Omnia ur nın ne Be u en N v ae 24 NN % h 4 . 5 N» regt \ uw - 7 f Y s Fett FR 22 % = u >+ R { x nn u .»2U. Archiv N 4 für ö = | Mikroskopische Anatomie und W v Entwieklungsgeschichte . ' herausgegeben ee + FR, . ©. ee in Berlin, " v.la Valette St. George in Bonn * tier ©, , ‚u ’ ’ Me.» ar und W. Waldeyer in Berlin. v Fortsetzung von Max Schultze’s Archiv für mikroskopische Anatomie. Vierundsechszigster Band. Mit 40 Tafeln und 42 Textfiguren. Bonn Verlag von Friedrich Cohen 1904, ER ng u Pi. | RER ANEE ... 2 ee & au . Kr ke na PAR | © Fe ae: ale Baron EL Re al .v Bi ö | Bere... nei ci, Kan Br rt gem inyıh % le Fk u ” 2 { N « : nr > „ “u y bi a » Ba osegjsetseabmunaV ' | 5 wer Wer un ulnınT Lan: RD ER Inhalt. Uytologische Studien an künstlich parthenogenetisch sich entwickelnden Eiern von Mactra. Von K. Kostanecki. (Aus dem anatomi- schen Institut der k. k. Jagellonischen Universität in Krakau). Hierzu Tafel I—-V und 10 Textfiguren . Das Sehorgan von Protopterus annectens. Von Prof. Dr. Hosch in Basel. Hierzu Tafel VI Selbst- und Kreuzbefruchtung bei solitären Aseidien. Von S. Gutherz, cand. med. (Aus dem anatomisch-biologischen Institut der Univer- sität Berlin.) : ANEEN AEIL FUN Über die menschliche Steissdrüse. Von J.W. Thomson Walke r® M.B.C.M. Edin., F.R.C.S. Eng. (Aus dem Wiener pathologisch- anatomischen Institut (Hofrat Weichselbaum). Hierzu Tafel VII und 9 Textfiguren Zu {ar Entwicklungsgeschichte der Langerhans’schen Inseln im Pankreas beim menschlichen Embryo. Von Dr. H. Küster, I. Assistent am pathologisch-anatomischen Institut zu Göttingen. (Aus dem pathologisch-anatomischen Institut zu Göttingen.) Hierzu Tafel VIII Die Nervenendigungen im Nagelbett des Menschen. Von A.S. Dogiel, 0. ö. Professor der Histologie an der Universität St. Petersburg. Hierzu Tafel IX und X . Über die Entwicklung der Kiemen bei Fischen. Von Dr. Theodor Moroff, München. (Aus der kgl. bayer. biol. Versuchsstation für Fischerei.) Hierzu Tafel XI und XII Über die Entwicklung der Vorniere und des Vornierenganges bei Säugern. Von J. Janosik, Prag. Hierzu Tafel XIII und XIV Über den feineren Bau und die Funktion der Hypophysis des Menschen, Von Dr. med. Vittorio Scaffidi. (Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie der kgl. Universität zu Rom. Direktor Prof. A. Bignami.) Hierzu Tafel XV. a pe Über die Vorniere und die Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandra maculosa. I. Von Hans Rabl, Wien. Hierzu Tafel XVI—XXI und 15 Textfiguren Beitrag zur Entstehung des Corpus luteum der Säugetiere. Von Dr. Johann Jankowski, Arzt. Hierzu Tafel XXII . Seite ba 421 4173 DV SE} [51 . 258 . 36 IV Über die Entwicklung und Histogenese der Ammonshornformation. Von Dr. Giuseppe Levi, Privat-Dozent. (Aus dem anatomischen Institut zu Florenz. — Professor G. Chiar Y i.) Hierzu Tafel XXIV. ni Beiträge zur mikroskopischen Anatomie der Prostata und Mamma des Neugeborenen. Von stud. med. Julius Schlachta, Demonstrator an der I. anatomischen Lehrkanzel. (Aus dem I. anatomischen Institut in Wien.) Hierzu Tafel XXV—XXVL . Neue Beobachtungen an Helminthen. Von Dr. von Linstow in Göttingen. Hierzu Tafel XXVII . - Zur Kenntnis gewisser Strukturbilder (, Keane ; „Saftkanälchen“, „Trophospongien“) im Protoplasma verschiedener Zellenarten. Von Fredrik von Bergen, früh. Assistent. (Aus dem anatomischen Institut zu Uppsala.) Hierzu Tafel XXIX—XXXI Studien über Neuroglia. Von Dr. med. W. Rubaschkin. (Aus dem histologischen Laboratorium der kais. Militär-Medic. Akademie in we Petersburg.) Hierzu Tafel XXXII—XXXV i Beitrag zur Kenntnis des Stadiums der „primären in toto Konzen- rischen“ Knochenbildung. VonDr.H. Meyburg. (Aus dem königl. anatomischen Institut zu Halle a. S.) Hierzu 8 Textfiguren Über die „Geruchsknospen“. Von Dr.K. Kamon aus Kyoto (Japan). Aus dem anatomischen Institut der Universität Würzburg.) Hierzu Tafel XXXVI Über die Entwicklung des Tubentrichters und seiner Beziehungen zum Bauchfell bei Salamandra maculosa.. Von Hans Rabl. Hierzu Tafel XXXVII—XL Nachtrag zu Fredrik von Bergens Arbeit, pag. 498 dieses Bandes — u . 389 . 405 . 484 . 627 . 653 . 665 693 r > Aus dem anatomischen Institut der k. k. Jagellonischen Universität in Krakau. Cytologische Studien an künstlich parthenogenetisch sich entwickelnden Eiern von Mactra. Von K. Kostanecki. Hierzu Tafel I-V und 10 Holzschnitte. Im Monate Juli 1902 habe ich in einer vorläufigen Mitteilung‘ ) die Resultate meiner im Monate April und Anfang Mai 1902 in der zoologischen Station in Neapel vorgenommenen Untersuchung über künstliche Befruchtung und künstliche parthenogenetische Furchung bei Mactra veröffentlicht, jedoch nur insofern, als ich die Vorgänge am lebenden Material unter dem Mikroskop ver- folgen konnte. Seitdem habe ich das umfangreiche fixierte und eingebettete Material?) auf Schnitten genauer untersucht. Der Zweck dieser Untersuchung war vor allem der, über die im Innern des Eies bei der künstlichen Parthenogenese sich ab- spielenden Vorgänge Aufschluss zu erhalten. Um jedoch die- selben beurteilen zu können, musste ich zunächst den Reifungs- und Befruchtungsprozess bei diesem Mollusken genauer cytologisch kennen lernen. ') Über künstliche Befruchtung und künstliche parthenogenetische Furchung bei Mactra. Bulletin de l’Acad&mie des sciences de Cracovie. Classe des sciences math&matiques et naturelles. Juillet 1902. ?) Sowohl die künstlich befruchteten, als auch die in künstlicher parthenogenetischer Entwicklung begriffenen Eier wurden in den gewünschten Zeitabständen in Perennyi’scher Flüssigkeit fixiert, sodann durch Alkohole von 70, 80, 90, 96°/o, absoluten Alkohol (2 mal) Chloroform mit Alkohol aa, Chloroform, mit Paraffin gesättigtes Chloroform durchgeführt und in Paraffin vorsichtig eingebettet; darauf in Serienschnitte von 5 « Dicke zerlegt und mit Eisenhämatoxylin nach Vorfärbung in Bordeaux R. gefärbt. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd.64. 1 2 K. Kostanecki: I. Reifungs- und Befruchtungsprozess. Sowohl der Reifungs- als auch der Befruchtungsprozess verläuft bei Mactra in der für Mollusken, man kann sagen, typischen Weise. Die unbefruchteten Eier erscheinen kugelig, ihr Zellleib ist feinkörnig, nur gegen die Oberfläche hin befindet sich eine Rindenschicht von grossen, dunkleren, stark licht- brechenden Körnern, welche auf Schnitten sich intensiv schwarz färben. In der Mitte des Zellleibes, meist genau in der Mitte, bisweilen etwas excentrisch, liegt das grosse Keimbläschen mit dem grossen Kernkörperchen. Die unbefruchteten Eier, mögen sie auch mehrere, (d—7) Stunden im Meerwasser liegen, zeigen keine Veränderungen; ohne Befruchtung wird also bei Mactra, im Gegensatz zu vielen anderen Tierspezies, die Richtungsmitose nicht eingeleitet; nach Zusatz von Samen beginnt dagegen das Keimbläschen nach einiger Zeit seine runde Gestalt zu verlieren. Am lebenden Material lassen sich die hierbei abspielenden Vorgänge nur in den all- gemeinsten Zügen verfolgen, denn die Eier von Mactra sind wegen der dichten Anhäufung des Dotters und der grösseren Körner in der Rindenschicht wenig durchsichtig. An Schnitten von Eiern, welche 20—30 Minuten nach der Befruchtung fixiert wurden, wie in Fig. 1, sieht man, dass seitlich am Kern zwei Strahlungen mit kleinen Centralkörperchen in der Mitte, zu sehen sind, welche an dieser Stelle die Kernmembran zum Schwinden bringen und mit ihren Strahlenenden sich mit dem Liningerüst in Verbindung setzen. Die diesem Stadium voran- gehende Teilung des Centriols und die ällmähliche Entfernung seiner Teilhälften kann man bei Mactra ebenso wenig, wie bei den meisten anderen Tieren verfolgen. Die weiteren Vorgänge: die Ausbildung der I. Richtungsspindel, mit 12 typischen Chromosomen-Vierergruppen, ihrVorrücken gegen die Eioberfläche, die Ausstossung des I. Richtungskörpers, die Ausbildung der II. Richtungsspindel, die Ausstossung des II. Richtungskörpers stimmen im wesentlichen so vollkommen mit den Bildern, welche ich bei Physa fontinalis, bei Myzostoma glabrum, bei Cerebratulus marginatus beschrieben und abgebildet habe, und welche von einer ganzen Reihe von Autoren für Mollusken und andre Tiere geschildert wurden, überein, dass ich auf eine detaillierte Schilderung verzichten zu können glaube und, um die Bilderzahl Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 3 nicht zu häufen, die verschiedenen Übergangsstadien nicht vor- fübre, sondern mich auf einen Hinweis auf die Fig. 2—5 beschränke. Bei dem Hinaufrücken der Richtungsspindel gegen die Eioberfläche werden an dieser Stelle die in der Rindenschicht gelegenen grossen Deutoplasmakörner verdrängt, und es wird dadurch ein ausgesprochener Gegensatz zwischen dem animalen und vegetativen Pol erzeugt, welcher auch weiterhin verbleibt. Bei Abschnürung des II. Richtungskörpers bildet sich aus den zusammengefassten Centralspindelfasern ein sehr schöner und deutlicher Zwischenkörper (Fig. 5), welcher samt dem Rest der Centralspindelfasern sich einige Zeit forterhält (Fig. 6). Aus den 12 stäbchenförmigen Chromosomen, welche im Ei, nach Ausstossung des II. Richtungskörpers verblieben sind, bildet sich ein bläschenförmiger, zunächst etwas lappiger, dann runder Kern. Die Strahlung samt dem Üentriol schwindet allmählich, wenn auch einige Zeit lang, seitlich vom Kern (infolge der telokinetischen Verlagerungen) Spuren der Strahlung zu sehen sind. Der Kern wandert allmählich von der Ei- peripherie gegen das Eiinnere hin und rückt dem ihm sich nähernden Spermakern entgegen. Die Schicksale des Spermakerns sind ohne weiteres aus den Figuren 1—7 ersichtlich. Der Spermakopf quillt zunächst zu einem kleinen, runden, compakten Kernbläschen an, erst nach Ausstossung des I. Richtungskörpers, während der II. Richtungsmitose gewahrt man neben ihm eine Strahlung. Sowohl in diesem Stadium, als auch während der Wanderung des Spermakerns gegen den Eikern, kann man die- selben Variationen, wie bei Physa, Cerebratulus und anderen Tieren beobachten; einmal ist in der, dem Kern noch dicht anliegenden Strahlung nur ein Centriol, ein andermal zwei Centriolen zu sehen (vergl. Fig. 4); die Strahlung kann sich einmal früher und mehr, ein andermal später und weniger von dem Spermakern entfernen (vergl. Fig. 3, 4, 5, 6,) und der Eintritt der Zweiteilung des Centriols ist auch fernerhin sehr variabel, indem einmal in verhältnismässig wenig ab- gerückter Strahlung ein doppeltes Centriol (Fig. 4, 5), selbst mit kleiner Centralspindel (Fig. 5) zu sehen ist, während es ein andermal in der weiter dem Kerninneren zugewendeten Strahlung einfach ist (Fig. 3, 6). 1* 4 K. Kostanecki: Das allmählich anwachsende, zunächst lappige, dann runde Spermakernbläschen liegt lange Zeit nahe an der Eiperipherie, auch dann noch, als der Eikern eine runde Bläschenform an- genommen hat. Dann erst wandert es verhältnismässig rasch dem sich dem Eiinneren nähernden runden Eikern entgegen (Fig. 7). Zwischen den beiden Geschlechtskernen sieht man die Spermastrahlung, die in diesem Stadium stets schon doppelte Centriolen enthält. Dieselben entfernen sich von einander, man sieht zwischen ihnen eine deutliche Üentralspindel, es bilden sich zwei typische Strahlensonnen aus (Fig. 8). Die ganze achromatische Figur nimmt eine immer mehr symmetrische Lage in der Kopulationsebene der beiden Geschlechtskerne ein, welche anwachsen und sich dicht aneinanderlegen (Fig. 9). Wichtig ist es, dass die Strahlungen und ihre Üentriolen auch weiterhin bis zur Ausbildung der karyokinetischen Spindelfigur in deutlicher Weise erhalten bleiben, im (regensatz zu den meisten anderen Tieren, bei denen in der Zeit, wo die Geschlechts- kerne nach gegenseitiger Annäherung erst ein längeres Vor- bereitungsstadium durchmachen, bevor sie in. Chromosomen zer- fallen, die Strahlungen samt den Centrosomen nicht nachzu- weisen sind. Bei Mactra folgt auf das in Fig. 9 dargestellte Stadium bald die Auflösung der Kernmembran und der Zerfall der Kerne in Chromosomen, welche entsprechend ihrer Herkunft deutlich in zwei Gruppen gesondert liegen; mit ihnen stehen zwei mächtige Zugfasernkegel in Verbindung. Für Mactra kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die achromatische Figur und die ÜCentriolen der ersten Furchungsspindel aus der Strahlung des Spermatozoons und seinem Üentriol hervor- gegangen sind. In dem Knäuelstadium, wie es die Fig. 10 darstellt, sieht man schon die karyokinetische Figur etwas excentrisch gelegen, der eine Pol ist mehr der Eiperipherie genähert; noch deutlicher tritt dies im Stadium des Muttersterns (Fig. 11), des Diasters (Fig. 12) zu Tage. Dieser Lage der karyokinetischen Figur entspricht auch die darauffolgende Teilung des Eies in zwei sehr ungleiche Blastomeren (Fig. 13). In der an der Berührungsfläche neugebildeten Grenzschicht der Tochter- zellen sieht man die dunklen Körner, welche aus der Peripherie der Eizelle dorthin gelangt sind; in der Mitte liegt ein schöner Zwischenkörper, von dem nach den beiden Zellen hin Überreste Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. ) der Üentralspindel in der Form von deutlichen Strahlenbündeln ausgehen. Neben den Kernen sieht man in Fig. 13 die achro- matischen Figuren angeschnitten, welche sich, als Vorbereitung zur weiteren Teilung, zu bilden beginnen. Bezüglich der Zeit, in welcher bei Mactra die Teilung in zwei Furchungszellen eintritt, kann man grosse individuelle Schwankungen feststellen, indem in einigen Serien die Teilung schon in 1 Stunde 30 Minuten, in anderen erst in 1 Stunde 50 Minuten, selbst in 2 Stunden und einigen Minuten erfolgte. !) Nach weiteren 50—55 Minuten (bei sich rasch entwickelnden Serien in etwa 2 Stunden und 15 Minuten vom Augenblick der Befruchtung an) hat man schon vier Furchungszellen, von denen drei ungefähr gleich gross, die vierte aber viel grösser ist; die weiteren Furchungsteilungen verlaufen in sehr raschem Tempo, in etwa 10 Minuten geht das 4-Zellen-Stadium ins 8-Zellen- Stadium über. Am lebenden Material bieten die einzelnen Phasen Konturbilder dar, wie sie in der Textfigur 1 dargestellt sind. EN) Pc) Fig. 1. Nach erfolgter Befruchtung erscheint das Ei von einer dünnen Membran umgeben, welche dem Ei dicht anliegt, so dass nur ein kleiner Zwischenraum zwischen ihr und dem Ei zu bestehen scheint; man gewahrt die Membran viel deutlicher da, wo sie durch den sich abschnürenden I. und II. Richtungskörper ') Diese Schwankungen betreffen auch die früheren Stadien; so erfolgte bei rasch sich entwickelnden Eiern die Ausstossung der I. Richtungskörper in 35 Minuten, bei anderen erst in 45—50 Minuten. 6 K. Kostanecki: abgedrängt wird, oder wenn sich das Ei in Tochterzellen teilt und sie dann die tiefen Einbuchtungen zwischen den Zellen überbrückt. An fixierten Eiern ist die Membran nur an der Abschnürungsstelle der Richtungskörper, sonst aber überhaupt im ganzen Umfange des Eies nicht zu sehen. Mactra ist ein Material, das in Neapel ziemlich leicht zu beschaffen ist. Dabei bietet es für künstliche Befruchtung sowie für experimentelle Untersuchungen an den Eiern insofern günstige Verhältnisse, als die Tiere zur Zeit der Geschlechtsreife die Geschlechtsprodukte in grossen Mengen enthalten, so dass sie sich beim blossen Anschneiden der Geschlechtsorgane in grosser Menge entleeren. Da zudem die Tiere getrennt-geschlechtlich sind, so beschloss ich zu versuchen, ob bei denselben sich nicht auch die, seit den Arbeiten von Loeb so in den Vordergrund der Discussion getretene, sogenannte künstliche Parthenogenese erreichen liesse. Dabei leiteten mich mehrere Gesichtspunkte: Zunächst ist die Frage der sogenannten künstlichen Parthenogenese überhaupt so neu, dass die Ausdehnung der Versuche auf neue Tiergruppen von selbst geboten erscheint, da einerseits nur dadurch festgestellt werden kann, ob die Möglichkeit der künst- lichen Parthenogenese nur auf einige Tiergruppen beschränkt oder allgemeiner verbreitet ist, anderseits es sich von vorneherein erwarten lässt, dass bei neuen Tiergruppen vorgenommene Experimente auch neue Tatsachen bringen und neue (esichts- punkte eröffnen können. Zudem sind gerade bei Mollusken Versuche, die von positivem Erfolg begleitet wären, bisher nicht verzeichnet; die diesbezüglichen Versuche Ariolas bei Dentalium entalis fielen negativ aus. Sodann war der Zweck der Vornahme dieser Experimente vor allem der, nicht nur die blosse Tatsache der Möglichkeit der Furchung ohne Befruchtung unter dem Einfluss des ver- änderten umgebenden Mediums festzustellen, sondern auch, die Vorgänge an Serienschnitten genauer cytologisch zu analysieren. Und hierbei schien es mir vor allem ein besonderes Interesse zu bieten, eine derartige Untersuchung an Eiern derjenigen Tiere vorzunehmen, bei denen die Ausstossung der Richtungs- körper normalerweise erst nach der Befruchtung erfolgt, um festzustellen, in welcher Weise bei der Vornahme der sogenannten Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 7 künstlichen Parthenogenese die Richtungsmitose abläuft und in welchem Verhältnis das Eicentriol zu den Centriolen der Furchungsspindel steht. ‘Denn die bisherigen, diesbezüglichen Experimente, die cytologisch genauer untersucht wurden, betrafen nur Echinodermen und zwar diejenigen, bei denen die Richtungs- körper bereits vorher innerhalb der Geschlechtsorgane aus- gestossen worden waren; bei den Experimenten an anderen Tieren wurde den Richtungskörpern wenig Beachtung geschenkt; nur für die Eier von Chaetopterus pergamentaceus haben wir die Beobachtung Meads und Morgans, dass die Richtungs- körper ganz so wie bei den durch Spermatozoön befruchteten Eiern ausgestossen werden. Ähnliches beschreibt Yves Delage für die Eier von Asterias; die Vorgänge, welche sich aber in der Eizelle nach Ausstossung des II. Richtungskörpers vor der Teilung in zwei Furchungszellen abspielen, haben diese Autoren nicht genauer analysiert. Die Eier von Mactra, an denen im gewöhnlichen Meerwasser, mögen sie darin noch so lange liegen, ohne Befruchtung die Richtungsmitose nicht eingeleitet wird, schienen mir zur Vornahme der Versuche über die sogenannte künst- liche Parthenogenese ein besonders geeignetes und günstiges Material zu bilden. Bei der Vornahme der Experimente kommt es natürlich vor allem darauf an, die Möglichkeit der Befruchtung der zum Experiment verwendeten Eier durch Spermatozoön zu verhüten; und bei Mactra besteht hierbei die hauptsächlichste Schwierigkeit darin, dass das Geschlecht der Tiere äusserlich nicht zu erkennen ist. Ich suchte daher diesen Übelstand durch eine Reihe anderer Vorsichtsmassregeln zu heben. Vor allem suchte ich die Tiere, soweit es nur möglich war, zu isolieren, indem ich die Individuen, welche am nächsten Tage zum Experiment verwendet werden sollten, einzeln in je ein kleines Bassin mit durchfliessendem Meerwasser legte, bisweilen sogar einige Tage die Tiere auf diese Weise isoliert hielt. Die Er- öffnung der Tiere habe ich in grösserer Entfernung von den Flüssigkeiten, in welche die Eier gebracht werden sollten, vor- genommen. Falls es sich nach der Eröffnung der Schaale zeigte, dass ich ein männliches Individuum vor mir hatte, habe ich, bevor ich die Eröffnung eines neuen Individuums vornahm, zu- nächst aufs sorgfältigste die Hände und die Scheere mit Seife unter fliessendem Wasser längere Zeit gewaschen, gründlich ab- 3 K. Kostanecki: getrocknet und sodann die Scheere noch über der Flamme erhitzt, sodass die Übertragung von Spermatozoön auf das zweite Indivi- duum auf diesem Wege ausgeschlossen war. Um aber absolut sicher zu sein, dass keine Spermatozoen das Experiment verunreinigten, bin ich in der Weise vorgegangen, dass ich stets zu je einem Experiment die Eier von nur je einem Individuum verwendete (was bei der grossen Menge der sich aus den Geschlechtsorganen entleerenden Eier mehr als genug ist) und immer die sich zunächst in die innerhalb der Muschel- schaalen befindliche Flüssigkeit entleerenden Eier (welche also naturgemäss noch am ehesten mit etwaigen Spermatozo@ön in Berührung hätten kommen können) in ein Gefäss mit gewöhn- lichem Meerwasser als Kontrolleier brachte und erst die hierauf aus den angeschnittenen Geschlechtsorganen herausfliessenden Eier zu dem eigentlichen Experiment verwendete und sie in die jeweilige zum Experiment dienende Flüssigkeit abfliessen liess. Ich habe dann jedesmal in verschiedenen Zeitabständen von den Kontrolleiern grössere Proben entnommen und unter dem Mikroskop untersucht; um nachträgliche Wiederholungen zu vermeiden, muss ich von vorneherein bemerken, dass ich in keinem einzigen Falle, selbst nach 5—7 Stunden, je irgend- welche Veränderungen an irgend einem Kontrollei bemerkt habe; die Eier waren nicht gefurcht, sie hatten keine Richtungskörper ausgestossen und man konnte in ihnen, ganz wie in den frischen unbefruchteten Eiern, in der Mitte das grosse, kugelige Keim- bläschen wahrnehmen. Auf diese Weise hatte ich, glaube ich, die sicherste Gewähr dafür, dass das Experiment — und dies gilt für alle — in dieser Beziehung „rein“ war. Die letzten Spuren irgend welcher Zweifel sollten dann schliesslich durch die Schnittpräparate gehoben werden. Ich habe diese Experimente erst, nachdem ich vorher sämtliche Stadien der befruchteten Eier gesammelt hatte, gegen den 20. April begonnen; da in diesem Jahre in Neapel Ende April und Anfang Mai die Witterung sehr ungünstig und das Meer sehr bewegt war, so konnte ich leider das in solchen Fällen nur selten und schwer zu beschaffende Material von Mactra trotz des liebenswürdigsten Entgegenkommens Dr. Lobiancos, nicht in der Menge erhalten, wie es zur Durchführung einer grösseren Reihe von Experimenten erforderlich gewesen wäre. Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 5) Das Material, welches ich zur Verfügung hatte, war aber immerhin ausreichend, um doch eine Reihe von fundamentalen Versuchen auszuführen, welche es mir auch ermöglichten, die verschiedenen Stadien zu fixieren und behufs weiterer genauerer cytologischer Untersuchung in Paraffin einzubetten. Ich habe mich behufs Erhöhung der Konzentration des Meerwassers dreier der von Loeb angewandten Salzlösungen bedient, nämlich der Normallösung von KCl, Na Cl und Ca Cl, sodann habe ich auch die Konzentration durch Hinzugabe ein- gedampften Meerwassers erhöht. Jede Versuchsreihe bot unter gewissen Umständen ein positives Resultat bezüglich der Ein- leitung der parthenogenetischen Furchung, bei jeder ergaben sich aber in den Einzelheiten besondere Eigentümlichkeiten. Parthenogenetische Reifungs- und Furchungsteilung bei Zusatz von KCl. Ich habe zunächst diejenigen Eier genauer cytologisch analysiert, welche durch Zusatz von KÜl zur Reifungs- und sodann zur Furchungsteilung angeregt wurden. Der cytologischen Analyse lasse ich zunächst die am lebenden Material gemachten Beobachtungen vorangehen. T. Versuchsreihe. 2!/s n. KCI-Lösung ie denen, ıD ccm normales Meerwasser . . ..9 „ Mit dieser Konzentration habe ich drei Versuche angestellt, in jedem aber die Eier in der Lösung verschieden lange Zeit verbleiben lassen. Versuch 1. Nach 45—50 Minuten sieht man bei einer grossen Zahl der Eier die Abschnürung des I. Richtungskörpers. Der II. Richtungskörper wird nur bei einem sehr geringen Bruchteil der Eier abgeschnürt, etwa in einem Ei auf mehrere Hundert. Die Eier verbleiben in der Flüssigkeit vier Stunden. Bis zu dieser Zeit sieht man keine Furchung des Eies. Die Flüssigkeit wurde nach vier Stunden abgegossen und die Eier in eine grosse Menge normalen frischen Seewassers gebracht. Ein verhältnismässig kleiner Teil der Eier teilt sich nach einigen Minuten in zwei teils gleiche, teils ungleiche Tochterzellen; andere, wenngleich sie zwei Richtungskörper ausgestossen haben, 10 K. Kostanecki: bleiben auch nach sechs Stunden ungeteilt; auch die Eier, welche sich geteilt haben, gehen über das Zwei -Zellenstadium nicht hinaus. Versuch 2. Die in die Flüssigkeit hineingelegten Eier wurden in der Flüssigkeit 45 Minuten belassen. Während dieser Zeit habe ich die Eier von Zeit zu Zeit unter dem Mikroskop untersucht. Schon nach 15 Minuten sah man, dass das in der Mitte des Eies gelegene grosse Keimbläschen seine Konturen verlor, man konnte, ähnlich wie bei den durch Spermatozoen befruchteten Eiern, an Stelle desselben ein helleres Feld mit dizentrischer Anordnung der plasmatischen Teile bemerken und nach einiger Zeit sah man die karyokinetische Figur gegen die Oberfläche hinaufrücken, darauf in einigen Eiern nach etwa 45 Minuten von Beginn des Experiments!) sich den I. Richtungs- körper abschnüren, ganz wie bei den durch Spermatozoen befruchteten Eiern. Darauf sah man in dem helleren Feld unter dem abgeschnürten Richtungskörper, wiederum ganz wie in den befruchteten Eiern, eine dizentrische Anordnung der Plasmateile und darauf, in einer Stunde 20—25 Minuten ungefähr, die Ausstossung eines II. Richtungskörpers; ein bedeutender Unterschied in der Zeit der Ausstossung des I. und II. Richtungs- körpers besteht also zwischen diesen Eiern und den durch Spermatozo@n befruchteten nicht. Jedoch muss hervorgehoben werden, dass in einem ziemlich grossen Prozentsatz der Eier sich die Ausstossung der beiden Richtungskörper verzögerte, ebenso wie auch bezüglich der weiterhin zu beschreibenden Vorgänge bedeutende zeitliche Schwankungen vorkamen; bei einem anderen Teil der Eier traten überhaupt keine Veränderungen ein. Schon kurze Zeit nachdem die Eier in die Flüssigkeit gebracht wurden, zeigte sich auf der Öberfläche eine feine Membran, die vollkommen dasselbe Aussehen bot, wie bei den normalen befruchteten Eiern (vergl. Figur 2). Nach Ausstossung der beiden Richtungskörper tritt dann eine längere Pause ein, während welcher es wegen der grossen angesammelten Deutoplasmamasse sehr schwer ist, am lebenden Ei zu verfolgen, was in der Eizelle vorgeht. Erst in 5—6 Stunden konnte man aus der hantelförmigen Gestalt des helleren Feldes ', Die Zeitangaben beziehen sich, überall, wo nicht etwa speziell anderes angegeben ist, auf die vom Beginn des Experimentes verflossene Zeit. Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 11 in der Mitte der Eizelle schliessen, dass eine dizentrische Anordnung der plasmatischen Teile stattgefunden hat. Textfigur 2. Nach sechs Stunden konnte man dann an der Mehrzahl der Eier den Beginn der Zweiteilung feststellen. Wenn wir die Zeit des Eintrittes der Zweiteilung dieser Eier (ungefähr sechs Stunden) mit der Zweiteilung bei den befruchteten Eiern — auch bei den langsam sich entwickelnden Serien ungefähr zwei Stunden — vergleichen, so sehen wir eine sehr bedeutende Verzögerung: einige Eier teilen sich sogar erst nach sieben Stunden. Nach 10 Stunden war ein Teil der Eier in sechs Zellen geteilt, darüber gingen sie nicht hinaus. Versuch 3 ist ganz identisch mit dem Versuch 2, nur dass die Eier in der Flüssigkeit, anstatt 45 Min., eine Stunde verblieben. Sowohl bezüglich der Ausstossung der Richtungskörper als auch bezüglich des Zeitpunktes des Eintrittes 12 K. Kostanecki: der Zweiteilung war in beiden Versuchen kein Unterschied zu verzeichnen. II. Versuchsreihe. SEDIBOL 2. ER N FRI CH Meerwasser 7 ur. ee PERL BON -'} Ich habe zunächst eine Reihe von Versuchen angestellt, in denen ich die Eier längere Zeit hindurch in der Lösung verbleiben liess, so im 1. Versuch 4 Stunden, im 2. Versuch 3!/2 Stunden, im 3. Versuch 3 Stunden, im 4. Versuch 2'/s Stunden, im 5. Ver- such 2 Stunden, im 6. Versuch 1!/s Stunden. Alle diese sechs Versuche zeigten den gleichen Verlauf: In der grossen Mehrzahl der Eier sah man das kugelige Keim- bläschen schwinden und offenbar die karyokinetische Figur sich ausbilden, indessen erfolgte die Ausstossung der Richtungskörper bei einem nur sehr geringen Teil dieser Eier, ungefähr in einem Ei auf etwa 100—200 Eier und hierbei konnte man wiederum wahrnehmen, dass meist nur ein Richtungskörper ausgestossen wurde, nur in ganz seltenen Fällen zwei. Die eventuelle Aus- stossung des I. Richtungskörpers erfolgte in etwa 45—50 Minuten, die des II. nach sehr wechselnder Frist. In den Eiern, welche, trotz der Auflösung des Keimbläschens, keine Richtungskörper ausgestossen haben, konnte man bisweilen mehrere Strahlungen wahrnehmen, welche etwa vielpolige karyokinetische Figuren oder dergl. vermuten liessen. Der weitere Verlauf war in diesen Versuchen (gleichgiltig, wie lange die Eier in der Lösung verbleiben, bevor sie ins frische Meerwasser gebracht wurden, ob wie im 1. Versuch 4 Stunden, oder wie im 6. Versuch 1!/s Stunden) stets derselbe: nach ungefähr 3, 3'/a—4 Stunden, aber immer schon in frischem Meer- wasser, sah man die Eier in die Länge gestreckt, sodann an der mehr abgeflachten Seite eingeschnürt, und sodann erfolgte (aber nicht an allen Eiern gleichzeitig, bisweilen mit grosser Verzögerung), die Durchschnürung in zwei, meist ähnlich wie bei der normalen Befruchtung, ungleiche Zellem, bisweilen aber auch in zwei gleich grosse Tochterzellen (vergl. Textfigur 3). Hiebei konnte man fest- stellen, dass die Teilung in zwei Furchungszellen an einer über- wältigend grösseren Zahl der Eier erfolgte, als die Zahl der- jenigen war, an denen man die Ausstossung der Richtungskörper wahrnehmen konnte. Hieraus ergab sich notwendigerweise der Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 13 Schluss, dass in einer ganzen Zahl der Eier die Ausstossung der beiden Richtungskörper, teilweise nur des Il. Richtungskörpers, unterdrückt wurde, und dasEi sich unmittelbar in zwei Furchungs- zellen teilte. Textfigur 3. Nach sechs Stunden waren die Eier teils in drei, teils in vier, teils in fünf oder sechs Zellen geteilt, am anderen Morgen, d. h. nach 24 Stunden, sah ich die Teilung weiter fortgeschritten es waren einige Eier in mehr als 10 Zellen geteilt, dieselben boten aber das Bild von absterbenden Zellen. Versuch 7. Die Eier verblieben in der Lösung 30 Minuten. Während dieser Zeit sah man die typischen Veränderungen an dem kugeligen Keimbläschen; in etwa 45—50 Minuten erfolgte (schon in dem frischen Meerwasser), die Ausstossung des I., so- dann die des II. Richtungskörpers. Die Eier boten, auch was die Eimembran anbetrifft, ganz dasselbe Aussehen dar, wie die normalen durch Samenfäden befruchteten Eier. Die Teilung in zwei Zellen beginnt in vier Stunden, nach sechs Stunden sind etwa ?/s der Eier teils in zwei, teils in drei, ein Teil in vier Zellen geteilt, darauf sammelt sich jedoch um die Kerne an der Stelle, wo die achromatische, karyokinetische Figur liegt, die normaler- weise die Eiperipherie einnehmende grobkörnige Plasmamasse, wodurch der innere Teil der Zellen dunkel erscheint, der ober- flächliche Teil dagegen viel heller (während für gewöhnlich das Umgekehrte der Fall ist), und die Eier teilen sich nicht weiter. 14 K. Kostanecki: Im Vergleich zu den Versuchen 1—6 einerseits und zu dem Versuch 7 andererseits bot ein interessantes Ergebnis der Versuch 8, bei dem ich die Eier in der Lösung eine Stunde ver- weilen liess. Während dieser Zeit erfolgte an der grossen Mehr- zahl der Eier der Schwund des kugeligen Keimbläschens, aber nur an einem sehr geringen Bruchteil, etwa in einem Ei auf 100—200 sah man nach etwa 45—50 Minuten die Ausstossung des I. Richtungskörpers; als die Eier aber nach Verlauf von einer Stunde in frisches Meerwasser gebracht wurden, sah man ganz rasch an der Mehrzahl der Eier den I., sodann an einer, wenn auch geringeren Zahl, den II. Richtungskörper sich abschnüren. Der weitere Verlauf bot ganz dasselbe Bild, wie im Versuch 7 dar, die Teilung der Eier in zwei Zellen begann aber schon in 3!/s Stunden. Überblicken wir die erste Versuchsreihe, in der die schwächere KClI-Lösung zur Verwendung gelangte, so ersehen wir, dass in 45—50 Minuten, also in ungefähr derselben Zeit, wie bei befruchteten Eiern, die Ausstossung des I. Richtungskörpers erfolgte, wenn aber die Eier in der Lösung weiterhin verblieben, so wurde der weitere Entwicklungsgang sistiert, es trat die Aus- stossung des II. Richtungskörpers nur ganz ausnahmsweise, nur in einem sehr geringen Bruchteil der Eier, die Teilung des Eies in zwei Furchungszellen überhaupt gar nicht ein. Werden die Eier aber nach 45 Minuten oder einer Stunde in frisches Meer- wasser übertragen, so erfolgt sowohl die Ausstossung des II. Richtungskörpers als auch die Teilung der Eizelle. In der zweiten Versuchsreihe, in welcher die stärkere Lösung von KÜl verwendet wurde, erfolgtein den Eiern, solange sie in der Lösung verblieben — wiederum von einem sehr geringen Bruchteil der Eier abgesehen (vergl. oben) —, trotz des Schwundes des Keimbläschens und der Ausbildung der karyokinetischen Figur, die Ausstossung der Richtungskörper überhaupt nicht. Wurden die Eier aber, nachdem sie längere Zeit (1'/j.—4 Stunden) in der Lösung verblieben sind, in frisches Meerwasser gebracht, so erfolgte zwar keine Ausstossung der Richtungskörper mehr, aber es trat die Teilung der Eizelle in zwei Furchungszellen ein. Wenn aber die Eier rechtzeitig (nach '/2 Stunde, oder einer Stunde) in frisches Meerwasser übertragen wurden, so erfolgte die Ausstossung der beiden Richtungskörper Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 15 in ungefähr derselben Zeit, wie bei befruchteten Eiern, und so- dann die Teilung des Eies in zwei Zellen in kürzerer Frist, als in der ersten Versuchsreihe. Da ich innerhalb dieser zweiten Versuchsreihe die grösste Versuchszahl angestellt habe und über eine grosse Zahl (19) in verschiedenen Zeitabständen fixierter Stadien verfüge, welche mir bei der cytologischen Untersuchung die interessantesten Befunde lieferten, so stelle ich die Erörterung derselben voran, zumal da, wie wir sehen werden, die cytologischen Ergebnisse der ersten Versuchsreihe sich an diese Befunde anreihen. Und zwar wollen wir zunächst die Vorgänge besprechen, welche sich an den Eiern abspielen, solange sie in dem Gemisch von 10 ccm einer 2!/g n. KCl-Lösung auf 90 ccm normales Meerwasser ver- bleiben. Veränderungen an den Eiern der II. Versuchsreihe, solange sie in dem Gemisch verbleiben. Dass, wenn die unbefruchteten Eier von Mactra in das Gemisch gebracht werden, man am lebenden Ei den Schwund des Keim- bläschens und dann in den allgemeinsten Zügen die Ausbildung der karyokinetischen Spindel wahrnehmen kann, wurde schon oben bemerkt. Auf Schnitten habe ich zunächst ein Stadium von 30 Minuten untersucht, und da ebenso, wie in anderen Versuchen, so auch bei diesem nicht alle Eier gleichzeitig und gleichmässig sich entwickelten, so habe ich in den Schnitt-Präparaten dieses Stadiums die verschiedenen Phasen der Ausbildung der ersten Richtungs- spindel getroffen. Wenn wir die Fig. 14—19 überschauen, so sehen wir die typische Ausbildung der I. Richtungsspindel; wir sehen, wie neben dem grossen Keimbläschen die zwei Strahlungen samt ihren Centriolen erscheinen, wie dann die Kernmembran schwindet und die achromatische Figur sich allmählich mit den zerstreutliegenden Chromosomen, welche entweder die Gestalt von Ringen, oder mehr oder weniger deutlichen Vierergruppen aufweisen, verbindet und gegen die Eiperipherie emporrückt. In Fig. 14 ist die grosse Vakuole zu sehen, in welcher das schon im Schwund begriffene Kernkörperchen lag (das Kern- körperchen selbst befand sich auf dem folgenden Schnitt); in Fig. 16 und 19 ist neben den Chromosomen das schon bedeutend [&5 K. Kostanecki: verkleinerte Kernkörperchen zu sehen. In Fig. 19 sieht man bereits den Beginn der Metakinese.. Wenn wir diese Bilder mit der Entwicklung der I. Richtungsspindel in befruchteten Eiern vergleichen, so sehen wir sie in ganz derselben Weise verlaufen. Während aber bei befruchteten Eiern, welche sich in normalem Meerwasser entwickeln, die karyokinetische Figur weiter gegen die Oberfläche und darüber hinaus emporrückt und darauf in etwa 35—50 Minuten der I. Richtungskörper ausgestossen wird, sehen wir bei diesen Versuchen, ‘dass die karyokinetische Figur in der Regel in der Eizelle verbleibt. Die Figuren 20, 21, 22 sind nach Schnitten von Eiern gezeichnet, welche nach einstündigem Verweilen in der Flüssigkeit fixiert sind. Wir sehen zu dieser Zeit in einigen Eiern die karyokinetische Figur in Metakinese, in einigen im Diasterstadium, sie liegt in einigen Eiern nahe der Oberfläche, in einigen ist sie wiederum tiefer nach dem Ei- inneren gesunken. In Fig. 22 sieht man am inneren Pol die Teilung des Centriols.. Das weitere Verweilen der Eier in der Flüssigkeit führt zur Ausbildung von vielpoligen mitotischen Figuren und zwar sehr mannigfacher Art. In den Figuren 25—29 haben wir Schnittbilder von Eiern, welche nach eineinhalbstündigem Verbleiben in der Flüssigkeit fixiert worden sind. Diese Figuren lassen sich zum grossen Teil darauf zurückführen, dass die erste Richtungsspindel, nachdem sie allmählich wiederum das Eicentrum eingenommen hat, weitere anaphatische Veränderungen durchgemacht hat; so sehen wir in Fig. 23 und 24 aus den chromatischen Tochtersternen zwei Tochter- kerne in Bildung begriffen, die Zentralspindel ist noch mehr oder weniger deutlich erhalten, die Centriolen haben sich an beiden Polen in zwei geteilt und wir haben an beiden Polen eine typische dicentrische achromatische Figur; an dem einen Pole der Fig. 24 sind allerdings weitere abnorme Veränderungen eingetreten, in- dem zwischen den beiden Strahlensonnen sich ein körniges Feld gebildet hat, welches das Bild verändert. In der Fig. 25 sehen wir keine Tochterkerne in Bildung begriffen, sondern die Chromosomen auf zwei Gruppen verteilt, in 26 ist die Teilung der Centriolen und die Ausbildung, von dicentrischen Strahlensonnen an beiden Polen erfolgt, während die Chromosomen der ersten Richtungsspindel noch in Gestalt des Muttersterns liegen. An die Fig. 25, 26 reihen sich die Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 17 Fig. 27 und 28 an, nur dass hier an einer Seite sich mehrfache Strahlensonnen ausgebildet haben; in der Fig. 27 sieht man von den vier Polen nur an einem Pol mehrfache Strahlensonnen, während drei Pole das gewöhnliche Aussehen darbieten; in der Fig. 28 ist es schwer zu entscheiden, ob die Veränderungen nur einen, oder die beiden Pole der einen Seite betreffen. In der Fig. 29 umgeben die Strahlensonnen die zerstreut liegenden Chromosomen, wie mit einem Kranz. Die mehrpoligen Figuren erinnern sehr an die abnormen Richtungskörpermitosen, welche ich vor einiger Zeit in befruchteten Eiern von Cerebratulus marginatus beschrieben habe. Auf welche Weise diese vielfachen Strahlungen entstanden sind, ob die in ihrem Mittelpunkte liegenden Centriolen aus der wiederholten Teilung der Üen- triolen hervorgegangen, oder de novo entstanden sind, lässt sich nicht entscheiden, wenn auch das erstere viel wahrscheinlicher ist: in der Fig. 29 spräche ihre S-Zahl für die Entstehung aus einer vierpoligen mitotischen Figur, durch Zweiteilung der Centriolen. Weiteres Verweilen der Eier in dem Gemisch führt ent- weder zur Bildung mehrkerniger Zellen, oder zur Ausbildung weiterer, abnormer, bisweilen sehr komplizierter vielpoliger Mitosen, oder schliesslich zur Entstehung von ganz abweichenden Bildern. Fig. 30—32 stellen Schnittbilder von Eiern dar, welche vier Stunden in der Flüssigkeit lagen. Wir sehen in einigen Eiern die Strahlungen geschwunden und es hat sich eine Reihe von bläschenförmigen, teilweise miteinander zusammenhängenden Kernen gebildet. Die gewöhnlich in der Rindenschicht ange- sammelten dunklen Körner fangen an, teilweise nach dem Zell- inneren sich zu begeben, was immer, wie wir sehen werden. das Zeichen der Degeneration der Eizelle andeutet. Meist enthielten derartige mehrkernige Zellen zwei, drei, vier, sechs grössere Kerne, aber bisweilen sah man auch ganze Haufen ganz’ kleiner Kerne, welche vielleicht darauf sich zurückführen lassen, dass die einzelnen Chromosomen sich in einzelne kleine Kernbläschen umgewandelt haben. In der Fig. 31 sehen wir zwei ungleich grosse Kerne, um den einen herum unregelmässige Strahlungen, in Fig. 32 hat sich ım Centrum des Eies ein helles, von feinen netzförmig angeordneten Fäden durchzogenes Feld gebildet, von dem aus eine schwache Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 2 18 K. Kostanecki: Strahlung ausgeht, nur gegen den kompakten grossen Chromatin- klumpen, mit dem ein zweiter kleinerer Kern durch einen dünnen Faden verbunden ist, begibt sich ein mächtiges Strahlenbündel. Diese wenigen Figuren mögen zur Illustration der in der Eizelle vorgehenden Veränderungen genügen, ich verzichte auf die Wiedergabe zahlreicher anderer abnormer Figuren, um die Zahl der Bilder nicht übermässig zu häufen. Ich muss noch hervorheben, dass bei diesen Experimenten, welche ich mehrfach wiederholt habe, sich grosse individuelle Schwankungen geltend machten. In einigen Experimenten sah man in allen Eiern die grossen Keimbläschen geschwunden und die verschiedenen oben geschil- derten Umänderungen entstanden, ohne dass man auch nur in einem einzigen Ei die Ausstossung der Richtungskörper wahr- nehmen konnte. In anderen Experimenten konnte man dagegen eine grosse Zahl von Eiern sehen, in denen selbst nach mehreren Stunden das Keimbläschen unverändert geblieben ist, oder aber neben dem Keimbläschen erst in Bildung begriffene Strahlungen lagen, wie sie sonst schon nach einer halben Stunde zu sehen sind. In einigen Experimenten sah man wiederum bei einer, allerdings sehr geringen Zahl von Eiern den I. Richtungskörper ausgestossen, der bisweilen von beträchtlicher Grösse war; sehr selten, ganz ausnahmsweise sah man sogar zwei Richtungskörper. Im Inneren der Eizellen, welche einen, oder zwei Richtungskörper ausgestossen hatten, sah man einen, zwei, auch vier bläschen- fürmige Kerne, oder karyokinetische Figuren, ähnlich denen, welche in Eiern sich finden, welche aus dem Gemisch ins frische Meerwasser übertragen wurden und welche wir unten genauer besprechen werden. In einem verschwindend kleinen Teile der Eier ist sogar die Teilung in zwei Zellen erfolgt. Es können aber auch nach Ausstossung des I. Richtungs- körpers, bei längerem Verweilen der Eier in dem Gemisch abnorme mitotische Figuren der II. Riehtungsspindel entstehen, von denen eine in der Fig. 33 wiedergegeben ist. Diese und ähnliche Bilder erinnern wiederum an die abnormen Richtungsmitosen, welche ich bei Cerebratulus marginatus beschrieben habe. Der Aufenthalt der unbefruchteten Eier in dem Gemisch führt also, wie wir kennen gelernt haben, von seltenen Aus- Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 19 nahmefällen abgesehen, zu weitgehenden, verschiedenartigen abnormen Veränderungen innerhalb der Eizelle. Werden aber die Eier rechtzeitig aus dem Versuchs-Gemisch in frisches Meerwasser gebracht, so stossen sie, wie wir am lebenden Material sahen, zwei Richtungskörper aus und teilen sich dann in typische Furchungszellen, wie die befruchteten Eier. Andererseits sind aber auch Eier, welche lange Zeit in dem Gemisch verblieben waren und so weitgehende Veränderungen erfahren haben, trotzdem imstande, sobald sie in frisches Meer- wasser gebracht werden, diese Abnormitäten zu überwinden; es kommt in ihnen allerdings nicht mehr zur Ausstossung der Richtungskörper, aber sie zeigen das Bestreben, einen Zustand herzustellen, der zur Ausbildung der Furchungsspindel führt, wie denn auch am lebenden Material festgestellt werden konnte, dass Eier, die eineinhalb, ja selbst drei Stunden in der Lösung ver- weilten, in frisches Meerwasser gebracht, sich ohne die Richtungs- körper auszustossen, in zwei, weiterhin in mehr Furchungszellen teilten. In dem einen wie in dem anderen Falle spielen sich Vorgänge ab, welche hohes Interesse darbieten und eine besondere eingehendere Besprechung erfordern. Veränderungen an Eiern, welche nach kurzem Aufenthalt in dem Gemisch in frisches Meerwasser gebracht wurden. Als Grundlage dienten mir hier Schnittbilder von Eiern, welche durch zwei Versuche gewonnen wurden, welche als Versuch 7 und 8 der II. Versuchsreihe bezeichnet sind. Im ersten dieser Versuche verblieben die Eier in der KCl-Lösung 30 Minuten. Die Eier befanden sich im Augenblick der Übertragung in frisches Meerwasser auf dem Entwicklungsstadium, welches in Fig. 14—19 dargestellt ist; die Bilder sind gerade nach den, diesem Experiment entnommenen Eiern gezeichnet. Während in Eiern, welche in der Lösung weiterhin verbleiben, die mitotische Figur nicht weiter gegen die Eiperipherie emporrückt, im Gegenteil späterhin sich wieder nach dem Zellinneren zurückzieht, rückt sie hier gegen die Oberfläche und wölbt dieselbe empor, es erfolgt in etwa 45—50 Minuten die Ausstossung des I. Richtungskörpers, darauf entwickelt sich eine typische II. Richtungsspindel, wie sie in Fig. 34 dargestellt ist. Darauf wird, in diesem Versuche stets, 9* 20 K. Kostanecki: der II. Richtungskörper ausgestossen und aus den im Ei ver- bliebenen Chromosomen bildet sich, ganz wie in befruchteten Eiern, ein bläschenförmiger Kern. Auf Schnitten konnte man feststellen, dass die Richtungs- körper bisweilen grösser waren, als in befruchteten Eiern. Auch sah man ab und zu drei Richtungskörper, was wohl durch die Zweiteilung des I. Richtungskörpers sich erklärt. Die Ausstossung des II. Richtungskörpers war in den sich schnell entwickelnden Eiern in 1 Stunde 25—30 Minuten erfolgt, in einigen allerdings viel später. Einige Eier begannen sich nach 3!/s Stunden in die Länge zu strecken und sich nach 4 Stunden zu teilen, viele teilten sich aber erst viel später. Von der Ausstossung des II. Richtungskörpers bis zur Teilung der Eizelle in zwei Furchungs- zellen verstrich also ein Zeitraum von ungefähr 2'/s Stunden, während er in befruchteten Eiern durchschnittlich nur 45 Minuten beträgt. Dies legte schon von vornherein den Gedanken nahe, dass innerhalb dieser Zeit sich bei diesem Versuche innerhalb der Eizelle komplizierte und deshalb lange Zeit in Anspruch nehmende Vorgänge abspielen mussten. Zum Studium dieser Vorgänge hatte ich von diesem Versuche nur eine, guterhaltene Serie von 3!/s Stunden zur Verfügung, leider genügte das Material nicht, um noch weitere Zwischenstadien zu fixieren. Da aber die Eier sich nicht gleichmässig und gleichzeitig entwickeln, so erhält man auf Schnittpräparaten die verschiedensten Stadien neben- einander, und wenn man eine grössere Zahl von Schnittbildern durchmustert — und in unserer Untersuchung stützen wir uns auf Bilder von mehreren Tausenden von Eidurchschnitten — so gewahrt man, dass die Bilder sich zu einer vollkommenen Reihe zusammengliedern, sodass bezüglich ihrer Aufeinanderfolge kein Zweifel möglich ist. Ich habe in den nachfolgenden Figuren die hauptsächlichsten Stadien abgebildet; wenn sie auch, wie wir sehen werden, eine vollkommene Serie bilden, so möchte ich doch betonen, dass ich noch zwischen den abgebildeten Phasen viele Übergangsstadien beobachten konnte, welche ich nicht mehr abgebildet habe, um die so wie so grosse Zahl der Abbildungen nicht noch mehr zu häufen. Was die im folgenden von Fig. 36—75 wiedergegebenen Bilder betrifft, so war deren Auffinden für mich mit grossen Schwierigkeiten aus dem Grunde verbunden, weil es mir darauf ankam, nur derartige Schnittbilder zu reprodu- Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 21 zieren, wo auf einem Schnitte die entsprechende Kernfigur im Ei und zugleich die beiden ausgestossenen Richtungskörper zu sehen wären. Dass mit Hinsicht hierauf nur eine verhältnismässig kleine Zahl von den angetroffenen Figuren zur Zeichnung ver- wendet werden konnte, ist klar; durch diese Auswahl wurde aber für mich und wird auch für den Leser die Sicherheit geboten, dass wir in der Tat Eier vor uns haben, welche vorhin zwei Richtungs- körper ausgestossen hatten. Die zahlreichen anderen Figuren, wo die Richtungskörper in einem anderen Serienschnitt, als die Kern- figur lagen, boten für mich nur weiteres bestätigendes Material. Den Ausgangspunkt für die weiteren Vorgänge bildet das Stadium, wo nach Ausstossung der beiden Richtungskörper sich aus den in der Eizelle verbliebenen Chromosomen das Kern- bläschen gebildet hat; dasselbe gibt die Fig. 35 wieder; wir sehen in ihr zwei Richtungskörper ausgestossen, an dem „animalen“ Pol sehen wir die Deutoplasmakörner verdrängt, an der Abschnürungsstelle des II. Richtungskörpers liegt ein typischer Zwischenkörper, von dem aus sowohl in den II. Richtungskörper, als auch in die Eizelle ein Faserbündel ausstrahlt. Der Eikern rückt gegen die Zellmitte, nach innen zu von ihm ist, wenn auch keine Strahlung mehr, so doch die Spur einer radiären Anordnung der Plasmakörnchen noch zu sehen. Vergleichen wir dieses Stadium mit dem entsprechenden Stadium des befruchteten Eies (z. B. Fig. 6), so ist eine vollkommene Ähnlichkeit nicht zu ver- kennen: der einzige Unterschied besteht eben in dem Mangel des Spermakerns und seiner Strahlung. Wenn nun in einem derartigen Ei sich in der Folge die karyokinetische Figur der ersten Furchungsspindel entwickelt, welche, wie die Schnittbilder entsprechender Stadien (Fig. 73—76) lehren, sich in nichts von der Furchungsspindel eines befruchteten Eies (Fig. 11, 12) unterscheidet, so wäre es a priori am wahr- scheinlichsten, dass einfach das im Ei verbliebene Eicentriol sich teilt und so den Ausgangspunkt zur Bildung einer typischen mitotischen Figur liefert'). Nichts derartiges ist der Fall. Man !), Wie nahe eine solche Vermutung liegt, beweist die Bemerkung Boveris (1902): „Bei der von Loeb an den Eiern des Ringelwurmes Chaetopterus erzielten künstlichen Parthenogenese wäre es denkbar, dass die Teilung von dem nach der Abschnürung des II. Richtungskörpers sich erhaltenden „Ovozentrum“ ausgeht, wie ich dies früher für alle Fälle von Parthenogenese annahm“. 29 K. Kostanecki: trifft auf Schnitten keine Figuren, welche für eine Deutung in diesem Sinne sich verwerten liessen. Ich habe vielmehr in meinen Präparaten eine Fülle von mitotischen Figuren oder mitosen- ähnlichen Bildern getrotien, welche auf andere Vorgänge hindeuten und welche es mir zunächst schwer war, in genetische Beziehung zueinander zu bringen. Bei genauerer, eingehenderer Prüfung war es aber zu erkennen, dass dieselben sich in zwei Gruppen von Bildern einreihen lassen, welche ein ganz anderes Aussehen darbieten. Die ungemein charakteristischen Mitosen der einen Gruppe kennzeichnen sich dadurch, dass der ganze Prozess sich vorwiegend innerhalb des Kerns abzuspielen scheint, ohne dass im Protoplasma weitergehende strukturelle Veränder- ungen sich wahrnehmen liessen. In den Anfangsstadien (Fig. 36) erscheint der Kern etwas in die Länge gestreckt, sein Chromatin liegt in Form von dünnen Fäden den Lininfasern an, welche zum grössten Teil quer zur Längsachse des Kerns und zwar mehr an der Oberfläche des Kernbläschens verlaufen. Um den Kern herum sieht man im Protoplasma die Andeutung einer Strahlung, aber nicht aus- gesprochene Strahlen, sondern nur eine radiäre Anordnung der Plasmakörnchen, welche nicht auf einen Punkt, sondern auf den ganzen Kern gerichtet sind. Dieselbe Andeutung der Strahlung ist auch fernerhin zu sehen. In Fig. 37 sehen wir den Kern gleichsam tonnenförmig, es tritt in diesem Bilde die obertlächliche, der Querachse des Kerns entsprechende, Anordnung der Linin- täden umso deutlicher hervor, als sie in diesem Präparate durch das sehr blassgefärbte Chromatin nicht verdeckt werden. Wir sehen die Fäden deutlich gegen die Mitte der abgeflachten Längs- seite des Kerns konvergieren. In Fig. 38 ist das längs der Lininfäden angeordnete Chromatingerüst intensiver gefärbt und deshalb sehr deutlich; man kann sogar wahrnehmen, dass die Chromatinfäden aus einzelnen Chromatinkörnern (Pfitzner’schen Körnern) zusammengesetzt sind; wir haben ein Bild vor uns, das, was die Ohromatinverhältnisse betrifft, mit dem Stadium des s. g. dichten Knäuels sich deckt. Der Kern zeigt nicht mehr die längliche, tonnenförmige Gestalt, sondern er fängt an, sich in der entgegengesetzten Richtung zu strecken. Die Lininfäden verlaufen konvergent, an der einen Seite hebt sich die Stelle, in welcher sie zusammenlaufen, sogar schon etwas ab. In Fig. 38 Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 23 sehen wir schon eine Art von kurzer, breiter Spindel, auf der die einzelnen, schon herausdifferenzierten Chromosomen in Form von Schleifen angebracht sind. Ich möchte hier hervorheben, dass in den Richtungsspindeln die Chromosomen zunächst die Form von Vierergruppen, dann die Form von kurzen Stäbchen aufwiesen, hier dagegen bilden sich aus dem Eikern für gewöhnlich, ähnlich wie in befruchteten Eiern, zwölf typische Chromatinschleifen heraus, bisweilen nur haben die Chromosomen noch die Form von kurzen Stäbchen. An der Spindel der Fig. 39 sind deutlich zwei Pole zu unterscheiden, in denen die Spindelfasern zusammen- laufen. Ein Centrosoma oder ein Gebilde, das man damit ver- gleichen könnte, ist an den Polen nicht zu sehen. ebensowenig eine Polstrahlung; man sieht nur in der Umgebung der Spindel eine radiäre Gruppierung der Plasmateile,. welche in diesem Präparate sogar deutlicher, als in anderen ähnlichen Bildern, ausgesprochen ist. Dieses Stadium entspräche dem lockeren Knäuel. An dasselbe reihen sich Bilder an, wie das in Fig. 40 dargestellte, die Spindel wird schlanker, die Chromatinschleifen rücken gegen deren Äquator und, wie die Fig. 41 lehrt, entsteht eine sehr charakteristische Muttersternfigur. Die Konturen der Spindel mit ihren spitzen Polen heben sich scharf von der Umgebung ab, die ganze Spindelfigur bildet einen vollkommen in sich abgegrenzten Körper, indem auch die Chromosomen sich genau im Rahmen der fädigen, achromatischen Spindel halten und selbst mit ihren freien Enden nicht über deren Bereich hinausgehen. Derartige Spindelfiguren im Stadium des Muttersterns habe ich in sehr grosser Zahl angetroffen, nur ausnahmsweise dagegen Bilder, wie das in Fig. 42 dargestellte, wo an den Polen, namentlich in unmittelbarer Nachbarschaft der Spindel, eine Spur von Polstrahlung zu sehen war. Nach dem Stadium des Muttersterns folgt die Metakinese, wie wir sie in Fig. 43 sehen. Im Stadium des Muttersterns, zum Teil auch schon früher, muss eine Spaltung der Chromatinschleifen erfolgt sein; in den Eikern sind nämlich nach Ausstossung des II. Richtungskörpers 12 Chromosomen übergegangen, welche dann in Form von Chromatinschleifen sich aus dem Kern heraus- differenzieren; nach erfolgter Metakinese kann man feststellen, wenn auch die Zählung bisweilen auf grosse Schwierigkeiten stösst, dass nach beiden Polen je zwölf Chromosomen wandern, 24 K. Kostanecki: oder annähernd soviel. Man kann schon im Stadium der Meta- kinese wahrnehmen, dass die Spindel wiederum etwas weniger schlank erscheint und sich an den Polen abzuplatten beginnt. Diese Abplattung wird noch viel ausgesprochener im Diasterstadium, wie wir es in Fig. 44 dargestellt finden. Wir sehen hier die Chromosomen ganz an das Polende der Spindel gerückt, wo sie dicht beisammen liegen, nur einige sieht man in ihrer Wanderung gegen die Pole zurückgeblieben. Die Chromosomen fliessen dann untereinander zusammen und unter weiterer Abplattung der Spindel entstehen auf dem Übergang zwischen dem Diasterstadium und dem Stadium der Tochterkerne Bilder, wie das in Fig. 45 dargestellte. Derartige Bilder, welche auf den ersten Blick etwas eigenartig erscheinen, habe ich in grosser Zahl vorgefunden. ebenso die vom Diaster zu ihnen allmählich stufenweise hinüber- leitenden Übergangsstadien (die ich hier nicht mehr abgebildet habe), so dass diese eigentümliche, charakteristische Abplattung der Spindel und Gruppierung der Chromatinmassen, wie in Fig. 45, offenbar in diesem Versuche regelmässig durchgemacht wird. Diese Abplattung der Spindel und die Gruppierung der Chromatinmasse in einen länglichen Chromatinstreifen besteht, wie wir in Fig. 46 sehen, auch dann noch, wenn aus dem Chromatin einheitliche Kernbläschen sich zu formen beginnen; zwischen den Kernen sieht man Reste der Zentralspindel, welche in Körnchen zu zerfallen beginnt. In den Figuren 47, 48, 49 sehen wir weitere Umbildungsstadien der Tochterkerne, welche immer mehr bläschenförmig werden und der runden Form zustreben, aus der Zentralspindel bleibt schliesslich zwischen den Tochterkernen nur eine körnige Masse. In dem umgebenden Protoplasma ist auch in diesen Stadien noch eine radiäre Anordnung der Körchenreihen zu sehen. Wenn die Kerne dann schon Bläschenform annehmen (Fig. 50), liegen sie regelmässig ganz nahe beieinander, sodass die Reste der Spindel überhaupt nicht mehr zu sehen sind, vielleicht sind die Kerne gerade durch die Reste der Zentralspindel aneinander gefügt, sodass sie sich voneinander nicht entfernen. Die radiäre Anordnung der umgebenden Plasmateile schwindet. Die sich berührenden Kerne können darauf miteinander verschmelzen, entweder auf einer kleineren Strecke (Fig. 51), oder vollkommen, wie in Fig. 52, wo in dem grossen Kernbläschen eine dünne Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 25 Scheidewand noch die Berührungsfläche der beiden Kerne andeutet. Was die Lage der Spindelfigur und der Tochterkerne zum animalen Pol, zur Stelle. wo die Richtungskörper ausgestossen wurden, betrifft, so ist dieselbe nicht immer die gleiche, sondern die Figur liegt meist schief, bisweilen genau radiär in der Achse des Eies, bisweilen wiederum senkrecht zu dieser Achse. Ich habe in meinen Präparaten in diesem Stadium auch Abweichungen von dem gewöhnlichen Verlauf insofern beobachtet, als ich bisweilen dreipolige (wie in Fig. 53) oder vierpolige Spindeln (wie in Fig. 54) angetroffen habe, ebenso Eier in denen drei (Fig. 55) oder auch vier bläschenförmige Kerne enthalten waren, welche sich wohl aus den drei- oder vierpoligen Mitosen herleiten lassen. Wir sehen, dass der Prozess dieser „intranukleären Karyo- kinese“ zur Ausbildung zweier bläschenförmiger Kerne führt, und dass dadurch ein Zustand erreicht wird, der dem Bilde gleicht, welchem wir im befruchteten Ei nach Annäherung der Geschlechts- kerne begegnen; sogar die dreikernigen (wie in Fig. 55) oder vierkernigen Eier gleichen polysperm befruchteten Eiern. Aber ein fundamentales Merkmal fehlt, nämlich: die aus der Sperma- strahlung stammenden Strahlensonnen, samt ihren Centriolen, welche wir auf diesem Stadium in befruchteten Eiern stets angetroffen haben. Es wirft sich hier von selbst die Frage auf, ob die zwei- kernigen Eizellen sich in der Folge nicht durch Einschnürung des Zellleibes in zwei Zellen teilen können. Absolut ausschliessen möchte ich diese Möglichkeit nicht, dazu bedürfte es noch weiterer Untersuchungen, aber ich möchte hervorheben, dass ich in meinen Präparaten keine Bilder finde, welche hierfür sprächen. In den Präparaten dieses Stadiums waren die Eier noch ungeteilt, eine Einschnürung des Zelleibes war bei den zweikernigen Eizellen nicht zu sehen; (die Teilung erfolgte erst nach einer weiteren halben Stunde, d.i. vier Stunden vom Beginn des Experiments). Die nahe Lage der beiden Kerne, ihre teilweise oder völlige Verschmelzung spricht gegen diese Annahme. Vor allem habe ich aber in den Präparaten Bilder angetroffen, welche unzweifel- haft darauf hindeuten, dass in den zweikernigen Eizellen Vor- gänge zur Ausbildung neuer mitotischer Figuren eingeleitet werden. 26 K. Kostanecki: Da diese Mitosen in allen Punkten denjenigen mitotischen Figuren glichen, welche ich vorwiegend in den dem folgenden Versuche entnommenen Präparaten vorfand, so will ich sie auch zugleich mit den Präparaten des zweiten Versuchs, zu dessen Schilderung ich jetzt übergehe, besprechen. In diesem Versuche verblieben die Eier in dem KÜCl-Gemisch 1 Stunde. Die Figuren 20. 21, 22 sind gerade nach Schnitten von Eiern, welche dem Versuche in diesem Stadium entnommen wurden, gezeichnet. Wir sehen die mitotische Figur zwar in einer späteren Phase, als in der Fig. 19 (d.h. nach 30 Minuten langem Aufenthalt des Eies in dem Gemisch), aber die vorhin bereits mehr peripher gelegene Spindel hat sich bereits wieder nach dem Eiinneren begeben. Als aber die Eier in frisches Meerwasser gebracht wurden, rückte die mitotische Figur wieder gegen die Eiober- fläche empor, es erfolgte rasch die Ausstossung des I. Richtungs- körpers, sodann an einer grossen Zahl von Eiern auch die Ausstossung des II. Richtungskörpers und von da an erschien der Verlauf dieses Versuchs, soweit man ihn am lebenden Material verfolgen konnte, ganz ähnlich, wie beim vorigen Versuch, das Tempo war aber ein rascheres, während nämlich in dem vorigen Versuch die Mehrzahl der Eier erst nach 4 Stunden {und später sich teilte, begann hier die Teilung an einer grossen Zahl der Eier schon nach 3'/z Stunden, trotzdem dass die Ausstossung des I. Richtungskörpers verzögert wurde und anstatt nach etwa 45 Minuten, erst nach mehr als 1 Stunde erfolgte. Auch von diesem Versuche habe ich nur ein Stadium, nämlich von 3'/s Stunden fixieren können. An den Präparaten dieser Schnittserie habe ich mich überzeugen können, dass ein Teil der Eier zwei Richtungskörper ausgestossen hatte, aber viel zahlreicher waren die Eier, die nur einen Richtungskörper auf- wiesen. Letztere wollen wir später besonders besprechen; wenn wir vorläufig nur denjenigen Eiern Aufmerksamkeit schenken, welche zwei Richtungskörper aufweisen, so lässt sich feststellen, dass dieselben im Innern des Zelleibes verschiedene Bilder dar- boten. Eine kleinere Zahl von Eiern wies „intranukleäre“ Mitosen im Knäuel-, Mutterstern-Diaster-Dispiremstadium auf, wie wir sie beim vorigen Versuch geschildert haben. In grosser Zahl fanden sich zweikernige Eizellen, in denen die beiden bläschenförmigen Kerne entweder bis zur Berührung nahe lagen, Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 27 oder teilweise verschmolzen waren; oder man sah auch einkernige Zellen, deren grosse Kerne jedoch die Entstehung aus zwei Kernen erkennen liessen. Vorwiegend aber habe ich in den zwei Richtungs- körper aufweisenden Eizellen dieses Versuchs in grosser Zahl Mitosen angetroffen, die durch eine ausgebildete Polstrahlung sich auffallend von den „intranukleären“ Mitosen unterschieden. dadurch aber den gewöhnlichen Mitosen näher kamen. Dieser Typus von Mitosen war auch in den Präparaten des vorigen Versuchs zu sehen und ich habe oben auf ihr Vorkommen hin- gewiesen, ihre genauere Analyse jedoch mir bis zu Besprechung des zuletzt geschilderten Versuchs vorbehalten. Die einzelnen Bilder dieser Mitosen fügten sich zu einer dichtgeschlossenen Reihe zusammen. Das Endresultat dieser Reihe ist die Ausbildung einer typischen Furchungsspindel und darauf die Teilung des Eies in zwei Furchungszellen. Betrachten wir zunächst das Bild des Muttersterns in Fig. 73, dann die Diasterstadien in Fig. 74, 75, 76, die in Fig. 77 beginnende. in Fig. 78, 79 vollzogene Furchungsteilung, so erblicken wir sofort einen auffallenden Unterschied in Vergleich mit den vorhin als „intranukleäre Karyokinese* beschriebenen Bildern einerseits, andrerseits eine vollkommene Ähnlichkeit mit den entsprechenden Stadien in befruchteten Eiern (vergl. Fig. 11, 12, 13). Wir sehen hier die Furchungsspindel gleichfalls senkrecht zur Achse des Eies, welche den animalen mit dem vegetativen Pol verbindet, gelegen. Die anfangs symmetrisch mitten im Ei gelegene Spindel nähert sich später gewöhnlich mit ihrem einen Pole seitlich der Zelloberfläche; es erfolgt dann meist die charakteristische Teilung des Eies in zwei ungleiche Zellen, wie in befruchteten Eiern ; jedoch nicht ständig, bisweilen unterscheiden sich die Tochterzellen nur wenig bezüglich ihrer Grösse, oder sind auch vollkommen gleichgross. Bezüglich der achromatischen Teile der Spindelfigur, der Polstrahlung, der Zentralspindel, des sich aus derselben bildenden Zwischenkörpers, sehen wir ganz dieselben Verhältnisse, wie in befruchteten Eiern, nur distinkte, punktförmige Centriolen kann man an den Polen nicht be- obachten !). '‘, Auf diesen Stadien sieht man sehr häufig die dunklen Körnchen aus der Peripherie gegen das Zellinnere wandern, wo sie zunächst im Protoplasma zerstreut liegen (Fig. 73, 74, 76, 77), dann aber immer näher 28 K. Kostanecki: Ich glaube, dass die Bilder dieser karyokinetischen Figuren in ihrer Ähnlichkeit mit den Figuren in befruchteten Eiern so charakteristisch sind, dass eine Verwechselung derselben mit den vorhin beschriebenen „intranukleären Karyokinesen“ aus- geschlossen ist. Vor allem ist es hier die ausgesprochene mächtige Polstrahlung, welche in die Augen fällt. Dieses Merkmal habe ich vor allem benutzt, um die Entstehung der mit so mächtiger Polstrahlung ausgestatteten Spindel, wie wir sie in Fig. 73 sehen, rückzuverfolgen. Wenn wir die Fig. 62, 61 usw. rückwärts bis zur Fig. 56 durchmustern, so sehen wir Bilder, welche sich mit aller Deutlich- keit als Vorstufen der karyokinetischen Spindel zu erkennen geben. Betrachten wir die Fig. 62. Wir haben eine deutliche, fädige Centralspindel, an den beiden Polen ist eine mächtige Polstrahlung entwickelt. Die Chromosomen liegen in zwei Gruppen angeordnet; was die Zahl der Chromosomen in jeder Gruppe betrifft, beträgt sie ungefähr 12, einige der langen äusserst dünnen Schleifen sind sicherlich im Schnitt zweimal getrofien. In Fig. 61 sehen wir von den beiden Chromosomengruppen, die vorwiegend in dem folgenden Schnitt lagen, nur einige an- geschnitten, wir sehen eine Art von Spindel in ihrer Mitte, welche sich aber dadurch von der Spindel in der Fig. 62 unter- scheidet, dass sie nicht aus feinen Fäden besteht, sondern sich als eine einheitliche, in Protoplasmafarbstoffen sich dunkler homogen tingierende Masse von Spindelform darstellt. Während in Fig. 62 die mächtige Polstrahlung von den beiden Polen ausging, sehen wir in der Fig. 61 die Strahlung an die Spindelpole rücken und daselbst eine dichte Lage bilden, während ihre periphere Schicht immer spärlicher wird. Bisweilen erfolgt diese Über- wanderung der Körnchen schon sehr früh, sie kann schon im Diasterstadium (wie in Fig. 80 beispielsweise), oder selbst schon im Muttersternstadium vorkommen, wir sehen dann nur das zentrale Feld an den Polen von diesen Körnchen frei, während sie dann im Umkreise eine dichte Schicht bilden und die Polstrahlung zum grossen Teil verdecken. Wenn dann nach voll- zogener Zellteilung die achromatische Figur schwindet, so rücken die Körnchen den Kernen näher und aus ihrer Lage kann man die frühere Lage der Spindelpole noch bestimmen. Diese Wanderung der dunklen Körnchen aus der Peripherie nach dem Zellinnern, gegen die Spindelpole hin, habe ich auch am lebenden Material verfolgen können; derartige Zellen, welche diese Ansammlung der dunklen, körnigen Masse neben den Kernen aufwiesen, teilten sich in der Folge nicht weiter. Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 29 gegen die beiden Pole zwar ein wenig ausgesprochener, aber der überwiegende Teil der Strahlung ist nicht deutlich dizentrisch angeordnet, sondern auf die Spindel als ganzes gerichtet. Die Fig. 61 leitet uns zu den Bildern, wie wir sie in Fig. 60 sehen, hinüber. Wir sehen hier wiederum die Chromosomen in zwei deutliche Gruppen angeordnet; das Chromatin ruht auf einer dunkleren Plasmamasse, von welcher aus gleichmässig ım Umkreise eine feine Strahlung ausgeht. Als Vorstufen dieses Stadiums erscheinen mir Bilder, wie die in Fig. 59 und 58 dargestellten, wo wir zwei gesonderte Chromosomengruppen vor uns haben, im Zellleibe breitet sich eine feine Strahlung aus, welche auf einen idealen Punkt zwischen den beiden Chromosomengruppen zentriert ist. In Fig. 57 sieht man zwei Chromosomengruppe ohne Spur einer Strahlung, in Fig. 56 sieht man gleichfalls zwei Gruppen von Chromosomen, welche noch wenig herausdifferenziert sind und noch wie aus Körnchenreihen bestehen; diese Chromosomen liegen hier in helleren Feldern, welche noch die Umrisse von Kernen, aus denen sie hervorgegangen sind, erkennen lassen. Ich habe noch in grosser Zahl Bilder angetroffen, welche unzweifelhaft darauf hinwiesen, dass die beiden Chromosomen- gruppen aus zwei Kernen sich herausbilden, indem vielleicht noch deutlicher, als hier, die Umrisse ‘der Kerne hervortraten und innerhalb derselben aus dem Kerngerüst die Chromosomenfäden sich erst herausdifferenzierten. Und hiermit nähern wir uns der Frage nach dem Ausgangspunkt dieser mitotischen Figuren. Ich glaube, dass derselbe in den zweikernigen Eizellen zu suchen ist, welche ich in derselben Schnittserie, sowie in den Präparaten des vorigen Versuchs in grosser Zahl angetroffen habe. Was aber die Herleitung dieser zweikernigen Eizellen betrifft, so möchte ich nochmals daran erinnern, dass in den Präparaten dieser Schnittserie und denen des vorigen Versuchs auch Bilder der „intranukleären“ Karyokinese zu finden waren, so dass an- genommen werden darf, dass durch den Prozess der „intranukleären Karyokinese“ zwei Kerne gebildet wurden, (welche entweder ihre Selbständigkeit behalten, oder miteinander verschmelzen konnten) und dass diese Kerne dann von neuem in zwei Ohromosomen- gruppen zerfallen. In der Eizelle erscheint hierauf eine Strahlung, welche auf den Raum zwischen den beiden Kernen gerichtet ist, 30 K. Kostanecki: an eben derselben Stelle erscheint sodann im Zentrum der Strahlung zwischen den Kernen eine dichte Plasmamasse, welche zu einer kompakten, homogenen Spindel sich umgestaltet'); später nimmt dann die Spindel eine fibrilläre Struktur an, die Strahlung, welche zunächst auf einen idealen Punkt zwischen den Kernen, dann auf die Plasmamasse zwischen ihnen zentriert war, beginnt sich um die beiden Spindelpole zu gruppieren, wobei die einzelnen Strahlenfibrillen stärker werden, und schliesslich sind sämtliche Polstrahlen ausschliesslich auf die beiden Spindelpole gerichtet. Die Spindel wächst allmählich zu immer grösserem Umfange heran, wobei die anfänglich in zwei Haufen gruppierten Chromosomen sich im Äquator der Spindel (Fig. 73) anordnen?). Zu der Annahme, dass in diesen Versuchen die „intranukleäre“ Karyokinese und als ihr Endresultat der Zustand zweier bläschen- förmiger Kerne der Bildung der mit einer Polstrahlung ver- sehenen Furchungsspindel voranging, führt mich nicht nur die ') In dem Stadium der Spindelbildung sowohl als auch im Stadium der schon ausgebildeten Spindel, traf ich öfters Bilder, wie die in Fig. 69—72, wo die Ühromosomen zerstreut im Protoplasma lagen, und zwar, je grösser und je mehr in der Ausbildung vorgeschritten die Spindel war, in desto grösserer Entfernung von der Spindel; sie lagen entweder in Gruppen, oder, namentlich in späteren Stadien, im Umkreise der Spindel, bildeten so eine Art Kranz um dieselbe. Man gewann den Eindruck, als ob die Chromosomen durch die Strahlung von der Spindel abgedrängt und im Zellleibe versprengt wären. Diese Bilder waren bisweilen auch mit Anomalien der achromatischen Figur verbunden, wie z. B. in Fig. 72, wo die Strahlung nicht in den Enden einer zweipoligen Spindel zusammentrifft, sondern wo von mehreren Punkten der zentralen Plasmamasse mächtige Strahlenbündel ausgehen. Wir haben hier gleichsam die Entstehung einer mehrpoligen Spindel. Ob derartige Bilder weiterhin noch zur Entstehung einer regelrechten Furchungsspindel führen konnten, kann ich nicht entscheiden. Die Fig. 70, 71 zeigen auch darin ein abnormes Aussehen, dass die Körnchen aus der Peripherie nach dem Zellinneren gewandert sind und teilweise unmittelbar neben und selbst zwischen den Chromosomen liegen. ?) Ich glaube, dass die Aufeinanderfolge der Bilder, wie ich sie in der Serie von Fig. 56—68, dann von 73—79 zusammengereiht habe, nicht nur eine ungezwungene, sondern eine notwendige ist; ich möchte wiederum betonen, dass ich Bilder dieser verschiedenen Stadien in grosser Zahl an- getroffen habe und ebenso noch Bilder, welche sich als Übergänge zwischen diesen Stadien darstellten, darunter eine grosse Zahl von Bildern, welche ich zu Zeichnungen nicht verwendet habe, weil die Richtungskörper nicht mit in einem Schnitt getroffen waren. Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 31 Betrachtung der Bilder dieses Versuchs, sondern auch des vorigen. Ebenso wie in diesem Versuche nicht alle Eier das gleiche Entwicklungsstadium zeigten, sondern die einen mehr, die anderen weniger in der Entwicklung vorgeschritten waren, so sahen wir auch in dem vorigen Versuch die verschiedenen Phasen neben- einander. Ich habe schon oben bemerkt, dass dort neben den Bildern der „intranukleären“ Karyokinese auch der Typus der Mitosen mit ausgebildeter Polstrahlung zu sehen war. Diese Mitosen glichen gerade den Bildern, welche ich in den Fig. 56—52, dann 73 dargestellt habe. Die mikroskopischen Bilder der beiden Versuche unter- schieden sich‘ dadurch von einander, dass in dem ersten der beiden Versuche, in welchem die Eier weniger weit in der Entwicklung vorgeschritten waren, (was daraus zu ersehen ist, dass unter ihnen noch keine Teilung in zwei Zellen erfolgt war), die Mehrzahl der Eier verschiedene Stadien der „intranukleären“ Karyokinese, ein verhältnismässig geringer Teil die Bilder der mit Polstrahlung ausgestatteten Mitosen aufwies, während um- gekehrt im zweiten Versuche, in welchem die Entwicklung ın rascherem Tempo vor sich ging, und ein Teil der Eier bereits in zwei Furchungszellen geteilt war, die „intranukleären‘ Karyokinesen spärlicher waren, die Zahl der eine Polstrahlung aufweisenden Mitosen dagegen überwog. Ich bin mir aber wohl bewusst, dass zur absolut sicheren Feststellung der Aufeinanderfolge dieser Bilder vor allem ver- schiedene Stadien, die einem Versuch, oder mehreren unter ganz gleichen Bedingungen angestellten Versuchen entnommen wären, massgebend wären. Die Feststellung dieser Reihenfolge hätte insofern Interesse, als sie zeigen würde, dass in diesen Ver- suchen bei Mactra, was die Kernverhältnisse betrifft, durch die „intranukleäre“ Karyokinese ein Zustand hergestellt wäre, der demjenigen in befruchteten Eiern gleichen würde. Dass wir dies jedoch nicht als ständige Erscheinung bei der sogenannten künst- lichen Parthenogenese betrachten dürfen, lehren schon die Arbeiten anderer Autoren, welche cytologisch die Eier unter- sucht, aber einen ähnlichen Vorgang nicht beobachtet haben. Ich möchte auch hervorheben, dass ich selbst in den Präparaten dieses Versuchsstadiums an den zwei Richtungskörpern aufweisenden Eizellen auch Bilder gesehen habe, welche haben 32 K. Kostanecki: schliessen lassen, dass die Chromosomen der Furchungsspindel auch aus einem Kern entstehen können. Ich habe diese Bilder in den Fig. 63—68 zusammengestellt. Ob die Chromosomen aus Eikernen stammen, die, ohne die „intranukleäre Karyokinese“ durchgemacht zu haben, unmittelbar in diese Art Mitose über- gehen, oder ob wir es mit Kernen zu tun haben, welche aus der völligen Verschmelzung der beiden durch intranukleäre Karyokinese entstandenen Kerne hervorgegangen sind, lässt sich nicht ganz bestimmt entscheiden, da die Zahl der Chromosomen bei der gewundenen Gestalt der Chromatinschleifen, wenn sie auf mehrere Schnitte zerlegt sind, keinen absolut sicheren Anhaltspunkt bietet. Doch gewann ich beim genauen Studium der Schnittserien den Eindruck, dass hier die Chromosomenzahl geringer war und nicht durch zwei Kerne geliefert werden konnte; deshalb muss ich für diese Bilder die Möglichkeit ihrer Entstehung direkt aus dem einfachen Eikern mit in Betracht ziehen. Was die achromatischen Teile der Spindel betrifft, haben wir die gleichen Verhältnisse, wie bei den aus zwei Kernen entstehenden Spindeln. Auch hier, in Fig.,63 und 64, sehen wir die Chromosomen auf einer dunklen Plasmamasse liegen, auf welche eine radiäre Strahlung zentriert ist, dann bildet sich aus der Masse (Fig. 65, 66) gleichsam eine fribrilläre Zentral- spindel, die Strahlen gruppieren sich immer mehr um die beiden Pole, man gewinnt den Eindruck, als ob eine anfänglich ein- heitliche Strahlung sich allmählich zu einem dizentrischen Strahlen- systeme umordnete. Die Fig. 67, 68 erscheinen als typische Übergangsstadien zur Muttersternfigur. Es drängt sich noch die Frage auf, ob nicht auch eine ausgebildete „intranukleäre“ Spindel bei diesen Versuchen bis- weilen unter Entwicklung einer Polstrahlung zu einer typischen Furchungsspindel werden kann. In meinen Präparaten sehe ich keine Anhaltspunkte für eine solche Annahme; mit ganz absoluter Sicherheit ausschliessen kann ich sie nur deswegen nieht, weil in einer anderen Versuchsreihe, zu deren Erörteruug wir bald übergehen, die in Bildung begriffene Spindel in ihren Anfangs- stadien an die Bilder der „intranukleären Spindel“ erinnert, dann jedoch das typische Aussehen der mit mächtiger Polstrahlung ausgestatteten Furchungsspindel gewinnt; ich muss deswegen, wenn auch dieser Bildungsmodus mir hier unwahrscheinlich Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 33 erscheint, die Möglichkeit often halten, dass auch hier diese Entwicklungsweise der Spindel bisweilen eintreten könne, dass mir jedoch in diesem Falle die Übergangsstadien entgangen wären. Wie oben erwähnt, hat in diesem Versuche nach ein- stündigem Verweilen der Eier in dem Gemisch und nach Über- tragung in frisches Meerwasser, ein grosser Teil der Eier nicht zwei, sondern nur einen Richtungskörper ausgestossen, während, wie wir sahen, im vorigen Versuche, wo die Eier nicht eine ganze Stunde, sondern nur eine halbe Stunde in dem Gemisch verblieben waren, und darauf in frisches Meerwasser gebracht wurden, an allen Eiern zwei Richtungskörper ausgestossen wurden. Offenbar wurden die Eier durch das längere Verweilen in dem KÜl-Gemisch angegriffen, wenn auch nicht in dem Grade, wie bei den folgenden Versuchen, wo ein noch längeres Verweilen der Eier in dem Gemisch viel tiefergehende Veränderungen verursachte, so dass die Eier, wie wir unten genauer sehen werden, in frisches Meer- wasser gebracht, überhaupt keine Richtungskörper mehr ausstiessen. Im Inneren dieser Eier mit nur einem Richtungskörper habe ich verschiedene Bilder angetroffen, welche genau an die Bilder erinnerten, welche an den Eiern mit zwei Richtungs- körpern zu sehen waren. Es fanden sich „intranukleäre“ Mitosen im Knäuel-Mutterstern-Diaster-Dispiremstadium mit stäbchen- oder schleifenförmigen Chromosomen, es fanden sich zweikernige Zellen mit nahe bei einander liegenden, oder verschmolzenen Kernen, dann einkernige Zellen mit Kernen von verschiedener Grösse; sodann verschiedene Bildungsstadien von Spindeln mit Polstrahlung, ganz ähnlich denen, die wir oben beschrieben haben; die Chromo- somen lagen in einer oder in zwei Gruppen, auch aus ihrer Anzahl konnte man schliessen, dass ein oder zwei Kerne in Mitose übergegangen sind, sodann sah man typische mit schöner Polstrahlung ausgestattete Furchungsspindeln im Mutterstern-, Diasterstadium, dann die beginnende, oder durchgeführte Teilung in zwei gleiche oder ungleiche Tochterzellen. Bezüglich der mit Polstrahlung ausgestatteten Furchungs- spindeln in den Eiern dieser Versuche muss hervorgehoben werden, dass in den verschiedenen Stadien der Ausbildung der Spindel ebensowenig wie im Monasterstadium und in den nach- folgenden Stadien an den Spindelenden distinkte Centriolen zu sehen sind, vielmehr kommen hier die Zentralspindelfasern, die Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 3 34 K. Kostanecki: Zugfasern und die Polstrahlen gleichsam in einem idealen Punkte zusammen. Veränderungen an Eiern, welche nach längerem Aufenthalt in dem KCl-Gemisch in frisches Meer- wasser gebracht wurden. Wir haben oben gesehen, dass, solange die Eier in dem KClI-Gemisch bleiben, sie, von ausserordentlich seltenen Aus- nahmen abgesehen, trotz des Schwundes des Keimbläschens und der Ausbildung der Richtungsspindel keine Richtungskörper aus- stossen, dass vielmehr die sich herausbildende Richtungsspindel in dem Ei verbleibt und zum Ausgangspunkt vielpoliger Mitosen wird, wie wir sie in Fig. 23—29 abgebildet und geschildert haben. Diese Mitosen führen schliesslich, wie wir sahen, zu einem mehr- kernigen Zustand der Eizelle (vergl. Fig. 30). Ich habe ferner oben, bei Schilderung der Beobachtungen am lebenden Material beschrieben, dass Eier, welche in der KClI-Lösung eineinhalb, zwei, drei, ja selbst vier Stunden verweilten, doch, sobald sie in frisches Meerwasser gebracht wurden, sich in zwei, dann mehr . Furchungszellen teilten, dass die Ausstossung der Richtungskörper aber unterblieb. Zum Studium der Veränderungen, welche dann im Inneren des Eies, im frischen Meerwasser, vor sich gehen, dienten mir Serienschnitte von Eiern, welche nach dreistündigem Verweilen in der KCl-Lösung in frisches Meerwasser gebracht wurden und darauf nach einer Stunde fixiert wurden. Die einzelnen Eier dieser Serie befanden sich wiederum, wie bei diesen Versuchen stets, in verschiedenen Entwicklungsphasen (vergl. Fig. 81—99); einige Eier enthielten grosse runde Kerne im Ruhestadium, in anderen waren Knäuel-, Mutterstern-, Diasterstadien, andere Eier waren in zwei Furchungszellen geteilt (Fig. 98, 99), andere zeigten wiederum schon in den beiden Furchungszellen Mitosen, welche die weitere Teilung einleiteten (Fig. 99). Hervorheben möchte ich, dass in den Eiern zum Teil der Unterschied zwischen dem animalen und vegetativen Pol ausgesprochen ist (vergl. Fig. 81, 83, 86, 87, 93, 95, 97); die Verdrängung der grossen Deutoplasma- körner am animalen Pol, welche gewöhnlich durch die Ausstossung der Richtungskörper verursacht wird, wurde hier vielleicht da- durch bewerkstelligt, dass die Richtungsspindel anfänglich nach ‚Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 35 der Eioberfläche emporrückte (Fig. 22) und sie ist auch weiterhin verblieben, obgleich die Richtungsspindel sich wiederum nach der Eimitte zurückbegeben hat. Was das Bild der einzelnen Phasen betrifft, so boten sie wiederum in den einzelnen Eiern nicht immer dasselbe Aussehen dar. Bilder, welche an die vorangehenden abormen und kompli- zierten vielpoligen Mitosen (wie wir sie ın Fig. 23—29 sahen), erinnern könnten, waren nicht mehr anzutreffen, denn selbst mehrpolige Mitosen wiesen hier einen ganz anderen Typus auf. Die Eier, welche ruhende Kerne enthielten, waren teils ein-, teils zwei-, teils vierkernig. Die Kerne waren stets grosse, kugelige Bläschen mit deutlichem Kerngerüst. Die Herleitung dieser Kerne ergibt sich aus den vorhin beobachteten Stadien von selbst. Der vierkernige Zustand leitet sich von den vorhin beobachteten vierpoligen Mitosen her; von den vier Kernen würde einer dem eigentlichen Eikern, einer dem nicht zur Ausstossung gelangten Kern des II. Richtungskörpers, zwei dem in zwei Tochter- kerne geteilten, gleichfalls nicht zur Ausstossung gelangten Kern des I. Richtungskörpers entsprechen. Die zwei- und einkernigen Bilder dürften Mitosen entsprechen, wo die Chromatinmasse (wie wir es auch bei den vielpoligen Mitosen der Fig. 23—29 sahen), trotz der Pluripolarität der achromatischen Figur, sich nicht in vier Gruppen geteilt hat; oder vielleicht haben wir hier aus mehreren Einzelkernen verschmolzene Kerne vor uns. Bilder, wie Fig. S4, 35, 36, müssen wir unbedingt als Knäuel- stadien auffassen. In der Fig. 84 sieht man zwei Gruppen sich erst herausdifferenzierender, noch unregelmässiger Chromatin- schleifen, zwischen ihnen sieht man noch die Konturen der sich hier offenbar berührenden Kerne. Fig. 85 stellt ein häufig in diesen Präparaten anzutreffendes Bild dar; wir sehen vier Chromatingruppen, welche ihre Herkunft aus vier besonderen Kernen bekunden — ebenso häufig findet man ganz analoge Bilder mit nur zwei Chromatingruppen — die Chromatingruppen liegen in einem einheitlichen, dichteren, sich dunkler tingierenden Felde, um welches man eine schwache, radiäre, strahlige Anordnung der Plasmateile wahrnehmen kann. In Fig. 86 sehen wir schon eine Spindel, innerhalb deren die Chromosomen liegen, dieStrahlung in derUmgebung ausgesprochener, aber noch nicht deutlich auf die beiden Spindelpole zentriert. 3+ 36 K. Kostanecki: Fig. 87 stellt ein weiter vorgeschrittenes Stadium der Spindel- bildung dar. Wir sehen eine sehr deutliche, mächtige Spindei, von ihren Polen geht eine typische, starke Polstrahlung aus; die Strahlen der Spindel und der Polstrahlung kommen sogar in äusserst kleinen, sich dunkler tingierenden Punkten zusammen, welche, wie typische Centriolen aussehen. Das Chromatin bildet noch deutlich gesonderte vier Gruppen, welche dem Äquator der Spindel genähert sind. Diese Spindel würde uns unmittelbar zu dem Stadium eines typischen Muttersterns hinüberleiten. Als Übergangsstadien zwischen dem in Fig. 56 und dem in Fig. 87 dargestellten Stadium dürften Bilder, wie die in Fig. 88 und 89 abgebildeten, aufzufassen sein. Die Fig. 388, in der die Chromosomen in zwei gesonderten Gruppen liegen, ist deswegen bemerkenswert, weil die Polstrahlung an einem Pol viel stärker entwickelt ist, als an dem anderen, wo sie kaum erst in Bildung begriffen zu sein scheint. Diese Ungleichheit der beiden Pole ist noch viel ausgesprochener in der Fig. 39, wo an dem einen Pole bereits eine ganz mächtige, in einem Punkte (Centriol) zusammenkommende Polstrahlung besteht, während an dem anderen, weniger zugespitzten Pole noch keine Spur einer Pol- strahlung zu sehen ist. Derartige Spindeln mit ungleich entwickelter oder an einem Pole überhaupt mangelnder Polstrahlung habe ich in dieser Versuchsreihe in den dem Muttersternstadium vorangehenden Phasen öfter beobachtet, während in ausgebildeten Muttersternstadien die beiden Pole stets in dieser Beziehung ein gleiches Aussehen boten, sodass wohl angenommen werden darf, dass die Polstrahlung, welche an einem Pole sich später entwickeln kann, doch weiterhin zu derselben Grösse anwächst, wie am anderen Pol. Ich glaube, dass wir in den beschriebenen Figuren, namentlich in den Fig. 85 u. 86 eine Bildungsweise der karyo- kinetischen Spindel vor uns haben, welche an Bilder erinnert, welche wir in der vorigen Versuchsreihe gesehen haben, als nach Auflösung der beiden Kerne zwischen ihnen eine einheitliche Masse erschien, welche sich dann zur Spindel umbildete (vergl. Fig. 60—68). Anderseits traf ich wiederum Bilder, welche an den in der vorigen Versuchsreihe beschriebenen Vorgang der „intranukleären“ Spindelbildung erinnerten, wie z. B. Fig. 90. Da ich im Stadium des ausgebildeten Muttersterns und namentlich in den nach- Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 937 folgenden Stadien ähnliche Bilder nicht mehr getroffen habe, so ist wohl die Annahme berechtigt, dass auch derartige Spindeln sich unter Entwicklung einer Polstrahlung zu den gewöhnlich zu beobachtenden Furchungsspindeln umwandeln; und vielleicht dürfte z.B. die Fig. 89 als ein derartiges Umbildungsstadium aufzu- fassen sein. Ferner habe ich in diesem Versuche Entwicklungsphasen der karyokinetischen Spindel getroffen, wie die in Fig. 91, 92, 93 dargestellten, welche schwieriger zu analysieren sind. In Fig. 91 sehen wir eine längliche Chromosomengruppe und an der einen Seite derselben zwei durch eine. Zentralspindel verbundenen Strahlungen, deren Fibrillen sich zu den Chromosomen begeben; an der anderen Seite der Chromosomengruppe sieht man gleich- falls feine Fibrillen, welche gleichsam einen abgestumpften, sogar etwas eingebogenen Mantel um die Chromosomen bilden und in der Mitte der abgestumpften Seite zusammenkommen. Vielleicht dürften diese Bilder in causalen Zusammenhang mit derartigen Bildern gebracht werden, wie wir es in Fig. 92 sehen, wo an einer Seite der Chromosomengruppe ein Spindelpol zu sehen ist, während am anderen die Spindel sich in drei Spindeln auflöst. Es ist sehr möglich, dass von mehreren Polen einer derartigen Spindel, deren Bildung mit Hinsicht auf die Mehrkernigkeit dieser Eier nichts besonders Auffallendes an sich haben kann, zwei, unter Entwicklung der Polstrahlung, gleichsam die leitende Rolle über- nehmen, während die anderen allmählich schwinden; vielleicht können wir gerade die Abplattung an der Zusammentrittsstelle der Spindelfasern als Anzeichen eines solchen Schwundes deuten. Auch die Fig. 93 stellt ein Bild dar, welches auf die allmähliche Herausdifferenzierung der Spindelpole hindeutet. Wir sehen hier seitlich von der Chromosomengruppe zwei Strahlungen, von denen die eine wiederum zwei CUentra aufweist, ausserdem sieht man noch nach unten von der Chromatinmasse einen zugespitzten Pol, aber ohne Polstrahlen. Vielleicht dürften auch solche Abnormi- täten des Spindelbildes, wie die in Fig. 94 dargestellte, gleichfalls darauf zurückzuführen sein, dass eine anfänglich dreipolige Spindel durch Annäherung der Pole sich zu einer zweipoligen umwandelt, oder vielleicht müssen wir einfach derartige Bilder als eine drei- polige Spindel auftassen, in welcher nur zwei Pole sehr nahe bei- einander liegen. 33 K. Kostanecki: Auch im Stadium des Muttersterns, z. B. in Fig. 95, sieht man öfters ausser Spindeln mit zwei Polen, in deren Mitte je ein Centriol liegt, auch Spindeln, in deren einem oder beiden Polen auch zwei Centriolen liegen; doch derartige Bilder treten sehr häufig bei verschiedenen Tieren auch in befruchteten Eiern, in Furchungszellen und bei Mitosen somatischer Zellen auf. Ab und zu. wenn auch sehr selten, fand ich in den Präpa- raten dieser Versuchsreihe auch typische dreipolige Mitosen im Stadium des Muttersterns, mit drei gleich entwickelten Polen (Centrosoma, Polstrahlung) und mit einer für solche Mitosen typischen Anordnung der Chromosomen (Fig. 96). Dass aber der grösste Teil auch der anfänglich abnormen Mitosen wahrscheinlich der Ausbildung typischer zweipoliger Furchungsspindeln zustrebt, möchte ich daraus entnehmen, dass ich im Diasterstadium stets nur ganz typische zweipolige Spindeln angetroffen habe, welche ganz den Bildern des Diasterstadiums in befruchteten Eiern glichen (Fig. 97). Bemerkenswert war in diesen Figuren (im Mutterstern — im Diasterstadium) die grosse Zahl von Chromosomen von mehr oder weniger deutlicher Schleifenform, welche infolgedessen unmöglich gezählt werden konnten; die Herkunft der Chromo- somen aus mehreren Kernen bietet die Erklärung dafür. (zewöhnlich, aber nicht immer, sieht man im Stadium des Muttersterns (Fig. 95) ebenso im Stadium des Diasters (Fig. 97) die Spindel, sagen wir die Furchungsspindel, ganz ähnlich, wie in befruchteten Eiern, mit ihrem einen Pole näher der Eiober- fläche gerückt; nach erfolgter Furchungsteilung sind dann auch in diesem Falle die Tochterzellen, ganz ebenso, wie die aus dem befruchteten Ei hervorgegangenen beiden ersten Furchungs- zellen, von ungleicher Grösse, in anderen Fällen dagegen trifft man auch gleich grosse Zellen (wie in Fig. 98 u. 99). In der Figur 98 sieht man bei der Durchschnürung des Eies einen deutlichen Zwischenkörper entstanden, von dem aus gegen die beiden Zellkerne ein deutliches Fibrillenbündel aus- strahlt. In Fig. 99 sehen wir in den beiden Furchungszellen die beginnende Bildung einer weiteren karyokinetischen Figur, welche zur Teilung der Furchungszellen führen wird. Wenn wir bedenken, dass die mitotischen Figuren, wie ich sie in Fig. 831—99 vorgeführt habe, aus derartig veränderten Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 39 Bildern, wie wir sie in Fig. 23—33 kennen gelernt haben, hervor- gegangen sind, so müssen wir feststellen, dass Eier, welche durch längeres Verweilen in der KCl-Lösung bereits weitgehende Ent- wicklungsstörungen und Abnormitäten aufwiesen, doch noch, in frisches Meerwasser gebracht, unter Überwindung der eingetretenen Veränderungen einen Zustand herzustellen bestrebt sind, der dem Bilde der Furchungsspindel sich nähert, wie es im Ei bei der künstlichen Parthenogenese unter günstigeren Verhältnissen (s. 0.) oder im befruchteten Ei sich darstellte. Dieser Vorgang dürfte mit Recht unter den Begriff der „Regulation“ fallen; auf ihn lässt sich vollkommen, die Definition von Driesch anwenden: „Regulation ist ein am lebenden Organismus geschehender Vor- gang oder die Änderung eines solchen Vorgangs, durch welchen, oder durch welche eine irgendwie gesetzte Störung seines vorher bestandenen „normalen“ Zustandes ganz oder teilweise, direkt oder indirekt, kompensiert und so der „normale“ Zustand oder wenigstens eine Annäherung an ihn wieder herbeigeführt wird.“ I. Versuchsreihe. In dieser Versuchsreihe habe ich, wie wir oben sahen, die Eier in einem schwächeren Gemisch von KCl, nämlich von 5 cem einer 2!/s n. KCl-Lösung auf 95 ccm Meerwasser, sich entwickeln lassen. Im ersten Versuch verblieben die Eier darin vier Stunden, und wurden hierauf fixiert. Auf Schnitten erwies es sich, dass in einer Reihe von Eiern keine Veränderungen an den Keim- bläschen eingetreten sind. Viele Eier wiesen aber einen Richtungs- körper auf und im Inneren derselben sah man zwei, drei oder vier Kernbläschen, oder aber karyokinetische Figuren von mehr oder weniger abnormem Charakter, meist nur Strahlungen mit zerstreut liegenden Chromosomen. Einige Eier wiesen auch zwei Richtungskörper auf und im Inneren ähnliche Bilder, wie die- jenigen, welche nur einen Richtungskörper ausgestossen hatten. Wenn wir das Ergebnis dieses Versuchs mit ähnlichen Ver- suchen der II. Versuchsreihe vergleichen, so sehen wir, dass dort in dem stärkeren Gemisch für gewöhnlich die Ausstossung der Richtungskörper, trotz der Ausbildung der Richtungsspindel, nicht erfolgte, sondern zu abnormen vielpoligen Mitosen führte; hier im schwächeren Gemisch erfolgt die Ausstossung eines oder zweier 40 Ru Rostsnecki: Richtungskörper. Hier wirkt also die schwächere Lösung in dieser Beziehung nicht in dem Grade schädigend auf die Eizelle. Im zweiten Versuch verblieben die Eier in dem Gemisch nur 45 Minuten, im dritten eine Stunde und wurden dann in frisches Meerwasser gebracht. Wie wir am lebenden Material gesehen haben, trat die Teilung der Eier erst nach sechs Stunden und später ein, also um vieles später als unter denselben Bedingungen in der ersten Versuchsreihe. Dies hat offenbar seinen Grund darin, dass der Reiz hier schwächer war. Ich habe von diesen beiden Versuchen Stadien von drei Stunden 40 Minuten auf Schnitten untersucht und dabei gefunden, dass ein kleiner Teil der Eier überhaupt keine Veränderungen zeigte, ferner, dass die Eier, welche nur 45 Minuten in dem Gemisch verblieben, meist nur einen Richtungskörper, selten zwei ausgestossen hatten, während die Eier, welche eine Stunde in dem (Gremisch verblieben waren und dadurch länger dem Reiz ausgesetzt waren, meist zwei Riehtungskörper, seltener nur einen, aufwiesen. Im übrigen waren die Bilder im Innren der Eier in beiden Versuchen dieselben ; man sah in ihnen wiederum einen, zwei, vier Kerne sodann in Bildung begriffene karyokinetische Figuren, bisweilen ganz deutliche Spindeln mit schöner Polstrahlung, wobei die Chromosomen in Haufen, oder mehr zerstreut lagen, häufig sah man auch einfache mächtige Strahlungen mit zerstreut liegenden Chromosomen, und zwar entweder in der Mitte des Zellleibes, wie in Fig. 100, oder aber, wie in Fig. 101 nahe der Zellperipherie, in welch’ letzterem Falle die Strahlung dann meist an dem vegetativen Pol, d. h. an der der Ausstossungsstelle der Richtungskörper entgegen- gesetzten Seite lag. Ausser den beschriebenen Versuchen habe ich noch eine dritte Versuchsreihe angestellt: II. Versuchsreihe. l. und 2. Versuch. Die Eier wurden in eine Lösung von 2’asD. BO . Sl et Pelze norinales Meerwassftise 207: 00 Bl gelegt, in derselben verblieben sie im ersten Versuch eine Stunde 30 Minuten, im zweiten Versuch zwei Stunden, während welcher Zeit eine grosse Zahl der Eier in etwa 45—50 Minuten den Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 4] I. Richtungskörper ausgestossen hat, bei einer nur sehr geringen Zahl erfolgte dann in etwa einer Stunde 20—25 Minuten die Ausstossung des II. Richtungskörpers, bei den meisten blieb es bei der Ausstossung nur eines Richtungskörpers.. Darauf wurde zu den Gefässen zur Hälfte eine stärker konzentrierte Lösung, nämlich DER lan) yenleree ELDRCEM noxmaleszMeerwasser .. 1:5. '% 4a)» 8.5 beigefügt, sodass sich die Eier von jetzt ab in einer Lösung von Da RO a askarmsligcns 201,10} ccm normales, Meerwasser, l.% ..,%- ass 4.90.25 befanden. Hierin verblieben sie bis zu drei Stunden, darauf wurden sie in eine grosse Menge normalen Meerwassers gebracht, worauf dann bald (drei Stunden 15 Minuten vom Beginn des Versuches) eine sehr regelmässige Teilung in zwei ungleiche Zellen, ganz wie bei normal befruchteten Eiern erfolgte. Ich habe von diesen beiden Versuchen Schnittserien von dreistündigen Stadien untersucht und kann sagen, dass die mikroskopischen Bilder dem entsprachen, was man gewissermassen aus den beiden vorigen Versuchsreihen a priori folgern konnte. Bezüglich der Richtungskörper verhielten sich die Eier ganz wie in der ersten Versuchsreihe, d.h. man sah teils zwei, teils einen Richtungskörper. Was wiederum die Veränderungen im Innern des Eies betriftt, so sah man abnorme Bilder, welche sehr an diejenigen erinnerten, welche wir in der Il. Versuchsreihe an denjenigen Eiern beobachten konnten, die mehrere Stunden in dem starken KÜl-Gemisch lagen. Da aber die Eier nach drei Stunden in frisches Meerwasser gebracht, sich dann bald in zwei Zellen teilten, so lässt es sich daraus schliessen, dass sie ebenso, wie die Eier der zweiten Versuchsreihe unter ähnlichen Bedingungen, die eingetretenen Störungen überwanden und in ihnen gleich- falls eine Art „Regulation“ stattfand. B. Versuche mit NaCl. Die Eier wurden in eine Lösung DEREN AOL a. al. cem. normales Meerwasser . . . 0 ..85 7, gebracht; im Versuch 1 verblieben sie in dieser Lösung die ganze Dauer des Experiments hindurch; im Versuch 2 nur zwei Stunden, 42 K. Kostanecki: worauf sie in eine grössere Menge frischen Meerwassers gebracht wurden. In der Lösung verändern die Eier anfangs ihre Gestalt, sie erscheinen wie eingebuchtet, hutförmig, ein Teil wird darauf zackig, während andere zur runden Form zurückkehren. Man sieht in einem Teil der Eier das runde Keimbläschen geschwunden, indessen bleibt die Ausstossung der Richtungskörper aus. In beiden Versuchen konnte man nach fünf Stunden an einem geringen Teil der Eier die Teilung in zwei Zellen beobachten; im Versuch 2 boten dieselben ein dem normalen ähnliches Bild dar, indem die beiden Furchungszellen ungleich gross waren, im Versuch 1 dagegen waren die Zellen gleich gross. Ich habe von diesen Versuchen Stadien von fünf Stunden behufs cytologischer Untersuchung fixiert. In einem grossen Teile der Eier des ersten Versuchs, also der Eier, welche die ganze Zeit hindurch in dem NaUl-Gemisch verblieben waren, war das Keimbläschen überhaupt nicht geschunden, es zeigte teilweise eine runde (restalt, teilweise war es wie geschrumpft. Die Eier, in denen das Keimbläschen aufgelöst war, ent- hielten im Inneren des Zellleibes mehr oder weniger zerstreut liegende kleinere oder grössere Chromatinklumpen; in einigen Eiern sah man die Chromatinpartikeln, wahrscheinlich die ein- zelnen Chromosomen der Richtungsspindel sich in kleine Kerne mit deutlichem Chromatinnetz umwandeln. In einigen Eiern, die meist gestreckte Form hatten, sah man das Chromatin zwei grössere Chromatinkörper bilden. Strahlungen waren in keinem Falle auch nur andeutungsweise zu sehen, sodass die am lebenden Material beobachtete Teilung der Eier in zwei Zellen sicherlich nicht durch einen der Mitose auch nur annähernd ähnlichen Prozess herbeigeführt wurde, sondern nur für eine Art Zerklüftung der Eizellen, vielleicht unter dem Einflusse der Zweiteilung des Chromatins angesehen werden muss. Auch unter den Eiern des zweiten Versuchs, in welchem die Eier nur zwei Stunden in dem NaÜl-Gemisch verblieben waren; und darauf in frisches Meerwasser gebracht wurden, zeigten viele das Keimbläschen erhalten. Ein Teil dagegen zeigte verschiedene mitotische Bilder. Einige Eier enthielten eine ganze Reihe von ganz kleinen bläschenförmigen Kernen; dass letztere aus einzelnen Chromosomen entstanden sind, ist sehr wahrscheinlich, nicht nur Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 43 mit Hinsicht auf die Bilder des vorigen Versuchs, sondern auch deswegen, weil auch hier Eier mit zerstreut liegenden Chromosomen sich fanden. Sodann sah man in einigen Eiern mehrere, vier, drei oder zwei etwas grössere Kerne, welche aus der Verschmelzung der kleinen Kernbläschen entstanden sein dürften. Diese Kerne sah man öfters im Knäuelstadium. In anderen Eiern sah man mehr oder weniger entwickelte Muttersterne, Tochtersterne mit deutlicher Polstrahlung; sodann Eier, die in zwei fürMactra typische ungleich srosse Tochterzellen mit bläschenförmigen Kernen geteilt waren. Die Chromosomen hatten die Gestalt von kurzen Schleifen oder Stäbchen. Was man am lebenden Material feststellen konnte, wird auch durch die Schnittbilder bestätigt: die Eier haben keine Richtungskörper ausgestossen. C. Versuche mit CaCl:. Versuch 1. Die Eier wurden in eine Lösung von 2 mM OAChZU HRATELRENG 9RES: N NIBN IIOREEM normales Meerwasser . . . „090 2 gebracht; darin verblieben sie eine Stunde fünf Minuten, auf diesem Stadium wurde ein Teil der Eier fixiert, die übrigen wurden in eine grössere Menge frischen Meerwassers gebracht, hierin begannen sie sich in ungefähr 4!/g Stunden zu teilen. Abgesehen von dem zeitlichen Unterschied in dem Eintritt der Zweiteilung stimmte dieser Versuch mit den beiden folgenden so vollkommen überein, dass ich die an den Eiern sich abspielenden Vorgänge zusammen besprechen will. Versuch 2 228 Ca Ola Au lilaRll 2. OUT AL2OTCEM normales Meerwasser . . . A880 » Die Eier verblieben darin eine Stunde, ein Teil davon wurde fixiert, der Rest in frisches Meerwasser gebracht. Versuch 3. Dieselbe Flüssigkeit wie in Versuch 2, nur verblieben die Eier darin zwei Stunden. In allen drei Versuchen macht sich im Vergleiche mit den vorhergehenden Versuchen vor allem folgende Eigentümlichkeit bemerkbar: Schon nach einigen Minuten, nachdem die Eier in 44 K.-Kostanecki: die Flüssigkeit hineingelegt worden waren, sieht man, dass sich eine deutliche Membran an der Oberfläche des Eies abzuheben beginnt, nach 15—20 Minuten sieht man diese Membran schon ringsherum gleichmässig abgehoben und zwischen dem Ei und der Membran einen Zwischenraum gebildet, der sich noch allmählich vergrössert, so dass sich die Eizelle wie in einem grossen von Flüssigkeit erfüllten, von der Membran umgebenen Raum befindet, während die Membran sonst der Eizelle dicht anliegt. Man konnte in den Eiern schon nach einigen Minuten Veränderungen am Keim- bläschen wahrnehmen, nach etwa 15—20 Minuten war dasselbe völlig geschwunden, darauf trat jedoch die Ausstossung der xichtungskörper überhaupt nicht ein. Bisweilen hatte es den Anschein, als ob sich ein Richtungs- körper über die Oberfläche des Eies erhöbe, aber diese vermeint- lichen Richtungskörper erwiesen sich als Klümpchen des mit Deutoplasmamassen vermengten Eiinhalts, welche über die Ober- fläche hervorquollen; ab und zu sah man sogar, wie ziemlich plötzlich in diese Protoplasmahügel sich weitere Teile des Eiinhalts gewissermassen überzugiessen begannen und sie so vergrösserten, dass bisweilen sogar die Eizelle sodann das Aussehen bot, als ob sie sich in zwei gleiche Zellen teilen sollte: jedoch kam es in derartig veränderten Zellen nicht zur ul und die Eier ent- wickelten sich nicht weiter. Nach Schwund des Keimbläschens trat eine längere Pause ein. während der man am lebenden Ei keine weiteren Verände- rungen verfolgen konnte. Die Teilung in zwei Furchungszellen begann in dem Versuch 1, wie oben bemerkt, in 4!/s Stunden; in Versuch 2 und 3 in 3!/s Stunden; in den Versuchen 2 und 3 furchten sich dann die Eier weiter, wenn auch bezüglich der Zeit sehr verschieden, indem z. B. nach fünf Stunden einzelne Eier erst den Beginn der Zweiteilung zeigten, andere dagegen schon in acht Zellen geteilt waren, nach sechs Stunden waren einige Eier in 15—16 Zellen geteilt. Die Furchung verlief aber bei diesen Versuchen in einer vom normalen Typus abweichenden Weise, was durch die starke Abhebung der Eimembran verursacht wurde. Die Teilung in zwei Zellen wurde dadurch eingeleitet, dass das Ei sich streckte und an dem einen Pol eine Einsenkung erschien; darauf schritt bei einigen Eiern diese Einsenkung weiter vor, sodass die Eier wie Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 45 hufeisenförmig erschienen, bis sie sich durchteilten, oder aber die Eier nahmen Hantelform an, und die beiden Eihälften waren durch eine Brücke verbunden, deren Durchschnürung die Trennung der beiden Tochterzellen herbeiführte. In der Mehrzahl der Eier erfolgte die Teilung in zwei gleiche Zellen, in einigen jedoch auch in zwei ungleiche, eine grössere und eine kleinere, also in einer den normalen befruchteten Eiern entsprechenden Weise. SWR Fig. 4a. Nach erfolgter Durchschnürung entfernten sich sodann die beiden ersten Furchungszellen und lagen gesondert in der grossen von Flüssigkeit erfüllten, von der Membran umgebenen kugeligen Höhle; ihre gegenseitige Lage war eine sehr verschiedene, des- wegen sind auch die Bilder des Stadiums, wo sich die beiden Furchungszellen hantelförmig strecken und sodann in vier Zellen teilen, sehr verschieden, ebenso auf dem Übergang zum Acht- Zellenstadium. In letzterem Stadium sieht man gewöhnlich einen unregelmässigen Zellhaufen, ebenso im 16. Zellenstadium. Einen Überblick über den Teilungsmodus geben die beigefügten Figuren 4a und 4b. 46 K. Kostanecki: Ich habe von‘ dieser Versuchsreihe mehrere Stadien auf Schnitten untersucht; zunächst Eier, welche unmittelbar aus dem Gemisch fixiert wurden, nachdem sie in demselben in einem Falle eine Stunde, im anderen zwei Stunden verblieben waren. Sowohl im einen, wie im anderen Falle sah man in der über- wiegenden Mehrzahl der Eier die Keimbläschen geschwunden. DEYRSRT) 8 RR RE u er we 8 @ v.».® Fig. 4b. Im Innern des Zellleibes sah man in denjenigen Eiern, welche nach einstündigem Verweilen in dem Gemisch fixiert waren, dizentrische Strahlungen, welche jedoch sehr schwach und zart waren, zwischen den Strahlungen waren Chromosomen von Stäbchenform angeordnet. Dem ganzen Aussehen der Strahlungen Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 47 nach hatte man den Eindruck, als ob die achromatischen Teile einer dizentrischen mitotischen Figur im Schwinden begriffen wären. Und in der Tat, sieht man in den Eiern, welche zwei Stunden in dem Gemisch verblieben waren, im Protoplasma keine Strahlungen mehr, sondern nur im Haufen liegende Chromosomen. Stets sah man auch, im einen wie im anderen Fall, dass die grossen Deutoplasmakörner aus der Zellperipherie nach dem Innern des Zelleibes im Protoplasma zerstreut lagen. Wir sehen also, dass beim Verweilen der Eier in dem Gemisch die Richtungsspindel gebildet wird, dass sie aber nicht nur nicht zur Ausstossung der Richtungskörper führt, sondern nicht einmal die Teilung des Kerns zur Folge hat, vielmehr voll- kommen schwindet. Wenn aber die Eier nach ein- oder zwei- stündigem Verweilen in dem Gemisch in frisches Meerwasser kommen, so erfolgt, wie wir am lebenden Material sahen, nach einiger Zeit die Teilung in zwei Zellen, wobei sich an der Ober- fläche die Eimembran bedeutend abhebt. Letzteres sieht man auch an den Schnittbildern der Eier, welche in 3!/s, 4 oder 6 Stunden fixiert wurden. Im Inneren der Eizellen, oder ihrer Tochterzellen, deren Anordnung den am lebenden Material beobachteten Bildern entspricht, sieht man sehr zarte karyo- kinetische Figuren, (Muttersterne, Diaster, Dispireme usw.) zart, was die achromatischen Teile betrifft, und auch die Chromosomen haben sich in feine, längliche Schleifen umgewandelt. Diese Figuren bieten, abgesehen von ihrer Zartheit keine besonderen Eigentümlichkeiten, so dass ich auf ihre Abbildung oder nähere Erörterung verzichten kann. Die Deutoplasmakörner, welche früher im ganzen Protoplasma zerstreut waren, haben sich wiederum nach der Zellperipherie begeben, so dass in dieser Beziehung eine Wiederherstellung der vorhin bestandenen normalen Verhältnisse angestrebt wird. D. Versuche mit konzentriertem Meerwasser. Da die bisherigen Versuche betreffend die sogenannte parthenogenetische Furchung zum Teil auf der Basis beruhen, dass dieselbe durch Erhöhung des osmotischen Drucks hervor- gerufen werden kann, so war es mir von vornherein wahrscheinlich, dass dieselbe sich auch bei Erhöhung der Konzentration des Meerwassers durch Hinzufügung von abgedampftem Meerwasser 48 K. Kostanecki: erreichen lassen müsse. Ich habe deswegen nach dieser Richtung hin Versuche angestellt, welche in der Tat von positivem Erfolg begleitet wurden. Nachträglich habe ich aus der Literatur ersehen, dass gerade vor kurzem Hunter, von denselben Gesichts- punkten geleitet, mit positivem Erfolge ähnliche Versuche bei Arbacia angestellt hat. Ich habe die Erhöhung der Konzentration des Meerwassers durch Abdampfen bewerkstelligt und zwar entweder 1000 ccm Meerwasser auf 750 ccm, oder aber 1000 cem auf 500 ccm ein- gedampft, und darauf das eingedampfte Wasser mit frischem, möglichst sauerstoffhaltigem Meerwasser in verschiedenen Kom- binationen gemischt. Bei diesen Versuchen muss berücksichtigt werden, dass durch das Eindampfen nicht nur die Konzentration erhöht wird, sondern auch die chemische Konstitution geändert wird, indem ein Teil der Salze gefällt wird, (was beim Abdampfen auf 500 cem in höherem Grade erfolgt), d. h. die Erhöhung des Gehalts ist nicht für alle Salze gleichmässig. Diese Versuche boten in mancher Beziehung sehr interessante Eigentümlichkeiten und Abweichungen im Vergleich mit den anderen Experimenten dar. 1. Versuchsreihe mit Meerwasser, das von 1000 ccm auf 750 ccm eingedampft war. Versuch 1 (3 mal wiederholt). Abgedampftes Meerwasser . . . ..... Ma Rrrisches Meerwasser: . .. .. . au. an Versuch 2. Abgedampftes Meerwasser . . . ..... Frisches: ‚MeerWaßsßr, ..., +14 .1.. 20.2180 Sn Versuch 3. Abgedampftes Meerwasser. . . :... 1 Frisches Meerwasser . . . 194, lg Bei diesen Versuchen machten sich noch mehr als bei anderen individuelle Unterschiede geltend. So ergab der Ver- such 1 bei den Eiern eines Individuums ein durchaus negatives Resultat, während bei den Eiern zweier anderen Individuen man an einer grösseren Zahl von Eiern das Keimbläschen schwinden und in etwa 1 Stunde den I. Richtungskörper sich abschnüren Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 49 sah, bei einer geringen Zahl schnürte sich sodann auch der II. Richtungskörper ab und an einer noch viel geringeren Zahl erfolgte nach mehr als 4 Stunden die Teilung in zwei Zellen. Der Versuch 2 ergab ein negatives Resultat, obgleich in Anbetracht der höheren Konzentration der Flüssigkeit man mit Hinblick auf die weiter unten beschriebenen Resultate der 2. Versuchsreihe einen positiven Erfolg hätte erwarten können. Im Versuch 3 hingegen hat trotz der niedrigen Konzentration ein Teil der Eier, allerdings nur etwa 1°/o, einen oder zwei Richtungskörper ausgestossen und sich in zwei Zellen geteilt. Vom ersten Versuch habe ich auf Schnitten fixierte Stadien von 1 Stunde und 4 Stunden, vom zweiten Versuch Stadien von 2 Stunden, vom dritten Versuch Stadien von 2 Stunden 15 Minuten untersucht. Die Schnittbilder bestätigten dasjenige, was man schon am lebenden Material beobachten konnte, nämlich, dass entweder alle, oder die überwiegende Zahl der Eier völlig unveränderte Keimbläschen enthielt, im ersten und dritten Ver- such sah man an einer sehr geringen Zahl von Eiern einen oder auch beide Richtungskörper ausgestossen. Im Innern derartiger Eier mit ausgestossenen Richtungskörpern sah man verschiedene mitotische Figuren mit meist abnormen Chromatinfiguren und schwachen Strahlungen. Auf welche Weise diese Figuren nach Ausstossung der Richtungskörper zu Stande gekommen sind, liess sich nicht erschliessen; aus den sehr spärlich anzutreffenden mitotischen Bildern liess sich eine zusammenhängende Reihe, namentlich für die vor allem in Betracht kommenden Anfangs- stadien nicht aufstellen. 2. Versuchsreihe mit Meerwasser, das auf die Hälfte eingedampft war. Versuch 1 und 2. Eingedampftes Meerwasser . . . . 75 ccm Frisches Meerwasser‘ 7). 1... A. sus »2D,CEM Die Eier verblieben die ganze Zeit hindurch in der Lösung. Ich habe diesen Versuch zweimal wiederholt und beide Male dieselben Resultate erhalten. Schon nach einigen Minuten nimmt die Mehrzahl der Eier eine eigentümliche Hut- oder Becherform an, indem an einer Seite sich eine Delle bildet, die sich immer mehr vertieft, bis- Archiv f. mikrosk Anat. Bd. 64. 4 50 K. Kostanecki: weilen erscheinen einige Eier von beiden Seiten dellenartig ver- tieft, die Eier nehmen eine Gestalt an, die sich mit der Gestalt der roten Säugetierblutkörperchen vergleichen liesse. Nach ungefähr 15 Minuten fängt die Eimembran an, sich von der Oberfläche des Eies abzuheben und erscheint nach etwa einer halben Stunde im ganzen Umfange gleichmässig und sehr bedeutend vom Ei entfernt. Unterdessen sind die Eier allmählich wieder zur runden Gestalt zurückgekehrt, und man kann dann an ihnen wahrnehmen, dass das grosse Keimbläschen im Zentrum des Eies geschwunden 900 DI) SO © Fig. 5. ist. Ein Vorrücken des die Lage der karyokinetischen Spindel kennzeichnenden helleren Feldes gegen die Oberfläche konnte man nicht wahrnehmen, ebensowenig eine Ausstossung der Richtungskörper, dagegen fingen die Eier an, (einige schon nach einer halben Stunde, einige nach einer Stunde), eine gestreckte Gestalt anzunehmen, ähnlich wie die normal befruchteten Eier oder die mit anderen Flüssigkeiten behandelten Eier, wenn sie sich zur Teilung in zwei Furchungszellen anschicken (vergl. Fig. 5). Und in der Tat, nach 1 Stunde 20 Minuten fangen die Eier an, sich zu teilen, nach etwa 1 Stunde 30 Minuten ist die Mehrzahl in zwei Zellen geteilt, bisweilen in zwei gleich grosse Zellen, bisweilen, ähnlich wie bei anderen Versuchen und bei normal befruchteten Eiern in zwei ungleiche Zellen; nach 2 Stunden 20 Minuten sieht man die Zweiteilung der Furchungs- zellen weiter fortschreiten, man sieht bisweilen 3, dann 4 Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra 5l Furchungszellen, welche sich daraufhin wiederum strecken und zur weiteren Teilung vorbereiten, jedoch erscheinen die Zellen nach etwa 3 Stunden wie geschrumpft, mit unregelmässigen Konturen, und die weitere Teilung ist sistiert. Man gewinnt in diesen Versuchen ganz den Eindruck, dass hier die Ausstossung der Richtungskörper übersprungen wird und dass die karyokinetische Figur, welche sich im Ei gebildet hat, anstatt zur Ausstossung des I. Richtungskörpers direkt zur Teilung des Eies in zwei Furchungszellen verwendet wird. Wenigstens nur auf diese Weise glaubte ich es am lebenden Material erklären zu können, dass hier die Teilung des Eies schon nach etwa 1 Stunde 20 Minuten eintritt, wäbrend sie bei anderen Versuchen stets erst nach 3, 4 oder sogar mehr Stunden erfolgte. Schnittbilder von Eiern, welche in 1'/» Stunde fixiert wurden, zeigten, dass im Innern der Eizellen karyokinetische Figuren enthalten waren, welche aber sowohl, bezüglich der chromatischen, wie achromatischen Teile, weitgehende Abweichungen zeigten. Die Strahlungen waren nur schwach entwickelt, bisweilen war nur eine Strahlung zu sehen, das Chromatin bestand aus einzelnen Stäbchen, die bisweilen zu einer Masse verklumpt waren; ab und zu lag das Chromatin in zwei Gruppen und derartige Eizellen liessen den Beginn der Zerschnürung in zwei Teile erkennen. Versuchl3,4,.526. Eingedampftes Meerwasser . . . . 75 ccm Frisches Meerwasser .. . . . ... 25 ccm Die Eier verblieben beim 3. und 4. Versuch 40 Minuten, beim 5. Versuch 1 Stunde, beim 6. Versuch 2 Stunden in der Lösung, worauf sie in eine grosse Menge frischen Meerwassers gebracht wurden. Die Anfangsstadien verliefen bis zu der Zeit, wo die Eier aus der Lösung in frisches Meerwasser gebracht wurden, in ganz derselben Weise, wie bei den Versuchen 1 und 2, dagegen war ‚ der weitere Verlauf ein verschiedener. Bei den Versuchen 3 und 4, wo die Eier 40 Minuten in der Lösung verblieben waren und einige schon eine gestreckte Form anzunehmen begannen, konnte man wahrnehmen, dass, sobald sie in frisches Meerwasser kamen, sie wiederum zur runden Gestalt zurückkehrten, darauf sah man nach 1!/s Stunden den I. Richtungskörper, in einigen 4* DD 5; K. Kostanecki: zwei Richtungskörper sich abschnüren, nach 3 Stunden fangen dann die Eier an, sich zu teilen, aber die Teilungsfiguren bieten sehr eigentümliche Bilder. Dieselben werden vor allem dadurch verursacht, dass, sobald die Eier aus der Lösung in frisches Meerwasser gebracht werden, die Eimembran zu zerfliessen an- fängt; man kann unter dem Mikroskop Schritt für Schritt verfolgen, wie die Membran dünner wird, dann an einigen Stellen schwindet, wie dann ihre Reste als dünne Häutchen flottieren, bis sie schliesslich gänzlich sich autlöst (vergl. Fig. 6). AR ER \ era tne er) Er Da auf diese Weise die Eier im Moment, wo sie sich zur Teilung anschicken, nicht mehr von einer Membran umgeben sind, so gewinnen sie eine langgestreckte Gestalt, dann entsteht zwischen den beiden Teilhälften eine langgezogene, meist körnige, dünne Brücke, welche schliesslich reisst, worauf die beiden Blastomeren sich völlig von einander trennen (vergl. Fig. 6). Diese Bilder erinnern sehr an das von Herbst beschriebene Auseinandergehen von Furchungszellen von Echinus micro- tuberculatus im kalkfreien Medium. Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 53 Wenn die Eier während dieser Zeit ruhig liegen gelassen werden und nicht etwa gerührt werden, so bleiben die Blastomeren trotz ihrer Isolierung beisammen liegen, dagegen genügt eine kleine Erschütterung, um ihr völliges Auseinandergehen zu ver- anlassen. Anderseits habe ich bemerkt, dass, wenn die Eier in dem Stadium, wo die Eimembran sich schon auflöste, die Eier aber noch eine kugelförmige Gestalt besassen, nahe beieinander lagen zesles B,.:.0C2 und sich berührten, sie sich an der Berührungsstelle abplatteten und allmählich mit einander zu zweien, dreien oder mehreren verschmolzen !) (vergl. Fig. 7). Wenn dann die Teilung der Eier ) Diese Tatsache steht im Einklang mit der Beobachtung Loebs: „Alle die Ionen, welche bei Seesternen, Amphitrite und Chaetopterus Parthenogenese herbeiführen, veranlassen auch gleichzeitig Agglutination der betreffenden Eier und Bildung von Riesenembryonen. Das Problem, das Driesch sich einst vorsetzte und das bei Seeigeln auf grosse Schwierigkeiten stösst, nämlich den Inhalt mehrerer Eier zum Verschmelzen zu bringen, gelingt in diesen Versuchen spielend und im grossartigsten Massstab, ganz besonders bei den Eiern von Seesternen.“ 54 K. Kostanecki: in zwei Zellen eintrat, so traten die Wände an den anfänglichen Berührungsstellen wieder auf, so dass dann doppelt soviel Zellen sich bildeten, als anfänglich Eier verschmolzen waren; die Blastromeren lagen dann, wenn sie keine Erschütterung erfuhren, in einem gemeinsamen Zellhaufen. Ich habe von diesen beiden Versuchen Schnittbilder von Eiern untersucht, welche in 2°/s Stunden und 3 Stunden fixiert waren. Nur an einigen Eiern sah man noch Überreste der Eimembran; ihr Schwund hatte natürlich auch die Folge, dass die Richtungskörper nicht mehr im Zusammenhang mit den Eiern angetroffen wurden. Im Innern der ungeteilten oder in Teilung begrifienen Eier, sowie in den gesonderten Blastomeren sah man wiederum schwache zweipolige, auch dreipolige mitotische Figuren mit teilweise verklumpten Chromosomen. Die Schnitt- bilder bestätigten es gleichfalls, dass die Eier bisweilen an der Berührungsstelle miteinander verschmolzen, man sah den Inhalt des Zelleibes völlig aus einem Ei in das andere übergehen. Im 5. Versuch, wo die Eier in der Lösung 1 Stunde ver- weilten, konnte man bemerken, dass die Eier, in frisches Meer- wasser gebracht, zur runden Gestalt zurückkehrten, einige schickten sich zur Ausstossung des Richtungskörpers an, indem sich ein heller protoplasmatischer Hügel über die Eioberfläche emporzuheben begann. Indessen kam es zur Abschnürung des Richtungskörpers nicht, sondern der sich schon ausbildende Richtungskörper verblieb in Verbindung mit der Eizelle und verschmolz wieder mit ihr, oder aber es ergoss sich in ihn eine grössere Menge des Eiinhalts. Nach ungefähr 2 Stunden und 15 Minuten begann eine Teilung der Zellen ganz ähnlich wie im vierten Versuch. Die Schnittbilder dieser Eier, welche in 2!/s Stunden fixiert wurden, zeigten ähnliche, abweichende mitotische Figuren, wie die Eier der vorhergehenden Versuche, öfters sah man hierbei vielpolige Mitosen. Im Versuch 6 habe ich die Eier in der Lösung 2 Stunden liegen lassen; dieselben befanden sich schon auf dem Stadium, wo einige Eier sich bereits (ganz wie in dem Versuch 1 und 2) in zwei Zellen geteilt hatten, andere sich zur Teilung vor- bereitend eine langgestreckte Form angenommen hatten; in diesen verlief der Teilungsprozess nach Übertragung in frisches Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 55 Meerwasser weiter; bei den Eiern aber, welche in der Entwicklung noch nicht so weit vorgeschritten waren, traten ganz eigenartige Veränderungen ein: beim Betrachten unter dem Mikroskop gewann man den Eindruck, als ob sich die Ausstossung des I. Richtungs- körpers vollziehen sollte; es entstand auf der Oberfläche des Eies ein heller protoplasmatischer Hügel, ganz wie bei der gewöhnlichen Ausstossung des I. Richtungskörpers, plötzlich aber ergoss sich in diesen Hügel der Inhalt des Eies in grosser Menge, ihn vor sich hertreibend, und so entstand auf der Ober- fläche des Eies ein keulenförmiger Auswuchs (vergl. Fig. 8). Fig. 8. Zur Abschnürung desselben kam es nicht, und solche Eier zeigten einstweilen keine weiteren Veränderungen. Auf Schnitten sah man in dem Zellleibe in Gruppen beisammen liegende Chromatin- brocken, aber keine Spur von Strahlungen. Mit der Eizelle standen kleinere oder grössere, zum Teil kugelige, zum Teil längliche Auswüchse, durch einen kürzeren oder längeren Stiel in Verbindung; diese Auswüchse enthielten nur protoplasmatische Teile samt den grossen Protoplasmakörnern. Von den chromatischen Teilen ist in dieselben nichts übergegangen, so dass sie nicht als Abnormitäten bei der Ausstossung des I. Richtungskörpers aufgefasst werden können, sondern als Quellungsprodukte anzu- sehen sind. Versuch 7. Eingedampftes Meerwasser . . . . 50 ccm Frisches; Meerwasser; | 1. ..uallon 10.150) 5 Dieser Versuch nahm einen ganz abweichenden Verlauf. Anfangs nahmen die Eier, ähnlich wie in den vorigen Versuchen, eine hutförmige Gestalt an, nach etwa 1 Stunde fingen die Eier 56 K. Kostanecki: an zur runden Gestalt zurückzukehren; es erfolgte aber, soweit man an den Eiern in toto ersehen konnte, die Ausstossung der Richtungskörper nicht. Das grosse Keimbläschen in der Mitte sah man nicht mehr. Nach etwas mehr als drei Stunden fingen dann die Eier an sich in die Länge zu strecken, aber zugleich breite Ausläufer auszusenden, so dass die Eier Formen aufwiesen, wie etwa ein REXUSES DRr&S® Fig. 9. Leukocyt in amöboider Bewegung (vergl. Fig. 9). Diese Aus- läufer wurden nach 4—5 Stunden immer zahlreicher, länger oder gleichsam baumartig verzweigt. Ein Teil der Eier wurde nach 3!/s Stunden, als die Aus- läufer der Zellen’ noch weniger zahlreich und weniger verzweigt waren, in frisches Meerwasser gebracht ‚und die Eier nahmen wiederum rümde Gestalt an, einige teilten sich sodann sogar in zwei ungleiche Zellen, ähnlich wie die normal befruchteten oder die mit CaClz behandelten Eier; ‚über das Zweizellen- stadium gingen die Eier jedoch selbst nach 7 Stunden nicht hinaus. Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 57 Auf Schnitten zeigten die Eier sehr mannigfache Gestalten; in ihrem Innern waren nur Haufen von Chromosomen zu sehen, von Strahlungen keine Spur. Sowohl bei diesem Versuche, als auch in allen Versuchen, welche mit abgedampftem Meerwasser angestellt wurden, sah man im Zellleibe der Eizelle grosse, ganz helle Vakuolen, gewöhnlich eine, bisweilen auch zwei. Sie lagen entweder im Zentrum des Eies, oder auch mehr der Peripherie genähert. Bisweilen boten diese Vakuolen dadurch ein eigentümliches Bild dar, dass sich unmittelbar um sie herum die stäbchenförmigen Chromosomen gruppierten, so dass sie ihnen geradezu aufzuliegen schienen. In den mit anderen Gemischen angestellten Versuchen sah man bisweilen kleinere, ähnliche Vakuolen, hier sind die grossen Vakuolen Regel. Ich möchte nochmals betonen, dass bei allen den Versuchen sehr bedeutende individuelle Schwankungen vorkamen, indem ein und dasselbe Experiment an den aus einem Individuum stammenden Eiern einen ganz anderen Verlauf nehmen kann, als an denen eines anderen Individuums. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Zahl der die Richtungskörper ausstossenden und der sich teilenden Eier im Verhältnis zu den Eiern, welche überhaupt keine Ver- änderungen zeigen, als auch bezüglich des Zeitpunktes, in welchem die einzelnen Phasen eintreten. In letzterer Beziehung bestehen auch ganz frappante Unterschiede zwischen den Eiern eines und desselben Individuums, indem man in einem und demselben Versuch Eier beobachten kann, welche bereits in mehrere Furchungszellen sich geteilt haben, während in anderen erst die Ausstossung der Richtungskörper im Gange ist. Auf Grund der obigen Versuche können wir feststellen, dass bei Mactra auf ungeschlechtlichem Wege durch Erhöhung der Konzentration des Meerwassers, infolge von Zusatz ver- schiedener Salze, unter bestimmten Verhältnissen sowohl die Ausstossung der Richtungskörper hervorgerufen als auch die Furchung eingeleitet werden kann. Dem Typus der Ausstossung der Richtungskörper und der Furchung, wie er sich in befruchteten Eiern abspielt, kamen am nächsten die Eier, welche mit dem KCl-Gemisch behandelt wurden. 58 K. Kostanecki: Wenn auch hier nur die Anfangsstadien der Furchung erreicht wurden, so lässt es sich doch mit Sicherheit erwarten, dass durch entsprechende Wahl der Konzentration der Flüssigkeiten und durch entsprechende Bemessung der Zeit, welche sie in denselben verbleiben, sich viel ältere Embryonen züchten lassen werden, wie denn auch Loeb selbst hervorhebt: „In Lösungen von zu geringer oder zu hoher Konzentration oder bei zu kurzem oder zu langem Verweilen in der hypertonischen Lösung werden nur die Anfangsstadien der Furchung erreicht.“ Die oben beschriebenen Versuche mit dem KÜUl-Gemisch müssen nur als Vorversuche gelten, durch ihre cytologische Analyse ist aber der Weg deutlich vorgezeichnet, auf welche Weise, (was die Konzentration des (semisches, die Zeit des Ver- bleibens der Eier in demselben usw. betrifft) die künftigen Versuche angestellt werden müssen, um eine regelmässige weiter vorgeschrittene Furchung bei Mactra zu erzielen. Die Versuche mit den anderen Gemischen lassen die Er- haltung einer regelmässigen weiter vorgeschrittenen Furchung nicht erhoffen, die Versuche mit dem UaCls-Gemisch und mit dem durch Abdampfen konzentrierten Meerwasser lassen eine solche sogar von vorneherein ausschliessen, das eine Mal wegen der Abhebung der Eimembran von der Eioberfläche und der willkürlichen Verlagerung der Furchungszellen, das andere Mal wegen der Auflösung der Eimembran, welche das völlige Aus- einandergehen der Tochterzellen zur Folge hat. Aus dem Grunde habe ich denn auch in der vorliegenden Arbeit die cytologischen Bilder, welche ich bei Behandlung der Eier mit dem NaCl-Gemisch, mit dem UaCls-Gemisch und mit konzentriertem Meerwasser erhalten habe, zwar aufs eingehendste studiert, aber als ich eingesehen habe, dass sie nicht imstande sind, auf den eytologischen Vorgang der künstlichen Parthenogenese ein Licht zu werfen, hier nicht abgebildet und nicht näher einzeln erörtert, dagegen vor allem den Schnittbildern der Eier, welche mit dem KCl-Gemisch behandelt waren, eingehendere Aufmerksam- keit geschenkt. Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 59 Das Problem der künstlichen Parthenogenese hat bereits eine umfangreiche Literatur aufzuweisen. Ausser älteren oder mehr zufälligen Beobachtungen, wie diejenigen von Tichomirow (1886), der Eier von Bombyx durch 21/2 Minuten langes Eintauchen in konzentrierte Schwefelsäure, oder durch 10 Minuten andauerndes Bürsten zur Teilung brachte, von Dewitz (1887), der Froscheier durch Behandlung mit Sublimatlösung, von Koulagine (1898), der Eier von Fischen und Amphibien durch Behandlung mit Antidiphtherieserum zur Entwicklung veranlasste, haben wir eine Reihe von neueren, systematisch von bestimmten Gesichtspunkten aus unternommenen Untersuchungen, welche es bezwecken, unbefruchtete Eier ver- schiedener Tiere, welche sonst nur nach der Befruchtung sich entwickeln, durch Einwirkung verschiedener Lösungen oder durch Anwendung von mechanischen oder thermischen Reizen zur Entwicklung anzuregen. Es wurden bekanntlich positive Erfolge erzielt durch Hinzugabe verschiedener Stoffe zum Meerwasser, eventuell Süsswasser, so von verschiedenen Salzlösungen (MgCl, KCl, NaCl, CaCle, MnCle), von Zuckerlösungen, von Harnstoff, von Kohlensäure, Strychnin, Nikotin, Chloroform, Äther, Alkohol, Salzsäure, von Spermaextrakt, sodann durch Anwendung von Meerwasser, dessen Konzentrationsgrad durch Abdampfen erhöht wurde, ferner durch Belassen der Eier in Lösungen von KÜl und CaClz von demselben osmotischen Druck, wie normales Meerwasser, schliesslich durch Schütteln der Eier sowie Erhöhung oder Erniedrigung der Temperatur. Hierher gehören die Arbeiten’ von R. Hertwig, Morgan, Loeb und seinen Schülern Fischer, Hunter, sodann von Winkler, Yves Delage, Bataillon, Giard, Mathews, Wilson, Prowazek, Viguier, Greely, Rondeau-Luzeau, Mead, Wassilieff, Lyon, Meltzer. Die Untersuchungen beziehen sich auf Eier von Seeigeln, und Seesternen, von Anneliden (Chaetopterus, Nereis, Amphitrite, Phascolosoma, Podarke) von Fröschen, von Petromyzon und von Fischen. Zu diesen zahlreichen Beobachtungen kommen auch die unsrigen hinzu, welche eine neue Tiergruppe, nämlich die Mollusken, betreffen.) ', Eine überaus interessante Ergänzung der Untersuchungen über künstliche Parthenogenese in verschiedenen Gruppen der Metazoen bilden 60 K. Kostanecki: Die überwiegende Zahl dieser Arbeiten beschäftigt sich aber nur damit, ob überhaupt und unter welchen Verhältnissen und Bedingungen (Grad der Konzentration der angewandten Gemische, Zeit des Belassens der Eier in denselben, Höhe der Temperatur usw.) die unbefruchteten Eier zur Entwicklung angeregt werden können und bis zu welchem Grade diese Entwicklung fortschreitet. Sodann ist in den Arbeiten der Hauptnachdruck auf die Ergründung der physikalisch-chemischen Natur des Reizes gelegt. Auf eine ausführliche Wiedergabe der nach dieser Richtung hin von den Autoren erzielten Resultate, sowie auf die Diskussion der aufgestellten Hypothesen gehe ich hier nicht näher ein), da meine Untersuchungen von einem anderen Gesichtspunkte unter- nommen wurden und einen anderen Zweck verfolgten, nämlich: die im Innern des unbefruchteten Eies bei der künstlichen Parthenogenese sich abspielenden Vorgänge zu ergründen. Arbeiten jedoch, die gerade unmittelbar dieses Thema berühren, sind bisher nur spärlich. Es sind dies die Arbeiten von OÖ. Hertwig, R. Hertwig, Morgan, Wilson, Wassi- lieff, teilweise auch Yves Delage?). Und die Resultate dieser Arbeiten lassen sich auch nicht unmittelbar mit den Ergebnissen unserer Untersuchung vergleichen, weil in ihnen die Versuche an Eiern anderer Tiere und mit anderen Gemischen vorgenommen wurden. Vorwiegend wurden diese Versuche an reifen Eiern die Beobachtungen von Calkins bei Einzelligen. Er hat nämlich für Paramaecium caudatum festgestellt, dass die s. g. Verjüngung nicht nur durch Konjugation mit Individuen derselben oder anderer Kulturen, sondern auch künstlich durch Reize verschiedener Art („artifizielle Parthenogenesis“) zustande kommen kann. „Eine ganze Anzahl verschiedener Reize vermag „Parthenogenesis“ zu veranlassen, nämlich Schütteln, Temperaturveränderung, Salze verschiedener Art (KCl, NaCl, MgCl. usw.) Im allgemeinen scheint nur eine geringfügige Veränderung der Umgebung nötig zu sein, um den Reiz abzugeben“. ', Ich glaube auf diese Zusammenstellung der Literatur nach dieser Richtung hin umsomehr verzichten zu können, als in zwei in neuester Zeit erschienenen Arbeiten, nämlich von Bryce (1902) und von Viguier (1903) eine derartige Übersicht enthalten ist. ”), Bataillon (1902) gibt an, dass er in den Blastomeren der künstlich parthenogenetisch sich entwickelnden Eier von Amphibien „des karyokinöses normales ou anormales, des cytasters et des divisions des cytasters“ gesehen hat. Über die Art und Weise, wie die erste Furchungs- spindel zustande kommt, gibt er nichts näheres an. Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 61 der Echinodermen ausgeführt, bei denen innerhalb der Geschlechts- organe die Richtungskörper ausgestossen wurden. Die erste Arbeit, welche sich mit den Vorgängen im Innern des Zelleibes bei der parthenogenetischen Entwicklung der Eier von Tieren, welche sonst nur nach der Befruchtung sich entwickeln. beschäftigt, ist die Arbeit von 0, Hertwig (1890). Allerdings handelt es sich in diesem Falle nicht um eine künstlich hervorgerufene Parthenogenese, vielmehr konnte Hertwig (1890) die bereits im Jahre 1576 von Greef gemachte Beobachtung bestätigen, dass bei Asteracanthion und bei Astropecten sich einzelne Eier auch ohne Befruchtung auf parthenogenetischem Wege entwickeln können, wenn sie einfach in frisches Meerwasser gebracht und sich selbst überlassen werden. Hertwig sah die Eier sich bis zum Blastulastadium entwickeln. O0. Hertwig beschäftigt sich mit Hinsicht auf die Bedeutung, welche das Problem der physiologischen Parthenogenese nach den Arbeiten von Weismann und Ischikawa, von Bloch- mann und von Boveri gewonnen hatte, mit der Frage: „Was für Vorgänge spielen sich im Innern der Eier ab, bei welchen es zu einer Entwicklung ohne Befruchtung gekommen war?“ Hertwig hat auf gefärbten Präparaten von Eiern, welche nach 2,5 und mehr Stunden fixiert wurden, festgestellt, dass in Eiern — (bekanntlich werden bei Astropecten und bei Asteracanthion die Eier als unreife Eier entleert) — stets nur ein einziger Richtungskörper ausgestossen wurde, nachdem eine regelrechte Richtungsspindel sich gebildet hatte. Unter der Bildungsstelle des ersten Richtungskörpers sah Hertwig in einigen Eiern eine zweite Spindel mit zwei Strahlungen, in einigen dicht an der Oberfläche ein kleines Kernbläschen mit peripher gerichteter Strahlung und wenig nach dem Innern des Eies von ihm entfernt ein zweites Kernbläschen mit nach dem Eizentrum zugekehrter Strahlung, in anderen eine Anzahl Kernbläschen entweder von zwei Strahlungen umgeben, oder aber die Kernbläschen waren von einer Strahlung umgeben, während sich eine andere Strahlung in einiger Entfernung ohne Zusammenhang mit Chromosomen oder Kernbestandteilen befand. In anderen Eiern waren die Kernteile mehr nach der Mitte des Eies zu vorgerückt; hier fand sich entweder eine Gruppe von Bläschen umgeben von deutlicher Strahlung, oder ein Kern 62 K. Kostanecki: mit zwei Strahlungen an seinen Polen, oder es fanden sich nahe zwei zusammengelegene, von einer Strahlung umgebene, bläschen- föormige Kerne. Hertwig stellt fest, dass hier also nach Abschnürung des ersten Richtungskörpers aus den im Ei ver- bliebenen Kernteilen sich in einigen Fällen ein Haufen von Kernbläschen oder ein bläschenförmiger Kern entwickelt hat, in anderen Fällen dagegen sich zwar eine zweite Richtungsspindel gebildet. aber nicht zur Ausstossung des II. Richtungskörpers, sondern nur zu einer Kernteilung im Innern des Eies geführt hat: das Chromatin hat sich in diesem Falle in zwei Gruppen gesondert, von denen sich die beiden bläschenförmigen Kerne herleiten: aus deren Verschmelzung geht ein Kern hervor, welcher sich bald zu Teilungsprozessen anschickt; in welcher Weise sich die Furchungsspindel aus ihm allmählich ausbildet, ist bei O0. Hertwig nicht angegeben. Die weiteren Teilungsprozesse waren bei den von Hertwig untersuchten Objekten sehr unregelmässige und pathologische. Als das am meisten charakteristische Moment dieser spontan hier eingetretenen „Parthenogenese“ (deren Vorkommen von R. Hertwig und Viguier weiterhin bestätigt wurde), wird von Ö.Hertwig das Ausbleiben der Ausstossung des II. Richtungs- körpers aufgefasst. Man könnte, mit Rücksicht auf die bei stets parthenogenetisch sich entwickelnden Eiern beobachteten Verhält- nisse, geneigt sein, dieser Retention des II. Richtungskörpers eine gewisse prinzipielle Bedeutung zuzuschreiben und sie als Vorbedingung der weiteren Entwicklung anzusehen; aus der Schilderung meiner Versuche kann man indes ersehen, dass einerseits unter gewissen Bedingungen Eier, welche zwei Richtungs- körper ausgestossen haben, sich weiterhin teilen, andererseits unter anderen Bedingungen auch die Ausstossung der beiden Richtungskörper unterbleiben kann und die Eier sich furchen. Die erste cytologische Analyse von unbefruchteten Eiern, welche künstlich zur Entwicklung angeregt wurden, rührt von R. Hertwig her und betrifft reife Eier von Echinus micro- tubereulatus und Strongylocentrotus lividus. Dieselben wurden l, 2 und 3 Stunden mit 0,1°/o Strychnin behandelt und eine Zeitlang in reinem Seewasser weiter kultiviert, dann in ver- schiedenen Zeitabständen fixiert, eingebettet und auf gefärbten Schnitten untersucht. Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 63 R. Hertwig konnte feststellen, dass die Veränderungen am Eikern in dem Schwund der Nucleoli, dann in dem Auftreten von Chromosomen, schliesslich in dem Schwund der Kernmembran sich äussern. Darauf entstehen Fächerkerne oder Halbspindeln, d. h. man sieht Bündel von Spindelfasern, welche von einem gemeinsamen Punkt ausstrahlen und in ihrer Gesamtheit einen kegelförmigen Körper zusammensetzen; die Chromosomen lagen im Umkreis des Spindelkörpers, mit Vorliebe in der Nachbarschaft der peripheren Enden der Spindelfasern. Hertwig leitet die Spindelfasern aus der achromatischen Substanz des Kerns ab. Eine Protoplasmastrahlung fehlt anfänglich, sie tritt erst sekundär zur Halbspindel heran, es entstehen dann die „mit Strahlung versehenen Fächerkerne“. Beim Fächerkern mit Strahlung fanden sich die zentralen Faserenden sehr bäufig unter einander ver- einigt, dieses. materielle Ausstrahlungszentrum, bisweilen von bedeutender Grösse, nennt R. Hertwig „Zentralkörper“. „Je grösser der Zentralkörper ist, umso kürzer sind im allgemeinen die von ihm ausstrahlenden Spindelfasern. Durch vollkommenen Schwund der letzteren erklären sich Bilder, auf denen man nur noch den Zentralkörper findet, derselbe ist in solchen Fällen vollkommen homogen, rundlich oder oval oder auch schwacheckig, er ist der Ausgangspunkt einer intensiven Protoplasmastrahlung, in einiger Entfernung von ihm lagern die Chromosomen, aber es fehlen die verbindenden Spindelfasern. Kernspindeln mit doppelten Polen hat Hertwig in den meisten der von ihm untersuchten Serien nur selten vorgefunden, nur in einer Serie waren diese Spindelbildungen sehr häufig, was Hertwig der Verwendung einer viel stärkeren Strychninlösung zuschreibt, während bei schwächerer Strychninlösung Rückbildungsprozesse eintreten und die Spindelbildung verhindern. Die Spindeln mit doppelten Polen sind kurz und gedrungen, tonnenförmig. Auf ihrer dem Eizentrum benachbarten Seite ist die Spindel gerad- linig begrenzt, als ob sie hier quer abgeschnitten wäre; auf der gegenüberliegenden Seite ist sie hoch buckelförmig gewölbt; die Spindelfasern müssen daher ganz verschieden lang sein. An den Polen der Spindel sind meist Anhäufungen von Substanz zu bemerken, welche nur aus Verschmelzung der Faserenden entstanden sind. Die Chromosomen, sofern sie überhaupt zu einer Äquatorial- platte angeordnet sind, liegen der konvexen Seite des Spindel- 64 K. Kostanecki: körpers auf. Die Protoplasmastrahlung bildet Strahlenbüschel, welche vorwiegend nach der konvexen Seite der Spindel zu ent- wickelt sind. Bezüglich der Entwicklung der Spindeln mit doppelten Polen‘) vermutet Hertwig, dass die beiden Spindelpole durch Teilung des einfachen Zentrums des Fächerkernes entstehen; hinsichtlich der Anordnung der Spindelfasern glaubt er, dass bei der Teilung des Fächerzentrums auch die Spindelfasern der Länge nach gespalten werden und zwar bis an die peripheren, die Chromosomen?) tragenden Enden. Seltener noch, als die dizentrischen Vollspindeln mit den im Äquator angeordneten Chromosomen, also im Stadium des Muttersterns, fand Hertwig weiter vorgeschrittene Stadien; immerhin hat er die Teilung der Äquatorialplatte, also Bilder der Metakinese, des Diasters beobachten können, sodann Eier, in denen an Stelle der zwei Gruppen von Chromosomen Haufen von kleinen Kernbläschen lagen. Auch Einfurchungen des Eies wurden von ihm beobachtet (wobei er die Furche zunächst nur von einem Pol aus einschneiden sah), und auch die Teilung des Eies in zwei Furchungskugeln, von denen jede mit einem Kern ') Hertwig bemerkt hierzu: „Es wäre sehr wichtig gewesen, zu verfolgen, in welcher Weise sich die Spindel aus dem Fächerkern entwickelt; leider habe ich darüber keine Sicherheit erzielen können. Einmal ist für solche Untersuchungen das Seeigelei wegen der ausserordentlichen Kleinheit der Kernfiguren ungeeignet. Zweitens fehlte es mir an dem nötigen Material. Um gutes Material zu bekommen, müsste man die Methode, die Eientwicklung einzuleiten, noch vervollkommnen, sodass wenigstens der grösste Teil der Eier den gleichen Rhythmus der Entwicklung einhielte, und müsste in kleineren Zwischenräumen die Konservierung vornehmen“. Ich habe oben bei der Beschreibung der von mir beobachteten Bilder gleichfalls diese Momente, welche die Feststellung der Aufeinanderfolge und die Herleitung der einzelnen Phasen erschweren, betont. Ich kann vollkommen die Bemerkung Hertwigs bestätigen: „Wie es meist bei anormalen Vorgängen zu sein pflegt, fehlt auch bei den in Rede stehenden Entwicklungsprozessen die Regelmässigkeit des Verlaufs. Bei einem vollkommen gleichmässig behandelten und zu gleicher Zeit abgetöteten Material sind einige Eier in der Entwicklung weit voran, andere weit zurück“. ’) Bezüglich der Gestalt der Chromosomen erwähnt Hertwig, dass dieselben gewöhnlich U-förmig gekrümmte Schleifen darstellen; ab und zu fand er jedoch Chromosomen von der Gestalt von charakteristischen Vierer- gruppen. Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 65 versehen war; allerdings begegnete Hertwig hier mannigfachen und grossen Unregelmässigkeiten. Auch konnte Hertwig sowohl für die Halbspindeln als auch für die Vollspindeln eine regressive Metamorphose feststellen, welche bei Spindeln mit ungeteilter Äquatorialplatte sowohl, als auch bei Spindeln, deren Chromosomen in bläschenförmiger Umwandlung begriffen waren, eintreten kann und durch eine Verwischung der faserigen Struktur der Spindel und eine netz- förmige Anordnung ihrer Elemente eingeleitet wird. Bezüglich der Spindel hebt Hertwig mit Nachdruck her- vor, dass an ihren Enden Centrosomen (wie sie von Boveri, Mathews, Wilson beschrieben worden sind) hier sicher fehlen; an ihrer Stelle finden sich mehr oder minder deutliche Substanz- anhäufungen, welche aus Verschmelzung der Enden der Spindel- fasern hervorgegangen sind. Wenn ich die Beschreibung der von Hertwig gewonnenen Tatsachen, deren Hauptpunkte ich wiedergegeben habe, und die Figuren, welche seine Arbeit illustrieren, mit meinen Beobachtungen vergleiche, so ersehe ich, dass trotz des verschiedenen Materials und trotz der Verschiedenheit des angewandten Reagens, sich doch einige Berührungspunkte ergeben. Da Hertwigs Versuche jedoch reife Eier betreffen, so lassen sich meine Beobachtungen mit den von ihm beschriebenen Bildern erst von dem Moment an vergleichen, wo bei Mactra nach Ausstossung der Richtungskörper aus dem im Ei verbliebenen und zu einem bläschenförmigen Kern umgewandelten Chromatin sich eine Furchungsspindel ausbildet. Eine Ähnlichkeit sehe ich zwischen den Fig. 10—18 der Hertwig’schen Arbeit und meinen Fig. 36 u. ff. insofern, als hier und da, während sich die Chromosomen aus dem Eikern herausdifferenzieren, die achromatischen Spindelfäden ausschliesslich aus dem Kerngerüst entstehen; allerdings handelt es sich in den Figuren Hertwigs um Halbspindeln, in meinem Falle um Voll- spindeln; in beiden Fällen entbehren die Spindelbilder einer Pol- strahlung. Die Hertwig’schen Figuren 20, 21 erinnern sehr an meine Fig. 100, die Hertwig’schen Fig. 28, 29, 30, 31 an meine Fig. 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67 usw. Die Hertwig’schen Fig. 37, 35 an meine Fig. 41 u. ff., die Hertwig’schen Fig. 40, 41, 43, 45, 46, 47, 49, 50, 51, 52, 53 an meine Fig. 73—76, wenn wir Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 5 66 K. Kostanecki: auch die Entstehung der Bilder, wie aus obigem zu sehen ist, anders herleiten. Während Hertwig nämlich die Bildung einer Halbspindel als Ausgangspunkt auffasst und sie unter Ausbildung einer protoplasmatischen Strahlung erst in eine zweipolige Voll- spindel sich umbilden lässt, habe ich die „intranukleäre Spindel“, wie ich sie nannte, sehr früh als eine zweipolige entstehen sehen, ausserdem habe ich in allen Phasen den Unterschied zwischen den intranucleären, einer Polstrahlung entbehrenden und den mit einer Polstrahlung versehenen Spindeln feststellen müssen. Die ab und zu vorkommenden monozentrischen Strahlungen, wie die der Fig, 100 u. 101, habe ich nur in einigen Versuchen ange- troffen und konnte sie nicht als Übergangsbilder betrachten, viel- mehr musste ich sie als Abnormitäten auffassen. Da indes Hertwig zweipolige Spindelbilder nnr in einer Serie, in welcher wahrscheinlich eine stärkere Strychninlösung zur Anwendung kam, in grösserer Zahl angetroffen hat, so verdiente es wohl noch eine Prüfung, ob auch die vorhergehenden Stadien der Spindelbildung, bei Anwendung stärkerer Lösungen sich nicht anders gestalten würden, und ob nicht die bei Anwendung schwächerer Lösungen erhaltenen Bilder der „Halbspindeln“ schon Abnormitäten dar- stellen, welche sich zu doppelpoligen Spindeln überhaupt nicht mehr oder nur ausnahmsweise entwickeln können. Wenn ich aber auch diese Vermutung ausspreche, möchte ich selbst betonen, dass sie sich als irrig herausstellen kann, da ja die Anwendung eines anderen Reagens und an einem anderen Material ganz andere Resultate ergeben kann, als man auf Grund anderweitig gemachter Erfahrungen zu vermuten sich veranlasst sehen könnte. Eine Übereinstimmung zwischen den Hertwig’schen Beobachtungen und den meinigen sehe ich fernerhin darin, dass in meinen Präparaten an den Polen sowohl der intranukleären als auch der mit einer Polstrahlung versehenen Spindeln, ebenso wie bei den zweipoligen Spindeln Hertwigs!), distinkte Centriolen nicht zu sehen waren und die Spindelfasern und die Polstrahlen in einem idealen Punkte zusammenkamen. Dies gilt jedoch nur für diejenigen meiner Versuche, wo die Spindel sich nach Aus- stossung der beiden Richtungskörper bildete (vergl. Fig. 38—43 der Spindelenden hervorgegangenen „Zentralkörper“ habe ich oben die Ansicht Hertwigs wiedergegeben. Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 67 und 61—76), während in den Versuchen, wo die Ausstossung der Richtungskörper ausgeblieben war und eine Furchungsspindel sich bildete (das nähere vergl. oben) an den Spindelenden deutliche punktförmige Zentralkörper (Zentralkörner, Centriolen) zu sehen waren (vergl. Fig. 87, 88, 89, 91, 95). Einen weiteren Beitrag zur Erkenntnis der im Innern des Eies bei der künstlichen Parthenogenese sich abspielenden Vor- gänge lieferten drei Arbeiten von Morgan (1896, 1899, 1900). In denselben stellte Morgan Untersuchungen an den Eiern von Sphaerechinus, Phallusia, Arbacia, Asterias, Echinarachnius, Cerebratulus, Sipunculus, Chaetopterus, Phascolosoma und Nereis an und verwendete Lösungen von NaCl, MgCl, KCl, sodann Strychnin; natürlich sollen hier nur die Ergebnisse seiner Ver- suche an unbefruchteten Eiern berücksichtigt werden und nur die auf Schnitten gewonnenen Aufschlüsse über die Vorgänge im Innern des Eies näher besprochen werden. Im Jahre 1896 sah Morgan, dass, wenn unbefruchtete Eier von Sphaerechinus in Seewasser gebracht werden, dem 1,5 pCt. NaCl zugesetzt worden ist, im Ei Ansammlungen einer tief- färbbaren, körnigen Substanz erscheinen, welche Strahlenform annimmt („artificial Astrosphaeres“): später vereinigen sich diese Sphaeren und bilden grosse Sonnen. Die gleiche Bildung von Archoplasmasternen sah Morgan auch bei den unbefruchteten Eiern von Phallusia. Diese Beobachtungen hat dann Morgan in seinen beiden folgenden Arbeiten (1899 und 1900) weiter verfolgt. Er liess zunächst unbefruchtete Eier von Arbacia längere oder kürzere Zeit in Seewasser mit einem Gehalt von 1,5 pCt. NaCl oder 3,5 pCt. MgClz liegen und brachte sie dann in reines Seewasser zurück, worauf sie sich bald in zwei oder mehr Zellen teilten. ; Schnitte durch Eier, welche nach Herausnahme aus der Salzlösung fixiert waren, liessen erkennen, dass der Kern, selbst nach einigen Stunden, noch intakt geblieben ist. Dagegen trat Teilung des Dotters in zwei oder gewöhnlich in mehrere Teile ein, wenn solche Eier wieder in Seewasser gebracht wurden. In der Salzlösung erschienen artifizielle Astrosphären und diese Sterne transportierten die Chromosomen in die verschiedenen Teile des Eies. Zuerst verdoppelten sich die Chromosomen an Zahl und 5* 65 K. Kostanecki: dann erfolgten die Teilungen; diese können aber sehr ungleich im Ei verteilt sein. Die Dotterteilung hängt von der Lage der neugebildeten Kerne ab, erfolgt aber ohne jede Beziehung zur Zahl und Lage der artifiziellen Astrosphaeren. Während der Chromosomenteilung traten die artifiziellen Astrosphären deutlicher hervor. Diese Astrosphären verschwanden im Laufe einiger Stunden, obgleich die Chromosomen fortfuhren, sich zu teilen. Nach jeder Chromosomenteilung erschien eine Kernhalbspindel. An der Spitze der Halbspindel waren kleine, deutlich tingierte Centrosomen vorhanden. Die Zahl der Halbspindeln und dementsprechend auch die Zahl der Centrosomen ist proportional der Zahl der in je einer Gruppe befindlichen Chromosomen. „Salzlösung bewirkt in unbefruchteten Eiern von Cerebratulus zwei Arten von artifiziellen Astrosphären. Im Protoplasma erscheinen nach kurzer Zeit schön ausgebildete Sterne, welche nachher verschwinden. Die Polarspindel wird auch durch die Salzlösung afliziert. Sie sinkt in das Ei, ihre Enden breiten sich aus zu Sonnen oder können auch zu einer einzigen Sonne ver- schmelzen. Die letztere vergrössert sich und bildet in der Mittel- zone eine Menge von neuen kleinen Sternen, welche sich in der Folge im Ei zerstreuen.“ „Salzlösungen bringen in unbefruchteten Eiern von Sipunculus protoplasmatische Strahlungen und grosse zentrale Sonnen hervor. Strahlungen treten ferner in den Eiern von Echinarachnius und Asterias auf.“ „Unbefruchtete Eier von Chaetopterus, in eine '/ıproz. Auf- lösung von Chlorkalium in Seewasser gebracht, stossen beide Richtungskörperchen aus, und es entwickelt sich nachher eine grosse Teilungsspindel. Dann können sich die Eier teilen. Unbefruchtete Eier, in Seewasser gebracht, dem 1,5 pCt. Kochsalz oder 3,5 pCt. Chlormagnesium zugesetzt wurden, können die erste Richtungsspindel bilden, aber der Richtungskörper wird nicht aus- gestossen. Die Spindel kann sich nachher zur Bildung zweier riesiger Sonnen mit hellem Zentrum erweitern.“ 2 Wurde zum Meerwasser Strychnin zugefügt und unbefruchtete Eier von Arbacia in die Lösung gebracht, so begannen sie sich nach mehreren Stunden zu furchen, besser noch, wenn sie nach mehrstündigem Verweilen in der Lösung in reines Seewasser Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 69 gelegt wurden. Schnitte von diesen Eiern zeigten, dass vor der Auflösung der Kernmembran um den Kern zentrierte Strahlungen im Protoplasma vorhanden sind. Die Eier können sich bei Anwesenheit von auch nur einem solchen Strahlensystem nach- träglich teilen. Ausser dem einen Punkte, dass die Anwendung von Salz- lösungen bei Chaetopterus die Ausstossung der beiden Richtungs- körper und die Bildung einer Teilungsspindel verursachen kann (was für Chaetopterus schon aus der Arbeit Meads zu entnehmen war) sehe ich, wenn ich die Beschreibung Morgans genauer prüfe und seine Figuren betrachte, keine Berührungspunkte zwischen seinen Beobachtungen und meinen Versuchen. Die „artificial Astrosphaeres“ , welche fast durchweg inMorgans Versuchen in den Eiern auftraten und welche das am meisten auffallende Moment seiner Ergebnisse bilden, konnte ich bei Mactra in keinem Falle beobachten. In nächster Beziehung zu den Arbeiten Morgans steht die Arbeit Wilsons; die Ähnlichkeit der Resultate leitet sich sicherlich von der grösseren Ähnlichkeit des Untersuchungsmaterials und der Ähnlichkeit der Untersuchungsmethode her. Wilson hat seine Versuche an den unbefruchteten, aber reifen Eiern von Toxopneustes variegatus angestellt und die Lösung von MgCls verwendet (gleiche Teile von Seewasser und ?°/s n. Mg Cls-Lösung). Wilson hebt die kolossalen Variationen und individuellen Schwankungen und Unterschiede im Verlauf der Experimente hervor; allerdings befand sich Wilson in der günstigen Lage, wegen der ungemein grossen Durchsichtigkeit der Eier von Toxo- pneustes, die Aufeinanderfolge der Erscheinungen und selbst die genaueren Einzelheiten am lebenden Ei verfolgen zu können. Ich gebe hier eine Zusammenstellung der Hauptresultate der überaus interessanten und genauen Arbeit Wilsons in der von ihm selbst gegebenen Fassung wieder: 1. Die erste bestimmte Veränderung ist das Auftreten einer undeutlichen primären Strahlung, die ihren Mittelpunkt im Kern hat. 2. Darauf folgt eine Vergrösserung des Kerns und die Bildung einer mehr oder weniger deutlich unterschiedenen perinukleären Zone (manchmal kaum zu konstatieren) aus Hyalo- plasma, d. h. aus kontinuierlicher oder interalveolärer Substanz, 70 K. Kostanecki: 3. In vielen Eiern wird eine veränderliche Anzahl von Strahlungszentren (Cytastern gleich künstlichen Astrosphären von Morgan) an verschiedenen Stellen im Cytoplasma gebildet; in solchen Fällen ist die primäre Strahlung weniger ausgeprägt und oft auf die unmittelbare Umgebung des Kerns beschränkt. Im Mittelpunkt der Cytaster sammelt sich Hyaloplasma an. 4. Es folgt darauf Reduktion aller Strahlen fast bis zum Verschwinden und unter Auflösung der Kernmembran. 5. Dann kommen die Strahlen wieder zum Vorschein, und zwar sowohl die der Cytaster wie die um den Kernbezirk herum, und in Eiern, die noch entwicklungsfähig sind, bildet sich ein Amphiaster aus dem Kernbezirk. 6. Die Kernteilung schreitet nun, wie in befruchteten Eiern sonst, vor, bisweilen begleitet von fortschreitender Teilung des Zellleibes: oft ist die letztere aber bis nach einer oder mehreren Kernteilungen aufgeschoben. 7. Nicht allein die Kernstrahlungen, sondern auch die Cytaster können als Teilungszentren fungieren; in der grossen Mehrzahl der Fälle tritt eine vollständige Teilung um solche Strahlungen nicht ein, welche der Verbindung mit Chromosomen entbehren. 8. Nach und während der Rückbildung der Tochterkerne teilen sich die Teilungsstrahlungen oder doch ihre mittleren Partien in zwei. Die Cytaster können sich gleichzeitig auch teilen und es ist möglich, doch beim lebenden Objekt noch nicht beobachtet, dass sie sich auch in der Periode erster Gestaltung des Teilungsamphiasters teilen können. 9. Es bilden sich Strahlungen in kernlosen Fragmenten in Stücke geschüttelter Eier und diese Strahlungen können sich auch durch Teilung vermehren; es kommt aber keine Teilung des Zell- leibes zustande. 10. Gleich den (eigentlichen) Teilungssternen können auch die Cytaster sowohl in ganzen Eiern, wie in kernlosen Fragmenten tief färbbare Zentralkörper enthalten, die sich von Centrosomen nicht unterscheiden lassen. In den ganzen Eiern geht der Teilung der Cytaster Teilung der Zentralkörper vorauf. 11. Die primäre Strahlung enthält kein unterscheidbares Centrosom, sondern hat den Kern zum Mittelpunkt. Das Centrosom der primären Teilung bildet sich an der Kernmembran auf der einen Seite des Kerns in der durchsichtigen perinukleären Hyalo- Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 71 plasmazone, und in seiner Nähe entsteht eine neue Strahlung. Die bipolare Teilungsfigur entsteht durch die Teilung dieser Strahlung, welche sich dabei in einen Amphiaster umwandelt; möglicherweise geht eine Centrosomenteilung dem voraus. 12. Versagen der Teilung des ersten Centrosoms führt zur Monasterbildung, welcher dieselben Stadien wie der Amphiaster durchläuft, indem er nacheinander erst an Grösse zu, dann wieder abnimmt, unter Auflösung des Kerns im Chromosomen, deren Teilung, und schliesslich Wiederherstellung des einfachen (ruhenden) Kerns. Dieser Prozess kann sich periodisch mehrfach wiederholen. 13. Es kann sich mehr als ein Centrosom und eine Strahlung unter Mitwirkung des Kerns entwickeln, wodurch vielpolige Teilungsfiguren entstehen. 14. Alle diese Tatsachen führen zu dem Schluss, dass die Uytaster dieselbe Beschaffenheit und Wirkung haben wie die Teilungsstrahlungen und dass ihre Zentralkörper derselben Wesen- heit sind wie Centrosomen. Die Üentrosomen der Teilungs- strahlungen sind immerhin besser entwickelt als die der Cytaster. 15. Die Centrosomen sowohl der Teilungsfigur wie des Cytasters werden primär de novo gebildet. 16. Die Chromosomenbildung gehört zwei ganz verschiedenen Typen an, welche anscheinend nicht in ein und derselben Eier- serie zusammen vorkommen. Bei beiden bildet sich ein grosser Nukleolus während der Kernvergrösserung. Bei dem einen Typus ist das ein echter Nukleolus (Plasmosoma oder Plastinnucleus), welcher an der Chromosomenentstehung nicht unmittelbar beteiligt ist. Die Chromosomen entstehen hier aus dem Chromatinretikulum und der Nukleolus bleicht nach ihrer Bildung aus. Beim zweiten Typus konzentriert sich das Chromatin im Nukleolus (diesfalls ein Karyosoma oder Chromatin-Nucleus), welcher zur Bildung der Chromosomen zerfällt, während sich das gesamte Netzwerk in Linin verwandelt. 