spermatogonien mit einigen Follikelkernen und sodann, theils der ersten Schicht, theils (in den Lücken) der Membrana propria direkt aufsitzende und frei in's Lumen ragende schlanke Büschel von reifen Sper- matozoen. Oft findet man die Lücken von deutlichen in’s Lumen hineinragenden Scheidewänden begrenzt, in denen man vielleicht die ehemaligen Oystenmembranen erblicken darf. — Innerhalb der Bündel reifer Spermatozoen, überhaupt in der ganzen Zone derselben findet sich nie — ich habe gegen 20 Thiere von diesem Stadium untersucht — auch nur ein Fettkörnchen; ebenso wenig findet man jemals zu dieser Zeit in den Spermatozoen die glän- zenden, von Osmiumsäure geschwärzten Körnchen, die während der Sommermonate in den reifenden Spermatozoen von Rana fusca äusserst häufig sind. Beides spricht für meine bereits beim grünen Frosch entwickelte Ansicht, dass die völlig reifen Sper- matozoen einer Ernährung durch fettartige Substanzen nicht mehr bedürfen. Das einzige Fett findet sich zu dieser Zeit in der Wandschicht sowohl in den oben erwähnten Lücken als vor allem zwischen den Spermatogonien, wo es stets vorhanden ist, und wo- wir es im Frühjahr nach der Ablaichung (s. 0.) wieder 8376 Franz Friedmann: vorfinden, — Dasselbe Bild bietet der Hoden des braunen Frosches noch zur Brunstzeit dar, wie ich mich an Präparaten vom Stückchen eines Hodens, dessen Rest zu künstlicher Be- fruchtung verwandt wurde, überzeugen konnte. — Endlich möchte ich noch erwähnen, dass der Hoden von Rana fusca ziemlich häufig am Rande Pigment zeigt, das sich dann gewöhnlich von hier aus in die äussersten Interstitien einsenkt. Bei Rana viridis habe ich Pigment nur ein einziges Mal, an einem Hoden vom März, beobachtet. Auch beim Laubfrosch (Hyla arborea) bestätigt sich, wie bereits im I. Theil kurz erwähnt wurde, die Regel von der Veränderlichkeit des interstitiellen Gewebes je nach dem Stadium, das die Tubuli aufweisen. Den ganzen Juli hindurch, wo die Tubuli noch hauptsächlich Anfangsstadien und mitotische Thei- lungen zeigen, sind die interstitiellen Räume sehr klein. Sie sind fast ganz von fixen Bindegewebszellen erfüllt und enthalten nur hier und da wenige typische interstitielle Zellen. Fett ist zu dieser Zeit kaum in geringsten Spuren zu treffen. Im Sep- tember, wo die Samenbildung blüht und bereits sehr viele Cysten Spermatozoen enthalten, ist das interstitielle Gewebe viel reich- licher geworden und enthält auch ziemlich viel Fett; letzteres trifft man jetzt auch intratubulär zwischen den Spermatozoen an. Im Oktober endlich, wo die meisten Tubuli hauptsächlich Sper- matozoen enthalten, ist die interstitielle Substanz in mächtiger Ausdehnung und voller Fett. In sämmtlichen (7) vorliegenden Präparaten vom Laubfrosch, die alle verschiedene Stadien zeigen, fällt übrigens der im Vergleich zum grünen und braunen Frosch äusserst geringe intratubuläre Fettgehalt auf. Wir wenden uns nun zur Betrachtung der Kröte (Bufo vulgaris), Der Hoden eines Ende Mai getödteten sehr kleinen Thieres zeigt ähnliche Verhältnisse, wie der des braunen Frosches zu dieser Zeit. Den Hauptinhalt der Tubuli bilden Spermato- gonien; viele von diesen sind aber bereits in Cystenbildung be- griffen, und die Cystenzellen vervielfältigen sich durch mitotische Theilung, deren sämmtliche Phasen man hier, namentlich an Saffranin-Gentianaviolett-Präparaten, aber auch schon ungefärbt in schönster Ausbildung sehen kann. Die Tubuli stossen ziem- lich dicht aneinander an, wenn auch nicht so unmittelbar, wie bei Rana fusea. Die schmalen Interstitien sind von Binde- Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie ete. 877 gewebszellen und bisweilen Uebergangsformen zwischen diesen und typischen interstitiellen Zellen ausgefüllt. Sie enthalten hier und da schwarzbraune mit zackigen Ausläufern versehene Balken, die bei stärkerer Vergrösserung deutlich ihre Zusammensetzung aus feinen bräunlichen Pigmentkörnehen erkennen lassen. Von Fett findet sich interstitiell aueh, nieht eine Spur, wohl aber, wenn auch weniger als bei Rana viridis und fusca, feinste Fetttröpfehen zwischen den Spermatogonien. — Man kann ja Fett selbst in kleinsten Theilchen leicht von Pigment unter- scheiden: während Pigmentkörnchen, abgesehen von der meist mehr eckigen Form, braun und glänzend sind, besitzen Fett- körnehen im Allgemeinen einen matten, tiefschwarzen oder grau- schwarzen Ton. Der