17. Die Zahl der Chromosomen beträgt die Hälfte von jener in befruchteten Eiern, nämlich 18 statt 36. Wenn wir die Ergebnisse Wilsons mit meinen Beobach- tungen vergleichen (natürlich wieder erst von dem Moment an, wo bei Mactra die beiden Richtungskörper ausgestossen wurden und die Veränderungen an dem in der Eizelle verbliebenen Ei- kern beginnen), so sehen wir wiederum die Veränderungen sich 72 K. Kostanecki: in einer ganz anderen Weise entwickeln. Eine gewisse Ähnlichkeit lässt sich vielleicht nur in den ersten Anfängen feststellen, indem bei den Eiern von Toxopneustes in den Wilson’schen Versuchen die Veränderungen durch das Auftreten einer undeutlichen primären Strahlung, die ihren Mittelpunkt im Kern hatte, eingeleitet ‘wurden (Wilson Fig. 1), was ich auch an dem Eikern von Mactra bei den KÜl-Versuchen feststellen konnte (vergl. meine Fig. 36). Die letzte Arbeit, welche auf Grund von Schnitten die histologischen Erscheinungen im Ei bei der künstlichen Partheno- genese behandelt, ist diejenige von A. Wassilieff (1902), bei welcher Eier von Strongylocentrotus lividus als Untersuchungs- objekt dienten. Wassilieff wandte MgCÜls-Lösung, sodann Strychnin, Nikotin und Hyoscyamin an. Bei den mit Nikotin behandelten Eiern beobachtete Wassilieff, dass, wenn die Eier zwei Stunden lang in Nikotin lagen und sodann in reines See- wasser gebracht wurden, der Kern seine Membran verlor; die aus ihm sich herausdifferenzierenden Chromosomen liegen in einem körnigen Felde, das aus dem Liningerüst des Kerns entstanden ist. Sodann beginnen zwischen den Chromosomen die Fasern der zukünftigen Spindel zu erscheinen, welche bei ihrem ersten Auf- treten eine wirre Anordnung zeigen. Allmählich nehmen diese ordnungslos durcheinandergehenden Fasern eine bestimmte Anordnung an — sie laufen einander parallel und bilden eine tonnenförmige Spindel; die Chromosomen sind auf dem Äquator in der Form rundlicher Körner gelagert. Die Spindelfasern gehen ohne Unterbrechung von Pol zu Pol. Indem die Fasern eine immermehr konvergierende Richtung zueinander einnehmen, entsteht eine typische Spindel, sei es mit zugespitzten oder etwas abgestumpften Enden; an den Polen zeigen sich Verdickungen, welche aus den verschmolzenen Enden der Spindelfasern bestehen. Alle diese Umbildungen des Kerns vollziehen sich ohne Mitwirkung des Protoplasma, die Spindel liegt wie ein Fremdkörper im Proto- plasma, und nur mit der Teilung der Chromosomen und der Verlagerung der Tochterchromosomen nach den Polen hin nimmt das Protoplasma allmählich Anteil an den Prozessen; es entstehen Polstrahlungen, als deren Ausgangspunkt die Vereinigung der Enden der Spindelfasern erscheint. Die Strahlungen wachsen und erreichen ihre höchste Intensität, wenn die Chromosomen an den Polen angelangt sind. Hier nehmen die Chromosomen Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 73 Flüssigkeit auf und verschmelzen untereinander zur Bildung von Tochterkernen. Zuerst sind die verschmolzenen Enden der Spindel- fasern, dann die aufgequollenen Chromosomen und endlich die Tochterkerne die Zentren der protoplasmatischen Strahlung, aber niemals ist ein Centrosom oder ein centrosomenähnliches Gebilde zu beobachten. Bei der Einwirkung von Strychninlösung beobachtete Wassilieff eine Spindelbildung zweifacher Art: wenn die Eier nach 1—2 Stunden Aufenthalts in der Strychninlösung in reines Seewasser gebracht wurden, so bildete sich die Spindel ganz nach dem Typus der „Nikotineier“ ; wenn dagegen die Eier erst nach 3—4 Stunden Aufenthalts in Strychnin in Seewasser kamen, so konnte man wahrnehmen, dass sich die Maschen des achromatischen Netzwerks des Kerns allmählich in die Fasern der Spindel aus- zuziehen begannen. „Gleichzeitig verdickte sich das Netzwerk an der Oberfläche membranartig, an manchen Stellen stärker, als an den anderen. Die besonders verdickten Stellen wirken wie Spindelpole, insofern von ihnen aus die Spindelfasern in dasKern- innere ausstrahlen; sind sie in Zweizahl vorhanden, so entsteht eine normale Spindel; sind mehrere vorhanden, so bildet sich eine mehrpolige Spindel. Auf diese Weise erhält man einen vom Protoplasma scharf abgegrenzten Kern, in dessen Innern sich die Spindelbildung vollzieht. Sodann verschwindet die scharfe Abgrenzung vom Protoplasma, und die Spindel erscheint frei gelagert im Protoplasma, wobei die Spindelenden ungewöhnlich breite Polplatten darstellen.“ Allmählich differenzieren sich die Chromosomen heraus. Eine protoplasmatische Strahlung ist bis zu der Zeit nicht wahrzunehmen, sie entsteht erst in der Folge auf folgende Weise: Das achromatische Netzwerk, aus welchem sich die Spindelfasern bilden, bewahrt zum Teil seine Struktur in der Nähe der Pole und beginnt später zu wachsen, zu dieser Zeit tritt zum erstenmal die protoplasmatische Strahlung auf. Wenn die Chromosomen bei ihrer Annäherung an die Pole auf- quellen, so beobachtet man eine Spindel mit centrosomenähnlichen Anschwellungen an den Polen. „Diese centrosomenartigen Bil- dungen haben kugelförmige Gestalt, mit netzförmiger Struktur im Inneren.“ „Die protoplasmatische Strahlung teilt sich rings um die ganze Oberfläche dieser Bildung vollkommen regelmässig, ohne dass irgend ein bestimmter Punkt vorhanden wäre, nach dem sie stärker konzentriert wäre.“ 74 K. Kostanecki: „Einen Schritt weiter in der Vervollkommnung des Teilungs- apparates wird durch die Magnesiumlösung erzielt, indem es auf früheren Stadien der Teilung zur Bildung echter Centrosomen kommt. Diese vollzog sich jedoch in den Versuchen Wassilieffs in anderer Weise, als in den mit der gleichen Lösung angestellten Versuchen Wilsons. Wassilieff sah zunächst entweder um den ganzen Kern ringsherum, oder nur an einem, zwei, oder drei Punkten eine dunklere plasmatische Zone, sodann erschien mitten in diesem perinukleären Protoplasma auf der Kernmembran ein homogenes Feld, um welches der körnige Teil des Protoplasma sich radial anordnet, sodass eine schwach angedeutete Strahlung entsteht; aus ihr entwickelt sich später jene Strahlung, welche rings um die schon gebildeten Centrosomen herum wahrzunehmen ist; allmählich nimmt das Centrosoma eine mehr bestimmte abgerundete Form an, die Strahlen des Protoplasma werden feiner und deutlicher: unter Auflösung der Kernmembran erfolgt die Bildung der Spindelfasern, welche dann die Chromosomen mit den Centrosomen verbinden. Die Zahl der Centrosomen ist eine wechselnde, es können typische zweipolige, bisweilen aber auch dreipolige Spindeln entstehen, bisweilen auch einpolige Halb- spindeln, ganz wie in den Hertwig’schen Versuchen.“ Auf Grund seiner Versuche hält Wassilieff „das Centrosoma für ein Produkt des Zusammenwirkens von Kern und Protoplasma, mit anderen Worten: der Kern sondert in das Protoplasma eine gewisse Substanz ab, welche zur Bildung eines Zentrums im Protoplasma Veranlassung gibt, und um dieses letztere herum lagert sich die protoplasmatische Strahlung ab.“ Wenn ich die Figuren und die Beschreibungen Wassilieffs mit meinen Beobachtungen vergleiche, so lässt sich hierbei in den Bildern einiger Phasen eine grössere Ähnlichkeit feststellen, als beim Vergleich meiner Befunde mit den Befunden anderer Autoren. Vor allem sehe ich eine grössere Ähnlichkeit in den Anfangs- stadien der Spindelbildung bei den Nikotin- und Strychnin-Eiern, wo sich die Spindel aus dem Liningerüst des Kerns heraus- differenziert. Das, was Wassilieff für die Nikotineier betont, dass die Umbildung des Kerns sich ohne Mitwirkung des Protoplasma vollzieht, und dass die Spindel wie ein Fremdkörper im Protoplasma liegt, oder dass bei den Strychnineiern die Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 75 Maschen des achromatischen Netzwerks des Kerns allmählich in die Fasern der Spindel sich ausziehen und man einen vom Protoplasma scharf abgegrenzten Kern erhält, in dessen Inneren sich die Spindelbildung vollzieht, — dasselbe konnte ich bei meinen Versuchen für die intranukleäre Spindel feststellen. Während aber in meinen Versuchen auch die weiteren Phasen bis zur Bildung zweier Tochterkerne in einer scharf vom Protoplasma abgegrenzten intranukleären Spindel sich abspielten, stellt Wassilieff fest, dass bei seinen Versuchen mit Nikotin und Strychnin im Stadium der Metakinese der Chromosomen das Protoplasma allmählich an den Prozessen sich beteiligt, indem ausgesprochene Polstrahlungen entstehen. Ich habe allerdings oben bei der Beschreibung meiner Ver- suche betont, dass ich die Möglichkeit, dass eine intranukleäre Spindel sich durch Ausbildung der Polstrahlung in eine typische Furchungsspindel umwandeln könne, nicht ausschliessen kann, wenn ich auch einerseits ganz unzweifelhafte Bilder von Anaphasen in intranukleären, der Strahlung gänzlich entbehrenden Spindeln, andererseits Prophasen von Spindeln mit mächtiger Polstrahlung feststellen konnte. Die Befunde Wassilieffs beweisen, dass an ein und demselben Objekt unter der Einwirkung verschiedener Lösungen die Spindel sich auf verschiedene Art und Weise entwickeln kann, Wassilieff glaubt die Unterschiede auf eine gewisse Gradation in der Kraft der Einwirkung dieser Erreger zurückführen zu müssen (schwächstes Reagens Nikotin, stärker wirkt Strychnin, am günstigsten MgCl). Sodann ergibt ein Vergleich der Befunde Wassilieffs mit den Befunden Wilsons, welche mit derselben Lösung angestellt wurden, dass die Spindelbildung selbst bei zwei so nahe verwandten Tierspezies sich auf eine andere Weise vollziehen kann. Die Feststellung dieser Tatsachen fordert zu möglichster Vorsicht in der Beurteilung und Vergleichung der bei diesen Versuchen gewonnenen Ergebnisse auf, sowohl in den Fällen, wo die Versuche zwar an Eiern derselben Tiere, aber mit ver- schiedenen Lösungen angestellt wurden, als auch in den Fällen, wo dieselbe Lösung, aber bei Eiern anderer Tiere angewandt wurde. Einer, genaueren Analyse entziehen sich die histologischen Angaben, welche wir in der Arbeit Yves Delages finden, da 76 K. Kostanecki: sie nur ganz allgemein gehalten sind und sich nur auf Beobachtungen an lebenden oder in toto gefärbten Eiern beziehen. Yves Delage glaubt, dass in seinen Versuchen sich im Inneren des Eies ähnliche Vorgänge abspielen, wie sie Morgan und Norman beschrieben haben, da er in den Eiern von Asterias und Strongylocentrotus, welche der Einwirkung verschiedener Lösungen ausgesetzt waren und dann in frisches Meerwasser gebracht wurden, im Protoplasma eine Reihe von Strahlungen entstehen sah.') Bezüglich der chromatischen Teile stellt Yves Delage auf (rund von Beobachtungen an reifen Eiern von Strongylocentrotus, (bei welchen bekanntlich die Richtungskörper von der Eiablage ausgestossen werden), fest, dass, während im Eikern des reifen Eies nur neun Chromosomen enthalten sind, ihre Zahl in den Embryonalzellen, welche aus parthenogenetisch sich entwickelnden Eiern hervorgegangen sind, das doppelte, nämlich 18 beträgt. Wenn dies in der Tat zutrifft, so wäre es vor allem von grösster Bedeutung, festzustellen, auf welche Weise, in welchem Stadium diese „Autoregulation* der Chromosomenzahl, wie sie Yves Delage bezeichnet, erfolgt. Die Beobachtungen Yves Delages bedürfen jedenfalls der Bestätigung und eventuell der weiteren Ergänzung’), ich möchte indes betonen, dass es in Anbetracht von anderen Beobachtungen verfehlt wäre, die Verdoppelung der Chromosomenzahl in den künstlich parthenogenetisch sich !, An lebenden Eiern sah Yves Delage anfangs: „une tache claire unique qui est le noyau. Bientöt cette tache nucl&aire est remplacde par plusieurs autres plus petites qui multiplient jusqu’& remplir tout Deut Beamteren une observation attentive permet de reconnaitre que chaque tache claire est le centre d’une petite irradiation.“* ?) Dieser Ergänzung bedürfen die Beobachtungen von Yves Delage, sowohl was die chromatischen, als auch was die achromatischen Teile des Eies betrifft. Es wäre wichtig, die einzelnen Phasen genau zu prüfen, um die nachfolgenden ganz allgemein gehaltenen Angaben von Yves Delage mit einem reellen Bilde zu verknüpfen: „Des que quelques figures asteroides se sont form&des aux depens de l’ovocentre et de ses dependances, elles constituent autant de centres d’önergie qui doivent disloquer le noyau et se partager ses chromosomes.“ „Les agents qui d“terminent la parth@nogenese exp@rimentale paraissent done agir en provoquant une exceitation de l’ovocentre et des substances achromatiques synergiques, par suite de laquelle celui-ei, au lieu de subir une atrophie ou une paralysie qui l’annihile, entre en action, se multiplie, sögmente le noyau et d@termine finalement la formation de blastomöres.* Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 77 entwickelnden Eiern als ständige Regel anzusehen. Wenn Yves Delage sagt: „I resulte de la que, quel que soit le nombre initial des chromosomes: 18 dont 9 paternels et 9 maternels, dans l’oeuf normalement fecond‘e, ou 9 dans l’oeuf merogonique ou parthenogenetique, quelle que soit l’origine de ces chromosomes, mixte (oeuf normalement feconde), exclusivement parternelle (oeuf merogonique), ou exclusivement maternelle (oeuf developpe par parthenogenese experimentale), toujours le nombre final est 18“ — so hat diese Angabe sicherlich keine allgemeine Geltung, weder für die künstlich parthenogenetisch sich entwickelnden Eier, noch auch für die aus befruchteten kernlosen Eifragmenten sich entwickelnden Zellen, denn die sich auf die letzteren beziehende diesbezügliche Angabe von Yves Delage hat von anderer Seite keine Bestätigung, vielmehr entschiedenen Wider- spruch gefunden (Stevens, Boveri!). Die Ansicht von Yves Delage: „le nombre des chromosomes depend seulement de l’espece a laquelle appartient l’animal consider& et peut-etre du tissu auquel appartient la cellule, et est l’objet d’une autoregulation qui a pour cause la nature physico-chimique du protoplasma qui les forme,“ kann die Theorie der Individualität der Chromosomen von Rabl und Boveri nicht ersetzen. Ich möchte, um einer falschen Deutung vorzubeugen, betonen, dass meine Beobachtungen an Mactra, wo bei den KÜI- !) Boveri sagt: „Delage hat kürzlich seine früher für die Merogonie aufgestellte Behauptung, dass in späteren Embryonalstadien die Normal- zahl der Chromosomen zu finden sei, auch auf die künstliche Parthenogenese ausgedehnt. Er vermochte in den Zellen des parthenogenetischen Embryos von Strongylocentrotus lividus mit Sicherheit und in zahlreichen Fällen 16—19, im Durchschnitt 18 Chromosomen zu zählen und hält damit seine früheren Angaben für völlig bewiesen. Hierbei ist ihm jedoch entgangen, dass die normale Chromosomenzahl von Strongylocentrotus nicht, wie er annimmt, durchschnittlich 18, sondern 36 beträgt wie ich dies in drei ver- schiedenen Jahren ausnahmslos gefunden habe; die Chromosomenzahl des einzelnen Vorkerns ist also im Mittel 18, eine Zahl, die R Hertwig für den sich selbständig zur Teilung vorbereitenden Eikern in der Tat so (16—18) bestimmt hat. Nach der Individualitätshypothese ist sonach im merogonischen Keim von Strongylocentrotus die von Delage gefundene Durchschnittszahl 18 zu erwarten und seine neuen Zählungen beweisen also genau das, was er zu widerlegen glaubt: die Nichtregulation der Chromosomenzahl.* 73 K. Kostanecki: Versuchen in dem parthenogenetisch sich entwickelnden Ei die doppelte Chromosomenzahl, sagen wir, „hergestellt“ wurde, keineswegs gegen, sondern vielmehr für die Individualitätstheorie sprechen, da die Verdoppelung der Chromosomen hier durch eine, für die chromatischen Teile typische Karyokinese herbeigeführt wurde. Auch für Asterias stellt Yves Delage fest, dass in den aus parthenogenetisch sich entwickelnden Eiern stammenden Blastomeren die gleiche Chromosomenzahl (18) sich findet, wie in denen, die aus befruchteten Eiern entstanden sind. Indes kommt hier ein wichtiger Umstand in Betracht: die Eier von Asterias werden als unreife Eier entleert, aber sobald sie in Seewasser gelangen, beginnen in ihnen sofort, auch wenn sie nicht befruchtet werden, die Reifungserscheinungen, und nach einer bis zwei Stunden sieht man an allen zwei Richtungskörper ausgestossen. Yves Delage hat gefunden, dass, um eine parthenogenetische Furchung künstlich hervor- zurufen, es am günstigsten ist, die Eier der Einwirkung der bezüglichen Lösung in dem Augenblick auszusetzen, wo soeben der I. Richtungskörper ausgestossen wurde. Yves Delage stellt fest, dass er bei den hierauf sich parthenogenetisch furchenden Eiern überhaupt nur einen Richtungskörper gefunden hat, er glaubt: „les oeufs qui se developpent parthenogenetiquement n’emettent qu’un seul globule polaire, comme chez les aniımaux ou la parthenogenese naturelle est normale et fait partie du eycle &volutif.“ Er sieht die Einwirkung des angewandten Agens, welches die Parthenogenese hervorruft, in der „inhibition de la formation du deuxieme globule.“ ') Dies würde erklären, warum in den Blastomeren des parthenogenetisch sich entwickelnden Eies die volle Chromosomen- zahl sich findet, und würde das Bild der Parthenogenese bei Asterias den Vorgängen näherbringen, welche bei der physio- ‘!) Die Eier von Asterias können sich bisweilen, wie Yves Delage im Einklang mit den Beobachtungen Greeffs, O0. Hertwigs und anderer Autoren feststellt, auch ohne Einwirkung von besonderen Reagentien parthenogenetisch entwickeln. Yves Delage glaubt, dass auch bei dieser zufälligen natürlichen Parthenogenese nur ein Richtungskörper ausge- stossen wird. Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 79 logischen, natürlichen Parthenogenese bei anderen Tieren aus den Arbeiten verschiedener Autoren bekannt sind. Indes stellt Yves Delage selbst auf Grund seiner Versuche fest, dass bei Strongylocentrotus reife Eier, welche also zwei Richtungskörper ausgestossen haben, zur parthenogenetischen Entwicklung ver- anlasst werden können, und auch für Asterias konnte Yves Delage es nicht mit Sicherheit ausschliessen, ob nicht auch solche Eier, die zwei Richtungskörper ausgestossen haben, zur weiteren parthenogenetischen Entwicklung veranlasst werden können. In seiner letzten Arbeit tritt sogar Yves Delage selbst auf Grund seiner Versuche mit CO> von seiner Hypothese teilweise zurück, da er gefunden hat, dass bei Asterias: „la parthenogenese experimentale, du moins avec (Os, est ind&öpendante des globules polaires. Elle se produit &galement soit que l’oeuf n’ait mis aucun de ses deux globules, soit qu’il en ait &mis un, soit qw’il ait &mis les deux.“ Ich glaube, dass es angezeigt erscheint, in der Beurteilung der bei der künstlichen Parthenogenese sich abspielenden Vorgänge mit möglichster Vorsicht zu verfahren und sich nicht dazu ver- leiten zu lassen, von aprioristischen Vorstellungen ausgehend, eine Ähnlichkeit zwischen denselben und zwischen den Erfahrungen bei der physiologischen Parthenogenese durchaus herleiten zu wollen, so verlockend dies auch sein mag. Ich betone dies umso- mehr, als meine Versuche an Mactra ergeben, dass die Furchung sowohl bei solchen Eiern eintritt, die zwei, als auch solchen, die nur einen Richtungskörper ausgestossen haben, oder sogar bei solchen, bei denen überhaupt die Ausstossung der Richtungskörper ausgeblieben ist; wir haben oben gesehen, dass der Verlauf der Reifungserscheinungen von der Konzentration der angewandten Lösung und von der Dauer des Aufenthalts der Eier in derselben abhängig war. Ich habe absichtlich eine genauere Zusammenstellung der Resultate, welche verschiedene Autoren bei der histologischen Untersuchung der künstlich parthenogenetisch sich entwickelnden Eier erzielt haben, gegeben; wir können aus derselben ersehen, dass die Aussicht ausgeschlossen erscheinen muss, dass bei diesem Vorgange für die Bildung der Furchungsspindel ein einheitlicher Typus sich feststellen liesse; wir dürfen mit Sicherheit behaupten, dass die Unterschiede sich nicht etwa auf eine verschiedene Deutung s0 K. Kostanecki: der Befunde seitens der Autoren zurückführen lassen, sondern, dass in der Tat in den Eiern verschiedener Tiere oder bei An- wendung von verschiedenen Agentien, mag der Unterschied in dem Verfahren auch nur ein geringfügiger sein, ein anderer Entwicklungsweg eingeschlagen werden kann, welcher zur Bildung einer mehr oder weniger typischen Furchungsspindel (d. h. einer Furchungsspindel, welche derjenigen in dem befruchteten Ei derselben Tierspezies möglichst nahe käme) führt. Und diese Tatsache entzieht sofort den Boden manchen theoretischen Ver- allgemeinerungen. Es muss sogar meiner Ansicht nach noch ab- gewartet werden, ob die genaueren cytologischen Untersuchungen der künstlich parthenogenetisch sich entwickelnden Eier bei anderen Tieren uns nicht einen Entwicklungsmodus werden kennen lernen lassen, der nach einer noch anderen Richtung hin sich abspielt, als wie wir es bisher kennen.?) Die bisherigen Beobachtungen lassen nur feststellen: zunächst. dass die Bildungsweise der Teilungszentren und die Entstehungsweise der Furchungsspindel sich nicht an die Vor- gänge der bei einigen Tieren vorkommenden natürlichen Partheno- genese anlehnen lassen; sodann geben sie uns vorläufig zwei in !) Von Interesse wäre auch für diese Zwecke eine genaue cytologische Prüfung der Ergebnisse mancher Experimente, die beweisen, dass in be- f ruchteten Seeigeleiern am reifen Eikern Vorbereitungen zur selbständigen Spindelbildung und sogar Sphärenbildung ausgelöst werden können, wenn die Annäherung des Spermakerns mit seiner Strahlung verhindert wird. Hierher zehören die Versuche O. u. R. Hertwigs (1887), wo die Eier kurz nach der Befruchtung auf 10 Minuten in eine 0,5°/o Chlorallösung, dann wieder in frisches Meerwasser gebracht wurden. Der Spermakern blieb für gewöhnlich an der Eiperipherie liegen, die sich entwickelnde Spermastrahlung führte zur Bildung mehr oder weniger abnormer Spindelfiguren, in welche die Chromosomen des Spermakerns einbezogen wurden. Ganz unabhängig davon bildeten sich auch am Eikern selbständige, allerdings abnorme Teilungsfiguren. Sodann bat H.E. Ziegler (1898) Seeigeleier nach der Befruchtung so in zwei Hälften zerschnürt, dass die eine Hälfte das Spermatozoon, die andere den Eikern enthielt. Mag die Durchschnürung eine vollkommene sein, oder mögen die beiden Eihälften an der Durchschnürungsstelle durch einen dünnen Stiel ver- bunden sein, der weitere Verlauf ist derselbe: in der den Spermakern ent- haltenden Hälfte bildet sich unter Teilung des Spermacentrosoma und seiner Strahlung eine Spindel und es tritt weiterhin eine förmliche Furchung ein; die den Eikern enthaltende Hälfte teilt sich nicht, aber „ein Anlauf zu Teilungs- vorgängen wird auch hier gemacht“. Es entsteht am Eikern eine Sphäre, der Eikern löst sich auf, er tritt in Mitose ein, teilt sich jedoch nicht, sondern Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 81 den Hauptzügen grundverschiedene Bildungsmodi') der Teilungs- zentren und der Furchungsspindel zu erkennen: 1. Die Arbeiten Morgans und Wilsons beweisen, — darüber kann gegenwärtig kein Zweifel sein, — dass die Einleitung der künstlichen Parthenogenese des reiten Seeigeleies bei ihren Untersuchungs- methoden darauf beruht, dass im Protoplasma in grösserer Zahl Strahlungen entstehen mit distinkten Gebilden in ihrem Zentrum, die sich durch Zweiteilung vermehren können und sich durch ihr ganzes Verhalten als Centrosomen dokumentieren. Eine Sphäre mit einem Centrosoma in der Mitte erscheint mit Vorliebe neben dem vorläufig intakten Eikern und durch ihre Teilung geht unter Auflösung der Kernmembran die Bildung der Furchungsspindel her- vor, während die anderen Astrosphären mit ihren Centrosomen keine weitere Rolle spielen. 2. Die Arbeiten R. Hertwigs, Wassilieffs und meine Befunde, (von dem Augenblick an, wo nach Ausstossung der Richtungskörper sich ein bläschenförmiger Eikern bei Mactra gebildet hat), ergeben, dass das Protoplasma anfangs an den Veränderungen sich nur insofern beteiligt, als eine schwach ausgeprägte, auf den Kern als Ganzes zentrierte Strahlung entsteht, dass aber deutliche Veränderungen, welche zur Bildung einer Spindel führen, sich anfangs fast ausschliesslich am Kern abspielen und erst nachträglich das Protoplasma sich daran mit beteiligt. rekonstruiert sich nach einiger Zeit. Dieser Vorgang kann sich mehrfach wiederholen, bis das Eistück, welches den weiblichen Geschlechtskern enthielt, schliesslich zerfliesst. Ganz ähnliche Vorgänge sah Boveri an den bloss den Eikern enthaltenden Bruchstücken, welche er durch Schütteln der Eier einige Minuten nach der Befruchtung erhalten hatte. Ich glaube, dass bei allen diesen Versuchen eine genauere, auf Schnitten vorgenommene Untersuchung der Entstehungsweise der achromatischen Figur sicherlich manche interessanten Einzelheiten ergeben würde, die bei der Untersuchung der lebenden, oder in toto gefärbten Eier sich nicht genauer verfolgen lassen. !) Boveri erwähnt, dass O.u. R. Hertwig die Entstehung von Sphären im Anschluss an den Eikern beschrieben haben, und fügt hinzu: „Die hierbei auftretenden Centrosomen leitete R. Hertwig aus dem Eikern ab, was nach den Befunden Wilsons wohl aufgegeben werden muss.“ Diese Auffassung Boveris gründet sich offenbar auf der Voraussetzung, dass die Vorgänge bei der künstlichen Parthenogenese sich nach einem einheitlichen Typus ab- spielen müssen, was ich indes schon nach den bisherigen Befunden für wider- gelegt und ausgeschlossen halte. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 6 82 K. Kostanecki: Wenn aber demnach auch die Befunde Morgans und Wilsons nicht als eine ständige Erscheinung, welche die parthenogenetische Furchung des Eis einleitet, betrachtet werden können, so sind sie doch von der grössten Bedeutung für die Cytologie und sind auch als solche sowohl von Morgan und Wilson selbst, als auch von Boveri gewürdigt worden. Letzterer Forscher, der den Beobachtungen und Deutungen Morgans anfangs skeptisch gegenüberstand, sieht erst durch Wilson den Beweis erbracht, dass es sich um wirkliche Cen- trosomen handelt, welche unter Umständen im Protoplasma de novo entstehen können!): indem erst durch dessen fundamentale Arbeit erwiesen worden ist, dass sich diese neugebildeten Centren durch Zweiteilung vermehren können.?) Boveri knüpft an diese Tatsache vor allem Erwägungen darüber an, welche Konsequenzen sich aus diesem Befunde für seine Befruchtungstheorie ergeben. Die Auseinandersetzungen Boveris gründen sich vorläufig in den Einzelheiten auf den Befunden Morgans und Wilsons, sie haben aber in den Hauptzügen ihre Geltung auch dann, wenn, wie in den Arbeiten Hertwigs, Wassilieffs und in der meinigen die Teilungsfiguren auf andere Weise entstehen. [ !) Die Möglichkeit der Neubildung von Centrosomen im Protoplasma behandelt auch in ihrer Arbeit Stevens, welche befruchtete Eier von Strongylocentrotus und Echinus oder deren Blastomeren mittels einer feinen Lanzettnadel in zwei Teile zerschnitt, und gelangt zu dem Schluss: „Centrosomen können ganz von neuem in einer Blastomere erscheinen, aus der das Centrosoma während der Anaphase der ersten Teilung entfernt worden ist.“ ?), Boveri hält es also für erwiesen, dass Centrosomen im Protoplasma de novo entstehen können; Vejdovsky und Mräzek stimmen mit ihm darin sowohl als auch mit seinen darangeknüpften Ausführungen überein; einige Autoren erheben jedoch gegen diese Deutung Morgans und Wilsons Widerspruch. Wassilieff, der die Entstehung der Centrosomen aus dem Kern herleitet, sagt: „Nun hat aber Wilson in Bestätigung eines zuerst von Morgan angestellten Experiments bewiesen, dass auch in kernlosen Stücken zertrümmerter Eier Centrosomen gebildet werden. Ich finde darin keinen Beweis, dass das Öentrosoma aus dem Protoplasma ohne Beteiligung des Kerns entstehen kann. Denn wenn wir Eifragmente durch starkes Schütteln erhalten, so wird die Kernmembran wohl schwerlich unverletzt bleiben, und es wird ein Teil des Kerninhalts in das Protoplasma übertreten; dieser dient wahrscheinlich dann in den Eifragmenten zur Bildung des Cen- trosoma. Auch in unverletzten Eiern fanden Wilson und Morgan Cytaster, Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 983 Boveris Befruchtungstheorie gipfelt bekanntlich darin, dass die Vereinigung der Geschlechtskerne, als der Träger der Ver- erbungssubstanzen nicht die Bedingung, sondern nur der Zweck der Befruchtung ist. Das Wesen, die Bedingung der Befruchtung besteht in der Anregung des Eies zur Entwicklung, d.h. zur fort- gesetzten Zellteilung. „Das Ei besitzt Kern und Protoplasma, ihm aber fehlt das Centrosoma, oder das vorhandene ist zu schwach, um die Teilungsvorgänge in Bewegung setzen zu können“, es „bedarf einer Ergänzung durch das Centrosoma, welches das Spermatozoon ins Ei einführt.“ „Das Befruchtende am Sperma- tozoon ist das Centrosoma.“ Boveri stellt fest, dass die Loebschen Versuche keines- wegs in Widerspruch mit seiner Befruchtungstheorie stehen; zu- nächst bemerkt er, dass er 1892 die Möglichkeit betont hat, dass die Anregung zur Entwicklung durch eine chemische Substanz ausgeübt werden könne, welche durch das Spermatozoon ins Ei eingeführt wird. Das Studium der morphologischen Vorgänge des Befruchtungsproblems führte Boveri zu dem Schluss, dass einerseits „der Defekt des Eies in dem Mangel des Üentrosoma besteht, jenes Zentralgebildes, das er als das Dirigierende bei der Kern- und Zellteilung erkannt hatte, anderseits, dass das Sper- matozoon ein Centrosoma ins Ei hineinbringt.“ Wenn nun gegenwärtig die Versuche der künstlichen Par- thenogenese beweisen, dass gewisse Veränderungen des umgehenden Mediums das Ei entwicklungsfähig machen, indem sie die Bildung von Teilungszentren hervorrufen, so glaubt Boveri, dass, wenn es sich ergeben sollte, dass wirklich ein Spermatozoon genau so Strahlungen im Protoplasma, die mit dem Kern nicht in Zusammenhang standen. Es ist aber hier denkbar, dass dieselben ursprünglich mit dem Kern zusammenhingen.“ Meves anderseits äussert sich darüber: „Zu der Annahme, dass im 'Cytoplasma von Seeigeleiern Centrosomen und Strahlungen unter dem Ein- fluss von Salzlösungen de novo entstehen können, liegt einstweilen absolut kein Grund vor. Denn das Auftreten zahlreicher Centrosomen und Strahlungen in einem mit Salzlösung behandelten Ei, wie es Morgan und Wilson beobachtet haben, ist möglicherweise und sogar wahrscheinlich so zu erklären, dass durch den Reiz der Salzlösung eine Vermehrung bezw. Zerlegung der beiden Centriolen, welche die Eizelle von der letzten Teilung der Vermehrungsperiode her übernommen hat, zustande kommt, und dass die zahlreichen auf diese Weise entstandenen COentriolen sich im Cytoplasma verteilen und sich mit Öentrosomen und Strahlungen umgeben“. 6* 84 K. Kostanecki: wirkt, wie die von Loeb ermittelten Agentien, nur eine unter- geordnete Modifikation seiner Befruchtungstheorie nötig wäre. „Anstatt wie bisher zu sagen: das Spermatozoon führe ein Cen- trosoma ins Ei ein, müsste es heissen: das Spermatozoon bewirkt im Ei die Bildung eines Centrosoma, aus dessen Teilung alle folgenden hervorgehen.“ Boveri stellt indessen fest, dass künstliche Parthenogenese und Befruchtung sich keineswegs so genau entsprechen. Er macht vor allem auf die strenge Lokalisation des Sperma- zentrums, das als etwas Geformtes am Spermatozoon nachweisbar ist und während der Spermatogenese als ein Derivat des Centrosoma dorthin rückt, aufmerksam, sodann auf das schnelle und mächtige Heranwachsen der Spermasphäre im Vergleich zu dem trägen Entstehen der Sphären der künstlichen Parthenogenese — und gelangt zu dem Schluss, dass der Krystallisationspunkt für die Sphäre, der bei der künstlichen Parthenogenese erst geschaffen werden muss, vom Spermatozoon schon mitgebracht wird. „Die befruchtende Wirkung des Spermatozoons beruht auf der Ein- führung eines Centrosoma. Die parthenogene Wirkung der Loebschen Agentien dagegen liegt darin, dass diese Agentien die Bildung neuer Zentren im Eiprotoplasma veranlassen.“ In dieser allgemeinen Fassung, (namentlich unter Beibe- haltung der Worte „Bildung neuer Zentren“ und Vermeidung des Ausdrucks „Centrosoma“) lässt sich, glaube ich, am besten nach dem heutigen Stand der Untersuchungen der Unterschied zwischen der Befruchtung und der künstlichen Parthenogenese feststellen, denn er hat seine Geltung sowohl für die Ergebnisse der Untersuchungen Wilsons und Morgans, als auch für die- jenigen R. Hertwigs, Wassilieffs und die meinigen. Im einzelnen sind die Ausführungen Boveris den Ergeb- nissen der Arbeit Wilsons angepasst, welche damals gerade erschienen war: in dieser Beziehung mag auf Boveris Original- arbeit verwiesen werden. Dagegen mag hier speziell eine Bemerkung Boveris hervorgehoben werden, da sie einen Punkt berührt, der für mich mit den Ausgangspunkt zur Vornahme der Versuche über künstliche Parthenogenese gerade bei Mactra bildete. Boveri macht auf die bekannte Hemmung aufmerksam, die in den unreifen Eiern (Ovocyten) vieler Tiere besteht, der Art, dass dieselben erst durch das Eindringen des Spermatozoons Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 89 befähigt werden, die sogenannten Reifungsprozesse einzuleiten, also Kern-Teilungsvorgänge auszulösen. Allein diese Wirkung des Spermatozoons ist nicht seine „befruchtende.“ „Denn erstens laufen die Reifungsteilungen in vielen Eiern selbständig ab, worauf dann ohne Spermazutritt Stillstand bis zum Absterben eintritt, und zweitens ist das, was in jenen gehemmten unreifen Eiern durch das Spermatozoon ausgelöst wird, lediglich die Bildung der Richtungskörper. Nicht die hierbei zur Tätigkeit gebrachten Centren sind es, von denen dann die Teilung des Eies veranlasst wird, sondern es ist ein neues, am Spermatozoon auftretendes Centrosoma, welches in der oben geschilderten Weise die Ent- wicklung ins Laufen bringt.“ Ich habe in den einleitenden Bemerkungen hervorgehoben, dass es mir von besonderem Interesse schien, die sich bei der künstlichen Parthenogenese abspielenden Vorgänge gerade an den- jenigen Eiern cytologisch zu analysieren, bei denen erst nach Eindringen des Samenfadens die Reifungsteilungen eingeleitet werden. Wir haben nun oben gesehen, dass in den Eiern, welche mit dem KCl-Gemisch behandelt waren, die Reifungsteilungen unter gewissen Bedingungen (vergleiche oben) von Anfang bis zu Einde ganz ebenso verliefen, wie in den durch Spermatozoen befruch- teten Eiern; es bildeten sich keine „künstlichen Astrosphären“, es wurden keine neuen Teilungszentren zur Entwicklung gebracht, sondern durch Teilung des am Eikern befindlichen Centriols unter Einfluss des KCl-Gemisches entstanden zwei Strahlungen!) ganz wie in den durch Spermatozoen befruchteten Eiern; in dieser Beziehung verhalten sich also die beiden Reize absolut identisch. Dass nach Anwendung des KCI-Gemisches die Ausstossung der Richtungskörper etwas langsamer erfolgte, als in befruchteten Eiern, ist in Anbetracht der sonst so vollkommenen Überein- stimmung ein nebensächlicher Umstand, zumal da ich nach meinen !) Selbst wenn infolge längeren Verweilens der Eier in stärkerem KCI-Gemisch die Richtungskörper nicht ausgestossen wurden und unter Unter- drückung der Zellleibsteilung pluripolare Mitosen, wie wir sie oben kennen gelernt haben, im Ei entstanden, handelte es sich um eine fortgesetzte Teilung der Centrosomen der Richtungsspindeln und ihrer Sphären und nicht um eine Neubildung derselben. Sb K. Kostanecki: bisherigen Versuchen allen Grund habe anzunehmen, dass durch entsprechende Wahl der Konzentration des Gemisches und ent- sprechende Dauer des Aufenthalts der Eier in demselben auch das gleiche Entwicklungstempo sich wird erreichen lassen. Die Einwirkung des KCl-Gemisches muss also in unseren Versuchen in zwei Momente zerlegt werden: dasselbe vermag erstens die Reifungsteilungen auszulösen; nach deren Beendigung hält aber seine Wirkung an und sie vermag auch die „befruchtende* Wirkung des Spermatozoons zu ersetzen und die Bildung der Furchungsspindel zu vollbringen. Ich glaube sogar erwarten zu dürfen, dass durch gewisse Modifikationen der Versuche die beiden Momente sich werden vollkommen auseinanderhalten lassen, dass man es durch ent- sprechende Wahl der Konzentration und der Aufenthaltsdauer wird erreichen können, dass die Eier die beiden Richtungskörper ausstossen und sodann ein ruhender Eikern sich bildet und dass derselbe dann erst neuerlich zur Bildung von Teilungszentren wird angeregt werden müssen, um eine Furchung des Eies zu erzielen. Die Bildung der Teilungszentren für die Furchungsspindel habe ich oben genauer erörtert. Wir haben gesehen, dass die- selben keineswegs, wie man erwarten könnte, aus der Zweiteilung des nach Ausstossung des II. Richtungskörpers im Ei zurückge- bliebenen Centriols entstehen, sondern dass dieselben sich neu herausdifferenzieren und zwar im innigsten Anschluss an das Kerngerüst, indem dasselbe sich zu einer Spindel umwandelt. Die Bildung dieser „intranukleären Spindel“ ohne Polstrahlung, ohne Zentralkörner, wo die beiden Pole nur durch die Konvergenz der Spindelfasern sich kennzeichneten, der ganze Ablauf der „intranukleären Karyokinese“ bis zur Bildung von zwei Tochter- kernen war sicherlich die am meisten auflallende und die am meisten überraschende Erscheinung in dem ganzen Verlauf des parthenogenen Entwicklungsprozesses bei Mactra. Wir haben hier eine Bildungsweise der karyokinetischen Spindel vor uns, welche lebhaft einerseits an die primitiven Formen der Spindelbildung bei den Protozoen (vor allem an die Neben- kernspindeln der Infusorien), anderseits an die bei einigen Metazoen vorkommenden Richtungsspindeln ohne Öentrosomen und Polstrahlungen erinnern. Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 87 Ein Vergleich unserer Figuren mit den in den Arbeiten von R. Hertwig, Maupas, Hoyer u.a. enthaltenen Nebenkern- spindeln der Infusorien oder mit den Richtungsspindeln ver- schiedener Metazoen, wie sie in den Arbeiten von Boveri (Ascaris, Ascidia mentula, Tiara) Carnoy (Triton) Sobotta (Maus, Amphioxus) Rückert (Cyclops) Behrens (Forelle) Helen Dean King (Bufo) u. v. a. abgebildet und beschrieben sind, lässt auf den ersten Blick die geradezu erstaunliche Ähnlichkeit und Über- einstimmung im Bau der ganzen Spindelfigur, in der Anordnung und dem Verlauf der achromatischen Teile, der Lage der Chromo- somen im Bereiche des Spindelkörpers usw. aufs deutlichste erkennen. Vor allem auffallend ist diese Übereinstimmung der Bilder im Stadium des Muttersterns und den ihm unmittelbar vorangehenden und nachfolgenden Stadien. R. Hertwig hat gleichfalls in seiner Arbeit aufs nach- drücklichste hervorgehoben, dass zwischen den von ihm beobachteten Spindeln der unbefruchteten Eikerne der Seeigel und der Spindel der Protozoen sowie den Richtungsspindeln vieler Tiere bezüglich des Baues der achromatischen Grundlagen der Spindel und ihrer Entstehung aus dem Kernnetz eine vollkommene Übereinstimmung besteht.!) Und schon im Jahre 1857 hat Boveri für die Richtungs- spindeln von Ascaris megalocephala hervorgehoben und betont es auch in Heft IV seiner Zellenstudien (1901), dass dieselben „in dem Fehlen jeder sichtbaren Beziehung zur Zellsubstanz sich ‘von !) Bezüglich der allgemeinen Ausführungen und Schlüsse, für welche R. Hertwig diese Tatsachen verwertet, sei auf dessen Arbeit (1896) ver- wiesen, ebenso wie auf seinen zusammenfassenden Aufsatz: „Die Protozoen und die Zelltheorie“ (1902). Die Stellung, welche R. Hertwig den Neben- kernspindeln der Infusorien in der phylogenetischen Spindelentwicklung an- weist, beleuchtet folgender Passus der letzteren Arbeit: „Wir haben nun im Laufe der letzten Jahrzehnte eine Menge die Karyokinese der Metazoen vor- bereitende Kernteilungsformen der Protozoen kennengelernt. Es werden dabei Verbesserungen bewerkstelligt im Bau des achromatischen Spindelkörpers, der Chromatinteile und schliesslich auch durch die Entwicklung von Cen- trosomen. Die primitivste Form der Spindelfaserung ist ein in einer bestimmten Richtung gestrecktes Netzwerk. Dominierende Entwicklung der Längszüge des Netzes führt uns zu Spindelfasern, wie sie bei Actinosphärium z. B. vor- kommen, deutlich differenzierten Längsfäden, welche aber durch zarte Quer- brücken miteinander verbunden sind. Gänzlicher Schwund der}; Querbrücken leitet über zu Formen der Spindeln, bei denen völlig isolierte Fasern von 88 K. Kostanecki: allen Metazoenkernen zu unterscheiden, dagegen an die Kerne von Protozoen (Nebenkerne derInfusorien) sich anzuschliessen scheinen‘!) Boveri macht aber darauf aufmerksam, dass die Richtungs- spindeln von Ascaris eine ganz isolierte Stellung darin einnehmen, dass sie sich vor der Teilung verkürzen, während die meisten Spindeln der Infusoriennebenkerne bekanntlich eine ausserordent- lich langgestreckte Form annehmen. Diese Verkürzung der Spindel tritt bei der intranukleären Karyokinese bei Mactra in einem noch viel höheren Grade auf, als bei den Richtungsspindeln der Nematoden und anderer Tiere, wodurch das Spindelbild in den Anaphasen ganz eigenartig erscheint (vergl. Fig. 43—46). In den Prophasen lehnen sich die Beobachtungen bei Mactra bezüglich der Entstehung der Spindelfasern aus dem Liningerüst des Kerns aufs genaueste an die Bilder dieser Stadien bei den Infusoriennebenkernen an, in allgemeinen Zügen bieten während ihrer Entstehung die gleichen Verhältnisse hinsichtlich der Um- formung des Kerngerüstes in den achromatischen Spindelkörper die der Polstrahlung und der Centrosomen entbehrenden Richtungs- spindeln, nur scheint es mir, dass die Gestalt der entstehenden Spindel und infolgedessen die anfängliche Anordnung der Fäden dadurch beeinflusst wird, dass nach Schwund der Kernmembran seitens des umgebenden von Deutoplasmamassen erfüllten Zell- leibes ein Druck auf dieselbe ausgeübt wird. Übrigens sind gerade die Stadien der Umbildung des Eikerns in derartige Richtungs- spindeln verhältnismässig wenig bekannt?), da die meisten Autoren Pol zu Pol verlaufen. Am besten ist dies zu sehen an den Nebenkernspindeln der Infusorien. Auch kommt es schon bei Protozoen zur Ausbildung einer proto- plasmatischen, sich der nukleären zugesellenden Spindel. Die ersten Andeutungen hierzu sind in den Polkegeln des Actinosphärienkerns gegeben, welche in ähnlicher Weise bei Actinophrys und Amoeba binucleata wiederkehren. Hier ist noch eine scharfe Trennung zwischen nukleärem und protoplasmatischem Abschnitt der Spindel vorhanden, welcher auch ein Unterschied in der Funktion entspricht. .... . Dagegen verschmilzt bei einkernigen Heliozoen nukleärer und protoplasmatischer Teil der Spindel zu einem einheitlich wirkenden Apparat, womit dann Zustände geschaffen werden, welche an die Metazoen erinnern.“ ') Vergleiche auch Boveri, Zellenstudien Heft IV. p. 177—179. ®) Am genauesten ist die Schilderung Boveris für die Richtungs- spindeln von Ascaris megalocephala, sodann die Schilderung Carnoys und Lebruns für Triton, von Helen Dean King für Bufo. Allerdings liegen für Triton, Bufo wiederum in mancher Beziehung ganz eigentümliche Verhältnisse vor. Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 89 nur erst die bereits ausgebildete Spindel zu beobachten Gelegen- heit hatten. Man darf in Zukunft gewiss erwarten, dass die Beobachtung der allmählichen Umformung des Eikernnetzes in den faserigen Spindelkörper manche interessanten Einzelheiten fördern wird, wodurch noch mehr ihr Unterschied im Verhältnis zu den Richtungsspindeln, welche sich zwischen zwei neben dem Eikern auftretenden Strahlungen mit ÜCentriolen entwickeln, hervor- treten dürfte. Wir haben ferner bei meinen Versuchen gesehen, dass die aus der intranukleären Mitose hervorgegangenen Kerne neuerlich in Chromosomen zerfallen, worauf dann zwischen den Chromosomen- gruppen eine Strahlung auftritt und sodann eine Plasmamasse, welche sich zur Spindel umgestaltet, deren einzelne Entwicklungs- phasen wir oben näher besprochen haben. In Anbetracht der Lage dieser das Anfangsstadium der Spindelbildung darstellenden Masse, welche stets der Stelle entspricht, wo nach Auflösung der Kernmembran der ganze übrige nicht in Chromosomen übergegangene Teil des Kerninhalts sich mit dem Eiprotoplasma vermengt haben muss, glaube ich, der Kernsubstanz _oder wenigstens seiner Einwirkung auf das Protoplasma eine bedeutende Rolle bei der Bildung dieser Spindeln zuschreiben zu müssen. Die ausgebildete Spindel zeigt alle dieselben Merkmale, wie eine Furchungsspindel im befruchteten Ei, mit der einzigen Ausnahme, dass die feinen Spindelfasern und die zarte Polstrahlung an den beiden Polen zusammenfliessen, ohne dass sich ein besonderes Gebilde, ein Centralkorn, ein Centriol!) daselbst nach- weisen liesse. Ob trotzdem an den Polen der mitotischen Figuren in den beiden ersten und den weiteren Generationen der Furchungs- !) Ich gebrauche die Bezeichnung „Centriol“ oder „Centralkorn‘, da dieselbe wenigstens zu keinem Missverständnis Veranlassung geben dürfte; vermeide dagegen die Ausdrücke „Centrosoma“, „Centralkörper“ wegen der bezüglich dieser Bezeichnungen bestehenden Kontroversen. Auch möchte ich eine Erörterung der verschiedenen diesbezüglichen Ansichten nicht an diese Arbeit anknüpfen. Ich halte es für zweckmässig, einstweilen noch weitere Äusserungen verschiedener Autoren abzuwarten. In den letzten Jahren sind mehrere wichtige Arbeiten erschienen, welche eine Verständigung auf diesem Gebiete anzubahnen bestimmt sein dürften; ich nenne vor allem die Arbeiten von Meves (1902) sowie Vejdovsky und Mräzek (1903), 90 K. Kostanecki: zellen Centriolen sich nachweisen lassen, sich also dort gewisser- massen erst herausdifferenzieren, kann ich auf Grund meiner Präparate nicht entscheiden, da mir Bilder der späteren Stadien nicht in genügender Zahl zur Verfügung stehen. Einen interessanten Gegensatz zu den Beobachtungen an diesen Eiern, welche bekanntlich zwei Richtungskörper aus- gestossen hatten, bilden die Befunde an den Eiern, bei welchen, wie oben genauer beschrieben, infolge zu langen Aufenthalts in dem KÜUl-Gemisch, die Ausstossung der Richtungskörper unter- blieben ist, in denen aber trotzdem, nachdem die Eier in frisches Meerwasser übertragen wurden, sich noch infolge einer Art Regulation die Furchungsspindel bildete und die Furchung des Eies eintrat. An den Polen dieser Furchungsspindeln und der mitotischen Figuren der ersten Furchungszellen waren typische kleine punktförmige Zentralkörner, Centriolen, zu sehen. Ich glaube, dass dieser Unterschied mit der stattgehabten oder unterbliebenen Ausstossung der Richtungskörper in Zu- sammenhang gebracht werden muss, und dass für Mactra wenigstens die Ansicht Boveris, der zufolge nach Ausstossung der Richtungs- körper das Öentrosoma (besser wohl „Eicentriol“) degeneriert, durch diese Versuche eine interessante Bestätigung gefunden haben dürfte. Sämtliche Figuren sind mit Zeiss’ apochromat. homog. Immersion 2 mm, 1,30, Oc. 4, unter Benutzung des Abbe&schen Zeichenapparats entworfen. welche ich mit grosser Befriedigung gelesen habe, da ich in den Haupt- punkten mit den darin wiedergegebenen Ansichten übereinstimme, Da unsere Vorstellungen von den im Zentrum der Strahlungen der mitotischen Figuren anzutreffenden Gebilden dank den neueren Untersuchungen immer präziser und, meiner Ansicht nach, immer einheitlicher sich gestalten, so dürfte auch bezüglich ihrer Deutung eine Übereinstimmung sich bald erzielen lassen, Manche Kontroverse dürfte sich gewiss (wie es heutzutage zum Teil schon ist), sogar mehr auf Unterschiede in der Nomenklatur als in der Deutung zurückführen zu lassen, Cytolog. Studien an parthenog. sich entwickelnd. Eiern von Mactra. 91 Literatur-Verzeichnis. Ariola, V.: La natura della partenogenesi dell’ Arbacia pustulosa. Boll e Mus. Zool. e Anat. comp. Univ. Genova, No, 111 (1901). Derselbe: La pseudogamia osmotica nel dentalium entalis L. Mitteil. der zool. 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Sowohl durch eine grosse Anzahl von vorzüglichen Unter- suchungen über den feinern Bau der Augen einzelner Ordnungen und Arten des Tierreiches als auch durch die zusammenfassenden Arbeiten von Leuckart und Carriere ist die vergleichende Anatomie des Sehorgans, wenigstens desjenigen der Wirbeltiere, heute so ziemlich vollständig bekannt. Immerhin gibt es noch Lücken, die der wünschbaren Aus- füllung harren. So findet Wiedersheim, dass das Auge der Dipnoör, jener vom biologischen Standpunkte aus so sehr interessanten, neben den ihnen nächstverwandten Ganoiden eine Sonderstellung einnehmenden, kleinen Tiergruppe recht dringend einer erneuten Untersuchung bedürfe. Nach Vollendung meiner Untersuchung erschien auch die Arbeit von J. G. Kerr, worin die Entwicklungsgeschichte und Histologie des Auges von Lepidosiren Berücksichtigung fand. Sie enthielt jedoch vorzugsweise nur einige Bemerkungen über die histologischen Einzelheiten der Stäbchen und der Pigmentzellen. Ich bin daher der Aufforderung von Herrn Prof. Rud. Burckhardt, das in seinem Besitze befindliche, mit Osmium- gemischen konservierte, mit Boraxkarmin und Bleu de Lyon gefärbte Material von Protopterus annectens in dieser Hinsicht einer genaueren Untersuchung zu unterziehen, recht gerne gefolgt und benütze die Gelegenheit, ihm für die Überlassung desselben nochmals bestens zu danken. Das Auge von Protopterus bildet — bei Exemplaren von ca. 30 cm — eine kleine, etwas abgeflachte Blase von ellipsoider Form, mit einem längeren horizontalen und einem etwas kürzeren vertikalen Durchmesser (2 mm: 1,4 mm). Die äussere Haut geht über die Augenblase weg, ver- dünnt sich jedoch in der Mitte, entsprechend der Pupille, bedeutend, indem die schlauchförmigen Hautdrüsen der Epidermis in der Gegend des Äquators sich erst verkürzen und allmählich in eine mehrfache Schicht von rundlichen Zellen übergehen. Dass diese äusserste Bedeckung als Haut aufzufassen ist, und 7* 100 Hosch: nicht etwa schon als eine aus jener hervorgegangene Hornhaut, ergibt sich zunächst daraus, dass die Drüsen in den seitlichen Teilen noch vollständig entwickelt sind und nur ganz im Zentrum die erwähnte Modifikation eingegangen haben, während die als Cornea aufzufassende Lamelle deutlich davon abgegrenzt ist. Auch die eigentliche Cutis ist im Bereiche des Auges, namentlich des mittleren Teiles desselben, stark verdünnt. Sie ist von grob bindegewebiger Struktur und zeigt massenhafte spindelförmige Zellen, runde Zellkerne und vereinzelte, rundliche oder längliche Lücken mit — durch Boraxkarmin rot gefärbten — Kernen (Gefässdurchschnitte.. Hinter der äusseren Haut, von ihr durchweg durch einen spaltförmigen Zwischenraum getrennt, findet sich eine aus schmalen, parallel nebeneinander gelagerten Fasern bestehende und von spärlichen Spindelzellen durchsetzte Membran, die als Cornea anzusehen ist. Sie ist an ihrem Scheitel 0,02 mm dick und nimmt gegen den Äquator hin allmählich an Dicke zu; sie blättert sich an dünneren Schnitten in den seitlichen Partien leicht auf, sodass dann die einzelnen Elemente als dünne, sehr lange Fasern isoliert vor Augen liegen. Es könnte auffallen, dass der die Hornhaut darstellende Teil der äusseren Bedeckung im Vergleich zum subepidermoidalen Bindegewebe so schwach entwickelt ist. Aber eben gerade weil die äussere Haut darüber wegzieht und als Schutz dient, braucht die Hornhaut nicht dicker zu sein. In der Gegend des Äquators, vor dem Übergang in die eigentliche Sclera, erkennt man in der Hornhaut eine ganze Anzahl von Gefässdurchschnitten. also ein richtiges Randschlingen- netz. Unmittelbar dahinter trennt sie sich dann in zwei Blätter von annähernd gleicher Dicke, die zunächst nur durch eine spaltföormige Lücke voneinander abstehen. Das innere dieser beiden Blätter erlangt in seinem hinteren Teil fast plötzlich eine bedeutende Diekenzunahme dadurch, dass eine scheibenförmige Knorpelplatte von ca. 0,1 mm Dicke) auftritt, die sehr rasch ihre grösste Dicke erreicht und dann durchweg beibehält. Die Zellen dieser Knorpelplatte, durch Boraxkarmin lebhaft rot gefärbt, sind u. a. dadurch ausgezeichnet, dass neben der gewohnten, rundlichen Form auch mehr in die Länge gezogene. flaschen- oder kegelförmige Figuren zu beobachten sind. Die Das Sehorgan von Protopterus annectens. 101 Platte geht am äquatorialen Rande ohne scharfe Sonderung in die Sclera über, indem ihr letztere selbst als Perichondrium dient. Die Sclera ist in ihrer grössten Ausdehnung durchaus frei von Pigment. Nur im äquatorialen Teil, entsprechend der Stelle, wo die Chorioidea sich gegen das Augeninnere umschlägt, finden sich in ihrer inneren Lamelle einzelne, mit schwarzem Farbstoff erfüllte, spindelförmige Zellen eingelagert. Auf die Sclera folgt nach innen eine recht schwach ent- wickelte Chorioidea. Sie besteht in ihrem hinteren Teil aus einer unpigmentierten dünnen Lage von feinen, zum Teil netz- artig miteinander verbundenen Bindegewebsfibrillen, zwischen welche massenhafte Spindelzellen eingelagert sind. Von Zeit zu Zeit erkennt’ man auch rundliche oder längliche Gefässdurch- schnitte, in welchen die mächtigen, intensiv rot gefärbten Blut- körper (Breite des ganzen Blutkörperchens 0,044 mm, des Kerns 0,0185 mm; Dicke des Blutkörperchens 0,01 mm, des Kerns 0,007 mm) auffallen, welche ja, soviel bekannt, nur denjenigen von Protens etwas an Grösse nachstehen. Im vorderen Teil sieht man, ähnlich wie in der Selera, vereinzelte längliche Pigmentzellen eingelagert. Von dieser eigentlichen Chorioidea getrennt durch eine strukturlose Membran, folgt nach innen eine einfache Lage von kubischen oder prismatischen Zellen, deren äusseres, der Sclera zugekehrtes Ende fast ganz pigmentfrei erscheint und einen grossen, kugligen Kern enthält, während das entgegengesetzte Ende in eine grosse Zahl von protoplasmatischen Fortsätzen ausläuft, welche feinkörniges braunes Pigment tragen und pinsel- artig zwischen die Epithelien der Netzhaut eindringen. Diese Schicht entspricht dem Pigmentepithel, dessen Farbstoff die sogenannte Bürstenstellung zeigt. Zwischen den Elementen des Pigmentepithels finden sich in unregelmässigen Abständen vereinzelte rundliche, dicht mit Pigmentkörnern erfüllte Zellen eingeschaltet. Dieselben sind meist durch einen hellen Kontur gegen die benachbarten Zellen abgegrenzt. Die Iris besteht, entgegen der Angabe von Wiedersheim, dass bei den Dipnoörn eine differenzierte Iris nicht vorhanden sei, deutlich aus drei verschiedenen Schichten. Die hinterste geht hervor aus der Retina, welche sich am Äquator bedeutend verdünnt, und an der Rückfläche der Regenbogenhaut reduziert 102 Hosch: wird auf eine einfache Lage von platten Zellen. Am dicksten ist die mittlere, aus dem Pigmentepithel hervorgehende Schicht. Die Zellen haben sich etwas in die Länge gestreckt, die Proto- plasmafortsätze haben sich zurückgezogen; die Zellen sind daher gleichmässig mit körnigem Pigment erfüllt und lassen deutlich ihre rotgefärbten Kerne erkennen. Die vorderste Lage der Iris dagegen kommt zustande dadurch, dass die eigentliche Chorioidea, jene dünne Lage von Bindegewebstfibrillen mit zwischengestreuten spindelförmigen Elementen, sich über die Vorderfläche der Iris fort- setzt. Auch hier erkennt man einzelne Gefässdurchschnitte mit leb- haft gefärbten Blutkörperchen. Während jedoch, wie bemerkt, die Chorioidea selbst nur ganz am Äquator vereinzelte Pigmentzellen aufweist, ist der chorioideale Anteil der Iris überlagert von einer fast ununterbrochenen Schicht von mächtigen, länglichen oder sternförmigen flachen Pigmentzellen, deren Ausläufer einander berühren oder sogar überlagern. (segen den Pupillarrand spitzt sich die Iris etwas zu, nach- dem schon vorher der aus der Chorioidea stammende Anteil aufgehört hat. Zugleich bäumt sich der eigentliche Pupillarrand etwas in die Höhe. Es sieht aus, als ob die von vornherein zu lange Iris der quellenden Linse Platz machen müsste. Möglicher- weise haben wir hierin eine primitive Accommodationsvorrichtung zu sehen. Von einem Ciliarkörper ist keine Andeutung zu finden. Die Linse (0,24 mm dick; 0,28 mm breit) ist ziemlich kuglig, im Verhältnis zur Grösse des Auges sehr gross. Sie besteht aus regelrechten, übereinander gelagerten Linsenfasern und ist von einer derben Kapsel umschlossen, welche ringsum, also auch an der Hinterseite, einen einfachen Belag von flachen, rundlichen bis sechseckigen Epithelzellen trägt. Der Glaskörper bildet ein zartes Netzwerk von feinen Fasern mit vereinzelten Kernen. Auffallend ist, wie die Maschen dieses Netzwerks zusammenstrahlen gegen die noch näher zu beschreibenden Gefässdurchschnitte, welche auf der Innenfläche der Netzhaut zutage treten. Was nun die Netzhaut — Dicke desselben inkl. Pigment- epithel 0,22 mm — anlangt, so ist derselben ein ziemlich hoher Grad der Entwicklung nicht abzusprechen. Das Sehorgan von Protopterus annectens. 103 Zunächst ist zu erwähnen, dass jede Spur eines processus faleiformis fehlt. An der Eintrittsstelle des Sehnerven findet sich eine seichte Vertiefung, aus welcher ausser den Nervenfasern auch ein relativ weites Gefäss mit deutlichen Blutkörpern hervortritt. Die Nervenfasern breiten sich als dünne, fast homogene Lage feinster Fäserchen an der Innenfläche der Netzhaut aus. Sie ist, wie auch die übrigen Netzhautschichten, vollständig gefässlos. Dagegen sitzen der inneren Oberfläche zahlreiche Gefässdurchschnitte auf, welche in den Glaskörper hineinragen und rote Blutkörper enthalten. An die von diesen Gefässen ausgehenden Ausläufer schliesst sich das feine Maschenwerk des Glaskörpers enge an. Die Ganglienzellenschicht bildet eine einfache Lage von Zellen mit grossem Kern!). Sie sind voneinander getrennt durch zarte Bälkchen der Stützsubstanz, welche sich einerseits an die Limitans interna ansetzen, andrerseits nach rückwärts durch die übrigen Schichten verfolgen lassen. Der grosse Kern der Ganglienzellen hat sich lebhaft bläulichrot gefärbt, während der Protoplasmaleib derselben sehr blass geblieben ist. Weiter nach aussen folgt als Analogon der inneren retikulären Schicht eine blaugefärbte, feinfaserige, band- förmige Zone, von welcher bloss hervorzuheben ist, dass sie feine Pfeiler zwischen die Ganglienzellen und gegen die Limitans interna aussendet. Vereinzelte, in ihr sichtbare Zellkerne sind wohl aus den Nachbarschichten in sie eingedrungen. Es kommen dann die beiden mächtig entwickelten Körner- schichten (Dicke beider Körnerschichten ca. 0,12 mm), welche gemeinsam besprochen werden sollen. Sie sind durch eine dünne faserige äussere retikuläre Schicht in einen grösseren inneren und einen kleineren äusseren Abschnitt getrennt. Zunächst fallen die in drei- bis vierfacher Lage übereinander geschichteten, sich gegenseitig etwas abplattenden, gekörnten Zellen auf, zwischen welche da und dort einzelne senkrechtstehende spindel- förmige Gebilde eingeschaltet sind. Diese Spindeln, welche nur in der inneren Körnerschicht vorkommen, in der äusseren dagegen ) Nach Carritre, pag. 70 (Fig. 51) ist dieselbe nur noch bei Axolotl so einfach, während bei den Amphibien wenigstens zwei Schichten vorhanden zu sein pflegen. 104 Hosch: fehlen, sind zweifellos als die Zellkerne der Müller’schen Stützfasern zu betrachten; man kann bei manchen derselben erkennen, wie sie sowohl nach der inneren als äusseren Körner- schicht hin Fortsätze abgeben. Unmittelbar unter der äusseren retikulären Schicht findet sich hier und da ein querstehender, länglicher Kern, möglicherweise einer konzentrischen Stützzelle angehörend. In der inneren Körnerschicht kommen Zellen vor, welche wohl als Analogon der Spongioblasten anzusehen sind: grosse, rundliche Gebilde, die zahlreiche feine Fortsätze in die innere retikuläre Schicht aussenden. Desgleichen finden sich in der äusseren Körnerschicht grosse birnförmige, mit der Spitze nach aussen gerichtete Ganglienzellen, welche mit ihrem breiten Ende der äusseren retikulären Schicht aufsitzen und feine Ausläufer nach derselben abgeben, während ein dickerer Fortsatz nach aussen zwischen den Elementen der äusseren Körnerschicht in die Höhe geht. Es scheinen diese Elemente den subepithelialen Ganglienzellen anzugehören. Es folgt nun das eigentliche Sehepithel: ziemlich lange, zum Teil etwas verbogene stäbchenartige Elemente, die dicht aneinander gelagert sind. Da wo sich die Retina etwas von der Chorioidea abgelöst hat, erkennt man, dass in das innere Ende dieser Stäbchen ein grosser kugelförmiger, ungefärbter Körper eingelagert ist, vollkommen transparent und am ehesten einem Fetttropfen zu vergleichen. Dieser kugelförmige Körper nimmt den ganzen Querschnitt des Stäbchens in Anspruch, überragt denselben sogar etwas. Unmittelbar dahinter findet sich bei einzelnen Elementen ein stark lichtbrechender, leicht bläulich gefärbter, kleinerer linsenförmiger Körper eingeschaltet, auf welchen dann nach einer kurzen Unterbrechung das äussere Korn folgt. Da schon das Innenglied, namentlich aber der das Korn enthaltende Teil der Sehzelle breiter ist als das Aussenglied, so haben die äusseren Körner nicht nebeneinander Platz, sondern sind in zwei Lagen übereinander angeordnet. In der äusseren stehen sie dichtgedrängt, d. h. zwischen je zwei Körner schiebt sich der eine Teil des Korns der hinteren Reihe hinein, während zwischen je zwei Körnern der letzteren ein freier Raum bleibt. Das Sehorgan von Protopterus annectens, 105 An den Stellen, wo das Pigmentepithel (von welchem bereits die Rede war) noch an den Stäbchen haftet, kann man sehen, wie die Protoplasmafortsätze desselben bis zu jenem kugelförmigen Körper, an den Seiten bis zu seiner Mitte, reichen, wie ferner der Zwischenraum zwischen den letzteren und dem linsenförmigen Körper etwas verkürzt ist, während das eigentliche Korn etwas nach innen bis dicht an die äussere retikuläre Schicht gerückt ist. Die Stäbchen selbst sind da, wo Netzhaut und Aderhaut dichtaneinander liegen, zwischen den pigmentierten Protoplasma- fäden vollständig verschwunden; und man erkennt bloss jene farblosen Kugeln an ihrem inneren Ende. Eine Limitans externa ist nicht nachweisbar. Was nun endlich die äusseren Augenmuskeln betrifft, so lässt sich an den vorliegenden Präparaten das Vorhandensein von vier Rectis und zwei Obliquis nachweisen. Die letzteren, welche nach Stannius (zitiert nach Carriere, pag. 64) fehlen sollen, entspringen dicht übereinander an der nasalen Wand der Orbita. Von einem Retraktor ist keine Andeutung zu finden. Es dürfte nun zunächst von Interesse sein, den bei Proto- pterus nachgewiesenen Befund zu vergleichen mit den Resultaten, welche andere Autoren erhalten haben bei der Untersuchung des Sehorgans von benachbarten Tierklassen. Bekanntlich leitet die Phylogenie den Stammbaum der Dipnoer direkt von den Ganoiden ab, welche zum grössten Teil ausgestorben und heute nur noch in einer kleinen Zahl von Familien vorhanden sind. Während wir uns auf der einen Seite jenes Stammes die Knochenfische herausgesprossen denken, würden wir auf der entgegengesetzten den Ausgangspunkt für die Dipnoör zu suchen haben. Hieran würde sich dann, mittelbar oder unmittelbar, der Stamm der Stegocephalen anschliessen. Wenn wir daher das am Auge von Protopterus Gefundene der allgemeinen Stammesgeschichte des Sehorgans an- und ein- passen wollen, so müssen wir dasselbe in erster Linie in Vergleich bringen mit dem, was einerseits über die Selachier und Ganoiden, andererseits über die Amphibien in dieser Hinsicht bekannt ist. Es fällt zunächst auf, dass das Verhältnis zwischen der Grösse des Kopfes und der Augen bei Protopterus ein ganz anderes ist, als wir es bei den Fischen zu finden gewohnt sind. 106 Hosch: Während hier die relative Augengrösse eine recht auffallende zu sein pflegt, und eigentlich kleine Augen nur bei ganz wenigen Arten, so namentlich bei den ebenfalls im Schlamm wühlenden Welsen und Aalen, vorkommen, finden wir das Auge des Protopterus im Gegensatz zu den Fischen auffallend klein. Wir erkennen hierin eine Annäherung an die Amphibien, deren Augen unter den Vertebraten bekanntlich die verhältnismässig geringste Grösse haben, dürfen aber nicht vergessen, in Betracht zu ziehen, dass die Lebensweise des Tieres ein stärkeres Vorragen der Augen verbieten würde und möglicherweise die Ursache für diese Ähnlichkeit ist. Wie bei den Fischen und Amphibien, ist auch bei Protopterus eine bis gegen den Äquator reichende Knorpelplatte in die Sclera eingelagert. In der Regel nun zeichnen sich die Zellen des Seleralknorpels bei den Amphibien (und Vögeln) dadurch aus, dass sie eine einfachere, mehr rundliche Gestalt und geringere Grösse haben als bei den Fischen, wo ihre Grösse im allgemeinen viel bedeutender ist und die Form alle möglichen Variationen zeigen kann. Dieses letztere Verhalten nun beobachten wir in recht auffallender Weise auch bei Protopterus, wo wir die Knorpelzellen neben der gewohnten rundlichen oder nierenförmigen (Gestalt die bizarrsten Formen annehmen sehen. Ob aus der sehr geringen und tiefstehenden Entwicklung der Cornea ein Schluss auf die Stellung des Protopterusauges in der Stammesgeschichte des Sehorgans überhaupt gezogen werden darf, scheint mir recht fraglich zu sein. Allerdings sehen wir nur bei den tiefststehenden Fischen (bei Myxine und Petromyzon) die äussere Haut mehr oder weniger unverändert über das Auge wegziehen. Sonst ist überall eine freiliegende, gut entwickelte Cornea mit einem mindestens zweischichtigen Epithel vorhanden, welches sich von der Epidermis deutlich dadurch unterscheidet, dass es embryonalen Charakter bewahrt, nicht verhornt und weder Schleim- noch Drüsenzellen enthält. Eine einzige Ausnahme bildet bekanntlich der Proteus und einige ihm verwandte Lurche, bei welchen unter der Einwirkung gewisser äusserer Einflüsse, namentlich aber infolge des beständigen Aufenthaltes an dunkeln Orten, das Sehorgan sich ganz oder zum Teil rückgebildet hat. Den Hautüberzug bei Protopterus erkläre ich mir in folgender Weise: Damit während des Sommerschlafes am Grunde der Das Sehorgan von Protopterus annectens. 107 Schlammröhre auch das Auge von dem firnissartigen Sekret bedeckt werden könne, welches den ganzen Körper überzieht und vor Vertrocknung schützt, geht die äussere Haut mit ihren Becherzellen über die Cornea weg, nur die zentralste, für das Sehen wichtigste Stelle etwas freier lassend. Selbstverständlich darf dann die in solcher Weise geschützte Hornhaut viel dünner und rudimentärer entwickelt sein, als wenn sie frei zu Tage läge. Eine ganz entschiedene Annäherung an das Amphibienauge ergibt sich aus dem Verhalten der Aderhaut. Gleich wie bei dem letzteren wird auch im Auge von Protopterus vergeblich nach einem Tapetum, einer Argentea, einer Choriodealdrüse, einem proc. faleiformis mit Campanula gesucht — lauter Organe, welche bei den Fischen immer, wenn auch in sehr verschiedener Ausbildung, vorkommen. In welcher Weise bei Protopterus, wo weder ein deutlicher Ciliarkörper noch eine ähnliche Einrichtung wie bei den Fischen nachzuweisen ist, die Accommodation vor sich geht, konnte ich nicht mit Sicherheit in Erfahrung bringen. Immerhin mag bei dieser Gelegenheit erwähnt sein, dass auch die Frösche und Salamander, soweit unsere heutigen Kenntnisse reichen, des Ciliarmuskels und überhaupt eines Accommodationsapparates zu entbehren scheinen. Und doch ist vorauszusetzen, dass bei den letztgenannten Tieren eine derartige Anpassungsvorrichtung unentbehrlicher ist, als bei jenem auf ein genaueres Sehen kaum Anspruch machenden Dipnoör. Eine Beantwortung der Frage, ob es überhaupt zulässig sei, gewisse Typen des Sehorgans aufzustellen, die mit der systematischen Steilung der einzelnen Klassen und Ordnungen einigermassen übereinstimmen, mit anderen Worten, ob bestimmte Merkmale vorhanden seien, welche gestatten, von einem typischen Fisch- oder Amphibienauge zu sprechen, dürfen wir noch am ehesten von einer vergleichenden Untersuchung der Retina erwarten. Bekanntlich haben schon die klassischen Arbeiten von Heinrich und Wilhelm Müller, in neuerer Zeit und mit neueren Hilfsmitteln aber namentlich diejenigen von Dogiel, Schieffer- decker, Retzius und andern in dieser Hinsicht wichtige Dinge zu Tage gefördert. Leider war nun das mir zu Gebote stehende Material schon fixiert und zum Teil bereits geschnitten und gefärbt, und damit 108 Hosch: andere Färbemethoden, namentlich die Silber- und Methylenblau- tinktion ausgeschlossen. Immerhin ergaben sich aus den vor- liegenden Präparaten einige wohl zum Vergleich geeignete Anhaltspunkte. In erster Linie fordert das Verhalten der Gefässe zu einer Erörterung auf. H. Müller fand sowohl beim Barschen wie beim Frosch die Gefässe nie in der Substanz der Retina gelegen, sondern in einer strukturlosen Membran, welche sich von der Innenfläche der Retina vollkommen abhebt und die er darum zum (Glaskörper rechnet. Wiedersheim in der 3. Auflage seines Grundrisses sagt hierüber: „Die membrana vascularis retinae der Säugetierembryonen (resp. die Netzhautgefässe der ausge- bildeten Säuger) und die Hyaloideagefässe vieler Kaltblüter sind als identisch anzusehen.“ Das Gefässsystem, wie wir es bei Protopterus gefunden haben, entspricht der Wiedersheim’schen Darstellung von den Fischen und anuren Amphibien durchaus. Wir sehen aus der leicht trichterförmigen Vertiefung an der Eintrittsstelle des Sehnerven ein grosses (refäss hervortreten und an der inneren Oberfläche der Netzhaut bis gegen den Äquator hin, in fast regelmässigen Abständen, Ausläufer in das Bulbusinnere aus- senden. Die die Gefässe tragende Membran ist vollständig mit der Nervenfaserschicht verschmolzen, sozusagen eins mit ihr, und zeigt sich nirgends davon abgelöst. Sie ist also zweifellos als zur Retina gehörig zu betrachten und wohl als deren Limitans interna aufzufassen. Die Gefässzapfen ragen über die Oberfläche hervor und nicht etwa in die Netzhaut hinein. Sehr schön sieht man an allen Präparaten, wie aus den von den Gefässsprossen abgehenden feinen Ausläufern ganz allmählich das eigentliche netzförmige Gerüste des Glaskörpers hervorzugehen scheint. Diesen Punkt fand ich in der mir zugänglichen Literatur nirgends erwähnt. !) !) Aus der schönen Arbeit von Lenhossek (Die Entwicklung des Glaskörpers 1903) geht mit Sicherheit hervor, dass der Glaskörper, wenn man nur genügend frühe Entwicklungsstadien untersucht, stets als ein Produkt der Linsenzellen zu erkennen ist, dass er aber schon nach kurzer Zeit, einmal durch die sich bildende Linsenkapsel und dann durch die Entwicklung der tunica vasculosa lentis, von seinem Mutterboden, der Linse, abgetrennt wird. Unsere Präparate entstammen also wohl einem Stadium, wo diese Abtrennung bereits stattgefunden hat. he u ee Das Sehorgan von Protopterus annectens. 109 Über die Nervenfaserschicht ist nichts zu sagen. Eher kann man aus dem Verhalten der Ganglienzellen auf eine fortschreitende Entwicklung schliessen Während diese nämlich bei den Ganoiden meist nicht eine gesonderte Lage bilden, sondern über die Nervenfaserschicht und die innere granulierte Schicht zerstreut sind, sehen wir sie bei Pıotopterus in einfacher, regelmässiger Lage angeordnet. Schon bei den Amphibien treten dann aber die Ganglienzellen in mehrfacher, deutlich abgegrenzter Lage auf. (Ganz ähnliches wie vom Ganglion optici gilt vom Ganglion retinae. Auch die inneren Körner bilden bei den Ganoiden keine besondere, für sich abgegrenzte Lage, indem ihre Elemente in unregelmässiger Verteilung zwischen der inneren granulierten und der äusseren Körnerschicht zerstreut liegen. Anders wiederum bei den Amphibien und Reptilien, wo wir einer eigentlichen, gut begrenzten, relativ sehr mächtigen inneren Körnerschicht begegnen. Bezüglich des Sehepithels konnte ich an meinen Präparaten nicht ganz ins klare kommen. Deutliche Zapfen (nach Schieffer- decker bei Protopterus vorhanden und nach dem Typus der- jenigen der Ganoiden gebildet) vermochte ich zwar nicht zu erkennen, möchte aber trotzdem nicht behaupten, dass dieselben in der Netzhaut von Protopterus fehlen. Immerhin glaube ich behaupten zu dürfen. dass in derselben gleich wie in der Retina der Ganoiden einer- und auch der Amphibien andererseits die Stäbchen an Zahl jedenfalls weit überwiegen. Soll ich nun zum Schlusse versuchen, auf Grund dieses höchst unvollständigen Vergleichungsversuchs das Auge von Protopterus in die Stammesentwicklung des Sehorgans überhaupt einzureihen, so muss zugegeben werden, dass dasselbe — wenn wir von der der Lebensweise angepassten und in dieser Hinsicht Ja höchst zweckmässig konstruierten Hornhaut absehen — alle für eine genetische Ableitung wichtigen Bestandteile des Fischauges (mit einziger Ausnahme des proc. falciformis) aufweist, zugleich aber in allen wesentlichen Punkten mit dem Sehorgan der ihm zunächststehenden höheren Wirbeltiere, der Amphibien, der Urodelen, übereinstimmt. 110 Hosch: Das Sehorgan von Protopterus annectens. Literatur. Müller, H.: Aratomisch-physiologische Studien über die Retina des Menschen und der Wirbeltiere, 1856. 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Wiedersheim: Grundriss der vergleichenden Anatomie der Wirbel- tiere, 3. Aufl., 1893. . Retzius: Zur Kenntnis der Retina der Selachier, 1897. . Neumayer: Der feinere Bau der Selachier-Retina, 1898. . Schiefferdecker: }Zur vergleichenden Histologie der Retina, 1898. . Beer, Th.: Die Accommodation des Auges in der Tierreihe, 1898. . Kerr, J. G.: The development of Lepidosiren paradoxa. III. Quart. Journ, Mikr. Se. 1903. Erklärung der Figuren auf Tafel VI. ig.1. Querschnitt durch das Ange eines jungen Exemplars von Protopterus annectens. Zeiss Oc. II, Obj. aa. x 2. .2. Querschnitt durch den Hintergrund des Auges vom Glaskörper bis zur bindegewebigen Umhüllung der Sclera. Zeiss Oc. IL, Obj. DD u 111 Aus dem anatomisch-biologischen Institut der Universität Berlin. Selbst- und Kreuzbefruchtung bei solitären Ascidien. Von -S. Gutherz, cand. med. Die vorliegende Untersuchung wurde im Berliner anatomisch- biologischen Institut begonnen und in der zoologischen Station zu Rovigno beendigt, in der ich durch die Güte des Herrn Direktor Dr. Hermes im Herbst 1903 auf die Dauer von vier Wochen einen Arbeitsplatz erhielt und in dankenswerter Weise reichlichst mit Arbeitsmaterial versehen wurde. Nach den Resultaten der bisherigen Untersucher kann die Frage, ob bei Ascidien Kreuz- oder Selbstbefruchtung entwicklungs- fähige Embryonen liefere, nicht für alle Gattungen der Ascidien übereinstimmend beantwortet werden. Selbst für die eine Gattung Ciona sind die Angaben entgegengesetzt. K. E. v. Baer (]) nimmt bei Ciona intestinalis Selbstbefruchtung an, gestützt auf die Beobachtungen, dass Samen- und Eileiter dicht nebeneinander ausmünden, und dass durch Druck mit einer Sonde aus der Mündung des Eileiters herausgeschobene Eier im selben Moment mit Sperma übergossen werden. Kowalevsky (2) tritt bei Phallusia mammillata und Ciona intestinalis für Selbstbefruchtung ein und fügt als ihm sonderbar scheinende Beobachtung hinzu, dass bei Tieren, die einige Stunden in Gefässen mit Seewasser zugebracht hätten, die Eier zum Teil oder sämtlich ihre Ent- wicklungsfähigkeit verlören. v. Kupffer (3) berichtet von Ciona canina, dass ein isoliert gehaltenes Tier an vier aufeinanderfolgenden Tagen befruchtete Eier gab. Chabry (4) gibt für Ascidiella aspersa an, dass Selbst- und Kreuzbefruchtung unterschiedslos Entwicklung gäbe. Die ersten mir bekannten systematischen und unter den notwendigen Kautelen angestellten Versuche stammen von Castle (5) und beziehen sich auf Ciona intestinalis. Er unternahm 1. Versuche mit natürlicher Befruchtung, indem er Tiere isoliert oder zu zweien in sorgfältig gereinigte Glas- gefässe mit frischem Seewasser brachte und zur Kontrolle nach einigen Tagen die isoliert gewesenen Tiere paarte und die gepaart gewesenen isolierte; 2. Versuche mit künstlicher Befruchtung, indem er einerseits Eier und Sperma desselben Tieres, anderseits 112 Ss. Gutherz: Eier und Sperma zweier Tiere zusammenbrachte: um etwa an- haftende Spermatozoen abzutöten, wurden die Tiere sowie Finger und Instrumente in 90°/o Alkohol getaucht. Die zahlreichen Experimente führten zu dem Ergebnis, dass Selbstbefruchtung wenige (in seltenen Fällen bis 50°/o) oder keine Eier zur Ent- wicklung bringt, während sich bei Kreuzbefruchtung die meisten (in seltenen Fällen nur 50°o, ja selbst 20°/0) oder alle Eier entwickeln. Castle bemerkt ausdrücklich, dass ein derartiges Verhalten nur für Ciona sichergestellt sei, und hütet sich, seine Resultate zu verallgemeinern. Meine Untersuchungen wurden an Phallusia mammillata und Ciona intestinalis angestellt, und es fand stets künstliche Befruchtung unter Entnahme der Geschlechtsprodukte aus den eröffneten Geschlechtsausführungsgängen statt. In den zur Ver- wendung gelangenden Tieren fanden sich fast stets Ei- und Samenleiter mit den (Greschlechtsprodukten gleichmässig reichlich gefüllt. Es wurde Selbst- und Kreuzbesamung vorgenommen, und zwar gelangten bei der Kreuzbesamung in eine Schale Eier eines und Sperma eines anderen Tieres, sodass die Möglichkeit einer Selbstbefruchtung ausgeschlossen war, während bei der Vermengung der (Geschlechtsprodukte zweier Tiere mit dieser Möglichkeit gerechnet werden muss. Für negativ ausfallende Besamungsversuche war es von Wichtigkeit, die normale Be- schaffenheit der beteiligten Eier und Spermatozoen zu erweisen: daher wurden stets durch gleichzeitige anderweitige Besamungen die Eier auf ihre Entwicklungsfähigkeit, das Sperma auf seine Befruchtungsfähigkeit geprüft, und es wurden solche Fälle mit negativem Ergebnis, die auf Abnormität der Eier oder Sperma- tozoen beruhten, natürlich ausgeschieden. Eine Reihe von Kautelen erwiesen sich als notwendig. Um unerwünschte Spermatozoen fernzuhalten, wurden Glasschalen, Instrumente, Pipetten und Finger stets sorgfältig mit Leitungswasser gereinigt; ferner wurden die Tiere vor der Eröffnung sowie noch einmal nach Freilegung der (Greschlechtsausführungsgänge mit Leitungswasser abgespült; endlich fand die Besamung in Seewasser statt, das durch Erhitzen auf 60° sterilisiert war und nach der Abkühlung vor der Benutzung wiederholt mit Luft geschüttelt wurde. Um unbe- fruchtete Eier für die Kreuzbefruchtung zu erhalten, musste die Eierentnahme der Samenentnahme vorausgehen und ein gleich- Selbst- und Kreuzbefruchtung bei solitären Ascidien. 113 zeitiges Anreissen des Samenausführungsganges vermieden werden; dass wirklich keine Befruchtung stattfand, wurde dadurch bewiesen, dass ein Teil der als unbefruchtet entnommenen Eier ohne Samenzusatz aufbewahrt wurde und unentwickelt blieb. Eine weitere Kautel bei der Entnahme der Eier erwies sich durch den folgenden Umstand als notwendig. In einigen Fällen fielen die Resultate unerwarteterweise negativ aus, unter Bedingungen, unter denen die Eier der überwiegenden Mehrzahl der Versuche nach sich hätten entwickeln müssen. Dies veranlasste zu der Annahme, dass die anscheinend sämtlich zur Befruchtung reifen Eier im Eileiter der Tiere sich doch noch auf verschiedenen _Entwicklungsstufen befanden, für die ein morphologisches Merkmal ohne weiteres nicht gefunden werden konnte. Gestützt wurde diese Annahme durch den bei Phallusia mammillata in einem Falle von mir erhobenen Befund, dass bei Befruchtung mit dem- selben Samengemische Eier aus dem Ende des Eileiters sich sämtlich entwickelten, während Eier aus der Mitte unentwickelt blieben und solche aus dem Anfang nur in geringem Prozentsatz sich entwickelten. Die sich hieraus ergebende Kautel bestand darin, dass die nur an einer Stelle des Eileiters entnommenen Eier vor der Verteilung in die Versuchsschalen erst in Seewasser gründlich durcheinander gemischt wurden. Da das Sperma bei eröffnetem Eileiter entnommen wurde, so bestand die Gefahr, den in einer Schale befindlichen Eiern bei der besamung uner- wünschte hinzuzufügen; um dies zu vermeiden, wurde das Sperma mit ganz spitzen Pipetten entnommen, die durch die Wandung des Samenleiters hindurchgestochen wurden; ausserdem wurde die das Sperma enthaltende Schale mit der Lupe auf Eier unter- sucht und dieselben eventuell entfernt. Für eine Versuchsreihe wurden meist drei Tiere verwandt und bei ihnen Selbstbesamung sowie alle möglichen Kombinationen von Kreuzbesamung vorge- nommen, sodass, wenn die Tiere mit A, B, (, die Eier durch 2, das Sperma durch & bezeichnet werden, sich folgende 9 Fälle ergeben: APZ, Bp4, CpZ, Ay BZ, AP CI, Be Ag, Be, Ce Ag, CP BE. Für die Verteilung der Geschlechtsprodukte in die verschiedenen Schalen erwies sich folgendes Verfahren als zweckmässig: bei den drei Versuchstieren wurden die Ge- schlechtsausführungsgänge freigelegt; nunmehr wurden die zuvor etikettierten Schalen zunächst nach der in der Aufschrift be- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 8 114 S. Gutherz: zeichneten Eisorte in drei Gruppen geordnet und die Eier hineingegeben, sodann wurden sie nach der Samensorte wieder in drei Gruppen geordnet und der Samen hinzugefügt. Versuchsergebnisse bei Phallusia mammillata. Den Angaben meiner Versuchsergebnisse bei Phallusia ist vorauszuschicken, dass bei ihr meist ein gewisser Prozentsatz (etwa 2—15°/o) von undurchsichtigen, unter dem Mikroskop braun erscheinenden Eiern auftritt, die stets unentwickelt bleiben und offenbar pathologisch verändert sind; sie wurden bei der Fest- stellung des Prozentsatzes der entwickelten Eier ausser acht gelassen. Ähnliche Eier erwähnt Chabry (4,p.170) bei Ascidiella aspersa. Die Entwicklung der Eier wurde bis zur Bildung von Larven verfolgt, die häufig zum Ausschlüpfen gelangten. In den Berliner Versuchen, deren Material ich aus Rovigno bezog, wurde vielfach nur Selbst- besamung vorgenommen, sodass die Zahl der Kreuzbesamungen eine geringe ist. Folgende Tabelle stellt die erhaltenen Resultate zusammen. a) Versuche in Berlin. Entwickelte Entwickelte Zahl der Ay: et Eier in Eier in Fälle L Fälle r£ 0 /o 3 100 100 2 99 R Selbst- 1 99 Kreuz- 1 97 besamung | er besamung 1 82 1 1 [1] 0 | + | 3+[1] b) Versuche in Rovigno. ' Entwickelte Entwickelte | Zahl der TER BR: | Eier in Eier in Fälle : Fälle R 0 jo 20 100 Br 100 4 98—94 2 97—9 Selbst- 1 | 7 Kreuz- j| 3 92—%0 besamung [1] 10 besamung | 1 50 1] B | 1] 12 [1] 0 [8] O.0d. fast O Selbst- und Kreuzbefruchtung bei solitären Aseidien. 115 Die eingeklammerten Zahlen beziehen sich auf solche Be- samungen mit negativem oder nahezu negativem Ausfall, bei denen die obenerwähnte Kautel der Durchmischung der Eier vor der Verteilung in die einzelnen Schalen noch nicht zur Anwendung gelangte. Diese Fälle beruhen höchstwahrscheinlich auf der nicht völligen Reife der in den Versuchen verwandten Eier, wofür die bereits mitgeteilte Beobachtung spricht, dass in den verschiedenen Teilen des Eileiters Eier von verschiedener Befruchtungsfähigkeit vorkommen können. In den vier Fällen von negativem Ergebnis der Selbstbesamung erhielt ich ausserdem nach 24stündigem Liegenlassen der eröffneten Tiere auf Eis Entwicklung sämtlicher entnommener Eier bei Selbstbesamung, was ich anfangs als eine Wirkung des 24 stündigen Aufbewahrens auf die Neigung der Eier zur Selbstbefruchtung ansah, jetzt aber auf die spätere Entnahme reiferer oder durch das Aufbewahren nachgereifter Eier beziehen möchte. In den zehn Fällen von negativem Ergebnis der Kreuzbesamung brachte die gleichzeitig vorgenommene Selbstbesamung sämtliche Eier zur Entwicklung, und die negativen Fälle verteilten sich so, dass nicht etwa gewisse Eier auf Selbstbesamung positiv, auf Kreuzbesamung negativ reagierten, sondern so, dass die Eier auf Kreuzbesamung in dem einen Falle positiv, im anderen negativ reagierten. Schon dieser Umstand legte den Verdacht nahe, dass es sich um Eier von nicht genügender Reife handle. Unter 18 in obiger Tabelle inbegriffenen Fällen von Kreuzbesamung, in denen die Kautel der Durchmischung der Eier vor der Verteilung in die Schalen innegehalten wurde, ergaben 16 alle Eier, einer fast alle, einer 50°o der Eier entwickelt. So glaube ich also sagen zu können, dass bei Phallusia mammillata Selbstbefruchtung sowohl wie Kreuzbefruchtung gleichmässig gute Entwicklung gibt. Versuchsergebnisse bei Ciona intestinalis. Versuche an Ciona wurden nur in Rovigno angestellt, und es wurde hierbei von vornherein die Kautel der Durchmischung der Eier vor der Verteilung in die Schalen angewandt. Die Entwicklung der Eier wurde bis zum Ausschlüpfen lebhaft be- weglicher Larven verfolgt. Die Resultate der Besamungen waren die folgenden: S* 116 S. Gutherz: Entwickelt ick Zohl.denal Zahl..der nm EnE Eier in Eier in Fälle - Fälle ö {1} | 0 | 8 0 (|. 10 Zus Selbst- 1 8 | 6 fast 100 besamung | 1 13 RER. | 90 besamung 1 s5 1 8 | 1 15 10 | | 0 | Die in zwei Fällen durch Selbstbefruchtung in geringem Prozentsatz zur Entwicklung gebrachten Eier ergaben lang- gestreckte lebhaft bewegliche Larven, die sich in nichts von den durch Kreuzbefruchtung erzeugten unterschieden. In den beiden Fällen von Kreuzbesamung bei Ciona mit 58 und 15 °/o entwickelten Eiern, sowie in dem Falle von Kreuzbesamung bei Phallusia mit 50°/o scheinen, falls man nicht Versuchsfehler annehmen will, Fälle vorzuliegen, in welchen die Kreuzbesamung zwischen gesunden Eiern und Spermatozoen zum Teil oder fast ganz versagt. Ver- suche, künstlich eine Selbstbefruchtung bei Ciona zu bewirken (durch Aufbewahren der Eier in Seewasser, Aufbewahren eröffneter Tiere auf Eis, Einwirkung einer Temperatur von 26—29° C.), habe ich nur in geringer Menge und mit negativem Ergebnis angestellt. Dass durch die Selbstbesamung die Eier weder be- fruchtet noch geschädigt werden, geht aus der von mir gemachten Erfahrung hervor, dass Eier, die einer Selbstbesamung ausgesetzt gewesen waren und einige Stunden später einer Kreuzbesamung unterworfen wurden, sich normal entwickelten. Meine Ergebnisse bei Ciona, dass Selbstbesamung negativ, Kreuzbesamung positiv ausfällt, stimmen mit denen Castles vollkommen überein. Zusammenfassend ist zu sagen, dass Selbstbesamung bei Phallusia alle oder fast alle Eier, bei Ciona keine Eier oder nur einen geringen Prozentsatz zur Entwicklung bringt. Kreuzbe- samung bringt bei beiden Tieren alle oder fast alle Eier zur Entwicklung. Wie die Befruchtung unter natürlichen Bedingungen vor sich geht, lässt sich bei Ciona leicht vorstellen: Kreuzbefruchtung muss, wie Üastle sagt, die Regel, Selbstbefruchtung die Ausnahme Selbst- und Kreuzbefruchtung bei solitären Ascidien. 1717 sein. Für den späteren Verlauf der Entwicklung ist die Möglich- keit in Betracht zu ziehen, dass die aus Selbstbefruchtung hervorgegangenen wenigen Larven in der Entwicklung stehen bleiben und so ausgemerzt werden. Schwieriger gestaltet sich die Beurteilung der natürlichen Verhältnisse bei Phallusia. Von Bedeutung ist hier die Art und Weise, wie die Geschlechts- produkte entlassen werden, worüber für Ciona intestinalis und Molgula Manhattensis Beobachtungen Castles (5) vorliegen. Täglich zu bestimmter Zeit, gegen Tagesanbruch, sieht man die Tiere zwei- oder dreimal sich heftig zusammenziehen und dann wieder ihre gewöhnliche Ruhe annehmen, worauf man die abge- legten Eier im Aquarium vorfindet. Hiernach scheint es sich um die gleichzeitige Ausstossung von Eiern und Spermatozoen zu handeln, die also in der 'Kloake einer gründlichen Durch- mischung ausgesetzt sein würden. v. Kupffer (3) ist der Meinung, dass bei Ciona canina zweifellos eine Mengung beider Geschlechts- produkte in der Kloake erfolge, da ein Häufchen frisch ausge- stossener Eier, mit der Pipette vom Boden des Gefässes auf den Objektträger gebracht, stets zahlreiche Spermatozoen an den Zotten der Eihaut zeige. Ist der Ausstossungsmodus bei Phallusia ein ähnlicher, was der Untersuchung bedarf, so müsste man als normal Selbstbefruchtung annehmen, denn die Zeit der Durch- mischung der Geschlechtsprodukte in der Kloake genügt wohl, um in jedes Ei ein Spermatozoon eindringen zu lassen; würden Eier und Sperma zu verschiedenen Zeiten ausgestossen, so wäre die Möglichkeit für Kreuz- und Selbstbefruchtung gegeben und durch Absterben der aus Selbstbefruchtung hervorgegangenen Larven könnte die Kreuzbefruchtung das Übergewicht gewinnen. Erwähnt sei noch die Möglichkeit, dass mit dem Atemwasser Spermatozoen von aussen in die Kloake gelangen und beim Aus- treten der Eier aus dem Ovidukt Kreuzbefruchtung bewirken könnten; eine Möglichkeit, die man ausschliessen könnte, wenn tatsächlich nur alle 24 Stunden eine Ausstossung der Geschlechts- produkte stattfände und wenn die Spermatozoen von Phallusia sich in Seewasser nur kürzere Zeit als 24 Stunden am Leben erhielten, was mir nach gelegentlichen Beobachtungen wahr- scheinlich ist. Man könnte daran denken, den auffälligen Gegensatz im Verhalten von Phallusia und Ciona bezüglich der Selbstbesamung 118 S. Gutherz: mit ihrer verschiedenen Lebensweise in Verbindung zu bringen. Phallusia findet sich fast stets als Einzeltier, Ciona dagegen in (Gruppen von wenigen bis sehr zahlreichen Tieren, deren Cellulose- mäntel gegen die Basis zu miteinander verwachsen sind. Man könnte nun meinen, dass für Phallusia die Gelegenheit zur Kreuz- befruchtung geringer sei als für Ciona. Indessen kommen die Phallusien, wie mir Herr Dr. Hartmeyer gütigst mitteilte, auf dem Meeresgrunde in beträchtlicher Zahl nahe beieinander vor, was aus der reichen Ausbeute beim Dredgen hervorgehe, sodass eine geringere (Gelegenheit zur Kreuzbefruchtung bei Phallusia nicht anzunehmen sei. Übrigens finden sich gelegentlich auch Phallusien mit den Mänteln verwachsen; einen derartigen Fall, in dem zwei Tiere mit der ganzen Ventralseite zusammenhängen, weist das Berliner zoologische Museum auf, einen anderen, in dem sich die Verwachsung zweier Tiere auf die gegend der Basis beschränkte, hatte ich selbst zu beobachten Gelegenheit. Eine kurze Betrachtung der Befruchtungsverhältnisse bei den übrigen Tunikaten sei angefügt. Bei den Salpen und im allgemeinen auch bei den Appendikularien ist das Verhalten ein eindeutiges: es hat ausgesprochene Dichogamie statt und zwar bei den Salpen als Protogynie (indem sämtliche Glieder einer Kette ihre Geschlechtsorgane im gleichen Sinne ausgebildet zeigen), bei den Appendikularien als Protandrie. Bei den letzteren erwähnt Seeliger (Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs, III. Suppl.. 1895—1903) zwei abweichende Beobachtungen: bei Kowalevskia solle der Zeitunterschied zwischen dem Eintritt der männlichen und dem der weiblichen Geschlechtsreife nur wenige Minuten betragen, und da Spermatozoen und Eier hier in die Leibeshöhle entleert würden, so könnte die Selbstbefruchtung kaum sicher vermieden werden: auch habe er bei Fritillaria furcata reife Eier und entleerte Spermatozoen gleichzeitig in der Leibeshöhle des Elterntieres angetroffen. Ein Schluss auf die Möglichkeit des Zustandekommens der Selbstbefruchtung ist aus diesen Beobachtungen nicht zu machen. Bei den Pyrosomen herrscht Protogynie; die einzelnen Individuen sind von ungleichem Alter und in verschiedenen Stadien der Ausbildung der Geschlechts- drüsen, sodass in einer Kolonie, allerdings in getrennten Individuen, gleichzeitig reife Eier und Spermatozoen vorhanden sein können. Das Verhalten bei den Synaseidien ist nach Seeligers Zusammen- Selbst- und Kreuzbefruchtung bei solitären Ascidien. 119 stellung (l. c.) bei den verschiedenen Gattungen und selbst bei den Arten ein sehr verschiedenartiges. Einerseits finden sich vielfach typische Hermaphroditen, anderseits ist das Vorkommen rein diöcischer Formen behauptet worden. Zwischen diesen beiden Extremen stehen die häufigen Fälle von Dichogamie'), die wiederum sowohl als Protandrie — wobei die anfänglich männlichen Tiere meist später zu typischen Zwitterformen werden — wie auch als Protogynie auftreten kann; auch bei dieser führen wohl die meisten Tiere, wenigstens während einer kurzen Lebensperiode, einen in beiden Abschnitten tätigen Zwitterapparat. Bei den zu dieser letzten Gruppe gehörigen Botrylliden entwickeln sich die Hoden erst so spät, dass eine Selbstbefruchtung ausgeschlossen erscheint; da nun die mit Geschlechtsorganen ausgestatteten, durch Knospung entstandenen Tiere wieder Knospen entwickeln, in denen zuerst die Eier und später die Hoden reifen, so kann der Fall eintreten, dass die Zeit der Eireife des Tochtertiers mit der Produktion reifer Spermatozoen im Muttertier zusammenfällt und die Gelegenheit zur Inzucht gegeben ist. Bei der Mehrzahl der von Hartmeyer (6) behandelten Polyclinidenarten aus den Gattungen Amaroecium, Aplidium und Synoecum findet sich, wie im besonderen aus den Abbildungen zu entnehmen ist, die eine der beiden Gonaden stärker entwickelt als die andere, ein Ver- halten, das sämtliche Individuen einer Kolonie in gleicher Weise zeigen; eine Spezies mit gleichmässiger Ausbildung beider Ge- schlechtsdrüsen ist eine Seltenheit. Direkte Analogien zu den im vorstehenden mitgeteilten Versuchsergebnissen finden sich im Pflanzenreiche. Es sind nämlich Fälle bekannt, in denen nahe verwandte Pflanzen sich bezüglich der Frage der Selbst- oder Kreuzbefruchtung ganz verschieden verhalten. Nach Wiesner (Elemente der wissen- schaftlichen Botanik III, 1902) seien einige derartige Fälle angeführt. Roggen ist selbst-steril, d. h. der Pollen wirkt in der eigenen Blüte nicht befruchtend; Gerste ist dagegen in der Regel auf Selbstbefruchtung angewiesen, ja wenn zur Zeit des Öffnens der Antheren nicht eine bestimmte Temperatur erreicht wird, so erfolgt sogar die Befruchtung in der geschlossenen Blüte. Die unscheinbare nur selten von Insekten besuchte Viola arvensis !) Auch bei Monascidien findet sich Dichogamie (Seeliger, 1. c.) 120 S. Gutherz: Selbst- und Kreuzbefruchtung bei solitären Ascidien. liefert bei Eigenbefruchtung keimfähigen Samen; die grossblütige häufig von Insekten aufgesuchte Viola tricolor bringt nur durch Wechselbefruchtung keimfähigen Samen hervor. Für PBrassica oleracea wurde konstatiert, dass sowohl Selbstbefruchtung als Kreuzung zur Ausbildung reichlicher keimfähiger Samen führt, während Brassica campestris nur durch Wechselbefruchtung ein günstiges Befruchtungsresultat liefert. Von Interesse ist es, dass Pflanzen vorkommen, die nur kleistogame Blüten hervorbringen, deren geschlechtliche Fortpflanzung also ausschliesslich durch Selbstbefruchtung erfolgt. Zum Schlusse ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn (seheimrat OÖ. Hertwig, der mir dieses Thema stellte, hierfür und für sein liebenswürdiges Interesse am Verlaufe der Arbeit, sowie Herrn Dr. G. Wetzel für mannigfachste Unterstützung und Beratung meinen ergebenen Dank auszusprechen. Literatur. 1. K.E.v. Baer: Entwickeln sich die einfachen Ascidien in der ersten Zeit nach dem Typus der Wirbeltiere? M&m. Acad. St. Petersbg., Tme XIX No. 8, p. 2, 1873. A.Kowalevsky: Entwicklungsgeschichte der einfachen Aseidien. Mem. Acad. St. Petersbg., VII. Serie, Tme X, No. 15, p. 3, 1866. 3. ©. v. Kupffer: Die Stammesverwandtschaft zwischen Ascidien und W rbeltieren. Arch. mikrosk. Anat., Bd. 6, Heft II, p. 126, 1870. 4. L. Chabry: Contribution & l’embryologie normale et teratologique des ascidies simples. Journ. Anat. Physiol., Paris 1887, p. 194 u. 170. 5 W.E. Castle: The early embryology of Ciona intestinalis. Bull. Mus. Comparat. Zoology, Harvard College, Vol. XXVII, 1895 —96. 6. R.Hartmeyer: Die Ascidien der Arktis in: Römer und Schaudinn, Fauna arctica, v.3 Lfg. 2, Jena 1903. ID 121 Aus dem Wiener pathologisch-anatomischen Institute (Hofrat Weichselbaum). Über die menschliche Steissdrüse. Von J. W. Thomson Walker, M.B.C.M. Edin., F.R. C. S. Eng. Hierzu Taf. VII und 9 Textfiguren. Einleitung und Literaturangaben. Ich hatte als Hospitant des Wiener patholog.-anatomischen Institutes seinerzeit Gelegenheit, mehrere Tumoren zu sehen, welche von der Glandula coceygea ausgegangen waren und durch die Ähnlichkeit ihrer Formen mit den veröffentlichten Be- schreibungen der Glandula coceygea auffielen. Die Wichtigkeit der genauen Kenntnis des Mutterbodens, dem eine Neubildung entstammt, zum Verständnis der Neubildung selbst liess mit Rücksicht auf diese Tumoren eine neuerliche Untersuchung der normalen Steissdrüse umso wünschenswerter erscheinen, als die vorliegenden Beschreibungen der Drüse einer älteren Zeit angehören und miteinander durchaus nicht übereinstimmen. Auf diese Weise kam ich zu eingehenderen Studien über die menschliche normale Glandula coccygea, über deren Ergebnisse im nachtolgenden berichtet werden soll'). Luschkas ursprüngliche Beschreibung der Gland. coce. erschien 1859 und an sie schloss sich zunächst eine Reihe von Mitteilungen von Henle, Henschl und Kölliker, welche im grossen ganzen mit den Befunden Luschkas übereinstimmten. Arnold fand viele Einzelheiten, welche von der ersten Beschreibung abwichen. Die neueren Bearbeitungen von Sertoli, Eberth und Waldeyer halten manche der wichtigsten Punkte von Luschkas ursprünglicher Beschreibung aufrecht. Luschka beschrieb die Gland. cocc. als rötlichgelben Knoten von der Grösse einer kleinen Erbse an der Steissbein- spitze, welcher an den Endverzweigungen der Arteria sacralis media hängt. !) Aus äusseren Gründen hat sich die Drucklegung des Manuskriptes dieser Arbeit um mehr als zwei Jahre verzögert. Ich wäre seinerzeit nicht darauf verfallen, mich mit der Frage der Chromaffinität der Coceygea zu beschäftigen, ich behalte mir vor, auf diese nunmehr aktuelle Frage später einmal einzugehen. 122 J.W. Thomson Walker: Sie besteht nach seiner Beschreibung aus rundlichen, langen oder verzweigten Schläuchen, welche in ein Stroma eingelagert sind; die Schläuche werden von einer strukturlosen, hyalinen Membran umgeben, an deren Aussenseite sich eine Lage zart- faserigen Bindegewebes befindet. Sie sind mit runden und poly- gonalen, bisweilen mit grossen flachen Zellen ausgekleidet, ihr Lumen ist mit körniger Masse erfüllt. An Neugeborenen sah er sie mit Flimmerepithel aus- gekleidet und von einem Kapillarnetze umgeben. Er fand reichliche Nerven, welche von den sympathischen Ganglien abstammten und ausserdem im Stroma vereinzelte Ganglienzellen. Ein Hauptausführungsgang existierte nicht. Krause pflichtet der Beschreibung Luschkas bei und beschreibt elastisches Gewebe und eine Lage glatter Muskulatur um die Drüsenschläuche. Henle stimmt in allen Punkten mit Luschkas Beschreibung überein. Arnold fand der Gland. coce. noch eine Anzahl mikroskopisch kleiner Körper beigegeben, welche ihr sehr ähneln und in räum- licher Beziehung zur Art. sacr. med. stehen. Diese Körper, 10—15 an der Zahl, bestehen nach seiner Beschreibung aus einer äusseren Bindegewebsschicht von wechselnder Dicke, aus einer ringförmigen Lage glatter Muskulatur, welche einige elastische Lamellen enthält und einer inneren Auskleidung durch eine Lage von spindeligen oder polygonalen Zellen, welche ein zentrales Lumen umschliessen. Er injizierte diese Körperchen von der Art. sacr. med. aus und fand, dass ein kleiner arterieller Ast zu jedem einzelnen hinzieht und in jedes einzelne eindringt, wobei die Adventitia der Arterie in die Bindegewebsschichte, die Museularis in die Muskelschichte und die Intima in die epitheliale Auskleidung übergeht. Die beiden inneren Schichten nehmen an Breite zu, sobald sie Schichten der Drüse geworden sind. Einzelne oder mehrfache Gefässe treten aus den Körperchen aus und dringen in ihrem weiteren Verlauf in andere ähnliche Gebilde ein. Die Gland. coce. besteht nach seiner Auffassung aus einer durch Bindegewebe zusammengehaltenen Gruppe solcher Gebilde und repräsentiert eigentlich nur den Komplex einer Anzahl länglicher oder runder Gefässerweiterungen, welche den End- en ou Über die menschliche Steissdrüse. 123 verzweigungen der Art. sacr. med. entsprechen. Darum schlug er vor, das ganze System solcher Gebilde, die alle mit der Art. sacr. med. zusammenhängen, statt „Glandula cocceygea“ vielmehr Glomeruli arteriosi coceygei zu nennen. Krause und Meyer fanden, dass die Auskleidung der Schläuche nicht eine einschichtige sei, sondern dass sie aus mehreren Zellagen bestünde. Sertoli fand Hohlräume, welche mit Endothel ausgekleidet und von zahlreichen mehr weniger runden oder polygonalen Zellen mit rundem oder ovalem Kern umgeben sind. Hierauf folge eine besondere Bindegewebshülle.. Die Lichtung hält er für das Lumen eines Blutgefässes. Er glaubt, dass die (Grefässe durch die Zellmäntel setzen, bisweilen auch sich in deren Bereich verzweigen und weiters, dass das (refäss des einen Schlauches mit dem eines andern in Verbindung stehe. Er nimmt an, dass die Gefässe in die Zellschläuche als Arterien eindringen, zu Kapillaren werden und sich in dieser Form zwischen den Zellen verzweigen, um sie schliesslich als Venen zu verlassen. Eberth sieht in der Gland. coce. nur eine Gruppe von Gefässen gewöhnlicher kapillarer Art, deren Lumen teils das gewöhnliche Aussehen zeigt, teils ein wenig erweitert, bisweilen als sackähnliche Ausbuchtung erscheint. Solche Ausbuchtungen fand er meist an den Kapillaren und Venen, selten an den Arterien. Die Zahl und Ausdehnung ist stellenweise so beträcht- lich, dass sich das Bild eines wahren Schwellgewebes ergibt und das Stroma auf ein zartes Zwischengewebe beschränkt erscheint. Mehrfach fand er konzentrisch geschichtete Gebilde im Stroma, ähnlich den Thymus-Körperchen. An der Aussenseite der Kapillarwände, welche keineswegs von gewöhnlichen Kapillaren sich unterscheiden, sah er rundliche und längliche Haufen polygonaler Zellen, begrenzt von fibrillärem Bindegewebe. Kleine Gruppen solcher Zellen fanden sich auch im Stroma, ohne Zusammenhang mit den Gefässen. Eberth war der Ansicht, dass die erwähnten Zellen der Adventitia ange- hören und schlug als eine für das ganze Gebilde passende Bezeichnung den Namen Plexus vasculosus cocceygeus vor. Waldeyer hält die Abgrenzung der „perivaskulären Zell- schläuche“ von dem umgebenden Bindegewebe keineswegs für so scharf, als man nach der Mehrzahl der Abbildungen vermuten 124 J. W. Thomson Walker: konnte. Er glaubte gesehen zu haben, dass die äusseren „perithelialen“ Zellen allmählich eine Spindelform annehmen und mit mannigfachen Zwischenformen in die spindeligen Bindegewebs- zellen des fibrösen Stromas übergehen. Die „perivaskulären Zellschläuche“ sollen nach seiner Annahme von der Adventitia der Gefässe entstehen. Luschka, Arnold, Krause und Meyer veröffentlichten vergleichend-anatomische Studien über die Gland. coce. Beim Hunde fand Luschka zwei kleine runde Gebilde unterhalb der langen sakralen Schwanzmuskel, welche der beim Menschen gefundenen Drüse zu entsprechen schienen. Krause wies ihre Anwesenheit beim Affen (Macacus eynomolygus) am Ende des Beckens gerade vor dem vorderen Längsband des zweiten Schwanzwirbels nach. Meyer konnte nur bei der Katze etwas der Gland. coce. entsprechendes finden. In der Höhe des zweiten und dritten Coccygealwirbels fand er ganz ohne Zusammenhang mit der Art. sacr. med. ein Gebilde, das einige wenige Follikel und Schläuche enthielt, welche größer als die menschlichen waren. Bei Hund, Ratte und Maus fand er nichts. Arnold beschrieb die Ergebnisse seiner Untersuchungen bei Hund, Katze, Fischotter, Eichhörnchen, Ratte, Schwein, Rind und Pferd. Bei den ersten sechs Tierarten fand er regelmässig (Gefässsäcke im peripheren Schwanzteil, welche im Aufbau und in ihrer Beziehung zu Gefässen seiner Beschreibung des mensch- lichen Glomerulus coceygeus entsprechen. Bei anderen Tieren (Schwein, Rind und Pferd) fand er ein „Wundernetz“, dessen Äste eine sehr deutliche Muskelschicht tragen. Bei der Otter fand er beides. Bei keinem dieser Tiere fand er irgend etwas der Gland. cocc. ähnelndes oberhalb des achten Schwanzwirbels. Eigene Beobachtungen. Verfolgt man die Art. sacr. med. von ihrem Ursprunge an der Aortengabel, so findet man, dass sie vorne am Sacrum herab- steigt und vom Rectum nur durch ein lockeres Gewebe getrennt wird. Gegen das untere Ende des Sacrum zu verschwindet sie in einem Kanal, welcher durch die fibröse Ausbreitung der Ansätze des M. coceygeus und der L.L.spinoso-tuberoso-sacr. ge- bildet wird. In diesem Kanal verläuft die Arterie mit ihren ap Über die menschliche Steissdrüse. 125 begleitenden Venen unter Abgabe von Seitenzweigen. Nachdem sie die Vorderseite des Steissbeines passiert hat, schlägt sie plötzlich unter dessen Spitze nach rückwärts um und verliert sich im Fettgewebe, welches den „ano-coccygealen Körper“ Symingtons bildet. Zwei oder mehrere kleine Arterien können statt dieses einzelnen zentralen Gefässes auftreten und gleichen Verlauf nehmen. Öffnet man den bindegewebigen Kanal am frischen Präparate, so findet man gewöhnlich ohne Schwierigkeit ein kleines resistentes Gebilde, nicht grösser als ein Hirsekorn. Seine Farbe ist rötlich- gelb und es unterscheidet sich von den umgebenden Fettläppchen durch seine Festigkeit und vermehrte Resistenz und durch seine enge Beziehung zur Arterie. Bei einiger Aufmerksamkeit bei der Präparation sieht man es deutlich vorragen, wobei es der Wand der Arterie fest anhaftet. Gewöhnlich liegt es gerade vor der Steissbeinspitze, bisweilen gerade darunter. Hie und da kann die Präparation durch derb- fibröse Beschaffenheit des umgebenden Gewebes oder die Anwesen- heit sehr reichlichen Fettgewebes beträchtlich erschwert werden. Beim Neugeborenen ist die Präparation oft schwierig und undankbar. Ich zog es darum bei diesen später vor, unter Verzicht auf die anatomische Präparation Schnittreihen aus der ganzen Gegend der unteren sacro-coceygealen Knorpel anzufertigen. In diesem Alter findet man den Hauptanteil der Drüse an der Spitze des rudimentären Steissbeines und kleinere Knötchen auch an der hinteren Fläche des Knorpels. Das Gebilde hat eine unregelmässige ovale Gestalt und liegt gewöhnlich quer über die Vordertläche der Arterie, bisweilen mit Bildung von zwei mehr weniger abgegrenzten Lappen von ungleicher Grösse. Unter allen Umständen ist ihre deutlichste Beziehung immer die zur Art. sacr. med. (oder zu einer der Endverzweigungen der Arterie). Doch wird die Arterie keines- wegs in ihrem Verlaufe unterbrochen, sondern sie biegt dann um die Steissbeinspitze und versorgt schliesslich, wie Injektionen zeigen, ein kleines rundes Hautfeld rückwärts oberhalb des Steissbeines mit einem Durchmesser von ca. 15 mm. Sie besitzt reichliche Anastomosen mit den A. A. haemorrh. inf., doch konnte ich durch Präparation keine Körperchen im Zusammenhange mit letzteren Arterien finden. 126 J. W. Thomson Walker: Bei mikroskopischer Untersuchung in Serienschnitten sieht man sofort, dass der kleine Körper, welcher durch Präparation dargestellt wurde, nur einen Teil eines komplizierten Systems von winzigen Gebilden darstellt, die entlang dem Arterienverlaufe ausgesät sind. Man kann diese Gebilde in wechselnden Abständen von den Hauptknoten um die Arterie gruppiert finden, einzelne geradezu in deren Wand liegend. Häufig findet man unter ihnen u eV Fig.1. Schema der Beziehung der Äste der A. sacr. med. zur Steissdrüse und deren Nebenkörpern (aus Serienschnitten rekonstruiert). 1. Arterielle Verzweigung. 4. Hauptknoten. 2. Kleine Einzelknötchen. 5. Eintritt der A. in den Hauptknoten. 3. Grössere Knötchen. 6. Kleine Einzelknötchen amHauptknoten. u nr u en 5 Über die menschliche Steissdrüse. 127 ein Knötchen bedeutend grösser als die anderen, so dass es selbst den Hauptknoten an Grösse fast erreichen kann; in der Regel jedoch sind diese Nebenknoten winzig. Sie treten vereinzelt, seltener in Gruppen zu zwei oder drei auf. Es umgeben also zahlreiche dieser winzigen Knötchen die Hauptdrüse und man kann beim Vergleiche von Schnitten aus verschiedenen Höhen finden, dass sie entweder pölypösen Fort- sätzen der Hauptdrüsen entsprechen oder dass sie von ihr unab- hängig sind und auch eine selbständige Blutversorgung haben. Dieses Verhältnis ist beim Erwachsenen leicht zu zeigen, wenn man die Schnitte durch verschiedene Höhen der Serien verfolgt. Beim Neugeborenen und beim Fötus ist es nicht so klar, doch auch hier zeigt eine genaue Durchmusterung von Serienschnitten das Vorhandensein einer Hauptdrüse und ver- streuter winziger Nebendrüsen, welche in Beziehung zur Art. sacr. med. liegen. Letztere können entlang dem ganzen Verlaufe der Art. sacr. med. verfolgt werden und finden sich bisweilen noch auf der Rückseite der Cartilago coccygea. Der Hauptknoten liegt in einem Gewebe, welches meist aus Fett und lockerem Bindegewebe besteht. Es enthält weiters die verstreuten Nebenknötchen und führt fast in allen Schnitten sichtbare, sehr zahlreiche zarte Blutgefässe mit mannigfacher Verlaufsrichtung. Serienschnitte zeigen, dass diese (Gefässchen in naher Beziehung zur Drüse stehen und in deren Stroma ein- dringen oder aus demselben hervorkommen. Stets findet sich eine starke dickwandige Arterie in nächster Nachbarschaft der Drüse, bisweilen auch in so enger Beziehung zu ihr, dass sie geradezu für eine Strecke in die Drüse eintritt und sie an deren unterem Ende verlässt. In manchen Schnitten sieht man eine grosse Vene die Hauptarterien begleiten und es lässt sich zeigen, dass die Drüse in Beziehung zur Arterie und nicht zur Vene steht. In der Mehrzahl der Schnitte findet man ohne Mühe Nerven in nächster Nachbarschaft der Drüse, in einzelnen Gesichtsfeldern sind sie zahlreich, manchmal sind es auch etwas grössere Stämmchen; doch lassen sie sich weder bezüglich der Reichlichkeit ihres Vorkommens, noch bezüglich der Art ihrer Beziehung zur Drüse mit dem Verhalten der Arterien vergleichen. 128 J.W. Thomson Walker: In vereinzelten Schnitten kann man gelegentlich ein Nerven- bündel an die Peripherie des Drüsenstromas heran verfolgen, doch ist das ein Ausnahmefall, und selbst beim Bestehen einer so nahen Beziehung lässt sich die Nervenfaser nicht durch die äusseren Lagen des Stromas hindurch weiter drüsenwärts verfolgen. In einzelnen Serien fand ich Ganglienzellengruppen mit grossen pigmentierten Zellen. Sie lagen in einigem Abstand von der Drüse ohne sichtliche Beziehung zu derselben. Weiters fand ich rundliche kleine Gebilde nahe der Gland. coce., welche aus zahlreichen konzentrischen Lagen einer homogenen Substanz bestehen; sie enthalten in den Spalten zwischen den Lagen kleine, platte, dunkelgefärbte Kerne. Die Lagen gegen das Zentrum zu erscheinen schmäler, dunkler gefärbt, und zwischen ihnen befinden sich dunkelgefärbte Kerne von mannigfacher Gestalt. Die Gebilde gleichen den Pacinischen Tastkörperchen und dürften denselben auch tatsächlich entsprechen, nachdem ich ihren Zusammenhang mit Nerven nachweisen konnte. Sie fanden sich in mehreren Serien, doch konnte, trotzdem sie in manchen Schnitten der Drüse anlagen, kein Zeichen eines tatsächlichen Zusammenhangs nachgewiesen werden. In einzelnen Serien ist die Drüsensubstanz nicht in Fett oder lockeres Bindegewebe, sondern in ein kernarmes derbfibröses (rewebe eingebettet, dessen fast knorpelähnliche Härte Präparation und Mikrotomierung zu einer Geduldprobe macht. Derartiges fand ich besonders bei älteren Individuen. Das Gewebe um die Nebenknötchen unterscheidet sich in nichts von dem, in welches die Hauptdrüse eingebettet ist. Bei Kindern und Embryonen gleicht das die Drüse um- gebende Gewebe durchaus dem beschriebenen, nur zeigen die (sewebe embryonalen Typus. Die Drüse weist in der Regel eine nahe Beziehung zum Perichondrium des Coceygealknorpels und einen innigen Zusammen- hang mit dem Hauptstamme der Art. sacr. med. auf. Mit grösster Bestimmtheit kann ich nach genauer Unter- suchung auch des die Drüse umgebenden Gewebes in den vielen hunderten von Schnitten, welche die Schnittserien von 30 Gland. coee. liefern, behaupten, dass kein Ausführungsgang oder irgend etwas einem solchen Gebilde gleichendes existiert. Über die menschliche Steissdrüse. 129 Wenden wir uns nun der Untersuchung des Hauptknotens zu, so sehen wir, dass sich derselbe in den meisten Schnitten klar und deutlich vom Fett- und lockeren Zellgewebe seiner Umgebung abgrenzt. Im grossen und ganzen ist sein Aufbau stets derart, dass einer runden oder ovalen Bindegewebsmasse rundliche, ovale, langgestreckte oder unregelmässig geformte Zellhaufen und bisweilen eine grosse dickwandige Arterie einge- lagert sind. Fig. 2. Steissdrüse und Umgebung. A = grosse Arterie. D = Stroma. B = Hauptdrüse. E = Zellhaufen. C = kleinerer Knoten. Das Massenverhältnis der epithelialen Gebilde zu den binde- gewebigen schwankt bei der Untersuchung verschiedener Drüsen. Bei einigen sind die Zellhaufen so reichlich, dass das Bindegewebe auf ein zartes Zwischengewebe beschränkt wird, welches die Zellhaufen umfasst und voneinander trennt, bei anderen überwiegt Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64, 9 130 J. W. Thomson Walker: das Bindegewebe weitaus und die Zellhaufen erscheinen nur hie und da in dasselbe eingestreut. Peripher zeigt das Stroma eine konzentrische Lagerung seiner Fasern, wobei dieselben gewöhnlich dichter liegen und wenig Kerne enthalten. Man gewinnt so etwa den Eindruck einer Kapsel, welche die ganze Drüse umgibt. Von dieser Kapsel strahlen Bindegewebsbündel in die Drüse zwischen die Zellhaufen ein und bilden so eine Art stützendes Gerüst. Um jeden einzelnen Zellhaufen sieht man wieder eine konzentrische Faserschichtung: die Färbbarkeit dieser Fasern mit Eosin und anderen Farbstoffen ist eine minder intensive. So entsteht eine Sonder-Kapsel um jeden Zellhaufen, in der Regel wohl nicht ganz scharf, aber immer gut sichtbar, oft auch sehr deutlich. Das Vorhandensein dieser Sonderkapsel lässt sich auch bei Untersuchung nativer, in physiologischer Kochsalz- lösung zerzupfter Präparate deutlich nachweisen. Bei dieser Behandlung lösen sich viele kleine Knötchen aus dem Verbande und jedes Einzelknötchen erscheint dann durch eine dünne binde- gewebige Kapsel eingefasst und zusammengehalten. Abgesehen von dem grossen (Gefäss, dessen dicke Wand in vielen Schnitten im Stroma sichtbar ist, wird das Bindegewebe noch von Gefässen kleineren Kalibers durchsetzt. Sie sind in manchen Schnitten durch die Anwesenheit von Blutkörperchen in ihrem Lumen leicht zu erkennen. Meist aber lassen sie sich nur durch die Lagerung der Kerne ihrer Wand verfolgen. Wurden die Präparate von der Art. sacr. med. aus farbig injiziert, so lässt sich die Anwesenheit und der Verlauf dieser (Grefässe leichter sicherstellen. Bei vielen Zellhaufen sieht man, dass sie von einem solchen Gefäss zum Teil ringförmig umgriffen werden. Verfolgt man den Verlauf der im Stroma meist nur spärlich auffindbaren Nerven, so lässt sich, wie schon erwähnt, keine nähere Beziehung zwischen ihnen und den Zellhaufen nachweisen. In vielen Schnitten finden sich längliche Spalträume im Bindegewebe. Sie folgen den welligen Krümmungen der Binde- gewebsbündel und verlaufen in der Nähe der Zellhaufen oft zirkulär. Man könnte argwöhnen, dass diese Spalten durch Schrumpfung während des Härtungs- und Einbettungsverfahrens im Stücke entstanden sein könnten; man müsste aber doch erwarten, auch Über die menschliche Steissdrüse. B1! an anderen Stellen Zeichen der Schrumpfung zu finden, während doch solche Bilder nur ganz vereinzelt in langen Serien durch eine ganze Drüse und deren Umgebung auftreten und sonst keinerlei durch die Technik verursachten Entstellungen aufzu- finden sind. Man könnte auch glauben, dass es sich um zarte Kapillaren handle, doch müssten solche wenigstens hie und da einmal einige wenige rote Blutkörperchen enthalten, was tatsächlich nicht der Fall ist. Auch ist zu erwähnen, dass bei farbiger Injektion von der Art. sacr. med. aus keine Spur von Injektionsmasse in das Lumen dieser Spalten eingedrungen ist. Darum erscheint es wahrscheinlich, dass diese Spalten einem Lymphspaltensystem angehören, welches das Drüsenstroma durchsetzt. Das Stroma besteht aus langen welligen Bündeln von Binde- gewebsfasern mit runden, ovalen oder bisweilen spindeligen, mit Hämalaun und anderen Kernfarben dunkel sich färbenden Kernen. Sie treten in verschiedenen Präparaten in ungleicher Reichlichkeit auf; manchmal und insbesondere bei jugendlichen Individuen sind sie in grosser Zahl vorhanden, ein andermal erscheinen sie in spärlicher Zahl über das Zwischengewebe verstreut. Die schon früher erwähnten, den Kapillargefässen angehörigen länglichen Kerne sind bald zahlreich, bald spärlich zu sehen, hie und da enthält eine Kapillare noch Blutkörperchen. Es war schon von der konzentrischen Anordnung der Fasern in der äusseren Bindegewebslage die Rede. Diese Lage ist oft kernarm, ihre Fasern in vielen Schnitten dichter gedrängt als im sonstigen Bindegewebe. Im Bereiche der Drüse selbst verlaufen die Bindegewebsbündel in mannigfacher Richtung, doch ist ihre zirkuläre Anordnung um die einzelnen Zellhaufen ganz deutlich. Die Fasern dieser Einzelhüllen liegen etwas lockerer und färben sich etwas blässer als sonst im Bindegewebe. So sind also die Zellhaufen zunächst von einem Bindegewebe umgeben, das sich durch seine zartere Färbung vom übrigen Zwischengewebe unterscheidet. In vielen Schnitten sieht man, dass die Adventitia einer grösseren Arterie, welche in inniger Beziehung zur Drüse liegt, der bindegewebigen Hülle der Drüse derart einverleibt wird, 9* 132 J. W. Thomson Walker: dass sich Bindegewebsbündel von der äusseren Arterienwand mit solchen des Stromas verflechten. An solchen Schnitten ist es unmöglich zu unterscheiden, an welcher Stelle sich Arterienwand und Drüsenhülle voneinander abgrenzen. In vielen Schnitten finden sich glatte Muskelfasern mit charakteristischen, stäbchenförmigen Kernen unregelmässig über das Stroma verstreut. Bisweilen ist ihr Auftreten sogar ein reichliches. An solchen Schnitten findet man bei Verfolgung der Serie, dass diese Muskelfasern sich allmählich mehr und mehr, und in regelmässigerer Anordnung einander nähern, um schliesslich die Media eines grossen Blutgefässes zu bilden, das in engster Beziehung zur Drüse steht. An anderen Schnitten, und sie bilden die Mehrzahl, ist keine Spur von Muskelfasern in irgend einem Stromaabschnitte zu finden. Man gelangt so bei Schnitten der ersteren Art zur Ansicht, dass das Drüsenstroma und die bindegewebige Hülle der Arterie zum Teil ineinander übergehen, und dass die Muskelfasern der Media in deren peripheren Anteil auffasern und hie und da zwischen die Bindegewebsbündel des Drüsenstromas einstrahlen können. In keinem der untersuchten Schnitte sah ich eine zirkuläre Anordnung der glatten Muskelfasern um Einzelhaufen. Mir war die bisweilen reichliche Anwesenheit dieser Muskelzellen im Stroma einer Drüse und ihr vollständiges Fehlen bei einer andern unverständlich, bis mir ihre wahre Beziehung zur Arterienwand klar wurde und da wurde mir erst klar, dass ihre Anwesenheit die nahe Beziehung einer grossen Arterie zur Drüse zur Voraus- setzung hat, und dass sie keineswegs eine Muskelhülle um die Zellhaufen bilden. Wie ich durch spezifische Färbung nachweisen konnte, fanden sich elastische Fasern reichlich im Gewebe in der Umgebung der Drüse und beteiligen sich auch in gewöhnlicher Weise an dem Aufbau der Wand der grösseren Blutgefässe. Im übrigen lassen sich keinerlei elastische Elemente im Stroma oder in anderen Drüsenanteilen nachweisen. Die dem bindegewebigen Stroma eingelagerten Zellhaufen zeigen die grösste Mannigfaltigkeit in Form und Grösse. Sie sind auf den ersten Blick in Schnitten einer gut ent- wickelten Drüse als in das Bindegewebe eingetragene solide Zell- ar Über die menschliche Steissdrüse. 133 massen zu erkennen, welche durch ihre engstehenden und dunkel- gefärbten Kerne in die Augen springen. Die Zahl dieser Zellhaufen schwankt. Man kann bis zu 40 oder 50 im Schnitt zählen; oft aber erscheint ihre Zahl geringer infolge von Zusammenfliessen zu grösseren Klumpen. Bisweilen sind sie klein und rundlich, bisweilen ganz unregelmässig konturiert. Manchmal erscheinen sie wieder als lange Streifen mit geradem oder geschlängeltem Verlaufe, manchmal breiter, manchmal schmäler, oft mit Fortsetzungen in das umgebende Zwischengewebe. In manchen Schnitten sieht man das ganze drüsige Gewebe im Zusammenhang; in anderen ist der Zusammenhang unterbrochen und entstehen so isolierte Klumpen durch Stroma getrennt. Obwohl einige der Haufen solid zu sein scheinen, kann man doch im Serienverlauf ohne Schwierigkeit ersehen, dass sich die Zellen immer wieder um einen zentralen Hohlraum gruppieren, in welchem man stets Blutkörperchen findet. Fast jeder Schnitt zeigt in der Mehrzahl der in ihm ent- haltenen Zellhaufenquerschnitte je ein blutführendes zentrales Gefäss. A — Hauptdrüse. C = Gefäss im Zwischengewebe. B — Injiziertes, zentrales Gefäss. D — Nebendrüse mit inziert. zentral. Gefäss. 134 J. W. Thomson Walker: In einigen wenigen Fällen waren die Blutgefässe gleich- mässig durch das ganze Präparat beträchtlich erweitert, sodass sie allenthalben grosse Bluträume, von den typischen Zellen umgeben bildeten. Farbige Injektionen von der Art. sacr. med. aus bestätigen die Blutgefässnatur dieser Räume. Am Schnitte einer so Fig. 4. Zellhaufen mit stark gewundenem zentralen Gefäss. Injektion von der A. sacr. med. aus. behandelten Drüse sieht man die Injektionsmasse, die Zentral- räume ebenso wie die früher erwähnten kleinen Gefässe des Stromas erfüllen (s. Fig. 3). Diese zentralen Blutgefässe oder -räume werden überall von flachen endothelialen Zellen ausgekleidet, deren Kerne sich gi Über die menschliche Steissdrüse. 135 dunkel färben, mit deutlichem Unterschiede gegenüber den grossen Kernen der Drüsenzellen. Das Gefäss ist im der Be- schaffenheit seiner Wände nach kapillarer Natur; seine Wand besteht ausschliesslich aus einer Endothellage (Fig. 4). Bisweilen hat es an dickeren Schnitten infolge des Umstandes, dass die länglichen Endothelkerne im Schnitt übereinander zu liegen kommen, den täuschenden Anschein, als wäre eine zarte Muskularis vorhanden. Bisweilen kann auch dadurch, dass die muskuläre Wand einer Stromaarterie einem Zellhaufen enge anliegt, beim ersten Anblick ein ähnlicher Eindruck hervor- gerufen werden. Doch genaues Studium der Serienschnitte hat mich belehrt, dass die Blutgefässe, welche die Mitte der Zell- haufen einnehmen, ausnahmslos und ausschliesslich eine endothe- liale Wand besitzen. In den runden Zellhaufen nehmen alle diese kapillaren Räume die Mitte ein, in den langen gestreckten bilden sie deren Achse. Ihre Grösse ist eine wechselnde und sie bilden kleine Buchten und Rezessus (Fig. 4). Oft kann man auch Zweige von ihnen Fig.5. Injektionspräparat einer Drüse: Gewundene Gefässe mit Zellmänteln. A Drüsenparenchym. B Gefäss. 136 J. W. Thomson Walker: abgehen sehen. Hie und da einmal lässt sich verfolgen, wie sie von einem Zellhaufen in einen anderen übertreten. Auf Längs- schnitten und im injizierten Präparat erscheint ihr Verlauf gewunden und geschlängelt, in dickeren Schnitten ergibt sich oft ein höchst kompliziertes System von Gefässen, welche auch nur einen dünnen Mantel von zwei oder drei Drüsenzellagen besitzen können (Fig. 5). Die zarten seitlich abgehenden Äste bestehen nur aus einer einzigen Lage von Endothelzellen und dringen in die das grössere zentrale Gefäss umgebende Zellmasse ein (Fig. 6). J TR [22 Fig. 6. Einzelknötchen bei starker Vergrösserung. 1, 1a. Zentrale Bluträume mit Endothelauskleidung. 2. Kapillare, vom Blutraum abzweigend. 3. Kapillare in der Bindegewebsscheide eines Einzelknotens. 4. Stroma der Gesamtdrüse. Bisweilen sind diese zarten Äste durch Queräste verbunden. Schliesslich verlassen sie die Zellhaufen und mischen sich unter die Gefässe des Stromas in der Umgebung jedes einzelnen Drüsen- läppchens. Über die menschliche Steissdrüse. Va Sehr selten dringt die Injektionsmasse in diese zarten Kapillaren und auch Blutkörperchen finden sich in ihren Lumen nur in ganz vereinzelten Schnitten. Doch lassen sie sich unschwer verfolgen, wenn man sich an die Doppelreihe der Kerne ihrer Endothelien zwischen den Drüsenzellen hält. Die Zellen, aus welchen die Knötchen bestehen, sind rund oder polygonal und protoplasmareich. Sie sind dem zentralen Blutraume enge angelagert, ihr Zellkontur ist meist unscharf, nur in einigen Schnitten ergibt die Aneinanderlagerung ihrer Ränder einen Doppelkontur, durch welche man die Zellformen genügend deutlich erkennen kann. Das Protoplasma ist hell und färbt sich mit Eosin zart, im Gegensatze zu der satteren Eosin- färbung des umgebenden Bindegewebes. Mit Van Gieson färbt sich das Zellprotoplasma leuchtend gelb und bringt so in vorteil- hafter Weise die Grenzen der Zellhaufen gegen das fuchsin gefärbte Stroma zur Ansicht. Nirgends sieht man im Protoplasma Granulierung. Die Kerne dieser Zellen sind groß, rund oder oval, zentral gelagert oder bisweilen ganz leicht exzentrisch, und immer vom breiten Protoplasmasaume umgeben. Sie färben sich mit Kernfarbstoften wie Hämalaun recht gut, aber nicht so dunkel wie die langen Endothelkerne des zentralen Gefäßes.. Der Kernrand färbt sich besonders dunkel und scharf, die granuläre Beschaffenheit des Kernes weist auf ein gut ausgebildetes Chromatingerüst hin. Ausnahmslos färben sich ein, zwei oder mehrere große dunkle Körner in demselben. In keinem der Schnitte konnten Mitosen gefunden werden. Die Zellen liegen unvermittelt dem Endothel des zentralen Blutraumes auf, wobei ihre Kerne knapp an die Endothelkerne des letzteren herantreten. Nur in einigen Schnitten umgibt eine schmale Zone von kernfreiem Protoplasma das Endothel. Zwischen den grossen runden Kernen dieser Zellen treten bisweilen andere dunklergefärbte auf. Sie sind bisweilen oval, oft lang und schmal, und bilden bei genauem Zusehen mehr weniger scharfe Linien auf ihrem Weg durch die Zellen hindurch. Oft bilden sie Doppel- reihen, welche in vereinzelten Schnitten Blutkörperchen oder Injektionsmasse enthalten; sie sind demnach als sekundäre und zarteste Kapillaren, welche vom Zentralgefäße abzweigen, anzu- sehen (Fig. 6). 138 J. W. Thomson Walker: Zwischen den Zellen des Haufens gibt es kein Bindegewebe und auch keines um das zentrale Gefäss. Die Abgrenzung des Zellhaufens vom umgebenden Zwischengewebe ist scharf und klar. In einzelnen Schnitten ergibt sich ein überraschendes Bild: Wie gewöhnlich ist die Injektionsmasse in das zentrale Gefäss eingedrungen wie auch in die Gefässe des Stromas um die Zell- haufen. Ausserdem aber ist jede einzelne Zelle von einem zarten Saume in der Farbe der Injektionsmasse eingefasst, sodass der Zellhaufen ein mosaikartiges Aussehen erhält (Tafelabb., Fig. 1). Es ist nicht leicht, diese eigentümliche Erscheinung in richtiger Weise zu deuten. Auf den ersten Anblick ist man geneigt, der Sache keine Aufmerksamkeit zu schenken, in der Annahme, dass die Injektionsmasse, nach Berstung der zarten Wand des zentralen Gefässes ausgetreten, zwischen die einzelnen Zellen vorgedrungen ist. Diese Vermutung ist bei genauerer Über- legung aber nicht einwandsfrei. An solchen Schnitten ist die endotheliale Auskleidung des zentralen Raumes unversehrt, und es ist kein Anzeichen für eine artefizielle Störung in der Beziehung der einzelnen Elemente untereinander vorhanden. Die Zellen haben zarte und deutliche Konturen, sie sind keineswegs ver- zerrt oder verschoben; weiters findet man, dass im peripheren Abschnitt des Zellhaufens, also in dem vom Zentralgefäss am entferntesten gelegenen Gebiet die Veränderung deutlicher zu sehen ist als in nächster Nachbarschaft des Gefässes.. Auch ist kein Anzeichen von Kapillarruptur in der Umgebung der Zellhaufen zu bemerken. Ich erwähnte früher, dass in manchen Schnitten von Präpa- raten, die nicht injiziert worden waren, bisweilen ein Doppel- kontur an den Zellrändern gesehen werden konnte und ferner erwähnte ich, dass kleinste Kapillaren, vom zentralen Blutraume abzweigend, die Zellhaufen durchsetzen. Man könnte da vielleicht auf das Vorhandensein äusserst zarter Räume zwischen den Zellen schliessen, welche mit dem Blutraume kommunizieren, und sich nicht ohne weiters bei gewöhnlicher Art der Untersuchung erkennen lassen. Es ist nicht leicht diesbezüglich zu einem abschliessenden Urteil zu gelangen. Sicherlich sind die farbigen Linien zwischen den Zellen genügend scharf und deutlich begrenzt, um die Ver- mutung zu gestatten, dass sie mit Injektionsmasse gefüllte inter- FB Über die menschliche Steissdrüse. 139 celluläre Räume darstellen, und der Umstand, dass die von der Art. sacr. med. aus eingebrachte Injektionsmasse einerseits in den Bluträumen, anderseits zwischen den Zellen sich findet, würde ungezwungen den Schluss gestatten, dass solche Räume in direkter Kommunikation mit dem Blutgefässsystem stehen. Anderseits kann man aber doch nicht so ohneweiters annehmen, dass das Blut allenthalben in der durch das Injektionsbild zur Anschauung gebrachten Weise zwischen den Zellen zirkuliert; denn wenn das der Fall wäre, müsste man doch irgend einmal auch Blutkörperchen antrefien. die an solcher Stelle lägen. Darum würde ich mich zu der Annahme gedrängt sehen, — die mir freilich selbst ein wenig gezwungen erscheint — dass, wenn solche intercelluläre Räume wirklich existieren — ich kann wohl nicht behaupten, dass ich den Beweis ihres Vorhandenseins mit Sicherheit erbracht habe — vielleicht nur die ungeformten Anteile des Blutes in sie eindringen können. Eine andere Erklärung, mit welcher man sich vielleicht eher befreunden könnte, wäre die, dass die Zellen durch eine Kitt- substanz verbunden werden, welche eine ganz besondere Affinität zum Farbstoffe der Injektionsmasse hätte; die Kittsubstanz wäre dann mit diesem Farbstoffe auf dem Diffusionswege in Beziehung und so der Doppelkontur der Zellen scharf hervorgetreten. Immerhin sei zugegeben, dass damit die Erklärungsmöglich- keiten des interessanten Phänomens nicht erschöpft sind. Die Hypothese, dass es sich um eine Anfüllung von Intercellularräumen mit Injektionsmasse handle, erscheint mir verlockend; leider wird sie durch die sichtbaren Verhältnisse recht unvollkommen gestützt. Der Zellmantei um die zentralen Bluträume ist manchmal bis zu 4—5, manchmal nur 2—3 Lagen dick, bisweilen häufen sich die Zellen mehr auf einer Seite, sodass sie hier in acht oder mehr Reihen dem Gefässe anliegen, während sich auf der Gegen- seite nur 1—2 Lagen zeigen. Das zentrale Blutgefäss kann in seinem Übergange von einem Knötchen in ein anderes verfolgt werden, dazwischen braucht es keine umhüllenden Zellen zu tragen. Oft ist die Drüse in zwei, drei oder mehr gleich grosse Knoten aufgelöst, welche in verschiedenen Höhen, aber stets in enger Beziehung zur Art. sacr. med. und nahe aneinander liegen. Alle diese Knoten stimmen in ihrem Aufbau mit dem bisher 140 J. W. Thomson Walker: Beschriebenen durchaus überein. Oft findet man in nächster Nähe der Hauptdrüse, scheinbar ohne Zusammenhang mit derselben, kleine Knötchen, welche aus einem einzigen Zellhaufen bestehen, der von einer vollständigen Bindegewebskapsel umgeben ist. Ver- folgt man sie aber in den Serien, so findet man, dass diese schein- bar abseits liegenden Knötchen fast ausnahmslos in verschiedenen Höhen mit der Hauptdrüse zusammenhängen, und Knospen oder Fortsätze darstellen, die sich von deren Oberfläche erheben. Ein- zelne sind aber wirklich selbständig und können als sekundäre Knötchen angesprochen werden. Diese sekundären Knötchen finden sich hie und da über die Nachbarschaft der Art. sacr. med. verstreut oberhalb oder unter- halb der Hauptdrüse (Fig. 1). Bisweilen sind sie in das Fett oder in das lockere Bindegewebe eingebettet, anderemale liegen sie der Adventitia der Arterie dicht an, ja sie können sogar in diese selbst eingelagert erscheinen. Ihr Aufbau ist leicht verständlich und, verglichen mit dem der Hauptdrüse, entsprechen sie einem Einzelhaufen der letzteren. Auch sie besitzen eine bindegewebige äussere Hülle mit gleichem konzentrischen Faserverlauf wie um die Einzelhaufen in der Hauptdrüse. Oft sieht man die dunkleren Kerne eines kleinen Gefässes, welches sie enge umgreift. Die Zellen gleichen durchaus den beschriebenen und umlagern in Form eines kuge- ligen Haufens ein zentrales kleines Blutgefäss kapillarer Natur (Fig. 3). Verhalten der Drüsen in verschiedenen Lebensaltern. Das früheste Stadium, aus welchem mir ein Präparat der Steissdrüse zur Verfügung stand, entsprach dem eines 5'/» monat- lichen Fötus mit 28 cm Körperlänge. Weiters wurden von einem 6 monatlichen Fötus (33 em Länge), und von einem 7 monatlichen Fötus stammende Drüsen untersucht. Acht Präparate rühren vom Neugeborenen her. Bei den neugeborenen Kindern wurden die Drüsen wenige Stunden post mortem entnommen. Ebenso verhält es sich mit der Drüse des 7 monatlichen Fötus. Der 5!/s und der 6monat- liche Fötus waren in Müller’scher Flüssigkeit mit Formalin- zusatz, resp. in Formalin-Alkohol durch längere Zeit vorbehandelt und tadellos erhalten. Über die menschliche Steissdrüse. 141 (1) Beim 5!/s monatlichen Fötus erschien die Drüse (Fig. 7) als einzelner Zellhaufen an der Vorderseite des Steissbeinknorpels nahe seiner Spitze, in enger Beziehung zur Hauptarterie, die an der Knorpelvorderfläche absteigt, umgeben von einer Kapsel aus zirkulär angeordnetem embryonalen Bindegewebe; von einem Stroma, welches den Zellhaufen in Einzelknoten zerlegt hätte, war wenig zu bemerken. In der Kapsel fanden sich einzelne, Kapillargefässen angehörige, längliche Kerne; der Verlauf dieser Kapillaren liess sich von der Drüse fort und bis in die Gefässe der Umgebung verfolgen. Im Bereiche der Drüsenzellen fand sich ein wohl ausgeprägter Blutraum mit Endothel ausgekleidet, 1 N 5) Ir Se es Fig. 7. Coccygea eines 5! monatl. Fötus. 1. Steissbein. 4. Kapillare, von der Art. zur 2. Art. sacr. med. Drüse ziehend. 3. Drüse. 5. Bluträume in Zellhaufen. 6. Kapillare im Zellhaufen. der rote Blutkörperchen enthielt. In anderen Teilen des Zell- haufen fanden sich einige wenige kleinere, gleichfalls bluthältige Räume, und ausserdem dunkel gefärbte Kerne von ganz zarten Kapillaren, die in Windungen den Zellhaufen durchsetzten. Die Drüsenzellen gross, mit undeutlichem Kontur, runden oder ovalen, dunkel gefärbten Kernen, welche Chromatingranula und auch ein oder mehrere Kernkörperchen enthielten. Schon in diesem frühen 142 J. W. Thomson Walker: Stadium ist in der Zellmasse die Tendenz zur Gruppierung in Haufen zu erkennen, trotz des Mangels eines deutlichen Zwischen- gewebes. In nächster Nachbarschaft der Drüse lagen zwei grössere Nervenstränge. Das Erkennen der Drüse bot trotz des vor- handenen (refässreichtums und der embryonalen Beschaffenheit der Gewebe keine Schwierigkeit. An einem 7 monatlichen Fötus wurde von der Bauchaorta aus wenige Stunden nach dem Tode rote Masse injizirt. Die Drüse fand sich als Einzelgebilde an der Steissbeinspitze. Die Injektionsmasse war leider in viele der kleineren Gefässe nicht eingedrungen, doch hatte der Injektionsdruck Blut eingetrieben. Viele Kapillaren zwischen den Drüsenzellen erschienen darum erweitert. So bekam man auch einen in der Mitte der Zellen gelagerten Blutraum zu Gesichte, welcher zarte kapillare Seiten- äste abgab, die sich zwischen den Drüsenzellen verzweigten. (Farbige Tafelabb. Fig. 2). Stellenweise zeigte die Drüse beginnendes Einwachsen des Bindegewebes, wodurch eine beginnende Auflösung der Zellmasse im Einzelklumpen schon deutlicher sichtbar wurde als im vorhergehenden Präparate: doch konnte auch hier von scharf umschriebenen Zellhaufen noch nicht die Rede sein. (2) Bei den Neugeborenen bestand die Drüse teils aus einem einzigen grossen Knoten, teils aus zwei, ja selbst aus vier unge- fähr gleich grossen Gebilden. War sie durch einen einzigen Knoten repräsentiert, so lag sie vor der Steissbeinknorpelspitze, knapp am Perichondrium und immer in enger Beziehung zu einer grossen Arterie. Bestand sie aus mehreren Knoten, so fanden sich einzelne davon in gleichem Niveau, "aber an der Steissbein- hinterseite, so dass eine sagittale Ebene, welche durch die Mitte des Steissbeins nach rückwärts gegen die Haut zu gelegt worden wäre, alle Knoten getroffen hätte. Einmal lag der grösste, also der Hauptknoten in dieser Ebene hinter dem Steissbeine. Die Drüsen von neugeborenen Kindern zeigten fast immer Erweiterung und pralle Blutfüllung der Kapillaren in den Zell- haufen, bisweilen in ganz auffälliger Weise (Stauung infolge intra- uteriner Asphyxie!); die Drüsenzellen um die Bluträume standen dicht gedrängt und nur selten war genügend reichlich Stroma vorhanden, um den Eindruck einer Lappung zu machen; nirgends war zu beobachten, dass durch die Ausbildung des Stromas geradezu etwa einzelne Zellklumpen zur Bfldung runder oder 0 ee Über die menschliche Steissdrüse. 143 ovaler Knötchen von der Gesamtmasse abgetrennt würden, wie beim Erwachsenen. Die Zellen sind dabei minder scharfbegrenzt und dichter gedrängt, ihre Kerne färben sich dunkler als beim Erwachsenen. Auch hier lassen sich die erwähnten, Kapillaren angehörigen, Endothelkerne zwischen den Zellen verfolgen. Die Hauptmerkmale der fötalen Drüse und die des Kindes lassen sich in folgender Weise zusammenfassen: Verhältnismässig entspricht hier die Drüse an Grösse der des Erwachsenen, eher ist das Verhältnis ein für die letztere ungünstigeres. Fortsatzähnliche Anhängsel, sowie Einzelknötchen fehlen oder lassen sich im umgebenden Gewebe nicht erkennen. Darum erscheint die Drüse mehr einheitlich um die ihr zugehörige Hauptarterie aufgebaut und macht im Gegensatze zum Verhalten beim Erwachsenen mehr den Eindruck eines abgegrenzten Ganzen. Das Stroma ist zellreicher und ist im Vergleich zu späteren Lebensabschnitten verhältnismässig spärlicher; es zeigt auch noch weniger die Tendenz, das Drüsenparenchym in Einzelknoten auf- zulösen; die Drüse bildet dementsprechend eine mehr gleichmässige, unstrukturierte Masse. Das Protoplasma und die Kerne der Drüsenzellen färben sich recht intensiv, entsprechend ihrem embryonalen resp. jugend- lichen Zustande. Die Zellgrenzen sind oft wenig deutlich. Die nicht injizierten Präparate zeigen meist stärker erweiterte und mit Blut gefüllte Gefässe im Bereich der Drüse als beim Erwachsenen. 3. Drei Drüsen, aus dem 6., 15. bezw. 16. Lebensjahre nähern sich in dem histologischen Verhalten ihrer Elemente schon mehr dem beschriebenen Typus der Drüse des Erwachsenen. Das Stroma hat allmählich fast schon die Beschaffenheit wie in den späteren Lebensabschnitten angenommen, erscheint aber noch etwas kernreich. Es ist in die Drüsenzellmasse eingedrungen, und wenn auch der Aufbau der Drüse noch nicht so gegliedert und differenziert ist, wie in der endgiltig ausgebildeten Drüse, so lassen sich doch in vielen Schnitten isolierte Zellhaufen mit zentralen Bluträumen auffinden. Mit dem Fortschreiten der Ausbildung der Einzelhaufen ordnen sich die Zellen auch immer deutlicher um die Zentralgefässe und verlieren das Aussehen von 144 J. W. Thomson Walker: unregelmässigen, von Gefässen durchzogenen Zellenanhäufungen. Im 15. Lebensjahr hat die Drüse die Grösse erreicht, wie man sie gewöhnlich beim Erwachsenen sieht. 4. Im hohen Alter (zwischen 60 und 70) wird das die Drüse umgebende Bindegewebe oft dicht und hart. Das Binde- gewebe innerhalb des Drüsenbereiches erscheint im Vergleiche zum Drüsengewebe verhältnismässig reichlich und kernärmer. Besonders schön sieht man das an den separaten Kapseln, welche die Einzelhaufen umgeben: sie erscheinen stellenweise förmlich hyalin. Das Zentralgefäss wird häufig von einem homogenen Streifen umgeben, welcher zwischen Endothel und Drüsenzellen liegt. Oft finden sich selbständige kleine Zellgruppen im Stroma ohne nachweisbares Zentralgefäss. An manchen Stellen kann man weite Bluträume finden, bei welchen die Beschaffenheit ihrer Wand und der Verlauf einiger abzweigender kleinster Kapillaren darauf hinzuweisen scheinen, dass sie in einem früheren Lebensabschnitte von Drüsenzellen umgeben waren, welche nun verschwunden sind. An anderen Stellen wieder sieht man, wie das Bindegewebe vom Rande der Zellhaufen her in diese eindringen, indem es zwischen die periphersten Zellen einwächst. Man gewinnt so den Eindruck, als befände sich das drüsig - vasculäre Gebilde im Zustande beginnender Verödung. Beziehung der Drüsen zu den Blutgefässen. Es ergibt sich die Notwendigkeit, zu diesem Titel einiges schon bei der allgemeinen Beschreibung der Drüse Geschildertes nochmals zu erwähnen und zusammenzufassen und Einzelheiten. welche zum Verständnis des Verhaltens des Gefässapparates im Bereiche der Drüse von Wichtigkeit erscheinen, schärfer ins Auge zu fassen. Dass die Hauptdrüse immer zu einer grossen Arterie, der Art. sacr. med. oder einem ihrer grösseren Äste in naher Be- ziehung steht, wird sofort klar, wenn man die Serienschnitte beliebig welchen Präparates, vom Kinde oder vom Erwachsenen, durchsieht. Beim Erwachsenen ist der Zusammenhang bisweilen ein so inniger, dass, wie erwähnt, die Adventitia des Gefässes und die bindegewebige Hülle der Drüse ineinander übergehen und die äusseren Medialagen auffasern und in das Drüsenstroma einstrahlen können. Fast noch deutlicher zeigt dieses Verhältnis das neugeborene Kind. Über die menschliche Steissdrüse. 145 Querschnitte, welche Arterie und Drüse treffen, geben häufig folgenden Befund: Es dringen kleine Äste, welche von der grossen Arterie abzweigen, in die Drüsenzellenmassen ein. Fig.8. Schema der Vaskularisation der Drüse. 1. Arterie. 2. Abzweigende Kapillare, die dann in eine Teildrüse eintritt. 3. Blutraum der Teildrüse. 4. Verzweigung des Blutraums. 5. Kapillare im Bindegewebsmantel einer Teildrüse. 6. Kapillare von einer Teildrüse in eine zweite übertretend. 7. Gefässchen in der bindegewebigen Hülle der Gesamtdrüse. 8. Vene. Ich konnte sie häufig in meinen Präparaten verfolgen und habe ihren Verlauf in Fig. 9 wiederzugeben versucht (die Serie, aus welcher der Schnitt stammt, rührt von einer 23 jährigen Frau her). Man sieht, wie der betreffende Ast die Muskularis der Arterie durchsetzt, um dann zunächst in das Drüsenstroma einzutreten und wie er schliesslich allseitig von den typischen Drüsenzellen umgeben wird. Das Endothel lässt sich dabei in continuo vom Arterien- lumen zum zentralen Blutraum der Zellmassen verfolgen, es zeigt nirgends eine Unterbrechung seines Zusammenhanges und Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 10 146 J. W. Thomson Walker: “u... em kr & N Ss lbs Fig. 9. Uebergang der von der Arterie abzweigenden Kapillare in den zentralen Blutraum des, Zellhaufens. (Links oben Konturskizze von Arterie und Drüse). Muskuläre Wand der Arterie. 3. Kapillare im Drüsenstroma, Lumen der Arterie. 4. Drüse. a. Durchtritt der Kapillare durch die 5. Einzelhaufen. K 2. 2 Arterienwand. 6, Zentraler Blutraum. m Über die menschliche Steissdrüse. 147 unterscheidet sich dort, wo es den Blutraum auskleidet, in keiner Weise von der Auskleidung der Arterie; es macht auch keinerlei Schwierigkeit, die Drüsenzellen und die Endothelien des Blut- raumes auseinanderzuhalten. Bei der Passage des Ästchens durch die Media der Hauptarterie wird kaum eine einzige Muskelfaser in ihrer Lagerung verschoben; im weiteren Verlauf, im Bereiche des Bindegewebes, lässt sich das Ästchen oft nur als Doppelreihe endothelialer Kerne, stellenweise aber auch als ein Blutkörperchen enthaltendes, mit Endothel ausgekleidetes Lumen verfolgen. Hat es also die Arterienwand verlassen, das Drüsenstroma passiert und den Bereich der Drüsenzellen selbst erreicht, so erweitert es sich dann zu dem zentralen, von Drüsenzellen umgebenen Blutraum; als solcher gibt es nun seinerseits wieder die früher erwähnten zarten Verzweigungen zwischen die Zellen ab. Den hier beschriebenen und abgebildeten Zusammenhang zwischen Lumen der grossen Arterie und Lumen des zentralen Blutraumes konnte ich in analoger Weise mehrfach und in ver- schiedenen Präparaten verfolgen. Bisweilen erhält man Schnitte, in welchen die der Drüse enge benachbart liegende Arterie gerade in ihrer Längsachse getroffen wurde. Solche Schnitte zeigen besonders deutlich das beschriebene Übertreten der kleinen Ästchen von der Arterie in die Zellhaufen und zwar recht häufig und in gleichmässiger Weise. Man sieht so, dass die Arterie ‚kleinste Gefässe von kapillarer Wandbeschaffenheit in grosser Zahl abgibt, welche in die Drüse selbst eindringen, um zu zentralen Bluträumen zu werden. Bisweilen tritt nicht ein vereinzeltes Gefäss an die Drüse heran, sondern eine Anzahl kleinerer — zwei, drei oder mehr — dringen, mit allen arteriellen Wandschichten bekleidet, ins Drüsenbindegewebe ein. Das Verhalten der Zellmassen in der Nachbarschaft dieser Arterien täuscht dann oft ein Bild vor, als handle es sich um ein arterielles Zentralgefäss, dessen Muskularis von Drüsenzellen umgeben wäre. Eine genauere Untersuchung deckt aber immer den wahren Sachverhalt in dem Sinne auf, dass jeder Zellhaufen die ihm angehörige Kapillare oder Kapillaren umschliesst und dass die betreffende Arterie nur zwischen die Zellmassen eingekeilt, nicht aber in ihnen liegt. Unter solchen Umständen kann man in manchen Drüsen viel glatte Muskelfasern im Stroma sehen. 102 148 J.W. Thomson Walker: Schwankungen in der Art der Blutversorgung gibt es tat- sächlieh nur in der Zahl und der Grösse der Arterien, welche mit der Drüse in Beziehung treten. Verfolgt mam den Gefässverlauf im Bereiche der Drüsen- zellen selbst, so sieht man, dass die zentralen Blutgefässe, wie schon erwähnt, einen gewundenen bis schraubenförmigen Verlauf nehmen, in Abständen etwas grössere Ästchen abgeben, welche bisweilen auch mit den kleinen Gefässen der bindegewebigen Hüllen der Zellhaufen oder des Bindegewebes der Umgebung der Drüse kommunizieren. Wir sahen ferner, dass während des Verlaufens im Bereiche des Zellmantels zahlreiche Kapillaren abgehen, welche hie und da sowohl untereinander wie auch bisweilen mit den die Einzelhaufen umgebenden (refässchen anastomosieren. Letztere kleine Stromagefässe sind es, welche das Blut in die zahlreichen Arteriolen in der Umgebung der Drüse und durch diese wahrscheinlich zu den grossen Venen der Nachbarschaft leiten. (Fig. 3). Für die erwähnten, die Hauptdrüse umgebenden, von ihr scheinbar unabhängigen Knötchen, welche in anderen Schnitthöhen als mit ihr im Zusammenhange stehend sich erweisen, lässt sich natürlich annehmen, dass die Art ihrer Blutversorgung mit der sonstigen übereinstimmt. Bei wirklich selbständigen Knötchen dringt eine Kapillare zunächst in die Kapsel, dann in die Mitte des Zellhäufchens ein. Nachdem sie es verlassen hat, mündet sie in eines der kleinen Gefässchen in der Nachbarschaft dieses Einzelhäufchens ein. Bisweilen lässt sich verfolgen, dass das Gefäss, welches solche Einzelknötchen versorgt, von einer grösseren Arterie abzweigend einen ziemlich langen geschlängelten Weg zurückzulegen hat, bevor es seine Bestimmung erreicht. Vergleich mit den Befunden früherer Untersucher. Vergleiche ich meine Untersuchungsergebnisse mit jenen anderer Beschreiber, so finde ich mehrere Einzelheiten der Nicht- übereinstimmung. Ich möchte sie der Reihe nach durchnehmen, entsprechend der Reihenfolge, in welcher die verschiedenen (rewebsabschnitte im Obigen beschrieben wurden. Krause fand im Drüsenstroma glatte Muskelfasern ; Arnold bestätigte das und sah in ihnen eine scharfe und voll- Uber die menschliche Steissdrüse. 149 ständige Muskelhülle um die einzelnen Drüsenfollikel, welche im Zusammenhange mit der Media der Arterie stehen soll. Dieser Ansicht kann ich mich nicht anschliessen. Die glatten Muskelfasern im Stroma habe ich wohl gesehen, wenn sie auch in vielen Drüsen fehlen und nur in wenigen vorhanden sind; in vereinzelten allerdings reichlich; doch bei keiner von den letzteren war irgend eine konzentrische Lagerung um die Drüsenfollikel nachzuweisen. Vielmehr sind sie, wenn vorhanden, immer nur Teile der Media einer Arterie, welche entweder der Drüse enge anliegt, oder in ihrem Stroma verläuft. Ich habe hierüber schon ausführlich gesprochen. Es war mir nicht möglich eine Spur jener Zellnester zu finden, die, nach der Beschreibung Ebert’s im Stroma ein- gelagert, den konzentrisch geschichteten Thymuskörperchen gleichen sollen; auch die von Luschka beschriebenen Ganglien- zellen im Stroma konnte ich nicht finden. Den gleichfalls von Luschka herrührenden Befund einer hyalinen Membran um die Zellhaufen konnte ich ebensowenig bestätigen, wie ich auch nicht eine Andeutung der gefensterten elastischen Lagen, von denen Arnold sprach, entdecken konnte, obwohl ich spezifische Färbungen zum Nachweis der elastischen Fasern anwendete. Ich fand sie ausschliesslich in der Wand ausgebildeter Gefässe. Vielleicht hat das früher erwähnte homogene Aussehen der Bindegewebs- kapseln um die Einzelhaufen im Alter diesen Irrtum Arnolds veranlasst. Der zentrale Hohlraum im Bereiche der Drüsenzellmassen ist unanfechtbar ein mit einschichtigem Endothel ausgekleideter Blutraum. Wenn Luschka einen allmähligen Übergang der Drüsenzellen zu einer körnigen Substanz im Lumen beschreibt, so lässt sich das wohl nur damit erklären, dass die Methoden der Fixierung und Härtung, welche ihm zur Vorbehandlung seiner Präparate zur Verfügung standen, im Vergleiche zu den modernen unzulänglich waren. Auf gleiche Stufe möchte ich vielleicht auch seine Befunde von auskleidendem Flimmerepithel in den Hohlräumen bei Neugeborenen setzen. Sertolis Supposition, dass die Erweiterung der zentralen Räume eine künstliche, nämlich eine Folge des Injektionsvor- ganges sei, kann ich nicht beipflichten. Ich fand genau das gleiche Bild in vielen Präparaten, bei welchen keine Injektion 150 J. W. Thomson Walker: angewendet worden war. Ich glaube vielmehr, dass diese Räume tatsächlich in wechselndem Ausmasse weit und blutgefüllt sind, und dass der Umstand, dass sie häufig leer und kollabiert an- getroffen werden, die Folge des Druckes der Beckenorgane bei Rückenlage während und nach dem Tode sei. Mit Sertoli fand ich eine häufige Verzweigung dieser Zentralgefässe im Bereiche der Zellmassen. Ich fand aber ausserdem die besprochenen zarten Kapillaren mit radiärem Abgang. Sertoli glaubt ein vollständig ausgebildetes Gefäss mit seiner Muskularis bisweilen in der Mitte der Zellhaufen gesehen zu haben. Auch ich glaubte eine Zeit lang in einzelnen meiner Schnitte Übereinstimmendes zu sehen; aber in allen Fällen kam ich durch genauere Untersuchung zu der Erkenntnis, dass entweder eine scheinbare Media bei etwas dickeren Schnitten durch auf und übereinander gelagerte Endothelschichten vorgetäuscht worden war, oder, dass es sich, wie früher schon erwähnt, tatsächlich um eine Arterie handelte, welche aber überhaupt nicht in, sondern zwischen Zellhaufen gelagert war. Henle fand hyaline Tropfen in den Drüsenzellen; meine Schnitte weisen nichts Ähnliches auf. Keineswegs konnte ich Arnolds Befund einer Verdickung der Intima der Arterien, welche so die Drüsenzelllagen bilde, bestätigen. Ich habe wiederholt das Zentralgefäss von seinem Abgange von der Arterie aus verfolgt und immer gesehen, dass es seine Wandbeschaffenheit von seiner Abgangsstelle von der Arterie bis zum Austritt aus dem von ihr durchzogenen Drüsen- zellhaufen unverändert beibehält. Schliesslich kann ich mich auch darin mit Sertoli nicht einverstanden erklären, dass das Zentralgefäss der Zellmassen in dieselbe als Arterie eintreten, sich in eine Kapillare umwandeln und sie als Vene verlassen soll. Vielmehr glaube ich mit Bestimmtheit, dass es in der soeben erwähnten Ausdehnung von Anfang bis Ende seine kapillare Natur unverändert beibehält, um dann jenseits der Drüse, im Zwischengewebe, mit arteriellen Ästchen zu anastomosieren. Über die menschliche Steissdrüse. 151 Über das Wesen der Glandula Coccygea. Der wesentliche Punkt in den topischen Beziehungen der Gland. Cocc. ist ihre enge Vergesellschaftung mit Blutgefässen. Ihre Beziehung zu nervösen Elementen kann im Vergleich hierzu durchaus in zweite Linie gesetzt werden. Die Beziehung zum Arteriensystem hat Arnold bewogen, die Bildung geradezu als Gefässplexus anzusprechen; er glaubte die arteriellen Wandschichten in ihrem Übergang in die Drüse verfolgen zu können und unter diesem Gesichtspunkte schlug er den Namen „glomeruli arteriosi Coccygei“ vor. Er gibt keine weitere Erklärung der Natur dieser mit der art. sacr. med. im Zusammenhange stehenden Glomeruli. Ich stimme mit Arnold darin überein, dass tatsächlich ein Gefässplexus vorhanden ist, doch sind nach meiner Ansicht dessen Gefässe Kapillaren und dringen in Haufen von Drüsenzellen ein. Letztere umlagern die Gefässe, und bilden nicht einen Teil ihrer Wand. Die Betrachtung dieser Zellen lässt insbesonders ihre Grösse und eigentümliche Färbung und eben ihre Beziehung zu den Plexusgefässen auffallend erscheinen. Sie sind durchaus eigenartige Zellen und müssen in ihrer Umlagerung der Kapillaren einem bestimmten Zwecke dienen. Man hat gesagt, dass sie mit Überbleibseln verschiedener fötaler Gebilde dieser Gegend, wie mit dem Caudaldarm oder mit dem Kanal. neurenteric. in Beziehung zu setzen seien. Das kann ich nicht glauben. Wenn dem so wäre, so müsste man fötal das Gebilde wohl entwickelt, postfötal atrophisch oder ganz geschwunden sehen. Gerade umgekehrt haben wir es beim Fötus noch nicht völlig entwickelt gesehen und seine Reifungsveränderungen während des ersten Lebensdrittels ver- folgen können; und schliesslich sahen wir retrograde Ver- änderungen, wie sie bei allen drüsigen Gebilden im Greisenalter vorkommen können. Die Anordnung spezifischer epithelähnlicher Zellen in engster räumlicher Beziehung zu einem Plexus kapillarer Blutgefässe bei fehlendem Ausführungsgang sehen wir auch anderweitig im Körper und zwar bei den sogenannten „Drüsen ohne Aus- führungsgang.“ ') ', Natürlich denke ich dabei nicht an die Lymphdrüsen, an die solitären 152 J. W. Thomson Walker: Ihnen allen ist eine Anordnung gemeinsam, infolge welcher der Blutstrom so nahe und so lange als möglich in Berührung mit den Drüsenzellen gebracht wird, und das ist auch das Wesentliche im Bau der Gland. Coce. Schon frühzeitig wies Luschka auf die Ähnlichkeit zwischen Gland. Coce. und Hypophyse hin und diese Ähnlichkeit wurde auch von den späteren Beschreibern bestätigt. Paltauf fand vielfache Ähnlichkeit mit der Carotisdrüse. Auch Arnold, Pfortner und Frey verglichen diese Drüsen untereinander und fanden gleichfalls Übereinstimmungen in ihrem Aufbau. Auch die Nebenniere wurde zum Vergleiche herangezogen. Ferner gibt es noch an verschiedenen anderen Körperstellen eigentümliche Zelleruppen in naher Beziehung zu vielfach verzweigten kapillaren Blutgefässen, welche sich wohl an diese Gruppe werden reihen lassen müssen. So die Beischilddrüse, die Langerhansschen Zellhaufen des Pankreas und die Zwischenzellen des Hodens.') (Nach Aufbau, Sekretionsweise und Funktion ist natürlich vor allem auch die Schilddrüse hierher zu rechnen.) Vielleicht ist auch noch gemäss der eigentümlichen An- ordnung seiner Zellstränge und Kapillaren, wie auch gewisser funktioneller Eigentümlichkeiten das Corpus luteum anzuführen, welches gleichfalls in manchen Punkten dem Aufbau der Gland. Coec. ähnelt. All diese Gebilde lassen sich auch als „Drüsen mit innerer Sekretion“ bezeichnen und ich glaube, auch die Gland. Coce. muss wegen der Übereinstimmung ihres Aufbaus mit dem der anderen Gebilde dieser Kategorie ihnen zugezählt werden. Versuchen wir uns über die Funktion dieser Gebilde eine Vorstellung zu machen, so ist vor allen zu erwähnen, dass für eine Anzahl von ihnen, insbesondere Schilddrüse, Nebenniere und und die angehäuften intestinalen Follikel, an die Milz oder die Thymus, welche bisweilen gleichfalls unter den Namen „Drüsen ohne Ausführungsgang“ geführt werden. Sie bilden eine Klasse für sich, welche mit den anderen „Drüsen ohne Ausführungsgang“ in Bau und Funktion nichts gemein hat. ') Waldeyer (Virchows Archiv, Bd. LV., pag. 131) beschreibt letztere Gebilde, die Zwischenzellen des Hodens, und vergleicht sie mit der Steiss- und Carotisdrüse. Er gibt diesen Gebilden die gemeinsame Bezeichnung „perithelialer Organe.“ Über die menschliche Steissdrüse. 153 Hypophyse nachgewiesen wurde, dass sie in einer bestimmten Weise den Stoffwechsel der Gewebe zu beeinflussen imstande sind.) Diese Kenntnisse wurden zum Teil durch Beobachtung unter pathologischen Umständen gewonnen, nämlich bei Erkrankung der betreffenden Gebilde beim Menschen, teils durch Exstirpation derselben beim Tiere und durch Beobachtungen der Einwirkung von Extrakten solcher Organe auf Menschen und Tier. Es erscheint nach den hierbei gewonnenen Kenntnissen recht wahr- scheinlich, dass die beobachtete Beeinflussung des Stofiwechsels auf Rechnung von Agentien zu setzen sei, welche — auf dem Wege einer „inneren Sekretion“ — dem Blute beigegeben werden, während das Blut die betreffende Drüse passiert. Es ist zu hoffen, dass in absehbarer Zeit unser Wissen über die Funktion dieser und anderer Glieder aus der in Rede stehenden Organreihe sich vertiefen und mit der Kenntnis der oftenbar höchst wichtigen physiologischen Bestimmungen wenigstens einzelner derselben bereichert werden wird.?) Bezüglich der Gland. Coce. fehlt eigentlich bisher alles, was bezüglich ihrer Funktion auf eine Fährte leiten könnte. Es ist ja ihre Pathologie noch vollkommen dunkel, und es erscheint sogar, gemäss den Abweichungen der verschiedenen vergleichenden anatomischen Beschreibungen untereinander, überhaupt noch zweifelhaft, ob im Tierleibe ein entsprechendes analoges Gebilde existiert, welches experimentell verwertet werden könnte. In diesen beiden Richtungen, nämlich auf dem Boden pathologischer Befunde und des Tierexperimentes, würden sich ‘, In jüngster Zeit (Wiener kl. Wochenschr., 1901, Nr. 41) bespricht Weichselbaum in einer vorläufigen Mitteilung die Beziehung zwischen Diabetes und Pankreasveränderungen, welche durch Schwund der Langer- hansschen Zellhaufen gekennzeichnet sind. Schäfer hat im gleichen Sinne diesen Zellhaufen funktionelle Bedeutung in der Frage des Stoffwechsels der Kohlenhydrate zugesprochen (Brit. med. Jour., Aug. 1895 und Textbook of Physiology, Vol. I, 1895). Vielleicht kommt auch den Beischilddrüsen wichtige funktionelle Bedeutung zu und es erscheint mir nicht undenkbar, dass ein Teil der Folgen der Schilddrüsenexstirpation auf Rechnung mitheraus- genommener Beischilddrüsen zu setzen sei. (Gley, Compt. rend. Soc. de Biolog., Paris 1891, 1897; und Schäfer, Textb. of Phys. vol. I, pag. 940). ?) Auch die Wirkung der Herausnahme von Hoden und Ovarien scheinen ja auf eine Einbusse einer spezifischen inneren Sekretion hinzuweisen, und auch die Anwesenheit der eigentümlichen „perithelialen* Zellen in jedem der - beiden Organe ist vielleicht ein für diese Frage nicht zufälliger Befund. 154 J. W. Thomson Walker: wohl zunächst die weiteren Untersuchungen bezüglich der Gland. Coce. bewegen müssen, um einen Ausgangspunkt zum Verständnis ihrer funktionellen Bedeutung zu gewinnen. Eigene Untersuchungen in ersterer Richtung ergaben ein negatives Resultat. So habe ich beispielsweise, von der Vor- stellung ausgehend, dass bei der weitgehenden morphologischen Übereinstimmung der in Rede stehenden Gebilde untereinander an die Möglichkeit gedacht werden könnte, ob nicht vielleicht in der Reihe der Drüsen ohne Ausführungsgang die eine kompensatorisch für eine andere eintreten könne, welche aus der Funktion aus- geschaltet wäre, in einem Falle von Akromegalie (die Hypophyse dieses Falles erschien durch ein hühnereigrosses Sarkom substituiert) die Coccygea präpariert und an Serienschnitten untersucht — wie gesagt mit negativem Ergebnis. Ich konnte durchaus nichts von der Norm abweichendes finden. Resume. 1. Die Gland. coce. findet sich bei jedem mensch- lichen Individuum von der Geburt bis zum Lebens- ende; ich fand sie auch in einwandsfreier Deutlichkeit beim Fötus (der jüngste der untersuchten Föten war im 6. Lunarmonat). 2. Sie besteht im wesentlichen aus spezifischen Zellen, welche gewundene und vielfach erweiterte Kapillaren, die zentralen Bluträume, umgeben. 3. Diese Zellen sind in zahlreiche Haufen gruppiert, welche durch ein bindegewebiges Gerüst gestützt und zusammengehalten werden. 4. Einzelne solcher Zellhaufen finden sich in Form kleiner Knötchen auch unabhängig vom Hauptanteil der Drüse. 5. Während beim Fötus die Drüse nur als Zell- masse erscheint, welche von gewundenen Kapillaren durchzogen wird, dringt postfötal das Binde- gewebe in diese Zellmasse ein und löst sie in zahl- reiche Zellhaufen auf; im Alter nimmt dann das Bindegewebe an Masse auf Kosten der Grösse der Zellhaufen zu, und einzelne der zentralen Blut- räume veröden. Über die menschliche Steissdrüse. 155 6. Der Bau des Gebildes weist darauf hin, dass seine Einschaltung in die Blutzirkulation eine wesentliche lokale Verlangsamerung derselben bewirkt und ihr die Möglichkeit gibt, in nahe Beziehung zu den Drüsenzellen zu treten. ö 7. Das zirkulierende Blut ist von den Drüsen- zellen durch eine FEndothellage stets strenge geschieden. 8. Die Drüse besitzt keinen Ausführungsgang. 9. Demnach schliesst sie sich in folgenden Punkten morphologisch durchaus den „Drüsen ohne Ausführungsgang“ an: a) Im Zellcharakter, b) In der nahen Beziehung zum Gefässapparat, c) Im Fehlen eines Ausführungsganges, und sie darf als „Drüse ohne Ausführungsgang“ angesprochen werden. 10. Demgemäss steht der Nachweis einer „inneren Sekretion“ als ihrer wichtigsten Funktion zu erwarten. Literaturverzeichnis. Arnold: Ein Beitrag zu der Struktur der sogenannten Steissdrüse. V.A. Bd. XXXII, p. 293; ebenda Bd. XXXIII, p. 207; ebenda Bd. XXXV, p:220; ebendaBd.XXXIX, p.497; Centralbl.f. d.med. Wiss., 1864, No.56 Eberth: Strickers Gewebelehre, 1871, p. 209. Henle: Jahresbericht, 1860; Zeitschr. f. rat. Med., Bd. IX, p. 151. Heppner: V.A. Bd. XLV], p. 401. Heschel: Österr. Zeitschr. f. prakt. Heilkunde, 1860, No. 14. Koelliker: Gewebelehre, 4. Aufl., H. 2, pag. 539. Krause: Zeitschr. f. rat. Med., R. III, Bd. S. X. pag. 290; Anat. Unters., 1860, pag. 187; Henles Ber. üb. d. Fortschr. d. Anat., 1865; Beitr. z. Neurol., 1865, p. 28. Krause & Meyer: Gött. Nachr., 1865, Nr. 16, 8. Nov. Luschka: Sitzungsber. der math.-nat. Kl. d. k. k. Akad. d. Wiss. zu Wien, 1859, Bd. 35, pag. 113; V. A. Bd. XVII, p. 106. Der Hirnanhang und die Steissdrüse des Menschen, Berlin 1860. Anatomie des mensch- lichen Beckens, Tübingen 1864. pag. 197. Meyer: Zeitschr. f. rat. Med., Bd. XXVIII, H.2, 3, pag. 135. Paltauf: Beitrag zu Anat. und zur allg. Path., Bd. XI, pag. 260. Pförtner: Henles und Pfeufers Zeitschr., 3. R., Bd. XXXIV, p. 240. Sertoli: V. A. Bd.|XLII, p.370; Centralbl. f. d. med. Wiss., 1867, No. 29. Waldeyer: V. A. Bd. XLI und LV. No. 1 DDDNDD ID w oS-O 19 Orc Er J. W. Thomson Walker: Tabelle des Untersuchungs-Materiales. ' Fötus5'.Monat | männl. 15 16 18 60 | 64 7 „ Alter 6 Jahre ”„ Neugeboren | Geschlecht | \ weibl. Fixierungs- Flüssigkeit Besondere Bemerkungen männl. weibl. männl. , I weibl. | eh] männl. männl. | weibl. männl. Müller- Formol Formol-Alkohol Müller - Formol „ „ Sagittalschnitte der Steissbein- gegend mit Haut und Rektum. 3 Monate vorgehärtet. Horizontalschnitte durch die Steissbeingegend. Mehrere Mo- nate vorgehärtet. 6W ochen vorgehärtet. Sagittal- schnitte der Steissbeingegend samt Haut und Rektum. WenigeStunden nach demTode. Von der Aorta aus rot injiziert. Totgeboren. Sagittalschnitte. „ Fr Horizontalschnitte. (Lues) Sagittalschn. 5 Von der Aorta blau injiziert. = Von der Aorta blau injiziert. Todesursache: Beiderseit.eitrige Pleuritis. Präparation d.,Drüse. ÖOtitis media, Pyämie. Prä- paration der Drüse. Herzfehler. Meningitis tbe. Von der Art. sacr. med. aus blau injiziert. Lebenswarm. do. do. do. do. 4 Stunden p. m. Typhus. Rote Injektion v.d.Art.sacr. med. aus Akromegalie, Sarkom der Hypophyse. Blaue Injektion. ” Präparation der Drüse. ”„ Blaue Injektion. Sehr derbes Bindegewebe der Umgebung. do. j | } Über die menschliche Steissdrüse. 15) Erklärung der Abbildungen auf Tafel VII. A. Injektion von der A. sacr. med. aus: Zellhaufen mit mosaik- artigem Aussehen 1. centraler Blutraum, 2. kapillare Verzweigung desselben, 3. blaue Masse intercellulär, 4. Drüsenstroma. B. Zellhaufen bei starker Vergrösserung 1. Blutraum mit roten Blutkörperchen, 2. u. 4. kapilläre Verzweigungen des Blutraumes; die mit 2 bezeich- neten enthalten nebst Blutkörperchen auch rote Injektionsmasse, 3. Drüsenzellen. Aus dem pathologisch-anatomischen Institut zu Göttingen. Zur Entwicklungsgeschichte der Langerhans’schen Inseln im Pankreas beim menschlichen Embryo. Von Dr. Hd. Küster, II. Assistent am pathologisch-anatomischen Institut zu Göttingen. Hierzu Tafel VII. Seit Mitte 1903 beschäftigte ich mich mit dem Studium der feineren Struktur des Pankreas beim menschlichen Neuge- borenen. Meine Aufmerksamkeit lenkte sich bald vorwiegend auf die gerade in letzter Zeit viel beachteten und besprochenen Langerhans’schen Inseln. Ich sah viele Serien der ver- schiedensten Drüsen durch, aber es wollte mir nicht gelingen, etwas neues über den Bau oder die Natur dieser Gebilde zu finden. Da kam ich auf den Gedanken, ob nicht die Entwicklungs- geschichte einigen Anhalt geben könnte. Mit gütiger Erlaubnis von Herrn Geheimrat Prof. Dr. Merkel hatte Herr Prof. Kallius die Freundlichkeit, eine Reihe von Pankreas menschlicher Embryonen verschiedenen Alters für mich zu präparieren, die sich für meine Zwecke als gut geeignet erwiesen. Es ist mir eine Freude, auch an dieser Stelle Herrn Geheimrat Merkel für die gütige Überlassung des Materials, Herrn Prof. Kallius für seine grosse Liebenswürdigkeit meinen besten Dank zu sagen. Auf dem etwas mühevollen Wege durch die recht zerstreuten und in ihren Angaben durchaus nicht übereinstimmenden Arbeiten über die Inseln, kamen mir die Veröffentlichungen von Laguesse!) erst in die Hände, als ich meine Untersuchungen abgeschlossen hatte. Um so grösser war meine Freude, als ich aus den ganz vorzüglichen, gewissenhaften Arbeiten dieses Forschers ersah, dass er an den Embryonen vom Schaf zu Ergebnissen gekommen war, die in der Hauptsache mit den von mir ganz selbständig gefundenen Tatsachen der Entwicklung beim Menschen überein- stimmten. ', Journal de l’anatomie et de la physiologie, 30, 31. 32. 1894, 1895, 1896. Zur Entwicklungsgeschichte der Langerhans’schen Inseln etc. 159 Die etwas komplizierte Art der Entstehung der Inseln in zwei Etappen, als ilots primaires und ilots secondaires, wie sie Laguesse beschreibt, habe ich nicht finden können. Nach meinen Präparaten liegen die Verhältnisse einfacher. Doch mögen diese Unterschiede vielleicht beruhen auf Verschiedenheiten in der Entwicklung von Mensch und Schaf, vielleicht auch auf der geringen Zahl meiner Stadien, trotzdem ich glaube, aus den vorliegenden Präparaten ein klares Bild der Entwicklung der Inseln entwerfen zu können. Wichtiger als diese Verschiedenheit scheint mir die Über- einstimmung in der Ansicht, dass die Langerhans’schen Inseln hervorgehen aus den gleichen Epithelge- bilden, welche das Pankreasparenchym liefern. Auf einen Überblick über die Wandlung der Anschauungen über Bau und Wesen der Inseln glaube ich verzichten zu können, da in den Arbeiten der letzten Jahre das wohl ausgiebig genug geschehen ist. Nur auf einen Punkt möchte ich hinweisen, im Interesse historischer Gerechtigkeit. Bisweilen fand ich die Angabe, dass Langerhans die von ihm zuerst beschriebenen Inseln für nervöse Elemente gehalten habe. So schreibt z. B. Schulze!) (pag. 491): „Die für die Kenntnisse der Histologie des Pankreas so bedeutungsvolle Arbeit von Langerhans (32) aus dem Jahre 1869: ‚Beiträge zur mikroskopischen Anatomie der Bauchspeicheldrüse‘ enthält eine Bemerkung über Gebilde dieser Drüse, die sich durchaus von den Pankreastubulis unterscheiden und von dem Entdecker für nervöse Elemente gehalten werden.“ Ferner sagt v. Hanse- mann?) (pag. 188): „Langerhans selbst hielt sie für nervöse Elemente.“ Zum Vergleich setze ich Langerhans’ eigene Worte hierher (pag. 26): „Oben konnte ich wenigstens mit einem gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Ansicht formulieren: (nämlich über die centroacinären Zellen. Anm.d. Verf.) hier aber gestehe ich often, dass mir jede Möglichkeit einer Erklärung fehlt.“ Und weiter unten: „Diese Beobachtungen ‘) Dieses Archiv, Bd. 56, 1900. ?) Verhandlungen der Deutschen patholog. Gesellschaft. IV., 1901. 160 H. Küster: sind indessen so unvollkommen und lückenhaft, dass ich mich selbst einer Hypothese über den Charakter und Wert unserer Zellen enthalten muss.“ Nach dieser geschichtlichen Abschweifung kehren wir zur Entwicklungsgeschichte der Inseln zurück. Ausser Laguesse vertritt Opie?) die Meinung, dass die Inseln vom Parenchym sich loslösen. v. Hansemann kam auf Grund von Untersuchungen menschlicher und tierischer Pankreas zu ganz anderen Resultaten. Die Inseln entwickeln sich nach ihm aus einer „Zellverdichtung des Stromas“, „ganz unabhängig von den Drüsenzellen.“ v. Hanse- mann ist „der Ansicht, dass die Inseln mesenchymalen Ursprungs sind;“ die dem Aufsatz beigegebene Abbildung 6 soll diese Ansicht stützen. Ich kann in dieser Figur keine Insel sehen; im Zentrum der Abbildung ist das Bindegewebe etwas merkwürdig angeordnet, aber was dieses Gebilde mit den so gut charakteri- sierten Inseln zu tun haben soll, kann ich nicht einsehen. Nach dem Entwicklungsstadium von Drüsenröhrchen und Zwischen- gewebe kann das Präparat nur von einem nicht ganz jungen Embryo stammen, keinenfalls von einem solchen, wie sie Laguesse und ich untersuchen Konnten. Ich glaube, dass sich für die Ansicht v. Hansemanns stichhaltige Präparate nicht beibringen lassen. Mir standen zur Verfügung 6 Embryonen (No. 1—6). Herr Prof. Kallius hatte die Güte, mir über das Alter derselben folgende Angaben zu machen: No. 1, 9.—10. Woche; No. 2, 14. Woche; No. 3, 17. Woche; No. 4, 20. Woche; No. 5, 24. bis 25. Woche; No. 6, 32. Woche. Die Präparate waren nach verschiedenen, zum Teil nicht mehr feststellbaren Methoden fixiert, wurden in Alkohol von steigender Konzentration gehärtet, in Celloidin eingebettet und in Serien geschnitten. (Gefärbt wurde mit Hämalaun, Pikrinsäure — Säure-Fuchsin und Orange, einer Methode, die hervorragend schöne Bilder erst bei den älteren Stadien gibt, während die protoplasmareichen, bindegewebsarmen jüngeren Präparate nur die Kernfarbe annehmen und die übrigen Teile durch Orange gelbgefärbt erscheinen. ') John Hopkins Bulletin, X. XI. 1899—1900. Zur Entwicklungsgeschichte der Langerhans’schen Inseln ete. 161 Es erscheint am zweckmässigsten bei der Besprechung der ver- schiedenen Stadien von den älteren zu den jüngeren zurückzugehen. Während im allgemeinen das Pankreas des Neugeborenen von dem des Erwachsenen sich besonders durch die noch recht stattliche Ausdehnung des Bindegewebes, abgesehen von noch anderen Punkten — recht auffällig unterscheidet, kann man das speziell von den Inseln nicht sagen. Bei oberflächlicher Be- trachtung kann man leicht zu der entgegengesetzten Ansicht kommen, denn die Kapillaren der Inseln sind beim Neugeborenen fast stets zum Teil mit Blut gefüllt und treten dadurch deutlich hervor, während wir sie beim Erwachsenen meist leer finden und daher nur mit Mühe sehen. Auch finden wir beim Er- wachsenen die Gefässe der Inseln gelegentlich mit Bindegewebe umscheidet — ohne dass Diabetes im Leben bestanden hätte, ohne dass wir überhaupt Anlass hätten, dieses Bindegewebe als pathologisch anzusehen —, aber hier, wie dort baut sich die Insel auf aus Kapillarschlingen, denen grosse Zellen aufsitzen, die von den meisten heute für Zellen epithelialer Natur gehalten werden. Finden wir also in dem Aufbau der Inseln zwischen Neugeborenen und Erwachsenen keinen Unterschied, so bestehen doch in Hinsicht auf die Zahl der Inseln auffallende Differenzen. Im Verhältnis zur Zahl der Drüsenacini finden sich beim Neu- geborenen entschieden viel mehr Inseln, als im Pankreas des Erwachsenen. Man sieht nicht selten 3. -4—5 Inseln neben- einanderliegen, ja ich habe einzelne Präparate gesehen, in denen fast das ganze Gesichtsfeld im Mikroskop bei schwacher Ver- grösserung von Inseln ausgefüllt wurde. Auf Grund der gleich zu besprechenden Tatsachen glaube ich nicht, dass im späteren Embryonalleben oder gar nach der Geburt die Zahl der Inseln sich noch vermehrt. Die ganz enorme Grössenzunahme des Pankreas von der Geburt bis zur Zeit, wo es ausgewachsen ist, ist lediglich bedingt durch Ver- mehrung und Wachstum der drüsigen Elemente. Das Binde- gewebe nimmt ab. Die Grösse der Inseln bleibt konstant. Zur Erläuterung mögen einige Zahlen angefügt werden. Die Grössen sind mit dem Öcularmicrometer gemessen und berechnet. Die Drüsenacini messen: beim Neugeborenen im Durchschnitt 35 u beim Erwachsenen 105—150 u. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 11 162 HORüsiter: Für eine Anzahl Inseln dagegen betrugen die Masse: beim Neugeborenen: 135:75; 135:150; 300::210; 300 :150 «, beim Erwachsenen: 150:80; 225:80; 300:150; 300:225 u. Betrachten wir nun die Präparate aus der 32. und der 24.—25. Woche (No. 5 und 6), so finden wir, dass weder im allgemeinen Aufbau der Drüse noch in dem der Inseln eine auffallende Änderung zu bemerken ist. In der bindegewebigen Grundsubstanz liegen die Aus- führungsgänge und Drüsenaeini in derselben Anordnung, wie beim Neugeborenen. Die Inseln finden sich in den Drüsenläppchen, umgeben von den Aecini. Auch in dem Mengenverhältnis beider schien mir ein auf- fallender Unterschied nicht zu bestehen. Die Inseln liegen von den Nachbargebilden gut abgegrenzt zwischen den Drüsenbestandteilen ohne irgendwelche anatomische Beziehung zu ihnen. Es fällt auf eine gewisse Vorliebe zur Anlagerung an die Ausführungsgänge, die sich auch nach der Geburt noch oft nachweisen lässt. Einige Masse betrugen: 105:80; 120:60; 240:120; 300 :150 u. In Präparat No. 4, das etwa aus der 20. Woche stammt, ändert sich nun das Bild recht wesentlich. Zunächst fällt ins Auge, dass das Bindegewebe entschieden überwiegt den drüsigen Elementen gegenüber. Bindegewebsfasern sind noch nicht 'so sehr ausgebildet, wie in No. 5 und 6, das Gewebe hat mehr embryonales Aussehen. Die Drüse ist noch so klein, dass man in einem Gesichts- feld oft 3—4 grössere, langgestreckte Drüsengänge verfolgen kann ; die Endverzweigungen liegen zu kleinen Läppchen gruppiert haufenweise zusammen. Die Inseln liegen nicht mehr zwischen den Acini, sondern neben ihnen, gleichsam als gleichberechtigte, nicht als untergeordnete Elemente imponierend, wie bisher. Auch hier finden wir sie häufig in der Nähe der Gänge. Hin und wieder, aber nicht häufig, sieht man Bilder, die aussehen wie eine An- deutung von Beziehungen zwischen den Gängen und den Inseln. Fortsätze von Epithelzellen gehen von den Gängen bisweilen in der Richtung auf die Inseln zu, ohne sie zu erreichen, und andererseits sieht man noch solche stielähnlichen Zellstränge in a n—— ne Zur Entwicklungsgeschichte der Langerhans’schen Inseln etc. 163 den Inseln enden -— stumpf -— anscheinend ohne Beziehung zu den Inselzellen, — während das andere Ende den Drüsengang nicht mehr erreicht (siehe Abbildung 7). Die Inseln heben sich vom umgebenden Bindegewebe deutlich ab, eine eigentliche Kapsel konnte ich nicht sehen, dagegen wird eine solche bisweilen vorgetäuscht durch Kapillaren, welche die Insel umkränzen und Äste in sie hineinsenden. Der innere Aufbau der Inseln ist noch immer der gleiche aus Kapillaren und zwischen ihnen liegenden Zellen. Die Unterscheidung von Drüsenelementen ist nicht schwer. Im Vergleich zu den vorigen Präparaten sind die Inseln kleiner. Das mögen die folgenden Zahlen erläutern: Durchmesser der Inseln: 70:77; 87,5:70; 150:105; RN UEL. Wir kommen zu Präparat No. 3 aus der 17. Woche. Das Bindegewebe hat grossen Anteil an der Masse der Drüse und hat vorwiegend embryonalen Charakter, — es mag etwa die Hälfte ausmachen. Vergebens sucht man die Inseln frei im Bindegewebe liegend, wie wir sie im vorigen Stadium sahen. Die Drüse baut sich auf aus Komplexen epithelialer Zellen und dem dazwischen liegenden Bindegewebe, in dem die Gefässe deutlich hervortreten, zum Teil noch mit Blutkörperchen angefüllt, aber nichts, das an die Inseln erinnern könnte. Betrachtet man aber die Zellkomplexe genauer, so findet man, dass sie sich aus zwei verschiedenen Elementen aufbauen. Da sind zunächst zweifellos Drüsenschläuche, bald quer, bald schief oder längs getroffen, mit gut ausgebildetem Zylinder- epithel ausgekleidet, dessen rundliche Kerne basal stehen, dessen Protoplasma leicht durch Orange gefärbt, nicht gekörnt ist. Das umschlossene Lumen ist bald weit, bald eng oder nicht zu sehen. Eng an diese drüsigen Flemente sich anlehnend, aber scharf von ihnen getrennt, finden sich nun noch andere Zell- komplexe von wechselnder Grösse. Sie haben rundliche oder ovale Form und sind meist gut abgesetzt gegen das umgebende RE 164 HrERuüstere Bindegewebe durch Kapillaren, die sich aussen entlang ziehen und Zweige in das Innere zwischen die Zellen schicken. Das Protoplasma dieser Zellen unterscheidet sich nicht wesentlich von dem der Drüsenzellen, während die Kerne vor- wiegend ovale Gestalt haben. Über die Form der Zellen gewinnt man nur an günstigen Stellen Aufschluss; meist sind sichere Zellgrenzen nicht zu sehen, hier und da gelingt es aber doch kubisch oder zylindrisch abgeteilte Zellen zu sehen. Mitosen finden sich hier sowohl wie in den Drüsenzellen. Sehr auffallend und bemerkenswert ist die Neigung der Zellen, sich zu Bändern oder Reihen anzuordnen, wie das auch auf den Abbildungen deutlich hervortritt. Die Kapillaren laufen dann sehr häufig als Trennung zwischen je zwei solcher Bänder. Es besteht wohl kein Zweifel, dass wir hier eine Entwicklungsstufe der Langerhans’schen Inseln vor uns haben. Es sind Gebilde, die sicher keine Drüsenelemente sind und sich aufbauen aus einem Kapillarnetz und Zellen zwischen den Kapillaren. Zur Beurteilung der Grösse der Inseln in diesem Stadium gebe ich die folgenden Durchmesser: 80:150; 75:80; 75:95; 150:60 u. Die grösseren unter ihnen setzen sich, wie die Abb. 5 zeigt, augenscheinlich aus mehreren kleineren zusammen. Was die Verteilung in der Drüse angeht, so ist augen- scheinlich, dass die grösseren und zahlreicheren Inseln sich im lienalen Ende der Drüse finden, wie das schon Opie beim Erwachsenen gefunden hat. Als Anhalt für die Schätzung der Zahl der Inseln mag dienen. dass sich kaum ein Drüsenläppchen findet ohne eine Insel, dass man aber nicht selten um einen einzigen Drüsen- schlauch drei, vier und mehr Inseln angeordnet sieht. Ich hebe nochmals hervor, dass ein Zusammenhang mit den Drüsengängen nicht nachweisbar ist, dass sie diesen zwar breit aufsitzen, aber deutlich von ihnen getrennt sind. Zur Entwicklungsgeschichte der Langerhans’schen Inseln etc. 165 In der 14. Woche (No. 2) haben wir für die oberflächliche Betrachtung dieselbe Zusammensetzung der Drüse aus läppchenförmig angeordneten Zellhaufen und Bindegewebe. Über das letztere ist nicht viel neues zu sagen; vielleicht, dass infolge der geringen Ausbildung der faserigen Zwischen- substanz Gefässe und Nerven sehr deutlich heraustreten. Drüsenschläuche sind häufig in ziemlich beträcht- licher Länge im Schnitt zu verfolgen und man sieht sehr schön, wie sie sich teils in gleichgebaute Gänge teilen, teils in mehreren kolbig aufgetriebenen, traubig angeordneten Drüsenbläschen endigen. Das Epithel ist ein schönes Zylinderepithel, ganz wie vorher, das Lumen ist meist nur mit Mühe zu sehen, bisweilen auch ganz deutlich. Betrachtet man nun die Drüsenschläuche etwas genauer, zweckmässig zuerst im lienalen Teil der Drüse, so fallen eigen- tümliche Gebilde auf, wie wir sie bisher in dieser Gestalt nicht ‚ sahen. Es sind sicher keine Drüsenbestandteile, trotzdem sie kontinuierlich mit diesen zusammenhängen. Es sind teils rundliche, teils schlauchförmig gewundene Zellstränge, die bisweilen auch verzweigt sind und dann in Form und Grösse einen Drüsenschlauch oder Ausführungsgang imitieren. Auf den ersten Blick jedoch sind sie von Drüsengängen zu unterscheiden und das liegt daran, dass die Kerne nach der Mitte zu liegen, während das Protoplasma als breiter Saum die Kerne umgibt. Eine zweite, durchaus charakteristische Eigentümlichkeit ist die, dass eine gewisse Ordnung in der Stellung der etwas länglich ovalen Kerne herrscht, derart, dass die Kerne zu Bändern oder Reihen gestellt erscheinen. Diese Anordnuug ist natürlich je nach der Schnittrichtung verschieden deutlich zu sehen, ist aber im ganzen so häufig, dass ich kein Bedenken trage, sie für charakteristisch anzusehen. Das Protoplasma färbt sich mit Orange ganz gleich- mässig, keine Spur von Körnelung ist in ihm zu sehen. Ob die Intensität der Färbung eine Unterscheidung von den Drüsenzellen möglich macht, darüber kann man streiten. Das Protoplasma der Drüsenschläuche erscheint dunkler, doch muss man in Betracht 166 HK üster: ziehen, dass man von dem Protoplasma der anderen Gebilde eine viel grössere Fläche sieht, die deshalb einen intensiveren Ein- druck macht, heller erscheint. Von einer Abgrenzung einzelner Zellen gegeneinander ist im allgemeinen nichts zu sehen; die protoplasmatische Masse scheint wie eine gleichmässige Hülle die Kerne zu umgeben. An günstigen Stellen jedoch erkennt man deutlich Zellgrenzen und überzeugt sich, dass es hohe zylindrische Zellen sind, welche diese Gebilde zusammensetzen, eine Tatsache, welche man auch ohne diesen sichtbaren Beweis aus der länglichovalen Form der Kerne zu erschliessen berechtigt wäre. Denn wenn wir es mit einer dem Syneytium in seiner Zusammensetzung ähnlichen Gebilde zu tun hätten, so würden die Kerne schwerlich ihre ovale Form behalten. Diese Gebilde nun hängen stets kontinuierlich mit dem Epithel der Drüsengänge oder -Bläschen zusammen. Es lässt sich das in jedem Fall in Schnittserien nachweisen. Der Zusammenhang ist wohl immer stielartig, nie in einer breiten Fläche. Hat man das Auge erst an das Erkennen der grösseren Gebilde gewöhnt, so findet man bald kleinere von derselben Art, man findet alle Stadien bis zu dem, wo ausserhalb der Drüsen- wand erst 2—3 Kerne liegen, deren Protoplasma aber schon die charakteristische Lage aussen um die Kerne herum zeigt, wie das aus den Abbildungen deutlich hervorgeht. Mit voller Sicherheit können wir behaupten, dass unsere Zellbänder oder -Reihen ihren Ursprung nehmen von den Epithelzellen der Drüsengänge. Schon sehr bald treten diese Zellbänder in enge und wiederum charakteristische Beziehungen zu Gefässen, wie wir sie bei Drüsenschläuchen nie sehen. Das ist das dritte Kennzeichen für diese Gebilde. An ihrem äusseren Rande ent- lang treten Kapillargefässe auf und fast gleichzeitig finden wir sie auch mitten zwischen den Zellbändern, wie das aus den Abb. gut zu erkennen ist. Bisweilen scheinen die Zellen wie ein Dach oder ein Hut auf einer Kapillarschlinge zu sitzen (s. Abb. 1—3). Zwei Punkte, die eigenartige Anordnung der Zellen zu Bändern und die enge Beziehung zu Gefässen, beweisen, dass wir in diesen Zellbändern analoge Gebilde vor uns haben, | u m ne Zur Entwicklungsgeschichte der Langerhans’schen Inseln ete. 167 wie in Präparat No. 3, also Vorstufen Langerhans’scher Inseln. Auch hier finden wir die eigentümliche Erscheinung, dass die Entwicklung der Inseln am weitesten fortgeschritten ist im Schwanzteil der Drüse; hier finden wir schon grosse, ausgebildete Zellbänder, während die kleinen Sprossen vorwiegend im Kopfteil zu sehen sind. Die Grössenverhältnisse der entstehenden Inseln sind folgende: ganz kleine Sprossen massen 10—13 «, mittlere 60—75 u, die grössten waren 105—135 4 lang. Das Pankreas in der 9. Woche (No. 1) setzt sich zusammen lediglich aus Drüsenschläuchen und Bindegewebe. Eine kolbige Auftreibung der Enden der Gänge ist eben angedeutet. (rebildet werden die Schläuche von hohem Zylinderepithel mit basal stehenden Kernen, das sehr an das Darmepithel noch erinnert. Hier und da sind Mitosen sichtbar, die aus der Kern- reihe herausgerückt mehr nach der Mitte zu liegen. Das Lumen ist meist deutlich ausgebildet, doch findet man im einzelnen Schnitt auch Epithelzellhaufen ohne Lumen, in der Serie sich erweisend teils als Schnitte durch die Kuppe der Gangenden, teils als Schrägschnitte, teils als beginnende Aussprossung neuer Kanäle, aus der Wand des Ganges sich eben vortreibend. ; Das Zwischengewebe ist ganz indifferentes, embryonales Gewebe mit vielen, protoplasmatischen, sternförmigen Zellen, deren im allgemeinen fein gekörnte Kerne an dem geballten Auftreten von Chromatin hin und wieder kariokinetische Prozesse erkennen lassen. Zwischengewebe und Drüsenschläuche setzen die Drüse zusammen. Es finden sich keine Bilder, die wir als Vorläufer der Langerhans’schen Inseln, d. h. der Zellbänder ansprechen können. — Nach meinen Präparaten tritt also die erste anatomisch nachweisbare Differenzierung der Inselzellen in der 14. Woche auf, womit natürlich nicht ausgeschlossen ist, dass es möglich ist, schon vor dieser Zeit in den Drüsengängen etwa einzelne Zellen zu sehen, die durch ihr verändertes Aussehen eine Unter- scheidung von den Drüsenzellen gestatten. Denn ich glaube, 168 H. Küster: dass nicht aus jeder beliebigen Pankreasdrüsenzelle etwa Insel- zellen werden können, sondern nur aus ganz bestimmten, die von vornherein schon zu der Entwicklung zu Inselzellen bestimmt sind; wir können sie nur nicht von den gewöhnlichen Drüsen- zellen unterscheiden — bis zu einem Punkte, wo endlich die Unterschiede auffallend werden. Diese innere Verschiedenheit beider Zellarten kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass wir schon in der 17. Woche Inseln und Drüsengänge scharf gegeneinander abgesetzt sehen. Kurz nach dem Aussprossen schon treten charakteristische Bilder im inneren Bau auf, die zentrale Stellung der Kerne, die Randstellung des Protoplasmas, die reihen- oder bandförmige An- ordnung der Zellen, — und bestimmend für das ganze spätere Ver- halten sind die engen Beziehungen zu Kapillaren, die eingegangen werden. Sind die Inseln endlich von den Drüsengängen losgelöst, so verändern sie ihren inneren Bau nicht mehr auffallend. Sie. bleiben zusammengesetzt aus Kapillaren und zwischen ihnen liegenden Reihen von Zellen. Sie wachsen durch Vermehrung der Zellen bis in die letzten Monate des fötalen Lebens. Von da an ändern sie sich nicht mehr. Während der ersten Monate wechseln die topographischen Beziehungen zu den Drüsenelementen in der Weise, dass sie erst eng mit ihnen verbunden sind, dann zum Teil ganz selbständig neben den Läppchen liegen und schliesslich von der zunehmenden Menge der Drüsenacini wieder in die Läppchen eingeschlossen werden. Es bleiben zum Schluss noch einige Punkte zu besprechen, über die ich mir nicht genügend klar werden konnte. Da ist zunächst die Frage nach der Beteiligung der Kapillaren an dem Wachstum der Inseln. Es kommen da wohl wesentlich zwei Möglichkeiten in Betracht. Einmal können die Kapillaren einfach von den Zellreihen umwachsen werden und dann lediglich durch Wachsen gleichen Schritt mit der Zellvermehrung halten. Dann aber könnten sie auch selbständig wachsen, sich ver- zweigen und so zur Vergrösserung der Inseln beitragen. Zur Entwicklungsgeschichte der Langerhans’schen Inseln etc. 169 Ich bin nicht imstande, sichere Beobachtungen für das eine oder andere anzuführen. Ferner habe ich nicht klarstellen können den Vorgang, durch welchen die Inseln von den Drüsengängen abgeschnürt werden. Man müsste da wohl Objekte zwischen der 14. und 17. Woche studieren, die mir nicht zu Gebote standen. An Präparaten aus der 17. und 20. Woche, in denen noch ein blind endigender Fortsatz eine frühere Verbindung zwischen Insel und Gang ahnen liess, sah ich bisweilen die Trennung sehr scharf hervorgehoben durch eine Kapillare, welche gerade zwischen Insel und Drüsenfortsatz herlief. Da es mir jedoch nicht möglich war, die Vorgänge Schritt für Schritt zu verfolgen, so kann ich nur die Beobachtung mitteilen, keine Schlüsse daraus ziehen. Schliesslich läge es noch nahe, wie es in sehr vielen Arbeiten über die Inseln geschehen ist, Gedanken über ihre Funktion anzuknüpfen. Ich glaube, dass eine solche Erörterung über den Rahmen einer rein anatomischen Arbeit hinausgeht, da es sich bei der Funktion der Inseln — vorausgesetzt, dass sie eine haben — um Vorgänge handelt, die sich der direkten Beobachtung entziehen. — Nach Abschluss dieser Untersuchungen erhielt ich durch die Güte von Herrn Prof. Ribbert eine erst neuerdings er- schienene Arbeit von Pearce!) über unser Thema. Auch Pearce kommt zu dem Schluss, dass die Inseln Abkömmlinge der Epithelien der Drüsengänge sind. Wegen einiger abweichenden Angaben möchte ich noch kurz auf die Arbeit eingehen. Pearce hat 21 Pankreas untersucht, die 47—210 Tage alt waren. In den beiden ersten war nichts nachzuweisen von Stadien der Inselbildung. In No. 3 (73 Tage) fanden sich „small“ Zellgruppen, an der Seite von Drüsenschläuchen liegend und mit ihnen in Kontinuität. Sie sind zusammengesetzt aus 10 bis 15 Zellen, „which have a round, lightly staining nucleus, and a comparatively large amount of finely granular protoplasm staining deeply with eosin.“ Diese Haufen sind gewöhnlich durch einen !) Pearce: Development of the islands of Langerhans in the Human Embryo. Am. journ. of anat. II. 1903. 170 H. Köüustere freien Raum (narrow space) vom Bindegewebe getrennt, „which gives the effect of a capsule.“ Nach den beigegebenen Abbildungen möchte ich diese Kapsel für ein Kunstprodukt, entstanden durch Schrumpfung bei der Fixierung der Präparate, halten. Frühere Stadien, als die von 10—15 Zellen erwähnt Pearce nicht. In No. 4 (75. Tag) ist die „Differentiation not so distinet;“ es ergibt nichts neues. No. 5, 6, 7 (84., 87,, 89. Tag) waren „prepared for other purposes“ und nicht geeignet zum Studium feiner Ver- hältnisse No. 8 (94. Tag) zeigt die Inseln viel grösser, aus 20 bis 40 Zellen bestehend — und lässt das erste Auftreten von Vaskularisation erkennen; hier und da sieht man rote Blutkörper- chen zwischen den Zellen liegen oder auch ein schmales Kapillar- gefäss mit solchen angefüllt dem Zentrum der Insel zustreben. Freie rote Blutkörperchen sah ich nie zwischen den Zellen liegen, die (Grefässe schon gleich beim ersten Auftreten der Inseln. Ich kann mir diese Differenz nur so erklären, dass ich annehme, dass die Präparate von Pearce mit einer nicht ganz glücklichen Methode fixiert sind. Sehr richtig wird dagegen gesagt, dass die Inselzellen Neigung haben, interkapillare „columns or groups“ zu bilden. Am 97. Tag (No. 9) ist die Vaskularisation stärker. Etwas eigentümlich ist die Beschreibung, die Pearce nach seinem Präparat No. 10 (ungefähr 3. Monat) von den Vorgängen gibt, die zur Loslösung der Inseln vom Drüsenparenchym führen sollen. Das Vorwachsen (eneroachment) des Bindegewebes soll die nach Art eines Stieles verbindenden Zellen zum Schmaler- werden und endlich zum Verschwinden veranlassen. Ich glaube, dass wir die Ursache eines so merkwürdigen, entwicklungsgeschichtlichen Vorganges, wie es die Abtrennung der Inseln ist, nicht einer Gewebsart allein zurechnen dürfen. Gewiss wird auch das Bindegewebe, besonders die Kapillaren, eine Rolle dabei spielen. Die Abbildung, die Pearce gibt, um den Vorgang zu demonstrieren, zeigt, wie zwei haarscharf zugespitzte Bindegewebs- vorsprünge auf die angenommene Trennungsstelle losrücken, aber ich zweifle nicht, dass das ganze Bild entstanden ist lediglich durch Schrumpfung bei der Präparation des Objekts, Ich bin sehr in Versuchung, eine Trennung etwas abwärts von dieser Stelle anzunehmen. Dort schieben sich zwischen den ee {a \ i Zur Entwicklungsgeschichte der Langerhans’schen Inseln etc. 71 von oben herkommenden, stumpf endigenden Fortsatz des Drüsen: schlauchs (Ausführungsganges) und die Inselzellen drei Kerne ein, welche das Vorhandensein einer trennenden Kapillare an dieser Stelle vermuten lassen, es würde also die Abbildung mehr für eine Annahme sprechen, wie ich sie oben andeutete, welche Kapillaren eine gewisse Rolle bei der Abtrennung zuerkennen möchte. In den folgenden Präparaten ist für die erste Entwicklung der Inseln nichts mehr zu holen. Und so stellt sich denn der Vergleich des Materials von Pearce und des für die vorliegende Arbeit benutzten so, dass Pearce nicht wesentlich mehr Präparate, die brauchbar waren, zur Untersuchung hatte. Auch aus Pearces Arbeit geht mit Sicherheit das eine hervor, dass die Inseln bereits früh im Embryonalleben angelegt werden und epithelialer Herkunft sind. Wir fassen unsere Ergebnisse zusammen: 1. Die Langerhans’schen Inseln treten schon in früher Embryonalzeit als anatomisch differenzierte Gebilde im Pankreas auf. 2. Die erste Anlage entsteht durch Aussprossen aus den Drüsengängen. aalieser rerstiel Anlagen läasstwbald Vdrei charakteristische Merkmale hervortreten. a) DiesKerne liegen zentral, das Proto- plasma aussen; b) Die Zellen ordnen sich zu Bändern oder Reihen; c) Es bestehen enge Beziehungen zu Kapillar- gefässen. 4. Sehr bald erfolgt eine Trennung der Inseln von den Drüsengängen. 5. Das Wachstum der Inseln hört gegen Ende des Fötallebens auf und von da an bleiben die Inseln in Grösse und Bau unverändert während des ganzen Lebens bestehen. Zum Schluss ist es mir eine Freude, Herrn Prof. Ribbert für das Interesse, das er den vorliegenden Untersuchungen ent- gegengebracht hat, meinen ergebensten Dank zu sagen. 172 H. Küster: Zur Entwicklungsgesch. d. Langerhans’schen Inseln etc. Erklärungen zu den Abbildungen auf Tafel VII. Die Zeichnungen sind sämtlich mit Hülfe des Abb&-Zeissschen Zeichenapparates angefertigt; Mikroskop von Leitz; benutzt wurden die Oculare 1 und 2, die Objektive 3 und 6, bei verschiedenen Tubuslängen und Bildentfernungen, je nachdem es notwendig schien. Fig. 1. 14. Woche; aus dem lienalen Ende; Drüsengänge quer und längs getroffen, Inseln (1, 2, 3, 4, 5) teils scheinbar frei im Bindegewebe liegend (5), teils in Zusammenhang mit den Gängen. Die zentrale Stellung der Kerne, sowie ihre reihen- oder bandförmige Aufstellung ist deutlich in 2 und 5. Fig. 2. 14. Woche; Insel 1 der vorigen Abbildung in starker Vergrösserung. Das Epithel des Drüsenganges geht kontinuierlich in die Zellen der Knospe über, @« und 5 zwei Kapillargefässe; unterhalb Andeutung von Zellkonturierung. Fig. 3. 14. Woche; scheinbar freiliegende Insel; um den inneren Aufbau zu zeigen, der von den Drüsenelementen scharf unterschieden ist. 1, 2, 3 Inseln. In 1 sind drei Kapillargefässe im Innern oder ein- tretend (@) sichtbar, ferner die Randstellung des Protoplasmas, reihenförmige Anordnung der Kerne, Andeutung von Zellgrenzen. 2 und 3 ganz kleine Aussprossungen, unter sich nicht zusammen- hängend aus einem Gang, Anordnung von Kernen und Protoplasma auch hier schon typisch. Fig.4. 14. Woche; aus dem lienalen Ende, um die grosse Zahl der Inseln zu zeigen. 1—13 Inseln, die auf Schnittserien zum Teil miteinander zusammenhängen. Im übrigen dasselbe, wie in Fig. 1, 2 und 3. Bei X ein Gebilde, das ich gelegentlich in der Nähe von Inseln sah, öfters frei im Bindegewebe, dessen Natur mir nicht klar ist; ich möchte es am liebsten für nervöser Natur halten. Fig.5. 17. Woche. Ein Konglomerat von fünf Inseln, angelehnt an einen Drüsengang, deutlich von ihm abgesetzt. In der einen Insel eine Mitose /@), bandartige Stellung der Kerne, Beziehungen zu Kapillaren, Andeutung von Zellgrenzen. Fig. 6. 17. Woche; 1 und 2 Inseln; von dem Drüsengang @ geht zur Insel 2 ein Fortsatz, der von der Insel durch eine Kapillare, von welcher man einige Kerne sieht, getrennt wird. -] Fig. Das Präparat ist etwas geschrumpft, daher der freie Raum zwischen Drüsengang und Bindegewebe. 1 eine Insel, von welcher ein epithelialer Fortsatz dem Gang zustrebt, ohne ihn zu erreichen. Auch in der Insel scheint der Fortsatz stumpf zu endigen. 173 Die Nervenendigungen im Nagelbett des Menschen. Von A. S. Dogiel, o.ö. Professor der Histologie an der Universität St. Petersburg. Hierzu Tafel IX und X. Die Nervenendigungen sind mehr oder weniger genau an verschiedenen Stellen der menschlichen Haut studiert worden, soviel mir jedoch aus den Literaturangaben bekannt wurde, ist ein Hautabschnitt dennoch in dieser Hinsicht noch nicht in den Kreis der Untersuchung gezogen worden, und zwar die Cutis des Nagelbettes. Der Grund dafür liegt wohl in den Schwierig- keiten der Untersuchung selber, da der betreffende Hautbezirk vom Nagel bedeckt und infolgedessen den gewöhnlichen Unter- suchungsverfahren für Nervenendigungen schwer zugänglich ist. Ich habe nun versucht diese Schwierigkeiten zu überwinden und klarzulegen, welche Art von Nervenapparaten in dem Nagelbett gelagert sind, welches, wie bekannt, den empfindlichsten Stellen der Haut zugezählt werden muss. Als Material dienten mir hauptsächlich Finger amputierter Gliedmassen, ausserdem bisweilen die Finger eben verstorbener "Individuen. Vermittels eines sehr scharfen Rasiermessers wurden aus freier Hand Quer- und Längsschnitte durch den Nagel angefertigt, dieselben auf ÖObjektgläsern angeordnet und mit !/g — !/ıo®/oigen Methylenblaulösungen nach dem von mir früher ausführlich beschriebenen Verfahren gefärbt. Es ist am besten sich für die Schnitte des Nagels vom kleinen Finger, oder der Nägel junger Individuen oder Frauen zu bedienen, da dieselben nicht nur kleiner sondern auch dünner sind. Hatte ich es jedoch mit sehr dicken Nägeln zu tun, so schnitt ich vorher vorsichtig von der Oberfläche einen Teil der Hornschicht weg, und machte sie damit für die Anfertigung von Schnitten geeigneter. Die auf diese Weise gewonnenen Schnitte waren natürlich recht dick, nichts- destoweniger gelang es mir nicht selten dermassen dünne Schnitte zu erhalten, dass sie sogar vermittels homogener Immersion untersucht werden konnten. Auf den, nach dem angegebenen Verfahren zubereiteten und mit Methylenblau gefärbten Präparaten hatte ich die Möglichkeit nicht nur die Anordnung der Nerven im Nagelbett, sondern auch 174 A. S. Dogiel: die Endigungsweise derselben zu studieren und damit den Kreis unserer Kenntnisse über die Nervenapparate der Haut zu erweitern. Soviel ich habe wahrnehmen können, sind die stärkeren Nerven- stämmchen in der Tiefe der Cutis des Nagelbettes in derjenigen Schicht gelagert, welche aus dicken Bindegewebsfibrillenbündeln (den sogenannten retinacula unguium), die vom Knochen aus fächerförmig sich nach allen Seiten ausbreiten, zusammengesetzt ist. Auf ihrem Verlaufe geben diese Nervenstämmchen Seiten- ästchen ab, welche, in einer Ebene mit ihnen gelagert, sich zu anderen ähnlichen Stämmchen hinzugesellen und so ein weit- maschiges Grundgeflecht bilden. Unmittelbar unter demselben sind die grösseren Blutgefässe — Arterien und Venen — angeordnet. Die Nervenstämmchen verlaufen in der Regel in der Richtung von der Nagelwurzel zur Cutis des Fingerendes, und zwar zu derjenigen Stelle, wo dieselbe in das Nagelbett übergeht; auf diesem Verlauf geben die Stämmchen Ästchen ab, wobei sie -all- ählich dünner werden und gleichzeitig nach oben zu der an- gegebenen Schicht des Nagelbettes aufsteigen, woselbst sie in eine gewisse Anzahl feiner Ästchen und einzelner Fasern zerfallen. Von dem Grundgeflecht sondern sich unter verschiedenen Winkeln zahlreiche Äste verschiedener Dicke und Fasern ab, wobei die grösste Anzahl derselben nach oben zu der oberfläch- lichsten Schicht des Nagelbettes verläuft. Die erwähnten Äste teilen sich abermals auf ihrem Verlauf, anastomosieren häufig miteinander und zerfallen schliesslich in der angegebenen Cutis- schicht in einzelne Fasern. Ausserdem jedoch geben sowohl diese auf- steigenden Äste als auch das Grundgeflecht Ästehen zu sämt- lichen übrigen Cutisschichten ab, woselbst dieselben nach kürzerem oder längerem Verlauf gleichfalls in einzelne Fasern zerfallen. Sämtliche fast ausschliesslich aus verschieden dicken mark- haltigen Fasern bestehende Ästchen winden sich mehr oder weniger auf ihrem Verlauf. Die Fasern teilen sich noch während ihres Verlaufs in den Ästchen mehrfach in 2—3 und mehr Fasern, von denen einige, bei der Teilung der Ästchen, allmählich in neugebildete Ästchen übertreten. Die ungeheuere Anzahl von Nervenfasern, in welche die Ästehen in den verschiedenen Ab- schnitten der Nagelbettcutis zerfallen, verlaufen alsdann in ver- Die Nervenendigungen im Nagelbett des Menschen. 173 schiedenen Richtungen, wobei sie sich entsprechend dem Gang der Bindegewebsfibrillenbündel mannigfach winden und mehrfach in eine neue Anzahl von Fasern teilen. Häufig teilt sich eine Nervenfaser an einem Ranvier’'schen Schnürringe in 3— 4 —5 Fasern, welche nach kürzerem oder längerem Verlauf sich ihrer- seits wieder in mehrere Fasern teilen usw. Auf diese Weise entsteht, ich möchte sagen, eine unzählbare Anzahl von Nerven- fasern, die sich in den verschiedenen, sowohl tiefen als oberfläch- lichen, Abschnitten des Nagelbettes anordnen; nur das stratum papillare cutis enthält keine markhaltigen Fasern, da diese, wie weiter unten berichtet werden soll, vor dem Eintritt in die Papillen die Markscheide verlieren. Die aus dem Zerfall der aufsteigenden Ästchen entstandenen Nervenfasern laufen gewöhnlich in der obersten Cutisschicht des Nagelbettes nach verschiedenen Richtungen auseinander, und zwar in wechselnder Entfernung von den Papillenbasen und den Gipfeln der Epithelleisten, bisweilen fast unmittelbar unter denselben. Nachdem sie darauf eine Schlinge gebildet haben senken sie sich häufig wieder hinab in die unteren Cutisabschnitte, wobei einige von ihnen sogar die tiefste Schicht erreichen. Einige Fasern bilden zunächst mehrere schlingenförmige Windungen und schlagen erst dann die eine oder die andere Richtung ein. Hier und da werden auch einige markhaltige Fasern angetroffen, welche eine verschieden lange Strecke unmittelbar unter den Basen der Papillen und den Epithelleisten hinziehen. Aus dem Mitgeteilten ist somit ersichtlich, dass die Cutis des Nagelbettes, abgesehen allein vom stratum papillare, von einer grossen Zahl markhaltiger Nervenfasern durchzogen wird, welche sich gegenseitig überkreuzend, in verschiedenen Richtungen verlaufen. Nichtsdestoweniger muss jedoch vermerkt werden, dass die Verlaufsrichtung der Nervenästchen und -fasern in einem gewissen Grade von der Anordnung der Bindegewebsfibrillenbündel abhängt. Da nun die letzteren, besonders in den tiefen Cutisschichten, mehr oder weniger senkrecht oder schräg verlaufen, so schlagen auch die Nervenästchen und Fasern vorwiegend dieselbe Richtung ein. Sämtliche Fasern endigen nach kürzerem oder längerem Verlaufe in Nervenapparaten, welche, gleichwie die Fasern, in ungeheurer Zahl in sämtlichen Cutisschichten, einschliesslich des stratum papillare, zerstreut sind. Die Nervenapparate weisen 176 A. S. Dogiel: jedoch, inbezug auf die Nervenendigungsweise, keine derartige Mannigfaltigkeit der Formen auf, wie sie gewöhnlich in der Finger- kuppenhaut beobachtet wird. In der Regel verschwinden — angefangen von der Übergangsstelle der Haut der Fingerkuppe auf das Nagelbett und von der Wurzel desselben an — fast sämtliche eingekapselte Apparate, ausgenommen die modifizierten Vater-Paccini’schen Körperchen (Golgi-Mazzoni’sche Körperchen); es bleiben nur einige Formen der uneingekapselten Apparate: in den Epithelleisten verschwinden des- gleichen die Merkel’schen Zellen. Die Nervenapparate in der Haut des Nagelbettes müssen somit in eingekapselte und uneingekapselte eingeteilt werden, wobei zu den ersteren die modifizierten Vater-Pacini’schen Körperchen, zu den zweiten die uneingekapselten Nervenknäuel, die intrapapillären Netze und Fadenschlingen und endlich verschieden- artige Formen der baumförmigen Endverzweigungen gehören. I. Eingekapselte Nervenapparate (Fig. 1 und 2.) Von den verschiedenen Formen derartiger Apparate werden, wie erwähnt, nur die modifizierten Vater-Pacini’schen Körperchen (Golgi-Mazzoni’sche Körperchen) angetroffen. Die- selben sind, nur in beschränkter Zahl, hauptsächlich in der tiefen Cutisschicht gelagert, nur wenige Körperchen habe ich in der oberflächlichen Schicht, wo sie bisweilen in der Nähe der Papillen- basen liegen, gesehen. Ihrer Form, Grösse und der Nerven- endigungsweise nach unterscheiden sich diese Körperchen in fast nichts wesentlichem von den in der Fingerkuppenhaut und in anderen Hautstellen gelagerten. Gewöhnlich haben sie eine kuglige oder ovale Form oder erscheinen als lange mehr oder weniger gebogene, wurstförmige Gebilde; diese letzteren, wie überhaupt die verhältnismässig grossen Körperchen, finden sich vorwiegend in der tiefen Schicht des Nagelbettes, während die kugligen oder ovalen Körperchen von geringerer Grösse häufiger in der ober- flächlichen Schicht angetroffen werden. Der Längsdurchmesser der Körperchen ist entweder senkrecht oder schräg oder endlich mehr oder weniger parallel zur Oberfläche des Nagelbettes gerichtet; die letztere Richtung nehmen gewöhnlich die in der oberflächlichen Schicht gelagerten Körperchen ein. ne Die Nervenendigungen im Nagelbett des Menschen. 177 Die Hülle eines jeden Körperchens bilden einige dicht bei einander gelagerte dünne Bindegewebslamellen, zwischen denen sternförmige, platte Zellen liegen; diese Hülle (oder vielmehr die innere Lamelle derselben) begrenzt einen verhältnismässig breiten, langen, nicht selten gebogenen Hohlraum, in welchem die End- verzweigungen der Nervenfasern gelagert sind. An einen Pol des Körperchens treten gewöhnlich eine, bis- weilen zwei mehr oder weniger dicke markhaltige Fasern heran, welche in einiger Entfernung von dem Körperchen oder unmittelbar an dem Pole zuerst die Markscheide, darauf auch die Schwann’sche Scheide verlieren und in den Hohlraum ein- dringen. Sobald der Achsenzylinder den Hohlraum erreicht hat teilt er sich, wie es die Figg. 1 und 2 zeigen, in eine grosse Zahl verhältnismässig dicker, sich ihrerseits wiederum vielfach teilender Fädchen; diese winden und durchflechten sich mannigfach mit einander und bilden, indem sie fast den ganzen Hohlraum des Körperchens einnehmen, einen dichten Knäuel von Nervenästchen und -fäden, die sämtlich miteinander verbunden und mit ver- schieden grossen und verschieden gestalteten Verdickungen besetzt sind. In einigen Fällen habe ich wahrnehmen können, dass eine markhaltige Faser, indem sie an ein Körperchen her- antrat, sich gabelförmig in zwei Fasern teilte, welche den End- apparat bildeten. Bisweilen kommt es auch vor, dass eine Faser, auf ihrem Verlaufe einen oder mehrere markhaltige Ästchen zu Körperchen abgibt, darauf weiter zieht und an einem Ranvier- schen Schnürringe in 2—3 häufig sich in derselben Weise teilende Fasern zerfällt, von denen eine jede in einem unein- gekapselten Knäuel endigt (Fig. 2). DiesefBefunde weisen darauf hin, dass nicht selten die Äste einer und derselben Faser sowohl in eingekapselten als auch in uneingekapselten Nervenapparatenendigen können. Etwas derartiges wird auch in der Fingerkuppenhaut beobachtet, wo markhaltige Fasern, die in den Endverzweigungen von Ruffini endigen, gleichzeitig Ästchen abgeben, welche sich in den modifizierten Vater - Pacini’schen Körperchen verzweigen. Ausser diesen Fasern verzweigen sich in diesen Körperchen auch noch Fasern zweiter Art, ähnlich wie in den Körperchen desselben Typus, die in der gewöhnlichen Haut und in anderen Organen gelagert sind. Es muss nur bemerkt werden, dass die Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 12 178 A. S. Dogiel: Endverzweigungen der letztgenannten Fasern in den Körperchen des Nagelbettes sich bei weitem schwieriger färben als in ähn- lichen Körperchen an anderen Körperstellen. II. Uneingekapselte Nervenapparate. 1. Uneingekapselte Nervenknäuel (Fig. 2, 3, 4, 5). Diese Apparate sind fast vollkommen analog denjenigen, welche ich!) im stratum papillare der Fingerkuppen beschrieben habe; sie sind hier desgleichen in einigen grösseren Papillen im Gebiet der Wurzel des Nagelbettes, an der Übergangsstelle desselben in die Fingerkuppenhaut gelagert: ausserdem werden die Knäuel sowohl in der oberflächlichen als auch in dem benachbarten Teil der tiefen Cutisschicht des Nagelbettes angetroffen. Im allgemeinen jedoch sind sie selten zu finden; ihrer Form nach sind sie mehr oder weniger kugelförmig oder oval, wobei bisweilen ein Pol in die Länge gezogen ist. Die in den Papillen gelagerten Knäuel nehmen gewöhnlich den Gipfel, die Hälfte oder die zwei oberen Drittel derselben ein (Fig. 3). An ihrer Bildung beteiligen sich einige markhaltige Fasern, die aus dem Zerfall der Nervenästchen in der oberflächlichen Schicht des Nagelbettes her- vorgegangen sind. Diese Fasern verlaufen fast dicht unter den Papillenbasen und den Gipfeln der Epithelleisten, wobei sie sich vielfach teilen; einige der Fasern treten nach Verlust der Markscheide in die Papillen und endigen in Knäueln, während die anderen, wie weiter unten berichtet werden wird, intrapapilläre Schleifen und Netze bilden. Die ersteren begeben sich nach ihrem Eintritt in die Papillen unter Windungen nach oben, wobei sie sich in mehrere variköse Fäden teilen und in dem oberen '/s, '/s oder ?/s der Papille endgültig in eine Menge feiner, variköser Fädchen zerfallen. Letztere teilen sich mehrfach, verbinden und durchflechten sich miteinander mannigfach, infolgedessen ein sehr dicker Faden- knäuel entsteht (Fig. 3); von den Knäueln sondern sich feine Fädchen, die sich entweder an der Bildung intrapapillärer Netze und Bündel (siehe unten) beteiligen oder das die Papillen um- gebende Epithel erreichen; ob nun diese Fädchen in das Epithel eindringen, wie in der Fingerkuppenhaut, oder sich nur den ober- ') Über die Nervenapparate in der Haut des Menschen. Zeitschr. f. wiss. Zoologie. Bd. 75. H. 1. 1903. Die Nervenendigungen im Nagelbett des Menschen. 1 flächlich unter dem Epithel gelegenen Fäden des intrapapillären Netzes hinzugesellen, kann ich nicht mit Sicherheit aussagen. Die in der oberflächlichen und dem angrenzenden Teil der tiefen Schicht des Nagelbettes gelagerten Knäuel unterscheiden sich von den oben beschriebenen nur durch ihre Lage, viele auch durch ihre beträchtlichere Grösse (Fig. 4 u. 5). Die in den Knäueln endigenden markhaltigen Fasern sondern sich gewöhnlich von denjenigen Nervenästchen ab, welche vom Grundgeflecht zur oberflächlichen Schicht des Nagelbettes verlaufen; einige dieser Ästehen zerfallen auch auf ihrem Verlaufe in mehrere Fasern, von denen einige in der oberflächlichen oder dem angrenzenden Teil der tiefen Schicht des Nagelbettes in den erwähnten Apparaten endigen. Die genannten Fasern teilen sich häufig abermals, wobei ein Teilast mehr oder weniger parallel der Oberfläche des Nagel- bettes hinzieht und sich hierbei mehr oder weniger stark windet. Nach kürzerem oder längerem Verlaufe zerfällt alsdann der Achsen- zylinder nach Verlust der Markscheide und der Schwann’schen Scheide in eine grosse Anzahl mannigfach gewundener, durchein- ander geftlochtener und miteinander verbundener Fäden, welche den Nervenknäuel bilden. Bisweilen teilt sich auch der Achsen- zylinder in 2— 3 Ästchen, von denen jedes in einem Knäuel endigt. Ausser diesen einfachen Formen werden häufig auch kom- pliziertere Formen von Knäueln angetroffen, an deren Bildung, wie aus der Fig. 5 ersichtlich, die Achsenzylinderverzweigungen mehrerer markhaltiger Ästchen sich beteiligen. Derartige Knäuel sind gewöhnlich bedeutend grösser, während die dieselben zu- sammensetzenden Fäden dicker erscheinen, an einem Pol sind sie mehr oder weniger in die Länge gezogen. Nicht selten kann man beobachten, dass sich von einem Knäuel ein oder mehrere Fäden absondern, die endweder nach kürzerem oder längerem Verlauf in eine grosse Anzahl feiner, variköser Fädchen zerfallen und neue — sekundäre — Knäuel bilden oder bisweilen in die Papillen eindringen und dort in Knäueln endigen. 2) Intrapapilläre Netze und Fadenschlingen (Fig. 6). Einige von den markhaltigen Fasern, welche aus dem Zerfall in der oberflächlichen Cutisschicht des Nagelbettes der vom Grund- geflecht abgehenden Ästchen entstanden sind, begeben sich bald schräg bald senkrecht zum stratum papillare, wobei sie sich teilen und häufig, sich mehr oder weniger windend, unter den 122 180 A. S. Dogiel: Papillenbasen hinziehen und darauf ihre Scheiden verlieren. Ihre Achsenzylinder zerfallen bald in eine bestimmte Anzahl ver- schieden dicker variköser Fäden, die sich ihrerseits abermals teilen, untereinander verflechten und ein dichtes subpapilläres Geflecht bilden: von diesem dringen einzelne Fäden und ganze Fadenbündel in die Papillen ein, woselbst sie in eine grosse Anzahl feiner variköser Fädchen zerfallen. welche sich in ver- schiedenen Richtungen überkreuzen, miteinander verbinden und indem sie sich in der ganzen Papille ausbreiten, in derselben ein diehtes intrapapilläres Netz bilden. Einige Fäden dieses Netzes liegen in der oberflächlichsten Schicht der Papillen unmittelbar unter dem Epithel, andere lagern sich an die Schlingen der Gefässe in den Papillen, einige dickere Fäden zerfallen schliesslich in Bündel kurzer, gewundener Fädchen. In den verhältnismässig grossen Papillen sind ausser dem intrapapillären Netz an der Übergangsstelle der Fingerkuppenhaut in das Nagelbett und im Anfangsteil der Wurzel desselben noch intrapapilläre Fadenbündel gelagert; diese sondern sich desgleichen, wie bereits oben erwähnt, von dem subpapillären (etlecht ab; sie bestehen aus mehreren Fädchen und winden sich nach dem Eintritt in die Papille mehr oder weniger. Die ein ;ündel zusammensetzenden Fäden teilen sich in denselben, während die Bündel selbst sich auf ihrem Verlauf in dünnere Bündelchen spalten, welche, sich in den Papillen windend, in denselben teilweise Schlingen bilden, teilweise sich zu anderen ähnlichen Bündeln hinzu- gesellen. Von den schlingenförmig gebogenen Bündeln sondern sich noch einzelne Fädchen ab, die zu benachbarten in einer der Papillen gelagerten Bündeln verlaufen, oder aber zum Epithel hinziehen, wo sie augenscheinlich in Gestalt eines interepithelialen Netzes endigen. In einigen Papillen habe ich wahrnehmen können, dass ein Fadenbündel auf seinem Verlauf in denselben sich an eine Kapillare anlegte oder den Gipfel einer Gefässschlinge in einer oder zwei Touren umgab. In dem stratum papillare der Cutis des Nagelbettes sind somit nur uneingekapselte Nerven- apparate: Nervenknäuel, intrapapilläre Netze und schlingenförmig gebogene Nervenfädenbündel gelagert. 3) Baumförmige Endverzweigungen (Fig. 6, 7, 8,9, 10). Ein Vergleich des stratum papillare der Cutis des Nagelbettes mit derselben Schicht der Fingerkuppenhaut ergibt in Bezug Die Nervenendigungen im Nagelbett des Menschen. 181 auf die Mannigfaltigkeit der Nervenapparate, dass die erstgenannte Stelle durchaus der zweiten nachsteht, da erstere nur einige Formen der uneingekapselten Apparate enthält. Sämtliche übrigen Cutisschichten, die oberflächliche sowie die tiefe, des Nagelbettes sind wie es bei einer gelungenen Färbung mit Methylenblau klar ersichtlich ist, mit einer ungeheuren Menge von Endverzweigungen, die fast ausschiesslich dem Typus der sogenannten baumförmigen Verzweigungen angehören, versehen. Uneingekapselte Nerven- knäuel sowie modifizierte Vater-Paccini’sche Körperchen sind, namentlich die letzteren, in einer verhältnismässig beschränkten Zahl vorhanden. Mit Ausnahme der wenigen in den genannten Apparaten endigenden Fasern, endigen sämtliche übrigen, sich vom Grundgeflecht und der von ihm abgehenden Ästchen ab- sondernden, sowie diejenigen in welche die letzteren Ästchen schliesslich zerfallen, in verschieden grossen und mannigfach ge- stalteten baumförmigen Verzweigungen. Da in der Cutis des Nagelbettes eine ungeheure Anzahl derartiger Fasern vorhanden ist und jede Faser ausserdem auf ihrem Verlaufe, wie bereits oben erwähnt, sich mehrfach teilt, so ist es ohne weiteres klar, warum in der Cutis des Nagelbettes eine, ich möchte sagen, unzählbare Menge von Endverzweigungen angetroffen wird. Gewöhnlich endigt eine, wenn ich sagen darf, Grundfaser, nachdem sie sich in eine gewisse Anzahl sich ihrerseits abermals verzweigender Fasern geteilt hat, in zahlreichen Endapparaten. Eine jede dieser Fasern letzter Ordnung verliert nach kürzerem oder längerem Verlaufe ihre Markscheide, worauf der Achsenzylinder, in der Mehrzahl der Fälle, sofort in seine Endästchen zerfällt (Fig. 6, 7, 8, 9, 10). Zunächst teilt er sich, soviel ich habe wahr- nehmen können, in mehrere (2—-3—4 und mehr) verschieden dieke Fäden, welche entweder nach verschiedenen Seiten oder alle zusammen in einer Richtung verlaufen, wobei sie allmählich in eine grosse Anzahl dünner mehr oder weniger langer Fädchen zerfallen; letztere teilen sich alsbald abermals; die auf diese Weise entstandenen Fädchen sind mit kurzen Seitenästchen besetzt, deren Enden sich abflachen und die Gestalt von mehr oder weniger langen vieleckigen Plättchen annehmen. Von den Ecken dieser gehen feinste Fädchen, vermittels derer die einzelnen Plättchen miteinander zusammenhängen, ab. Es entsteht somit ein Nerven- apparat, welcher das Aussehen eines stark verästelten Baum- 182 A. S. Dogiel: zweiges hat, der mit zahlreichen untereinander verbundenen Blättchen besetzt ist. ‚Jeder einzelne Faden und jedes Fädchen, welche an der Zusammensetzung einer Verzweigung teilnehmen, sind stellenweise desgleichen etwas verbreitert, gleichwie abge- plattet, wobei die lokalen Verbreiterungen von eckiger oder spindelförmiger Gestalt sind. Diese Endverzweigungen sind bald stark in die Länge gezogen, bald mehr oder weniger dreieckig oder unregelmässig vieleckig. Ausser diesen verhältnismässig einfachen Formen der baum- förmigen Verzweigungen werden beständig noch kompliziertere Formen angetroffen (Fig. 9). Von den beschriebenen unterscheiden sie sich durch ihre Grösse und dadurch, dass an ihrer Bildung nicht nur ein Ästchen des Achsenzylinders einer markhaltigen Faser, sondern der gesamte Achsenzylinder derselben teilnimmt, infolgedessen es auch verständlich ist, warum diese komplizierten Formen derartiger Nervenapparate grösser sind und eine grössere Fläche einnehmen. Die erwähnten Apparate werden gewöhnlich auf die Weise gebildet, dass eine markhaltige Faser nach Verlauf einer gewissen Strecke sich in mehrere sehr kurze markhaltige Ästchen teilt, welche alsbald ihre Markscheide verlieren, oder aber, was das häufigere ist, die Faser verliert letztere vor dem Zerfall in Ästchen. Der Achsenzylinder oder die Achsenzylinder der kurzen Ästchen der Faser zerfallen alsdann rasch in eine grosse Anzahl feiner Fäden, welche in einer Richtung verlaufen. Jeder Faden zerfällt seinerseits allmählich in eine grosse Anzahl Fädchen, welche sich untereinander verflechten und Endverzweigungen in Gestalt eines recht grossen in die Länge ausgezogenen Plättchens, ähnlich einem langen Blatt mit unregelmässigen Rändern, bilden. Sämtliche Fädchen sind mit zahlreichen kleinen, eckigen, an eckige Blättchen erinnernden Verbreiterungen besetzt, von deren Ecken feinste Fädchen zu anderen benachbarten Verbreiterungen hinziehen ; derartige Verbreiterungen sind auch im Verlauf sämtlicher einen Nervenapparat zusammensetzenden Fädchen vorhanden. Der ganze Endapparat erhält auf diese Weise ein besonderes, charakteristisches Aussehen und ähnelt bis zu einem gewissen Grade den einfachen ‘ndverzweigungen von Ruffini. Die einfachen Formen der beschriebenen Apparate nehmen eine geringe Fläche ein, die Verzweigungen eines derartigen Die Nervenendigungen im Nagelbett des Menschen. 185 Apparates liegen mehr oder weniger in einer Ebene, während die komplizierten Formen, wie oben gezeigt worden ist, eine ver- hältnismässig grosse Fläche einnehmen und häufig gebogen sind, infolgedessen die einzelnen Teile der betreftenden Apparate nicht in einem Niveau angeordnet sind. Beide Formen liegen unmittel- bar den Bindegewebsfibrillenbündeln an, in beiden habe ich keine Kerne und keinerlei körnige Substanz wahrnehmen können. Bei einem genaueren Studium der baumförmigen Endver- zweigungen ist es nicht schwer, besonders an gut gefärbten Präparaten, festzustellen, dass fast von jedem derselben (sei es nun eine einfache oder eine komplizierte Form) an irgend einer Stelle bald eine, bald mehrere mehr oder weniger feine Fäden sich absondern. Letztere verlaufen unter Windungen eine kürzere oder längere Strecke und zerfallen darauf in viele feine sich mehrfach teilender Fädchen, die einen neuen, dem vorhergehenden vollkommen analogen Apparat bilden (Fig. 6, 7, 8, 9, 10). Ein derartiger Apparat, der als baumförmige Endverzweigung zweiter Ordnung bezeichnet werden könnte, gibt häufig längere oder kürzere Fädchen ab, die in derselben Weise endigen, wobei baum- förmige Verzweigungen dritter Ordnung entstehen. Es ist nicht selten, dass eine Endverzweigung erster Ordnung auf die eben geschilderte Weise vier, bisweilen sogar fünf neue Endverzweigungen bildet, von welchen das eine oder das andere seinerseits Fädchen abgibt, welche abermals eine Endverzweigung hervorgehen lassen. Bisweilen sondern sich von einer Endverzweigung erster Ordnung an verschiedenen Stellen desselben einige Fädchen ab; einige von diesen liefern, nach Verlauf einer gewissen Strecke, Endapparate zweiter Ordnung, während andere sich auf beträchtlichen Strecken hinziehen und darauf zu einem oder mehreren Apparaten erster oder anderer Ordnungen, in welchen andere markhaltige Fasern endigen, hinzugesellen. Auf diese Weise ist eine Endverzweigung in engem Zusammenhange nicht nur mit mehreren ähnlichen Ver- zweigungen einer markhaltigen Faser, sondern auch mit vielen Verzweigungen anderer Fasern; das Verbindungsglied bilden in diesen Fällen die beschriebenen Nervenfädchen, die von einem Nervenapparat zu anderen benachbarten ziehen. Soviel ich auf Grund meiner Untersuchungen beurteilen kann, bezieht sich das soeben gesagte auf sämtliche baumförmige Endverzweigungen überhaupt, unabhängig von ihrer Lagerung, 154 A. SS. Dogiel: sei es in der Haut des Nagelbettes oder in verschiedenartigen anderen bindegewebigen Gebilden. Wenn der erwähnte Zusammen- hang zwischen den Nervenapparaten häufig nicht konstatiert werden kann, so ist diese Erscheinung nicht durch die Abwesenheit der verbindenden Nervenfäden zu erklären, sondern dadurch, dass sich die Fäden überhaupt nicht oder nur auf einer gewissen Strecke gefärbt haben, oder auf dem Schnitt durchschnitten sind, infolgedessen sie nur auf einer gewissen Strecke sichtbar sind. Die Endverzweigungen 2., 3. usw. Ordnung haben fast dieselbe (srösse wie die Hauptverzweigung erster Ordnung, oder aber erscheinen etwas kleiner. Das bezieht sich hauptsächlich auf die komplizierten Formen der Endverzweigungen erster Ordnung, die beträchtlich grösser sind als die einfachen Formen. Die baumförmigen Verzweigungen liegen, wie bereits oben gesagt wurde, in sämtlichen Cutisschichten des Nagelbettes, sogar unmittelbar unter den Epithelleisten, wobei sie mit ihrer Ober- fläche bald parallel, bald mehr oder weniger schräg, bald fast senkrecht zur Oberfläche des Nagelbettes gerichtet sind, was, wie ich bereits erwähnt habe, von der Anordnung der Bindegewebs- fibrillenbündel abhängt. Zum bereits gesagten ist noch hinzuzu- fügen, dass im Wurzelgebiet des Nagelbettes die baumförmigen Verzweigungen, wie es zum Teil auf Fig. 7 ersichtlich ist, in ungeheurer Zahl vorhanden sind; sie treten hier in der Mehr- zahl der Fälle als komplizierte Formen auf und ordnen sich mehr oder weniger senkrecht zur Oberfläche des Nagelbettes an, welche Lagerung auch hier durch den Verlauf der Bindegewebsfibrillen- bündel erklärt wird. Ein Vergleich der Nervenendigungsweise und Anordnung der Nervenapparate in der Fingerkuppenhaut und in der Cutis des Nagelbettes ergibt nun folgende Schlüsse: 1) In dem stratum papillare des Nagelbettes sind nur uneingekapselte Nervenknäuel und intrapapilläre Netze und Fadennetze vorhanden; diemannigfaltigen Formen von eingekapselten Nervenapparaten, die beständig im stratum papillare der Fingerkuppen- haut angetroffen werden, sowie einige Formen der uneingekapselten Apparate, wie z. B. die papillären ;üschel von Ruffini fehlen hier vollkommen; 2)in der oberflächlichen und tiefen Cutisschicht des Die Nervenendigungen im Nagelbett des Menschen. 185 Nagelbettes ist eine ungeheure Anzahl von baum- förmigen Endverzweigungen und eine durchaus beschränkte Zahl uneingekapselter Knäuel und ein- gekapselter Apparate, in Gestalt modifizierter Vater- Pacini’scher Körperchen gelagert; nicht vorhanden sind hier die typischen Vater-Pacini’schen Körper- chen, die eigenartigen Körperchen mit plättchen- förmigen Endigungen, sowie die typischen Endver- zweigungen von Ruffini; 3) in den Epithelleisten fehlen die Merkel’schen Tastkörperichen; es sind nur die interepithelialen Endverzweigungen ver- handen. Während somit das stratum papillare der Fingerkuppenhaut mit zahlreichen mannigfaltigen Nervenendapparaten versehen ist, erscheint dieselbe Schicht des Nagelbettes arm an ihnen, in ıhr fehlen vollkommen die eingekapselten Apparate. In dem Nagelwall habe ich insbesondere auf Längsselmitten durch den Nagel das Vorhandensein fast sämtlicher Nervenapparate, welche ich in der Fingerkuppenhaut beschrieben habe, feststellen können. In dem bindegewebigen Anteile des Walles werden unter anderen in recht beträchtlicher Zahl’ die modifizierten Vater- Paeini’schen Körperchen verschiedener Form angetroffen, es fehlen nur die typischen Vater-Pacini’schen Körperchen. In den Epithel- leisten sind ausser den interepithelialen Endverzweigungen in grosser Zahl die Merkel’schen Tastzellen vorhanden. In dem Nagelfalz endigen, soviel ich auf meinen Präparaten habe wahrnehmen können, die Nerven unmittelbar unter dem Epithel und in der Epithelschicht selbst (Fig. 11). Von den im stratum papillare des Nagelwalles verlaufenden Nervenästchen sondern sich verhältnismässig feine markhaltige Fasern ab, welche zum Epithel des Nagelfalzes hinziehen. Auf ihrem Verlaufe teilen sie sich dichotomisch und verlieren darauf in der Nähe des Epithels ihre Markscheide. Der Achsenzylinder einiger dieser Fasern spaltet sich in 2— 3 Teiläste, welche unmittelbar unter dem Epithel in baumförmigen Verzweigungen endigen; einige der Teil- äste des Achsenzylinders verlaufen zunächst unter dem Epithel, durchflechten sich miteinander und treten nach Bildung eines subepithelialen Geflechtes in das Epithel als feine, variköse Fädchen ein (Fig. 11). Letztere liegen zwischen den Epithelzellen, teilen 156 A.S. Dogiel: sich in feinere Fädehen, die in mannigfachen Windungen sich miteinander verbinden und die Epithelzellen umtlechten. Inter- epitheliale Nervenverzweigungen habe ich nur in der tiefsten Epithelschieht wahrnehmen können. An den Übergangsstellen der Fingerkuppenhaut zur Cutis des Nagelbettes finden sich sämtliche Nervenapparate der Finger- kuppenhaut vor. Im stratum papillare dieser Stelle sind besonders zahlreiche Meissner’sche Körperchen vorhanden, wobei nicht selten eine dicke markhaltige Faser, nach der Teilung in 2—3—4 markhaltiger Ästehen, ein jedes von diesen zu einem besonderen Körperchen entsendet. In den Epithelleisten sind hier in grosser Zahl Merkel’sche Tastzellen gelagert, in denen häufig besonders deutlich die zuerst von mir beschriebenen zweierlei Nerven- endigungen der Fasern zu erkennen sind: und zwar in Gestalt der Tastscheiben der früheren Autoren und in Gestalt feinster Nervenfäden, welche die Tastzellen mit einem dichten Netz um- geben, wie es auf Fig. 12 dargestellt ist. Es bleibt noch zu erwähnen, dass die feinen und gröberen Arterienzweige des erwähnten Hautgebietes eine dicke Muskel- schicht aufweisen, stark gebogen und reich mit Nerven ver- sehen sind. Zu ihnen verlaufen nicht nur marklose, sondern auch viele markhaltige Fasern, welche in einer gewissen Ent- fernung von der Arterie ihre Markscheide verlieren, worauf sich ihr Achsenzylinder teilt und in Gestalt verschieden dicker mark- loser Ästchen die Gefässwand erreicht. In der äusseren und mittleren Schicht der Arterie teilen sich diese Ästchen mehrfach und endigen augenscheinlich in zahlreichen feinen Endverzwei- gungen; in der Muskelschicht sind sie, wie überhaupt in grösseren und feineren Arterien, sowie überall, wo glatte Muskeln vorhanden sind, in den feinen Bindegewebszügen gelagert. Diese Verzweigungen gehören aller Wahrscheinlichkeit nach den Endigungen sensibler Fasern an. Figurenerklärung Tafel IX und X. Sämtliche Zeichnungen sind vermittels eines Zeichenapparates angefertigt worden. Fig. 1. Modifiziertes Vater-Pacini’sches Körperchen. a = markhaltige Nervenfaser, deren Achsenzylinder sich im Hohlraum des Körperchens verzweigt; #7 = Hülle. Obj. D. Zeiss. Be nf u Hig; 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Atem (9 Big. 7 ip. 8. Bier 9: Fig. 10. - Die Nervenendigungen im Nagelbett des Menschen. 187 Modifizierte Vater-Pacini’sche Körperchen (A) und uneingekapselte Nervenknäuel (3). @ und a' —= markhaltige Nervenfasern; die Faser «! gibt ein Ästchen ab, welches sich im Körperchen verzweigt, während die übrigen Ästchen in uneingekapselten Knäueln endigen; 5 — Hülle der Körperchen. Obj. C. Zeiss. Eine Cutispapille des Nagelbettes in der Nähe der Nagelwurzel; in derselben sind ein uneingekapselter Nervenknäuel und ein intra- papilläres Netz. « = ein Ästchen einer markhaltigen Faser, das die Markscheide verloren hat. Obj. C. Zeiss. Aus einem Längsschnitte durch ein Nagelbett. « = markhaltige Nerven- fasern, die in uneingekapselten Knäueln endigen. Obj. D. Zeiss. Komplizierter uneingekapselter Nervenknäuel in der Nähe der ober- flächlichen Cutisschicht des Nagelbettes. & = markhaltige Nerven- faser. Obj. D. Zeiss. Teil eines Querschnittes durch einen Nagel. 1 = Epithel; 2 = Cutis des Nagelbettes. In dem stratum papillare cutis sind intrapapilläre Nervennetze und -schlingen, unter den Papillen und den Epithelleisten das subpapilläre Nervengeflecht sichtbar. «& —= markhaltige Nerven- fasern, die in verschiedenen Teilen der Cutis des Nagelbettes in baumförmigen Endverzweigungen endigen. Obj. A. Zeiss, halbaus- gezogener Tubus. . Teil eines Querschnittes durch einen Nagel im Gebiet der Nagel- wurzel. 1 = Epithel 2 = Cutis des Nagelbettes, & = Nerven- stämmchen, welches in einige Ästchen zerfällt; letztere spalten sich in einzelne markhaltige Fasern, die in verschiedenen Cutisabschnitten in baumförmigen Verzweigungen endigen. Obj. A. Zeiss, halbaus- gezogener Tubus. Teil eines Längsschnittes durch einen Nagel. 1= Epithel; 2= Cutis des Nagelbettes. «= markhaltige Nervenfaser, die sich gabelförmig in 2 Ästchen teilt: letztere endigen in einfachen baumförmigen Ver- zweigungen; &— Nervenfädchen, welche von baumförmigen Ver- zweigungen erster Ordnung zur Bildung der gleichen Verzweigungen zweiter Ordnungen abgehen ; 5Y—= Verbindungsfädchen zwischen den baumförmigen Verzweigungen. Obj. ©. Zeiss. Komplizierte (A) und einfache (3) Formen von baumförmigen End- verzweigungen aus der Cutis des Nagelbettes. @ = markhaltige Nervenfasern; &= Fädchen, die sich von den Verzweigungen erster Ordnung zur Bildung solcher zweiter Ordnung absondern. Obj.D. Zeiss. Einfache Formen baumförmiger Endverzweigungen aus der Nähe der oberflächlichen Cutisschicht des Nagelbettes. « = markhaltige Nervenfaser, die in zahlreichen baumförmigen Verzweigungen endigt; 5 = Nervenfädchen, die von Verzweigungen erster Ordnung abgehen und in ebensolchen Verzweigungen zweiter und dritter Ordnung endigen. Obj. C. Zeiss. 155 A. S. Dogiel: Die Nervenendigungen im Nagelbett des Menschen. Fig. 11. Teil eines Schnittes durch den Nagelfalz. 1 = Epithel; 2 = Cutis. a=Ästchen, die aus der Teilung der Achsenzylinder markhaltiger Fasern hervorgegangen sind; d = subepitheliales Nervengeflecht, von welchem sich einzelne Fädchen zum Epithel absondern; ce = baum- förmige Endverzweigung. Obj. D, Zeiss. | Fig. 12. Querschnitt durch eine Epithelleiste aus der Fingerkuppenhaut an der Übergangsstelle derselben in die Cutis des Nagelbettes. «= ein Ästchen einer markhaltigen Nervenfaser, welches nach Verlust der Markscheide in das Epithel eindringt und in Verzweigungen endigt,,. welche die Merkel'schen Zellen umgeben. Immers. !/ı2 Zeiss. Aus der kgl. bayer. biol. Versuchstation für Fischerei. Über die Entwicklung der Kiemen bei Fischen. Von Dr. Theodor Morofi. (München.) Hierzu Tafel XI u. XII. Bis in die neueste Zeit war die Ansicht Rathkes über die einheitliche Entstehung der Kiemen bei allen Fischen allgemein geltend. Nach ihm sind die Kiemensäcke der Selachier gleich- wertig mit den Kiementaschen der Cyclostomen, die samt und sonders dem Entoderm entstammen sollten. Durch eine Rück- bildung der Scheidewände sind nach ihm die Kammkiemen der übrigen Fische entstanden. Götte war der erste der durch eine natürlichere, den Tatsachen entsprechendere Erklärung diese schablonenhafte Ableitung beseitigte. Der älteste uns bekannte Kiemenapparat bei den Selachiern besteht nach ihm nicht aus Kiemensäcken, sondern aus offenen Fächern, mit schwächeren Scheidewänden an den Kiemenbögen und einem starken hyoidalen Kiemendeckel, von dem mehr oder minder der übrige Apparat überdeckt wird. Die fossile Form Pleuracanthus soll ebenfalls einen ähnlichen Kiemenapparat be- sessen haben, dessen hyoidaler Kiemendeckel nach der Art der Teleostier den ganzen übrigen Apparat verdeckt haben wird. Die Entwicklungsgeschichte zeigt uns ebenfalls, dass bei den Fischen, deren Kiemenapparat im ausgewachsenen Zustande aus Kiemensäcken besteht, sich die Scheidewände aus den Kiemen- bogen zuerst selbständig entwickeln und sie erst später oben und unten, bis auf eine kurze Strecke in der Mitte, in Verbindung miteinander treten. Die Kiemensäcke sind offenbar eine jüngere Bildung. Die Kiemensäcke bleiben eine Eigentümlichkeit der Selachier, von denen es keinen Übergang zum Kiemenapparat der Teleostier gibt. Da der Kiemenapparat der Holocephalen mit demjenigen von Pleuracanthus übereinstimmt, erscheint er älter als die Kiemensäcke der übrigen recenten Selachier und kann daher nicht den gewünschten Übergang veranschaulichen. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 13 190 Theodor Moroff: Abgesehen von diesen Unterschieden bleiben, nach Götte, die Kiemenapparate der Selachier und Teleostier in den wesentlichsten Stücken homologe Bildungen mit den folgenden gemeinsamen Merkmalen: 1) in beiden Gruppen werden die entodermalen Kiementaschen zurückgebildet bis auf die gelegentlichen Reste der ersten Tasche und ihre vordere Kiemen-Reihe (Spritzloch, Spritzlochkieme, Pseudobranchie); 2) die ausschliesslichen Atem- Organe aller dieser Fische sind die Hautkiemen des Hyoiddeckels und der Kiemenbögen, die durch verschiedene Kiemendeckel- bildungen geschützt werden (pg. 505). Im vollen Gegensatz dazu besitzen die Cyclostomen in den vollständig erhaltenen primären Kiementaschen nur Darmkiemen, die nichts Gemeinsames mit den nachträglich entstandenen ektoder- malen Kiemen haben. Daher sind die Darm- und die Hautkiemen sowie die beiderlei Umhüllungen derselben vollkommen heterologe Bildungen. Nach Götte werden die Vorfahren aller Fische durch Darmkiemen geatmet haben und diese sind folglich die ältesten Atmungsorgane der Wirbeltiere. Sie erhielten sich nur bei den Cyelostomen und gingen aber während der Entstehung der übrigen Fische zu Grunde und wurden durch die jüngeren Hautkiemen ersetzt. Mit der allmähligen Veränderung der Lebensbedingungen begann wahrscheinlich auch die Rückbildung der Darmkiemen. Dies konnte aber nicht geschehen, bevor nicht eine entwicklungs- fähige Anlage der sie ersetzenden Hautkiemen da war. In der Übergangszeit müssen beiderlei Kiemen, die einen in Rückbildung, die anderen in Fortbildung begriffen, neben- einander bestanden haben. Nach Götte müssen die neuentstehenden Kiemen ihr Blut auf verschiedenem Wege bekommen haben. Für die Vorfahren der Selachier wird das Blut wahrscheinlich durch die aufsteigende Arterie der alten Kiemen geliefert worden sein, und da sie noch immer in Funktion war, musste sie weiter ständig Arterie bleiben, und die sich neu entwickelnden Gefässe mussten sich als Venen ausbilden. Hingegen werden die Vorfahren der Teleostier das Blut für ihre neuen Kiemen aus einem Gefässzweig, der von dem Grunde der alten Arterie entsprang, bezogen haben. Dadurch konnte ein Wechsel seiner Funktion eintreten. Demnach sind die Arterien Über Entwicklung der Kiemen bei Fischen. #91 der Cyclostomen und Selachier miteinander identisch, hingegen mit den Arterien der Teleostier bloss analog. Zur Bestätigung seiner Theorie führt Götte an, dass die entodermalen Kiementaschen bei allen Fischen gleichmässig an- gelegt werden, jedoch nur bei den Cyclostomen zu Atmungs- organen entwickelt, bei den übrigen Fischen dagegen rückgebildet werden. Da ferner in diesen rudimentären Kiementaschen sogar noch Reste von Darmkiemen (Spritzlochkieme, Pseudobranchie) vorkommen, die jedoch in der Regel nicht mehr als Atmungs- organe funktionieren, so meint Götte, dass die Vorfahren aller besprochenen Fische durch Darmkiemen geatmet haben. Sie erhielten sich bloss bei den Cyclostomen, welche hernach den ältesten Typus der Fische (Entobranchier, Götte) darstellen. Bei allen übrigen Fischen (Dermatobranchier, Götte) sind sie zu Grunde gegangen, und durch die jüngeren Hautkiemen ersetzt. Götte betrachtet die Cyclostomen als die ältesten Fische, weil sich beim Amocoetes die Schilddrüse im Kiemendarm rinnen- förmig anlegt. Ebenfalls bleibt sie dauernd mit den seitlichen Wimperrinnen in Verbindung und fängt die mikroskopische Nahrung durch eine von ihr secernierte schleimige Stubstanz auf, worin die erstere eingebettet wird. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass die Schilddrüse der Cyclostomen homolog mit der Hypo- branchialrinne der Acranier und Tunicaten ist. Dohrn hat früher die Ansicht ausgesprochen, dass für die Kiemenbildung das Mesoderm mit den Blutgefässen der wesentlichste Teil sei, der das benachbarte Epithel auftreibt und zu den Kiemenfäden ausstülpt; wobei der ektodermale oder entodermale Teil des Epithels gleichgültig sei und daher für den Fall, dass einmal Darm- und Hautkiemen in Vergleich kämen, kein prinzipieller Unterschied durchzuführen wäre. Dem setzt Götte seine abweichenden Beobachtungen ent- gegen. Nach ihm wird die Ausbildung der Pseudobranchie und der Hautkiemen der Knochenfische durch eine Epithelwucherung eingeleitet. Endlich kommen dort, wo die Wucherung des Mesoderms und die Ausstülpungen des Epithels mit einer Kiemen- gefässbildung an derselben Stelle zusammenfallen, die Kiemen- blättchen zustande; diese Gefässanlage besteht anfangs nur in Mesenchymlücken, in denen man kaum die unmittelbare 13% 192 Theodor Moroff: mechanische Ursache erblicken kann. Kerner entstehen nach diesem Autor die jüngsten Kiemenanlagen der Selachier ohne Beteiligung eines Gefässes. Deswegen sind alle drei Teile, sowohl das Epithel als auch das Mesoderm und das Blutgefäss gleich wichtig und daher kann keines von ihnen allein die einzige Ursache der Kiemenbildung sein. Gleichzeitig mit Götte habe ich mich ziemlich mit denselben Fragen beschäftigt (23). Wie ich jedoch meine Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemen bei Knochenfischen abgeschlossen und das Manuskript geschrieben hatte, erschien die soeben zitierte Arbeit von Götte, daher konnte ich sie nicht mehr berücksichtigen. Mit meinen Beobachtungen kam ich teilweise zu abweichenden, teilweise zu bestätigenden Resultaten. Was die Behauptung betrifft, dass die Spritzlochkieme im Gegensatz zu den übrigen entodermal sei, habe ich in einem Nachtrag zu meiner Mitteilung einen Zweifel über deren Richtigkeit geäussert und versprach darauf noch einmal zurückzukommen; so dass ich durch die Veröffentlichung dieser Studie einer Verpflichtung genüge, welche ich durch den in dem Nachtrag geäusserten Zweifel auf mich genommen hatte. Meinem hochverehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. R. Hertwig sowie Herrn Prof. Dr. B. Hofer spreche ich für ihr andauerndes Interesse, das sie dieser Untersuchung entgegenbrachten, meinen besten Dank aus. Ebenso bin ich Herrn Prof. Dr. A. Götte für die liebenswürdige Überlassung seines Materials von Petro- myzon fluviatilis, sowie Fräulein Dr. M. Plehn für Überlassung ihres Materials von Acanthias zu grossem Dank verpflichtet. Über die Spritzlochkieme bei Selachiern. Wie bekannt, bilden sich die Kiemenspalten bei den Selachiern erst, nachdem sich der Darm angelegt hat. Zur Bildung einer Kiemenspalte entstehen am Darm seitlich an mehreren Stellen Ausstülpungen, die bis in die Nähe des Ektoderms vordringen, wo jede mit einer ganz schwachen Einsenkung des letzteren verschmilzt; alsdann erfolgt der Durchbruch der Spalten. Bei Acanthias kommen auf diese Weise sechs Paar schmale Kiemenspalten zustande. Die letzten fünf stehen zur Längsachse des Tieres ziemlich senkrecht. Ihre Höhe beträgt etwa zwei Drittel der Höhe der Seitenflächen. Hingegen nimmt die erste Über Entwicklung der Kiemen bei Fischen. 193 Kiemenspalte, das sogenannte Spritzloch, durch den Verlauf und die weitere Umbildung gleich von Anfang an eine separate Stellung an. Sie befindet sich zwischen dem Hyomandibulare und dem Hyoidbogen. Vorn oben, nicht weit hinter dem Auge beginnend, verläuft sie schräg nach hinten und unten, jedoch reicht sie nicht so weit an die Bauchseite herab wie die übrigen Kiemenspalten. Ihre Lage wird durch den schrägen Verlauf des Hyomandibulare hervorgerufen (Fig. 1). Alle Kiemenbogen zusammen mit dem Hyomandibulare weisen im Anfange auf Querschnitten eine zylindrische Gestalt auf. Bald nachdem die Kiemenspalten durchgebrochen sind, fangen sie, jedoch nach aussen, stark zu wachsen an und ihr Querschnitt bleibt nicht mehr rund, sondern wird ellipsoid. Nach der Anlage der primären Kiemengefässe werden durch eine rapide Wucherung des Mesoderms und Ektoderms nach aussen kleine über die Oberfläche schwach hervorragende Höckerchen gebildet, die die erste Anlage der Kiemenblättchen darstellen. Gleichzeitig damit dringt in jedes dieser Höckerchen je eine sehr feine Blutgefässschlinge ein, die durch eine Ausstülpung des Gefässbogens zustande kommt. Zuerst treten ziemlich gleich- zeitig die Anlagen der Kiemenblättchen von allen hinteren Reihen der Kiemenbogen auf, bloss der letzte Kiemenbogen zeigt in dieser Beziehung eine merkliche Verspätung. Ebenfalls ist die vordere Wand des Spritzlochkanals um diese Zeit vollkommen glatt (Fig. 1). Erst nachdem die Kiemenblättchen der hinteren Reihen eine ansehnliche Länge erreicht haben, bilden sich die vorderen Reihen und dabei ganz auf dieselbe Weise; gleichzeitig mit ihnen entsteht auch die Spritzlochkieme (Fig. 2). Die Gefäss- schlingen jeder Kiemenblättchen -Reihen vereinigen sich mit- einander und bilden je ein Blutgefäss, das proximal von dem primären seine Lage hat. Wie aus Fig. 2 zu entnehmen ist, hat die Spritzlochkieme auch dieselbe topographische Stellung wie die übrigen; ihre Blättchen entspringen genau aus der äusseren hinteren Kante des Hyomandibulare, was auch aus Fig. 5, die einen frontalen Schnitt eines 10 mm langen Embryo darstellt, leicht zu ersehen ist. Obwohl sie durch die Zeit ihres Auftretens von den übrigen ein wenig abweichend ist, können wir doch keinen prinzipiellen Unterschied durchführen, denn auch die Kiemenblättchen der 194 Theodor Moroff: übrigen Bogen zeigen in dieser Beziehung kleine Variationen. Das Blutgefäss verläuft ebenfalls ähnlich wie die übrigen in den nächstfolgenden Kiemenbogen. Von dem Arterienstamm ausgehend, dringt es in den Kiefer und verläuft immer dem äusseren hinteren Rand parallel; diese Lage behaltend, geht es in das Hyomandi- bulare weiter; erst nachdem es die Region der Spritzlochkieme überschritten hat, nimmt es in seinem weiteren Verlauf eine mehr proximale Stellung ein. Es sendet nach aussen feine Schlingen, welche in die zur Anlage kommenden Kiemenblättchen eindringen; diese Schlingen biegen ebenfalls, wie bei den übrigen Bogen proximal um und bilden durch die Vereinigung ihrer Spitzen die Spritzlochvene. An dem Hyoidbogen kommt, wie bekannt, nur die hintere Kiemenblättchenreihe zur Ausbildung. Ich sehe ebenfalls, wie Dohrn, bloss die Anlage der hinteren Vene und kann daher die Behauptung Göttes, dass auch die vordere Vene gebildet wird, nicht bestätigen, wenigstens nicht bei Acanthias. Bei der weiteren Entwicklung wächst aus dem äusseren Rande jedes Kiemenbogens je eine Scheidewand. Im Anfang sind die Scheidewände frei, kulissenartig, nach aussen vor- springend; später verwachsen sie jedoch oben und unten mit- einander bis auf eine kurze Strecke in der Mitte und bringen auf diese Weise die Kiementaschen zustande. Genau so wächst auch an dem äusseren hinteren Rand des Hyomandibulare eine ähnliche Falte (Scheidewand) nach hinten über das Spritzloch; sie verwächst sowohl mit der aus dem Hyoid entspringenden Falte, als auch mit der Rumpfwand und bringt auf diese Weise das Spritzloch zum grössten Teil zum Verschluss (Fig. 3). Inzwischen wachsen alle hinteren Kiemenblättchen-Reihen samt der Spritzlochkieme sehr stark in die Länge und da noch keine sekundären Kiemenblättchen (Respirationsfältchen)) ent- wickelt sind, weisen sie eine fadenförmige Gestalt auf. Die Spitzen derselben ragen eine Zeit lang durch die Spalten sehr weit über die Oberfläche hervor (Fig. 3). Erst später ziehen sich die Spitzen dieser langen Fäden zurück und verwandeln sich in die bleibenden Kiemen; dasselbe gilt auch für die Spritzloch- kieme. Von Götte und von mir wurde festgestellt, dass die Kiemen der Selachier ihre Entstehung aus dem Ektoderm nehmen. Über Entwicklung der Kiemen bei Fischen. 195 Hingegen behauptet Götte, dass die Spritzlochkieme im Gegen- satz zu allen übrigen einen entodermalen Ursprung hat. Diese Behauptung stützt er auf Beobachtungen, die er an Torpedo ocellata gemacht hat. Demnach sollen sich die Kiemenblättchen proximal von der Verlötungsstelle des Ektoderm mit dem Entoderm ausbilden; also innerhalb der Kiementaschen und daher eine rein entodermale Entstehung haben. Aus meiner Darstellung und aus den beigefügten Abbildungen ist jedoch deutlich zu ersehen, dass das nicht der Fall sein kann, da sie ganz auf dieselbe Weise und in derselben Lage entsteht wie die übrigen Kiemen. Aus den Bildern in Tafel 4 der VII. Studie von Dohrn 1885 (6) geht hervor, dass das Spritzloch beim Torpedo auf dieselbe Weise zur Anlage kommt. Dasselbe gilt auch für die anderen Selachier ; ja selbst bei Torpedo ocellata sind, nach den Zigler- schen Wachsmodellen, keine auffallenden Unterschiede zu kon- statieren. Daher ist mit Recht zu schliessen, dass auch bei dem letzterwähnten Selachier die Spritzlochkieme ektodermalen Ursprunges sei und Göttes Annahme durch unzureichende Beob- achtungen enstanden ist. Anscheinend hat er eine ungenügende Anzahl von Entwicklungsstadien zur Verfügung gehabt ; andererseits hat er frontale Schnitte benützt, die kein vollkommen richtiges Bild zu geben imstande sind, da das Hyomandibulare durch seinen schiefen Verlauf nicht mehr quer getroffen werden kann. Für einen solchen Zweck muss man das Tier in Querschnitte zerlegen. Übrigens sind für die Entscheidung dieser strittigen Frage kaum Mikrotomschnitte notwendig, eine einfache Beobachtung mit der Lupe genügt vollständig, um zu entscheiden, ob die Kiemen- blättchen innerhalb oder ausserhalb der Verlötungsstelle von Ektoderm mit Entoderm entstehen. Aus den beigefügten drei Figuren (1, 2, 3), die drei nacheinander folgende Entwicklungs- stadien von Acanthias darstellen, ist zur Evidenz zu ersehen, dass die fragliche Kieme nur ektodermal, wie die übrigen, sein kann, und die Querschnitte bestätigen diese Annahme (Fig. 4, 6). Die eine Figur ist einem Embryo entnommen, bei dem die Spritzlochkieme noch nicht angelegt ist, hingegen stellt die letzte Figur einen Querschnitt von einem Embryo dar, wo sie sehr stattlich entfaltet it. Aus demselben Bild kann man ebenfalls ersehen, dass sie an dem äusseren Rand inseriert ist. 196 Theodor Moroff: Entwicklung der Kiemenspalten bei Knochenfischen. Die erste Anlage der Kiemenspalten bei den Knochen- tischen wird in der Literatur so dargestellt, als ob sie in übereinstimmender Weise mit den übrigen Fischen vor sich gehe. Danach stülpt sich zuerst die Darmwand auf den beiden Seiten an mehreren Stellen nach aussen. Nachdem diese Ausbuchtungen das Ektoderm erreicht haben und mit kleinen Einsenkungen des- selben verschmolzen sind, erfolgt der Durchbruch der Kiemen- spalten. Dadurch wird dem grössten Teil der Kiemenspalten eine entodermale Auskleidung zugeschrieben. Speziell die Knochen- fische sind in dieser Beziehung nicht untersucht. Aus der analogen Entstehung vieler anderer Organe bei den einzelnen Fischgruppen hat man auch für die Kiemenspalten auf eine Analogie geschlossen. Götte ist ebenfalls der Ansicht, dass die Kiemen- spalten bei Knochenfischen auf diese Weise entstehen. Er gibt jedoch an, dass die entodermalen Taschen sich im Laufe ihrer weiteren Entwicklung zurückbilden, so dass jede Spalte beim erwachsenen Tiere nur vom Ektoderm ausgekleidet ist. Die erste Kiemenspalte, das sogenannte Spritzloch, soll nach ihm eine Ausnahme machen, da der entodermale Teil bei ihr sich nicht, wie das bei den nächstfolgenden der Fall ist, zurückbilden, sondern weiter wachsen soll. Dadurch würde das Spritzloch, so lange es besteht, bloss vom Entoderm überdeckt. Nach meinen Beobachtungen bilden sich alle Kiemenspalten bei Knochenfischen in übereinstimmender Weise. In Bezug auf die Zeit ihres Durchbrechens differieren sie etwas voneinander, indem sie sich der Reihenfolge nach von vorn nach hinten aus- bilden. Daher werde ich bei der folgenden Darstellung die ersten zwei, d. h. das Spritzloch, das während der Jugendstadien vorhanden ist und die Kiemenspalte, die zwischen Hyoid und erstem Kiemenbogen sich befindet, ins Auge fassen. Als eine merkwürdige Tatsache bleibt bestehen, dass die Kiemenspalten sehr früh zur Entwicklung kommen, — viel früher als andere wichtige Organe. Der Darm ist ebenfalls noch nicht geschlossen. Die Bildung des Darmes fängt an dem Vorderende an, bald nachdem sich die Chorda vom inneren Keimblatt abgeschnürt hat und schreitet so allmählig nach hinten vor. Nachdem die Entodermzellen eine zylindrische Form angenommen haben, Über Entwicklung der Kiemen bei Fischen. 197 fangen sie an, jederseits je eine Falte zu bilden, die schräg hinauf ins Mesoderm eindringt. Diese Seitenfalten stellen die erste Anlage des Kiemendarmes dar (Fig. 7,8). Vorn im Anfang sind sie am grössten, nach hinten nehmen sie jedoch allmählig ab, bis sie vollkommen verschwinden und die Darmanlage sich wieder als eine einfache Zellschicht präsentiert. Von den übrigen Organen sind noch das Gehirn und das Rückenmark als ein solider Kiel angelegt. Die Chorda ist, wie erwähnt, bereits selbständig zu sehen und dicht an das Rückenmark gepresst. Auf den beiden Seiten verläuft das Mesoderm in zwei soliden Strängen, die in der Mitte nicht in Verbindung zu stehen scheinen. Gleichzeitig mit dieser Faltenbildung erfährt das Ektoderm an mehreren Stellen in der späteren Kiemengegend ganz schwache Vertiefungen. Ausserdem verdickt es sich an diesen Stellen durch eine Streckung und Teilung seiner Zellen ziemlich stark polster- förmig. Dadurch erreicht es die Darmanlage und verschmilzt mit ihr, bei Embryonen von 80 Tagesgraden (11 Tage nach der Streifung). Auf diese Weise kommen die Kiemenspalten zustande. Die Bildung derselben findet von vorn nach hinten ziemlich rasch nacheinander statt. Zuerst wird die erste Kiemenspalte, das Spritzloch gebildet, ziemlich gleichzeitig mit ihr legt sich auch die zweite an, die übrigen entstehen nacheinander etwas später. Das Spritzloch tritt zwischen dem Auge und dem Gehörbläschen an der Ober- fläche auf, jedoch mehr dem Auge genähert. Die Darmfalte ist an dieser Stelle sehr hoch und gibt sich auf Querschnitten durch die regelmässige Anordnung ihrer Zellkerne kund (Fig. 7). Wenn man die Schnittserie nach hinten verfolgt, trifft man 15—16 Schnitte (110 «) caudalwärts die erste Anlage des Gehör- bläschens, die aus einer soliden Proliferation des Ektoderms hervorgeht. Dicht unter dieser Wucherung senkt sich das Ektoderm etwas ein, wobei es durch eine starke polsterförmige Verdickung die Darmfalte erreicht und nach der; Verschmelzung mit ihr die Grundlage der zweiten Kiemenspalte bildet (Fig. 8). Ein Unterschied in der Entwicklung der ersten Kiemenspalte (Spritzloch) und der zweiten besteht insofern, als sich die erste oberhalb der Mitte ausbildet, die letzten, durch das Gehör- bläschen verdrängt, unterhalb der Mitte mehr dem Bauch genähert zum Durchbruch kommen. 193 Theodor Moroff: C. K. Hoffmann (16) ist der erste, der die Anlage des Spritzlochs verfolgt hat. In der Textfigur zeichnet er dasselbe sehr richtig vor dem Grehörbläschen; auf Querschnitten zeichnet er jedoch das Spritzloch und das Gehörbläschen auf einem Bild zusammen, was nicht richtig sein kann. Viel wahrscheinlicher ist es, dass er die zweite Kiemenspalte mit ihm verwechselt hat. Ausserdem hat er sowohl dem Spritzloch als auch allen übrigen Kiemenspalten bei ihrer Anlage eine starke Ausbuchtung des Darms zu Grunde gelegt. Dass der Darm keine seitlichen Ausbuchtungen zur Bildung der Kiemenspalten austreibt, geht aus Frontalschnitten hervor, die man Embryonen desselben Alters aus dieser Region entnimmt. Fig. 9 stellt einen Teil von der linken Hälfte eines solchen Embryo dar. Vom Gehirn ist bloss ein Teil gezeichnet. Die Darmanlage zeichnet sich vom Mesoderm, dessen Zellen gleichmässig verteilt sind, durch die regelmässige Anordnung ihrer Zellen in zwei Reihen aus. Das um diese Zeit noch solide Gehörbläschen ist nur unten und an seinem Hinterende angeschnitten. Das Ektoderm ist vorn sehr sanft eingesenkt, hingegen sehr stark polsterförmig verdickt und an dieser Stelle mehrschichtig geworden. Dadurch ist es in Berührung mit der Darmanlage gekommen, jedoch noch nicht vollkommen mit ihr verschmolzen. Weiter hinten senkt sich das Ektoderm noch einmal, jedoch etwas stärker ein, dafür erreicht es aber nicht dieselbe Dicke als vorn. Ebenfalls ist es auch an dieser Stelle in Berührung mit dem Darm getreten, jedoch auch hier noch nicht mit ihm verschmolzen, so dass wir an beiden Stellen Ektoderm von Darmwand unterscheiden können. Nach hinten und oben geht das Ektoderm kontinuierlich in das Gehörbläschen über. Zwischen den beiden Einsenkungen ist es einschichtig und verhältnismässig sehr dünn. Zu oberst ist die ganze Ober- fläche von einer sehr dünnen Schutzdecke umhüllt. Die vordere Verdickung gibt nach der Verschmelzung mit der Darmwand die Anlage des Spritzloches; von der zweiten Verdickung wird hingegen die Anlage der ersten bleibenden Kiemenspalte geliefert, die sich zwischen Hyoidbogen und erstem Kiemenbogen befindet. Die Mesodermpartie, die sich zwischen den beiden Kiemenspaltenanlagen befindet und nach innen vom Darm umgrenzt ist, gibt die Anlage des Hyoids. Über Entwicklung der Kiemen bei Fischen. 199 Aus der vorhergehenden Darstellung und aus den Abbildungen ist zu ersehen. dass die beiden Kiemenspalten ziemlich gleichzeitig und auf dieselbe Weise entstehen, und dass der Darm keinen so aktiven Anteil daran nimmt. Dadurch sind wir berechtigt, anzunehmen, dass das Ektoderm an den beiden Stellen sich gleich tief in die zur Anlage kommenden Kiemenspalten ausdehnt. Bei um drei Tage älteren Embryonen ist auch die dritte Kiemenspalte zum Vorschein gekommen. Bei der folgenden Darstellung werde ich jedoch nur die ersten zwei beschreiben, da sie allein für meinen Zweck von Wichtigkeit sind. Im Spritzloch geht das Ektoderm kontinuierlich in die Darmwand über. Sowohl diese Spalte (Spritzloch) als auch der Darm präsentieren sich durch zwei dicht aneinander gepresste Zellreihen, in denen die Zellkerne regelmässig angeordnet sind; hingegen ist die zweite Kiemenspalte als eine breite tiefe Einsenkung des Ektoderms wahrzunehmen. Nach innen ist diese Grube durch die innere Darmwand abgeschlossen. Das Ektoderm kleidet ihre vordere und hintere Wand aus und geht kontinuierlich in die äussere Darmwand über. Zu äusserst dehnt sich die Deckschicht aus, die bis an den Grund der zweiten Kiemenspalte eindringt und auf der inneren Darmwand aufliegt. Durch diese Grube sind jetzt das Hyoid und der erste Kiemenbogen sehr weit aus- einander gerückt (Fig. 10). Dieselbe kommt nicht durch eine aktive Einsenkung des Ektoderms ins Gewebe zustande, sondern durch die starke Entfaltung der Kiemenbogen, die bloss nach aussen wachsen können, da nach innen kein Platz ist. Hingegen bleibt der Grund der Grube immer konstant. Diese eigentüm- liche Ausbildung der zweiten Kiemenspalte ist nicht nur bei der Forelle, sondern auch bei anderen Knochenfischen zu konstatieren. Diese Tatsache ist sehr wichtig, weil sie uns ein sicheres Mittel gibt, die Grenze zwischen Ektoderm und Entoderm bestimmen zu können. Aus Fig. 9 wissen wir, dass das erstere sogar unter der Deckschicht liegt. Andererseits wissen wir aus der vorher- gehenden Darstellung, dass die Verhältnisse beim Spritzloch genau so liegen, und das Ektoderm sich hier ebenfalls bis zur inneren Darmwand erstreckt, was ich durch die verschiedene Kolorierung der Ektoderm- und Entodermzellen ausgedrückt habe. Auf Querschnitten von Tieren desselben Alters ersieht man, dass der Darm sich unten bereits geschlossen hat, in dem die 200 Theodor Moroftf: freien Enden der beiden Seitenfalten entgegengewachsen und in der Medianebene miteinander verschmolzen sind. Er besteht nunmehr aus zwei dicht aneinander gepressten Reihen kubischer Zellen, die auf den beiden Seiten nicht mehr, wie in dem ersten Stadium, schräg hinauf verlaufen, sondern sich mit dem medianen Teil ziemlich in einer horizontalen Lage befinden. Eine solche mediane Verschiebung der beiden Seitenteile des Darmes wird wohl durch die starke Entwicklung des Gehirns und des Mesoderms hervorgerufen. Die Darm- und Spritzloch-Anlage gehen unmerklich ineinander über, dabei ist letztere breiter als erstere und ihr äusseres Ende nimmt auf dem Querschnitt ungefähr die Hälfte der Seitenfläche ein (Fig. Ilb). Um diese Zeit ist sie weit stärker entwickelt als die zweite Kiemenspalte, die sich auf Querschnitten als eine Einsenkung der Oberfläche unter dem Gehörbläschen zu erkennen gibt (Fig. l1la); hier geht das Ektoderm ebenfalls in die Darmanlage kontinuierlich über; durch die Deckschicht können wir jedoch die Grenze zwischen beiden Epithelien ziehen. Da sich die Verhältnisse beim Spritzloch auch ähnlich verhalten, ist es nicht schwer, auch hier die frag- liche Grenze zu erraten (Fig. 11b). Obwohl das Spritzloch kein Lumen besitzt, nimmt es an Ausdehnung immer mehr zu und erreicht bei Embryonen von 18 Tagen (135 Tagesgrade) seine grösste Dimension. Jetzt stellt es eine vom Darm bis zur Oberfläche verlaufende Epithelplatte dar, die sich auf beiden Körperseiten als eine schmale vom Rücken zum Bauch verlaufende Ektodermeinsenkung kund gibt; die letztere macht mehr als die Hälfte von der Höhe der Seiten- flächen aus. Fig. 12b stellt einen Querschnitt durch das Spritz- loch eines Embryo dieses Alters dar. Hier setzt sich das Ektoderm, als ein breiter, nach innen sich allmählich verjüngender Keil durch das Mesoderm bis zum Darm fort und bildet mit dem letzteren einen aus zwei dicht aneinander gepressten Zellreihen bestehenden Strang. Eine ganz andere Gestalt weist es auf Frontalschnitten auf (Fig. 13). Zuerst senkt sich die Ober- fläche sanft ein und dann setzt sich das Ektoderm als ein schmaler zweireihiger langer Zellstrang bis in den Darm fort, und gibt dasselbe Bild wie alle nächstfolgenden Kiemen- spalten, selbstverständlich die zweite Kiemenspalte ausge- nommen. Über Entwicklung der Kiemen bei Fischen. 201 Die zuletzt erwähnte zweite Kiemenspalte ist durch die Entfaltung des Hyoids und des ersten Kiemenbogens, die jetzt durch die Streckung des Embryos sehr weit auseinander gerückt sind, noch tiefer geworden. Der hintere äussere Rand des Hyoids hat sich nach hinten etwas stärker entfaltet und den Anfang des Opercular-Apparates gebildet. Ausserdem wird durch die Ent- wicklung dieser Hyoidfalte eine seichte Tasche gebildet (Fig. 14 und 15), die nach innen von der inneren Darmwand und nach aussen von der soeben erwähnten und zur Ausbildung kommenden Falte begrenzt wird. Auf einem durch die Mitte der zweiten Kiemenspalte aus- geführten Querschnitt gibt sich die letztere durch eine tiefe Einsenkung der Oberfläche ins Mesoderm kund; an der Ober- fläche sind die Ränder derselben sehr weit voneinander entfernt, nach innen laufen sie jedoch langsam trichterförmig zusammen, um sich schliesslich als ein solider Strang (Darmanlıge) weiter durch das Mesoderm fortzusetzen. Verfolgen wir die Schnitt- serie weiter nach vorn, so nähern sich die äusseren Ränder dieser Grube immer mehr. Dadurch wird der Eingang ständig kleiner, bis er sich vollkommen schliesst. Auf diese Weise kommt im Mesoderm ein Lumen zustande, das von einer Epithel- schicht austapeziert ist. Das ist das Lumen der vorhin erwähnten Tasche, deren innere Seite von der Darmwand und deren äussere vom Ektoderm umgrenzt wird. Am vorderen Ende des Lumens ist annähernd die Stelle, wo das Ektoderm aufhört. Fig. 12A stellt einen gerade durch diese Stelle gehenden Querschnitt dar. Aus dieser Tatsache können wir auch auf Querschnitten erschliessen, wie tief sich das Ektoderm nach innen ausdehnt, dadurch können wir auch beim Spritzloch die Grenze des Ekto- derms mit ziemlicher Sicherheit bestimmen. In Fig 12A,B sind diese Verhältnisse ausgedrückt: links A für die zweite Kiemenspalte und rechts B für das Spritzloch. Von nun an fängt die erste Kiemenspalte während der weiteren Entwicklung des Embryo an, sich allmählich zurück- zubilden. Dieser Prozess beginnt erst an dem unteren Teil des distalen Spritzlochendes und schreitet äusserst langsam nach oben und innen vor. Dadurch lokalisiert sich das äussere Ende immer mehr dorsal, was durch die langsame Verlötung des Ektoderm über das Spritzloch zustande kommt. Hingegen bleibt der 202 Theodor Moroff: Kanal noch weiter eine ausgedehnte Strecke mit der Darmanlage in Verbindung. Mit dem Auseinanderweichen der beiden Darmschichten gehen die letzteren auch in der inneren Hälfte des Spritzloch- kanals auseinander. Dadurch bildet sich ein Lumen nicht nur im Darm, sondern auch in dem letzterwähnten Kanal. Das in dem letzteren entstandene Lumen hat die Gestalt eines nach aussen geschlossenen Trichters, der sich mit seiner breiten Öffnung dem Darm anschliesst. Eine Kiemendeckelfalte kommt nicht allein an dem Hyoid zustande, sondern auch an dem Hyomandibulare, wenn auch dieselbe viel schwächer ist als die erstere. Sie wächst über das Hyoid und schiebt dadurch den äusseren Ausgang des Spritzloch- kanals nach hinten über den Opercularapparat, so dass der letzt- erwähnte Kanal jetzt von der Seite und Rückendarmwand beginnend eine Strecke weit in einer Querebene schräg nach oben verläuft; dann biegt er jedoch in seinem weiteren Verlaufe, ungefähr an der Stelle, wo das Lumen aufhört, mehr kaudalwärts um, um ziemlich in der Nähe der Rückenseite an das Ektoderm anzuschliessen; dadurch können wir ihn in einem Querschnitt nicht mehr auf seiner ganzen Länge treffen, sondern wir bekommen erst mehrere Schnitte nach hinten das äussere Ende. Bei der weiteren Rückbildung des Spritzloches schreitet der Prozess von aussen nach innen fort. Zuerst wird der solide Teil des Kanals immer schmächtiger, bis er vollkommen verschwindet. Eine Zurückziehung der Ektodermzellen, wie Dohrn behauptet, ist kaum anzunehmen. Viel wahrscheinlicher ist es, dass die Zellen von dem übrigen Gewebe (Mesoderm) resorbiert werden. Möglicherweise nehmen sie auch dieselben histologischen Eigen- schaften wie die Umgebung an. In keinem Falle wandeln sie sich jedoch in ein anderes Organ um, z. B. in die Chorioidealdrüse, wie dies von Hoffmann (17) behauptet wird. Nachdem die Verbindung mit der Oberfläche dadurch unterbrochen wird, fängt auch der hohle Teil des Spritzloches zu atrophieren an. Hier zieht sich der Grund der Grube immer mehr zurück, jedoch so langsam, dass wir an über drei Monate alten Embryonen einen test von ihm als eine seichte Vertiefung an der Schädelbasis zu finden imstande sind, worin die Spritzlochkieme eingebettet ist. Das Endresultat dieser ganzen Rückbildung ist bei den Über Entwicklung der Kiemen bei Fischen. 203 meisten Fischen die Überwachsung der Grube und der Spritzloch- kieme von der Schleimhaut des Darms. Da sich der Spritzlochkanal in seinem ventralen Teil ver- hältnismässig sehr früh rückbildet und sich weiter nur in seinem dorsalen Teil erhält, so nahm man auf Grund von Beobachtungen an Frontalschnitten an, dass er sich vor der Anlage der Spritz- lochkieme, also bei ungefähr 40 Tage alten Embryonen zurück- bildet (Dohrn, Götte). Auf Querschnitten ist jedoch sein Fortbestehen sogar an 120—130 Tage alten Embryonen zu konstatieren. Man kann ihn auch deswegen übersehen, weil er sich an seinem proximalen Ende, mit dem er an den Darm anschliesst, sehr stark ausbreitet, und man ihn eher als eine Einsenkung der Darmwand deuten kann. Die erste Andeutung der Spritzlochkieme findet sich gegen den 38.—40. Tag nach der Streifung (300 Tagesgrade),. Um diese Zeit gibt der Truncus arteriosus sechs Paar Gefässbogen ab, die in je einen Kiemenbogen eindringen und nach oben verlaufen, bis sie die Aorta descendens erreichen, in die sie sich ergiessen. Vorn bei der Thyreoidea teilt sich der Arterienstamm in zwei Gefässe, die das erste Gefässbogenpaar darstellen. In seinem Verlauf dringt dieses Paar in das Hyoid ein und geht, die Vorder- seite des Bogens innehaltend, nach oben bis unter den Spritzloch- kanal; hiergeht es in die hintere Seite des Hyomandibulare über und setzt in ihm seinen Weg weiter fort. Es findet zuerst auf der hinteren Seite des Hyomandibulare eine schwache Vermehrung des Mesoderms und des Ektoderms genau über dem Gefässbogen im Spritzlochkanal statt. Von dem letzteren gehen gleichzeitig mit der Wucherung, mehrere feine Schlingen aus, die eben in diese Verdickungen eindringen und die Grundlage eines Spritzloch- kiemenblättchens bilden (Fig. 13 spk.). Die Spritzlochkieme verhält sich in den ersten Stadien ihrer Entwicklung ganz genau so, wie die übrigen funktionierenden Kiemenblättehen. Zuerst nimmt sie etwas an Länge zu und erlangt eine fadenförmige Gestalt, dann bilden sich durch eine Proliferation des Mesoderms die sekundären Kiemen- blättchen (Respirationsfältchen). Gleichzeitig damit entstehen ganz feine sekundäre Schlingen aus den primären, die in die Wucherungen eindringen und sich weiter in Kapillaren auflösen. 204 Theodor Moroff: Ebenfalls bildet sich auch hier, wie dies bereits Maurer beim Hecht konstatiert hat, in jedem Kiemenblättchen nahe der Kiemenblättchen-Vene je ein Knorpelstab aus. Erst bei drei Monate alten Embryonen macht sich eine abweichende Umwandlung dieser Kieme bemerkbar, deren Endresultat der rudimentäre Charakter dieses Gebildes ist. Da dieser Rückbildungsprozess nicht in einem direkten Zusammenhang mit dieser Abhandlung steht, ver- zichte ich auf seine weitere Darstellung, ich hoffe jedoch speziell in einer späteren Mitteilung über die ganze Umbildung ausführlich berichten zu können. Während der Umbildung des Spritzlochkanals bleibt die erste bleibende Kiemenspalte auch nicht stehen, vielmehr erfährt sie gewisse Umgestaltungen. Durch das Wachstum des Embryos in die Länge rücken das Hyoid und der erste Kiemenbogen immer mehr auseinander (Fig. 15); zweitens werden die Kiemenspalten durch die Entfaltung der Kiemenbogen nach aussen sehr lang. Dieselben werden durch die starke Entwicklung des Opercular- apparates vollkommen verdeckt und von aussen für sich abge- schlossen. Dieser Apparat wird jedoch nicht allein durch die hyoidale Falte gebildet, sondern ist das Resultat der Ver- schmelzung dieser Falte mit der sich vom Hyomandibulare ent- wickelnden Duplikatur, die aber an Dimension bedeutend nachbleibt und bloss den vorderen Teil des Hyoid mit seiner Falte überlagert. Allgemeine Betrachtungen. Werfen wir jetzt einen kurzen Überblick auf die Ent- stehungsweise der Kiemenspalten bei den einzelnen Fischabteilungen, so finden wir nicht unansehnliche Unterschiede. Bei den Üyclostomen stülpt sich der Darm auf den beiden Körperseiten an mehreren Stellen taschenförmig aus. Nachdem diese Ausbuchtungen das Ektoderm erreicht haben, verschmelzen sie mit demselben und bringen dadurch die erste Anlage der Kiemenspalten zustande, so dass die ganze Auskleidung einer Kiemenspalte bis zu der äusseren Öffnung vom Entoderm geliefert wird; bei der weiteren Entfaltung des Kiemenapparates wird an dieser Tatsache nichts geändert. (sanz anders ist es bei den Teleostiern und Ganoiden. Hier verdickt sich das Ektoderm auf den beiden Seiten an mehreren Stellen polsterförmig und erreicht dadurch die Darmwand, die Über Entwicklung der Kiemen bei Fischen. 205 entweder ganz gerade verläuft, oder sehr unansehnliche Aus- buchtungen aufweist. Auf diese Weise kommen die Kiemenspalten zustande. Bei der weiteren Entwicklung des Embryo erlangen diese äusseren ektodermalen Einsenkungen eine stattliche Ent- faltung, so dass das Ektoderm bei ausgewachsenen Tieren sich in allen Kiemenspalten bis an die Darmwand ausbreitet. Diese letztere Tatsache erklärt uns die merkwürdige Erscheinung, dass sich sehr tief in dem Schlund und auch auf den inneren Kanten der Kiemenbogen Hautzähne entwickeln, die man für entodermale Gebilde erklären musste, obwohl das Entoderm nach allen Beobachtungen keine Zähne zu bilden imstande ist. Dadurch haben wir bei den Cyclostomen einerseits und bei den Teleostiern andererseits infolge ihrer Kiemenspaltenbildung zwei extreme Formen vor uns. Bei den Selachiern weisen die Verhältnisse insofern eine Mittelstellung auf, als hier beim Zustandekommen der Kiemen- spalten sich der Darm ebenfalls taschenförmig nach aussen aus- stülpt und mit ganz unansehnlichen Vertiefungen des Ektoderms verschmilzt.. Der grösste Teil der Entwicklung geht also von den entodermalen Kiementaschen aus, und ist daher mit den Cyclostomen übereinstimmend. Bei der weiteren Entwicklung entfalten sich jedoch die Taschen bloss nach aussen und ihre Auskleidung wird nur vom Ektoderm geliefert. Im Gegensatz dazu verschwindet der entodermale Teil der Taschen vollständig, und bei ausgewachsenen Tieren werden die inneren Öffnungen der Spalten allein von ihm ausgekleidet, so dass die Kiemenspalten hier wie bei den Teleostiern vom Ektoderm ausgekleidet werden. Ob wir jedoch die rein entodermale Anlage der Kiemen- spalten, wie wir sie bei den Cyclostomen vorfinden, als die ursprüngliche betrachten können, oder uns einen einfacheren Zustand vorstellen müssen, bei dem sich bei der Bildung derselben, sowohl das Ektoderm als auch das Entoderm beteiligten, und erst später sich der eine Teil auf Kosten des anderen entwickelte, ist schwer zu entscheiden. Denn die Cyclostomen weisen durch diese Einrichtung keine primitiven Verhältnisse mehr auf. Diese Frage werde ich jedoch weiter unten noch einmal ausführlicher behandeln. Es fragt sich nun, sind die Kiementaschen der Selachier und die Kiemenspalten der Teleostier als ein einheitliches Gebilde zu betrachten, d.h. sind dieselben bei der letzterwähnten Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 14 206 Theodor Moroff: Gruppe durch eine Rückbildung der Scheidewände bei Selachiern entstanden, oder sind sie durch eine divergente Züchtung von der Urform abzuleiten. Rathke hält sie für homolog, indem er die Kiemensäcke als die primitivste Einrichtung betrachtet, und erst sekundär durch eine Rückbildung der Scheidewände die übrigen Kiemen entstanden sein lässt. Hingegen meint Götte, dass die ältesten uns bekannten Kiemenapparate der Selachier aus offenen Kiemenfächern bestanden, und die Kiemensäcke offenbar eine jüngere Bildung sind. Diese Annahme stützt Götte auf die Tatsache, dass der Kiemenapparat der ältesten lebenden Selachierform des Chlamidoselachus anguineus Gam. (10) aus offenen Fächern besteht. Ausserdem soll auch die fossile Form Pleuracanthus einen sehr stark entwickelten Kiemen- deckel besessen haben, der nach der Art der Teleostier den ganzen übrigen Apparat verdeckt haben wird. Ziehen wir ferner in Betracht, dass bei allen Selachiern, deren Kiemenapparat im ausgewachsenen Zustande aus Kiemensäcken besteht, während der embryonalen Entwicklung sich die Scheidewände zuerst frei, nach der Art von Fächerkiemen, anlegen und erst später zu Taschen mit einander verwachsen, so erscheint eine solche Annahme als die wahrscheinlichste und ich schliesse mich in diesem Punkte Götte an. Jedoch müssen wir hier einer anderen fossilen Form Bircenia elegans Traq. gedenken, die zu den ältesten und merkwürdigsten der uns bekannten Selachier gehört (Traquair 32). Bei diesem Fische bestand der Kiemenapparat aus Kiemensäcken, deren äussere Öffnungen sehr klein waren und caudalwärts in einer Reihe schräg nach oben verliefen. Wollen wir jedoch eine selbständige Ausbildung der Kiemensäcke und der Kiementaschen aus der gemeinsamen Urform nicht zugeben, so müssen wir für den Selachier-Kiemenapparat ein grosses Variabilitätsvermögen einräumen, was vielleicht auch das richtigste ist. Durch diese Annahme Göttes wird die Frage nach der Entstehung des Teleostier-Kiemenapparates nicht beantwortet, denn jetzt können wir fragen: Bestand nicht der Kiemen- apparat der Teleostier aus offenen Fächern? Was die Blut- gefüässe und andere Eigenschaften anbelangt, sind die Selachier und Teleostier so verschieden, dass wir sie unmöglich als auseinander entwickelt betrachten können. Andererseits müssen Über Entwicklung der Kiemen bei Fischen. 207 wir aus theoretischen Erwägungen als wahrscheinlicher annehmen, dass der Kiemenapparat der Urteleostier auch aus Kiemenfächern wie bei Selachiern bestand, die später durch die üppige Entfaltung des hyoidalen Kiemendeckels suspendiert worden sind, und sich daher rückbilden mussten. Denn es ist leichter, sich eine Reihe schwacher Schutzvorrichtungen an allen Kiemenbogen vorzustellen, als gleich von Anfang an, einen mächtigen hyoidalen Kiemendeckel, der sich über den ganzen Kiemenapparat ausbreitet. Eine Bestätigung dessen erblicke ich in den Kiemenbogenwülsten, die an der äusseren Seite jedes Kiemenbogens sich entwickeln, und erst mit der Ausbildung der Kiemenblättchen verloren gehen (Götte, Moroff), obwohl ihnen Götte keine Bedeutung beimisst. Wie ich bereits in meiner früheren Mitteilung hervorhob, legen sich hier die Kiemenblättchen auf die Wülste (rudimentären Scheidewände), während bei den Selachiern dieselben direkt aus den Kiemenbogen entstehen; gleichzeitig mit ihnen fangen auch die Scheidewände an, sich zu entwickeln. In dieser Tatsache könnten wir einen wichtigen Unterschied erblicken. Den Kiemenapparat der Ganoiden können wir nicht als ein einheitliches Gebilde betrachten, denn sein Bau ist bei den Knorpelganoiden genau so, wie bei den Teleostiern. Ebenfalls geht seine embryonale Entwicklung genau auf dieselbe Weise vor sich. Ganz anders verhält sich die Sache bei den Knochen- ganoiden. Nach den Untersuchungen von Fr. W. Müller beim Lepidosteus osseus (26) bilden sich auch hier wie bei den Selachiern in jedem Kiemenbogen zwei neue Blutgefässe aus, die wahrscheinlich als Venen funktionieren. Die Untersuchung ist jedoch in dieser Beziehung so unvollständig, dass man keine weitgehenden Schlussfolgerungen ziehen kann. Eine wiederholte Nachprüfung dieser Verhältnisse ist daher notwendig. Wie erwähnt, waren für Rathke die Kiemenblättchen bei allen Fischen homologe Gebilde, dem Darm angehörend. Dem trat Götte entgegen und erklärte lediglich die Cyclostomenkiemen für entodermal (Darmkiemen), im Gegensatz zu allen übrigen, die ektodermal sind. Auf Grund eigener Untersuchungen kann ich die Annahme Göttes auch in Bezug der Cyclostomenkiemen bestätigen; hingegen muss ich seiner Behauptung, dass die Spritzlochkieme (Pseudobranchie) der Selachier und Teleostier 14* 208 Theodor Moroff: entodermal, und infolgedessen homolog mit den Cyelostomen- kiemen und mit den übrigen Kiemen derselben Abteilungen nur analog sei, entgegentreten. Wie ich vorhin nachgewiesen habe, ist die Spritzlochkieme, sowohl bei den Selachiern als auch bei den Teleostiern eine durchaus gleiche Bildung mit den übrigen, und daher homolog mit ihnen, d. h. sie ist ebenfalls ektodermal. Wir können eigentlich hinsichtlich der Respiration zwischen Ektoderm und Entoderm keinen prinzipiellen Unterschied machen, und wenn Götte einen solchen durchführen will, ist er als ein rein morphologischer aufzufassen, insofern wir also von zweierlei Kiementaschen sprechen können — inneren entodermalen und äusseren ektodermalen. Nach solcher Behandlung dieser Frage können wir jedoch von zwei Arten Kiemenblättchen sprechen, selbst wenn sogar alle beide nur vom Ektoderm oder vom Ento- derm überzogen wären, denn hier kommt mehr die topographische Lage in Betracht. Demnach kann die Spritzlochkieme der Selachier nicht homolog mit den inneren Kiemen der Cyclostomen erklärt werden, auch dann nicht, wenn sie vom Entoderm überzogen wäre, da sie eine ganz andere Topographie aufweist als die letzteren, denn sie hat im Gegensatz zu den anderen, die proximal gelegen sind, eine distale Lage; sonst müssten wir für sie eine starke Wanderung nach aussen annehmen, was Götte kaum zugeben wird. Dadurch fällt auch die Hauptstütze seiner Theorie. In den Cyclostomen erblickt Götte die ältesten Repräsen- tanten der lebenden Fische, und infolgedessen auch die ältesten Kiemen. In diesen Punkten sind jedoch die Forscher der Ansicht, dass die Vorfahren dieser Fische höher standen als sie selbst; und sie sind bis zum gewissen Grad rückgebilde. Wenn man sogar diese Annahme als unwahrscheinlich erklären will, kann man doch nicht bestreiten, dass die Vorfahren aller jetzigen Fische viel tiefer standen, als es jetzt die Cyclostomen sind, und’ wie wir die übrigen Fische nicht aus Cyelostomen ähnlichen Vorfahren ableiten können, so können wir den Kiemenapparat dieser Fische auch nicht aus einem Cyelostomen ähnlichen Kiemenapparat ableiten; denn mit der einseitigen Spezialisierung der ÜÖyelostomen hat sich auch der Respirationsapparat, ihren Lebensverhältnissen gemäss, zu weit von der Ausgangsform in einer Richtung entfernt. Über Entwicklung der Kiemen bei Fischen. 209 Selbstverständlich wenn wir einen so speziell ausgebildeten Kiemenapparat, wie den der Üyclostomen, als Ausgangspunkt für die Ausbildung der höheren Kiemenformen annehmen wollen, wird uns nichts anderes zur Aushilfe übrig bleiben, als eine langsame Rückbildung der inneren (entodermalen). und eine langsame Ent’altung der äusseren (ektodermalen) Kiemen anzu- nehmen, was auch Götte getan hat. Zu einer solchen unnatür- lichen Erklärung sehen wir uns durch keinen zwingenden Grund veranlasst. Denn auch das merkwürdige Verhalten der Blut- gefässe bei den einzelnen Fischgruppen kann uns nicht die nötige Erklärung dafür geben. Dass der primäre Gefässbogen bei den Selachiern ständig Arterie bleibt, ist kaum dadurch zu erklären, dass er zuerst auch für die inneren Kiemen als Arterie funktioniert haben wird; weil demnach eine Hypothese durch eine zweite gestützt wird. Eine befriedigende Erklärung dieser Frage können wir jedoch zur Zeit nicht geben, weil wir die Physiologie der Fischkiemen zu mangelhaft kennen. Möglicherweise ist die Ausbildung nur von einem neuen Blutgefäss die Ursache des vermeintlichen Funktionswechsels bei den Teleostiern; vielleicht ist auch die Entwicklungsgeschichte im stande, uns manche Winke zu geben. Denn bei den Selachiern treten die sich neu ausbildenden Gefässschlingen in Verbindung mit gewissen Hohlräumen, die später als Venen funktionieren, was bei den Teleostiern nicht der Fall ist. Ausserdem ist es mit dem Funktionswechsel der Arterie (des primären Gefässbogens) bei den Teleostiern nicht so schlimm, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint. Wie ich in meiner früheren Mitteilung zeigte (23, pg. 440) findet in diesem Blutgefäss bei den Teleostiern ein Stromwechsel des Blutes nirgends statt. Der einzig abweichende Unterschied besteht nur darin, dass dieses Blutgefäss seine direkte Verbindung mit dem Truncus arteriosus verliert, und dafür das neugebildete Gefäss in eine solche mit dem letzterwähnten Gefäss tritt. Es macht allerdings den Eindruck, als ob sich das Blut- gefäss an der Bildung eines Kiemenblättchens bei den Selachiern zuerst nicht beteiligt, indessen wird die Anlage eines solchen Kiemenblättchens vom Ektoderm und darunter liegenden Mesoderm geliefert, und erst später dringt die sich um dieselbe Zeit entwickelnde Gefässschlinge in das Mesoderm ein. Daher können 210 Theodor Moroff: wir, wie Götte, mit Recht behaupten, dass für die Ausbildung eines Kiemenblättchens das Ektoderm ebenso wichtig ist als das Mesoderm und das Blutgefäss. Andererseits können wir jedoch nicht bestreiten, dass für die Ausbildung der Kiemenblättchen bei den Teleostiern nur das Blutgefäss und das Mesoderm die wesentlichsten Teile sind. Denn nach meinen Beobachtungen wird dieser Vorgang durch das Blutgefäss veranlasst. Hier treibt zuerst das letztere eine sehr feine, in das Mesoderm eindringende Schlinge, die mit ihrer Spitze an der Grenze von Ektoderm und Mesoderm verläuft. Alsdann gerät das Mesoderm in eine starke Proliferation und biegt einerseits die Schlinge in der Mitte bogentörmig um, andererseits treibt sie das Ektoderm an derselben Stelle warzenförmig hervor (Moroff 23). Daher ist die Möglichkeit, dass einmal das Ektoderm, ein anderes mal das Entoderm für die Ausbildung der Kiemenblättchen zur Verwendung komme, eine bereits von Dohrn geäusserte Ansicht, nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen; und ich glaube, dass eine unansehnliche Veränderung in Form von Wachstumsverschiebung doch vor sich geht und wahrscheinlich bei den Kiemen der Urfische, bei denen der Atmungsapparat viel einfacher gebaut gewesen ist, in stärkerem Maasse. Von einem solchem Zustand lässt sich der Kiemenapparat der übrigen Fische sehr leicht ableiten, indem die Kiemen der Cyclostomen in einer Richtung und die der übrigen Fische in anderer Richtung sich entwickelt haben werden, eine Ansicht, die gelegentlich bereits von Huxley geäussert wurde. Die Frage, ob die Kiemen der Urfische ekto- oder entodermal waren, lässt sich nicht leicht beantworten; bei einer solchen Auffassung bleibt sie jedoch ziemlich belanglos. In dieser Beziehung stellt der Amphioxus viel primitivere Verhält- nisse dar, da die ganze Oberfläche der Kiemenspalten hier respiratorisch tätig ist. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XI u. XL. Allgemeine Zeichen: ch = Chorda. Spl = Spritzloch. DI —uDarım: 7 ect — Ektoderm. VATE 3 ergekiken vr | oenenkebe Gb = Gehörbläschen. JV Hold. Fig. Über Entwicklung der Kiemen bei Fischen. 211 1, 2, 3. Die vordere Hälfte von Acanthias vulgaris zur Demonstrierung der Kiemenspalten und der Kiemenblättchen. 4. Querschnitt durch den Spritzlochkanal von Acanthias vulgaris. 5. Frontalschnitt von Acanthias vulgaris. 6. Querschnitt durch den Spritzlochkanal von Acanthias vulgaris mit Spritzlochkieme. 7. Querschnitt von Trutta fario. Region des Spritzloches, 11 Tage alt (80 Tagesgrade). 8. Querschnitt von Trutta fario. Region der zweiten Kiemenspalte, dasselbe Alter. 9, Frontallängsschnitt von Trutta fario. Region der ersten und zweiten Kiemenspalte, linke Hälfte, 12 Tage alt (85—90 Tagesgrade). 10. Frontallängsschnitt von Trutta fario. Die ersten zwei Kiemenspalten, linke Hälfte, 14 Tage alt (110 Tagesgrade). ‚11Au.B. Querschnitte von Trutta fario. 11A durch die zweite Kiemen- spalte. 11B durch das Spritzloch (erste Kiemenspalte). 14 Tage (110 Tagesgrade). 12A u. B. Querschnitte von Trutta fario. 12A durch die zweite Kiemen- spalte. 12B durch das Spritzloch (erste Kiemenspalte). 13. Querschnitt von Trutta fario. Region des Spritzloches (erste Kiemen- spalte), rechte Hälfte, 39 Tage alt. 14. Frontallängsschnitt von Trutta fari.. Region der ersten zwei Kiemenspalten, linke Hälfte. 15. Frontallängsschnitt von Trutta fario. Region der ersten zwei Kiemenspalten, linke Hälfte. Literaturverzeichnis. Balfur: Handbuch der vergleichenden Embryologie, übersetzt von Vetter, 1881. Clemens: Die äusseren Kiemen der Wirbeltiere.e Anatom. Hefte Abt. 1, Bd. V. Dean, B.: Fishes, Living and Fossil. New-York 189. Dohrn, A.: Studien zur Urgeschichte des Wirbeltierkörpers. IV. Die Entwicklung und Differenzierung der Kiemenbogen der Selachier. Mitteil. der Zoolog. Station Neapel, Bd. V, 1884. Derselbe: Studien zur Urgeschichte ete. V. Zur Entstehung und Differenz. der Visceralbogen bei Petromycon planeri, ebenda. Derselbe: Studien zur Urgeschichte ete. VII. Entstehung und Differenzierung des Zungenbein und Kieferapparat der Selachier, ebenda, Bd. VI, 1886. I 212 20. 21. Theodor Moroff: Derselbe: Studien zur Urgeschichte etc. XI. 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Ich will hier nur einige Zitate aus der Literatur folgen lassen, da die erschöpfenden Literatur- angaben bereits verschiedenen Arbeiten beigegeben sind. Gegenbaur') schreibt in seinem Lehrbuche: „Die bei Selachiern und Ganoiden unbezweifelte, bei Reptilien und bei Säugetieren wiederholt festgestellte ektodermale Entstehung des Ganges dürfte jedoch als die, wenn auch nicht allgemeine, doch als der Mehrzahl der Cranioten, wenigstens der Gnatho- stomen zukommende zu betrachten sein“. Felix?) hat hingegen angegeben: „Die Arbeiten, welche einen solchen Ursprung“ nämlich den ektodermalen „behaupten bei Ganoiden, Teleostiern, Amphibien, Reptilien, Vögeln sind wohl als widerlegt zu betrachten.“ „So bleiben für die ektodermale Entstehung des primären Harnleiters allein die Selachier und die Säuger übrig.“ Das war im Jahre 1897 publiziert, also vier Jahre vor der Ausgabe der vergleichenden Anatomie von Gegenbaur. Über die Befunde beim Menschen, schreibt derselbe Autor daselbst, nachdem er vorausgeschickt hat, dass ihn H. Meyer?) *), Siehe „Rozpravy de l’Acad6mie boh. de l’Imp. Francois Joseph ä Prague. 1904. !) Gegenbaur: Vergl. Anat. d. Wirbelthiere. Vol. II. S. 442. Leipzig 1901. ®) Felix: Beitr. zur Entwicklungsgesch. d. Salmoniden. Merkel-Bonnet, Anatom. Hefte. Vol. VIII. 1897. S. 260. », H. Meyer: Die Entwicklung d. Urniere beim Menschen. Arch. f. mikr. Anat. Vol. 36. 1890. Vorniere und Vornierengang bei Säugern. 215 „zu der Erklärung ermächtigt, dass er sich bei seiner damaligen Abhandlung nicht mit wünschenswerter Deutlichkeit ausgesprochen habe, dass er nur eine Anlagerung des Harnleiters an das Ektoderm, nicht eine Verbindung desselben mit dem Ektoderm gemeint habe“ folgendes: „Die Figur, welche Kollmann in seiner Arbeit von dem Meyer’schen Embryo gibt, ist stark schematisiert und entspricht nicht den tatsächlichen Verhältnissen.“ Disse!) beruft sich aber doch auf diesen Embryo, um eine, wenn auch vorübergehende, Verbindung mit dem Ektoderm beim Menschen nachzuweisen. Nicht minder wichtig ist die Angabe Rabls?) in Bezug auf die Selachier. Dieser Autor lässt die „spärlichen Angaben, nach welchen der Wolff’sche Gang aus dem Ektoderm entstehen soll, unberücksichtigt“ und widerspricht auch der Angabe Mitsukuris?) über diese Verhältnisse bei Chelonia. Nach Rabls eigenen Befunden gestalten sich die Verhältnisse bei Pristiurus- embryonen von 383—40 Urwirbeln (S. 641) folgendermassen : „Sein hinterstes Ende“ nämlich des Wolff’schen Ganges „legt sich dicht an das Ektoderm an und scheint in dasselbe überzugehen.“ Bei einem Embryo von 41—42 Urwirbeln beschreibt Rab] die Verhältnisse so (S. 642): „An einer horizontalen Schnittserie durch einen Embryo mit 42 Urwirbeln ist die Anlagerung des Hinterendes des Vornierenganges an das Ektoderm noch sehr viel auffallender, als in dem abgebildeten Fall und solche Bilder können bei nicht sehr aufmerksamer und umsichtiger Unter- suchung in der Tat leicht die Vorstellung erwecken, dass sich der Vornierengang wenigstens an seinem Hinterende, aus dem Ektoderm entwickele. Aber gerade in dieser Serie ist der un- gemein charakteristische Unterschied in der Form der Zellkerne des Vornierenganges und des Ektoderms . ... * ungemein scharf und deutlich ausgeprägt.“ Weiters (S. 673): „Das Hinterende des Ganges läuft stets in eine Spitze aus und legt sich mit derselben gewöhnlich, aber !) Disse: Harnorgane in Bardelebens Handb. d. Anat. 1902. ?) C. Rabl: Über die Entwickl. des Urogenitalsyst. d. Selachier, Morphol. Jahrb. Vol. 24. 1896. ®) K. Mitsukuri: The ectoblastice origin of the Wolffian duct in Chelonia. Zool. Anzeiger. 1888. 216 J. Janosik: nicht immer, so innig an das Ektoderm an, dass es zu einer wirklichen Verschmelzung mit demselben zu kommen scheint. *— Auf S. 679 erklärt ferner Rabl, dass der von ihm stammende Schnitt, welcher bei Hertwig (Lehrbuch der Entwicklungs- geschichte) zu finden ist, und an welchem der Vornierengang mit dem Ektoderm in Verbindung zu sehen ist, einer älteren Epoche angehöre und dass jetzt Rabl „bessere Präparate anfertigen gelernt“ und sich überzeugt hat, dass er sich anfänglich im Irrtum befunden habe. Über seine Befunde bei Kaninchenembryonen berichtet Rabl (S. 719) folgendes: „Weder der Vornierenwulst, noch die Anlage des Wolff’schen Ganges zeigen eine Verbindung mit dem Ektoderm; dieses ist jedoch über den beiden genannten Gebilden ausserordentlich dünn. Wenn später, wie ich nicht bezweifle, eine Verbindung eintritt, so kann dieselbe meiner Meinung nach, wie Martin ganz richtig vermutet, nur eine sekundäre Bedeutung besitzen und nicht auf eine genetische Beziehung zwischen Wolff’schem Gang und Ektoderm bezogen werden.“ Aus einigen diesen Zitaten ist es ersichtlich, dass es immer noch notwendig erscheint, durch neue weitere Beobachtungen den wirklichen Tatbestand zu eruieren zu trachten. Ich habe mich mit dieser Frage schon in früheren Jahren befasst, ') nur fehlte es mir damals besonders an jungen Stadien von Säugern. Im Laufe der Jahre haben wir aber in der An- stalt Gelegenheit gefunden (unterstützt von der Böhmischen Kaiser Franz Josef Akademie) eine grosse Anzahl von Ziesel- embryonen sammeln zu können. Es ist aber auch nötig immer mehrere Serien von nahe einanderliegenden Stadien zu unter- suchen, um die Schwierigkeiten, welche die Form des Embryo- körpers bei den Säugern liefert, zu besiegen. Was nun di& Entwicklung des Wolff’schen Ganges bei den Säugern anbelangt, so ist derer keine grosse Reihe. Es ist da zunächst Spee?) welcher der Angaben von His?) gedenkt; ') Janosik: Histol.-embryol. Untersuch. Sitzungsber. d. k. Akademie, Wien 1885. Bemerkungen üb. die Entw. des Genitalsyst. ibid. 1890. ?) Spee: Über direkte Betheil. d. Ektod. an d. Bildung der Urnierenanl. ete. Arch. f. Anat. und Entwicklungsgesch. 1884. ») His: Beobacht. über d. Bau d. Säugethiereierstockes. Arch. für mikr. Anat. Vol. I. 1865. Vorniere und Vornierengang bei Säugern. LT nun hat aber His!) dieselben bereits selbst zurückgenommen Nach den Angaben von Spee erscheint die erste Spur der An- lage des Wolff’schen Ganges beim Meerschweinchen als eine Verdickung des Fpiblastes und er sucht klarzulegen, dass eigent- lich auch beim Hühnchen dieselben Verhältnisse vorliegen, nur dass dieselben von früheren Forschern übersehen worden sind. His bestätigt in einer Anmerkung, welche er dieser Arbeit von Spee beifügt, dass die Angaben von Spee den Präparaten ent- sprechen. Kurz darauf publizierte Flemming?) seine Befunde beim Kaninchen; doch können dieselben auch anders gedeutet werden. Dieser Arbeit folgte die von E. Martin?), welcher eigent- lich nur die Möglichkeit einer sekundären Verbindung des Wolff’schen Ganges mit dem Ektoderm zulässt. Noch vor dieser Arbeit erschien ein Artikel von Bonnet%), welcher bei Schafs- embryonen ebenfalls eine ektodermale Entstehung dieses Ganges beschreibt. In eine neue Phase gelangte diese Frage durch die Arbeit von v. Wyhe?°), welcher angibt, dass bei Selachiern das distale Ende dieses Ganges stets „mit der Haut“ in Verbindung steht. Das Wachstum geht so vor sich, dass sich diese Verbindung stets am proximalen Ende loslöst, am distalen aber immer weiter schreitet. Dann folgte die Arbeit von Kollmann (l. ec.) und die Reproduktion des Schnittes von Pristiurus nach dem Präparate von Rabl in dem Lehrbuche von Hertwig. Die Frage nach der ersten Entstehung des Wolff’schen Ganges kann nicht von der Entwicklung der Vorniere getrennt werden. Mit diesem Gegenstande beschäftigte sich bei Säugern Renson, wie weiter des näheren angeführt wird, dann kamen !) His: Untersuch. über d. erste Anlage d.Wirbelthierleibes. Leipzig 1868. °), Flemming, W.: Die ektobl. Anlage d. Urogenitalsyst. b. Kaninchen. Arch. f. Anat. und Entwicklungsgesch. 1886. 3) Martin, E.: Über die Anl. d. Urniere b. Kaninchen. Arch. f. Anat. und Entwicklungsgesch. 1888. ‘) Bonnet: Über die ektoderm. Entstehung d. W. G. bei Säugetieren. Münch. med. Wochenschr. 1887. 5) van Wyhe: Über d. Mesodermsegmente n. d. Entw. des Excretion- syst. bei Selachiern. Arch. f. mikr. Anat. Vol. 33. 1889. 213 J. Janosik: meine Arbeiten Il. c und®) und schliesslich die Angaben von Martin und Rabl. Im Nachfolgenden will ich in möglichster Kürze meine Befunde bei Zieselembryonen anführen. Die erste sichere Anlage des Urogenitalsystemes finde ich bei Zieselembryonen mit 10 ausgebildeten und einem sich erst bildenden Mesoblastsomit. Sie liegt proximal entsprechend dem 7. Mesoblastsomit. Man kann hier die Epithelzellen der Somato- und Splanchnopleura am Schnitte in eine Zellansammlung ver- folgen, welche gegen die Mesoblastsomiten vorspringt und diese etwas eindrückt. Das Coelom kann man hier als eine leichte Ausbuchtung in diesen Zellhaufen verfolgen, aber nur so weit, als die Höhe der Zellen des Coelomepithels reicht, also nur einer Zellhöhe entsprechend. Der Epiblast, welcher nur aus einer dünnen Zelllage besteht, steht etwas vom Mesoblastsomit ab, bildet aber seitlich von demselben eine tiefe Einsenkung gegen jenen Zellhaufen, erreicht aber denselben nicht. Die Zellen des Epiblastes sind in dieser Einsenkung gar nicht verschieden von den Zellen der benachbarten Region. Dasselbe Verhältnis des Zellhaufens und der Epiblasteinsenkung besteht auch auf der anderen Seite. Verfolgt man nun die Schnitte, von dem 7. Mesoblastsomit angefangen, in distaler Richtung, so kann man eine Ablösung jenes Zellhaufens vom Coelomepithel beim proximalen Ende des 8. Mesoblastsomites nachweisen. Man findet aber zugleich, dass der Zellhaufen grösser geworden ist. Da derselbe einzig und allein nur gegen den Epiblast sozusagen freien Platz findet, so wächst derselbe durch Zellvermehrung gegen denselben, legt sich dessen Zellen an und hebt den Epiblast etwas empor, so dass die flachen Zellen des Epiblastes der dorsalen etwas konvexen Fläche dieses Zellhaufens dicht anliegen. Wie nun die Untersuchung der hintereinandergehenden Schnitte lehrt, handelt es sich eigentlich nur am Schnitte um einen Zellhaufen, in Wirklichkeit also um einen Zellstrang, welcher in frontaler Richtung etwas abgeplattet ist und dorsal konvex prominiert. In seinem proximalsten Ab- schnitte hängt dieser Zellstrang mit dem Coelomepithel zusammen, °), Janosik: Zwei junge menschl. Embryonen. Arch. f. mikr. Anat. Vol. 30. Vorniere und Vornierengang bei Säugern. 219 liegt aber etwa dem 8. Mesoblastsomit entsprechend zwischen dem Coelomepithel und dem Mesoblastsomit sozusagen eingekeilt. Unterhalb dieses Zellstranges zieht der Rest der Mittel- platten dem mittleren Teile des Mesoblastsomites entsprechend und stellt so eine Verbindung zwischen dem Mesoblastsomit und dem Coelomepithel dar. Zwischen dem 8. und 9. Mesoblastsomit ist der Rest der Mittelplatten losgetrennt vom Mesoblastsomit, sowie auch vom Coelomepithel, steht aber mit jenem Zellstrange in Verbindung, welcher seinerseits mit dem Coelomepithel verbunden ist. Dieser Rest legt sich dem Zellstrange an der unteren und medialen Kante an, sodass dadurch dieser einen Vorsprung erhält, welcher zwischen das Coelomepithel und die tiefere Partie des Mesoblastsomites eingekeilt ist und fast bis zum Aortaendothel vordringt (Fig. 11). Dem 9. Mesoblastsomit entsprechend kann das Coelom- epithel als zwei Reihen von Zellen in einen Ausläufer verfolgt werden, welcher sich von unten her medial dem Zellstrange an- legt, aber mit demselben auf diesem Schnitte nicht in Verbindung tritt, den Mesoblastsomit fast berührt und gegen den Epiblast gerichtet erscheint. Am nächsten Schnitte verbindet sich der Zellstrang mit dem Ausläufer, welcher hier aber mit dem Coelom- epithel zusammenhängt, aber bereits schmächtiger geworden ist. Es sind das die veränderten Mittelplatten, welche die tiefere Partie der Anlage liefern. Diese bildet aber zu dieser Zeit nicht mehr in proximo-distaler Richtung ein Kontinuum, sondern ist in einzelne, aber nicht streng segmental angeordnete Abschnitte zerlegt. In jenen Fortsatz kann das Lumen des Coeloms deutlich verfolgt werden. Diese Verhältnisse sind auf beiden Seiten die gleichen. Dem distalen Ende des 9. Mesoblastsomites entsprechend liegt der Zellstrang wieder frei, dem Coelomepithel und dem Epiplasten dicht anliegend. In der Gegend, welche dem proximalen Ende des 10. Mesoblastsomites entspricht, ist wieder fder Rest der Mittelplatten zu sehen, aber ohne jede Verbindung weder mit dem Coelomepithel, noch mit dem Mesoblastsomit, noch mit dem Zellstrange; diese Zellgruppe liegt aber dem Zellstrange dicht an. Als eine ganz freie Zellgruppe ist dieser Rest der Mittel- platten nur auf einem Schnitte zu sehen, denn schon am nächsten 220 J. Janosik: steht sie mit dem Zellstrange in Verbindung, welcher nach dem zweiten Schnitte noch im Bereiche des 10. Mesoblastsomites, eine nochmalige Verbindung mit dem Coelomepithel eingeht, welche aber schon auf dem nächsten Schnitte wieder gelöst erscheint. Etwa der Mitte des 11. noch nicht ganz abgetrennten Mesoblastsomites entsprechend schmilzt der Zeilstrang mit dem Coelomepithel wieder zusammen und übergeht so in die Mittel- platten oder die intermediäre Zellmasse. In der Ausdehnung, in welcher man diesen Zellstrang distal verfolgen kann, wo er sich noch nicht mit den Mittelplatten und mit dem Coelomepithel in Verbindung gesetzt hat, liegt derselbe zwar dem Epiblast dicht an, ist aber stets scharf gegen denselben begrenzt. Es unterliegt kaum einem Zweifel, dass es sich hier um die Bildung eines Pronephros handelt. Dieser ist in diesem Stadium durch vier rudimen- täreKanälchengebildet,wennmanauchdieproximale Verbindung des Vornierenganges mit dem Coelom- ephitel mitrechnet. Der Vornierengang ist nur durch einen Zellstrang vertreten, welcher kein Lumen führt. Die rudimentären Kanälchen haben den Ursprung aus den Mittelplatten genommen, in- demihr Restnach AbtrennungdesVornierenganges, obwohl nicht segmental, in einzelne Zellgruppen zerlegt erscheint und diese repräsentieren gerade die rudimentären Kanälchen. (Vergleiche die Kon- struktion Fig. 1.) Nachdem ich dieses Stadium sorgfältig durchstudiert habe, so bin ich zu jüngeren zurückgegangen um besonders die aller- erste Anlage des Vornierenganges prezisieren zu können und da finde ich die erste Spur einer Anlage des Urogenitalsystemes bei Embryonen von 7 Mesoblastsomiten und zwar hinter dem distalen Ende des 6. Mesoblastsomites am proximalen Ende des 7. Die Anlage ist hier durch einen kurzen Zellstrang (vom Ende des 6. bis zum proximalen Teile des 7. Mesoblastsomit) gebildet, welcher in seiner ganzen Ausdehnung mit dem Coelomepithel in Verbindung steht und distal in die Mittelplatten übergeht. An Stelle seiner grössten Ausbildung (zwischen dem 6. und 7. Mesoblastsom.) wölbt sich dieser Zellstrang etwas gegen den Epiblast vor, ohne aber denselben zu berühren. Vorniere und Vornierengang bei Säugern. 221 Verfolgt man nun die Schnitte weiter proximal, so findet man, dass dieser Strang entsprechend dem 6. Mesoblastsomit ganz schwindet und es bleiben nur die Mittelplatten, an denen man dem 5. Mesoblastsomit entsprechend eine leichte Verdickung ihres dorsalen Abschnittes konstatieren kann. Es ist aber kaum möglich auch diese unscheinbare Verdickung schon als den proximalsten Abschnitt der Vorniere zu deuten, da bei älteren Stadien dieselbe nie so weit nach vorne reicht. Dieses stimmt mit der Angabe Rabls für Kaninchen überein (l. c. S. 719), welcher im Gegensatz zu Martins Angabe, dass das proximale Ende der Urnierenanlage im vierten Segment beginnt, dieselbe erst am Hinterende des sechsten Segmentes vorfindet und die- selbe mit Recht als „Vornierenanlage“ deutet. (Vergl. Fig. 6—10). Der Epiblast ist in diesem Stadium eine dünne Lage flacher Zellen, welche lateral vom Mesoblastsomit eine gerade in dieser Gegend sehr in Betracht kommende Rinne bilden. An manchen Stellen ist diese Rinne so tief, dass sie am Querschnitte als eine Einstülpung des Epiblastes erscheint, welche tief zwischen die Anlage des Urogenitalsystemes und den Mesoblast somit ein- schneidet. Indem diese Rinne an einigen Stellen im Querschnitte in der Tiefe etwas erweitert ist, über welcher Erweiterung sich die beiden dünnen Wände ganz berühren können, so erweckt es den Anschein, als handle es sich um eine Abschnürung eines Ganges vom Epiblast her. Bei näherer Betrachtung findet man aber, dass diese Rinne weiter proximal reicht, in eine (regend, in welcher nie etwas vom Urogenitalsysteme zur Ausbildung ge- langt, noch gelangen wird (z. B. sie reicht bei einem Embryo von 7 Mesoblastsomiten proximal bis zum 4. Mesoblastsomit). Die Zellen, welche diese Rinne bilden, sind ebenso flach, ja manchmal noch flacher, als jene der Umgebung und das zeigt schon selbst an, dass es sich hier um keine aktive Be- teiligung des Epiblastes handelt. Diese Rinne entlag der lateralen Kante der Mesoblastsomiten besteht auch noch bei weit älteren Embryonen und man bekommt zu Gesicht Bilder, welche an die Abbildungen von His und Kollmann!) (Fig. 3 u. 4) erinnern. In allen Stadien kann man aber die Uerzeugung erlangen, dass diese Bildungen nichts mit der Urogenitalanlage zu tun haben. — ı) J. Kollmann: Die Rumpfsegm. menschl. Embryonen von 13 bis 35 Urwirb. Arch. für Anat. u. Entwicklungsgesch. 1891. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 15 DD [087 [07 J.: Jam:oisdk:: Ich übergehe jetzt zur Schilderung älterer Stadien und beginne mit Embryonen mit 14 Mesoblastsomiten. Auch noch bei diesen Embryonen mit 14 Mesoblastsomiten findeich proximal die erste Spur des Urogenitalsystemes beim 7. Mesoblastsomit. Die ganze Anlage wird hier nur durch einen kleinen, nur durch einige Zellen gebildeten Strang vertreten, welcher mit dem Coelomepithel verbunden ist und etwas gegen den Epiblast ge- bogen erscheint. Der Epiblast bildet gerade an dieser Stelle eine tiefe Rinne, von welcher schon bei jüngeren Embryonen berichtet wurde (Fig. 13). An der Stelle zwischen dem 7. und 8. Mesoblastsomit sind nur einige Zellen, welches sich als der Rest (vergleiche Fig. 2) jenes vom Coelomepithel ausgehenden Zellstranges erweisen. Es handelt sich also um einen Zellstrang, welcher wohl als ein rudimentäres Kanälchen zu betrachten ist, obwohl man kein Lumen in dem- selben entdecken kann. Am proximalen Ende des 8. Mesoblastsomits erscheint wieder ein solcher, etwas gebogener Zellstrang, welcher vom Coelomepithel ausgeht. Dieser Strang ist mächtiger und pro- miniert gegen den Epiblast so, dass er denselben vorwölbt. Zwischen diesem Strange und jenem, welcher im Bereiche des 7. Mesoblastsomites gelegen ist, kann keine sichere Verbindung nachgewiesen werden;eshandeltsich höchst wahrschein- lich schon in dieser Periode um eine Rückbildung des proximalen Teiles der Urogenitalanlage, denn vom 8. Mesoblastsomit angefangen, zieht sich diese Anlage un- unterbrochen in distaler Richtung soweit, als die Mesoblastsomiten gebildet sind. Dem distalen Teile des 8. Mesoblastsomites entsprechend, steht der Zellstrang, welcher die Urogenitalanlage an dieser Stelle bildet, nicht mehr mit dem Coelomepithel in Zusammen- hange, besteht aber als solcher, dicht dem Epiblast anliegend. Noch im Bereiche des 9. Mesoblastsomites tritt eine nochmalige Verbindung dieses Zellstranges mit dem Coelomepithel auf, bleibt über zwei Schnitte bestehen und löst sich wieder. Je weiter in distaler Richtung umso mächtiger wird dieser die Anlage des Urogenitalsystemes darstellende Zellstrang, welcher Vorniere und Vornierengang bei Säugern. 223 der Stelle zwischen dem 9. und 10. Mesoblastsomit entsprechend noch eine Vergrösserung in die Tiefe und etwas medial aufweist (Fig. 14), welche an diejenige erinnert, welche bei Embryonen mit zehn Mesoblastsomiten annähernd in dieser Gegend be- schrieben wurde. Hier steht dieser Zellstrang auch mit dem Coelomepithel in Verbindung. Diese löst sich nach zwei Schnitten, und der Zellstrang zieht frei, dem Coelomepithel wohl anliegend bis zum 11. Mesoblastsomit. An dieser Stelle verbindet er sich wieder mit dem Coelomepithel und man kann auf der einen Seite eine feine Verlängerung des Coeloms in den Zellstrang bemerken. Im Bereiche des distalen Abschnittes des 11. Meso- blastsomites und der Strecke zwischen dem 11. und 12. ent- sprechend läuft er wieder frei, ohne irgend eine Verbindung mit dem Coelomepithel einzugehen, aber demselben dicht anliegend bis zum proximalen Ende des 12. Mesoblastsomites, wo abermals eine Verbindung mit dem Coelomepithel zustande kommt. Auch hier kann das Coelom als ein feiner Spalt in den Zellstrang ver- folgt werden. Diese Verbindung löst sich nach etwa zwei Schnitten auf um noch im Bereiche des 12. Mesoblastsomites nochmals aufzutreten; diese ist mächtiger und kann auf etwa drei Schnitten nachgewiesen werden. Auch hier kann ein Lumen in dieser Verbindung konstatiert werden. Dem 13. Mesoblastsomit entlang zieht der Zellstrang dicht dem Coelomepithel anliegend, aber von ihm getrennt bis zum proximalen Teile des 14. Mesoblastsomites, wo wieder eine Ver- schmelzung mit dem Coelomepithel auftritt, in welche das Coelom als ein feiner, aber leicht nachweisbarer Spalt sich fort- setzt. Von dieser Stelle an übergeht die Urogenitalanlage direkt in die Mittelplatten über. Das Urogenitalsystem dieses Stadiums ist ver- treten: durch ein rudimentäres Kanälchen, im Be- reiche des distalen Endes des 7. Mesoblastsomites. Dieses isolierte Kanälchen kann man schon als das erste Anzeichen einer regressiven Metamorphose betrachten. Vom proximalen Ende des 8. Meso- blastsomites kann die Anlageals ein Zellstrang bis zum 14. Mesoblastsomit verfolgt werden. Dieser Zellstrang tritt an fünf Stellen durch Vermittelung von Zellgruppen, welche als Abkömmlinge des ven- 15* 224 J. Janosik: tralen Teiles der Mittelplatten zu betrachten sind, mit dem Coelomepithel in Verbindung, wenn man zunächst noch die distale Verbindung durch die Mittelplatten direkt nicht mitrechnet. Diese Ver- bindungen, sowie auch die Segmentierung des ven- tralen Teiles der Mittelplatten sind nicht ent- sprechend den Mesoblastsomiten angeordnet (Fig. 2). Ich besitze von diesen und nachliegenden Stadien mehrere Serien und wähle zur ausführlicheren Beschreibung einen Embryo mit 16 Mesoblastsomiten. Bei diesem Embryo ist proximal die erste Spur der Urogenitalanlage an einer Stelle zu treffen, welche dem distalen Ende des 8. Mesoblastsomites entspricht und ist hier nur durch einen über zwei Schnitte sich ziehenden Zell- strang vertreten, welcher am proximalen Ende des 9. Mesoblast- somites mit dem Coelomepithel in Verbindung steht; diese Verbindung kann bis etwa zur Mitte des 9. Mesoblastsomites verfolgt werden (vergleiche Fig. 4). Oberhalb dieser Anlage liegen etwas näher dem Epiblaste einige Zellen, welche von den umliegenden Mesenchymzellen ver- verschiedenen Charakter haben. Zellen desselben Charakters finde ich auch noch distal vom proximalen Ende des 9. Meso- blastsomites; sie sind hier zu einen Zellstrange vereinigt, welcher sich entsprechend der Zone zwischen dem 9. und 10. Mesoblast- somit mit der Anlage verbindet. Diese durch einen Zellstrang gebildet, liegt an dieser Stelle zwar dem Coelomepithel dicht an, ist aber von demselben scharf getrennt. Erst entsprechend dem distalen Ende des 9. Mesoblast. verbindet sich der kleinere dorsal gelegene Zellstrang mit der Anlage (Fig. 4). Man gewahrt also, dass proximal die Urogenitalanlage nicht mehr bis zum 7. Mesoblastsomit reicht, sondern um die Länge von etwa anderhalb Mesoblastsomit distal verschoben erscheint. Diese Verschiebung wird durch zwei Momente zustande gebracht. Erstens ist dieselbe zu einem Teil darauf zurückzuführen, dass der dorsale Abschnitt des Embryo rascher wächst, als alle mehr ventral gelegenen Teile, was aus der Krümmung des Embryo direkt zu sehen ist. Zum Teile muss man aber auch an einen Rückbildungsvorgang denken, welchem der proximale Teil der ganzen Anlage anheimfällt. Dieser Prozess ist eigent- lich schon bei Embryonen von 14 Mesoblastsomiten zu finden Vorniere und Vornierengang bei Säugern. 295 und man muss jenes rudimentäre Kanälchen, welches der Lage nach dem distalen Ende des 7. Mesoblastsomites entspricht und oben näher beschrieben wurde, schon als Ausdruck des Rück- bildungsprozesses ansehen. Einen Rückbildungsvorgang kann man auch an dem von der gemeinsamen Anlage getrennten Zellstrang sehen (Fig. 4) im Bereiche des 9. Mesoblastsomites. Dass hier eine Verbindung mit dem rudimentären Kanälchen, welches am distalen Ende des 8. Mesoblastsomites gelegen ist, bestand, beweisen noch jene zerstreuten Zellen, von denen oben berichtet wurde. Es ist auch ersichtlich, dass dieser dorsale Zellstrang nichts anders ist, als das vordere Ende des eigentlichen Vornieren- ganges, welcher hier durch diesen regressiven Vorgang zur Ab- spaltung gebracht wurde, da man denselben an der intakten Anlage in dieser Gegend nie isoliert vorfindet. Distal von dieser Gegend im Bereiche des 10. und 11. Mesoblastsomites kann man diesen Strang nicht als isoliert vorfinden. Der ventrale Teil der Anlage ist, wie bereits angeführt wurde, im Bereiche der distalen Hälfte des 9. Mesoblastsomites mit dem Coelomepithel in Verbindung. Diese löst sich aber schon zwischen dem 9. und 10. Mesoblastsomit und bleibt so, obwohl nicht ganz selbständig, bis zum distalen Ende des 12. Mesoblastsomites, wo wieder eine deutliche Verschmelzung mit dem Coelomepithel zustande kommt. Im Bereiche des 11. Meso- blastsomites kommen auf der einen Seite und bei einem Embryo zwei nur etwa einer Zelldicke entsprechende Verbindungen vor, wogegen auf der anderen Seite desselben Embryo, sowie bei noch zwei weiteren, welche etwa derselben Entwicklungsstufe ent- sprechen, nur je eine Verbindung vorzufinden ist. In jene Ver- bindung, welche der Lage nach dem 12. Mesoblastsomit entspricht, kann vom Coelom aus ein feines Lumen verfolgt werden. Von der hier nur durch einen in frontaler Richtung abge- platteten Zellstrang vertretenen Anlage löst sich, dem distalen Ende des 11. Mesoblastsomites entsprechend, ein durch einige Zellen gebil- deterStrang ab, welcher im Bereiche des 13. Mesoblastsomites mehr gegen denFpiblast vorrückt. Man findet nun zwischen diesem Strange und dem tiefer gelegenen Teile der Anlage einige Mesenchymzellen eingeschoben. Der Strang selbst legt sich bis an den Epiplast an und kann in dieser Lage als ein selbständiger Zellstrang bis zum Ende des 16. Mesoblastsomites verfolgt werden. 226 J. Janosik: Es unterliegt keinem Zweifel, dass dieser distal frei aus- laufende Zellstrang der Wolff’sche Gang ist. Der mehr ventral gelegene Teil der Urogenitalanlage liegt zwar überall dem Coelomepithel an, ist aber gut gegen denselben begrenzt, aber man kann doch noch am distalen Ende des 12. und am distalen Ende des 13. und dann am proximalen Ende des 15. Mesoblastsomites eine Verschmelzung derselben mit dem Coelomepithel nachweisen. Dem distalen Ende des 15. Meso- blastsomites entsprechend hört die Verbindung mit dem Coelom- epithel wieder auf (Fig. 4 und 16), doch kommt dieselbe am proximalen Ende des 16. wieder zustande, ja man kann sagen, dass schon hier die Anlage in die Mittelplatten übergeht. Nachdem ich gerade aus diesem Stadium einige Embryonen zu untersuchen Gelegenheit hatte, sowie auch solche, welche dieser Entwicklungsstufe nahe standen, konnte ich den Nach- weis führen, dassindividuelleSchwankungen inder Ausbildung,sowieinderRückbildungderUrogenital- anlage vorkommen. So fand ich z. B. bei einem Embryo mit 15 Mesoblastsomiten, bei dem der 16. Mesoblastsomit erst sozusagen angedeutet war, dass proximal die Urogenitalanlage nur bis zum distalen Ende des 9. Mesoblastsomites reicht (Fig. 3), dass die Anlage an dieser Stelle mit dem Coelomepithel in Ver- bindung steht, welche dem 10. Mesoblastsomit entsprechend wieder gelöst erscheint um zwischen 10. und 11. wieder aufzu- treten. Solche Verbindungen konnte ich noch dem 12. und 14. Mesoblastsomit entsprechend vorfinden. Die ganze Anlage über- seht nun am proximalen Ende des sich kaum bildenden 16. Mesoblastsomites in die Mittelplatten. Entsprechend dem 13. Mesoblastsomit ist deutlich von dieser gemeinsamen Anlage ein aus einigen Zellen gebildeter Strang getrennt (Fig. 3 und 17), welcher aber proximal sowie distal mit der Anlage verschmolzen ist; es ist das sicher der Wolff’sche Gang, welcher in diesem Falle sich zum Teile durch Abtrennen von der gemeinsamen Anlage als eine selbständige 3ildung herausdifferenziert hat. Proximal kann man eine Trennungslinie eigentlich bis zum distalen Ende des 12. Mesoblastsomites verfolgen. In distaler Richtung kann eine Grenze zwischen dem Wolff’schen Gange und dem tiefer gelegenen Teile der Anlage bis in das Bereich Vorniere und Vornierengang bei Säugern. 227 des 14. Mesoplastsomites nachweisen; dann verliert der Wolff’sche Gang seine Selbständigkeit. Vergleicht man in dieser Beziehung das Verhalten des Wolff’schen Ganges in diesem mit dem etwas älteren, oben be- schriebenen Stadium (Fig. 4), so kann man daraus schliessen, dass wenigstens in diesem Falle, wenn nicht immer in dieser Region, also entsprechend etwa dem 12. bis 15. Mesoblastsomit sich der Wolff’sche Gang von der gemeinsamen Anlage ab- spaltet, um von dieser Stelle aus selbständig distal zu wachsen und zwar zwischen dem tieferen Teile der Anlage und dem Epiblast, diesem dicht anliegend. Unterzieht man diese bisher ge- schilderten Verhältnisse einer näheren Ueberlegung um zu be- stimmen, welche Deutung den einzelnen Abschnitten von mor- phologischen Standpunkte aus gegeben werden können, so erscheint die Sache ziemlich schwierig. Die Anlage ist gemeinsam auch für den Vornierengang vom 7. bis (in der grössten Phase ihrer Entwicklung) zum 12. Mesoblastsomit und gelangen hier 6 bis 7 rudi- mentäre Kanälchen, eigentlich stellenweise nur Zellstränge, zur Ausbildung, welche die Anlage mit dem Coelomepithel verbinden; in einige derselben kann auch mehr oder weniger deutlich die Öoelom- höhle verfolgt werden. Im Gegensatze zu jüngeren Stadien muss bei älteren hervorgehoben werden, dass man den Vornierengang proximal nicht vondem übrigen Teile der Anlage als getrennt vorfinden kann. Man kann sich dieses Verhältnis nur so erklären, dass alle rudimentären Kanälchen mit dem Gange ganz verschmolzen sind und dass derselbe zum Vorschein kommt, wenn dieselben bereits von einem Rückbildungs- vorgang erfasst worden sind. Diesen Abschnitt kann man wohl als der Vorniere homolog betrachten. Es ist zwar zu bemerken und aus den beigefügten Konstruktionen ersichtlich, dass diese rudimentären Kanälchen nicht streng segmental angeordnet sind und zwar nicht einmal zur Zeit ihrer ersten Anlage. Die später sich zeigende, nicht segmentale Anordnung könnte zum Teil durch die regressiven Vorgänge, zum Teil durch eine Ungleichmässigkeit im Wachstum erklärt werden. 228 J. Janosik: Was noch bei diesem proximalen Teile des Urogenitalsystemes fehlt, um denselben in allen Teilen als eine Vorniere auflassen zu dürfen, sind freie Glomeruli. Ebensowenig, wie ich es früher machen konnte, kann ich jetzt irgend einen freien Glomerulus nachweisen. Den Angaben Rensons') zufolge sollen bei Kanin- chen den Kanälchen der Vorniere entsprechend auch rudimen- täre äussere Glomeruli vorkommen. „De place en place l’Epi- thelium pleuroperitondal adjacent A ce canal pr&sente des traces d’une proliferation cellulaire. dans laquelle on pourrait voir les derniers vestiges de glomerulus externes.“ Ich konnte seiner Zeit auch beim Kaninchen keinen äusseren Glomerulus nachweisen und habe mich schon damals geäussert: „Einen äusseren Glomerulus habe ich nicht gefunden. Er wird wahrscheinlich nur rudimentär sein und von keiner langen Dauer.“ (l.e.sub. 18.3). Obwohl ich, wie aus dem Mitgeteilten hervorgeht, eine komplette Reihe nahe aneinander stehender Embryonen untersucht habe, konnte ich nichts von einem äusseren Glomerulus entdecken. Er kommt bei Zieselembryonen auch in späteren Stadien nicht zur Ausbildung, auch nicht vorübergehend oder in der Form eines gemischten Glomerulus, wie er von verschiedenen Forschern und auch von mir bei Vogelembryonen beschrieben wurde. Es mussten zunächst diese Verhältnisse abgehandelt werden bevor ich an die zweite Frage treten konnte, nämlich nach der Genese des Wolff’schen Ganges. Aus dem oben angeführten geht hervor, dass das vorderste Ende des Wolff’schen Ganges sich eigentlich zugleich mit der Vornierenanlage entwickelt, von welcher der Gang in den jüng- sten Stadien im proximalen Teile der Anlage besser getrennt er- scheint, als bei älteren Stadien, so dass man hier von einer gemeinsamen Anlage sprechen kann. Von dieser Anlage spaltet sich der Gang erst später und zwar nicht an der ganzen Aus- dehnung ab: denn sein vorderster Abschnitt bleibt mit der Vor- nierenanlage solange in Verbindung, solange die Vorniere nicht dem Rückgange anheimfällt. In distaler Richtung, das heisst vom 16. Mesoblastsomit, wächst der Wolff’sche Gang selbständig, ohne irgendwelche Beteiligung seitens des Epiblastes, sowie des anliegenden Mesoblastes. ') Renson: Contrib. a l’embryol. des org. d’exeretion des oiseaux et de mammiföres. Bruxelles 1883 et extrait dans l’Arch. f.mikr. Anat. Vol. 22. 1833. Vorniere und Vornierengang bei Säugern. 229 Vergieicht man die Konstruktionen von Stadien mit 14—16 Mesoblastsomiten, so findet man, dass proximal sich der Wolff’sche Gang nur bis in das Bereich des 12. Mesoblastsomites von der gemeinsamen Anlage abspaltet und das findet man auch bei älteren Embryonen bestätigt, wie weiter unten auseinandergelegt wird. Für die Erkenntnis, wie sich das distale Ende des Wolff- schen Ganges zum Epiblast verhält, sind Längsschnitte sehr ge- eignet. Da bekanntlich die Embryonen verschieden spiralförmig gedreht sind, so findet man, wenn man eine grössere Reihe von Schnittserien zu Gebote hat, hie und da verschiedene Abschnitte nicht nur des Wolff’schen Ganges, sondern auch der übrigen Anlage im Längsschnitte. Solche Längsschnitte treffen nun auch in manchen Serien das distale Ende des Wolff’schen Ganges auf der einen oder der anderen Seite. Auf solchen Schnitten sieht man nun, dass der Wolff’sche Gang als ein dicker Zell- strang dem Epiblast zwar dicht anliegt (Fig. 21), dass aber seine Zellen einen ganz differenten Charakter von den Zellen des Epi- blastes zeigen: sie sind protoblasmareich und granuliert, wogegen die Zellen des Epiblastes ganz dünn und hell erscheinen. Gerade dieses ganz verschiedene Aussehen gibt die grösste Garantie, dass die Zellen des Epiblastes zu den Zellen des Wolff’schen Ganges, was die genetischen Verhältnisse anbelangt, in keiner Beziehung stehen. Auf diese Verhältnisse macht auch Rab] bei Pristiurus aufmerksam. An dieser Stelle muss auch noch das in Betracht gezogen werden, ob nicht vielleicht sekundär und temporär sich das distale Ende des Wolff’schen Ganges mit dem Epiblast verbindet. Martin (l.c.), nachdem er die diesbezüglichen Angaben von Flemming und Spee besprochen hat, sagt: „So liegt der Gedanke nahe, dass die Verbindung des Ektoblast mit der Anlage des Wolft’schen Ganges vielleicht keine primäre sondern nur eine sekundäre sei.“ Diese Auffassung teilt auch Disse (l. c.). In der weiteren detailirten Beschreibung sagt Martin ferner: „Bei der Mehrzahl der Embryonen der bezeichneten Altersklasse“ (nämlich von 13—19 Urwirbeln) „ist das hinterste Ende des Urnierenganges auf einer Anzahl von Schnitten nicht deutlich von dem Ektoblast abgrenzbar . . .“ „Bei einzelnen aber ist die Anlage des Wolff’schen Ganges bis an ihr hinterstes Ende isoliert erkennbar und auf dem letzten 230 J. Janosik: sie enthaltenden Schnitte nicht vom Ektoblast abgrenzbar (Fig. 5 zeigt bei Embryo 25 auch auf diesem einen Schnitt eine Grenze angedeutet.)