Krötenhoden vom Juli zeigt bereits alle Stadien der Spermatogenese; die interstitiellen Räume sind nur etwas grösser seworden, aber jetzt mit typischen interstitiellen Zellen erfüllt und enthalten sehr reichliches Pigment, dessen Ueber- tritt in die Tubuli in Form feinster Körnchen man vielfach be- obachten kann (Fig. Tb). Hier und da finden sich intratubulär Fetttropfen zwischen den Cysten, auch zwischen den reifenden Spermatozoen; interstitiellistlauch: zu'dieser Zeit kein einziges Fettkörnchen zu finden. Dies Präpa- rat vom Juli ist übrigens das einzige, in dem ich sämmtliche Eier des Bidder’schen Organs in Degeneration begriffen fand. Dass dieses Organ während des Winters verschwindet und während des Sommers sich regenerirt, kann ich Knappe (47) keineswegs zugeben: ich fand es in all meinen Präparaten von im Winter .frisch gefangenen Thieren stets wohl ausgebildet. Dagegen habe ich mich davon überzeugt, dass die Degeneration einzelner sol- cher Eier mit einer Einwanderung von Follikelepithelzellen ein- hergehen kann; viel häufiger ist jedoch die Degeneration unter den in meiner vorigen Arbeit (43) beschriebenen Erscheinungen zu beobachten. Die Spermatogenese erstreckt sich anscheinend bei der Kröte noch weit länger in den Winter hinein als bei Rana viridis. Noch im Februar findet man in sämmtlichen Tubuli alle Stadien derselben vor. Die interstitielle Substanz ist jetzt bereits sehr stark entwickelt und enthält reichliches Fett, das meist schwächere Osmiumreaktion zeigt: graubraun oder grau- 878 Franz Friedmann: schwarz (Fig. 9b). Fett findet sich jetzt aber auch sehr reich- lich intratubulär, sowohl zwischen den Cysten als auch zwischen den reifenden Spermatozoen. Also auch hier muss ein Uebertritt von Fett aus der interstitiellen Substanz stattgehabt haben. — Es fiel mir auf, dass zu dieser Zeit das intratubuläre Fett im Allgemeinen von Osmiumsäure viel intensiver geschwärzt ist als das interstitielle. Pigment findet sich zu dieser Zeit nur noch am Rande des Hodens in geringem Umfange und senkt sich von hier aus, ähnlich wie beim braunen Frosch, in die äussersten Interstitien ein. Die Präparate mehrerer Kröten vom März zeigen ent- sprechend der Zunahme der Spermatozoenzahl wiederum eine be- trächtliche Vermehrung des interstitiellen Gewebes, dessen Fett- gehalt ebenfalls noch zugenommen hat. Ende April vollends, wo die Tubuli ausser einigen zurück- gebliebenen Cysten und zahlreichen, meist Maulbeerform des Kernes zeigenden Spermatogonien, ganz mit reifenden Spermato- zoen angefüllt sind, ist die interstitielle Substanz in geradezu colossaler Mächtigkeit entwickelt und dieht bis zur Unsicht- barkeit des Gewebes mit tiefschwarzen Fettmassen erfüllt. Man kann gerade an diesem Präparat den Uebertritt von geformtem Fett aus den Interstitien in die Tubuli wahr- nehmen. Auch sieht man oft Vorwölbungen der Membrana pro- pria in den Tubulus hinein an Stellen, wo interstitiell grössere Fettkörner liegen. Pigment ist jetzt gar nicht mehr, auch nicht am Rande wahrzunehmen. Wir sehen also bei der Kröte mit fortschreitender Samenfadenbildung ein fortwährendes Wachsthum der interstitiellen Substanz bis zu mächtigster Ent-. faltung. Gleichzeitig macht es den Eindruck, als ob hier wäh- rend des Sommers Pigment, während des Win- ters dagegen Fett das Hauptnährmaterial repräsentire. Ich halte es auch, wie Plato und Hofmeister, nach meinen Befunden beim Krötenhoden vom Juli (s. 0.) für nicht unwahr- scheinlich, dass genetische Beziehungen zwischen Fett und Pig- ment bestehen. — Wir verlassen nun die Anuren und wenden uns einer kurzen Betrachtung des Urodelenhodens zu. Derselbe zeigt — es liegen uns die Präparate verschiedener Tritonen und Axolotl vor — einen wesentlich anderen Bau als PET > Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie ete. 879 der der Anuren. Wir finden hier bekanntlich nicht mehr die tubulöse, sondern die follikwäre Drüsenstruktur, d.h. man trifft, wenn man das Organ auf einem Längsschnitt durehmustert, Anı- pullen mit immer älteren Stadien, von den Spermatogonien an bis zu den Spermatozoen. — In den Ampullen aller Stadien finden sich nun, sowohl zwischen den einzelnen Spermatogonien als zwischen den Cysten aller Entwicklungsstadien, bis zu denen, die bereits reifende Spermatozoen enthalten, äusserst reichliche Fett- massen. Ein interstitielles Hülfsgewebe findet sich