“ Dieser Schnitt stammt von einem Embryo mit 13 Urwirbeln. Aus der ganzen Darstellung, welche Martin in seiner Arbeit vorlegt, geht hervor, dass er auch die temporäre Verbindung nicht hoch anschlägt. Ich will nun noch in aller Kürze der Befunde erwähnen, welche ich bei etwas älteren Embryonen gemacht habe und wähle die Beschreibung der ganzen Anlage bei einem Embryo von 15—19 Mesoblastsomiten. Das vorderste Ende der Anlage finde ich am proximalen Ende des 11. Mesoblastsomites und zwar als einen keilförmigen Zellstrang (Fig. 18), welcher mit dem Coelomepithel mittels einer oder zweier Zellen in Verbindung steht. Dicht hinter dieser Stelle erscheint in dem erweiterten Teile des Zellstranges ein kleines Lumen und hier hört zugleich auch die Verbindung mit dem Coelomepithel auf. Dem proximalen Ende des 12. Mesoplastsomites entsprechend teilt sich diese Anlage in zwei Zellstränge, welche beide ein Lumen besitzen. Jener Zellstrang, eigentlich ein Kanälchen, welcher näher dem Epiblast liegt, ist schmächtiger, wogegen der tiefer gelegene Teil einen stärkeren Zellstrang bildet. Der dorsale Kanal ist der Wolff’sche Gang, welcher ganz frei unter dem Epiblast verläuft, ohne demselben dicht anzuliegen. So kann man diesen Gang bis an das proximale Ende des noch nicht gebildeten, eigentlich erst in dem Anfange der Bildung sich befindenden 19. Mesoblastsomites verfolgen. Hier verliert er das schon spaltförmig gewordene Lumen und zieht als ein solider, dem Epiblast dicht anliegender Strang weiter distal in die Gegend des nicht mehr in Mesoblastsomiten gegliederten Mesoblastes. Entsprechend dem proximalen Ende des 13. Mesoblast- somites tritt der Wolff’sche Gang mit dem ventralen Teile der Anlage wieder in Verbindung (Fig. 19). Diese besteht jedoch nur auf einem Schnitte, indem sie weder am proximalen, noch auf dem nächsten distalen Schnitte zu sehen ist. Es ist das hier eine Gegend, in welcher schon bei jungen Stadien die Abspaltung des Wolfi’schen Ganges von der gemeinsamen Anlage vor sich ging; hier ist diese Trennung noch nicht vollständig zustande Vorniere und Vornierengang bei Säugern. 231 gekommen. In Fig. 20 ist ein Schnitt abgebildet, welcher dem proximalen Ende des 14. Mesoblastsomites entspricht und an welchem man das Verhältnis des Wolff’schen Ganges zu der ventralen Anlage sehen kann. Untersucht man den ventralen Strang der Anlage, so findet man in diesem Stadium, dass dieser Zellstrang nicht gleich- mässig ist, sondern dass derselbe von Stelle zu Stelle leicht eingeschnürt erscheint, was man bis zum 17. Mesoblastsomit nachweisen kann. Distal von dieser Stelle zieht dieser Teil der Anlage als ein gleichmässiger Zellstrang, welcher am distalen Ende des 18. Mesoblastsomites mit den Mittelplatten und somit auch mit dem Coelomepithel zusammenschmilzt. Damit ist der Schritt zu jenem Vorgange gemacht, welchen ich auch bei Vogel- embryonen gefunden habe, dass sich nämlich die Anlage für die Urnierenkanälchen vom Coelomepithel abschnürt, dann in einzelne Zellhaufen zerfällt, welche ein Lumen bekommen und so die Anlage eines Kanälchens darstellen. Nur in dem proximalen Teile dieser Anlage findet man in dem noch nicht ganz abge- schnürten Zellhaufen die ersten Anfänge der Bildung eines Lumens. Dieser Prozess reicht immer mehr und mehr distal auf das ganze Urnierenblastem. Die so zu Bläschen umgewandelten Zellhaufen sind nicht segmental angeordnet, sowie man auch schon zurzeit der anfänglichen Abschnürung der Zellhaufen von keiner streng segmentalen Anordnung sprechen kann. Sowie die proximalen Zellhaufen früher in Bläschen umgewandelt worden sind, ent- wickeln sich dieselben immer wieder vom proximalen Ende ange- fangen zu Kanälchen, welche schon bei Embryonen mit 21 Mesoblastsomiten im vordersten Abschnitte ihr Lumen mit dem Lumen des Wolff’schen Ganges in Verbindung gebracht haben. Wenn wir nun das eben Gefundene kurz zu- sammenfassen, so ergibt sich, dass das Urogenital- system bei Zieselembryonen von 7 Mesoblast- somiten in seiner ersten Spur zu finden ist und zwar alsein vom dorsalen Teile der Mittelplatten ausgehender Zellhaufen; der Lage nach entspricht es dem distalen Ende des 6. Mesoblastsomites. Dieser Zellhaufen bildet später einen Zellstrang, welcher von dieser Stelle aus distal wächst mit LE) 32 J. JanosSik: dem dorsalen Teile der Mittelplatten aberin Ver- bindung bleibt. Die Mittelplatten lösen sich von dem Coelomepithel in der Ausdehnung des Zell- stranges ab, hängen aber von Stelle zu Stelle durch Vermittlung ihres ventralen Teiles mit demselben zusammen. Diese Verbindungen stellen rudimentäre Kanälchen vor, in welche auch die Coelomhöhle hie und da verfolgt werden kann. So verhält sich die Sache bei der weiteren Entwicklung bis zum 12. Mesoblastsomit und es kommen so sechs bis sieben Kanälchen zur Ausbildung. Bis zu dieser Stelle ist eigentlich kein Teil so abgetrennt von der ganzen Anlage, dass man von einem Vornieren- gange sprechen könnte, die jüngsten Stadien von 10 bis 11 Mesoblastsomiten ausgenommen. Diese Abtrennung kommt zustande, erst bei Embryonen von 15 Mesoblastsomiten, dem 13. Mesoblastsomit entsprechend, in der bis zu diesem Stadium gemein- samen Anlage. Von dieser Stelle aus spaltet sich der Vornierengang von der gemeinsamen Anlage ab bis zum 15. oder 16. Mesoblastsomit. Bei der Rück- bildung des vorderen Teiles der Urogenitalanlage konnte das vordere Ende des Vornierenganges auch im Bereiche des 9. Mesoblastsomites nachgewiesen werden. Vom 15. Mesoblastsomit wächst der Gang- distal selbständig, ohne welche weder primäre, noch sekundäre Verbindungen mit dem Epiblast einzugehen. Diesen, bis zum 12. Mesoblastsomit reichenden Abschnitt des Urogenitalsystems, kann man aals der Vorniere homolog erachten, obwohl zu bemerken ist, dass bei Zieselembryonen sicher keine äusseren Glomeruli gebildet werden, welche ich auch bei Kaninchenembryonen nicht finden konnte. Dieser Teil fällt früher in seinem proximalen Abschnitt der Rückbildung anheim, als er zur vollen Aus- bildung gelangt. Den zwischen dem 12. und 15. oder 16. Meso- blastsomit gelegenen Abschnitt könnte man als einen Uebergang zum Mesonephros betrachten. Vorniere und Vornierengang bei Säugern. 233 Die Anlage dieses Abschnittes, des Meso- nephros, geht so vor sich, dass dieMittelplatten sichsowohl von den Mesoblastsomiten, als auch vom Coelomepithelloslösen und aus ihnen ent- steht ein Zellstrang, welcherin einzelne, nicht segmentalangeordnete Zellhaufen zerfällt. In diesen Zellhaufen entsteht ein Lumen, und so, zu einem Bläschen umgewandelt, wächst diese Bildung zu einem Kanälchen aus. Am medialenEnde eines jeden dieser Kanälchen, wird ein Glomerulus gebildet und das laterale Ende mündet in den Wolif’schen Gang; also Verhältnisse, wie sie auch bei Vögeln bekannt sind. Erklärung der Tafeln XIII und XIV. Allgemein gültige Bezeichnungen: ep. — Üoelomepithel; u. — Anlage des Urogenitalsystemes; mes. — Mesoblastsomit; so. = Somatopleura; sp. — Splanchnopleura; hyp. = Hypo- blast; epb. = Epiblast; C. n = Centrales Nervensystem; am. —= Amnion; W. = Wolff’scher Gang Die Fig. 1—5 sind Konstruktionen, welche alle bei derselben Ver- grösserung angefertigt wurden. Gemacht sind sie so, als hätte man den Epiblast entfernt und so die Ansicht auf die Anlage des Urogenitalsystemes (u.) von der dorsalen Seite freigelegt. In den Konstruktionen ist das Ver- hältnis der Anlage (u.) zum Coelomepithel (ep.) und den Mesoblastsomiten zu sehen. W. — der Wolff’sche Gang. — Die Konstruktionen sind so gemacht, als wäre der Embryo gestreckt, um durch die verschiedenen Drehungen des- selben das Bild nicht komplizierter zu machen. Obwohl in den Schnitten die Anlage dem Coelomepithel dicht anliegt in den Konstruktionen derFig.1—4, so ist doch der Deutlichkeit wegen in den Figuren dieselbe etwas abstehend wiedergegeben, damit die Figuren übersichtlicher werden. Fig. 1. ist die Konstruktion von einem Embryo mit 10 Mesoblastsomiten n 2 Ser, n ” n N ” n 1 4 » ” 3. ”» ” ) n n N ) 1. 9 n n 4 ” 2 n » n n n 16 n 5 2 » » n 2 n » 18—19 » Fi 6. Ein Schnitt durch einen Embryo mit 7 Mesoblastsomiten und zwar in der Gegend des 4. Mesoblastsomiten. 2 7. Von demselben Embryo; ein Schnitt hinter dem 4. Mesoblastsomit. s SER, e u 5 „ dem 5. Mesoblastsomit entspr. x 9: 5 5 h „ hinter dem 5. Mesoblastsomit. r)] 10. ” » r,] n n ” » 6. n Br BER .: 44 BROT? EC. Ahr ER: 30 „2% „2a J. Janosik: . Ein Schnitt von einem Embryo mit 10 Mesoblastsomiten. Der Schnitt tangiert das proximale Ende des 9. Mesoblastsomites. 2. Ein Schnitt von demselben Embryo durch das Zentrum des 9. Meso- blastsomites. . Ein Schnitt von einem Embryo mit 14 Mesoblastsomiten entsprechend dem 7. Mesoblastsomit. . Ein Schnitt von demselben Embryo zwischen dem 9. und 10. Mesobls. 4 e - k dem 12. Mesoblastsomit entspr. 5 „ einem = mit 16 Mesoblastsomiten, entsprechend Bu distalen Ende des 15. Mesoblastsomit. . Ein Schnitt von einem Embryo mit 15 ausgebildeten Mosoblast- somiten, entsprechend dem 13. Mesoblastsomit. . Ein Schnitt von einem Embryo mit 18 ausgebildeten und einem sich bildenden Mesoblastsomiten, entsprechend dem 11. Mesoblast- somit. . Ein Schnitt von demselben Embryo, entsprechend der Stelle zwischen dem 12. und 13. Mesoblastsomit, . Ein Schnitt von demselben Embryo aus der Gegend des 14. Meso- blastsomites. . Ein Schnitt von demselben Embryo. Das distale Ende des Wolff’schen Ganges ist der Länge nach getroffen. 235 Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie der k. Universität zu Rom. (Direktor Prof. A. Bignami.) Über den feineren Bau und die Funktion der Hypophysis des Menschen. Von Dr. med. Vittorio Scaffidi. Hierzu Tafel XV. Seit den ersten Arbeiten von Flesch und Dostojewsky, welche beide ungefähr gleichzeitig und unabhängig voneinander, in der Hypophysis zwei verschiedene Zellarten nachgewiesen, die sie, dem verschiedenen Verhalten gegenüber Farbstoffen gemäss in „cehromophile“ und „chromophobe“ einteilten, sind weitere verschiedener Forscher erschienen, die im allgemeinen die Befunde der zwei genannten in betreff der Farbenaffinität der zwei Zell- arten bestätigt haben. Im Jahre 1884 unterschied Flesch grobkörnige Zellen die sich mit Indigokarmin, Eosin, Hämatoxylin nach Weigert stark färben und die er chromophile Zellen nannte von andern, den chromophoben. Diese sind kleiner, nicht deutlich abgegrenzt und bieten nicht die gleichen Reaktionen mit den Farben wie die ersten. Dostojewsky veröffentlichte im Jahre 1886 die Ergebnisse einer zweiten unter der Leitung von Waldeyer unternommenen Arbeit. In dieser zweiten, weit genauern Angaben, hält er an der Einteilung der Hypophysenzellen in chromophile und chromophobe fest. Erstere beschreibt er als grobkörnige Elemente von 15—25 u Durchmesser die, in frischem Zustande, von dunkler Farbe erscheinen. Sie nehmen Eosin und Hyperosmiumsäure an indem sie sich mit dieser dunkelbraun, mit jenem dunkelrosa färben. Die andern Elemente dagegen unterscheiden sich von diesen ausser durch geringere Grösse und Mangel an Körnern auch dadurch dass sie weder mit Eosin noch mit Hyperosmiumsäure färbbar sind und nach Einwirknng dieser Reagentien eine blassgelbe Farbe zeigen. Die chromophilen Elemente wären überdies auch gegen die Wirkung von Säuren und Alkalien widerstandsfähiger da bei Behandlung mit Salpetersäurelösung ihre Körner noch wider- stehen, wenn das Protoplasma der chromophoben schon bröckelig und die Umrisse dieser Elemente nicht mehr wahrnehmbar geworden. Nach den Studien von Dostojewsky sind weitere 2536 Vittorio Scaffidi: erschienen, so die von Rogowitsch, Stieda, Pisenti und Viola, welche sich hauptsächlich mit dem Funktionsmechanismus der Hypophysis beschäftigen; dievon Lothringen, und kürzlich, als ich schon meine Untersuchungen eingeleitet, die von Benda und Collina über die verschiedenen Elemente die das Organ zusammensetzen. Lothringen stellte vergleichende Untersuchungen über die Hypophysis verschiedener Säugetiere (Hund, Katze, Pferd, Schwein, Kaninchen, Mensch) an und charakterisierte die beiden Zellarten. Rogowitsch beschreibt ausser den beiden, chromo- philen und chromophoben, noch Haufen von in Protoplasma ein- gebetteten Kernen. Er hält sie für selbständige Elemente die ein embryonales, nicht vollständig ausgebildetes Gewebe darstellen würden. Benda unterscheidet vier Zellarten die er nach der Färbbarkeit der Plasmakörnchen als acidophile, basophile, ampho- phile und neutrophile bezeichnet. Ich werde weiter unten auf diese Untersuchungen von Benda zurückkommen und mich etwas über diese vier Zellarten verbreitern, die auch Collina annimmt, seine Einteilung jedoch nicht, wie ersterer, auf die Art der Zellkörner, sondern auf die verschiedenen Formen, Dimen- sionen und einige Eigentümlichkeiten des Plasmas und der Kerne stützend. Meine Untersuchungen stellte ich an menschlichen Hypo- physen an. die ich bei den von mir im hiesigen Krankenhaus „della Consolazione“ vorgenommenen Obductionen sammelte. Was die Frische des Materials betrifft, bemerke ich, dass ich einige Sektionen vor Ablauf der 24 Stunden nach dem Tode ausführen konnte; die meisten Stücke aber entstammen 24 Stunden alten Leichen. Das Alter der Toten schwankte zwischen 14 und 70 Jahren. Ich richtete mein Augenmerk hauptsächlich auf die Drüsen solcher Individuen, die an Verletzungen gestorben. Ich glaube mich hiermit vor Irrtümern, die durch die allfälligen Ver- änderungen in der Hypophysis bei langen Krankheitszuständen auftreten könnten, hinreichend bewahrt zu haben. Ich muss aber gleich bemerken, dass die Untersuchung der allerdings geringen Zahl der Stücke die solchen Leichen enstammen, gegenüber den von mir beobachteten normalen mich nicht im geringsten berechtigt irgend eine Angabe über pathologische Vorgänge der Hypophysis bei langwierigen Krankheiten zu machen. ! b Über den feineren Bau und die Funktion der Hypophysis des Menschen. 237 Die zur Untersuchung angewandten Methoden sind folgende: Ausser den gewöhnlichen Kern- und Protoplasmafarbstoffen (Häma- toxylin, Hämalaun, Tionin, Alaunkarmin und Anilinfarben) habe ich das Triacidgemisch mit einigen Abänderungen in seiner Anwendungsweise benutzt, die mir gestatteten einzelne Struktur- eigentümlichkeiten klarzulegen über die ich weiter unten berichten werde. Der Gebrauch dieser Mischung gab mir jedoch nicht so sichere Resultate, dass ich mich mit ihrer Anwendung hätte begnügen können. Sei es wegen der Unbeständigkeit der Kon- zentrationen der verschiedenen Lösungen die zur Zusammen- stellung des Gemisches gebraucht werden, welcher Mangel speziell hervortritt, wenn man stärkere Lösungen anwendet; sei es wegen der Veränderungen die sie in kurzer Zeit erleiden, man erhält nicht genügend konstante Ergebnisse. Ich begnügte mich mit einer Mischung von Säurefuchsin und Orange-G., das Methylgrün weglassend, aus Gründen, die ich weiter unten angeben werde. Es gestaltet sich die Färbetechnik, nach welcher die meisten der meinen Beschreibungen zu Grunde liegenden Präparaten ange- fertigt worden, folgendermassen: Das Material wurde mit 90°/o Alkohol, mit Sublimat-Alkohol- Essigsäure, oder mit 10°/o Formalin fixiert. Nach geeigneter Behandlung mit Jodalkohol (nach Sublimatfixierung) oder ein- stündigem Auswaschen in Wasser (nach Formalin) wurden die Stücke durch die steigende Alkoholserie, in Xilol gebracht und in Parafin eingebettet. Die Anwendung von Chromsalzen, die Benda empfiehlt, ist nicht notwendig. Er behandelt die Objekte nach Formalin- fixierung mit ansteigenden wässerigen Lösungen von Chromsäure (von 1°/oo zu 1°/o). Es ist erforderlich dünne Schnitte herzustellen (3—10 « höchstens). Die aufgeklebten Schnitte bringt man durch Xilol und die absteigende Alkoholserie in Wasser. Es folgt eine erste Kernfärbung mit saurem Hämatoxylin, das ziemlich lange einwirken soll, jedoch nicht so, dass eine Überfärbung eintritt, was speziell bei ältern Farblösungen leicht der Fall ist. Die Schnitte werden in destiliertem Wasser gut ausgewaschen und in die zweite Farb- lösung gebracht. Diese besteht aus einem Gemisch von zwei Teilen einer 2°/o wässerigen Orange-G.-Lösung und drei Teilen einer 1°/o wässerigen Säurefuchsinlösung. Die Mischung muss Archiv f. mikrosk Anat. Bad. 64. 16 238 Vittorio Scaffidi: kurz vor dem (rebrauch hergestellt werden. Die Proportionen können leicht abgeänderrt werden; auch ich musste dies manch- mal tun, da die Mischung in der Intensität und Electivität ihrer Wirkung infolge der Temperaturschwankungen und der ver- schiedenen Reinheit der Farbstoffe etwas abweichende Resultate gibt. Ob noch andere Faktoren die Eigenschaften der Farb- lösungen einer Mischung zu beeinflussen vermögen weiss ich nicht, doch habe ich beobachten können, dass an verschiedenen Tagen die gleichen Lösungen von genau gleichen Prozentsätzen und Quantitativverhältnissen der Mischung, auf die Schnitte ein und derselben Hypophysis verschieden einwirken können, sodass bald diese bald jene Struktureigentümlichkeit mehr in den Vorder- grund tritt. Die Färbung erfolgt in der Wärme, indem man die Mischung mit den montierten Schnitten bis zur Entwicklung der ersten Dämpfe vorsichtig erwärmt; die Objekte werden etwa 40-60 Minuten in der erkaltenden Farbe gelassen, dann gut mit Filter- papier abgetrocknet und in ein Uhrschälchen mit einem Gemisch von Toluol und Essentia terpentinae ää gelegt. Dies Gemisch muss auf einer heissen (nicht über 85°) Metallplatte während einiger Minuten erwärmt werden bis die Schnitte glänzend, fast durchsichtig, geworden sind. Rascher erzielt man dies, wenn man das Deckglas mit den Schnitten in ein Uhrschälchen so legt, dass es auf den vier Ecken frei aufliegt und die Schnitte dann mit einigen Tropfen des Gemisches bedeckt und so erwärmt. Dann bringt man die Objekte in eine Mischung von Xilol und destiliertem Anilinöl ää, wo man sie je nach der Dauer der Farbeneinwirkung und der Dicke der Schnitte verschieden lange liegen lässt. Man muss die Entfärbung unter dem Mikroskop verfolgen. Die Schnitte dürfen in einer neuen Menge des Ent- fürbungsgemischs gar keine Farbe mehr abgeben, da nur bei einer gründlichen Entfärbung die verschiedene Affinität der Granula zu den beiden angewandten Farbstoffen beurteilt werden kann, indem bei ungenügender Entfärbung, wegen des Über- schusses an Farbstoff, Körner in einer Weise tingiert erscheinen können, die ihrer eigentlichen Affinität für die Componenten des (semisches garnicht entspricht. Die Objekte werden dann lange und gründlich in Xilol ausgewaschen und in Canada oder Damar eingeschlossen. Über den feineren Bau und die Funktion der Hypophysis des Menschen. 239 An solchen Präparaten nimmt man beständig wahr, dass das Protoplasma der Zellen die zwei Bestandteile der Farben- mischung in verschiedener Weise annimmt. Man kann auf den ersten Blick Zellen unterscheiden deren Leib mit Orange-G. gefärbt, andere deren Protoplasma hingegen das Säurefuchsin angenommen. Das der Erstern zeigt sich reich an feinsten, goldgelben, glänzenden Körnchen, von denen jedes Einzelne scharf hervortritt, das der anderen enthält gröbere, ungleiche Körner die vom Säurefuchsin intensiv ziegelrot gefärbt sind. Ausserdem kennzeichnen weitere Verschiedenheiten die beiden Zellgruppen, die weiter unten genauer beschrieben werden sollen. Ich möchte hier hervorheben, dass man bei Anwendung der angegebenen Färbemethode an- nehmen darf, dass die verschiedene Färbbarkeit der beiden Zell- arten eine wirklich elective sei, indem kein Faktor einwirkt, der imstande sein könnte die chemischen Eigenschaften der Plasma- körner zu beeinflussen. Die Färbung tritt nach langer FEnt- färbung hervor, bei der kein neuer Farbstoff zur Anwendung kommt, wie bei der von Benda angewandten Methode. Benda färbt mit Triacid dem er einige Tropfen einer gesättigten Säure- fuchsinlösung beigibt und behandelt die Schnitte vor der Ent- färbung mit Anilinwassermethylgrün vor. Ich glaube ‚dass in der Einwirkung dieser Complementärfärbung der Grund für das Auf- treten von Körnern die weder den acidophilen noch den neutro- philen beigezählt werden können und die Benda als neutrophile und amphophile bezeichnet, zu suchen sei. Er selbst gibt an, dass sie nicht konstant seien und drückt sich bei ihrer Beschreibung nicht sehr entschieden aus. Mir gelang es nicht sie darzustellen, auch nicht mit der Anwendung des Triacids; in den mit diesem Gemisch gefärbten in Anilinwasser und Xilol entfärbten Präparaten fand ich immer mit Orange-G. und andere mit Säurefuchsin gefärbte Elemente auf, die also sämtlich den basophilen und den acidophilen beizuzählen sind. Nie konnte ich neutrophile oder amphophile Körner sehen und glaube des- halb, dass ihr Auftreten von der Anwendung des Methylgrün und einer nicht vollständigen Entfärbung abhängig sei. Weitere Unterschiede zwischen den beiden von mir ange- deuteten Zellarten bestehen in Formverschiedenheiten: Die mit Orange-G. gefärbten Elemente sind rundlich, die mit Säure- fuchsin unregelmässig; jene messen— w, diese — . und können 16* 240 Vittorio Scaffidi: einen Durchmesser von — ;: erreichen. Die mit Orange-G. sich färbenden Körnchen sind klein, fein, glänzend, rundlich, die mit Säurefuchsin tingierten gröber, von unregelmässiger Form, ungleicher Grösse und weniger leuchtend. Überdies unter- scheiden sich die beiden Zellarten auch durch Form, Bau und andere Eigentümlichkeiten der Kerne. Die mit Orange-G. färb- baren Zellen haben einen kleinen, leicht ovalen Kern der ziem- lich reich ist an, in feinsten Körnchen längs einem zarten Faser- netz gelagertem, Chromatin. Der Kern sticht mit seiner hell- violetten Farbe scharf von dem charakteristisch gelb gefärbten Protoplasma ab. Andere Zellen dieser gleichen Art weisen jedoch einen etwas verschieden aussehenden Kern auf, obwohl sie den ebenbeschriebenen Elementen an Grösse und Form vollkommen entsprechen. Der Unterschied besteht darin, dass die Chromatin- körnchen etwas gröber und von dunkelvioletter Farbe erscheinen ; das in der ersten Art deutlich hervortretende Netz ist bei dieser zweiten Kernform nicht ausgesprochen da der ganze Kernkörper sich intensiv färbt. Auf Grund dieser Verschiedenheiten der Kerne teilen einige Forscher diese Zellgattung in zwei Unter- gruppen. Es möchte mir dies als eine etwas gezwungene Klassi- fikation erscheinen da doch alle protoplasmatischen Farben- reaktionen der Elemente, sowie ihre Form, Grösse, Bau und auch die Disposition ihrer Plasmagranula vollkommen übereinstimmen. Die Kerne der mit Säurefuchsin sich färbenden Zellen sind grösser, blasig, von meist rundlicher Form. Scharf unterscheidet sie ihr Bau von den der Orangeg. annehmenden Elemente. Das Chromatinnetz ist zierlich, mit weiten Maschen und grossen Körnchen, und ausserdem findet man fast immer im Innern der Kerne ein oder zwei Blöckchen die sich bei Anwendung der von mir oben wiedergegebenen Methode rot färben. Diese Blöckchen sind von einer Reihe von Chromatinkörnchen umlagert, und stechen deshalb sehr deutlich in mehr oder minder intensivem Rot gegen den vom Hämatoxylin violett gefärbten Kranz der Chromatinkörnchen ab. Diese Eigentümlichkeit konnte ich bei den Kernen der Orange-G. annehmenden Zellen niemals bemerken ; sie ist aber bei den der Fuchsinophilen beinahe konstant zu beobachten. Der Kern dieser letztern Elemente ist, im Ver- hältnis zu ihrem Protoplasma grösser als dies bei den Orange-G.- fürbbaren Zellen der Fall. — Über den feineren Bau und die Funktion der Hypophysis des Menschen. 241 Ausser diesen beiden so verschiedenen Zellarten habe ich in den von mir untersuchten Hypophysenschnitten grosse, blasige isolierte Kerne beobachtet, die von einem deutlichen Membran umhüllt ercheinen. Ihr Bau weist ein weitmaschiges Chromatin- netz mit violett, meist hellgefärbten Körnchen auf; und viele Körperchen, die die gleichen Eigenschaften besitzen wie die roten, von einem Kranz violetter Chromatinkörnern umgebenen Blöckchen die in den Kernen der fuchsinophilen Zellen von mir eben beschrieben wurden. Oft sind verschiedene dieser Kerne von einer Protoplasmamasse umgeben, die weder das Orange-G. noch das Säurefuchsin annimmt und vollständig frei von Körnchen ist. Sie besteht aus einem groben regelmässigen Netz, dessen Maschen grosse Räume umschliessen, die man aber nicht als Vacuolen deuten darf. Das Auftreten dieser zu einem grossen, sich vollkommen wie der fuchsinfärbbaren Zellen verhaltenden, und von einem schmalen nicht körnerhaltigen, ausgefranzten und, ich möchte sagen, in Zerfall begriffenen Protoplasmasaum umgebenen Kerne reduzierten Elementen ist meiner Ansicht nach in Verbindung zu bringen mit dem Vorhandensein von andern grossen Zellen, die noch grösser sind als die mit Fuchsin färbbaren. Ihre Form ist unregelmässig ihre Kerne den der ebengenannten vollkommen ähnlich. Im Protoplasma finden sich Haufen deutlich mit Säure- fuchsin rotgefärbter Körner, während Stellen desselben bleich, ungefärbt bleiben und keinerlei Granula aufweisen. Der Inhalt dieser Zellen an Plasmakörnchen ist sehr verschieden und es sind deutlich allmähliche Übergangsformen zu bemerken, von den mit grossen, stark fuchsinfärbbaren Körnern gefüllten Elementen, zu den, in welchen sich die Körner in mehr oder minder zahl- reichen Haufen ordnen, und weiter zu jenen, in welchen die Körner auf ein Minimum reduziert sind, ja der Kern nur von einem dünnen, oft nicht deutlichen Saum von Protoplasma um- geben ist. ‚Dieser Saum kann auch garnicht darstellbar sein. Wenn man eine Zone eines Hypophysenschnittes, an welchem die Färbung gut gelungen untersucht treten die Verbindungsstufen zwischen diesen verschiedenen Zellformen deutlich hervor: man könnte sie ganz gut als den Ausdruck verschiedener Phasen ein und desselben Zelltypus ansprechen. Diese Zellen, die gewisser- massen die Übergangsstufen von den, an mit Säurefuchsin färb- 242 Vittorio Seaffidi: baren Körnchen reichen zu den Kernhaufen und den einzelnen beinahe protoplasmalosen Kernen darstellen, entsprechen voll- kommen den von Schönemann und nach ihm von verschiedenen Forschern als eyanophile bezeichneten. Diese Benennung deutet auf die Eigenschaft ihres Protoplasma hin, mit Hämatoxylin einen violetten Farbenton anzunehmen. Es sind die grössten Zellen die in der Hypophysis aufzufinden; ihre Form ist unregelmässig und verschieden, die Kerne sind gross, blasig und fast immer exzentrisch gelagert, das Protoplasma manchmal ziemlich reich an mit Säurefuchsin färbbaren Körnchen. Manchmal hingegen entbehrt es derselben ganz, und gerade in diesem Falle tritt die violette Färbung durch das Hämatoxylin deutlich hervor. Von diesen Zellen haben diejenigen, die keine Plasmakörner einschliessen ein Protoplasma das wie geschwunden und an den Rändern aus- gefranzt erscheint. Es weist oft kleine vakuolenähnliche Gebilde auf, die, wie mir scheint, als Räume eines viel weitmaschigeren Netzes als es in den gewöhnlichen Zellen zu sehen, in dem auch noch die eigentümlichen Körnchen fehlen, auszulegen sind. In einer weitern Funktionsphase würden dann die noch übrigen Körnchen aus den Zelleibern vollkommen verschwinden und, da diesen die umhüllende Membran abgeht, die Zellkörper‘ mit den allfällig benachbarten zusammenfliessen. So kommen die Massen zustande in denen man öfters die Kernhaufen ein- gelagert findet, welche nach Rogowitsch nicht vollkommen entwickelte Elemente darstellen. Mir scheint, dass man sie eher als ein Endstadium der Funktionsphasen der ınit Säurefuchsin färbbaren Zellen auffassen sollte. Nach alledem scheint mir, dass die histologischen Unter- suchungen, aus denen man allerdings nicht allzu genaue Schlüsse ziehen kann da sie imgrunde eher mangelhafte Anhaltspunkte bieten, darauf hinzuweisen, dass die Hypophysis eine funktionell aktive Drüse sein müsse. Diese Ansicht erfordert einige erklärende Worte, bei denen speziell der Ergebnisse experimenteller Unter- suchungen über die Eigenschaften und die funktionelle Bedeutung der Hypophyse gedacht werden soll. — Nach den Arbeiten von Vassale und Sacchi, welchen beiden es, nach den vorhergegangenen Versuchen von Horsley, Dastre, Gley und Marinesco, gelungen die Hypophysis bei “ Hunden und Katzen zu zerstören, wurden die Experimente ver- Über den feineren Bau und die Funktion der Hypophysis des Menschen. 243 schiedenerseits wieder aufgenommen und neuerdings hauptsächlich mit Eifer. Ich werde mich begnügen in Kürze die Ansichten der Forscher durchzugehen. Nach den angegebenen Veröftent- lichungen von Vassale und Sacchi scheiden sie sich in zwei Gruppen. Einige wie Gatta, Kreidl und Biedl, Caselli, Pirrone stimmen mit Vassale und Sacchi überein, indem sie annehmen, dass die Hypophysis als eine für das Leben notwendige Drüse mit interner Sekretion anzusehen sei. Andere, wie Friede- mann und neuerdings Lo Monaco und van Rynberk, Dalla Vedova!)sind zum entgegengesetzten Schlusse gekommen, indem sie an Hand von mit verschiedenen operativen Vorgängen ausgeführten Experimenten angeben, dass die Hypophysis ein für das Leben nicht notwendiges Organ darstelle und ihre Ent- fernung bei den Tieren keine andern Folgen hervorrufe, als die von dem eher schweren operativen Eingriffe abhängigen. Weiter hat Gaglio mit grossem Fleisse und Genauigkeit eine lange Serie von Versuchen an Exemplaren verschiedener Froscharten (Rana esculenta und temporaria, Hyla arborea), und an Testudo graeca durchgeführt. Wenngleich seine Resultate an den Fröschen nicht vollkommen einheitlich ausfielen, so sind es doch diejenigen an der Testudo, da die Tiere ohne jegliche wahrnehmbare Störung überlebten. Alle diese Untersuchungen würden also der Drüse jede wichtigere Funktion bei den benutzten Tieren absprechen. ich selbst habe vor einigen Jahren in diesem Laboratorium Versuche an Hunden angestellt; bin jedoch nicht in der Lage eine persönliche Ansicht über die Wirkung der Hypophysietomie auf Grund meiner Experimente anzugeben, da die Resultate etwas inconstant und vor allem die Zahl der Versuchstiere eine relativ geringe war. Die negativen Resulsate obiger Forscher berechtigen, wie auch Gaglio andeutet, jedoch nicht der Hypophysis jede sekretorische Tätigkeit abzusprechen, da sie wenn auch nicht eine absolut für die Erhaltung des Lebens notwendige Substanz, so doch ı, Dalla Vedova hat in einem Referat an der Accademia medica zu Rom im Januar 1904 seine früher mitgeteilten Ergebnisse etwas abgeändert, indem er aussagt bei einigen der von ihm operierten Hunde, die bis nach der Veröffentlichung seiner ersten Untersuchungen (1903) am Leben geblieben waren, im operativen Felde einzelne Stückchen von Hypophysengewebe auf- gefunden zu haben, und dass also bei diesen die Hypophysis nicht als voll- kommen abgetragen gelten könne. 244 Vittorio Seaffidi: ein unter normalen Verhältnissen immerwährend abgegebenes Sekret liefern könnte. Diese Ansicht scheint mir durch die Unter- suchungen Rogowitschs und neuerdings durch die von Marenghi bekräftigt zu werden. Rogowitsch konnte nachweisen, dass bei Hunden und Kaninchen, denen die Thyreoidea abgetragen worden und die nach dieser Operation längere Zeit am Leben geblieben, die Zellen der Hypophysis, speziell die chromophilen, eine leichte Vergrösserung aufweisen. Er bemerkte auch bei einigen Zellen das Auftreten von Vakuolen im Protoplasma und eine Substanz die er als Colloid erklärt. Bei den Kaninchen konstatierte er auch eine Vermehrung der Zellen. S. Stieda, der Kontrollversuche anstellte, änderte diese Angaben dahin ab, dass er bei den Kaninchen nach Thyreoid- ektomie keine Zellvermehrung in der Hypophysis zugibt und die Zunahme im Volumen der Drüse durch reine Hypertrophie der fundamentalen Zellen, hauptsächlich des spatium triangulare, bedingt erklärt. Neuerdings hat Marenghi angegeben, dass er bei Tieren (Kaninchen und Katzen) denen er unter verschiedenen Malen, aber vollständig, die Nebennieren abgetragen, eine Volumen- zunahme der Hypophysis beobachtet habe die von einer wirklichen numerischen Vermehrung der Zellen abhängig sei. Wie man diese Angaben auch deuten möge, scheinen sie mir doch, wie auch die Untersuchungen Schönemanns über die Hypophysis des normalen und des an Kropf leidenden Menschen darauf hinzuweisen, dass die Hypophysis unter gegebenen Um- ständen (bei Ausfall der Funktion einer andern Drüse mit interner Sekretion) Zeichen einer regern Tätigkeit aufweise, die sich auch in einer numerischen Zunahme ihrer Elemente ausdrücken könne. Mir war es nicht möglich in all den von mir untersuchten Hypo- physen auch nur eine Kernteilungsfigur aufzufinden. Das gleiche geben alle diejenigen an, die sich mit histologischen Studien der Hypophysis bei normalem Allgemeinbefinden befassen. All dies scheint mir darauf hinzuweisen, dass die Hypophysis eine sezernierende Drüse sein müsse und die von mir beschriebenen Eigenschaften ihrer Zellen möchte ich zur Stütze dieser Ansicht herbeiziehen. Mir scheint die Verwandtschaft der verschiedenen mit Säure- fuchsin färbbaren Zellformen deutlich klar zu liegen und einige der Phasen kann ich in den Fig. 7—12 wiedergeben. In inniger Über den feineren Bau und die Funktion der Hypophysis des Menschen. 245 Verbindung stehen auch sicher die mit Säurefuchsin färbbaren Zellen mit den Kernhaufen und den isolierten Kernen, die deutlich den Kernen obiger Zellen entsprechen und eine terminale Funktions- phase dieser Elemente darzustellen scheinen. In dieser Anschau- ung vertrete ich einen von dem von Thom vollkommen ver- schiedenen Standpunkt, da dieser die Kernhaufen als ruhende chromophobe Elemente deutet. Es scheinen mir die beschriebenen und in den beigelegten Figuren abgebildeten Eigenschaften dieser Kerne deutlich zu beweisen, dass sie zur Gruppe der Fuchsin- färbbaren Elemente gehören, welche wenigstens zum weitaus grössten Teil den chromophilen und nicht den chromophoben Elementen der verschiedenen Forscher entsprechen. Weiter schien mir auch schwierig auszuschliessen, dass die mit Orange-G. färb- baren Zellen nicht auch mit einer sezernierenden Tätigkeit betraut sein können, und wenn auch in dieser Gruppe von Elementen keine den an fuchsinfärbbaren Körnern armen (Schönemann- schen) Zellen entsprechende nachzuweisen sind, so spricht doch das Auftreten unter ihnen von mit mehr oder minder dicht gedrängten Körnern, begabten Elementen dafür, dass auch sie aktiv bei der Bereitung des Drüsenproduktes beteiligt seien. Diese beiden Zellgruppen, d. h. die mit Säurefuchsin färb- baren und die mit Orange-G. sich färbenden, umfassen ganz ver- schiedene Elemente, die sich ausser durch die verschiedene Färb- barkeit auch durch die beschriebenen morphologischen Eigen- schaften deutlich von einander unterscheiden. Diesen beiden Zelltypen entspricht sehr wahrscheinlich je eine eigene Sekretion. Diese Ansicht wird ausser durch die vershiedene Farbenaffinität, auch durch Eigenschaften die in einigen der Elemente das Vor- handensein gewisser Substanzen dartun, nahegelegt. Nach Collina würden einige Hypophysiszellen, diejenigen die den chromophilen entsprechen, (auch eosinophile genannt) die Phosphorreaktion geben. Phosphor soll auch in Form von Säuren und Salzen (Schmidt) und Hyperoxid (Bunge) in den roten Blutkörperchen auftreten. Abgesehen von den mikrochemischen Reaktionen, auf die sich nicht sichere Schlüsse gründen lassen, führe ich die Untersuchungen von Cyon an, über die Wirkung des Hypophysen- saftes auf Tiere. Dieser Forscher glaubt auf Grund zahlreicher Versuche annehmen zu dürfen, dass in dem Saft der Drüse zwei 246 Vittorio Scaffidi: verschiedene, wirksame Prinzipien enthalten seien, und dass je nach dem Überwiegen des einen oder andern, je nach der Art der Zubereitung des Saftes, diese oder jene Wirkung mehr in den Vordergrund trete. So fand denn auch Szymonowicz, dass der Hypophysenextrakt den Blutdruck herabsetze, wärend Schäfer und Vincent eine dieser vollkommen entgegengesetzte Wirkung verzeichnen. Nach Osborn und Vincent ruft der Saft einen Depressionszustand des Nervensystems hervor, was den frühern Beobachtungen von Clairet und Bosch vollkommen entgegentritt da diese vielmehr eine reizende Wirkung fanden. Gerade diese Widersprüche, diese entgegengesetzten Beob- achtungen erhöhen den Wertder Cyonschen Ansicht. Während aber Üyon geneigt ist anzunehmen, dass in der normalen Drüse nur eine der aktiven Substanzen aufzufinden sei, gelang es Schäfer und Vincent zwei Körper aus dem Extrakte derselben herzustellen, deren einer eine depressive, der andere eine reizende Wirkung auf das Nervensystem ausübt und dieser letztere auch den Blutdruck erheblich steigert. Die Annahme des Vorhandenseins zweier aktiven Substanzen in dem Hypophysensaft scheint mir durch die histologischen Untersuchungen bestätigt zu werden. Es sind deutlich tiefe Verschiedenheiten zwischen den beiden Zellarten des Organs nachgewiesen, die nicht nur vorübergehend auftreten und also nicht einzig der Ausdruck zweier verschiedenen Funktionsstadien sein können, wie Benda geneigt scheint anzunehmen. Obwohl er sich nicht kategorisch ausspricht und seine Untersuchungen über die Frage noch weiter auszudehnen wünscht nimmt er doch an, dass die acidophilen und die basophilen Zellen nur der Aus- druck zweier Funktionsphasen ein und desselben Elementes seien. Die Plasmakörner würden nach seiner Ansicht jenach der Funktions- phase in der die betreffenden Zellen sich befinden verschiedene Farbenaffinität bekunden, sodass die basophilen Körner nach und nach zu acidophilen würden um dann aus dem Zelleib auszutreten. Ich muss aber annehmen, dass diese Veränderung nicht stattfindet, da keine Übergangsformen zwischen den beiden angeblichen End- stadien aufzufinden sind, wenn die Präparate vollständig entfärbt werden. Es ist klar, dass einzig die unregelmässige Verteilung der beiden Zelltypen, das Vorherrschen des einen oder andern unter verschiedenen Umständen nicht genügen können um zur Über den feineren Bau und die Funktion der Hypophysis des Menschen. 247 Annahme zu berechtigen, dass die mit Orangeg. färbbaren Körner sich in mit Fuchsinsäure färbende umwandeln sollten. Mir scheint der Bau der Hypophysis manche Ähnlichkeit mit dem der Magendrüsen aufzuweisen. Auch hier finden sich zwei verschiedene Zellarten: die Belegezellen und die Hauptzellen, und jedem Typus kommt die Bereitung einer ganz verschiedenen Substanz zu. Golgi, Bunge und einige wenige nehmen an, dass die Belegezellen Pepsin, die Hauptzellen Salzsäure bereiten, während viele andere Forscher, so Heidenhain, Langley, Grützner, Ebstein, Luciani, Monti und andere angeben, dass das Umgekehrte stattfinde. Obgleich die Ansichten also noch geteilt darüber, welche der beiden Funktionen je welcher der beiden Zellarten zukomme, sind sie doch darin einig, dass jedem Typus ein eigenes, verschiedenes Sekret entspreche. Die beiden Zellarten sind verschieden färbbar und es ist die Eigen- tümlichkeit der Körner der Belegezellen sich mit Kongorot zu färben, während die Hauptzellen mit diesem Stoffe ungefärbt bleiben, wohl bekannt und sehr charakteristisch. Die Orange-G. färbbaren Elemente der Hypophysis bieten einige, wohl bemerkt rein morphologische, Ähnlichkeiten mit den Belegezellen der Magendrüsen dar. Diese letztern sind meist rundlich-oval, können aber verschiedene Formen annehmen je nach der Tätigkeit der Drüse. Sie haben einen zentralgelagerten, chromatinreichen Kern und im Protoplasma zeigen sie kleine glänzende Körnchen, die sich mit Kongorot rotgelb färben. Die Hypophysen- zellen, die ich mit diesen der Magendrüsen vergleiche, sind annähernd von derselben Grösse und Form und auch ihre Plasma- körner nehmen eine typische Färbung an (mit Orange-G.). Diesen, ich wiederhole ausdrücklich, rein morphologischen Ähnlichkeiten scheinen mir auch zahlreiche Befunde über die Entwicklung der Hypophysis zu entsprechen. Es hat Kupffer, der erst die Ansicht vertreten, dass die Hypophysis ektodermalen Ursprunges sei — welche Anschauung vorher schon auch von Rathke, Luschka, Dohrn, Kölliker, Todaro, Kraushaar, Lundborg und anderen geteilt wurde — in später veröffentlichten Studien die Beteiligung des Entodermas durch einen Rest der Darmanlage nachgewiesen. Zahlreiche Untersuchungen von Valenti bestätigen, mit leichten Abweich- ungen, diese Ansicht Kupffers. Mir scheinen diese Studien von 248 Vittorio Scaffidi: Valenti eine Anzahl wichtiger und feiner Beobachtungen zu enthalten. Sie führen zum Schlusse, dass neben einer ekto- dermalen Portion auch noch ein entodermaler Zapfen der von der ersteren vollkommen unabhängig ist, zum Aufbau der Hypo- physe beitrage. Welches das spätere Schicksal und die Ver- breitung der Elemente ektodermaler und entodermaler Abkunft in der Drüse sei, ist noch nicht ermittelt, und ich will nicht weiter auf einen Vergleich zwischen den Orange-G. gefärbten Zellen der Hypophysis und den Belegezellen der Magendrüsen eingehen, da ja diese Parallele rein nur auf morphologischem Grunde gezogen werden darf. In der Hypophysis tritt die regelmässige Anordnung der Elemente wie sie in den Drüsen mit bekannter Funktion zu sehen ist, nicht zutage. Die ausgedehnte Verbreitung von Drüsensäckchen ist nicht konstant und ihre Anordung keines- wegs regelmässig, sodass daraus kein Schluss auf das weitere Schicksal der mit Säurefuchsin sich färbenden Körnchen zu ziehen ist, die, wie es scheint, aus dem Protoplasmakörper austreten, sodass von den Elementen schliesslich nur noch die Kerne deutlich sichtbar bleiben. Auch lässt sich keine Hypothese aufstellen, die den Mechanismus des Austrittes der mit Orange-G. färbbaren Granula beleuchten könnte. Bei diesen Zellen sind auch keine Phasen aufzufinden, die mit diesem Vorgang zweifellos in Ver- bindung zu bringen wären. Man sieht in den mit Orange-G. färbbaren Elementen nur einen Wechsel in der Zahl der Plasma- körnchen; dies schliesst aber nicht aus, dass diese Elemente nicht auch mit einer bestimmten Sekretionstätigkeit betraut sein könnten. Bei den mit Säurefuchsin färbbaren Zellen ist die Elimination der Granula beinahe vollständig, wenigstens bei einigen dieser Zellen, die von dem Stadium eines mit Plasmakörnern angefüllten Elementes stufenweise zu den Formen der cyanophilen Zellen, in welchen das zum Teil der Granula schon entblösste Protoplasma sich mit Hämatoxylin violett tingiert und endlich zu den frei oder in Haufen liegenden Kernen übergehen. Einige Forscher sind der Ansicht, dass die cyanophilen Elemente im Zerfall begriffene Zellen darstellen. Mir aber will es scheinen, dass wegen der langsamen graduellen Elimination der Granula, für welche die vielen beinahe üunmerklichen Übergangs- formen deutlich sprechen; wegen der elektiven Färbung der Über den feineren Bau und die Funktion der Hypophysis des Menschen. 249 Chromatinkörner der Kerne, und endlich wegen dem vollständigen Mangel an Kernteilungsfiguren in der Hypophysis Erwachsener, welch letztere Tatsache zum Schlusse führen müsste, dass schliess- lich die cyanophilen Elemente und die Kerne gänzlich ver- schwinden müssten, wenn sie wirklich als in Degeneration befindliche Elemente aufzufassen wären, wegen alledem will es mir scheinen, dass die cyanophilen Zellen nichts anderes als Abkömmlinge der mit Säurefuchsin färbbaren Elemente sein können, die zum Teil die Plasmakörnchen schon abgegeben und also nur als der Ausdruck eines vorgeschrittenen Funktionsstadiums der gewöhnlichen fuchsinophilen Zellen zu deuten seien. Es finden sich in den Hypophysen alter Leute allerdings Zellen, die als einem degenerativen Prozesse anheimgefallen betrachtet werden müssen. Sie weisen aber weit deutlichere Zeichen der beginnen- den Zerstörung auf, wie z. B. die eigentümliche Anordnung des Protoplasma und die geringe Elektivität in der Färbung ihrer Kerne. Ich glaube, dass überdies sichere Involutionszeichen in den von manchen Forschern (Rogowitsch, Schönemann u.a.) beschriebenen Vakuolen seien, und in dem Auftreten, haupt- sächlich bei alten Leuten, von Tröpfchen verschiedener Grösse, die mit Osmiumsäure die Fettreaktion geben und von charakteristischen morulaförmigen kleinen Gebilden, die nach Erdheim mit Osmiumsäure ebenfalls, wenn auch schwach, wie Fett sich färben, und die man als aus einem dieser verwandten Stoffe, vielleicht aus Lecitin bestehend, ansehen dürfte. Die ver- änderten Zellen können wahrscheinlich ihre ursprüngliche Gestalt wieder erlangen; man weiss ja, dass die Vakuolisierung innert bestimmter Grenzen ein sich wieder ausgleichender Prozess ist, und auch das Auftreten von Fettröpfchen in dem Zellkörper nicht immer ein Vorläufer des Absterbens der Zellen zu sein braucht. Es scheint mir also, dass man in der Hypophysis die Existenz zweier verschiedener Arten funktionierender Elemente sicher annehmen könne, denen je die Absonderung einer bestimmten Substanz eigentümlich wäre, und welche durch die respekt Strukturen, durch die charakteristischen Farbenaffinitäten und auch durch das verschiedene Aussehen in den Funktionsphasen gekennzeichnet sind. Die mit Orange-G. färbbaren Elemente würden eine Substanz liefern, die basische Färbstoffe und speziell 250 Vittorio Scaffidi: den genannten bindet und welche wahrscheinlich sauer reagiert. Von dieser Zellart finden sich zwei Varietäten, die man als Ausdruck zweier verschiedener Funktionsphasen deuten könnte. Die mit Säurefuchsin färbbaren Elemente würden hingegen ein wahrscheinlich basisch reagierendes, mit Säurefuchsin sich ver- bindendes Produkt liefern, dessen Austreten aus dem Zellkörper an den in ununterbrochenen Stufen von den mit Plasmakörnern gefüllten Formen zu den cyanophilen Zellen Schönemanns und bis zu den Kernhaufen und den isolierten Kernen über- gehenden Phasen zu verfolgen ist. Ich möchte jedoch bemerken, dass ich mit dem Gesagten nicht etwa behaupten will, dass alle in der Hypophysis frei aufzufindenden Kerne dieser Gruppe beizuzählen, als letztes Stadium der fuchsinophilen Zellen zu betrachten seien. Dies scheint mir nur für diejenigen mit Sicherheit annehmbar, die in nach der angegebenen Methode behandelten Präparaten die oben beschriebenen Eigentümlich- keiten zeigen, wie sie auch in den beigelegten Figuren abgebildet sind. Es kommen sicher auch noch andere Kerne vor, denen diese Eigenschaften fehlen und über deren Bedeutung wohl nichts Bestimmtes auszusagen ist. Vielleicht könnten sie als die erste Phase der Rückkehr zum Stadium der mit Säurefuchsin färbbaren Körnern gefüllten Zellen gelten. Sie zeigen hie und da eine deutliche Grössenabnahme, es verschwinden die charakteristischen mit Säurefuchsin ziegelrot sich färbenden Blöckchen, und bei einigen treten schmale Protoplasmasäume auf, die nicht ausgefranzt und im Zerfall begriffen, sondern scharf abgegrenzt sind. Ich glaube, dass man mit der Deutung der angeführten Befunde nicht weiter gehen dürfe, da die histologischen Unter- suchungen nicht genügen, um sichere und genaue Angaben über den Wert der einzelnen Hypophysiszellen zu machen. und in dieser Hinsicht endgültige experimentelle Resultate noch nicht vorliegen. Die bis jetzt erbrachten Beobachtungen über das Vorherrschen des einen oder des anderen Zelltypus unter ver- schiedenen Umständen, und die wenigen bekannten Beobachtungen von produktiven und destruktiven Prozessen in der Hypophysis scheinen mir den Anforderungen in diesem Sinne nicht zu ent- sprechen. Der Grund davon scheint mir vor allem in den enormen Verschiedenheiten der Verteilung der Elemente der menschlichen Hypophysis zu liegen, und in den ganz verschiedenen Über den feineren Bau und die Funktion der Hypophysis des Menschen. 251 Richtungen der die Forscher in ihren Untersuchungen gefolgt und der grossen Ungleichheit der angewandten Methoden. Es scheint mir auch nicht tunlich, genauere Angaben über die Natur des Produktes der Hypophysis zu machen. Man hat es meist als Colloid angesehen, das hauptsächlich nach den Untersuchungen von Rogowitsch, deren Ergebnisse im All- gemeinen von Stieda und Tizzoni und Centanni bestätigt worden. Pisenti und Viola sprechen sich mit Entschiedenheit für die colloide Natur einer von ihnen in allen Hypophysen Normaler und auch bei einem Fall von Struma fibrosa, aufge- fundenen Substanz aus. In diesem letzten Falle war diese in besonderer Menge vorhanden und so glauben die beiden Forscher, auch auf Grund der Angaben Rogowitschs, dass zwischen Thyreoidea und Hypophysis ein funktioneller Nexus bestehe, indem letztere unter Umständen, und speziell bei Struma fibrosa die verringerte Tätigkeit der Thyreoidea ausgleichen würde. Dass cachexia strumi priva auftrete sei leicht erklärlich aus der geringen Menge des Materials das die Hypophysis im Vergleich zum voll- ständigen Ausfall des Sekrets der Thyreoidea zu liefern imstande. Es scheinen mir diese Angaben der Bestätigung sowohl histologischer als experimenteller Ergebnisse zu ermangeln. Diese letztern haben eher dahingeführt der Hypophysis eine von der, der Thyreoidea vollkommen verschiedene und unabhängige Funktion beizulegen, da Tiere nach Abtragung dieser sterben. Auch andere Untersuchungen weisen auf die Spezifität der Funktion der Hypophysis hin. Die schon angeführten Angaben von Cyon und anderer Physiologen übergehend, weise ich auf die wichtigen Untersuchungen von Schiff hin, die dargetan, dass der Hypo- physenextrakt die Ausscheidung von Phosphorsäure anidrid. und die Zersetzung des an Phosphor reichen Knochengewebes her- vorruft. Diese Ergebnisse wurden durch die von Marinesco, Mendel und Cyon bekräftigt, welche alle beobachtet haben, dass die Ingestion beträchtlicher Mengen von Hypophysisgewebe bei Akromegalischen sensible Besserung hervorzurufen vermag. Es ist hier nicht angebracht die verschiedenen Ansichten über die Verhältnisse zwischen Akromegalie und Hypophysis und die diesbezüglichen Theorien wiederzugeben. Es scheint mir aber, dass aus all diesen angeführten Tatsachen der Schluss gezogen werden könne, dass die Hypophysis doch eine ganz andere Funktion 252 Vittorio Scaffidi: besitze als nur die Thyreoidea unter bestimmten Umständen gewissermassen zu unterstützen. Auch die histologischen Untersuchungen haben nicht zu eindeutigen Resultaten, inbetreff der Natur des Hypophysensekretes geführt. Wolf glaubt auf Grund einer Reihe von Beobachtungen, die ihn in den Körpern der cyanophilen Zellen Schönemanns charakteristische Körperchen auffinden liessen, welche er als rote Blutkörper oder von diesen stammende Körner deutet, zwischen den und einem Teil der colloiden Substanz er eine gewisse Affinität aufgefunden, dass diese dem Zerfall der roten Blutkörper im Innern der Hypophysis ihren Ursprung verdanke. Die Tatsache, dass das Colloid, das man in den Follikel der Hypophysis findet und das Blut in den Gefässen dieser, ähnliche Reaktionen dar- bieten, ist auch von Rogowitsch, Pisenti und Viola beob- achtet worden. Diese Forscher nehmen jedoch an, es lasse sich dies dadurch erklären, dass das Produckt (Colloid) der Drüse auf dem Wege der Blutgefässe aus derselben heraus befördert werde, und deshalb auch auf den roten Blutkörpern nachzuweisen sein. Die Anschauungen Wolfs sind von Caselli bestätigt worden, stützen sich jedoch nur auf Färbungseigentümlichkeiten. Die gänzliche Verschiedenheit der Anschauungen dieser beiden Forscher von den von Pisenti und Viola braucht nicht erst hervorgehoben zu werden. Nach Neumayer wäre das Produkt der Drüse garnicht Colloid, sondern eine der Gruppe der Mucine angehörige Substanz. Er schliesst die colloide Natur derselben vollkommen aus. Benda nimmt die colloide Natur des Hypo- physen Produktes nicht ohne weiteres an. Er ist der Ansicht, dass dies nach einigen von ihm beobachteten Eigenschaften Farben gegenüber, gewissermassen als ein Vorstadium des Colloids gelten könne. Thom endlich glaubt, sich auf die Ergebnisse von Howell berufend, welcher auch im Hinterlappen der Hypophysis eine Colloide Substanz aufgefunden hat, dass das durch die Drüse bereitete und auf dem Wege der Lymphbahnen austretende Sekret ein colloider Körper sei der mehr oder weniger flüssig und ver- dünnt auftreten könne. Ich glaube, dass es kaum tunlich an Hand der histologischen sefunde die Frage zu lösen, da die spärlichen und überdies noch unter ungünstigen Bedingungen ausgeführten Untersuchungen mir noch nicht genügende Anhaltspunkte zu bieten scheinen um Über den feineren Bau und die Funktion der Hypophysis des Menschen. 253 über die Natur einer Substanz die nicht gesammelt und in vitro untersucht werden kann sichere Angaben zu gestatten. Selbst die Phosphorprobe nach Lilienfeld, die gestatten würde in einigen der chromophilen Zellen der Hypophysis Phosphor nachzuweisen, führt nicht ohne weiteres zum Schlusse, dass die Funktion der Drüse in einer, die roten Blutkörper zerstörenden und in ihre chemischen Bestandteile auflösenden bestehe. Ich glaube, dass es nicht tunlich über die Funktion der Drüse sichere Angaben zu machen, d. h. anzugeben, aus welchen Substanzen ihr Sekret bestehe. Man kann die Gegenwart von Colloid oder einer colloid- änlichen Substanz in der Hypophysis speziell der alter Leute nichtin Zweifel ziehen ; in einigen Drüsensäckchen sind Anhäufungen einer amorphen, im ganzen sich wie Üolloid färbenden Masse deutlich zu sehen. Nach der von mir bei diesen Untersuchungen hauptsächlich angewandten Färbemethode färben sie sich ähnlich wie die fuchsinophilen Zellen. Weitere, sicherere Angaben bin ich aber auch an Hand meiner sehr zahlreichen Präparate nicht in der Lage zu machen. Erst weitere Untersuchungen können, nicht allein über die Natur des Drüsenproduktes, sondern auch über die aktiven Prinzipien der von jeder der beiden Zellarten abgesonderten Substanzen Aufschluss geben. Konklusionen. 1. In der menschlichen Hypophysis finden sich zwei funda- mentale Zellarten, die man als von einander scharf getrennt ansehen muss: die mit Orange-G. und die mit Säurefuchsin färbbaren Zellen. 2. Die cyanophilen Zellen Schönemanns sind als in einer vorgeschrittenen Phase der Plasmakörnerelimination befindliche fuchsinophile Elemente aufzufassen. 3. Die Kernhaufen und die einzeln liegenden Kerne, die bestimmte Eigenschaften, nach den sie als den fuchsino- philen Zellen zugehörig erkennbar sind, müssen als Ausdruck der letzten Phase des genannten Eliminations- prozesses gedeutetwerden. 4. Wahrscheinlich können die anderen, von schmalen Protoplasmasäumen umgebenen Kerne, denen die Eigen- schaften obiger nicht zukommen, als im Wiederaufbau begriffene fuchsinophile Zellen angesprochen werden. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. rt td [+1 Ha Vittorio Scaffidi: 5. Man kann zwei Formen von mit Orange-G. färbbaren Zellen unterscheiden, denen der Wert zweier verschiedener Funktionsphasen dieser Zellgruppe zukommt. 6. Die beiden fundamentalen Zelltypen der Hypophysis, d. h. die mit Orange-G. und die mit Säurefuchsin färb- bare Plasmakörner führenden, haben wahrscheinlich die Eigenschaft, je eine bestimmte Substanz zu’ liefern, die zusammen das Sekret der Drüse darstellen. Meinem verehrten Lehrer, Herın Prof. A. Bignami, sei auch hier mein innigster Dank ausgesprochen. Erklärung der Figuren auf Tafel XV. Fig.1,2,3u.4. Das Orange-G. annehmende Zellen. Die Kerne in 1 u. 2 sind Fig. Fig. Fig. Fig. 5 und 6. 7,8u.9. 10. 11 u. 12, „Benda: violett und ihre Chromatinkörner reichlicher als in 3 u. 4. — 1 u. 2 sind als in einer von 3 u. 4 verschiedenen Aktivitäts- phase befindliche aufzufassen. (Ob. ?/ıs semiapochr. koristka. Oc. 6 comp; Vergröss. 900.) Säurefuchsinaffine, grobkörnige Zellen mit blasigem Kern. Im Kerne von 5 sind zwei Böckchen, einer mit Fuchsinsäure gefärbten Substanz abgebildet; desgl. in Fig. 7,9, 10,11 u. 12. Säurefuchsinaffine Zellen während der Körnerelimination. Sie entsprechen den cyanophilen Zellen Schönemanns. Man beachte die Struktureigentümlichkeiten der Kerne, die den der Kerne von 5 und 6 entsprechen. Kernhaufen durch die Verschmelzung des im Schwinden begriffenen Protoplasma dreier Säurefuxinaffinen Zellen ent- standen, die in einer vorgeschrittenen Phase der Körner- elimination stehen. Von spärlichem Protoplasma umgebene Kerne. Die Eigen- schaften der Kerne lassen sie als mit Säurefuchsin färbbaren Elementen zugehörig erkennen, die in einer terminalen Phase der Körnerelimination begriffen. (Ob. 1,5 hom. Imm. Zeiss. Oc. comp. 6. Vergr. 1000). Literaturverzeichnis. Über den normalen Bau und einige pathologische Veränderungen der menschlichen Hypophysis cerebri. Archiv für Anat. u. Phys. — Physiol. Abt. 1900. Bunge: Trattato di chimica fisiologica e patologica. Milano Vallardi. [Il 18. 19. a Non Über den feineren Bau und die Funktion der Hypophysis des Menschen. 255 Caselli: Studi anatomici esperimentali sulla fisiopatologia della glan- dola pituitaria. Reggio Emilia Calderini 1900. Collina: Sulla origine della glandola pituitaria. Riv.sper. di Freniatria 1898. Collina: Sulla minuta struttura della glandola pituitaria allo stato normale e patologico. Riv. di patol. ment. e nerv. 1903. Cyon: Sur les fonctions de l!’hypophyse cerebrale. Compt. r.Soc. Biol. 1898. Die Verrichtungen der Hypophyse. Pflügers Archiv. 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Sie schildern die Bildung des Vornieren- ganges, der Peritonealkommunikationen und des Glomerulus und schliessen mit jenem Stadium ab, in welchem die Vorniere in allen Teilen angelegt ist. Nur Nussbaum und sein Schüler Wichmann, Fürbringer, Hoffmann, Semon und Brauer haben die Struktur der Vorniere auch auf dem Höhepunkt ihrer Ausbildung untersucht. In Vervollständigung dieser Angaben teile ich im folgenden die Ergebnisse meiner Untersuchungen über den Bau der Vorniere von Salamandra maculosa mit. Es war ursprünglich nicht meine Absicht, dieser Frage, welche grösstenteils eine anatomisch-histologische ist, näher zu treten, als es zur Feststellung der Beziehungen zwischen Vorniere und Anlage des Müller’schen Ganges notwendig ist. Denn dies war das Hauptziel der folgenden Arbeit. Ich ersah aber bei Gelegenheit der Demonstration von Serienschnitten durch die Vornierenregion von Salamanderlarven auf dem letzten Anatomen- kongress (Heidelberg 1903), dass die Mitteilungen, die ich über die Bildung der Tube machen kann, wesentlich überzeugender wirken werden, wenn ich in der Lage bin, auch über andere Strukturdetails der Vorniere Aufschluss zu geben. Ehe ich jedoch mit der Mitteilung derselben beginne, möchte ich einige Notizen zur Geschichte der Entdeckung der Vorniere, sowie einen kurzen Bericht über die Entwicklung dieses Organes voranschicken. Der Entdecker der Vorniere der Amphibien war Johannes Müller (1829). Er fand, dass dieselbe bei Embryonen der Frösche und Kröten, zur Zeit, da dieselben das Ei verlassen, schon sehr deutlich ist und beschreibt sie folgendermaassen: „Zu den Seiten des Rückgrates und des Darmschlauchs, am obersten Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandra maculosa. 259 Teile desselben, unter den Kiemen, sieht man immer eine ovale Erhabenheit, von der man schon mit blossen Augen einen Faden an den Seiten des Rückgrates nach abwärts verfolgen kann. Bei mikroskopischer Untersuchung besteht jene Erhabenheit aus einer geringen Zahl kurzer, röhriger Blinddärmchen, welche nach allen Richtungen auseinanderfahren, nach abwärts aber sich zu einem kaum dickeren Ausführungsgang verbinden, welcher sehr deutlich in etwas wellenförmigem Verlaufe an dem Rückgrate herab, auf jeder Seite bis zur Aftergegend verläuft.“ Müller meinte, in diesem Organ das Homologon des bereits bekannten Wolff’schen Körpers der höheren Wirbeltiere gefunden zu haben und bezeichnete es daher mit demselben Namen. Die nachfolgenden Untersucher schlossen sich dieser Deutung an, und nannten jenes Organ zumeist Wolff’schen Körper oder nach seinem Entdecker Müller’sche Drüse oder Müller’schen Knäuel'). Die weitere Aufgabe der Forschung bestand nun darin, einerseits den feineren Bau der „Müller’schen Drüse“ auf- zudecken, andererseits ihre Beziehung zur bleibenden Niere festzustellen. Zunächst (1830) entdeckte Johannes Müller selbst den Glomerulus, welchen er als „ein kleines Häufchen graulich weiss- licher, körniger Substanz“ schildert, ohne sich aber über die Natur jenes Gebildes zu äussern. Reichert bildet den Glomerulus in seinem „Entwicklungsleben im Wirbeltierreich“”) (1840) ab. Doch erst Bidder fand (1846), dass er sich aus „durcheinander verschlungenen Gefässen“ aufbaue und gab ihm die richtige Deutung. Es mag hier gleich eingeschoben werden, dass diese Deutung später mehrfach bekämpft wurde. So von van Bambeke, der den Glomerulus für die Anlage der bleibenden Niere hielt und von Semper, welcher glaubte, in ihm ein Homologon der Nebenniere der Plagiostomen sehen zu müssen. Obwohl Für- bringer diese letztere Anschauung entschieden zurückgewiesen hat, so war doch noch (1886) Hoffmann geneigt, der Semper’schen Auffassung beizupflichten. Den Bau der Drüse selbst hat Leydig (1853) genauer untersucht. Hinsichtlich der frühesten Stadien meint er, dass !) Eine grössere Anzahl anderer, in der älteren Literatur hiefür gebräuchlichen Synonyme hat Fürbringer zusammengestellt. 2) Tab. II, Fig. 22 und 23. 260 Hans Rabl: die Schilderung J. Müllers wohl ihre Richtigkeit haben werde, „an älteren Larven aber erscheint der „Wolff’sche Körper“ als ein Knäuel von Kanälen und unterscheidet sich von der weiter nach hinten liegenden Niere bloss dadurch, dass das Kaliber der den Wolff’schen Körper bildenden Schläuche ein grösseres ist, als das der Nierenkanälchen. Der Gang des Wolff’schen Körpers tritt an den äusseren Rand der Niere und setzt sich unmittelbar in den Ausführungsgang derselben fort.“ Leydig konnte auch noch bei erwachsenen Salamandrinen und bei Menopoma Reste der Vorniere nachweisen. Im ersteren Falle war es „ein linien- grosser, heller, birnförmiger Körper, der vom Bauchfell ausgeht, in die Bauchhöhle vorspringt, aus Bindegewebe besteht, einige vereinzelte Pigmentzellen haben kann und in seinem blinden Grund einen knäuelförmig gewundenen Kanal liegen hat. Die Windungen des Kanales haben das Kaliber von Harnkanälchen und sind von hellen, in Essigsäure sich trübenden Zellen aus- gekleidet“. Götte meint demgegenüber, dass jener Körper nicht als der drüsige Teil der Vorniere, sondern als der Glomerulus derselben zu deuten sei. Fürbringer betrachtet ihn als ru- dimentäres erstes Urnierenkanälchen, Spengel war trotz Unter- suchung zahlreicher Exemplare männlicher Urodelen nicht so glücklich, den Befund Leydigs bestätigen zu können. Dagegen konnte dies Spengel für die Angaben betreffs Menopoma tun. Leydig schildert hier jenen Körper folgender- maassen: „Er ist anderthalb Linien gross und hat die Gestalt einer Troddel oder Quaste. Sein Stiel ist hell, die Quaste selber aber erscheint etwas gelblich. Der Stiel ist etwa !/s‘' breit, besteht aus Bindegewebe und ist ein in die Abdominalhöhle frei vorspringender Fortsatz des Bauchfells. Auf diesem Stiel sitzt die gelbe Quaste, sie ist nichts anderes als ein vielfach verschlungener Kanal, der, 0,024‘ breit ist und innen die Reste eines Epithels hat, dessen Kerne 0,004‘ messen. Was aber ausdrücklich hervorgehoben zu werden verdient, ist, dass dieser geknäuelte Kanal keine besondere Hülle hat, im Gegenteil, die einzelnen Windungen ragen unbedeckt in die Leibeshöhle. In den bindegewebigen Stiel verliert sich von dem Knäuel aus ein Fortsatz, der aber den an der Basis des Stieles weiter nach vorne ziehenden (Müller’schen) Gang nicht erreicht, sondern vorher oblite- riert ist.“ Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 261 Der erste, welcher sich mit der Entwicklung der Vorniere beschäftigt zu haben scheint, war Reichert. Er leitete sie aus dem inneren Keimblatt ab. Wittich fand dieselbe bereits bei Anurenlarven, die noch von der Eihülle eingeschlossen waren; doch lauten seine Angaben so aphoristisch, dass auch sie nicht verwertbar sind. Van Bambeke betonte zuerst die Herkunft der Vorniere aus dem mittleren Keimblatt, doch stützte er sich hiebei — wie Duval mit Recht hervorhebt — nicht so sehr auf die direkte Beobachtung als auf die Lagebeziehung der Vorniere zu den angrenzenden Organen. Erst Goette lieferte auf Grund einer mit modernen Methoden ausgeführten Untersuchung eine klare Beschreibung der Ent- wicklungsstadien der Vorniere, die, wenn sie auch von den Nachuntersuchern in vielen Detailpunkten korrigiert wurde, in den Hauptzügen ihre Gültigkeit bewahrt hat. Allerdings sind auch seine 1869 publizierten Angaben noch recht ungenügend: um so zutreffender hingegen lauten jene, die im grossen Buche über die Unke niedergelegt sind. Goette sagt darin ungefähr folgendes: Der Wolff’sche Gang entsteht in seiner ganzen Länge aus dem parietalen Blatt des mittleren Keimblattes, indem sich dieses rinnenförmig einstülpt und hierauf von der Leibes- höhle abschnürt. Die Bildung des Ganges schreitet von vorne nach rückwärts fort. Der vorderste Teil desselben, welcher zuerst entsteht, bildet die Anlage der Vorniere. Sie erscheint demnach zunächst als hohle Falte oder Tasche, die ursprünglich in weiter Ausdehnung mit der Leibeshöhle kommuniziert. Indem sie sich teilweise vom parietalen Blatte abschnürt und das Ostium durch streckenweise Verwachsungen seiner Ränder in drei kleine Öffnungen zerfällt, bilden sich die Peritonealkommunikationen, welche die Verbindung des Vornierenganges mit der Leibeshöhle herstellen. Dieselben wachsen zu Kanälchen aus, während sich gleichzeitig die Drüsenanlage in der Längsrichtung über den Gang hinaus verlängert, so dass derselbe gezwungen wird, einen bogenförmigen Verlauf zu nehmen. Gegenüber den Peritoneal- kommunikationen erscheint der Glomerulus als Falte des Visceral- blattes Er ist anfangs solid und besteht aus dem Epithel des Visceralblattes und darunter liegenden lockeren Zellen, die schon vor Bildung der Falte an jener Stelle gelegen waren. Dieselben 262 Hans Rabl: sollen sich in die Gefässanlagen umwandeln, welche sich erst nachträglich mit der Aorta verbinden. Im selben Jahre wie die Monographie Goettes, erschien die Arbeit W. Müllers, in welcher zwar die Vorniere der Amphibien nur beiläufig erwähnt ist, die aber trotzdem für die Auf- fassung derselben von massgebender Bedeutung wurde. W. Müller zeigte, dass die Kopfniere junger Myxinen homolog mit dem Excretionsorgane der Larven von Petromyzon ist, welches seiner- seits wieder mit der sogenannten „Urniere“ der Amphibien „im wesentlichen konform ist.“ Im Anschluss an die Schilderung der Kopfniere von Myxine schreibt er: „Dieser Abschnitt wird zweckmässig, da er vor der Entwicklung der Urnierenkanälchen auftritt und auch der Lage nach vor letzteren sich befindet, als Vorniere, Proren, zu bezeichnen sein.“ Und am Ende seiner Abhandlung stellt er den Satz auf: „Es verhält sich bei den Petromyzonten die Urniere ähnlich zur Vorniere, wie bei den Amnioten die Niere zur Urniere: dies gilt aber für alle amnion- losen Kranioten, wie ich in einer umfassenden Arbeit nachweisen werde“. Damit hat das 1. Exceretionsorgan der Wirbeltiere seine richtige Deutung erhalten. Und es war natürlich, dass auch vondaan der von Müller für Myxine vorgeschlagene Name auf das homo- loge Organ bei den übrigen Wirbeltierklassen Anwendung fand. Doch muss hierzu bemerkt werden, dass schon Rathke die Urniere der Amnioten mit der bleibenden Niere der Amphibien homologisierte. Es geschah dies aber vor der Entdeckung der Vorniere. Von jenem Zeitpunkt an haben alle Autoren, wie bereits eingangs erwähnt, die Vorniere der Amphibien für ein Homologon der Urniere der höheren Wirbeltiere gehalten. Nur Marcussen bildete hierin eine Ausnahme; er schreibt: „Le corps de Müller est peut-etre, sous le rapport physiologique, un corps de Wolff, c’est-a-dire un organe foetal s6erätant des matieres urineuses; pourtant ce n’est pas encore d@montre, l’analyse chimique n’ayant pas encore te faite. Sous le rapport morphologique, ce ne sont que les reins qui sont les veritables corps de Wolff, ce qui est demontre par la formation des glandes genitales A leur cöte interne et surtout par le developpement des canaux entre la glande genitale et les reins, car c’est ainsi que l’on trouve les rapports entre le corps de Wolff et les glandes genitales chez les animaux sup6rieurs vertebres.“ Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandramaculosa. 263 Fürbringer war der erste, welcher auf Grund dieser geänderten Auffassung die Entwicklung der Excretionsorgane der Vertebraten einer eingehenden Bearbeitung unterzog. Von Amphibien untersuchte er Rana temporaria und Triton alpestris. Die erste Anlage von Vornierengang und Vorniere schildert er wie Goette, als eineRinne, die sich successive von der Bauch- höhle ablöst und dadurch in einen Kanal umwandelt. Der vorderste Teil der Rinne sondert sich durch ungleiche partielle Abschnürung in einen Horizontalkanal und die Peritonealkommuni- kationen. Der dahinter liegende Abschnitt, welcher sich als erster von der Somatopleura abschnürt, wächst in die Länge „und krümmt sich, da der beschränkte Raum ein Auswachsen in gerader Richtung nicht gestattet, zu einer ventral von dem distalen Bereiche des dorsalen Teiles liegenden, S-förmigen Schlinge, welche die Anlage des ventralen (unteren) Teiles der Vorniere bildet und allmählich in einen Ausführungsgang, den Vornierengang, übergeht.“ Weiterhin verlängern sich die Kanäle und legen sich dadurch in neue Windungen, während die Peritoneal- kommunikationen etwas auseinander rücken und dadurch die ganze Vorniere eine — wenn auch nur geringe — Verlängerung in sagitaler Richtung erfährt. Beim Frosch hat die Vorniere auf diese Weise bereits an Larven von 5—6mm Länge ihre definitive Ausdehnung erreicht, bei Triton und Salamandra macu- losa hingegen findet diese Vergrösserung auch noch während der ersten Entwicklung der Urniere statt. Bei Rana, wo bekanntlich drei Peritonealkommunikationen zur Ausbildung kommen, erstreckt sich die Vorniere auch auf drei, bei Triton und Salamandra mit zwei Peritonealkommunikationen über zwei Myocommata. An der weiteren Vergrösserung der Drüse beteiligen sich dorsaler und ventraler Abschnitt in gleichem Maasse. „Die S-förmige Schlinge der letzteren nimmt an Anzahl der Windungen wie an Umfang derart zu, dass ihre proximale Convexität immer mehr nach vorne bis proximal vor das Niveau der vorderen Peritoneal- kommunikation rückt; und zwar findet dieses Vorrücken bei Rana temporaria successive während der ganzen (Entwicklungs-) Periode, bei Triton alpestris hingegen nur am Anfange derselben (hier aber in bedeutendem Grade) statt, während hier später durch relativ bedeutendere Zunahme der sagittalen Ausdehnung des dorsalen Teiles ein geringgradiges, relatives Zurückrücken 264 Hans Rap]: der Konvexität zur Beobachtung kommt.“ Bei Rana erfolgt, abgesehen von der Vermehrung der Windungen noch die Bildung blindsackartiger Erweiterungen derselben. Die Epithelzellen der Schläuche sind anfangs hochzylindrisch, später flachen sie sich ab und werden kubisch; ausserdem kommt es während einer kurzen Periode zu einer Erweiterung der Lumina der Schläuche. Der Glomerulus entsteht in der von Goette geschilderten Weise. Die ihn bekleidenden Zellen sind rundlich und ungleich gross und verleihen ihm dadurch eine höckerige Oberfläche. Wie ich schon eingangs erwähnte, hat Fürbringer nicht nur die erste Entwicklung der Vorniere untersucht, sondern dieselbe auch auf der Höhe ihrer Funktion sowie in ihrer Rück- bildung verfolgt. Diese Angaben sind für mich umso bedeutungs- voller, als sie die einzigen sind, die über Urodelen vorliegen. Fürbringer schreibt bezüglich der höheren Entwicklung von Salamandra maculosa: „Die höhere Entwicklung geht vor sich bei Embryonen bis zum September und besteht in einer, aller- dings nicht sehr bedeutenden Vergrösserung der Vorniere in toto, die namentlich durch eine verschiedengradige Verlängerung und Schlängelung, der anfangs mit Blindsäckchen versehenen, später meist nur einzelne Erweiterungen darbietenden Kanäle bedingt wird. An dieser Verlängerung nehmen die beiden Abschnitte in ungleicher Weise Anteil, indem vorwiegend, später ausschliesslich, der dorsale, aus den beiden Peritonealkanälen zusammengesetzte sich verlängert, während der ventrale schliesslich sogar eine Verkürzung darbietet, die zum Teil nur durch eine successive Spaltung von den Peritonealkanälen her nach hinten erklärt werden kann. Eine bemerkenswerte Änderung der Dickendimen- sionen der Kanäle und ihrer Epithelbekleidung kommt nicht zur Beobachtung, hingegen gewinnt, veranlasst durch die Ausdehnung der paarigen Schlundverbindung nach hinten der an die Vorniere angrenzende Teil der Bauchhöhle speziellere Beziehungen zu derselben, die schliesslich zur Bildung eines, die Vorniere ventral deckenden und speziell den Glomerulus umhüllenden paarigen Divertikels führen. Der Glomerulus selbst zeigt, abgesehen von einer successiven Abflachung seines bekleidenden Epithels (sodass dieses nun seinen eigentümlichen Charakter aufgibt und dem Peritoneal- epithel gleicht) und einer vollständigen Ausbildung seiner Gefässe, keine wesentliche Änderung.“ Die Reduktion der Vorniere Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 265 äussert sich zunächst in der Obliteration der vorderen Peritoneal- kommunikation. Viel später ergreift dieser Prozess den zweiten Vornierentrichter. Ungefähr zur Zeit, da sich die äusseren Kiemen zurückbilden, kommt es unter Trübung der Epithelzellen zu einer Verquellung der Lichtung der Kanäle, welche sich schliesslich in solide Zellstränge umwandeln. Ob sich bei erwachsenen Tieren Reste der Vorniere erhalten, muss dahin- gestellt bleiben, wenngleich Fürbringer in der fraglichen Region bei allen untersuchten Exemplaren unregelmässig gruppierte Zellhaufen vorfand. Nur in einem Falle konnte ein derartiger Zellkomplex mit ziemlicher Sicherheit als Vornierenrudiment gedeutet werden. Die in der auf die Arbeit Fürbringers folgenden Periode publizierten Untersuchungen betreffen mit alleiniger Ausnahme der Arbeit Hoffmanns nur die erste Anlage der Vorniere. Hierher gehören die Arbeiten von Duval und Gasser (1882), von Mollier und Field (1892) und schliesslich ein kurzer Bericht von Levi.!) Alle diese Arbeiten liefern übereinstimmend dasim Gegensatz zu den früheren Anschauungen stehende Resultat, dass die Vorniere als solider Mesodermwulst ängelegt wird. Duval untersuchte Froschlarven (die Art ist nicht genannt), Gasser Alytes obstetricans, Mollier vor allem Triton alpestris, Field Rana, Bufo und Amblystoma, wobei er sich am eingehendsten mit Rana (sp.?) beschäftigte, Levi endlich Salamandra perspicillata. Duval findet die erste Anlage der Vorniere (rein pr&curseur) bei Larven mit noch offener Medullarrinne in einer aus 2—3 Zellreihen bestehenden Verdickung der Somatopleura, welche knapp hinter der Anlage des Gehörorganes und ein kleines Stück ventral von der Anlage der Urwirbel gelegen ist. In diese Ver- dickung dringt bei älteren Larven ein Spalt des Pleuroperitoneal- raumes ein und bildet hierdurch das erste Vornierennephrostom, während sich die Zellen regelmässig um den Spalt anordnen. Später erscheinen zwei weitere Nephrostome sowie der Wolff’sche Gang, welcher aus dem hinteren Ende der Vornierenanlage hervorwächst. Gasser erkannte gleichfalls die erste Spur der Vorniere in einem Wulste, welcher „vom Übergang des Urwirbelteiles des Mesoderms in den Seitenteil ausgehend, sich lateral weit über !) Die ausführliche Arbeit ist erst nach Absendung meines Manuskriptes erschienen und konnte daher nicht mehr berücksichtigt werden. 266 Hans Rabl: das Mesoderm hinüberlegt, unter dem Ektoderm, nach aussen dick anschwellend.“ Der erste Spalt, welcher in diese Masse von der Leibeshöhle aus eindringt, bildet die Anlage des mittleren Nephrostomes. Später erscheint das vorderste, zuletzt das hinterste Nephrostom. „Dabei erhält die Gesamtanlage eine Lichtung und diese letztere setzt sich nach unten in den kloaken- wärts wachsenden Gang fort.“ Aus der Arbeit Hoffmanns, welcher die Vorniere erst auf späteren Stadien ihrer Ausbildung untersuchte, sei vor allem die Schilderung des feineren Baues des Glomerulus wiedergegeben. Er untersuchte Triton cristatus und mehrere Anurenarten. Bei Triton entsteht der Glomerulus als Falte der Splanchnopleura und besteht anfangs nur aus den beiden Blättern derselben. „Bei etwas älteren Embryonen findet man dagegen zwischen diesen beiden Zellschichten ..... dicke, solide, auf dem Querschnitt rundliche Stränge, welche ebenfalls aus grossen, dotterkörnchen- reichen Zellen bestehen. .....“ „In jedem Körperchen findet man auf Schnitten von 0,015 mm Dicke ein bis zwei solcher durchschnittener Stränge und dazwischen vereinzelte Blut- körperchen.“ Vermutlich entstehen diese Stränge durch Ein- stülpung des den Glomerulus bekleidenden Peritonealepithels. Bei älteren Embryonen sind die Stränge in blind geschlossene Kanäle umgewandelt, indem sich in ihrem Innern eine Lichtung entwickelt hat. Bezüglich der Anuren schreibt Hoffmann: „Derselbe röhrige Bau, wodurch das Müller’sche Körperchen') der Urodelen sich auszeichnet, kehrt auch bei den Anuren wieder, besonders ist dies bei Bufo der Fall.“ Übrigens geht hier „in späteren Stadien der ursprüngliche Bau verloren.“ Die Rück- bildung des Pronephros schildert Hoffmann bei Triton conform mit Fürbringer, indem auch er angibt, dass sich der vordere Trichter zuerst schliesst. Das Müller’sche Körperchen wird gleichzeitig von der Leibeshöhle abgeschnürt, „indem die Radix mesenterii jederseits einen Fortsatz abschickt, der sich der Peritonealumhüllung des Pronephros, in der unmittelbaren Umgebung des sich schliessenden vordersten Peritonealtrichters anlegt und mit diesem verwächst.“ Den Schluss der Rückbildung bildet die Abschnürung des zweiten Trichters. ', Als solches bezeichnet Hoffmann den Glomerulus, da er an seiner Natur als Gefässknäuel zweifelt. (Siehe p. 259). Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandra maculosa. 267 Mollier beschränkte sich auf die Untersuchung der ersten Anlage der Vorniere, die er in Übereinstimmung mit Gasser und Duval als eine solide fand. Sein Material bildete vor allem eine ausserordentlich grosse Anzahl von Larven von Triton alpestris. Von besonderer Bedeutung für das Verständnis des Baues der ausgebildeten Vorniere sind seine Angaben über die Entwicklung des ventralen Teiles derselben. Dieser entsteht nicht caudal von der Vorniere, sondern bildet den lateralen Teil des Vornierenwulstes. Es geht daraus ein gerade gestrecktes Kanal- stück hervor, das sich später bogenförmig krümmt und schliesslich zu einer S-förmigen Schleife wird. Der an diesem hinteren Abschnitt der Vorniere angrenzende Teil des Ganges bildet sich in situ durch Abspaltung aus der Somatopleura. Die Ent- wicklungsart des Ganges in seinem weiteren Verlauf lässt Mollier unentschieden, doch neigt er der Ansicht zu, dass der Gang frei nach rückwärts auswachse. Die Arbeit Fields ist die umfangreichste, welche über unser Thema vorliegt. Field findet die erste Anlage der Vorniere bereits in einem Stadium, in welchem die Medullarfalten noch weit von einander abstehen, in einer Verdickung der Somatopleura, die unmittelbar lateral von der Urwirbelplatte auftritt. Sobald sich die Urwirbel abgliedern, lässt sich fest- stellen, dass diese Verdickung bei Anuren am Vorderende des 2. Urwirbels, bei Urodelen an der vorderen Grenzfläche des 3. beginnt und sich über eine grössere Urwirbelzahl nach rückwärts erstreckt. Der vordere Teil dieser Verdickung, welcher bei Anuren im Bereiche des 2. u.4.!), bei Urodelen im Bereiche des 3. und 4. Urwirbels?) liegt, bildet die Anlage des Vornierenganges, der sich nach der Meinung Fields in seiner ganzen Länge bis knapp vor seine Mündung in den Enddarm vom Mesoderm abspaltet. Die Anlagen der Nephrostome treten an jenen Stellen der verdickten Somatopleura auf, welche der Mitte des 2.,3. und 4., beziehungsweise 3. und 4. Urwirbels entsprechen. Der hintere Teil der Vornierenanlage ist durch eine seichte Furche in einen dorsalen Abschnitt, aus dem das hintere Nephrostom hervorgeht und einen ventralen, der später den Gang liefert und das Homo- logon des ventralen Teiles der Vorniere von Fürbringer und ') Dasselbe geben Marshall und Bles an (S. Field p. 283). ?) Das gleiche beschreibt Mollier von Triton. 265 Hans Rab]: Mollier ist, zerlegt. Die weitere Entwicklung der Vorniere hat Field durch Rekonstruktionen erläutert, doch wurden nur die grösseren Windungen gezeichnet und wurde auch kein Versuch gemacht, die natürliche Verlaufsrichtung der Kanäle genau wieder- zugeben‘). Bei Froschlarven von 5—7 mm, bei welchen die Vorniere bereits funktioniert, haben sich die drei Vornieren- kanälchen (nephrostomal tubules) in ihrer ganzen Länge von einander gesondert. Der Gang, in den dieselben münden, (eollecting trunk), setzt sich am hinteren Ende des Organs in den Segmentalgang (segmental duct) fort. Die ersten Windungen, welche auftreten, betreffen einerseits den Segmentalgang, anderer- seits das zweite Nephrostomal-Kanälchen. Der Segmentalgang legt sich in eine grosse Schleife, indem er, am hinteren Ende der Vorniere angelangt, wieder nach vorn umbiegt, um bis in die Region des ersten Vornierenkanälchens zu verlaufen. Erst dort biegt er nach rückwärts um und zieht von da an gestreckt bis zu seiner Ausmündung in die Kloake. Während der weiteren Entwicklung der Froschlarven treten nun zahlreiche neue Win- dungen an den Vornierenkanälchen und dem Ausführungsgange auf, wodurch besonders der Gang in einen Knäuel umgewandelt wird. Auf Grund dessen unterscheidet Field später am Gange drei Abschnitte: das Sammelrohr der Vorniere, das, wie bereits erwähnt, von der Einmündung des ersten bis zu der des dritten Vornierenkanälchens reicht, den gemeinsamen Gang (common trunk). welcher den darauf folgenden, am meisten gewundenen Teil des Kanals darstellt, und 3. den geraden Segmentalgang. Bezüglich des Glomerulus sei hervorgehoben, dass es Field nicht glückte, einen röhrigen Bau dieses Organs nachzuweisen, wie er von Hoffmann beschrieben wurde. Bei Larven von Amblystoma, welche eine Länge von 5—6mm besitzen, zeigt der Vornierengang, wie bei Rana, bereits einige Windungen. Doch erwächst ein Unterschied gegenüber den Verhältnissen bei den Anuren vor allem aus der Tatsache, dass hier nur zwei Nephrostomen vorhanden sind. Field meint: „For this reason, there is no canal which corresponds to the collecting trunk of Anura save that portion of the latter which intervenes between nephrostome I and II; and in discussing the topographical relations of the tubules it will be needless to ') Siehe die Copie auf pag. 277. Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 269 distinguish this remnant of the collecting trunk from the first nephrostomal tubule.“ Die beiden Nephrostomal-Kanälchen sind an den Abbildungen Fields entweder von gleicher Länge, oder es überwiegt bald das erste, bald das zweite Kanälchen. Zieht man weiter in Betracht, dass — nach den Angaben Molliers — das erste Vornierenkanälchen sich in distaler, das zweite in proximaler Richtung anlegt, so glaube ich, dass man sich vielleicht richtiger ausdrückt, wenn man einen selbständigen Gangabschnitt, welcher die beiden Vornierenkanälichen in sich aufnimmt, über- haupt in Abrede stellt und den gemeinsamen Gang (common trunk Field’s) als jenen Gangabschnitt definiert, welcher aus dem Zusammenflusse beider Vornierenkanälchen hervorgeht. Die erste Windung des Vornierenganges ist jene grosse Schleife, welche bereits bei den Anuren beschrieben worden ist. Später treten zahlreiche sekundäre Windungen, und zwar insgesamt in denjenigem Teile des „gemeinsamen Ganges“ hinzu, welcher sich von der Einmündung der Vornierenkanälchen zur proximal gelegenen Spitze des Schleifenwinkels erstreckt. Diese Spitze liegt in den beigegebenen Figuren bald in der Höhe des ersten Nephrostoms, bald noch weiter kopfwärts. Bei Larven von 9mm (Stadium VI) erscheinen auch die Vornierenkanälchen in mehrere Windungen gelegt. Bezüglich der Histologie der Vorniere bestätigt Field die Angaben aller früheren Autoren, dass die Zellen der Kanälchen anfangs hochzylindrisch sind, später niedriger werden. Der Glomerulus enthält schon bei Larven von 6 mm Länge neben den Kapillarschlingen und Bindegewebszellen, einige Zellen von 60 « Durchmesser, die in ihrem histologischen Charakter den Entodermzellen nahestehen. „It is probable that they arise from the entoderm and migrate into the interior of the splanchno- pleural fold.“ Es sind offenbar dieselben Zellen, welche bereits von Hoffmann beschrieben wurden, welche aber dieser Forscher von dem den Glomerulus überziehenden Peritonealepithel abgeleitet hat. Levi, der letzte Autor über die Entwicklung der Vorniere, schildert dieselbe in Übereinstimmung mit den neueren Angaben. Da seine Mitteilung nur sehr kurz ist, kann ich auf dieselbe nicht im Detail eingehen. Es seien nur zwei Punkte speziell hervorgehoben: 1. dass die Zilien, durch welche sich die Nephros- tomalkanäle auszeichnen, „in eine umschriebene Zone der Zellen eingepflanzt sind. unter der sich ein gestreifter Saum beobachten Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 18 270 Hans Rabl: lässt“; 2. dass an ausgebildeten Vornieren, in einer bestimmten Partie des ventralen Gangabschnittes, eine Stäbchenstruktur der Zellen vorhanden ist. Auf die Schilderung des Baues der Vorniere bei den Coecilien. wie sie auf Grund der Arbeiten Semons und Brauers gegeben werden könnte, kann ich verzichten, da zu grosse Unterschiede zwischen diesen und den Urodelen bestehen. Dagegen werde ich nicht umhin können, bei Besprechung der feineren Struktur des Glomerulus bei Salamanderlarven auf die Befunde Brauers über die Pronephridialkörper Rücksicht zu nehmen. Ich beginne die Darlegung meiner eigenen Untersuchungen mit der Schilderung der Vornieren einer Salamanderlarve von 15mm Länge von der Schnauze zur Schwanzspitze. Wie man aus der Verfolgung der Schnittserie vom Kopfe her leicht fest- stellen kann, liegen sie hier in der Höhe des zweiten Spinalgang- lions und der darauffolgenden Anlage des dritten Wirbels. Wie aus Fig.1 Taf. XVI, hervorgeht. ist an dieser Stelle der Vesophagus durch breite Bindegewebsmassen mit der lateralen und dorsalen Körper- wand verbunden und die Vorniere -dadurch an ihrer ventralen Seite von Bindegewebe umschlossen. Diese Verwachsung des ÖOesophagus ist an Larven aus frühen Entwicklungsstadien nicht zu beobachten. Bei solchen grenzt die Vorniere frei an die Bauchhöhle und ist an ihrer Oberfläche bloss von einem flachen Epithel überzogen. Die Verwachsung des Darmes mit der Leibeswand bildet demnach eine sekundäre Erscheinung, wie dies Mathes ausführlich dargestellt hat. Nur der medialste und dorsalste Teil der Leibeshöhle beiderseits vom Mesenterium bleibt als Hohlraum erhalten, welcher die Form eines Divertikels besitzt, das rückwärts in den grossen Pleuro- Peritonealraum einmündet. Diese paarigen Divertikel sind es, welche als Vornierenkammern bezeichnet werden, da sie den Glomerulus der Vorniere enthalten und vermittels der Nephrostome mit den Kanälchen der Vorniere in offener Kommunikation stehen. Doch kommt es niemals, solange die Vornieren erhalten sind, zu einem vollständigen Abschluss der Divertikel gegen die Leibeshöhle zu. Ich betone dies speziell mit Hinblick auf Mathes, welcher über diesen Punkt schreibt: „Indem kaudal- wärts vom Vornieren-Glomerulus auf eine kurze Strecke weit eine Obliteration des dorsalen Abschnittes der Leibeshöhle platz- Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 271 greift, verliert der kranialste Teil des dorsalen Abschnittes der Leibeshöhle seine Verbindung mit dem übrigen Coelom und erscheint nun als Hohlraum des Malpighi’schen Körperchens der Vorniere.* Möglicherweise bezieht sich diese Angabe auf den schwarzen Alpensalamander, den ich nicht untersucht habe; bei Salamandra maculosa hingegen befindet sich jener Teil der Leibeshöhle, welcher als Hohlraum des Malpighi'schen Körperchens der Vorniere aufgefasst werden muss, stets mit dem weiten Pleuro-Peritonealraum nach rückwärts in offenem Zusammen- hang. (Siehe auch das Modell Fig. 11). In Fig. 2 ist der zweite Trichter der rechten Seite derselben Larve dargestellt. Man sieht, dass auch er in das Divertikel mündet, doch ist dasselbe an dieser Stelle bereits weiter als in seinem kranialen Teile und geht 7O« dahinter in den ventralen Teil der Leibeshöhle über. An diesem Schnitte sind auch schon die Lungenanlagen getroffen, während in der Querschnittsebene des ersten Trichters (Fig. 1) noch die ungeteilte Trachealanlage vorliegt, und lateral von dieser der Ductus Cuvieri, in welchen eben die V. cardinalis posterior einmündet, sowie weiter nach unten der Ventrikel zu sehen sind. Bevor ich jedoch auf die nähere Schilderung dieser topographischen Verhältnisse eingehe, will ich das Verhalten der Vornierenkanälchen und des Ganges selbst im Detail charakterisieren. Um eine klare Vorstellung des Baues der Vorniere zu erhalten, habe ich mehrere Vornieren, darunter auch die rechte Vorniere der Larve von 15mm Länge auf Millimeterpapier rekonstruiert). Text- Fig. 1 zeigt die Vorniere in der Projektion aufdie Frontalebene, sodass man jenes Bild erhält, welches die Vorniere bei Besichtigung von der Bauchhöhle aus darbieten würde. Da die Schläuche stark gewunden sind und sehr dicht aneinander schliessen, musste ich verzichten, sie in ihrer ganzen Breite — entsprechend der hundertfachen Vergrösserung der Rekonstruktion — wieder- zugeben. Ich habe mich vielmehr begnügen müssen, bloss ihre !) Würden die Vornieren-Kanälchen von Salamandra maculosa im Höhe- stadium ihrer Entwicklung Divertikel besitzen, wie dies von mehreren Seiten behauptet wurde, so hätten mir dieselben bei der Rekonstruktion wohl nicht entgehen können. Ich habe aber nichts davon gesehen. Die Kanäle erscheinen an reinen Querschnitten fast stets kreisrund, nur ausnahmsweise dürften sie leicht abgeplattet sein. 18* 272 Hans Rabl: Mitte und dadurch ihre Verlaufsrichtung zu markieren. Die Vornierenkanälchen wurden in roter Farbe, der Vornierengang selbst wurde schwarz dargestellt. Das schraffierte Gebilde rechts gibt die Lage und Gestalt des Glomerulus wieder.') Die beiden Vornierenkanäl- chen verlaufen von ihrem Aus- gangspunkt in der Leibeshöhle zunächst quer nach aussen und bilden hiebei — wie auchausFig.l und 2 (Taf. XVI) zu sehen ist — mit derKörperachse einen nahezu rechten Winkel. In diesem Teile tragen die Zellen Flimmern, ebenso wiedie Zellen derTrichter. Es empfiehlt sich daher, dieses Anfangsstück der Vornieren- kanälchen, welches hinsichtlich seiner Struktur mit dem ersten Abschnitt der Harnkanälchen in der bleibenden Niere der Am- phibien bomologisiert werden kann, vom folgenden Abschnitte auseinanderzuhalten. Ich be- zeichne es als Trichtergang. Derselbe ist in diesem Falle nur kurz, in älteren Larven oft von beträchtlicher Länge, macht aber niemals eine spitzwinklige Schleife oder Schlinge, sondern verläuft stets gerade oder nur wellig gebogen, sodass man ihn an den mitgeteilten Rekonstruktionen aus dieser Eigenschaft allein in seiner Ausdehnung bestimmen kann. Der auf denselben folgende zweite Teil des Vornierenkanälchens ist viel länger und zeigt mehrere Windungen. Das vordere Kanälchen besitzt im ganzen einen kaudalwärts gerichteten Verlauf, das hintere dagegen verläuft nach vorn. Und da beide annähernd gleich lang sind, treffen sie etwa in der Mitte der Längenausdehnung des Organs zusammen. Es zeigt darin diese Larve eine vollkommene Übereinstimmung mit den von Field beschriebenen jungen Fig. 1 ı, Dieselbe Darstellungsweise wurde auch für die folgenden Rekon- struktionen von Vornieren (Text Fig. 2—5) angewendet. Die Vergrösserung betrug stets 100. Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandra maculosa. 273 Stadien von Amblystoma, worüber bereits S. 268 referiert wurde. Verfolgt man nun den. aus dem Zusammenflusse der beiden Vornierenkanälchen entstandenen Vornierengang nach rückwärts, so hat man ein dichtes Gewirr von Windungen zu durchlaufen, ehe man denjenigen Schleifenwinkel erreicht, welcher am meisten proximal gelegen ist. Hier biegt der Gang zum letztenmale um und zieht in schräger Richtung nach der Mittellinie zu, um weiterhin anfänglich noch unter leichten Wellenbiegungen, später gestreckt und parallel der Gegenseite nach rückwärts zu ver- laufen. Gleich diesem letzten Abschnitt des Vornierenganges liegt das ganze Organ mit seiner Längsachse schräg zur Mittel- linie des Körpers, indem die Kanäle des proximalen Teiles in der lateralen Körperwand eingebettet sind, während sie im kaudalen Teile die Rückenseite einnehmen. Zwei Schleifen liegen im abgebildeten Falle sogar dorsal von dem den Glomerulus enthaltenden Divertikel der Leibeshöhle. Die in der Zeichnung durchgeführte verschiedene Darstellungs- weise des Vornierenganges soll auf seine verschiedene histologische Struktur hinweisen. Wir können dieser zufolge drei verschiedene Abschnitte des Ganges unterscheiden: 1. das Drüsenstück, welches von denselben Zellen ausgekleidet wird, die in den Vornierenkanälchen anzutreffen sind, 2. das Schaltstück, das nur kurz ist, und dessen Zellen Flimmerhaare tragen, und 3. das Endstück des Vornierenganges, welches gleich dem ersten sehr lang ist und diejenige Struktur besitzt, welche der Wolff’sche Gang auch in seinem hinteren, in der Urniere gelegenen Abschnitte aufweist. Die histologische Struktur wird im folgenden Kapitel genau dargelegt werden; hier will ich nur die Topographie dieser Gang- abschnitte erörtern. In dieser Hinsicht scheinen mir zwei Tat- sachen bemerkenswert: zunächst, dass die proximale Spitze des Knäuels ausschliesslich aus Windungen des dritten Gangabschnittes besteht, während im kaudalen Teile der Vorniere die Windungen des Drüsenstückes vorwiegen; 2. dass auf Querschnitten, welche alle drei Gangabschnitte enthalten, dieselben so verteilt sind, dass die Drüsenstücke samt den Vornierenkanälchen dorsal liegen, während das Schaltstück und die Querschnitte des Endstückes die ventrale Partie der Vorniere einnehmen (Taf. XVI, Fig. 3). Es beweist dies, dass das Schaltstück und der dritte Abschnitt des (sanges 274 Hans Rab]: jenen Teil der Vorniere repräsentieren. welcher sich aus der ventralen Anlage hervorgebildet hat. Diese Verhältnisse lassen sich auch an den übrigen Vornieren, die ich rekonstruiert habe, zumeist wiederfinden. Textfig. 2 zeigt die rechte Vorniere einer Larve von 23 mm ganzer Länge und 12'/s mm von der Schnauzen- spitze zur Kloake. Sie liegt um ein geringes weiter kranial als im vorigen Falle, indem sienoch im Bereiche des zweiten Wirbels— wenn auch an seinem hinteren Ende — beginnt und nur bis zur Mitte des dritten Wirbels herab- reicht. Die Vornieren- kanälchen bilden hier die mediale Partie des Organs. Die beiden Trichtergänge ziehen von ihren Mündungen in der Leibeshöhle aus nach aussen und vorn, wie dies in Vornieren älterer Larven zu be- Fig. 2. obachten ist. Die Ver- einigungsstelle der Vornierenkanälchen mit dem Gange liegt auch hier annähernd in der Mitte des Organs. Die kraniale Partie der Vorniere enthält eine grössere Anzahl von Windungen des dritten Abschnittes als die kaudale, während in der letzteren die Windungen des Drüsenstückes vorherrschen. Das Schaltstück ist wie überall nur kurz. Die am weitesten proximal gelegene Windung ist wieder diejenige, aus der das letzte Stück des Vornierenganges hervorgeht. Dieses zieht in leicht geschlängeltem Verlauf, nur in seinem Anfang eine kurze, nach vorn gerichtete Schleife ausführend und ein zweites Mal eine kleine Schlinge bildend, am lateralen Rande des Organs nach rückwärts. An einer Larve, die nur um weniges grösser ist als die eben beschriebene (Gesamtlänge 24mm, Schnauze — Kloake 14 mm) findet man die Vorniere vom proximalen Rande des zweiten Spinalganglions zur vorderen Hälfte des dritten Wirbels reichend, Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculora. 275 also an derselben Stelle wie bei der Larve von 15mm Länge. Hier wurde die linkeVorniere rekonstruiert, Textfig.3 Sie bietet dieselben Verhältnisse dar, wie die beiden bereits ausführlich besprochenen, Fig. 3. so dass ich auf die neuerliche Anführung aller wesentlichen Eigenschaften verzichten kann. Ich möchte nur den schrägen Verlauf der Trichtergänge her- vorheben, von welchen sich besonders der erste durch eine bedeutende Länge auszeichnet. Die auf Text-Fig. 4 dargestellte rechte Vorniere einer Larve von 26 mm Gesamtlänge und 15mm Länge von der Schnauze zur Kloake zeigt insofern eine Abweichung von der bisher erkannten Regel, als hier die Windungen des dritten Ab- schnittes nicht am kranialen Teile zusammengehäuft sind, sondern vor allem im medialen und kaudalen Teile der Vorniere liegen. Einige Windungen liegen sogar dorsal von der Vor- nierenkammer, welche in diesem Falle einen auf- fallend kurzen Glome- rulus enthält. Die Vor- nieren erstrecken sich bei dieser Larve von der Mitte des zweiten bis zur hinteren Region des dritten Spinalganglions. Es bedeutet dies gegen- über den bisher beobach- teten Verhältnissen eine Verschiebung nach rück- wärts um etwas weniger als die Länge des dritten Spinalganglions. Fig. 4. 276 Hans Rabl: Die Trichtergänge sind auffallend lang. Der vordere besitzt einen kranio-lateralen Verlauf, der hintere zieht zunächst nach vorn, biegt dann nach aussen ab und verläuft hierauf wieder nach vorn, sodass seine Länge mehr als die Hälfte der Längen- ausdehnung der Vorniere ausmacht. Die grösste Larve, deren Vorniere rekon- struiert wurde, mass 45 mm vonderSchnauze bis zur Schwanzspitze, 25mm bis zur Kloake (Text-Fig. 5). Nach den in der Literatur vorliegenden Angaben | hätte man hier bereits ausgebreitete Rück- bildungs - Erscheinun- gen auffinden müssen. Doch schon das histo- logische Bild liess hier dergleichen nicht er- warten; denn die Drüsenzellen zeigten —- mit Ausnahme jener deszweiten Vornieren- kanälchens — dasselbe Aussehen wie bei jün- geren Embryonen und die Rekonstruktion der Windungen ergab einen kontinuierlichen Knäuel, der sich von den übrigen Vornieren nur dadurch unter- scheidet, dass er im ganzen mehr in die Länge gezogen ist. Der Anfang dieser Vorniere liegt in der Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 277 Querschnittebene der vordersten Grenze des dritten Wirbels, die hintersten Schlingen befinden sich in der Gegend der Mitte des dritten Spinalganglions. Die Vorniere ist demnach gegen früher wohl absolut, nicht aber relativ länger geworden, d. h. sie hat mit ihrem Längenwachstum gleichen Schritt mit dem Gewebe gehalten, in welchem sie eingebettet ist. Dabei ist es nicht zu einer Vermehrung ihrer Windungen und Zunahme ihrer zelligen Bestandteile gekommen, sondern die Windungen haben sich bloss in die Länge gestreckt und sind demnach spärlicher als an jüngeren Vornieren. Auffallend ist hier die Kürze des Drüsen- stückes, welches ungefähr in der Mitte des Organs gelegen ist. Die letzte Umbiegung, die der Gang ausführt, ehe er sich in schräg nach innen und rückwärts gerichtetem Verlaufe aus dem Knäuel loslöst, ist auch hier wieder die proximalste unter allen seinen Windungen. Nur die Uebergangsstelle des drüsigen Teiles des ersten Vornierenkanälchens in den Trichtergang desselben liegt noch um einige !/ıoomm weiter nach vorn. Es zeigen somit die von mir untersuchten Vornieren der Salamanderlarven eine vollkommene Übereinstimmung mit jenen, welche Field von Amblystoma abbildet. Zum Beweise dessen teile ich eine Kopie nach Field mit (Text-Fig.6), welche die Rekonstruktion einer Larve von ca. 9 mm vom Vorderende Se zur Schwanzspitze (Stadium VI) = darstellt. Abgesehen davon, dass —— 4 hier auf die histologischen — Differenzen im Bau des Vor- == nierenganges keine Rücksicht Je genommen ist und auch die > tekonstruktion selbst nicht die SS — Lage und Grösse der Windungen in ihrem natürlichen Verhält- nisse wiedergibt, zeigt sie wie Fig. 6. die meinen, dass sämtliche Win- dungen jenen Schenkel der primären Schleife des Vornierenganges betreffen, welcher zwischen der Einmündung der beiden Kanälchen und der Schleifenspitze gelegen ist. Ich habe an dieser Stelle noch eine bildliche Darstellung des Kanalsystems der Vorniere zu erwähnen. Dieselbe ist in einer Arbeit Nussbaums enthalten und bezieht sich auf die a) ds 7 sop | i "N 7 sep oNım | h 9 dg'gsop Sugguy | 1266 ai 9 sI9p.IO en en | RE zyıds 94819P.I0A n) dg ’g sap 9. ds eg sp 9 dg ’g sap ayım | x) ds 'g sop ge 4 (mM 7 Sp OYıN opurg saasyuıg opug sryuH | > N 9zyds a9sıopıoA ; r ee | "mM ’E sop I m ent | 9 de N | 2 Ra ‘n) dg 'g sop SIU991 BUTOA NORA TT | "ME SOp Om "I "N 'g sap |, De MD SPAEN | opugg saraproa HD ÄS’EP ML MH | AED PUR | pur aaopuoä | FM > a "Mg sop NE sop | | oryıeg areyumy | A ESP DUBUV [9], 19104u1Y puey a99s1opıo\ | 5 I AlzER I) 9 dep "ME sap ee ann a | 2 ne n ds 'g MIN nr) ds 'g sop | [19], 10109uf oryıe DAOP.AIO A OB SE EBR N ne In :dg 'z sop on 81-98 y 5 "ME Soap 9) ds 7 sap "ME sap . | = puey ao10juıf oryıeg Adayuıf [9], A9104urJ e x | 01-08 19 © » e Yr . . . . “ ER > Mg sop uorduespuds 'z x) ds 'z sap | Bu z DEINSRFRORE HIN puey a910pıoA sap II N ozy1ıdg 99sI9p1oA | r17 76 3 = a oG n 9 'dg 'z sap "Me sap 9 ds 'z sap "MM 's Soap | 8/;81T—£3 = ME BP OMIN oryIeg P19pıIoA pury 109s19P10A oe 9aapıoA |, Fpug SeTajug Me E “n) dg 'g sap rn) dg 'z sop apuzy '] P Be = | au 3zydg S1apıoA 9 ds 'z sap an 'Y 9 ds '@ sep OHIM sa ö u 9) dg 'z sop WE Hd | Ä ee opug sadayur a a opumy S9dayur | £ el E16 A "ME sap oda ng "MM '’& sep a -da'z s g. 9 ds 'z | } opugy sodoyuıf 9 ds 'z sap ON opum sodoyurf BrdBREeen OHM 'sop ozyıdg 99810PI0 A I > | ei ee EB ne - er en ie EEE 5 ? 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Man erkennt an der Figur einen stark gewundenen, längeren, engeren Teil des Ganges und einen kurzen, gleichfalls gebogenen, weiteren Abschnitt, an den sich die drei Vornierenkanälchen anschliessen. Da hier keine Rekonstruktion vorliegt, sondern die Abbildung nach einer „auseinandergelegten Vorniere“ ausgeführt wurde, ist das Lage- verhältnis der Windungen nicht erhalten geblieben. Schon oben habe ich bei der Erläuterung der Textfiguren die Lage der abgebildeten Vornieren im Körper der Larven angegeben. Ausser jenen fünf habe ich noch die Vornieren von weiteren fünfzehn Larven in dieser Hinsicht untersucht und teile die hierbei erhobenen Tatsachen auf der vorhergehenden Tabelle mit. Man ersieht aus derselben, dass die Vornieren ihre Lage im Körper ändern, wie dies bereits oben kurz angemerkt wurde. Bei Larven von 15—33 mm liegen sie beiläufig in derselben Region, indem sie die Gegend des zweiten Intervertebralraumes und des dritten Wirbels einnehmen. Dann aber tritt eine Ver- schiebung ein; successive rückt die Vorniere nach hinten, sodass ihre Spitze anfangs an der vorderen Grenze des dritten Wirbels (Larve g'), später im Bereiche des dritten Spinalganglions (Larven k, |, m), schliesslich in der Querschnittebene des vierten Wirbels oder gar des vierten Intervertebralraumes angetroffen wird. Dass es ohne einige Varietäten, welche Ausnahmen von diesem (Gesetze bilden, nicht abgeht, ist selbstverständlich. So finden wir, wie bereits erwähnt, die Vornieren bei Larve a weiter distal gelagert als bei Larve d, die Vornieren der Larve i be- finden sich weniger weit rückwärts als jene der Larve g' u.s.f. Von Interesse scheint mir die Tatsache, dass der Zeitpunkt, in dem die Rückwärtswanderung der Vorniere ein schnelleres Tempo einschlägt, mit dem Beginn ihrer Rückbildung zusammenfällt. Doch glaube ich nicht, dass man zu der Annahme berechtigt ist, dass die Vornieren in jungen Stadien gar nicht von ihrer Stelle rücken. Dagegen sprechen die übereinstimmenden Mitteilungen von Mollier und Field, die ich bereits zitiert habe, dass die Vornieren bei Triton beziehungsweise Amblystoma aus den Seiten- platten in der Region des dritten und vierten Urwirbels hervor- gehen. Dieser Satz hat jedenfalls auch für Salamandra seine Giltigkeit und muss neben die von Sewertzoff gefundene Tat- sache gestellt werden, „dass es in der Oceipital-Region des Axolotl Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandra maculosa. 281 2 Kopfsegmente gibt“.') Wenn sich demnach die vordersten zwei Urwirbel der Amphibien an der Bildung des Hinterhauptes beteiligen, so ergibt sich, dass die Vornieren bereits in der ersten Zeit nach ihrer Anlage nach rückwärts gewandert sein müssen. Die Tabelle zeigt ferner, dass die Vornieren der beiden Seiten einer Larve wohl in den meisten Fällen, nicht aber jedes- mal dieselbe Lage einnehmen. Ich habe mich bemüht, die Larven rein senkrecht zur Körperachse zu schneiden, und habe in vielen Fällen die beiden ersten Trichter, seltener aber die beiden hinteren am gleichen Schnitte gefunden. Immerhin zeigen auch in diesem Punkte die jüngeren Larven nur geringfügige Abweichungen im Verhalten der beiden Seiten. Anders ist dies bei älteren Em- bryonen; hier liegen fast stets sowohl die Spitzen der ganzen Organe, als auch die Glomeruli und vorderen Trichter (die hinteren Trichter sind bereits modifiziert) in verschiedenen Niveaux. Es beweist dies, dass sich die Vornieren, sowie sie symmetrisch angelegt werden, auch symmetrisch fortentwickeln, dass sie aber der Rückbildung in ungleichem Grade unterliegen. Nach meiner Tabelle würde die rechte Vorniere in der Mehrzahl der Fälle langsamer nach rückwärts wandern als die linke, doch ist die Zahl der hierüber untersuchten Embryonen eine viel zu kleine, um ein abschliessendes Urteil in dieser Hinsicht fällen zu können. Die Gefäss-Knäuel liegen in jüngeren Larven fast stets zwischen den beiden Vornierentrichtern, ohne sich nach vorn oder rückwärts in das Bereich ihrer Mündungen zu erstrecken. Nur ganz ausnahmsweise findet man bei ihnen einen Glomerulus, welcher ziemlich weit proximal verlagert ist, sodass sich seine Mitte gegenüber dem ersten Trichter befindet (z. B. bei Larve a, Textfigur 1). So selten aber diese Erscheinung bei jüngeren Embryonen ist, so regelmässig begegnet man ihr bei älteren. Ja, wenn man nach dem Verhalten der Larven n', n? und p schliessen darf, kann es als Regel bezeichnet werden, dass bei ı) An einer Längsschnittserie einer Salamanderlarve von 35 mm Ge- samtlänge finde ich in der Kopfregion zwei Myomeren, von denen das vordere Segment dorsal vom Gehörorgan liegt und bedeutend kleiner als die übrigen Muskel-Segmente ist. Das vorderste Spinalganglion, welches gleichfalls in seiner Ausbildung hinter dem der folgenden Ganglien zurücksteht. befindet sich gegenüber dem dritten Myomer. 282 Hans Rabl: Larven von etwa 45mm Länge und darüber der Glomerulus mit seiner Spitze weiter kranialwärts reicht als die Vorniere selbst. Ein besonders eklatanter Fall dieser Art lässt sich bei Larve n? beobachten. Hier liegt der gesamte Glomerulus kranial von den Kanälen der Vorniere. Fig. 31 zeigt die beiden Glomeruli, von denen der rechte nur mehr an seiner hintersten Spitze getroffen ist und demnach als ganz kurzer Zapfen erscheint, während der linke als mächtige Zellenmasse die Vornierenkammer wie ein Pfropf fast vollständig ausfüllt. Von den Kanälchen der Vorniere ist an diesem Schnitte noch nichts zu sehen. In Fig. 47, Taf. XIX. ist die rechte Vorniere derselben Larve dargestellt. Den dorsalen Teil derselben nehmen Kanäle mit hohen Epithel- zellen und ganz engem Lumen ein; es sind quere und schräge Schnitte durch die Drüsenstücke der Vornierenkanälchen und des Vornierenganges, die aber bereits aufgehört haben zu sezernieren. Ventral von diesen liegen Querschnitte des dritten Abschnittes des Vornierenganges. Der Trichtergang des ersten Vornieren- kanälchens endet wenige Schnitte weiter kaudalwärts mit stumpfer Spitze, ohne eine Verbindung mit der Vornierenkammer eingegangen zu sein; es ist demnach der erste Trichter bereits obliteriert. Die Vornierenkammer selbst ist ein ganz enger Spalt. Die linke Vorniere derselben Larve ist in Fig. 10, Taf. XVI. wieder- gegeben, und zwar ist hier jene Stelle zu sehen, an welcher sich der erste Trichter, der — wie gesagt — rechts bereits verschwunden ist, in die ganz enge Vornierenkammer öffnet. Die Änderung im topographischen Verhalten von Glomerulus und Vorniere erklärt sich ohneweiters durch die Annahme, dass der Glomerulus langsamer als die letztere nach rückwärts wandert. Doch darf man die bei Larve n? erfolgte Trennung von Glomerulus und Vorniere nicht etwa als ein regelmässiges Ergebnis der Rück- bildungsvorgänge auffassen, denn bei einer weiter vorgeschrittenen Larve von 52 mm Länge, dem grössten Tiere, dessen Vornierenregion ich in eine Schnittserie zerlegt habe, war der Glomerulus den Kanälen der Vorniere noch unmittelbar angeschlossen. Der Vergleich jüngerer und älterer Larven zeigt einen weiteren Unterschied in der Lage der Glomeruli:. An jungen Larven liegen die beiden Vornierenkammern und mit ihnen die Wurzeln der Glomeruli in ihrer ganzen Länge unmittelbar neben- einander und sind nur durch ein dünnes Septum voneinander Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 283 geschieden (Fig. 29). Später findet man die Vornierenkammern und Glomeruli von einander weit getrennt und zwischen ihnen bald ein lockeres Bindegewebe, bald einen Hohlraum, den sub- vertebralen Lymphsinus (Fig. 31). Diese Veränderung tritt erst bei Larven von etwa 34mm Gesamtlänge auf. Während bei Larve f? (33—17 mm!) die Vornierenkammern noch durchaus nebeneinander liegen, schiebt sich bei den Larven g' und g? (35!/’.—-19mm!) der subvertebrale Lymphsinus, welcher in der kaudalen Körperhälfte das Mesenterium in zwei Blätter spaltet, kranialwärts vor und drängt — scheinbar aktiv — die Vornierenkammern auseinander. In ihrer proximalen Partie schliessen sie noch mit ihrer ganzen medialen Wand fest zusammen; etwa in der Mitte ihrer Länge beginnen sie zunächst mit dem dorsalen Teile ihrer medialen Wand auseinander zu weichen, sodass sie nur mehr mit einem geringen ventralen Stücke aneinander liegen. An ihrem hinteren Ende dagegen sind sie gänzlich voneinander geschieden und an ihrer Stelle hat sich ventral von der Aorta der subvertebrale Lymphsinus eingelagert. DieWeite desselben ist verschieden. Während er in Fig.31,Taf.X VIII, sehr eng ist, besitze ich andere Larven, an welchen er stark gedehnt ist, und an solchen gewinnt man den Eindruck, als ob er aktiv die Vornierenkammern zur Seite drängen würde. In Wirklichkeit kann dies wohl nicht der Fall sein, sondern es dürfte die Verlagerung der Vornierenkammern auf eine einfache Verbreiterung des sie scheidenden Septum zurückzuführen sein. In dieses zellarme und flüssigkeitsreiche Bindegewebe dringt sekundär der Lymphsinus von hinten aus ein. Dies beweisen jene Präparate, welche die Vornierenkammern auch schon in ihrem Anfangsteile weit voneinander getrennt zeigen, indess der Lymphsinus erst nahe ihrer hinteren Spitze auftritt. In der Vornierenregion hängt derselbe durch seitliche Arme mit dem oberflächlichen Lymphraume zusammen. Diese von der Mitte nach aussen führenden Spalten beginnen stets unmittelbar hinter dem Abgange der Arteriae brachiales. Verfolgt man eine Serie von vorne nach rückwärts, so sieht man zuerst diese seitlichen Arme und erst eine Strecke dahinter ihre mediale Vereinigung zur proximalen Spitze des subvertebralen Lymphsinus. !) Die erste Zahl bedeutet die Gesamtlänge, die zweite das Maass von der Schnauzenspitze zur Kloake. Diese Larve ist nicht in die Tabelle aufgenommen worden. 254 Hans Rabl: Einen interessanten Aufschluss bietet die Durchsicht der Tabelle mit Rücksicht auf die Lage der beiden Trichter zur vorderen Spitze der Vorniere. Da zeigt sich, dass diese Teile ihre Lage zu einander bei jungen Larven nicht wesentlich ändern. Die Distanz des ersten Trichters von der Spitze der Vorniere beträgt bei den jüngsten Embryonen durchschnittlich die halbe Länge des zweiten Spinalganglions, die des zweiten Trichters von der Spitze der Vorniere etwas weniger als die Summe der Länge des zweiten Spinalganglions und folgenden dritten Wirbels. Auch in diesen Larven sieht man bereits denselben Verlauf der Trichtergänge, welcher später so ausgesprochen ist, dass dieselben nämlich nicht — wie ursprünglich — quer zur Längsrichtung des Organs, sondern parallel derselben verlaufen. Diese Änderung in der Richtung der Trichtergänge kann nur darauf zurückgeführt werden, dass die Vorniere im ganzen in die Länge wächst, ohne durch Zunahme ihrer Epithelzellen neue Windungen zu bilden. Sie wird also durch das wachsende Gewebe, in dem sie eingebettet liegt, passiv gedehnt, wie ich dies bereits bei Besprechung der Textfiguren 4 und 5 auseinandergesetzt habe. An Querschnitten durch den vorderen Teil der Vornieren, proximal vom 1. Trichter, jedoch kaudalwärts von der Übergangsstelle des drüsigen Teiles des Vornierenkanälchens in den Trichtergang trifft man daher diesen letzteren mehr oder weniger quergeschnitten, medial und sobald die Vornierenkammer aufgetaucht ist, dieser dicht anliegend. Das gleiche Verhalten lässt sich auch noch in späten Ent- wicklungsstadien (Vergl. Fig. 47) beobachten. Anders muss man die bedeutende Verschiebung des zweiten, Trichters nach rückwärts, die nur bei älteren Larven vorkommt auffassen. Mit Ausnahme der Larven k und i’ gehören bierher alle Larven von Larve f incl. angefangen Bei allen diesen kann man nicht nur eine absolute, sondern auch eine relative Zunahme der Entfernung des zweiten Trichters von der Spitze der Vorniere feststellen, die sich nur durch die Annahme erklärt, dass der zweite Trichter, unabhängig von den übrigen Teilen der Vorniere, seine Lage geändert habe. Diese Tatsache ist für das Problem der Beziehung zwischen der Vorniere und der Anlage des Müller’schen Ganges von grosser Bedeutung. Sie hat unmittelbar zur Folge, 1. dass der Trichtergang des zweiten Vornieren- kanälchens stark in die Länge gezogen wird, wie dies auch aus Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandra maculosa. 285 Textfigur 5 ersichtlich ist und in allen älteren Larven zur Beobachtung kommt, und 2. dass der Trichter, welcher ursprüng- lich in die Vornierenkammer mündete, nunmehr aus dieser herausrückt und sich in die weite Pleuro-Peritoneal-Höhle öffnet. In Fig.2, Taf. XVI, habe ich die Mündung des zweiten Trichters der rechten Seite der Larve a dargestellt. Sowie hier mündet er auch noch bei den Larven b, c, d, e (nur linke Seite), f, g (nur rechte Seite) und g!in die Vornierenkammer. Die Larve g' war die längste, bei der ich dieses Verhalten gefunden habe. Die Mündung des Trichters in die rechte Vornierenkammer der Larve f ist auf Fig. 7, Taf. XVI dargestellt. Hier ist die Kammer eng; ihre Kommunikation mit der Pleuro-Peritoneal-Höhle zeigt Fig. 6. An den folgenden Schnitten wird jene Platte, die von der Darmwand nach aussen und oben zieht und dadurch die Vornierenkammer ventral abschliesst, allmählich kürzer, bis sie vollständig verschwindet, während sich das Divertikel selbst, das zunächst noch einen kleinen sackförmigen Anhang der Leibes- höhle darstellt, abflacht. Fig. 8 zeigt den zweiten Trichter der linken Seite derselben Larve. Hier liegt der Übergang des Divertikels in die Leibes- höhle proximal von der Trichtermündung, sodass sich der Trichter bereits in die weite Leibeshöhle öffnet. Bei der Larve e ist es der Trichter der rechten Seite, welcher weiter rückwärts liegt und statt in die Vornierenkammer in die Pleuro-Peritoneal-Höhle mündet, bei Larve g ist es hinwieder jener links. Mit Ausnahme der Larve g', über die oben berichtet wurde, finde ich diese kaudale und freie Lage des zweiten Trichters bei allen meinen Larven, welche eine Länge von 30mm erreicht haben. Larven von 25 bis 30mm befinden sich im Übergangsstadium, sodass man bei ihnen bald den einen, bald den anderen Trichter noch im Divertikel, bezw. schon in der freien Leibeshöhle antrifft. Was die Form des Trichters anbelangt, so besitzt derselbe die Gestalt eines Ovals, das in eine nur kurze, quere Röhre führt, welche alsbald nach aufwärts abbiegt und als „Trichtergang“ parallel zur Körperachse emporsteigt. Die vorderen Trichter münden durchgehends in die laterale Wand der Vornierenkammer (siehe z. B. Fig. 1 und 9), die hinteren in die dorsale (Fig.2und 7). Die Vornierenkammern gehen an älteren Larven in jene Abschnitte des kranialen Endes des Coeloms über, welche lateral Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 19 256 Hans Rabl: von den Lungen gelegen sind und infolge der Verwachsung der Nebengekröse mit der seitlichen Leibeswand Buchten bilden, die sich erst dort, wo die lateralen Lebergekröse ihr hinteres Ende finden, in den ventralen Teil der Pleuro-Peritoneal-Höhle öffnen. Um diese Verhältnisse, welche auf den ersten Blick etwas kompliziert erscheinen, möglichst anschaulich darzustellen, kann ich nicht umhin, mit einigen Worten die Entwicklung der Nebengekröse zu skizzieren. Ich folge hierbei den Angaben von Mathes, welche sich wesentlich auf Salamandra atra beziehen. Seine abweichende Darstellung gegenüber der Schilderung Brachets, welcher den Axolotl untersuchte, lässt sich dadurch erklären, dass ihm jüngere Stadien, sowie ein günstigeres Objekt zur Verfügung standen, als diesem. Die Nebengekröse, m6sos lateraux, wie Brachet sagt, oder das Ligamentum hepato-cavo-pulmonale (rechts) und das Lig. hepato-pulmonale (links), wie sie Mathes nennt, erscheinen in frühen Stadien als kleine Falten, welche von der Wand des Darmrohres zu einer Zeit, da dasselbe — in seinem kranialen Abschnitt —noch durch keinerlei Bindegewebs- massen mit der seitlichen Leibeswand verbunden ist, sondern noch frei die Leibeshöhle durchzieht, in schräger nach aussen und unten gekehrter Richtung entspringen. Indem dieselben ventral und kaudalwärts vorwachsen, verschmelzen ihre unteren freien Ränder zunächst mit dem Sinus venosus und gehen später auf die äusseren Leberkanten über. Diese Stränge sind die Leit- gebilde, in welche bereits frühzeitig die Lungen einwachsen, sodass sie im definitiven Zustande die äusseren und ventralen Kanten der Lungen mit den gegenüberliegenden dorsalen Kanten der Leber verbinden. Das rechte Ligament reicht stets weiter kaudalwärts als das linke. So beschreibt Mathes unter anderem eine junge Salamanderlarve, bei welcher das Lig. hepato-cavo-pulmonale bereits die Leber erreicht hatte, während das Lig. hepato pulmo- nale noch an der dorsalen Wand des Ductus Cuvieri endigte. Bei der jüngsten, von mir untersuchten Larve sind zwar schon beide Ligamente über die Vornierenregion hinausgewachsen, doch endigt das linke bereits 0,56mm hinter der Einmündung der Vornierenkammer in die ventrale Partie der Leibeshöhle, während das rechte sein Ende erst an der hinteren Spitze der Leber findet. In dieser Region verläuft der dorsale Abschnitt des Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 287 Nebengekröses, welcher in seinem grossen kranialen Teile von der seitlichen Darmwand entspringt, direkt vom Dache der Bauchhöhle zur Ventralfläche der Lunge. Da der ventrale Teil des Nebengekröses gleichfalls der ventralen Lungentfläche angeheftet ist, liegen die Ansatzpunkte der beiden (sekrösteile einander benachbart!). Verfolgt man die Serie distalwärts, so findet man, dass sich jene Punkte einander immer mehr nähern, bis die beiden Platten schliesslich in einander übergehen, während die Lunge gleichzeitig die Verbindung mit ihnen verliert. Ihre hintere Spitze liegt ja bekanntlich frei. In derselben Region wie rechts, findet die Lösung der Lunge von ihrem Aurhängeband auch links statt. Sobald sich dieselbe vollzogen hat, beginnt das Lig. pulmonale sich zu verkürzen und endigt knapp hinter der Lungenspitze mit freiem, nach hinten konkavem Rande. Es bestehen hier demnach bereits Verhältnisse, welche im wesentlichen der Gestalt der Mesenterien des erwachsenen Tieres entsprechen. Der rechts vom Darm gelegene, von diesem, der dorsalen Leberfläche und dem Ligamentum hepato-cavo-pulmonale begrenzte Raum entspricht der Bursa hepato-enterica (Klaatsch), dem Recessus pleuro-peritonealis (Stoss). Das Foramen hepato- entericum (Klaatsch), welches, wie Hochstetter zuerst betonte und Mathes gegen Klaatsch genau nachwies, eine primäre Bildung ist, ist an dieser Larve bereits zur Obliteration gekommen. Der Recessus pleuro-peritonealis sinister, der zwischen Darm, Leber und Lig. hepato-pulmonale gelegen ist, ist viel kürzer als jener rechts und geht dort, wo das Lig. hepato- pulmonale schwindet, in den weiten Pleuro-Peritonealraum über. Ich habe bei der bisherigen Schilderung auf die Kompli- kationen nicht Rücksicht genommen, welche bereits frühzeitig dadurch eintreten, dass die Eingeweide im kranialen Teile der Leibeshöhle ausgedehnte Verwachsungen mit den Wänden der- selben eingehen. Schon in frühesten Entwicklungsstadien steht die Leber durch Vermittlung der Duktus Cuvieri an ihren kranialen Rändern mit der seitlichen Leibeswand in Zusammenhang. Später rückt sie kaudalwärts und zieht zwischen sich und den Ductus !) Die Lunge sitzt demnach in dieser Region dem Lig. hepato-cavo- pulmonale scheinbar mit breiter Fläche auf. Zwischen ihr und dem Liga- ment besteht dieselbe Beziehung, welche nach Hochstetter (2) bei Lacerta vorliegt. (Vergl. bei Hochstetter, ebenda, Textfig. 1). 17% 288 Hans Rabl: Cuvieri eine Bindegewebsplatte aus, welche zu einem Bestandteile des Bodens der Pericardialhöhle wird. Mathes nennt dieselbe deshalb Membrana hepato-pericardiaca (vergl. Fig. 4). Die Neben- gekröse ziehen daher bei älteren Larven über die Ductus Cuvieri auf die Membrana hepato-pericardiaca und erst dann auf die Leber hinüber. Ausserdem verwächst, wie bereits S. 270 angemerkt wurde, auch der Vorderdarm durch breite Bindegewebsbrücken mit der Leibeswand und endlich verbinden sich auch die in den Neben- gekrösen eingeschlossenen Lungenanlagen mit derselben. So entsteht eine zusammenhängende Bindegewebsmasse, in der nur noch die Ductus pleuro-pericardiaci, sowie die Recessus pleuro- peritoneales als Hohlräume übrig bleiben (vergl. Mathes Textfig. 4). Nach Öbliteration der ersteren sind es die letzteren allein, welche durch ihre Lage die Richtung der Nebengekröse erkennen lassen (vergl. Mathes Textfig. 8. In späteren Stadien finde ich jedoch, dass in derselben Querschnittsebene, in welcher medial die Spitzen der Recessus pleuro-peritoneales auftreten, lateral und dorsal von der Lungenanlage ebenfalls Höhlen sichtbar werden, welche mit dem Coelom kommunizieren, aber im Gegen- satze zu den Ductus pleuro-pericardiaci nach vorne zu blind endigen und nach hinten offen sind. Es sind nichts anderes, als die vordersten Partien der lateral von den Lungen gelegenen Pleuraräume (Fig.2 und 4, Pl. P. R.),. Doch sind auch diese gleich den medial gelegenen Recessus pleuro-peritoneales ventrai- wärts geschlossen und stellen daher, ebenso wie diese, Buchten dar, die erst weiter rückwärts mit der Peritonealhöhle kommu- nizieren. Diese Buchten sind es, in welche die Vornierenkammern einmünden. Der ventrale Abschluss der Buchten wird durch je ein Ligament gebildet, welches quer von der Leber zur Leibeswand zieht. Mathes nennt dasselbe laterales Lebergekröse und schildert seine Entstehung in folgender Weise: „Von der Membrana hepato-pericardiaca kaudalwärts entwickeln sich alsbald an jeder Seite der Leber in der Fortsetzung der Membrana hepato- pericardiaca zwei Mesodermfalten, welche die seitlichen Leber- ränder an die laterale Leibeswand befestigen und eine ziemlich bedeutende Ausdehnung gewinnen.“ Ich kann diese Angabe für Axolotl-Larven bestätigen. Wie schon Brachet beschreibt, steht bei Larven von 4—5mm Länge Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandramaculosa. 289 die Leber mit der Leibeswand durch Vermittlung zweier kurzer Mesenterien, in welchen die Ductus Cuvieri verlaufen, in Ver- bindung. In dem Maasse, als die Leber kaudalwärts rückt, verlängern sich diese Gekröseplatten und bilden dadurch zunächst die Membrana hepato-pericardiaca, mit deren Ventralfläche sich sekundär der Herzventrikel verbindet, und weiterhin das laterale Lebergekröse. An Querschnitten, die dasselbe treffen, erscheint der Ansatzpunkt der Nebengekröse bei älteren Larven auf die lateraie Leibeswand verlegt (Fig.5, Taf. XVI), vielleicht als Folge der Verwachsung ihrer lateralen Fläche mit der letzteren. Das hintere Ende des lateralen Lebergekröses fällt stets mit jener Stelle zusammen, an welcher das Nebengekröse diese Ver- bindung mit der Leibeswand aufgibt und auf die Leber herüber- zieht. Denn der Ansatz des Nebengekröses an der Leibeswand rückt allmählich ventralwärts, bis er mit dem Ansatzpunkt des lateralen Lebergekröses zusammenfällt. (Vergl. auch Fig. 11). Man könnte infolgedessen bei Betrachtung älterer Larven auf den Gedanken kommen, dass das laterale Lebergekröse überhaupt kein Gekröse besonderer Art ist, sondern nur den ventralen Teil der kranialen Partie des Nebengekröses darstellt, welches in seinem dorso-ventralen Verlauf an der Leibeswand befestigt ist, sodass nur ein dorsaler und ventraler Abschnitt desselben frei sind. Wenngleich diese Annahme unzutreffend wäre, so lassen doch jene Querschnittsbilder, an welchen der Uebergang des Nebengekröses in das laterale Lebergekröse vorliegt, keine sichere Entscheidung in der Hinsicht zu, ob das Band, welches in diesem Falle Leber und Lunge gemeinsam an die Leibeswand heftet, aus den beiden genannten Platten besteht oder vom Neben- gekröse allein gebildet wird. Auf der linken Seite reicht die Verwachsung des Lig. hepato-pulmonale mit der Leibeswand häufig bis nahe an das hintere Ende desselben. Ich besitze Serien, welche an einem Schnitte diesen äusseren Ansatz gleichzeitig neben einem lateralen Lebergekröse zeigen, während am nächsten Schnitte ein wirkliches Ligamentum hepato-pulmonale vorhanden ist, indem der Ansatz des Nebengekröses von der Leibeswand auf die Leber herüber- gerückt ist, während gleichzeitig die Leber ihre Verbindung mit der Leibeswand verloren hat. Am folgenden, dritten Schnitte ist auch das Ligamentum hepato-pulmonale bereits wieder ver- 290 Hans’ Rap]: schwunden. Dieses Verhalten scheint mir bei älteren Larven seradezu Regel zu sein, so dass man sagen darf, dass bei solchen ein von der Lunge zur Leber ausgespanntes Band links nur in ganz kurzem Ausmasse vorhanden ist. Die Region, in der das Nebengekröse auf die Leber übergeht, gewinnt später eine besondere Bedeutung, weil sie zur ventralen Anhaftungs- stelle eines neuen, wichtigen Bandes wird. Nachdem ich Bauplan und Topographie der Vorniere besprochen, erübrigt mir nun noch, auf die Bilder einzugehen, welche ihre Zellen bei näherer Untersuchung darbieten. Ich wende mich zunächst zur Schilderung der histologischen Charaktere des Trichters und der Trichtergänge der Vornierenkanälchen. Die Zellen dieser Abschnitte der Vorniere sind kubisch oder kurz zylindrisch und durch den Besitz ausserordentlich langer Zilien ausgezeichnet. Am Trichterrande gehen sie unter Ab- plattung und Verlust ihrer Flimmerhaare in die flachen Zellen über, welche die Vornierenkammer auskleiden. Dieser Übergang vollzieht sich an der medialen Seite des Trichters völlig unver- mittelt, indem hier die den Trichterrand bildenden Flimmerzellen direkt an die flachen Zellen des Peritoneal-Epithels grenzen. An der lateralen Seite der Trichterzellen hingegen folgt auf die- selben stets eine 3—5 Zellen breite Zone, deren Elemente dieselben Eigenschaften wie die Trichterzellen selbst besitzen. Aus dieser Region ist auch die Fig. 13 genommen. Dasselbe Aussehen bieten auch die Kanälchen des ersten Abschnittes der Niere der erwachsenen Amphibien. Zahlreiche Forscher, die sich teils mit diesen, teils mit der Vorniere beschäftigten, geben übereinstimmend an, dass die Zellen nicht mehrere Flimmerhaare, sondern eine einzige, sehr lange Geissel tragen. Der älteste Autor, bei dem ich eine derartige Angabe finde, ist Bidder. Er schreibt: „Das Flimmerepithelium in den Nieren scheint mir nämlich eine ganz eigentümliche und von den bisher bekannt gewordenen Formen abweichende Organisation zu besitzen. Wenn nämlich schon die Zylinder oder Kegel des Nierenepitheliums die ungewöhnliche Stellung haben, dass ihre Basen gegen die Tunica propria der Harnkanälchen und ihre Spitzen gegen die Höhlung derselben gerichtet sind, so zeigen dementsprechend auch die Wimpern das abweichende Verhältnis, dass sie nicht in mehrfacher Zahl auf den Basen der Epithelialkegel aufsitzen, Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandramaculosa. 291 sondern vielmehr aus der langausgezogenen Spitze eines jeden solchen Kegels hervorgehe.“ Und ebenso wie Bidder, meldet auch Brauer, einer der jüngsten Autoren auf unserem Gebiete, sowohl bezüglich der Zellen der Nephrostomalkanäle der Vorniere wie der Urniere bei Gymnophionen, dass „jede Zelle auf der Mitte ihrer Oberfläche eine lange Geissel trägt, welche distalwärts, also in der Richtung zum Vornierengange, schlägt.“ Auch auf seinen Abbildungen, welche durchwegs etwas schematisch gehalten sind, ist an jeder Zelle nur eine einzige, lange Geissel dargestellt, ohne dass eine Zusammensetzung derselben aus einzelnen Fäden angedeutet wäre. Und doch hat schon Wichmann in einer Arbeit, die er unter Anleitung Nussbaums durchführte, die Angabe gemacht, dass die Zellen der Trichterkanäle bei Batrachiern „Büschel“ langer Zilien tragen. Die Angaben Bidders und der älteren Forscher beruhen zumeist auf den Untersuchungen der frisch isolierten Vornierenkanälchen. In einem derartigen Präparat sieht man — wie ich mich selbst überzeugte — in der Tat nur eine einzige lange Geissel, welche stark lichtbrechend ist, einen leicht gelblichen Ton besitzt und im ruhenden Zustande wie ein starker, langer Spiess aussieht, der höchstens in seinem basalen Stücke gelegentliche Andeutungen einer fibrillären Zusammen- setzung aufweist. An Schnitten dagegen ist man imstande, die Zusammensetzung dieser Geissel aus zahlreichen einzelnen Zilien zu erkennen. Es muss dies damit zusammenhängen, dass die einzelnen Zilien durch eine Substanz, welche im frischen Zustande nahezu das gleiche Lichtbrechungsvermögen wie die Flimmerhaare selbst besitzt, verklebt sind. Färbt man die Schnitte mit Eisenhämatoxylin, so erkennt man an dem Ursprunge der Zilien typische Basalkörperchen, welche ein mittleres, kuppen- förmig vorgewölbtes Feld an der Oberfläche der Zellen einnehmen. Die Kerne der Zellen sind meist rund und füllen den grössten Teil des nur kleinen Zellkörpers aus. Das Protoplasma ist sehr dicht und lässt eine besonders hervortretende Faserung nicht erkennen. In zwei Arbeiten, die erst im vorigen Jahre erschienen sind, haben Regaud und Policard ähnliche Verhältnisse von den Trichterkanälen der Niere von Petromyzon und von gewissen Abschnitten der Harnkanälchen bei Schlangen beschrieben. Im ersteren Falle glückte es ihnen auch, die fibrilläre Struktur des Zellkörpers aufzudecken und den Nachweis zu erbringen, dass 292 Hans Rabl: die Basalkörperchen nicht nur die Ausgangspunkte der nach aussen ragenden Flimmerhaare bilden, sondern auch mit Fibrillen des Protoplasmas in Zusammenhang stehen, welche die Zellen in vertikaler Richtung durchziehen. Ausserdem machen jene Autoren darauf aufmerksam, dass die grosse Geissel, zu der sich die Einzelzilien verbinden, nach ihrem Querschnitte zu urteilen, eine bandartig abgeplattete Gestalt besitzt. Eine solche kommt vielleicht auch den Geisseln der Amphibien zu, wenigstens legt die verschiedene Dicke der Zilienbüschel auf Fig. 13 eine der- artige Möglichkeit nahe. An das flimmernde Anfangsstück des Vornierenkanälchens schliesst sich der bei weitem grössere Abschnitt desselben, welcher von Zellen ausgekleidet wird, die als Drüsenzellen angesprochen werden müssen. Denselben Zellen begegnet man — wie bereits erwähnt wurde — im ersten Teile des Ausführungs- ganges der Vorniere, den ich als das Drüsenstück des Vornieren- ganges bezeichnet habe, sodass ich den Bau der Vornieren- kanälchen und dieses letzteren gleichzeitig besprechen kann. Wie ein Blick auf Taf. XVII zeigt, ist das Aussehen der Drüsenzellen ein ungemein wechselndes. Es kann dies nur mit dem verschiedenen Funktionszustande, in welchem die Zellen fixiert wurden, zusammenhängen. Zur Fixierung wurde fast ausschliesslich Pikrinsäure-Sublimat (1:1:2 dest. Wasser) ver- wendet, worin die Larven in toto eingelegt wurden. Zur Färbung diente Hämatoxylin-Eosin, gelegentlich auch Eisenhämatoxylin. Das P.-S.-Gemisch ist bis jetzt nur ausnahmsweise zur Unter- suchung der Nierenzellen angewendet worden. Am häufigsten wurde in diesem Falle die Flemming’sche Lösung (Nicolas, Disse u. a.) oder das von v. Gehuchten empfohlene Gemisch (Sauer u. a.) benützt. Die Flemming’sche Lösung habe ich wohl auch gelegentlich verwendet; dass ich mich aber im übrigen auf das P.-S.-Gemisch beschränkte, hat darin seinen Grund, dass es zunächst nicht in meiner Absicht lag, eine Untersuchung der histologischen Struktur der Vorniere vorzunehmen. Ich wurde zu derselben erst durch den guten Erhaltungszustand, den die Drüsenzellen nach Fixierung in dieser Mischung darboten, veranlasst. Man kann an denselben stets zwei Abschnitte unterscheiden: einen inneren, dem Kanallumen genäherten Abschnitt und einen Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandra maculosa. 293 äusseren, in welchem fast stets der Kern gelegen ist. Nur selten nimmt dieser letztere eine mehr zentrale Lage ein. Der Kern ist bald rundlich, bald länglich, und in diesem Falle mit seiner Achse stets in der Richtung der grössten Zellausdehnung gelegen. Bei zylindrischen Zellen liegt er demnach senkrecht zur Kanälchen- wand, bei abgeplatteten Zellen parallel derselben. Gar nicht selten sind die Kerne tief gelappt; zuweilen scheinen diese Buchten vollkommen durchzuschneiden, sodass man glauben könnte, zwei Kerne in einer Zelle vorzufinden. Doch habe ich niemals zwei räumlich vollkommen getrennte Kerne in einer Zelle angetroffen. Ich will aber ein derartiges Vorkommen nicht ausschliessen, da ja bei anderen Drüsenzellen und sogar in den Tubuli contorti der Säugetierniere zwei Kerne mit Sicherheit nachgewiesen wurden (S. Mayer). Gewöhnlich ist der äussere Zellabschnitt stärker gefärbt als der innere, seltener liegt das umgekehrte Verhalten vor. Wir finden das erstere beispielsweise in Fig. 17, 13 und 21, das letztere auf Fig. 20. Die Betrachtung der genannten Figuren lehrt, dass der äussere Teil zarte Fäserchen enthält, die entweder in grosser Zahl, parallel und dicht nebeneinander verlaufen (Fig. 20) oder durch schmale Spalten voneinander getrennt sind (Fig. 21) oder schliesslich ein scheinbares Netzwerk bilden, welches sich aus stärkeren und zarteren Fibrillen zusammensetzt, zwischen denen sich grosse, scheinbar leere Räume ausdehnen «(Fig. 17 und 18). Der äussere Teil der Zellen enthält Lücken, ‚die im Gegensatz zu den oben beschriebenen scharf begrenzt sind und daher den Eindruck von Vakuolen machen. Wo die- ‚selben ausserordentlich zahlreich sind, wie in Fig. 20, erscheint der sie enthaitende Zellteil blass gefärbt. Neben den Vakuolen ‘sind im peripheren Zellteile stets zahlreiche, bald sehr kleine, ‚bald grössere Körnchen vorhanden, welche sehr dicht gelagert ‘sind und dadurch die Struktur des Protoplasmas zum grössten Teile verdeeken. Doch lässt sich an geeigneten Zellen (Fig. 15) zeigen, dass sich die in der inneren Zellzone sichtbaren Fäden :auch naeh aussen zwischen die Körnchen hinein fortsetzen, dass -also auch hier das Protoplasma eine fädige Struktur besitzt. Innere und äussere Partie einer Zelle sind am schärfsten an der auf Fig. 19 'wiedergegebenen Zelle, welche sich in Teilung befindet, gegen- «einander abgegrenzt. Hier kann man stellenweise eine parallel der 294 Hans Rabl: Zelloberfläche fortlaufende Linie sehen, welche den helleren, radiär zestreiften Innenteil vom körnigen Aussenteile der Zelle scheidet. An den beiden Nachbarzellen ist hingegen diese Grenze mehr als anderswo verwischt, indem kleinere und grössere Körner auch im netzigen Innenteil liegen. Sind die Zellen niedrig, wie in den Fig. 14, 16 und 24, so ist der Unterschied zwischen innerer und äusserer Zellpartie allerdings nicht sehr in die Augen springend: doch liegt auch hier eine Verschiedenheit vor, indem in den Figuren 16 und 24 im äusseren Teile der Zelle grosse, mit Eisen-Hämatoxylin schwarz gefärbte Körner vorhanden sind, die im inneren Teile fehlen, während in den ganz flachen Zellen der Fig. 14 der äussere Teil durch den Besitz von Vakuolen ausgezeichnet ist. welche im inneren Teile nicht vorkommen. In den letztgenannten Figuren lässt sich sehr deutlich ein schmaler homogener Saum wahrnehmen, der die Zellen an ihrer freien Seite überzieht. Derselbe besitzt eine Breite von 0,9—1 u und ist von dem Zellkörper durch eine dunklere Linie abgesetzt, die an vielen Stellen eine Zusammensetzung aus ganz kleinen, dicht nebeneinander liegenden Körnchen erkennen lässt. Die- selben sind in Fig. 15 deutlich zu sehen. Aus derselben kann man auch entnehmen, dass jene Körnchen die Endpunkte der bereits beschriebenen radiären Fibrillen sind. An gelungenen Eisen-Hämatoxylin-Präparaten erscheinen die Fibrillen als äusserst zarte, tief blauschwarz gefärbte Linien, welche einen geraden oder leicht gebogenen Verlauf nehmen Ohne diese besondere Färbung ist das Fadengerüstwerk der Zelle nur undeutlich wahr- zunehmen. Ausser diesen Gebilden kann man an Eisen-Hämatoxylin- Präparaten auch die (Querschnitte der Kittlinien als schwarze Punkte auffinden; dagegen waren die Zentralkörperchen nicht zur Darstellung gekommen. Was die Natur jenes Saumes anbelangt, so kann derselbe wohl nichts anderes als das Homologon des Bürstenbesatzes sein, welcher die freie Seite der Zellen der Tubuli contorti der Urniere und des Metanephros überzieht. Es geht dies, abgesehen von seiner Lage, aus dem beschriebenen punktierten Aussehen der unteren Grenzlinie des Saumes hervor. Zudem gleichen die in Fig. 14 dargestellten Zellen durchaus jenen, welche Meves aus der Urniere einer Salamanderlarve abgebildet hat. Unter den zwölf Figuren, welche seiner Arbeit beigegeben Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 295 sind, erscheint auf neun der Saum homogen und nur in drei Zellen ist er fein gestrichelt. Von den kleinen Körnchen, welche in die untere Grenzfläche des Saumes eingelagert sind, entspringen, wie in Fig. 14 und 15, zarte Fäden, welche sich da und dort in die Tiefe verfolgen lassen und augenscheinlich Bestandteile des Mitoms des Zellkörpers darstellen. Dass in meinen Präparaten niemals eine Strichelung des Saumes zur Beobachtung kam, hängt jedenfalls mit der Wirkung der Fixierungsflüssigkeit zusammen. Denn wenn ich auch, wie ich im folgenden aus- einandersetzen werde, glaube, dass der Saum seine Struktur nicht in allen Phasen der Sekretion gleichmässig bewahrt, so scheinen mir doch gerade die in Fig. 14 und 15 abgebildeten Zellen solche zu sein, an denen die Zusammensetzung des Saumes aus zarten Stäbchen zu erkennen sein müsste, falls eine günstiger wirkende Fixierungsflüssigkeit zur Anwendung gelangt wäre. Die Strichelung des Saumes, die Meves in einzelnen günstigeren Präparaten wahrnehmen konnte, beweist aber zur Genüge, dass seine Deutung desselben als Bürstenbesatz berechtigt ist. Eine auffallende Erscheinung liegt in der Tatsache, dass der Bürstenbesatz in der Vorniere und Urniere von Salamander- larven so ausserordentlich niedrig ist. Vergleichen wir damit die Maasse, welche Lorenz und andere bei Säugetieren und erwachsenen Amphibien gefunden haben, so sehen wir, dass dort die Höhe des Bürstenbesatzes das vier- bis achtfache von jenem der Salamanderlarven beträgt. Beim Menschen hat Lorenz die Höhe des Bürstenbesatzes in drei Fällen genau bestimmt. Er fand denselben in den Tubuli contorti einer kompensatorisch hypertrophierten Niere 3—44: hoch, während die Höhe der Epithelzellen 17—24u betrug; in einem anderen Falle war er 2« hoch, während die Zellen 8—134. maassen. Bei einem Neu- geborenen besass er eine Höhe von 3u, die Zellen waren 11—13 u hoch. Bei Säugetieren schwankt die Höhe der Zellen der Tubuli eontorti zwischen 13 und 19, die Höhe des Bürstenbesatzes zwischen 2 und 4u. Sie beträgt durchschnittlich '/;—'/s der Zellhöhe. In den Zellen von Murmeltieren während des Winter- schlafes beobachteten R. und A. Monti einen Bürstenbesatz, dessen Höhe '/s der gesamten Zellhöhe betrug und nicht viel niedriger scheint derselbe bei Fledermäusen unter der gleichen Bedingung nach Disse zu sein. 296 Hans Rabl: Bei den Amphibien ist der Bürstenbesatz nicht so stark entwickelt. Nach Lorenz beträgt er beim Frosch 1!/—2 1. Aus den Abbildungen, welche Sauer seiner Arbeit beigegeben hat, lässt sich ersehen, dass der Bürstenbesatz von Fröschen bei hochzylindrischen Zellen ca. !/s, bei etwas niedrigeren Zellen ca. '/; der Höhe des Protoplasmakörpers gleichkommt. Über den Bürstenbesatz der Vorniere von Amphibien haben, soviel ich sehe, nur zwei Autoren Mitteilungen gemacht. Der eine ist Nussbaum, bekanntlich der Entdecker dieses viel diskutierten Zellbestandteiles. In der kurzen Notiz, durch welche er zum erstenmale auf die Existenz des Bürstenbesatzes aufmerksam gemacht hat, wird bereits die Vorniere der Amphibien unter jenen Organen aufgezählt, an denen dieses Gebilde zur Beobach- tung kommt. Es heisst da: „Bei Amphibien und einigen Fischen tragen die Zellen dieser Kanalstücke, ebenso die entsprechenden Abschnitte in der Vorniere der Teleostier und Batrachier einen breiten Besatz kurzer Wimpern.“ In der Arbeit von Nussbaums Schüler Wiehmann ist folgende Beschreibung des Bürstenbesatzes der Drüsenzellen enthalten: „Der dem Lumen zugewandte Saum der Zellen ist wie aus starren Flimmerhaaren zusammengesetzt, eine Bildung, die an den Bau der Zylinderzellen der Darmschleimhaut erinnert.“ Der Arbeit Wichmanns sind leider keine Abbildungen beigefügt ; dagegen bildet Nussbaum bei anderer Gelegenheit „Borsten- zellen aus dem Anfangsteile der Vorniere von Rana fusca“ ab, deren Bürstenbesatz ca. '/;; der Höhe des gesamten Zellkörpers ausmacht. Nicht so deutliche Bilder eines Bürstenbesatzes erhielt Brauer bei Hypogeophis. Hier besitzen die Zellen jener Teile der Vornierenkanälchen, welche Brauer als zweiten und dritten Abschnitt bezeichnet, an der Peripherie „eine schmale Zone von feinen dicht gelagerten Körnchen“, welche Brauer als Rest des durch die Fixierungstlüssigkeit zerstörten Bürstenbesatzes deutet. Vergleicht man die Höhe des Bürstenbesatzes in den Zeichnungen Nussbaums mit jener, welche ich an eigenen Präparaten finde, so ergibt sich, dass der Bürstenbesatz bei Batrachiern wesentlich höher als bei Urodelen ist; es wäre denn, dass Nussbaum den eigentlichen Bürstenbesatz gar nicht gesehen, sondern jene streifige Zone mit demselben verwechselt hätte, die, wie ich oben beschrieben habe, die Innenseite aller Drüsenzellen bildet. Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 297 In der ersten Mitteilung, in der Nussbaum des Bürsten- besatzes Erwähnung tut, findet sich auch die Angabe, dass er eine Bewegung desselben in der Niere erwachsener Tritonen wahrgenommen habe. Die betreffende Stelle lautet: „An der lebenden Tritonen-Niere kann man nicht allein in den isolierten Kanälen der Geschlechtsniere, sondern auch gelegentlich eines günstigen Objekts in der kompakteren Beckenniere die Bewegung der Zilien beobachten. An frischen Schnittpräparaten der Frosch- niere habe ich nie Bewegungen dieser Fortsätze gesehen.“ Auch in einer späteren Arbeit gedenkt Nussbaum der Bewegung, die er an den oral gelegenen Harnkanälen gefunden habe. Diesen Abschnitt der Niere bezeichnete er bei anderer Gelegenheit als Vorniere. Ich hebe dies speziell hervor, damit nicht etwa die irrtümliche Anschauung auf tauche, als ob Nussbaum den Bürstenbesatz der embryonalen Vorniere bei Batrachiern flimmern gesehen hätte. Dass in der Geschlechtsniere von Urodelen Kanäle mit gewöhnlichem Flimmerepithel vorkommen, ist eine Tatsache, die schon von R. Heidenhain (1874) erwähnt wurde. Ich kann diese Angabe bestätigen, muss es jedoch vorläufig dahingestellt sein lassen, ob diese flimmernden Kanalabschnitte denjenigen entsprechen, welche bei Batrachiern von Zellen mit „starren Borsten“ ausgekleidet sind. Die Vornierenzellen der Salamanderlarven, welche jenen Saum tragen, den ich als Bürstenbesatz bezeichne, besitzen eine verschiedene Höhe, wie sich aus Fig. 14 und 15 ergibt. Die Mehrzahl der Zellen mit deutlichem Saum ist flach, breiter als hoch. Ihr Durchmesser in radiärer Richtung beträgt nur 9—13 u. Zuweilen jedoch sind die Zellen bedeutend höher und messen dann in derselben Richtung 16—20.«. Es bildet demnach der Bürstenbesatz einen verschwindenden Bruchteil des ganzen Zell- körpers. Noch weiter verschiebt sich das Verhältnis, wenn die Zellen eine hochcylindrische Gestalt besitzen, wie die in Fig. 17 und 18 abgebildeten. In diesen Fällen kann ich einen eigent- lichen Saum nicht wahrnehmen. Wohl aber findet man die Zellen nach dem Lumen zu durch eine membranartige Verdichtung des Zellkörpers abgeschlossen, deren Breite jener des Saumes nahe kommt. Nur höchst selten ist der Innenkontour der Zelle so zart, dass er unter die Breite von !/2« herabgeht. In keinem dieser Fälle habe ich aber jemals jene Reihe winziger Körnchen 298 Hans Rabl: sehen können, welche den typisch ausgebildeten Bürstensaum nach aussen begrenzt. Ähnliche Verhältnisse, nur klarer wegen der deutlichen Sichtbarkeit der feineren Struktur des Bürstenbesatzes hat Nicolas von den Zellen des postglomerulären Segmentes der Harnkanälchen aus der Urniere von Schafembryonen beschrieben. In denjenigen Zellen, welche dieser Forscher als „ruhend“ bezeichnet, besteht der Bürstenbesatz aus breiten, wohl individualisierten, von einander scharf geschiedenen Stäbchen, welche sich gegen die Zellen durch breite Säume absetzen. In secernierenden Zellen hingegen sind die Zilien sehr fein, durch eine färbbare Substanz mit einander verbunden und mit dem Zellkörper in innigem Zusammenhang. Ich werde im folgenden zu beweisen suchen, dass jene Zellen der Vorniere, deren Gestalt eine hochzylindrische ist und deren Innenteil hell erscheint, grössere Secretmengen enthalten als die flachen Zellen. Sie sind mit den „cellules en activite*“ von Nicolas identisch. So glaube ich annehmen zu dürfen, dass in demselben Maasse, in dem sich die Zellen mit Secret anfüllen, der Bürstenbesatz eine Modifikation erfährt, die vor allem darin besteht, dass die Basalkörperchen desselben, welche ja nur Knötchen im Verlaufe jener Fäden sind, welche den Zellkörper durchziehen und den Bürstenbesatz bilden, ver- schwinden und der Saum selbst durch weitere Verdichtung des- selben in eine scheinbare Membran umgewandelt wird. Die Kanälchen der Vorniere haben eine verschieden weite Lichtung und verschieden grossen Durchmesser. Doch fällt nicht immer die weite Lichtung mit dem grossen Durchmesser, die enge Lichtung mit dem kleinen Durchmesser zusammen. Den grössten Durchmesser haben jene Kanäle, deren Zellen so flach wie die in Fig. 14 dargestellten sind. Hier ist auch die Lichtung ausserordentlich weit. Unter meinen Larven besitze ich zwei, deren Vornieren auf beiden Seiten aus so weiten Kanälen bestehen. In diesen Fällen zeigt auch der Vornierengang eine enorme Lichtung und der Querschnitt des Schaltstückes, das sonst stets nur eine schmale und enge Röhre darstellt, erreicht die Grösse des Querschnittes der sezernierenden Kanalabschnitte. Dieses Verhalten legt den Schluss nahe, dass hier keine gesteigerte Sekretion der Drüsenzellen, sondern eine Vermehrung des Harn- wassers bestaud, welches gleichmässig Drüsenkanäle und End- Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandra maculosa. 299 stücke ausdehnte. Durch die aus den Gefässen des Glomerulus stammende, von den Trichtergängen in die Kanälchen hinein- gewimperte Flüssigkeit waren die Vornierenkanälchen erweitert worden. Die Zellen geben auch ihrerseits keinerlei Anhalts- punkte zu der Annahme an die Hand, dass sie lebhafter als sonst sezernieren, denn ihr Innenteil zeigt ein dichtes Faden- gerüstwerk und nur im Aussenteile sind Vakuolen zu beobachten. Sie gleichen in dieser Hinsicht sogar denjenigen Zellen, welche höchstwahrscheinlich nicht sezernieren, wie die in Fig. 25 und 26 dargestellten Zellen, welche aus einem der Obliteration entgegen- gehenden Vornierenkanälchen stammen. Anders erklärt Sauer die Erweiterung der Kanälchen des zweiten Abschnittes in der Niere von Fröschen, deren Diurese er künstlich gesteigert hatte. Er geht von der Annahme aus, dass sich der Harnstoff und andere Stoffe, die durch die Zellen der gewundenen Kanälchen abgeschieden werden, während der Sekretionspausen in den Zellen nicht anhäufen, sondern dass die Vermehrung der von den Zellen ausgeschiedenen Substanzen mit der Steigerung des Harnwassers parallel gehe, und schliesst weiter, dass bei Polyurie auch die Zellen lebhafter sezernieren. Diese Anschauung scheint mir aber vom physiologischen Standpunkte aus recht unwahrscheinlich. Ist doch die Menge des im Harn er- scheinenden Harnstoffes unter normalen Umständen in erster Linie dureh die Zusammensetzung der eingenommenen festen Nahrung (Zunahme bei vermehrter Fleischkost) bedingt, während die Menge des Harnwassers — wenn man von Diureticis absieht — mit der Menge der zugeführten Flüssigkeit steigt und fällt. In dem von Huppert bearbeiteten bekannten Buche „Analyse des Harnes* von Neugebauer und Vogel (9. Aufl. 1390) finde ich eine Angabe von Camerer zitiert, wonach die absolute Menge des mit dem Harnstoffe und dem Ammoniak ausgeschiedenen Stickstoffes gleich bleibt, ob die Harnmenge durch reichliche Wasserzufuhr erhöht oder durch Steigerung der Perspiration vermindert wird. Ich stimme daher vollkommen der Kritik Gurwitschs zu, wenn dieser mit Rücksicht auf die Experimente Sauers, bei den Fröschen eine Polyurie zu erzeugen, schreibt: „Ob es dabei auch zu einer vermehrten Ausscheidung der festen Bestandteile kam, ob die eventuell in gesteigertem Maasse aus- geschiedenen Stoffe nicht bereits in konzentrierter Form in den 300 Hans Rabl: Kanal-Lumina der Trocken-Niere angehäuft waren, ob überhaupt von einer gesteigerten sekretorischen Tätigkeit der Epithelien der gewundenen Kanäle gesprochen werden darf, darüber fanden wir bei Sauer keine Angaben.“ Die Versuche Sauers sowie jene Sobieranskys. welcher mehrere Diuretica verschiedener Konstitution anwandte und ähnliche Bilder, wie der erstere erzielte, beweisen meiner Meinung nach nur, dass die gesteigerte Menge des Harnwassers die Harnkanälchen ausdehnt, sodass die Zellen flacher werden, während ihr Bürstenbesatz zum Vorscheine kommt. Der Durchmesser der Vornierenkanälchen mit flachen Zellen beträgt ca. 80 u, davon entfallen ca. 10 « auf die Zellen, 60 « auf die Lichtung. Die nächstgrossen Kanäle sind jene, welche von umfangreichen, hochzylindrischen Zellen ausgekleidet werden. Der Durchmesser dieser Kanäle beträgt 70 «, die durchschnitt- liche Zellhöhe etwa 30 «, sodass nur 10 « auf das Lumen kommen. Zellen dieser Art sind in Figur 17, 18 und 19 dargestellt. Der äussere Teil ist zumeist von einem kompakten, körnchenhaltigen Protoplasma gebildet, der innere Teil ist hell und von Fäden durchzogen. Während der Raum zwischen demselben bei Färbung mit Hämatoxylin-Eosin leer aussieht, kann man an Eisen-Häma- toxylin-Präparaten grössere Körner daselbst wahrnehmen. Nur selten enthält der äussere Teil des Zellkörpers in diesem Stadium Vakuolen. Zumeist schliessen die Zylinderzellen dicht aneinander, wie dies Fig. 17 und 19 zeigen; zuweilen aber berühren sie sich nur mit ihrem äusseren Anteile, während die inneren Partien als kegelförmige Aufsätze frei in das Lumen ragen (Fig. 23). Dasselbe Aussehen bieten auch die Drüsenzellen in der bleibenden Niere von Salamanderlarven, wie ich sowohl an eigenen Präparaten finde und wie andererseits bei Betrachtung der Fig. 626 in Schneiders Handbuch der vergleichenden Histologie hervor- geht. Schneider nennt diesen inneren Teil der Zelle Sekret- hügel. - Isolierten Sekrethügeln begegnet man nur in besonders breiten Kanälchen. Man muss annehmen, dass sich in diesem Falle die von früher her gedehnte Tunica propria noch nicht verkleinert hatte, denn die Basalflächen der Zellen haben einen auffallend grossen Durchmesser. Solche Zellen beweisen auch, dass die Zunahme ihres Körpers in radiärer Richtung ausschliess- Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandramaculosa. 301 lich Folge ihres eigenen Wachstums ist, während jene hohen Zellen, die bis an ihre freie Seite aneinander schliessen (Fig. 17), den Verdacht erwecken könnten, dass sie nur deshalb eine zylindrische Gestalt angenommen haben, weil sich ihre Basis verkleinert hat. Eine ganz eigentümliche Deutung erhielt die Innenzone dieser zylindrischen Drüsenzellen durch Disse. Wie ich an meinem Objekte, findet Disse auch bei Säugetieren an so gebauten Zellen keinen deutlichen Bürstenbesatz und glaubt daher, dass jener ganze Kegel aus dem Bürstenbesatz der ruhenden Zelle hervorgegangen sei. Ich kann dieser Ansicht weder für die Vor- und Urniere der Amphibien, noch für die gewundenen Kanälchen der Säugetierniere beipflichten. Bezüglich der ersteren muss ich auf Fig. 15 verweisen, wo ein kuppenförmig gegen das Lumen ragender Sekrethügel — wenn auch nur von geringer Höhe — vorhanden ist und sich doch sowohl das Mitom des Zell- körpers als auch der Saum deutlich voneinander unterscheiden lassen. Der Vergleich dieser Figur mit den Zellen, die einen hohen Sekrethügel besitzen, lässt wohl keine andere Erklärung zu, als dass durch Vermehrung des flüssigen oder körnigen Sekretes in den Maschen des Mitoms der Zellkörper angeschwollen sei, während sich der Saum in der oben beschriebenen Weise abgeflacht hat. Die in Fig. i9 dargestellte Zelle in Mitose wäre am ehesten geeignet, im Sinne Disses gedeutet zu werden, denn “hier ist der fädige Aussenteil der Zelle gegen den körnigen Innenteil stellenweise durch eine Linie vollkommen geschieden. Man könnte daher den Aussenteil leicht als Bürstenbesatz auf- fassen. Vergleicht man mit dieser Figur die Zellen der Abbildung 20, so möchte man geneigt sein, auch bier den Aussenteil der Zelle als Bürstenbesatz zu deuten, obgleich hier jene Trennungslinie fehlt. Diese Zelle würde den Übergang zu den hochzylindrischen Zellen, wie ich sie eben beschrieben habe, vermitteln. Diese Reihenfolge erweist sich aber als ein Trugschluss, wenn man die Fig. 15 betrachtet. Auch hier sind innerer und äusserer Zellenteil scharf geschieden, der innere ist körnig, der äussere fädig. Über dem letzteren aber befindet sich ein homo- gener Saum, der echte Bürstenbesatz. Unter diesem Gesichts- punkte zeigt Fig. 19 nur einen besonderen Grad der Trennung Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 20 302 Hans Rap: des fibrillären Innenteiles von der Aussenzone, der offenbar mit der Kontraktion des Protoplasmas bei der Mitose zusammenhängt. Die breite, dunkle Grenzlinie, welche die Innenzone bedeckt, muss als Rest des Bürstenbesatzes aufgefasst werden. Diese Mitose beweist ausserdem die Richtigkeit der Meves’schen Behauptung, dass die Zellen in einer gewissen Phase der Teilung in ihrer sekretorischen Funktion innehalten. Denn während die Nachbar- zellen stark angeschwollen sind, ist die im Diaster-Stadium befindliche Zelle kleiner und sind in der Aussenzone keine grösseren Hohlräume oder Körner vorhanden. Ich habe im vorhergehenden wiederholt betont, dass die zylindrischen Zellen wohl nur deshalb einen grossen Durchmesser in radiärer Richtung besitzen, weil sie mit Sekret gefüllt sind. Diejenigen Zellen, deren Grösse zwischen den beschriebeneu Extremen liegt, müssen sich teils im Wege der Anschwellung, teils der Abschwellung befinden. Eine solche Zelle ist beispiels- weise in Fig. 21 dargestellt. Es scheint mir recht wahrscheinlich, dass hier eine Vorstufe der in Fig. 17 wiedergegebenen Phase vorliegt. Doch sind jene Bilder schwer zu deuten und ist eine Entscheidung besonders in der Richtung schwer zu treffen, ob die Zelle im Begriffe ist, sich zu vergrössern, oder abzuflachen. Sauer fand die Harnkanälchen bei Fröschen im Zustande der Anurie von hohen Zylinderzellen ausgekleidet, die nur ein ganz enges Lumen umschlossen. Dasselbe gibt Disse für die Harn- kanälchen von Fledermäusen während des Winterschlafes und ° R. und A. Monti für die von Murmeltieren im gleichen Zustande an. In allen Fällen erschien der Bürstenbesatz sehr hoch und deutlich. Wurde bei Trockenfröschen die Diurese angeregt, so tlachten sich die Zellen allmählich ab. Da dies aber nicht ganz gleichmässig geschieht, so ist das innere Niveau des Harn- kanälchens anfangs wellenförmig, indem einzelne Zellen mit Kuppen über die anderen emporragen. Den Übergang der Epithel- zellen aus der flachen Form in die zylindrische hat Sobieransky beschrieben. Er findet, wie Sauer, bei Salz- und Harnstoff- Diurese das Kanallumen weit, die Drüsenzellen niedrig, den Bürstenabsatz schön ausgebildet. Tötett man die Tiere (Sobieransky verwendete Kaninchen) wenn die Salzwirkung im Abklingen war, so erschienen die Zellen gequollen, das Lumen war viel kleiner, der Bürstenbesatz nicht deutlich entwickelt. Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaeulosa. 303 Abgesehen von der Anfüllung mit Sekret sehe ich an meinen Präparaten noch eine zweite Ursache, die zur Bildung hoch- zylindrischer Zellen führt. Die in Fig. 26 abgebildete Zelle besitzt eine Höhe, welche jener der sekretgefüllten Zelle von Fig. 17 u. 18 gleichkommt, das Kanallumen ist hier ganz verschwunden, indem die Zellen in der Mitte unmittelbar aneinander stossen. Der Zellkörper aber besitzt eine Struktur, die sich wesentlich von jener der genannten Zellen unterscheidet. Denn er ist innen sehr kompakt; die radiäre Streifung ist wohl noch zu sehen, aber die Fibrillen liegen eng nebeneinander und sind in einer durch Eosin färbbaren Masse eingebettet. Der Innenrand und die inneren Teile der Seitenränder der Zelle sind von einer glänzendroten Linie, vermutlich dem Reste des Bürstenbesatzes, begrenzt. Aus der Rekonstruktion der Vorniere, welcher die beschriebene Zelle entnommen ist, ergibt sich, dass sie dem zweiten Vornierenkanälchen angehört, dessen Trichter bereits obliteriert ist. Die Rückbildung greift von dem Trichter aus auf den Trichtergang über und schreitet auf das Kanälchen fort. Noch eine Strecke weiter entfernt vom Trichter erhält das Kanälchen ein Lumen und die Zellen sind niedriger als im Falle der Fig. 26. Aus dieser Region stammen die Zellen der Fig 25. Es fallen an ihnen die ebenen Flächen auf, welche ihre freie Innenseite begrenzen und in je einer scharfen Kante zusammen- stossen. Im übrigen besitzen sie dasselbe Aussehen, welches eben von Fig. 26 beschrieben wurde. Die Höhe dieser Zellen beträgt 16—28 «, der Kanälchen-Durchmesser 43 «. Ich wende mich schliesslich der Besprechung der ver- schiedenen paraplasmatischen Bestandteile der Drüsenzellen, jenen Körnchen und Vakuolen zu, welche von allen Forschern auf dem Gebiete der Nierensekretion gesehen, von van der Stricht, Nicolas, Meves und Gurwitsch als wichtige Zellprodukte gedeutet wurden und nur von seiten Sauers, der sie als Produkte ungünstiger Fixierung auffasste, keine weitere Beachtung fanden. Die Drüsenzellen der Vorniere zeigen an Präparaten aus Pikrin-Sublimat in verschiedenen Stadien der Sekretion zahl- reiche Vakuolen, welche vor allem den basalen Teil der Zelle einnehmen und von beträchtlicher Grösse sind. Zweifellos müssen sehr viele derselben als extrahierte Fettropfen gedeutet werden; ob alle, lässt sich natürlich nicht entscheiden. Doch geht aus 20* 304 Hans Rabl: der Betrachtung der Vornieren von Salamanderlarven, die in Flemming'scher Flüssigkeit gehärtet waren, hervor, dass viele Zellen ganz enorme Mengen von Fett enthalten. Auch in einer Salamanderlarve, die ich vor mehreren Jahren aus besonderem Grunde durch Monate ohne Futter gelassen hatte und darauf in Flemming’scher Flüssigkeit fixierte, waren die Nieren- kanälchen mit Fettropfen vollgepfropft. Aus dem Vergleich der Fig. 19 u. 20 mit Vornierenzellen nach Osmium-Behandlung möchte ich schliessen, dass sowohl die in der ersteren Figur sichtbaren leeren Maschen des äusseren Teiles, als auch die grossen Hohl- räume der letzteren Abbildung von Fett ausgefüllt waren. In der inneren, fein gestreiften Zone fehlen die Fettropfen. Wie ich in der Vorniere, hat Meves in der bleibenden Niere von Salamanderlarven Fettropfen gefunden. Regaud und Policard beobachteten sie in der Niere von Schlangen. Van der Stricht beschreibt sie in der Niere von Kaninchen, Nicolas in der Urniere von ebensolchen, von Schafen und Schweinen. In grösster Menge finden sie sich nach v. Ebner in den Harnkanälchen von Mastschweinen. Muss demnach die Mehrzahl der Vakuolen in der äusseren Zone auf die Gegenwart von Fett zurückgeführt werden, so können es keine Sekretvakuolen sein, wie bisher vielfach angenommen wurde. Neuestens hat Gurwitsch Experimente mitgeteilt, aus denen hervorgeht, dass die Vakuolen und Granula der Nieren- zellen als Sekret-Kollektoren und Kondensatoren aufgefasst werden dürfen. Nach seiner Meinung besteht die vitale Tätigkeit der Nierenzellen in der Erzeugung von Vakuolen und Granula, welche die Eigenschaft haben, die durch Diffusion in das Zellplasma auf- genommenen Stoffe aufzuspeichern. Fehlen in einem gegebenen Augenblicke diese Vakuolen, so ist auch die Nierenzelle nicht befähigt, die im Blute und in der Lymphe zirkulierenden Stoffe aufzunehmen. Übrigens hat schon vor Gurwitsch v. Ebner in seiner Bearbeitung des Kölliker’schen Handbuches einen ähnlichen Gedanken ausgesprochen. Ebner schreibt: „Da unzweifelhaft feststeht, dass kleine Körnchen, welche teils in den Stäbchen, teils in den inneren nicht stäbchenartig differenzierten Teilen der Epithelzellen verteilt sind, einen wesentlichen und konstanten Teil des Protoplasmas bilden, kann man auf den Gedanken Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandra maculosa. 