dagegen nie, vielmehr verläuft zwischen den Ampullen aller Stadien nur ein spärliches fettloses Bindegewebe. Der erste, ja hier sogar der einzige Sitz nachweisbaren Fettes, muss also auch hier noth- wendigerweise intraampullär sein. Während aber bei den Anuren, wo alle (R. fusca) oder doch wenigstens viele (R. viridis) Tubuli mehrere Jahre hintereinander bestehen bleiben und funk- tioniren, der ursprüngliche intratubuläre Fettvorrath allmählich aufgezehrt und daher ein interstitieller Nachschub nothwendig wird, reicht hier im follikulären Hoden das äusserst reich- liche ursprüngliche Nährmaterial für die verhältnissmässig kurze Zeit, während der die einzelnen Ampullen persistiren, aus. Denn die zahlreich anzutreffenden Ampullen (ich zähle soleber auf einem Schnitt von mässiger Ausdehnung gegen 60), die ausser einigen freien Follikelkernen nur Spermatozoen enthalten, müssen doch nach deren Ausstossung nothwendigerweise collabiren und zu Grunde gehen. Auch von la Valette St. George (42) nimmt an, dass beim Salamander — wo die Verhältnisse genau wie bei unsern Objekten liegen — die alten Ampullen gleich nach der Reife der Spermatozoen eingehen und neue entstehen, deren In- halt aus je einer Spermatogonie hervorgeht, wie dies von Sem- per (38) und von von la Valette St. George (39,40, 41) für Selachier und Insekten beschrieben ist. Auch der Hoden der Fische, von denen ich bis jetzt nur Esox lucius und Leueiseus habe untersuchen können, besitzt Bene interskuintelle Substanz. Der vorliegende Hechthoden enthält ausser zahllosen Sper- matozoen, die sämmtliche Ampullen fast ganz erfüllen, nur hier und da eine vereinzelte Spermatogonie. Sämmtliche Ampullen des ganzen Organs enthalten ganz peripher eine dichte, aus tief- geschwärzten Körnchen bestehende Fettzone. Zwischen den Am- 880 Franz Friedmann: pullen ist ein spärliches, fettloses, indifferentes Bindegewebe vor- handen. Die Hoden verschiedener im Januar getöteter Weissfische bieten ein Bild dar, das bei schwacher Vergrösserung in der An- ordnung der Ampullen zu einander an den braunen Frosch zur Zeit nach der Ablaiebung (Fig. 6) erinnert. Die einzelnen Am- pullen erscheinen auf dem Querschnitt als polygonale von geraden Linien und scharfen Ecken begrenzte Felder. Interstitiell findet man höchstens hier und da ein Blutkörperchen oder einen Binde- gewebskern. Die Ampullen enthalten ausnahmslos Cysten mit Anfangsstadien. Eine starke Bräunung der Membrana propria sowie der Cystenhäute macht sich hier überall bemerkbar, dagegen ist Fett fast gar nicht vorhanden. — Von Reptilien und Vögeln habe ich bis jetzt noch nicht hinreichend frisches und geeignetes Material untersucht, um die hier wieder recht complieirten Verhältnisse, die übrigens den bei den Säugethieren bestehenden bereits sehr ähnlich sind, genau beurtheilen zu können. Immerhin sehe ich schon aus meinen bisherigen Befunden bei der Eidechse, der Ringelnatter und der Taube, dass die Regel von der enormen Veränderlichkeit der interstitiellen Hodensubstanz und dem lediglich nach dem Stadium der Spermatogenese sich richtenden Grade ihrer Ausbildung auch hier nirgends eine Ausnahme erleidet. — Endlich mögen noch einige unser Thema betreffende Befunde bei Wirbellosen hier Erwähnung finden. Was zunächst die Verhältnisse bei Astacus fluviatilis anbetrifft, so hängen nach v. la Valette St. George (42) „die einzelnen Acini des Krebs- hodens, wie die Beeren einer Weintraube, ihren oft sehr kurzen Stielen, den Ausführungsgängen, an.“ v. la Valette St. George glaubt, dass hier das ganze Jahr hindurch die einzelnen Gene- rationen der Samenzellen, auf die verschiedenen Hodenbläschen vertheilt, vorhanden sind, dass hier „einzelne Hodenbläschen fortbestehen in Vorbereitung auf die neue Brunst, andere zu Grunde gehen und neue auftreten.“ Uns liegen die Hoden mehrerer im Januar getödteter Krebse verschiedenen Alters vor. Dass bei dem eben beschriebenen Bau des Krebshodens von einem „interstitiellen* Gewebe nicht die Rede sein kann, ergiebt sich von selbst. Eim solches ist auch in der That nicht Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie ete. 881 vorhanden: man findet bisweilen zwischen den einzelnen Hoden- bläschen ein äusserst spärliches, natürlich ganz fettloses Binde- sewebe; meist fehlt aber auch dies, was durch den Bau des Hodens leicht erklärlich ist. Dafür enthalten aber die Hoden- bläschen aller Stadien selbst in reichlicher Menge Fett und zwar finden sich hier die Fettkörner sowohl zwischen den Zellen als in denselben. Die Spermatogonien enthalten in ihrem Pro- toplasma häufig überaus zierliche aus Fett bestehende Figürchen; besonders oft sieht man tiefgeschwärzte kleine Kreuze, die sich erst bei Anwendung von homogener Immersion als aus 4 mathe- matisch regelmässig angeordneten Körnchen bestehend erweisen (Fig. 8b). Desgleichen enthalten die Spermatozoen zu dieser Zeit sämmtlich ein meist oval erscheinendes Fettkorn (Fig. 8a). Ob jedoch diese Spermatozoen, die zwar bereits die typische Form besitzen, schon als völlig gereift angesehen werden dürfen, ist mir sehr zweifelhaft. — Auch beim Flusskrebs müssen wir also den ersten, ja hier sogar den einzigen Sitz des Fettes und der fettartigen Substanzen innerhalb der Hodenbläschen er- blicken. Eine etwas ausführlichere Besprechung erfordert der Hoden von Paludina vivipara. Die Geschlechtsdrüse ist hier, wie bei den meisten Schnecken, in das Lebergewebe eingebettet; der Hoden setzt sich nach Auerbach (35), der die Spermatogenese bei diesem Objekt eingehend beschrieben hat, aus Blindsäcken zusammen, „die aber doch so langgestreckt sind, dass sie eher als Schläuche denn als Ampullen zu bezeichnen sind.“ Für unsere Frage ist es nun von hohem Interesse, dass sich bei Paludina zwischen den Hodentubuli — denn der ganze Bau des Hodens (s. u.) berechtigt zu der Bezeichnung „Tubuli“ — ein Gewebe findet, das vollkommen die Bedeutung der Hoden- zwischensubstanz, soweit wir dieselbe bis jetzt kennen, besitzt. Wir finden nämlich die Interstitien ausgefüllt von den bereits im I. Theil beschriebenen blasigen Bindegewebszellen und diese ent- halten stets reichliche Fettkörnchen (Fig.5). Die Thatsache nun, dass sich hier bereits ein wenn auch noch nicht morphologisch so doch physiologisch der interstitiellen Substanz der höheren Thiere analoges Zwischengewebe findet, ja dass ein solches hier nothwendig ist, wird erklärlich durch den ganzen Bau des Hodens von Paludina; derselbe ist, wie bereits Auerbach aufgefallen 882 Franz Friedmann: ist, ein ausgesprochen tubulöser und erinnert sehr an den der höheren Wirbelthiere, die eine Hodenzwischensubstanz besitzen (Anuren, Reptilien, Vögel, Säugethiere). In dem vorliegenden Präparat enthalten alle Tubuli hauptsächlich frei im Lumen be- findliche (haarförmige und wurmförmige) Spermatozoen, aber stets findet sich auch eine aus einer oder mehreren Zelllagen bestehende Schicht zurückgebliebener Wandelemente, — en Beweis dafür, dass die Tubuli hier nicht nach der Ausstossung der reifen Spermatozoen zu Grunde gehn. In dieser Wandzellen- schicht liegen nun reichliche Fettkörnchen (Fig. 5) und hier fin- den sich auch ziemlich oft deutlich geschwärzte Kerne, während zwischen den im Lumen gelegenen reifen Spermatozoen Fett auch nieht in Spuren vorkommt. All diese Verhältnisse erinnern sehr an die höheren Thiere, z. B. Rana fusca im Winter. — Nach den Angaben von Brunn’s (44) und Auerbach's (35) sollen die oben erwähnten in der Wandschicht befindlichen „goldgelben Tröpfehen oder Kügelehen einer öligen oder doch sehr fetthaltigen Substanz“ in die Spermatogonien übergehen. Ich habe diese in Osmiumsäure sich schwärzenden Körnchen, die Auerbach schon bei „ca. 200 facher Vergrösserung“ deut- lich gezeichnet hat, mit homog. Imm. !/,; und Zeiss Okular 4 sowohl in den birnförmigen, d. h. noch mit dem „Keimlager* zusammenhängenden als auch in den runden, d. h. bereits abge- lösten Spermatogonien vergeblich gesucht. Vielleicht treten sie erst im Frühjahr, wenn die Spermatogenese neu beginnt, in die Spermatogonien über. — Endlich will ich noch erwähnen, dass ich im Hoden von Paludina einmal an einer Stelle mehrere scharf begrenzte Durchbrechungen, Continuitätstrennungen (man könnte sie Kanälchen nennen) in der Membrana propria gesehen habe. Zusammenfassung der bisherigen Resultate. I. Die interstitiellen Zellen des Hodens sind unzweifelhaft bindegewebiger Abkunft. 