305 kommen, dass die Granula der Stäbchenepithelien Apparate sind, welchen zunächst die Aufgabe zufällt, die spezifischen Harn- bestandteile aus dem Blute aufzuspeichern, um sie dann unter Wahrung ihres Bestandes wieder abzugeben. Den ersten Teil des Vorganges könnte man der Farbstoffspeicherung bei spezifischen Färbungen etwa von Zellkernen etc. vergleichen, den zweiten Teil dem Wiederauswachsen einer derartigen Färbung. Ein solcher Vorgang wäre natürlich wesentlich verschieden von echter Drüsensekretion, er würde aber begreiflich machen, dass ins- besondere Farbstoffe zunächst in Form von Körnchen in den Zellen auftreten und wieder verschwinden können und dadurch morphologische Erscheinungen vortäuschen, welche jenen bei echter Sekretion sehr ähnlich sind.“ Nach der Meinung von Gurwitsch kommt dieses Speicherungsvermögen auch den Fettropfen (Gurwitsch sagt: fetthaltigen Vakuolen) zu, denn er fand dieselben bei Fröschen, die mit Toluidin-Blau gefüttert waren, intensiv gefärbt. Für die vital färbenden Farbstoffe dürften sie sogar Speicherungsapparate von hervorragender Energie sein, da — wie Overton zeigte — die fettartigen Körper eine enorme Löslichkeit für jene Farbstoffe besitzen. Ob aber die Tropfen fettartiger Substanz der Nierenzellen auch den normalen Harnbestandteilen gegenüber dieselbe Funktion ausüben, kann erst entschieden werden, wenn ihre chemische Natur und ihre Aufnahmsfähigkeit für die letzteren genauer erforscht ist. Neben den stets peripher liegenden fetthaltigen Vakuolen enthalten gewisse Nierenzellen auch Vakuolen anderer Natur, welche viel kleiner als jene sind und nur im inneren Zellteile vorkommen. Ich werde auf diese letzteren noch im folgenden zu sprechen kommen. Ausser den Vakuolen befinden sich ferner in den Zellen noch Granula verschiedener Grösse. In den Fig. 16 u. 24 sieht man besonders grosse Körner, welche sich intensiv mit Eisen- hämatoxylin gefärbt haben und auffallenderweise nur in folgenden Abschnitten der betreffenden Vorniere vorkommen: 1) in einem Teile des zweiten Vornierenkanälchens, hier in sämtlichen Zellen; 2) in zwei aufeinander folgenden Windungen des Drüsenstückes des Ausführungsganges, hier aber nur in denjenigen Zellen, welche an den erstgenannten Kanal unmittelbar angrenzen. Die übrigen Zellen — und es sind diese letzteren in einem Quer- 306 Hansa Rush: schnitte in der Mehrheit — sind körnchenfrei. Sie liegen aus- schliesslich im peripheren Zellteil ringsum den Kern. An zylindrischen Zellen (Fig. 19 u. 23) liegen die Körnchen, wenn- sleich spärlicher, auch in der helleren Innenzone. Kleinste Körnchen von gleicher Grösse sind in den Zellen der Fig. 15 u. 22 nach Eisen-Hämatoxylin-Färbung deutlich zu erkennen, während die in Fig. 17 u. 18 sichtbaren Körnchen, welche nach Hämatoxylin- Eosin-Präparaten gezeichnet wurden, vom Zell-Protoplasma nur schwer zu unterscheiden sind. Ein Teil dieser Körnchen mag vielleicht rein protoplasmatischer Natur und identisch mit den Mikrosomen sein, wie sie auch im Protoplasma anderer Zellen enthalten sind; hingegen stellen wahrscheinlich die isoliert gelagerten Körnchen Zellorgane vor, denen in erster Linie die Aufgabe zufällt, die durch die Nierenzellen zur Abscheidung gelangenden harnfähigen Substanzen aufzuspeichern. Nach Tribondeau stammen die kleinen, mit Eisenhämatoxylin färb- baren, zwischen Kern und Bürstenbesatz liegenden Körnchen in den Nierenzellen von Schlangen vom Kernkörperchen ab, welches den Kern verlassen und durch wiederholte Teilungen jene Körnchen liefern soll. Regaud und Policard, welche dasselbe Objekt studierten, leugnen diese Entstehungsart der Körnchen und behaupten — wie mir scheint, mit Recht — dass sie im Zell- protoplasma selbst gebildet werden. Die Ausscheidung des Sekretes seitens der Zellen in das Lumen des Kanälchens ist eine der dunkelsten Fragen in der Physiologie der Niere. Wertvolle Beiträge zur Lösung derselben wurden von jenen Forschern geliefert, welche den Versuchstieren bestimmte Stoffe einverleibten, die sie hernach sowohl in den Nierenzellen als im Lumen der Kanäle nachweisen konnten. Der erste, welcher diese Methode anwandte, war bekanntlich R. Heidenhain; die jüngsten Autoren, welche Heidenhain auf diesem Wege folgten, sind Sauer, welcher Harnsäure ver- fütterte und Gurwitsch, der teils die Versuche mit indigo- schwefelsaurem Natron wiederholte, teils eine Reihe anderer Farbstoffe (Toluidin-, Methylenblau, Kongorot) versuchte. Da ich selbst keine Experimente ausgeführt habe, kann ich den Bildern, die ich mitzuteilen in der Lage bin, keine bestimmte Deutung geben. Sie beweisen aber immerhin, dass der physiologische Vorgang der Exeretion in den Vornierenzellen der Salamander- % Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandramaculosa. 307 larve in derselben Weise wie in den höheren Fxkretionsorganen verlaufen muss, weil die Zellen hier wie dort dasselbe Aussehen darbieten. Und dies scheint mir wichtig genug, um dieser Frage noch ein paar Worte zu widmen. Ich habe schon wiederholt berichtet. dass in der Vorniere Zellen von zweierlei Aussehen vorkommen, die durch zahlreiche Zwischenstufen verbunden sind: einerseits niedere Zellen mit deutlichem Saume an der Innen- grenze und dicht gelagerten Plasmafäden darunter, andererseits hohe Zellen, in deren Innenteil die Fäden durch weite Lücken getrennt sind und deren Saum in ein zartes Häutchen umge wandelt ist. Ich habe die letzteren als sekretgefüllt bezeichnet- und glaube in Übereinstimmung mit zahlreichen Vorgängern die Vergrösserung dieser Zellen auf die Zunahme der in ihnen enthaltenen Exkretionsprodukte zurückführen zu müssen. Dieselben dürften in diesem Stadium grösstenteils verflüssigt sein, da die Körnchen, welche in Zellen mittlerer Grösse am reichlichsten vorhanden sind, bei weiterer V.ergrösserung der Zellen wieder spärlicher werden und an ihrer Stelle weite Lücken im Proto- plasma auftreten. Man muss wohl den Schluss ziehen, dass die in den Körnchen aufgespeicherten Sekretprodukte im Zellsafte, der zwischen den Fibrillen der Innenzone verteilt ist, in Lösung gehen, wobei die Grundsubstanz der Körnchen selbst eine wesent- liche Veränderung erfährt. Ob sie gleichfalls völlig zerfliesst, oder sich nur sehr wesentlich verkleinert, muss ich dahingestellt sein lassen. Ein Bild, welches den Exkretionsvorgang in vielleicht naturgetreuer Weise wiedergibt, hat Gurwitsch publiziert. Er findet bei einem Frosch, der mit Toluidinblau gefüttert war, im fixierten Präparat Vakuolen mit blauem Wandbelag und bildet zwei davon ab, welche sich bereits nach innen eröffnet haben, sodass sie nur mehr halbkugelige Buchten des inneren Zellrandes bilden. in denen ein blauer Niederschlag liegt. Gurwitsch meint, dass es „gar nicht zu bezweifeln sei“, dass jene Figur (Fig. 11 seiner Arbeit) „ein naturgetreues Abbild des Sekretions- vorganges des Farbstoffes wiedergibt.“ So sehr ich wünschte, dass wir im Begriff wären, eine klare und gesicherte Vorstellung der Harnsekretion zu erhalten, so muss ich doch darauf hinweisen, dass möglicherweise jenes Präparat, ebenso wie manches andere vermeintliche Sekretionsbild gedeutet werden kann, dass nämlich die knapp unter der Innenfläche der Zelle gelegene, vital gefärbte n 308 Hans Rabl: Vakuole unter Einfluss der Fixierungsflüssigkeit nach aussen durehbricht, sei es, dass sie quillt und die trennende Zellhaut durchreisst, sei es, dass die Zelloberfläche, unabhängig von der Vakuole, birst. Auch dann muss gefällter Farbstoff sowohl im Lumen des Kanals, als in der Wand der restlichen Vakuolen- hälfte angetroffen werden. Zellen, welche den von Gurwitsch mitgeteilten im wesentlichen gleichen, habe ich auf Fig. 22 abgebildet. Die Zellen sind hochzylindrisch, der zwischen Kern und innerer Oberfläche gelegene Zellteil besteht aus zwei Zonen, einer inneren, körnchen- haltigen und einer äusseren gestreiften. Es gleicht somit das Bild der Fig. 15, nur ist der Bürstenbesatz stellenweise nicht zu erkennen und weiter sieht man zwischen den dichtgelegenen Streifen helle Bläschen. Dieselben stellen die zweite Art von Vakuolen vor, denen man in den Drüsenzellen der Vorniere begegnet. Im Gegensatz zu den bereits erörterten grossen „Vakuolen“, welche den äusseren Teil der Zelle einnehmen und wohl durchgehends nichts anderes als extrahierte Fettropfen sind, möchte ich jene kleinen zentralen Flüssigkeitsbläschen als echte Sekret-Vakuolen auffassen. In den abgebildeten Zellen sieht man aber nicht nur Vakuolen in der äusseren Zellzone, sondern auch die Oberfläche der Zellen selbst an mehreren Stellen grubig vertieft, sodass man den Eindruck gewinnt, als ob sich soeben die Vakuolen nach dem Lumen zu eröffnet hätten. Natürlich bieten diese Präparate noch weniger als jene von Gurwitsch, der ja den Vakuoleninhalt vital gefärbt hatte, die Bürgschaft, dass hier unveränderte Zellstrukturen vorliegen. Immerhin kann ich hinzufügen, dass im Lumen des betreffenden Kanales keinerlei Gerinsel sichtbar war. Nur eine kleine Distanz von den abgebildeten Zellen entfernt, zeigt die Bekleidung desselben Kanälchens ein anderes Aussehen. An dieser Stelle sind nämlich die Zellen nach innen zu ganz unscharf abgegrenzt. Es fehlt daselbst jede fortlaufende Kontur- linie, indem die innere Zellzone in zahlreiche, voneinander getrennte Fortsätze ausgefranst erscheint. Man könnte sich vorstellen, dass hier eine wesentliche Steigerung des zuerst beschriebenen Vor- ganges vorliegt, indem sehr zahlreiche Vakuolen gleichzeitig zum Durchbruche kamen und dadurch tiefe Buchten und Einschnitte zurückliessen, durch welche die Innenzone geradezu zerrissen Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 309 und in getrennte Fasergruppen zerlegt wurde. Auch an dieser Stelle waren keine Eiweiss-Niederschläge im Kanallumen vor- handen. Doch fehlten dieselben in meinen Präparaten ebenso- wenig, wie in den Präparaten anderer Untersucher vollkommen. Fig. 24 zeigt eigentümliche Bilder eines Exkretionsvor- ganges, der sich dadurch von dem auf Fig. 22 dargestellten unterscheidet, dass hier die Tropfen eine eigene Wandschicht, ja sogar einen Inhalt besitzen. Auch Fig. 23 zeigt eine derartige Kugel an der freien Zelloberfläche. Es handelt sich hier um dieselben Tropfen, welche Nicolas in besonders grosser Zahl in der Urniere von Schafembryonen beobachtet und als „boules d’oedeme protoplasmique“ bezeichnet hat. Sauer erklärte diese Tropfen für Produkte ungünstiger Fixierung, Disse und Regaud und Policard schlossen sich dieser Kritik an. Auch ich glaube, dass jene Gebilde erst aus der unter Einfluss der Fixierungs- flüssigkeit absterbenden Zelle ausgepresst werden, da man niemals in den abführenden Wegen der Vorniere irgend einen geformten Körper vorfindet und dies doch der Fall sein müsste, wenn die Drüsenzellen in einer gewissen Sekretionsphase eine Substanz ausscheiden würden, die in den Fixierungs- und Nachbehandlungs- flüssigkeiten unlöslich ist. Bei Steigerung des zuletztgeschilderten Exkretionsvorganges kommt es zu reichlicher Ausscheidung eiweisshaltiger Flüssigkeit aus der Zelle, die im Lumen zu Fäden gerinnt, die sich dann miteinander verbinden und ein weitmaschiges Netzwerk zusammensetzen. In solchen extremen Fällen gleicht die Drüsenzelle der Vorniere einer Becherzelle. deren Inhalt unter dem Einflusse der Fixierungsflüssigkeit aufgequollen ist, ausgepresst wurde und nun einen in der Mündung der Zelle steckenden Pfropf bildet, von dem divergierende Schleimfäden entspringen. Da ich derart veränderte Zellen zwar in der Mehr- zahl der Vornieren, stets aber neben den vortrefflich fixierten Zellen, welche überdies bei weitem überwiegen, vorfand, so muss die Ursache dieser Änderung in einer abweichenden Konstitution jener Zellen gelesen sein. Es dürfte sich hier um eine Variante des gewöhnlichen, vorher geschilderten Sekretionsvorganges handeln, welche zur Anhäufung besonders stark quellender Substanzen in der Zelle führt, die während der Fixierung zu ausgebreiteter Zerstörung der Zelle Veranlassung geben. 310 Hans Rabl: Zur Vervollständigung des Literatur-Berichtes habe ich schliesslich noch zu bemerken, dass Trambusti eine ganz eigentümliche Art der Sekretion annimmt, mit welcher er sogar die Bildung des Bürstenbesatzes in Zusammenhang bringt. Er erkennt keinen solchen in der ruhenden Zelle an. sondern meint, dass die Exkretionströpfchen gleichzeitig und gleichmässig zwischen den Stäbchen eines niederen Saumes, welcher die Zelle als Schutz- organ überzieht, hindurchtreten und dadurch am fixierten Präparate einen Bürstenbesatz vortäuschen. Das Drüsenstück des Vornierenganges besitzt dieselbe Weite, wie die Vornierenkanälchen in ihrem drüsigen Teile, beziehungs- weise unterliegt denselben physiologischen Schwankungen wie diese. Auf das Drüsenstück folgt — wie ich bereits berichtet habe — merkwürdiger Weise ein kurzer Kanal, welcher wie der Triehtergang von flimmertragenden Zellen ausgekleidet ist. Als ich bei der Rekonstruktion der Vornieren auf diesen Gang- abschnitt stiess, glaubte ich, in demselben einen bisher unbe- kannten Teil des Ausführungsganges vor mir zu haben. Die Durchsicht der Literatur aber zeigte, dass dieser Abschnitt bereits von Wichmann bei Batrachiern gesehen wurde. Von ihm stammt auch die Bezeichnung „Schaltstück“. Es ist ein Abschnitt, in dessen kurzem Verlauf der Vornierengang nur selten eine Schlinge macht, sondern meist gerade gestreckt ist. Es liegt gleich den folgenden Windungen des Endstückes in der ventralen Hälfte des Organs. Der Durchmesser des Schalt- stückes schwankt je nach seinem Füllungszustande zwischen 30 und 50“; nur in einem Falle (der bereits erwähnt wurde) hatte es den enormen Durchmesser von 96«, wovon 80u auf die Lichtung entfielen. Die Zellen sind kubisch, oder mehr oder weniger abgeplattet und enthalten ebensowenig wie die Zellen des Trichterganges jene charakteristische Filarstruktur, welche die Zellen des Endstückes auszeichnet. Die Zilien, welche den Zellen eingepflanzt sind, haben eine sehr beträchtliche Länge und sind gleich denen des Trichterganges zu Büscheln vereinigt, sodass wohl anzunehmen ist, dass sie im frischen Zustande wie diese breite, scheinbar einfache Geisseln zusammensetzen. Die Querschnitte der Windungen des Endstückes besitzen in einer und derselben Vorniere stets die gleiche Breite, sind dagegen in verschiedenen Vornieren ungleich gross. Es dürfte Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaeulosa. 311 dies, ebenso wie die ungleiche Weite des Schaltstückes damit zusammenhängen. dass der Kanal bei reichlich durchströmendem Harn weiter als bei geringer Sekretion ist. Die Grösse seiner Lichtung liegt auch zwischen denselben Grenzen wie jene des Schaltstückes. Die Höhe der Zellen beträgt S-10.«. Ihr Proto- plasma enthält ein Netzwerk sehr zarter anastomosierender Fäden mit verdickten Knotenpunkten und als besonders auffallenden Bestandteil teils gerade, häufiger jedoch leicht gebogen verlaufende glatte Fäden, welche sich stark mit Eisenhämatoxylin färben, die ganze Dicke der Zelle durchsetzen und an der inneren Oberfläche mit einem kleinen Knöpfchen endigen. Da diese Endknöpfchen dicht nebeneinander liegen, bilden sie eine Art kutikularen Saumes, welcher nur über dem Kern fehlt. Fig. 28 zeigt einige Zellen eines Vornierenganges, die vom Schnitte so getroffen wurden, dass überall die Kerne zu sehen sind. Man bemerkt. dass der Zellkörper über denselben eine kleine Kuppe bildet und hier nur von einer zarten Konturlinie begrenzt wird. Im Gegensatze hierzu zeigt Fig. 27 die meisten Zellen exzentrisch durchschnitten und den von den Knötchen gebildeten Saum nur an wenigen Stellen unterbrochen. Es lässt sich dieses Verhalten leicht aus dem Verlaufe der Fäden erklären, welche nur an der Seite der Kerne liegen und niemals so stark gebogen sind, dass sie dieselben umfassen und über ihrer Mitte endigen würden. Die Fäden sind nicht immer vollkommen gleichmässig in der Zelle verteilt, sondern liegen häufig in Gruppen beisammen, welche, entsprechend der abgestutzt kegelförmigen Gestalt der Zellen, eine breitere Aussen- und eine schmälere Innenfläche besitzen. Das zwischen den zusammengehörigen Fäden einer Gruppe liegende Protoplasma nimmt bei der Eisen-Hämatoxylin-Färbung in vielen Fällen gleichfalls einen leichten Ton an; oftmals sind auch die Fäden nicht distinkt gefärbt, sondern es hat die ganze Gruppe eine gleichmässig grau-blaue Farbe angenommen. Man gewinnt dadurch den Eindruck breiterer Stäbchen, deren Zusammensetzung aus Fäden und einer Zwischensubstanz nicht immer mit der gleichen Deutlichkeit hervortritt. Der erste, welcher diese Strukturen bei Amphibien beob- achtete, war bekanntlich R. Heidenhain. Er fand sie im vierten Abschnitte der Niere vom Frosch und Triton, konnte sie auch isolieren und wies nach. dass sie mit den in den Tubuli 312 Hans Rabl: contorti der Säugetier-Niere vorkommenden stäbchenförmigen Elementen identisch seien.') Diese Beobachtung wurde von allen Nachuntersuchern bestätigt; doch erhielt der Begriff des Heiden- hain’schen Stäbehens allmählich einen etwas anderen Inhalt. Der erste, welcher an demselben rüttelte, war Thor Roth- stein. Da mir seine Arbeit nicht zugänglich ist, muss ich sie nach Sauer zitieren. Rothstein findet im Protoplasma Reihen von Körnchen. die durch Fäden miteinander verbunden sind. „Haben die Körnchen eine mehr längliche Form, deren Spitzen sich fast berühren, und ziehen zudem zwei Protoplasmafäden mit alternierenden Körnchen sehr nahe aneinander hin, so kann bei schwächerer Vergrösserung sehr leicht eine Stäbchenbildung mit rauhen Begrenzungslinien vorgetäuscht werden “ Dieser Ansicht schloss sich Sauer vollinhaltlich an. Auch er findet im Körper der Nierenzellen — am deutlichsten bei Hunden — Protoplasmafäden, an welchen Körnchen aufgereiht sind, und nimmt an, dass die Heidenhain’schen Stäbchen „aus zwei parallelen mit Körnern besetzten Protoplasmafäden bestehen, die durch einen Eiweiss-Niederschlag verklebt sind“. Ohne diese Anschau- ungen in Detail zu kennen, war ich beim Studium der Vorniere zu einer ähnlichen Auffassung der Heidenhain’schen Stäbchen gekommen. Doch muss ich mit Rücksicht auf die Färbbarkeit der zwischen den Fasern gelegenen Protoplasmapartien, welche einen wichtigen Bestandteil der Stäbchen ausmachen, festhalten, dass jene Gebilde bis zu einem gewissen Grade im Protoplasma präformirt sind. Jedenfalls ist es verfehlt, die Filarsubstanz allein mit den Heidenhain’schen Stäbchen zu identifizieren, wie dies von Th&ohari versucht worden ist. Derselbe findet an sehr dünnen Schnitten durch die Nieren von Säugetieren in den Zellen ein Reticulum, das aus geraden, längs und quer verlaufenden Fäden besteht, in deren Knoten- punkten Körnchen eingelagert sind. Theohari ist zwar seiner ') Heidenhain schreibt: „Die Stäbchen sind hier in der frischen Niere an Zerzupfungs- oder feinen Durchschnitts-Präparaten schärfer sichtbar, als bei jenen Tieren (d.h. den Säugetieren). Eine Isolation derselben gelingt dagegen nur nach vorgängiger Behandlung mit passenden Flüssigkeiten, am besten mit „Ohromsaurem Amoniak“. Man erhält dann leicht einzelne Zell- körper mit Kern, deren Protoplasma vollkommen in Stäbchen zerfallen zu sein scheint.“ al Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 313 Sache sehr sichert), aber ich glaube nicht, dass ihm jemand bei- pflichten wird, der eigene Untersuchungen über diesen Gegenstand angestellt hat. Dagegen habe ich zu meiner grossen Befriedigung in dem Vortrage, den Benda auf dem Anatomen-Kongress in Heidelberg gehalten hat, eine Schilderung der Heidenhain’schen Stäbchen der Säugetierniere gefunden, welche meinen Befunden bei Salamandra macuiosa vollkommen entspricht. Benda sagt dort: „In Übereinstimmung mit einer neuerlichen Angabe von Land- steiner kann ich versichern, dass die Stäbchen der Säugetier- niere bei guter Konservierung keine Körnchen enthalten. Sie sind annähernd homogen, höchstens zeigen sie oft eine unregel- mässige Segmentierung.“ In der Niere von Amphibien (Bombi- nator, Salamandra) findet Benda die Stäbchen gleichfalls in „ausserordentlich schöner Entwicklung, gewöhnlich zu Bündeln zusammengelagert, die zur Seite vom Kern durch die ganze Höhe ‘ der Zelle von der Basis bis dicht an die freie Oberfläche ver- laufen“. Da Benda zeigte, dass sich die Fäden entwicklungs- geschichtlich aus Körnern zusammensetzen, erklärt es sich, dass andere Beobachter die Stäbchen als Kugelfäden beschreiben. Vielleicht ist auch die Art der Fixierung nicht ohne Einfluss, indem die einzelnen, die Stäbchen zusammensetzenden Teile durch ungleiche Quellung oder Schrumpfung verschieden stark hervor- treten. Da sich der Vornierengang nach rückwärts in die Urniere fortsetzt und dort Kanälchen aufnimmt, deren letzte, in den Wolff’schen Gang einmündende Abschnitte denselben Bau wie dieser selbst besitzt, darf es nicht Wunder nehmen, dass diese Schilderung der Nierenkanälchen auch auf das Endstück des Vornierenganges passt. Über den Glomerulus der Vorniere wäre nicht viel zu sagen, wenn es ein einfacher Gefässknäuel von dem gleichen Bau, wie die Glomeruli von Meso- und Metanephros wäre. Doch besitzt er diesen wohlbekannten Bau nur in seltenen Fällen, welche ich als Ausnahme betrachten muss. Bei den meisten Larven der urodelen Amphibien enthält er neben den Gefässen eigentümliche Epithelzellen, welche ich im folgenden näher !) Theohari schreibt: Pour nous, la question est tranchee; il n’existe dans les cellules renales ni bätonnets, ni filaments tels qu’on les comprend en citologie, mais un reticulum protoplasmique et des granulations. 314 HansaRarnbı:: besprechen will. Ich finde diese Zellen bei sämtlichen unter- suchten Salamanderlarven, sowohl bei der jüngsten, 15mm, als bei der ältesten, 52mm messenden. Nur von Triton besitze ich einige Larven, deren Glomeruli keinerlei fremdartige Zellen ent- halten, sondern einzig und allein aus den dünnwandigen Gefäss- schlingen und ihrem ebenso dünnen Peritoneal-Überzuge bestehen. Fig. 30 zeigt einen derartigen Zellkomplex (Pr.) in seinem typischen Baue. Es ist im Querschnitt ein Zellkranz, der aus kurz zylindrischen Elementen besteht. die ein deutliches Lumen umschliessen. Die Zellen enthalten ein nur bei starker Ver- grösserung sichtbares Netzwerk blasser Fäden, die Kerne sind gross und rundlich und nehmen fast den ganzen Zellkörper ein. Bei Verfolgung der Serie lässt sich feststellen, dass die Zellen kurze Röhrchen oder längliche Bläschen zusammensetzen, welche allseits geschlossen sind. Auch in Fig. 31 enthält der Glomerulus rechts im Bilde eine analoge Zellgruppe, doch fehlt derselben ein Lumen. Auch dieses Verhalten kommt häufig zur Beobachtung und bildet die Veranlassung, dass es zuweilen schwierig ist, jene Körper von Endothelzellen zu unterscheiden, falls sich diese etzteren im Flächenbilde präsentieren. Fig. 29 zeigt den Glomerulus der Larve a (15 mm Gesamtlänge). Derselbe bildet scheinbar einen vollkommen kompakten, aus epitheloiden Zellen zusammengesetzten Körper, in dem es nicht möglich ist, seine Elemente genau auf ihre Natur zu bestimmen. Es rührt dies zum Teil davon her, dass keine einzige Gefässwand rein quer- geschnitten ist und die in den Kapillaren enthaltenen Blut- körperchen — trotz Anwendung der Doppelfärbung von Hämatoxylin und Eosin — durch keinerlei spezifischen Charakter hervortreten. Ausserdem aber sind auch grosse, epitheloide Zellen vorhanden, welche mit jenen der Fig. 30 homologisiert werden müssen und vor allem zum kompakten Aussehen jenes (Glomerulus bei- tragen. Ich habe diesen Glomerulus aus dem Grunde abgebildet, weil er in überaus anschaulicher Weise die von Semper und Hoffmann ausgesprochene Meinung illustriert, dass der Glomerulus der Vorniere der Amphibien kein einfacher Gefäss- knäuel, sondern ein Organ sui generis darstelle. Wenngleich die senannten Autoren hierin wohl zu weit gingen, so ergibt sich aus den mitgeteilten Bildern, dass der Glomerulus ein kompliziert Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 315 gebauter Körper ist, der neben den Blutgefässschlingen und Mesodermzellen auch Elemente besonderer Natur enthält. Was die Mesodermzellen betrifft, so wandern sicherlich viele derselben erst in späteren Stadien in den Glomerulus ein; unter ihnen fallen vor allem Pigmentzellen auf, die in keinem Glomerulus einer älteren Larve fehlen. Bezüglich der Herkunft der epitheloiden Zellen muss zunächst auf die bereits zitierten Beobachtungen von Hoffmann und Field verwiesen werden. Der erstere leitet sie von den Zellen der Peritonealhülle des Glomerulus selbst ab, der letztere lässt sie aus dem Entoderm in den Glomerulus einwandern. Dieselbe Entstehungsart beschreibt Brauer bei Coecilien für eigentümliche, bläschenförmige Körper, welche er als Pronephridialkörper bezeichnet und von denen ich bei Betrachtung seiner Abbildungen annehmen muss, dass sie mit den epitheloiden Zellkomplexen im Glomerulus der Urodelen identisch sind. Brauer findet bei Hypogeophis in einem Stadium, in dem die Embryonen etwa 45 Ursegmente besitzen, dass das Entoderm an gewissen Stellen, genau in der Median- ebene, mehrschichtig wird und teils solide Knospen, teils geschlossene Bläschen abschnürt. Die Bläschen rücken dorsal- wärts in das Bereich der Vorniere und drängen sich zwischen die Nephrostome ein. Indem sich Bindegewebszellen um sie herumlagern, erhalten sie eine dünne Kapsel. „Es ist sicher, dass die Gebilde unpaar entstehen und es ist wahrscheinlich, dass sie nicht segmental auftreten.“ Entspricht diese Beobachtung den Tatsachen, so sind wir berechtigt, auch die im Glomerulus der Urodelen enthaltenen Gebilde als echte epitheliale Organe aufzufassen, denen — nach ihrem Bau — nur die Bedeutung einer Drüse mit innerer Sekretion zukommen kann. In welcher Anzahl sich die Pronephridialkörper bei den Urodelen finden, lässt sich ohne Kenntnis ihrer Entstehung schwer feststellen, da sie — wie erwähnt — nicht immer als Bläschen, sondern auch als solide Zellmassen erscheinen, welche in dieser Form den ganzen Glomerulus durchziehen können. Im anderen Falle habe ich meist 1—2 geschlossene, längliche Bläschen in jedem Glomerulus angetroffen. Eine weitere Eigentümlichkeit des Vornieren-Glomerulus besteht darin, dass derselbe nicht bloss an einer Seite der Vor- nierenkammer aufgehängt, sondern auch entlang einer kurzen 316 Hans Rabl: Strecke ihrer lateralen Wand befestigt ist. Auf diese Befestigung wurde bereits von mehreren Seiten aufmerksam gemacht. Sie ist stets nur auf wenigen Schnitten zu sehen und liegt etwas hinter der Mitte des Glomerulus. An dieser Stelle entspringt von der Kammerwand ein spitzer Fortsatz, welcher sich mit der segenüberliegenden, lateralen Kante des Glomerulus verbindet, sodass man den unmittelbaren Übergang des Epithels der lateralen Wand der Vornierenkammer auf den Glomerulus verfolgen kann. Ist der letztere gross und die Kammer eng, so ist die Brücke zwischen Glomerulus und Kammerwand breit und kurz; ist dagegen die Kammer weit, so bildet sie einen lang ausgezogenen Faden Ob die Brücke als das Rudiment einer Kammerscheide- wand aufgefasst werden darf, muss selbstverständlich dahin- gestellt bleiben. IL Teil. Die Entwicklung des Müller’schen Ganges. Bis in das letzte Viertel des vorigen Jahrhunderts glaubte man allgemein, dass der Müller’sche Gang aus dem Wolff’schen Gange, d.h. aus dem Ausführungsgange der zu dieser Zeit als Urniere bezeichneten Vorniere entstehe. Diese Ansicht war von Wittich und Leydig ausgegangen. Der erstere schreibt: „Der gemeinschaftliche Ausführungsgang der Müller-W olff’schen Drüse und der bleibenden Niere bietet die Grundlage für die ausführenden männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane, während er gleichzeitig, wenigstens in seinem hinteren Teile in seiner ursprünglichen Funktion als Harnleiter verbleibt. Sein Vorderteil wird beim Weibchen zur Tube, bei den männlichen ungeschwänzten Batrachiern zur Samenblase, während er bei den männlichen, geschwänzten bleibend gleichzeitig in seinem ganzen Verlaufe als Vas deferens und Ureter fungiert.“ Und so wie Wittich, meinte auch Leydig, dass der zwischen der Vorniere und Urniere gelegene Teil des W olff’schen Ganges zum Eileiter wird, während er beim Männchen zu einem, allerdings zeitlebens bestehenden, Anhängsel des Harnsamenleiters verkümmert. Diese Ansicht schien so fest begründet, dass Goette in seiner grossen Monographie über die Unke (1875) auf eine Nachprüfung der- selben mit den Worten verzichtete: „Da die Ausführungsgänge der Sexualdrüsen der Batrachier teils im Urnierengange, teils Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 317 in gewissen Abschnitten der Niere und ihrer ausführenden Kanäle (Samenleiter) gegeben sind, so halte ich eine Wiederholung der Untersuchungen Wittichs und Leydigs nicht für geboten.“ Doch schon im folgenden Jahre gibt Schneider an, bei den Urodelen die Müller’schen Gänge und Wolff’schen Gänge nebeneinander gefunden zu haben. Demnach konnte er sich der herrschenden Lehre nicht anschliessen, sondern behauptete — als erster Autor — die selbständige Entstehung des Müller’schen Ganges. Er stellte seine Untersuchungen bei Anuren an und fasst das Ergebnis derselben folgendermassen zusammen: „Wenn die vorderen Extremitäten der Larven frei geworden sind, noch ehe der Larvenmund schwindet, beginnt der Wolff’sche Gang an dieser Stelle sich von der Aorta zu entfernen und liegt schliesslich in der Sehne seines früheren Bogens. Gleichzeitig bilden sich um den Wolff’schen Gang junge Zellen. Während nun die vordere Strecke des Wolff’schen Ganges schwindet, entsteht aus den jungen Zellen der Müller’sche Gang. Leider ist die Arbeit Schneiders nur ganz kurz gehalten und entbehrt aller Abbildungen; daher konnte sie auch nicht durchdringen, zumal unterdessen eine neue Ansicht über die Bildung der Müller’schen Gänge Boden gefasst hatte, welche sich auf die eingehenden Untersuchungen Sempers über das Urogenitalsystem der Selachier stützte. Semper zeigte, — und seine Beobachtung wurde bald darauf von Balfour bestätigt — dass sich der primäre Harnleiter der Selachier der Länge nach in zwei Gänge spaltet: Der weitere Gang, welcher durch die ursprüngliche Peritoneal- Kommunikation mit der Leibes- höhle in offener Verbindung steht, wird zum Eileiter, der engere, von dem ersteren abgeschnürte Gang zum sekundären Harnleiter oder Wolff’schen Gange. Diese Art der Entstehung der beiden Gänge aus dem ursprünglichen Vornierengange wurde von Spengel auf die Amphibien übertragen. In einer kurzen Notiz, die sich vor- züglich mit dem Verhalten der Trichter der bleibenden Niere bei Coecilien, Salamandrinen und Anuren beschäftigte, schreibt er: „Anhangsweise sei noch bemerkt, dass sich mir an Triton- larven ergeben hat, dass auch bei Amphibienlarven die Bildung der Wolff’schen und Müller’schen Gänge durch eine von vorn nach hinten fortschreitende Spaltung des primären Urnieren- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 21 [5] 318 Hans Rabl: ganges erfolgt, wiees Semper für die Haie nachgewiesen hat.“ Dieser Ansicht schlossen sich Fürbringer und Hoffmann an; doch machen beide für das Ostium die gleiche Einschränkung, indem sie angeben, dass sich dieses letztere selbständig bildet, Fürbringer beschränkte sich auf den gefleckten Erd- salamander. Seine Darstellung der Abschnürung des Müller’schen (Ganges vom primären Urnierengange ist nur eine sehr knappe. Das vordere Ende des Müller’schen Ganges liegt, nach ihm, unmittelbar hinter der Vorniere, in einer Region, in der das Bauchhöhlenepithel einen zylindrischen Charakter angenommen hat. Von hier entwickelt sich der Gang nach rückwärts, indem er sich vom Urnierengange als solider Zellenstrang abspaltet, der später dicker wird und ein Lumen erhält. Da diese beiden letzteren Prozesse rasch der Abspaltung folgen, so findet man am wachsenden Gange die kaudale Spitze in der Wand des Wolff’schen Ganges sich verlierend, während kranialwärts der Müller’sche Gang bereits wohlausgebildet ist. Das Ostium entsteht unter Mitbeteiligung des erhöhten Peritonealepithels, welches mit der kranialen Spitze des Müller’schen Ganges verschmilzt. Etwas eingehender, aber nicht richtiger, ist jener Vorgang von Hoffmann geschildert. Er untersuchte Triton cristatus und mehrere Anurenarten. Auch er findet als ersten Akt der Bildung der Müller’schen Gänge eine Erhöhung des Peritoneal- epithels über dem Pronephros. Bei den Urodelen spalten sich die Müller’schen Gänge von den Wolff’schen Gängen von vorne nach rückwärts fortschreitend ab, doch besteht hier zwischen den beiden Geschlechtern ein Unterschied, insofern sich bei den weiblichen Tieren die Müller’schen Gänge in ihrer ganzen Länge von den primären Urnierengängen (Hoffmann nennt sie mit Balfour Segmentalgänge) abschnüren, während sie bei den Männchen nur in begrenztem Bezirke diesen Ursprung nehmen und weiterhin selbständig nach rückwärts auswachsen. Die Bildung des Ostium abdominale tubae erfolgt dadurch, dass sich das obere Ende des Müller’schen Ganges „mit dem lateral- wärts von den Peritonealtrichtern des Pronephros gelegenen hohen Peritonealepithel verlötet und nach aussen durchbricht“. Bei den Anuren erfolgt die Anlage des Müller’schen Ganges erst nach vollendeter Metamorphose. Die Vorniere ist zu dieser Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 319 Zeit schon zurückgebildet; der Segmentalgang hat sich von ihr abgeschnürt, sodass sein oberes Ende blind geschlossen ist. Nun spaltet sich der Gang an einer Stelle, die etwas oberhalb des Metanephros liegt, in zwei Röhren. Der proximal von dieser Stelle gelegene Rest des Segmentalganges, welcher blind anfängt und „lateralwärts von dem blinden Anfangsteile des Wolff’schen Ganges endigt“, bildet die Anlage des Müller’schen Ganges. Wenn ich Hoffmann recht verstehe, geht demnach seine Ansicht dahin, dass eine totale Durchschnürung des primären Harnleiters in schräger Richtung erfolgt. Der kaudale Teil wird Urnieren- gang, der kraniale Müller’scher Gang. Sein blinder Anfang ver- lötet sich mit dem erhöhten Peritonealepithel und bricht nach aussen durch, an seiner hinteren Spitze wächst er, unabhängig vom Wolff’schen Gange, distal fort. Die Durchbruchstelle des Ganges in die Leibeshöhle stellt jedoch nicht das definitive Ostium dar, sondern leitet nur die Bildung desselben ein. Es faltet sich nämlich das an die primäre Durchbruchstelle des Müller’schen Ganges anschliessende erhöhte Peritonealepithel fortschreitend zu einem Rohre zusammen, sodass der Gang einen Zuschuss erhält, welcher, entsprechend der Lage des erhöhten Peritonealepithels ventral und rückwärts verläuft. Später bildet sich jedoch dieses Anfangsstück wieder zurück. Die Arbeit von Marschall und Bles über die Ent- wieklung der Froschniere ist mir — wie schon früher erwähnt — leider nicht zugänglich. Aus den vorliegenden Referaten ergibt sich, dass die beiden Autoren die Angabe Hoffmanns über die ventrale Verlagerung des Ostium tubae bestätigen konnten, eine Abspaltung des Müller’schen Ganges vom Wolff’schen Gange jedoch nicht beobachteten. Im ersten Lebens- jahre der Larve soll das hintere Ende des Ganges einen soliden Zellenstrang bilden, doch besteht keine Beziehung dieses Stranges zum Peritoneum. Gerade das Gegenteil wird hinsichtlich des letzteren Punktes von Mac Bride behauptet. Er zitiert als eines seiner Haupt- ergebnisse: „that the whole of the duct and not merely the posterior half as Hoffmann supposed, arises for connection with a strip of modified peritoneum, apparently by proliferation from it, and entirely independently of the Wolffian duct.“ Es 21* ‚20 Hans Rabl: wäre demnach nach der Ansicht Mac Brides der ganze Gang ein Produkt des Peritoneum. In diesem Sinne äussern sich die meisten der folgenden Forscher: Jungersen und Wilson für Urodelen und Anuren, Semon und Brauer für die Coecilien. Jungersen unter- suchte Rana und Triton: seine Arbeit war mir im Original nicht zugänglich. Wilson beschrieb die Entwicklung des Müller'schen (sanges bei den Urodelen, vor allem bei Salamandra atra und Amblystoma. doch standen ihm auch einige Stadien von Triton, Salamandra maculosa und Anuren zur Verfügung. Seine jüngsten Urodelen-Larven waren solche von Salamandra atra. Schon bei einem Exemplar von 11'!/’gmm Länge fand er um jedes Nephrostom die an die zilientragenden Zellen angrenzenden Peritonealepithelien erhöht. Bei einer Larve von 13mm Länge waren diese Partien erhöhten Epithels grösser, jedoch noch nicht miteinander zusammengeflossen; von der Zone erhöhten Epithels, die sich an den 2. Trichter anschloss, ging ein Streifen aus, der nach aussen über die Vorniere lief, aber schon nach wenigen Schnitten endigte. Bei einer Larve von 20 mm sind die beiden Nephro- stome durch ein ununterbrochenes Band erhöhter Epithelzellen miteinander verknüpft. Dasselbe lässt sich bei einer Larve von 32mm beobachten. Von dem Punkt an, wo sich die Vornieren- kammer in die Leibeshöhle öffnet, geht es auf die Vorniere über und bildet daselbst eine breite Platte, die sich aber rasch wieder verschmälert und in ein schmales Band fortsetzt, welches den Segmentalgang entlang nach rückwärts zieht. Bei einer Larve von 37mm ist die Vorniere schon stark zurückgebildet, die Trichter sind verschwunden und mit ihnen der zwischen denselben gelegene Streifen erhöhten Epithels, dagegen hat sich das erhöhte Epithel der hinteren Region in der Ausdehnung wie im früheren Stadium erhalten. Eine Axolotllarve von 25mm («) zeigt ähnliche Verhältnisse wie die Salamanderlarve von 20 mm. Bei einer Axolotllarve von 27mm (#) ist das über dem Segmen- talgange nach rückwärts ziehende Epithel nicht einfach verdickt, sondern hat einen soliden Zellstab nach der Tiefe hin abgegliedert. Wilson zieht daraus den Schluss, dass dieses Epithel den Müller’schen Gang liefert, während aus der die Vorniere bedeckenden Platte zylindrischer Zellen das Ostium der Tube hervorgeht. Doch fehlen ihm die für diese letztere Annahme Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 321 nötigen Stadien. Denn weder bei dieser Larve, noch bei der nächst älteren, über welche Wilson verfügte, einer Axolotllarve von 37mm (y) war das Tubenostium angelegt. Dagegen war dieses bei einer Larve von 45mm (d) bereits soweit ausgebildet, dass es an der Kante einer vortretenden Leiste lag, demnach sogar schon ein eigenes (rekröse hatte. Gemmill verfolgte die Ertwicklung des Müller’schen Ganges bei Triton punctatus und Rana temporaria und kommt hierbei wieder auf die ältere Ansicht von Fürbringer und Hoffmann zurück, dass sieh der Müller’sche Gang zum Teil vom Wolff’schen Gange abschnüre. Er fasst seine Ergebnisse bezüglich Triton in folgende 3 Sätze zusammen: „l. Das Ostium tubae des Müller’schen Ganges entsteht in der Mitte einer Fläche erhöhten Epithels, aussen seitlich von den hintersten Wimpertrichtern des Pronephros (Vorniere) und zwar durch Einwärtssinken eines Teiles dieses Epithels, wodurch eine tiefe Rinne gebildet wird. 2. Von dem Boden dieser Rinne erstreckt sich ein Zellenstrang durch selbständiges Wachstum rückwärts zwischen dem Wolff’schen Gang und dem (hier etwas erhöhten) Epithel der Leibeshöhle und bildet so den vorderen Teil des Müller’schen Ganges. 3. Kurz vor der Spitze des Wolff’schen Körpers verschmilzt dieser Zellenstrang mit der ventralen Wand des Wolff’schen Ganges und von hier bis zur Cloake erscheint immer das wachsende Ende des Müller’schen Ganges als eine Verdickung dieser Wand.“ Anders sollen sich die Anuren verhalten. Bei ihnen findet Gemmill, dass sich der Müller’sche Gang in seiner ganzen Länge unabhängig vom Wolff’schen Gange bildet, indem zuerst seitlich von dem hintersten Wimpertrichter eine Rinne entsteht, von deren Boden ein Zellstrang zwischen Peritonealepithel und Wolff’schem Gang nach rückwärts wächst. Von dem primären Tubenostium aus faltet sich in der von Hoffmann geschilderten Weise das über den Pronephros verlaufende Zylinderepithel zu einer Röhre zusammen, sodass das definitive Ostium — ent- sprechend dem Verlaufe dieses Epithelstreifens — nach aussen und ventral zu liegen kommt. Es erübrigt mir noch, zum Schlusse die Verhältnisse bei den Gymnophionen kurz zu skizzieren. Schon Semon sagt am Ende seiner Untersuchungen über das Urogenitalsystem 22 Hans Rabl: von Ichthyophis glutinosus: „Ich betrachte daher als sicher, dass bei Ichthyophis der Müller’sche Gang ohne Beziehung zum Vornierengang und zur Vorniere entsteht.“ Und zu dem gleichen Ergebnis ist jüngst Brauer gelangt. Er fand bei Hypogeophis, wie die früher zitierten Autoren bei Urodelen und Anuren, in der Vornierengegend ein erhöhtes Peritonealepithel, welches sich „fast über die ganze vordere Hälfte der lateralen Wand der Vorniere erstreckt, aber mit den ventral liegenden äusseren Peri- tonealtrichtern in keinem Zusammenhang steht.“ Später treten ventrale und dorsale Leisten auf, welche sich zusammenneigen und dadurch das Rohr zum Abschluss bringen. So legt sich der vordere Teil der Tube an. Der hintere entsteht durch selb- ständiges Auswachsen des ersteren. So sehr auch manche Bilder den Gedanken nahe legen, dass sich das Peritonealepithel an der 3ildung dieses letzteren Abschnittes beteilige, so gestatten doch reine @uerschnitte, besonders in älteren Stadien, den sicheren Schluss, dass dies nicht der Fall ist. Wenn ich mich nunmehr der Darstellung meiner eigenen Befunde zuwende, so will ich die zwar umständliche, aber darum auch den strengsten Kritiker hoffentlich überzeugende Methode befolgen, indem ich die aufeinander folgenden Stadien der Vorbereitung und Anlage des Müller’schen Ganges einzeln eingehend beschreibe. Den Leser, dem dieser Weg zu weit- schweifig ist, kann ich auf die vorläufige Mitteilung meiner Ergebnisse, die ich am anatomischen Kongresse in Heidelberg vorgetragen habe, verweisen. Da bei Larve a noch keinerlei Veränderungen zu beobachten sind, welche mit der Bildung des Müller’schen Ganges in direkten oder indirekten Zusammenhang gebracht werden könnten, so beginne ich mit der Larve b. Hier erscheint zum ersten Male an der Oberfläche der Vorniere jenes erhöhte Epithel, welches Fürbringer zuerst gesehen hat und das von ihm wie “ von allen Nachuntersuchern zur Bildung des Müller’schen Ganges in Beziehung gebracht wurde. Doch sind die Zellen in diesem Stadium noch nicht zylindrisch, da sie nur eine Höhe von 124, parallel der Oberfläche hingegen einen Durchmesser von 32 u besitzen. Sie sind aber immerhin höher als die Peritoneal- Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 323 Epithel-Zellen anderer Regionen. Gegenüber Wilson muss ich hervorheben, dass in diesem Stadium im Innern der Vornieren- kammer an keiner Stelle eine Erhöhung der Epithelzellen wahr- zunehmen ist. Das flimmernde Epithel des ersten Trichters setzt sich wohl in sagittaler Richtung eine gewisse Strecke weit auf die Wand der Vornierenkammer fort, geht aber dann in das flache Epithel, das dieselbe im übrigen auskleidet, über. Es besteht demnach in dieser Hinsicht zwischen Salamandra atra und Salamandra maculosa ein kleiner Unterschied; dagegen stimme ich mit Wilson darin überein, dass das erhöhte Epithel nicht, wie dies die älteren Autoren dargestellt haben, die ganze Ober- fläche der Vorniere überzieht, sondern nur einen Streifen bildet, welcher seinen Ausgang vom äusseren Rande des zweiten Trichters nimmt und in lateraler Richtung ventralwärts verläuft. Die genauere Verlaufsrichtung des Streifens wurde aber von allen meinen Vorgängern nicht genügend untersucht, obwohl sie für das Verständniss späterer Verhältnisse von grösster Bedeutung ist. Larve b lässt diesbezüglich folgendes erkennen: Der zweite Vornierentrichter mündet wie bei a noch in die Vornierenkammer, doch befindet sich jene Stelle schon sehr nahe dem Übergange der Kammer in die weite Leibeshöhle. Die tlimmertragenden Zellen, welche in allen Fällen die Nephrostome lateral- und kaudalwärts umrahmen, lassen sich infolgedessen am vorliegenden Objekte noch eine Strecke weit in die freie Leibes- höhle hinein verfolgen. Genau am Übergange des Divertikels in die letztere sieht man, dass sich an den lateralen Rand des flimmernden Epithels der fragliche Zellstreifen anschliesst. Er zieht von hier nach aussen bis in den Winkel, wo dorsale und laterale Körperwand ineinander übergehen und steigt dann ventralwärts bis zum Ansatz des lateralen Lebergekröses herab. Gegenüber den geschilderten Verhältnissen bietet Larve c in zwei Punkten Abweichungen dar. Einmal liegen die hinteren Trichter beiderseits mehr im Innern der Vornierenkammern. Obgleich sich das flimmernde Epithel vom hinteren Rande der Trichter an noch über 90 «» nach rüchwärts erstreckt, erreicht es daher doch nicht die Mündung der Vornieren-Divertikel in die Leibeshöhle. In diesem Falle sieht man, dass sich den flimmernden Zellen kubische Zellen anschliessen, welche in der unmittelbaren Fort- setzung der ersteren gelegen sind. und sich am Übergange des 324 ı Hans Rabl: Divertikels in die Leibeshöhle auf die Wand derselben fortsetzen (Fig. 33). Die zweite Abweichung besteht darin, dass der Streifen erhöhten Epithels an der dorsalen Wand der Leibeshöhle nicht quer nach aussen zieht, sondern gleichzeitig einen nach vorn gerichteten Verlauf besitzt. Es wird dadurch der Winkel, in dem horizontaler und vertikaler Schenkel des Streifens zusammen- treffen, nach vorn verlegt. Der vertikale Teil des Streifens zieht in rein dorso-ventraler Richtung nach abwärts und endigt, wie - früher, am Abgange des lateralen Lebergekröses (Fig. 32). Was die Grösse der Zellen des Streifens betrifft, so sind nur diejenigen, welche sich an die Flimmerzellen anschliessen, kubisch, die übrigen haben noch dieselbe platte Gestalt wie im vorher beschriebenen Falle. Larve d verhält sich hinsichtlich der Lage des zweiten Triehters wie b, hinsichtlich des Verlaufes des erhöhten Zell- streifens an der dorsalen Körperwand wie c. Bei Larve e findet man den zweiten Trichter rechts noch in die Vornierenkammer einmünden; links liegt er gerade an dem Übergange derselben in die weite Leibeshöhle (Fig. 35). Während im vorhergehenden Schnitte die Vornierenkammer noch geschlossen war, tritt hier an ihrer ventrolateralen Wand (Vl. W.) ein Spalt auf. An dem folgenden Schnitte ist der vom Darme zur dorsalen Körperwand ziehende Fortsatz noch kürzer und verschwindet weiterhin voll- ständig. Die Lunge ist in diesem Falle so stark ausgedehnt, dass der Pleuraraum vollkommen ausgefüllt ist. An die Mündung des Trichters schliesst sich nach aussen das erhöhte Peritoneal- Epithel (E.E.) an. Aus der Serie kann man feststellen, dass dasselbe am Dache der Leibeshöhle eine Strecke von 150 « m schräg nach aussen führender Richtung verläuft, um erst dann ventralwärts umzubiegen. Ausser diesem Streifen schliesst sich bei dieser Larve an den Trichter noch ein zweiter an, welcher sagittal nach rückwärts zieht. Er besitzt eine Länge von 120 « und geht unmerklich in das niedere Epithel über, das jene flache Leiste bekleidet, in welcher der Vornierengang in gerader Richtung nach rückwärts verläuft. Es verdient besonders hervorgehoben zu werden, dass dieses Epithel genau in der Verlängerung der flimmernden Zellen des Trichterrandes gelegen ist. Rechts sieht man, dass sich an den hinteren Rand des Triehters lateralwärts kubische Zellen anschliessen (Fig. 35). Das Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 325 Divertikel wird hier etwas weiter und gestattet, dass sich neben jene Zellen, welche die Umsäumung des Trichters bilden, noch ca. vier Zellen entlang der dorsalen Wand anreihen. Am nächsten Schnitte sind die Flimmerzellen verschwunden; an Stelle der von ihnen gebildeten Rinne liegt jetzt eine Platte kubischer Zellen. welche kontinuierlich in jene übergehen, die als Fortsetzung der seitlich vom Trichter aufgetretenen Zellen erscheinen (Fig. 36). 30 « weiter rückwärts hat sich die Vornierenkammer in die Leibeshöhle geöffnet, sodass sich das kubische Epithel nach aussen fortsetzen kann, wobei der weitere Verlauf des Streifens dem- jenigen bei Larve c gleicht. 5 Ganz analoge Bilder liefert Larve {. Auch hier mündet der zweite Trichter der rechten Seite noch in die Vornierenkammer (Fig. 7), jener links bereits in die weite Leibeshöhle (Fig. S). Von der rechten Körperseite habe ich aus jener Region ein Platten-Modell angefertigt, das in Fig. 12 dargestellt ist. Man sieht nach Wegnahme der lateralen Körperwand von aussen und rückwärts auf Leber, Lunge, Darm und Dach der Leibeshöhle. Auf dem letzteren ist der erhöhte Epithelstreifen in roter Farbe dargestellt. Er verläuft zuerst nach aussen und vorn und biegt erst dann ventralwärts ab, wie das auch von den jüngeren Embryonen beschrieben wurde. Unmittelbar nach aussen von den flimmernden Zellen des Trichters liegen einige Zellen, welche kurzzylindrisch sind, aber keine Flimmern tragen (Fig. 7). An den folgenden Schnitten erreicht die Trichterspalte ihr kaudales Ende, wobei die flimmernden Zellen an Zahl ab-, die angrenzenden kubischen Zellen jedoch zunehmen. Weiterhin folgen in genauer Verlängerung des Trichters auf die flimmernden Zellen noch in einer Strecke von 50 « kubische Zellen, welche mit den lateralen zu einem einheitlichen Streifen verschmolzen sind (Fig. 6). Dieser ist an den einzelnen Schnitten sukzessive von vorn nach hinten schmäler, bis er im genannten Abstand vom hinteren Rande des Trichters verschwindet. Auf der linken Seite der Larve verhält sich der nach aussen ziehende Streifen wie rechts; er legt sich an den Trichter nahe dessen hinterem Ende an (Fig. Ss). Von hier kann man zunächst neben dem Trichter, später neben jenen Peritoneal-Epithel-Zellen, welche genau in der Fortsetzung des Trichters gelegen sind, ein erhöhtes Epithel auf einer Strecke von 130 « nach rückwärts 326 Hans Rab]: verfolgen. Der von diesem erhöhten Epithel überzogene Abschnitt der dorsalen Leibeswand bildet wie auf der anderen Seite eine etwas hervortretende Leiste, welche neben der Mittellinie gelegen ist und an ihrer Basis den Wolff’schen Gang enthält. Die Höhe der Epithelzellen dieses Streifens beträgt etwa 8 «, ihr Durchmesser, parallel der Oberfläche, 6—8S u: die Zellen des lateralen Streifens hingegen besitzen hier bei gleicher Höhe einen Durchmesser ihrer Basalfläche von ca. 28 «, sind also viel platter. Der Vergleich der beschriebenen Befunde lehrt somit inbezug auf den sagittal nach rückwärts ziehenden Streifen erhöhten Epithels, dass derselbe seinen Ausgangspunkt bald vom zweiten Trichter, bald von dem neben diesem auftretenden erhöhten Yng Trg Peritoneal-Epithel nimmt. Man hat den DM WA ” Eindruck, als ob eine einheitliche Epithel- formation angelegt würde, deren proximaler und lateraler Teil zuerst entsteht, während der mediale und kaudale Abschnitt später auftritt. Am Übergang der beiden Ab- schnitte liegt der 2. Vornierentrichter, der bald an seinem hinteren Umfang in die gedachte Formation einbezogen ist, bald medial von dem erhöhten Peritonealepithel liegt und seine Selbstständigkeit scheinbar bewahrt. Die beiden Ursprungsarten des medialen Pen AR “ Epithelstreifens lassen sich bei Larve gl ı Bad nebeneinander beobachten. Die Mündung Fig. 7. des Trichters der rechten Seite ist nach einer Buchstabenerklärung: Sagittalrekonstruktion in Textfigur 7!) dar- Vrg = Vornierengang; gestellt. Sie liegt dort, wo sich die Vor- 7rg — Triehtergang; ierenkammer in die weite Bauchhöhle 2. Vntr = 2. Vornieren- $ trichter : öffnet. An dem Schnitte, welcher den P.Ep = Peritonealepithel. Trichter in seiner grössten Ausdehnung trifft, findet man die Vornierenkammer noch geschlossen, an den folgenden Schnitten dagegen, welche gleichfalls noch die Mündung des Trichters enthalten, ist die offene Kommunikation zwischen Leibeshöhle und Divertikel bereits eingetreten. Noch im Innern 1) Diese Figur zeigt — wie alle folgenden Rekonstruktionen — die Region des 2. Vornierentrichters bei 200facher Vergrösserung. Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 327 des Divertikels sieht man, wie auf der rechten Seite der Larve f, lateral vom Trichter eine Anzahl kubischer Epithelzellen. Wo sich das Divertikel nach aussen öffnet, geht diese Zellreihe auf die laterale Leibeswand über (Fig. 39). Ausserdem setzt sie sich aber auch in sagittalerRichtung über eine Strecke von 250 u fort. Der kranial breite Epithelstreifen wird hierbei kaudalwärts immer schmäler, das Epithel ist durchgehends zylindrisch. Es reicht in der Region des Trichters bis unmittelbar an denselben heran; doch scheint der Prozess, auf Grund dessen die platten Peritonealepithelzellen eine zylindrische Form annehmen, auf den Trichter selbst nicht überzugreifen. Anders ist es links. Zwar mündet auch hier der Trichter noch in die Vornierenkammer und ist das Epithel derselben lateral vom Trichter in einem kleinen Bezirk erhöht (Fig. 40). Jedoch das Epithel am hinteren Umfange des Trichters zeigt eine auffallende Veränderung. Noch ehe sich der Trichter voll- kommen ausgeglättet hat, werden nämlich seine Zellen zylindrisch und verlieren ihre Flimmerhaare (Fig. 41). An der Stelle, an welcher sich die Vornierenkammer nach aussen öffnet, geht, wie in allen Fällen, das an den Trichter grenzende Epithel auf die Leibeswand über. Der sagittal nach rückwärts ziehende Streifen erscheint jedoch, im Gegensatz zu den Verhältnissen der rechten Seite, als schnurgerade Fortsetzung der Trichterrinne. Die Länge des erhöhten Epithelstreifens beträgt von der Mitte des Trichters an 375 u. Diese Larve lehrt, dass man der erwähnten Verschiedenheit im Ausgangspunkt des sagittal nach rückwärts verlaufenden Epithel- streifens keine prinzipielle Bedeutung beimessen darf. Es geht dies aber auch aus folgender Überlegung hervor: Bei jüngeren Larven greift das flimmernde Epithel des Trichters — wie oben beschrieben wurde — auf die lateral angrenzende Fläche der Vor- nierenkammer über. Man darf diese Platte wohl als eine Verbrei- terung des Vornierentrichters betrachten und daher noch demselben zurechnen. Wenn nun auch der fragliche Epithelstreifen nicht immer als direkte Fortsetzung des Trichters selbst erscheint, so liegt er doch zum mindesten in der Verlängerung jener Platte. Ausserdem besitzt er im letzteren Falle einen nach der Mitte zustrebenden Verlauf, sodass er schliesslich auf jeden Fall in die Verlängerung des Trichters zu liegen kommt und endlich kann 328 Hans Rabl: es als sicher angenommen werden, dass der Trichter auch bei jenen Larven, in denen er an den vorliegenden Präparaten noch unverändert ist, später dieselbe Umwandlung seines Epithels erfahren hätte, welche bei anderen Larven bereits frühzeitig ein- tritt. Ich bitte darüber die späteren Stadien zu vergleichen. So darf man denn ganz allgemein den zweiten Vornierentrichter als den Ausgangspunkt des sagittal nach rückwärts ziehenden Epithelstreifens bezeichnen. Derselbe erfordert aus dem Grunde eine so eingehende Schilderung seines Ursprunges, weil er die Anlage des Müller- schen Ganges darstellt. Schon bei Larve f, noch deutlicher aber bei g' sieht man, dass sein Epithel stellenweise mehrschichtig wird und zapfenförmig in die Tiefe dringt. Dieser Vorgang erfolgt bald in Form einer soliden Wucherung wie bei Larve f (Fig. 37), bald unter Bildung einer kleinen Randkerbe, ähnlich wie bei einer Einstülpung (Larve g!, Fig. 34). In beiden Larven erscheint diese Proliferation nur auf der linken Seite, die auch mit Rücksicht auf die Lage des zweiten Trichters als die weiter entwickelte bezeichnet werden muss; die abgebildete Stelle liegt bei Larve f 115 «, bei Larve g! 360 « hinter der Mitte des zweiten Vornierentrichters. Bei Larve g mündet der zweite Trichter der rechten Seite in die freie Leibeshöhle, jener der linken in die noch geschlossene Vornierenkammer. In beiden Fällen ist er sehr kurz, sodass man annehmen möchte, dass er sich in Rückbildung befindet. Besonders gilt dies von der linken Seite. Hier erscheint er an einem einzigen Schnitte als seichte Rinne, die von einem Flimmer- epithel bekleidet wird. An den proximal folgenden Schnitten ist diese Rinne nach der Bauchhöhle zu von flachen Zellen bedeckt, welche die Obliteration des Trichters einzuleiten scheinen. Distal- wärts folgen auf die flimmernden Zellen als Begrenzung der sich rasch abflachenden Rinne kurzzylindrische Elemente, an welche sich lateralwärts die nach aussen streichende Reihe erhöhter Epithelzellen anschliesst. Der nach rückwärts ziehende Streifen erhöhten Epithels erscheint auf beiden Seiten als direkte Fort- setzung des Trichters. Er besitzt rechts eine Länge von ca. 130 ı, links von ca. 230 « vom hinteren Rande des zugehörigen Trichters gemessen. Eine Einwucherung von Epithelzellen in das Bindegewebe besteht hier noch nicht. Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 329 Bei Larve g? liegen die Verhältnisse folgendermassen: Rechts mündet der zweite Trichter nicht mehr in das Divertikel, sondern bereits in die Leibeshöhle. An seine Mündung schliesst sich lateral eine Reihe zylindrischer Zellen an, welche kranial- wärts in den nach aussen abbiegenden Streifen erhöhten Epithels übergeht. Bei Verfolgung der Serie kaudalwärts vom zweiten Trichter bemerkt man, dass diese an denselben angrenzende Zell- reihe immer schmäler wird, bis sie nach etwa 150 « nur mehr ca. 4 Zellen breit ist. Gleichzeitig erscheint die Verlaufsrichtung des Streifens nicht rein sagittal, sondern der Mittellinie leicht zustrebend. Die Zellen, welche die Trichterrinne begrenzen, behalten bis an das Ende derselben ihre charakteristische Gestalt. Indem sich aber die lateral an den Trichter stossenden Zylinder- zellen der Mittellinie nähern, treten allmählich in der Fortsetzung des Trichters Zylinderzellen auf, wie dies auch bei Larve g' (rechte Seite) der Fall ist. Die Mündung des zweiten Trichters der linken Seite ist in Fig. 485—55, Taf. XX genau dargestellt. Sie liegt noch im Inneren der Vornierenkammer; erst in dem Schnitte, welcher in Fig. 54 abgebildet ist, ist der ventrale Abschluss der Vornierenkammer verschwunden. Fig. 48 und 49 zeigen den Trichtergang, dessen Zellen jedoch keine Zilien tragen. Bei Fig. 50 ist er solid geworden. Fig. 51 zeigt den Übergang zum Trichter, welcher auf Fig. 52 vollgetroffen ist. Auf Fig.53 sieht man die Trichterrinne seichter, in Fig. 54 und 55 flacht sie sich aus, wobei die Zellen der Rinne selbst denselben Charakter annehmen, welchen das lateral an die Rinne angrenzende Peritoneal-Epithel besitzt. An diesen Schnitten fallen zwei Eigentümlichkeiten auf: 1) dass der Trichter sehr klein geworden ist, sich also ın Rückbildung befindet und 2) dass sich der Trichtergang unmittelbar vor seinem Übergang in den Trichter in einen kurzen soliden Strang umgewandelt hat. In der ersteren Hinsicht verhält sich diese Larve wie g, dagegen ist sie inbezug auf die Obliteration des Trichterganges weiter entwickelt, da von einer solchen dort noch nichts zu bemerken ist. Distal vom zweiten Trichter erscheint in einem Abstande von ca. 150 «, also dort, wo der Streifen bereits sehr schmal geworden ist, das Epithel in Proliferation, sodass Bilder entstehen, wie solche von Larve fund g' bereits wiedergegeben wurden. Es geht demnach aus meinen 330 Hans Rabl: Präparaten hervor, dass bei Larven von ca. 35 mm Länge eine Verkleinerung des zweiten Vornierentrichters eintritt, welche als beginnende Rückbildung des- selben gedeutet werden muss, da gleichzeitig die Obliteration des Trichterganges am Übergange in den Trichter eintritt. In der Verlängerung des Trichters erscheint das Peritoneal-Epithel erhöht und schnürt nach der Tiefe Zellen ab, welche die Anlage des Müller’schen Ganges bilden. Vom Trichter dieses letzteren ist bis jetzt noch nichts zu sehen. Mit Rücksicht auf die Tatsache, dass der zweite Trichter in drei Fällen (auf beiden Seiten bei Larve g und auf der linken Seite bei Larve g?) verkleinert war, scheint es zunächst unwahr- scheinlich, dass aus diesem der Müller’sche Trichter hervorgeht. Man möchte sich vielmehr der Vermutung Wilsons anschliessen, dass der Müller’sche Trichter ohne Beziehung zur Vorniere aus dem erhöhten Peritonealepithel an der Oberfläche dieses Organs entsteht. Und doch würde man damit fehl gehen. Dies beweisen die folgenden Stadien. Ich beschreibe zunächst die Region des zweiten Vornieren- trichters auf der linken Seite der Larve i. Auf Tafel XX ist jeder Schnitt dieser Gegend gezeichnet. Fig. 56 zeigt den Trichter- gang, darüber den Vornierengang. Die Vornierenkammer ist bereits mit der grossen Leibeshöhle in Kommunikation getreten, im Lumen des Trichterganges liegen einige glänzende, mit Eosin gefärbte Schollen. welche die Reste der Flimmerbüschel darstellen. Proximalwärts lässt sich der Trichtergang über eine Strecke von 4304 verfolgen, bis er in den drüsigen Teil des Vornieren- kanälchens übergeht. Auf diesem Verlaufe ist er meist sehr eng, gelegentlich auch vollkommen solid, an anderen Stellen jedoch kann man sogar noch die Flimmerbüschel an den Zellen erkennen. Während der Trichtergang in Fig. 56 unter dem Vornierengange gelegen ist, rückt er auf Fig. 57—60 nach aussen, an ihm vorüber. Hierbei ändert er sein Aussehen, man bemerkt mehr Kerne in ihm, was auf eine Zunahme der Zellen unter gleichzeitiger Verschmälerung der Zellkörper schliessen lässt. In Fig. 61 erscheint der so modifizierte Gang als eine solide Zellen- anhäufung, in welcher auf Fig. 63 ein Lumen erscheint, das auf Fig. 64 durchgebrochen ist. Hier befindet sich demnach die Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandra maculosa. 331 Mündung des Trichterganges, d. h. der zweite Vornierentrichter. Doch ist sein Aussehen gegen früher wesentlich verändert. Er bildet eine Spalte, welche etwas schräg nach aussen sieht, und ist von zwei Lippen begrenzt, die von einem Epithel, das sich aus dichtgedrängten hohen Zellen zusammensetzt, überkleidet werden. Dieser Spalt flacht sich kaudalwärts rasch ab. Auf Fig. 67 sehen wir nur mehr ein erhöhtes Epithel, das eine schmale Leiste überzieht. Das Epithel wird nun allmählich niedriger und ist nach 120. vollkommen platt. Doch ist in der zwischen Fig. 67 und Fig. 69 gelegenen Zone die Grenze des VG Dig Epithels gegenüber dem Bindegewebe ET d = N j =D efai erart schwer festzustellen, dass sich F B: | nicht mit Bestimmtheit sagen lässt, ob BA \ nicht schon vorher jene Abflachung des ar \ Epithels eingetreten war. Aus dieser Schnittserie ergibt sich, dass der zweite Vornierentrichter eine eigentümliche Veränderung durchge- macht hat: Es ist die Umgestal- tung des zweiten Vornieren- trichters in den Trichter des Müller’schen Ganges. Wie sich aber auch aus dem Vergleiche dieser Serie mit anderen noch zu besprechenden ergibt, besteht eine besondere Eigentüm- lichkeit des vorliegenden Falles darin, dass hier diese Metamorphose nicht 8 den Trichter allein, sondern sogar das Be Endstück des Trichterganges ergriffen Fig. 8. hat. Es zeigt dies auch die Rekon- Buchstabenerklärung siehe struktion der beschriebenen Schnittserie Ber (Textfig. 8) in anschaulicher Weise.') Wer Textfig. Ss mit 7 (normaler Trichter) vergleicht, braucht nicht mehr speziell auf die Unterschiede der beiden aufmerksam gemacht zu werden. !) Da der Zweck dieser und aller folgenden Rekonstruktionen war, die Beziehungen der Anlage des Müller’schen Trichters zum Trichter- gange und dem erhöhten Peritonealepithel klarzustellen, so musste ich von einer naturgetreuen Rekonstruktion auf die sagittale Ebene absehen und ID HanserRabil: Eine Frage von grosser Bedeutung. die ich aber leider nicht mit der wünschenswerten Sicherheit beantworten kann, ist die, ob bei der zweifellosen Metamorphose des zweiten Vor- nierentrichters auch sein Epithel beteiliet ist, oder ob es etwa durch jenes zylindrische Epithel verdrängt und ersetzt wird, welches aussen an den Trichter angrenzt. Der erstere Fall wäre aus dem Grunde höchst merkwürdig, weil der Vornierentrichter bekanntlich von einer einzigen Lage tlimmernder Zellen ausgekleidet wird und hier demnach Flimmerzellen, denen gemeinhin die Fähigkeit der Proliferation abgesprochen wird. zum Ausgangs- punkt einer ganz neuen Bildung würden. Ich habe daher meine sämtlichen Präparate genau auf das Vorkommen von Rück- bildungserscheinungen an den Zellen der Vornierentrichter und speziell deren Kernen durchmustert. konnte aber keinerlei Anhalts- punkte gewinnen, die mir eine sichere Entscheidung zu treffen erlaubt hätten. Die Vornierentrichter der Larven eg und ge? sind zwar im ganzen verändert, die Zellkerne aber besitzen ein durchaus normales Aussehen. Dasselbe gilt auch für die späteren Stadien, in denen die Umbildung der Trichter stattfindet. Ein einziges Mal sah ich in einem Trichter einen pyknotischen Kern, dagegen sind die chromatolytischen Figuren im unmittelbar angrenzenden Epithel der Leibeshöhle, welches sich dort ausbreitet, wo früher gleichfalls Flimmerzellen standen, etwas zahlreicher. Immerhin sind sie auch dort nur vereinzelt anzutreffen; dagegen fällt hier das häufige Vorkommen von Mitosen auf, denen ich im Trichter selbst nur ausnahmsweise begegnet bin. Bilder der letzteren Art dürfen übrigens nicht für eine Metaplasie des Epithels der Vornierentrichter herangezogen werden, da sie erst dann sichtbar werden, wenn auch sämtliche Nachbarzellen ihren Charakter geändert haben. Wer sich demnach nicht entschliessen kann, eine Ausnahme des Satzes anzuerkennen, dass sich Flimmer- etwas willkürlich verfahren. Zwar wurde der Vornieren- und Trichtergang stets in genauer Projektion auf die sagittale Ebene eingetragen, bezüglich des erhöhten Peritonealepithels jedoch wurde nur jener Punkt festgehalten, welcher in der sagittalen Verlängerung der Trichterrinne gelegen ist, und die Trichterrinne selbst mit jener Tiefe gezeichnet, als ob sie in ihrer ganzen Länge in die Sagittalebene fallen würde. Man hat sich in diesem und allen folgenden Fällen vorzustellen, dass man von der Mittelebene des Körpers aus nach aussen und somit auf die mediale Fläche des Trichters blickt. Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 333 zellen nicht mehr zu teilen vermögen, muss annehmen, dass die Zellen der Vornierentrichter nur sehr langsam zugrunde gehen, dass ihre Kernstruktur lange erhalten bleibt und dass die Rück- bildung vermutlich überhaupt nicht unter dem Bilde auffälliger Chromatinveränderungen verläuft, sondern in einer allmählichen Schrumpfung unter Beibehaltung der Textur besteht. Für diese Annahme spricht die Tatsache, dass auch die Kerne der Zellen des Trichterganges an jenen Stellen, an welchen der Gang bereits obliteriert und in einen dünnen Faden ausgezogen ist, noch geringfügige Veränderungen aufweisen, obgleich diese Zellen später sicherlich zugrunde gehen. Trotzdem kann ich mich nicht ent- schliessen, ohne dem Befunde deutlicher Rückbildungserscheinungen in den Zellen der Trichter eine Neoplasie ihres ‚Epithels zu behaupten. Ich muss die Sache vielmehr — wie gesagt — unent- schieden lassen, wenngleich ich der Ansicht zuneige, dass die Flimmerzellen allmählig von den lateral angrenzenden Zylinder- zellen verdrängt werden, indem sie teils in loco degenerieren, teils von ihrer Unterlage abfallen. Der gleiche Moment der Metamorphose des Vornierentrichters in den des Müller’schen Ganges, wie bei Larve i ist auch auf der linken Seite der Larve j (Taf. XXI, Fig. 70—81) getroffen worden. Auch hier sieht man, dass der Trichtergang ventral vom Vornierengang nach aussen rückt. Hiebei wird er in TÜ Fig. 73 solid. In Fig. 74 verbindet sich diese solide Zellmasse mit dem erhöhten Peritoneal-Epithel, in Fig. 75 hat sich in derselben eine Rinne gebildet. Hier liegt demnach wieder der zweite meta- morphosierte Vornierentrichter, d. h. der Trichter des Müller’schen Ganges vor. In Fig.76 erscheinen die Lippen der Rinne bis zur Verschmelzung genähert, sodass ein Gang mit Lichtung vom Epithel getrennt ist. Fig. 77 zeigt diesen Gang solid, sodass er als eine in die Tiefe greifende Verdickung des Peri- toneal-Epithels erscheint. In Fig. 78 Fig.9. Buchstabenerklärung wird diese Verdickung allmählich kürzer s. Text-Figur 7. und lässt sich schliesslich auf Fig. 79 Archiv f. mikrosk,. Anat. Bd. 64. 22 334 Hans Rabl: und SO nicht mehr scharf als solche erkennen. Text - Figur 9 zeigt diesen Trichter in der sagittalen Rekonstruktion. Leider liegen die Verhältnisse nicht immer so klar, wie in den eben geschilderten Fällen. Denn bei etwas weiter entwickelten Larven ist das unterste Ende des Trichterganges in der hegelso stark rückgebildet, dass der Zusammen- hang zwischen ihm und dem Ostium abdominale tubae nicht mehr direkt zu sehen ist. Ein Beispiel dieser Art habe ich in Textfigur 10 (rechte Seite der Larve i) dargestellt. Hier wird der Trichtergang in seinem letzten Stücke, das dem Peritoneal-Epithel unmittelbar an- liegt, solid und verschmilzt mit dem- selben; doch vermag man immerhin die rest- lichen Zellen des Trichterganges wegen ihrer bedeutenden Grösse vom erhöhten Epithel der Leibeshöhle noch zu unterscheiden. 60 « hinter dieser Übergangsstelle erscheint eine Rinne, die sich rasch vertieft und in einen Fig. 10. ganz kurzen Gang führt, welcher als die Anlage der Tube betrachtet werden muss. Diese Nische liegt hier, wie in den beiden vorher angeführten Fällen, am medialen Ende jenes Streifens erhöhten Epithels, welcher nach aussen und kranialwärts verfolgt werden kann und dessen Auftreten bereits in früheren Stadien genau beschrieben wurde. In diesem Falle kann wohl eine direkte Metamorphose des Vornierentrichters in den Trichter des Müller’schen Ganges nicht mit Sicherheit bewiesen werden, doch ergibt sich aus der Lage-Beziehung des hinteren Endes des Trichterganges zur beginnenden Einstülpung des Ostium abdominale tubae, dass die Region, in welcher der zweite Vor- nierentrichter gelegen war, dieselbe ist, in welcher nunmehr der Müller’sche Trichter angelegt wird. Ähnliche Verhältnisse liegen bei Larve l auf beiden Seiten vor. Die rechte Seite wurde sowohl fast Schnitt für Schnitt geezeichnet (Taf. XXI, Fig. 32—93), als auch rekonstruiert. Die Rekon- struktion (Text-Fig. 11) erstreckt sich sowohl kranial, wie kaudal- wärts auf eine grössere Anzahl Schnitte als auf Taf. XXI abge- Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandramaculosa. 335 bildet wurden. Figur 82 zeigt den Triehtergang noch von ansehnlicher Grösse, er wandelt sich nun in einen soliden Strang um und verkleinert sich dabei rasch. Schliesslich (Fig. s4—87) wird er im Querschnitt nur mehr von einer einzigen Zelle dargestellt, welche daran zu erkennen ist, dass sie in einem Hohlraume liegt, den sie nicht ganz ausfüllt, und dass sie von einigen Zellen konzentrisch umgeben wird. Diese Zelle ist klein, der Rand des Protoplasmas ezackt, der Kern sehr chromatinreich und fast homogen. Hier liegen demnach Bilder vor, welche eine zweifellose Degeneration des Trichtergangepithels zeigen. Der dünne Endfaden des Trichterganges rückt dem erhöhten Peritonealepithel immer näher und legt sich ihm schliesslich an. Auf Fig. 88 ist die beschriebene Zelle nicht mehr mit absoluter Sicherheit zu erkennen, in Fig. 89 sieht man an der Spitze einer schon auf Fig. 12. nicht mehr zu unterscheiden ist, tritt eine Rinne auf, die sich 39% Fig. 57 beginnenden rinnenförmigen Ein- stülpung des Peritonealepithels noch eine kleine geschrumpfte Zelle, welche möglicher- weise das letzte Ende des Trichterganges bildet. In Fig. 90 ist hiervon nichts mehr zu sehen. Auf Fig. 91 erscheint die ganze erhöhte Fpithelmasse in die Tiefe gerückt und in Fig. 93 findet man eine Gruppe von Epithelzellen in einer vorspringenden Leiste der Leibeswand unter einem nicht erhöhten Peritonealepithel gelegen: die Anlage des Müller’schen Ganges. Die Rekonstruktion der linken Seite zeigt Textfigur 12. Auch hier wird der Vornierengang, ehe er verschwindet, solid und legt sich dem Peritonealepithel dicht an. An dem Punkt, wo er von demselben 336 Hans Rabl: rasch vertieft und in einen ganz kurzen Gang führt, von dem sich ein Zellenstrang noch durch einige Schnitte nach rückwärts verfolgen lässt. Das Peritoneal- Trg Vag epithel wird knapp hinter der Rn US Triehtermündung wieder flach. N Stellen auch diese Bilder dr Deutung, dass sich der Vornieren- trichtter in den Trichter des Müller’schen Ganges verwandelt, keine wesentliche Schwierigkeit in den Weg, so kann das von anderen Fällen nicht gesagt werden. Eine — zumindest scheinbare — Ab- weichung von der bisher beschriebe- nen BildungsweisedesMüller’schen (ranges liegt beispielsweise auf der rechten Seite der Larve m vor. Es wurde von dieser sowohl eine Rekon- struktion (Text-Fig. 13) als die Zeichnung der wichtigsten Schnitte der Serie ausgeführt. Man sieht in Fig. 13. Fig. 94 bis 101 (Taf. XXII), dass der an seinem Ende zu einem dünnen Faden verkümmerte Trichtergang immer weiter lateralwärts rückt und sich schliesslich mit dem Epithel der Leibeswand verbindet (Fig. 99). Gleichzeitig erscheint eine Einbuchtung, welche sich allmählich zu einer immer tiefer werdenden Rinne ausgestaltet. Doch erst 150 « hinter ihrem vordersten Ende, an welchem sich der Triehtergang mit ihr verbunden hat, schliesst sie sich zu einem Rohre ab. Diese Stelle ist in den Fig. 105 und 106 zu sehen. Noch eigentümlicher erscheint die Bildung des Müller’schen Ganges bei Larve j (rechte Seite). Hier endigt der Trichtergang als dünner solider Faden, welcher mit dem medialen Ende des erhöhten Peritoneal-Epithels verschmolzen ist, wie dies bezüglich Larve 1, Fig. 88, 89 dargestellt wurde. Das Epithel zeigt aber bei Larve j an dieser Stelle noch keine rinnenförmige Einbuchtung. Dieselbe erscheint erst 170 « hinter dem genannten Punkte und erst weitere 110 « kaudalwärts ist die Rinne zu einem Rohre geschlossen, während gleichzeitig das Peritonealepithel darüber wieder eine flache Gestalt angenommen hat. EEE RZ LE GEMELDET TDN DENE, ENTER WR nn en EEE EN Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandra maculosa. 3371 In die Kategorie jener Fälle gehört auch Larve o! (Länge: 39'/ mm—19!/s mm), deren rechte Seite rekonstruiert wurde (Textfig. 14). Der Trichtergang wird auch hier an seinem kaudalen Ende solid und erscheint schliesslich mit dem erhöhten Peritoneal-Epithel verschmolzen. Ein Querschnitt durch diese Gegend zeigt das Epithel der Leibeshöhle zapfenartig in die Tiefe verlängert. Jener Zapfen wird vom soliden Endstücke des Trichter- ganges gebildet, welches vermöge der bedeutenden Grösse seiner Zellen noch auf mehreren Schnitten vom zylindrischen Peritoneal-Epithel zu unterscheiden ist. Nun beginnt eine Rinne, welche sich 170 « hinter dem Übergange des Trichterganges in das Leibeshöhlen-Epithel zu einem grossen Rohre schliesst. Hier wie in allen ähnlichen Fällen, wird am hinteren Ende der Rinne das gesamte erhöhte Epithel, welches die Wandung dieser letzteren bildet, zum Rohre abgeschnürt, sodass das erhöhte Epithel an der Mündungs- stelle des Müller’schen Ganges mit einem Schlage dem flachen Epithel Platz macht. Auf der linken Seite verhält sich der Beginn des Müller’schenTrichters analog, indem der Trichtergang als solider Strang endigt, nachdem er sich mit dem Epithel der Leibeshöhle verbunden hat, während erst weiter rückwärts die Rinne erscheint, welche sich in den Müller’schen Gang fortsetzt. Die Mündung des Ganges liegt hier 240 « hinter demjenigen Schnitte, welcher die letzte Spur des Trichterganges in Zusammenhang mit dem Epithel zeigt. Diese Abweichungen bilden keine Widerlegung des Gesetzes, dass der Müller’sche Trichter aus dem zweiten Vornieren- trichter hervorgeht, wenn man die Annahme macht, dass sich die Rinne, welche kaudal vom Ende des obliterierten Trichters erscheint, von hinten nach vorne schliesst. Macht dieser Abschluss . In jener Region halt, in welcher ehedem der Vornierentrichter 338 Hans; Rab; gelegen war, so wird derselbe auch hier in das Ostium tubae einbezogen. Es kann diese Einfaltung des erhöhten Peritoneal- epithels in Analogie zu jener Bildung des Müller’schen Ganges gebracht werden, welche ich bereits oben von Larve f und g! beschrieben habe. Hier wie dort wird erhöhtes Peritoneal-Epithel in die Tiefe abgeschnürt, wobei es wohl ohne Belang ist, ob dieses, wie in den jüngeren Stadien, in der Weise geschieht, dass vom Peritonealepithel ein solider Strang abgespalten wird, oder dadurch, dass sich dasselbe als Rinne abschnürt, wie dies bei älteren Larven die Regel bildet. Die Gleichheit dieser beiden Bildungsarten ergibt sich daraus, dass sowohl bei jüngeren Larven eine Einbuchtung des in die Tiefe sprossenden Epithelzapfens, wie auch bei älteren eine Abschnürung grösserer Zellmassen ohne Lichtung ausnahmsweise vorkommt. So wenig aber, wie man jene geringfügige Einkerbung bei jüngeren Larven als die Anlage des Müller’schen Trichters deuten darf, so ist man auch nicht zu der Annahme genötigt, dass jene Mündung des Müller’schen Ganges, die man bei älteren Larven kaudal vom obliterirenden zweiten Trichter vorfindet, das bleibende Tubenostium darstellt. 3ei Larve k kann man beide Bildungsarten des Anfangs- stückes des Müller’schen Ganges beobachten. Auf der rechten Seite streicht vom obliterierten zweiten Vornierentrichter an ein zunächst sehr hohes, später allmählich niedriger werdendes Zylinder-Epithel in sagittaler Richtung nach rückwärts. Der Trichtergang ist hier nicht obliteriert, sondern zeigt ein weites Lumen und deutliche Flimmerhaare bis zum Übergang in den Trichter. Dieser aber ist bereits durch Aneinanderrücken seiner Wandungen in einen schräg liegenden, soliden Zapfen des 3auchhöhlenepithels umgewandelt. Das Zylinder-Epithel besitzt an dem auf den Trichter folgenden Schnitte eine Höhe von 28 « und begrenzt zunächst eine nur 30 4 lange, sehr seichte Rinne (Fig. 114), welche nach rückwärts flach ausläuft. Allmählich niedriger werdend, setzt es sich über eine Strecke von 540 « fort, bis es in die Tiefe rückt. Hiermit ist die Anlage des Müller’schen Ganges vom ÖOberflächen-Epithel abgelöst, das Peritoneal-Epithel selbst ist von jenem Punkte an, an welchem das Epithel in die Tiefe verlagert wurde, flach. Die Verlagerung des Peritoneal-Epithels in die Tiefe habe ich an Fig. 102—104 dargestellt. Fig. 102 zeigt eine ganz seichte Rinne, deren Zellen nur mehr eine Höhe, Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandra maculosa. 339 von 12. besitzen, in 103 wird die Rinne von flachen Zellen überdeckt, in Fig. 104 ist sie bereits vollkommen abgelöst und zur Anlage des Müller’schen Ganges umgestaltet. Links liegen die gleichen Verhältnisse vor, sodass ich von einer Schilderung derselben absehen kann. Wollte man die in Fig. 102—104 dar- gestellte Mündung des Müller’schen Ganges als die definitive betrachten'!), so wäre man in Verlegenheit, welche Bedeutung man der vorhergehenden, 540 « langen Strecke erhöhten Zylinderepithels zuzuschreiben hätte. Unter Berücksichtigung aller oben beschriebenen Verhält- nisse scheint es mir daher nicht möglich, eine andere Erklärung für die Bildung des Müller’schen Ganges zu geben, als die folgende: Das proximale Ende des Müller’schen Ganges wird — bei verschiedenen Larven in verschieden grosser Ausdehnung — vom Peritoneal-Epithel gebildet. Die grösste Strecke ist die bei Larve k beobachtete von 540 «, in anderen Fällen ist sie nur sehr kurz. In dieser Strecke tritt von der Mündung des zweiten Vornierentrichters an eine allmähliche Erhöhung des Epithels auf. So entsteht ein Streifen von zylindrischen Zellen, welcher in sagittaler Richtung nach rückwärts verläuft. Das erhöhte Epithel rückt bald nach seiner Anlage in die Tiefe, an seiner kaudalen Spitze häufig früher als an seinem kranialen Anfang. Welche Momente für die Variationen dieses Prozesses massgebend sind, lässt sich vorläufig nicht angeben. Der Trichter selbst geht aus jener Region des Peritonealepithels hervor, an welcher vormals der zweite Vornierentrichter gemündet hatte. Allerdings kommt es — wie oben bemerkt — gelegentlich vor, dass die Tuben- mündung nicht in genauer Weise an der Stelle des ehemaligen Vornierentrichters gelegen ist, sondern, wenigstens scheinbar, um ein geringes kaudal von demselben zur Ausbildung gelangt. Es könnte dieses letztere Vorkommen aber damit zusammenhängen, !) Das definitive Tubenostium des erwachsenen Tieres wird in keinem Falle so gebildet. Denn dasselbe stellt einen sehr grossen Trichter dar, dessen Entwicklung in einer nächsten Arbeit (dieses Archiv, dieser Band) beschrieben ist und wird von Teilen des Peritoneum zusammengesetzt, die sich erst sekundär mit dem ursprünglichen Tubenostium verbinden. Man kann das Letztere auch als das primäre bezeichnen; es ist nicht nur die ontogenetisch frühere, sondern auch die phylogenetisch ältere Anlage, welche dieselbe Ausbildung wie bei Selachiern und Amnioton erfährt. 340 Hans Rabl: dass der Vornierentrichter auch dann noch, wenn er bereits obliteriert ist, nach rückwärts wandert, wie er in früheren Stadien nach rückwärts gerückt ist. Diese Annahme lässt sich sogar auf den Fall übertragen, dass sich der Vornierentrichter vollkommen ausgeglättet hat, sodass nurmehr der Epithelbezirk, in den er gemündet hatte, nach rückwärts verschoben wird. Es sind eben die Umbildung des Epithels des zweiten Vornierentrichters zum Ostium abdominale tubae und die Obliteration von jenem zwei Prozesse, welche zu verschiedenen Zeiten einsetzen können. Erfolgt Ersatz des Flimmerepithels durch Zylinderepithel noch vor der Obliteration des Vornierentrichters, so wird der hintere Vornieren- trichter direkt zum Ostium abdominale tubae. Häufiger scheint es sich jedoch zu ereignen, dass der Vornierentrichter verstreicht und sein Epithel erst sekundär in das des Müller’schen Trichters einbezogen wird. Der Anteil, welchen dasselbe in diesem Falle an der Bildung des Tubenostiums nimmt, lässt sich natürlich nur so lange erkennnen, als der Trichtergang mit dem Epithel in Verbindung bleibt und dadurch die ehemalige Lage des Vornieren- trichters bezeichnet. Bei einer Larve, deren Trichtergang bereits vollkommen verschwunden ist, besitzen wir keinen Anhaltspunkt, aus dem wir die Beteiligung der Vorniere an der Bildung des Müller’schen Ganges erschliessen könnten. Solange aber die Rückbildung des Trichterganges von seiner Mündung her nicht allzuweit vorgeschritten ist, weist die nahe Lagebeziehung, welche zwischen seinem blinden Ende und dem Ostium des Müller’schen Ganges besteht, auf den ehemaligen Zusammenhang dieser beiden Gebilde hin. (Vergl. Textfig. 15, welche das Ende des Trichter- ganges und den Anfang der Tube bei Larve n? zeigt.) Der bei weitem grössere Teil des Müller’schen Ganges ent- steht durch freies Auswachsen der hintersten Spitze des vorderen Stückes. Niemals fand ich Bilder, welche eine Beteiligung des Wolff’schen Ganges vermuten lassen. Die gänzliche Unab- hängigkeit der Anlage des Müller’schen Ganges von dem letzteren erhellt besonders aus Fig. 107 bis 113 (Taf. XXII). Hier hat sich der Wolff’sche Gang, wie das öfters vorkommt, von seiner Wandung zurückgezogen, wodurch der Raum zwischen den beiden Röhren noch grösser als bei tadelloser Erhaltung des natür- lichen Zustandes erscheint. Fig. 107 zeigt den Müller’schen Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandra maculosa. 341 (ang als Röhre, in der das Lumen noch als winziger Spalt sichtbar ist. Die Zellen und Kerne sind bedeutend kleiner als die des Wolff’schen Ganges. In Fig. 108 besitzt die Röhre einen kleineren Durchmesser als früher und im folgenden Schnitte sind nur mehr vier Zellen an der Bildung des Rohres beteiligt, dessen Lumen geschwunden ist. Am nächsten Schnitte ist der Durchmesser des Rohres abermals kleiner geworden, die Kerne sind dunkel und chromatinreich und unter- scheiden sich dadurch wesentlich von den sehr grossen, chromatinarmen Kernen des Woltf- schen Ganges. Am fünften Bilde sieht man einen Zellhaufen, der aus drei Zellen besteht. Zwischen ihm und dem Wolff’schen Gange ist bereits am vorhergehenden Schnitte eine bindegewebige Scheidewand sichtbar ge- worden, die in der Mitte nur sehr dünn, seitlich aber verbreitert ist und eine voll- kommene Trennung der beiden Gebilde be- wirkt. Auf Fig. 112 liegt an Stelle des se Zellhaufens nur da mehr eine protoplasmareiche PEy! . 2, Zelle, deren Natur man nicht mehr mit Sicher- a heit erkennen kann. Immerhin erscheint es mir mit Rücksicht auf ihre Grösse wahr- scheinlich, dass dieselbe das Ende des Müller’schen Ganges darstellt. Bezüglich des neben ihr gelegenen Kernes, der nur von einem schmalen Plasmasaume umhüllt ist, muss man auf jede bestimmte Diagnose verzichten. Im folgenden Schnitte sind auch diese letzten, in ihrer Natur zweifelhaften Zellen verschwunden, sodass zwischen Wolff’schem Gange und Peritoneal-Epithel nurmehr eine Schichte zarten Bindegewebes!) eingeschoben ist. Eine zweite Serie, aus welcher sich die freie Endigung des Müller’schen Ganges in der gleichen einwandfreien Weise, wie im eben beschriebenen Falle, feststellen lässt, habe ich in 7 Fig. 15. ‘) Dasselbe ist auf der Zeichnung leider etwas ungenau wiedergegeben. 342 Hans Rabl: Fig. 115—120 wiedergegeben. Hier ist der Wolff’sche Gang nicht geschrumpft, der Müller’sche Gang daher demselben dicht angelagert, aber trotzdem vermag man an jedem Schnitte die äussere Konturlinie des Wolff’schen Ganges deutlich zu erkennen. Der Müller’sche Gang endigt auch hier als zuge- spitzter, solider Strang, ohne mit dem Wolff’schen Gange oder dem Peritonealepithel in Verbindung zu treten. Es kann also mit Entschiedenheit erklärt werden, dass eine Abspaltung des Müller’schen Ganges vom Wolff’schen Gange nicht stattfindet. Ebenso kann ich bezüglich dieser späteren Stadien eine Betei- lieung des Peritonealepithels an der Bildung des Müller’schen (ranges ausschliessen. Ob in jenem Falle, welcher in Textfig. 12 dargestellt ist, nicht noch nachträglich eine Verlötung des freien Endes des Müller’schen Ganges mit dem Epithel der Leibes- höhle stattgefunden hätte, lässt sich natürlich nicht sagen. Wäre diese Verlötung ausgeblieben, so möchte sich hier ein Beispiel bieten, wonach der ganze Müller’sche Gang vom Tubenostium d.h. aus dem metamorphosierten zweiten Vornierentrichter hervor- gewachsen wäre. Wäre es aber später zu einer Verschmelzung der beiden Epithelien gekommen, so hätte diese — in Anbetracht der geringen vorläufigen Entwicklung des Müller’schen Ganges — auch hier immer noch innerhalb jener Epithelstrecke erfolgen können, welche bei anderen Larven an der Bildung des Ganges beteiligt ist. Ich habe im vorhergehenden gezeigt, dass die Obliteration, bezw. Metamorphose, des zweiten Trichters bei Larven von etwa 35 mm Länge eintritt. Es kann diese Angabe selbstverständlich keine allgemeine Giltigkeit beanspruchen, da sowohl die Rück- bildung von Larvenorganen als die Entwicklung neuer Körper- elemente bekanntlich sehr wesentlich von den allgemeinen biologischen Faktoren beeinflusst wird, unter denen die Larve gedeiht. Dagegen dürfte es wohl allgemein zutreffen, dass jene Obliteration des hinteren Vornierentrichters die Rückbildung des ganzen Organs einleitet. Der erste Trichter bleibt — wie aus der Tabelle (Seite 279) hervorgeht — viel länger offen. Auf Fig. 9 (Taf. XVI) habe ich den ersten Trichter der rechten Seite der Larve n!, auf Fig. 10 jenen der linken Seite der Larve n? abgebildet. An beiden sind noch die Zilien vorhanden, sodass man schliessen darf, dass sie sogar noch funktionieren, indessen Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandra maculosa. 343 die hinteren Trichter der betreffenden Seiten bereits bedeutende Umgestaltungen erfahren und sich von den Trichtergängen abgeschnürt haben. In seltenen Fällen findet man zu dieser Zeit die beiden Trichter, den ersten intakten und den zweiten obliterierten, bezw. metamorphosierten, durch einen Streifen erhöhten Zylinder- Epithels verbunden. Was Wilson an jungen Larven von Salamandra atra beobachtete, kommt also auch bei Salamandra maculosa vor, hier aber — wie gesagt — nur ausnahmsweise und erst in späten Stadien. Eine Schnittserie, welche diesen Streifen zeigt, ist in Fig. 42—46 dargestellt. Das erste Bild zeigt den langgestreckten vorderen Trichter, der — wie immer — in die laterale Ecke der Vornierenkammer einmündet. Die Zellen tragen noch Zilien. Der Trichtergang zieht kopfwärts, sodass man ihn an den kaudal von seiner Mündung gelegenen Schnitten nicht findet. Dagegen setzt sich der Trichter kaudalwärts in eine Rinne fort (Fig. 43), welche immer kürzer wird und schliesslich in eine Platte erhöhten Epithels übergeht, die zunächst an der ventralen Seite der Vornierenkammer gelegen ist und gegen ihren Hohlraum zu etwas vorspringt (Fig. 44). Diese Platte oder Leiste rückt allmählich dorsalwärts, wobei sie sich weiter verschmälert, sodass sie schliesslich am Querschnitt nur mehr einen (kurzen Zapfen mit wenigen erhöhten Zellen an seiner Spitze bildet Fig. 45). Diese Zellen gehen dort, wo sich die Vornierenkammer in die Leibeshöhle öffnet (Fig. 46) in jenes erhöhte Epithel über, das einerseits nach aussen und ventralwärts verläuft, andererseits kaudalwärts über die Vorniere herabzieht, bis es den medialen Rand des obliterierenden zweiten Trichters erreicht. So selten auch eine derartige Umbildung des flachen Epithels der Vornierenkammer in Zylinderzellen eintritt, so beansprucht jenes Vorkommnis doch unser lebhaftes Interesse, weil in diesen Fällen auch der erste Trichter in jene Epithelformation einbezogen erscheint, die zur Bildung des Müller’schen Ganges in innigster Beziehung steht. Wenngleich bei Salamandra eine Annäherung der Vornierentrichter aneinander nicht vorkommt, wie dies z. B. nach Brauer bei Hypogeophis der Fall ist, so kann man doch in dem Auftreten eines zylindrischen Epithelstreifens, der die beiden Trichter verbindet, den Ausdruck ähnlich wirkender Ursachen erblicken. Von den hinteren Trichtern schreitet die Degeneration auf die Vornieren-Kanälchen fort, dieselben werden 344 Hans Rabl: schmäler und verlieren ihr Lumen. Erst an meinen ältesten Larven habe ich eine Abschnürung der vorderen Trichter beob- achten können; demgemäss geht auch das erste Vornieren- Kanälchen später als das zweite zugrunde. Bezüglich der Ver- änderung der Drüsenzellen kann ich auf das Seite 303 Gesagte verweisen. Der Vornierengang scheint sich von hinten nach vorn zurückzubilden. Wenigstens sieht man an Larven von ca. 45 mm Länge die ersten Zeichen der Rückbildung desselben unter Ver- kleinerung seines Durchmessers und Verlust seiner Lichtung in derselben Strecke, in welcher die Obliteration des Trichterganges am weitesten vorgeschritten ist. Die weiteren Umbildungen in der Vorniere habe ich nicht studiert. Ob es zu einem Zerfall der Vornieren-Kanälchen und des Ganges durch quere Zer- schnürung in einzelne Stücke kommt, kann ich nicht angeben, da ich keine Rekonstruktionen dieser späteren Stadien vor- genommen habe. Auftallende Kernveränderungen wie Chromatolyse und Zerfall waren auch in meinen ältesten Vornieren noch nicht enthalten, obwohl ich nicht zweifle, dass es später zu solchen oder ähnlichen Prozessen in ausgedehntem Masse kommt. Auch der Glomerulus war — wenn auch als vollkommen kompakter Körper — noch erhalten und bot samt den darin eingeschlossenen Pronephridialkörpern an seinen Kernen keinerlei degenerative Veränderungen. Die Vornierenkammer ist auch an meinen ältesten, in der Metamorphose bereits weit vorgeschrittenen Larven noch nachweisbar. Sie bildet hinter dem Glomerulus einen ausserordentlich engen Spalt, der zunächst in sagittaler, später in schräger nach aussen führender Richtung verläuft. Ihre Mündung in die Leibeshöhle ist auch noch bei meinem ältesten Salamander von 52 mm Länge zu sehen. Der Vergleich dieser Ergebnisse mit den Angaben früherer Forscher weist wesentliche Unterschiede zwischen jenen und mir auf. Doch sind die Abweichungen von den Autoren aus den neunziger Jahren entsprechend den Fortschritten der histologischen Technik kleiner als jene, welche mich von Fürbringer und Hoffmann trennen. So haben schon Mac Bride, Jungersen und Wilson den Müller’schen Gang aus dem Peritoneal- Epithel abgeleitet. Wilson glaubt, dass die Veranlassung für die Annahme Fürbringers und Hoffmanns bezüglich der Entstehung des Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandra maculosa. 345 Müller’schen Ganges durch Abspaltung aus dem Wolff’schen darin gelegen sei, dass der Wolff’sche Gang manchmal seine Lage verändert, wobei er eine kleine Schlinge macht. Auch eine vom Peritoneal-Epithel abgelöste Zellgruppe mag sich bisweilen näher als gewöhnlich an den degenerierenden W olff’schen Gang angeschmiegt haben. Es ist wohl einerlei, welches mikroskopische Bild zu diesem Irrtum Veranlassung gegeben hat. Solange keine lückenlosen Schnittserien bei der Untersuchung so schwieriger Verhältnisse verwendet wurden, stand eben eine unerschöpfliche Fehlerquelle offen, die bei Vervollkommnung der Technik mit einem Male versiegte. Den Angaben von Gemmill, dass wohl der proximale Teil des Ganges aus dem Peritoneal-Epithel, dagegen sein distaler Teil, von der Spitze des Wolff’schen Körpers an, aus dem Wolff’schen Gange hervorgehe, vermag ich kein ent- schiedenes Dementi entgegenzusetzen, da ich das Verhalten des Wolff’schen Ganges in der Urnierenregion nicht untersucht habe. Ich gedenke diese Lücke in kürzestem auszufüllen. Vor- derhand stehe ich jenem Satze jedoch misstrauisch gegenüber, da die Differenz in der histologischen Struktur der Zellen des Wolff’schen und Müller’schen Ganges eine so grosse ist, dass mir die Abstammung dieser von jenen sehr unwahrscheinlich dünkt. Auch spricht sich Gemmill bei der Beschreibung seiner Befunde weniger kategorisch aus als bei der bereits zitierten Zusammenfassung der Ergebnisse. Dort betont er die grosse Schwierigkeit, welche die gewonnenen Präparate einer einwand- freien Erklärung entgegensetzen, und meint, dass sich der Müller’sche Gang „teilweise infolge der Vermehrung seiner eigenen Zellen und teilweise auf Kosten von Zellen, welche von der Wand des Wolff’schen Ganges abstammen, nach rückwärts vermehrt.“ Eine Sache, die mir viel Kopfzerbrechen machte, ist die bei Fürbringer, Hoffmann und Wilson wiederkehrende Behauptung, dass der erste Trichter vor dem zweiten obliteriert. Erst die Lektüre der ausführlichen Arbeit Wilsons gab mir eine Erklärung hiefür in die Hand. Von einer Salamanderlarve von 32 mm Länge (Stadium D) gibt Wilson an, dass die vorderen Nephrostome auf beiden Seiten geschlossen gewesen wären. Er fährt aber folgendermassen fort: „On both sides, the anterior nephrostomes, though apparently 346 Hans Rabl: closed, open backwards into the body-cavity by means of narrow superficial tubes, whose appertures are considerably more posterior than the original funnel. Between the new mouth of the first nephrostome and the second nephrostome the usual band of thickened epithelium runs.“ Auch bei einer Larve von Alytes von 36 mm Länge fand er die „wirkliche Mündung des Trichters“ geschlossen, sodass der tlimmernde, in der Richtung nach dem Coelom-Epithel ver- laufende Trichterkanal blind zu endigen schien. Vier Schnitte hinter dem Nephrostom war jedoch eine neue Öffnung vorhanden, welche die Kommunikation zwischen Leibeshöhle und Gang her- stellte. Aus dieser Beschreibung ergibt sich, dass Wilson nur denjenigen Trichter als den ursprünglichen anerkennt, welcher das Aussehen des in Fig. 1 oder 2, Taf. XVI, dargestellten besitzt, dessen Trichtergang quer nach aussen verläuft. Wie ich aber aus- führlich auseinandergesetzt und durch Rekonstruktionen erläutert habe, rückt der Trichter in späteren Stadien kaudalwärts, sodass der Trichtergang vom Trichter aus zunächst kranialwärts verläuft und erst an der Spitze der Vorniere nach aussen abbiegt. Es geht wohl nicht an, in diesem Falle von der Obliteration des ursprünglichen Trichters zu sprechen, da doch das Epithel des Divertikels an der Stelle, an welcher sich vormals der Trichter befand, irgend eine Veränderung darbieten müsste. Zu mindest wäre eine rinnenförmige Einsenkung desselben zu erwarten. Der Unterschied, welcher zwischen Öbliteration und Wanderung nach rückwärts besteht, lässt sich am besten beurteilen, wenn man an älteren Larven den noch intakten vorderen Trichter mit dem obliterierenden hinteren vergleicht. Während aber Wilson seine Angabe über die Obliteration des vorderen Trichters durch den Zusatz, dass eine Neubildung des Ostium in kaudaler Richtung erfolge, selbst berichtigt, machen Fürbringer und Hoffmann darüber keine weiteren Mitteilungen. Ich kann demnach nur ver- muten, dass sie denersten Trichter in älteren Larven nicht für normal funktionierend angesehen haben. Es ergibt sich dies auch aus einer ganz naturgetreuen Abbildung des ersten Trichters von Triton, welche in der Arbeit von Hoffmann enthalten ist. Hoffmann bezeichnet denselben als in Obliteration begriffen, obwohl dieser Trichter dasselbe Aussehen besitzt, welches er bei den meisten älteren Larven darbietet: Er bildet nämlich eine kurze, breite Aus- Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandra maculosa. 347 sackung der Vornierenkammer. Nur die Verfolgung der Schnitt- serie lässt in allen ähnlichen Fällen erkennen und würde wohl auch hier gezeigt haben, dass diese Aussackung in eine kranial- wärts gerichtete Röhre führt. Das Ostium abdominale tubae lassen alle Autoren aus dem erhöhten Peritonealepithel hervorgehen, das sich lateral an den zweiten Vornierentrichter anschliesst. Der Ursache dieses Fehlers nachzuspüren, fällt umso schwerer, als mehrere Zeichnungen publiziert sind, in welchen man medial von dem angeblichen Trichter des Müller’schen Ganges noch das Nephrostom mit seinen Flimmerzellen sieht. Ich wage zwar nicht, meine Befunde vollinhaltlich auf die Anuren zu übertragen, dagegen kann wohl kein Zweifel bestehen, dass sich Triton, Amblystoma und Sala- mandra, die am häufigsten untersuchten Urodelenarten, gleich verhalten. Es mag bei der einen Art die Beziehung des hinteren Vornierentrichters zum Ostium tubae stärker verdeckt sein als bei der anderen, jedenfalls aber muss bei allen das Ostium tubae an der Stelle des hinteren Vornierentrichters gelegen sein. Von allen Forschern, welche sich mit dem vorliegenden Probleme beschäftigt haben, scheint Fürbringer der richtigen Lösung am nächsten gekommen zu sein; nur war er nicht so glücklich, auf jene Stadien zu treffen, welche die direkte Her- leitung des Ostium abdominale tubae aus dem Vornierentrichter gestatten. Die Bilder Fig. 9—12 von Fürbringer aus der Serie durch eine 48 mm lange Salamanderlarve lassen sich ohne weiteres mit meinen Folgerungen in Einklang bringen, wenn man im Auge behält, dass sich der Müller’sche Gang zuweilen vom Peritoneal- epithelablöst, noch ehe sich der zweite Trichter geschlossen hat. Eine bessere Erklärung würde sich allerdings dann ergeben, wenn in den angezogenen Figuren vp2 nicht den hinteren, sondern den vorderen Vornierentrichter bedeuten würde. Dann liesse sich das Ostium des Müller’schen Ganges ohne Schwierigkeit als das veränderte zweite Vornierenostium auffassen. Auch Wilson scheint allein aus Mangel an Material zu einem anderen Resultate als ich gekommen zu sein. Dagegen dürfte Hoffmann zufällige, kleine Nischen im erhöhten Peritoneal-Epithel fälschlich für die Anlage des Müller’schen Trichters gehalten haben. Doch bleiben auch unter dieser Annahme einige Figuren, 348 Hans Rabl: z. B. Fig. 27, Taf. XXXIU, gänzlich unverständlich. Auch (remmill und Mac Bride scheinen in jenen Fällen, welche sie zum Beweise für die Entstehung des Müller’schen Ganges ohne Beziehung zum Pronephros heranziehen zu können glauben, in denselben Fehler, wie Hoffmann verfallen zu sein. Doch sind ihre Zeichnungen so skizzenhaft ausgeführt, dass es nicht möglich ist, bestimmt zu entscheiden, über welche Schwierigkeit sie gestrauchelt sind. Diese kurze Kritik der Arbeiten meiner Vorgänger lässt erkennen, dass keiner derselben das Thema erschöpfend behandelt hat. Für die meisten lag wohl die nächste Veranlassung zu der Annahme, dass das Ostium abdominale tubae aus dem erhöhten Epithel über der Vorniere hervorgehen müsse, darin, dass sie dieser Erscheinung anderenfalls keine Erklärung hätten unterlegen können. Weiters mag aber hiezu noch die Erkenntnis beige- tragen haben, dass der Tubentrichter stets weiter lateralwärts liegt, als der hintere Trichter der Vorniere gemündet hatte. Wäre meine Auffassung nur auf Wahrscheinlichkeitsbeweise gegründet, so würde dieses Moment mit Erfolg gegen dieselbe herangezogen werden können. Nun bin ich aber in der Lage zu zeigen, dass diese laterale Verschiebung des Peritonealepithels, aus welchem der Müller’sche Trichter hervorgeht, bereits zu einer Zeit eintritt, in der jene Stelle noch mit dem Trichtergange verbunden ist. Es wird also nicht erst der Müller’sche Trichter, sondern schon derV ornierentrichter selbst während seinerObliteration, bezw. Modifikation, nach aussen verschoben. Während derselbe bei den Larven d, e und f (siehe Textfig. 1—4) medial vom Vornierengange liegt, kreuzt er bei älteren Larven (Textfig. 5) den Vornierengang und verbindet sich lateral von demselben mit dem Bauchhöhlen-Epithel (Textfig. s—14). Bei Larve g!, deren Vornierentrichter noch keine Veränderung erfahren hat, liegt derselbe fast genau an der Stelle, an welcher der Trichtergang vom Vornierengange gekreuzt wird. Bei älteren Larven liegt die Mündung wesentlich kaudaler als die Kreuzungsstelle.. Die Betrachtung der Serienschnitte durch das Ende des Trichterganges und den Anfang der Tube bei Larve m (Taf. XXII), verglichen mit einer Zeichnung, welche den Vornierentrichter einer jüngeren Larve zeigt (z.B. Fig. 39, Taf. XIX), lässt erkennen, wie weit der zweite Trichter während seiner kaudalen Wanderung nach aussen rückt. Doch Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges beiSalamandra maculosa. 349 ‘rückt nicht der obliterierende Trichtergang innerhalb des erhöhten Epithels nach aussen, sondern das ganze Epithel erscheint in späteren Stadien lateralwärts verschoben, denn der Trichter bildet stets wie in den jüngsten Larven das mediale Ende des erhöhten Epithelstreifens. Diese Wanderung des Trichters scheint mir mit Rücksicht auf die Verhältnisse bei den höheren Wirbeltieren von hervorragender Bedeutung zu sein, da wir bei diesen sehen, dass sich der Müller’sche Gang lateralwärts von jener Stelle anlegt, an welcher in früheren Stadien die Vornierenkanälchen gelegen waren. Der Grund dieser lateralen Verschiebung kann nur darin gelegen sein, dass sich das in der Achse des embryonalen Körpers, an der Basis des Gekröses gelegene Bindegewebe verbreitert und dadurch den Trichter nach aussen verdrängt. Ich hätte nunmehr noch die Aufgabe, das Schicksal jenes erhöhten Streifens Peritoneal-Epithels darzulegen, der vom hinteren Trichter nach vorn und weiterhin ventralwärts verläuft und dessen Schilderung ich in jenem Stadium unterbrochen habe, in welchem die ersten Andeutungen des Müller’schen Ganges kaudal von der Vorniere auftreten. Ich werde aber diese Angelegenheit in einer folgenden selbständigen Abhandlung zur Sprache bringen, da sie eine eingehende Darstellung erfordert und hiedurch die vor- liegende Abhandlung eine unverhältnissmässige Länge erhalten würde. Es bildet nämlich die Entwicklung dieses erhöhten Epithels nur den ersten Schritt in der Differenzierung eines selbständigen Peritonealblattes, dessen Anlage und weitere Ausbildung besonders mit Rücksicht auf gewisse Verhältnisse bei den höheren Wirbel- tieren von grossem Interesse ist. Dagegen will ich diese Arbeit nicht schliessen, ohne nicht der phylogenetischen Bedeutung, welche meinen Befunden über die Bildung der Tuben bei den Amphibien zukommt, ein paar Worte zu widmen. Das wichtigste Ergebnis meiner Untersuchungen scheint mir nämlich darin zu liegen, dass wir nunmehr in der Lage sind, die Verhältnisse bei den Amphibien von jenen herzu- leiten, welche bei den Selachiern obwalten. Schon Gegenbaur, Fürbringer und Hoffmann taten dies; aber sie stützten den Vergleich auf jene Befunde, welche für eine Abspaltung des Müller’schen Ganges vom primären Harnleiter zu sprechen schienen. Nachdem aber diese Lehre durch die späteren Arbeiten von Mae Bride, Jungersen und Wilson als unrichtig nach- Archiv f, mikrosk. Anat. Bd. 64, 23 350 Hans Rabl: gewiesen war, musste sich sogar ein Zweifel nach der Richtung ergeben, ob der Müller’sche Gang der höheren Wirbeltiere mit jenem der Selachier überhaupt homologisiert werden dürfe. Diesen Zweifel hoffe ich durch die vorliegende Arbeit zerstreut zuhaben. Wenngleich sich meine Untersuchungen auf eine einzige Art beschränken, so dürften sie doch geeignet sein, den Aus- gangspunkt einer erneuten Untersuchung der einschlägigen Ver- hältnisse bei den Anuren und Gymnophionen zu bilden. Und was die Amnioten betrifft, so gedenke ich, in einer späteren Arbeit den Nachweis zu erbringen, dass sich die Bildung des Müller- schen Ganges bei ihnen auf Grund der bei den Urodelen gemachten Erfahrungen nunmehr ohne Schwierigkeit verstehen lässt. Die Arbeiten über die Entwicklung des Müller’schen Ganges bei den Selachiern lehren, dass das Tubenostium aus den Östien der Vornierenkanälchen hervorgeht. Da die Vornieren- kanälchen nur sehr kurze, quere Verbindungen der Leibeshöhle mit der Lichtung des Vornierenganges darstellen, so gehen sie in ihrer gesamten Ausdehnung im Tubenostium auf. Nach der Darstellung von C. Rabl, welcher die genaueste Schilderung der Umbildung der Vorniere zum Tubenostium geliefert hat, rücken bei Pristiurus die Vornierenostien, welche ursprünglich, ent- sprechend ihrer segmentalen Anlage, auf eine grössere Anzahl von Urwirbeln verteilt sind, zusammen; gleichzeitig nimmt ihre Zalıl ab. Während anfangs vier Ostien vorhanden sind, trifft man später deren drei und zwei und am Ende des Prozesses nur mehr ein einziges Ostium. Da gleichzeitig die Weite der Östien zunimmt, beweist dies mit Sicherheit, dass das einfache Ostium durch Verschmelzung der zusammengerückten Ostien gebildet wurde. Doch lässt Rabl die Möglichkeit offen, „dass sich zu- weilen einzelne Östien schliessen und verschwinden, ohne mit den anderen zu verschmelzen.“ Dafür spricht auch bis zu einem gewissen Grade der Umstand, dass die Vornieren von Pristiurus einer ziemlich weitgehenden Variabilität unterworfen sind. Nach eigenen, wenn auch spärlichen Erfahrungen an Em- bryonen von Seyllium canieula kommt es hier bestimmt in ein- zelnen Fällen — ob in allen muss dahingestellt bleiben — zu einer Rückbildung des ersten, vielleicht auch des zweiten Vor- nierenostiums. Wie Pristiurus besitzt auch Seyllium meist vier Vornieren-Divertikel; doch habe ich auch drei und fünf gefunden. Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandra maculosa. 351 In jenen Fällen, in denen mehr als drei Divertikel vorhanden sind, ist stets das vorderste am wenigsten entwickelt. Bei Torpedo scheint nach den Angaben Rückerts diese Rückbildung der kranialen Partie der Vorniere besonders aus- geprägt zu sein. Sie führt zu einer gänzlichen Abflachung der vorderen Divertikel; die hinteren Divertikel dagegen werden in der Richtung von hinten nach vorn von der Leibeshöhle abgeschnürt und bilden dadurch den vorderen Teil des Vornierenganges. Nur ein mittleres Divertikel verliert seine Verbindung mit der Leibes- höhle nicht und wird dadurch zum Eingang in den Vornieren- gang, d. h. zum späteren Ostium abdominale tubae. Ich will zwar auf diese Darstellung kein zu grosses (Gewicht legen, da nach dem Urteile C. Rabls dieselbe „wesentlich anders aus- gefallen wäre, wenn Rückert sich entschlossen hätte, Rekon- struktionen irgend welcher Art auszuführen.“ Aber es darf wenigstens das eine daraus gefolgert werden, dass in der kranialen Partie der Vorniere eine Rückbildung von Divertikeln stattfindet. Berücksichtigt man diese Verhältnisse, so nimmt es nicht wunder, dass bei den urodelen Amphibien nur einer der beiden Vornierentrichter in die Bildung des Tubenostiums einbezogen wird. Die Homologie mit Pristiurus wäre wohl kompletter, wenn der vordere Trichter soweit kaudalwärts rücken würde, bis er den hinteren Trichter erreicht, und sich hernach mit ihm ver- einigen möchte. Einen derartigen Vorgang habe ich wohl bei Salamandra nie beobachtet, dagegen konnte Brauer für Hypo- geophis zeigen, dass die Aussentrichter der sich rückbildenden Vorniere, welche ursprünglich über eine grosse Zahl von Seg- menten verteilt sind, schliesslich dicht beieinander liegen. Dass es diesem Forscher nicht gelungen ist, eine Beziehung zwischen Vorniere und Anlage des Müller’schen Ganges wahrzunehmen, kann ich mir nur durch die Annahme erklären, dass er wohl die Rückbildung der Vorniere im ganzen, nicht aber die der einzelnen Trichter genügend verfolgt und trotz der grossen Sorgfalt, welche er seiner Arbeit zugewendet hat, gerade den springenden Punkt in der Anlage des Müller’schen Ganges übersehen hat. Wollte man die Bildungsart des Müller’schen Ganges, wie sie bei den Selachiern vorliegt, bei den Amphibien in unver- änderter Form wiederfinden, so müsste man erwarten, dass das 23* 5 to Hans Rabl: zweite Vornierenkanälchen in seiner gesamten Ausdehnung in das Ostium tubae verwandelt wird. Auch der an das Kanälchen anschliessende Knäuel des Vornierenganges müsste sich zu einem geraden Rohre in die Länge ziehen, entsprechend dem gestreckten Verlauf des Anfangsstückes der Tube der Selachier. Diese Vor- gänge sind aber ontogenetisch nur schwer denkbar. So erscheint die Abänderung, welche die Anlage des Müller’schen Ganges bei den Amphibien erfuhr, als die notwendige Folge der hohen Differenzierung und funktionellen Entwicklung, welche die Vor- niere bei diesen erreicht hat. Nähere Aufklärungen müssen die Untersuchungen von phylogenetischen Zwischenstadien zwischen Amphibien und Selachiern bringen. Die Angabe von Semon, dass er bei Embryonen von Ceratodus mit bereits vollausgebildeter Urniere und funktionierender Vorniere noch keine Müller’schen (ränge gefunden habe, legt die Hofinung nahe, dass sich bei den Dipnoern ähnliche Verhältnisse wie bei den Amphibien wieder- finden lassen, welche jedoch, mit Rücksicht auf ihre tiefere Stellung im System, der Erklärung nach leichter zugänglich sein werden als die Beziehungen zwischen Vorniere und Bildung des Müller’schen Ganges bei den Amphibien. Literaturverzeichnis. Balfour, F.M.: A monograph on the development of Elasmobranch fishes. London 1878. Benda,C.: Die Mitochondria des Nierenepithels, Verhandl. d. anatom. Gesellsch., 17. Versammlung, 1903. Bidder, F.H.: Vergleichend-anatomische und histologische Untersuchungen über die männlichen Geschlechts- und Harnwerkzeuge der nackten Amphibien. Dorpat 1846. 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Am. — Arteria pulmonalis. Big. — Blutgefäss. Ch. — Chorda dorsalis. IE: — Ductus Cuvieri. Drst. — Drüsenstück des Vornierenganges. E. — Epithel des Oesophagus. B.E. — Erhöhtes Epithel des Peritoneum. F. — Glatte Muskelfasern der Darmwand. @l. — Glomerulus. H. — Herzkammer. K. — Kanälchen der Vorniere. L. — Leber. L.h.c.p. — Ligamentum hepato-cavo-pulmonale. L.h.e. — Ligamentum hepato-entericum. 3% —= Laterales Lebergekröse. Lu. —= Lunge. M. —= Quergestreifte Rumpfmuskulatur. M.@. — Müller’scher Gang. M.G.R. = Rinnenförmige Anlage des Ostiums des [Müller’schen Ganges. M.s. — Membrana subvertebralis. IM, ZDR. —= Müller’scher Trichter. N. = Nerv. de. — Oesophagus. 0.M.G. = Ostium des Müller’schen Ganges. PI.P.R. = Pleuroperitonealraum. Pr: — Pronephridialkörper. P3: —= Pigmentzelle. R.pl.p. = Recessus pleuroperitonealis. Ss. — Subvertebraler Lymphsinus. Schst. — Schaltstück des Drüsenganges. Dr. — Trichter des Vornierenkanälchens. Tra. — Trachea. Trg. — Trichtergang. V.c.p. = Vena cardinalis posterior. Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandra maculosa. 357 V.?!. W. = Ventrolaterale Wand der Vornierenkammer. Veyp: — Vena pulmonalis. Vn. — Vorniere, Vng. — Vornierengang. Vnk. — Vornierenkammer. TarıX VL . Querschnitt durch die rechte Körperseite der Larve a in der Höhe des 1. Vornierentrichters. Vergr. 50. . Querschnitt durch dieselbe Larve in der Höhe des 2. Vornierentrichters. Dieselbe Vergr. . Querschnitt durch die rechte Vorniere derselben Larve. Vergr. 100, . Querschnitt durch die rechte Seite der Larve a an der Stelle der Einmündung der Vornierenkammer in den Pleuroperitoneal-Raum. Vergr. 50. . Querschnitt durch die rechte Seite der Larve f. Vergr. 50. . Querschnitt durch dieselbe Larve an der Stelle der Einmündung der Vornierenkammer in die Leibeshöhle. Dieselbe Vergr. . Querschnitt durch die rechte Körperseite derselben Larve an der Stelle des 2, Vornierentrichters. Vergr. 100. . Querschnitt durch die linke Körperseite derselben Larve an der gleichen Stelle. Dieselbe Vergr. . Querschnitt durch die rechte Vorniere der Larve n! in der Höhe des 1. Trichters. Vergr. 100, . Querschnitt durch die linke Vorniere der Larven? an derselben Stelle. . Modell der rechten Körperseite der Larve a, von aussen und rück- wärts betrachtet. Man sieht die Einmündung der Vornierenkammer in die Leibeshöhle, . Modell der rechten Körperseite der Larve f. Die Verbindung der Leber mit der Leibeswand im unteren Teile des Bildes hat in natura nicht bestanden. Aus der rechten Körperwand wurde ein Stück herausgeschnitten, um den Verlauf des roten Streifens ganz über- blicken zu können. Vergr. 50. Taf. XVII. Sämtliche Figuren sind bei Vergrösserung durch das Zeiss’sche apochr. Obj. von 2 mm. Brennweite, Apert. 1,50 und Comp.-Ocular 8 gezeichnet. Fig. 13. Flimmerzellen aus der medialen Wand des 2. Trichters der Larve b, linke Seite. Fig. 14—26. Drüsenzellen, teils aus einem Vornierenkanälchen, teils aus Fig. 14. dem Drüsenstück des Vornierengangs. Zellen aus einem maximal dilatierten Kanälchen mit deutlichem Bürstensaum. Larve d. Fig. 15 Zylindrische Zellen mit vorgewölbten Zellkuppen. Larve b. Fig. 16. Niedere Zellen, welche grosse, mit Eisenhämatoxylin gefärbte Körner enthalten. Larve d. Fig. 31. Fig. 32. Fig. 33. Fig. 34. Fig. 39. Hans Rabl: u 18. Hohe, seeretgefüllte Zellen eines Kanälchens von beträchtlichem Durchmesser aber nur geringer Lichtung. Larve |, . 2 sekretgefüllte Zellen, dazwischen eine Zelle in Teilung. Grosse Hohlräume im Protoplasma, die vermutlich Fett enthielten. Larve g. . Zelle mit deutlicher Sonderung des Körpers in einen äusseren, vakuolisierten und inneren gestreiften Teil. Der Bürstensaum ist wie auf Fig. 17—19 auf eine einfache Grenzlinie reduziert, Larve n!, . Ähnliche Zelle wie die vorhergehende, nur ist der äussere Zellteil weniger vakuolisiert und enthält noch Körnchen. Larve l. . Zylindrische Zellen, vermutlich in Sekretion. Larve g. 3 u. 24. Beispiele abnormer Sekretion, Larve b, bezw. d, u. 26. Zellen auseinem der Rückbildung entgegengehenden Kanälchen, die wahrscheinlich ihre Tätigkeit bereits eingestellt haben, Larve i, u. 28. Zellen aus dem Endstück des Vornierenganges. Larve b. Taf. XVIIL . Die beiden Glomeruli der Larve a. Vergr. 200. 30. Rechter Glomerulus mit Pronephridialkörper der Larve e. Die laterale Fortsetzung der Vornierenkammer geht weiter aussen in den 1. Trichter über. Vergr. 200. Die beiden Glomeruli der Larve n’. Sie liegen proximal von der Vorniere. Vergr. 100. TaraRIX: Rechte Körperseite der Larve c. Der Schnitt geht hinter dem 2. Trichter durch; doch sieht man noch in seiner Verlängerung den Querschnitt einer Rinne. Vergr. 40, Querschnitt derselben Larve an der Stelle der Kommunikation der Vornierenkammer mit der Leibeshöhle. Dieselbe Vergr. Hinteres Ende des erhöhten Peritonealepithels von Larve g', linke Seite. Das erhöhte Epithel bildet einen nach der Tiefe gerichteten Zapfen, die Anlage des Mülller’schen Ganges. Vergr, 200. 5 u. 36. Zwei aufeinanderfolgende Schnitte durch das hintere Ende des 2. Trichters von Larve e. Fig. 36 zeigt an Stelle des Trichters ein kubisches Epithel. Vergr. 200. . Anlage des Müller’schen Ganges am hinteren Ende des erhöhten Epithels auf der linken Seite der Larve f. Vergr. 200. Mündung des 2. Trichters von Larve e, linke Seite. Dieselbe liegt genau dort, wo die ventrolaterale Wand der Vornierenkammer schwindet. Da die Lunge sehr stark ausgedehnt ist, erscheint sie der Körperwand so dieht angepresst, dass der Pleuroperitoneal-Raum nicht nachweis- bar ist. Vergr. 100. Mündung der Vornierenkammer in die laterale Leibeshöhle bei Larve g', rechte Seite. Das erhöhte Epithel des Peritoneum setzt sich bis in die Vornierenkammer fort. Am medialen Ende des Streifens liegt der 2. Trichter, der an seinem hinteren Ende getroffen ist. Vergr. 100. Vorniere u. Bildung des Müller’schen Ganges bei Salamandra maculosa. 359 Fig. 40 u 41. 2. Vornierentrichter der rechten Seite von Larve g‘, Die 1. Fig. zeigt die Mitte des Trichters, die 2 Fig. in der Verlängerung des Trichters eine Rinne, die von erhöhtem Epithel ausgekleidet ist. Vergr. 200. Fig. 42—46. Rechte Vorniere derLarve k. Die fünf Bilder zeigen den 1. Trich- ter durch einen nach rückwärts ziehenden Streifen erhöhten Epithels mit dem erhöhten Epithel des Pleuroperitoneal-Raumes in Ver- bindung. Die nähere Beschreibung siehe S. 343. Vergr, 100. Fig. 47. Rechte Vorniere der Larve n?, Vergr. 100, Taf. XX. Fig. 48—55. Schnittserie durch die Region des 2, Trichters der linken Seite von Larve g?. Die nähere Beschreibung siehe S. 329 Vergr. 200. Fig. 56—69. Schnittserie durch die Region des 2. Vornierentrichters der | linken Seite, welcher sich eben in den Trichter des Müller’schen Ganges verwandelt bei Larve i. Zwischen Fig. 56 und 68 fehlt kein Schnitt, zwischen 68 und 69 liegen 6 Schnitte, die nicht dar- gestellt wurden. Näheres siehe S. 330. Vergr. 200. Taf. XXI. 70—81. Sehnittserie durch das hintere Ende des 2. Trichterganges und den Anfang des Müller’schen Ganges der linken Seite der Larve j. Näheres siehe S. 333. Vergr. 200. Fig. 82—93. Schnittserie durch dieselbe Region der Larve ], rechte Seite. Zwischen Figur 82 und 83 liegen zwei Schnitte, im übrigen wurde jeder Schnitt gezeichnet. Näheres siehe S. 335. Vergr. 200. Taf. XXL. Fig. 99—101. Schnittserie durch das hintere Ende des 2. Trichterganges und den Anfang der Tubenrinne von Larve m, rechte Seite. Zwischen den Fig. 94—95, 95-9, 96—97, 97—98, 99 und 100 liegt im Präparat je ein Schnitt, der nicht dargestellt wurde. Näheres siehe :S. 336. Vergr. 200. Fig. 102—104. Drei aufeinanderfolgende Schnitte der Larvek, welehe das hintere Ende des erhöhten Peritonealepithels und die durch Ab- lösung desselben entstandene Anlage des Müller’schen Ganges zeigen, rechte Seite Vergr. 200. Fig. 105—106. zwei aufeinanderfolgende Schnitte, welche dieselbe Region bei Larve m (rechte Seite) betreffen. Vergr. 200. .107—113. Querschnittserie durch das hintere Ende des Müller’schen Ganges der rechten Seite der Larve o!, aus welcher die vollständige Unabhängigkeit des Müller ’schen Ganges vom W olff’schen Gange hervorgeht. Vergr. 200. Fig. 114, Erhöhtes Epithel in der genauen Verlängerung des obliterierten Vornieren-Trichters der Larve k, rechte Seite. Vergr. 200. Fig. 115—120. Querschnittserie durch das hintere Ende des Müller’schen Ganges von Larve h, Länge: 38 mm, rechte Seite. Vergr. 200. Q Fi 2 Fi ® 361 Beitrag zur Entstehung des Corpus luteum der Säugetiere. Von Dr. Johann Jankowski, Arzt. Hierzu Tafel XXIII. 1. Vorbemerkungen. Zur Zeit herrschen in Bezug auf die Entstehung des Corpus luteum bei den Säugetieren zwei diametral entgegengesetzte Anschauungen. Nachdem Sobotta, welcher für den epithelialen Ursprung des Corpus luteum eintritt, seine eingehenden Arbeiten veröffentlicht hatte, erklärte His auf der 12. Versammlung der Anatomischen Gesellschaft in Kiel: „Beim Menschen und bei grösseren Säugern ist die Bildung der Corpora lutea aus der Membrana follieuli interna absolut nicht anzugreifen.“ Bevor ich an die eigentliche Behandlung des Themas trete, möchte ich zur besseren Übersicht kurz diejenigen Fragen auf- werfen, die hier erörtert werden sollen. In erster Linie will ich nach einigen Bemerkungen über Material und Technik mit dem „reifen“ Follikel mich beschäftigen, welcher die Grundlage für die Entstehung des Corpus luteum bildet. Eine besondere Beachtung soll jedoch dem Eintreten der Ovulation und dem „frisch geplatzten“ Follikel zu Teil werden, der ja als Ausgangs- punkt des Corpus luteum gilt und dabei auf die verschiedenste Art und Weise gedeutet worden ist. Weiterhin soll das Corpus luteum in seinem Entwicklungsgange verfolgt werden. Von einer ausführlichen Darlegung der Literatur kann ich wohl abstehen, teils, weil darüber schon in den Arbeiten von Pflüger, Waldeyer, van Beneden, Benckiser, Nagel und Sobotta!) berichtet worden ist, hauptsächlich aber, weil ') 8. a. Sobotta’s neueste Mitteilung: „Das Wesen, die Entwicklung und die Funktion des Corpus luteum“. Sitzungsberichte der Physikalisch- mediz. Gesellschaft zu Würzburg. 1904. Es findet sich darin noch neuere Literatur. Die Angaben über Entwicklung des Corpus luteum bleiben dieselben. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 24 562 Johann Jankowski: in den weiteren Ausführungen alles Beachtenswerte nach Möglich- keit erwähnt werden soll. Herrn Professor W. Nagel, welcher mich zu dieser Arbeit anregte und mich dabei mit Rat und Tat — insbesondere mit menschlichem Material — unterstützte, sowie Herrn Professor J. Orth, der mir einen Arbeitsplatz in dem von ihm geleiteten Institute, sowie gleicherweise Untersuchungs- material überliess, statte ich an dieser Stelle aufrichtigen Dank ab. 2. Material und Technik. Zu Beginn meiner Untersuchungen beschäftigte ich mich mit menschlichen Eierstöcken, die ich aus dem Sektionssaal gewann. Doch zur Lösung der aufgeworfenen Fragen waren dieselben wenig verwertbar, teils weil das Untersuchungsmaterial nicht ganz frisch war, teils weil die verschiedenen Krankheiten mitgespielt hatten und die Ovulation zuweilen bei Frauen, die im geschlechtsreifen Alter gestorben waren, durch interstitielle jindegewebswucherung ganz aufgehoben war. Infolgedessen habe ich für meine schliessliche Entscheidung in der schwebenden Frage das Material aus dem Schlachthofe vorgezogen und unter- suchte Eierstöcke von der Kuh, vom Schaf und hauptsächlich vom Schwein. Da nun bei allen drei Tieren kein wesentlicher Unterschied zu vermerken ist, so habe ich den Schweineovarien den Vorzug gegeben, weil dieselben in beliebiger Zahl und beliebiger Auswahl von eben geschlachteten Tieren zu haben sind, was ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist. Die Präparate wurden gewöhnlich an Ort und Stelle in die Konservierungs- flüssigkeit eingelegt. Die von Sobotta aufgestellte These, man solle „das Alter der Üorpora lutea, beziehungsweise das ihrer Bildungs- stadien nach dem Alter der entleerten und befruchteten Eier bestimmen“, liess ich aus zwei Gründen unbeachtet, erstens, weil die Entwicklung des befruchteten Eies in keinem direkten Zusammenhange mit der Bildung des Corpus luteum steht und, zweitens, weil ich mir zur Aufgabe machte, bloss die Reihen- folge, nicht das Alter der verschiedenen Entwicklungsstufen zu bestimmen; für die Bestimmung der einzelnen Bildungsstadien genügen aber auch andere Merkmale. Abgesehen von dem reifen Follikel, für den insbesondere das Verhalten des Eies entscheidend ist, wird von Sobotta das Bild des „frisch geplatzten“ Follikels, Beitrag zur Entstehung des Corpus luteum der Säugetiere. 363 der ja bei der Lösung der Frage hauptsächlich in Betracht kommt, beim Kaninchen als „ein ganz eigentümliches und äusserst charakteristisches“ bezeichnet. Es ist auch Sobotta nicht gelungen, bei den in Bildung begriffenen Corpora lutea die entsprechende Zahl befruchteter Eier aufzufinden; die letztere war stets kleiner als die Anzahl der Corpora lutea. So fand Sobotta bei einem Kaninchen mit sieben Corpora lutea nur vier Eier, dieselben wurden „nur flüchtig in frischem Zustand untersucht und gingen bei der Konservierung verloren“. Der Autor kann daher „über die- selben, insbesondere über die Zahl der Richtungskörper nichts aussagen“. Bei einem anderen Tiere mit sieben Corpora lutea, wo nur zwei Eier gefunden wurden, traf die letzteren dasselbe Schicksal, wie die vorhererwähnten. Daraus geht doch deutlich hervor, dass selbst Sobotta zum Teil seine Forderung fallen lassen musste. Dass die Möglichkeit, bei Sobottas Verfahren das Ei des entsprechenden Corpus luteum aufzufinden eine sehr geringe ist, leuchtet darnach ein. Mit anderen Worten, eine prinzipielle Trennung, welche allerdings die meisten Autoren mit Recht aufgegeben haben, zwischen Corpora lutea vera und spuria, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Hervorgehoben sei noch, dass Entwicklungsunterschiede der einzelnen Corpora lutea besonders in den allerfrühesten Stadien dadurch eintreten können, dass bei ein und demselben Tiere nicht alle Follikel gleichzeitig bersten. Meines Erachtens hat das ganze Suchen nach dem entleerten Ei lediglich embryologisches Interesse. Weiterhin wurden auch eine Anzahl Ovarien von Meer- schweinchen untersucht. Dabei dienten als Anhaltspunkte, geeignete Untersuchungsobjekte, d. h. in Bildung begriffene Corpora lutea herauszufinden, entweder die Kopulation oder auch die Geburt. Dass während der letzteren gewöhnlich einige Follikel bersten, darüber sind die meisten Autoren einig. Dagegen verläuft die Kopulation, wie Sobotta ganz richtig bemerkt, nicht seiten ohne Erfolg. Was die Technik anbelangt, so kann ich mich kurz fassen. Zur Konservierung wurde hauptsächlich die Flemming’sche Flüssigkeit angewandt, denn in erster Linie war es mir daran gelegen, über das Verhalten resp. den Zerfall des Epithels im reifen, noch ungeplatzten Follikel Klarheit zu gewinnen. Die 24* 364 Johann Jankowski: Dauer der Einwirkung der Flemming'’schen Flüssigkeit betrug je nach der Grösse des Objektes 24—28 Stunden. Darauf wurden die Präparate 24 Stunden, womöglich im fliessenden Wasser, aus- gewaschen und in immer stärkerem Alkohol gehärtet. Als Konservierungsflüssigkeit kam zur Anwendung auch das von Orth angegebene Gemisch von 9 Teilen Müller’scher Flüssig- keit und 1 Teil Formalin. Darin verbleiben die Präparate 24 Stunden bei 36° C., darauf spült man mit verdünnter Formalin- lösung das überschüssige Kalium bichromicum aus, wäscht noch mit Wasser und legt dann dieselben gleichfalls in Alkohol von steigender Konzentration. Diese Methode hat den Vorzug, dass die roten Blutkörperchen sehr gut erhalten werden. Eingebettet wurden die Präparate in Paraffin, wobei als Zwischenflüssigkeit bei der Überführung vom Alkohol ins Paraffın gewöhnlich Chloroform diente. Ausnahmsweise wurde auch Alkohol von steigender Konzentra- tion für die Fixierung und Celloidin für die Einbettung angewandt. Für die mikroskopische Untersuchung wurde beim Meer- schweinchen mindestens ein Ovarium ganz in Serienschnitte von ca. 10 « Dicke zerlegt; beim Schwein dagegen, wo man mit Leichtigkeit das in Bildung begriffene Corpus luteum schon makroskopisch als solches erkennen kann, zerlegte ich in Serien bloss die geeigneten Teile des Ovariums. Vor dem Aufkleben der Serienschnitte wurden dieselben auf einer dünnen Eiweiss- glyzerinlösung durch Erwärmen ausgebreitet. Als Farbflüssigkeiten dienten Saffranin, Hämatoxylin (nach Delafield) und Pikrofuchsin nach van Gieson. Die in Flemming’scher Flüssigkeit fixierten Präparate legte ich auf 24 Stunden in 1°/o wässrige Saffraninlösung und darauf wurde der überschüssige Farbstoff bloss mit Alkohol (ohne Salzsäurezusatz) entfernt. Auf diese Weise kamen die Kern- teilungsfiguren besonders gut zum Vorschein. Die übrigen auf die zweite Art konservierten Präparate wurden teils mit Hämatoxylin gefärbt (zuweilen 24 Stunden in einer verdünnten Lösung), teils mit Pikrofuchsin nachgefärbt, was besonders zur Differenzierung der verschiedenen Gewebsarten und zur Hervorhebung der Zellgrenzen beitrug. Jedoch muss bemerkt werden, dass die nach van Gieson gefärbten Präparate leider schon nach wenigen Monaten an ihrer anfänglichen Schönheit und Deutlichkeit einbüssten. Beitrag zur Entstehung des Corpus luteum der Säugetiere. 365 3. Der reife Follikel. Seit von Baer unterscheidet man an jedem grösseren Graaf’schen Follikel eine Bindegewebshülle, Theca folliculi, das Follikelepithel, welches aus einer peripherischen der Theka anliegenden Schicht, Stratum granulosum, und aus einem meist exzentrisch gelagertem Zellenhaufen, dem Cumulus oophorus besteht; letzterer enthält, wie schon der Name besagt, das Ei. Dazu käme noch die von Kölliker als Membrana propria bezeichnete Glashaut, welche eine Grenzschicht zwischen dem Epithel und der Theca follieuli bildet, und zuletzt auch der flüssige Inhalt, Liquor folliculi, der den Raum zwischen dem Stratum granulosum und dem Cumulus oophorus ausfüllt. Es wird nun angebracht sein, diese Einzelheiten beim reifen Follikel einer genaueren Schilderung zu unterziehen. Um zu unterscheiden, ob ein Follikel unmittelbar vor dem Bersten steht, nach Sobotta also sprungreif ist, oder ob derselbe in Entwicklung begriffen ist, wird das Verhalten des Eies, resp. des Keimbläschens ausschlaggebend sein. Waldeyer und Nagel unterscheiden ein fertiges, reifendes und reifes Ei. Als „reifend“ gilt ein Ei, wenn am Keimbläschen desselben im Gegensatze zum fertigen Ei mit ruhendem Kerne die charakteristischen Veränderungen auftreten, welche darin bestehen, dass das Keimbläschen undeut- liche und unregelmässige Umrisse annimmt und einen oder zwei Richtungskörper ausstösst, die im perivitellinen Spaltraume gefunden werden. Das Keimbläschen liegt ebenso wie beim fertigen Ei peripherisch, auch das Aussehen des Vitellus ist dasselbe geblieben. „Reif“ und befruchtungsfähig ist das Ei erst dann, wenn der oben geschilderte Entwicklungsgang, der zuletzt zum sogenannten Schwinden des Keimbläschens führt, zu Ende ist. Das reife Ei verlässt den Eierstock und wird im Anfangsteil der Tube vorgefunden. Daraus geht hervor, dass kurz vor dem Sprunge, also zur Zeit der Reife, der Follikel auch ein „reifendes“ oder schon „reifes“ Ei mit den erwähnten Veränderungen am Keimbläschen enthält und daran erkannt wird. Eine besondere Beachtung soll der Theca follieuli und dem Stratum granulosum zu Teil werden, also denjenigen Elementen, die nach dem Bersten des Follikels zurückbleiben und für den Aufbau des Corpus luteum die Grundlage bilden. 366 Johann Jankowski: An der Theca follieuli unterscheidet man zwei Schichten: eine mehr faserreiche äussere, Tunica externa, aus konzentrisch gelagertem und verflochtenem fibrösem Bindegewebe und eine zellenreichere innere, Tunica interna. Die Tunica externa wird vom übrigen Eierstocksgewebe durch eine lockere Bindegewebs- lage abgegrenzt, wodurch auch erklärlich ist, dass der reife Follikel samt der bindegewebigen Hülle aus dem Ovarialstroma mit Leichtigkeit sich ausschälen lässt. Nach His der sich besonders um die Frage der Blutversorgung des Eierstockes verdient gemacht hat, bezieht sich diese Lockerung des Gewebes in der Umgebung des reifen Follikels auf das Verhalten der Blut- und Lymphgefässe. Diese bilden dort weit kommunizierende Sinus, welche nur hin und wieder von Gewebsbalken unter- brochen werden. Die Bildung der inneren Thekaschicht fällt mit dem Auf- treten der Follikelhöhlle und der Gefässentwicklung um den Follikel zusammen. Die Tunica interna ist nicht immer gleich entwickelt und besteht, wie das aus Fig. 1 zu ersehen ist, aus mehreren Lagen von grossen, bald spindelförmigen, bald polye- drischen protoplasmareichen Zellen mit grossem meist rundem Kerne. Die Zellen sind im frischen Zustande von gelber Farbe, das Protoplasma hat körniges Aussehen und enthält Lutein, einen Stoff, der in Chloroform, Äther und Alkohol löslich ist. Nach Sobottas Angaben enthalten diese Zellen beim reifen Follikel der Maus auch Fett, beim Kaninchen dagegen „ist Fett jedenfalls nicht vorhanden“. Schottländer und van Beneden sind der Meinung, welcher auch ich mich anschliesse, dass Fett in den Thekazellen nur bei solchen Follikeln vorhanden sei, die zugrunde gehen. Weiter gibt Sobotta zu, dass es bei manchen Tieren den Anschein haben soll, als ob in den Thekazellen Lutein enthalten sei. Mitosen in der Tuniea interna habe er bei der Maus nie beobachtet, beim Kaninchen höchst selten; letzteres kann ich auch vom Meer- schweinchen bestätigen. Doch davon soll noch später die Rede sein. Angeordnet sind die Luteinzellen in der Tunica interna in zwei- bis dreifacher Lage und liegen unregelmässig durch- einander. Sobotta weist mit Nachdruck darauf hin, dass gerade in der gegen das Epithel grenzenden Lage „kleinere Elemente“ vorhanden seien, „die den Übergang zu gewöhnlichen Beitrag zur Entstehung des Corpus luteum der Säugetiere. 367 spindelförmigen Bindegewebszellen bilden, welche man auch zwischen den grossen Thekazellen findet.“ Ich glaube das so zu erklären, dass die innere Lage unter grösserem Drucke steht und dass der Grössenunterschied, der jedenfalls nicht beträchtlich ist, auch dadurch bedingt wird, dass die einzelnen Zellen auf einem Schnitte verschieden getroffen werden. Die so oft beschriebenen und auch als Zeichen der Reife angesehenen Vorsprünge der Tunica interna ins Follikelepithel sind beim Schweine. nicht konstant und kommen beim Meerschweinchen überhaupt nicht vor. Am mächtigsten ist die Tunica interna an der Stelle, wo der Cumulus oophorus anliegt und die gewöhn- lich der Marksubstanz zugewendet ist. Je weiter in seiner Entwicklung der Follikel schreitet und an Umfang zunimmt, um so mehr verdünnen sich die einzelnen Schichten desjenigen Teiles der Follikelwand, welcher der Oberfläche des Ovariums zugewandt ist, gleichzeitig wird auch das Eierstocksepithel empor- gehoben und der Follikel bildet dann beim Schweine ein erbsen- grosses prominierendes Bläschen, welches allmählich durch- sichtig wird. His, bezieht die Bildung der Tunica interna auf die von ihm als „Kornzellen“ bezeichneten Elemente. Dieselben bilden Stränge aus „grossen, länglich-ovalen Zellen mit einem sehr grobkörnigen undurchsichtigen Inhalt“. Besonders entwickelt sind diese Gebilde in den zentralen Partien des Eierstockes, wo sie so ziemlich den ganzen Raum zwischen den einzelnen Follikeln einnehmen und um dieselben eine kontinuier- liche, gleich dicke Zellenlage bilden, die als die Tunica interna angesehen werden muss. Die Differenzierung ist zwar noch unvollendet, da hin und wieder ein Zusammenhang mit den benachbarten Follikelkapseln besteht. Auch von Pflüger sind diese Gebilde beobachtet worden, er hält die erwähnten Ablagerungen teils für angehäuftes Fett, teils für Produkte regressiver Metamorphose. His dagegen ist der Ansicht, dass die fraglichen Zellen im Zustande üppigster Ernährung sind und dass dieselben aus den spindelförmigen Zellen des Stroma hervorgehen. Auch nach Sobotta gehören die grossen Theka- zellen „in die Kategorie jener grossen Bindegewebszellen, welche wir u. a. auch im Zwischengewebe des Eierstocks vieler Tiere, z. B. auch des Kaninchens finden“. 368 Johann Jankowski: Was die Anordnung der Blutgefässe betrifft, so verlaufen dieselben nach His’ Untersuchungen in der äusseren Theka- schicht in ein- oder mehrfacher Lage zirkulär, in der Tunica interna nehmen dagegen die Kapillaren eine radiäre Richtung ein und biegen unter fast rechtem Winkel von den Gefäss- schlingen der äusseren Schicht ab. Untereinander sind die Kapillaren mit spärlichen Querästen verbunden und bilden in der Grenzschicht gegen die Membrana propria ein dichtes Netz. Der Kernpunkt der Frage über die Entstehung des Corpus luteum liegt offenbar in dem Verhalten des Stratum granulosum beim reifen Follikel. Es liegt daran zu entscheiden, ob das Epithel unmittelbar vor dem Bersten des reifen Follikels im Beginn einer regressiven Metamorphose sich befindet oder ob es noch, sozusagen, seine volle Lebenskraft besitzt. Um das zu entscheiden, erachte ich für angebracht meinen eigenen Beobachtungen die Schilderungen der verschiedenen Autoren vorauszuschicken, insbesondere derer, die für den epithelialen Ursprung des Corpus luteum einstehen. Waldeyer, der ja auch dem Follikelepithel bei der Bildung des Corpus luteum eine gewisse Rolle zuschreibt, gibt in seiner Monographie über „Eierstock und Ei“ (p. 38) folgende Schilderung des Stratum granulosum, der auch ich mich vollständig anschliesse. „Beim reifen Säugetierfollikel sind dessen Zellen in mehrere Lagen ge- ordnet; die äusserste, zunächst der Membrana propria aufliegende Schicht, hat auch anatomisch den Charakter eines echten Epithels, sie besteht aus regelmässigen kernhaltigen kurzzylindrischen Zellen, die bei den von mir untersuchten Spezies keine erwähnens- werten Verschiedenheiten darboten. Die weiter nach innen folgenden Schichten bestehen aus frischen, sehr weichen, unregel- mässig geformten, aneinanderklebenden Zellen, deren Protoplasma sich leicht in lange Fäden ausziehen lässt. ‚Je weiter dem Mittel- punkte des Follikels zu, desto unregelmässiger wird die Form der Zellen; sie können sogar vollkommen sternförmig erscheinen, gerade so wie die sternförmigen Zellen der Schmelzpulpe, die nach Köllikers schönen Untersuchungen auch nichts anderes als umgewandeltes Epithel darstellen. Ausser diesen noch wohl- erhaltenen Zellen trifft man in den innersten Lagen auch sehr viele verkümmerte Formen, Zellentrümmer verschiedenster Grösse, freie Kerne, dann Zellen, deren Protoplasma wie aufgequollen, Beitrag zur Entstehung des Corpus luteum der Säugetiere. 369 in Verflüssigung begriffen, erscheint, andere wieder, die fein- körnigen Zerfall zeigen. An Präparaten, die in Alkohol erhärtet sind, erscheint die unmittelbar an die Membrana granulosa stossende Schicht des Liquor folliculi zu einer körnigen Masse coaguliert; diese Körnermasse geht ohne irgend eine scharfe Grenze unmittelbar in die Zellentrümmer und in den körnigen Zelldetritus des innersten Teiles der Membrana granulosa über.“ Es soll bloss hinzugefügt werden, dass das Epithel beim reifen Follikel gleich der Tunica interna am mächtigsten da ist, wo das Ei sitzt und am dünnsten nach der Oberfläche des Eier- stockes zu. Dabei ist das Follikelepithel (siehe Fig. 1), wenigstens in den peripherischen Lagen radıär angeordnet, was die Fest- stellung der Grenze zwischen dem Epithel und der Theca follieuli erleichtert; ein Umstand, worauf Benckiser zuerst hinwies. Zu erwähnen wären auch diejenigen Elemente, die beim Bersten des Follikels samt dem Ei entleert werden, also mit der Bildung des Corpus luteum in keiner direkten Beziehung stehen. Die Cumulus oophorus besteht aus Zylinderzellen, die radiär in 2 bis 3 Lagen angeordnet der Zona pellucida aufsitzen. Diese strahlige Anordnung gab Bischoff den Anlass dieser Befund als Corona radiata zu bezeichnen und er glaubte die letztere als ein sicheres Zeichen der Reife des Eies betrachten zu dürfen. Jedoch haben Waldeyer und auch van Beneden nachgewiesen, dass die Corona radiata schon mehrere Wochen vor der Reife besteht. Zuweilen fehlt der Cumulus oophorus und das Ei haftet in einem Epithelstrange, Retinaculum, welches die Follikelhöhle durchkreuzt. Eine derartige Anordnung findet man bloss bei kleineren Tieren und zumeist bei Follikeln von mittlerer Grösse. Der Liquor folliculi entsteht durch Metamorphose des Follikelepithels und ist nach Waldeyer als „gequollenes und gelöstes Zellprotoplasma“ aufzufassen; diese Entstehungs- weise ist zuerst von Luschka angegeben worden. Es ist noch zu bemerken, dass andere Autoren den Liquor folliculi als Trans- sudat auffassen und dass Flemming denselben als ein Produkt der von ihm beschriebenen Chromatolyse betrachtet. Die Follikel- flüssigkeit enhält nach Waldeyers Untersuchungen bei der Kuh einen zähen Körper, von schwach alkalischer Reaktion und gelblicher 370 Johann Jankowski: Färbung. Beim Kochen und auf Zusatz von Salpetersäure gibt derselbe einen voluminösen Niederschlag. Waldeyer be- zeichnet den betreffenden Körper als Paralbumin. Sobotta unterscheidet im Liquor folliculi einen dünnflüssigen und einen zähen, dickflüssigen Körper. Als weitere Produkte des Follikelepithels wären noch die Zona pellucida und Glashaut zu bezeichnen, die wie zwei Boll- werke das in regressiver Methamorphose begriffene Follikelepithel umgrenzen und das Ei wie auch die Theca folliculi vor dem Eindringen der Zerfallsprodukte schützen. Von Kölliker wird die Glashaut als Membrana propria bezeichnet und zu der Theca follieuli gerechnet. Dagegen fassen Waldeyer und Nagel diese homogene Membrana als epitheliale Bildung auf. Nagel glaubt die Glashaut bei allen Säugetieren zu finden, jedoch bei der Maus wird dieselbe von Sobotta vermisst. Einer besonderen Betrachtung sollen noch die Mitosen im Follikelepithel unterzogen werden. In der Abhandlung über die Bildung des Corpus luteum bei der Maus, sagt Sobotta über das Epithel des reifen Follikels, dass die Kerne „noch ziemlich viel Mitosen“ zeigen, „doch wechselt die Zahl“. Jedoch ist es auffallend, dass man auf der entsprechenden Abbildung Tafel XV., Fig. 1) keine einzige Mitose bemerkt, und dieses um so mehr, weil auf anderen Abbildungen von gleich- behandelten Präparaten und bei gleicher Vergrösserung das Vorhandensein von Mitosen deutlich sichtbar ist. Es fehlen auch Angaben über das Verhalten des Eies beim betreffenden Follikel. Das allein, dass die gute Hälfte der Follikel beider Ovarien noch ungeplatzt war und die übrigen soeben geplatzt, macht wohl wahrscheinlich, dass das betreffende Tier „mit Sicherheit während der Ovulation getötet wurde“, aber besagt noch bei weitem nicht, dass alle ungeplatzten Follikel schon auf der Höhe der Entwicklung stehen. Mag ja sein, dass der von Sobotta als reif bezeichnete und neben einem eben geplatzten abgebildete Follikel in der Tat den Reifezustand erreicht hat, aber wie gesagt, von Mitosen ist da keine Spur. Sobotta sieht sich denn auch bald gezwungen diese seine anfängliche Behauptung einzuschränken und bei der Beschreibung eineseben geplatzten Follikels, an dem „noch spärliche“ Mitosen, „sämtlich aber in den Endphasen“ zu sehen seien (auf der entsprechenden Abbildung Beitrag zur Entstehung des Corpus luteum der Säugetiere. 37l (Fig. 2) allerdings nicht), fügt er folgendes hinzu. „Es scheinen also nur noch die von dem Follikelsprung eingeleiteten Mitosen ab- zulaufen, neue wohl gar nicht mehr einzusetzen.“ Das würde auch mit meinen Beobachtungen beim Meerschweinchen so ziemlich übereinstimmen, denn gegen Ende der Entwicklung des Follikels nimmt die Zahl der Mitosen rasch ab, so dass auf der Höhe der Entwicklung in den peripherischen Epithellagen ein Stillstand eintritt, während die inneren schon im Zerfall begriffen sind. Es ist bemerkenswert, dass Sobotta diesen Zerfall der inneren Epithellagen, den er auch gewiss beobachtet hat, mit keinem Worte erwähnt. Beim Kaninchen, von welchem Sobotta im wesentlichen dasselbe wie bei der Maus aussagt, zeigt das Follikelepithel keine Degenerationserscheinungen, es seien vielmehr einige Mitosen vorhanden. Die letzteren seien in dem Cumulus oophorus häufiger, als im Stratum granulosum. Die Glashaut, welche bei der Maus nicht existiere, sei beim Kaninchen vorhanden; man glaube wenigstens ein derartiges zartes Gebilde wahrzunehmen, was auch zu einer schärferen Trennung der Theka und des Follikelepithels beitragen soll. Von den Anhängern Sobottas haben Honore beim Kaninchen, van der Stricht bei der Fledermaus und Marshall beim Schafe gleichfalls im Follikelepithel Mitosen beobachtet, doch auch bei diesen Autoren ist ein genügender Beweis nicht erbracht worden, dass es in der Tat sich um völlig reife Follikel handelte. Auch Stratz fand Mitosen im Follikelepithel, die gegen Ende der Entwicklung des Follikels an Zahl immer geringer werden und endlich finden sich Wucherungsprozesse der Thekagefässe zwischen den Follikelzellen“. Meines Wissens steht Stratz einzig und allein da mit einer derartigen Beob- achtung, wo beim ungeplatzten „befruchtungsfähigen Follikel“ ein Gefäss aus der Theka ins Stratum granulosum eindringt. Diese Verhältnisse sind bei Stratz auf Taf. III, Fig. 19 und Taf. IV, Fig. 22 wiedergegeben. Oder sollte es sich um einen atretischen Follikel gehandelt haben? Doch auch bei solch einem würde kaum, solange das Epithel noch gut erhalten ist, eine derartige Gefässwucherung zu beobachten sein. Auf die Preis- schrift dieses Autors will ich nochmals zurückkommen. Johann Jankowski: Was nun die Ergebnisse meiner Untersuchungen über den reifen Follikel betrifit, so wird das Wesentliche aus der Beschreibung der Fig. 1 sich ergeben. Leider konnte auf dieser Abbildung, welche einen Teil der Wand des reifen Follikels beim Schweine darstellt, das Ei. da es auf dem entsprechenden Schnitte nicht getroffen war, nicht gezeichnet werden; einen atretischen Follikel glaube ich jedoch deshalb ausschliessen zu dürfen, weil in diesem Falle das Follikelepithel noch verhältnis- mässig gut erhalten, während bei der Atresie das Gegenteil beobachtet wird. Aus Fig. 1 ist zu ersehen, dass die Tunica externa ins lockere Bindegewebe des übrigen Eierstockes über- geht und im Gegensatze zur Tunica interna eine schmäle Schicht bildet. Die letztere ist besonders schön angeordnet und besteht aus polyedrischen Luteinzellen, über deren Verhalten hier auf das schon früher gesagte verwiesen sei; hinzuzufügen wäre bloss, dass die Zellgrenzen durch die van Gieson-Färbung als ein Netz von rötlichem Schimmer gut angedeutet werden. Nach einigen Autoren soll dieses Netz die Grundlage der Binde- gewebszüge im späteren Corpus luteum bilden. Das Follikelepithel ist in den äusseren, radiär angeordneten Lagen noch gut erhalten und wird durch eine ziemlich derbe Membrana propria von der Tunica interna follieuli abgegrenzt. In den inneren Lagen findet man dagegen verkümmerte Formen und sogar Zellentrümmer. Ähnliche Verhältnisse habe ich bei genauer mikroskopischer Unter- suchung noch in etwa fünf bis sechs Eierstöcken des Schweines vorgefunden. Wie schon erwähnt, ist man bei der Untersuchung der Eierstöcke kleinerer Tiere insofern im Vorteil, weil man das ganze Ovarium mit Leichtigkeit in Serienschnitte zerlegen kann und die einzelnen Follikel in bezug auf das Verhalten des Eies, der Theca folliculi und des Stratum granulosum, insbesondere auf das Vorhandensein von Mitosen in den beiden letzteren einer jetrachtung unterziehen kann. Aus diesen Gründen halte ich für nötig, auch über meine Beobachtungen beim Ovarium des Meerschweinchens einiges anzu- geben. Besonders lehrreich war die Untersuchung der Eierstöcke von einem trächtigen Tiere, dessen rechte Tube ein 3 cm langes Embryo enthielt. Das linke Ovarium wurde in Flemming’scher Flüssigkeit fixiert, in Serienschnitte zerlegt und mit Saffranin Beitrag zur Entstehung des Corpus luteum der Säugetiere. 373 gefärbt. Bei der Durchmusterung der einzelnen Schnitte fand ich etwa 15 Follikel, die den Reifezustand bald erreicht hatten, und man konnte beobachten, dass in denjenigen Follikeln, an deren Keimbläschen die schon beschriebenen Veränderungen bemerkbar werden, das Epithel durch Chromatolyse rasch zu Grunde zu gehen beginnt; es sind zwar noch ganz vereinzelte Mitosen vorhanden, jedoch ist ihre Zahl im Vergleich zum in Entwicklung begriffenen Follikel in hohem Grade zurückgegangen. Infolgedessen sehe ich mich veranlasst, Sobotta beizupflichten, dass zur Zeit des Follikelsprunges das Finsetzen der Mitosen im Epithel aufhört. Hervorgehoben zu werden verdient weiterhin der Umstand, dass auch in der Tunica interna der ebenerwähnten Follikel hier und da Mitosen sichtbar sind. Es wäre noch zu erwähnen, dass die Ovarien des Meer- schweinchens ausser einer grossen Anzahl beinahe reifer Follikel, wie das schon öfters am Ende der Gravidität beobachtet worden ist, jedes auch zwei Corpora lutea und zwar von gleicher Entwicklung enthielten. Dieser Umstand verdient deshalb betont zu werden, weil bei dem betreffenden Tiere bloss ein Embryo vorhanden war. Somit würde in diesem Falle Sobottas Beob- achtung bei der Maus, wo kein Unterschied zwischen einem Corpus luteum verum und spurium besteht, was auch bei anderen kleinen Tieren zutreffen soll, Bestätigung finden. Zum Schlusse dieses Kapitels möchte ich zwei Punkte, welche für die weiteren Ausführungen grundlegend sind, besonders betonen: erstens, dass die Tunica interna des reifen Follikels kurz vor dem Bersten aus einer mehr oder weniger mächtigen Schicht vonLuteinzellen besteht; zweitens, dass gegen Ende der Entwicklung des Follikels im Epithel die Zahl der Mitosen rasch ab- nimmt, sodass auf der Höhe der Entwicklung in den peripherischen Epithellagen ein Stillstand ein- tritt, während dieinneren schonin Zerfallbegriffen sind. 4. Die Ovulation. Welches sind nun die ätiologischen Momente, die das Ein- treten der Ovulation direkt oder indirekt bedingen ? Zur Erklärung hat man den im frisch geplatzten Follikel vorhandenen Bluterguss 374 Johann Jankowski: herangezogen. dann auch auf eine Kontraktilität des Ovarial- stromas und zuletzt auf die Kongestion des ganzen Eierstockes hingewiesen, welche während der Brunst wie auch zur Zeit der Menstruation eintritt und zur Vermehrung der Follikelflüssigkeit beiträgt. Über den Bluterguss im frisch geplatzten Follikel, dem früher so grosse Rolle bei der Bildung des Corpus luteum zugeschrieben wurde, findet man bei Sobotta ausführliche Literaturangaben. Es wäre bloss zu bemerken, dass Henlle die Bildung des Corpus luteum einzig und allein auf eine Metamorphose des in die Höhle beim Bersten des Follikels ergossenen Blutes zurückführte, eine Ansicht, die schon von seinen Schülern widerlegt wurde. Sobottas eigene Beobachtungen bei der Maus lauten dahin, dass in zwei Drittel der Fälle keine oder keine nennenswerte Blutung stattfindet, es bleibt im frisch geplatzten Follikel vielmehr ein Teil der Follikelflüssigkeit zurück, in der allerdings einige Blutkörperchen suspendiert seien; im übrigen Drittel der Fälle kommt es aber zu einer Blutung, die von verschiedener Intensität sein könne. Auch von anderen Autoren wird diese Variabilität des Befundes bei verschiedenen Tieren hervorgehoben. Jedoch kann der Bluterguss nur als Folge des Follikelsprunges aufgefasst werden und kommt lediglich zustande durch Zerreissung der Kapillaren und kleineren Gefässe beim Collabieren der Follikelwände. Eine ätiologische Bedeutung für das Bersten des reifen Follikels könnte nur demjenigen Blut- erguss zugeschrieben werden, welchen man schon im ungeplatzten Follikel vorfindet. Doch in diesem Falle handelt es sich höchst- wahrscheinlich um eine pathologische Erscheinung, umsomehr, da Sobotta bei fast 2000 Mäuseovarien im ungeplatzten Graaf’schen Follikel keinen Bluterguss gefunden hat. His beobachtete, dass beim Durchschneiden eines ganz frischen Eierstockes die Schnittfläche sich vorwölbt, wobei be- sonders die Gefässe und vorhandenen Corpora lutea vorgetrieben werden. dagegen war diese Erscheinung kaum bemerkbar, wenn seit der Tötung des Tieres ein gewisser Zeitraum ver- strichen war. Diese Beobachtung führte His auf den Gedanken, dass im Eierstocke kontraktiles Gewebe vorhanden sei, welches das Bersten des reifen Follikels bewirken könnte. Da aber das Stroma fast ausschliesslich aus lockerem Bindegewebe und nur Beitrag zur Entstehung des Corpus luteum der Säugetiere. 375 wenigen Bündeln glatter Muskeln besteht, die samt den Gefässen vom Hilus ins Innere hineinziehen, so ist eine Kontraktion des Organs kaum möglich. Dagegen spricht auch der von Hensen angestellte und negativ ausgefallene vivisektorische Ver- such durch Tetanisierung eines Kanincheneierstockes mit reifen Follikeln den Austritt der Eier herbeizuführen. Die von His beschriebene Erscheinung ist meines Erachtens auf die Wirkung der Luteinzellen zurückzuführen, die schon vor der Bildung des Corpus luteum in jedem einzelnen grösseren Follikel eine Art elastischen Polsters bilden. Kommt nun der Follikel zum Bersten, so tragen diese Spannungsverhältnisse in der Tunica interna dazu bei, das das Ei aus dem Follikel herausbefördert wird. Über den Grad der Spannung kann man schon daraus sich eine gewisse Vorstellung machen, dass Stöhr in seinem Lehrbuche der Histologie beim Eröffnen des reifen Follikels die Vorschrift gibt, die Ritzstelle unmittelbar über dem Objektträger zu halten. Und mit Recht, denn bei diesem Verfahren sieht man wie das Ei mit einer ziemlichen Kraft auf den Objektträger geschleudert wird. Da nun die Ovulation vorwiegend mit der Brunst oder Menstruation, wie das Leopold auf Grund klinischer Beobachtungen nachgewiesen hat, einhergeht, so ist es naheliegend, denselben eine beschleunigende Wirkung auf das Bersten der Follikel zuzuschreiben. Das entspricht ja auch ganz der Pflüger’schen Theorie, die bekanntlich dahin lautet, dass das unausgesetzte Wachsen der Graaf’schen Follikel einen kontinuierlichen Reiz auf die Ovarialnerven ausübt, der wieder nach dem Rückenmarke hingeleitet wird, und wenn „die Summe der fortdauernden Reizungen einen gewissen Wert erreicht, so erfolgt der reflek- torische Ausschlag als Blutkongestion zu den Genitalien.“ Durch diese Hyperämie werden auch die kavernösen Räume der Theca follieuli prall gefüllt, die letztere gewinnt auf diese Art nicht nur an Festigkeit, sondern befindet sich auch in guten Ernährungs- verhältnissen. Dadurch, dass die Theca folliculi weniger nach- giebig wird, steigt allmählich der Druck in der Follikelhöhle, was wieder zu einer rascheren Einschmelzung des Follikelepithels führt. Gleichzeitig nimmt die Follikelflüssigkeit immer mehr an Menge zu und bahnt sich, wie Pflüger zeigte, den Weg nach der Eierstockoberfläcke, um an der dünnsten und am 376 Johann Jankowski: schlechtesten genährten Stelle durchzubrechen. Dieser Vorgang findet auch unter gewöhnlichen Verhältnissen gegen Ende der Entwicklung des Graaf’schen Follikels statt, nur nimmt derselbe meines Erachtens während der Prunst einen sehr rapiden Verlauf. Durch die Drucksteigerung in der Follikelhöhle, die während der Brunst durch die Hyperämie hervorgerufen wird, könnte man auch erklären, weshalb diejenigen reifen Follikel, welche bei der Ovulation nicht zum Durchbruche kommen, so rasch zu Grunde gehen, also der Atresie verfallen. Und in der Tat kann man in einem Ovarium neben ganz frischen Corpora lutea Follikel treffen, von deren Epithel nur die Kerne übrig geblieben sind und das Ei degeneriert ist. Man könnte nun einwenden, wie so während Schwangerschaft, wo doch auch eine reichliche Blutzufuhr zu den Genitalien stattfindet, die Follikelreifung im Gegenteil, wenigstens im Beginn der Gravidität, verlangsamt wird. Ich möchte diesen Umstand mit der sehr reichlichen Vaskularisation des Corpus luteum verum, was His besonders hervorhebt, in Zusammenhang bringen und dasselbe, als ein Reservoir, in welchen während der Gravidität die reichlichere Blutzufuhr abgeleitet wird, ansehen. Das würde auch den bedeutenden Grössenunterschied zwischen einem Corpus luteum verum und spurium erklären. Doch davon noch später. Dafür, dass die Blutversorgung und überhaupt der Ernährungszustand in naher Beziehung mit der Ovulation stehen, liesse sich auch die klinische Beobachtung verwerten, dass bei anämischen Frauen die Menses oft ausbleiben. Andererseits sind die Landwirte zu der Erfahrung gekommen, dass in den Jahren, wo es mit dem Viehfutter schlecht bestellt ist, die Kühe in einer späteren Jahreszeit kalben, also auch bei der Armut der Ernährung eine Verspätung stattgefunden hat. VonBarry, Coste, Reichert, Hensen u.a. ist auch der Kopulation eine beschleunigende Wirkung auf die Follikelreifung zugeschrieben worden. Die erwähnten Autoren sind darin einig, dass 7—10 Stunden (alle geben einen ganz bestimmten Zeitraum an) nach der Kopulation die Follikelberstung zustande komme. Meines Erachtens kann eine derartige Behauptung nicht aufrecht erhalten werden, denn niemand kann verbürgen, ob nicht schon während der Kopulation oder gar früher einige Follikel geplatzt waren. Wenn man zehn Stunden nach der Kopulation geplatzte Beitrag zur Entstehung des Corpus luteum der Säugetiere. 3177 Follikel vorfindet, so heisst das noch bei weitem nicht, dass dieselben in der zehnten Stunde geplatzt sind, sondern dass bei einigen Tieren, obgleich sie die Kopulation zulassen, die Ovulation erst gegen Ende der Brunst stattfindet. Es will mir auch gar nicht einleuchten, weshalb ein reifer Follikel, ehe er platzt, noch zehn Stunden wartet und ein unreifer in einer genau angegebenen Zeit reif werden sollte. Meine Beobachtungen beim Meerschweinchen führten in dieser Hinsicht zu einem negativen Resultate, doch waren dieselben nicht zahlreich genug, um daraus irgendwelche Schlüsse ziehen zu dürfen. Jedoch möchte ich die Kopulation eher als ein auslösendes Moment für das Bersten der reifen Follikel betrachten und der Geburt gleichstellen, bei der bekanntlich stets, wahrscheinlich infolge von Druckschwankungen im Gefässsystem, einige Follikel platzen. Der reife Follikel kann ja aus dem geringfügigsten Anlasse zum Bersten kommen. 5. Der frisch geplatzte Follikel. Nach diesen Ausführungen, die im Interesse der klaren Auffassung unumgänglich schienen, will ich nun zur Beschreibung des frisch geplatzten Follikels schreiten und seine einzelnen Bestandteile betrachten. Ein Ovarium mit frisch geplatzten Follikeln, namentlich bei grösseren Tieren, hat an der Oberfläche leicht bemerkbare kleine braunrote Flecke, die der Rissstelle des reifen Follikels ent- sprechen und den aus der Follikelhöhle vorragenden Blutpfropf darstellen. Die Rissstelle, auch als Stigma bezeichnet, hat meist unregelmässige Ränder und diente dem Ei, welches nun den Eierstock verlassen hat, als Ausgangspforte. Nach dem Bersten ist beim Schwein anstelle des prominierenden reifen Follikels, da seine Wände kollabiert sind, ein halb so grosses Gebilde bemerkbar, welches auf dem Durchschnitte eine kelchförmige Einsenkung (Calyx) zeigt. Die Stigmata findet man gleichzeitig an beiden Ovarien und ihre Zahl entspricht der Menge der ent- leerten Eier. Es ist das ein Befund, den Sobotta als „äusserst charakteristisch“ bezeichnet und der beim Kaninchen ihm diejenigen Teile des ganzen Eierstockes für die mikroskopische Untersuchung aufzufinden ermöglichte, „welche in Bildung begriffene Corpora lutea oder geplatzte Follikel enthielten“. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 25 u —1 nn Johann Jankowski: Mikroskopisch fällt in erster Linie auf im Vergleich mit dem reifen Follikel eine wesentliche Dickezunahme aller Bestand- teile, die nach der Ausstossung des Eies zurückgeblieben sind, vor allem also der Tunica interna und des Stratum granulosum. Die ersten genauen Angaben über die Bildung des Corpus luteum finden wir bei v. Baer. Dieser Autor betrachtet das Corpus luteum als ein Produkt der inneren Thekaschicht, welche schon vor dem Platzen des Follikels sich verdickt und gelb gefärbt ist. Die Rissstelle des frischen Corpus luteum bezeichnet v. Baer als lappig und es bilden sich nach ihm gleich nach dem Bersten gefässreiche Ausbuchtungen, welche in die innere Höhlung hineinragen; die letztere enthält einen albuminösen Kern. Nach v. Baer ist nun das ganze Gebilde von einer einzigen Hülle umgeben, welche der Tunica externa entspricht. Diese Angaben v. Baers enthalten schon das Wesentliche, was überhaupt über die Entstehungsweise des Corpus luteum gesagt werden kann, und was auch durch meine Untersuchungen beim Schwein und Meerschweinchen bestätigt wird. Bevor ich nun auf meine eigenen Untersuchungen näher eingehe, will ich bemerken, dass ich bei der Schilderung des frisch geplatzten Follikels dieselbe Reihenfolge wie beim unge- platzten einhalten werde. Zunächst verweise ich auf Fig. 2 und 2a. Fig. 2 stellt einen frisch geplatzten Follikel des Schweines mit noch offener Riss- stelle dar. Die Wände des Follikels sind kollabiert und in die frühere Follikelhöhle ragen Vorsprünge hinein, welche reichlich mit Blutgefässen versorgt sind; das Blut ist nicht mitgezeichnet. Die Follikelhöhle ist mit Epithel ausgekleidet und in der Theca follieuli, wie auch in deren Vorsprüngen, von denen einer in Fig. 2a bei starker Vergrösserung abgebildet ist, sind Gruppen von Luteinzellen. Die letzteren stossen in Fig. 2a zum Teil an die Membrana propria, teils werden sie von derselben und dem Follikelepithel durch ein Gefäss abgegrenzt. Dass die Luteinzellenschicht der früheren Tunica interna in Fig. 2a verhältnismässig spärlich ist, erklärt sich durch die Schnittführung, welche bloss die dünnen oberflächlichen Partien des Follikels und die Rissstelle getroffen hat. Von dem oben erwähnten Follikel habe ich über 100 Serienschnitte; aus den tiefer gelegenen Schnitten geht hervor, dass die frühere Tunica Beitrag zur Entstehung des Corpus luteum der Säugetiere. 309 interna, ganz abgesehen von den Vorsprüngen, die beim Schweine nach dem Bersten konstant aufzutreten scheinen, der des reifen ungeplatzten Follikels durchaus nicht nachsteht. Was mich bewog den in Fig. 2 und 2a abgebildeten Schnitt zu wählen, war das Bestreben die Rissöffnung mit abzubilden und somit jede Missdeutung auszuschliessen. Verhältnisse wie in diesen Figuren habe ich noch in etwa 5—6 ‚Eierstöcken des Schweines vorgefunden; deren Schilderung will ich gleich folgen lassen. Um mit der Theca folliculi zu beginnen, kann ich die Tunica externa ausser Acht lassen, sie bildet die äussere Abgrenzung des Follikels vom übrigen Eierstockgewebe und zeigt im Wesentlichen dieselben Verhältnisse wie beim ungeplatzten Follikel. Ganz anders verhält sich die innere Thekaschicht, in erster Linie hat dieselbe an Dicke bedeutend zugenommen, die einzelnen Zellen zeigen noch immer das körnige Aussehen. Bei der Hämatoxylin-Pikrofuchsin-Färbung sind die Kerne dunkel- braun, das Protoplasma gelb und die Zellgrenzen haben einen rötlichen Schimmer. Die innere Grenze der Tunica interna bildet unregelmässige Vorwölbungen, welche die Membrana propria nach der Höhle zu ausbuchten. Die Kapillaren und kleinen Blutgefässe sind oft zertrümmert und hier und da liegen zwischen den einzelnen Zellen Blutkörperchen. Dieser Vorgang mag sich sehr rasch — vielleicht in wenigen Stunden oder gar Minuten — abspielen und ich glaube mit Recht die Tunica interna des reifen Follikels mit einem elastischen Polster verglichen zu haben, wobei nach dem Bersten jede einzelne Zelle gleich einem vom Drucke befreiten Gummiballe sich aufrichtet. Die Zeitdauer, in welcher die frühere Follikelhöhle ausgefüllt und geschlossen wird, mag ja abhängig sein von der Grösse des Tieres, hauptsächlich aber von der Dicke der Tunica interna vor dem Bersten des Follikels. So glaube ich auch die von Sobotta und Stratz beobachteten pilzförmigen Corpora lutea, wo das Corpus luteum aus der Rissöffnung breit hervorragt, auf eine besonders mächtige Tunica interna zurückführen zu müssen, die höchstwahrscheinlich nach dem Bersten in sehr kurzer Zeit nicht nur die ganze Follikelhöhle ausfüllt, sondern zum Teil sich sogar herausdrängt. Auch ich habe ein derartiges Corpus luteum beim Meerschweinchen gefunden, da aber durch Zufall mir einige Schnitte verloren 25* 350 Johann Jankowski: gingen, so konnte ich nicht mit Sicherheit das Fehlen der Follikelhöhle ausschliessen: auf den übrig gebliebenen Schnitten war jedoch keine vorhanden. Geht man nun (Fig. 2a) von der Membrana propria nach der Höhle zu, so findet man stellenweise die ganze Epithellage von der letzteren abgehoben, die Epithelzellen, besonders in den inneren Lagen untereinander verschoben, aufgequollen und von unregelmässiger Form, im Protoplasma sieht man hin und wieder Vakuolen. Die äusseren Lagen des Stratum granulosum, abgesehen von ihrer radiären Anordnung, haben in der Tat, wie das hervor- gehoben worden ist, gewisse Ähnlichkeit mit den Thekazellen. Zwischen dem Epithel sind gleichfalls Blut und Trümmer von Kapillaren. Der Calyx wird ausgefüllt teils von Resten der geronnenen Follikelflüssigkeit, teils von Blut. Nun wird es geraten sein, zu verfolgen, was Sobotta und seine Anhänger vom frisch geplatzten Follikel aussagen, insbesondere vom Follikelepithel, in welchem nach Sobottas Auffassung schon kurz vor dem Bersten beim reifen Follikel neue Mitosen „wohl garnicht mehr einzusetzen“ scheinen. In den äusseren Schichten des reifen Follikels ist also ein Still- stand der Entwicklung eingetreten, während die inneren Lagen verschoben und zerklüftet sind. Bei der Maus beschreibt Sobotta drei frisch geplatzte Follikel. In Taf. XV, Fig. 1, wo neben einem geplatzten noch ein ungeplatzter Follikel abgebildet ist, sieht man die von mir eben geschilderten Verhältnisse. Auffallend ist bloss die Mächtigkeit der Epithelschicht, aber das mag ja bei der Maus der Fall sein. Ausserdem könnte man sich das durch die Schnittführung erklären, welche nicht den breitesten Umfang des früheren Follikels, sondern vielmehr einen Pol getroffen haben könnte. Dasselbe mag ja auch in Sobotta’s Fig. 2 und 3 der Fall sein. In Fig. 2 ist „die Rissstelle sichtbar, aber bereits vollständig verklebt und auf keinem Schnitt mehr offen“; das soll in "a—1!/s Stunden zustande gekommen sein, wenn es auch fraglich erscheint, so will ich’s doch nicht bestreiten. Weit zweifelhafter sind die zwei in Fig. 3 abgebildeten Follikel, „die höchstens '/—1 Stunde älter sind als der der Fig. 2%, dieselben — heisst es weiter — „zeigen insofern einen Fortschritt, als die Rissstelle Beitrag zur Entstehung des Corpus luteum der Säugetiere. 381 nicht bloss oberflächlich verklebt, sondern durch Epithel fest- geschlossen ist.“ Also in 1—2'/» Stunden nach dem Bersten ist der geplatzte Follikel nicht nur verklebt, sondern sogar mit Keimepithel (wohlgemerkt!) überzogen. Weit eher möchte ich annehmen, dass es sich hier um einen ganz gewöhnlichen Graaf- schen Follikel handelt, der, wie die vielen Mitosen im Epithel hinweisen, in bester Entwicklung begriften ist und der zufällig seinem Ovarium angehört, welches soeben einige Eier in die Tube befördert hat. Das pflegt doch vorzukommen, wie wohl auch Sobotta zugeben wird. Bis jetzt freilich hat er dies nicht getan, obgleich Nagei darauf schon hingewiesen hat; vielmehr hat v. Ebner jeden Irrtum ausgeschlossen und Sobottas Ausführungen in Köllikers Handbuch der Gewebe- lehre aufgenommen. Nieht minder bemerkenswert sind Sobottas Angaben über das Epithel des frisch geplatzten Follikels beim Kaninchen. Nach dem Kollabieren der Follikelwände soll das Epithel an Mächtigkeit zunehmen, was folgendermaßen geschildert wird. „Man darf sich natürlich nicht vorstellen, dass die Epithelzellen des sprungreifen Follikels fest miteinander verbunden sind. Vielmehr sind dieselben gegeneinander ver- schiebbar und ebenso wie sie beim Anwachsen des Druckes im Follikelinnern in dünner Lage an der Wand sich ausbreiten, ebenso konfluieren sie wieder, wenn der Druck aufgehört hat, d.h. also nach dem Platzen des Follikels, zu einer relativ viel dickeren Schicht. Dass die Epithelzellen des Follikels gegen- einander verschieblich sind, geht u. a. auch daraus hervor, dass festere Kittsubstanzen, Epithelbrücken ete. zwischen ihnen fehlen.“ Ich verstehe nicht recht, wie man nach dieser Schilderung auf den Gedanken verfallen kann, dass aus einem derartigen Zellen- material ein gut organisiertes Gebilde, ein Corpus luteum ent- stehen könnte. Dabei ist die Erklärung des Bildes ziemlich einfach. Durch die an Dicke immer zunehmende innere Theka- schicht wird das Epithel zum Teil durch die Follikelöffnung hinausgeschoben, schon aus dem einfachen Grunde, weil es am nächsten der Öffnung liegt, und was zurückbleibt, ist schon lange, ehe es von der Theca folliculi organisiert sein könnte, durch Zerfall zu Grunde gegangen. Dass Sobotta in seiner Auffassung zu weit geht, ist daraus zu ersehen, dass nach seinen 382 Johann Jankowski: Angaben auch die Retinacula teilweise mit dem wandständigen Epithel konfluieren, dagegen „einzelne Zellgruppen wie Inseln in dem zähflüssigen Rest der ehemaligen Follikelflüssigkeit häufig direkt in, ja vor der Öffinungsstelle des Follikels liegen“. Und diese Inseln sollten nicht zu Grunde gehen? Was Sobotta in Fig. 8, 9 und 11 als die eben erwähnten Zellinseln bezeichnet, sind höchstwahrscheinlich Ausbuchtungen der früheren Tunica interna, welche durch einen Schnitt, der den Boden der Höhle gestreift hat, von demselben abgetrennt sind. Was aus der inneren Thekaschicht wird, darüber sind Sobottas Angaben unbestimmt. Bei der Maus stelle dieselbe „ein ausgezeichnetes Nähr- und Zellmaterial“ dar und beim Kaninchen am frisch geplatzten Follikel (14 Stunden nach der Copulation) besteht die Tunica interna aus 2—4 schich- tigen äusseren und 2 schichtigen inneren Zellenlagen. Die grossen plasmareichen Zellen der äusseren Lage erinnern an das Eierstockzwischengewebe und „dieses bekanntlich wiederum an das Aussehn und die Struktur der fertigen corpora lutea“. Diesen Vergleich möchte ich noch dahin ergänzen, dass auch die Deciduazellen, welche gleichfalls aus plasmareichen, grosskernigen Zellen bestehen, ın ihrem Bau und in ihrer An- ordnung dasselbe Verhalten wie die Luteinzellen aufweisen. Und kein Wunder. denn alle sind sie Bindegewebszellen. Jedoch was wird aus dieser 4—6 schichtigen Tunica interna ? 9!/s Stunden später ist dieselbe „erstlich absolut etwas schmäler geworden, vor allem aber relativ gegenüber dem Epithel“. Nach weiteren 8!/s Stunden „ist die innere Thekaschicht bis auf Reste verschwunden, d.h. in spindelzelliges Bindegewebe aufgelöst“. Be- trachtet man noch die nächste Abbildung (Fig. 7), welche dieselben Verhältnisse wie Fig. 6 zeigt, so hören wir „die innere Thekaschicht ist völlig aufgelöst; dagegen findet man durch die ganze Dicke des Epithels verteilt spindelförmige Bindegewebszellen“ (p. 499). Also im Laufe von 28 Stunden sollten aus der 6 schichtigen Tunica interna die ebenerwähnten spärlichen Bindegewebszellen entstanden sein. Jedoch fehlt jede Auskunft, auf welche Art und Weise? Es hat sich eben nach meiner Auffassung aus der Tunica interna zum grossen Teile das Corpus luteum gebildet, die Bindegewebszüge nebst Gefässen stammen aus der äusseren Thekaschicht und von dem Follikelepithel ist nichts übrig geblieben. Beitrag zur Entstehung des Corpus luteum der Säugetiere. 383 In Bezug auf den frisch geplatzten Follikel soll noch auf Stratz’s Ausführungen kurz eingegangen werden. Dieser Autor findet nach dem DBersten im Stratum granulosum, dass „die einzelnen Zellen noch voluminöser und heller sind als in den früheren Stadien, und dass ihr Verband loser erscheint“ und auf der nächsten Seite fügt er noch hinzu „in einzelnen Zellen sieht man Vakuolen sich bilden, andere verlieren die scharfe Kontur und lösen sich allmählich auf“ (p. 23). Und obwohl Stratz ganz richtig bemerkt, dass beim Bersten infolge der Herabsetzung des Druckes in der Follikelhöhle durch Gefäss- füllung „das Volumen der Theka um mehr als das doppelte zunimmt“ (p. 22), trotzdem erklärt er, dass das Corpus luteum vom Epithel entstehe, also von einem Zellenmaterial, welches nach seiner eigenen Schilderung stark in Auflösung begriffen ist. Da sollte er doch den gutgemeinten Rat, welchen er anderen erteilt, nämlich, wenn sich eine einfachere Erklärung bietet, keine „viel verwickeltere bei den Haaren herbeiziehen“ (p. 27), selber befolgen ! 6. Die weiteren Vorgänge bei der Entwicklung des Corpus luteum. Nachdem ich das Corpus luteum im Anfange seiner Ent- wicklung im frisch geplatzten Follikel einer genauen Erörterung unterzogen habe, kann ich mich über die weiteren Vorgänge um so kürzer fassen, da ich mich über das Schicksal der Tunica interna wie auch des Follikelepithels genügend geäussert habe. Letzteres kommt bei der weiteren Entwicklung des Corpus luteum kaum in Betracht. Wie schon erwähnt, wurde dasselbe zum Teil ausgestossen und was zurückbleibt, geht sehr bald, da es jeden Halt verloren hat und in der Säftezufuhr beein- trächtigt ist, zu Grunde, wobei die Kerne am längsten stand- halten. Was die frühere Tunica interna anbelangt, so verschliessen deren Zellen sehr bald die Rissöffnung, wobei die Ränder der Rissstelle verkleben, um später wieder zu verwachsen. Die Höhle verkleinert sich und wird ausgekleidete von der Glashaut, die ein gequollenes Aussehen zeigt und stellenweise durchbrochen ist. Die Höhle ist ausgefüllt von einem weichen Pfropf, der wohl hauptsächlich aus geronnenem Blute und Resten 354 Johann Jankowski: der gleichfalls geronnenen Follikelflüssigkeit besteht. Gleich- zeitig treten auch Gefässsprossen auf, die von der früheren Tunica externa nach dem Zentrum hin verlaufen. Diese Ver- hältnisse sind in Fig. 3 wiedergegeben, welche ein junges Corpus luteum vom Meerschweinchen darstellt, das kurz nach dem Wurfe getödtet wurde. Gleiche Entwicklungsstufen habe ich auch beim Schweine gefunden. Bald tritt die Gefässentwicklung begleitet von Bindegewebszügen in den Vordergrund, auch der zentrale weiche Pfropf wird durchwuchert und an seiner Stelle entsteht ein Kern aus Bindegewebe. Somit hat das Corpus Iuteum die Höhe seiner Entwicklung erreicht und muss nach His „in Hinsicht der Kapillarmaschenenge den blutreichsten Organen des Körpers zur Seite gestellt werden“. Auf dem Durchschnitte hat das ausgebildete Corpus luteum wegen seiner radiären Gefässanordnung grosse Ähnlichkeit mit den Lobulis der Leber. Die Rückbildung des Corpus luteum geht nach Clark dermaassen vor sich, dass zuerst die Luteinzellen fettig degenerieren, darauf schrumpft das Bindegewebe und es kommt zur Atrophie und Hyalin-Degeneration der Blutgefässe. Im übrigen verweise ich auf die anfangs angeführten Autoren, wobei ich sehr empfehlen würde, um sich ein objektives Urteil zu bilden, die Ausführungen beider Richtungen zu verfolgen. Die Follikelatresie, die einen zweiten Modus der Umwand- lung des Graaf’schen Follikels darstellt, aber ganz anders wie beim Corpus luteum verläuft, braucht meines Erachtens nicht unbedingt in den Kreis der Erwägungen gezogen zu werden. 7. Schlussbetrachtungen. Unwillkürlich stellt man sich die Frage, wie es komme, dass die Enstehungsweise des Corpus luteum, welche offenbar schon v. Baer richtig schilderte, noch immer verschieden dar- gestellt wird? Ich glaube diese Frage dahin beantworten zu müssen, dass jeder Forscher bei seinen Untersuchungen zuerst auf solehe Graaf’schen Follikel und solche Corpora lutea stösst. welche in bester Entwicklung begriffen sind, während man die Übergangsformen — den Follikel — kurz vor und nach dem Bersten nur selten antrifft. Dass dabei Irrtümer vorkommen Beitrag zur Entstehung des Corpus luteum der Säugetiere. 385 können, hoffe ich aus Sobottas Schilderungen bei der Maus genügend klargestellt zu haben. Zweitens, wie ich aus einem Vergleiche zwischen Schwein und Meerschweinchen schliesse, bildet das Epithel im reifen Follikel der kleineren Tiere im Ver- hältnis zur Tunica interna eine weit mächtigere und mehr ge- ordnete Schicht als bei grösseren Tieren, so dass man nur allzu geneigt ist demselben eine Rolle bei der Bildung des Corpus luteum zuzuschreiben. Schon beim Kaninchen hält Sobotta im Gegensatze zur Maus die Ausfüllung der früheren Follikel- höhlle nur durch Hpypertrophie des wandständigen Epithels nicht für gut möglich und nimmt zu den lose dastehenden Retinaculis (bei der Maus sollen sie fehlen) seine Zuflucht; die- selben sollen mit dem übrigen Epithel konfluieren. Werfen wir noch kurz einen Blick auf Sobottas Ab- bildungen vom Corpus luteum des Kaninchens, wo die stufen- weise Entwicklung gut dargestellt ist (Anat. Hefte Bd. S, 1897, Taf. XLII—XL ). Fig. 2, 3 und 4 stellen ganz frühe Stadien des Corpus luteum dar, wo neben der inneren Thekaschicht noch eine mächtige Lage von Epithel besteht; die Rissöffnung ist noch offen. Wohlgemerkt, es sind also zwei ganz deutliche Schichten. Dagegen in Fig. 5 ist nur eine Schicht übriggeblieben. Diese grenzt unmittelbar an die frühere Tunica externa und hat im Vergleich zur inneren Thekaschicht der Figg. 2—4 fast ums doppelte zugenommen. Die Rissstelle ist bald verklebt und von der Tunica externa ziehen vorläufig kaum bemerkbare Gefäss- sprossen aus; von der Epithelschicht sind bloss Zerfallsprodukte übrig geblieben. Dieser Befund kommt in den nächsten Figuren weit deutlicher zum Vorschein. Von der in Fig. 5. übriggebliebenen Schicht meint Sobotta, dieselbe sei aus dem Epithel entstanden und doch hat dieselbe weder dem Aussehen, noch der Lage nach etwas gemeinsames mit dem früheren Follikelepithel. Sollte man doch annehmen, dass die betreffende Schicht das Epithel darstelle, ja, was ist dann aus der zweiten, der früheren Tunica interna geworden? Wie ich schon hervorhob, kann Sobotta darüber nichts bestimmtes aussagen und lässt sie einfach „verschwinden“. Da nun in der Tat eine der beiden Schichten „schwindet“, d. h. zugrunde geht, so wird das Schicksal wahrscheinlich die- 336 Johann Jankowski: jenige ereilen, für deren weitere Entwicklung die Bedingungen nach dem Follikelsprunge schlechter bestellt sind. Und das ist zweifelsohne, was wohl auch Sobotta zugeben wird, bei dem Follikelepithel der Fall. Auch dies spricht dafür, dass das Corpus luteum kein epitheliales, sondern ein bindegewebiges Gebilde, ein Produkt der Theca follieuli ist. Nun noch einige Worte über die Funktion des Corpus luteum. Die meisten Autoren äussern sich dahin, dass das Corpus luteum durch sein schnelles Wachstum nach dem Bersten den leeren Follikel rasch ausfüllt und so die Spannung des Eierstockgewebes wieder ins Gleichgewicht bringt. Clark sieht die Hauptaufgabe des Corpus luteum in der Wieder- herstellung der Zirkulation. Meiner Meinung nach besteht die Funktion des Corpus luteum verum darin dass es, nachdem die Spannungsverhältnisse nach dem Bersten wiederhergestellt sind, die Blutversorgung des Eierstockes reguliert, dass es ein Reservoir darstellt, inwelcheshauptsächlich im Beginn der Gravidität die reichlichere Blut- zufuhr des Eierstockes abgeleitet wird und auf diese Art in der Follikelreifung ein zeitweiser Stillstand eintritt. Zur Begründung dieser Behauptung will ich Folgendes anführen. 1. Die Funktion des Eierstockes ist im höchsten (srade abhängig von der Blutversorgung, resp. dem Ernährungs- zustande des betreffenden Individuums; dafür spricht das Aus- bleiben der Ovulation und der Menses bei anämischen Frauen und die Verspätung der Brunst bei schlecht genährten Tieren. 2. Die Kongestion, welche während der Brunst oder Menstruation auftritt, beschleunigt die Follikelreifung; dagegen bei der Gra- vidität, die gleichfalls mit einer reichlichen Blutzufuhr zu den (Genitalien einhergeht, wird hauptsächlich im Beginn, wo das Corpus luteum auf der Höhe der Entwicklung steht, im Gegenteil ein Stillstand im Wachstum der Graaf’schen Follikel bemerkbar. 3. Die reichliche Blutzufuhr während der Gravidität bedingt, dass das sogenannte Corpus luteum verum dem Corpus luteum spurium, welches bald nach der Brunst zusammenschrumpft, nicht nur an Grösse weit überlegen ist, sondern auch, dass dasselbe unverhältnismässig länger persistiert. Beitrag zur Entstehung des Corpus luteum der Säugetiere. 387 Auf die anatomischen Verhältnisse der Blutversorgung des Corpus luteum, denen zweifelsohne die grösste Bedeutung bei- zumessen ist, konnte ich meine Untersuchungen leider nicht ausdehnen und verweise deshalb auf die Arbeiten von His und Clark. Zu bemerken wäre noch, dass in der letzten Zeit L. Fraenkel Versuche angestellt hat, um die Born’sche Theorie zu be- gründen. Born glaubte nämlich, das Corpus luteum als eine Drüse mit innerer Sekretion betrachten und demselben eine Rolle bei der Insertion und Entwicklung des Eies zuschreiben zu dürfen. Ich kann mir nicht recht vorstellen, dass ein bindegewebiges Gebilde, das Corpus luteum, als eine Drüse funktionieren könnte; deshalb erscheint mir auch die Behauptung, dass das Corpus luteum irgend welchen Einfluss auf die Insertion und die Entwicklung des Fies haben könnte, noch viel zu wenig gestützt. Franz Cohn ging noch einen Schritt weiter und behauptet, eine sekretorische Funktion nicht nur bei den Luteinzellen nachgewiesen zu haben, sondern sogar beim „interstitiellen Ovarialgewebe“. Nach Franz Cohn entsteht das „interstitielle Ovarial- gewebe“ „aus der gewucherten Theka atretischer Follikel,“ also aus Bindegewebe. Leider wird über die „Sekretion der theka- atretischen Follikel, wie man erwarten sollte, nichts ausgesagt. Hervorzuheben wäre noch, dass dieser Forscher weiterhin in einen offenbaren Widerspruch gerät: nach ihm gleichen die Lutein- zellen in allem, sogar in der sekretorischen Funktion (!) dem „interstitiellen Ovarialgewebe,“ nichtsdestoweniger sollen dieselben aus dem Follikelepithel entstehen. Der Zweck dieser Zeilen soilte sein, hinzuweisen, dass die Lehre vom epithelialen Ursprunge des Corpus luteum noch manche Lücke zeigt und auch nach den eingehenden und sorgfältigen Arbeiten Sobottas noch keineswegs gesichert ist. Wenn ich Sobottas Arbeiten besonders berücksichtigte, so liegt der Grund darin, dass seine Forschungen eben die vollständigsten sind. 388 Johann Jankowski: Beitrag zur Entstehung des Corpusluteum etc. Fig. 3, Erklärung der Figuren auf Tafel XXIII. Teil der Wand eines reifen Follikels des Schweines, a) Tunica externa, b) Tunica interna, c) Membrana propria, d) Stratum granulosum. Starke Vergrösserung (Leitz Obj. 6, Oc. 2, Flem- ming. Hämatoxylin-van Gieson. Frisch geplatzter Follikel des Schweines mit noch offener Rissstelle. Vorsprünge der Wand mit reichlichen Blutgefässen (das Blut ist nicht mitgezeichnet) in die frühere Follikelhöhle; die letztere ist mit Epithel ausgekleidet. Übersichtsbild (Leitz Obj. 1, Oc. 2). Müller-Formol. Hämotoxylin-van Gieson. a. Einer der Vorsprünge desselben Follikels bei starker Vergrösserung (Leitz Obj. 6, Oc. 2). Gruppe von Luteinzellen der früheren Tunica interna, welche durch ein längs getroffenes Gefäss (Blut ist nicht mitgezeichnet) von der Membrana propria und vom Follikelepithel abgegrenzt werden. Frühes Stadium des Corpus luteum vom Meerschweinchen. Die Luteinzellen der früheren Tunica interna bilden eine mächtige Schicht, welche auch die Rissstelle verstopft; die Lücke daselbst ist künstlich entstanden. Es verlaufen Gefässsprossen von der Tunica externa nach der Follikelhöhle zu. Dieselben sind bei der geringen Vergrösserung nicht deutlich in der Figur zu erkennen. Das Epithel ist zerfallen, in der Höhle befinden sich Reste von Blut und geronnenen Follikelflüssigkeit. Übersichtsbild (Zeiss A ,Oc.2) Müller- Formol. Hämatoxylin-van Gieson. 389 Aus dem anatomischen Institut zu Florenz. — Prof. G. Chiarugi. Über die Entwicklung und Histogenese der Ammonshorniormation. Von Dr. Giuseppe Levi, Privat-Dozent. Hierzu Tafel XXIV. Die ältesten Ansichten über die Entwicklung der Ammons- hornformation finden sich kurz zusammengefasst in dem klassischen Werke von Mihalkowicz, das auch einige neue Tatsachen enthält. Seit der Zeit Reicherts hielt man die Ammonsfalte, die sich beim Menschen im 3. Monat des intrauterinen Lebens durch eine Biegung der Medialwand der Hemisphäre gegen die Höhlung des Ventrikels hin bildet, für die Anlage der Ammonshornformation, und die Ammonsfurche (oder den kaudalen Teil des Sulcus arcuatus — der Bogenfurche), welche den oben erwähnten Vorsprung verursacht, und deshalb von Reichert zu den primären Furchen gerechnet wurde (His nannte sie totale Furchen), als der zu- künftige Suleus hippocampi. Die unter dem Sulcus arceuatus liegende mittlere Rindenzone nannte man Randbogen oder Rand- windung; ihre untere Grenze wird durch die Fissura choroidea bestimmt. Der Randwindung schrieb man eine grosse morphologische Bedeutung zu, da man in ihr die vorübergehende Anlage des vollständigen hippocampischen Bogens der niederen Säugetiere erblicken wollte. Die Randwindung wird weiter eingeteilt in einen äusseren Teil. der sich in seinem kaudalen Abschnitt in die Fascia dentata, in seinem kranialen Abschnitt in die Laneisi’schen Streifen um- bildet. und in einen inneren Teil, der in seinem kranialen Ab- schnitt mit demjenigen der gegenüberliegenden Seite verschmilzt, den Balken bildet und im kaudalen Abschnitt die Entstehung der Fimbria veranlasst. Der eigentliche Hippocampus wird von dem hervorragenden Teile der Ammonsfalte gebildet. Duval vervollständigte diese Vorstellungen einigermassen: die Fissura hippocampi ver- 390 Giuseppe Levi: engert sich durch das Anwachsen der Fascia dentata, in welcher sich eine Körner-Schicht differenziert: die Fimbria scheidet sich später von der Fascia dentata ab. In den folgenden Arbeiten von Marchand und Martin über die Entwicklung des Balkens wird die Differenzierung der Rand- windung nur beiläufig und auf fragmentarische Weise behandelt ; Martin behauptet, der dorsale Teil der Ammonshornformation lehne sich, weil der Splenium des Balkens nach rückwärts an- wachse, an den ventralen Teil dieses letzteren an, während Blumenau in einer früheren Arbeit die Fortdauer des supra- callösen Teiles der Randwindung und seine Umbildung in die Lancisi’schen Längsstreifen nachgewiesen hatte. Zuckerkandl hat die in früheren Arbeiten beschriebene Furche, zwischen der äusseren und inneren Randwindung nicht gefunden: eine derartige Unterscheidung ist (bei der Ratte wenigstens) erst nach der Bildung des Balkens möglich. Die erste Andeutung der Kommissuren (Balken und Trigonum) zeigt sich in den Massen der Kommissuren und geht von hier aus auf die Randwindung über. Zuerst bildet sich eine Verdichtung und weiterhin eine Conerescenz der beiden Randwindungen; die Punkte an welchen letztere stattfindet, stellen den Weg dar, den die Fasern des Balkens und der Kommissuren des Fornix bei ihrem Übergang von einer Hemisphäre zur anderen durchlaufen werden. Dorello dagegen versichert, es existiere (wenigstens beim Schweine) eine Furche zwischen äusseren und inneren Randwindung (suleus fimbrio - dentatus). Hinsichtlich der Entwicklung des Balkens beobachtete dieser Autor den Durchgang der Balken-Fasern durch eine Verdichtung des oberen Teiles der Randwindung; das Anwachsen des Balkens in kaudaler Richtung vollzieht sich auf Kosten der internen Randwindung. Bezüglich der Histogenese des Hippokampus fügt er keine Bemerkung hinzu. Wir verdanken Elliot Smith eine interessante Arbeit über das Gehirn eines Foetus von Ornithorynchus; in diesem zeigte sich schon ein Rudiment der Fascia dentata, und der rudimentale Hippokampus reichte von der oberen Grenze der Fascia dentata bis zum dorso-medialen Winkel der Rinde und ragte im Ventrikel hervor. Über die Entwicklung und Histogenese der Ammonshornformation. 391 Die aufeinanderfolgenden Modifikationen dieser Anlage des Hippocampus waren leicht zu erraten: das sich vergrössernde Pallium dehnt sich über die mittlere Wand der Hemisphäre aus und bewirkt, dass der Hippocampus sich zusammenrollt. Bezüglich der histologischen Merkmale dieser Teile beob- achtete Smith, dass die am höchsten an der Oberfläche gelegene Schicht des rudimentalen Hippocampus einen grösseren Umfang hat als die homologe Schicht des Palliums, dass die 2. Zellen- schicht des letzteren eben sowie auch die 3. und 4. Schicht sich in die Schicht der Pyramiden des Hippocampus fortsetzen: im Anschluss an den Rand der Hemisphäre werden die Zellen dichter und bilden die Fascia dentata. Elliot Smith ist der einzige, der einigermassen eingehend das Thema behandelt hat, dessen Erörterung ich mir vorgenommen habe, die Histogenese der Ammonshornformation; in allen anderen Arbeiten wird dieser Gegenstand nur flüchtig behandelt. Bis jetzt schien eine einzige Tatsache als sicher nachgewiesen zu sein, dass sich nämlich in einer frühen Periode der Entwick- lung eine Furche.bildet, die Ammonsfurche, welche den unmittelbar über den Plexus choroidei befindlichen Teil der mittleren Rinde kräftig gegen die Höhlung des Ventrikels hin vorschiebt. Und gerade diese Tatsache haben in neuerer Zeit Forscher von grosser Autorität, wie Retzius und Hochstetter rundweg in Abrede gestellt. Beide wiesen an Gehirnen von menschlichen Embryonen, die gegen den 4. Monat ganz frisch herausgenommen und mit grosser Vorsicht fixiert worden waren, nach, dass die mediale Wand, wie auch die ganze übrige Oberfläche des Ge- hirns, vollkommen glatt ist; folglich existieren weder der Sulcus arcuatus noch die anderen von Marchand beschriebenen Furchen, welche „transitorische Furchen“ genannt worden waren. Und Goldstein fand, an einem menschlichen Embryo von 10,5 cm, an der Stelle des Sulcus arcuatus nur einen leichten Eindruck, der sich oberhalb des (kaum angedeuteten) Balkens hinzog; diesem entsprechend befand sich auf der Oberfläche des Ventrikels nicht ein Vorsprung, sondern eine Furche. ) Die Arbeit Goldsteins beschäftigt sich vorzugsweise mit der Entwicklung des Balkens; dieses Thema interessiert uns direkt nicht, weshalb ich es nur in Kürze behandeln will: der 392 Giuseppe Levi: Balken bildet sich nicht durch Conerescenz, sondern seine Fasern folgen den ursprünglichen Verbindungen zwischen den zwei Hemisphären (lamina terminalis) und vergrössern sich durch Intussusception. Da keine Bogenfurche existiert, so gibt es auch keinen deutlich begrenzten Randbogen, man kann jedoch als solchen denjenigen Teil der mittleren Rinde ansehen, welcher unterhalb der Vertiefung gelegen ist, die sich an der Stelle des vermeint- lichen Suleus arcuatus befindet, wo die Struktur einigermassen verschieden ist. Es gibt auch keinen deutlichen Unterschied zwischen externer und interner Randwindung. Von der letzteren aus bildet sich nach vorne hin der Fornix,. nach rückwärts die Fimbria, welche einen Druck ausübt und so die für die Ammons- hornformation charakteristische Einrollung veranlasst. Die äussere Randwindung stellt die Anlage zur Fascia dentata dar, welche sich oben und an der Aussenseite der ein- gerollten Rinde befinden würde und zugleich mit der letzteren ein Hervorragen der Wand gegen den Ventrikel hin verursacht; ist dies künstlich übertrieben, so erweckt es die Vorstellung der Ammonsfurche. Ich habe mir nicht vorgenommen, die Entwicklung des Randbogens in toto zu untersuchen, sondern mich darauf beschränkt, die Histogenese der Ammonshornformation zu erörtern. Zu einer solehen Untersuchung ist ohne Zweifel das Gehirn grosser Tiere besser geeignet, da die grössere Dicke der Rinden- schichten es gestattet, sie besser zu unterscheiden; da ich aber keine vollständige Reihe derselben zur Verfügung hatte, die ich meinem Zwecke anpassend hätte fixieren können), so begnügte ich mich damit, so viel Nutzen als möglich aus den wenigen Embryonen von Hunden, Meerschweinchen und Igel zu ziehen, die ich besass, dabei verglich ich sie mit den Embryonen von Mus musculus, von denen ich eine vollständige Reihe hatte. ', Bekanntlich ist das Embryogehirn ein empfindliches Material, welches eine sehr gute Fixierung erfordert; ausgezeichnete Dienste leisteten mir die Flüssigkeit von Rab1 und besonders die von Zenker. Über die Entwicklung und Histogenese der Ammonshornformation. 393 I. Stadium (Fig 1). Als erste Periode in der Entwicklung des Hippokampus betrachte ich diejenige, während welcher sich in der mittleren Wand der Hemisphäre oberhalb der Plexus choroidei, eine Modifikation in der Struktur der Wand bemerkbar machten. Bei einem Embryo von Mus musculus von 9 mm (und dieselben Tatsachen konstatierte ich bei einem Embryo von Mus decumanus von 10 mm und bei einem von Cavia Länge?) ist die Monro’sche Öffnung noch sehr weit. Kranialwärts von der Lamina terminalis ist die mediale Wand der Hemisphäre voll- kommen glatt und zeigt die nämliche Struktur in ihrer ganzen Ausdehnung, nur ist auf gleicher Höhe mit der oben erwähnten Lamina, im unteren Teile der Wand, unmittelbar oberhalb der Plexus choroidei ein seichter Eindruck zu sehen. Dieser Eindruck tritt etwas weiter kaudalwärts deutlicher hervor, und ihm ent- spricht in der äusseren Seite gegen die Höhlung des Ventrikels bin eine ausgeprägtere Konvexität (Fig. 1); demzufolge ist die Wand in dieser Höhe verdickt (um ein Drittel gegenüber dem am meisten dorsalen Teile der Wand). Diese Form der Wand ändert sich nicht mehr im kaudalen Teile, wo sie wegen der Anwesenheit des Thalamus nicht mehr senkrecht ist, sondern nach aussen schräg abfällt. Gerade dieser Eindruck ist es, der künstlich übertrieben sein und die Vorstellung einer Furche erwecken kann; bei den Embryonen von kleinen Tieren, in welche die Fixierungs-Flüssigkeit sehr schneil und gleichmässig eindringt, bildet sich die Furche selten; bei einem voluminösen Gehirn aber ist die oberhalb der Plexus choroidei befindliche Stelle der Wand mehr dazu geneigt, sich künstlich zusammenzufalten. Mir ist es nicht gelungen, das Fehlen des Sulcus arcuatus bei menschlichen Embryonen nachzuweisen, da es mir an frischem Material fehlte, bei zwei von Abortus herrührenden Embryonen von 10 cm Länge, die ich 10 Stunden nach der Ausstossung erhielt und nach Fixierung (mit Zenkers und Rabls Flüssigkeit) untersuchte, fand sich ein Sulcus arcuatus, der, wenn auch viel weniger deutlich hervortretend als sich aus Marchands Figuren ergibt, dennoch einen solchen Namen verdiente.t) r) !) Bei jenen zwei Gehirnen fehlten bei der Untersuchung bald nach der Fixierung die Radial-Furchen (die sog. transitorischen), erschienen aber, Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 26 394 Giuseppe Levi: Aber die Befunde von Hochstetter, Retzius und Goldstein erlauben es mir. die meinigen, die sich nur auf Ratte und Meerschweinchen beschränkten, zu generalisieren; im Gehirn des Embryos existirt also keine Bogenfurche, wohl aber nur ein seichter Eindruck in der Wand, dem gegen die Höhlung hin ein Vorsprung entspricht. Gehen wir nun dazu über, die Struktur der mittleren Wand oberhalb des Eindruckes und in gleicher Höhe mit letzterem zu betrachten. Ich muss vorausschicken, dass man in der dorso-lateralen Wand in diesem Stadium folgende Schichten unterscheidet: 1. eine dünne Schicht (von nicht mehr als 6 « Dicke bei Mus musculus) mit kleinen und spärlich vor- handenen Kernen; 2. eine aus 2—3 Reihen von Zellen mit den Merkmalen der Neuroblasten gebildete Schicht; über dem bläschen- förmigen und chromatinarmen Kerne dieser Zellen ist sehr spärliches Cytoplasma gelagert, welches gegen die Oberfläche hin spitzer wird (Anlage eines Dendriten); 3. ein dünner Streifen, der wegen seiner Armut an Zellen gegen die übergelagerte Schicht scharf hervortritt; 4. eine Schicht von 4—6 Reihen von Zellen, die sehr kompakt sind und etwas grösseres Volumen haben als die Zellen der darunter befindlichen Keimschicht; 5. eine deutliche Keimschicht, die aus Kernen mit dichtem chromatischem Netz gebildet wird, welche sehr kompakt, ohne schätzenwertes Cytoplasma sind, und zwischen denen zerstreut zahlreiche Fortsätze von Ependym- zellen liegen. Bei den sehr kleinen Gehirnen (von Mus musc.) macht die winzige Beschaffenheit einiger Schichten die Unterscheidung unsicher, weshalb ich gezwungen war, mich "hauptsächlich auf einen Embryo vom Meerschweinchen zu beziehen. Hinsichtlich des dorsalen Teiles der medialen Wand lässt sich die 4. Schicht von der 5. nicht mehr durch die Beschaffenheit ihrer Elemente und auch die Bogenfurche wurde tiefer, nach dem Durchgang durch Alkohol, obwohl die Konzentration des letzteren sorgfältig stufenweise gesteigert wurde. Dies stimmt überein mit der Behauptung Dorellos, dass die Embryonalfurchen nach dem Durchgang durch starken Alkokol deutlicher hervortreten; es bestätigt auch, wenn es dessen noch bedarf, die künstliche Natur dieser Bildungen — wahrscheinlich ist die Wand der Hemisphäre, da sie weniger widerstandsfähig infolge von Maceration und unvollständiger Fixierung ist, empfindlicher gegen die zusammenziehende Einwirkung des Alkohols. Über die Entwicklung und Histogenese der Ammonshornformation. 395 differenzieren; nur werden letztere gegen die Oberfläche hin allmählich seltener (Fig. 1). Die Keimschicht ist also auch in die 4. Schicht eingedrungen, die 1., 2. und 3. Schicht bleiben etwas verdünnt bestehen; die Elemente der 2. Schicht zeigen ein grösseres Volumen, und die Merkmale der Neuroblasten haben sich deutlicher darin ausgeprägt. Aber dem Eindruck entsprechend, geht die Wand viel tiefergehenden Umwandlungen entgegen; die Keimschicht wird dünner, während die 3. Schicht dreimal breiter wird und Neuro- blasten in grosser Anzahl enthält, die etwas weniger differenziert sind als diejenigen der darüber befindlichen Schicht, mit welcher sie sich zu verschmelzen strebt; die Verdichtung der Wand ist also vor allem der Verdichtung der 3. Schicht zuzuschreiben. In einem etwas weiter vorgeschrittenen Stadium (bei einem Embryo von Mus musc. von 9,5 mm) betrifft die einzige ein- getretene Differenzierung den Rand der Wand, der über den Plexus choroidei liegt; dieser ist im kranialen Teil abgestumpft, weiter kaudalwärts endet er zugespitzt; jenem Rande entsprechend werden die 2. und die 3. Schicht unterbrochen und durch eine fein netzartige Substanz mit kleinen zerstreuten Kernen ersetzt; diese Zone ist dazu bestimmt, sich im kranialen Teile in die Balkenfasern, im kaudalen Teile in die Fimbria umzuwandeln und entspricht deshalb der inneren Randwindung. In der letzteren bleibt die Keimschicht etwas verdünnt bestehen; weiter nach unten hin geht sie über in die Epithelien der Plexus choroidei. II. Stadium (Fig. 2). Bei Embryonen von Mus musc. von einer Länge von 10,5 bis 11 mm (ein entsprechendes Stadium repräsentiert ein Hunde- embryo von einer Länge von 45 mm) ist der Eindruck der mittleren Wand nicht ausgeprägt, während der Vorsprung gegen die Höhlung des Ventrikels hin deutlicher hervortritt. Was die Struktur betrifft, so sind die 1. Schicht (Fig. 2) und namentlich die 2. und 3. Schicht der seitlichen Rinde sehr verdickt; alle Schichten werden allmählich dünner, wenn sie in die dorsale Rinde und noch mehr, wenn sie in die mittlere übergehen. In dieser letzteren, im kaudalwärts vom Foramen Monroi gelegenen Abschnitte, dem einzigen, der uns direkt interessiert, verschmelzen die 4. und 5. Schicht zu einer einzigen, wie im vorhergehenden 26* 396 Giuseppe Levi: Stadium; in der 2. Schicht haben die Neuroblasten deutlich wahrnehmbare apikale Verlängerungen (Dendriten), welche sich in die 1. Schicht drängen und darin eine dünne Schicht bilden. das sich intensiver durch Eosin färbt. Der Vertiefung ent- sprechend ist die 1. Schicht sehr erweitert und enthält Kerne in grösserer Anzahl als die darüber liegende Rinde; die 2. Schicht ist weniger kompakt und endigt, nachdem sie eine deutliche Kurve beschrieben hat, deren Konvexität jedoch etwas geringer ist als diejenige der Wand, in einer beträchtlichen Entfernung von dem zugespitzten Punkte in den Plexus choroidei und erreicht fast die freie Fläche der Rinde. In der Höhe dieser Kurve bricht auch die 1. Schicht ab. Die 3. Schicht ist in der Höhe kaum breiter, aber unten erweitert sie sich sehr, indem sie sich zwischen den ventralsten Abschnitt der 2. Schicht und die Fimbria schiebt. Seitlich erreicht sie die freie Fläche der Rinde; diese Schicht bildet an jenem Punkte eine breite Zone mit vereinzelten Neuroblasten, und ‘es scheint, als habe sie die 2. Schicht nach oben, die Keimschicht gegen den Ventrikel hin gedrängt. Die Anlage zur Fimbria hat eine verlängerte Gestalt und bildet das äusserste ventrale scharfe Ende der mittleren Wand (f); sie ist von der Höhlung des Ventrikels getrennt durch die Verlängerung der Keimschicht, welche sich bis auf zwei und dann bis auf eine Reihe Zellen vermindert, um sich in das Epithel der Plexus choroidei fortzusetzen; in der Mitte drängen ihre Fasern sich nach oben zwischen die freie Oberfläche und die 2. Schicht; demzufolge erreicht nur die dorsale Hälfte dieser Schicht die freie Oberfläche. Die Fimbria besteht aus schwachen Fasern (welche meistens quer geschnitten erschienen) und aus spärlichen Kernen. Im kranialwärts dem Foramen Monroi gelegenen Abschnitte der medialen Rinde sind an Stelle der Fimbria die kallösen Fasern erschienen, welche die Mittellinie noch nicht erreicht haben; in dieser Höhe ist die überstehende Rinde noch nicht so tiefgehend verändert. III. Stadium (Fig. 5). Dieses Stadium wird repräsentiert durch 12,5—13,5 mm lange Embryonen von Mus museulus. Der Eindruck der mittleren Wand ist noch immer ein sehr oberflächlicher, während ihr Über die Entwicklung und Histogenese der Ammonshornformation. 397 Vorsprung stärker ausgeprägt ist und sich deutlicher in dem mehr ventralen Teile der Wand unmittelbar oberhalb der Anlage zur Fimbria lokalisiert hat; letztere bildet an dem erwähnten Vorsprung einen sehr stumpfen, gegen die Höhlung des Ventrikels hin offenen Winkel. Kranialwärts von der Lamina terminalis haben die Bündel der Balken-Fasern schon die Mittellinie erreicht, während diese Fasern in der Höhe der genannten Lamina die Grenzen der medialen Wand nicht überschritten haben. Die Grenze zwischen den Balken- und den Fornix - Fasern wird keineswegs durch Strukturveränderungen der Wand bezeichnet; nur ihr im kranialen Teile stumpfer, ventraler Rand wird im kaudalen Teile schärfer abgegrenzt. Ich sehe davon ab, über die Strukturveränderungen der Wand in dieser Höhe zu sprechen, da sie uns nicht interessieren; ich begnüge mich mit der Er- wähnung, dass sie etwas verschieden sind von denjenigen der weiter kaudalwärts gelegenen Strecken, zu deren Beschreibung ich jetzt komme. Ein gutes Stück rückwärts von der Anlage zum Balken (in gieicher Höhe mit der Commissura posterior) ist die Kurve der 2. Schicht deutlicher ausgeprägt als im II. Stadium (Fig. 3) und dem seichten Eindruck der äusseren Oberfläche der Wand angepasst; deshalb ist die 1. Schicht an jenem Punkte sehr erweitert. Die Grenzen zwischen der 3. Schicht und den benach- barten Schichten sind immer weniger deutlich, wegen der Ver- mehrung der Kerne, welche besonders beachtenswert ist im distalen Teile der 3. Schicht, der die freie Oberfläche erreicht und zwischen der 2. Schicht und der Fimbria eingeschoben ist. Die Fasern der letzteren drängen sich auf einer kurzen Strecke in den tiefen Teil der 3. Schicht hinein. Die Fimbria hat sich etwas vergrössert, und die sie be- deckende Keimschicht ist dünner geworden. Es war mir nicht möglich, bei meinen Serien (ich hatte bloss Frontalschnitte des Gehirns zur Verfügung) festzustellen, ob an mehr kaudalwärts gelegenen Teilen der Hemisphäre die mittlere Wand mehr differenziert war, weil die Biegung der Hemisphäre in ventraler Richtung bewirkte, dass jener Teil der Wand in schiefer Richtung beim Schneiden getroffen wurde; deshalb erschien der Hacken der 2. Schicht aus diesem Grunde allein, etwas mehr verlängert. 398 Giuseppe Levi: IV. Stadium (Fig. 4). Bei Embryonen, die in der Entwicklung weiter vorge- schritten sind (von Mus musc., 15 mm lang) zeigt sich eben- falls ganz deutlich (wie im III. Stadium) ein Unterschied im Grad der Differenzierung zwischen dem kranialen Teile (unmittel- bar hinter den kallösen Fasern) und dem kaudalen Teile der medialen Hemisphärenwand. In dem in Fig. 4 wiedergegebenen Schnitte, welcher an der Höhe der Commissura posterior befindet, hat sich die von der 2. Schicht beschriebene Kurve noch deut- licher ausgeprägt. Dies war eine Folge der Vergrösserung des distalen Endes der 2. Schicht; da dieses im vorhergehenden Stadium mit der freien Oberfläche in Kontakt war und deshalb nicht genügenden Raum vor sich fand, um sich auszudehnen, so hat es sich in sich selbst zurückgebogen. Das beweist der embryonale Charakter der Zellen in dem hakenförmig gebogenen distalen Teile der oben erwähnten 2. Schicht; die Dendriten der Neuroblasten des zurückgebogenen Teiles werden von der ersten Schicht getrennt durch einen dünnen Streifen von Bindegewebe, der reich an Kernen und Kapillaren ist und offenbar die in die Fissura hippocampi eingedrungene Verlängerung der Pia darstellt. Durch die Untersuchung von Stadien, welche diesem un- mittelbar vorausgingen, überzeugte ich mich davon, dass die Fissura hippocampi sich erst bildet, nachdem der Pia - Fortsatz eingedrungen ist, um die beiden ursprünglich innig verbundenen Schichten zu trennen. Wegen des stärkeren Vorsprunges der Wand, bildet die Fimbria mit ihr einen weit weniger offenen Winkel als in vorigen Stadien; ihre Fasern schieben sich weiter zwischen der 3. Schicht und der Keimschicht. V. Stadium (Fig. 5). Embryo von Mus musc., 19 mm lang. Der Balken erreicht kaudalwärts die Höhe des Foramen Monroi, wo die mediale Wand die von mir als charakteristisch für die Anlage zum Hippocampus beschriebenen Veränderungen nicht erlitten hat. Nur weiter kaudalwärts beginnen diese Veränderungen zu er- scheinen, stellen aber noch einen sehr geringen Grad der Differenzierung dar. Über die Entwicklung und Histogenese der Ammonshornformation. 399 Erst in beträchtlicher Entfernung vom Foramen Monroi bemerkt man im Vergleich zum vorhergehenden Stadium einen Fortschritt im Grade der Differenzierung der medialen Wand. Letztere ragt mit deutlich ausgeprägter Konvexität in die Höhlung des Ventrikels vor. Um uns eine klare Vorstellung von den Strukturverände- rungen des ventralen Teiles der medialen Wand (Anlage zum Hippocampus) bilden zu können, wird es ratsam sein, einen Blick auf die darüber befindliche Rinde zu werfen, umsomehr, als wir uns nach dem I. Stadium nicht mehr um die Struktur jener Zone gekümmert haben. In der 2. Schicht kann man eine oberflächliche zellenreiche Zone (a) und eine tiefe Zone (b) mit Zellen in geringerer Anzahl, die nicht so stark differenziert sind, unterscheiden. Die 3. Schicht dagegen enthält fast ausschliesslich Fasern und nur wenige zer- streute Kerne. Gehen wir über zur Untersuchung des am meisten ventralsten Abschnittes der Wand, der nun auf den ersten Blick als Anlage zum Hippocampus erkannt werden kann, so sehen wir, dass die 1. Schicht (oder Molekularschicht) ausgedehnter ist, als in der darüber befindlichen Rinde; die Differenzierung der 2. Schicht in zwei kleinere Schichten a und b, welche den- jenigen der kleinen und grossen Pyramidenzellen der Rinde des Erwachsenen entsprechen, verschwindet, wie es gleichfalls im Hippocampus des Erwachsenen geschieht. Die Kurve der 2. Schicht, welche wir jetzt graue „lamina involuta“ nennen können, hat sich so deutlich ausgeprägt, dass sie fast der Konvexität der Wand folgt (Fig. 5, hipp). Im distalen Teile der letzteren, welcher von der darüber befindlichen Rinde ver- mittelst der Fiss. hyppocampi getrennt ist, hat sich oberhalb der Pyramidenzellen ein Streifen von Kernen differenziert (Fig.5 fd), die deutlich von den ersten zu unterscheiden sind durch ihre ceytologischen Merkmale (kleines Volumen, reichliche Menge von Nuklein, fast vollständiger Mangel an Cytoplasma); diesen Streifen können wir von nun an als die Anlage der Körnerschicht der Fascia dentata betrachten. Diese Bildung scheint nicht in morphologischer Kontinuität mit der 2. Schicht (der lamina involuta), sondern eher mit der 3. Schicht zu stehen. 400 Giuseppe Levi: Die 3. Schicht, welche in der die Ammonshornformation überragenden Rinde vorwiegend aus Fasern bestand, spaltet sich in der Höhe der letzteren: 1. in eine oberflächliche Schicht, die reich an Kernen ist und die Schicht der Pyramidenzellen folgt bis zur Fiss. hippocampi, wo sie die oben erwähnte Schicht von der äusseren Oberfläche trennt und sich, wie schon bemerkt, in die Anlage zur Fascia dentata fortsetzt; 2. in eine tiefe, dünne Schicht, die von feinen Faserbündeln durchzogen wird, welche getrennt werden durch Reihen von Kernen, die sich der Richtung der Fasern anpassen; diese Fasernschicht, welche die Anlage zum Alveus ist, zeigt das Streben, in ventraler Richtung auf Kosten der 1. kleineren Schicht sich zu erweitern und setzt sich fort in die Fasern der Fimbria. In diesem Stadium sind also alle Schichten der Ammons- hornformation des Erwachsenen in der Anlage vorhanden; die Keimschicht (die 4.) wird zum Ependym, die Fasern der 3. Schicht zum Alveus, während ihre kernreiche Lage Elemente enthält, die aus der Keimschicht stammen und auf der Wanderung gegen die Schicht der Pyramidenzellen hin begriffen sind, wes- halb jene dazu bestimmt ist, als solche zu verschwinden; sie wird zum Teil von den tiefer gelegenen Pyramidenzellen ver- drängt, zum Teil das Stratum oriens werden. Die 1. Schicht ist noch die am wenigsten differenzierte; sie ist dazu bestimmt, das Stratum radiatum zu bilden (das schon in der Anlage vorhanden ist und es auch in vorausgehenden Stadien war), ferner das lacunosum, moleculare und zonale ; von den zahlreichen Fasern, die sich beim Erwachsenen finden, ist in diesen letzteren Schichten noch keine Spur vorhanden. Bei einem Embryo von Mus musc. von 23 mm ist die Lage I der 3. Schicht ärmer an Kernen und setzt sich deutlich im Bereiche der Fiss. hippocampi in die lamina superficialis der Fascia dentata fort, die sich unterdessen weiter gebildet hat. Die Keimschicht ist noch dünner geworden. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, wie vorliegende Form zu ihrer endgültigen Bildung gelangt. Die Schicht der Ammonspyramiden vergrössert sich durch Sprossung der Zellen der Keimschicht, welche durch die 3. Schicht wandern (in der Tat sind auch in dieser Periode Mitosen in der- Uber die Entwicklung und Histogenese der Ammonshornformation. 401 selben wahrzunehmen), und da sie durch die Ursachen, welche ich bald besprechen werde, am Wachstum in die Länge gehindert wird, so bewirkt sie, dass der Vorsprung der Wand gegen die Höhlung des Ventrikels hin übertrieben gross wird. Zusammenfassung der Ergebnisse. Die vollständige Verschiedenheit zwischen meinen Ergeb- nissen und den wenigen Begriffen, die man bisher bezüglich der Entwicklung der Ammonshornformation besass, findet ihre Er- klärung in der grossen morphologischen Bedeutung, die man irrtümlicher Weise der Fissura hippocampi zuschrieb. In Wirklichkeit ist letztere nicht, wie man glaubte, eine ganz ursprüngliche Bildung, die in der Ontogenese viel früher erscheint als die Differenzierung der medialen Wand. Im Gegen- teil bildet sie sich lange, nachdem die Hippokampus - Anlage entstanden ist; ausserdem hat sie nicht die Gestalt einer weiten Falte, die einen grossen Teil der mittleren Wand einnimmt und ihr Hervorragen in den Ventrikel bewirkt, wie man behauptete, sondern die einer sehr oberflächlichen engen Spalte, welche sich am ventralen Ende der Wand bildet; das Hervorragen der Wand in den Ventrikel findet weit früher statt. als das Erscheinen der Spalte. Die beiden ursprünglichsten und wesentlichsten Er- scheinungen in der Histogenese der Ammonshornformation kann man folgendermassen zusammenfassen: 1. Die Zellen des ventralen Teiles der medialen Wand und genauer ausgedrückt diejenigen, welche von der Keimschicht aus gegen die Oberfläche hin gewandert sind und sich in Neuro- blasten differenziert haben, indem sie wie in anderen Zonen der Rinde eine kompakte Schicht bildeten, streben danach, ihre Zahl fortwährend zu vergrössern, finden aber ein Hindernis für ihre ventrale Ausdehnung in der plötzlichen Atrophie der den Plexus choroidei entsprechenden Rinde, welche der Differenzie- rung der mittleren Rinde längst vorausgegangen ist; demzufolge dehnt sich die Schicht der Neuroblasten medialwärts aus und krümmt sich deshalb, indem sie bewirkt, dass die ganze Rinde gegen die Höhlung des Ventrikels hin vorspringt. 2. Die Achsenzylinder ihrer Neuroblasten werden durch die Verdünnung der unmittelbar über den Plexus choroidei befind- 402 Giuseppe Levi: lichen Wand in einem begrenzten Raume zusammengezogen und verleihen diesem Raume das für die Anlage zur Fimbria charak- teristische Aussehen. Die allmählich fortschreitende Ditferenzierung der Ammons- hornformation steht ebenfalls in direktem Verhältnis zum Hindernis, welches die Atrophie des Abschnittes der über- ragenden Wand der Vergrösserung der Rinde in ventraler Richtung entgegenstellt; da dieses Hindernis vorhanden ist, müssen die neugebildeten Neuroblasten notwendigerweise sich nach oben vorschieben, wobei sie der Molekularschicht des überragenden Teiles der Rinde entlang gleiten; von dieser werden sie allmählich getrennt durch das Dazwischentreten von Bindegewebselementen (Anlage zur Fiss. hippocampi). Die Neuroblasten stammen immer, wie bei der typischen Rinde, aus der Keimschicht und differenzieren sich allmählich beim Hindurchgehen durch die 3. Schicht, und auch nachdem sie die Schicht der Pyramidenzellen erreicht haben, schreitet ihre Differenzierung stets vom tiefen Teile jener Schicht zum oberflächlichen fort, also das (Gegenteil von dem, was sich bei der typischen Rinde zeigt, bei welcher sich an. der Oberfläche eine sekundäre Keimschicht bildet, von welcher aus die Pyramiden absteigen und sich gegen die tiefen Teile hin differenzieren. Mit der Vergrösserung der Ausdehnung des Hippocampus werden die Achsenzylinder der mehr dorsalen Pyramidenzellen (wahrscheinlich sind diese die am meisten differenzierten). welche schon die Fimbria erreicht haben, nach oben gezogen und müssen demzufolge die 4. Schicht durchkreuzen, wobei sie die Anlage zum Alveus bilden; letzterer hält in seinem Wachstum gleichen Schritt mit der Vergrösserung der Schicht der Ammons- pyramiden. Was die Fascia dentata betrifft, so stammen ihre Elemente fast sicher direkt aus der Keimschicht und gehen durch die 2. Schicht; sie sind also völlig unabhängig von der Schicht der Ammonszellen, und es existiert keine morphologische Kontinuität zwischen beiden Bildungen. Es bleibt noch die Frage übrig, warum die Zellen der Fascia dentata sich nicht Jieber nach oben verschieben, wie die Schicht der Ammonspyramiden, und sich statt dessen an den distalsten Teil der letzteren anlegen. Über die Entwicklung und Histogenese der Ammonshornformation. 403 Dies geschieht wahrscheinlich, weil die Zellen der Fascia dentata sich spät differenzieren, d.h., wenn die endgültige Form des Hippokampus schon in der Anlage abgeschlossen ist, so ist eine tiefgehende Verschiebung der Teile nicht mehr möglich, und deshalb schieben sich die Zellen der Fascia dentata in den Zwischenraum ein, den sie vor sich finden, in die Fiss. hippo- campi. Um das Gesagte zusammenzufassen —ich glaube nach- gewiesen zu haben, dass die hauptsächlichste, wenn nicht die einzige Ursache der Einrollung der Rinde bei der Ammonshornformation die Atrophie der medialen Wand der Hemisphäre im Bereiche der Plexus choroidei ist. Man könnte dagegen. einwenden, wenn es wahr sei, dass eine solche Atrophie ein Hindernis für die ventrale Ausdehnung der Rinde darstelle, so werde ihre dorsale Ausdehnung nicht verhindert. Die letztere ist aber nicht möglich, weil, wie ich im Ver- laufe anderer Untersuchungen über die Philogenese der Ammons- hornformation, die bald herausgegeben werden sollen, überzeugen konnte, Ammonshornformation und Pallium zwei verschieden- wertige morphologische Bildungen sind, zwischen welchen wahr- scheinlich während der Entwicklung ein Gegensatz besteht. Literatur. Blumenau: Zur Entwicklungsgeschichte und feineren Anatomie des Hirnbalkens. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 37, 1891. Dorello: Össervazioni macroscopiche e microscopiche sullo sviluppo del corpo calloso e dell’arco marginale nel Susscrofa. Ricerche fatte nel Labor. di Anat. di Roma etec., 1903. Duval: Le corne d’Ammon (Morphologie et Embryologie),. Arch. de Neurol., 1881—82. Goldstein: Beiträge zur Entwicklung des menschlichen Gehirns. Die erste Entwicklung der grossen Hirnkommissuren. Arch. f. Anat. u. Phys., Anat. Abt. Jahrg. 1903. Hochstetter: Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Gehirns. Biblioth. medica. 1898 Abt. A. H. Z. Derselbe: Über die sogenannten transitorischen Furchen der Grosshirnhemisph. menschlicher Embryonen nebst Bemerkungen über die Bogenfurche. Wiener klin. Wochenschr. X. 1896. 404 Giuseppe Levi: Marchand: Über die Entwicklung des Balkens im menschlichen Gebirn. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 37, 1891. | Martin: Zur Entwicklung des Gehirnbalkens bei der Katze. Anatom, Anz. Bd. 9. Derselbe: Bogenfurche und Balkenentwicklung bei der Katze. Jenaisch. Zeitschrift f. Naturwissensch., Bd. 29. Mihalkowiez: Entwicklungsgeschichte des Gehirns. Leipzig, 1877, Retzius.G.: Zur Frage von den sogenannten transitorischen Furchen des Menschenhirns. Verhandl. der anat. Gesellsch., Bd 19, 1901, Derselbe: Biologische Untersuchungen. N. F., Bd. 10. Smith-Elliot,G.: The brain of a foetal Ornithorhynchus. The fore- brain. Quart. Journ. of. mier. Sc,, Vol. 39. Zuckerkandl: Über die Entwicklung des Balkens und des Gewölbes Zentralbl, f. Phys., Bd. 14., 1900. Derselbe: Zur Entwicklung des Balkens und des Gewölbes, Sitzungsber. k. Acad. Wissensch. in Wien. Math.-naturw. Kl., Bd. 110, 1901. Erklärung der Figuren auf Tafel XXIV. Sämtliche Figuren wurden durch den Zeiss’schen Zeichen-Apparat gezeichnet; die Vergrösserung ist für Figg. 1, 2, 4 von 160 X, für Figg. 3 und 5 von 105 X Fixierung inZenkers Flüssigkeit, Färbung Häma- toxylin-Eosin. pleh. — Plexus choroidei yh — Fimbria. huynp. — Lamina grisea involuta hyppocampi. f. hypp. = Fissura hyppocampi. 0 — Fascia dentata. Fig. 1. Ventralster Abschnitt der medialen Wand von einer Grosshirn- hemisphere eines 9mm langen Mus musc. Embryos. Vergröss. 160 X Fig. 2. Ventralster Abschnitt der medialen Wand von einer Grosshirn- hemisphere eines 45mm langen Canis fam,. Embryons. Vergröss.160%X Fig. 3. Ventrale Hälfte der medialen Wand von einer Grosshirnhemisphere eines 13 mm langen Mus muse. Embryos. Vergröss. 105 x. Fig. 4. Ventralster Abschnitt der medialen Wand von einer (Grosshirn- hemisphäre eines 15 mm langen Mus musc. Embryos. Vergröss. 160 X. Fig. 5. Ventrale Hälfte der medialen Wand von einer Grosshirnhämisphere eines 19 mm langen Mns musc. Embryos. Vergröss. 105 X. Aus dem I. anatomischen Institut in Wien. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie der Prostata und Mamma des Neugeborenen. Von stud. med. Julius Schlachta, Demonstrator an der I. Anatomischen Lehrkanzel. Hierzu die Tafeln XXV, XXVI u. XXVI. Vorliegende Untersuchungen beziehen sich hauptsächlich auf die Prostata des Neugeborenen und berücksichtigen die Ver- hältnisse in der Mamma nur insoweit, als es der Vergleich beider Drüsen bedingt. Die Ergebnisse über die Bedeutung der Cysten in der Urethralschleimhaut fanden ebenfalls hier Aufnahme, da im Epithel der prostatischen Drüsen bisweilen analoge Bildungen vorkommen. Eine zusammenfassende Besprechung der Literatur vor den einzelnen Abschnitten der Arbeit wurde vermieden, da Voruntersuchungen über einen grossen Teil jener Verhältnisse, die hier behandelt werden sollen, nur spärlich vorliegen und daher besser im Laufe der Darstellung Aufnahme fanden. Es möge nun eine kurze Inhaltsangabe folgen: Im ersten Abschnitte geben wir eine Statistik und eine Beschreibung der Epithelumwandlung der Prostata an mehreren Objekten vom Fötus und Neugeborenen, wobei auch einzelne Punkte der Drüsenentwicklung berücksichtigt werden. Der zweite Abschnitt enthält eine Zusammenfassung der gewonnenen Details und Schlussfolgerungen. Im nächsten findet die histologische Beschreibung des Pflasterepithels, der Membrana propria und eigentümlicher Epithelwucherungen Aufnahme. Der vierte Abschnitt behandelt gewisse gleichartige Vor- gänge in der Mamma und Prostata des Neugeborenen. Der fünfte Abschnitt beschäftigt sich mit den Schleim- drüsen der Prostata und der letzte schliesslich mit den Oysten der Urethralschleimhaut. 406 Julius Schlachta: I. Die Epithelumwandlung und ihre topographischen Verhältnisse. Ich habe gefunden, dass in der zweiten Hälfte der Fötal- periode in zahlreichen Prostataschläuchen in mehr oder minder grosser Ausdehnung statt des mehrschichtigen zylindrischen oder kubischen Epithels ein geschichtetes Pflasterepithel mit grossen, hellen Zellen vorhanden ist, welches das Lumen verengt und bisweilen vollkommen ausfüllt. In den Arbeiten über die normale Anatomie der Prostata fand sich nirgends eine Erwähnung dieser Epithelumwandlung. Unter den pathologischen Anatomen hat jedoch, wie ich nach- träglich konstatierte, Aschoff (1) bereits denselben Befund er- hoben. Er schildert das Auftreten von Plattenepithel in der männlichen Urethra und in den Schleimhautdrüsen der Harn- röhre beider Geschlechter beim Neugeborenen. In der Be- schreibung der Prostata wird nur konstatiert, dass diese Drüse in ihrem Baue mit den Urethraldrüsen übereinstimmt. Über die Häufigkeit des Vorkommens von Plattenzellen finden wir keinerlei Angaben. Dieses Epithel zeigt in den Drüsengängen eine kon- zentrische Schichtung und der Autor wirft die Frage auf, ob diese Umwandlung nicht etwa auf Druckwirkung beruht, worauf die Bevorzugung mechanisch exponierter Stellen, wie der Falten- tiefen und des höchsten Gipfels des Colliculus seminalis hindeutet. Es könnten jedoch nach seiner Ansicht auch „mangelhafte, be- ziehungsweise übertriebene, durch die Entwicklungsgeschichte bedingte Umwandlungen“ vorliegen. Nicht hierher gehörig sind die Angaben von Stilling (19), der unter anderem über die Entstehung der Prostataconcremente bei Kindern berichtet. Vom ersten Lebensjahre ab sind diese häufiger und ihre Bildung ist auf das postembryonale Drüsen- wachstum zurückzuführen. Die Drüsensprossen höhlen sich aus, was durch Vergrösserung und Lichterwerden der zentralen Zellen geschieht, welche dann zerfallen und so das Material für die Coneremente liefern sollen. Man könnte dies für eine Beschreibung unseres Prozesses halten, besonders da von grossen Zellen die vede ist. Es hat aber der von Stilling beschriebene Vorgang mit jenem nichts zu tun, und ist sicherlich nicht der gewöhn- liche Modus der Lumenbildung, welche vielmehr durch einfaches Auseinanderweichen der Zellen stattfindet und zwar sowohl Prostata und Mamma des Neugeborenen. 407 während der embryonalen als auch während der postembryonalen Entwicklung. Wahrscheinlich werden jedoch hierbei gelegentlich Zellen abgestossen, die dann aufquellen und so zu den von Stilling beschriebenen grossen Elementen werden. Etwas auf die Epithelumwandlung Bezügliches habe ich nur noch bei C. Benda (3) gefunden. Dieser Autor gibt bei der Schilderung des Baues der Prostata in Zuelzers Hand- buch I. Abt. die gewöhnlichen, bekannten Angaben, fügt aber hinzu, dass die Drüsenräume entweder stark gequollene Zellen, oder ein durch Reagentien schollig gerinnendes Sekret enthalten. Seine Abbildungen, Fig. 20 und Fig. 21A, von denen die erstere sich auf die Prostata eines Knaben ohne nähere Altersangabe bezieht, die andere gar keine Bemerkung über das Alter auf- weist, zeigen Pflasterzellen, die den von mir und Aschoff ge- schilderten sehr gleichen. Trotzdem aber geschieht des Vorkommens eines Pflasterepithels nirgends Erwähnung. Zunächst werden wir uns mit dem Vorkommen des Pflaster- epithels in der Prostata in verschiedenen Stadien, dann mit der Verteilung desselben in den einzelnen Drüsen beschäftigen. Ein sicheres Urteil über das Vorhandensein des Pflaster- epithels kann man nur gewinnen, wenn man ganze Drüsen, also vollständige Serien durchmustert, da, wie einzelne Beispiele zeigen, die Pflasterzellen bisweilen nur auf wenige Gänge be- schränkt sind, so dass sie bei Anfertigung einzelner Schnitte nicht zur Beobachtung zu kommen brauchen. Untersucht wurden Serien von folgenden Stadien: Menschlicher Fötus 31 cm Länge Serie I. A SRH3B e Serie II. i »„ 10. Lun. Monat Serie III. 4 10: „. "Serie !IV. e a len aongeriegV.) £ Ka a LO 1ihSerie.Vi u BU ELO. ielSerie Nil: Kind ei anal Monat Serie VIII. 1 Jahr Serie IX. 3!/a Jahre Serie X. BRamn DEIE RL 12"), Jahre Serie XI. Die Ergebnisse bezüglich des Vorkommens von Pflaster- epithel sind folgende: Beim Fötus von 31 cm Länge, also zu 408 Julius Schlachta: Beginn des 7. Lun. Monats fehlt in den prostatischen Drüsen jede Spur von Pflasterzellen, überall sind nur zylindrische oder kubische Elemente vorhanden. An dem folgenden Stadium von 38 cm. also in der Mitte des 8. L. M. finden wir jedoch reich- lich Pflasterepithel. Sämtliche 5 Objekte vom 10. L. M. ergaben das Vorhandensein von umgewandeltem Epithel in wechselnder Ausdehnung. Da mir vom 7. L. M. nur ein Objekt vorliegt, glaube ich nicht behaupten zu dürfen, dass zu jener Zeit oder vorher die Pflasterzellen inden prostatischen Drüsen niemals zur Entwicklung gelangen; sicher aber können sie in der Mitte des 8 L M. bereits vorhanden sein. Nachdem die fünf Serien vom 10. L. M. sämtlich ein positives Resultat ergeben haben, ist die Häufigkeit des Vorkommens beim Neugeborenen jedenfalls eine sehr grosse. Um hierüber ein sicheres Urteil zu gewinnen, wurden 9 weitere Drüsen dieses Stadiums in der Weise untersucht, dass aus ver- schiedenen Höhen kurze Schnittfolgen angefertigt wurden. Ein so gewonnenes Resultat ist natürlich ebenfalls bindend, falls es ein positives ist. Von den erwähnten 9 Drüsen ergaben nun alle bis auf eine einzige das Vorhandensein umgewandelten Epithels und gerade die Drüse mit dem abweichenden Verhalten unter- schied sich von den übrigen ausserdem durch ihre bedeutend weiter vorgeschrittene Entwicklung. Im vierten Abschnitt wird sie noch besonders Gegenstand unserer Untersuchungen sein. Diesen Ergebnissen zufolge ist die Wahrscheinlichkeit in der Drüse des Neugeborenen stellenweise Pflasterepithel zu finden eine ausserordentlich grosse und wir können behaupten, dass normalerweisedasursprünglichzylindrischeDrüsen- epithel in der Prostata des Neugeborenen in mehr oder minder grosser Ausdehnung zu Pflasterepithel umgewandelt erscheint. Es ist gewiss merkwürdig, dass diese Tatsache so zahlreichen Beobachtern entgangen ist und bisher eigentlich nur von Aschoff konstatiert wurde. Die Er- klärung hierfür liegt, wie ich glaube, darin, dass die Prostata älterer Föten und des Neugeborenen nur selten zur Untersuchung gelangte und die Herde von Pflasterepithel in der Drüse oft nur spärlich und klein sind. Bezüglich der postembryonalen Stadien VIIL—XI. jedoch ergibt sich, dass nur die Drüse vom einmonatlichen Kinde Pflaster- Prostata und Mamma des Neugeborenen. 409 epithel enthält. An den übrigen Objekten fehlt jede Spur von umgewandeltem Epithel, es finden sich aber hie und da in den Ausführungsgängen und Endkammern freie Zellen, wie sie von Stilling beschrieben und abgebildet sind. Von postembryonalen Stadien, die nicht wie die vorigen an Serien, sondern an einzelnen Schnitten untersucht wurden, sind nur vier zu erwähnen; es sind dies ein Kind von 60 cm Länge und Individuen von 68 Tagen, vier und elf Monaten. Die beiden ersteren enthalten Pflasterzellen, die denen vom ein- monatlichen Kinde gleichen und ebenso wie diese charakteristisch verändert sind, worauf wir später noch zurückkommen werden; die übrigen weisen keinerlei umgewandeltes Epithel auf. Geschlechtsreife Drüsen wurden nicht in Serien zerlegt; es schien mir dies schon deshalb überflüssig, weil die Prostata des Erwachsenen so oft und von so zahlreichen Autoren unter- sucht worden ist, dass es ausgeschlossen erscheint, dass ein so auf- fallender Befund übersehen worden wäre. Unter pathologischen Ver- hältnissen aber (bei chronischen Entzündungen) tritt bekanntlich in den Ausführungsgängen der prostatischen Drüsen Pflasterepithel auf; in einem derartigen Falle, den ich zu Gesicht bekam, hatte dasselbe ein ähnliches Aussehen wie im Ösophagus, unterschied sich aber wesentlich von dem in der Prostata des Neugeborenen, welches durch seine grossen, vollkommen hellen Zellen charak- terisiert ist. Eine physiologische und der in der Drüse des Neugeborenen gleichende Epithelumwandlung wurde beim Er- wachsenen ebensowenig wie bei älteren Kindern gefunden. Da also bei den untersuchten postembryonalen Stadien nur bis zu einem Alter von ungefähr zwei Monaten Pflasterepithel sich nachweisen liess, so schliessen wir, dass die Umwandlung des Drüsenepithels der Prostata nur während der fötalen Entwicklung auftritt und postembryonal nicht mehr stattfindet. Von Tieren gelangte nur eine drei Wochen alte Katze und eine neugeborene Ratte zur Untersuchung. Die prostatischen Drüsen der ersteren enthalten durchwegs normales Epithel; die Urethra hingegen und zwar derjenige Abschnitt derselben, der oberhalb der Prostata liegt, enthält in der Tiefe der Schleimhaut- falten kleine Inseln von Zellen, die von den Epithelzellen der Umgebung abweichen und unseren Pflasterzellen sehr ähnlich Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 27 a 410 Julius Schlachta: sehen. Sie sind etwa doppelt so gross als die anderen und haben 1 im Gegensatz zu diesen ein sehr helles, fast unsichtbare» Proto- plasma. Die Kerne lassen keine wesentliche Abweichung er- kennen. Betonen möchte ich nochmals das ausschliessliche Auf- treten dieser Zellen in den Faltentiefen, was die Ansicht Aschoffs, dass mechanische Einflüsse, nämlich Druckwirkungen, ihre Ent- stehung begünstigen, stützt. Bei der neugeborenen Ratte aber lagen die gewöhnlichen Epithelverhältnisse vor. Andere neugeborene Tiere war ich bis- her leider nicht in der Lage zu untersuchen; in der Literatur konnte ich bezüglich des Auftretens von Pflasterepithel bei Tieren nichts finden. Wir gehen nun über zur Beschreibung des Auftretens der Pflasterzellen in den einzelnen Serien; ich werde aber dabei auch auf solche Einzelheiten der Drüsenentwicklung eingehen. die von den Autoren bisher nicht berücksichtigt erscheinen. Vorher sei noch einiges über die verwendete Technik bemerkt. Die Objekte, welche in Serien zerlegt werden sollten, wurden alle in 10-prozentigem Formol fixiert und ich konnte konstatieren, dass Drüsen von Neugeborenen in toto eingelegt, vortrefflich und gleichmässig durchfixiert waren. Drüsen von älteren Individuen aber wurden zuerst in Scheiben geschnitten und dann fixiert. Eingebettet wurde teils in Celloidin, teils in Paraffin. Prostatae vom Neugeborenen wurden im letzteren Falle vorher und zwar nach der Härtung in Alkohol in Scheiben zerlegt, um eine gute Schneidbarkeit zu erzielen. Die Schnitt- dicke betrug fast immer 15 «, nur ausnahmsweise 20 «. Die Objekte IX.—XI. jedoch wurden in Celloidin eingebettet und in Schnitte von 50 u Dicke zerlegt, wobei von Zeit zu Zeit Schnitt- folgen zu 20 «u eingeschaltet wurden. Zur Kernfärbung ver- wendete ich Delafield’sches, Apathy’sches Hämatoxylin oder Häm- alaun, zur Plasmafärbung teils Eosin, teils Erythrosin. Die Drüsen II.—VI. stammen durchgehends von Kindern, die durch Asphyxie oder durch Craniotomie starben. Die letzteren Objekte waren fast vollkommen frisch, die ersteren wurden wenige Stunden post mortem eingelegt. Ausserdem gelangten noch zahlreiche Drüsen von Neu- geborenen und Kindern zur Untersuchung, die nicht in Serien- Prostata und Mamma des Neugeborenen. 411 schnitte zerlegt waren; bei diesen wurden aus verschiedenen Höhen längere Schnittreihen angefertigt. Die Objekte waren in verschiedenen Flüssigkeiten fixiert: In 4- oder 10-prozentigem Formol, in Müller-Formol, in Sublimat oder in absolutem Alkohol. Die Färbung war zum Teil dieselbe wie an den Serienschnitten, ausserdem wurde auch mittelst der Heidenhain’schen Eisen- hämatoxylinmethode, nachvanGieson (Modifikation vonHansen) mit Mucikarmin, Muchhämatein, wässeriger Toluidinblaulösung, Löffler’schem Methylenblau, polychromem Methylenblau (auf Plasmazellen) und mit der Pranter’schen Kresofuchsinlösung gefärbt. Die Schnittdicke betrug 5—10 4. Von besonderen Methoden seien folgende erwähnt: Glykogenfärbung: An Drüsen, die in absolutem Alkohol fixiert waren, wurden hasiermesserschnitte angefertigt, welche entweder in gewöhnlicher Weise mit Lugol’scher Lösung oder aber mit verdünnter Jodtinktur behandelt wurden. In beiden Fällen wurde mit stark verdünnter Jodlösung in absolutem Alkohol! differenziert und in Origanumöl aufgehellt. Beide Me- thoden gaben gleich gute Resultate. Bei Verwendung der von Pranter (15) angegebenen Kresofuchsinlösung für elastische Fasern erscheint das Glykogen kräftig rosa gefärbt. Färbung der Membrana propria der prostatischen Drüsen: Es wurde in absolutem Alkohol fixiert und in Paraffın eingebettet. Die Schnitte wurden mit einer 1°/oo wässerigen Lösung von Azur (Giemsa) 15 Minuten lang gefärbt, mit 95- prozentigem, dann mit absolutem Alkohol differenziert, in Xylol aufgehellt und in Damarlack eingeschlossen. Die Membranae propriae erscheinen rosa, das Bindegewebe und die Kerne blau tingiert. Serie I. Fötus von 3l cm Länge. Obwohl die Drüsengänge dieser Prostata keinerlei Pflaster- zellen enthalten, möchte ich doch die Beschreibung dieser Drüse hier folgen lassen, da sie als Gegenstück zum nächsten Stadium hierher gehört und bereits gewisse Verhältnisse an den Gängen vorhanden sind, die wir auch noch an der Drüse des Neu- geborenen finden. Überdies enthält der Utriculus prostaticus Pflasterepithel. Die obersten Gänge, die an der hinteren Urethralwand münden, erreichen nicht die Peripherie und sind zum Teil 27* 412 Julius Schlachta: Schleimhautdrüsen. Ihre Länge beträgt oft nur die Hälfte oder ein Viertel des Drüsenradius in dieser Gegend wobei das Lumen meist fehlt oder sie stellen noch ganz junge Knospen dar. Die Gänge, welche weiter unten aber oberhalb des Utriculus münden, erreichen zum grösseren Teile die Peripherie und zeigen in ihrem Mündungsstück häufig nur eine sehr unvollkommene Lumen- bildung, in der Weise, dass sich kleine runde und grössere lang- gestreckte Hohlräume aneinanderreihen, welche durch dicke, zellige Scheidewände voneinander getrennt sind. Sie enthalten nur spärliche, gerinnselartige Massen, die mit Eosin mässig färb- bar sind. Peripherwärts aber tritt im Mündungsstück ein ein- heitliches normales Lumen auf, das sich auch in die Äste fort- setzt; die Äste letzter Ordnung und die ihnen aufsitzenden knospenartigen Sprossen entbehren aber eines Lumens vollständig. An diesen Gangsystemen lässt sich also konstatieren, dass ihre Lumenbildung ebenso wie bei den Speicheldrüsen Chiewitz (6) erfolgt, derart nämlich, dass die Aushöhlung in den mittleren Teilen des Gangsystems beginnt und von hier sowohl gegen die Mündung als auch gegen die Peripherie hin fortschreitet. Die Gänge, welche unterhalb des Utrieulus münden, zeigen ein anderes Verhalten: Ihr Mündungsstück hat ein normal beschaffenes Lumen, und dasjenige der Äste ist bereits recht weit geworden. Be- merkenswert ist noch, dass an einer Stelle ein Ast höherer Ordnung, der der Peripherie ziemlich nahe kommt, eine sehr bedeutende Auftreibung zeigt; sein Lumen erreicht das Dreifache des gewöhnlichen Maasses. Andere Gangsysteme des Unter- lappens erreichen oft zwar keine so bedeutende, aber doch eine auffallende Weite. Die Drüsen, welche von der vorderen Urethralwand ihren Ursprung nehmen, zeigen ein ähnliches Verhalten. Die Gänge, die zuoberst münden, sind ganz kurz und vollkommen solid und erst weiter unten treffen wir Drüsen, welche bereits ein Lumen zeigen. Die Prostataschläuche sind in allen ihren Teilen von einem zylindrischen bis kubischen Epithel ausgekleidet; die Grösse der Zellen ist in den verschiedenen Abschnitten des einzelnen Gang- systems nahezu dieselbe. Im Mündungsstück enger Ausführungs- gänge finden wir geschichtetes Zylinderepithel; die obersten Zellen sind hohe Zylinderzellen, mit länglich ovalem Kern, ihr Proto- Prostata und Mamma des Neugeborenen. 413 plasma färbt sich mit Eosin schwach rot. Manchmal findet sich ein solches Zylinderepithel auch in Ästen höherer Ordnung, falls ein ganz enges Lumen vorhanden ist. Überall sonst sind die ober- fächlichen Zellen mehr oder minder niedriger bis zu kubischen Elementen. Pflasterzellen finden sich, wie schon erwähnt, nirgends. Es ist hier ein Befund zu erwähnen, der meines Wissens in der Literatur nicht existiert, nämlich das Vorhandensein einer sehr starken oft bis zu 4 « dicken Formation an jungen von der Urethralwand ausgehenden Drüsenknospen, die wir als Mem- brana propria bezeichnen wollen. Ich konnte sie an den übrigen älteren Stadien nur viel seltener und nicht mehr in ebensolcher Mächtigkeit finden. Abbildung 15 auf Tafel XXV zeigt uns eine solche Membrana propria, welche den peripheren Teil einer Knospe der vorderen Harnröhrenwand umgibt An den Drüsen der hinteren Wand ist sie seltener und schwächer ausgebildet als an denen der vorderen und im unteren Anteil der Pars prostatica urethrae wird ihr Auftreten spärlicher. Doch auch im oberen Urethralabschnitt kommt sie nicht allen Drüsen zu und ihre Mächtigkeit ist an benachbarten Ästen oft sehr verschieden. An den Zweigen der grösseren Drüsengänge sieht man sie nur als eine zarte Lamelle. Siehe Abbildung 16, Tafel XXVI Auch das Urethralepithel müssen wir einer Besprechung unterziehen, da, wie bekannt, dasselbe ebenfalls durch Pflaster- epithel ersetzt werden kann. Im oberen Abschnitt der Pars prostatica stimmt es mit dem Epithel der Harnblase völlig über- ein. Das Protoplasma der Zellen erscheint bei Hämalaun-Eosin- Färbung sehr hell ebenso wie die Kerne. Das Epithel auch der jüngsten Drüsenknospen zeigt eine auffallende Verschiedenheit vom Urethralepithel. Die Drüsenzellen sind bedeutend kleiner, daher dicht gedrängt; die kleinen Kerne sind intensiv gefärbt, sodass auch die jüngsten Knospen durch ihre dunkle Färbung vom Urethralepithel sehr abstechen. Das Epithel des Colliculus seminalis ist sehr niedrig, viel- leicht infolge einfacher Druckwirkung. Das Epithel der Duetus ejaculatorii setzt sich an der Mündung dieser in geringer Aus- dehnung auf den Collieulus fort. In der unteren Hälfte der Pars prostatica urethrae hat das auskleidende Epithel an Höhe sehr bedeutend abgenommen 414 Julius Schlachta: und ist in seiner Beschaffenheit dem Epithel der Prostatadrüsen sehr ähnlich geworden. Der Colliculus seminalis steht bezüglich der Art seines Epithes in der Mitte zwischen oberer und unterer Urethralportion. Während das Epithel der prostatischen Drüsen am vor- liegenden Objekte noch keine Umwandlung aufweist, hat diese im Utrieulus prostaticus bereits stattgefunden. Derselbe enthält ein geschichtetes Pflasterepithel, dessen oberflächliche Zellen bedeutend grösser sind als die tieferen und gequollen erscheinen. Sie sind durch eine scharf hervortretende, dunkle Membran voneinander abgegrenzt und sehr hell, besonders um den Kern herum. Dieser ist in den obersten Zellen kleiner und bedeutend intensiver ge- färbt als in den unteren, also pyknotisch. Das Pflasterepithel des Utrieulus ist dem in den Prostatadrüsen, wie wir es an den folgenden Stadien finden werden vollkommen gleich, nur dass die Kerne schrumpfen, kommt an den Pflasterzellen in den Drüsen seltener vor. Die obersten Zellen wurden in das Lumen abge- stossen, in welchem sich bereits ein aus ihnen entstandenes Concrement befindet. Drüsen des Utriculus sind noch nicht ent- wickelt, seine Mündung ist verschlossen. Sagittal-Serie II. Fötus 38 cm. Dieses Stadium ist deshalb für uns von Wichtigkeit, weil es das jüngste ist, das die Epithelumwandlung in den Prostatadrüsen zeigt. Wir beginnen gleich mit der Beschreibung derjenigen Gangsysteme, welche Pflasterepithelenthalten. Siegehören sämtlich dem Oberlappen an und liegen nebeneinander. Dasjenige, welches am meisten lateral gelegen ist, mündet in derselben Höhe wie der Utriculus und zieht von da nach oben und lateralwärts. Der Ausführungsgang ist in seinem Urethralanteil offen, etwas weiter peripherwärts jedoch ist das Lumen mehrfach unterbrochen und von geschichtetem Zylinderepithel umschlossen. Nach dem ersten Drittel der Länge des Gangsystems tritt am Ende des Haupt- ganges in den ersten Ästen desselben Pflasterepithel auf. Diese Gänge sind alle solid und infolge ihres Gehaltes an Pflaster- zellen etwas dicker. Einige unter ihnen teilen sich und die so entstandenen Äste enthalten wieder Pflasterzellen. Wenn man den Zustand der Pflasterzellen, einerseits der am meisten zentral gelegenen, andererseits der am meisten peripher Prostata und Mamma des Neugeborenen. 415 befindlichen vergleicht, so lässt sich in ihrem Aussehen nur ein ganz geringer Unterschied konstatieren. An der Peripherie sind ihre Lager bedeutend mächtiger, die Zellen schon teilweise aus dem gemeinsamen Verbande gelöst, und ihre Kerne manchmal geschrumpft. Die in der Nähe des Hauptganges gelegenen Zellen bilden kleinere Lager, sind fest aneinander gefügt und zeigen keinerlei Degenerationszeichen. Dies alles deutet darauf hin, dass sie jüngeren Datums sind als die Zellen in den peripheren Ästen. Hervorgehoben muss werden, dass es in der bisher be- schriebenen Einzeldrüse mehrere periphere Äste gibt, die eben- falls ein Pflasterepithellager enthalten, das aber mit dem der zentralen Äste nicht zusammenhängt, sondern selbständig an Ort und Stelle entstanden ist. Dasselbe zeigt ebenso Degenerations- zeichen, wie dasjenige, welches mit deminder Nähe des Ausführungs- ganges gelegenen Pflasterzellenlager im Zusammenhang steht. Etwas vor diesem Gangsystem liegt ein zweites in derselben Höhe mündendes, das nur in zweien seiner zahlreichen Äste je ein kleines Pflasterzellenlager enthält. Dieses liegt am Ende der betreffenden Äste, ist ganz klein und die Zellen von jüngerem Aussehen. Medial von der erstbeschriebenen Einzeldrüse finden wir eine zweite, die folgendes Bemerkenswerte zeigt: An den Gangenden mit zahlreichen Pflasterzellen enthalten einzelne ab- zweigende Knospen einige wenige umgewandelte Zellen, die sich im Gegensatze zu jenen im Gangende als in jüngstem Stadium befindlich präsentieren. Es findet also hier ein kontinuierliches Weiterschreiten des Prozesses statt. Die bisherige Beschreibung bezieht sich auf die linke Prostata- hälfte; in der anderen finden wir im Oberlappen an symmetrischer Stelle ebenso Gänge mit Pflasterepithel, die in ihrem Verhalten nichts Abweichendes zeigen. Die Drüsengänge mit den grössten Pflasterzellenlagern haben einen Durchmesser von 0,28 mm, also etwas mehr als das Doppelte des gewöhnlichen Maßes. Ausser den beschriebenen Gängen ist im hinteren Prostata- ring noch folgender bemerkenswert: Er entspringt ebenfalls in der Höhe der Utrieulusmündung ist aber sehr kurz. Seine Länge beträgt etwa 0.8 mm. Im Gegensatz zu den Vorigen ist auch sein Mündungsstück von Pflasterepithel ausgekleidet, dessen oberste Lagen bereits in Abstossung begriffen sind. An der 416 Julius Schlachta: Mündung ist das Lumen am weitesten, peripherwärts wird es enger, da das auskleidende Pflasterepithel weniger in Zerfall be- griffen ist. Einzelne Äste enthalten Pflasterzellen, welche in demjenigen Aste der am meisten peripherwärts vordringt, die ge- ringsten Degenerationserscheinungen zeigen. Ausserdem trägt das Gangsystem reichlich Drüsenlnospen, die aus den gewöhn- lichen Epithelzellen aufgebaut sind und keinerlei Lumen besitzen. Bezüglich der übrigen Drüsengänge mit normalem Epithel ist zu bemerken, dass ebenso wie am vorhergehenden Stadium auch hier die kurzen Schleimhautdrüsen im oberen Teil der Pars prostatica urethrae noch solid sind, und dass die Weite der Drüsengänge bis zu einer gewissen Höhe nach untenzu zunimmt; die Wand der unteren Ausführungsgänge erscheint gefaltet Im vorderen Prostataring ist folgendes zu konstatieren: Die kurzen Einstülpungen der Urethralschleimhaut die wir im oberen Abschnitt der Harnröhre finden sind noch ohne Lumen und bestehen aus dem gewöhnlichen Epithel. Die eigentlichen Prostatagänge münden sehr weit unten, steigen sehr steil nach aufwärts und zeigen ein vollständiges Lumen. In einem einzigen (range wurden drei kleine Lager von Pflasterzellen gefunden. Sie liegen sehr nahe dem peripheren Ende des betreffenden Astes und bestehen nur aus wenigen Zellen sehr jungen Stadiums. Im Ausführungsgange des betreffenden Gangsystems findet man ab- gestossene, nicht umgewandelte Zellen in grösserer Menge, dicht in Haufen gelagert. Ihr Protoplasma ist zum grössten Teile nicht mehr sichtbar, der Kern kleiner und dunkler gefärbt als es der Norm entspricht. Das Urethralepithel zeigt gegenüber dem vorhergehenden Stadium keine wesentlichen Veränderungen. Auf der Höhe des Colliculus seminalis haben wir Pflasterepithel das mit dem im Utrieulus völlig übereinstimmt, an seinen Abhängen ein niedriges, geschichtetes, zylindrisches bis kubisches Epithel. Im Harnröhren- lumen finden wir stellenweise abgestossene Zellen, die jedoch von desquamierten Pflasterzellen der Prostatadrüsen in ihrem Aus- sehen wesentlich abweichen. Ihrem Aussehen nach stammen sie vom Pflasterepithel des Utriculus und des Colliculus seminalis. Das Epithel des Utriculus war am vorhergehenden Stadium dem Pflasterepithel der Prostatadrüsen sehr ähnlich doch nicht vollkommen gleich; hier ist der Unterschied noch grösser. Es Prostata und Mamma des Neugeborenen. 417 handelt sich um ein geschichtetes Pflasterepithel; die Zellen der obersten Schichten sind grösser und haben grössere Kerne und helleres Protoplasma im Verhältnis zu den tiefer gelegenen Zellen Die Pflasterzellen der Prostatadrüsen hingegen sind noch grösser und haben ein bedeutend helleres, fast unsichtbares Plasma und schärfer hervortretende Zellgrenzen. Im Lumen des Utriculus findet man abgestossene Zellen, die infolge von Quellung und eines daher noch helleren Protoplasmas den Pflasterzellen der Prostatadrüsen schon ähnlicher sind, sie gleichen ihnen aber doch noch nicht vollkommen. Die übrigen histologischen Details folgen im dritten Abschnitte. Transversal-Serie III Kind, 10. L.M. Hinterer Prostataring. Wir gehen bei der Beschreibung der Drüse von ihrem unteren Ende aus Das Urethralepithel ist an der Prostataspitze ein geschichtetes Zylinderepithel, von wechselnder Dieke. Die Drüsengänge zeigen ein weites Mündungsstück, dessen Wandung häufig gefaltet ist Das auskleidende Epithel unterscheidet sich vom Urethralepithel nur durch eine geringere Höhe. Pflasterzellen oder Reste solcher fehlen vollständig. Peripherwärts erweitert sich der Ausführungsgang und in diesem Anteile desselben findet man, allerdings selten, intraepitheliale, kleinere oder noch seltener grössere Anhäufungen von Pflasterzellen. Intraepithelial nenne ich sie dann, wenn über sie eine oder mehrere Schichten normalen kubischen oder zylindrischen Epithels hinwegziehen. (Siehe Ab- bildung 1 iN, Tafel XXV). Die Äste des Ausführungsganges sind ziemlich weit und die Dicke ihres auskleidenden Epithels gering; stets sind zahlreiche Lagen niedriger Zellen vorhanden, deren Form sich bei der Schnittdicke von Id u schwer genauer fest- stellen lässt. Die oberste Lage wird bald durch zylindrische. bald durch kubische Elemente gebildet. Die Epithelzellen der Äste sind kleiner und dichter gedrängt, als die der Urethral- schleimhaut oder der Ausführungsgänge. Auch in den peripheren Ästen findet man, doch ebenfalls spärlich, intraepitheliale Anhäu- fungen von Pflasterzellen. Nie füllen sie das Lumen vollkommen aus, ob sie nun in einem Hauptgang oder in einem Äste vor- kommen. Die Pflasterzellbildung erstreckt sich stets nur auf kurze Astabschnitte. Namentlich in der Nähe der Prostataspitze 413 Julius Schlachta: kommt es niemals vor, dass ein Seitenast in seiner ganzen Länge Ptlasterepithel trägt. Die Entwicklung von Endsprossen ist stets eine reichliche. Unter Endsprossen verstehe ich diejenigen Sprossen letzter Ordnung, welche später zu Endkammern werden und sich niemals mehr teilen. An der vorliegenden Drüse kommen solide Endsprossen und solche, die mit einem Lumen versehen sind gleich häufig vor. Wir müssen dieses Detail berücksichtigen, weil, wie wir sehen werden, die Entwicklung der Endsprossen fast immer in deutlicher Beziehung steht zur Entwicklung von Pflasterepithel in den Drüsenästen oder zu eigentümlichen Se- kretionsvorgängen. Sie bilden kurze Tubuli und lassen sich von jungen Gangknospen, die ja ebenfalls Äste letzter Ordnung dar- stellen, leicht unterscheiden, indem die Letzteren stets dicker und plumper sind. Abgestossene Zellen kommen in den Ästen sehr spärlich vor, da die vorhandenen Pflasterzelllager nur sehr selten Desquamation zeigen, und diese hier eine sehr geringe ist. Ausser den abgestossenen Pflasterzellen findet man im Lumen, doch noch viel spärlicher Zellen die diesen ziemlich gleichen aber bedeutend kleiner sind. Vielleicht handelt es sich um Pflasterzellen, die in ganz jungem Zustande abgestossen wurden. Einer der vordersten Drüsengänge nahe der Prostataspitze ist dadurch auffallend, dass er am reichlichsten im Mündungs- stück, zu einem grösseren Haufen angeordnete abgestossene Kerne enthält, die jenen vollkommen gleichen, die wir am vorher- gehenden Stadium in einem Gange des vorderen Drüsenringes beschrieben haben. Bevor wir die Verteilung der Pflasterzellen weiter verfolgen, müssen wir uns noch mit der äusseren Form der Drüsengänge näher beschäftigen. Die Gänge, welche etwas oberhalb der Prostataspitze münden, zeigen in allen Teilen ihres Gangsystems mit Ausnahme der Endsprossen, die sich so wie in anderen Drüsenteilen verhalten, ein relativ weites Lumen. Höher nach auf- wärts zu werden aber die Gangsysteme noch weiter und zwar betrifft die Zunahme der Lumenweite die Äste aller Ordnungen die Endsprossen ausgenommen. Am weitesten sind gewöhnlich die Äste erster und zweiter Ordnung. Es kommen Lumina bis zu einem Durchmesser von 0.4 mm vor. Die Lumenweite der Gang- systeme erreicht ihren Höhepunkt ungefähr bei denjenigen Drüsen, welche 0.42 mm unterhalb der Utriculusmündung in die Urethra Prostata und Mamma des Neugeborenen. 419 sich öffnen. Von da ab nach oben nimmt ihre Weite wieder ab und in der Höhe der Utriculusöffnung münden die letzten Drüsen, deren Äste sich durch ein weites Lumen auszeichnen. Wichtig ist, dass die Wandung auch der weitesten Gänge nicht entsprechend dicker, sondern stellenweise sogar dünner ist. Das auskleidende geschichtete kubische Epithel ist niedrig und sieht manchmal wie plattgedrückt aus. Man könnte also unter diesen Umständen leicht an eine Sekretstauung als Ursache denken. Doch fällt diese Annahme hinweg, da man nirgends im Lumen ein Gerinnsel nachweisen kann, und diese weiten Gangsysteme ein vollkommen durchgängiges Mündungsstück besitzen; ihr Inhalt besteht jeden- falls aus einer serösen Flüssigkeit von geringem Eiweissgehalte. Überdies müssen wir noch daran erinnern, dass die Stadien von 5l cm und 38 cm in dieser Gegend, wenn auch nicht in demselben Grade, so doch ganz deutlich ebenfalls relativ weite Äste auf- weisen. Auch dort fehlen Gerinnsel oder unvollständige Lumen- bildung im Ausführungsgange. Es handelt sich also jedenfalls nur um ein überschüssiges Wachstum, worauf noch weitere Um- stände hindeuten. Sehr häufig sieht man in dieser Drüsenpartie, dass der innere Kontur des Epithels eines Astes nicht glatt sondern viel- fach gebuchtet ist. Der Grenzkontur gegen das Bindegewebe weist häufig, doch nicht immer eine kongruente Form auf. Diese Bildungen werden begreitlich, wenn man die Art und Weise der Lumenbildung in den Prostatagängen verfolgt. Die Drüsenschläuche stellen ursprünglich solide Zellstränge dar, die alsbald durch ungleiche Wachstumsverhältnisse varıkös werden. Im Zentrum der einzelnen varikösen Anschwellungen bildet sich, wie zu erwarten ist, das Lumen zuerst. Wir haben dann im Zellstrang mehrere kleine voneinander abgeschlossene Höhlungen. Dadurch dass diese und ihre Scheidewände sich vergrössern und die letzteren schliesslich dehisziren bildet sich das Ganglumen, in welches nun die Reste der Scheidewände hineinragen und den erwähnten guirlandenartigen Kontur des Epithels bedingen. (Abbildungen 2 und 3 auf Tafel XXV). Wenn die Dehiszenz sich an einer Scheidewand im Verhältnis zu den anderen verspätet, so geschieht es, dass der hinter ihr gelegene Gangteil vollkommen abgeschlossen ist, mit dem übrigen Ganglumen nicht kommuniziert. Diese Prozesse finden sich auch an den beiden früher beschrie- 420 Julius Schlachta: benen jüngeren Stadien; dass sie aber an dem vorliegenden Objekte vom 10. Lunarmonat selbst in den Ästen niedrigster Ordnung noch sichtbar sind, beweist, dass die Entwicklung der !)rüsenform im Fötalleben nur geringe Fortschritte macht. Ganz ähnliche Höhlenbildungen im Epithel finden auch im Oesophagus und im Duodenum menschlicher Embryonen statt. Auf das erstere Vorkommen hatte Herr Hofrat E. Zuckerkandl die Güte meine Aufmerksamkeit zu lenken, im Duodenum aber hat Herr Professor Tandler (21) bei der Lösung der epithelialen Ocelusion diese Bildungen beschrieben. Aus den oben erwähnten Vorgängen lässt sich noch ein weiterer Schluss ziehen. An den Ästen höherer Ordnung, von denen ein Teil durch mangelhafte Lumenbildung von der Kommunikation nach aussen ausgeschlossen ist, kann man sich überzeugen, dass die betreffenden Gangteile nicht weiter sind, als andere mit normaler Kommupfkation. Eine Sekretion kann also in ihnen bisher nicht stattgefunden haben, da diese eine bedeutende Er- weiterung hätte zur Folge haben müssen. Noch eine weitere Tatsache können wir aus den beschriebenen Formverhältnissen der weiten Gänge erschliessen. An dem euirlandenförmigen Kontur des Lumens sieht man, dass der Radius der einzelnen Bogen viel zu klein ist im Verhältnis zur Weite der Ganghöhlung (Abbildung 2, Tafel XXV). Daraus folgt nun, dass während der Lumenbildung, oder kurz nach derselben, ein sehr rasches Dickenwachstum des betreffenden Ganges statt- gefunden hat. Kehren wir nun zur Beschreibung des Auftretens der Pflasterzellen zurück. Je höher wir von der Prostataspitze nach aufwärts gehen, desto häufiger sehen wir anfangs intraepitheliale Nester von Pflasterzellen auftreten und umso hänfiger nehmen sie eine bedeutende Grösse an. Nahe der Medianebene sind sie am grössten und liegen am peripheren Ende des betreffenden Ausführungsganges der Drüse und in den grösseren Ästen desselben, fehlen jedoch in seinem urethralen Ende und mit zwei Ausnahmen in den Ästen letzter Ordnung. Die betreffenden Astpartien sind durch die Einlagerung der Pflasterzellen niemals segenüber anderen verdickt, auch nicht jene zwei Äste letzter Ordnung, obwohl ihr Inneres vollkommen von umgewandeltem Epithel erfüllt ist. Beim vorhergehenden Stadium hingegen war Prostata und Mamma des Neugeborenen. 421 in diesen Fällen stets eine Auftreibung des betreffenden Astes zu konstatieren und dasselbe gilt von den weiter oben gelegenen Gangsystemen des vorliegenden Objektes. Wenn die Auftreibung eines Ganges durch das umgewandelte Epithel ausbleibt, sind die betreffenden Pflasterzellen abgesehen von dem Fall, dass sie zu spärlich vorhanden sind, häufig kleiner als sonst. Durchmustern wir die Serie von der Drüsenspitze nach oben so tauchen, wie schon erwähnt, anfangs die Pflasterzelllager immer häufiger auf; doch trifft dies höher oben nicht mehr zu und bei denjenigen Gängen, welche 0,66 mm unter dem Utrienlus münden finden wir sie vorläufig das Letztemal. Bevor wir jedoch auf die Verteilung des Pflasterepithels in den oberen Drüsen- partien eingehen, müssen wir noch einiges über die Form der Gänge dieser Region vorausschicken. Bezüglich der Gangformen im Unterlappen verweisen wir auf das oben Seite 415 Gesagte. Knapp unter der Utrieulusmündung beginnen die Ausführungs- gänge enger zu werden, doch haben sie ein vollkommen durch- gängiges Lumen. Die zugehörigen Äste sind noch immer weit, wenn auch nicht mehr in dem Maße als dies weiter unten der Fall war. Oberhalb der Utrieulusmündung tritt allmählich eine Veränderung der Formverhältnisse der Gangsysteme ein, indem die früher schon engen Ausführungsgänge jetzt auch mangelhafte Lumenbildung zeigen und die Äste bei erhaltenem Lumen enger werden. Bei den noch höher gelegenen Drüsen sehen wir, dass die peripheren Äste ebenso wie die Ausführungsgeänge ein un- vollkommenes Lumen besitzen, während die kurzen Schleimhaut- drüsen dieser Gegend (des oberen Drüsenendes) häufig schon von der Mündung ab vollkommen von Pflasterzellen erfüllt sind. Nach längerer Pause tritt das Pflasterepithel in denjenigen Gangsystemen wieder auf, welche in der gleichen Höhe mit dem Utrieulus münden. Von da ab nach autwärts finden wir es in den meisten Einzeldrüsen und dies gilt bis zum oberen Drüsenende. In beiden Oberlappen der Prostata enthält also die Mehrzahl der Gangsysteme umgewandeltes Epithel, während es im Unterlappen viei spärlicher und verstreut auftritt. Wir lassen nun die Beschreibung der Verteilung des Pflasterepithels in mehreren Gangsystemen folgen, wobei wir diejenigen aus- gewählt haben, die besonderer Umstände halber von Interesse sind, dann solche, die durch ihre grosse Ausdehnung ein grosses 422 Julius Schlachta: (rebiet beherrschen oder einen häufig wiederkehrenden Typus darstellen. Zuerst soll jener Gang betrachtet werden, der wie bereits oben erwähnt wurde, von den Pflasterepithel enthaltenden Einzel- drüsen des Oberlappens den untersten darstellt Er mündet etwa ‘5 « unterhalb der Utriculusöffnung. Sein Ausführungsgang hat im Urethralanteil ein sehr enges Lumen, das sich jedoch peripher- wärts ziemlich erweitert. Im peripheren Ende des Ausführungs- ganges finden wir zahlreiche, verschieden grosse aber durchwegs intraepithelial gelegene Gruppen, von Pflasterzellen, die niemals einen solehen Umfang erreichen, dass sie das Lumen ausfüllen würden. Diese Nester stehen von einander isoliert, welcher Umstand beweist, dass die Pflasterepithelentwicklung in einem (rangteil auch multipel auftreten kann. Auch die jungen vom Ausführungsgang entspringenden Knospen enthalten bisweilen ein solches Nest. Die Pflasterzellen zeigen an allen diesen Orten das gleiche junge Aussehen, sodass die Annahme gerechtfertigt erscheint, dass die einzelnen Gruppen derselben ziemlich gleich- zeitig entstanden sind. In die grossen peripheren Äste hat sich das Pflasterepithel nicht fortgesetzt, es findet sich nirgendwo eine Spur desselben Dieses Verhalten stimmt also noch mit dem weiter unten beobachteten überein, indem dort das Auftreten des Pflasterepithels in den peripheren Ästen zu den Ausnahmen gehörte. Eine sehr bedeutende Ausbreitung zeigt im Oberlappen der linken Prostatahälfte ein Gang, der 0,12 mm oberhalb der Utrieulusmündung in die Urethra einbiegt. Da er an Grösse des Ausbreitungsgebietes die übrigen Gänge des linken Öber- lappens weit übertrifft und schief nach oben und hinten aufsteigt, entspricht er höchstwahrscheinlich jenem Hauptausführungsgang des Oberlappens, wie er von mehreren Autoren beschrieben wurde. Das Mündungsstück dieses Hauptausführungsganges ist ein Zellstrang, von etwas weniger als 100« Dicke. Sein Lumen ist ein kompliziertes, ausserordentlich enges Spaltenwerk an der weitesten Stelle etwa 4 « breit. Auf dem 15 « dicken Schnitte gewahrt man nie eine etwas längere Strecke des Lumens, sondern nur kurze gerade oder gekrümmte spaltenförmige Hohlräume. In vielen von ihnen findet man einen mit Eosin gefärbten colloid- artigen Inhalt. Es lässt sich leicht nachweisen, dass diese Einzel- Prostata und Mamma des Neugeborenen. 423 drüse mit der Urethra in keiner Weise kommuniziert; eine wesentliche Auftreibung der peripheren Äste, Gerinnsel, also deutliche Zeichen einer vorausgegangenen Sekretion lassen sich hier ebensowenig konstatieren, wie bei den obenerwähnten für sich abgeschlossenen Gangteilen. Der Teil des Ausführungsganges, der der Verschlussstelle unmittelbar folgt, und die Anfangsstücke der Äste erster Ordnung enthalten nur wenig abgestossene Pflasterzellen und Detritus. Diese sind alie hochgradig gequollen, kugelförmig und sehen Fettzellen sehr ähnlich, da ihre Kerne ganz plattgedrückt und randständig sind. Die Äste des Aus- führungsganges zeigen, je nach der Richtung die sie einschlagen, ein verschiedenes Verhalten. Es sind solche vorhanden, die nach rückwärts ziehen und andere die lateralwärts gerichtet sind. Zuerst beschreiben wir die lateralwärts ziehenden, die natürlich auch die vordersten sind. An der Abgangsstelle treten in diesen Ästen intraepitheliale Nester von Pflasterzellen auf. die in das Lumen nur wenig vorspringen. Im Lumen selbst sind abgestossene Pflasterzellen vorhanden. Nach längerem Verlaufe eines solchen Astes werden jene Nester immer grösser, konfluieren untereinander, ihre Deckschicht aus nicht umgewandelten Zellen geht verloren und sie springen stärker ins Lumen vor, sodass es durch sie bereits eingeengt wird. Schliesslich ver- schwindet es vollständig und an Stelle der intraepithelialen Nester sowie des Wandbelags von umgewandelten Zellen ist ein Pflaster- epithel getreten, welches die betreffenden Äste vollständig ausfüllt (Abbildung 1 A, Tafel XXV). Dieses bleibt dann bis an das periphere Ende des Astes erhalten, der an jener Stelle spärliche Endsprossen trägt, die keinerlei Pflasterzellen aufweisen. Die Mächtigkeit des Pflasterepithellagers ist etwas vor dem Gangende am grössten; der Gang strotzt daselbst von Pflasterzellen, ist bedeutend aufgetrieben,. zeigt einen rundlichen Querschnitt und erreicht bisweilen einen Durchmesser über 0,42 mm, übertrifft also andere Äste, die keinerlei Pflasterepithel enthalten um ein Mehrfaches an Dicke. Die Zahl der Zellschichten ist eine sehr grosse, sodass gleichzeitig mit der Umwandlung auch eine Wucherung des Epithels stattgefunden haben muss. Die Zellen sind fest aneinandergefügt und auch im Zentrum findet man nur spärliche Degenerationserscheinungen. Während also in der Nähe des peripheren Endes eines solchen Ganges in seinem 424 Julius Schlachta: Innern keine Desquamation oder Lockerung der Pflasterzellen zu sehen ist, findet eine solche statt an jener weiter mündungs- wärts gelegenen Stelle, wo das den Gang ringsum auskleidende umgewandelte Epithel das Lumen nicht vollständig verdrängt (siehe Abbildung 1 A', Tafel XXV). Noch weiter zentralwärts liegt das Pflasterepithel nicht mehr frei, sondern intraepithelial und ist so vorläufig vor einer Desquamation geschützt. Obwohl eine solche an dieser Stelle nicht möglich ist, findet man doch im Lumen abgestossene Pflasterzellen. Ihre Zahl ist nicht sehr gross, sie liegen meist nur verstreut, nie in grösserer Menge beieinander und stammen von den im Gange höher oben gelegenen Desquamationsstellen. Auf eine früher in loco vorhanden gewesene und jetzt bereits zu Grunde gegangene Generation von Pflaster- zellen können sie nicht bezogen werden, da hierfür ihre Menge zu gering ist. Bisher haben wir vom Hauptgang des linken oberen Drüsen- lappens nur die vordersten Äste beschrieben. Diejenigen, welche nach rückwärts an sie anschliessen, zeigen ein ähnliches Verhalten, aber doch gewisse Abweichungen. In der Wand der Gänge treten ebenfalls intraepitheliale Nester von Pflasterzellen auf; diese verschliessen aber weiter oben, also peripherwärts, das Lumen nicht, da sie keine solche Dicke erreichen. Wohl geschieht dies aber in den jungen Gangknospen, die natürlich entsprechend klein sind. Untersuchen wir mehr nach rückwärts gerichtete Äste des Hauptganges, so finden wir an denselben, dass in ihnen Pflasterepithel überhaupt nicht auftritt, dass sie aber bis nahe ihrem peripheren Ende zerstreute abgestossene Pflasterzellen enthalten. Da man in diesen Ästen nirgendwo Pflasterepithel findet, können jene Zellen entweder rückläufig aus anderen Gängen mit umgewandeltem Epithel in dieselben hineingelangt sein oder sie stammen von einem an Ort, un. Stelle entstandenen Pilasterepithel, das bereits zu Grunde gegangen ist. An mehreren Gängen hat sicher das Letztere stattgefunden, da ihr Lumen fast vollständig mit einem Detritus angefüllt ist, der das Zerfalls- produkt von Pflasterzellen darstellt. Wichtig ist, dass diese Gänge im (regensatz zu den weiter vorne gelegenen viel reichlicher Endsprossen tragen. Es erübrigen von den Ästen des Hauptganges im linken Ober- lappen noch diejenigen, welche am stärksten nach rückwärts und oben Prostata und Mamma des Neugeborenen. 425 gerichtet sind. in fast allen Prostatae vom Neugeborenen sehen wir, dass die an homologer Stelle des Oberlappens gelegenen Äste ebenso wie in unserem Objekte Pflasterepithel enthalten, das bis an die Endsprossen heranreicht, sich in dieselben aber nicht fortpflanzt. Die betreffenden Zellager zeigen spärliche Degenerationserschein- ungen und rufen keine so bedeutende Auftreibung des Drüsen- ganges hervor, wie dies bei den mehr lateralwärts ziehenden Ästen des Hauptganges beschrieben wurde. Für die Kenntnis der Natur der Epithelumwandlung in der Prostata ist von Bedeutung, dass die symmetrisch zum Hauptgang des linken Öberlappens gelegenen Gangsysteme der anderen Seite, bezüglich der Verteilung der Pflasterzellen in allen beschriebenen Details die weitgehendste Symmetrie aufweisen. Fin Hauptgang ist im rechten Oberlappen nicht entwickelt, doch münden an der ihm ent- sprechenden Stelle drei Gänge sehr nahe beieinander und zeigen in ihrem peripheren Verhalten mit den Ästen des Hauptganges der anderen Seite solche Analogien, respektive eine solche Symmetrie, dass sie alle zusammen als dem letzteren korre- spondierend anzusehen sind. In etwas grösserer Höhe über der Utrikulusmündung ändert sich das Gesamtbild der beiden Oberlappen und wir sehen nun auf dem Querschnitte zahlreiche durch Pflasterepithel aufgetriebene Äste nach oben ziehen. Siehe Abbildung 4, Tafel XXV. Sie nehmen die mittleren Drüsenpartien ein, während an der Peripherie noch die Ausbreitungen des beschriebenen tiefer liegenden Hauptganges zu sehen sind. Wir greifen einen Gang der als typisch gelten kann, heraus, derselbe mündet 0,64 mm über dem Utriculus. Sein Mündungsstück zeigt, wie es dieser Drüsenzone zukommt, wieder ein Spaltenwerk an Stelle eines einheitlichen Lumens. Typisch ist ferner der Umstand, dass auch seine Äste, insbesondere diejenigen erster Ordnung, noch kein durchgängiges Lumen besitzen. Dieses besteht aus mehreren von einander durch Scheidewände getrennten Hohlräumen, die jedoch weiter sind (8—24 u.) als jene im Mündungsstück des Ausführungsganges. Sämtliche Äste höherer Ordnung enthalten Pflasterepithel und zwar tritt es in denjenigen, die weiter nach vorn liegen, nach ganz kurzem Verlauf, bei den weiter rückwärts gelegenen erst nahe ihrem Ende auf. Bei allen geschieht das Auftreten der Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 98 426 Julius Schlachta: Pflasterzellen ähnlich wie bei den oben beschriebenen vordersten, lateralen Ästen des Hauptganges im linken Oberlappen (siehe Seite 423). Wir wollen nun noch auf die Schleimhautdrüsen der hinteren Wand eingehen: diese sind in allen Stadien und Grössen von einfachen Knospen an bis zu entwickelteren Drüsen vorhanden und erreichen eine Länge von 0,75mm und mehr. Die meisten haben kein ausgebildetes Lumen; entweder findet man an Stelle desselben eine Reihe von Spalten und Cystchen oder ihr Inneres ist vollkommen von Pflasterepithel ausgefüllt und bisweilen finden sich auch beide Prozesse miteinander kombiniert. Das Pflaster- ephithel füllt oft die ganze Drüse aus und zeigt fast nie Degene- rationserscheinungen. Die genauere Lokalisation der Schleim- hautdrüsen ist für uns nicht von Bedeutung, sie finden sich an der hinteren Urethrälwand in ihrer oberen Hälfte bedeutend reich- licher als in der unteren. Vorderer Prostataring. Es sollen hier jene Drüsen in Betracht gezogen werden, die ihren Ursprung von der vorderen Urethralwand nehmen. Sie zeigen bezüglich des Vorkommens von Pflasterepithel die grösste Übereinstimmung mit denen des rückwärtigen Drüsen- ringes. Zu oberst finden wir ebenfalls kurze Schleimhautdrüsen mit Pflasterzellen. Die eigentlichen Drüsengänge entsenden Äste, die, wenn sie dem Urethrallumen näher liegen, von Pflasterzellen strotzen und nur wenig Endsprossen tragen, wenn sie weiter nach aussen gelegen sind, weniger PHlasterepithel enthalten und dafür mehr Endsprossen entwickelt haben. Das umgewandelte Epithel nimmt hierbei peripher an Masse zu, welche Zunahme genau so erfolgt, wie sie im rückwärtigen Prostataring an der Hand der Abbildung erläutert wurde. In einigen Drüsengängen, welche tiefunten münden, finden sich abgestossene geschrumpfte Kerne. Im hinteren Drüsenring waren sie bekanntlich auch nur am unteren Prostataende zu finden. Utriculus prostaticus und Urethra. Das Epithel des Utrieulus ist zum grössten Teile ein Pflaster- epithel, zum geringeren Teil ein geschichtetes kubisches Epithel. Das Lumen ist eng, spaltenförmig; die Drüsen des Utrieulus enthalten Pflasterzellen und erreichen nie eine so bedeutende Prostata und Mamma des Neugeborenen. 427 relative Grösse, wie dies beim vorigen Stadium der Fall war. Degenerierte abgestossene Pflasterzellen findet man nur an der ziemlich engen Mündungsstelle. Das umgewandelte Epithel des ganzen Komplexes stimmt mit dem der Prostatadrüsen voll- kommen überein. Das Epithel des oberen Abschnittes der Pars prostatica urethrae, das leicht als Übergangsepithel erkannt wird, zeigt gegenüber den Drüsenknospen nicht mehr jenen hervorstechenden Helligkeitsunterschied wie an den beiden jüngeren Stadien. Es ist etwas höher als das geschichtete zylindrische oder stellenweise kubische Epithel der unteren Urethralhälfte.. Das Vorkommen von Öystchen soll hier nicht weiter behandelt werden. Auf dem Collieulus seminalis erhebt sich oberhalb der Utrieulusmündung ein System hoher Schleimhautleisten und die ganze Gegend trägt ein sehr mächtiges Pflasterepithel, welches in seinem Aussehen von dem der Prostatadrüsen etwas abweicht. Siehe Abbildung 4, Tafel XXV. Sagittal-Serie IV. Kind 10. L.M. Die vorliegende Serie ist die interessanteste von allen untersuchten, da sie wie keine andere eine so ausgedehnte Epithelumwandlung zeigt und das umgewandelte Epithel gleich- zeitig derart gewuchert erscheint, dass man an einen patho- logischen Vorgang denken könnte, wenn nicht an anderen Objekten Drüsengänge vorhanden wären, die vermittelnde Übergangs- formen darstellen. In allen Drüsenteilen ist Pflasterepithel zu finden; im Oberlappen am reichlichsten, im Unterlappen und im vorderen Prostataring spärlicher (siehe Abbildung 5, Tafel XXVIJ). Seine Verteilung ist sehr annähernd eine symmetrische, in der rechten Drüsenhälfte prävaliert es etwas gegenüber der anderen Seite. Die Entwicklung von Endsprossen ist gegen andere Drüsen dieses Stadiums sehr im Rückstande, welche Tatsache zu der enormen Pflasterzellwucherung in Beziehung steht. Am vorigen Stadium liess sich nämlich konstatieren, dass jene Drüsengänge, welche eine so reichliche Bildung von Pflasterzellen aufwiesen, dass sie infolgedessen mächtig aufgetrieben waren und die übrigen an Dicke weit übertrafen, durchgehends nur wenig oder gar keine Endsprossen entwickelt hatten. In dieser Serie zeigen nun die Entwicklung von Pfiasterepithel und die Entwicklung 285* 428 Julius Schlachta: von Endsprossen sehr deutlich ein komplementäres Verhalten, denn die letztere ist im Oberlappen am spärlichsten, im Unter- lappen und im vorderen Drüsenring reichlicher und in der linken Prostatahälfte im allgemeinen etwas weiter fortgeschritten als in der rechten. Die Drüsen des Öberlappens zeigen folgendes Verhalten: Fast alle Ausführungsgänge enthalten in ihrer ganzen Länge ein mächtiges Pflasterzellenlager, das im Zentrum Desquamation zeigt. Dieselben sind weit, haben einen Durchmesser von 250 « und mehr, an der Mündungsstelle aber tritt ein plötzlicher Ver- schluss auf. Nur in wenigen Fällen tritt dieser Verschluss nicht ein, und ebenso selten geschieht es, dass im Ausführungsgang nur spärliche Pflasterzellen in Form intraepithelialer Nester ent- wickelt sind. Der Ausführungsgang nimmt peripherwärts an Dicke zu, ebenso wie seine Äste aller Ordnungen, wobei von den letzteren relativ kollossale Dimensionen erreicht werden, bis zu 0,74 mm und mehr (siehe auch die Abbildung 5, Tafel XXVJ). Fast alle Äste enthalten Pflasterepithel mit zentraler Desqua- mation, welche ebensoweit fortgeschritten erscheint, wie in den Mündungsstücken der Ausführungsgänge. Nur die Äste letzter Ordnung, also die jüngsten, zeigen keine solche. Man kann daher die Epithelumwandlung in allen Teilen einer Einzeldrüse mit Ausnahme ihrer allerjüngsten peripheren Äste als gleich alt ansehen, und dasselbe gilt bezüglich der verschiedenen Partien des Öberlappens, da das Pflasterepithel in allen Einzeldrüsen desselben das gleiche Stadium der Degeneration darbietet. Nur ausnahmsweise findet man im Oberlappen Gänge, in denen die Verteilung des umgewandelten Epithels ähnlich ist der am vorher- gehenden Objekt, indem in den Ästen intraepitheliale Nester auftreten, bis dann an der Peripherie das Pflasterzellenlager immer mächtiger wird und das Lumen schliesslich substituiert. Während an den übrigen Gangsystemen des Oberlappens die Endsprossen sehr spärlich entwickelt sind, finden wir dieselben gerade an jenen Ästen mit ausnahmsweise schwacher Pflaster- epithelentwicklung in reichlicherem Maße. Zu ergänzen ist noch, dass an zahlreichen Einzeldrüsen des Oberlappens in den Mündungs- stücken und in den Ästen erster Ordnung hie und da unter dem grossen Pflasterepithellager ganz kleine intraepitheliale Nester von Pflasterzellen auftreten. In jenen Fällen sind also an ein Prostata und Mamma des Neugeborenen. 429 und derselben Gangstelle zweierlei Pflasterzellen - Generationen vorhanden. Die Gangsysteme des Unterlappens sind in allen ihren Anteilen kleiner als die des Oberlappens; ihre Ausführungsgänge verhalten sich ebenso wie jene der oberen Drüsenpartien, die Äste höherer Ordnung hingegen enthalten weniger und stellen- weise gar kein Pflasterepithel und sind durch dasselbe niemals aufgetrieben. Sie tragen aber dafür viel reichlichere Endsprossen. Die Ausführungsgänge zeigen Bildungen, welche im Oberlappen an analoger Stelle seltener, am vorigen Objekte aber viel spär- licher waren. Wir wollen dieselben an der Hand der Abbildung 6 auf Tafel XXV erläutern. Das Pflasterepithel erscheint an einer Stelle von den basalen normalen Zellschichten abgehoben, sodass ein scharf begrenzter Spaltraum entsteht, der meist vollkommen leer erscheint. Er ist von variabler Grösse, sein längerer Durch- messer beträgt in der Regel etwa 50 «. Seine Grenze gegen das Ganginnere kann entweder durch die Pflasterzellen selbst gebildet werden oder aber von einer Schicht kubischen Epithels, auf welche dann erst Pflasterzellen folgen. Häufig sieht man, dass die ganze Bildung eine Vorbuchtung des äusseren Gang- konturs bedingt; ich glaube, dass es sich hier um ganz junge Gangknospen handelt, da sich Übergangsbilder zu solchen auf- finden lassen. Der vordere Drüsenring stimmt in seinem Verhalten voll- kommen mit der vorhergehenden Serie überein. Der Utriculus prostaticus zeigt grössere Dimensionen als an den bisherigen Objekten; er mündet bereits offen in die Urethra und zeigt ein weites Lumen. Das umgebende Binde- gewebe bildet mehr oder minder hohe Leisten (siehe Abbildung 5, Ut.), die namentlich im Fundus zur Divertikelbildung führen. Zwei Divertikel der vorderen Wand sind relativ sehr gross. Ausgekleidet ist der Utriculus von einem geschichteten Pflaster- epithel, das stellenweise eine Dicke von 0,5 mm erreicht und mit dem Pflasterepithel der Urethra histologisch voilkommen übereinstimmt. Die obersten Zellen sind platt und in Des- quamation begriffen; im Fundus liegt ein dem Lumen konform gestaltetes, etwas kleineres Konglomerat abgestossener Pflaster- zellen, die zum Teil fast unverändert, zum Teil etwas gequollen erscheinen. Deutlich unterschieden von den Divertikeln sind die 430 Julius Schlachta: drüsigen Ausstülpungen des Utriculus, die an der hinteren Wand bedeutend reichlicher sind als an der vorderen und ein Pflasterepithel enthalten, das mit dem der Prostatadrüsen voll- ständig übereinstimmt, aber niemals irgend welche Degenerationen zeigt, sondern das Drüseninnere ganz gleichmässig ausfüllt. Dieser Umstand spricht für ein geringeres Alter dieser Epithel- umwandlung, was mit der Tatsache übereinstimmt, dass die Utrieulusdrüsen erst spät zur Entwicklung gelangen. In der Urethra findet sich Pflasterepithel nur im Bereich der hinteren Wand; es ragt nach oben über die Mündung des Utriculus nur wenig hinaus, lässt sich aber nach unten durch die ganze Pars prostatica urethrae verfolgen. Schleimhautdrüsen sind nur sehr spärlich entwickelt und enthalten Pflasterepithel. Transversal-Serie V. Kind 10. L.M. Vorliegendes Objekt zeigt in der Verteilung der Pflaster- zellen grosse Ähnlichkeit mit der Drüse III, doch sind dieselben hier nicht so reichlich vorhanden, und es besteht eine Anzahl von Abweichungen. (sehen wir die Drüsenserie von unten nach aufwärts durch, so lässt sich konstatieren, dass die Gangsysteme unterhalb des Utrieulus durchgehends ein normal weites Lumen haben, und so weite Gänge und Äste, wie wir sie bei Objekt III fanden, hier niemals vorkommen: einzelne von ihnen besitzen Pflasterepithel. Dasselbe tritt am peripheren Ende des Ausführungsganges in Form von intraepithelialen Nestern auf und setzt sich von da in mehr oder minder zahlreiche Äste fort, ohne dass diese eine bedeutendere Auftreibung zeigen. Zwei sehr kurze Gänge von 0,74 mm und 0,99 mm Länge enthalten die Pflasterzellen nur an ihrem peripheren Ende; Äste fehlen ihnen, es handelt sich also um junge unentwickelte Einzeldrüsen. Die Gangsysteme, welche oberhalb des Utriceulus münden, zeigen bisweilen enge Ausführungsgänge mit perlschnurartiger also unvollkommener Lumenbildung, während diese weiter unten stets eine vollständige ist. Die Einzeldrüsen des Oberlappens enthalten zum Teil Pflasterepithel und schliessen sich diesbezüg- lich in den Details eng an Objekt III an. Hauptausführungsgänge sind nicht vorhanden, doch die Drüsen, welche ihnen der Lage nach entsprechen, verhalten sich so wie jene in Serie III: Die Prostata und Mamma des Neugeborenen. 431 Äste, welche am meisten nach rückwärts und oben ziehen, ent- halten an der Peripherie bis knapp an die Endsprossen heran Pflasterepithel. Die Gänge am oberen Prostataende entsenden wieder Äste nach oben, welche zuerst intraepitheliale, dann voll- kommen das Lumen verdrängende Pflasterzelllager enthalten, infolgedessen an ihrem oberen peripheren Ende bedeutend auf- getrieben sind und nur sehr wenige Endsprossen tragen. Die Schleimhautdrüsen des oberen Urethraiendes enthalten keinerlei Pflasterepithel. Vorderer Prostataring. Die Drüsengänge, welche Pflasterepithel enthalten, sind auch hier entsprechend seltener als im Objekt III. Es lässt sich konstatieren, dass sie im oberen Teile des vorderen Lappens häufiger sind und am unteren Ende desselben vollkommen fehlen. Abgestossene Kernmassen sind öfters zu finden, während sie in anderen Drüsenpartien nicht vorhanden sind. Der Utriculus prostaticus hat keinerlei Lumen, in- dem sein Inneres vollkommen von Pflasterepithel erfüllt ist, welches an der sehr engen Mündungsstelle hervorquillt und in die Urethra hineinragt. Divertikel fehlen, Drüsen sind spärlich entwickelt, klein, und nur die grössten unter ihnen enthalten Pflasterepithel. Die Schleimhaut der Urethra zeigt nirgends Pflasterepithei, auch nicht im Bereiche des Colliculus seminalis. Zum Schlusse sei bemerkt, dass die Verteilung der Pflaster- zellen in den beiden Drüsenhälften annähernd symmetrisch ist. Sagittal-Serie VI Kind 10. L.M. Wir können uns in der Beschreibung nun schon kürzer fassen. Die Drüse ist grösser und weiter entwickelt als die früheren und schliesst sich bezüglich der Verteilung des Pflaster- epithels ganz an die vorhergehende an. Dasselbe findet sich im Oberlappen in den obersten Gängen mässig reichlich, im Unterlappen fehlt es vollständig, und im vorderen Drüsenring sind nur einige Gänge damit ausgestattet. Die Gangsysteme, welche Pflasterepithel enthalten, haben spärlichere Endsprossen entwickelt. Der Utriculus ist mit Pflasterepithel ausgekleidet. Unterschiede in der Weite der Gangsysteme verschiedener Höhen lassen sich nicht konstatieren. 432 Julius Schlachta: Transversal-Serie VII. Kind 10 L.M. Die Drüse enthält sehr wenig Pflasterepithel, welches in jenen Partien derselben zu finden ist, die sonst reichlich Pflaster- zellen enthalten. Es ist im Öberlappen vorhanden, im Unter- Jappen und im vorderen Drüsenring fehlt es vollständig. Im Oberlappen findet es sich an einer bei zahlreichen Drüsen wieder- kehrenden Stelle, im medialen Anteil der Drüsenkuppe, die auch am Objekte V, III und II Pflasterzellen enthält, und in den aufwärts gerichteten obersten Gängen. Die letzteren sind jedoch durch die Zellen nicht besonders aufgetrieben, ihre Endsprossen sind etwas spärlicher entwickelt. Intraepitheliale Nester sind vorhanden, doch werden sie peripherwärts nicht grösser, sondern verschwinden. Die Schleimhautdrüsen der hinteren Urethral- wand bestehen zum Teil aus normalem Epithel, zum Teil ent- halten sie Pflasterzellen. Nur in diesen letzteren zeigt das Pflasterepithel ein junges Aussehen, während sonst überall Degeneration und Desquamation nachweisbar sind. Auch die Schleimhautdrüsen der vorderen Urethralwand zeigen eine Epithel- umwandlung, doch fehlt diese, wie schon erwähnt, in den Prostatadrüsen, welche der vorderen Harnröhrenwand zugehören. Das Vorkommen des Pflasterepithels ist ein symmetrisches, aber in der linken Drüsenhälfte ausgebreiteter als rechterseits. Die Drüsengänge der hinteren Wand zeigen nur soweit sie oberhalb oder in gleicher Höhe mit dem Utriculus münden, Neigung zu einer unvollkommenen Lumenbildung. Der Utriculus ist klein und von einem desquamierenden Pflasterepithel ausgekleidet, während das seiner Drüsen weniger Degeneration zeigt. Durch seine offene Mündung ragen die abgestossenen Pflasterzellen ins Urethrallumen hinein. Etwas oberhalb dieser Stelle zeigt die Schleimhaut des Collieulus seminalis ein von einem mächtigen Pflasterepitlel bedecktes System von Leisten, ganz ähnlich aber von geringerer Höhe als bei Objekt II. Sagittal-Serie VIII. Kind I! Monat alt. Da, wie schon anfangs erwähnt, die Stadien von Serie IX, also von einem Jahre ab, kein Pflasterepithel enthalten, muss man erwarten, am vorliegenden Objekt eine reichliche Dege- neration des umgewandelten Epithels zu finden. In der Tat Prostata und Mamma des Neugeborenen. 4353 weicht hier das Aussehen des Pflasterepithels von dem gewöhn- lichen ab, doch in anderer Art, als man erwarten sollte. An den vorhergehenden Objekten konnte man sich überzeugen, dass das letzte Degenerationsprodukt der Pflasterzellen ein Detritus ist, der sich mit Eosin mehr oder weniger intensiv färbt. In dieser Drüse findet man denselben sehr spärlich und die Zellen des Pflasterepithels zeigen fast nirgends Desquamation oder Quellung, die gewöhnlichen Degenerationszeichen, vielmehr erscheinen sie sehr klein, indem der Zellleib nicht viel grösser ist als der Kern. Auffällig ist auch, dass die Zellgrenzen schwächer hervortreten als sonst. Die vorherrschende Art der Degeneration besteht darin, dass im Pflasterepithel scharf begrenzte, rundliche Hohlräume auf- treten, die aus kleinen Körnchen bestehende Konkremente ent- halten. Diese Bildungen findet man an den übrigen Drüsen ebenfalls, doch nicht so ausschliesslich, wie in unserem Falle. Das veränderte Aussehen der Pflasterzellen wird im histologischen Teile noch ausführlich besprochen werden. Das Pflasterepithel findet sich im Oberlappen und in den mittleren Drüsenpartien und auch im vorderen Prostataring. Überall dort ist es nur spärlich vorhanden und führt niemals zu einer Auftreibung der Gänge. Am Colliculus seminalis weicht es in seinem Aussehen viel weniger von der Norm ab als das der Prostatadrüsen, indem seine Zellen grösser sind. Die Transversal-Serie IX. Knabe 1 Jahr alt, Sagittal- Serie X. Knabe 3!/s Jahre alt und die Transversal- Serie XI. Knabe 12!/: Jahre alt können wir zusammen behandeln. Keine dieser Drüsen zeigt an irgend einer Stelle Pflasterepithel, sondern wir finden nur sehr spärliche abgestossene Zellen, die Pflasterzellen ähnlich sind. Sie liegen stets in ganz kleinen Gruppen im Lumen von Gängen der verschiedensten Ordnungen. Ihre Form ist rundlich oder polygonal und ihre Grösse etwas geringer als die der gewöhnlichen abgestossenen Pflasterzellen des Neugeborenen. Die Zellgrenze ist nicht wie dort durch eine scharf hervortretende Membran gegeben und das Protoplasma tritt deutlicher hervor, indem der Zellleib weniger durchsichtig und homogen erscheint und sowohl mit Hämatoxylin als auch mit Eosin etwas stärker 434 Julius Schlachta: färbbar ist. Diese Elemente halte ich auf Grund der von Stilling (19) gegebenen Abbildung 13, Taf. II und Beschreibung für identisch mit seinen „grossen Zellen“. Sie finden sich auch in der Drüse des Neugeborenen, doch ebenso selten. Über ihre Entstehungsweise siehe Seite 407 dieser Arbeit. „Zwischen den zylindrischen Epithelien“ hingegen konnte ich sie an postembryo- nalen Stadien, und solche meint offenbar Stilling, niemals tinden. Der Autor spricht stets von kindlichen Drüsen ohne nähere Altersangabe, sagt aber vorher, dass die Entstehung der Konkremente aus den vergrösserten Zellen mit dem postembryo- nalen Drüsenwachstum zusammenhänge. Jene Konkremente mit den umgebenden radiär gestellten Zellen in den jungen Ästen, wie sie Stilling in Fig. 12, Tafel.II seiner Arbeit. abbildet, habe ich leider weder bei jüngeren noch bei älteren Kindern sehen können. Ich glaube nicht, dass sie unseren Üysten entsprechen, da diese Ähnlich aussehenden Gebilde in den Prostata- schläuchen zwar vorkommen, aber gerade in den von Stilling gemeinten jüngsten Drüsenabschnitten ausserordentlich selten sind. Überdies zeigt der Inhalt einer solchen Cyste bei den gewöhnlichen Konservierungsmethoden niemals eine konzentrische Schichtung, sondern ein colloidartiges Aussehen. Sonst ist bezüglich der drei letzten Stadien noch zu bemerken: „Einzelne Ausführungsgänge in der Mündungshöhe des Utriculus haben zwar ein entwickeltes Lumen, dasselbe zeigt jedoch zahlreiche kleinere rundliche Buchten. Offenbar sind diese Verhältnisse Überreste der fötalen Zustände. Wie wir an den Drüsen vom 10. Lunarmonat jenes Verhalten nicht immer kon- statieren konnten, so fehlt es auch in der Prostata IX vom ein- jährigen Kinde. Die Zahl der Zellschichten in den Ausführungs- gängen hat beim 12'/sjährigen Knaben bedeutend zugenommen und die oberflächlichste Lage besteht durchgehends aus zylin- drischen Elementen. Der Utriculus prostaticus und der Colliculus seminalis zeigen ebensolches Epithel, die Pflasterzellen sind voll- kommen verschwunden. II. Zusammenfassung und Folgerungen. Das Pflasterepithel kommt bei Föten und Neugeborenen in den prostatischen Drüsen physiologisch und fast konstant vor, In den Prostataschläuchen kann es bereits im Beginn des Prostata und Mamma des Neugeborenen. 435 achten Lunarmonats vorhanden sein, im Utriculus aber noch viel früher, denn Pallin (15) sah schon im 4. Monat die Zellen desselben blasig verändert. Das Pflasterepithel zeigt in der Prostata eine typische immer wiederkehrende und zwar symmetrische Lokalisation, doch ist die Zahl der mit demselben ausgekleideten Gänge eine variable. Es gibt Drüsenpartien, in welchen das umgewandelte Epithel, falls es überhaupt vorhanden, nie fehlt, andererseits Stellen, an denen es nur bei reichlicherem Vorkommen zu finden ist. Jene Gegend des konstanten Auftretens ist der Oberlappen, nämlich mehr oder minder zahlreiche Gangsysteme, welche etwas oberhalb der Utrieulusöfifnung in die Urethra münden. Im Unterlappen hingegen tritt es nur bei stärkerer allgemeiner Pflasterepithel- entwicklung auf und auch dann nie in solchem Maße, wie im Oberlappen. Die begleitende Epithelwucherung ist in den unteren Drüsenpartien stets schwächer, denn jene Gänge, welche Pflaster- zellen enthalten, sind durch dieselben nie so mächtig kolben- förmig aufgetrieben, wie dies in den höher gelegenen Gang- systemen so häufig der Fall ist. Der vordere Drüsenring zeigte, wenigstens an den Serien- objekten, nur ein einziges Mal kein Pflasterepithel in den eigent- lichen prostatischen Drüsen, während in der übrigen Prostata ein solches vorhanden war. Sonst gilt hier das Gleiche wie für den rückwärtigen Halbring, die Bevorzugung der oberen Partien gegenüber den unteren, doch sind die Pflasterzellenlager selten so mächtig, wie in der hinteren Prostatahälfte. Die Symmetrie der Epithelumwandlung besteht darin, dass diese stets in beiden Drüsenhälften auftritt und zwar in annähernd gleicher Lokalisation, Häufigkeit und Ausdehnung. Wir wenden uns nun zu den Verhältnissen in den Einzel- drüsen selbst. Die Lokalisation und Menge des Pflasterepithels in denselben ist abhängig von der Länge und dem Charakter des betreffenden Gangsystems, von seiner Lage in der Prostata und vom Charakter der Epithelumwandlung überhaupt. Die Urethraldrüsen sind ganz kurze und wenig oder gar nicht ver- zweigte Gänge, welche häufig, doch nicht immer in ihrer ganzen Ausdehnung von Pflasterepithel ausgekleidet sind. Kürzere prostatische Einzeldrüsen, die aber ziemlich selten sind, können sich ebenso verhalten, während diejenigen von mittlerer und 436 Julius Schlachta: grösserer Länge niemals eine solche Beschaffenheit zeigen, aus- genommen die Epithelumwandlung ist in der ganzen Prostata eine ausserordentlich reichliche. Einen solchen Fall stellt Serie IV dar. In den übrigen Prostatae aber verhalten sich die grösseren Einzeldrüsen des Oberlappens in der Weise, dass das Mündungs- stück des Ausführungsganges fast immer von Pflasterzellen frei bleibt; erst dort, wo sich der Ausführungsgang zur Abgabe von Ästen anschickt, also an seinem peripheren Ende, tritt umge- wandeltes Epithel und zwar häufig in Form intraepithelialer Nester auf. Auch die nun folgenden Anfangsteile der Äste erster Ordnung verhalten sich in dieser Weise. Die intraepithelialen Lager werden peripherwärts grösser, und schliesslich tritt an ihrer Stelle ein Wandbelag von Pflasterepithel auf, der das Lumen mehr oder minder vollständig verdrängt. In zahlreichen anderen Fällen findet man jedoch die Pflasterzellen in der Einzeldrüse nirgends intraepithelial gelegen, sondern überall nur als Wand- belag. Das Pflasterepithel kann bis in die Äste letzter Ordnung reichen, fehlt aber inden Endsprossen. Häufig ist im Ausführungs- gang gar kein umgewandeltes Epithel vorhanden und es tritt dasselbe erst in den Ästen niederer Ordnung auf. Die oberen Gangsysteme des vorderen Drüsenringes ver- halten sich ganz analog. Die Einzeldrüsen des Unterlappens (rückwärtiger Drüsen- ring) können in allen ihren Anteilen mehr oder minder zahlreiche intraepitheliale und auch freie Lager von Pflasterepithel auf- weisen, wobei keine andere Gesetzmässigkeit besteht als die, dass die Mündungsstücke der Ausführungsgänge meist völlig verschont bleiben. An der besondere Verhältnisse darbietenden Serie IV reicht aber das Pflasterepithel von der Mündung an bis in die Äste höherer Ordnung. Wir werden uns nun über die zeitlichen Verhältnisse des Auftretens der Epithelumwandlung in der Prostata überhaupt und in den Einzeldrüsen Rechenschaft zu geben suchen. Am Fötus von 38 em Länge zeigen die Pilasterzelllager im wesent- lichen dieselbe Verteilung wie am Ende der Fötalzeit, sodass für die Annahme besonderer zeitlicher Unterschiede für das Auf- treten der Pflasterzellen in den verschiedenen Drüsengegenden keine zwingenden Gründe vorliegen. Doch lässt es sich nicht ausschliessen und ist sogar wahrscheinlich, dass nach dem ersteren Prostata und Mamma des Neugeborenen. 457 reichlicheren Auftreten von Pflasterepithel in der späteren Fötal- periode immer noch Nachschübe folgen. Die Möglichkeit dessen beweisen jene Fälle, wo unter dem oberflächlichen älteren Pflasterzellenlager junge intraepitheliale Nester umgewandelter Zellen liegen, also zwei verschieden alte Generationen im selben Gang vorhanden sind. Ferner geht aus der Beschreibung der Serie II hervor, dass die Verteilung des Pflasterepithels auch in den Einzeldrüsen dieselbe ist wie beim Neugeborenen. Grobe zeitliche Differenzen sind also auch hier ausgeschlossen. Wenn wir aber am Ende des Fötallebens so häufig sehen, dass die mittleren und längeren Gangsysteme an der Peripherie mächtige, das Lumen vollkommen verdrängende Lager von Pflasterzellen enthalten, die zentralwärts immer kleiner werden und nahe dem Ausführungs- gang oder in diesem selbst nur mehr durch ganz kleine intra- epitheliale Nester vertreten sind, so drängt sich die Annahme auf, dass die Lager an der Peripherie des Gangsystems älter sind als die mehr zentral gelegenen. Am ältesten ist aber der Umwandlungsprozess etwas zentral von der Peripherie an der Stelle der stärksten Auftreibung der betreffenden Gänge, denn die Äste letzter Ordnung, welche die jüngsten sind, haben ein ganz junges Pflasterepithel, das sich von den etwas weiter zentral lieg- enden also älteren Partien des Gangsystems her fortgepflanzt hat. Dass ein solches Übergreifen per continuitatem auf benachbarte junge Gangknospen wirklich stattfindet, davon kann man sich an solchen Gangteilen überzeugen, die nur stellenweise umgewandeltes Epithel tragen. Bei diesen sieht man nun, dass meist nur diejenigen jungen Gangknospen Pflasterzellen enthalten, die im Bereiche jener Zonen mit erfolgter Epithelumwandlung liegen. Wir gelangen also zu dem Schlusse, dass in manchen Fällen das Pflasterepithel in einem grösseren Teil eines Gangsystems auf einmal auftreten kann, in anderen Fällen aber etwas vor der Peripherie der betreffenden Einzeldrüse zuerst auftaucht, um sich von da einerseits peripherwärts in die später entstehenden Jungen Gangknospen, andererseits zentralwärts in die Äste niederer Ordnung und eventuell bis in das periphere Ende des Aus- führungsganges fortzusetzen. Es können aber auch unabhängig von dieser Fortpflanzung überall mit Ausnahme des Mündungsstückes des Ausführungsganges isolierte junge Pflasterzelllager entstehen. 4535 Julius Schlachta: Die Altersbestimmung einer Epithelumwandlung geschieht durch Berücksichtigung des Stadiums der Degeneration des be- treffenden Pflasterepithels und seiner Schichtdicke. Es zeigt sich nun tatsächlich, dass falls Altersveränderungen des umgewandelten Epithels, Lockerung, Desquamation und Degeneration der Zellen überhaupt vorhanden sind, diese etwas vor dem peripheren Ende, an den weitesten Stellen der Gänge, also dort, wo das Pflaster- epithel am stärksten gewuchert ist und wir es für das älteste halten, am meisten vorgeschritten erscheinen. Andererseits sieht man aber auch in mehr zentral gelegenen Gangteilen eine Des- quamation, nämlich an der Stelle, wo das umgewandelte Epithel das Lumen nicht mehr vollständig ausfüllt. Hier ‚desquamiert aber das Epithel, obwohl es jünger ist als das peripher an- schliessende deshalb, weil es eine freie Oberfläche darbietet, die natürlich zur Desquamation besonders neigt. An Objekt IV zeigt das Pflasterepithel in allen Teilen der Einzeldrüsen denselben Grad von Desquamation, da es wahr- scheinlich, ähnlich wie es sonst in den kurzen Urethraldrüsen der Fall ist, in toto gleichzeitig entstand. Wichtig ist die Tatsache, dass die Ausbreitung der Epithel- umwandlung in Beziehung steht zur Entwicklung von Endsprossen. Dies tritt sowohl beim Vergleich der. verschiedenen Prostatae untereinander, als auch der Einzeldrüsen desselben Objektes hervor, und es wurde im Laufe der früheren Beschreibung stets darauf hingewiesen, dass jene beiden Faktoren ein komplementäres Verhalten zeigen. Es scheint also, dass die Epithelumwandlung ein Hindernis für die weitere Drüsenentwicklung darstellt, und die von ihr betroffenen Gangsysteme vorläufig gegenüber den anderen zurückbleiben. Wenn man an der oben gegebenen Definition der End- sprossen festhält (siehe Seite 418), so findet man diese Gebilde vom Pflasterepithel fast immer verschont, im Gegensatz zu den jungen Ganeknospen. Aus dieser Tatsache darf aber nicht der Schluss gezogen werden, dass das für die künftige Sekretion bestimmte Epithel sich nur selten umwandelt, denn in der ent- wickelten Prostata sind alle peripheren Teile des Einzel-Gang- systems funktionell einander gleichwertig, also sezernierend, und beim Neugeborenen zeigt eben ein grosser Teil dieses Sekretions- Prostata und Mamma des Neugeborenen. 45) gebietes, nämlich der vor den Endsprossen gelegene, eine aus- gedehnte Umwandlung in Pflasterepithel. Bezüglich des Auftretens von Pflasterepithel im Utriculus ist zu bemerken, dass dieses an sämtlichen Objekten von Föten und Neugeborenen zu finden war. Drüsen sind bereits ent- wickelt und enthalten ebenfalls Pflasterzellen, die mit denen der prostatischen Gänge vollständig übereinstimmen. Dass die Umwandlung des Epithels sowohl in der Urethra als auch in den prostatischen Drüsen und im Utriculus auftritt. und die so entstehenden Epithelien miteinander weitgehend überein- stimmen. drückt den genannten Epithelarten den Stempel der engsten Zusammengehörigkeit und Verwandtschaft auf. Aus dem histologischen Teil der Beschreibung werden sich noch weitere Übereinstimmungen ergeben. Mehrere Male wurde gefunden, dass die Ausführungsgänge, welche in der Ebene der Utriculusöffnung oder höher oben münden, sich durch besondere Enge auszeichnen und zweimal, nämlich beim Fötus von 31 cm Länge und einem neugeborenen Kinde (Serie III). dass sie sogar noch verschlossen sind und sich im Stadium der Lumenbildung befinden. Wir haben auch gezeigt, dass in ihnen bisher keinerlei nennenswerte Sekretion stattgefunden haben kann. Bei zahlreichen Gangsystemen im Oberlappen der zweiten Drüse erstreckt sich die unvollkommene Lumenbildung bis in die Äste erster und zweiter Ordnung. Es kann also bei manchen Einzeldrüsen der Prostata das Lumen ähnlich gebildet werden wie in den Speicheldrüsen, indem die Aushöhlung mitten im Gangsystem beginnt und von da nach beiden Seiten zentral- und peripherwärts fortschreitet. Andererseitssahen wir, dass die tiefer gelegenen Ausführungs- gänge manchmal relativ weit sind, und in den zwei letzt er- wähnten Objekten hatten auch die peripheren Äste dieser Zone ein kollossal weites Lumen, was durch ein aussergewöhnlich be- deutendes Wachstum zustande kam. Jene grossen und ganz dünn ausgezogenen Scheidewände, wie sie Abbildung 3, Tafel XXV. zeigt, entstehen, wenn die in der Lumenbildung begriffene Drüsen- partie gleichzeitig rasch wächst Die Spuren der bereits erfolgten Lumenbildung sind bisweilen in Form eines guirlandenförmigen Gangkonturs noch erhalten (Abbildung 2, TafelXXV). Wenn man die uns zur Verfügung stehenden jüngsten Stadien, Anfang des 40 Julius Schlachta: siebten und achten Lunarmonats mit der Prostata des Neu- geborenen vergleicht und die inzwischen erfolgten Veränderungen ins Auge fasst, so ergibt sich, dass der Haupteffekt der fötalen Entwicklung in der Bildung des Astwerkes besteht. Die übrige Ausgestaltung, insbesondere die weitere Entwicklung der End- kammern und die morphologische Annäherung an die geschlechts- reife Prostata bleibt fast vollständig der postfötalen Entwicklung vorbehalten. Doch auch die Sprossung des Astwerkes wird im intrauterinen Leben nicht beendigt, denn es gelang, relativ kurze Gänge zu finden, welche keine Urethraldrüsen waren und keine Spur einer Verästelung zeigten. In manchen Gangsystemen, doch ziemlich selten, fanden wir grössere und dichte Haufen abgestossener, gewöhnlicher, nicht umgewandelter Epithelzellen, sodass bisweilen eine Des- quamation auch. des normalen Epithels stattzufinden scheint. Wie aus der im vorhergehenden Abschnitt gegebenen Beschreibung hervorgeht, unterscheiden sich diese Elemente sehr wesentlich von den von Stilling erwähnten und auch von mir gesehenen, etwas gequollen aussehenden „grossen Zellen.“ III. Histologisches. Die Zellen des Pflasterepithels in den Prostatagängen zeigen je nach ihrem Alter und je nach den mechanischen Bedingungen für ihr Wachstum ein anderes Verhalten bezüglich Grösse und Form. Ihre Jugendstadien finden wir in den kleinen intra- epithelialen Nestern, in jungen Ästen oder an der Peripherie älterer Gänge, welche Pflasterepithel enthalten. Im Zentrum eines Astes oder in einem intraepithelialen Lager (Abbildung 1. iN, Tafel XXV) ist ihre Gestalt eine rundliche oder polyedrische, an der Astperipherie hingegen eine mehr plattgedrückte (Abbildung 1. A) und ihr grösster Durchmesser schwankt um 10 bis 12 4. Der Kern der jungen Pflasterzellen zeigt eine länglich ovale Form mit einem längeren Durchmesser von ungefähr S « und einem ziemlich dichten Chromatinnetz. Das Protoplasma ist sehr spärlich und erscheint bei den verschiedensten Fixierungen als ein zartes, undeutliches, mit Eosin rot gefärbtes Maschenwerk. An jungen aber bereits etwas grösseren Elementen sieht man bisweilen um den Kern eine besonders helle Zone. Ältere Zellen, die sich noch im gegenseitigen Verbande befinden, haben wir im Prostata und Mamma des Neugeborenen. 441 Innern der Gänge stärkeren Kalibers wie in Abbildung 20. B, C, Tafel XXVI. Sie zeigen ebenfalls eine rundliche oder polyedrische Form und nur in den mit Pflasterepithel prall gefüllten Ästen er- scheinen sie nahe der Randzone etwas mehr platt. Indem nach aussen von ihnen noch jüngere und die jüngsten Zellen folgen, die zum Teil stärker plattgedrückt sind, gewinnt das Pflasterepithel das Aussehen einer konzentrisch geschichteten Zellmasse. Der grösste Durchmesser der vollentwickelten Elemente schwankt zwischen 10—20 «; ihr Kern ist bisweilen etwas geschrumpft, liegt der Zellenwand meist dicht an und das Protoplasma ist noch spärlicher als an den jüngeren Zellstadien, wodurch die Zelle hell und durch- sichtig erscheint, so wie die Abbildungen es wiedergeben. Sehr charakteristisch für die vollentwickelten Pflasterzellen ist die starke Zellmembran, die an den jüngsten Elementen etwas weniger massiv ist aber doch deutlich hervortritt. An den ersteren erreicht sie durschnittlich eine Dieke von 0.6 « und ist bei An- wendung von Hämatoxylin-Eosin graurötlich gefärbt. Bei Formol- oder Alkoholfixation und Färbung mit Löffler’schem Methylen- blau oder mit wässeriger Toluidinblaulösung ist dieselbe nur schwach blau gefärbt und an Van Gieson-Präparaten nimmt sie nur die Pikrinsäure an, wobei man deutlich ihr starkes Licht- brechungsvermögen erkennt. Eine Verhornung liess sich nicht nachweisen. Mit Mucikarmin nach vorausgegangener Formol-, Sublimat- oder Alkoholfixation färbt sie sich schwach aber deutlich rot. Es liegt jedoch hierbei keine Schleimreaktion vor, wie man sich bei Anwendung einer wässerigen Thionin- oder Toluidinblau- lösung überzeugen kann. Bisweilen sieht man, dass der Zell- membran eine schmale Protoplasmaschicht anhaftet, die etwas kompakter ist als das erwähnte Maschenwerk. Wir betrachten nun den Zellinhalt. Ein geringer Teil der Pilasterzellen enthält Schleim; dieselben befinden sich noch im allgemeinen Zellverbande, sind also noch nicht desquamiert und bevorzugen entschieden die oberflächliche Schichte, welche das Lumen begrenzt. (Abbildung 7, Tafel XXV). Bei Anwendung von wässeriger Toluidinblaulösung oder von Mucikarmin gewahrt man in einer solchen Pflasterzelle ausser dem Kern sehr zahl- reiche dicht beieinanderliegende Granula, welche eine intensive Mucinreaktion zeigen. Von diesen Schleim führenden Zellen wohl zu unterscheiden sind Hohlräume, die bisweilen die Grösse Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 29 442 Julius Schlachta: einer Pflasterzelle kaum überschreiten, meist aber grösser sind, von der Umgebung durch einen runden scharfen Kontur sich abgrenzen und in ihrem Innern einen Mucinartigen Detritus ent- halten, in welchem ein Kern sehr häufig nicht mehr erkennbar ist. Im letzteren Fall handelt es sich um einen Degenerations- vorgang, in dem früher beschriebenen aber um eine echte Sekretion. Die umgewandelten Zellen erscheinen bei den gewöhnlichen Fixierungen und Färbungen, sofern sie nicht, wie noch später erörtert werden wird, zu sehr degeneriert sind, fast vollkommen hell und durchsichtig. Dies musste, da die vorgenommene Fett- reaktion ein negatives Resultat ergab und das ganz ähnliche Pflasterepithel der kindlichen Vagina Glykogen enthält, den Ge- danken nahe legen, dass hier dasselbe vorliegen könnte. Die Vermutung bestätigte sich auch vollkommen. Es zeigte sich, dass in den prostatischen Drüsen die nicht allzu jugendlichen Ptlasterzellen, ferner die vollentwickelten und von den zugrunde gehenden diejenigen, welche noch nicht zu sehr degeneriert sind, Glykogen in Tropfenform enthalten. Das zylindrische, nicht um- gewandelte Drüsenepithel ist davon frei. Betrachten wir nun einen Gangquerschnitt, wie in Ab- bildung 8, Tafel XXV, so sehen wir, dass die untersten Zell- schichten kein Glykogen enthalten. In den folgenden konzentrisch geschichteten Lagen, welche die sich entwickelnden Pflasterzellen enthalten, tritt es in den Zellen in Form von kleinen Tröpfchen auf, die gewöhnlich einen Durchmesser von 3—4 u haben bis- weilen aber noch viel kleiner sind. Weiter gegen das Lumen zu werden die Glykogenkugeln grösser und erreichen einen Durchmesser bis zu 14 u. Die betreffenden Zellen können ausser dieser grossen Masse bisweilen noch einzelne kleinere Tröpfehen enthalten. Das Protoplasma ist bisweilen, doch nicht immer als ein schmaler, der Wand anliegender Saum sichtbar, welcher den Kern enthält. Beide Gebilde treten durch ihr stärkeres Licht- brechungsvermögen deutlich hervor; der zwischen den Glykogen- kugeln gelegene Zellraum erscheint vollkommen homogen und nur schwach lichtbrechend. Die desquamierten Zellen im Lumen des Ganges verhalten sich gleich den oben beschriebenen oder sie enthalten zahlreiche kleinere Glykogentröpfchen oder sie zeigen die Reaktion überhaupt nicht. In den Pflaster- Prostata und Mamma des Neugeborenen. 445 zellen .der jungen Drüsenknospen der Urethralschleimhaut findet sich das Glykogen in Form von Halbmonden, die in der dem Stroma zugekehrten Zellhälfte liegen, wie dies bereits für geschichtete Epithelien bekannt ist. Da an den auf Glykogen untersuchten Objekten die Urethra nirgends Pflasterepithel trägt, kann ich über dessen Glykogengehalt nichts Bestimmtes aussagen, doch ist dieser wegen der grossen Ähnlichkeit der Zellen mit den Pflasterzellen der Prostatadrüsen höchst wahrscheinlich. Auch das umgewandelte Epithel des Utriculus enthält Glykogen in Tropfenform. Bisher haben wir uns mit dem jungen und auf voller Ent- wicklungshöhe stehenden Pflasterepithel beschäftigt und kommen jetzt zu den Vorgängen bei der Desquamation und Degeneration desselben. Die abgestossenen Pflasterzellen zeigen je nachdem sie einzeln oder in Klumpen abgestossen wurden ein verschiedenes Verhalten. Im ersteren Fall, mit welchem wir uns zuerst be- schäftigen wollen, sind sie stets rundlich, haben einen Durch- messer von 10—20 u und liegen verstreut im Lumen (siehe Abbildung 9, Tafel XXV). Ihre Membran ist entweder gut erhalten, dann scheint das Protoplasma zu fehlen oder es ist als schmaler Wandbelag vorhanden; mit Mucikarmin und Eosin tritt keine Färbung der Zelle ein. Diese abgestossenen Elemente stimmen also mit den noch im Epithelverbande befindlichen vollkommen überein und sind daher unter den desquamierten Zellen als die jüngsten aufzufassen. Oder aber die Membran ist mehr minder geschwunden (Abbildung 9 b), wobei das Plasma stets als körnige, sowohl mit Eosin als auch mit Mucikarmin schwach färbbare Masse, das Innere der Zelle bis auf einige Vakuolen vollständig ausfüllt. Diese Gattung desquamierter Pflasterzellen weicht also in ihrer Beschaffenheit von der normalen Pfiasterzelle bereits wesentlich ab und ist daher älter als die vorher be- schriebene Form, die noch mit einer Membran versehen ist. Der Kern liegt bei der ersteren Gattung sehr oft platt der Zellwand an, im letzteren häufiger in der Mitte und ist bisweilen stark geschrumpft, manchmal aber gequollen. Die Zellen ohne deutliche Membran sind anderen Formen sehr ähnlich, die als unmittel- bares Vorstadium des Detritus aufzufassen sind, welcher sich in zahlreichen Gängen der meisten pflasterzellenhaltigen Prostatae findet. Diese Zerfallsformen haben die gleiche Gestalt und 29* 444 Julius Schlachta: Grösse wie jene membranlosen Zellen, aber ihr Kern ist bereits nekrotisch geworden und färbt sich nur mit Eosin, nicht mehr mit Hämatoxylin. Die Färbbarkeit des Zellleibes mit Eosin hat noch zugenommen, Vakuolen sind nicht mehr zu sehen. Schliess- lich werden diese Elemente zu rundlichen Klumpen, die teils zerfallen, teils miteinander verschmelzen, aber ihre Färbbarkeit noch eine Zeit lang bewahren. Später wird der Detritus wahr- scheinlich vertlüssigt. Man findet ihn in Gängen die Pflasterepithel tragen, doch auch in solchen ohne dasselbe. Dass in diesen Fällen die vorhandenen Zerfallmassen doch von zugrunde gegangenem Pflasterepithel stammen, geht daraus hervor, dass stellenweise einzelne abgestossene Pflasterzellen eingestreut sind, die alle möglichen Stadien des Zerfalles bis zum Detritus darstellen. In den Gängen wo die desquamierten Pflasterzellen einzeln verstreut im Lumen liegen findet man, allerdings selten, unter den anderen grössere freie Zellen mit einem Durchmesser bis zu 37 « (siehe Abbildung 9. c), welche einer Membran entbehren und 2 bis 3 Kerne enthalten, die bisweilen, doch nicht immer nahe bei- einander liegen. Ihr Protoplasma verhält sich ebenso wie das der gewöhnlichen membranlosen abgestossenen Pflasterzellen. Über die Ursache ihrer Mehrkernigkeit lässt sich schwer etwas Sicheres angeben; unwahrscheinlich ist es, dass jene Zellen aus Elementen hervorgegangen sind, die, als sie sich noch im gegen- seitigen Verbande befanden, mehrkernig waren, da sich solche nicht auffinden lassen. Eine Fragmentation liegt nicht vor, da ja bei einer solchen der Kern in kleinere Stücke zerfällt, hier aber haben wir Kerne, die mit denen der übrigen abgestossenen Pflasterzellen bezüglich Grösse und sonstigen Verhaltens vollkommen übereinstimmen. Am wahrscheinlichsten ist die Annahme, dass mehrere einkernige Zellen zu einer grösseren verschmolzen sind. Dafür spricht vor allem die Tatsache, dass, wie weiter unten beschrieben werden soll, in abge- stossenen Pflasterepithelklumpen solche Verschmelzungen zweifellos vorkommen; ferner kommt dazu die Kugelgestalt, die Tropfen- form der Zellen. Aus dieser geht hervor, dass die kleinsten Teilchen der Zellmasse sehr leicht gegeneinander verschieblich sind wie in einem Flüssigkeitstropfen und daher jene Zellen ebenso wie die letzteren leicht miteinander verschmelzen können. Prostata und Mamma des Neugeborenen. 445 Die Pflasterzellen werden jedoch auch in grösserer Menge auf einmal abgestossen, so dass ein Teil früheren Pflasterepithels mitten im Lumen liegt oder an einer Stelle mit dem Pflaster- epithel der Wand noch zusammenhängt.') Oder aber es degene- rieren die oberflächlichen Zellmassen in grösserer Ausdehnung auf einmal, ohne zunächst den Zusammenhang mit den tieferen aufzugeben. Den angeführten Fällen ist gemeinsam, dass die degenerierenden Zellen ihren gegenseitigen Zusammenhang nicht aufgeben sondern beibehalten, im Gegensatz zu dem bisher er- örterten Desquamationsvorgang. Die histologischen Details der beiden Prozesse sind im wesentlichen dieselben, es sind jedoch gewisse Unterschiede zu konstatieren. Die Zellen der degene- rierenden Epithelklumpen quellen in mancher Prostata etwas und haben dann eine mehr oder minder unregelmässige polyedrische Form. Ihre Membran wird dünner, undeutlicher und umschliesst eine Masse, die zahlreiche Vakuolen enthält, mit Eosin und Mucikarmin schwach färbbar ist, also mit der Inhaltsmasse der einzeln abgestossenen Pflasterzellen vollkommen übereinstimmt. (Siehe Abbildung 10, Tafel XXV). Abweichend ist nur, dass die Zellkerne öfter einer Fragmentation unterworfen sind, wobei die Teilstücke ganz nahe beieinander liegen und entsprechend kleiner sind als ein normaler Kern. Häufig kommt es zu Verschmelzungen benachbarter Zellen; die Membranen werden undeutlich und schwinden schliesslich vollständig bis auf eine äussere Grenz- membran, welche die ganze Masse umschliesst und sich manchmal rundherum verfolgen lässt, bisweilen aber rudimentär bleibt. Der Inhalt zeigt genau dasselbe Verhalten wie das Protoplasma derjenigen Zellen, deren Membran noch nicht geschwunden ist und weist der Grösse des Verschmelzungsgebietes entsprechend mehrere Kerne auf, die entweder regellos verstreut sind oder aber nahe der Mitte dicht beieinander liegen wie Abbildung 11 auf Tafel XXV es wiedergibt. Ein solches Gebilde stellt dann eine epitheliale Riesenzelle dar; ein analoger Vorgang ist von v. Ebner (9) im Harnröhrenepithel des Menschen beschrieben. Die Kerne zeigen in unserem Fall die normale Grösse; es kann sich also nicht um eine Fragmentation handeln, und ihre zentrale Lagerung ist wahrscheinlich durch gewisse Gleichgewichtsver- ‘) Ein Artefakt liest hiebei nicht vor. 446 Julius Schlachta: hältnisse bedingt. Nicht alle Individuen eines degenerierenden Epithelklumpens nehmen an dem Vorgange in gleicher Weise teil, sondern man sieht häufig mitten unter den Zellen mit schwindender Membran solche bei denen diese noch vollständig intakt ist. Daher findet man in jenen grossen Massen, die durch Verschmelzung von Zellen entstehen, ausser Kernen häufig auch intakte Zellen, die bedeutend weniger verändert sind als die übrigen. In den zugrunde gehenden Epithelklumpen gibt es ferner Hohlräume, die von einer deutlichen Membran begrenzt. sindundin ihrem Innern degenerierte Zellen oder Kernreste enthalten. Es ist zu betonen, dass beide Modi der Epitheldegeneration, derjenige mit Lösung des Zellverbandes und derjenige ohne die- selbe vielfach miteinander kombiniert erscheinen und zwar nicht nur in derselben Drüse, sondern sogar an einundderselben Gang- stelle. In vielen Drüsen lassen jedoch die abgestossenen Pflaster- zellen die beschriebenen Vorgänge des Membranschwundes und der Erfüllung des Zellleibes mit einem körnigen Inhalt nur an sehr wenigen Stellen erkennen und zeigen in den übrigen Drüsen- partien entweder noch gar keine deutliche regressive Veränderung oder sie erscheinen geschrumpft. Schliesslich ist noch eine Degenerationsform zu erwähnen, welche sehr häufig mitten unter ganz normal aussehenden Pflaster- zellen auftritt und namentlich an postembryonalen Stadien (bis zu 65 Tagen) gefunden wurde. Dieselbe scheint also diese Periode zu bevorzugen. Es handelt sich um Hohlräume, die stets rundlich sind, gegen das umgebende Pflasterepithel sich mit scharfem Kontur abgrenzen und gewöhnlich einen Durchmesser von 50—60 4 haben; es gibt aber auch viel grössere und andererseits solche von der Grösse einer Pflasterzelle. Den Inhalt bilden entweder abgestossene Pflasterzellen oder ihre Zerfallsprodukte, Kerne und Detritus; diese werden dann später zu einer homogenen Masse mit mehr minder zahlreichen Körnchen (siehe Abbildung 12, Tafel XXVII). Dieselbe färbt sich mit Eosin und Mucikarmin intensiv rot, mit wässeriger Toluidinblaulösnng etwas meta- chromatisch, sodass es sich wahrscheinlich nebst anderen Sub- stanzen um beigemengtes Mucin handelt. In manchen derartigen Hohlräumen findet man an den in ihnen enthaltenen abgestossenen Pflasterzellen eine schleimige Degeneration der Zellmembran (siehe Abbildung 13, Tafel XXVII). Prostata und Mamma des Neugeborenen. 447 Vergleicht man Schnitte vom selben Objekt, an denen die Glykogenreaktion ausgeführt wurde mit gewöhnlich gefärbten, so kann man konstatieren, dass die Zellen mit den grossen Glykogen- tropfen am Hämalaun-Eosin Präparat den hellen Pflasterzellen, hingegen die Zellen mit wenig Glykogen in Form von kleinen Kügelchen den Pflasterzellen mit kleinen Vakuolen entsprechen, wie sie auf Abbildung 9, Tafel XXV zu sehen sind. Das Glykogen verschwindet also allmählich, während gleichzeitig der übrige Zellinhalt an Volum zunimmt. Die Substanz, welche die Zelle nach und nach immer mehr ausfüllt, ist sehr wahr- scheinlich der Protoplasmarest, welcher später quillt und ausser- dem auch die Zellmembran, da sie ja mit zunehmendem Alter der Zelle sehr häufig schwindet. Das Glykogen kommt als Kohlen- hydrat nicht in Betracht, eher vielleicht der sogenannte „Glykogen- träger“ obwohl dieser wieder eine hypothetische Substanz darstellt. Wenn wir nun auf die oben beschriebenen Degenerations- formen des Pflasterepithels einen Rückblick werfen, so zeigt es sich, dass dieselben äusserlich verschieden sind, die Veränderungen in den Zellen aber stets die gleichen bleiben: Die Zellmembran wird immer dünner, das Protoplasma nimmt an Volum zu und in den gewöhnlich behandelten Präparaten treten an Stelle des früheren scheinbar leeren Zellraumes Vakuolen, welche schliesslich durch den wachsenden Zellinhalt vollkommen verdrängt werden können.) Die Vakuolen entsprechen, mindestens zum Teile, dem verfallenden Glykogen. Der Zellinhalt ist mit Eosin und Mucikarmin schwach färbbar. Endlich verschwindet der Kern und die Zelle zerfällt in Detritus, welcher mit jenen Farbstoffen noch stärker färbbar ist. Bei Anwendung einer wässerigen Toluidinblaulösung erkennt man in ihm eine fein verteilte körnige Masse, die Mueinreaktion gibt. Die degenerierenden Pflasterzellen zeigen keinen deutlichen Schleimgehalt, sondern erst der aus ihnen hervorgegangene Detritus. Die Zellmembran degeneriert nur ausnahmsweise schleimig. Wenn der Zerfallsprozess des Pflaster- epithels weiter vorgeschritten ist, trifft man häufig zwischen die übrigen Zellen eingestreute kleine kugelige Gebilde, welche die Grösse eines Pflasterzellkernes, bisweilen aber auch das doppelte Maß und mehr erreichen. Sie enthalten einen sehr dunkel !) Ob diese Vorgänge bei der oben erwähnten Schrumpfung der Zellen in derselben Weise stattfinden, ist schwer zu entscheiden. 