1.1 Die ointerstitiellexHodensuwbstanz? zes hinsichtlich ihrer Entfaltung bei allen Thigren eine grosse Veränderlichkeit, je nachdem sie physiologisch nothwendig ist oder nicht. II. Es bestehen die engsten correlativen Be- ziehungen zwischen dem Grade der Entfaltung Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie etc. 883 der Zwischensubstanz und dem Stadium der Ho- dentubuli. IV: Bei, den Raniden ist ein interstitielkeis Gewebe während des Winters überhaupt nicht vorhanden, es regenerirt sich aber im Sommer immer wieder. V. Es besteht die engste Zusammengehörig- keit zwischen den Hodentubuli und den Complexen Inewstibreblen Gewebes: Very s ahelawterstiti ellier Zellen besitzen nur die Säugethiere, Vögel, Reptilien und Anuren. MirzzDire niederen Wirbelthiere' mit meist follikulärem Hoden (Urodelen, Cycelostomen, Fische) und die Wirbellosen besitzen statt des interstitiellen Gewebes meist ein indifferentes Bindegewebe, das aber bisweilen, z. B. bei Palu- dina, physiologisch dem interstitiellen Gewebe gleichwerthig sein kann. VL. Einewiehtige Eunktion.der'intersti- tzellen. Zellen besteht darin,’ fettartige 'Nähr- stoffe aufzuspeichern, die von hier aus zum Theil in seformtem, zum Theil in gelöstem Zustande meist schnellin die Tubuli gelangen. IX. Der Sitz des ersten mikroskopisch nach- weisbaren Hodenfettes ist nicht interstitiell, sondern intratubulär; erst wenn der erste Vor- rath aufgebraucht und neuer Bedarf vorhanden ist, erscheint der erste Zuschuss aus dem inter- stitiellen Gewebe. NEkvallassteitelSpermatozoenibedürfensei mer Ernährung durch Osmiumsäure reducirende Sub- stanzen nicht mehr. Anmerkung: In sehr vielen Hodenpräparaten des Frosches, der Kröte und der Taube, sowohl in solchen, die nur in Hermann’scher Flüssigkeit fixirt waren, als in Sublimat- resp. Essigsublimat-Triacidpräparaten habe ich grössere Ansamm- lungen kleiner Kügelchen bemerkt. Dieselben finden sich in Blutgefässen, im interstitiellen Gewebe, mitten in den Hoden- Arch, f. mikrosk. Anat. Bd. 52, 57 884 Franz Friedmann: tubuli, hin und wieder sogar ausserhalb des Präparates. Diese Gebilde sind nicht immer ganz kuglig, sondern zeigen bisweilen eine offenbar durch gegenseitige Abplattung entstandene mehr viereckige Form. Von Hermann’'scher Flüssigkeit werden sie meist homogen zart gebräunt, nur hin und wieder lassen sie im Centrum einen dunkeln glänzenden Kreis erkennen. In Triacid- präparaten sieht man in ihnen häufig ein röthliches Centrum mit bläulicher Umrandung. Ueber die Bedeutung dieser Kügelchen konnte ich mir nicht klar werden. Sie sind zu gross, als dass man sie für Coceen halten könne. Vielleicht sind es Parasiten irgend welcher Art. III. Das Schicksal der Zwischenkörperchen im Hoden. Flemming (30) war es zuerst, der an Epithelzellen atretischer Graaff’scher Follikel von ausgewachsenen Kaninchen eine eigenthümliche Veränderung der Kerne wahrnahm „in der Art, dass ihr Chromatin sich zu compakten Massen ballt und dass der Kern darauf als abgegrenzter Theil überhaupt untergeht“. Da Flemming annimmt, dass bei diesem Vorgang „das veränderte eonsolidirte Chromatin der Kerne, nachdem der um- gebende Zellkörper verquollen und zerfallen ist, selbst zunächst körnig zerfällt, sich im Liquor follieuli vertheilt und allmählich in ihm gelöst wird“, so nennt er den ganzen Process Chroma- tolyse. Flemming selbst vergleicht diese chromatolytische Kernentartung einer Erscheinung, die in der That der oben be- schriebenen äusserst ähnlich ist, und die er selbst (36) im Sala- manderhoden, wo sie später auch von Hermann (37) beob- achtet wurde, sehr reichlich antraf. Flemming fielen hier in vielen Cysten Zellen auf, in denen „das Chromatin jede Struktur des Kernes verdeckt. Dieser tingirbare Klumpen ist, wie Flemming fortfährt, mehr oder weniger von Vakuolen durchsetzt.“ Dieselben Veränderungen an Kernen von Keimzellen wurden dann auch an anderen Objekten beobachtet. Van Beneden und ©. Hertwig (33) entdeckten diese Bildungen in der Keimzone des Hodens von Ascaris megalocephala, wo sie seither in der Literatur als Zwischenkörperchen oder corps residuels bekannt sind, und gleichzeitig wurden sie bei demselben Objekt von Hertwig, Lameere und Boveri in der Keimzone des Ovariums nachgewiesen. sa ueuee Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie etc. 885 Hertwig (32) beschreibt hier die gleiche Veränderung der Kerne: „An den Kernen geht das Gerüst zu Grunde; das Nuclein sammelt sich zu einem compakten Klumpen an, der sich durch eine auffallend starke Färbbarkeit in den verschiedensten Farbstoffen auszeichnet. Das Protoplasma nimmt im Verhältniss zu normalen Keimzellen an Masse ab.“ | v. Wasielewski (31) hat die Zwischenkörperchen in der Keimzone des Hodens von Ascaris megalocephala, lumbricoides und mystax sowie im Hoden vom Menschen und Kaninchen (s. u.) beobachtet. — Diese Gebilde haben nun von den einzelnen Autoren eine sehr verschiedene Deutung bekommen. Während Flemming in ihnen „Processe der Degeneration und des Untergangs von Kernen und Zellen“ erbliekt, und auch Hertwig sie für „verkümmerte Keimzellen mit desorganisirten Kernen“ erklärt, stellt sie van Beneden den Richtungskörpern der Eier gleich, eine Ansicht, die durch den Nachweis der Zwischenkörperchen im Ovarium widerlegt wurde. Lameere erblickt in den corps residuels Kerntheile, die zum Zweck der Geschlechtsdifferenzirung aus den Ursamenzellen und Ureiern ausgestossen werden müssen, indem er annimmt, dass bei der Spermatogenese die weibliche, bei der Oogenese die männliche Kernsubstanz aus dem Kern entfernt wird. v. Wasielewski schliesst sich in seiner Deutung der Zwischenkörperchen der Hertwig-Flemming’schen Ansicht an: er erklärt sie für degenerirte Keimzellen, die infolge einer an- fänglichen Ueberproduktion von Zellen später in ihrer Ernährung immer mehr geschädigt werden, bis sie allmählich völlig zum Absterben gebracht werden. Einen Beweis hierfür erblickt v. Wasielewski in der Thatsache, dass sich Zelldegenerationen, die der Bildung von Zwischenkörperehen morphologisch und tinktoriell völlig analog sind, sowohl im menschlichen Hoden bei Nebenhodentuberkulose als im Kaninchenhoden bei künstlich durch Terpentininjektion erzeugter Nebenhodenentzündung in vielen der dann in starker Vermehrung begriffenen Samenmutter- zellen nachweisen lassen. Ich selbst habe die Zwischenkörperchen im Hoden vieler der von mir untersuchten Species in Menge beobachtet. Alle hier etwa vorkommenden überaus mannigfaltigen Formen zu be- 886 Franz Friedmann: schreiben und abzubilden, ist nicht möglich. Sie zeigen bald eine Kugelgestalt, bald sind sie mehr oval oder eckig, sehr häufig findet man eine ausgesprochene Halbmondform oder aber ganz unregelmässig gestaltete kleine dunkelgefärbte Bröckel; immer aber finden wir das. für diese Gebilde charakteristische Merl: mal: das Chromatin ist zu einem undurchsichtigen homo- genen Klumpen zusammengeballt, sodass keinerlei Kernstruktur mehr wahrzunehmen ist. In Hermann’schen Präpataten zeigen übrigens die hier tiefgebräunten homogenen Klumpen bisweilen dieselben glänzen- den Osmiumsäure redueirenden Körnchen, deren häufiges Vor- kommen in Spermatiden und Spermatozoen oben erörtert wurde. Die Zwischenkörperchen finden sich in grosser Anzahl bei Triton eristatus und beim Axolotl: bei letzterem Objekt sah ich einmal eine grössere Ampulle, in der sämmtliche Zellkerne diese Veränderung erlitten hatten. Auch bei der Kröte sind die Zwischenkörperehen nicht selten zu finden. Besonders zahlreich sind sie aber bei Rana fusca. Mir liegt hier u. a. ein Hoden vom Juni vor, in dem in fast sämmt- lichen Tubuli eine grosse, oft die weit grössere Mehrzahl der Cystenzellkerne die chromatolytische Veränderung erlitten haben (Fig. 10a). Auch bei Rana viridis sind häufig ganze Cysten zu treffen, deren Zellkerne sämmtlich chromatolytisch verändert sind (Fig. 10b). — Während im Salamanderhoden nach Flemming’'s An- gabe diese Bildungen „speciell während der Sommermonate“, wenn die Zellenvermehrung in den Cysten florirt, zu finden sind, trifft man sie bei Rana viridis, wo ja noch im späten Herbst Cysten neu gebildet werden, bis in den Winter hinein. Hier ist es mir auch gelungen, ihr späteres Schicksal (s. u.) zu ver- folgen. — Im Krötenhoden sah ich Zwischenkörperchen sogar noch Ende März, was ja durch die hier veränderten, oben im II. Theil geschilderten Zeitverhältnisse in der Samenbildung leicht erklärlich wird. Ich glaube, dass die Bildung von Zwischenkörperchen auch beim Flusskrebs vorkommt, doch möchte ich dies, da mir hier nur Hermann’sche Präparate vorgelegen haben, nicht mit Be- stimmtheit behaupten. Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie ete. 887 In Bezug auf die Genese der Zwischenkörperehen schliesse ich mich schon nach der ganzen deutlich den ehemaligen Cysten- zellen entsprechenden Anordnung derselben (Fig. 10a u. b) der Auffassung von Hertwig, Flemming und v. Wasielewski an, dass wir es hier mit desorganisirten Kernen von verkümmerten, in ihrer Weiterentwieklung gestörten Keimzellen (meist wohl Samenmutterzellen) zu thun haben. Was nun das fernere Schicksal dieser merkwürdigen Ge- bilde anbelangt, so habe ich an Präparaten von Rana viridis verfolgen können, dass die Zwischenkörperchen — wenigstens die Hauptmasse derselben — nieht etwa an Ort und Stelle zu feinsten Detrituskörnehen zerfallen und einfach resorbirt werden, sondern dass sie in das Zellinnere der Spermatogonien aufge- nommen werden. Man kann im Hoden von Rana viridis z. B. im November äusserst zahlreiche Spermatogonien wahrnehmen, die in ihrem Innern deutliche Einschlüsse enthalten, welche sich sowohl morpho- logisch als tinktoriell als Zwischenkörperchen erweisen (Fig. 11). Die letzteren färben sich nämlich, wie bereits von Hert- wiege und v. Wasielewski hervorgehoben worden ist, mit den verschiedenartigsten Farbstoffen intensiv. Ein Prädilektions- farbstoff scheint für sie aber das saure Orange zu sein; diese abnorme Farbenreaktion beweist, dass das Chromatin, das ja normaler Weise eine ausgesprochene Affiniät zu basischen Farb- stoffen zeigt, hier bereits eingreifende chemische Veränderungen erlitten hat. In Präparaten, die in Ehrlich’schem Triaeid (Säurefuchsin, saures Orange, basisches Methylgrün) gefärbt sind, zeigen sich ausser dem Hämoglobin der rothen Blutkörperchen einzig und allein die Zwischenkörperehen mit Orange lebhaft tingirt. Doch dürfen, wie ich hervorheben möchte, wenn die Farben- reaktion deutlich eintreten soll, vorher keine Fixationsflüssig- keiten verwandt worden sein, die Chromsäure oder Pikrinsäure enthalten. Meine Präparate waren in Essigsublimat fixirt und im Triaecid 5—7 Minuten gefärbt. Am häufigsten findet man die Zwischenkörperchen im Proto- plasma der Spermatogonien eingeschlossen, sodass solche Bilder an Phagoeyten erinnern, die rothe Blutkörperchen enthalten. An einigen Stellen scheint es übrigens, als ob die Zwischenkörperchen 8838 Franz Friedmann: im Innern des Kernes von Spermatogonien liegen (Fig. 11:0, 93% Auf keinen Fall können die Zwischenkörperchen passiv jedesmal gerade in die Spermatogonien hineingekommen sein, sondern wir sind wohl genöthigt, hier eine aktive Zellthätigkeit der Spermatogonien anzunehmen, vermöge deren diese die Zwischenkörperchen fressen, eine Fähigkeit, die abgesehen von den Einzelligen bisher meines Wissens nur von Leukoeyten und Endothelzellen bekannt war. Ich kann nicht schliessen ohne Worte ergebensten Dankes für Herrn Geheimrath Professor Dr. ©. Hertwig, der meiner Arbeit jederzeit grosses Interesse geschenkt hat. Litteraturverzeichniss. 1. v. Leydig, Zur Anatomie der männl. Geschlechtsorgane u. Anal- drüsen der Säugethiere. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 2. 2, Kölliker, Mikrosk. Anatomie oder Gewebelehre des Menschen. Bd. 2. Leipzig 1854. 3. Henle, Handb. d. systemat. Anat. 2. Aufl. Bd. 2. Braunschweig. 4. Waldeyer, Ueber Bindegewebszellen. Dies Archiv Bd. 11. 5. Derselbe, Die Entwicklung der Careinome. Virchow’s Archiv Ba. 55. 6. Derselbe, Sitzungsberichte der Berliner Akademie. Sitzung vom 11. Juli 189. 7. Ludwig u. Tomsa, Die Lymphwege des Hodens. Sitzungsber. d. math.-naturw. Klasse d. K. Akad. d. Wissensch. Bd. 46. Wien 1862. 8. Boll, Beiträge zur mikr. Anat. der acinösen Drüsen. 1869. 9. Derselbe, Untersuchungen über den Bau u. die Entwicklung d. Gewebe. Dies Arch. Bd. T. 10. Hofmeister, Untersuch. üb. d. Zwischensubstanz im Hoden der Säugethiere. Sitzungsber. der math.-naturw. Kl. d. K. Akad. d. Wiss. Bd. 65. Abth. 3. Wien 1872. 11. Harwey, Ueber die Zwischensubstanz der Hoden. Centralbl. f. d. med. Wiss. Nr. 30. 1875. 12. Mihalkowicez, Beitr. z. Anat. und Histologie des Hodens. Arb. aus d. physiol. Anst. zu Leipzig. 1874. 13. Derselbe, Beitr. z. Anat. u. Hist. d. Hodens. Berichte d. math.- phys. Kl. d. K. sächs. Ges. d. Wiss. 1873. 18. 13: 29. 50. 34. 35. Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie ete. 889 . Jacobson, Zur patholog. Histol. der traumat. Hodenentzündung. Virchow'’s Arch. Bd. 75. M. Messing, Anatom. Untersuch. üb. d. Testikel d. Säug. Inaug.- Diss. Dorpat 1875. W. Nagel, Ueber die Entwicklung des Urogenitalsystems beim Menschen. Dies Arch. Bd. 34. . M. Nussbaum, Von der Bedeutung der Hodensubstanz. Dies Arch. Bd. 18. 1880 pag. 85. D. Hansemann, Ueb. d. sogen. Zwischenzellen des Hodens und deren Bedeutung b. path. Veränderungen. Virchow’s Arch. 142. 189. v. Ebner, Untersuch. üb. den Bau der Samenkanälchen u. s w. Untersuch. aus d. Inst. f. Physiol. u. Histol. in Graz. 2. Heft p. 200. 1871. Derselbe, Zur Spermatogenese bei den Säugethieren. Dies Arch. Ba. 31. . Fr. Reinke, Beitr. z. Hist. des Menschen. Dies Arch. Bd. 47. Fr. Hermann, Die postfoetale Histiogenese des Hod. d. Maus bis zur Pubertät. Dies Arch. Bd. 34. . Böhm u. v. Davidoff, Lehrb. d. Hist. d. Menschen. Wiesbaden 189. . J. Plato, Die interstit. 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Rich. Semon, Die indifferente Anlage der Keimdrüsen beim Hühnchen u. ihre Differenzirung zum Hoden. Habilitationsschrift. Jena 1887. L. Auerbach, Unters. üb. d. Spermatogenese v. Paludina vivipara. Jenaische Zeitschr. f. Naturw. 30. 1896. 890 Franz Friedmann: 3. Flemming, Neue Beiträge z. Kenntniss der Zelle. Dies Arch. Bd. 29. 37. Hermann, Spermatogenese v. Salamandra maculata. Dies Arch. Bd. 37. 38. Semper, Das Urogenitalsystem der Plagiostomen u. seine Bedeu- tung für das der übr. Wirbelthiere. Arb. aus d. zool.-zoot. Inst. in Würzburg. 2. 1875. 39. v. la Valette St. George, De spermatosomatum evolutione in plagiostomis. 1878. 40. Derselbe, IV. Mittheilung der Spermatolog. Beitr. Dies Arch. Bd. 28. 41. Derselbe, V. Mittheilung der Spermatolog. Beitr. Dies Arch. Bd. 30. 42, Derselbe, Ueber innere Zwitterbildung beim Flusskrebs. Dies Arch. Bd. 39. 43. Fr. Friedmann, Rudimentäre Eier im Hoden von Rana viridis. Dies Arch. Bd. 52. 1898. 44. M. v. Brunn, Ueber die doppelte Form der Samenkörp. von Pal. viv. Dies Arch. Bd. 23, pag. 431—499. 45. Flemming, Ueber Bindesubstanz und Gefässwandung im Schwell- gewebe der Muscheln. Dies Arch. Bd. 13 46. Kollmann, Die Bindesubstanz der Acephalen. Dies Arch. Bd. 13. 47. Knappe, Das Bidder’sche Organ. Morpholog. Jahrb. 1886. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXXIX u. XXXX. Sämmtliche Abbildungen sind in ihren Contouren mit Hülfe des Abbe&’schen Zeichenapparates entworfen. Mit Zeiss Objectiv DD und Ocular 2 sind gezeichnet: Fig. 1e, 1d, Fig. 2a, 2c, Fig. 3, Fig, 4, 5, 6, Fig. Ya, 9b, Fig. 10a. Mit Zeiss Objectiv DD und Ocular 4 sind gezeichnet: Fig. 1a, 1b, Fig. 2b, Fig. 8a, Fig. 10 b, Fig. 11. Mit Himmler homog. Imm. !/); und Ocular 2 sind gezeichnet: Fig. 7a und b, Fig. 8b. Die Figuren 1—9 stellen ungefärbte Hermann’sche, die Figuren 10 und 11 Essigsublimat-Triacidpräparate dar. Fig. 1a und b. Junge Hodentubuli von Rana viridis mit Follikelkernen und reichlichen Fetttropfen. Fig. 1e und d. Desgl. mit 1 resp. 2 Spermatogonien. 2= (die stark gebräunten Zellen. Fig. 2a, b, e. Eiähnliche Zellen aus den Hoden verschiedener grüner Frösche. ig. 3. Hodentubulus von Rana viridis mit vielen Stadien der Sper- matogenese, der die Fettvertheilung zeigt. Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie etc. 891 Fig. 4. Spermatidenkerne und Spermatozoenköpfe, die erfüllt sind von Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 5. 8b. 2 0% 9b: =. Osmiumsäure reducirenden Körnchen und Hohleylindern. Ein Interstitium des Hodens von Paludina vivipara, gebildet aus grossen blasigen, fetthaltigen Zellen. Im Lumen faden- förmige und wurmförmige Spermatozoen. Aus einem Hodenschnitt des braunen Frosches nach der Ab- laichung. Interstitielles Gewebe nicht vorhanden. Zwischen den Spermatogonien Fettkörnchen. . Uebertritt geformten Fettes aus der interstitiellen Substanz beim grünen Frosch. . Uebertritt feinster Pigmentkörnchen bei der Kröte. . Spermatozoen von Astacus fluviatilis in verschiedener Ansicht, jedes ein Fettkorn enthaltend. Spermatogonien von Astacus mit Fettkreuzen. Die Spermato- gonie mit dem Follikelkern entstammt einem grossen, die an- dere einem kleineren Thiere. 3 Complexe interstitieller Substanz, ein Interstitium formirend. Man erkennt deutlich die Beziehungen je eines Complexes zu je einem Tubulus. Rana fusca. Desgl. ein Interstitium aus dem Krötenhoden vom Monat Fe- bruar. Das Fett redueirt hier Osmiumsäure nur schwach. . 10a. Hodentubulus von Rana fusca aus dem Juni. Sehr viele Zwischenkörperchen. . 10b. Desgl. Stück eines Tubulus mit einer degenerirten Cyste von Rana viridis (Juni). Die Zwischenkörperchen im Zellinneren von Spermatogonien (von mehreren R. vir). Protoplasma: rosa. Chromatin der Spermatogonienkerne: blau. Nucleolen: roth. Follikelkerne: grün. Zwischenkörper- chen: orange. rchür Kmıikroskop.Anatomie Bd. RX 7 are ERS hir Emikroskop. Anatomie Bad.ul. Tall. K Fmikroskop. 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