448 Julius Schlachta: gefärbten, rundlichen Chromatinklumpen und gleichen bis auf ihre geringe Grösse vollständig den degenerierenden Pflasterzellen. Es handelt sich offenbar um abgeschnürte Teile von solchen Zellen, in welchen eine Kernfragmentation stattgefunden hat. Nur selten findet man die beschriebenen Gebilde im Innern von Ptlasterzellen. Manchmal liegen zwei ganz gleiche Individuen nebeneinander, sodass sie sich mit ihren Rändern vollkommen berühren. (Abbildung 14, Tafel XXVII). Sowohl ihre Hüllmembran als auch die zentrale Chromatinmasse färben sich bisweilen mit Toluidinblaulösung schön rot. Die erste Entwicklung des umgewandelten Epithels in den Prostataschläuchen stimmt völlig mit der in der Fossa navieularis beim Fötus überein, die von v. Ebner (9) ausführlich beschrieben wurde. Sehr wahrscheinlich sind es in der Prostata ebenso wie dort stets die mittleren Zellschichten, in welchen die Umwandlung beginnt. Die einzelnen Zellen werden grösser und ihr Inhalt heller, während die sie bedeckende Zelllage die frühere Beschaffen- heit noch eine Zeit lang beibehält, aber durch das unter ihr liegende Pflasterzellennest emporgehoben wird. (Abbildung 1, iN, Tafel XXV). Allmählich wird sie ebenfalls von der Umwandlung ergriffen, und wenn diese stattgefunden hat, liegen die Pflaster- zellen nicht mehr intraepithelial, sondern bilden einen Wand- belag des Ganges. Der Prozess schreitet in der Weise fort, dass immer mehr benachbarte Zellen derselben Umwandlung erliegen. Findet diese in einer noch soliden Gangknospe statt, so ist der Prozess derselbe; er beginnt stets zentral, d. h. inmitten normaler Zellen und die peripheren an das Bindegewebe grenzenden Elemente bleiben natürlich von der Veränderung verschont. Im weiteren Verlaufe sind dann die zentralen Zellen in ihrer Ver- änderung immer am weitesten vorgeschritten. Ich spreche stets von einer Epithelumwandlung und nicht von einer Metaplasie, da diese im Sinne der pathologischen Anatomie genommen nicht vorliegt: Der geschilderte Vorgang, welchen ich Epithelumwand- lung genannt habe, ist eine Differenzierung und keine Metaplasie. In einzelnen Prostataschläuchen und bisweilen auch in ganzen Drüsen, wie in der von Abbildung 5 auf Tafel XXVI, kommt es zu einer reichlichen Wucherung der basalen Zellen des Pflaster- epithels. Durch beide Momente, die Umwandlung und die Prostata und Mamma des Neugeborenen. 44) Wucherung des Epithels, wird das Volum des betreffenden Ganges bedeutend vermehrt und es ergeben sich an einzelnen Drüsen- schläuchen Durchmesser bis zu 0,52 mm (Serie IV). Das benach- barte Bindegewebe solcher Gänge zeigt insofern eine Veränderung, als die Fasern dichter stehen und keinen wellenförmigen, sondern einen geradlinigen Verlauf haben, sodass sie wie straff gespannt und komprimiert aussehen. In den Prostatagängen habe ich unter dem Pflasterepithel nie eine Wucherung des Bindegewebes in Form von Leisten etc. beobachtet. Die Menge der Binde- gewebsfasern und der elastischen Fasern in der Umgebung von Gängen mit Pflasterepithel zeigt kein besonderes oder charak- teristisches Verhalten. Meist sind beide reichlich entwickelt, doch findet man dies ebenso oft an Gängen mit normalem Epithel. Wenn wir die Beschaffenheit des Pflasterepithels in den Prostatadrüsen an verschiedenen Objekten und Stadien vergleichen, so ergibt sich Folgendes: Die Grösse der Zellen ist beim sieben- monatlichen Fötus dieselbe wie beim Neugeborenen, nur sind die Zellmembranen nicht so deutlich entwickelt, sie sind dünner. Auch an diesem Stadium findet man bereits eine Desquamation, die aber nur spärlich ist und noch zu keiner Degeneration der abgestossenen Elemente geführt hat. Die Glykogenreaktion wurde an der Drüse nicht vorgenommen, doch ist der Gehalt der Pflasterzellen an jenem Stoffe in diesem Alter sehr wahrscheinlich, da sie ja ebenfalls das charakteristische helle Aussehen zeigen, und gerade in embryonalen Geweben Glykogen sehr häufig vor- kommt. In den verschiedenen Prostatae des Neugeborenen zeigen die Pflasterzellen im wesentlichen überall dasselbe Aus- sehen. Unterschiede sind nur bezüglich des Fortschrittes und, wie schon erwähnt wurde, in der Form der Degeneration vor- handen. Es bestehen aber bisweilen in den verschiedenen Regionen derselben Drüse gewisse Abweichungen in den histolo- gischen Details der umgewandelten Elemente. Einzelne Gänge enthalten nämlich PfHlasterzellen, welche etwas kleiner sind als sonst, und durchgehends eine polygonale, nie eine prallere, rund- liche Form aufweisen. Man könnte sie für jugendliche Zellen halten, doch spricht der Umstand dagegen, dass zwischen ihnen sehr häufig die auf Seite 446 beschriebenen Degenerations-Hohlräume auftreten. Wahrscheinlich handelt es sich um regressive Vorgänge, da an den postembryonalen Stadien aus den ersten Monaten etwas 450 Julius Schlachta: ähnliches viel ausgeprägter zu konstatieren ist. In der Drüse VIII vom einmonatlichen Kinde sind die Pflasterzellen, wie früher erwähnt wurde, viel kleiner als sonst und ihre Grenzmembran ist weniger deutlich. Dabei finden sich in diesem Epithel sehr reichlich jene runden Degenerationsräume. Dasselbe abweichende Verhalten ist auch bei einem Individuum von 60 cm Länge und einem 68 Tage alten Kinde zu sehen. Es zeigt sich nämlich, dass die umgewandelten Zellen in den vorhergehenden drei Stadien je älter dasselbe ist, desto mehr sich dem Charakter der nicht umgewandelten nähern und beim ältesten Objekt denselben fast vollkommen erreichen. Während der beiden ersten Monate des extrauterinen Lebens kommt es also zu einer Veränderung der Pflasterzellen, indem der Kern kleiner wird und die Zellmembran und das Glykogen allmählich verschwinden, welch letzterer Umstand besonders eine Reduktion des Zellvolums zur Folge hat. Die zum Teil schon vorher entstandenen Degenerationsräume im Grangzentrum werden grösser und so wird dadurch als auch durch die Verkleinerung der Pflasterzellen eine Lumenbildung in dem früher soliden Prostatagang angebahnt. Zum grossen Teil wurde aber schon während des Fötallebens in den Ästen mit Pflaster- epithel das Lumen durch Desquamation und Degeneration gebildet. Es sei gestattet, in diesem Abschnitt einiges bezüglich der Membrana propria der prostatischen Drüsen beizubringen. Während ihr Vorhandensein in der Drüse des Erwachsenen vielfach bezweifelt wird, finden wir sie beim Fötus und auch beim Neugeborenen an einzelnen Gängen in besonderer Deutlichkeit entwickelt. 3eim sechs- und siebenmonatlichen Fötus tritt dieselbe bei Hämalaun-Eosinfärbung sehr gut hervor und erreicht beim ersteren, wie schon beschrieben wurde, an den jungen Drüsen- knospen der vorderen Urethralwand bisweilen eine Dicke von 4 ır. In der Drüse des Neugeborenen ändern sich die Verhältnisse insofern, als die Membranae propriae in ihrer Häufigkeit, sowie an Deutlichkeit abgenommen haben und an den Urethraldrüsen- knospen nur selten stärker sind als an den Prostataschläuchen. Die durchschnittliche Dicke an den letzteren schwankt beim Neugeborenen um 1 « herum. Bemerkenswert ist, dass die Membrana propria nicht an allen, sondern sogar nur an sehr wenigen Tubulis auftritt und an schwächeren Drüsenästen hänfiger zu sehen ist, als an den stärkeren und älteren. Gegen Prostata und Mamma des Neugeborenen. 451 das Epithel erscheint sie scharf abgegrenzt, gegen das Binde- gewebe aber nicht immer so deutlich; sie ist fast vollkommen homogen und lässt eine fibrilläre Struktur nur stellenweise erkennen. An Van Gieson-Präparaten zeigt sie dieselbe Färbung wie das umgebende Bindegewebe. In der Prostata des Neugeborenen konnte ich sie bequem darstellen, indem ich von in Alkohol fixierten und in Paraffin eingebetteten Stücken angefertigte Schnitte mit einer Lösung von Azur (Giemsa) färbte. Eine Partie eines so behandelten Schnittes sehen wir auf Abbildung 17, Tafel XXVI. Esfärben sich nach dieser Methode die Kerne und in gewissem Grade auch das Bindegewebe blau, die Mast- zellengranula intensiv rot und die Membranae propriae schwach rosa. Diese sind nicht an allen Gängen, sondern nur an sehr wenigen zu finden und umschliessen ihren zugehörigen Tubulus häufig nicht vollständig. An den meisten Stellen grenzen sie sich von dem übrigen leicht blau tingierten Bindegewebe scharf ab und zwar auch dort, wo ein dem Epithel benachbarter Streif des Stroma diffus rötlich gefärbt ist. Aus der Tatsache, dass die Membrana propria sich stets metachromatisch färbt, während dies beim Bindegewebe nur ausnahmsweise der Fall ist. geht hervor, dass sie eine besonders differenzierte Partie desselben darstellt. Die Membrana propria prostatischer Schläuche des siebenmonatlichen Fötus, bloss durch Hämalaun-Eosinfärbung dargestellt, sehen wir auf Tafel XXVI, Abbildung 16. Der Umstand, dass sie an den jüngsten Drüsenknospen der Urethral- schleimhaut beim Fötus am stärksten ist und an jüngeren Drüsen- gängen häufiger vorkommt als an älteren, legt den Gedanken nahe, dass ihre Entstehung vielleicht rein mechanisch zu denken ist, durch Kompression des Bindegewebes infolge des raschen Epithelwachstums. Es stehen aber dieser Auffassung die Tat- sachen entgegen, dass gerade die Drüsenschläuche mit stark gewuchertem Pflasterepithel, die sicher rascher gewachsen sind als die übrigen und deren umgebendes Bindegewebe geradezu komprimiert aussieht, eine Membrana propria nicht zeigen und die jüngsten Gangknospen sich meist ebenso verhalten. Die Membrana propria ist jedenfalls in ihrer Ausbildung sehr wechselnd; der Utriculus prostaticus zum Beispiel, der bei den übrigen Objekten nie etwas ähnliches aufwies, zeigt in einem Falle eine sehr deutlich entwickelte Grenzmembran. Darüber 452 Julius Schlachta: wie sich die Membrana propria der prostatischen Drüsen beim Neugeborenen zu der an der geschlechtsreifen Drüse verhält, kann ich vorläufig nichts aussagen. Es bleiben uns noch gewisse eigentümliche Gebilde im Pflasterepithel zu besprechen übrig; sie finden sich in dem des Utrieulus und der Prostataschläuche in vollkommen gleicher Weise, sodass sie gemeinsam abgehandelt werden können. Am besten kann man sie im Utriculus des Fötus von 38 cm studieren, Über die basale Zellschicht erheben sich Epithelknospen, welche bald solid, bald hohl sind und in die Lagen der umgewandelten Zellen hineinragen. Sie selbst bestehen aus unveränderten Zellen, die mit denen der untersten Schichte übereinstimmen (Abbildung 18, Tafel XXVI). Ihr Durchmesser beträgt durchschnittlich 40 «. Diese Zellhaufen liegen aber auch in den oberen Epithelpartien, wobei sie ihren Zusammenhang mit der basalen Zelllage voll- kommen aufgegeben haben und von ihr durch mehrere Schichten umgewandelter Elemente getrennt sind. Einzelne unter ihnen ragen mit dem oberen Ende aus dem Pflasterepithel frei heraus, während andere bereits gänzlich ausgestossen wurden und im Lumen liegen (K). Unter diesen Zellhaufen gibt es auch kleinere Zellgruppen, welche einen kleinen rundlichen Hohlraum umschliessen und bis auf den fehlenden Inhalt vollkommen Cysten gleichen. Sie können ebenfalls an der Oberfläche des Utrieulusepithels angetroffen werden, wie Abbildung 18 zeigt. Es ist klar, dass alle diese Gebilde von der untersten Schichte, der Keimschichte aus entstanden sein müssen und dann von den unter ihnen gelegenen Zellen, welche sich zu Pflasterzellen umwandelten, emporgehoben wurden. Das Wesentliche und Gemeinsame bei der Entstehung der geschilderten Formationen ist, dass eine Epithelknospe nicht in der gewöhnlichen Weise in das Binde- gewebe, sondern zwischen die oberen Zelllagen, also nach aufwärts, vom Stroma weg wuchert. Später kann sie dann durch das Nachrücken der untersten Zellen von der Basis abgehoben und sogar aus dem Epithel ausgestossen werden. Solche Epithelknospen können sich aushöhlen oder auch nicht, ein Umstand der keinen tiefer greifenden Unterschied bedingt. Wenn die auseinander- weichenden Zellen der Knospe auch noch sezernieren, so entsteht eine Üyste. Beim soeben betrachteten Fötus ist dies nicht - der Fall, wohl aber im Utrieulus des neugeborenen Kindes (III). Prostata und Mamma des Neugeborenen. 4553 Die Verhältnisse, welche wir dort antreffen, sind im wesentlichen ganz dieselben, nur gibt es auch Cystchen (Abbildung 19) und die Abhebung der verschiedenen Gebilde von der Basis ist eine bedeutend geringere. Im Pflasterepithel der prostatischen Schläuche finden wir sämtliche Bildungen des Utrieulus - Pflasterepithels des Neu- geborenen mit genau demselben Verhalten wieder und betonen daher nur, dass daselbst Cysten vorkommen, welche denen der Urethralschleimhaut ganz analog gebaut sind (siehe die Ab- bildung 20, Tafel XXVI). Im Pflasterepithel der Urethra wurden alle diese Gebilde, wenn auch sehr spärlich, wiedergefunden. woraus die grosse Verwandtschaft des umgewandelten Epithels in den prosta- tischen Drüsen, im Utriculus und auch in der Urethra deutlich hervorgeht. Nach dem Vorhergehenden braucht es wohl kaum mehr besonders betont zu werden, dass jenen nach aufwärts gerichteten Epithelwucherungen eine bindegewebige Grundlage vollkommen fehlt. Ähnliche Formationen hat E. Zucekerkandl (24)') bei Polypen der Nasenschleimhaut beschrieben. Wenn wir uns, nachdem wir die verschiedenen Eigentüm- lichkeiten des Epithels der prostatischen Schläuche, des Utrieulus und der Urethra des Fötus und des Neugeborenen kennen gelernt haben, die Frage nach dem Wesen der geschilderten Epithel- umwandlung in diesen Gebieten vorlegen, so kann eine sichere Antwort bisher nicht erteilt werden. Die bekannten Epithelumwandlungen im Ösophagus, im Kehlkopf und in der Vagina unterscheiden sich von der unserigen, abgesehen von der histologischen Beschaffenheit, vor allem dadurch, dass sie im extrauterinen Leben weiterbestehen, während das Pflasterepithel in der Prostata und im Utriculus prostaticus bereits in den ersten Monaten nach der Geburt vollständig verschwindet. Allerdings findet man in der Fossa navicularis der männlichen Urethra und zum Teil in der weiblichen Harnröhre, wo beim Fötus dieselben Pflasterzellen wie in der Prostata vorkommen, auch im postfötalen Leben Pflasterepithel. Es müsste aber erst festgestellt werden, ob dieses aus dem Pflasterepithel beim Fötus direkt hervorgeht. Wenn dies nun wirklich der Fall wäre, so dürfte man die Epithelumwandlung an diesen Stellen mit der im Öso- phagus etc. wohl ohne weiteres in Analogie setzen, aber es bliebe noch ') Bd. I, 8. 9. 154 Julius Schlachta: immer die Frage übrig, warum der ganze Vorgang vorübergehend auch in der Prostataauftritt. Mechanische Reize (Druckwirkung etc.) können wohl nur ein unterstützendes Moment für die Epithel- umwandlung abgeben, nicht aber die eigentliche Ursache. Das Auftreten des Pflasterepithels scheint vielmehr schon in der Anlage der Drüse präformiert zu sein, wofür die Symmetrie in seiner Lokalisation spricht. Es möge hier noch ein ganz vereinzelter, sehr merkwürdiger Befund Aufnahme finden. Beide Ductus ejaculatorii eines Neugeborenen, welche mit der entsprechenden epithelialen Auskleidung versehen sind, enthalten frei im Lumen ein zweites kleineres Epithelrohr, welches ebenfalls ringförmig geschlossen ist. Das grössere, äussere Lumen enthält zahlreiche Gerinnsel, das kleinere, ‘innere erscheint vollkommen leer, ein Umstand, welcher beweist» dass die beiden Epithelrohre mindestens auf einer längeren Strecke miteinander nicht kommunizieren. Ihre Zellen unterscheiden sich stellenweise nur wenig voneinander, an anderen Stellen aber sind die Zellen des inneren Rohres bedeutend kleiner und ihr Protoplasma und Kern mit Hämatoxylin dunkler gefärbt. Die unterste Zellschicht des äusseren Rohres weist bisweilen sehr chromatinreiche, dunkelgefärbte Kerne auf. Wir müssen annehmen, dass im Ductus ejaculatorius jeder Seite die oberflächlichen Zellschichten gleichzeitig und im Zusammenhange verbleibend, von den tieferen losgelöst wurden, denn nur so ist es erklärlich, dass das innere Rohr ein volkommen geschlossenes ist. Diese merkwürdigen Verhältnisse lassen sich auf einer längeren Schnitt- reihe‘) verfolgen und ich will ausdrücklich hervorheben, dass alle Möglich- keiten einer Täuschung oder eines Kunstproduktes sich ausschliessen lassen. An prostatischen Gängen wurde der beschriebene Vorgang nur äusserst selten und da nur andeutungsweise wahrgenommen. IV. Vergleich zwischen Mamma und Prostata des Neugeborenen. Die Milchdrüse des Neugeborenen wurde ursprünglich dadurch in den Kreis meiner Untersuchungen gezogen, dass ich in der Entwicklung anderer Drüsen nach einer Analogie für die Epithel- umwandlung in der Prostata suchte. Bald überzeugte ich mich an der Hand der Literatur und eigener Präparate, dass eine solche Analogie nicht besteht. Der Vergleich zwischen Mamma und Prostata war jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Bindegewebe und in den Drüsen- räumen sehr fruchtbar, indem sich diesbezüglich die weitgehendste Analogie zwischen beiden Drüsen herausstellte. Wir wollen nun ') Leider lag von dem Objekte keine Serie vor. Prostata und Mamma des Neugeborenen. 455 zuerst eine Beschreibung der Verhältnisse in der Mamma geben, doch nur insoweit, als sie hier für uns von Interesse sind. Es kamen im ganzen sechs Milchdrüsen von Neugeborenen und Kindern zur Untersuchung. Eine separate Schilderung der einzelnen Objekte kann unterbleiben, da die diversen Figentüm- lichkeiten und Abweichungen der Drüsen ohneweiters im Laufe der allgemeinen Beschreibung berücksichtigt werden können. In jeder Milchdrüse des Neugeborenen sieht man, dass das Bindegewebe sehr zellreich ist, eine Tatsache, welche von allen neueren Autoren, de Sinety (18), Barfurth (2), Czerny (7), Unger (22) und Raubitschek (16), berücksichtigt wird. Und zwar ist dieser Zellreichtum durch eingewanderte weisse Blut- körperchen bedingt, welche auch in der Mamma des erwachsenen Individuums bei einer Sekretstauung reichlich auftreten und dort eingehender studiert worden sind. Hervorzubeben ist aber, dass dieses Infiltrat, wie wir es kurz nennen wollen, beim Neugeborenen nicht immer gleich reichlich auftritt. Bisweilen ist es so dicht, dass es eine sofort in die Augen fallende Erscheinung bildet, in anderen Fällen hingegen so spärlich, dass es leicht übersehen werden kann. Es zeigt im wesentlichen eine peritubuläre Anordnung, tritt aber ausserdem häufig auch in der Umgebung kleinerer Gefässe und im perimammären Fettgewebe auf. Das Infiltrat besteht hauptsächlich aus kleinen Lymphozyten:; ihre Kerne zeigen manchmal, besonders in sehr dichten Infiltraten, deutliche Zerfallserscheinungen. Polynukleäre Zellen sind nur spärlich vorhanden. Ferner finden wir in geringer Anzahl grosse Lymphozyten, deren Protoplasmaleib meist ziemlich gross ist. Sie liegen verstreut unter den kleinen Lymphozyten, seltener in ganz kleinen Gruppen, besonders um die Gefässe. Ich suchte auch nach Plasmazellen, konnte jedoch niemals typische „Radkerne“ sehen. Interessant sind die zahlreichen eosinophilen Zellen, die auch in der entwickelten Mamma auftreten können; sie kommen ebenfalls nur einzeln, seltener in kleinen Gruppen vor. Sie sind teils ein-, teils zweikernig. Die Mastzellen sind beim Neugeborenen ziemlich gleichmässig verstreut und zeigen keine bestimmten Lagebeziehungen. Schliesslich ist noch zu erwähnen, dass in den Gefässen ebenfalls kleine und grosse Lymphozyten, sowie eosino- phile Zellen sichtbar sind. 456 Julius Schlachta: Der auffallendste Befund aber ist das Vorkommen von Riesenzellen im Infiltrat. In erster Linie würde man hierbei an eine pathologische Ursache denken, und ich konnte sie auch unter vier Drüsen von Neugeborenen nur in zwei Fällen sehen. Doch stammen diese letzteren von einem normalen kraniotomierten und einem asphyktisch gestorbenen Individuum !), und überdies wurden die Riesenzellen, wie ich gleich jetzt erwähnen will, unter ganz analogen Bedingungen auch in der Prostata gefunden. Endlich ist noch zu betonen, dass diese Zellen ein ziemlich seltenes Vor- kommen bilden und sie daher in den anderen Drüsen, da stets nur kleinere Schnittreihen angefertigt wurden, vielleicht vorhanden waren und bloss nicht zur Beobachtung kamen. Dies alles, sowie ihr histologisches Verhalten beweisen aber, dass es sich um normale Gebilde handelt. Die Riesenzellen liegen meist am Rande eines Infiltrats, seltener in der Mitte desselben und noch seltener an einer von Wanderzellen freien - Stelle des Stromas. Nur ausnahmsweise wurden sie zu zweien nebeneinander gefunden. Häufig sieht man dieselben von einem schmalen, leeren Spaltraum umgeben, der allerdings erst durch die Fixation entstanden sein kann. Ihre Form ist, wie man aus der Abbildung 21 auf Tafel XXVI ersieht, etwas variabel, nähert sich aber im allge- meinen der rundlichen. Dagegen ist ihre Grösse sehr verschieden; der grösste Durchmesser schwankt zwischen 12 und 43 «. Auch diese kleinen Elemente kann man ohneweiters als zu den Riesen- zellen gehörig erkennen, wenn man ihre sogleich zu schildernden histologischen Charaktere berücksichtigt. Die Riesenzellen haben ein fein granuliertes Plasma, das manchmal am Rande leicht ausgefranst erscheint und mit einer einzigen Ausnahme mit Eosin ziemlich intensiv gefärbt ist. Die Kerne sind immer mindestens in der Zweizahl vorhanden, doch wurde auch eine Zelle mit 14 Kernen gesehen. Sie sind stets sehr chromatinreich; ihre Form ist in einem Teil der Fälle eine runde, wobei dann die Grösse oft nur gering ist; eine solche Zelle mit zahlreichen, kleinen, runden Kernen ist bei d (Ab- bildung 21) zu sehen. Häufiger ist ihre Gestalt weniger regel- mässig. Es kommen auch gelappte Kerne vor, ferner solche von ‘) Uber den Gesundheitszustand der Mutter war es mir leider nicht möglich, etwas in Erfahrung zu bringen. Prostata und Mamma des Neugeborenen. 457 sehr bedeutender Grösse, bis zu 27 « (f). Endlich wurde eine Zelle (e) gefunden, deren Kern exquisit hantelförmig ist und sich oftenbar gerade in amitotischer Teilung befindet. Die soeben beschriebenen Riesenzellen haben natürlich nichts mit den von Ottolenghi (4) in der Mamma der Kuh gesehenen Bildungen zutun. Daselbst handelt es sich um Konkretionen, ähnlich denen der Prostata, an deren Oberfläche sich vielkernige Riesenzellen finden. Dieselben liegen teils in den Drüsenräumen, teils im Bindegewebe. Schliesslich ist noch das Vorkommen von scheinbar nackten Riesenkernen zu erwähnen, denen also wenigstens ein sichtbares Protoplasma fehlt. Sie sind sehr chromatinhaltig und erreichen eine Grösse bis zu 24 x. Damit sind aber die Vorkommnisse im interstitiellen Gewebe noch nicht erschöpft. Barfurth (2) beschreibt in der Milchdrüse eines asphyktischen neugeborenen Knaben neben einer bedeutenden Hyperämie zahlreiche Blutergüsse ins Bindegewebe und selbst in die Alveolen hinein. Ich kann diese Befunde vollkommen be- stätigen. Anfänglich meinte ich wie der Autor, dass die Extra- vasate einzig und allein auf die Asphyxie zurückzuführen sind, später aber fand ich Beweise dafür, dass auch vor derselben, also unabhängig von ihr, kleinere Extravasate auftreten können. An der Milchdrüse eines craniotomierten Kindes und eines neu- geborenen Knaben, der infolge von Geburtstrauma starb, finden sich nämlich frei im Bindegewebe und innerhalb von Wander- zellen Körnchen eines Pigments, das die Hämosiderinreaktion gibt, also hämatogener Natur ist. Ausserdem sieht man an dem ersteren Objekt im Bindegewebe liegende rote Blutkörperchen, die im Gegensatze zu anderen, den Eindruck eines älteren Extra- vasates machen, da sie mit den innerhalb der Gefässe liegenden verglichen, verändert, ausgelangt erscheinen. Etwas ähnliches ist in der entwickelten und funktionierenden Mamma beschrieben: Bizzozero und Vassale (5) sahen bei einer trächtigen Katze neben mononukleären Leukozyten grössere polyedrische oder spindel- förmige Zellen, welche ein gelbliches Pigment führten. Ferner wurden von Unger (22) beim Meerschweinchen Extravasate beschrieben. Es ist möglich, dass die erwähnten Befunde mit unseren nichts zu tun haben, allein das Vorkommen der er- wähnten mit Blutpigment beladenen Zellen und des älteren Extra- vasates, sichert die Annahme, dass ein, allerdings viel schwächerer Archiv f. mikrosk Anat. Bd. 64. 30 458 Julius Schlachta: Blutaustritt schon vor der Asphyxie und demzufolge unabhängig von ihr stattfand. Überdies hat der ganze Vorgang von vorn- herein nichts Merkwürdiges an sich, da ja auch sonst die Aus- wanderung der weissen Blutkörperchen so häufig mit der der roten vergesellschaftet ist. Tritt dann beim Fötus der Zustand der Asphyxie ein, so erscheint es bei der in der Mamma schon von früher her bestehenden Durchlässigkeit der Gefässe für alle Elemente des Blutes ganz natürlich, dass jetzt so bedeutende Blutungen stattfinden. Bezüglich der sekretorischen Vorgänge in den Drüsenschläuchen ist bemerkenswert, dass beim Neugeborenen die Absonderung zwar schon im Gange befindlich, die vorhandene Sekretmenge aber nur minimal ist. Eine Beziehung zwischen der Dichte des Infiltrats um die Tubuli und dem in ihnen angesammelten Sekretquantum besteht nicht. Die Drüsenzellen weisen deutliche Zeichen der Sekretion auf, wie austretende Sekrettropfen und stellenweise sieht man auch kuppelförmig die anderen überragende Zellen, welche von Heidenhain und Partsch in der entwickelten Drüse be- schrieben wurden. Die im Lumen vorhandene Sekretmenge ist beim Neugeborenen sehr gering. Ferner konnte ich das Durchwandern kleiner Lymphozyten durch das Epithel konstatieren und ebenso ihr Vorhandensein im Lumen. Ausser diesen findet man aber auch grössere Kerne, die mit denen der Fpithelzellen vollkommen übereinstimmen und meist von einem mehr oder minder grossen Protoplasmarest um- geben sind. Raubitschek (16) fand ebenfalls abgestossene Epithelzellen im Lumen. Wie: bekannt, bildet die Abstossung von Kernen und Drüsenzellen ins Sekret in der laktierenden, entwickelten Mamma den Gegenstand lebhafter Kontroversen. Selbstverständlich kann dieser Befund nicht ohne weiteres für oder wider die Verhältnisse beim erwachsenen Individuum ins Feld geführt werden. Die Mamma des 10 Tage alten Kindes befindet sich auf dem Höhepunkte der Sekretion indem die Drüsenräume kollossal ausgedehnt sind und das Stroma auf dem Durchschnitte als dünne Zwischenschicht erscheint. Da nach den neueren Untersuchungen über Kolostrumbildung das Auftreten von Wanderzellen im Binde- gewebe und in den Drüsenräumen durch Milchstauung, d. h. durch verhinderte Abfuhr des Sekretes bedingt ist, sollte man erwarten, Prostata und Mamma des Neugeborenen. 459 in der auf der Höhe der Sekretion stehenden Milchdrüse des wenige Tage alten Kindes eine grössere Menge von Wanderzellen zu finden als beim Neugeborenen, da ja hier eine vollständige Zurückhaltung des Sekretes stattfindet. Es ist jedoch gerade das Gegenteil der Fall, indem im Drüsenlumen fast gar keine Leukozyten und nur sehr spärliche Drüsenzellen vorhanden sind, vom Infiltrat aber nur mehr schwache Spuren zu sehen sind. Ebenso liegen die Verhältnisse in der Mamma eines 43 Tage alten Mädchens, welche noch immer kollossale Sekretmengen ent- hält. Diese Befunde stehen im Widerspruch mit den Angaben von Gzerny (7); würden sie sich allgemeiner bestätigen, so könnten wir aus den vorliegenden Tatsachen den Schluss ziehen, dass entweder das Wesen der Milchsekretion des Neugeborenen und des Weibes verschieden ist [|Raubitschek (16)| und dass demzufolge für das Auftreten der Wanderzellen in der kindlichen Drüse andere Gründe maßgebend sind als in der entwickelten funktionierenden Mamma, oder wenn man mit Rücksicht auf die analoge Zusammensetzung der beiden Sekrete, beide Vorgänge dem Wesen nach für gleich erklärt, dass die Milchstauung nicht unbedingt zu einer Anlockung von Wanderzellen führen muss. Wir wenden uns nun zu den Verhältnissen in der Prostata, die mit den eben in der Mamma beschriebenen derart überein- stimmen, dass wir uns kürzer fassen können. Was die Häufigkeit des Vorkommens eines Infiltrates betrifft, so ist zu konstatieren, dass beim Neugeborenen und in den ersten Tagen von 15 untersuchten Drüsen), 8 ein Infiltrat aufwiesen. Wenn man die Grösse und Entwicklung der Drüse mit dem Auftreten der Wander- zellen zusammenbhält, so sieht man dass unter den Fällen in welchen das Infiltrat fehlt oder sehr spärlich ist, sich auffallend viele kleine und schlecht entwickelte Prostatae befinden, die Drüsen aber, welche ein reichliches Infiltrat aufweisen, auch eine bedeutende Entwicklung und Grösse zeigen und von grossen Kindern mit gutem Ernährungszustande stammen. Den Ent- wicklungsgrad einer Prostata kann man am besten an den End- sprossen beurteilen, je nachdem diese in grösserer oder geringerer Menge ein Lumen aufweisen. Meistens doch nicht immer gehen die Entwicklung und Grösse der Drüse mit der Entwicklung des ‘) Eine Prostata, in deren Umgebung sich Eiterherde nachweisen liessen, wurde ausgeschaltet. 30* 460 Julius Schlachta: Kindes parallel, und andererseits diese Faktoren zusammen mit der Menge des Infiltrates. In erster Linie scheint aber die letztere von der Aushöhlung der Endsprossen abhängig zu sein. In der Drüse selbst besteht hingegen eine solche Abhängigkeit nicht, indem das Infiltrat die Nachbarschaft der besser ent- wickelten Endsprossen nicht entsprechend bevorzugt. Bezüglich der Lokalisation der Wanderzellen in der Drüse ist folgendes zu konstatieren: Sie bevorzugen den rückwärtigen Drüsenring und von diesem wieder die untere Hälfte, in der Weise, dass bei spärlichem Infiltrat dasselbe sich nur in dieser Gegend findet und bei einem reichlicheren seine Menge im Unter- lappen grösser ist als im Oberlappen. Die beiden seitlichen Hälften verhalten sich annäherna gleich, sonstige Symmetrien in der Verteilung bestehen nicht. Das Infiltrat umgibt stets nur die Äste der letzten Ordnungen eines Gangsystems. Die Be- ziehungen der Wanderzellen zu den Gewebsteiien sind fast die- selben wie in der Milchdrüse. Die peritubuläre Anordnung tritt ebenfalls, doch nicht so deutlich wie dort hervor und ferner umgibt das Infiltrat die kleineren Gefässe sowohl innerhalb der Prostata als auch im periprostatischen Bindegewebe. Das letztere Vorkommen ist dem im perimammären Fettgewebe analog zu setzen. Auch die Elemente des Infiltrats sind dieselben wie in der Mamma. Der wesentliche Bestandteil desselben sind wieder die kleinen Lymphozyten, welche ebenfalls stellenweise Kernfrag- mentation zeigen. Polynukleäre Zellen kommen nur selten vor. Eine kleine Abweichung besteht jedoch hinsichtlich der grossen Lymphozyten indem diese manchmal an einzelnen Stellen fast. ausschliesslich ein Infiltrat und zwar bisweilen auch ein sehr umfang- reiches zusammensetzen (siehe Abbildung 23, Tafel XXVII). Es gibt solche mit grösserem und kleinerem Protoplasmaleib. Ausnahms- weise sah ich Zellen, mit einem „Radkern“ und etwas granuliertem Protoplasma, doch wage ich nicht, mich bezüglich des Vorkommens von Plasmazellen zu entscheiden, da die Unterscheidung von den grossen Lymphozyten sehr schwierig ist. Ein- und mehrkernige eosinophile Zellen sind stets ziemlich reichlich eingestreut und stehen nur selten in kleineren Gruppen beisammen. Die sehr zahl- reichen Mastzellen finden sich ebenso wie in der Milchdrüse diffus verstreut und zeigen in den Infiltraten oder um die Tubuli herum keine Häufung. Prostata und Mamma des Neugeborenen. 461 Die Blutfülle in der Prostata war nur in zwei Fällen eine auffallende und zwar handelte es sich um die bestentwickelten Drüsen meines Materials. Ferner sah ich in zwei anderen Drüsen, bei welchen eine Asphyxie allerdings nicht mit Sicherheit aus- geschlossen werden kann, mitten im Infiltrat ein Extravasat von frischem Charakter; pigmentführende Zellen, wie sie in der Mamma vorkommen, wurden nicht gefunden Eine Tatsache, welche in hohem Grade für die Gleich- artigkeit des Prozesses in der Prostata mit dem in der Mamma spricht, ist das Vorkommen von Riesenzellen. Sie sind hier noch seltener als in der Mamma, indem sie nur bei zwei Individuen, einem kraniotomierten Kind und dem infolge eines Geburtstraumas gestorbenen Individuum gefunden wurden. Da beide Drüsen ein Infiltrat enthalten und die Riesenzellen dieselbe Lagebeziehung zu diesem zeigen wie jene der Mamma, so glaube ich, dass ihr Vorkommen an das der Wander- zellen geknüpft ist, d. h. dass sie nur in Prostatae mit einem Infiltrat zu finden sein werden. In der Drüse vom kraniotomierten Kinde (Serie III) ist bloss an einer einzigen Stelle und zwar im Unterlappen eine grössere Anhäufung von Wanderzellen vorhanden und sämtliche Riesenzellen dieses Objektes, sechs an Zahl, finden sich ausschliesslich in diesem Infiltrat oder in seinen Randpartien. Eine solche Stelle gibt die Abbildung 22 auf Tafel XXVII wieder. Man sieht nur spärliche Wanderzellen, mehrere eosinophile Zellen und drei einander bis zur Berührung genäherte Riesenzellen, während etwas abseits von dieser Gruppe eine vierte liegt. Die mittlere von den dreien ist länglich oval mit einem Durchmesser von 25 «. Ihr Protoplasma erscheint fast homogen und mit Hämatoxylin-Eosin in einem violettroten Farbenton tingiert. Ihre Kerne, fünf an der Zahl. liegen in einem Klumpen ganz dicht beieinander, nahe dem Rande des Zellleibes und sind ziemlich chromatinreich. Der Zellleib der links daneben gelegenen Riesenzelle ist kaum sichtbar, der der abseits gelegenen mit zwei Kernen versehenen relativ sehr klein. An einer anderen Stelle findet sich eine Riesenzelle, deren Kern gerade in amitotischer Teilung begriffen ist, also vollkommen jenem Falle in der Mamma entsprechend. An einer sechsten derartigen Zelle endlich liegen die Kerne ebenfalls exzentrisch und um den Zellleib herum sieht man einen schmalen konzen- 462 Julius Schlachta: trischen leeren Raum, wie man dies häufig an den Riesenzellen der Mamma findet. In der zweiten Prostata (Serie VII) beobachtete ich gar nur eine einzige Riesenzelle. Dieselbe liegt im Ober- lappen, in unmittelbarer Nachbarschaft einer Drüsenknospe, in nächster Nähe eines Infiltrats, das aus mono- und polynukleären Zellen besteht. Sie ist von rundlicher Form und enthält mehrere nahe beisammen und stark exzentrisch gelegene Kerne. Nicht weit davon in einem ebensolchen Infiltrat liegt eine dichte Gruppe grosser chromatinreicher Kerne ohne sichtbares Protoplasma, ähnlich wie in der Mamma. Von dem zehn Tage alten Knaben stand mir neben der Mamma auch die Prostata sowie Hoden und Nebenhoden und andere Organe zur Verfügung. Die Verhältnisse in der Milch- drüse wurden bereits oben behandelt. Die Prostata dieses Individuums unterscheidet sich aber bezüglich des Infiltrats in nichts von der Prostata des Neugeborenen, es hat also die Menge der: Wanderzellen nicht so bedeutend abgenommen wie in der zugehörigen Mamma. Die anderen Organe zog ich deshalb zur Untersuchung heran, weil es nun offenbar war, dass zum mindesten ein grosser Teil der Vorgänge, welche beim Neugeborenen bisher bloss in der Mamma bekannt waren, auch in der Prostata statt- findet, mithin diese Veränderungen viel allgemeinerer Natur sein konnten. Zudem war ja auch im umgebenden Bindegewebe der bisher untersuchten Drüsen dasselbe zu konstatieren. In den von der Leber und Niere dieses Individuums angefertigten Schnittreihen konnte ich durchaus nichts Ähnliches finden. Im Hoden sah man nur ganz vereinzelte Wanderzellen und in der Nähe einer Vene eine Gruppe eosinophiler Zellen. Ein wichtiges Resultat ergab aber der Nebenhoden, indem nämlich an einer Stelle eine ziemlich bedeutende Anhäufung von grossen Lympho- zyten und an einigen anderen Stellen Gruppen von kleinen Lymphozyten mit eosinophilen Zellen zu sehen waren, im wesent- lichen also ein dem der Mamma und Prostata analoges Infiltrat. Wir kehren nun wieder zu den interstitiellen Veränderungen in der Prostata zurück. Bei dem 68 Tage alten Kinde ist das Infiltrat sehr spärlich und eosinophile Zellen sind nieht mehr zu sehen. In der Drüse des vier Monate alten Knaben sind eben- falls noch Spuren des Infiltrats und vereinzelte eosinophile Zellen vorhanden. In älteren und geschlechtsreifen Drüsen endlich Prostata und Mamma des Neugeborenen. 463 findet man hie und da ebenfalls Anhäufungen von Wanderzellen, die aber gewöhnlich viel dichter sind als beim Neugeborenen, keine deutlichen und konstanten Lagebeziehungen zu den Drüsen- räumen aufweisen und vor allem keine eosinophilen Elemente enthalten. Auch die von Walker (23) beschriebenen Herde lymphoiden Gewebes in der Prostata haben nichts mit den von mir beim Neugeborenen gesehenen zu tun. Damit wären die Veränderungen im Bindegewebe erledigt. und wir kommen nun zu den sekretorischen Vorgängen, über welche ich aber bisher nur wenig berichten kann. Bei der grossen Übereinstimmung der Vorgänge im Stroma der Milch- drüse und der Prostata dachte ich lange an denselben physio- logischen Prozess in beiden Organen, bevor es mir gelang, dies in vollem Umfange nachzuweisen. Denn in fast allen Prostatae vom Neugeborenen waren, wenn überhaupt, so doch nur minimale Spuren von Sekret zu sehen, in Form kleiner Kügelchen, die sich mit Eosin schwach rot färben und spärlicher Gerinnsel, ähnlich den Sekretniederschlägen in der geschlechtsreifen Drüse. Nur in einer einzigen Prostata, die durch besondere Grösse und Entwicklung vor den anderen sich auszeichnete, war etwas mehr Sekret vorhanden. Erst spät gelangte ich in den Besitz eines Objektes, das über die Möglichkeit des Eintritts einer, der Hexenmilchsekretion der Mamma beim Neugeborenen analogen Absonderung keinen Zweifel mehr übrig lässt. Da meinen Unter- suchungen zufolge dieser Prozess in der Mamma auch in der Prostata und bis zu einem gewissen Grade auch im Nebenhoden auftritt, so handelt es sich jedenfalls um einen weit allgemeineren physiologischen Vorgang, für den ich mir die Bezeichnung „natale Sekretion“ vorzuschlagen erlaube. Diese Drüse also übertrifft die anderen nicht an Grösse, wohl aber durch ihre am weitesten vorgeschrittene innere Ent- wicklung, denn fast alle Endsprossen haben bereits ein vollkommen ausgebildetes Lumen. Sie stammt von einem ganz auffallend gut entwickelten, relativ grossen neugeborenen Kind. Das Gewebe ist stark hyperämisch und die Gefässe enthalten weisse Blut- körperchen, doch finden sich nirgends Extravasate. Im Stroma der Drüse sehen wir fast überall zahlreiche Wanderzellen, welche stellenweise etwas dichter beisammen liegen. Der Hauptmasse nach sind es kleine Lymphozyten, die grossen treten an Zahl 464 Es inleleihtn. bedeutend zurück und bilden bisweilen auch grössere Gruppen. Polynukleäre Zellen sind sehr selten, und von eosinophilen sind sowohl einkernige als auch zweikernige ziemlich reichlich ver- treten. Riesenzellen sind nicht zu sehen. Am wichtigsten ist aber der Befund im Drüsenlumen. Fast alle Tubuli enthalten ein deutliches, manche sogar ein reichliches Sekret. An den übrigen Drüsen vom Fötus und vom Neugeborenen war etwas derartiges gar nicht oder höchstens nur spurenweise zu sehen. Das Sekret erscheint bei Sublimatfixation als ein ziemlich dichter, feinkörniger Niederschlag, der hie und da kleine sehr substanzarme Kügelchen enthält, von denen die grössten etwa 7 « Durchmesser haben. Es stimmt in seinem Aussehen mit dem Niederschlag des Sekretes der geschlechtsreifen Prostata annähernd, doch nicht vollständig überein. Bei Anwendung der Eisen-Hämatoxylin-Färbung sieht man kleine dunkel tingierte Kügelchen und Körnchen, ähnlich den in den Drüsenzellen vorkommenden. Ich stellte mir auch die Frage, ob sich nicht ein Einwandern von Lymphkörperchen ins Lumen konstatieren lässt, was deshalb schwer zu entscheiden ist, weil abgestossene Epithelzellen vorhanden sind und die Kerne dieser in ihrer Grösse mit denen der Lymphozyten ziemlich überein- stimmen und bald mehr, bald weniger chromatinhaltig sind. Es kommen jedoch im Lumen auch polynukleäre Zellen vor, sodass die Einwanderung von weissen Blutkörperchen in dasselbe voil- ständig sichergestellt erscheint. Was die Sekretionsvorgänge an den älteren Drüsen betrifft, so ist zu bemerken, dass die vorhandene Sekretmenge im Ver- gleich zu dem vorhergehenden Objekte bedeutend geringer ist. Vom Infiltrat sind, wie bereits erwähnt, nur mehr Spuren vor- handen. Der ganze Komplex von Vorgängen, der beim Neu- geborenen so deutlich hervortritt, verschwindet also in den ersten Monaten bis auf geringe Spuren, analog den Verhältnissen in der Mamma. Noch später beim elfmonatlichen Kinde ist das Infiltrat vollständig verschwunden und die Sekretmenge minimal; diese bleibt dann auch in den folgenden Stadien bis auf weiteres konstant. Es erscheint also den obigen Tatsachen zufolge zweifellos, dass in der Prostata des Neugeborenen falls sie einen gewissen mittleren Entwicklungsgrad erreicht hat, zum Teil dieselben Prostata und Mamma des Neugeborenen. 465 Vorgänge stattfinden wie in der Mamma; es kommt nämlich ebenfalls zur Bildung eines Infiltrats. Eine bedeutendere Sekretion tritt aber nur dann auf, wenn der Entwicklungsgrad der Prostata ein sehr hoher ist. Die Prozesse erreichen in beiden Drüsen in den ersten Tagen oder Wochen nach der Geburt ihren Höhe- punkt, um von da ab allmählich zu verschwinden; in der Prostata findet aber auch weiterhin ein Minimum von Sekretion statt. Im Referate der Arbeit von Kalaschnikow (10) finde ich die Angabe, dass die Prostata schon bei Brustkindern sezerniert und das Sekret mit dem der Drüse des Erwachsenen im wesentlichen übereinstimmt. Aus dem Zusammenhang scheint jedoch hervor- zugehen, dass der Autor nicht unseren spezifischen an die ersten Lebenstage geknüpften Sekretionsvorgang meint und für ihn nur die Funktionsfähigkeit der Drüse in diesem Alter von Interesse war. Dem Infiltrat zufolge, welches wir im Nebenhoden des Neugeborenen in ganz gleicher Beschaffenheit konstatiert haben, sind wir zu der Annahme berechtigt, dass der Vorgang der natalen Sekretion oder wenigstens ein Teil der sie begleitenden Vorgänge auch in diesem Organ stattfindet. Ferner sei bemerkt, dass im Ductus ejaculatorius bisweilen sehr reichliche Kügelchen gesehen wurden, die wie Sekretionsprodukte aussahen. Kehren wir nun nochmals zum Vergleich zwischen Mamma und Prostata zurück. Die Mamma zeigt während ihrer natalen Sekretion die ihr normal zukommenden Funktionsverhältnisse, Anders hingegen die Prostata. Hier sehen wir bei der natalen Sekretion Ver- änderungen im Bindegewebe und in den Drüsenräumen, die in der funktionierenden geschlechtsreifen Drüse fehlen, hingegen mit denen in der Milchdrüse desselben Individuums vollständig über- einstimmen. Diese Übereinstimmung manifestiert sich schon durch das Infiltrat vollkommen genügend, wir können aber auch die Einwanderung von Lymphkörperchen ins Lumen und eventuell die Abstossung von Drüsenzellen hinzuziehen.') Es besteht also zwischen den Prozessen in beiden Drüsen keine blosse Analogie, sondern eine sehr weitgehende Gleichheit, welche einer Erklärung bedarf. Jedenfalls muss für das Auftreten der natalen Sekretion ', Es wäre von Interesse, die Zusammensetzung des natalen Prostata- Sekretes zu untersuchen. 466 Julius Schlachta: in den verschiedenen Drüsen ein einheitlicher Reiz sui generis von bisher nicht näher bekannter Beschaffenheit vorausgesetzt werden. V. Die Schleimdrüsen der Prostata. Während in anderen |Fragen, z. B. betrefis des acinösen oder tubulösen Baues der prostatischen Drüsen und der Existenz einer Membrana propria widersprechende Angaben vorliegen, stimmen bezüglich der Schleimdrüsen fast alle Autoren darin überein. dass solche in der Prostata fehlen. E. Reliquet und A. Gu6pin (17) aber geben an, dass prostatische Drüsen aus- schliesslich auf der hinteren Seite der Harnröhre zu finden sind, während es auf ihrer vorderen Seite nur Schleimdrüsen gibt.') Ich habe hinsichtlich dieser Verhältnisse mehrere meiner Serien von Föten und Neugeborenen und auch Drüsen von Erwachsenen untersucht. Wir wollen zuerst auf das Verhalten beim Neugeborenen eingehen. Die Objektträger der Serie VII wurden abwechselnd mit Hämalaun-Mueikarmin und Hämalaun-Eosin, respektive nach Van Gieson gefärbt, sodass aus allen Drüsenpartien Schnitte mit ausgeführter Mucinreaktion vorliegen. Es ergab sich, dass ein Teil der Drüsen eine positive Reaktion zeigt und zweierlei Arten von Schleimdrüsen vorkommen, die aber durch Übergangsformen miteinander verbunden sind. Die Zellen der einen, und diese ist die weitaus häufigere, sind Zylinderzellen, deren Kern in der Mitte liegt oder nur etwas basal gerückt erscheint, sodass ein wechselnd breiter aber für echte Schleim- zellen relativ schmaler Protoplasmasaum an das Lumen angrenzt, welcher an seinem zentralen Rande eine deutliche Mucinreaktion gibt (Abbildung 24, Tafel XXVI). Im Lumen ist Schleim meist ebenfalls nachweisbar oder er findet sich dort allein, während die Drüsenzellen nichts oder nur Spuren davon enthalten, was aber seltener stattfindet. Die Kerne sind stets rundlich oval und nie abgeplattet. Das Epithel solcher Drüsen ist meist einschichtig, manchmal aber auch zweischichtig, was bei der Jugend dieser Bildungen nicht überrascht. Dieser Gattung von Drüsen steht eine zweite, bedeutend seltenere gegenüber, die sich von der ersteren dadurch unterscheidet, ı, Zitiert nach Disselhorst (8); leider lag mir die Arbeit nicht im Original vor. Prostata und Mamma des Neugeborenen. 467 dass ihre Zellen vollkommen den Charakter echter Schleimdrüsen tragen (Abbildung 25). Ihr Epithelbesteht aus einer Lage von Zylinderzellen, deren Höhe durchschnittlich 12 « beträgt und nur selten findet man eine zweite tiefere Schicht, die aus kubischen Elementen besteht. Der Kern der Zylinderzellen liegt im Gegen- satz zu den Drüsen der früheren Art stets an der Basis der Zelle und ist häufig etwas platt-oval, seltener rundlich. Der kernfreie, zentral gelegene Protoplasma-Anteil erscheint bei Hämalaun-Eosin-Färbung fast ungefärbt und ganz hell, bei Anwendung von Mucikarmin jedoch intensiv rot gefärbt, ebenso wie der etwaige Inhalt des Lumens und bei Anwendung von Toluidinblau tritt ebenfalls die Mueinreaktion ein. Es handelt sich also bei diesen Bildungen der zweiten Art um gewöhnliche Schleimdrüsen, bei den früheren aber um Drüsen, die nur in geringer Menge Schleim sezernieren. Die Frage ob es sich nicht um verschiedene Sekretionsstadien handelt, soll später erörtert werden. Bei beiden Arten findet man entweder sämtliche Zellen der Drüsenkammer vom selben Charakter oder ein Teil besteht aus Schleimzellen, während die übrigen den Zellen der gewöhn- lichen Endkammern entsprechen. Was die Verteilung an der prostatischen Einzeldrüse betrifft, so sind beide Zellarten vorwiegend an den Gangenden, also in den Endkammern zu finden und viel seltener im Verlaufe eines Ganges; in diesem Fall liegen sie aber stets nicht zu weit von der Peripherie, sie meiden die zentralen Drüsenpartien. Ferner gilt für beide Schleimdrüsengattungen, dass sie eine prostatische Einzeldrüse nie ausschliesslich zusammensetzen; sie finden sich aber oft etwas gehäuft in demselben Gangsystem, namentlich jene der zweiten Art mit den voll sezernierenden Zellen. Endlich kommen in einem Gangsystem auch beide Drüsengattungen vor. Die Verteilung in der Prostata zeigt bestimmte Gesetz- mässigkeiten. In den oberen Partien des rückwärtigen Halbringes fehlen Schleimdrüsen vollständig und erst in einer Ebene, die beim Neugeborenen ungefähr 3,7 mm über der Utrieulusmündung liegt, beginnen sie aufzutreten. Wir wollen zunächst die Drüsen der ersten Art allein berücksichtigen, deren Zellen nur einen schmalen sezernierenden Saum aufweisen. Wenn man also jene Ebene nach unten zu überschreitet, so findet man Schleimdrüsen 468 Julius Schlachta: anfangs sehr spärlich und verstreut, stets aber bevorzugen sie den vorderen, seitlichen Anteil des hinteren Halbringes. Die Stelle ihres häufigsten Vorkommens liegt zu der der anderen Seite symmetrisch und auch die Zahl der Drüsen ist in beiden Hälften annähernd gleich. Weiter nach abwärts werden sie all- mählich zahlreicher und ihre Menge bleibt dann bis nahe dem unteren Drüsenende konstant; ihren symmetrischen Verteilungs- modus behalten sie bei. Erst knapp an der. Prostataspitze tritt eine Abnahme ihrer Häufigkeit ein. Im obersten Anteil des vorderen Drüsenringes findet man bereits Schleimdrüsen, doch sehr spärlich; tiefer unten werden sie häufiger und an der Grenze gegen die Pars membranacea urethrae ist schliesslich ihre Menge am grössten. Die Schleimdrüsen der zweiten Art finden sich gerade in denjenigen Teilen der Prostata, die an den Drüsen der anderen Gattung am reichsten sind. Sie beginnen also etwas oberhalb des unteren Drüsenendes, reichen nach aufwärts bis zum Niveau der Utrieulusmündung und nehmen ziemlich symmetrisch beider- seits das früher erwähnte Feld ein, das nahe dem vorderen Ende des hinteren Drüsenhalbringes liegt. Im Vorderlappen fanden sich keinerlei typische Drüsen dieser Art. Die vorstehenden Ergebnisse wurden geprüft an der Serie III vom Neugeborenen. Ob zwar die Schnitte mit Hämatoxylin- Eosin gefärbt sind, so treten die Schleimdrüsen gegenüher den anderen doch sehr gut hervor, da ihre Zellen sich durch einen schmalen oder breiten hellen Protoplasmasaum auszeichnen, der den eigentlichen prostatischen Drüsen an diesem Objekte fehlt. Die Verteilung der Schleimdrüsen beider Arten erwies sich im wesentlichen der am früheren Objekte gleich. Zu konstatieren ist nur, dass sie in der linken Prostatahälfte überwiegen und auch in den oberen Partien des vorderen Drüsenringes beide Gattungen vorkommen. In den vorhergehenden zwei Objekten fand ich pflaster- zellenhaltige Gänge und solche mit Schleimdrüsen niemals am selben Gangsystem vor; doch liegt dies vielleicht nur daran, dass in den (unteren) Partien der Prostata, in welchen die Schleim- drüsen zu finden sind, die Epithelumwandlung gerade am seltensten auftritt. Prostata und Mamma des Neugeborenen. 469 Es ist nun interessant, das Auftreten der Schleimdrüsen an jüngeren Stadien zu verfolgen. Am Fötus von 31 cm (Serie I) findet man solche der zweiten Art noch nicht und Zellen mit zentralem hellem Saum wurden bloss an einer einzigen Stelle im Vorderlappen gesehen. Beim demnächst älteren Fötus von 38 cm (Serie II) fällt es auf, dass man voll sezernierende Schleimzellen im Vergleiche zur Prostata des Neugeborenen viel häufiger findet als solche mit schmaem Schleimsaum. Die Verteilung ist im wesentlichen dieselbe wie sonst: Für den hinteren Drüsenring gilt, dass in seiner oberen Hälfte Schleimdrüsen vollkommen fehlen; erst in seiner Mitte sind solche zu finden, aber nur sehr spärlich und knapp vor dem unteren Drüsenende sind sie dann am häufigsten. Der Vorderlappen ist relativ reichlich mit ihnen bedacht: Solche der zweiten Art finden sich in seiner ganzen unteren Hälfte, während in den oberen Partien nur Zellen mit einem sezernierenden Saum vorkommen. Um echte Schleimdrüsen handelt es sich an den bezüglichen Stellen ganz zweifelsohne, da sie mit den Schleimzellen der Cowper’schen Drüse, die an manchen Schnitten zum Teil ge- troften ist, vollkommen übereinstimmen. Auch das Auftreten bei einem Fötus von 38 cm Länge ist durchaus nichts auffälliges, da beispielsweise in den Bulbourethraldrüsen echte Schleimzellen schon bei Föten von 15—16 cm Länge beschrieben sind (Vitalis Müller [12]). Ferner wurden von Chiewitz (6) in den Speicheldrüsen bereitsan 16wöchentlichenFötenMucinzellen gesehen. Wenn man nun überlegt, dass von der weitaus grössten Mehrzahl der Autoren Schleimdrüsen in der Prostata geleugnet werden, so ist es klar, dass wenn sie in der geschlechtsreifen Drüse wirklich noch vorkommen, an Zahl jedenfalls sehr gering sein müssen. Tatsächlich tritt später wie wir uns schon beim 1lmonatlichen Kinde überzeugen konnten, eine Reduktion der Schleimdrüsen ein. Dieses Objekt wurde zwar nicht in Serien- schnitte zerlegt, es wurde aber aus vier verschiedenen Höhen je eine grössere, geschlossene Schnittreihe angefertigt, die mit Hämalaun-Mueikarmin gefärbt wurde. Die Verteilungsverhältnisse stimmen mit den an den jüngeren Prostatae beobachteten über- ein, doch hat die Zahl der Schleimdrüsen entschieden abgenommen. Spuren von zugrunde gehenden Drüsen dieser Art sind nirgends zu sehen. 470 Julius Schhharchta: Auch Prostatae vom Erwachsenen wurden in gleicher Weise untersucht. Mein Material ist in dieser Hinsicht noch unvoll- ständig und meine Untersuchungen daher nicht abgeschlossen. Sicher ist aber, dass in geschlechtsreifen Objekten ebenfalls echte Schleimdrüsen vorkommen, allerdings sehr spärlich; ob völlig konstant, ist bisher noch nicht sichergestellt. Von meinem Kollegen, Herrn Dr. Rud. Paschkis, wurde schon vor mir beim Erwachsenen ein Befund von Schleimdrüsen gemacht. Unabhängig von seinen Untersuchungen habe ich dann bei Kindern und älteren Individuen echte Schleimdrüsen gefunden. Auch die Ergebnisse von Reliquet und Gu&pin (17) gehören hierher. Dass diese Drüsen so zahlreichen Beobachtern bis jetzt entgangen sind, ist wohl dadurch zu erklären, dass sie in der Prostata des Erwachsenen noch viel spärlicher sind als bei Kindern und in den unteren Drüsenpartien vorkommen, die bei der Unter- suchung gegenüber den mittleren und oberen Teilen vielleicht vernachlässigt wurden. Ich habe nun in zwei von vier untersuchten Prostatae des Erwachsenen Schleimdrüsen gefunden, behalte mir aber weitere Untersuchungen darüber vor. Sobald nicht die ganze untere Drüsenpartie in Serienschnitte zerlegt ist, darf man, wie ich glaube, das Fehlen von Schleimdrüsen an dem betreffenden Objekte nicht behaupten. Es ist daher für mich wahrscheinlich, dass diese Drüsen viel häufiger, ja vielleicht sogar konstant vorkommen, obwohl es aus den bisherigen Ergebnissen nicht hervorzugehen scheint. Sie finden sich stets nur an denselben Stellen wie beim Neugeborenen und beim Fötus. An dem einen Individuum (29 Jahre alt) liegen sie im Vorderlappen der Prostata, an dem zweiten (49 Jahre alt) im vorderen Anteil des rückwärtigen Drüsenringes, nicht weit oberhalb der Pars membranacea urethrae. An beiden Objekten sieht man mucinhaltige Zellen auch in mehreren Ausführungsgängen. Diese erscheinen bei dem älteren Individuum von einem geschichteten Epithel ausgekleidet, dessen oberflächliche Elemente hohe Zylinderzellen sind; ihr Kern liegt basal und der übrige Zellleib ist intensiv mit Mucikarmin tingiert. In demselben Schnitt findet man noch inmitten der prostatischen Drüsenräume bedeutend kleinere, rundliche Acini, die von einer Schichte echter Schleimdrüsenzellen (der zweiten Art) ausgekleidet sind und in ihrer Grösse und sonstigem Aussehen mit den ana- Prostata und Mamma des Neugeborenen. 471 logen Drüsen des Neugeborenen vollkommen übereinstimmen. Etwas ähnliches gilt für die an dem jüngeren Individuum im Vorderlappen gefundenen Drüsen. Hier wurden jedoch auch in echten prostatischen Schläuchen stellenweise zwischen den ge- wöhnlichen Zellen Schleimzellen gesehen. An sämtlichen unter- suchten Prostatae vom Erwachsenen fehlen aber jene Zellen mit Schleim sezernierendem zentralem Saum, die wir beim Neugeborenen und auch noch beim 11 monatlichen Kinde fanden. Da also diese Drüsengattung später verschwindet, ist nicht anzunehmen, dass sie nur ein besonderes Sekretionsstadium darstellt. Dafür spricht auch ihre beim Neugeborenen gegenüber den Schleimdrüsen der zweiten Gattung so überwiegende Verbreitung. Es tritt aber, wie Öhiewitz (6) beschrieben hat, die Muein- bildung gerade bei sich entwickelnden Schleimdrüsen im zentralen Teile der Zelle auf; dass nun die betreffenden Drüsen in der Prostata des Neugeborenen sich nicht in dieser Richtung weiter- entwickeln, ist ohne weiters klar, denn wie schon erwähnt, nimmt die Zahl der Schleimdrüsen später nicht zu sondern ab. Die Schleimdrüsen der geschlechtsreifen Prostata sind offenbar mit denen der zweiten Art beim Neugeborenen identisch. Sicher ist, dass die Schleimdrüsen der ersten Art (mitdem schmalen sezernieren- den Zellsaum) beim Erwachsenen zum grössten Teil oder wahr- scheinlich sogar vollständig verschwunden sind. Für das Letztere sprechen meine bisherigen oben erwähnten Befunde. Es wurden aber niemals irgendwelche Involutionsbilder ganzer Drüsengänge gesehen, welche darauf hindeuten würden, dass diese Drüsen- gattung vollständig zugrunde geht. Etwas derartiges ist über- dies so gut wie ausgeschlossen, weil jene Zellen zum Teil auch in Ästen niedrigerer Ordnung auftreten und daher bisweilen sehr grosse Drüsenpartien verloren gehen müssten. Bezüglich jener Zellen ist also nur zweierlei möglich: Entweder sie bleiben voll- kommen erhalten und ändern nur ihren feineren Bau und ihren Sekretionscharakter, oder sie werden abgestossen und die so ent- standenen Lücken von den anderen prostatischen Zellen her aus- gefüllt. VI. Die Cysten der Urethralschleimhaut. Die Oysten in der Blasenschleimhaut stellen nach den Untersuchungen von Axel Lendorf (1]) und Otto Zucker- 472 Julius Schlachta: kandl (25) die ersten Anfänge einer Drüsenbildung dar und finden sich in einem gewissen Ausmaße normalerweise vor. Ob- wohl sich diese Behauptung, allerdings mit einer gewissen Modi- fikation, auch auf die Urethralschleimhaut übertragen lässt, ist dies bisher doch noch nicht in entsprechender Weise geschehen. v. Ebner (9) führt die Möglichkeit an, dass aus den Cysten der Urethra die intraepithelialen Drüsen entstehen können; ausserdem aber fand er cystenartige Hohlräume, die zweifellos durch Epithel- degeneration entstehen und mit der Drüsenbildung sicher nichts zu tun haben, im Epithel des Utriculus prostaticus und der in ihn mündenden Gänge. Die uns hier interessierenden Ergebnisse der Arbeit von Paschkis (14) sind folgende: Die Cysten der Urethral- schleimhaut entstehen sowohl durch zugrunde gehendes Epithel als auch durch Sekretion. Es werden Cysten mit radiärer Anordnung der umgebenden Zellen und solche ohne dieselbe unterschieden. An jugendlichen Individuen sind alle diese Bildungen häufiger als an älteren, während die intraepithelialen Drüsen das entgegengesetzte Verhalten zeigen. Aus diesem Grunde, sowie wegen der zahlreichen zu beobachtenden Über- gänge von Uysten in intraepitheliale Drüsen sind letztere min- destens zum Teile auf die ersteren zurückzuführen. Damit stimmt aber scheinbar die Tatsache nicht überein, dass in der Pars prostatica urethrae bei Kindern die Cysten sehr zahlreich sind und bei Erwachsenen doch nur sehr wenige intraepitheliale Drüsen sich vorfinden. Dieser Widerspruch löst sich nun, wenn wir annehmen, dass aus den Cysten nebst den intraepithelialen Drüsen auch die gewöhnlichen Urethraldrüsen hervorgehen, die letzteren in völliger Analogie mit den Blasendrüsen. Dies findet nun auch wirklich statt, vor allem in der Pars prostatica urethrae. Wir sehen da- selbst bei Neugeborenen und bei jüngeren Kindern sämtliche Übergänge von Cysten zu wirklichen Drüsen, worüber die Ab- bildungen 26, 27 auf den Tafeln XXVI und XXVII nachzusehen sind: Es gibt nämlich Cysten, deren Epithel gegen das Stroma zu einen zapfenartigen Fortsatz bildet, der wieder von grösserer oder geringerer Länge sein kann. Ist er länger, so findet sich die Cyste häufig in seinem fundus, sie gehört also nicht mehr dem Urethralepithel, sondern schon dem jungen Drüsenzapfen an. Prostata und Mamma des Neugeborenen. 473 Wird dieser grösser, so enthält er eventuell mehrere Cysten die hintereinander liegen und entweder an Ort und Stelle ent- standen oder von der Urethralschleimhaut hineingerückt sind. Man erkennt, dass sie das künftige Lumen vorbereiten. Bisweilen sieht man mehrere Cysten in einer gegen die Mukosa ein wenig vorgebuchteten Stelle des Epithels ganz nahe beieinander, sodass man einwenden könnte, die fertigen Drüsen der Pars prostatica stehen nie so dicht. Doch es gibt dickere Epithel- sprossen, die tatsächlich mehrere dicht beisammen gelegene Cysten enthalten. Ihre weitere Entwicklung besteht darin, dass sie miteinander verschmelzen und dadurch oder auch durch Aus- dehnung in die Länge zu grösseren länglichen Hohlräumen, dem späteren Lumen werden. Wenn sie älter sind, so ändern sie ihr Aussehen, indem der kolloide Inhalt immer spärlicher wird. Am siebenmonatlichen Fötus sind sie bereits vorhanden. Die Drüsen- entwicklung mit der Cystenvorstufe kommt aber den ersten Prostataanlagen und denjenigen der nächstfolgenden Fötalzeit noch nicht zu, denn die Drüsenschläuche jener Stadien werden solid angelegt; erst später können sich in diesen Zellsträngen Cysten entwickeln. Daher finden wir beim Neugeborenen bis- weilen in grossen prostatischen Drüsen, deren Ausführungsgang noch kein entwickeltes Lumen zeigt, an Stelle eines solchen zahlreiche Cysten, die mit denen der Urethra vollkommen übereinstimmen (Abbildung 28, Tafel XXVII). Untersucht man eine Pars prostatica urethrae vom Erwachsenen, so findet man gegenüber dem Neugeborenen für gewöhnlich nur sehr spärliche Cysten und dafür viel zahlreichere Urethraldrüsen vom Prostata- Typus, wie schon Paschkis angibt. Die zahlreichen Übergänge von Cysten in Drüsen an Objekten von Neugeborenen sowie die numerische Abnahme derselben beim Erwachsenen im Gegensatze zur Zunahme der Schleimhautdrüsen und ferner die analogen Vorgänge in der Blase beweisen also, dass in der Urethra aus einem Teil der Cysten Urethraldrüsen hervorgehen; der übrige Teil, wird wie aus den Untersuchungen von v. Ebner und Paschkis hervorgeht, zu intraepithelialen Drüsen. Da jedoch diese in der weiblichen Urethra nach den Angaben des letzteren Autors fehlen, so würden hier aus den Cysten nur Urethraldrüsen hervorgehen. Es ist aber zu betonen, dass nicht alle Harnröhrendrüsen aus cystischen Vorstufen entstehen, sondern Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 31 474 Julius Schlachta: an sehr vielen geschieht die Lumenbildung zwar ganz ähnlich, aber die betreffenden Hohlräume enthalten nicht die charakte- ristische Inhaltsmasse der eigentlichen Cysten und die ausklei- denden Zellen zeigen nicht die basalgelegenen Kerne; es findet also ein Auseinanderweichen der Zellen ohne gleichzeitige Sekretion statt. Die Häufigkeit des Vorkommens von Üysten in der Harnröhrenschleimhaut und ihren Drüsen variiert sehr, und falls daher die Öystenentwicklung eine spärlichere ist, geschieht die Lumenbildung in den Urethraldrüsen häufiger durch blosses Aus- einanderweichen der Zellen. Eine nicht geringe Zahl von Schleim- hautdrüseh ist aber vollständig mit Pflasterepithel erfüllt, das oft pfropfartig in das Urethrallumen hineinragt; das Lumen wird dann durch Ausstossung dieser Zellen gebildet. Das Auftreten der Cysten ist, wie aus ihrer weiteren Entwicklung hervorgeht, ein Proliferationsvorgang der Urethral- schleimhaut, ebenso wie dies von Zuckerkandl für die Blase ausgesprochen wurde. Dies schliesst nicht aus, das gleich- zeitig eine Sekretion oder eine Degeneration der zentralen Zellen stattfindet. Nachdem nun die COysten Vorstufen von Drüsen dar- stellen, ist für die Entstehung ihres Lumens eine Sekretion nicht notwendig, ebensowenig wie bei der Entwicklung anderer Drüsen, man kann aber sehr wohl eine mechanische Unterstützung dieses Vorganges durch dieselbe annehmen, wie dies durch Stoerk (20) geschehen ist, der die Sekretion an den Cysten der Blase zuerst als solche erkannt hat. Die Entstehung der Cysten und ihre Umwandlung in Schleimhautdrüsen ist aber nicht auf jugendliche Individuen be- schränkt, sondern findet ebenso wie in der Blase auch späterhin und unter pathologischen Verhältnissen sogar reichlicher statt. Aschoff (1) spricht sich bereits dafür aus, dass in der Urethra und in den gesamten harnleitenden Wegen überhaupt, auch im späteren Leben noch Drüsen neugebildet werden. Bezüglich des feineren histologischen Verhaltens der Cysten der Urethra ist zu bemerken, dass wie schon Paschkis hervor- sehoben hat, dieselben voneinander abweichen können. Bei einem Teil derselben sind die auskleidenden Zellen von zylindrischer Form und ihr Kern liegt basal. Beide Momente können aber in einem sehr verschiedenen Deutlichkeitsgrade ausgeprägt sein. Das Proto- plasma färbt sich mit Eosin deutlich rot, mit Mucikarmin beiläufig Prostata und Mamma des Neugeborenen. 475 ebenso intensiv, aber nicht ausreichend für eine Schleimreaktion. Nur sehr selten zeigt der zentrale Saum der Zellen eine echte Mueinfärbung. Der Inhalt dieser Cysten weist dasselbe tinktorielle Verhalten auf. Zell- oder Kernreste kommen vor und zwar selbst in solchen Uysten, deren Zellsäume eine echte Schleimreaktion geben. Derartige Fälle beweisen, dass bei der Cystenbildung sowohl Sekretion, als auch Zelldegeneration eine Rolle spielen, und dass beide Vorgänge gleichzeitig auftreten können. Meist handelt es sich aber um den ersteren Vorgang allein. Nach den geschilderten Färbungsergebnissen ist das im Innern ange- häufte Sekret im wesentlichen eine kolloidartige Masse, wie schon v. Ebner angibt, Schleim ist nur sehr selten und in geringer Menge vorhanden. Wenn man hier von Sekretion spricht, so darf man nie vergessen, dass sie nur eine höchst minimale sein kann, denn die Cysten sind keine schnell vergänglichen Gebilde und es müsste daher, bei einer auch nur mässigen Sekretmenge, zu einer bedeutenden Vergrösserung derselben kommen. Der übrige Teil der Cysten hat auskleidende Zellen, welche sich durch nichts von den anderen weiter entiernten unterscheiden, also keine radiäre Anordnung, keine basal gelegenen Kerne und auch keinerlei Mucinreaktion zeigen. Der Innen- raum ist häufig relativ gross und die Inhaltsmasse bedeutend kleiner. Sie unterscheidet sich von der der früher geschilderten Cysten nur dadurch, dass Zell- und Kernreste vielleicht etwas häufiger vorkommen. Ich glaube, dass sie sowohl durch Zell- degeneration, als auch durch eine Sekretion der auskleidenden Zellen entsteht, obgleich diese nicht das gewöhnliche Aussehen sekretorischer Elemente darbieten. Denn man sieht die Spuren einer Zelldegeneration viel zu selten, als dass dieser Faktor allein für die Entstehung der Inhaltsmasse ausreichen würde. An diesen Cystenformen, die mit den früheren durch zahl- reiche Übergänge verbunden, also von ihnen nicht scharf trennbar sind, lässt sich ebenfalls eine Umwandlung zu intraepithelialen Drüsen konstatieren, indem nämlich die Scheidewand gegen das Harnröhrenlumen immer dünner wird. Wenn diese geschwunden ist, müssen sich die auskleidenden Zellen noch in Schleimzellen umwandeln. Auch bei der vorigen Uystenart muss diese Um- wandlung erst stattfinden, da wie schon erwähnt, in der grossen Mehrzahl der Fälle an ihren Zellen eine Schleimsekretion nicht ar 476 Julius Schlachta: nachweisbar ist. Daraus erklärt sich auch, warum gerade bei jugendlichen Individuen die intraepithelialen Drüsen so häufig keine deutliche und intensive Mucinreaktion geben, worauf bereits Paschkis aufmerksam gemacht hat. Diejenigen Cysten, welche zur Bildung von Harnröhren- drüsen in Beziehung stehen, gehören meist dem ersten Typus mit den radiär gestellten Zellen und den basal liegenden Kernen an. Am Schlusse dieses Abschnittes sei es mir gestattet, meinem Institutskollegen, Herrn Dr. R. Paschkis für die freundliche Überlassung seiner Urethra-Serien behufs Ergänzung meines Materials bestens zu danken. Ergebnisse. Drüsenentwicklung. Beim Fötus und beim Neugeborenen zeigen jene Gang- systeme der Prostata, welche in der Höhe der Utrieulusöffnung oder darüber münden, bisweilen in ihrem Ausführungsgang und mitunter auch in ihren Ästen niedriger Ordnung ein sehr enges oder noch vollkommen unvollständiges, nicht durchgängiges Lumen. Die Lumenentwicklung geschieht an manchen Einzel- drüsen ebenso wie in den Speicheldrüsen. In den Ästen höherer und letzter Ordnung ist dieselbe beim Neugeborenen in allen Drüsenpartien meistens noch nicht gänzlich beendet und es kann hiebei zur Bildung grosser und sehr dünner Scheidewände kommen. Vielfach sind am Ende des Fötallebens nur Überreste derselben vorhanden in Form von zirkulären Leisten (am Schnitte in Form eines guirlandenförmigen Gangkonturs). Im Unterlappen der Prostata des Fötus findet an Gängen verschiedener Ordnung manchmal ein sehr bedeutendes Wachstum im queren Durchmesser statt, welches zu einer exzessiven Weite der betreffenden Schläuche führt. Vor dem Ende des fötalen Lebens findet in den prostatischen Drüsen keine nennenswerte Sekretion statt. Epithel-Umwandlung. Das Drüsenepithel der Prostata und das Epithel des Utriculus werden während der Fötalperirde physiologisch in ein Pflasterepithel umgewandelt, ebenso wie dies für die Prostata und Mamma des Neugeborenen. 477 Schleimhaut der Urethra gilt. Der Beginn dieses Prozesses scheint im Utriculus früher stattfinden zu können als in den Prostatagängen. In diesen konnte eine Epithelumwandlung erst am Anfange des achten Lunarmonats konstatiert werden. Das Pflasterepithel zeigt schon beim Fötus eine Desquamation und Degeneration und verschwindet in den zwei ersten Monaten des extrauterinen Lebens vollständig. Die Ausbreitung der Epithel- umwandlung ist eine wechselnd grosse, zeigt aber eine deutlich ausgeprägte Gesetzmässigkeit. Das Pflasterepithel findet sich für gewöhnlich nur im Oberlappen und in den oberen Partien des vorderen Drüsenhalbringes; in der unteren Prostatahälfte fehlt es oder es ist bedeutend spärlicher entwickelt. Sowohl bezüglich seiner Menge als auch in seiner Verteilung herrscht eine weit- gehende Symmetrie. In der Einzeldrüse bevorzugt es die mittleren Zonen derselben; sehr junge Gangsysteme enthalten häufig in ihrer Totalität umgewandeltes Epithel. Sowohl ganze Prostatae als auch Einzeldrüsen mit besonders ausgedehnter Epithelumwandlung erweisen sich gegenüber anderen in der Entwicklung von Endsprossen als zurückgeblieben. Das Pflasterepithel zeigt in den verschiedenen Regionen der Prostata und auch des einzelnen Gangsystems keine wesent- lichen Altersunterschiede; es scheint also überall ziemlich gleichzeitig aufzutreten. Nur in den kleinen Gangknospen und im peripheren Ende des Ausführungsganges, sowie in den an- stossenden Ästen erster Ordnung ist es häufig jünger. Die Pflasterzellen entwickeln sich stets intraepithelial in kleinen Herden, die sich sukzessive vergrössern können, indem durch eine gleichzeitige Epithelwucherung die Zahl der Zell- schichten bedeutend vermehrt wird. Die umgewandelten Zellen sind auf der Höhe ihrer Ent- wicklung sehr gross, haben spärliches Protoplasma und eine dicke Membran. Ihre weitaus grösste Mehrzahl enthält sehr reichlich Glykogen in Form von kleineren und grösseren Kügelchen, viel seltener produzieren sie Schleim. Sobald sie degenerieren, nimmt ihr körniger, mit Eosin färbbarer Inhalt häufig an Volum zu, das Glykogen zerfällt in kleinere Tröpfchen, welche in ent- sprechenden Vakuolen liegen, und verschwindet schliesslich voll- ständig. Die Zellmembran wird immer dünner und es kommt dann leicht einerseits zu Abschnürungen von Zellteilen, anderer- 478 Julius’Schlachta: seits zu Verschmelzung mehrerer. Zellen. Schliesslich bleibt von den umgewandelten Elementen ein mit Eosin rot färbbarer Detritus übrig, der eine kleine Menge Schleim enthält. Häufig findet nur eine einfache Schrumpfung der Zellen statt. Die Zellmembran degeneriert nur ausnahmsweise schleimig. Bei diesen Degenerationsvorgängen bleiben die Zellen entweder in ihrem Verbande oder es wird derselbe gelöst Häufig bilden sich mitten im Epithel scharf begrenzte kugelige Hohlräume, innerhalb welcher die Degeneration stattfindet. In den zwei ersten Monaten nach der Geburt verändern die noch vorhandenen Pflasterzellen ihr Aussehen, indem sie kleiner werden und ihre Membran undeutlich wird. Im Pflasterepithel des Utrieulus, der Prostata und auch der Urethra treten von der Keimschichte aus, in das Epithel selbst hineinwachsende, rundliche Knospen aus nicht umgewandelten Zellen auf, die solid oder hohl sind. Sie können sich von der Epithelbasis loslösen, (passiv) gegen die Oberfläche wandern und auch ausgestossen werden. Die fötalen Epithel-Umwandlungenin der Prostata, im Utriculus prostaticus und in der Urethra sind zum mindesten morphologisch Teile eines und desselben Vorganges, dessen Wesen bisher unbekannt ist. Schleimdrüsen der Prostata. In der Prostata des Fötus und des Neugeborenen findet man in den mittleren und unteren Partien des rückwärtigen Drüsenringes und im ganzen vorderen Drüsenring ziemlich reich- liche Schleimdrüsen zweierlei Art. Beide Formen sind miteinander durch Übergänge verbunden. Die Drüsenzellen der ersteren Gattung haben nur einen schmalen, Schleim sezernierenden Saum, die der zweiten sind vollkommen von Schleim erfüllt und viel spärlicher. Beide Drüsengattungen sind im hinteren Halbring nahe dem vorderen Ende desselben, etwas unter dem Niveau der Utrieulusmündung am zahlreichsten, im vorderen Drüsenlappen zeigen sie keine typische Anordnung. Sie finden sich stets mit echten prostatischen Tubulis am selben Gangsystem. Die Schleim- zellen liegen auch vielfach gruppenweise mitten unter den gewöhn- lichen Zellen. Sehon in den ersten Lebensjahren verschwinden teilweise die Drüsen der ersten Gattung und scheinen in der geschlechts- Prostata und Mamma des Neugeborenen. 479 reifen Prostata bereits vollständig zu fehlen: Hingegen finden sich beim Erwachsenen echte Schleimdrüsen (der zweiten Art) und bilden hier wahrscheinlich ein ziemlich konstantes Vorkommnis. Membrana propria. Beim Fötus ist sie an manchen jungen Knospen der Urethral- schleimhaut in besonderer Mächtigkeit entwickelt; in geringerer Stärke an den Prostataschläuchen. Beim Neugeborenen sind stellenweise noch Rudimente dieser Bildungen vorhanden. Es handelt sich um eine dünne, fast homogene Bindegewebsschicht, die spezifisch verändert ist. Die Cysten der Urethralschleimhaut. Aus diesen gehen in der Pars prostatica urethrae neben intraepithelialen Drüsen (v. Ebner, Paschkis) auch Urethral- drüsen hervor. Mamma und Prostata beim Neugeborenen In der Mamma des Fötus kommt es in manchen Fällen einige Tage vor der Geburt, wahrscheinlich im Gefolge des Infiltrats zu kleinen Blutungen. Diese sind von den durch Asphyxie bedingten wohl zu unterscheiden. Das Infiltrat in der Milchdrüse des Neugeborenen enthält physiologisch spärliche Riesenzellen. Die Prostata des neugeborenen reifen Kindes enthält, falls sie eine gewisse mittlere Entwicklungshöhe erreicht hat, ein ganz ähnlich zusammengesetztes Infiltrat, also auch Riesenzellen. Dasselbe findet sich besonders reichlich im Unterlappen, zeigt eine peritubuläre Anordnung, umgibt aber auch die kleineren (efässe sowohl in der Prostata, als auch im periprostatischen Bindegewebe. | In Drüsen, welche eine relativ hohe Entwicklungsstufe erreicht haben, die sich durch die weit vorgeschrittene Differen- zierung der Endsprossen manifestiert, sieht man beim Neu- geborenen eine viel bedeutendere Sekretion als beispielsweise in einer viermonatlichen oder noch älteren kindlichen Drüse. Es kann also die ganze Kette von Vorgängen, welche wir bei der Hexenmilchsekretion der Mamma vorfinden, auch hier in grösserer oder geringerer Vollständigkeit auftreten. 480 Julius Schlachta: Da im Nebenhoden etwas ähnliches gefunden wurde, können wir behaupten, dass der Vorgang in der Milchdrüse des Neu- geborenen im Sexualapparat viel allgemeiner verbreitet ist, dass es also nicht nur in der Milchdrüse, sondern auch in der Prostata, im Nebenhoden und vielleicht noch in anderen Drüsen eine natale Sekretion“ oder mindestens deren Anfänge gibt. Sehr beachtenswert ist die Tatsache, dass die Prostata die Veränderungen in der Mamma so weitgehend nachahmt. Zum Schlusse ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem verehrten Lehrer und Chef, Herrn Hofrat EmilZuckerkandl, für die freundliche Unterstützung bei dieser Arbeit meinen besten Dank auszusprechen Herrn Hofrat Weichselbaum bin ich für die gütige Überlassung von Material zu grossem Dank verpflichtet. » Literatur.') 1. Aschoff, L.: Ein Beitrag zur normalen und pathologischen Anatomie der Schleimhaut der Harnwege und ihrer drüsigen Anhänge, Virchows Archiv, Bd. 138, 1894. 2. Barfurth, Dietrich: Zur Entwicklung der Milchdrüse. Inaug. Diss., 1882, 3. Benda, C.: Anatomie des Harn- und Geschlechtsapparates. In: Klinisches Handbuch der Harn- und Sexualorgane Herausgeg. von W. Zuwelzer. 4. Bizzozero,G. und Ottolenghi. D.: Histologie der Milchdrüse. Ergebnisse d. Anat. u. Entwicklungsgeschichte, Bd. 9, 1899 5. Bizzozero,G,e Vassale, G.: Sulla produzione e sulla rigenera- zione fisiologica degli elementi ghiandolari. Arch. p. le scienze mediche, Vol. XI., 1857. Zitiert nach dem Referate von Bizzozero (4). 6. Chiewitz, J. H.: Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Speichel- drüsen. Arch. f. Anat. u. Entwicklungsgesch., Jahrg. 1885. 7. Czerny, A.: Über das Colostrum. Prager mediz. Wochenschrift, 1890. 8. Disselhorst, Rud.: Die akzessorischen Geschlechtsdrüsen der Wirbeltiere mit besonderer Berücksichtigung des Menschen Wiesbaden 1897. 9. Ebner, V.v.: A Koellikers Handbuch der Gewebelehre des Menschen. 6. Aufl., 3. Bd., Leipzig 1902 10. Kalaschnikow, W.: Zur Anatomie der Harnwege bei Kindern. Diss med. St. Petersburg 1899. Zitiert nach dem Referat in den Jahres- berichten üb. d. Fortschritte d. Anat. u. Entwicklungsgesch. Neue Folge, Bd.5. ‘) Es werden nur die im Texte zitierten Arbeiten angeführt. 11. 12. 19. 20. 25. Prostata und Mamma des Neugeborenen. 481 Lendorf, Axel: Beiträge zur Histologie der Harnblasenschleimhaut. Anat. Hefte, Bd. 17, 1901. Müller, Vitalis: Über die Entwicklungsgeschichte und feinere Anatomie der Bartholini’schen und Cowper’schen Drüsen des Menschen. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 39. Pallin, G.: Beiträge zur Anatomie und Eıibryologie der Prostata und der Samenblasen. Arch. f. Anat. u. Entwickelungsgesch, Jahrg. 1901. 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A, A’ — Äste, welche mehr oder minder vollständig von Pflasterepithel erfüllt sind. dZ = desquamierte Pflasterzellen, Reichert Obj. 4, Ocul. 3, Tub. 180 cm. SI] [e'0) 10. 12. Julius Schlachta: . Prostataschlauch (Serie IIND mit vorspringenden Leisten (guirlanden- förmigem Kontur). Reichert Obj. 4, Ocul. 2, Tub. 140 cm. . Dünne Scheidewände im Innern eines Astes (Serie III), Reichert Obj. 4, Ocul. 3, Tub. 140 em. . Querschnitt durch den Oberlappen (Serie III). Die Harnröhre wurde an der vorderen Wand gespalten. Die blau gefärbten Stellen ent- sprechen Lagern von Pflasterepithel. C —= Collieulus seminalis. De = Duetus ejaculatorius. ‘Verer. 10. . Sagittalschnitt durch die rechte Prostatahälfte (Serie IV) nahe der Medianebene geführt. U = Urethra. Ut = Utriculus prostaticus, Vergr. 10. Erklärung im Text. Vergr. 300. . Querschnitt eines Astes mit schleimhaltigen Pflasterzellen. Färbung mit wäss. Toluidinblaulösung. Vergr. 180. . Teil eines Gangquerschnittes. Rasiermesserschnitt mit ausgeführter Glykogenreaktion. B = Bindegewebe. Z = unterste Zelllagen, Pfl = Pflasterzellen. Reichert Obj. 8, Ocular. 3, Tub 140 cm. . Einzeln abgestossene Pflasterzellen. a = Zelle mit erhaltener Membran und protoplasmatischem Wandbelag b = Zelle mit ge- schwundener Membran, feinkörnigem Inhalt und Vakuolen. ce = grosse Zelle durch Verschmelzung mehrerer entstanden. d — Zelle mit fragmentiertem Kern. Vergr. 200. Degenerierender Klumpen von Pflasterepithel. a — fragmentierte Kerne. b= grosse Zelle durch Verschmelzung mehrerer entstanden, mit zahlreichen Vakuolen. Vergr. 200. . Grosse Zelle im Ganglumen mit Kernhaufen und Vakuolen. z = an- gelagerte Pflasterzellen. Reichert Obj. 8, Oeul. 3, Tub. 140 em. Degenerations-Hohlraum im Pflasterepithel. Färbung mit wäss. Toluidinblaulösung. Vergr. 200. . Schleimige Degeneration der Zellmembran. Färbung mit wäss. Toluidinblaulösung. Vergr. 200. . Erklärung im Text. Färbung mit wäss. Toluidinblaulösung. Vergr.500 . Drüsenknospe der vorderen Urethralwand (Serie I) mit Membrana propria. Zeiss Obj. D, Ocul. 3, Tub. 140 em. . Prostataschläuche mit schwach entwickelter Membrana propria- (Serie I). Reichert Obj. 7, Ocul. 3, Tub. 140 cm . Prostataschläuche eines Neugeborenen. Membrana propria rötlich gefärbt. Färbung mit Azur (Giemsa). Reichert Obj. 7, Oeul. 3, Tub. 140 cm. . Epithel des Utrieulus prostaticus vom Fötus (Serie II. K = aus- gestossene Epithelknospe im Lumen. Reichert Obj. 4, . Oeul. 3, Tub. 195 cm. . Epithel des Utriceulus prostaticus eines Neugeborenen (Serie III) Reichert Obj. 4, Ocul. 3, Tub. 190 cm. 20. Prostataschläuche eines Neugeborenen mit Epithelknospen. A = solide, B = hohle Knospe. C = Knospe, welche vom basalen Epithel bereits losgelöst ist. D=— hohle Knospe mit colloider Inhaltsmasse. Fig. 21 122 23 Prostata und Mamma des Neugeborenen. 483 E = grössere Knospe, deren Zellen zum Teil bereits umgewandelt sind. Veregr. 200. . Riesenzellen aus der Mamma eines Neugeborenen. a—kleinste Formen. e — Zelle mit hantelförmigem Kern. Hämalaun-Eosin-Färbung. Die ungleich starke Rotfärbung der Zellen a bis e ist nur durch Verschiedenheiten des Färbungsaktes bedingt, während das Proto- plasma der Zelle f tatsächlich geringe Affinität zum Eosin besass. Vergr. 500. . Infiltrat in der Prostata eines Neugeborenen. S — quer, S’ —= schief getroffene Drüsenschläuche E = eosinophile Zellen. R = Riesen- zellen. Hämalaun-Eosin-Färbung. Reichert Obj. s, Oecul. 3, Tub. 160 em. . Infiltrat in der Prostata eines 10 Tage alten Knaben, aus grossen mononukleären und eosinophilen Zellen bestehend. Hämalaun-Eosin- Färbung. Vergr. 160. . Prostataschlauch eines Neugeborenen. Nur der zentrale Saum der Zellen zeigt Schleimreaktin. S = Schleimmassen im Lumen. Hämalaun-Mueikarmin-Färbung. Vergr. 240. . Echte Schleimdrüsen in der Prostata eines Neugeborenen. Reichert Obj. 7, Ocul. 3, Tub. 140 em. . Pars prostatica urethrae eines Neugeborenen. U — Urethralschleim- haut. A = Cysten, welche mehr minder in das Bindegewebe hinein- ragen. B = Cyste, welche bereits zur Drüsenknospe entwickelt ist. Reichert Obj. 7, Ocul. 3, Tub. 140 cm. . Urethraldrüse der Pars prostatica eines neugeborenen Knaben. C-= quer, 0’ = teilweise getroffene Cysten. Reichert Obj. 7, Oecul. 3, Tub. 140 em. . Prostataschlauch eines 3 Monate alten Kindes, © — Cysten Reichert Obj. 7, Ocul. 3, Tub. 140 cm. 484 Neue Beobachtungen an Helminthen. Von Dr. v. Linstow in Göttingen. Hierzu Tafel XX VIII. Heterakis distans Rud. und die Kloakenbildung des Männchens. Fig. 1—12. In einer früheren Arbeit habe ich eine Übersicht über den Bau von Heterakis distans gegeben; es war mir damals nicht gelungen, die Kloakenbildung des Männchens zu erkennen, welche der Gegenstand dieser Untersuchung ist, und habe ich bei näherem Studium gefunden, dass dieses Kapitel in der Anatomie der Nematoden noch so gut wie unbekannt ist. Zahlreiche männliche Nematoden eignen sich wegen ihrer Kleinheit nicht zur genaueren Untersuchung des Schwanzendes; eine grosse Anzahl anderer Gattungen ist zu derselben nicht zu gebrauchen, weil das männliche Schwanzende eingerollt ist und so das Anfertigen von Serienschnitten auf unüberwindliche Schwierigkeiten stösst; auch bei Heterakis distans war es nicht leicht, solche zu erlangen, da zwar der Körper des Helminthen als Spiritus-Präparat völlig gradlinig gestreckt ist, was wohl auf die an der dorsalen und ventralen Seite verlaufenden mächtigen Markstränge zurückzuführen ist; aber das Schwanzende des Männchens ist hakenförmig nach der Bauchseite gekrümmt, sodass die Gewinnung ununterbrochener Serienschnitte auch hier sehr schwer ist. Heterakis distans findet sich im Darm von neun Affenarten, welche ich in meiner ersten Arbeit namhaft gemacht habe, auf welche ich auch inbezug auf die äussere Beschreibung, die Schilderung der Cutikula, der Muskeln, der Markstränge, der Längswülste, des Porus excretorius, des Nervenringes, des Kopf- endes verweisen muss (1). Auch den Ösophagus habe ich hier beschrieben und abge- bildet (1, Tab. II, Fig. 13—16), ebenso den Darm (Fig. 17), von dem ich berichtete, dass das hinterste Ende bei beiden Geschlechtern völlig des Epithels beraubt sei, und man diesen Endabschnitt bei Männchen als Kloake, bei Weibchen als Rectum bezeichnen müsse. Neue Beobachtungen an Helminthen. 485 Die Schilderung der weiblichen Geschlechtsorgane kann ich durch Abbildung von Querschnitten des Ovarium (Fig. 3) und des Uterus (Fig. 10) vervollständigen; das erstere ist gebaut, wie man es bei den Nematoden in der Regel findet; eine Rhachis verläuft in der Mittelachse, um welche die kegelförmigen, gekernten Zellen radiär angeordnet sind; der Uterus ist ein dünnwandiger Schlauch, in dessen Wandung zahlreiche Kerne eingelagert sind, welche rundliche Vorwölbungen nach aussen bedingen. Bei den meisten weiblichen Nematoden wie bei den Larven endigt der Darm hinten rundlieh und die Verbindung zwischen dem Endpunkt und dem Anus wird durch einen kurzen, muskulösen Gang hergestellt, dessen Innenwandung in der Ruhe sich berührt, sodass ein Lumen fehlt. Schneider bemerkt über den End- darm, dass er sich kräftig kontrahieren kann und dass diese Bewegung auf Längsmuskeln zurückzuführen ist; er nennt diesen Darmteil Mastdarm. Bei einzelnen Gattungen aber, besonders bei freilebenden Nematoden und bei Atraktis und Heterakis, endigt der Darm des Weibchens mit einem Abschnitt, welcher scharf gegen den übrigen Darm abgesetzt ist. oft durch eine ringförmige Ein- _ schnürung, welcher ohne Epithel ist, ein weites, klaffendes Lumen zeigt und als Rectum bezeichnet werden kann. Für das Weibchen von Dorylaimus stagnalis Dey. (2) habe ich dieses Organ beschrieben und abgebildet und de Man (3) hat es bei Dorylaimus Leuckarti Bütschli, Dorylaimus lugdunensis de Man, Dorylaimus crassus de Man und Dorylaimus superbus de Man gefunden, ebenso bei Enoplus brevis Bast. (4). Auch bei den Weibchen parensitischer Nematoden habe ich ein solches Rektum gefunden, so bei Atractis eruciata v. L. (5) und bei Heterakis distans Rud. Den Darm habe ich früher beschrieben und abgebildet (1, pag. 8, Tab. II, Fig. 71); das innere Drittel der im Quer- schnitt kegelförmigen Epithelzellen besteht aus schmalen drei- eckigen Zungen, welche das Darmlumen fast ganz ausfüllen; weiter hinten bilden diese Zungen nur noch einen schmalen Saum und ganz hinten sind sie ganz geschwunden (Fig. 11), die Kerne sind hier stark vermehrt und man sieht ein kleines, rundes Lumen; zwei kleine Analdrüsen liegen an der Ventralseite des Darms an dieser Stelle, dann aber beginnt plötzlich der hinterste 486 y- A nsitloKw.E: Darmabschnitt, welcher als Rectum zu bezeichnen ist. Er ist etwa 0,22 mm lang und vorn 0,097 mm breit, hinten verschmälert er sich: auf Querschnitten erkennt man, dass das Lumen regel- mässig dreieckig ist, eine Seite ist dorsal, die beiden anderen sind latero-ventral gerichtet; die Wandung besteht aus einer sich lebhaft färbenden Schicht, welche aussen von einer viel breiteren, unfärbbaren umgeben wird, und das Lumen ist von einer feinen Outicula ausgekleidet, ein Epithel fehlt vollkommen; aussen an der dorsalen Wand liegt eine Analdrüse (Fig. 12, a). Der Bau des männlichen Schwanzendes ist ein sehr komplizierter, da viele Organe an seinem Aufbau teilnehmen. Von den vier Längsfeldern ist das dorsale (Fig. 1—3,r) am schwächsten entwickelt und in der Gegend (er Kloaken- mündung findet es sein Ende; das ventrale wurzelt mit schmaler Basis an der ventralen Medianlinie und verbreitert sich nach innen; es enthält zahlreiche Kerne von verschiedener Form und lässt sich bis fast zum äussersten Schwanzende verfolgen (Fig. 1—5, b), ganz hinten rückt es von der Cutieula ab nach innen (Fig. 6, b); die Seitenfelder des Mittelkörpers habe ich früher geschildert (1, pag. 7, Tab. I, Fig. 11, s); am männlichen Schwanzende verlieren sie nicht nur das Gefäss, sondern rücken von der Laterallinie weit dorsalwärts (Fig. I—6, s) dabei aber werden sie absolut und besonders relativ immer mächtiger; in der Gegend der Kloakenmündung (Fig. 4, s) nimmt die Zahl der sie erfüllenden Kerne sehr zu und ganz hinten (Fig. 6, s) nehmen sie etwa die Hälfte oder ein Drittel des Raumes innerhalb der Uuticula ein. Die Muskeln, welche in der Mitte des Körpers durch die vier Längsfelder oder -Wülste geteilte Felder bilden, schwinden im männlichen Schwanzende mehr und mehr, zuerst an der Ventralseite (Fig. 3), dann auch seitlich, und die letzte Spur findet sich hinter der Kloakenmündung in der Rückenseite (Fig. 4—5). Merkwürdig sind die gewaltigen Markstränge, welche in der Mitte des Körpers an der Rücken- und Bauchseite verlaufen und mit der Marksubstanz der Muskeln in Zusammenhang stehen, deren Bau sie auch besitzen; auch mit dem Dorsal- und Ventral- wulst sind sie verwachsen und zeigen aussen und innen konkave Rinnen; (1,"pag: :6--7,,. Tab,: I,. Eig.. 11, ms). Im; männlichen Neue Beobachtungen an Helminthen. 487 Schwanzende, wo sie ganz frei liegen, teilt sich der ventrale Markstrang in zwei seitliche Äste (Fig. I—4, m‘), um den Cirren Platz zu machen; hinter der Kloakenmündung aber vereinigen sie sich wieder zu einem ventralen Strang (Fig. 5-6, m). Ähnliche Organe habe ich noch bei keinem anderen Nematoden gefunden. Am männlichen Schwanzende vieler Nematoden, besonders der freilebenden, sieht man schräg von der Rückenseite und vorn nach der Bauchseite und hinten ziehende Muskeln, welche die Wirkung zu haben scheinen, die Bauchfläche abzuplatten; sie werden Bursalmuskeln genannt, eine Bezeichnung, welche hier nicht passt, da bei unserer Art keine Bursa vorhanden ist; ich habe aber die Bezeichnung nicht geändert; sie wurzeln rechts und links neben dem Ventralwulst mit breiter Basis und inserieren sich an der Aussenseite des Seitenwulstes (Fig. 3, bs); im Flächen- bilde sind sie in Fig. 7, bs, gezeichnet. Den Hoden habe ich früher (1, pag. 8) beschrieben und kann hinzufügen, dass in dem hinteren, mit Spermatozoen erfüllten Abschnitt die Wandung Kerne trägt, welche dieselbe stark nach innen vordrängen (Fig. 9). Wesentlich anders ist das Vas deferens gebildet, das eine so dicke mit Kernen durch- setzte Wandung besitzt, dass nur noch ein kleines Lumen vor- handen ist (Fig.1, v); es mündet an der ventralen Seite in den Vorderteil der Kloake, ventral vom Darm (Fig. 7, v). Das Ende des Darms verhält sich hier ebenso wie beim Weibchen; die schmalen kegelförmigen Verlängerungen, welche das innere Drittel der Epithelzellen bilden, schwinden im Schwanz- ende des Männchens (Fig. I, d), und dorsal vom Vas deferens gelesen setzt sich der Darm in die wesentlich anders gebildete Kloake fort (Fig. 7, d) Die Kloakenbildung bei anderen Nematoden wird von früheren Autoren kurz besprochen; Schneider (5) erwähnt sie bei der Beschreibung von Ascaris megalocephala und A. mucronata, Leuckart (6) bei Ascaris lumbrieoides und Tricho- cephalus dispar, ich habe sie bei Ascaris decipiens (4), Atractis dactylura und Atractis eruciata beschrieben (7, 8). Leuckart gibt an, dass bei Ascaris lumbricoides der Ductus ejaculatorius und der Darm sich zu einem kurzen Gange vereinigen zur Kloake, an dessen Hinterende von der Dorsalseite 488 v. Linstow: ein Schlauch hineinmündet, welcher die Cirren enthält und Penistasche genannt wird. Ich fand bei Ascaris decipiens, dass die Kloake ein vom Darm gänzlich verschiedenes Organ ist, das kein Epithel besitzt und bei dieser Art vorn eine ringförmige Erweiterung. zeigt. Bei Atractis dactylura fand ich die Kloake noch weiter differenziert, denn hier ist sie ein weit nach aussen vorstreck- bares Rohr. das offenbar als Penis und Anus gleichzeitigfunktioniert. Leuckart sagt: ausser den Cirren tritt noch ein drittes, festes Stück aus der Geschlechtsöffnung hervor, ein dutenförmiges Rohr: das hintere Ende, welches heraustritt, ist spitz und hat eine Öffnung. als ob es abgeschnitten wäre; das vordere Ende ist ebenfalls offen und etwas erweitert. Bei dem Männchen von Trichina spiralis wird die Kloake vorgestülpt und muss bei der Copula wie bei Atractis dactylura als Penis funktionieren, was hier um so nötiger ist, als kein Cirrus vorhanden ist. Die Kloake bei Heterakis compar ist 0,26 mm lang und ninten 0,070, vorn 0,026 mm breit; ein Epithel fehlt vollkommen, der Querschnitt ist dreieckig, genau wie beim Rektum des Weibchens (Fig. 3, el) auch die drei Schichten der Wandung finden sich in derselben Anordnung wieder und die Seitenwände zeigen fünf von der dorsalen und hinteren nach der ventralen und vorderen Seite schräg verlaufende Rippen (Fig. 7, el). Wie beim Weibchen finden sich auch am Ende des männ- lichen Darmes drei Analdrüsen, eine dorsal, die beiden anderen seitlich und ventral vom Darm gelegen (Fig.1, a); ihre Grösse und Lage ist aus meiner früheren Abbildung ersichtlich, in der auch die Cirren mit den sie bewegenden Muskeln dargestellt sind (1, Tab. I, Fig. 18). An das Hinterende des Vas deferens, dicht vor dessen Übergang in die Kloake, legen sich seitlich zwei Ganglien an dasselbe (Fig 1, n). Die beiden Cirren sind 1,76 mm lang; sie sind Chitin- Rohre und das Lumen ist von einer Scheidewand durchzogen. sodass zwei Röhren gebildet werden (Fig: 1—3, c); zurückgezogen werden sie durch zwei lange Musculi retractores, welche 2,68 mm lang sind; das vordere Ende der Muskeln ist mit der Muskulatur des Körpers in der Rückengegend und das hintere mit der Wurzel der Cirren verwachsen; die Musculi protrusores sind Neue Beobachtungen an Helminthen. 489 röhrenförmig; die Cirren gleiten in ihnen; sie umfassen vorn die Wurzeln der Cirren (1, Tab. II, Fig. 18 und 19); hinten gehen sie auf die Kloake über und bilden auf diese Weise eine doppelte Scheide für dieselben, um sie in die Kloake hinein zu leiten (Fig. 7, h). Das Vas deferens mündet in die Kloake entweder ganz vorn, wie bei Heterakis distans, Atractis dactylura, Atractis eruciata und nach Leuckart bei Trichocephalus dispar.; oder vor der Mitte, wie bei Ascaris decipiens, oder hinter der Mitte, wie bei Ascaris megalocephala nach Schneider, aber immer von der ventralen Seite und ventral vom Darm verlaufend. Die Cirren münden am Hinterende der Kloake von der dorsalen Seite in dasselbe; bei Ascaris decipiens verlaufen sie anfangs ganz dorsal und treten dann immer näher aneinander heran und rücken der dorsalen Seite des Darmes immer näher; bei Heterakis compar. liegen sie mehr der Mitte genähert, weil die Rückengegend von dem dorsalen Markstrang ausgefüllt wird; sie nähern sich aber nach hinten zu einander immer mehr (Fig. 1—3), bis sie in der Gegend der Kloake eng aneinander liegen. Nach Leuckart (6) liegt bei Trichocephalus dispar. der Cirrus nicht an der dorsalen, sondern an der ventralen Seite von der Kloake und mündet von dieser in dieselbe hinein. Die männliche Kloake ist demnach topographisch eine Fortsetzung des Darms, morphologisch gänzlich von letzterem verschieden und bei Heterakis distans vollkommen gleich dem Reetum des Weibchens, physiologisch funktioniert sie als Reectum und Ductus ejaculatorius, und bei Atractis dactylura und Trichina spiralis als Copulationsorgan. Die Hülle, welche die Cirren umgibt und mit der Kloake verwachsen ist, verhindert ein Eindringen des Darminhalts und der Spermatozoen in die Leibeshöhle, wenn die Cirren zurück- gezogen sind. In Saratow an der unteren Wolga ist seit einigen Jahren eine biologische Station errichtet, welche unter der Leitung des Herrn Dr. A. Skorikow steht, und von dort stammen die vier hier zunächst beschriebenen Arten. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 32 490 v. Linstow: Mermis piscinalis n. sp. Gefunden zwischen Wurzeln von Wasserpflanzen in einem See nahe der Wolga bei Saratow. Es ist nur ein Weibchen vorhanden, das 29 mm lang und 0,40 mm breit ist, sodass sich die Breite verhält zur Länge, wie 1:72,5; der Körper ist lockenförmig aufgerollt; am Kopfende stehen sechs Papillen im Kreise; die Vagina mündet genau in der Körpermitte; die dickschaligen Eier sind kugelrund und messen 0,035 mm; das Schwanzende ist abgerundet ohne Anhang. Da nur ein einziges Exemplar vorhanden ist, habe ich Abstand genommen, Serienschnitte anzulegen, um es zu erhalten, und daher kann ich über den inneren Bau und die Anordnung der Längsfelder nichts mitteilen. Pseudomermis Zykofli de Man. De Man beschrieb in den „Materialien zurWolga-Fauna“ 1903 unter dem Namen Pseudomermis Zykoffi, eine im Schlamme der Wolga gefundenen Larve von ll mm Länge und 0,13 mm Breite; Nervenring und Porus excretorius liegen 0,18 mm vom Kopfende entfernt; letzterer scheint die Mündung einer birnförmigen Ventral- drüse zu sein. Am abgerundeten Kopfende stehen im Kreise vier submediane Papillen, und dicht dahinter steht jederseits ein kreisförmiges Seitenorgan. Die Cutieula ist dünn und ent- behrt der zwei unter einem bestimmten Winkel sich kreuzenden Liniensysteme, wie sie bei Mermis gefunden wurden. Die Dorsolateralfelder sind sehr breit, sie nehmen 0,7 mm vom Kopf- ende entfernt, '/s der Körperperipherie ein und bestehen aus zwei Reihen quadratischer Zellen mit kugelrundem Kern. Das Dorsal- und Ventralfeld wird von nur einer Reihe solcher Zellen gebildet. Das Ösophagusrohr verläuft vorn in der Mittelachse des Körpers und wendet sich dann nach der Bauchlinie, wo es bis zum Ende des ersten Körperviertels verfolgt werden konnte. Die weibliche Geschlechtsöffnung liegt bald in der Mitte des Körpers, bald dicht vor ihr; obgleich dieselbe vorhanden ist, muss die Form doch als Larve bezeichnet werden, da Eier noch fenlen und am abgerundeten Schwanzende ein für die Larven von Mermis charakteristisches, kleines, fingerförmiges Horn steht. Als Gattungsmerkmale für Pseudomermis nennt de Man die dünne Cuticula ohne sich kreuzende Liniensysteme, vier Papillen am Kopfende und dicht dahinter zwei Seitenorgane. Neue Beobachtungen an Helminthen. 491 Von dieser Art konnte ich ein geschlechtsreifes Weibchen untersuchen, das 10,3 mm lang und 0,15 mm breit war. Ver- hältnis der Breite zur Länge wie 1:69; gefunden in der Wolga bei Saratow; Cuticula dünn, ohne sich kreuzende Fasersysteme; die Vagina mündet etwas hinter der Körpermitte, und zwar verhält sich der durch sie gebildete, vordere Körperabschnitt zum hinteren wie 7:6; das Schwanzende war hier ohne fingerförmigen Anhang; ein Ast des Uterus zieht nach vorn, der andere nach hinten, und vorn bleibt im Körper !/s, hinten '/ıs der Tierlänge von Geschlechtsorganen frei; die dickschaligen Eier sind 0,0585 mm lang und 0,070 mm breit; die übrigen Punkte stimmen mit de Mans Beschreibung. Auch hier wurden, da nur ein Exemplar vorlag, keine Schnitte gemacht. Neomermis macrolaimus n. gen., n. Sp. Fig. 13—15. Gefunden am Grunde eines Sees nahe der Wolga bei Saratow zwischen Wurzeln von Wasserpflanzen. Es waren vier Exemplare vorhanden, zwei Männchen und zwei Weibchen. Die Cuticula ist 0,01 mm dick und zeigt zwei sich kreuzende Fasersysteme; am abgerundeten Kopfende (Fig. 13) stehen zehn Papillen, eine dorsal, eine ventral und dazwischen jederseits vier; ein von einer dicken Hülle umgebener Schlauch durch- zieht den ganzen Körper, welcher Fettkügelchen enthält, die 0,0052—0,0130 mm gross sind; er verläuft ventral, während dorsal von ihm ein granulierter Strang hinzieht, welcher zahl- reiche Kerne enthält und vermutlich zur Bildung der Geschlechts- organe dient, das Ösophagusrohr verläuft anfangs in der Mittel- achse, bald aber ventral und durchzieht merkwürdigerweise den ganzen Körper; beim Männchen endigt es dicht vor der (Geschlechtsöffnung, beim Weibchen 0,091 mm vom Schwanzende; auch die Längsfelder weichen von denen der bekannten Mermis- Formen vollkommen ab, denn es sind nur ein Dorsal- und ein Ventralfeld vorhanden, die etwa !/ıo der Körperperipherie ein- nehmen; sie sind niedrig und überragen die Muskulatur nicht, und enthalten glatte, granulierte Kerne; das Ösophagusrohr liegt in einem Strang, das dem Ventralfeld anliegt; der Nervenring und der Porus liegen in derselben Entfernung vom Kopfende, 0,32—0,37 mm von ihm entfernt; die Muskulatur ist nur in der Dorsal- und Ventrallinie unterbrochen, sodass auch hier wieder 32* 492 v. Linstow: bewiesen wird, dass die Mermithen zu den Pleuromyariern gehören. Das eine Männchen war 26 mm lang und 0,26 mm breit, das andere 34 und 0,3l mm, sodass die Breite sich hier zur Länge verhält wie 1:100 und 1:91; das Schwanzende ist abgerundet und 0,13 mm lang; die beiden Cirren sind gleich und schwach gebogen; sie messen im einen Exemplar 0,28, beim anderen 0,31 mm; ventral stehen drei Papillenreihen, die bis 0,75 mm von der Geschlechtsöffnung nach vorne reichen; präanale zählt man in jeder Reihe 24—25, postanale ”—8; die Cirren können durch einen langen Musculus retractor zurückgezogen werden. Die beiden Weibchen waren 65 mm lang und das eine 0,55 mm, das andere 0,33 mm breit, das Verhältnis von Breite zur Länge betrug also 1:187 und 1:197; das Schwanzende ist abgerundet und 0,21 mm entfernt von ihm steht ventral, etwa der Stelle des hier fehlenden Anus entsprechend, eine Papille; die Vagina mündet beim einen Exemplar etwas vor, beim anderen etwas hinter der Mitte; Eier waren noch nicht vorhanden. Das neue Genus Neomermis zeichnet sich dadurch aus, dass am Kopfende 10 Papillen stehen; das Ösophagusrohr durchzieht den ganzen Körper bis zum Schwanzende; die Muskulatur ist nur in der Dorsal- und Ventrallinie durch einen Längswulst unterbrochen ; Männchen mit zwei gleichen Cirren. Chordodes betularius n. sp. Fig. 16. in einem in den Kaspisee fliessenden Strom gefunden. Es waren drei weibliche Exemplare vorhanden, die 262, 325 und 331 mm lang waren; die Breite beträgt durchschnittlich 1,18 mm, am Kopfende 0,55 mm, ganz hinten 0,79 mm, das äusserste Schwanzende aber schwillt sondenknopfartig auf eine Breite von 0,91 mm an. Die Farbe ist bräunlichgelb mit dunkel- braunen Flecken, welche stellenweise Teile von @uerringeln bilden, sodass die Zeichnung auffallend an die eines Birkenstammes erinnert. Die Cuticula zeigt zwei Areolen-Formen; die eine besteht aus länglichrunden, dunklen Körpern, deren längerer Durchmesser im Querdurchmesser des Körpers steht; manche von ihnen haben doppelte Konturen; die anderen sind grösser, 0,013 mm lang und 0,018 mm breit, in der Mitte mit einem Neue Beobachtungen an Helminthen. 493 scharf abgegrenzten Ring; von dem inneren gehen 20 und mehr gleich grosse, regelmässig gebildete, hyaline Strahlen aus; das Zentrum ist dunkler (Fig. 16). Ascaris lunata n. sp. Rip Wi7. . Der Marine-Assistenzarzt Dr.W. Bensen schickte mir freund- licher Weise aus Honduras eine Anzahl Nematoden, welche er in dem Magen einer Schlange, der Beschreibung nach Herpe- todryas carinata Boie, gefunden hatte. Es sind nur Weibchen vorhanden, deren Länge 71 mm erreichten bei einer Breite von 1,18 mm. Die Lippen sind gerundet und haben Zahnleisten mit scharfen, spitzen Zähnen; kleine, kolbige Zwischenlippen sind vorhanden; die dorsale Lippe ist 0,088 mm lang und 0,21 mm breit; die Pulpa ist rundlich und innen ist sie in zwei Verlängerungen ausgezogen, welche bogen- förmig mit dem Aussenrand parallel laufen und mondsichelförmig gestaltet sind. Die Cuticula ist quergeringelt.e. Das kurze, kegelförmige Schwanzende ist zugespitzt und nimmt !/sss der ganzen Tierlänge ein, der Ösophagus !/ıs; die Vulva liegt vor der Körpermitte und teilt den Körper von vorn nach hinten im Verhältnis von 13:19; die Eier sind 0,073 mm lang und 0,065 mm breit und ihre dicke Schale ist aussen mit sehr kleinen Grübchen dicht besetzt. Die beiden folgenden Arten, ein Trematode und ein Cestode, sind wieder von Herr Dr. A. Skorikow in und an Wolgafischen gefunden. Erpocotyle circularis n. sp. Fig. 18—20 von Acipenser ruthenus, vermutlich von den Kiemen. Die Länge beträgt 4,46 mm, die Breite 0,59 mm; das Kopfende ist wenig verdickt und man erkennt hier einen wenig entwickelten Saugnapf und dahinter den Pharynx; dann folgt ein dreieckiger Körper und hinter diesem liegt ein Ei, das 0,22 mm lang und 0,18 mm breit ist. Am Schwanzende steht eine Haftscheibe, welche jeder- seits drei Pseudoventosen trägt; eine jede derselben enthält einen fast kreisförmig gebogenen Haken, der hinten und an der Dorsalseite entspringt, dann nach vorn verläuft und hier wieder nach hinten umbiegt, um ventral in der Mitte der Pseudoventose 494 v. Linstow: hinten zu endigen (Fig. 19). Am Schwanzende steht ein vier- eckiger Lappen mit zwei dorsal liegenden, graden Haken, die an der vorderen Hälfte aussen eine bogige Stütze haben (Fig. 20); an der Basis des viereckigen Lappens steht ventral ein kurzer, zweilappiger Fortsatz mit zwei längeren und zwei kürzeren graden Haken; die längeren stehen aussen und ihre Spitze ist nach hinten gerichtet, während die kürzeren sich in der Mittel- achse berühren und die Spitze nach vorn wenden (Fig. 19) die Pseudoventosen zeigen äquatoriale und meridionale Muskeln. Es war nur ein Exemplar vorhanden, das, um das Schwanzende untersuchen zu können, durchschnitten werden musste; es war daher nicht möglich, weitere anatomische und histologische Untersuchungen zu machen, sodass die Beschreibung eine un- vollkommene bleibt. Ebenso lückenhaft ist unsere Kenntnis der anderen, einzigen Art des Genus Erpocotyle, die van Beneden und Hesse von Erpocotyle laevis von den Kiemen von Mustelus laevis geben; aus der Beschreibung lässt sich aber so viel sicher erkennen, dass neide Arten zu derselben Gattung gehören (9). Ichthyotaenia Skorikowi n. sp. Fig. 21—22 aus dem Darm von Acipenser stellatus, Länge etwa 193 mm, Breite vorn 1,14 mm, in der Mitte 3,75 mm, hinten 3,16 mm. Die Gliederung beginnt bald hinter dem Scolex, die Glieder in der Mitte haben eine Länge von 0,95 mm; die letzten Glieder sind 1,97 mm lang, also erheblich kürzer als breit, und das allerletzte ist hinten abgerundet. Der Scolex ist kurz, seine Länge beträgt 0,63 mm und die Breite 0,67 mm; die vier Saugnäpfe sind annähernd kreisrund, 0,25 mm gross und von einem Hof umgeben; am Scheitel steht ein fünfter, tiefer, napf- förmiger, der viel kleiner ist und 0,13 mm misst; ein Rostellum und Haken fehlen demnach (Fig. 21). Unter der Cuticula sieht man eine Lage Ring- und Längsmuskeln, auf die eine breite Schicht von Subeuticularzellen folgt; darunter erstreckt sich eine mächtige Lage von Längsmuskeln; auch die Dorsoventralmuskeln sind stark entwickelt. Die Hauptlängsnerven verlaufen im 6. und 94. Hundertstel des Querdurchmessers, vorn in den noch unreifen Gliedern weiter nach innen, im 12. und 88. Hundertstel; Neue Beobachtungen an Helminthen. 495 nach innen von den Nerven ziehen jederseits zwei Hauptlängs- gefässe, in den vorderen, unreifen Gliedern im 18. und 82. Hundertstel des Querdurchmessers; Kalkkörperchen fehlen ganz; im Parenchym liegen viele Zellen. Die Geschlechtsöffnungen stehen randständig und unregelmässig abwechselnd, etwas hinter der Mitte des Proglottidenrandes, Der Cirrus ist ein kegelförmiger, 0,141 mm langer, an der Sptze 0,042 mm breiter, kegelförmiger, am Ende abgestutzter Körper; der Cirrusbeutel ist birnförmig und nimmt T/;—!/s des Querdurchmessers ein (Fig. 22 cb); das Vas deferens bildet nach innen vom Cirrusbeutel zahlreiche Schlingen (Fig. 22 vd); die sehr zahlreichen Hoden erfüllen die Proglottiden von vorn bis hinten in den inneren °/s und sind 0,053—0,088 mm gross (Fig. 22 h). Die Vagina mündet vor dem Cirrusbeutel (Fig. 22 v) und verläuft im Bogen nach der Mitte des Hinterrandes des Gliedes; am Ende aber bildet sie zahlreiche Schlingen, welche ein Äquivalent für ein Receptaculum seminis darstellen, wie es für das Genus Ichthyotaenia charakteristisch ist (Fig. 22 r); der Keimstock liegt am Hinterrande des Gliedes und besteht aus zwei Flügeln, die von wenigen, gestreckten, kolbenförmigen Schläuchen zusammen- gesetzt werden (Fig. 22 k); die Dotterstöcke liegen hier anders als bei Taenia, an den Seiten der Glieder nach innen von den Längsmuskeln (Fig. 22d); ein Schluckapparat findet sich hinten im Gliede in der Mittelachse, da wo die beiden Keimstockflügel zusammenstossen Der Uterus liegt innerhalb der Längsmuskeln und bildet links und rechts rundliche Vorbuchtungen (Fig. 22u). Die fast kugelrunden Eier haben eine doppelte Hülle; die äussere ist sehr zart und hyalin, die innere ist derber; die (Grösse beträgt 0,027 mm, die sechshakige ÖOncosphaere ist 0,021 bis 0,023 mm gross. 49 ID on 6 v. Linstow: Literaturverzeichnis. . v. Linstow: (Heterakis distans). Archiv für Naturgesch. Berlin 1901, Bd. I, pag. 5—9, tab. II, Fig. 10—22. Derselbe: (Dorylaimus stagnalis). Archiv für Naturgesch. Berlin 1876, Bd. I, pag. 8, tab. I, Fig. 22. de Man: Die frei in der reinen Erde und im süssen Wasser lebenden Nematoden der niederländischen Fauna. Leiden 1884, tab. XXVI, Fig. 108, tab. XXX, Fig. 127, tab. XXXII, Fig. 133. v. Linstow: (Ascaris decipiens). Fauna arctica v. Römer u Schaudinn. Jena 1900, Bd. I, pag. 119—125, tab. VI, Fig. 1—20, tab. VII, Fig. 21—27. Schneider: (Ascaris megalocephala u. A. mucronata). Monographie der Nematoden. Berlin 1866, tab. XXT, Fig 8 u. 11. Leuckart: (Ascaris lumbricoides, Trichocephalus dispar, Trichina spiralis). Die menschlichen Parasiten, Leipzig u. Heidelberg 1875. 1. Aufl, Bd. Il, pag. 182, Fig. 132; pag. 483—487, Fig. 269; pag. 552, Fig. 293. v. Linstow: (Atractis dactylura). Archiv für Naturgesch. Berlin 1883, Bd. I, pag. 296—297, tab. VIII, Fig. 32. Derselbe: (Atractis cruciata). Zentralbl. für Bakter., Parask. u. Jnfkr., Jena 1902, 1. Abt., Orig., Bd. XXXI, pag. 28—30, Fig. 1—5. van Beneden u. Hesse: Mem. Acad. Roy. Belge, T.35. Bruxelles 1862, tab. XXXV, pag. 87—89, tab. VII bis Fig. 7—9. Tafelerklärung. Tafel XXVII. .1—13. Heterakis distans.. r Rücken-, b Bauch-, s Seitenfeld, m Mark- strang, bs Bursalmuskel, e Cirrus, d Darm, cl Kloake, a Analdrüse, n Ganglion, v Vas deferens, p Papille, h Scheide der Cirren. .1—6. Querschnitte durch das männliche Schwanzende: 1. Darm und Vas deferens noch getrennt, 2. Vereinigung beider, 3. Kloaken- bildung, 4. Mündung der Kloake, 5. und 6. Schwanzende hinter der Geschlechtsöffnung. BR Dorsoventraler Längsschnitt durch das männliche Schwanzende neben der Medianlinie, so dass ein Cirrus getroffen ist. .8—12. Querschnitte. yes Ovarium. $)- Hoden mit Spermatozoen. 510), Uterus. hl. Ende des Darmes beim Weibchen mit Analdrüsen. .12. Rectum des Weibcehens mit einer Analdrüse. .15—15. Neomermis macrolaimus. . 13. Kopfende. .14. Männliches Schwanzende von der Bauchfläche. Fig. Neue Beobachtungen an Helminthen. 497 Querschnitt eines unreifen Weibchens. e Cuticula, m Muskulatur, d Dorsal-, v Ventralfeld, f Fettkörper, h Hülle derselben, ö Ösophagusrohr, g vermutliche Anlage der Geschlechtsorgane. Cuticula von Chordodes betularius. Immers. !/ı4. Dorsallippe von Ascaris lunata. Erpocotyle eircularis. Ganzes Tier. Haftscheibe, stärker vergrössert von der ventralen Seite. Endlappen von der dorsalen Fläche. 2. Ichtyotaenia Skorikowi. Scolex. Flächenschnitt einer Proglottide. m Längsmuskel, c Cirrus, cb Cirrusbeutel, vd Vas deferens, h Hoden, v Vagina, k Keimstock, d Dotterstock, e Endschlingen der Vagina, s Schluckapparat, u Uterus. 498 Aus dem Anatomischen Institut zu Uppsala. Zur Kenntnis gewisser Strukturbilder (,Netz- apparate“, „Saftkanälchen“, „Trophospongien“) im Protoplasma verschiedener Zellenarten. Von Fredrik von Bergen, früh. Assistent. Hierzu Tafel XXIX, XXX und XXXI. Durch einige zufällige Beobachtungen an Präparaten ver- schiedener Art, die ich für einen anderen Zweck angefertigt hatte, wurde vor mehr als drei Jahren mein Interesse für gewisse in der Literatur der letzten Jahre verschiedentlich beachtete intrazelluläre Kanalbildungen erweckt. Da die von mir beobach- teten Bilder nicht gut mit der Auffassung übereinzustimmen schienen, die zu jener Zeit in der Literatur ziemlich allgemein vertreten war, fühlte ich mich aufgefordert, diese Struktur- verhältnisse zum Gegenstand eingehenderer Untersuchungen zu machen. Während der Zeit, die verflossen, seitdem ich diese Unter- suchungen in Angriff genommen, sind nicht wenige Publikationen über den Gegenstand erschienen. Die Arbeit, die ich darauf verwandte, die hierhergehörige schnell anwachsende Literatur zu sammeln und zu bearbeiten, ist recht zeitraubend gewesen. Als indessen die von mir ausgearbeitete geschichtliche Übersicht im wesentlichen fertig war, erschien in Merkel-Bonnets „Ergebnissen der Anatomie und Entwicklungsgeschichte“, Bd. II, eine von Prof. E. Holmgren verfasste Zusammenstellung, die zu einem wesentlichen Teile die Veröftentlichung meiner histo- rischen Übersicht überflüssig macht. Ich kann daher mich hier in der Hauptsache darauf beschränken, auf Holmgrens genannten Bericht hinzuweisen, wenn auch einige Zusätze und Anmerkungen nicht zu umgehen sein dürften. So scheint es Holmgrens Aufmerksamkeit entgangen zu sein, dass Nansen derjenige ist, der zuerst feine Röhren- bildungen der fraglichen Art im Zellprotoplasma nachgewiesen hat. In seiner 1887 herausgegebenen (von Holmgren in anderem Zusammenhange zitierten) Arbeit bildet er ab und Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 499 beschreibt im Protoplasma von Nervenzellen von Homarus vul- garis und aus dem Rückenmark und Spinalganglien von Myxine glutinosa Primitivröhrchen („primitive tubes“), die aus „hyaline contents, hyaloplasm, enveloped in sheaths of spongioplasm“ bestehen. Sie sind „distinetly visible“ — — — „in the deeply stained protoplasm“ und gewöhnlich zu Bündeln vereinigt, die sich wiederum vereinigen und die von der Nervenzelle aus- gehenden Fortsätze bilden. Indessen ist es Nansen nicht gelungen, die Verhältnisse zwischen den Primitivröhren in der Nervenzelle und in den Nervenzellfortsätze genauer zu bestimmen. Bei Homarus stimmen die Primitivröhrchen dem Bau und der Grösse nach mit denen in den Nervenzellfortsätzen überein. In den Nervenzellen von Myxine hingegen haben sie die Form von „eireular or oblong lightly staining areas resembling vacuoles which are very similar to those — — — in the ganglion cells of Homarus. These areas are transsected tubes of a lightly staining substance, probably bundles of primitive tubes, which eireulate in the protoplasm and run into the processes.“ In den Spinalganglienzellen sind sie „perhaps still more distinetly promi- nent.*“ Auch bei höheren Vertebraten (Mammalia) hat Nansen ähnliche Strukturverhältnisse in den Ganglienzellen beobachtet. Da diese Bildungen demnach scheinbar „a relation of rather general nature“ sind, erscheint es ihm eigentümlich, dass sie zuvor nicht beschrieben worden sind. Obwohl Nansen in Übereinstimmung mit seiner Auffassung vom Bau der Nerven diese Bildungen als Primitivröhrchen betrachtet, dürfte es doch nicht zu bezweifeln sein, dass wenigstens die in Nervenzellen von Myxine und Säugetieren beobachteten Strukturverhältnisse mit den von späteren Forschern entdeckten „ungefärbten Bändern“ oder „Saftkanälchen“ identisch sind. Über die von Nansen beobachteten und abgebildeten röhren- oder kanalähnlichen Bildungen in Nervenzellen findet man in der Literatur nichts erwähnt, bis Nelis (1899) seine Beobachtungen über einen „etat spiremateux* im Protoplasma von Nervenzellen einiger Säugetiere vorlegt. Dieser „Zustand“ wird durch im Protoplasma verlaufende schmale, farblose Bänder („bandes incolores“) bedingt, die ungefähr von gleichem Durch- messer sind und von feinen, zu einander parallelen Linien begrenzt werden. Ihr Verlauf ist sehr schwankend, bald sind sie gerade, 500 Fredrik von Bergen: bald eigentümlich durch einander geschlungen, wobei sie zu eigentümlichen Figuren von wechselnder Gestalt Anlass geben. Die Bänder stehen in kontinuierlichem Zusammenhang mit einander und scheinen die Tendenz zu haben, sich zu Knäuelbildungen zu vereinigen, verästeln sich aber nicht und bilden daher nie ein Retikulum. Mit Golgis „apparato reticolare“ sind sie also nicht identisch. Gewöhnlich treten sie in der Form eines „boyau“ oder eines „spireme“ auf. Sie können überall in der Zelle vor- kommen, treten aber nicht mit dem Kern in Verbindung, auch erwähnt oder bildet der Verfasser keine Verbindungen zwischen ihnen und extrazellulären Elementen ab. Festzustellen, welche Substanz dem „spireme“ zu Grunde liegt, ist Nelis nicht gelungen. Das Spirem kommt nicht in allen Zellen vor. Nelis hat es in Nervenzellen von spinalen und sympathischen Ganglien und im zentralen Nervensystem einiger Säugetiere (Hund, Kaninchen, Meerschweinchen) angetroffen, bei anderen (Katze) hat er es nicht finden können. Von Spinalganglien eines und desselben Tieres können in dem einen die Nervenzellen den „etat spir&mateux“ zeigen, in einem anderen findet man dagegen in keiner einzigen Zelle das Spirem. Auch bei Tieren, die auf verschiedene Weise vergiftet worden, fand Nelis das „spireme“ wieder und im allgemeinen in viel mehr ausgeprägter Form als unter normalen Verhältnissen. Schliesslich erwähnt er auch einige Verfasser, die in Nervenzellen von zu experimentellen Zwecken vergifteten Tieren Bildungen angetroffen, die sie als Vakuolen, Lücken, helle Spalten u. dgl. beschrieben haben, die aber nach Nelis’ Ansicht eben den von ihm sogenannten „etat spiremateux“ ausmachen, was er auch an Präparaten einiger dieser Verfasser hat konstatieren können. Van Beneden (1899), dessen Darstellung von Holmgren mit Schweigen übergangen wird, ist in der Lage gewesen, Nelis’ Präparate zu prüfen. Er sagt von den Beobachtungen dieses letzteren, sie seien „incompletes en partie inexactes“, und kann der Deutung, die Nelis ihnen gegeben, nicht beitreten. Er findet, dass die „boyaux incolores“ nicht immer von demselben Durchmesser sind, sondern oft an einigen Stellen erweitert, an anderen verengt sind. Neben den bandförmigen Bildungen Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 501 beobachtete van Beneden auch Spalten und Vakuolen von wechselnder Form. Einige von diesen waren mit aller Sicherheit Kunstprodukte, auch waren zahlreiche Übergangsformen zwischen diesen beiden Arten vorhanden. Ihr Inhalt erwies sich als gleichartig beschaffen, was nicht überraschend ist, da nach van Benedens Ansicht die „Spireme“ sowohl als die Vakuolen mit Flüssigkeit gefüllte Lücken sind. In einigen der röhrenförmigen Bildungen traf er einen gefärbten Faden mit axialer, exzentrischer oder manchmal peripherischer Lage an und erblickt in diesem die Ursache zur Entstehung des ungefärbten Bandes. Es zeigte sich, dass diese oft unmittelbar neben den chromatophilen Zellenbestandteilen liegen, so dass die Nachbarschaft dieser eine Prädilektionsstelle für die Entstehung der „lacunes artificielles“ zu sein scheint; auch wurde die Form dieser letzteren offenbar durch die Form- verhältnisse der chromatophilen Elemente beeinflusst. Van Beneden meint schliesslich, dass diese Beobachtungen nicht zu der Annahme eines „spireme achromatique“ im Proto- plasma der Nervenzellen berechtigen; obwohl er aber davon überzeugt ist, dass „le soi-disant boyau resulte de l’apparition artificielle dans le corps cellulaire de lacunes affectant une apparence plus ou moins tubulaire“, betont er gleichwohl, „que le trajet tres particulier de ces lacunes ne peut s’expliquer que par l’hypothese d’une structure preexistante.“ Kurz nach Nelis!) veröffentlichtt Holmgren (1899, 1) eine Abhandlung über die Spinalganglienzellen bei Lophius pisca- torius, worin er in einem Anhang seine augenscheinlich selb- ständigen Beobachtungen von „endozellular lokalisierten Netzen von Saftkanälchen“, die er „besonders schön bei den Kaninchen“ angetroffen, mitteilt. Betreffs der späteren Entwicklung der Frage — des Antreffens von Kanalbildungen in Zellen verschiedener Art und ihrer Deutung nach verschiedenen Richtungen hin — welche Entwicklung Holmgren durch fleissige Publikationen gefördert hat, kann ich auf die Zusammenstellung dieses Forschers (1902, 2) verweisen. !) Nelis’ Publikation wurde im Dezember 1895 abgeschlossen und der Acad&mie Royale de Belgique am 4. Febr. 1899 vorgelegt. Holmgrens erste Mitteilung über die Saftkanälchen kommt in seiner am 27. Mai 1899 öffentlich diskutierten Doktordissertation vor. >02 Fredrik von Bergen: Dasselbe gilt von einer anderen Serie von Beobachtungen, die mit Golgis Nachweis eines in den Purkinje’schen Zellen des Kleinhirns vorkommenden, durch eine Modifikation der Chromsilbermethode zur Darstellung gebrachten „apparato reti- colare interno“ begann. Über die Stellung dieser zu der vorher- gehenden Serie scheinen noch immer verschiedene Ansichten zu herrschen. Zu dem Material, das Holmgren in seiner Übersicht zusammengestellt hat, glaube ich auch noch Ballowitz’ Unter- suchungen über die von ihm sog. Zentrophormien hinzufügen zu müssen; es gehören diese Bildungen zweifellos auch hierher!) und sie besitzen wegen ihrer Ähnlichkeit mit den Golgi’schen Apparaten um so grösseres Interesse, als sie mit einer anderen Methode gewonnen sind, als die durch Chromsilberimprägnierung dargestellten Netzbilder. In den die Membrana Descemeti im Auge bekleidenden Epithelzellen beschreibt Ballowitz (1900, 1) ein grosses, eigen- tümlich strukturiertes Organ, das er zunächst als „Zellsphäre“ bezeichnet. Es findet sich deren eins in jeder Zelle, und dieses ist immer in der Mitte der Zelle belegen. Die Sphäre wird „von einem Gerüst von Fäden und Strängen“ gebildet, die deut- lich gegen die Umgebung sich abheben. Oft sind die Fäden mit Ausbreitungen oder kleinen Verdickungen versehen. Sie verlaufen deutlich geschlängelt, biegen unregelmässig nach hier- hin und dorthin ab und sind nicht selten plötzlich umgebogen, sodass scharf hervortretende Ecken entstehen. Die Fäden verzweigen sich und anastomosieren reichlich miteinander, wodurch ein „Maschen- oder Gitterwerk“ mit verschieden grossen Maschen entsteht. Das Mikrozentrum befindet sich stets innerhalb der Sphäre, gewöhnlich in dessen Mitte. Später (1900, 2) nennt Ballowitz diese Bildungen wegen ihrer Netzkorbstruktur und ihrem Verhältnis zu den Zentral- körpern Zentrophormien (Zentralkörbe). Er weist auch auf die frappante Ähnlichkeit zwischen ihnen und den von Golgi und seinen Schülern in verschiedenen Zellenarten nachgewiesenen Netzapparaten hin. ‘) Für die Identität der ‚„‚Trophospongien‘“ in den Drüsenzellen mit den ‚„Phormien“ ist, seitdem dieses geschrieben, auch Oppel (1903) ein- getreten. (Siehe ferner die Nachschrift S. 564). Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 503 Nach Ballowitz Ansicht stehen die Zentrophormien unzweifelhaft in Zusammenhang mit den bei älteren Tieren vor- kommenden Veränderungen in der Form des Zellkerns (von Nieren- zur Hufeisenform), die er im Kornealendothel, z.B. von Katze und Schaf beobachtet hat. Er vermutet daher, dass es sich möglicherweise um „eine Art innerer Zellanfrischung“ handeln kann, da eine Regeneration auf dem Wege der Zellenteilung nach Ballowitz Beobachtungen unter normalen Verhältnissen in diesem Epithel nicht vorkommt. Bei anderen Tieren, z. B. Rindern, konnten indes auch bei älteren (10jährigen) Individuen keine Veränderungen der Kernform beobachtet werden. Auch bei diesen kamen jedoch Zentrophormien in allen Zellen vor. Auch Totsuka (1901), der speziell das Epithel der Descemet’schen Membran des Rindes verschiedenen Alters untersuchte, hat bei diesen keine Einwirkung des Zentrophorms auf den Zellkern beobachten können. In Übereinstimmung mit Ballowitz betrachtet er das Zentrophorm als eine mit der Sphäre zusammengehörige Bildung. Es wäre hier der Ort, Bendas, Meves’, Fürsts, Hei- denhains u. a. Untersuchungen über „Chondromiten“, „Mito- chondrienkörper“, „Pseudochromosomen“, „Zentralkapseln“ usw. zu besprechen, zu welcher Art von Bildungen auch die Ballo- witz’schen Zentrophormien nach der Ansicht einiger Forscher zu stellen wären. Da es mir, vorläufig wenigstens, fraglich erscheint, ob ein direkter Zusammenhang zwischen diesen und den von mir unten zu schildernden Beobachtungen existiert, und da die hierher gehörige Literatur schon so recht ansehnlich ist, glaube ich darauf verzichten zu können, hier näher auf diese Arbeiten einzugehen. Nachdem Holmgren seine Übersicht veröffentlicht, sind nur noch einige kleinere Arbeiten über den Gegenstand heraus- gekommen. Am wichtigsten unter diesen ist unzweifelhaft die von Kopsch (1902), die eine neue Methode zur Darstellung des Golgi’schen „apparato reticolare“ und etwas über seine mit Hilfe derselben gewonnenen Beobachtungen mitteilt.) Nach langdauernder (ca. Stägiger) Einwirkung von Überosmiumsäure in 2°/,iger wässeriger Lösung erhielt er schwarzgefärbte Netz- ı) Kopsch nennt das mit seiner Methode erhaltene Netzwerk „Binnennetz“. 504 Fredrik von Bergen: apparate in Spinalganglienzellen und einigen Arten von Drüsen- zellen. Die schwarze Farbe, die nach genügender Osmiumbehand- lung ausserordentlich intensiv ist, lässt sich nicht durch Mittel entfernen, die osmiertes Fett auflösen. Oft zeigte es sich, dass die gefärbten Fäden aus aneinander gereihten Körnchen bestehen. Die Identität des nach Kopschs Osmiummethode in Spinal- ganglien hergestellten Netzes mit den von Golgi und seinen Schülern mittelst Chromsilberimprägnierung erzielten Bildern erachtet Kopsch als sicher. Bei einem Vergleich mit Holm- grens Beobachtungen findet er es wahrscheinlich, dass die nach Fixierung in Trichloressigsäure und Färbung in Resorein-Fuchsin dargestellten Netzwerke („Trophospongien“) von derselben Art sind wie die durch Chromsilberimprägnierung und Osmium- färbung hervorgerufenen Bilder. Eine Verbindung nach aussen hat Kopsch bei seinen Netzbildern nicht beobachtet. Schmincke (1902) hat im Protoplasma vieler Drüsen- zellen aus der Regio respiratoria „feinste Kanälchen oder Hohl- räume“ ohne besondere Wandung beobachtet. Sie münden frei auf der basalen Seite der Zellen und werden von ihm als „Fortsätze der Lymphbahnen des interstitiellen Gewebes in die Zelle“ angesehen. Er hält sie für „vergängliche, vom jewei- ligen Sekretionszustand der Zelle abhängige Gebilde.“ In einer Reihe von Nierenepithelzellen von Rana esculenta haben Wigert und Ekberg (1903) intrazelluläre Kanälchen angetroffen, die ihrer Meinung nach mit dem Stoffwechsel in den Zellen irgendwie in Zusammenhang stehen. Durch Injektion mit Berlinerblau von der Kloake aus, ist es ihnen auch gelungen, die Kanälchen darzustellen. In anderen Zellen fanden sie kom- pakte, oft verzweigte Stränge, die durch Kanalisierung zu den binnenzelligen Kanälchen Anlass geben sollen. Durch Chromsilberimprägnierung ist es Ciaccio (1903) gelungen, innerhalb der Epithelzellen in der Rinde der Neben- niere äusserst feine intrazelluläre, gewöhnlich unverzweigte im Protoplasma ziemlich gerade verlaufende Kanälchen nachzuweisen, die durch ein interzelluläres Netzwerk von anderen etwas gröberen Kanälchen sich in die Blutkapillargefässe entleeren. Diese intra- zellulären Kanälchen zeigen nicht die geringste Ähnlichkeit mit den von Pensa (1899) in derselben Zellenart mittels der Chrom- silbermethode dargestellten Netzapparaten. Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 505 In einigen kleineren Abhandlungen hat endlich Holmgren die Ergebnisse seiner fortgesetzten Untersuchungen über die Trophospongien veröffentlicht. Er beschreibt (1902, 3) in den Leberzellen vom Igel das Vorkommen eines Trophospongiums, zusammengesetzt aus einem intrazellulären Netz von Strängen, die direkt mit dem perizellularen resp. interzellularen Bindegewebe zusammenhängen. Teile dieser Stränge können zu „Saftkanälchen“ oder besser „Trophospongienkanälchen‘, wie er sie nunmehr genannt haben will, Anlass geben. Holmgren teilt ferner seine Beobachtungen von Trophospongien in den Paneth’schen Zellen aus den Lieberkühn’schen Krypten des Dünndarms und das Vorkommen eines Netzwerkes, das er als ein „Trophospongium“ bezeichnen möchte, in den Becherzellen zwischen der Theka und dem Kerne mit. In dem Vergleich zwischen den Trophospongienkanälchen in den Nebennierenzellen des Igels und den von Pensa (1899) für dieselbe Zellenart beschriebenen chromsilberimprägnierten Netz- apparaten findet Holmgren (1903,1) eine gute Stütze für seine vielmals ausgesprochene Auffassung, dass die Chromsilbernetze und die Trophospongienkanälchen identisch sein sollen. In einer Reihe von Nebennierenzellen findet Holmgren keulenförmige, Zentrosome enthaltende intrazellulare Verlängerungen, die aus multipolar gestalteten interstitiellen Zellen einzudringen schienen. Wie er diese Bilder deutet, geht indessen nicht völlig klar aus den Bemerkungen in seiner Publikation hervor. In Spinalganglienzellen von Lophius piscatorius hatte Holmgren (1899) von der Kapsel aus in den Zellkörper ein- dringende Fäden beschrieben, von denen er annahm, sie seien „nervöser Natur“. Erneute Untersuchungen (1903, 2) über dieses Verhältnis scheinen ihm indessen zu zeigen, dass diese Fäden eine fadenförmige Differenzierung gewisser Zellen dar- stellen, die in die Nervenzelle eindringende Ausläufer entsenden, innerhalb welcher also die Fäden verlaufen. Seiner Ansicht nach sind diese am ehesten den fadenförmigen Differenzierungen der Gliazellen zu vergleichen. Bei einer Vespertilio-Art schildert Holmgren (1903, 3) das Vorkommen von Kanälchenbildungen (Trophospongienkanäl- chen) in den Leberzellen, die ein ziemlich dichtes Netz erzeugen können. Sie stehen weder in Verbindung mit Gallen- noch mit Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 33 506 Fredrik von Bergen: Blutkapillaren, öffnen sich aber an zahlreichen Stellen der Zellen- oberfläche in die perivaskulären Interstitien. Für die Langerhans’schen Zellinseln in der Pankreas beschreibt Holmgren in derselben Publikation Trophospongien- netze, die ihm auch die Oberfläche der Zellen zu überschreiten scheinen und oft mit Kanalisierungen versehen sind. Beim Studium von Trophospongien in den Epithelzellen des Nebenhodens findet Holmgren diese zwischen dem Kern und der Oberfläche belegen. Sie können auch reichlich kanalisiert sein, ein Umstand, der seines Erachtens auf Stoffwechsel in den Zellen hindeutet. Mit dem dicht unter der innern Oberfläche der Zellen belegenen Zentrosom scheinen die Trophospongien in keiner Verbindung zu stehen. In diesem Zusammenhang kommt Holmgren auch auf die Frage nach dem Verhältnis der Trophospongien zu den Ballowitz’schen Zentrophormien zu sprechen. Diese letzteren scheint er geneigt zu sein den von Heidenhain (1900) beschriebenen „Pseudochromosom“-Bildungen an die Seite zu stellen und erachtet unter Hinweis auf das verschiedene Ver- hältnis der Bildungen zu den Zentralkörpern „den direkten Ver- gleich der Trophospongien mit den Zentrophormien als unbe- gründet.“ Eigene Untersuchungen. Die Zellenarten, die meine Untersuchung hauptsächlich umfasst, sind: 1. Ganglienzellen, besonders Spinalganglienzellen. 2. Drüsen- und Epithelzellen. 3. Der Bindesubstanzgruppe angehörende Zellen. Über die Fixierungs- und Färbungsmethoden, die bei der Untersuchung der verschiedenen Zellenarten zur Anwendung gekommen, wird unter den verschiedenen Mitteilungen berichtet werden. 1. Ganglienzellen. Es sind hauptsächlich Spinalganglienzellen von Säugetieren und Vögeln, deren Strukturverhältnisse von mir untersucht worden sind. Von sympathischen Ganglien habe ich bloss eine geringere Anzahl zur Verfügung gehabt, meine Erfahrungen bezüglich der Verhältnisse in deren Zellen sind daher weniger eingehend. Aus diesem Grunde werde ich im Folgenden die Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 507 Verhältnisse in ihnen nur insoweit berühren, als sie dazu dienen, die für die Spinalganglienzellen gewonnenen Resultate zu beleuchten oder zu vervollständigen. Die Beobachtungen über den Golgi- schen „apparato reticolare* werden für sich dargestellt, danach die Kanälchenbildungen in den Ganglienzellen beschrieben. A. Der Golgi’sche „apparato reticolare interno.“ Das Material rührt her von Igel, Katze, Kaninchen, Ratte, Maus und Huhn und wurde teils und hauptsächlich nach der von Kopsch (1902) angegebenen Methode mit 2/oiger Überosmium- säurelösung behandelt, teils u. a. (siehe unten) nach Holmgrens Trichloressigsäure-Methode mit Färbung in der Weigert’schen Fuchsin-Resorein-Mischung, die ich im Anschluss an B. Fischer!) im Folgenden Fuchselin nenne. Mit der auch angewandten Golgi’schen Chromsilbermethode erhielt ich keine befriedigende Resultate, was indessen zum Teil darauf beruhen dürfte, dass ich nach den ersten miss- glückten Versuchen nicht mit besonderer Energie die Arbeit mit dieser Methode fortsetzte, da die Osmiumbehandlung nach Kopsch mir zugleich sicherer und leichter erhaltbare Bilder zu liefern schien. a. Die Resultate, die ich mit der Behandlung in 2°/oiger ÖOsmiumsäure erhalten, scheinen im grossen und ganzen mit Kopschs Erfahrungen mit derselben Methode übereinzustimmen, in einigen Hinsichten indessen habe ich Abweichungen zu ver- zeichnen. Betreffs der Technik fand ich, dass das Netz gewöhnlich nach Stägiger Einwirkung der Osmiumsäure deutlich gefärbt hervortritt, dass aber 10 bis 12 Tage im allgemeinen nötig er- scheinen, um eine möglichst intensive Schwarzfärbung der Fäden zu erhalten; eine Vermehrung der Dicke der Fäden scheint die stärkere Färbung nicht mit sich zu führen. Noch nach 12 Tagen zeigten indessen in mehreren Fällen keine Nervenzellen in den Ganglien gefärbte Netzapparate. Besonders war dies der Fall bei Katze, Ratte und Maus. In einer Reihe von Ganglien dieser Tiere trat indessen Färbung nach l4tägiger oder noch längerer Behandlung ein. In sympathischen Ganglien von !) Virchow’s Archiv, Bd. 170. 33* 508 Fredrik von Bergen: Hund und Katze zeigten sich Teile des Netzapparates erst nach 14 Tagen gefärbt, aber bloss in einer geringen Anzahl von Zellen. In Übereinstimmung mit Kopsch beobachtete ich, dass die im Ganglion oberflächlichst liegenden Zellen oft keine gefärbten Netzapparate besassen, wie auch in einer Reihe von Ganglien diese Zellen ihrem Farbenton und allgemeinen Habitus nach bisweilen einige Abweichungen von den in den inneren Teilen des Ganglions liegenden Zellen zeigten!), eine Erscheinung, die ich mit Kopsch wenigstens teilweise als Reagenzerscheinung auffassen möchte. An zahlreichen anderen Stellen zeigen indessen auch die oberflächlichsten, unmittelbar unter der dünnen Bindegewebs- kapsel des Ganglions liegenden Zellen gefärbte Netzapparate. Eine gute Färbung des Netzapparates scheint durch An- wendung frischbereiteter Osmiumlösung und Wechsel der Lösung, sobald Niederschlag in derselben aufzutreten beginnt, befördert zu werden. Das Zellprotoplasma wird, wie die Gewebe im allgemeinen, von der ÖOsmiumsäure bei Stägiger Einwirkung olivengrün gefärbt, welche Färbung stärker wird, je länger die Osmium- behandlung dauert. Bei der von mir gewöhnlich angewendeten Schnittdicke (4-6 «) wirkt jedoch die nach 12 Tagen auftretende Dunkelfärbung bei der Untersuchung des Netzwerkes nicht störend oder verschleiernd. 14 tägige oder längere Einwirkung der Osmium- lösung gibt dagegen den Zellen zuweilen einen so dunklen Farbenton, dass man, um auch nur relativ dünne Schnitte untersuchen zu können, gewöhnlich sie einer 12—24stündigen Behandlung mit Terpentin (Aetherol. terebinth. dep.) unterwerfen muss, wonach die diffuse Osmiumfärbung sich bedeutend aufhellt, sodass die Netzfäden gut hervortreten. Hierbei scheint die Färbung der Netzapparate keinerlei Einwirkung seitens des Terpentins zu erfahren. Es sind indessen nicht bloss die oberflächlichst gelegenen Zellen in den Ganglien, bei denen man Netzapparate oder An- ') An mehreren Stellen habe ich so unmittelbar unter der dünnen Bindegewebskapsel gelegene Nervenzellen beobachtet, die in ihrer äusseren der Kapsel zugewandten Hälfte nicht die geringste Spur von einem Netz- apparat zeigen, während der tiefere, dem Inneren des Ganglions zugekehrte Teil der Zelle dagegen gut schwarzgefärbte Netzfäden enthält. Die beiden verschiedenen Teile der Zelle zeigen ausserdem gewöhnlich einen verschiedenen Farbenton, der äussere einen etwas helleren als der innere. Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 509 deutungen zu solchen vermissen kann. Auch die in den inneren Teilen der Ganglien befindlichen Zellen können in einer für ver- schiedene Ganglien wechselnden Anzahl Netzapparate oder An- deutungen zu solchen gänzlich entbehren. Derartige Zellen habe ich in jedem untersuchten Ganglion bei allen Tieren, die ich zur Verfügung gehabt, beobachtet. Da ausserdem solche Zellen sowohl im Innern der Ganglien als auch an ihrem Rande angetroffen werden, dürfte es als sicher anzusehen sein, dass im allgemeinen Netzapparate nicht in sämt- lichen Zellen innerhalb eines Spinalganglions vorhanden sind. Meine Erfahrungen bezüglich der sympathischen Ganglien, die ich untersucht, stützen auch diese Auffassung: nur eine Minderzahl von Zellen in den untersuchten sympathischen Ganglien wiesen Netzapparate auf. Es zeigt sich ferner, dass den Zellen, welche Netzapparate enthalten, nur eine Minderzahl mit vollständigen, d. h. solchen ausgerüstet ist, in denen die Fäden sich zu einem einheitlichen und geschlossenen Netzwerk verbinden. Sehr oft ist das Netz in verschiedener Weise und in verschiedenem Grade diskontinuierlich. (olgi beschreibt auch solche Bilder, scheint aber darüber un- gewiss zu sein, ob sie präformiert sind oder auf partieller Imprägnation beruhen. Derartige Bilder unvollständiger Netz- werke finden sich unabhängig von der Dicke der Schnitte und sind nicht mit der Unvollständigkeit oder dem Mangel an Kon- tinuität beim Netzbilde zu verwechseln wie ihn dünne (4—6 4) Schnitte oft aufweisen, weil nur ein Teil des Netzes zwischen den Flächen des Schnitts Platz gefunden hat. Meine Beschreibung bezieht sich daher teils auf die Bilder vollständiger Netz- apparate, teils auf.unvollständige Netzapparate. Die vollständigen Netzapparate!) bestehen aus einem Netzwerk feiner Fäden, die von der Osmiumsäure schwarz ‘) Da Bilder dieser Art von früheren Bearbeitern vorzugsweise ihren Abbildungen zu Grunde gelegt worden sind [Golgi z.B. (1898. 2) Fig. 1, (1898. 2) Fig. 2, 8, Veratti (1898), Fig. 1, Kopsch, Fig.1], so habe ich es als weniger nötig erachtet, von ihnen hier eine grössere Anzahl Abbildungen zu geben, welche den zahlreichen Verschiedenheiten im Bau und in der Lage entsprechen sollten, wie sie die vollständigen Netzapparate darbieten. Fig. 1 und 2 geben indessen vollständige Netzapparate wieder, obwohl diese auf Grund der angedeuteten technischen Verhältnisse im Bilde als unvollständig sich darstellen. 510 Fredrik von Bergen: gefärbt werden. Wie frühere Untersucher, Golgi, Veratti, Kopsch u. a., habe auch ich es stets vollständig intrazellulär gefunden, ohne irgendwelche Verbindung mit ausserhalb der Zelle befindlichen Elementen. Auch mit dem Kern steht es in keiner Kommunikation. Das Netzwerk und seine Verhältnisse erscheinen in meinen Präparaten mit solcher Deutlichkeit, dass man unbe- dingt mit Leichtigkeit es würde konstatieren können, wenn Fäden sich über die Oberfläche der Zelle hinaus oder in den Kern hinein erstreckten. In Zellen mit Pigmentkörnern findet man oft die Fäden des Netzapparates auch in dem von diesen ein- genommenen Gebiet und zwar zwischen den Körnern verlaufend. Das Aussehen der Netzapparate schwankt sehr, die Maschen des Netzwerks sind von unregelmässiger Form, oft mehr oder weniger gerundet und immer völlig deutlich. Sie sind gröber oder feiner und in demselben Netzapparat von ungefähr derselben Anordnung. In einem bestimmten Verhältnis zur Grösse der Maschen scheint die Dicke der Fäden zu stehen, indem ein grobmaschiges Netzwerk oft aus gröberen Fäden besteht und umgekehrt. Zellen, die solche verschiedenen Netzwerkformen enthalten, können nebeneinander in demselben Ganglion vorkommen. Zuweilen haben die Maschen eine recht gut gerundete Form, was darauf beruht, dass die Fäden, die das Netz bilden, einen bogenförmigen Verlauf haben. Die Netzfäden heben sich stets distinkt ab von dem diffus olivenfarbigen Zellprotoplasma. Sie sind ziemlich glatt, abgesehen von unregelmässig und spärlich auftretenden Unebenheiten, kleinen knotenähnlichen Verdickungen oder Abplattungen. Zuweilen findet man in einzelnen Zellen Fäden, die kleine runde oder lang- gestreckte ungefärbte Partien, Tropfen oder Vakuolen, enthalten. Der Inhalt dieser scheint von solcher Beschaffenheit gewesen zu sein, dass er von der Osmiumsäure nicht gefärbt wurde. Man tindet gewöhnlich solche Vakuolen gleichzeitig in mehreren der Fäden innerhalb desselben Netzapparats. Indessen sind Zellen mit Vakuolen in den Netzfäden überhaupt nicht zahlreich; ich habe solche Bildungen fast nur in den unvollständigen Netz- apparaten angetroffen. In den Osmiumpräparaten habe ich keinen Fall beobachtet, wo diese Höhlen zu einer wirklichen Kanal- oder Röhrenbildung in dem Faden sich vereinigt hätten. Die Lage des vollständigen Netzapparates ist stets in dem Protoplasmagebiet um den Kern herum. Man findet ihn nur selten Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 511 dem Kerne dicht anliegend, vielmehr ist dieser gewöhnlich zunächst von einem von Netzfäden freien Gebiet umgeben, in welchem man jedoch ziemlich oft einen oder einige Fadenschlingen dicht neben dem Kern verlaufend beobachten kann. Längs der Zellperipherie lässt der Netzapparat stets eine wenn auch schmale, so doch immer völlig deutliche Zone frei („la zone peripherique libre“), (Fig. 2). Nicht selten zeigt der Netzapparat eine gewisse Lobulierung, wie sie schon von Golgi beobachtet worden, und man kann bisweilen Zellen antreffen, in denen diese zu einer extremen Entwicklung gekommen ist. Fig. 62 zeigt eine solche Zelle, in der der Netzapparat aus drei einzelnen Teilen von ziemlich kompakter Netzstruktur besteht, die miteinander über- haupt nicht oder nur durch einige wenige Körnchen oder kurze Fäden verbunden sind. In Zellen mit besonders exzentrisch gelegenem Kern findet man oft auf der Seite des Kerns, wo die umgebende Protoplasmaschicht am dünnsten ist, keine Spur von einem Netz- apparat, dieser liegt vielmehr exzentrisch in dem dem Kern entgegengesetzten Teil der Zelle. Auch Zellen, deren Kern un- gefähr in der Mitte der Zelle liegt und bei denen eine Unter- suchung sämtlicher Schnitte ergeben, dass sie mit vollständigem Netzapparat versehen sind, können an einer oder mehreren Stellen Unterbrechungen, Lücken in demselben zeigen (Fig. 1). Es können also in den Nervenzellen sich Netzapparate finden, die, obwohl ihrem Bau nach vollständig, doch nicht allseitig den Kern umschliessen; (wie aus dem Folgenden hervorgeht, ist dies bei der Mehrzahl der Zellen anderer Art, der Epithel- und Bindesubstanzzellen die Regel). Bei den unvollständigen Netzapparaten herrscht eine sehr grosse Mannigfaltigkeit im Aussehen. Eine Reihe von Zellen enthält im Protoplasma gleichsam einzelne Teile eines vollständigen Netzapparates, die nicht miteinander verbunden sind (Fig. 3). Es ist oft schwer, zwischen Zellen mit vollständigem und solchen mit unvollständigem Netzapparat zu unterscheiden, und manchmal kann nur eine genaue Untersuchung mehrerer nebeneinander liegender Schnitte entscheiden, ob die Zelle einen vollständigen oder unvollständigen Netzapparat enthält. Oft glaubt man beim ersten Hinsehen vollständige Netzapparate vor sich zu haben, die aber hier und da eine Unterbrechung, eine Unvoll- ständigkeit im Fadenverlauf zeigen. Diese stehen offenbar auf 512 Fredrik von Bergen: der Grenze zwischen unvollständigen und vollständigen Netz- apparaten. Beim Huhn haben die unvollständigen oft die Form stark gebogener Fäden, die geschlossene oder nahezu ge- schlossene, oft ziemlich regelmässige Ringe bilden (Fig. 4). Ohne allen Zweifel sind diese von derselben Art wie die, welche die voll- ständigen aus runden Maschen zusammengesetzten Netzapparate bilden. Eine so gut entwickelte Ringform wie beim Hulin be- sitzen sie bei den übrigen untersuchten Tieren nicht; hier zeigen die Fädenstücke oft nur eine ganz schwache Biegung. Sie er- innern beim Huhn in gewissen Hinsichten recht sehr an die von Fürst bei den Spinalganglien des Lachses beschriebenen Ringen, weichen von diesen aber darin ab, dass sie nicht immer als völlig gesclossene Ringe auftreten, niemals aneinandergereiht gefunden wurden und endlich von ihnen oft Fäden abgehen, die dadurch, dass sie ineinander oder in andere Ringe übergehen, diese zu Komplexen von wechselnder Form und Ausdehnung verbinden. Neben Fädenfragmenten findet man in vielen Zellen auch feine Körner, die durch Aussehen, Lage und Verhältnis zu den Fäden sich als unzweifelhaft mit dem Netzapparat zusammen- gehörig erweisen. Die Körner zeigen dieselbe Schwarzfärbung durch Osmiumsäure wie die Fäden und dieselbe Resistenz gegen Terpentinbehandlung; ihr Durchmesser entspricht ungefähr dem der Fäden (in derselben Zelle). Der Form nach sind sie nicht selten etwas unregelmässig, oft länglich. Bald liegen sie diffus im Zellprotoplasma zerstreut, bald trifft man eine grössere oder geringere Zahl aneinandergereiht, sodass sie Körnerfäden bilden, wie sie auch Kopsch beobachtet hat. Von gleichzeitig in den Zellen vorkommenden Pigmentkörnchen sind sie leicht zu unter- scheiden, da diese gewöhnlich grösser sind, eine bräunliche Farbe haben und ihre Form ziemlich gut rund ist. Je nach dem Vorkommen der osmiumgeschwärzten Körner in den Zellen kann man die Gruppen von Bildern unterscheiden. 1. Die Körner sind zahlreich, und man findet neben ihnen höchstens nur hier und da einen kurzen Faden. Sie liegen ziemlich diffus') in einem breiten Gebiet an den Kern herum, wofern dessen Lage nicht sehr exzentrisch ist. ‘) Das Vorkommen derartiger regellos verstreuter Körnchen neben Körnchenreihen scheint mir dafür zu bürgen, dass diese Bilder nicht bloss durch Unvollkommenheit in der Färbungstechnik hervorgerufen worden sind. Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 53 2. Die Zellen enthalten in reicher Menge sowohl Körner als kurze Fäden. Öfters sieht man die Körner aneinandergereiht und kurze Körnerreihen hängen mit den Fäden zusammen. Die Lage der Körner und der Fäden in der Zelle erinnert hier nicht selten an die des Netzapparats (Fig. 5). 3. Die diffus liegenden Körner sind gering an Zahl, da- gegen sind die Zellen mit einem unvollständigen Netzapparat versehen, dessen Fäden zum grösseren oder geringeren Teil aus Körner zusammengesetzt sind (Fig 6, 63). Diese drei Arten von Bildern, zwischen denen natürlich alle Übergänge sich finden, scheinen zu bezeugen, dass die Körner durch Zusammenschluss Fäden bilden können, dass demnach die diffusen Körnerreihen eine Vorstufe zu den Fäden darstellen und aus ihnen die vollständigen Netzapparate hervorgehen können. Es lässt nun freilich sich denken, dass die Bilder in einer Reihe entgegengesetzter Art zusammengehören könnten, d. h. dass die Körner nicht Vorstufen zu Netzapparaten, sondern Zer- falls- oder Auflösungsprodukte derselben darstellen. Dagegen scheint mir jedoch nicht nur unsere Kenntnis von der Körner- oder Tropfenform als der bei dem ersten morphologisch nach- weisbaren Auftreten von Stoffen im Zellprotoplasma gewöhnlichen zu sprechen, sondern auch das Vorkommen einer anderen Serie von Bildern, die sich am besten aber als Ausdruck regressiver Veränderungen der Netzapparate deuten lassen, die also einen zweiten Typus unvollständiger Netzapparate darstellen. In einigen Zellen, welche fast immer ein dunkelgefärbtes Protoplasma aufweisen, findet man nämlich die Fäden des Netz- apparates auf längere oder kürzere Strecken innerhalb heller Streifen verlaufend, und liegen sie dabei gewöhnlich an deren Kante oder in deren Mitte. Die Breite derselben übersteigt den Durchmesser der Fäden gewöhnlich 'mehrfach. Dieser letztere Durchmesser ist immer geringer als in den übrigen Zellen (inner- halb desselben Ganglions), und die Fäden sind ausserordentlich gleichmässig und zeigen fast garnicht Verbreiterungen oder knotenähnliche Anschwellungen (Fig. 7, 8). An anderen Stellen vermisst man die Fäden auf längere oder kürzere Strecken ganz und gar, die hellen Streifen sind aber noch da und zeigen gleich- sam, wo die Fäden gegangen (Fig. 8, 64). Diese sind in solchen Zellen gewöhnlich schwächer gefärbt, und verfolgt man einen 514 Fredrik von Bergen: Faden, so scheint er oft allmählich an Farbenkraft abzunehmen, bevor erin dem hellen Streifen verschwindet. Mir fehlt jeder An- lass, in diesen Bildern Kunstprodukte zu sehen, hervorgerufen durch Unvollständigkeit der Fixierung oder Schwarzfärbung. Sie finden sich auch in den der Einwirkung der Osmiumsäure am längsten ausgesetzten Präparaten und gleichzeitig mit typischen Netz- apparaten. Unter solchen Umständen scheint mir die Deutung am nächsten zu liegen, dass, wie wir in den Körnchen und Körnchenfäden Bilder besitzen, die die Entstehungsweise des Netzapparats beleuchten, wir in diesen zuletzt beschriebenen Bildern regressive Veränderungen des Netzapparats vor uns haben: die Fäden desselben können sich schon während des Lebens auf- lösen, und sie können dabei im Zellprotoplasma ein System von Kanalbildungen mit derselben Anordnung.wie beim Netzapparat, aus dem es hervorgegangen, zurücklassen. Noch nachdem sämt- liche Fäden des Netzaparats ganz und gar verschwunden, können die hellen Streifen in grösserer oder geringerer Ausdehnung in den Nervenzellen vorhanden sein, und man kann wenigstens an einigen Stellen deutlich die Netzanordnung bei ihnen wahrnehmen (Fig. 9). Auf diese Bilder werde ich bei Gelegenheit der Kanal- bildungen in Nervenzellen zurückkommen. In den Zellen, welche die Kapsel der Ganglienzellen bilden, findet man zuweilen schwarzgefärbte Körner und kurze Fäden, die ich jedoch nicht zu einem Netzapparat vereinigt gefunden habe (Fig. 10, 11). Sie stehen in keiner Verbindung mit den Fäden des Netzapparats und können auch in Kapselzellen vor- kommen, welche Nervenzellen angehören, die selbst keinen Netz- apparat enthalten. b. Mit der Holmgren’schen Trichloressigsäuremethode zur Herstellung von „Trophospongien“ in Nervenzellen habe ich in einer Reihe von Fällen positive Resultate erhalten. Auch durch Anwendung anderer Farbenmittel ist es mir gelungen, das „Lrophospongium“ gefärbt zu erhalten. Bei Eisenhämatoxylin- färbung (nach Heidenhain) von in Trichloressigsäure fixiertem Material werden die Netzfäden schwarz gefärbt, gleichzeitig werden aber auch zahlreiche im Zellprotoplasma befindliche Schollen und Körner gefärbt, welche störend wirken. Bei An- wendung von Bendas (1901) Methode zum Nachweis von Zentralkörpern wurden in einer Reihe von Fällen die Fäden be- Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 51: sonders wohl erhalten und durch distinkte Blaufärbung deutlich hervortretend gesehen. Diese verschiedenen Methoden haben in- dessen in der Hauptsache übereinstimmende Resultate ergeben, es stehen aber die nach Eisenhämatoxylinfärbung oder Benda’scher Färbung erhaltenen Bilder an Deutlichkeit denen nach, die bei Färbung mit Fuchselin zustande kommen. Nur ein geringer Teil der Nervenzellen enthält bei diesen Behandlungsmethoden gefärbte Fäden, die bald isoliert liegen, bald miteinander zu netzartigen Bildungen verbunden sind. Diese sind bald feinmaschig, bald grobmaschig, in welch letzterem Falle die Fäden, die sie bilden, gröber sind und einen mehr gebogenen Verlauf haben, während die feinmaschigen Netzwerke aus gerader verlaufenden Fäden zusammengesetzt sind. Diese Verhältnisse stimmen nahe mit den bei der Osmiumfixierung erhaltenen Bildern überein. Die isolierten, an unvollständige Netzapparate erinnernden Fäden erbieten in diesen Präparaten wenig Neues von Interesse, da ihre Verhältnisse wegen des weniger guten Konservierungszustandes hier nicht mit Vorteil sich studieren lassen. Im allgemeinen habe ich die Fäden feiner und distinkter gefunden als aus Holmgrens Abbildungen hervorzugehen scheint. Wenn daher diese Bilder auch nicht geeignet sind, bezüglich der Ausdehnung und der Lageverhältnisse des Netzapparates in der Zelle uns über das, was die Osmiumbilder zeigen, hinauszuführen, so haben sie gleichwohl ihre Bedeutung. Der Umstand, dass der Netzapparat auch mittelst gewöhnlicher Fixierungs- und Färbungs- methoden in einem positiven Bilde, d. h. als eine deutliche Faden- struktur sich darstellen lässt, zeigt nämlich, dass es sich bei der Osmiummethode nicht bloss um eine „Imprägnierung“ handeln kann. Der Einwand, dass die Fäden im Netzapparat nur eine künstlich zustandegebrachte Ausfüllung von präesxistierenden Kanälen wären, verliert gegenüber diesem Sachverhalt alle Kraft. Besonders Bendas Zentralkörperfärbung ist geeignet, diesen Fadencharakter des Netzapparates hervortreten zu lassen. Die von Holmgren betonte Verbindung zwischen den Fäden und den intrakapsulären Zellen habe ich auch mit der Behandlungsmethode dieses Autors nirgends beobachten können, vielmehr ist in Übereinstimmung mit dem, was die Osmiumbilder ergeben, ein solcher Zusammenhang nicht vorhanden gewesen. 516 Fredrik von Bergen: Wie das bei dem osmiumfixierten Material der Fall ist, und in grösserer Ausdehnung als dort, enthalten die gröberen Fäden manchmal Vakuolen von runder oder mehr langgestreckter Form, die bisweilen in grösserer Zahl angehäuft vorkommen und dann den Fäden ein perlenbandähnliches Aussehen verleihen, wie Holmgren (1901) es wiedergegeben, oder sogar zu kürzeren Kanalstücken innerhalb der Fäden Anlass geben können. Auf grössere Strecken hin kanalisierte Fäden, auf dem Zusammenschluss derartiger Vakuolen beruhend, habe ich indessen nicht beobachtet, wohl dagegen neben den Fäden oder um sie herum liegende helle Streifen. In Spinalganglienzellen von Petromyzon fluviatilis hat Kolster eine „netzförmige Struktur‘ beschrieben, die aus Reihen von Mikrosomen zu- sammengesetzt war; ohne sie selbst deuten zu wollen, betont er, dass diese Netzstrukturen in keiner Beziehung zu anderen in den Nervenzellen be- kannten Strukturverhältnissen zu stehen scheinen. Es erscheint mir indessen nicht ganz ausgeschlossen, dass diese Struktur in irgend einem Zusammen- hange mit dem Golgi’schen Netzapparat stehen könnte; ich habe daher Kontrollversuche begonnen nach der von Kolster angewandten Methode (lang [Monate, Jahre] dauernde Fixierung in Flemming’scher Flüssigkeit und Färbung nach Rawitz’ adjektiver Saffraninmethode). B. Kanälchenbilder. Beim Studium von Kanälchenbildern in den. Nervenzellen habe ich ausser den für die Untersuchung des „apparato reticolare“ angegebenen Material auch spinale und sympathische Ganglien vom Menschen (25 jährigen, hingerichteten Mann und sechs Monate altem Fötus), Hund, Seehund, Eichhörnchen und Sperber zur Verfügung gehabt; bei sämtlichem Material habe ich ausser den oben beschriebenen Behandlungsmethoden auch die Mehrzahl unserer gewöhnlichen Fixierungs- und Färbungsmethoden an- gewendet. Von Fixierungsflüssigkeiten: Uarnoys Alkohol-Chloroform-Eisessig: Apäthys Sublimat- Alkohol-Eisessig; Rabls Pinkrinsäure-Sublimat; Tellyesmizckys Kaliumbichromat -Sublimat-Eisessig; Zenkers Kaliumbichromat- Sublimat -Eisessig!); Kopschs Kaliumbichromat - Formalin ?); Flemming’sche Flüssigkeit und Hermann'’sche Flüssigkeit. !) Die von mir verwendete Zen ker’sche Flüssigkeit war immer ohne den ursprünglich angegebenen Zusatz von Natriumsulfat bereitet. :) Böhm und Oppel, Taschenbuch d. mikr. Technik, 4. Aufl., München 1900, $ 472. Stöhr, Lehrbuch d. Histologie, 9. Aufl., Jena 1901, S. 15. Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. SlRT Von Färbungsmethoden: Heidenhains Eisenhämatoxylin mit oder ohne Nach- färbung in Säurefuchsin oder Säurefuchsin-Orange; Heidenhains Thiazinrot-Toluidinblau und Coerulein S-Phenosaftraninmethode, die mit geringeren Modifikationen der Färbungs- und Differen- zierungszeit oft auch bei nicht sublimatfixiertem Material mit Vorteil sich anwenden lassen; Toluidinblau mit Nachfärbung in Eosin, Erythrosin oder Thiazinrot und Bendas Methoden, Eisen- Alizarin- Krystallviolett für Mitochondrien- und Eisen-Alizarin- Toluidinblau für Zentralkörperfärbung. Schon hier will ich betonen, dass es in allen Spinalganglien Zellen gibt, in denen Kanälchenbilder nicht vorkommen. Zellen mit Kanälchenbildungen finden sich in verschiedenen Ganglien in verschiedener Zahl. Mehr oder weniger Zellen in einem Ganglion können mit Kanälen versehen sein, wie ich auch bei einer Reihe Ganglien Kanälchen in keiner einzigen Zelle habe beobachten können, obwohl eine grössere Anzahl von Schnitten für diesen Zweck untersucht wurden. Bei den Kanälchen kann man zwei voneinander deutlich verschiedene Arten unterscheiden, die, wie unten gezeigt werden soll. wesentlich verschiedene Entstehung und Bedeutung haben. Typus 1. Die Kanälchen des ersten Typus weisen eine unverkennbare Ähnlichkeit in der Anordnung mit den Fäden des Golgi’schen -Netzapparats auf. In dem Protoplasma um den Kern herum oder, in Zellen mit exzentrisch belegenem Kern, in dem kernfreien Protoplasmagebiet findet man helle, ziemlich feine, geschlängelte, miteinander oft anastomosierende Röhrchen von gleichmässigem Kaliber. In ihrem Verlauf ähneln sie auf- fallend den Fäden des Netzapparats, sind aber dem Durchmesser nach etwas gröber. Man findet hier dieselben buchtigen Schlingen und scharfe Umbiegungen und oft dieselbe Verästelung und deutlieh hervortretende Netzanordnung wie bei den osmium- gefärbten Fäden des Golgi’schen Apparats (Fig. 9). Durch ihre Eigenschaft ganz oder nahezu ungefärbt zu bleiben, markieren sie sich gegen das mehr oder weniger stark diffus gefärbte Zellprotoplasma. Ihre Grenze gegen dieses ist niemals scharf und distinkt. Aus diesem Grunde und weil sie manchmal schwach gefärbt sind in der Nüance des Protoplasmas, 518 Fredrik von Bergen: sind sie oft schwer zu verfolgen, was sich besonders fühlbar macht, wenn Zellen mit solchen Kanälchen abgebildet werden sollen (Fig. 12). Ob sie leer sind, ist schwer zu entscheiden. Da sie indessen manchmal, wie eben erwähnt, eine wenn auch ‚schwache Färbung im Farbenton des Protoplasmas aufweisen, möchte ich annehmen, dass sie einen Inhalt besitzen, obwohl dieser allen meinen Versuchen, ihm eine deutliche, von der des Protoplasmas verschiedene Farbe beizubringen, widerstanden hat. Die Kanälchen treten vorzugsweise, wenn nicht ausschliess- lich, in Zellen mit feinkörnigem Protoplasma auf, und man findet fast niemals neben oder um die Kanälchen herum Tigrvidschollen oder Ansammlungen von Tigroidsubstanz. Dagegen ist oft das teinkörnige Protoplasmagebiet, in dem die Kanälchen sich finden, zu äusserst von einer gewöhnlich ziemlich dichten Tigroid- ansammlung umgeben. Die Kanälchen sind stets streng intra- zelluläre Bildungen, und sie entbehren ebenso jeder Verbindung mit dem Zellkern. Am besten und deutlichsten sind die Kanälchenbilder in Material, das in der Carnoy’schen oder der Tellyesnizcky- schen Flüssigkeit fixiert worden. Wie oben erwähnt, kann man auch in Zellen aus osmium- fixiertem Material Kanälchen beobachten, die meistens mit unvoll- ständigen Golgi’schen Apparaten in Zusammenhang stehen, indem sie oft längere oder kürzere Stücke von osmiumgeschwärzten Fäden enthalten, die dem Durchmesser des Kanälchens, in dem sie sich befinden, an Dicke bald entsprechen, bald bedeutend dünner sind. Bisweilen kann auch das ganze Kanälchensystem in einer Zelle sich als leer darstellen. Solche Zellen sind indessen in ÖOsmiumpräparaten selten; ihr Protoplasma ist fast immer stark dunkelgefärbt. Das Lumen dieser Kanälchen kann relativ gross sein, ist aber doch gewöhnlich von derselben Stärke wie bei den eben aus anderem Material beschriebenen Kanälchen, mit denen sie der Anordnung und ihrer allgemeinen Eigen- schaften nach in allem wesentlichen gut übereinstimmen. Um unter möglichst gleichartigen Verhältnissen mit der Osmiummethode und mit gewöhnlichen Fixierungs- und Färbungs- methoden erhaltene Resultate miteinander vergleichen zu können, habe ich von demselben Tier, jungem Kaninchen, einige Spinal- ganglien nach Kopschs Osmiummethode und andere nach Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 59 Fixierung in Carnoy’scher Flüssigkeit mit Thiazinrot und Toluidinblau gefärbt. Die osmiumbehandelten Ganglien zeigten alle, wie zu erwarten, zahlreiche Zellen mit schwarzgefärbten Netzapparaten nebst einigen Zellen mit Kanälchenbildungen des ersten Typus. In den mit Thiazinrot-Toluidinblau gefärbten Ganglien werden keine Netzapparate angetroffen, dagegen zahl- reiche Zellen mit Kanälchenbildungen des ersten Typus, von demselben Aussehen wie die in geringer Zahl bei den Osmium- präparaten beobachteten Bilder. Da demnach die Kanälchenbilder in den doppeltgefärbten Präparaten hier wie auch sonst weit zahlreicher sind als in den osmiumfixierten, so dürfte hieraus mit grösster Wahrscheinlichkeit zu schliessen sein, dass den durch die Osmiumbehandlung hergestellten Netzapparaten in den thiazinrot-toluidinblau gefärbten Präparaten Kanälchen entsprechen, dass also die intraprotoplasmatischen Kanälchen des ersten Typus ein Negativ des Golgi’schen Netzapparats darstellen. Nehme ich die Richtigkeit meiner früher aufgestellten Ver- mutung an, dass die Kanälchenbilder des ersten Typus, wie sie in den Osmiumpräparaten in oder ohne Anschluss an unvollständige Netzapparate vorkommen, vital präformiert sind, so muss mein Schluss bezüglich der z. B. mittelst der Carnoy’schen Flüssig- keit erhaltenen Kanälchenbilder (desselben Typus) dieser sein: dass ihre Kanälchennatur zwar nicht an allen, aber an der Mehr- zahl der Stellen durch die Behandlungsmethode bedingt ist. Ob diese eine wirkliche Lösung der Substanz, die die Fäden des Golgi’schen Netzes bildet, bewirkt hat, oder ob die fragliche Substanz bloss ihrer Färbbarkeit beraubt worden, mag dahin- gestellt bleiben, obwohl ich, wie oben angedeutet, vorläufig das letztere anzunehmen mehr geneigt bin. Es ist schon oben darauf hingewiesen worden, dass, wo Teile des Fadenapparats nach anderen Fixierungsmethoden als der Kopsch’schen mit Osmiumsäure, besonders nach Behandlung mit Trichloressigsäure, zurückbleiben und sich färben lassen, diese Teile nicht selten in reichlichem Maße Vakuolen enthalten oder auf kürzere Strecken geradezu hohl erscheinen, eine Er- scheinung, die bei der Osmiummethode nur selten und in geringem Grade der Fall ist. Dieser Umstand bestätigt in seiner Weise die Minderwertigkeit der fraglichen Methoden gegenüber der 520 Fredrik von Bergen: Behandlung mit Osmiumsäure, wo es gilt die Substanz, die die Fäden des Netzapparats ausmacht, zu konservieren. Auf Vakuolisierungs- und Auflösungsbilder der letzterwähn- ten Art eine Auffassung betreffs der Bedeutung der fraglichen 3ildungen zu gründen, wie das Holmgren in seiner „Tropho- spongien“-Hypothese getan hat, kann natürlich nicht berechtigt sein. Typus 2. Ein ganz anderes Bild zeigen andere in den Nervenzellen vorkommende Kanälchen. Ich habe sie ziemlich oft in sympathischen wie in spinalen Ganglien angetroffen, und war in Material, das nach den verschiedensten Methoden (auch nach der Osmium- und der Trichloressigsäuremethode) fixiert war. Man findet sie in den Ganglien, wo sie auftreten, gewöhnlich in einer Mehrzahl von Zellen. Diese Kanälchen sind ausserordentlich distinkt und zeigen eine scharfe Abgrenzung gegen das Zellprotoplasma (Fig. 11, 65). Sie treten vielleicht am besten bei den Vögeln hervor, und man findet in den Ganglien derselben oft Zellen von dem Aussehen, wie es Holmgren mehrmals (z. B. 1900, 3, Fig. 17 und 20) abgebildet hat. Die Kanälchen treten oft regellos zerstreut auf, oft auch sieht man sie in mehr oder weniger ausgeprägt kon- zentrischer Anordnung an einer oder mehreren Stellen in der Zelle gesammelt. Sie sind bisweilen verzweigt, meistens bei Vögeln, verbinden sich aber in der Regel nicht miteinander zu einem Netzwerk. Gewöhnlicher werden sie nach den Enden zu schmäler und laufen nicht selten spitzig aus» Mit Hilfe der Schraube kann man sie oft ein Stück in die Tiefe durch den Schnitt vorfolgen, und schon hierdurch zeigt es sich, dass sie, wenigstens in einer Reihe von Fällen die Form von Spalten haben. Bestätigt wird dies ausserdem durch das spärliche Vorkommen von wirklichen Querschnittbildern wie auch durch das Vorkommen der ausserordentlich breiten Kanäle, wirklicher Lakunen, die man bisweilen, besonders in Oberflächenschnitten von Zellen, sehen kann. In solchen Schnitten trifft man zuweilen sternförmige Lücken mit davon ausgehenden feineren Gängen, die bis zu einem ge- wissen Grade an die Saftlakunen und Saftkanälchen erinnern, wie man sie in mit Silbernitrat behandelten parallelfaserigem Bindegewebe findet. Das Lumen der Kanälchen des 2. Typus schwankt, bedeutend, und das beruht nicht nur darauf, dass sie bald im Profil- bald im Flächebild auftreten, sondern auch, wovon man Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 521 sich durch Anwendung der Schraube überzeugen kann, darauf, dass sie wirklich die Form bald breiterer, bald sehr schmaler Spalten besitzen. Die Bezeichnung dieser Bildungen als „Kanäl- chen“ ist also nicht immer ganz zutreffend. Die Kanälchen werden direkt vom Zellprotoplasma umgeben und ihre Begrenzungslinie ist, wie schon erwähnt, ausserordent- lich scharf und distinkt. „Besondere Wandungen“ oder eine differenzierte Wandschicht, die durch besondere Färbbarkeit her- vorträte, habe ich nirgends wahrgenommen. In gefärbten Prä- paraten mit gut hervortretenden Tigroidschollen liegen die Kanälchen oft unmittelbar neben diesen, so dass man längs der grösseren nicht selten ein kurzes Kanälchen findet, das auf seiner einen Seite direkt durch die Tigroidsubstanz begrenzt wird. Mit dem Kern besitzen die Kanälchen keine Verbindung, dagegen kann man nicht selten beobachten, dass sie sich nach aussen in das perizelluläre Spatium öffnen. Bisweilen kann man sie in direktem Zusammenhang mit artifiziellen von dem Messer erzeugten Spalten- bildungen in der Schnittfläche stehen sehen. Obwohl oft an Breite: die Kanälchen des 1. Typus nicht übertreffend, treten sie stets unvergleichlich klarer und deutlicher als diese hervor. Es dürfte hierin in gewissem Grade der Um- stand beitragen, dass sie wie gesagt ausserordentlich glatt und distinkt gegen das Zellprotoplasma hin begrenzt sind, in noch höherem Grade beruht dies aber sicherlich darauf, dass man sie immer vollständig ungefärbt findet. Dieser Umstand im Verein mit ihrem Aussehen an den Stellen, wo sie an der Oberfläche der Zelle münden, scheint mir zu zeigen, dass sie eines Inhalts entbehren — leer sind. In dem mit Osmiumsäure behandelten Material kommen die Kanälchen sowohl in Zellen mit wie ohne Netzapparate vor. In Zellen mit Netzapparat zeigt es sich, dass sie keine Verbindung mit diesem haben (Fig. 10). Schon nach ihrer Anordnung zu urteilen, war es weniger wahrscheinlich, dass sie ein Negativ des Netzapparates darstellen könnten, und wenn man in derselben Zelle die den Netzapparat bildenden feinen, gleichstarken Fäden und die hier behandelten in wechselnder Breite dazwischen ver- laufenden hellen, ungefärbten Kanälchen und Spalten findet, so kann weiter kein Zweifel darüber herrschen, dass man hier vor zwei völlig voneinander verschiedenen Bildungen steht. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 34 [Sb DD DD Fredrik von Bergen: Bilder, welche die Entstehungsweise der Kanälchen bestimmt andeuteten, habe ich in den Nervenzellen nicht beobachtet. Vakuolen, die zu diesem zweiten Typus von Kanälchen in Beziehung ständen, scheinen in meinem Material nicht vorzukommen. Wohl kann man dagegen sehr kleine, kurze Kanälchen erblicken, die an Grösse Vakuolen nicht übertreffen, immer aber von unregel- mässiger Form sind und im übrigen vollständig dieselben Eigenschaften besitzen wie die grösseren Kanälchen dieses Typus. Eine hierhergehörige Beobachtung, die ich indessen unter allem Vorbehalt anführe, weil meine Erfahrung nicht genügend umfassend ist, um einen bestimmten Schluss daraus zu ziehen, ist die, dass die fraglichen Kanälchen bedeutend zahlreicher in den Präparaten zu sein scheinen, die einer langdauernden Osmien- behandlung unterworfen gewesen, als in denen, deren Behandlung nur kürzere Zeit gedauert. Sollte diese Beobachtung sich be- stätigen, so gäbe sie einen wichtigen Fingerzeig betrefis der Entstehungsweise und Bedeutung dieser Bildungen. Unzweifelhaft sind diese Kanälchen des zweiten Typus schon mehrorts von verschiedenen Verfassern beschriebenen. So dürften es wahrscheinlich vorzugsweise diese Kanälchen sein, die Nansen als Primitivröhrchen bei Myxine und bei Säugetieren beschreibt. Dass dieses sicher bei Nelis „etat spir&mateux“ des Protoplasmas der Nervenzellen der Fall ist, ergibt sich unzweideutig aus den Abbildungen, die seiner Abhandlung beigegeben sind. Zahlreiche von Holmgren beschriebene und abgebildete Nervenzellen zeigen auch, wie schon erwähnt, Kanälchen dieses Typus. Andere von den Abbildungen bei demselben Autor deuten dagegen mit Sicherheit darauf hin, dass ihnen Zellen mit Kanälchen des ersten Typus, d.h. mit Negativen von Netzapparaten, zu Grunde gelegen. Die Kanälchenbilder, die Kolster beschreibt, dürften sicherlich zum zweiten Typus zu rechnen sein. Diese beiden eben beschriebenen Typen von Kanälchen in den Nervenzellen können indessen in einer und derselben Zelle vorkommen. Sie können dabei in unmittelbarer Nähe voneinander liegen oder sogar sich miteinander verbinden, sodass es äusserst schwer oder geradezu unmöglich wird, sie voneinander zu scheiden. Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 523 Ohne Zweifel tragen diese nicht ungewöhnlichen Mischformen von Bildern die Schuld daran, dass die verschiedenen Kanälchen- typen in der Literatur fast nirgends scharf auseinander gehalten, sondern unter gemeinsamen Namen und gemeinsamen Gesichts- punkten behandelt worden sind. Wie unberechtigt dies ist, wird sich am besten ergeben, wenn ich unten auf Grund von Beobachtungen an den inter- stitiellen Hodenzellen den Beweis dafür erbringen werde, dass die Kanälchen des zweiten Typusreine Kunstprodukte sind, während die Kanälchen des ersten Typus, wie schon gezeigt worden, ein Negativ des Golgi’schen Netzapparates darstellen, in den mehreren Fällen her- vorgerufen durch eine in gewissen Hinsichten unvollkommene Technik. Man besitzt in dieser Vermischung von Kanalbildern ver- schiedener Typen und verschiedener Bedeutung ohne Zweifel der Hauptsache nach den Schlüssel zu den in der Literatur oft vor- kommenden einander entgegengesetzte Angaben betrefis des Ver- hältnisses der Kanälchen zur Umgebung. Die Kanälchen des ersten Typus sind, wie oben geschildert, ein System geschlossener, rein intraprotoplasmatischer Gänge, die Kanälchen des zweiten Typus dagegen öffnen sich oft in reicher Anzahl nach aussen. Je nachdem der Darstellung der Autoren, der erstere oder letztere Typus oder Mischform beider zu Grunde gelegen, müssen natürlich ihre Ansichten in der betreffenden Frage verschieden ausfallen.!) !) Von den osmiumbehandelten Präparaten könnte schliesslich noch ein an Kanälchenbildungen in gewisser Weise erinnerndes Bild angeführt werden. In einigen Zellen mit ziemlich homogenem Protoplasma habe ich ein helles, äusserst dichtes und feines, ungefärbtes Netzwerk beobachtet, das aus ausserordentlich zahlreichen und feinen Linien geraden Verlaufes zu- sammengesetzt ist. Diese kreuzen sich in allen möglichen Richtungen, lassen aber eine äusserste Zone des Ganglions vollständig frei und stehen also nicht in Verbindung mit extrazellulären Bildungen. Sie gehen direkt in den heller gefärbten Ursprungskegel des Achsenzylinders über ihr näheres Verhalten hierbei geht aber nicht aus meinen Präparaten klar hervor. Dass diese Bilder nicht mit den bisher geschilderten zusammengehören, scheint mir ziemlich sicher. Über ihre Bedeutung kann ich nichts Bestimmtes äussern. Vielleicht dass es sich hierbei um ein Negativ des Fibrillennetzes in diesen Ganglienzellen handelt. 34* or DD nd Fredrik von Bergen: 2. Drüsen- und Epithelzellen. a. Prostataepithel. 1. Die gewöhnlich hochzylindrischen Epithelzellen aus der Prostata des Hundes zeigen bei Untersuchung überlebender Zellen') die Partie zwischen dem Kern und der Zelloberfläche mehr oder weniger mit feinen Körnchen, mit aller Sicherheit Sekretkörnchen, erfüllt. In einem Teil dieser Zellen findet man indessen in einem zirkumskripten Gebiet dicht neben dem Teil der Kernperipherie, der nach der freien Oberfläche der Zelle zu liegt, die Körnchen spärlicher liegen, und zwischen ihnen treten helle, homogene, geschlängelte, ineinander übergehende schmale Streifen hervor, die relativ deutlich sich von der Umgebung abheben. Andere Zellen zeigen an dieser Stelle einen hellen, von Körnchen fast oder vollständig freien, runden Hof, deutlich gegen den körnigen Teil der Zelle abgesetzt und gewöhnlich von dem Kern und den Kanten der Zelle durch eine dünne, oft einfache Schicht von Körnchen geschieden. Das Protoplasma in diesem (Gebiet markiert sich oft bloss als ein relativ körnchenfreier, homogener Fleck ohne scharfe Grenze gegen die umliegenden körnchenreichen Teile des Zellkörpers. Bisweilen kann man indessen hier umeinandergeschlungene Streifen beobachten, die wegen ihres verschiedenen Lichtbrechungsvermögens als heller oder dunkler hervortreten. 2. An Material, das nach der Golgi’schen, von Veratti modifizierten Chromsilbermethode behandelt worden, erhält man dicht oberhalb des Kernes an einer Stelle, entsprechend der, an welcher in überlebenden Zellen die hellen Streifen hervortreten, einen „apparato reticolare.“ Dieser kann von verschiedenem !) Von Herrn Professor Hammar bin ich auf die Prostatazellen des Hundes als eine für die Untersuchung von Drüsenzellen in überlebendem Zustande besonders günstige Zellenart aufmerksam gemacht worden. Macht man bei einem geschlechtsreifen Individuum mit einem scharfen Messer einen Einschnitt in die Prostata, so erhält man an,.dem Messer und der Schnitt- fläche eine reichliche Menge Prostatasaft mit zahlreichen darin suspendierten Epithelzellen, einzelnen, einigen oder mehreren zusammen. Ein Tropfen dieser Flüssigkeit unter dem Deckgläschen gibt ein zugleich leicht zugängliches und in dem für diese Zellen sicherlich best indifferenten Medium befindliches Untersuchungsobjekt ab. do | —D or Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. Aussehen sein und besteht aus feinen, durch Chromsilberimpräg- nierung braungefärbten Fäden von etwas schwankender Dicke. Sie verlaufen unregelmässig geschlängelt und scheinen oft mit kleineren Ausbreitungen und knotenähnlichen Anschwellungen versehen zu sein (Fig. 13, 14). Der Bau der Netzapparate ist oft der eines schönen Netzwerks, kann aber auch ganz einfach und die Netzstruktur auch nur angedeutet sein, sodass die Bildung zunächst den Eindruck eines wirr verschlungenen Fadens macht, von dem die eine oder andere Schlinge in das Zellproto- plasma hinausgehen kann, ohne jedoch die Seitenflächen der Zelle zu erreichen. Ausser diesen vollständigen Netzapparaten findet man in einer Reihe Zellen durch das Silbersalz braungefärbte Körnchen oder Körnchen und kurze Fäden, was mir möglicherweise darauf hinzudeuten scheint, dass die Körnchen durch Zusammenschluss zu Fäden Anlass gegeben haben können, aus denen dann der Netzapparat sich bildet. Die nach der Chromsilbermethode her- gestellten Präparate erbieten indessen wegen der Dicke, der Schnitte wie auch, weil sie nicht mit Vorteil die Anwendung auch nur einer einfachen Nachfärbungsmethode erlauben, ziemlich grosse Schwierigkeiten für die genauere Untersuchung der Ver- hältnisse der Netzapparate, und vor altem gibt die Golgi’sche Methode wegen ihres launenhaften Verhaltens nicht völlige Gewissheit darüber, inwieweit die Bilder unvollständiger Netz- apparate präformiert sind oder nicht. 3. In dieser Hinsicht besitzt die Osmiumbehandlung nach Kopsch beträchtliche Vorzüge gegenüber der Golgi’schen Chromsilberimprägnierung. Freilich kann auch die Osmiumfärbung bisweilen ein negatives Resultat ergeben, doch dürfte sich ein solches in den meisten Fällen nach einiger Erfahrung mit der Methode vermeiden lassen können. Auf die Resultate einer gut ausgeführten Osmiumbehandlung ist sicherer zu bauen, und die durch sie gewonnenen Präparäte erlauben eine vielseitige Nach- behandlung wie Paraffineinbettung und eine Reihe von Färbungen. Indessen ist Nachfärhtfig im allgemeinen gut zu entbehren, da ‚durch die Einwirkung der Osmiumsäure der Zellkern und ver- schiedene Details innerhalb des Zellprotoplasmas mit hinreichender Deutlichkeit hervorgehoben werden. 526 Fredrik von Bergen: Die mit 2°/oiger Osmiumsäure behandelten Prostatazellen behalten auch nach länger (nicht über 14 Tage) dauernder Ein- wirkung ein Aussehen bei, das nahe mit dem übereinstimmt, das sie bei Untersuchung in überlebendem Zustand zeigen. Durch eine nach kürzerer (acht- bis zwölftägiger) Einwirkung erhaltene Olivenfärbung treten die Sekretkörnchen und kompakteren Partien der Zelle deutlicher hervor, als es in überlebenden Zellen der Fall ist. Besonders die Sekretkörnchen werden distinkt olivengrün gefärbt, sodass sich die Körnigkeit der Zellen stark hervorhebt. Nach längerer Einwirkung der Osmiumsäure werden die Körnchen wie auch das Protoplasma immer dunkler, und nach 14- bis 15-tägiger Einwirkung sind die Zellen ganz dunkelgefärbt, sodass sie eine detaillierte Untersuchung nicht gut zulassen. Fast in jedem Präparat trifft man in schwankender Anzahl, wie es scheint, unabhängig von der Dauer der Osmiumbehandlung, eine Reihe von Zellen, die mit Ausnahme des Kernes sich als ganz und gar difius vom Osmium gefärbt erweisen (Fig. 66). Weder bei der Untersuchung überlebender Zellen noch in Präparaten, die nach sonst gebräuchlichen Methoden fixiert und gefärbt werden, habe ich etwas diesem entsprechendes beobachtet. Dieser Umstand nebst dem gewöhnlich reicheren Vorkommen dieser geschwärzten Zellen in der Oberflächenschicht der Stücke und ihrer oft deformierten Beschaffenheit deutet darauf hin, dass sie nicht präformiert sind, sondern Produkte der Reagenzwirkung, Zellen, die bei der Konservierung auf diese oder jene Weise verletzt worden sind, sodass ihr Protoplasma durch Einwirkung der Osmiumsäure diffus schwarz gefärbt wird. Die durch länger dauernde Osmiumbehandlung hervor- gerufene Dunkelfärbung der Zellen, speziell der Sekretkörnchen, wird mit Leichtigkeit, wie schon gelegentlich der Nervenzellen erwähnt wurde, durch 12- bis 24-stündige Behandlung mit Terpentin beseitigt. Die Sekretkörnchen verlieren fast völlig ihre Farbe, erscheinen schwach gelblich, verlieren aber gleich- zeitig beträchtlich an Deutlichkeit.. Die diffus schwarzgefärbten Zellen scheinen indessen gar nicht oder nur höchst unbedeutend vom Terpentin beinflusst zu werden. Ebenso scheint das Terpentin auch auf die Fäden des Netzapparats in keiner Weise einzuwirken, wenigstens in der Regel nicht. sofern die Behandlung nicht über 36 bis 48 Stunden ausgedehnt wird. oO [86] —I Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. Netzapparate finden sich in den meisten Zellen (Fig. 66); nur in einer geringeren Anzahl von Zellen fehlten sie. Diese letzteren liegen selten vereinzelt, sondern gewöhnlich zusammen in kleinen Gruppen. Auch in den diffus schwarzgefärbten Zellen kann man bisweilen oberhalb des Kernes Netzapparate wahr- nehmen. Diese erscheinen indessen immer undeutlich, oft zusammengedrückt und lassen nicht die einzelnen Fäden hervor- treten. Die Netzapparate zeigen nach Lage und Anordnung völlige Übereinstimmung mit den nach der Chromsilbermethode her- gestellten Netzen, ihre Fäden aber sind distinkter, sodass ihr Bau leichter studiert werden kann. In der Mehrzahl der Zellen bildet der Netzapparat (Fig: 15, 16) ein geschlossenes, distinkt schwarzgefärbtes Fadensystem, von dem bisweilen hier und da ein längerer oder kürzerer, frei endigender Faden ausgeht, gewöhnlich längs den Seiten der Zelle nach oben, dem Lumen zu, oder nach unten auf der Kernseite (Fig. 15). Die Fäden des Netzapparates sind ziemlich glatt, bisweilen jedoch auf kurzen Strecken abgeplattet oder hier und da knotenähnlich verdickt. Manchmal findet man solche Anschwellungen, deren Inneres von Osmiumsäure nicht geschwärzt ist. Sie sehen aus wie sehr kleine, ungefärbte Vakuolen in den Fäden. Sie kommen niemals in grösserer Zahl zusammen vor und sind niemals auch nur zu kürzeren Kanalstücken innerhalb der Fäden zusammen- geflossen. Wie bei der Beschreibung der Chromsilberbilder erwähnt wurde, wechselt die Struktur der Netzapparate nicht unbeträchtlich, indem sie bald aus einem wohl ausgebildeten Fadennetz, bald bloss aus einem oder mehreren umeinander unregelmässig geschlungenen Fäden bestehen, wobei die Netzanordnung kaum anders als durch einzelne Verbindungen zwischen den Fäden angedeutet ist (Fig. 18). Der wohlausgebildete Netzapparat (Fig. 67) umfasst ein Gebiet ungefähr von dem Umfang des Kernes; der Form nach ist er rund (Fig. 15) und oft laufen die Fäden nur in den äusseren Teilen, sodass der Netzapparat manchmal ein von Fäden und Sekretkörnchen freies, oft helles Protoplasmagebiet umgibt (Fig. 16, 67). Oft aber ist der Netzapparat nicht so ausgedehnt, sondern von einem mehr kompakten Bau. Im Profilbild sieht man ihn 528 Fredrik von Bergen: dann (Fig. 18, 19) dicht über dem,Kern wie eine Haube oder Mütze liegen. Er ist sozusagen von oben nach unten zu abge- plattet, während er nach den Seiten zu wie die Netzapparate von runder Form die Kanten der Zelle erreicht. Konstante Unterschiede im Aussehen zwischen Zellen mit wohlausgebildetem Netzapparat und mit kompakterem solchem habe ich nicht ge- funden, vielmehr trifft man beide Formen in sonst dem Aussehen nach gleichen Zellen; in niedrigeren oder kubischen Zellen (Fig. 19) scheint jedoch der abgeplattete Apparat am gewöhnlichsten vor- zukommen. Übrigens können Zellen mit Netzapparaten der beiden verschiedenen Typen durcheinandergemischt vorkommen. Indessen sind es auch hier nicht alle Netzapparate, die diesen vollständigen und aus kontinuierlichen Fäden zusammen- gesetzten Bau zeigen. Man findet nämlich auch bisweilen unvollständige. Ein solcher Netzapparat besteht dann ent- weder aus wenigen, kurzen, umeinander laufenden und miteinander mehr oder weniger verbundenen Fäden nebst feinen, gleich den Fäden distinkt schwarzgefärbten Köfnchen, oder in anderen Fällen finden sich an der Stelle des Netzapparats nur einige feine osmiumgeschwärzte Körnchen nebst einer grösseren oder geringeren Zahl kurzer Fäden (Fig. 20). Die Körnchen sind oft in längeren oder kürzeren Reihen geordnet, welche Körnerreihen sich bisweilen an fertig gebildete Fäden anschliessen. Diese verschiedenen Arten von Bildern scheinen mir am besten sich erklären zu lassen, wenn man, wie schon bei der Beschreibung der entsprechenden Bilder in den Nervenzellen hervorgehoben worden, diese Körnchen, Körnerreihen und kurzen freien Fäden als Vorstadien, als Ent- wicklungsformen ansieht, aus denen der Netzapparat schliesslich hervorgeht. Zellen mit derartigen Bildern von in der Entstehung begriffenen Netzapparaten enthalten gewöhnlich feinere Sekret- körnchen als die übrigen Zellen, und diese sind, wie die Fig. 20 zeigt, hauptsächlich in dem äussersten, dem Drüsenlumen zuge- wandten Teil der Zelle gesammelt. In dem Gebiet dicht ober- halb des Kerns bis zu den Seitenflächen der Zelle hin, in welchem Gebiet der unvollständige Netzapparat sich befindet, trifft man dagegen wenige oder keine Sekretkörnchen, sodass man in diesen Zellen gut zwei verschiedene Zonen in dem Gebiet zwischen dem Kern und dem Drüsenlumen unterscheiden kann, eine äussere Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 529 nach dem Lumen zu gelegene, die zahlreiche feine Sekretkörnchen enthält, und eine innere nach dem Kern zu mit Körnchen und Fäden, die zum Netzapparat gehören, aber keinen oder nur wenigen Sekretkörnchen. Derartige Übergangsbilder trifft man indessen relativ selten an, ein Umstand, der möglicherweise damit zusammenhängt, dass in der Prostatadrüse des Hundes fast alle Zellen in der Regel mit Sekretkörnchen erfüllt sind und eine grössere Variation im Funktionszustand der Zellen innerhalb einer und derselben Drüse oft nicht nachzuweisen ist. Es ist nun lehrreich, diese Bilder mit denen zu vergleichen, die die Prostatazellen bei Behandlung nach einigen unserer gewöhnlichen Fixierungs- und Färbungsmethoden aufweisen. Zur Anwendung gekommen sind hierbei von Fixierungsmethoden vor- zugsweise: Eisenhämatoxylin mit Nachfärbung in Säurefuchsin, die beiden Eisen-Alizarinmethoden nach Benda und Weigerts Fuchselin. Ich gruppiere auch hier die Bilder nach der ver- schiedenen Fixierung. 4. Mit dem Bilde der überlebenden Prostatazelle stimmt am besten das in Kopsch’scher Kaliumbichromat- Formalinmischung fixierte Material überein. Die Sekret- körnchen sind in diesem Material wohlerhalten, und in der sekretkörnchenführenden Partie findet man in vielen Zellen dicht oberhalb des Kerns die hellen Streifen oder den von Sekret- körnchen freien Hof wieder, wie sie schon an überlebendem Material beobachtet worden. Ebenso findet man auch hier Zellen, in denen der kornfreie Hof sich bis zu den Rändern der Zelle ausdehnt, sodass die dem Kern nächstliegende Hälfte des Zell- gebietes zwischen Kern und Drüsenlumen sich ganz oder fast ganz frei von Sekretkörnchen zeigt. Diese Zellen entsprechen ganz sicher den eben bei dem osmiumbehandelten Material beschriebenen, welche Bilder von in der Entstehung begriffenen Netzapparaten enthalten. Der Unterschied zwischen den beiden Zonen in dem Protoplasmagebiet zwischen Zellkern und Drüsen- lumen tritt in den gefärbten Präparaten besonders deutlich her- vor. In diesen an Sekretkörnchen armen, resp. kornfreien Gebieten nimmt man ohne Schwierigkeit mehr oder weniger deutliche, schmale Streifen wahr, die der Anordnung und dem (| 30 Fredrik von Bergen. e Verlauf nach sehr an die Fäden des Netzapparats erinnern. Sie heben sich viel schärfer von der Umgebung ab, als es in über- lebenden Zellen der Fall war. Besonders deutlich treten sie bei Färbung nach der Benda’schen Eisen-Alizarin-Kristallviolett- methode hervor (Fig. 22): man sieht sie in diesen Präparaten als sehr feine, ungefärbte Kanälchen oder Röhrchen mit scharf ausgeprägter Grenze gegen das Protoplasma. Sie sind von ziemlich gleichmässigem Durchmesser und verlaufen auf mannig- fache Weise gebogen und geschlängelt, durch kurze feinere Kanälchen reichlich miteinander verbunden. Bei Eisenhämatoxylin- färbung treten die Kanälchen weniger deutlich hervor, aber die Stelle. wo sie vorkommen, ist gewöhnlich stärker durch Säure- fuchsin färbbar als das übrige Zellprotoplasma, besonders ist dies der Fall in Zellen mit grossem und gut markiertem kornfreiem Hof. Es lässt sich indessen nicht mit Bestimmtheit entscheiden, ob es die Kanälchen oder das sie nächst umgebende Zellproto- plasma ist, das die dunklere Farbe angenommen hat. Deutliche freie Streifen oder eine Art von Differenzierung des Protoplasmas zu Wandschichten oder dergleichen ist bei dieser Färbung nicht wahrzunehmen. Die Lage und Anordnung der besonders in nach Benda- scher Methode gefärbtem Material deutlich hervortretenden Kanälchen macht es schon mehr als wahrscheinlich, dass sie Negative in den im Osmiummaterial hervortretenden, schwarz- gefärbten Netzapparaten darstellen. Völlige Gewissheit, dass dem so ist, gewinnt man durch Färbung mit Weigert’schem Fuchselin. Der Inhalt der Kanälchen nimmt bei dieser Behandlung eine dunkler violette Färbung an als das Protoplasma und die Sekret- körnchen, und hierdurch tritt noch deutlicher die Netzanordnung und Übereinstimmung mit dem „apparato reticolare“ hervor (Fig. 23), obwohl die Fixierung in Kopsch’scher Flüssigkeit nicht Bilder von der ausgezeichneten Deutlichkeit ergibt wie die OÖsmiummethode desselben Verfassers. 5. Fixiert man die Prostata in Trichloressigsäure nach Holmgren und färbt derartige Präparate mit frischbereitetem Weigert’schen Fuchselin, so erhält man Bilder von dem Aus- sehen, wie es Fig. 21 wiedergibt. Die Sekretkörnchen sind nicht fixiert, sondern durch die Einwirkung der Trichloressigsäure auf- Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. So geschwellt oder aufgelöst worden, sodass das Protoplasma ein vakuolisiertes Aussehen aufweist. Öfters findet man Zellen mit dunkelgefärbten, unregelmässigen, miteinander zusammenhängenden Streifen dicht oberhalb des Kernes an der Stelle des Netzapparates. Sie markieren sich nicht durch eine besondere Farbe, sondern nur durch ihren dunkleren Farbton gegenüber dem Protoplasma, sodass sie als verdichtete Partien desselben erscheinen. Auch sieht man sie oft in direkter Verbindung mit gröberen Proto- plasmastreifen stehen. Auf kurzen Strecken sind sie nicht selten doppeltkonturiert, sodass sie wie enge Röhrchen aussehen. Eine deutliche Verdichtung des nächst anliegenden Protoplasmas lässt diese kurzen höhrchenstücke von eigenen Wänden begrenzt er- scheinen. Diese Bilder geben besonders wertvollen Aufschluss bezüglich der Einwirkung des angewandten Fixierungsmittels auf die Netzapparate. Die Trichloressigsäure vermag offenbar nicht, oder jedenfalls nur unvollständig, in diesen Zellen die in den Fäden des Netzes enthaltene Substanz zu fixieren. Durch Lösung dieser Substanz entstehen im Protoplasma röhrenförmige Bildungen — „Trophospongienkanälchen.“ 6. In naher Übereinstimmung mit den Bildern des in Triehloressigsäure fixierten Materials stehen die Resultate, die bei Fixierung in Zenker’scher Flüssigkeit oder in einer Mischung von gleichen Teilen I’oigem Platinchlorid, l’/oiger Chromsäure und 1’higer Essigsäure erhalten werden. Diese beiden Flüssigkeiten fixieren die Sekretkörnchen etwas besser als Trichloressigsäure und zeigen in den Prostata- zellen zahlreiche und grobe Basalfilamente. Ihre Einwirkung auf den Netzapparat steht der der Trichloressigsäure nahe, sodass er auch hier sich als kompaktere Partien des Protoplasmas darstellt (Fig. 24). Teile des Netzapparates können auch in diesen Präparaten doppelte Konturen zeigen, die das Vorhandensein von Kanälchen mit „eigenen Wandungen“ vortäuschen. Nach Färbung mit Eisenhämatoxylin oder Benda’schem Eisen-Alizarin-Toluidin- blau treten die dem Netzapparat entsprechenden kompakteren Protoplasmapartien dunkler schwarz resp. blaugefärbt innerhalb des ganz hell gefärbten Protoplasmas hervor. Das nach Benda gefärbte, in Platinchlorid-Chrom-Essigsäure- mischung fixierte Material gibt auch Aufschluss über das Ver- 532 Fredrik von Bergen: halten der Zentralkörperchen in den Prostatazellen. In Präparaten, wo die Färbung gut ausgefallen, findet man, wie das in Zylinderepithelzellen allgemein der Fall ist, in der Nähe der Zellachse dicht unterhalb der freien, das Lumen begrenzenden Zelloberfläche das Zentralgebilde, gewöhnlich ein ungefähr in der Längsrichtung der Zelle gelagertes Diplosoma. Es liegt also ausserhalb des Gebietes des Netzapparates und scheint in keiner direkten Verbindung mit demselben zu stehen. Die Befunde in den Prostatazellen des Hundes zeigen, dass der Golgi’sche „apparato reticolare“ präformiert ist, da er, wenn auch undeutlich, in der überlebenden Zelle sich wahrnehmen lässt. Sie geben ferner an die Hand, dass dem mittelst Chrom- silberimprägnierung erhaltenen „apparato reticolare“ in allem Hauptsächlichen die nach Kopschs Methode erhaltenen Bilder entsprechen. Sie liefern eine Bestätigung für die bereits oben ausgesprochene Auffassung, dass die Netzapparate transitorische Bildungen sind, und dass sie durch Zusammenschluss von Körn- chen zu Fäden entstehen. Endlich zeigen die Bilder in den Prostatazellen, dass die die Netzfäden bildende Substanz durch mehrere Fixierflüssigkeiten, darunter auch Trichloressigsäure, zur Lösung gebracht und verändert wird. Von anderen Fixierflüssig- keiten wird sie dagegen nicht gelöst, bleibt aber im allgemeinen bei Anwendung gewöhnlicher Färbungsmethoden ungefärbt, wie das auch bei den entsprechenden Bildungen in den Nervenzellen der Fall zu sein schien. ’ b. Pankreasepithel. Drüsenzellen aus der Pankreas der Katze, mit 2°/oiger Osmiumsäure nach der Kopsch’schen Methode behandelt, zeigen Netzapparate, die sich durch eine gut hervortretende Netzstruktur von feinen und glattkonturierten Fäden auszeichnen. Die erhaltenen Bilder stimmen mit den von Negri mittelst Chromsilber- imprägnierung ebenfalls an Pankreaszeilen erhaltenen Netz- apparaten überein. Sie kommen in Zellen mit zahlreichen wie auch in solchen mit wenigen Zymogenkörnchen vor. In der letzteren Art von Zellen zeigt der Netzapparat nichts besonders bemerkenswertes, bei den ersteren Zellen dürfte dagegen sein Verhältnis zu den Zymogen- körnchen eine gewisse Aufmerksamkeit verdienen. In diesen Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 533 kornführenden Zellen (Fig. 52) liegt der Netzapparat auf der Grenze zwischen dem kornfreien und dem kornführenden, dem Lumen zugewandten Teil der Zelle. Seine Fäden scheinen dabei ausschliesslich in von Zymogenkörnchen freien Protoplasmagebiet zu verlaufen; zwischen den Zymogenkörnchen habe ich sie niemals beobachtet. Eine Folge hiervon ist, dass, wenn die Zymogen- körnchen zahlreich sind, sie nach dem Apparat hinunterdringen und ihn gleichsam nach unten, nach dem Kern hin ausbuchten, sodass er abgeplattet und schalenförmig wird. Bilder, die auf die Art der Entstehung oder des Ver- schwindens des Netzapparats hindeuteten, sind in den Zellen der untersuchten Drüse nicht angetroffen worden. Auch die Zellen in den Langerhans’schen Inseln sind mit Netzapparaten versehen. Diese liegen zur Seite des Kerns, den sie also auch in diesen Zellen nicht umfassen. Ihre Form ist unregelmässig, und die in ihm enthaltenen Fäden gewöhnlich gering an Zahl und kurz, sodass das Netz im allgemeinen ziemlich dicht ist. Nur in einigen Fällen habe ich Gelegenheit gehabt, diese Zellen zu beobachten. i c. Epithel von der Glandula submaxillaris. An die Netzapparate in den Pankreaszellen erinnern sehr die Netzapparate in den serösen, den Gianuzzi’schen Halb- monden angehörigen Zellen aus der Glandula submaxillaris der Katze. Ich habe sie in Präparaten beobachtet, die nach der von Veratti modifizierten Golgi’schen Methode von Herrn stud. med. ©. Löwenhjelm im hiesigen Laboratorium angefertigt und von ihm mir freundlichst zur Verfügung gestellt worden sind. Nicht alle Netzapparate zeigen indes eine deutlich aus- geprägte, regelmässige Netzstruktur, sondern man trifft auch solche an, in denen die Netzstruktur nur wenig scharf markiert ist. Die Netzapparate sind auch hier völlig intrazellulär und zeigen, wie das auch Negri in anderen Drüsen gefunden hat, keinen Zusammenhang mit gleichzeitig imprägnierten Sekret- kapillaren. Nicht selten werden auch Zellen beobachtet, welche defekte Netzapparate oder Bruchstücke von Netzfäden enthielten. Die mukösen Zellen derselben Drüse enthalten auch chrom- silberimprägnierte Netzapparate. Die Netzstruktur ist bei ihnen 534 Fredrik von Bergen: in der Regel wenig ausgeprägt, und das Netz scheint im all- gemeinen aus einem verschlungenen Faden oder einigen mit- einander zusammenhängenden und wirr durcheinander laufenden Fäden zu bestehen, deren Durchmesser und Beschaffenheit mit den in den serösen Zellen vorkommenden nahe übereinstimmt. Die Form der Netzapparate ist ausserordentlich unregelmässig, und oft sind die Fäden so zusammengeballt, dass ihr Verlauf im einzelnen sich nicht feststellen lässt. Von dieser Masse können nach verschiedenen Richtungen, besonders nach unten, nach dem Kern zu eine oder mehrere Schlingen gehen, was an ähnliche Verhältnisse in den Prostatazellen des Hundes erinnert. d. Drüsenepithel aus der Trachea der Katze. Das hierfür vorliegende Material ist mit 2°/oprozentiger Osmiumsäure nach Kopsch während S—11 Tage behandelt worden (Fig. 68, 71). Die Mehrzahl der Zellen in den Drüsen sind mit Netzapparaten oder Andeutungen von solchen versehen; nur eine Minderzahl von Zellen entbehrt vollständig osmium- geschwärzter Körner oder Fäden. Überall zeigen sich die schwarzgefärbten Bildungen streng intrazellulär. Zwischen den Zellen oder in der Umgebung derselben findet man hier ebenso wenig wie in gleichzeitig und in derselben Flüssigkeit behandelter Pankreas auch nur eine Andeutung von schwarzgefärbten Elementen, die mit den Netzapparaten in den Drüsenzellen in Verbindung stehen könnten. Nur eine geringere Anzahl von Zellen besitzt einen gut ausgebildeten Netzapparat. Die Mehrzahl dieser enthalten feine, ungefähr gleichmässig gebildete, schwarze Fäden von ziemlich geradem Verlauf, die nur wenig miteinander in Verbindung stehen. Oft zeigen sie Unterbrechungen, sodass es aussieht, als ob sie aus kurzen Fadenstücken zusammengesetzt wären. In Zellen, die reichlich Sekretkörnchen enthalten, findet man die Fäden oft nach aussen, nach den Rändern der Zelle hin ver- schoben. Ein Schnitt senkrecht zur Längsachse einer solchen Zelle zeigt den inneren Teil der Zelle von zahlreichen Körnchen erfüllt, und zu äusserst in der Randpartie der Zelle verlaufen die zum Netzapparat gehörenden schwarzgefärbten Fäden (vgl. Fig. 65). Diese sind in solchen Zellen etwas dünner und feiner - als es sonst gewöhnlich der Fall ist. Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 535 Einige Zellen enthalten neben Fäden auch feine osmium- geschwärzte Körner, welche ausser durch ihre verschiedene Färbung schon durch ihre viel geringere Grösse von den oliven- farbigen Sekretkörnchen leicht zu unterscheiden waren. Auch aneinandergereihte Körner werden hier und da beobachtet. Zahlreiche Zellen enthielten netzähnlich angeordnete helle Kanälchen, innerhalb welcher auf längeren oder kürzeren Strecken schwarzgefärbte Fadenstücke angetroffen werden. Diese Bilder sind also von gleicher Art wie die in den Nervenzellen gefundenen, die ich geglaubt habe als Netzapparate in regressiver Meta- morphose deuten zu können. Das Protoplasma in Zellen mit derartigen Bildern ist von homogener Beschaffenheit ohne gröbere Körner.t) e. Hauptzellen aus der Fundusschleimhaut des Katzenmagens. (Fig. 33.) In dem Fundusteil eines Katzenventrikels, behandelt nach der Kopsch’schen Osmiummethode, enthielt eine geringe Anzahl der Hauptzellen schwarzgefärbte Netzapparate. Die Hauptzellen waren sämtlich stark vakuolisiert. Die Netzstruktur trat bei den Netzapparaten wenig hervor. Sie bestanden eigentlich bloss aus einem unmittelbar oberhalb des Kerns gelegenen, in wenige Schlingen gelegten und mit einer geringen Anzahl von Ver- zweigungen versehenen Faden, der in den Protoplasmastreifen zwischen den Vakuolen verlief. Die Netzfäden waren im all- gemeinen ungleichmässig gefärbt, stellenweise distinkt schwarz, an anderen Stellen schwächer gefärbt, fast grau. Oft endigten sie blind im Zellprotoplasma. Ausser dass die Mehrzahl der Zellen bei diesem Material keine Netzapparate zeigen, verdient hervorgehoben zu werden, = !) In diesem Zusammenhang möchte ich eine Beobachtung an Drüsen- zellen aus trachealen Drüsen vom Menschen erwähnen. Das Material war in Rabls Pikrinsublimat fixiert. An der Stelle, wo der Netzapparat sonst vorkommt, werden in manchen Zellen kurze, oft recht deutliche und manchmal verästelte feine Röhrchen mit gut gefärbten Begrenzungslinien wahrgenommen. Sie erinnern sehr an von früheren Verfassern (u. a. Krause) für Drüsen- zellen beschriebene intrazelluläre Sekretkapillare. Ein Vergleich mit den Verhältnissen in den z. B. in Zenker’scher Flüssigkeit fixierten Prostata- zellen macht es ziemlich wahrscheinlich, dass sie in enger Beziehung zu in diesen Zellen vorkommenden Netzapparaten stehen. 536 Fredrik von Bergen: dass Entstehungsformen von Netzapparaten — Körner und Körnerreihen — vollständig fehlen. Ihrem Aussehen nach stimmen die in den Hauptzellen beobachteten Netzapparate wenig mit dem gewöhnlichen Typus überein. Am meisten erinnern sie noch an die Verhältnisse in den Zellen der Trachealdrüsen. Dass die Unvollständigkeit in ihrem Bau und in der Färbung der Fäden auf unvollständiger Osmiumfärbung beruhen sollte, dem wider- spricht der Umstand, dass in demselben Präparat Bindegewebs- und Wanderzellen mit gut gefärbten Netzapparaten sich finden. Man darf demnach vermuten, dass die Netzapparate, die ich-in den Hauptzellen der Fundusdrüsen angetroffen, sich in regressiver Metamorphose befinden, eines der letzten Stadien von dem Ent- wicklungszyklus des Netzapparates in diesen Zellen darstellen. Wirkliche Kanal- oder Röhrenbilder, wie sie oben für Nerven- und Trachealdrüsenzellen beschrieben worden und die als beim Verschwinden der Netzapparate entstanden gedacht werden könnten, habe ich indessen in den Hauptzellen nicht beobachtet. Ihr stark vakuolisiertes Protoplasma scheint keine günstigen Bedingungen dafür geboten zu haben, dass derartige Röhrenbildungen nach dem Schwinden der innenliegenden Netzfäden hätten erhalten bleiben können. Ich stelle mir dabei die Sache so vor, dass innerhalb der Vakuolen ein hydrostatischer Druck herrscht, der dahin tendiert, die umgebenden Protoplasmasepta zusammen- zupressen, wodurch die in ihnen eventuell entstehenden Kanälchen obliteriert werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass die Belegzellen, die zu dem Zwecke untersucht wurden, die Relation zwischen den Sekretkapillarkörben und Netzapparaten zu studieren, in den untersuchten Präparaten keine Osmiumfärbung, weder der Netzapparate noch der Kapillarkörbe zeisten. f. Ciliarzylinderepithel. Ciliarzylinderepithelzellen aus der Trachealschleimhaut des Igels zeigen bei Behandlung nach der modifizierten Chromsilber- methode in dem Gebiet zwischen Kern und Ciliarbesatz einen Netzapparat von einfachem Typus. Die erhaltenen Präparate geben indessen nicht besonders prägnante Bilder, sodass ich mich auf eine ganz kurze Schilderung derselben beschränken muss. Der Netzapparat besteht aus einer dichten, knäuel- Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 537. förmigen Bildung, welche im allgemeinen eine grobfädige Struktur zeigt. Bei nach gewöhnlichen Methoden (z. B. mit Zenker'’scher, Tellyesniz&ky scher oder Rabl’scher Flüssigkeit) fixierten und gefärbten Material vom Igel und auch vom Menschen habe ich an der Stelle, wo (beim Igel) der Netzapparat sonst auftritt, kurze, unregelmässig verlaufende, helle Streifen gefunden, nicht unwahrscheinlich Negative zu den mittelst der Golgi’schen Methode erhaltenen Netzapparaten darstellend. In nach der Kopsch’schen Methode mit Osmium behandelter Schleimhaut der Trachea der Katze fand ich dagegen in den Ciliar- zylinderzellen regelmässig in jeder Zelle an der entsprechenden Stelle eine Ansammlung von zahlreichen schwarzen, wohlgerundeten Körnchen, einigemale reihenweise angeordnet (Fig. 34). Bestimmt zu behaupten, dass diese Körnchen als Vorstadium eines Netz- apparats anzusehen wären, wage ich vorläufig nicht. Gegen eine solche Annahme spricht u. a. der Umstand, dass ich in Giliar- zylinderepithelzellen aus der Trachealschleimhaut der Katze, bei Fixierung des Materials in Flemming’scher Flüssigkeit und Nachbehandlung nach Benda, an der gleichen Stelle ähnliche Körnchen und zwar hier violettgefärbte gefunden habe. Da ich aber in dem osmiumbehandelten Material geschwärzte Körnchen an einer Stelle in der Zelle angetroffen habe, an welcher man auf Grund der Analogie mit anderen Zellen einen Netzapparat zu erwarten hätte, habe ich in diesem Zusammenhange meine Beobachtung erwähnen wollen. g. Schweissdrüsenepithel. Die Schweissdrüsen, die ich untersucht habe, stammen aus der Achselhöhle eines 25-jährigen hingerichteten Mannes her. Sie wurden 2—3 Stunden nach dem Tode in verschiedenen Fixierungsflüssigkeiten: Kopsch’scher Kaliumbichromat-Forma- linmischung, Tellyesniz&ky’schem Kaliumbichromat-Eisessig, Apäthy’schem Sublimat-Alkohol-Eisessig und Flemming’scher Flüssigkeit fixiert. Von Färbungsmethoden wurden vorzugsweise die Heiden- hain’sche Eisenhämatoxylinmethode mit oder ohne Nachfärbung. in Säurefuchsin und die Benda’sche Eisen-Alizarin-Kristallviolett- methode angewendet. Auch mit der Eisen-Alizarin-Toluidinblau- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 35 538 Fredrik von Bergen: methode desselben Verfassers habe ich ausgezeichnete Bilder er- halten und scheinen mir diese beiden Methoden Bendas in vielen Hinsichten der Eisenhämatoxylinmethode überlegen zu sein. Die Schweissdrüsen der Achselhöhle haben bekanntlich einen grösseren und in verschiedenen Hinsichten von den kleineren, in der Haut gewöhnlich vorkommenden Schweissdrüsen abweichen- den Bau. Die Endstücke verschiedener Drüsen zeigen, sicherlich im Anschluss an Verschiedenheiten im Funktionszustande, ver- schiedenes Aussehen, was die Anordnung und Beschaffenheit des Epithels wie auch die Grösse des Lumens betrifft. In dem von mir untersuchten Material ist das Epithel in einigen Drüsenröhren niedrig, scheibenähnlich, in anderen kubisch oder zylindrisch. Einige Drüsenrohre enthalten im Lumen frei- liegende abgestossene Epithelzellen. Die meisten Zellen des hohen zylindrischen Epithels zeigen schon bei mittelstarker Vergrösserung in dem Gebiet zwischen Kern und Oberfläche helle Streifen. Bei stärkster Vergrösserung treten diese als geschlängelte röhren- oder kanalähnliche Bildungen hervor.) Zu den niedrigeren kubischen Zellen erstrecken sie sich ein Stück zur Seite des Kerns herunter. In den zylindrischen Zellen dagegen findet man sie fast ausschliesslich in der Zone dicht oberhalb des Kernes, nur in vereinzelten Fällen geht eine Schlinge zwischen Kern und Seitenbegrenzung der Zelle herunter. Röhrenbildungen finden sich in etwas abweichender An- ordnung nahezu in jeder Zelle. Fig. 25 gibt einige Zellen in Seitenansicht mit verschiedener Anordnung der fraglichen Bild- ungen wieder. Fig. 27 zeigt einen Schrägschnitt durch einen Schweissdrüsengang (von dem Lumen aus). Bei Untersuchung etwas dickerer Schnitte solcher Zellen, deren Ränder die Schnittflächen nicht berühren, ist es möglich die Röhrchen in ihrem geschlängelten Verlauf zu verfolgen. Man findet da, dass die Röhrenschlingen sich oft miteinander wm !) Da diese Kanälchen in den Schweissdrüsenzellen meinen frühst ge- machten Beobachtungen (mitgeteilt in der Sitzungdes Uppsala Läkareförenings von 7. Nov. 1902) angehören, sind sie einer besonders genauen Prüfung unterzogen worden; ich habe es nicht für angebracht gehalten, einige von diesen Details in die hier gegebene Beschreibung aufzunehmen, um so “weniger, als sie in gewissen Hinsichten wegen der Verschiedenheit der an- gewandten Methode geeignet sind, meine an anderem Material gemachten Beobachtungen zu ergänzen. Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 539 vereinigen, sodass sie ein im allgemeinen geschlossenes System bilden, eine Art lichte Knäuels, in welchem die Röhrchen in sanfteren oder schärferen Bogen verlaufen und hier und da sich teilen, wobei die Äste sich begegnen und ineinander über- gehen. Seltener trifft man Röhrenschlingen, die blind endigen, gewöhnlich ist dies der Fall nach unten zu längs der Seite des Kerns. Einen solchen Schnitt in befriedigender Weise abzubilden, sodass die Lage der Kanälchen in verschiedenen Ebenen deutlich aus dem Bilde hervorging, erbot grosse Schwierigkeiten und ich habe darauf verzichtet, da man durch Zusammenstellung des Flächenbildes in Fig. 27 mit einem der Profilbilder (Fig. 25, 26) eine gute Vorstellung von dem Aussehen und der Lage des Röhrensystems in der Zelle erhält. Die Röhrchen sind deutlich und scharf von dem Proto- plasma abgegrenzt. Die Begrenzungslinie ist glatt; die Wand- schicht kann bisweilen eine Andeutung zur Verdichtung zeigen, hat aber gewöhnlich völlig das gleiche Aussehen wie das um- gebende Protoplasma. Der Durchmesser der Röhrchen wechsel beständig etwas, bisweilen bedeutend, sodass manche Partien bis zu 3—4 mal breiter als die feinsten sein können. Ausserdem kommen sinuöse Ausbuchtungen vor, oft in Zusammenhang mit scharfen Biegungen der Röhrchen. Nirgends zeigt sich das Röhrensystem als in wirklicher Verbindung mit dem Kerne stehend. Oft sieht man ein Röhrchen sich diesem nähern oder sogar sich der Kernmembran dicht an- schliessen. In jedem derartigen Fall indessen, wo die Lage in dem unbeschädigten Schnitt eine genaue Analyse des Bildes zugelassen, hat die Kernmembran ununterbrochene und deutliche Kontinuität gezeigt. Die in den Zellen vorhandenen Sekretkörnchen können neben den Kanälchen liegen, treten aber niemals in denselben auf. In seltenen Fällen kann man feine, stark färbbare Körnchen in den Röhren wahrnehmen, gewöhnlich sind indessen diese dem Anschein nach vollständig leer. Jede Verbindung zwischen der dünnen Wandschicht der Kanälchen und extrazellulären Teilen, der Membrana propria, der glatten Muskulatur nach innen von derselben oder anderen Bildungen ausserhalb der Zelle, ist mit Sicherheit ausgeschlossen. +35 540 Fredrik von Bergen: Quer durch die Röhrchen sieht man in manchen Zellen feine Protoplasmabrücken sich spannen (Fig. 28). Diese Brücken haben mehrenteils den Charakter unvollständiger Quersepta, die den betreffenden Kanälchen gewissermassen ein rosenkranzähn- liches Aussehen verleihen. An anderen Stellen trifft man eine oder einige aneinandergereihte, aber unvollkommen getrennte Vakuolen, die sich an das blinde Ende eines Röhrenastes an- schliessen. Dieser Umstand deutet mit Bestimmtheit auf eine Beziehung zwischen den fraglichen Röhrchen und den Vakuolen hin. Diese Beziehung kann wohl auch hier kaum in anderer Richtung als der gesucht werden, als die kleineren Bildungen — die Vakuolen — zur Bildung der grösseren — der Röhrchen -— zusammenfliessen.!) (rewisse Drüsentubuli zeigen, unabhängig von der Art der Fixierung, ziemlich allgemein in mit Röhrennetz versehenen Zellen ein aus feinsten Fäden zusammengesetztes Netzwerk, da in demselben Gebiet der Zelle gelegen und ungefähr dieselbe Ausdehnung hat wie das Röhrennetz (Fig. 29, 30, 31). Die Fäden dieses Netzwerkes treten besonders distinkt durch die Farbe hervor, die sie durch Eisenhämatoxylin (schwarz) oder Benda’sches Eisen - Alizarin-Kristallviolett (violett) annehmen. Sie sind von völlig gleichmässigem und äusserst feinem Durchmesser und ım allgemeinen ziemlich geradem Verlauf. Die Fig. 30, 31 geben Profilbilder des Fadennetzes in einer Zelle wieder, bei zwei verschiedenen Einstellungen abgebildet. Das Netzwerk erscheint immer unvollständig, ohne dass es sich bei der Feinheit der Fäden mit Sicherheit entscheiden lässt, ob das wirklich der Fall ist. Die Fäden stehen mit keinem der Zellteile in direkter Verbindung, weder mit ihrem Kern, noch Sekretkörnchen noch Ergastoplasmabildungen. Obwohl an derselben Stelle wie das Röhrennetz belegen, sodass die Fäden manchmal die Röhrchen kreuzen, scheint das Netzwerk doch in keiner Beziehung zu diesen zu stehen. Man findet demnach niemals einen Faden oder einen Teil eines solchen innerhalb eines Kanälchens, noch durchbohren sie je einen Teil des Röhrennetzes oder legen sich an einen solchen an. Die beiden Netzwerke stellen sich also 2) Hiermit will ich allerdings durchaus nicht gesagt haben, dass Röhrchen und Vakuolen als solche in dem Zellprotoplasma präformiert wären. Siehe unten! Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 541 als vollkommen selbständige und von einander unabhängige Bildungen dar. Bezüglich der Entstehung und Bedeutung des Fadennetzes hat mein Material keinen bestimmten Fingerzeig gegeben. Alles scheint jedoch dafür zu sprechen, dass es in der Zelle präformiert ist und nicht auf der Einwirkung der Fixierungsflüssigkeit beruht. Sein Vorkommen in nur einigen der mit Röhrennetz versehenen Zellen macht es nicht unwahrscheinlich, dass es eine transitorische Bildung ist, die unter gewissen, vorläufig nicht näher betimm- baren Verhältnissen in der Zelle vorhanden ist. Durch die weit grössere Feinheit und den geraderen Ver- lauf der Fäden weicht dieses Fadennetz allzusehr von dem Golgi’schen Netzapparat ab, als dass man bei dem gegen- wärtigen Stand der Frage daran denken könnte, diese Faden- netze ohne weiteres als einander äquivalent anzusetzen. Die oben geschilderten Röhrensysteme in den Schweiss- drüssenzellen stimmen in manchen Hinsichten, wie bezüglich der Lage innerhalb der Zelle und der netzförmigen Anordnung, mit den Netzapparaten überein, wie sie im Vorhergehenden für ver- schiedene Drüsenzellen beschrieben worden sind. Diese bestehen indessen aus Netzwerken von Fäden, die überdies einen ver- hältnismässig weit geringeren Durchmesser haben als die Kanälchen in den Schweissdrüsenzellen. Unter solchen Verhältnissen wäre es ausserordentlich wünschenswert gewesen, diese Kanalbildungen mit Bildern vergleichen zu können, die an demselben Material mit Hilfe der Golgi’schen oder Kopsch’schen Methode er- halten worden. Leider ist es mir nicht möglich gewesen, an diesem Material eine dieser Methoden anzuwenden: es war nämlich be- reits fixiert, als es in meine Hände kam. Auch habe ich nicht anderes geeignetes Schweissdrüsenmaterial für diese Präparations- weisen zur Verfügung gehabt. Indessen zeigen die Erfahrungen sowohl für Nervenzellen wie Prostatazellen, dass durch Ein- wirkung gewisser in unseren Fixierungsflüssigkeiten enthaltenen Reagentien die Netzapparate ziemlich regelmässig als Kanalnetze hervortreten. Es scheint mir daher bis auf weiteres die Annahme berechtigt, dass auch die hellen Röhrensysteme in den Schweiss- drüsenzellen des Negativ eines „apparato reticolare interno“ in diesen Zellen darstellen. Die Vakuolen, mit denen die Kanälchen 542 Fredrik von Bergen: in genetischem Zusammenhang zu stehen scheinen, würden dann ebenso den Körnchen entsprechen, aus denen die Netzapparate sonst aller Wahrscheinlichkeit hervorgehen. Eine Schwierigkeit bei der Identifizierung bietet unzweifel- haft die bedeutende Weite der Vakuolen und Kanälchen in den Schweissdrüsenzellen, verglichen mit den entsprechenden Bildungen bei den Netzapparaten in anderen Zellen. Wenn man nicht glaubt voraussetzen zu können, dass in dieser Hinsicht wegen der (Grösse der Schweissdrüsenzellen besondere Verhältnisse vorliegen, liesse es sich ja denken, dass, wenn die Kanälchen dadurch ent- standen, dass die Fäden des Netzapparats nicht fixiert, sondern während der Fixierung oder der Nachbehandlung gelöst worden, der Lösung ein Anschwellen der Fadensubstanz vorausging und dass der grössere Durchmesser der Kanälchen möglicherweise auf einer hierdurch hervorgerufenen postmortalen Erweiterung derselben beruhen könnte. Indessen sind dies bei dem gegen- wärtigen Stande der Frage blosse Annahmen. In der zu einer kutikulaähnlichen Bildung verdichteten Oberflächenschicht werden in einigen hohen Zylinderzellen, die von denin Tellyesnir@ky scher Flüssigkeit fixierten Schweiss- drüsen herstammten, Zentralkörper beobachtet. Diese bestanden aus einem gewöhnlich von eiuem hellen Hof umgebenen Diplo- soma, ungefähr in der Längsachse der Zelle gelegen. Das nach den übrigen Methoden fixierte Material gestattete keine Färbung der Zentralkörper. Der Abstand zwischen Mikrozentrum und Kanalsystem in den Zellen scheint davon zu zeugen, dass auch hier eine intimere Verbindung zwischen diesen beiden Bildungen wahrscheinlich nicht vorhanden ist. 3. Zur Bindesubstanzgruppe gehörige Zellen. a. Wanderzellen und andere Leukozyten. Öfters habe ich an Material, das nach der Kopsch’schen Osmiummethode behandelt worden, Wanderzellen angetroffen, die mit schwarzgefärbten Netzapparaten versehen waren. Solche Zellen finden sich zahlreich in dem interstitiellen Gewebe der Prostata des Hundes (Fig. 35, 72) und in der Submukosa, besonders zwischen den Alveolengängen der Drüsen in der Trachea der Katze (Fig. 36, 37, 71). Vereinzelte Zellen dieser Art habe Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 543 ich an verschiedenen Stellen in osmiumbehandeltem Material von Igel, Katze, Hund, Kaninchen, Maus und Huhn beobachtet. Auch in einer geringeren Anzahl von Leukozyten, die freiliegend in Blut- oder Lymphgefässlumina (Fig. 38) angetroffen wurden, wie auch in Leukozyten aus Solitärknötchen von Katze, Hund, Maus und Huhn, habe ich Netzapparate gefunden. Von Wanderzellen sind es ausschliesslich die einkernigen, in denen Netzapparate angetroften werden; ausser in den Lym- phozyten wurde in den Solitärknötchen auch hier und da ein mehrkerniger Leukozyt mit Netzapparat beobachtet; die intra- vaskulären Leukozyten mit Netzapparaten waren sowohl ein- als mehrkernig. In einkernigen Leukozyten sind die Netzapparate oft sehr klein, und ihre Lage ist immer exzentrisch dicht zur Seite des Kerns; auch in mehrkernigen Zellen scheint die exzentrische Lage die Regel zu sein, doch war in einer Reihe von Fällen nicht mit Sicherheit zu entscheiden, ob der Apparat den Kern umgab oder nicht. Ersteres scheint indes nur ausnahmsweise vorzukommen. Ihrem Bau nach stimmen die Netzapparate in diesen Zellen nahe miteinander überein. Sie sind im allgemeinen aus dicht- liegenden, kurzen, groben, etwas rauhen, oft hier und da mit knotenähnlichen Anschwellungen versehenen Fäden zusammen- gesetzt, die dem Netzapparat ein kompaktes Aussehen verleihen. Der Apparat kann so oft fast wie ein schwarzgefärbter Klumpen aussehen, in welchem man erst bei genauerem Zusehen die darin enthaltenen Fäden wahrnimmt. Indessen findet man auch zahl- reiche Netzapparate aus feineren Fäden zusammengesetzt und mit lichteren Maschen. Zuweilen ıst die Netzanordnung weniger ausgeprägt und die Fäden verlaufen in feinen Schlingen mit wenigen und kurzen Verbindungen untereinander. In Zellen, welche neben dem Netzapparate auch Granulationen aufweisen, liegen diese immer ausserhalb des Netzapparats. Die Netz- apparate sind gewöhnlich ungefähr von der Grösse des Kerns und fast immer von ziemlich runder Form. Neben zahlreichen soichen vollständigen Netzapparaten trifft man indessen oft auch Zellen, welche unvollständige Netz- apparate enthalten — an der Stelle des Netzapparats einen Haufen Körnchen, oder Körnchen und Fäden, wobei meistens 544 Fredrik von Bergen: ein Teil der Körnchen in kurzen Kornfäden aneinandergereiht ist (Fig. 57), oder es schliessen sich auch an das Netzwerk Körnchen oder kurze Fäden an, welche nicht direkt mit ihm zusammenhängen. Hierbei dürfte besonders hervorzuheben sein, dass zur Untersuchung und Abbildung dieser Verhältnisse hier wie auch sonst, wo nicht in der Figurenerklärung anders ange- geben, nur solche Zellen herangezogen worden sind, deren Lage im Schnitt derart ist, dass der ganze den Netzapparat umfassende Teil sich m einem Schnitt befindet, sodass also jede Möglich- keit, es möchte ein vom Schnitt getroffener und deshalb unvoll- ständiger Netzapparat der Beschreibung zu Grunde gelegt worden sein, ausgeschlossen ist. Die eben geschilderten Bilder fasse ich auch hier haupt- sächlich als Entstehungsformen von Netzapparaten auf. Regressive Bilder, teilweise leere Kanälchen als integrierende Bestandteile von Netzapparaten oder ganz ungefärbte Kanalnetze habe ich in Leukozyten nicht beobachtet. Es muss indessen betont werden, dass die Verhältnisse in den relativ protoplasmaarmen Leuko- zyten als wenig günstig für die Beobachtung dieser auch im besten Falle wenig in die Augen fallenden Bilder zu bezeichnen sind. b. Fixe Bindegewebszellen. Auch in den fixen Bindegewebszellen habe ich bei Anwendung der Osmiummethode Netzapparate angetroffen. Diese liegen regelmässig an dem einen Pol des gewöhnlich lang- sestreckten Kerns und scheinen oft denselben zu umfassen, welches Verhältnis, wie es in den Figuren sich darstellt, auf einen intimen Zusammenhang zwischen Kern und Netzapparat deuten könnte. Ein solcher existiert indessen nicht, vielmehr ist der Netzapparat seiner Lage nach völlig geschieden vom Kern und ohne jede Verbindung mit demselben Der Form und dem Aussehen nach an die Netzapparate in Wanderzellen erinnernd, sind sie gewöhnlich an Grösse diesen unterlegen. Ausgebildete Netzapparate in fixen Bindegewebszellen habe ich in dem mukösen Bindegewebe der Fundusregion des Magens (Fig. 40), in dem submukösen Bindegewebe (Fig. 39), der Gefäss- adventitia (Fig. 41, 42) und dem perichondralen Bindegewebe (Fig. 43) der Trachea, alles von der Katze, und in der Kapsel von Spinalganglien des Igels beobachtet. Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 545 Öfters trifft man noch nicht völlig entwickelte Netzapparate mit körnigen Fäden oder mit freien oder frei endigenden Fäden an. Oft findet man auch Bindegewebszellen, die keinen Netz- apparat enthalten, sondern bloss feine, vom Osmium geschwärzte Körnchen, die bald diffus zerstreut, bald zu einem unregel- mässigen Kornhaufen vereinigt sind, und die wegen ihres resistenten Verhaltens gegenüber Terpentinbehandlung sicherlich nicht aus Fett bestehen. Inwieweit diese Körnchen in Beziehung zu den Netzapparaten stehen, lässt sich nicht in jedem Fall mit Bestimmtheit angeben. Dass wenigstens in einigen Fällen eine solche Beziehung vorhanden war, dürfte ans denselben Gründen, wie sie bezüglich der Nervenzellen angeführt worden, ziemlich sicher sein. Auch in den Zellen des retikulären Bindegewebes der Solitärknötchen habe ich Netzapparate von ungefähr gleicher Struktur, Grösse und Lage wie in den gewöhnlichen fixen Bindegewebszellen angetroffen. c. Knorpelzellen. Mittels der Golgi’schen Chromsilbermethode hat Pensa (1901) in Zellen des hyalinen Knorpels Netzapparate nachge- wiesen, die nach seiner Beschreibung einen sehr verwickelten und unregelmässigen Bau haben und, wenn ich seine Beschreibung recht verstanden, mit ihren Fäden die ganze Zelle, mit Aus- nahme des Kerns und in der Zelle eventuell vorkommender Fett- tropfen, zu durchsetzen scheinen. Diese letzteren, Kern und event. Fetttropfen, werden von dem Netzapparat umgeben, scheinen aber nicht in irgend welchem Zusammenhang mit ihm zu stehen. Im Gegensatz zu dem Verhältnis in anderen Zellen (z. B. Nerven- zellen) breitet sich der Netzapparat in den Knorpelzellen auch in der alleräussersten Protoplasmazone aus. Mit Eisenhämatoxylin hat Pensa ferner in gewissen Arten von Knorpelzellen eine Netzstruktur nachweisen können, welche einen einzigen oder auch mehrere Zentralkörper enthält und möglicherweise einer Zentrosphäre entspräche; er neigt aber zu der Annahme hin, dass der in den Knorpelzellen mit der Chromsilbermethode nachgewiesene Netzapparat nicht zur Struktur der Zentrosphäre gehöre. 546 Fredrik von Bergen: In Zellen des hyalinen Trachealknorpels ist es mir gelungen, Netzapparate herzustellen, sowohl mittels der modi- fizierten Golgi’schen als auch mittels der Kopsch’schen Methode!). Dem Aussehen nach stimmen die Netzapparate in den Knorpelzellen bis zu einem gewissen Grade gut mit den oben für andere, der Bindesubstanzgruppe angehörige Zellen beschrie- benen Netzapparaten überein. (Vergl. die Fig.) Gewöhnlich sind sie jedoch im Zusammenhang mit der bedeutenderen Zell- grösse grösser und aus feineren Fäden zusammengesetzt, die auf längeren Strecken frei verlaufen, was alles auch aus den Figuren (44—53) ersichtlich ist. Wegen der ausserordentlich wechselnden Grösse und Beschaffenheit der Knorpelzellen zeigen die Netzapparate indessen grosse Verschiedenheiten in Grösse und Aussehen. Viele Zellen entbehren völlig eines Netzapparats. Zellen mit solchen findet man andererseits in allen Schichten des Knorpels von der Grenze nach dem Perichondrium hin bis in die zentralsten Teile der Knorpelringe. Die Netzapparate in den Knorpelzellen zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass die in ihnen enthaltenen Fäden in der Regel fein und distinkt sind und miteinander ein schönes Netzwerk bilden, in welchem die einzelnen Fäden gut hervortreten. Die Lage ist in der Regel ganz dicht am Kern, und der Netzapparat umfasst diesen oft mehr oder weniger, niemals jedoch mehr als zur Hälfte, ungefähr so, dass eine und die andere Fadenschlinge ein Stück der Seite des Kerns entlang läuft. In den platten Zellen an den Rand- partien des Knorpels erscheinen die Netzapparate gleichfalls zusammengedrückt und stellen sich als sehr klein und schmal !) Die mit den beiden Methoden erhaltenen Resultate stimmen gut miteinander überein. Wegen der Kleinheit der Netzapparate wie der Zellen tritt an diesem Material besonders deutlich die Überlegenheit der Kopsch- schen Osmiummethode gegenüber der Golgi’schen Chromsilbermethode hervor, zumal wo es sich um eine mehr detaillierte Untersuchung handelt. Die mittels Chromsilberimprägnierung hergestellten Netzapparate sind weniger distinkt und ihre Verhältnisse in der Zelle überhaupt und zum Kern viel schwerer mit Sicherheit festzustellen. Durch die Behandlung mit Osmiumsäure erreicht man dagegen nicht nur eine gute Färbung des Netz- apparats, sondern auch eine wenn auch schwache, so doch in vielen Hin- sichten vorteilhafte Färbung verschiedener Teile innerhalb der Zelle, sodass eine nachträgliche Färbung dadurch oft entbehrlich wird. Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 547 dar (Fig. 44). Das Flächenbild einer solchen Zelle (Fig. 45) zeigt indes, dass dieses Aussehen auf einer starken Abplattung des Netzapparats in der Ebene der scheibenförmigen Zelle beruht. In protoplasmareicheren Zellen {Fig. 50, 51) ist der Netz- apparat gewöhnlich grösser und der Verlauf der Fäden kann ziemlich verwickelt sein, sie lassen sich aber immer mit grosser Deutlichkeit verfolgen. Besonders in platten, in den inneren Teilen des Knorpels liegenden Zellen habe ich oftmals zahlreichere, kleinere Fett- körnchen gefunden, die neben. niemals innerhalb des Netzapparats lagen (Fig. 46, 47). Eine andere Beziehung zu dem oder zu den in manchen Zellen vorkommenden grossen Fetttropfen (Fig. 48), als dass Fadenschlingen von dem Netzapparat ausgehen und sich an die Seiten des Tropfens anlegen können (Fig. 49), findet sich nicht; sie dringen niemals in den Tropfen ein. Öfters findet man auch in den Knorpelzellen Netzapparate, in welchen die Fäden sich diskontiunierlich zeigen und Körnchen in ihnen enthalten sind (Fig. 52). Nur eine verhältnismässig geringe Anzahl solcher Bilder habe ich beobachtet, sie scheinen aber dafür zu sprechen, dass in den Knorpelzellen sich dieselben Verhältnisse bei der Entstehung der Netzapparate geltend machen, wie sie bereits für mehrere andere Zellarten geschildert worden sind. Bilder von in der Auflösung begriffenen Netz- apparaten habe ich in dem untersuchten Material nicht ange- troffen. Oftmals freilich, traf ich Apparate, deren Fäden weniger distinkt und schwächer gefärbt waren, während andere nahe- liegende Zellen in demselben Schnitt Netzapparate mit gut gefärbten Fäden zeigten. Unwahrscheinlich wäre es ja nicht, dass dieses Verhältnis darauf hindeutete, dass diese Netzapparate auf dem Wege waren zu verschwinden. Vorläufig indessen reichen meine Beobachtungen über diese Erscheinungen nicht hin, um an und für sich einer bestimmten Auffassung bezüglich der Frage das Wort zu reden. Wie oben erwähnt, stimmen die mit der modifizierten Golgi’schen Methode erhaltenen Resultate (Fig. 53) in den Punkten, wo ein Vergleich stattfinden kann, mit den Verhält- nissen in dem nach der Kopsch'’schen ÖOsmiummethode behandelten Material wohl überein. Wenig Übereinstimmung dagegen zeigen meine Beobachtungen mit der Schilderung, die 948 Fredrik von Bergen: Pensa von den mittels der Chromsilbermethode von ihm studierten Golgi’schen Netzen gibt.!) Pensa bemerkt, dass die von Heidenhain in Knorpel- zellen von Salamandralarven beobachtete Netzstruktur vermutlich einer unvollständigen Färbung des Netzapparates entspricht. Ich habe in sublimatfixiertem Material (Trachealknorpel der Katze) nach Färbung mit Eisenhämatoxylin ein distinktes, ziemlich dichtes, schwarzgefärbtes Netzwerk gefunden, das den Kern umgibt und die ganze Zelle durchsetzt. Es ist aus feinen Fäden von gleichmässiger Beschaffenheit und ziemlich geraden Verlauf gebildet. Auch an Material, das in Flemming’scher Flüssig- keit fixiert und nach Benda nachbehandelt und gefärbt worden war, liess sich dieses Netzwerk beobachten; es war hier violett- gefärbt, hatte aber im übrigen dieselbe Lage und dasselbe Aus- sehen wie in dem sublimatfixierten Material. Diese Netzstrukturen scheinen ziemlich gut mit den von Heidenhain geschilderten übereinzustimmen, dagegen weisen sie keine Ähnlichkeit auf mit den oben beschriebenen osmiumgefärbten Netzapparaten. Darüber aber, ob sie möglicherweise den von Pensa nach Eisenhämatoxylin- färbung erhaltenen Bildern entsprechen, welche ja in einer bestimmten Lagebeziehung zum Kern und zu den Zentral- körpern zu stehn schienen, wage ich mich nicht mit Bestimmt- heit zu äussern. d. Endothelzellen in Blutgefässen. In Endothelzellen von kleinen Blutgefässen in der Prostata des Hundes, der Submukosa der Katzentrachea und von Spinal- sanglien des Igels habe ich Netzapparate beobachtet. In allen diesen Fällen stammen die Präparate von Material her, das nach der RKopsch’schen Osmiummethode behandelt worden war. Wie aus Fig. 54, einem Gefäss in der Prostata des Hundes ent- nommen, hervorgeht, liegen die Netzapparate dort dicht an dem !) Sehr erschwert wird ein Vergleich mit Pensas Beobachtungen indessen dadurch, dass dem mir zugänglichen Text (1901, 2) keine Figuren beigegeben sind, die wenigstens die wichtigsten der geschilderten Bilder wiedergäben. In diesem Falle wäre eine Beigabe von Abbildungen um so wünschenswerter gewesen, als es sich hier um Verhältnisse handelt, die ohne solche Abbildungen, allein durch Beschreibung völlig verständlich zu machen, äusserst schwer ist. Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 549 einen Pol des langgestreckten Kerns, den sie gewöhnlich zu umfassen scheinen. Wie in anderen ähnlichen Fällen, besteht auch hier keine Verbindung zwischen Kern und Netzapparat. Der Lage und dem Aussehen nach stimmen sie nahe mit den Netzapparaten bei manchen Bindegewebszellen mit langgestrecktem Kern überein. Nur in einigen Fällen habe ich die in der Figur wieder- gegebenen vollausgebildeten Netzapparate beobachtet. Auf die Endothelzellen wurde meine Aufmerksamkeit durch den Umstand gelenkt. dass beim Suchen nach in den Gefässlumen freiliegenden netzapparatführenden Leukozyten es sich zeigte, dass die Endothel- zellen der Gefässe nicht selten eine zirkumskripte Ansammlung feiner, osmiumgeschwärzter Körnchen enthielten. Das Verhältnis schliesst sich also auch hier eng an das an, wie es für andere Zellenarten geschildert worden ist. e. Glatte Muskelfasern. In den glatten Muskelfasern in der Wand kleiner Gefässe habe ich oft Bilder beobachtet, wie sie den in Fig. 54 wieder- gegebenen Verhältnissen entsprechen — im Querschnitt der Muskelzellen kurze schwarze Fäden und Körner, die möglicher- weise einem Netzapparat angehören zu können schienen. Dass dieses auch wirklich der Fall ist, geht mit Sicherheit daraus hervor, dass ich in Muskelfasern von einer kleinen Arterie (vom Huhn) typische Netzapparate beobachtet habe. Diese waren aus sehr feinen, gewöhnlich zu einem lichten Netzwerk verbundenen Fäden zusammengesetzt. Oft wurden Fäden beobachtet, die aus feinen Körnern zusammengesetzt waren, nebst zahlreichen, freiliegenden Körnern, Bilder, die auf eine mit ähnlichen Beobachtungen für andere Zellenarten nahe übereinstimmende Entstehungsweise hindeuten. Die Grösse der Netzapparate war, sicherlich in Zusammenhang mit der ver- schiedenen Grösse der Muskelzellen, ziemlich verschieden, oft übertraf sie die der für Bindegewebszellen abgebildeten Netz- apparate. Im allgemeinen lagen sie zur Seite des langgestreckten Kerns. Meine Beobachtungen über das Verhalten der Netzapparate in den glatten Muskelfasern sind indessen leider noch allzu unvollständig, um eine ausführlichere Beschreibung zu ermöglichen. 550 Fredrik von Bergen: Ich muss mich daher auf diese kurze Mitteilung meiner Beob- achtung beschränken. f. Interstitielle Testiszellen. In interstitiellen Zellen aus dem Hoden eines Ebers habe ich eigentümliche Strukturbilder, Kanälchen und andere intra- protoplasmatische Höhlungen beobachtet, die im Zusammenhang mit den oben geschilderten Beobachtungen von nicht geringem Interesse sind. Unter anderem sind gewisse von diesen Bildern geeignet, über die Entstehungsweise und die Bedeutung der in den Nervenzellen vorkommenden Kanal- und Spaltenbilder Licht zu verbreiten, wie ich sie unter der Rubrik „Kanälchen des zweiten Typus“ zusammengestellt habe. Die untersuchten Zellen stammen von einem ausgewachsenen Eber mit einseitigem Kryptorchismus her, dessen (von mir unter- suchter) einer Testis in der Bauchhöhle dicht hinter der einen Niere lag, während der andere bereits vier oder sechs Wochen nach der Geburt durch Kastration entfernt worden war. Unmittelbar nach der Herausnahme des Organs beim Schlachten des Tieres wurden mit Rasiermesser aus demselben kleine Stücke herausgeschnitten, die teils in Hermann’scher Flüssigkeit (Fixierungszeit 3 bezw. 7 und 12 Tage), teils in Zenker'scher Flüssigkeit (24 Stunden) fixiert wurden;') endlich wurde ein Teil des Materials erst 8 Stunden lang in Hermann- scher Flüssigkeit behandelt, wonach die Fixierung durch Behand- lung mit Zenker’scher Flüssigkeit während 24 Stunden zu Ende geführt wurde. Die Dicke der Schnitte bewegte sich im allgemeinen zwischen 2 und 5 «. Von Färbungsmethoden wurden vorzugsweise Heidenhains Eisenhämatoxylin- und Bendas Eisen - Alizarin - Kristallviolettmethode angewendet. Auch ver- verschiedene andere Färbungsmethoden wurden versucht, führten aber nicht zu Resultaten, die eine ausgedehntere Anwendung desselben veranlassten. Ein Schnitt durch das Organ zeigt, wie zu erwarten war, die Tubuli seminiferi klein mit geschichtetem Epithel ohne Spuren von Spermatogenese. Die Zwischenräume zwischen den Tubuli sind fast ganz und gar durch interstitielle Zellen ausgefüllt. ') Da die Präparation geschah, bevor Kopsch seine Osmiummethode publiziert hatte, konnte diese nicht zur Anwendung kommen. Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 55l Diese sind von bedeutender Grösse und rund polygonaler Form, mit einem oder bisweilen zwei Kernen versehen. Ihr Protoplasma zeigt sich bald feinvakuolisiertt — nicht selten ist der zentrale Teil des Zellkörpers dann mehr homogen, während das Protoplasma in den äusseren Teilen vakuolisiert ist — bald hat die Zelle auch ein mehr körniges Aussehen. In beiden Arten von Zellen findet man ziemlich grosse und unregelmässige Körner, die von Osmium geschwärzt werden und danach sich durch 24stündige Behandlung mit Terpentin lösen lassen, also mit ziemlicher Sicherheit Fettkörner sind. Neben diesen kommen in sehr wechselnder Anzahl kleinere nach Eisenhämatoxylin- oder Benda’scher Kristallviolettfärbung scharf hervortretende Körn- chen vor; in dem Hermann- Material kommen sie nur in einer Minderzahl von Zellen vor, im Zenker-Material finden sie sich in allen Zellen, in einigen sehr zahlreich, in andern nur spärlich. Möglicherweise sind es Sekretkörnchen, vielleicht könnten sie aber mit den von Benda gleichfalls für die interstitiellen Testiszellen beschriebenen Mitochondria identisch sein. Unabhängig von diesem Wechsel in der Beschaffenheit des Zellprotoplasmas trifft man in den interstitiellen Zellen eigen- tümlich aufgelockerte Protoplasmagebiete an. Indessen kommen diese bei weitem nicht in jeder Zelle vor. In mehr als der Hälfte der Zellen fehlen sie ganz und gar. Sie sind vorzugsweise nach der Peripherie der Zelle hin gelegen, können aber auch, wo sie reichlich vorhanden sind, einen grösseren Teil des Zell- protoplasmas umfassen (Fig. 70). Diese aufgelockerten Protoplasmagebiete sind dadurch charakterisiert, dass in ihnen zahlreiche Höhlungen von wechselnder Form und Anordnung vorkommen, meistens durch schmale, band- oder häutchenähnliche Bildungen voneinander getrennt. Die Hohlräume sind gewöhnlich von unregelmässiger, oft spalten- ähnlicher Form, seltener haben sie das Aussehen kurzer Röhrchen oder Kanälchen. Sie zeigen sich überall schwach lichtbrechend ohne einen färbbaren Inhalt, sie sind dem Anschein nach leer. Ihr Verlauf ist seltener geradlinig, vielmehr gehen sie in der Regel in einem Bogen, nicht selten ziemlich unregelmässig; gewöhnlich zeichnen sie sich durch eine mehr oder weniger aus- geprägte Welligkeit des Verlaufes aus. Meistens tritt eine gemeinsame Hauptrichtung deutlich hervor, und diese folgt in oO en IND Fredrik von Bergen: einer grossen Anzahl von Fällen dem nächstliegenden Teil der Zellperipherie. Sind nur wenige und kurze Höhlungen da, so ist die Hauptrichtung oft wenig ausgeprägt, wie in Fig. 55, sind sie aber länger und zahlreich und durchsetzen sie ein breiteres Protoplasmagebiet, so haben sie fast immer eine deutlich hervor- tretende gemeinsame Hauptrichtung (Fig. 56). Nicht selten trifft man freilich auch Bilder mit senkrecht zur Zellkontur verlaufenden Hohlräumen (Fig. 57). Die Unter- suchung der übrigen Schnitte von derselben Zelle gibt dann indessen gewöhnlich unverkennbar an die Hand, dass das Bild durch die Schnittlage im Verhältnis zur Zelle bedingt ist: ein Gebiet mit dem Rande parallel laufenden Höhlungen ist tangiert oder schräg durchschnitten worden. Die randparallele Anordnung ist indessen nicht die einzige. Nicht selten kommen auch Höhlungen mit konzentrischer An- ordnung vor (Fig. 56, 59). Diese konzentrischen Gebiete stehen oft in direktem Zusammenhang mit Partien mit der Hauptsache nach parallelverlaufenden Hohlräumen. Bisweilen können ein paar solche konzentrisch aufgelockerten Gebiete in einer und derselben Zeile vorkommen. Im allgemeinen zeigen Zellen, die einander naheliegen und derselben Gruppe angehören, gleichartige Bilder. Dies gilt auch bezüglich der An- oder Abwesenheit aufgelockerter Stellen überhaupt. Nur selten trifft man eine Zelle mit Auflockerungs- bildern in einer Umgebung, die derartiger Veränderungen ganz entbehrt. Die Hohlräume in den aufgelockerten Gebieten sind nicht voneinander scharf abgegrenzt, sondern kommunizieren an mehreren Stellen frei miteinander. Meistens sind sie allerdings durch Septa voneinander getrennt, die sich bisweilen im Bau und in der Färbbarkeit nicht von dem Zellprotoplasma im übrigen unterscheiden (Fig 58). Dieses Verhältnis liegt gewöhnlich bei dem mit Hermann’scher Flüssigkeit fixierten Material bloss in den nicht vakuolisierten Zellen vor, während es nach Fixierung mit Zenker’scher Flüssigkeit die Regel ist. In dem nach Hermann konservierten Material zeigt die Mehrzahl der Scheide- wände zwischen den betreffenden Hohlräumen eine kompaktere Beschaffenheit und eine stärkere Färbbarkeit als das umliegende Protoplasma. Hierdurch fallen sie stark in die Augen, beherrschen Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 398 gleichsam das Bild in den aufgelockerten Gebieten und machen den Eindruck „selbständiger“ Wände für die betreffenden Höhlungen. Sie gehen indessen gewöhnlich ohne scharfe Grenze in das typische Protoplasma der Umgebung über, was nebst ihrem Verhalten im Zenker’schen Material Beweis genug für ihren protoplasmatischen Charakter sein dürfte. Wie die Wandschicht der Höhlungen auf diese Weise einen integrierenden Bestandteil des Zellprotoplasmas bildet, scheinen sie selbst mit den kleineren Interstitien des umgebenden Protoplasmas zu kommunizieren; diese mögen dann mehr den Charakter von Maschen in einem Fadennetz haben oder, wie oft in den vakuolisierten Zellen, als mehr zirkumskripte kleine Lücken sich darstellen. Dagegen scheinen die Hohlräume sich nicht an der Zell- oberfläche zu öffnen und ermangeln also, soweit meine Erfahrungen reichen, jeder Verbindung mit extrazellulären Elementen. Wohl kann man ohne Schwierigkeit Bilder finden, die bei oberflächlichem Hinsehen zu einer solchen Deutung einladen, eine nähere Unter- suchung hat aber stets erwiesen, dass dies entweder Scheinbilder sind, beruhend darauf, dass die Zelloberfläche vom Messer schräg getroffen worden, sodass die Zellkontur wenig markiert war, oder auch Kunstprodukte, die auf, vom Messer oder sonstwie bewirkte Zerreissungen des Zellrandes beruhten. Ähnliche Fehlerquellen könnten übrigens auch die Annahme veranlassen, dass die Hohl- räume in den Zellkern eindrängen. Eine derartige Kommunikation kommt indessen mit Sicherheit auch nicht vor. In vielen Zellen findet man in der Mitte der Zelle ein Mikrozentrum, gewöhnlich bestehend aus einem Diplosoma, das von einer hellen, von Körnchen vollständig freien Zone umgeben ist. In dem nach Hermann fixierten Material kann man bloss in selteneren Fällen dieses Verhältnis beobachten; in dem nach Zenker fixierten ist es weit gewöhnlicher. Es ist nun von einem gewissen Interesse, dass ich in den Zellen, die konzentrisch aufgelockerte Partien enthalten, niemals derartige Mikrozentren beobachtet habe. Dagegen findet man oft in der Mitte des konzentrischen Gebiets eine ziemlich begrenzte Partie, in welcher oft sich Körnchen finden, die mit Eisenhämatoxylin und Krystall- violett färbbar sind. (In dem nach Hermann fixierten Material können hier auch osmiumgeschwärzte Fettkörnchen vorkommen). Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 65. 36 554 Fredrik von Bergen: In den nach Benda gefärbten Präparaten findet man oft zwei bis vier Körner, die an Zentralkörner erinnern (Fig. 59). Es lässt sich aus diesen Gründen allenfalls denken, dass die kon- zentrischen Gebiete um Mikrozentra zentriert sind, wenn auch andererseits das Vorkommen von mehr als einem solchen Gebiet in manchen Zellen und die exzentrische Lage dieser Gebiete innerhalb der Zelle unter verschiedenem anderen gegen eine solche Annahme angeführt werden kann. Aus dem Gesagten geht hervor, dass die spalten- und röhrenförmigen Höhlungen, die hier in den interstitiellen Testis- zellen beschrieben wurden, mit der Hauptsache nach demselben Aussehen sowohl bei Fixierung in Hermann’scher wie in Zenker’scher Flüssigkeit vorkommen. Dasselbe gilt auch für die angewandte Kombination der beiden Fixierungsmethoden. Dies scheint mir in gewissem Grade dafür zu sprechen, dass die fraglichen Bildungen nicht artefakt sind. Zieht man ferner in betracht, dass sie in allen Teilen eines Präparates vorkommen, dürfte man wohl die Behauptung wagen dürfen, dass die frag- lichen Bildungen wahrscheinlich nicht reine Kunstprodukte sind, sondern auf einer besonderen Beschaffenheit der Protoplasma- gebiete, in denen sie erscheinen, beruhen müssen. Eine andere Frage ist, ob die mikroskopischen Bilder in den fixierten Präpa- raten als diese Struktureigentümlichkeiten, so wie sie vital vor- kommen, exakt abspiegelnd angesehen werden dürfen. Die Frage hängt allzu eng mit der grossen unentschiedenen Frage nach der Protoplasmastruktur überhaupt zusammen, als dass ich hier mich auf dieselbe einlassen könnte. Ich beschränke mich daher hier auf den Hinweis, dass die fraglichen Höhlungen aller Wahrschein- lichkeit nach durch Absonderung mehr flüssiger, in den Behand- lungsflüssigkeiten löslicher Bestandteile entstanden sind, dass sie also durch eine vital oder postmortal vorsichgegangene Plasmolyse entstanden zu sein scheinen. Mit dem Aussehen der konzentrisch geordneten Bildungen stimmt nahe die Abbildung überein, die Schmauss und Böhm (1898) in Fig. 14 von eigentümlichen „konzentrischen Körpern“ geben, die in Leberzellen von Tieren, die zu experimentellen Zwecken mit Phosphor vergiftet worden waren, vorkamen. Obwohl etwas der Lage nach und durch ihren grösseren Reichtum an osmiumgeschwärzten Körnchen abweichend, scheinen sie doch ve Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 539 vieles mit den von mir beobachteten Bildungen gemein zu haben. Eine Beziehung zu anderen „Körpern mit Netzstruktur“, wie sie in diesen Leberzellen gefunden wurde, fehlt indessen in den inter- stitiellen Testiszellen vollständig. Die Verfasser wollen sie zu den Myelinformen rechnen und meinen, sie seien „ein Produkt der Einwirkung des Cytoplasmas oder in ihm enthaltener Sub- stanzen auf die Fetttropfen und zwar mit einem der Verseifung analogen, bezw. ihr nahestehenden Vorgang“. Sie haben auch solche zwischen den Zellen freiliegende „geschichtete Körper“ angetroffen, die einen Kern oder ein rotes Blutkörperchen oder Gruppen von solchen umgeben. Ähnliche Bilder, jedoch ohne Blutkörperchen oder inneliegendem Kern, habe auch ich in meinen Präparaten beobachtet; hier beruhen sie aber bloss darauf, dass eine Ecke einer eine konzentrische Bildung enthaltenden Zelle angeschnitten worden, und diese Bildung dadurch scheinbar eine selbständige intrazelluläre Lage zeigt. Von ganz anderem Aussehen sind gewisse Kanalbilder, die besonders in dem Innern der mit Zenker’scher Flüssigkeit fixierten Stücke vorkommen (Fig. 69), in dem nach Hermann präparierten Material dagegen gänzlich fehlen. Auch diese Höhlungen (Fig. 60, 61) zeichnen sich durch ihre gänzlich ungefärbte Beschaffenheit aus; sie haben fast stets glatte Begrenzungslinien und erscheinen wie scharf ausgemeisselt in dem Protoplasma. Eine differente Begrenzungsschicht zeigen sie nicht, auch nicht in der Form einer Protoplasmaverdichtung in der Umgebung. Ihr Verlauf ist meistens ziemlich scharf gerade, oft sind sie auch verzweigt Durchmesser und Form wechseln: bald sind sie weit und spaltenähnlich, bald feiner und mehr röhrenförmig. Sie treten oft durch den ganzen Zellkörper hin zerstreut und mit Vorliebe nach den Zellrändern hin auf. Manchmal öffnen sie sich nach der freien Oberfläche der Zelle hin und stehen unverkennbar in Kommunikation mit extrazellu- lären Spatien. Diese Bilder erbieten in ihrem ganzen Aussehen so grosse und offenbare Ähnlichkeit mit den oben beschriebenen Kanälchen des sogenannten zweiten Typus in den Nervenzellen, dass ein Zweifel an der Gleichwertigkeit der beiden Bilder nicht begründet zu sein scheint. (Vergleiche die Figuren!) 36* 996 Fredrik von Bergen: Es ist nun von grossem Interesse, dass das Auftreten dieser Bilder, den hier geschilderten Beobachtungen nach zu urteilen, an eine bestimmte Reagenzwirkung gebunden zu sein scheint. Sie fehlen ebenso konstant nach Hermann’scher Fixierung, wie sie nach Konservierung in Zenker’scher Flüssig- keit da sind. In überzeugender Weise wird dies bestätigt durch das Resultat der kombinierten Fixierung in den beiden Flüssig- keiten: die peripheren Teile der Stücke zeigen typische Hermann- Fixierung ohne irgendwelche Kanälchen dieser Art, diese zentralen Teile, wohin die Osmiumbehandlung nicht gedrungen, zeigen ebenso typische „Zenker-Struktur‘ mit derartigen Kanälchen. Dass unter diesen Verhältnissen die „Hermann-Bilder “ das grössere Vertrauen verdienen, leidet für mich keinen Zweifel, und ich zögere daher nicht, die fraglichen Kanälchen als durch Reagenzwirkung hervorgebrachte Artefakte zu bezeichnen. Rückblick und Schlüsse. Im Vorhergehenden glaube ich hinreichende Gründe für die Auffassung vorgebracht zu haben, dass es zwei sehr ver- schiedene Arten von Bildern sind, die in der Literatur unter dem gemeinsamen Namen „Saftkanälchen‘“, „Saftlücken“, „‚Tropho- spongien“ usw. zusammengeführt werden. Die eine Art besteht aus oft unregelmässig verlaufenden, gröberen und feineren, bisweilen fast spaltenähnlichen Kanälchen, die nicht selten an der freien Oberfläche der Zelle sich nach aussen öffnen. Diese zeigen in ihrem Verhalten keine Entsprechung zu den mittels der Kopsch’schen Osmiummethode erhaltenen (rolgi’schen Netzapparaten. sondern treten auch bei dieser Behandlung als ungefärbte Höhlungen hervor und können auch in Zellen, die mit gefärbten Netzapparaten versehen sind (Fig. 10) angetroffen werden, ohne aber irgendwie in Zusammenhang mit diesen zu stehen. Bildungen dieser Art findet man öfters in der Literatur beschrieben und abgebildet, so von Nansen (z. B. Fig. 97), Nelis (besonders typisch in Fig. 2, 5 und 8), Holm- gren (z. B. (1900) Fig. 2, 11 und 17 bis 22) und Bethe (die geraden, verzweigten Kanälchen in Fig. 1) u. a. m. oi -—I Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. Si Die andere Art zeigt dieselbe Anordnung und meistens einen ungefähr gleichen Durchmesser bei den Kanälchen wie bei den Fäden in Golgis mittels der Chromsilbermethode her- gestelltem „apparato reticolare interno“. Die fraglichen Kanälchen stimmen mit den Fäden des Netzapparats auch darin überein, dass sie die Oberflächenschicht der Zelle nicht überschreiten oder sich nach aussen öffnen. Auch bei Anwendung der Kopsch’schen Osmiummethode treten diese Kanälchen in den allermeisten Fällen nicht als hohle Röhren hervor, sondern haben den Charakter von soliden Bildungen, von Fäden. Da hierbei der Osmium- methode der Vorzug grösserer Zuverlässigkeit gegenüber den übrigen angewendeten Reagentien zuzuerkennen sein dürfte, muss man annehmen, dass die Mehrzahl der Kanalbilder dieses Typus, wie sie in Präparaten auftreten, die nach gewissen anderen Behandlungsmethoden angefertigt worden sind, entweder durch unvollständige Fixierung — möglicherweise Lösung der Substanz der Fäden — oder durch Umwandlung der Fäden dahin, dass sie ihre Färbbarkeit verloren oder diese bedeutend eingeschränkt worden, entstanden ist. M. a. W., die Bilder vonleeren Kanälchen dieses Typus sind in der Mehrzahl der Fälle mehr oder weniger Artefakte, hervorgerufen durch weniger effektive Fixierung oder Färbung. Kanalbildungen dieser Art dürften mehreren von Holm- grens Abbildungen (z. B. (1900) Fig. 3, 5, 12) zu Grunde liegen, sie sind von Bethe in seiner Fig. 3 wiedergegeben und dürften auch von Studnilka beobachtet worden sein. 1. Was die zuerst genannte Gruppe von Kanalbildern betrifft, so glaube ich, dass ihre Eigenschaft als Kunstprodukte hinreichend erwiesen ist durch die oben geschilderten Verhältnisse in den interstitiellen Zellen des Ebers, bei denen es sich zeigte, dass sie durch bestimmte Fixierung hervorgerufen werden konnten, bei anderer Fixierung ebenso konstant ausblieben. Van Beneden hat schon vor längerer Zeit seine auf die Nelis’schen Präparate gegründete Auffassung ausgesprochen, dass sie artifizielle, mit Flüssigkeit erfüllte Lücken im Zellprotoplasma darstellen. Dieser so formulierten Auffassung Van Benedens kann ich mich an- schliessen. Eine besondere Frage bleibt dabei allerdings die nach der Beziehung dieser Bildungen zu den Protoplasmavakuolen; Van 558 Fredrik von Bergen: # Beneden bezeichnet einen Teil der Höhlungen in Nelis Präparaten direkt als Vakuolen und scheint, wenn ich ihn recht. verstanden, nicht ungeneigt, wenigstens einen Teil der Kanälchen als aus solchen Vakuolen entstanden aufzufassen. Die Auffassung ist direkt von Studnicka bezüglich der von ihm geschilderten Kanälchen ausgesprochen worden, während Holmgren sich bestimmt gegen eine solche Entstehungsweise ausspricht. In meinen Präparaten habe ich kaum jemals Bilder gefunden, die die Deutung erlauben, dass Kanälchen dieses (artefakten) Typus bei ihrem Auftreten von Vakuolen präformiert wären Auch die oft spaltenähnliche Form und glatte Begrenzung der Kanälchen selbst spricht gegen eine solche Deutung. Ich glaube es daher als ziemlich sicher ansehen zu dürfen, dass diese Bildungen ohne Vermittlung von Vakuolen wenigstens entstanden sein können. Da nun zahlreiche Erfahrungen lehren, dass die bei der Einwirkung einer differenten Flüssigkeit auf das Protoplasma leicht eintretende Plasmolyse vorzugsweise zur Entstehung flüssigkeitserfüllter Höhlungen von der regelmässigen Form der Vakuole führt, so bleibt uns übrig die Unregelmässigkeit der Formverhältnisse der hier vorliegenden Bildungen zu erklären. Ohne einen bindenden Beweis für die Richtigkeit meiner Auf- fassung beibringen zu können, bin ich doch vorläufig geneigt anzunehmen, dass diese „Kanälchen“ auf einer Spaltenbildung während einer anderen und späteren Phase der Einwirkung der Fixierungsflüssigkeit auf das Protoplasma beruhen als der, während welcher eine Flüssigkeitsabsonderung in der Form der Vakuolenbildung vorzugsweise zustande kommt. Sollte meine Erfahrung, dass bei ÖOsmiumbehandlung derartige artefakte Kanälcheu reichlicher nach langdauernder als nach kurzdauernder Fixierung auftreten, sich bestätigen, so läge hierin eine direkte Stütze für die hier ausgesprochene Auffassung. Ich erachte m. a. W. diese Kanalbildung bis zu einem gewissen Grade für analog, nicht aber identisch mit der Vakuolen- bildung. Bilder, die eine Stütze abgäben für die von VanBeneden ausgesprochene Vermutung, dass der fraglichen Spaltenbildung eine präexistierende Protoplasmastruktur zugrunde läge, wird man nur in einzelnen Fällen antreffen. Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 559 Eher geneigt für eine derartige Auffassung bin ich dagegen betreffs der für die interstitiellen Testiszellen von mir beschriebenen aufgelockerten Gebiete. Hier spricht manches dafür, dass es präexistierende Strukturverhältnisse innerhalb des Zellprotoplasmas sind, die nach der Fixierung in diesen Bildungen zum Ausdruck kommen. Sie sind also wenigstens nicht reine Artefakte und nehmen sowohl hierdurch wie durch ihren ganzen Habitus eine bestimmte Sonderstellung gegenüber den übrigen hier behandelten Bildungen ein. 2. Was dagegen die Netzapparate betrifft, so weisen sie schon durch ihren regelmässigen Bau gewisse Kriterien dafür auf, dass sie von präformierter Beschaffenheit sind. Hierzu kommt, dass die Untersuchung der überlebenden Prostatazelle mir einen direkten positiven Beweis für diese Auffassung geliefert hat. Ich habe schon betont, dass diese Netzapparate nach Osmiumbehandlung nur ausnahmsweise Vakuolen innerhalb der Fäden, niemals Kanälchen aufweisen, d. h. dass sie in der Regel aus soliden Fäden bestehen. Die Schärfe, in der sie sowohl nach Chromsilber- als nach Osmiumbehandlung hervortreten, macht es relativ leicht, die Richtigkeit der von Golgi und seinen Schülern stets verfochtenen Behauptung zu konstatieren, dass nämlich diese Bildungen nicht die Oberflächenschicht der Zelle durchdringen und noch weniger sich mit ausserhalb der Zelle liegenden Teilen verbinden. Verhält es sich so, so fehlt auch schon hierdurch die Voraussetzung dafür, dass diese Bildungen als Einrichtungen zirkulatorischer Art, „Saftkanälchen“, oder als zu trophischem Zwecke eingewachsene exogene Zellenausläufer, „Trophospongien“, zu deuten wären. Holmgrens Angaben und Abbildungen in entgegengesetzter Richtung erklären sich leicht im Hinblick auf den weniger distinkten Charakter der Bilder, die bei der von ihm angewandten Methode erhalten werden. Bei diesem Mangel an Distinktheit ist es leicht, scheinbare Verlängerungen der Fadenbildungen in allerlei peri- und extrazellulären auf ähnliche Weise gefärbten Bildungen zu finden. Es gibt indessen unter meinen Beobachtungen noch andere Tatsachen, die in demselben Sinne sprechen, ja, die jede für sich hinreichen, die Unhaltbarkeit dieser Deutungen für die vor- liegenden Strukturverhältnisse zu beweisen. Es ist das vor 560 Fredrik von Bergen: allem der Nachweis des Golgi’schen Netzapparates in Knorpel- zellen und in Leukozyten. Bezüglich der ersteren Zellenart dürfte es a priori schwer sein, Zellen anzugeben, welche Aus- läufer in das Innere derselben entsenden könnten, um dort Trophospongien zu bilden. Und was die Leukozyten des Blutes und der Gewebe betrifft, so dürfte wohl der bewegliche Charakter dieser Zellen jeden Gedanken an die Möglichkeit solcher Ver- bindungen mit anderen zellulären Elementen ausschliessen.!) Können demnach diese Bildungen nicht „Saftkanälchen“ und nicht „Trophospongien“ sein — was sind sie dann? Ballowitz hat die Meinung ausgesprochen, dass die von ihm beschriebenen Zentrophormien ?) vom Endothel der vorderen Augenkammer, die einen mit den Netzapparaten nahe übereinstimmenden Bau zeigen und nicht unwahrscheinlich mit denselben identische Bildungen sein dürften, in intimem Zusammenhang mit den Zentralkörpern stehen, wie das schon ihr Name angibt. Dass der Golgi’sche Netzapparat nichts direkt mit dem Mikrozentrum der Zelle zu schaffen zu haben braucht, dessen habe ich mich durch eigene Untersuchung an Prostata- und Schweissdrüsenzellen vergewissern können. Die Lage des Netzapparats in den übrigen untersuchten Arten von Epithelzellen, verglichen mit dem, was man nach Zimmermanns u. a. Untersuchungen über den Platz der Zentralkörper in diesen Zellen weiss, lässt mit grosser Wahr- scheinlichkeit annehmen, dass auch in ihnen der Netzapparat nicht das Mikrozentrum einschliesst: die Netzapparate sind in der Regel nicht „Zentro“ phormien. '‘) Dass mit der „Trophospongien-Hypothese“ auch die vonHolmgren versuchte Gruppierung der Zellen in Zellen von höherer und niederer physiolo- gischer Dignität, je nach dem Vorkommen oder Fehlen von Trophospongien in ihnen, ihre Haltbarkeit verliert, braucht kaum besonders hervorgehoben zu werden. Dagegen verlohnte es sich wohl, darauf hinzuweisen, dass schon der Nachweis von Netzapparaten (,„Trophospongien‘“) in fixen Bindegewebs- zellen, also in einer Zellenart, die wohl vor allen anderen den Zellen niederer Dignität zuzuzählen sein sollte, verhängnisvoll für diese Vorstellungsweise ist. ?) Meine Versuche mit anderen als der von Ballowitz angewandten Methode, Netzbilder in Kornealendothelzellen zu erhalten, haben bisher nicht zu positiven Resultaten geführt; nur Ballowitz’ eigene Methode hat mir solche geliefert. Ich kann daher hier nur die Vermutung aussprechen, dass Ballowitz’ Zentrophormien mit dem Golgi’schen Netzapparat identisch sind, eine Vermutung, der übrigens auch Ballowitz selbst (1900, 2) Aus- druck gegeben hat. Endlich möchte ich darauf hinweisen, dass in platten Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. D61l Es dürfte also als nachgewiesen anzusehen sein, dass keiner der bisher gemachten Versuche zur Deutung (als Saftkanälchen, Trophospongien, Zentrophormien) den tatsächlichen Verhältnissen entspricht. Beim Streben danach, eine Deutung für diese Strukturbilder zu finden, muss einer Tatsache grundlegende Bedeutung zu- erkannt werden, der nämlich, dass diese Bildungen fast niemals in allen Zellen einer und derselben Zellenart vorkommen: bald sind sie in der Mehrzahl, bald nur in einer Minderzahl von Zellen derselben Zellenkategorie vorhanden. Dieser Umstand scheint auch der Mehrzahl der Untersucher nicht entgangen zu sein. Die meisten scheinen ihn indess auf technische Unvollkommenheiten der angewandten Methode zurück- geführt zu haben. Wenn dieser Verdacht auch wohl z. B..be- treffs der Chromsilbermethode nicht ohne Berechtigung gewesen ist, dürfte er nicht gut betreffs der Kopsch’schen Osmium- methode geltend gemacht werden können. Dank der einfachen Handhabung dieser Methode und der Klarheit der mit ihr ge- wonnenen Bilder glaube ich mich zu der Annahme berechtigt, dass, wenn in einer Gruppe zusammenliegender Zellen ein Teil Netzapparate zeigt, ein anderer nicht, diesem Umstande Ver- hältnisse in dem lebenden Material zugrunde liegen. Das durch diese Methode bewiesene Schwanken im Vorkommen der Netzapparatbilder wird ausserdem durch sämtliche übrigen von mir angewandten Methoden bestätigt. Darf es also als ziemlich sicher gelten, dass derartige Netz- apparate nicht gleichzeitig in allen Zellen innerhalb eines und desselben Organs — allen Nervenzellen in einem Ganglion, allen Drüsenzellen in einer Drüse — vorkommen, so gibt es bloss zwei Möglichkeiten, dies zu erklären: entweder muss man annehmen, dass diese Verschieden- heiten permanent sind, und man ist dann genötigt, in allen Zellen wie den Kornealendothelzellen das Zustandekommen einer zufälligen Lagerelation zwischen dem Golgi’schen Apparat und der Sphäre, wie sie in anderen protoplasmareichen Zellen fehlt, bei den engen Raumverhältnissen sich wohl denken lässt. M. a. W., die Zentrophormien lassen sich als Netz- apparate denken, die infolge zufälliger „lokaler“ Verhältnisse in nähere Lagebeziehung zu der Sphäre getreten sind, ohne dass dies jedoch beim gegenwärtigen Stande der Frage als von entscheidendem Gewicht für die Bedeutung der Netzapparate anzusehen ist. 562 Fredrik von Bergen: Zellenarten, wo Netzapparate vorkommen, zwischen zwei prin- zipiell verschieden gebauten Zelltypen zu unterscheiden, Zellen mit und Zellen ohne Netzapparat; oder auch ist man genötigt, die bisherige Vorstellung von den Netzapparaten als permanenten Bildungen aufzugeben und statt dessen einzuräumen, dass sie transitorischer Art sind, dass sie bloss temporäre Existenz haben, im Verlaufe des Zellendaseins entstehen und verschwinden können. Die Wahl zwischen diesen beiden Möglichkeiten dürfte im allgemeinen nicht schwer sein; die letztgenannte Alternative scheint mir in wesentlich überwiegendem Maße die Wahrschein- lichkeit für sich zu haben. Diese Wahrscheinlichkeit wird noch grösser, wenn man die Bilder in Betracht zieht, die ich oben als auf Netzapparate, die in der Entstehung oder in regressiver Metamorphose begriffen sind, bezüglich beschrieben habe: Entstehungsbilder 1. diffus zerstreute intraprotoplasmatische Körnchen mit dem- selben Verhalten gegen Überosmiumsäure wie der Netz- apparat, 2. kürzere Reihen von solchen Körnchen, längere derartige Reihen, netzförmig angeordnet, Netzapparate, die zum Teil aus wirklichen längeren oder kürzeren Fäden, zum Teil aus Körnchenreihen bestehen; =D Schwundbilder (als Ausdruck regressiver Veränder- ungen des Netzapparats) Netzapparate, deren Fäden in grösserer oder geringerer Ausdehnung durch Kanälchen ersetzt sind, die leer sind oder wenigstens färbbaren Inhalts entbehren. Aus diesen Bildern glaube ich den Schluss ziehen zu dürfen, dass Netzapparate dadurch entstehen, dass in dem Zell- protoplasma Körnchen oder Tropfen auftreten, die sich in netzförmig verbundenen oder knäuelförmig geschlängelten Reihen aneinanderlegen und in diesen Reihen zu einem mehr kontinuierlichen Faden ähnlichen Verlaufe ver- schmelzen hönnen; und dass die Substanz, die so die Netzapparate konstituiert, vital Veränderungen erleiden kann, kraft welcher sie ihre Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 565 Färbbarkeit verliert und sich auflöst. Vorausgesetzt muss dabei werden, dass die röhrenförmigen Lücken, die sie dabei anfangs im Zellprotoplasma zurücklassen kann, verschwinden, indem die Wände nach Resorption des Inhalts sich anein- anderlegen. Von der Lösung des Problems sind wir hiermit allerdings noch weit entfernt. Es erhebt sich zunächst die Frage, welcher Art diese Substanz ist, deren zyklisches Verhalten in den Zellen so konstatiert worden ist. Ich erachte es aus mehreren Gründen für wahrscheinlich, dass die fragliche Substanz von dickflüssiger Konsistenz ist: so erklärt sich ja zugleich ihr Auftreten in der Form sphärischer Partikel, das Verschmelzen dieser miteinander und die kompakte Beschaffenheit der Netzfäden in den Osmium- präparaten. Über den chemischen Charakter der Substanz ist es schwer, vorläufig auch nur eine Vermutung aufzustellen. Die Annahme, dass sie von myelin- oder lecithinartiger Beschaffenheit sei, könnte zu ihrer Eigenschaft durch Osmium geschwärzt zu werden und ihrer hypothetischen Eigenschaft, bei der Lösung anzu- schwellen und eine Erweiterung des Lumens der Kanälchen zu bewirken, stimmen. (Vergl. besonders die oben beschriebenen Bilder von Schweissdrüsenepithelzellen!) Was die Nervenzellen betrifft, so liegt der Gedanke an eine myelinartige Substanz unzweifelhaft recht nahe. Erst neue Untersuchungen können indes hier Klarheit schaffen. Bevor diese Frage mehr erhellt ist, lässt sich auch die Frage nach der Bedeutung dieses Stoffes für die Zelle usw. ernstlich kaum in Angriff nehmen. Bis auf weiteres gehe ich daher auch nicht auf Beobachtungen an meinen Präparaten ein, die darauf hinzudeuten scheinen, dass die betreffenden Bilder — z. B.in Drüsenzellen — in einer gewissen Beziehung zu dem funktionellen Wechsel im übrigen Aussehen der Zelle stehen. Vorliegende Arbeit ist im histologischen Laboratorium des Anatomischen Instituts der Universität Uppsala ausgeführt worden. Dem Direktor desselben, Herrn Professor J. Aug. Hammar, spreche ich hier für das stete Interesse, das er meinen Unter- suchungen entgegengebracht, und die mannigfache Förderung, die ich von ihm erfahren, meinen herzlichsten Dank aus. 564 Fredrik von Bergen: Nachschrift. Während der Zeit, die über der Niederschrift dieses Auf- satzes vergangen, sind eine Reihe neuer Publikationen in unserer Frage herausgekommen. Einige von ihnen sind von einer Be- deutung, dass ich sie hier nicht ganz unbeachtet lassen kann. Ich konstatiere mit Vergnügen, dass einige von ihnen in gewissen ihrer Folgerungen der von mir gewonnenen Auffassung nahe- stehen. Da ein wesentlicher Teil der Beobachtungen, auf die ich meine Ansicht in diesen Fragen gegründet, den betreffenden Untersuchern nicht zu Gebote gestanden, dürfte indessen die Veröffentlichung meiner Resultate immer noch der Berechtigung nicht entbehren. Erst jetzt habe ich Gelegenheit gehabt eine Arbeit von Jaworowski (1902) kennen zu lernen, der mit der modifizierten Chromsilbermethode den Golgi’schen „apparato reticolare“ in Spinalganglienzellen von Vögeln (Taube) und Amphibien (Frosch) untersucht hat. Seine Resultate stehen in enger Übereinstimmung mit den von Golgi und seinen Schülern gemachten Beobach- tungen. In Zellen verschiedener Grösse zeigte der Netzapparat ein etwas verschiedenes Aussehen und lag oft in Zusammenhang mit der Lage des Kerns (besonders war dies beim Frosch der Fall) exzentrisch. Jaworowski hebt besonders die streng intrazelluläre Lage des Netzapparats hervor und hat in keinem seiner zahlreichen Präparate „die Fäden des „apparato reticolare“ aus der Zelle herausgehen oder seine Oberfläche berühren gesehen“. Ähnlich wie Golgi findet er, dass der „apparato reticolare“ weder den Nervenfibrillen von Apäthy noch den von Holmgren beschriebenen „Kanälchen“® entspricht. — Einige der beigegebenen Abbildungen sind gut geeignet, die Übereinstimmung zwischen den Chromsilberbildern und den mittelst der Kopsch’schen Osmiummethode erhaltenen Bildern darzulegen. Mit der von Kopsch angegebenen Osmiummethode hat Misch (1903) mit positivem Resultat Kopschs „Binnennetz* in Spinalganglienzellen von Tieren untersucht, die den vier Tier- klassen: Säugetiere, Vögel, Reptilien und Amphibien angehören. Nach einer genauen und verdienstlich zusammengestellten histo- rischen Übersicht teilt Misch seine eigenen Untersuchungen über die Verhältnisse des „Binnennetzes“ mit. Seine Beob- Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 565 achtungen erbieten dabei mehrere Berührungspunkte mit den meinen. Das „Binnennetz“ zeichnet sich durch eine „vollkommen endozelluläre Lage, aus und ist stets von der Oberfläche der Zelle durch eine von Netzfäden vollständig freie peripherische Zone geschieden; es entbehrt also jedes Zusammenhanges mit extrazellulär gelegenen Gebilden. Auch in den Kern dringt kein Teil des Netzes ein. „Weder die Zellkapsel noch sonst etwas in der Umgebung der Zelle, abgesehen von den Nerven- fasern, weist die schwarze Osmiumprägnation auf.“ Das Netzwerk tritt nur in einigen Zellen auf. Bei zentraler Kernlage umschliest es gewöhnlich den Kern allseitig. Je nach- dem die Lage des Kernes mehr oder weniger exzentrisch ist, können indes Variationen hierin vorkommen. Misch hält sich für berechtigt, aus den gesamten Eigen- schaften des Netzwerkes den Schluss ziehen zu dürfen, dass das in den spinalen Nervenzellen hervorgerufene Binnennetz nach Kopsch und der „apparato reticolare interna“ Golgis mit der grössten Wahrscheinlichkeit identische Bildungen sind. Für eine Gleichsetzung mit den Holmgren’schen Kanälchen haben sie dagegen nach Misch keinerlei Anhaltspunkte ergeben. Die kompakten „Trophospongien“ dagegen, wenn man die hier und da von Holmgren beobachtete Verlängerung derselben über die Zellgrenze hinaus als unaufgeklärt ausschaltet, scheinen eine gewisse Übereinstimmung mit dem „Binnennetz“ zu erbieten. Bei verschiedenen der untersuchten Tierarten hat Misch auch Zellen beobachtet, die nur Bruchstücke des „Binnennetzes“ enthalten, sowie Zellen, in denen das Binnennetz zum Teil aus Körnerreihen besteht oder die „Körneransammlungen“ enthalten, „die gleichfalls mannigfache Formen bilden“. Die Möglichkeit, dass wir es bei diesen punktförmigen Bildungen (den Körnchen) gewissermaßen mit einer Bildungsvorstufe der kompakten Netz- fäden zu tun haben, will Misch nicht von der Hand weisen, er hebt aber gleichzeitig hervor, dass sie vielleicht nichts anderes als eine unvollständige „Imprägnation“ oder auch nur Zerfalls- produkte der Fäden vorstellen. Beim Studium von Nervenzellen findet Joris (1905) Holmgrens „Saftkanälchen“ wieder und bildet zwei Nerven- zellen ab, die miteinander durch einen ihre Kapseln durch- 366 Fredrik von Bergen: brechenden Kanal verbunden sind. Aus technischen Gründen hegt Joris indessen Zweifel an der präformierten Beschaffenheit der Kanälchen; ihm scheint die von Holmgren für die Dar- stellung der Saftkanälchen angewandte Färbungsmethode (Tolui- dinblau-Erythrosin) nicht einwandfrei zu sein. Aus einer ganz kurzen Mitteilung von Cresi (1903) er- fahren wir, dass er, im Gegensatz zu Cohn, Holmgrens „Trophospongium“ und „Saftkanälchen“ in Luteinzellen beob- achtet hat. Im Zusammenhang mit der Mitteilung seiner neuen Fibrillen- färbungsmethode erwähnt Cajal (1905), dass in seinen nach der- selben angefertigten Präparaten „les canalicules intra-proto- plasmiques de Holmgren.... se teignent de temps ä autre chez les mammiferes, mais de facon constante chez certains invertebres tels que le lombrie (Lumbricus agricola) gräce a notre methode, le r&seau canaliculaire apparait chez cet animal, non seulement dans les neurones, mais encore dans une multitude de cellules epitheliales, celles de l’intestin, des glandes, etc.“ Hier scheint sich uns also noch eine Methode darzubieten, um diese Bildungen der Forschung zugänglich zu machen. Die von Kopsch und Misch veröffentlichten Arbeiten veranlassen Holmgren (1904) zu einer Entgegnung. Auf Grund eigner mit der Osmiummethode angestellter Versuche spricht er seine Überzeugung dahin aus, dass die durch diese Methode gewonnenen Bilder ganz zusammenfallen mit den durch Holmgrens eigene Trichloressigsäure — bezw. Trichlormilch- säuremethode hergestellten — soweit es sich nämlich um fädige Bildungen handelt. Bezüglich des Studiums der Kanalisation der Trophospongien tritt Holmgren für die Überlegenheit seiner eigenen Methode ein. Holmgren hat „intensiv schwarze Präzipitierungen“ in den intrakapsulären Zellen beobachtet; dass diese mit von mir in derselben Zellenart gefundenen schwarzgefärbten Körnchen und Fäden identisch sind, erachte ich als wahrscheinlich. Holmgren findet aber, dass diese intrakapsulären Zellen mit den Netzwerken in den Nervenzellen zusammenhängen’), ein Befund, der in ') Fig. 2 scheint indessen eine Verbindung zwischen dem schwarz gefärbten Netzwerk in den Nervenzellen und einem solchen Netzwerk innerhalb der intrakapsulären Zellen zu zeigen, was natürlich mit der „Trophospongien“-Hypothese nicht gut übereinstimmt. Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 56 geradem Widerspruch zu meinen Erfahrungen steht wie auch zu der von Kopsch und Misch überall betonten Abwesenheit jeder Verbindung des Netzwerkes mit extrazellulären Bahnen. Ein Vergleich zwischen dem mit der Osmiummethode er- haltenen Netzwerk und Golgis Netzapparat scheint nach Holm- gren nicht für die Identität der beiden Bildungen zu sprechen, und er wiederholt in diesem Zusammenhang seine bereits früher ausgesprochene Vermutung, dass das Golgi’'sche Netz zunächst identisch ist mit den „Trophospongienkanälchen‘“. Endlich beschreibt Holmgren für Ganglienzellen von Hirudo ein „Trophospongium“, das von Gliazellen herstammen und Gliafäden enthalten soll. In Nervenzellen von sympathischen Ganglien des Menschen hat F.Henschen (1904) „Trophospongienkanälchen“ beobachtet. Seine Beschreibung derselben und die Abbildungen lassen keinen Zweifel darüber walten, dass sie den von mir als Kanälchen des 2. Typus geschilderten Bildungen entsprechen, d. h. artifizielle Spaltenbildungen im Zellprotoplasma darstellen. In Merkel-Bonnets Ergebnissen, Bd. 12, legt Oppel (1905) seine auf eingehendes Literaturstudium gegründete Auf- fassung bezüglich unserer Fragen dar. Er bemerkt u. a., dass die „Lrophospongien“-Bilder, „soweit sie keine neue Ent- deckung, sondern die wohlbekannten Phormien sind“), wahrscheinlich im Leben bestehenden Strukturverhält- nissen entsprechen. Er betont ferner ihren Charakter als binnen- zellige Bildungen und verweist, dass sie von aussen in die Zellen eingedrungen seien oder in unmittelbarem Zusammenhang mit extrazellulären Gebilden stehen. Die Ursache für Holmgrens abweichende Befunde erblickt Oppel in der von H. angewandten neuen Methode, die ihm nicht erlaubte, die Phormien von anderen naheliegenden Bildungen extra- und intrazellulären Charakters scharf genug abzugrenzen. Uppsala, den 12. April 1904. !) Erst hier gesperrt wiedergegeben. 568 Fredrik von Bergen: Literaturverzeichnis.') Ballowitz, E. (1900, 1): Über das Epithel der Membrana elastica poste- rior des Auges, seine Kerne und eine merkwürdige Struktur seiner grossen Zellsphären. Arch. mikr. Anat. Bd. 56. Derselbe (1900, 2): Eine Bemerkung zu dem von Golgi und seinen Schülern beschriebenen „Apparato reticolare interno“ der Ganglien- und Drüsen- zellen. Anat. Anz. Bd. 18. Benda, C. (1901): Die Mitochondriafärbung und andere Methoden zur Untersuchung der Zellsubstanzen Verhandl. Anat. Gesellsch., Bonn 1901. Van Beneden, Ed. (1899): Rapport. Bull. Acad. R. Belgique. Cl. sc. 1899. No.2. Seance du 4 fevrier. Bethe, Albrecht (1900): Einige Bemerkungen über die „intracellulären Kanälchen* der Spinalganglienzellen und die Frage der Ganglien- zellenfunktion. Anat. Anz. Bd. 17. Cajal, S.R.(1903): Methode nouvelle pour la coloration des neurofibrilles. C. r. hebdom. Soc. Biol. Paris T. 55. 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Derselbe (1900): Studien in der feineren Anatomie der Nervenzellen. Anat. Hefte Bd. 15. Derselbe (1901): Beiträge zur Morphologie der Zelle. I. Nervenzellen. Anat. Hefte Bd. 18. Derselbe (1902, 1): Weiteres über das „Trophospongium“ der Nervenzellen und der Drüsenzellen des Salamander-Pankreas. Arch. mikr. Anat. Bd. 60. Derselbe (1902, 2): Neue Beiträge zur Morphologie der Zelle. Ergebnisse Anat. u. Entwieklungsgesch., herausg,. von Merkel u. Bonnet. Bd. 11. 1901. Derselbe (1902, 3): Weiteres über die „Trophospongien* der Leberzellen und der Darmepithelzellen. Anat. Anz. Bd. 22. Derselbe (1903, 1): Weitere Mitteilungen über die Trophospongienkanälchen der Nebennieren vom Igel. Anat. Anz. Bd. 22. Derselbe (1903, 2): Über die sog. ‚intrazellulären Fäden“ der Nervenzellen von Lophius piscatorius. Anat. Anz. Bd. 23. Derselbe (1903, 3;: Weiteres über die Trophospongien verschiedener Drüsen- zellen. Anat Anz. Bd. 23. Derselbe (1904): Über die Trophospongien der Nervenzellen. Anat. Anz. 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Sämtliche Photogramme sind mit ') Als allgemeine Regel für die Betrachtung der Photogramme gilt, dass sie in einiger (individuell natürlich wechselnder) Entfernung betrachtet werden sollen. Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. Da einer von dem Herrn Apotheker A. Kockum konstruierten mikrophoto- eraphischen Kamera aufgenommen, welche er gütigst zu meiner Disposition gestellt hat. Fig. Fig. Fig. Fig. W. 2, 10. ‚vi6; 19 Tafel XXIX. Spinalganglienzelle, Kaninchen. Vollständiger Netzapparat. 10tägige Einwirkung von 2°%oiger Osmiumsäure Spinalganglienzelle, Huhn. Vollständiger Netzapparat Ttägige Einwirkung. . Spinalganglienzelle,. Huhn. Flächenschnitt einer Zelle mit unvoll- ständigem Netzapparat. 12tägige Einwirkung. Spinalganglienzellie, Huhn. Unvollstängiger Netzapparat. Ring- bildung der Netzfäden. Ttägige Einwirkung. . Spinalganglienzelle, Igel. 14tägige Einwirkung. . Spinalganglienzelle, Huhn. Der Netzapparat zum grossen Teil aus Körnern und Körnerreihen bestehend. Ttägige Einwirkung. . Spinalganglienzelle, Igel. Zeiss Apochr. 20 mm, Komp.-Ok. 8 Vergrösserung ca. 1200fach. Itägige Einwirkung. . Spinalganglienzelle, Huhn. 10tägige Einwirkung. . Spinalganglienzelle, Igel. Kanälchen des 1. Typus. In einem anderen Schnitt derselben Zelle zeigten einige der Kanälchen schwarzgefärbte Fäden. Zeiss Apochr. 2.0 mm, Komp.-Ok. 8. Vergrösserung ca. 1200fach Spinalganglienzelle, Huhn. Unvollständiger Netzapparat und „Kanäl chen“ des 2. Typus in derselben Zelle. Die Kapselzellen ent- halten osmiumgeschwärzte Körner und Fadenfragmente 11tägige Einwirkung. . Spinalganglienzelle, Huhn. „Kanälchen“ des 2. Typus. 12tägige Einwirkung. . Spinalganglienzelle, Kaninchen. Kanälchen des 1. Typus Carnoys Alkohol-Chloroform-Eisessig. Thiazinrot R-Toluidinblau. u 14 Prostata, 5jähriger Hund. Epithelzellen Golgi’sche von Veratti modifizierte Chromsilbermethode. . Prostata, 12jähriger Hund. Epithelzellen mit vollständigen Netz- apparaten. l3tägige Einwirkung von 2°/,iger Osmiumsäure, Terpen- tinbehandlung 36 St. Prostata, 12jähriger Hund. Flächenschuitt durch einen Drüsengang. Epithelzellen mit vollständigen, aber teilweise angeschnittenen Netzapparaten. Zellengrenzen undeutlich. 12tägige Einwirkung Terpentinbehandlung 48 St. . Prostata, 12jähriger Hund. Epithelzellen mit Netzapparaten, teil- weise von diskontinuierlichen Fäden gebildet. Sie scheinen unvoll- ständig, weil ihr anderer Teil sich im nächstfolgenden Schnitte befindet. 10tägige Einwirkung. . Prostata, 12jähriger Hund. Epithelzellen mit Netzapparaten von kompakterem Bau. 12tägige Einwirkung. Prostata, 12jähriger Hund. Niedrige Epithelzellen. 12tägige Ein- wirkung, Terpentinbehandlung 12 St. 37*F Fredrik von Bergen: . Prostata, 12jähriger Hund. Epithelzellen mit Entstehungsbildern von Netzapparaten. 13tägige Einwirkung, Terpentinbehandlung 12St. . Prostata, 12jähriger Hund. Epithelzellen. 3°/. Trichloressigsäure. Weigerts Fuchselin. . Prostata, jähriger Hund. Epithelzellen mit Negativen von Netz- apparaten. Kopschs Kalibichromat-Formalin. Eisen-Alizarin- Kristallviolett. . Prostata, 5jähriger Hund. Epithelzellen mit Netzapparaten. Kopschs Kalibichromat-Formalin, Weigerts Fuchselin. 24. Prostata, 12jähriger Hund. Epithelzellen. Platinchlorid - Chrom- Essigsäure. Eisenhämatoxylin. u. 26. Schweissdrüse von der Axille eines 25 jährigen Mannes. Epithel- zellen mit Kanälchen. Kopschs Kalibichromat-Formalin. Eisen- Alizarin-Kristallviolett. 27. Do. Flächenbild von einem Drüsentubulus. Der Kern in einer von . 30 . 32. . 96. U . 38. .39., . 40. den Zellen ist nicht mit Kanälchen versehen! sondern ist nur eingezeichnet, um die Lagebeziehungen zwischen dem Kern und den Röhrchen (in diesen Zellen) zu zeigen. . Do. Epithelzelle mit die Kanälchen überbrückenden Protoplasma- zügen Kopsch’sche Fl. Eisen-Alizarin-Kristallviolett. . Do. Epithelzelle mit Kanälchenknäuel, ein Netzwerk von feinen Fasern enthaltend. Kopsch’sche Fl. Eisen -Alizarin-Kristall- violett. Die Fadennetze sind in der Fig. nicht eingezeichnet, sondern in u. 31 bei zwei verschiedenen Einstellungen separat abgebildet. Tafel XXX. Pankreas, Katze. Zwei Epithelzellen mit Netzapparaten, teilweise angeschnitten. 10tägige Einwirkung von 2°/oiger Osmiumsäure, Terpentinbehandlung 12 St. . Fundusdrüse, Katze. Querschnitt. 9tägige Einwirkung, Terpentin- behandlung 12 St. . Ciliarzylinderepıthel der Luftröhre von Katze. Itägige Einwirkung. Prostata, 12jähriger Hund. Wanderzellen des interstitiellen Binde- gewebes mit Netzapparaten. 9tägige Einwirkung. Luftröhre von Katze. Wanderzellen des submukösen Bindegewebes mit Netzapparaten. In der einen Zelle ohne Kern ist der Netz- apparat angeschnitten. I1tägige Einwirkung. Do. Wanderzellen mit Entstehungsbildern von Netzapparaten. In der Zelle mit vollständigem Netzapparat befindet sich der andere Teil desselben im nächstfolgenden Schnitt. 11tägige Einwirkung. Kleines Blutgefäss des submukösen Bindegewebes der Luftröhre von Katze. Im Gefäss freiliegender Leukozyt mit Netzapparat. 10tägige Einwirkung, Terpentinbehandlung 12 St. Bindegewebszelle aus der Submukosa der Luftröhre von Kätze. lltägige Einwirkung. Bindegewebszelle aus der Fundusschleimhaut des Magens der Katze. 9tägige Einwirkung, Terpentinbehandlung 12 St. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Strukturbilder im Protoplasma verschiedener Zellenarten. 573 41 u. 42. Bindegewebszellen aus dem adventitiellen Bindegewebe zweier Gefässe in der Submukosa der Luftröhre einer Katze. 11tägige Einwirkung. 43. Bindegewebszelle aus dem Perichondrium eines Trachealknorpelrings der Katze. i1tägige Einwirkung. 44—52. Knorpelzellen aus Trachealknorpelringen der Katze. 10- oder l11tägige Einwirkung von 2°/oiger Osmiumsäure. 44, Zellen aus der Oberflächenschicht eines Knorpelrings von der Seite gesehen. 45. Zelle aus derselben Schicht. Flächenbild. 46. Zelle aus dem Innern eines Knorpelrings, multiple Fettropfen ent- haltend, Seitenansicht, 47. Zelle aus derselben Schicht, Flächenansicht, Die Fadenschlinge ver- läuft unter dem Kern, nicht in demselben. 48. Zelle mit Fettropfen. 49. Zelle mit einem grossen Fettropfen, längs dessen Seite Fadenschlingen des Netzapparats verlaufen. 50. Zelle mit vom Schnitt getroffenem wohlentwickeltem Netzapparat. 51. Tangentialschnitt einer Zelle mit vom Schnitt getroffenem Netz- apparat. 52. Zelle mit Netzapparat, aus diskontinuierlichen Fäden zusammengesetzt. 53. A. und B. Knorpelzellen aus Trachealknorpelringen des Igels. Golgi’sche von Veratti modifizierte Chromsilbermethode. 54. Kleine Arterie aus der Prostata des Hundes. Die Endothelzellen enthalten Netzapparate. Auch die Querschnitte eines Teils der glatten Muskelfasern (M) der Wandschicht zeigen Andeutungen zu Netz- apparaten. Stägige Einwirkung von 2°loiger Osmiumsäure- L = Lichtung. 55—61. Interstitielle Zellen aus dem Hoden des Ebers, sind mit Hilfe der Leitz’schen homogenen Immersion !/ı und Ok. 4, Projektion auf dem Arbeitstisch, bei e:a 1600 facher Vergrösserung, gezeichnet. . 55. Zelle mit intraprotoplasmatischen Hohlräumen. Hermann ’sche Fl, Eisenhämatoxylin. . 56. Zelle mit intraprotoplasmatischen Hohlräumen, teilweise mit deutlich hervortretender gemeinsamer Hauptrichtung, teilweise konzentrisch angeordnet. Hermann’sche Fl Eisenhämatoxylin. . 57. Zelle mit der Hauptrichtung der Hohlräume scheinbar rechtwinkelig gegen den Zellenrand. Hermann’sche Fl. Eisenhämatoxylin. .58. Zellen mit den intraprotoplasmatischen Hohlräumen von derselben Hauptrichtung. Die Septabildungen schwächer färbbar Her- mann’sche Fl. Eisenhämatoxylin, .59. Zellen, in welchen die Hohlräume von schön ausgeprägter konzent- rischer Anordnung sind. In deren Mitte von Kristallviolett scharf gefärbte Körnchen (Zentralkörper?. Zenkersche Fl. Eisen- Alizarin-Kristallviolett. 60 u. 61. Zellen mit Spaltenbildungen im Zellprotoplasma. Fig. 61 ibt einen Flächenschnitt einer solchen Zelle wieder. Zenker’sche Fl. Eisen-Alizarin-Kristallviolett. 574 Fredrik von Bergen: Strukturverhältnisse im Protoplasma ete. Tafel XXXI Fig. 62. Nervenzelle, Igel. Lobuläre Anordnung des Netzapparats. l4tägige Fig. Fig. Fig. 63. . 64. . 68. . 66. ST. . 68. . 69. "0. 71. 72. Einwirkung der 2°/oigen Osmiumsäure. Zeiss Apochr. 2.0 mm, Komp.-Ok. 12. Vergr. 1000 fach. Nervenzelle, Igel. Entstehungsbilder, Körner und Körnerfäden des Netzapparats. Hier und da Andeutungen zu „Kanälchen“ des2. Typus 14tägige Einwirkung, Zeiss Apochr. 2.0 mm. Komp-Ok.8. Vergr. 750 fach. Nervenzellen, Igel. Die linke, hellere Zelle mit Kanälchen des 1. Typus, welche teilweise Fäden enthalten. Die rechte, dunklere Zelle mit Netzfäden. 14tägige Einwirkung. Vergr. 750fach. Nervenzelle, Huhn. „Kanälchen“* des 2. Typus Stägige Einwirkung. Vergr. 1000fach. Prostata, 12jähriger Hund. Übersiehtsbild aus einem Schnitte, welchem die Netzapparate eine gute Färbung und schon bei dieser mittleren Vergrösserung hier und da die Netzstruktur zeigen. Es finden sich auch vereinzelte von der Osmiumsäure ganz geschwärzte Epithelzellen. 12tägige Einwirkung. Terpentinbehandlung 48 St Zeiss Apochr. 4.0 mm, Komp.-Ok 6. Vergr. 200 fach. Prostata, 12jähriger Hund Aus einem Schrägschnitt durch die Wandungen der Drüsengänge, den Bau der Netzapparate zeigend. 12tägige Einwirkung. Terpentinbehaudlung 12 St. Vergr. 750fach Drüse aus der Submucosa der Luftröhre der Katze. Quer- und Flächenschnitte durch zwei Drüsenalveolen, Netzapparate in den Drüsenzellen zeigend. In dem umgebenden Bindegewebe finden sich einige Wanderzellen mit Netzapparaten. litägige Einwirkung. Vergr. 750 fach. Aus einem Schnitt durch den Hoden des Ebers. Interstitielle Hoden- zellen mit Spaltenbildungen („Kanälchen* des 2. Typus) im Zell- protoplasma. Die Spalten treten durch ihre scharfen ziemlich geradlinigen Begrenzungen deutlich hervor. Links oben ein Teil des Querschnittes eines Hodenkanälchens Zenker’sche Fl. Eisen- Alizarin-Kristallviolett. Vergr. 750 fach. Aus einem Schnitt durch den Hoden des Ebers Die intraproto- plasmatischen Hohlräume treten in den Zellen in verschiedenen Formen hervor. Hermann'sche Fl. Eisenhämatoxylin. Vergr. 150 fach. Aus einem Schnitt durch die Submucosa der Luftröhre der Katze. Zahlreiche Wanderzellen mit Netzapparaten, von welchen einige teilweise aus Körnern zusammengesetzt sind 1lltägige Einwirkung von 2°/oiger Osmiumsäure. Vergr. 750 fach. A. und B. Prostata, 12jähriger Hund. Aus dem interstitiellen Bindegewebe. Zwei verschiedene Aufnahmen eines und desselben Schnittes bei verschiedener Einstellung, die Verhältnisse der Netz- apparate in einigen einem Gefässe angelagerten Wanderzellen zeigend. 12tägige Einwirkung von 2°/,iger Osmiumsäure. Vergr. 750fach. d . r [a ei a ur Pu U wo j } ln ei 7 -ZEr, i ß j d 0) RT: Dr f rn DM LK f rc re . 0) pa VE Zu yo N j E I ‚ 2 y i ; N ‘ N h T 3 Aus dem histologischen Laboratorium der kais. Militär-Medic. Akademie in St. Petersburg. Studien über Neuroglia. Von Dr. med. W. Rubaschkin. Hierzu Tafel XXXII—XXXV. Die Methodik der Untersuchung der Neuroglia. Man kann nicht umhin, der These von Weigert (95) zuzustimmen, dass für die Untersuchung der Neuroglia diejenigen Methoden von ganz besonderer Bedeutung sind, bei welchen sich ein scharfer Unterschied zwischen den nervösen und Gliaelementen geltend macht. Wir haben in der Tat fast keine konstanten Merkmale, nach denen wir den oder jenen Charakter einer feinen Faser oder kleinen Zelle im Hirn mit Sicherheit bestimmen könnten. In exklusiven Fällen kann natürlich hinsichtlich des nervösen oder nicht nervösen Charakters eines gegebenen Elementes kein Zweifel aufkommen, in den meisten Fällen aber können wir auf Grund der morphologischen Unterschiede die feinsten Achsen- zylinderfortsätze von den Gliafasern oder kleine Nervenzellen von Neurogliazellen nicht unterscheiden. Die Hinweise auf den bestimmten Verlauf der Gliafasern, auf ihre Feinheit, geschlängelten Verlauf, Homogenität usw., welche von den Autoren als charak- teristische Eigentümlichkeit der Gliafasern angeführt werden, erscheinen nicht einwandsfrei. Ebenso ist auch der von Ramon y Cajal bezeichnete Unterschied in der Anordnung des Chromatins in den Kernen der Glia- und Nervenzellen durchaus nicht wesentlich und nicht konstant. Die beste Methode, Glia- zellen und Nervenzellen zu unterscheiden, wäre natürlich die- jenige, welche die feinste Zellstruktur zu erkennen gestattete, nämlich die für die Nervenzellen charakteristische fibrilläre Struktur. Aber der deutliche fibrilläre Charakter, welcher an den grossen Nervenzellen des Zentralnervensystems nach den alten Methoden von Schultze, Peremeschko u.a. konstatiert wird, kann in den kleinen Zellen, z. B. der Hinterhörner, der Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 38 576 W. Rubaschkin: Subst. gelatinosa Rolandi ete. nur mit der grössten Mühe erkannt werden, und die zu diesem Zweck von Bethe angegebenen Methoden müssen immer noch als ungenügend gelten. Und gerade in diesen Fällen entsteht Uneinigkeit über den oder jenen Charakter der Zellen verschiedener Hirnbezirke. Darum erscheint die Forderung von Weigert begründet, dass die Färbe- methoden der Glia keinen Zweifel übrig liessen, dass wirklich deren Elemente und nicht andere Elemente des Nervensystems sich färben. Trotz des Überflusses und der Mannigfaltigkeit der Glia- färbungsmethoden muss doch anerkannt werden, dass die heutigen Untersuchungsmethoden der Glia durchaus nicht befriedigend sind. Die einen zeichnen sich durch inkonstante und ungenügende Färbung aus, geben gute Resultate nur in bestimmten Bezirken des Hirns und färben ausser den Gliaelementen auch mehr oder weniger die Achsenzylinder. (Die Methoden von Kultschitzky [93], Benda [8], die Hämatoxylinmethode von Mallory [95]), die anderen sind nur zur Untersuchung der Glia bei niederen Tieren verwendbar (E. Müller), wieder andere beschränken sich auf das menschliche Gehirn und die pathologisch veränderte Glia (Weigert [95], Mallory [95]). Unstreitig verdient die Weigert’sche Methode die meiste Beachtung wegen der Resultate, welche Weigert selbst und einige andere Autoren vermittels derselben erzielt haben, aber die Bedingungen ihrer Anwendbarkeit sind sehr beschränkt. Wie Weigert selbst angibt, lässt sich seine Methode aus unbekannten Ursachen zur Untersuchung der Glia von Tieren nicht verwenden und gibt gute Resultate nur am menschlichen Gehirn und auch dies nur bei absoluter Frische desselben. Dadurch lässt es sich erklären, warum bis auf die Gegenwart mit dieser Methode nur zwei Untersuchungen der normalen Neuroglia von Pollak und Aguerre ausgeführt wurden. Mir gelang es ebenfalls nicht, mit der Weigert’schen Methode befriedigende Resultate zu erlangen, da mir vollständig frische Objekte vom menschlichen Gehirn nicht zur Verfügung standen. Was die pathologisch veränderte Glia betrifft, so färbt sich diese im allgemeinen viel leichter, und wie Fischer angibt, unterscheiden sich die chemischen Eigenschaften der pathologischen Glia von denen der normalen Glia. Studien über Neuroglia. 571 Daher konnte die Weigert’sche Methode, trotz der vor- treffllichen von ihrem Urheber erlangten Resultate, keine weitere Verbreitung bei der Untersuchung der normalen Hirnstruktur erlangen. Die weiter unten von mir angegebene Methode ist zur Untersuchung der Glia im Gehirn von Tieren verwendbar; besonders gute Resultate gibt das Katzenhirn, und die unten angeführten prozentualen Verhältnisse beziehen sich hauptsächlich auf diese Tiere. Als wesentliche Bedingung, von der die Resultate der Methode in hohem Maße abhängen, muss die Notwendigkeit einer vorhergegangenen Injektion der Hirngefässe mit einer fixierenden Flüssigkeit hingestellt werden. (Diese Bedingung ist jetzt für jede histologische Fixierung anerkannt, in der man ein der Norm möglichst naheliegendes Bild zu erhalten wünscht — für die angegebene Methode ist sie unbedingt erforderlich.) Der erste Akt ist daher die Injektion der Gefässe mit der zur Hälfte verdünnten fixierenden Flüssigkeit. Die Injektion wird an dem frisch mittels Chloroform getöteten Tiere durch die Aorta oder Art. carot. comm., interna, vertebralis, Aorta abdominalis, Artt. intercostales etc. ausgeführt. Als tauglich sind nur diejenigen Hirnbezirke anzu- sehen, welche durch die injizierte Flüssigkeit deutlich gelbgrün gefärbt sind. Teile die sich nicht so gefärbt haben, die also nicht genügend fixierende Flüssigkeit aufgenommen haben, wirft man am besten ganz fort, da sonst durchaus ungenügende Resultate erzielt werden. Die fixierende Flüssigkeit besteht aus: 2'/2°/o Lösung von Kal. bichromie. . . . . 100,0 Copzlacehieanentry .... 4ansenustine ra = Kerl acet Beachte ea Kormalinı (Schezinel) ..... is t.calnıe 10,0 Die Menge des Kupfersalzes, ebenso en diejenige der zur Auflösung desselben erforderliche Essigsäure schwanke je nach der Art und dem Alter des Tieres. Für junge und kleine Tiere nimmt man 0,5 Cupri acet., für alte und grosse 1,0; für Katzen von mittlerem Alter 0,75. 38* 578 W. Rubaschkin: Die fixierende Flüssigkeit wird folgendermaßen zubereitet: Der siedenden Lösung von Kal. bichrom. wird fein pulveri- siertes Cupr. acetic. bei ständigem Umrühren zugesetzt. Man erhält ein trübe Flüssigkeit mit nicht aufgelösten Teilen in derselben. Zu ihrer Auflösung wird Acid. acet. glac. in der an- gegebenen Menge hinzugefügt. Nach 5—10 Minuten langem Kochen, gewöhnlich aber schon viel früher, klärt sich die Flüssig- keit vollständig auf und wird grün. Mehr als 3,0 Essigsäure darf nicht zugegossen werden. Ist die Mischung aus irgend einem Grunde nicht völlig klar geworden, so muss sie filtriert werden. In diesem Zustande, ohne Formalin, kann die Flüssigkeit unbestimmte Zeit aufbewahrt werden, ohne dass sie sich verändert. Vor dem Gebrauch setzt man 10°/o Formalin hinzu (zehn Teile der käuflichen Schering’schen Formalinlösung). Zur Injektion wird die Flüssigkeit zur Hälfte verdünnt, darauf wird sie warm (37—38°C.) in einer Menge von 200—1000 ce — je nach der Grösse des Tieres und der Injektionsstelle — ein- gespritzt. Nach zehn Minuten wird der Schädel eröffnet; die zur Untersuchung bestimmten Teile des Gehirns werden heraus- geschnitten und in die obenbezeichnete fixierende Flüssigkeit gebettet. Besser ist es, die Fixierung in der Wärme — bei 35 bis 40°C — im Thermostaten im Lauf von 5—7 Tagen auszuführen. Die ersten Tage muss die Flüssigkeit gewechselt werden, vom vierten Tage ab ist dies überflüssig. Über sieben Tage dürfen die Stücke im Thermostaten nicht aufbewahrt werden, da sie sonst etwas von ihrer Färbbarkeit einbüssen. Nach beendeter Fixierung werden die Objekte mit Lösch- papier leicht abgetrocknet, ohne dass sie vorher in Wasser abge- spült werden; darauf entwässert man sie im Laufe von sechs bis zwölf Stunden in 95° Spiritus und präpariert sie auf die übliche Weise zur mikroskopischen Untersuchung. Die Präparate dürfen nicht in Celloidin eingebettet werden, da letzteres die Färbung sehr erschwert. Besser ist es, in Paraffın einzubetten und, wenn es die Bedingungen erlauben, die Präparate nicht am Öbjektträger anzukleben, sondern die vom Paraffın befreiten Schnitte in Schalen zu färben. Ist das Studien über Neuroglia. 579 Ankleben notwendig, so ist es vorzuziehen, dies mit Wasser oder 1/°/o Agarlösung in 70° Spiritus zu tun. Das Anheften er- schwert ebenfalls, wenn auch nur wenig, das Färben, welches in diesen Fällen unbedingt 3—4mal länger dauern muss, als die Färbung nicht angehefteter Schnitte. Die Färbung stellt eine modifizierte Methode der Weigert- schen Fibrinfärbung dar, oder richtiger die Gram'’sche Methode der Bakterienfärbung. Zur Färbung dient Methyl-Violett B. in gesättigter wässriger Lösung oder eine Mischung von Spirituslösung der- selben Farbe und Anilinwasser (3 Teile Spirituslösung der Farbe und 1 Teil Anilinwasser). Wässrige Lösungen geben eine zartere Färbung, Anilin- lösungen färben zwar etwas intensiver, haben aber nicht selten zahlreiche Niedersehläge auf den Präparaten zur Folge. Es ist von Nutzen der Farbe einige Tropfen 5 °/o Oxalsäure auf 5 ccm Farbe zuzusetzen. In wässrigen Lösungen dauert die Färbung 6—12 Stunden, in Anilinlösungen 20—30 Minuten. Nach der Färbung müssen die Schnitte gründlich in Wasser gespült werden. Darauf gelangen die Schnitte für '/„—1 Minute in eine Lösung von Jod in Kal. jodat. (1—2:300). Dann werden die Präparate wieder mit Wasser abgespült und in 95° Spiritus !/«—"!/2 Minute lang vom Wasser befreit und in Nelken- oder Anilin-Öl difte- renziert. Gewöhnlich wende ich Nelkenöl an (und zwar deutsches), da es die Farbe nicht so energisch herauszieht wie Anilinöl; das letztere wird in denjenigen Fällen gebraucht, in denen man mittels des Nelkenöls keine genügende Entfärbung erzielen kann. Im Nelkenöl bleiben die Präparate bis zur völligen Entfernung der überschüssigen Farbe; sie können daselbst ohne Nachteil einige Stunden liegen bleiben. Somit wird das Gehirn nach folgendem Schema bearbeitet: I. Injektion mit fixierender Flüssigkeit, die zur Hälfte ver- dünnt ist. Il. Fixierung und Härtung im Lauf von 5—7 Tagen bei 37—40° C. Ill. Entwässerung und Einbettung in Paraffın. IV. Färbung der Schnitte 580 W. Rubaschkin: 1. a) mit wässeriger Methylviolett-B-Lösung (6— 12 Stunden lang) oder b) Spirituslösung desselben Farbstoffes und Anilinwasser (15—30 Minuten lang). . Abspülung mit Wasser. . Jod und Sol. Kalii jodati (20—60 Sek.). . Abspülung mit Wasser. . 95° Spiritus (15—30 Sek.). . Nelken- oder Anilinöl. . Xylol, Balsam. Bei dieser Färbmethode nehmen die Gliafasern eine gesättigt violette Farbe an, das Zellprotoplasma färbt sich heller. In den Nervenzellen färben sich die Kerne und die Nissl’schen Granula. Die Nervenfasern bleiben ungefärbt, die Pia mater und das Bindegewebe färben sich nicht. Es ist hier zu bemerken, dass man die Färbung nicht in allen Hirnbezirken gleich leicht bekommen kann. In den meisten Teilen färbt sich die Neuroglia sehr leicht und beständig, aber in einigen Bezirken, nämlich in der Gross- und Kleinhirnrinde konnte ich bisher keine genügende Färbung bekommen. Die Ursache dieser ungenügenden Färbung blieb mir unbekannt; sie liegt wahrscheinlich in der nicht vollen Differenzierung der Neurogliafasern dieser Bezirke. Leichter und immer färbt sich die Neuroglia im Rückenmark, in der Medulla oblongata, im Stamm des Gehirns und in der Umgebung der Hirnventrikel. 090 $ 8 SD Die ältere Literatur ist bei Weigert und bei Popoff gesammelt; das wichtigste aus der neueren führe ich bei der Darstellung meiner Ergebnisse an. Eigene Beobachtungen. Die zelligen Elemente und die Fasern der Neuroglia. Die erste Frage, auf die man beim Studium des Glia- gewebes des Zentralnervensystems stösst, ist die Frage über die Prinzipien der Gliastruktur, über die morphologischen Eigen- schaften und die gegenseitigen Beziehungen zwischen den Glia- Zellen und -Fasern. Wenn bei den Autoren, welche mit der Golgi’schen Methode arbeiteten (Golgi, Retzius, R. y Cajal, Lawdowsky, Studien über Neuroglia. 581 Kölliker, v. Gehuchten, Lenhossek und vielen anderen), und ebenso bei denen, welche zum Studium der Neuroglia die Methode der Isolierung ihrer Elemente anwandten (Deiters, Jastrowitz, Gierke und andere), keine Zweifel hinsichtlich einer anderen Gruppierung der Elemente der Neuroglia ausser dem Typus der Astrocyten aufkommen, so überrascht den zeit- genössischen Forscher die ungeheure Mannigfaltigkeit der morpho- logischen Formen, welche die Glia zusammensetzen. Ebenso überrascht den Forscher die in die Augen springende Verschiedenheit des histologischen Bildes der neuen Präparate von demjenigen, welche nach der Schwarzfärbungs-, Isolierungs- Methode usw. erhalten werden. Während dort fast in allen Gehirnabteilungen ausschliesslich verschiedene Formen und Arten von Astrocyten beobachtet werden, lenkt hier hauptsächlich die ungeheure Menge von feinen Fibrillen die Aufmerksamkeit auf sich, welche überall zwischen die nervösen Elemente des Gehirns eindringen. Diese Fasern bilden gleichsam den Hauptbestandteil der Neuroglia, und die Zellen stellen sich in den meisten Fällen als Körper ohne Fortsätze dar, welche zu den Glia-Fibrillen in keiner Beziehung stehen. Besonders scharf tritt der Kontrast in den Resultaten der alten und neuen Methode dort hervor, wo das Protoplasma gar nicht gefärbt ist. Auf den Präparaten, welche nach der oben angegebenen Methode bearbeitet und durch Anilinöl stark ent- färbt waren, sind die sternförmigen Typen überhaupt nicht zu sehen, welche mittels der Golgi’schen Methode so genau und sorgfältig studiert worden waren. Man gewinnt den Eindruck, als wenn sie ganz fehlten, und die Neuroglia repräsentiert sich als ein Gewebe, welches aus Gliafasern und Kernen fast ohne Protoplasma besteht. Mit anderen Worten, es liegt dasselbe Bild und dieselben Verhältnisse vor, welche von Weigert in seiner Lehre über die Struktur der Neuroglia angegeben wurden. In der Tat aber liegt die Sache @anz anders. Die Gliazellen zeichnen sich durch eine merkwürdige Mannig- faltigkeit aus, und eine bedeutende Anzahl derselben gehört zu den echten Astrocyten im Sinne von Deiters-Golgi. Diese Mannigfaltigkeit der Gliazellen war, wenn man schon von der Morphologie der Fortsätze absieht, bereits viel früher von den Autoren beobachtet worden. Schon Deiters und später 582 W. Rubaschkin: Gierke wiesen auf zwei verschiedene Typen der zelligen Elemente der Neuroglia hin, auf protoplasmaarme und protoplasmareiche Zellen. Boll, Jastrowitz hielten spindelförmige Zellen für Prototypen der Astrocyten; Krause, Renaut, Petrone, Popoff beschrieben grosse körnige fortsatzlose Zellen in ver- schiedenen Gehirnabteilungen, welche nach Petrone besonders häufig in der Commissura ant. und Decussatio pyramidum vor- kommen. Lawdowsky spricht von körnigen Zellen der jungen Gliazellen. Die Mehrzahl der Pathologo-Anatomen (Bonome und andere) beschreibt fortsatzlose, grosse, körnige Zellen als häufig vorkommenden Typus der jungen in Entwicklung be- griffenen Neuroglia. In den genannten Untersuchungen gibt es keine genauen Daten über die Bedeutung der einzelnen Zelltypen, über ihre gegenseitige Beziehung usw. Freilich weisen Retzius, Lenhossek, R. y Cajal auf jüngere und ältere Zellen hin, Bonome schreibt den körnigen Gliazellen gliogenetischen Charakter zu, es gelang aber den Autoren nicht, die Übergangs- formen von den primären Zellen bis zu den Endtypen zu verfolgen. Natürlich lag die Schuld an der ungenügenden Ausbildung der Methodik, da einzig Golgis Methode zu dem Zweck zu gebrauchen war, seine Angaben aber, wie hoch man ihren Wert auch schätzen möge, doch die Frage nicht erschöpfen konnten, deren Hauptgewicht in den feinern Struktureigentümlichkeiten liegt, welche der Schwarzfärbungsmethode unzugänglich ist. Auf den nach der neuen Methode angefertigten Präparaten unter- scheidet man verschiedene zellige Elemente der Neuroglia, welche sich auf folgende Typen zurückführen lassen: I. Typus (Taf. XXXI, Fig. 1). Die Zellen, welche zu diesem Typus gehören, zeichnen sich durch Protoplasmareichtum und durch deutlich körnige Struktur des Protoplasmas aus. Bis zu einem gewissen Grade entsprechen sie denjenigen Zellen, welche von Krause und darauf von Petrone im Rückenmark und von Popoff in der Medulla oblongata beschrieben wurden. Aber diese Ähnlichkeit beschränkt sich auf die Granula im Protoplasma, auf den Reichtum des letzteren, denn die haupt- sächlichsten Merkmale der Zellen dieser Autoren — scheibige Form und Fortsatzlosigkeit — sind bei diesen Zellen nicht vorhanden. Studien über Neuroglia. 583 Die Zellen von diesem Typus haben immer mehrere, jeden- falls nicht weniger als zwei Fortsätze, welche in ihrem ganzen Verlauf die gleiche Struktur wie das Protoplasma, d. i. Körnigkeit, zeigen. Sie erscheinen als echte Abkömmlinge des Zellkörpers und unterscheiden sich von ihm weder in morphologischer noch in chemischer Hinsicht. Nach Zahl und Charakter der Richtung ihrer Fortsätze, lassen sich zwei Arten dieser Zellen unterscheiden. Bei den einen von ihnen (Tafel XXXII, Figur 2) gehen die Fort- sätze einzeln von entgegengesetzten Enden der Zelle in radiärer Richtung ab. Einer wendet sich zentral, der andere peripher. In ihrem Verlauf erzeugen die Fortsätze ebenso körnige, proto- plasmatische Zweige, welche sich abermals teilen, immer dünner werden und sich schliesslich der Beobachtung entziehen. Bei den anderen Zellen (Tafel XXXII, Figur 1) verlaufen die Fortsätze nicht in durchaus radiärer Richtung, sondern gehen von der Zelle nach verschiedenen Seiten und in verschiedener Zahl ab. Sie erzeugen ebenfalls viele Collateralen, welche die gleiche Struktur bewahren. Was den Zellleib anlangt, so weist derselbe verschiedene Schwankungen je nach der Lage der Zellen auf. In der weissen Substanz sind die Zellen von den Nervenfasern mehr oder weniger zusammengedrückt, bilden entsprechende Erhabenheiten und Eindrücke und nehmen eine unregelmässig eckige Form an; in der grauen Substanz dagegen liegen sie frei und haben eine regelmässige, nicht zusammengedrückte Gestalt. Wenn man annimmt, dass Popoff und Petrone es mit denselben Zellen zu tun hatten, nur dass sie die Fortsätze nicht hatten konstatieren können, so kann man ihnen auf keine Weise beipflichten, dass diese körnigen Zellen scheibenförmig seien. Dieselben haben sowohl auf Längs- wie auch auf Querschnitten immer ungefähr die gleiche Gestalt von grossen Zellen mit saftigem, körnigem Protoplasma. An dicken Schnitten kann man sich leicht überzeugen, dass der Zellleib durchaus keine Scheibe ist, und dass die ganze Zelle nicht flach ist, sondern eine mehr oder weniger regelmässige zylindrische Form hat. Zuweilen gelingt es, in einer Serie von dünnen Schnitten ein und dieselbe Zelle auf mehreren Präparaten zu sehen, was bei scheiben- formigem Charakter der Zelle unmöglich wäre. 584 W. Rubaschkin: Somit lassen die Zellen von diesem Typus sich durch ihren massiven, feingranulierten Zellleib, durch ihre radiär oder unregelmässig abgehenden körnigen, protoplasmatischen Fortsätze, durch das Fehlen von Differenzierungsmerkmalen und endlich durch ihre verhältnismässig grossen Dimensionen charakterisieren. Welcher Art sind nun diese Zellen und welches ist ihre Bedeutung ? Vergleicht man die Zahl dieser körnigen Zellen im jungen Gehirn, im Gehirn von erwachsenen und alten Tieren, so erweist es sich, dass diese Zellen und ihre unten zu beschreibenden Übergangsformen um so zahlreicher sind, je jünger das Gehirn ist. In bedeutend geringerer Anzahl kommen sie bei aus- gewachsenen und als Ausnahme bei alten vor. Umgekehrt ist bei Neugeborenen und Embryonen von späteren Entwicklungs- stadien die weisse und graue Substanz besonders reich an körnigen Zellen, und man kann sagen, dass alle, oder fast alle Gliazellen um diese Zeit einen grossen, körnigen Körper und ebensolche körnige Protoplasmafortsätze besitzen. In grosser Anzahl kommen sie im Rückenmark bis zum Ende der ersten Lebenswoche von Katzen und bis zur Mitte der dritten Woche von Hunden vor; in der Hirnrinde bewahrt bei einer l5tägigen Katze die grössere Hälfte der Gliazellen den gleichen Charakter. Vergleichung der Zahl der körnigen Zellen bei neugeborenen jungen und alten Tieren zeigt, dass dieselben als die jüngsten Typen der Gliazellen betrachtet werden müssen, welche namentlich dem jungen Gehirn eigen sind, und welche den jungen Gliazellen des embryonalen Gehirns sehr nahe kommen oder gar ihnen völlig identisch sind, wie sie Vignal bei Schweineembryonen der letzten Entwicklungsstadien (27 cm lang) und in den ersten Tagen nach der Geburt beschrieben hat. Um diese Zeit kann man nach Vignal in verschiedenen Abteilungen der grauen und weissen Substanz des Rückenmarks Zellen mit vielkörnigem Protoplasma sehen, welches in körnige, sich verzweigende Fortsätze übergeht. Bei den Neugeborenen erreichen sie ihre höchste Entwicklung, wobei sie ihre frühere, körnige Struktur bewahren. Somit steht es ausser Zweifel, dass wir in diesen körnigen Zellen des voll- entwickelten Gehirns die Überreste der embryonalen Elemente, Studien über Neuroglia. 585 der sogenannten Spongioblasten, haben, welche den Astrocyten von Vignal analog sind.. Wie unten gezeigt werden wird, spielen diese körnigen Zellen eine wesentliche Rolle in der postembryonalen Entwicklung der Glia und dienen als Bildungs- quelle für neue Gliazellen des reifen Gehirns. Deshalb erachte ich es für möglich, sie mit einem besonderen Namen „gliogenetische Zellen“ zu benennen, ähnlich wie Bonome die körnigen Zellen der Gliome nennt. Alle übrigen Gliazellen erscheinen als Ab- kömmlinge dieser gliogenetischen Zellen, deren Übergangsformen sich namentlich im Gehirn von jungen Tieren verfolgen lassen. Die Veränderungen, welchen die gliogenetischen Zellen unterliegen, ehe sie die Endformen reifer Neurogliaelemente erreichen, betreffen die Struktureigentümlichkeiten und wahr- scheinlich auch die chemische Konstitution des Zellprotoplasmas und der Fortsätze. Übergangsformen. I. Art. (Taf. XXXII, Fig. 3). Als nächste Abkömmlinge der gliogenetischen Zellen er- scheinen diejenigen, von denen ein bestimmter Teil ihrer Fortsätze der Differenzierung unterlag, während der Zellleib seine frühere Körnigkeit beibehielt. Das charakteristische Merkmal dieser Zellen ist, dass gleich- zeitig mit einigen (1—3) Fortsätzen, welche die frühere Gestalt des Protoplasmas und die gleichen Eigentümlichkeiten wie bei den gliogenetischen Zellen bewahrt haben, homogene fibrillenartige Fortsätze auftreten. Letztere unterscheiden sich in ihren morpho- logischen Besonderheiten durch nichts von den Gliafasern, und einzig ihr Zusammenhang mit dem Zellleib weist darauf hin, dass es sich um Zellfortsätze und nicht um freie Fasern handelt. Es muss auf die selten zur Beobachtung kommende, aber sehr wichtige Struktureigentümlichkeit dieser Zellfortsätze geachtet werden. Man sieht nämlich an diesen Zellen zuweilen verhältnis- mässig dicke Fortsätze, welche die Dimensionen der gewöhnlichen Gliafasern einigemal übertreffen; starke Vergrösserungen zeigen, dass solche Fortsätze Komplexe von feinsten Fasern sind, die am Beginne des Fortsatzes mit dem körnigen Protoplasma einerkonischen Erhabenheit verschmelzen. Peripher zerfallen die Fortsätze in feine Fibrillen. Die Zwischenräume zwischen den einzelnen 586 W. Rubaschkin: Fibrillen sind ganz farblos, durchsichtig; die Fibrillen haben Gestalt und Farbe der Gliafasern. In den dem Zellleib am nächsten gelegenen Teilen ändert sich die feinere Struktur der Fortsätze etwas. Je näher zum Zellleib, umsomehr verliert sich die Gleichartigkeit der Färbung; stärker gefärbte Stellen wechseln mit schwächer gefärbten ab. Ferner kann man beob- achten, dass dieselben am Zellleib in einzelne: feine Körnchen zerfallen, welche mit den Granula des Zellprotoplasmas identisch sind; schliesslich verliert sich dieser körnige Abschnitt der Faser in den Granula der konischen Erhabenheiten des Zellleibes. Somit gewinnt man den Eindruck, dass der Fortsatz der gliogenetischen Zelle in einige feine Fibrillen zerfällt, welche durch Kongregation der Granula der Fortsätze gebildet werden. Natürlich kann eine solche Ansicht nur mit Vorbehalt geäussert werden, aber das Bestehen von ähnlichen Fortsätzen, welche einzelne Fibrillen enthalten, kann mittels der Golgi’schen Methode nachgewiesen werden. Vassale und Donagio erhielten mittels der von ihnen modifizierten Imprägnationsmethode Gliazellen, deren Fortsätze als Stämmchen feiner Fibrillen erschienen, die im Anfangsstück des Fortsatzes dicht nebeneinander liegen und allmählich in dem Maße, als der Fortsatz sich von der Zelle entfernt, von ihm abgehen. 2. Art (Taf. XXXL, Fig. 5). Bei den Zellen der zweiten Art und zugleich auch des zweiten genetischen Stadiums fehlen bereits die protoplasmatischen körnigen Fortsätze, da sie alle den Veränderungen unterlagen, welche bei den vorhergehenden Zellen an einzelnen Fortsätzen auftraten. Alle Fortsätze dieser Zellen haben ein homogenes glänzendes Aussehen und färben sich stark. Der Zellleib ist von derselben Grösse wie bei den vorhergehenden, weist aber bereits einige Besonderheiten auf. Der grösste Teil der Zelle bewahrt seine frühere Körnigkeit, letztere reicht aber nicht mehr wie früher bis zum Beginn der Fortsätze, geschweige denn, dass sie sich in dieselben fortsetzte. In seinen peripheren Teilen ist der Zellleib nicht mehr körnig, sondern bietet ein mehr oder weniger homogenes Bild und geht in dieser Gestalt in die Fortsätze über. Somit kann man bei diesen Zellen zwei Protoplasmazonen unterscheiden, auf welche Kölliker hinweist: die zentrale körnige und die periphere Studien über Neuroglia. 587 homogene. Hier lassen sich die ersten Stadien der exoplas- matischen Bildung von Gliafasern beobachten, denn die peripheren Zellteile haben bereits die charakteristische Metamorphose durch- gemacht, welche man seit Ewald, Kühne und Gierke die keratinartige Metamorphose der Neuroglia zu nennen pflegt. Diese peripheren Teile des Zellleibes lassen sich als Gliafasern betrachten, welche in chemischer und morphologischer Hinsicht differenziert sind, den Zusammenhang mit der Zelle aber noch nicht aufgegeben haben. Die weiteren Zellveränderungen sind durch Zunahme der exoplasmatischen Schicht auf Kosten der zentralen körnigen charakterisiert. Gleichzeitig kann man auch in der exoplas- matischen Schicht Erhabenheiten und Flächen beobachten, zuerst in geringer und allmählich in immer grösserer Zahl. Die Astrocyten der letzten Stadien der Metamorphose (Taf. XXXII, Fig. 6) sind isoliert leicht zu erhalten. Die Menge des körnigen Protoplasmas ist zu einem Minimum zusammengeschrumpft und nur rund um den Kern kann man eine dünne Schicht der- selben beobachten. Eine homogene exoplasmatische Schicht bildet die Hauptmasse des Zellleibes. Der Kern ist im Verhältnis zur Grösse der Zelle gross und nimmt den grössten Teil derselben ein. Der Zellleib hat keine reine regelmässige Scheibenform, sondern bildet kammförmige Erhabenheiten, welche in Fortsätze übergehen. Bei der Färbung nimmt die ganze Zelle mit Aus- nahme ihrer zentralen körnigen Zone gleich den Fortsätzen violette Farbe an, aber nicht so intensiv. Diese Zellart kommt vorzugsweise in den peripheren Teilen der verschiedenen Ab- teilungen des Gehirns (Peripherie der weissen Substanz des Rückenmarks, der Medulla oblongata, der Hemisphärenrinde etc.) vor. Besonders reich an diesen Zellen sind die Hintersäulen des Rückenmarks, wo man sie immer und in grosser Anzahl finden kann. Den letzten Typus, zu dem die meisten Gliazellen des reifen Gehirns gehören, bilden die fortsatzlosen Zellen — die „Kerne“ der heutigen Autoren (Taf. XXXH, Fig. 7). In ihren morphologischen Besonderheiten unterscheiden sie sich scharf von allen bisher beschriebenen Zellarten. Sie haben keine Fortsätze und auch fast gar kein Protoplasma. Diese Zellen sind durch das ganze Gehirn verbreitet, besonders häufig sind sie in der 588 W. Rubaschkin: grauen Substanz. Sie liegen frei zwischen den Gliafasern, und letztere legen sich von allen Seiten an die Zellen an. In andern Fällen, namentlich im Ammonshorn, kann man diejenige Gruppierung beobachten, welche von Weigert unter dem Namen „bogen- förmige Fasern“ beschrieben worden sind. Was die Kerne anlangt, so haben sie ovale oder runde Form und können ihrer Grösse nach in grosse und kleine eingeteilt werden. Die Chromatin- substanz ist in den meisten Zellen im ganzen Kern gleichmässig angeordnet und bildet stellenweise Anhäufungen in Gestalt von Chromosomen, die sich stark färben. Zuweilen kann man im Kern ein kleines Kernkörperchen unterscheiden, welches im Zentrum des Kernes gelegen ist. Niemals ist es mir gelungen, einen solchen Polymorphismus der Kerne zu erzielen, wie dies Aguerre beschreibt. Sie sind alle von mehr oder weniger regelmässiger rundlicher Form, und die spindelförmigen, dreieckigen, birnförmigen etc. Gestalten von Aguerre fehlen auf meinen Präparaten. Wie mir scheint, hat man die Quelle des Polymorphismus der Kerne in der Methodik von Aguerre zu suchen (Weigerts Methode). Das Trocknen der Präparate muss bei dieser Methode die normale Konfiguration der Kerne beeinflussen. Ebenso wollte es mir nicht gelingen, an diesen Kernen oder an den Kernen von Astrocyten verschiedener Typen irgend welche Erscheinungen zu beobachten, welche auf ihre Neigung zu amitotischer Teilung hinweisen. Einschnürung der Kerne, buchtförmige Eindrücke, wie sie Aguerre als Erscheinungen der indirekten Zellteilung beschreibt, habe ich nicht beobachten können. Es entsteht nun die Frage, ob alle Gliazellen dies letzte Stadium — das Stadium der fortsatzlosen Zelle — erreichen oder ob ein bestimmter Teil derselben für immer die Form von Astrocyten bewahrt. Die folgende vergleichende Tabelle des quantitativen Ver- hältnisses der verschiedenen Gliazellen im Gehirn von verschiedenem Alter gibt einige Daten für die Lösung dieser Frage. Diese vergleichenden Zahlen zeigen, dass die grössere Hälfte der Zellen des jungen Gehirns und fast die Hälfte der Zellen des reifen Gehirns Fortsätze besitzen und die oder jene Astrocytenform darstellen. Wenn man die Möglichkeit eines Irrtums beim Zählen der fortsatzlosen Zellen berücksichtigt, Studien über Neuroglia. 559 denn viele von ihnen sind Astrocyten, deren Fortsätze beim Anfertigen des Präparats abgeschnitten worden sind, so muss die Zahl der Astrocyten noch höher gesetzt werden. Katze Katze Katze Katze von 1 Mon. | von5 Mon. | von 1 Jahr |über 2 Jahre | | | Zahl der gezählten Zellen!) || 250 | °/o || 250 | °/o || 250 0 || 250 | 9% Gliogen. Zellen 32 |13%o| 10 | 490 4 Junge Astrocyten 60 |24%0 || 38 |15°/o || 30 Astrocyten des Endtypus | 72 |29%/%|| 82 |33°%0|| 87 |35%0|| 92 | 3700 Fortsatzlose Zellen 86 |34°/o | 120 |48°/0 || 129 151% 135 | 54°) Bei Katzen über zwei Jahren und bei sehr alten Tieren (nicht unter fünf Jahren) kann man namentlich an bestimmten Stellen mit unveränderlicher Beständigkeit die Astrocyten sehen, welche oben als Astrocyten des Endtypus beschrieben worden sind. Die Hintersäule des Rückenmarks kann als beste Demon- strationsstelle betrachtet werden, in gleicher Weise können sie aber auch in anderen Abteilungen des Gehirns und Rückenmarks konstatiert werden. Berücksichtigt man die niedrigen Zahlen für die gliogenetischen Zellen und jungen Astrocyten im aus- gewachsenen Gehirn (über zwei Jahre), so kann man annehmen, dass die Differenzierungsprozesse, die Vorgänge der Bildung von neuen Zellen in einem solchen Gehirn fast sistiert sind, dass die Differenzierung beendigt ist, nichtsdestoweniger aber nimmt die Zahl der Astrocyten des Endtypus nicht nur nicht ab, sondern vermehrt sich noch. Daher steht es meines Erachtens unzweifelhaft fest, dass die Astrocyten des Endtypus vielleicht die Übergangsform zu den fortsatzlosen Zellen darstellen, doch ein bestimmter Teil derselben bleibt auf dieser Stufe stehen, erstarrt gleichsam für immer; daher müssen diese Zellen zu einem konstanten Typus von ausgewachsenen Astro- ceyten der Neuroglia — zu Astrocyten des Endtypus aus- geschieden werden. !) Die Zählung ist immer an einem bestimmten Bezirke des Rücken- marks gemacht. (An der Hintersäule des Lendenmarkes.) 590 W. Rubaschkin: Resumiert man diese Daten über die zelligen Elemente der Neuroglia, so kann man ihre genetische Klassifikation in folgender Weise darstellen: I. Gliogenetische Zellen. Zellen mit körnigem Protoplasma und ebensolchen Fortsätzen. 1. Zellen mit radiären Fortsätzen. 2. Zellen mit Fortsätzen, die nach verschiedenen Rich- tungen abgehen. 3. Zwischenformen. II. Astrocyten von jugendlichem Typus mit körnigem, undifferenziertem Protoplasma. 1. Astrocyten mit unvollständiger Differenzierung der Fortsätze, welche auch noch im Besitz von protoplasmatischen Fortsätzen sind. 2. Astrocyten mit vollständiger Differenzierung der Fortsätze. III. Astrocyten des Endtypus mit differenzierten Fort- sätzen und differenziertem Zellleib. IV. Fortsatzlose Zellen — „Kerne“. Somit steht für mich fest, dass im ausgewachsenen Gehirn neben den fortsatzlosen Zellen — den „Kernen“ — nicht wenig Zellen existieren, jedenfalls nicht weniger als die Hälfte ihrer Gesamtzahl, welche sternförmige Typen — Astrocyten im Sinne der früheren Autoren darstellen. Im Gehirn spielt sich von den ersten Lebenstagen ab ein beständiger Differenzierungsprozess der Zellen ab; allmählich wandeln sich die jugendlichern Formen in reifere um, doch kann man auch bei alten Tieren eine bestimmte Anzahl von jugend- lichen Typen finden. Wie bereits mehrfach angeführt, kann man die gliogenetischen Zellen auch bei alten Tieren finden — eine Tatsache, die darauf hinweist, dass selbst um diese Zeit Zellen zurückbleiben, welche die allgemeine Metamorphose nicht durch- gemacht haben. Nichts weist darauf hin, dass sich auch in der postembryo- nalen Zeit gliogenetische Zellen bilden könnten. Niemals be- obachtet man Teilungsprozesse der gliogenetischen Zellen weder auf mitotischem noch auf amitotischem Wege, auch nicht bei den jüngsten Tieren im ersten Monat ihres postembryonalen Lebens. Ebenso gibt es keinen Anlass, anzunehmen, dass das Studien über Neuroglia. 591 Auftreten von neuen gliogenetischen Zellen im reifen Gehirn auf Kosten des Epithels der Gehirnventrikel vor sich geht. Fortbewegung, Teilung und Metamorphose der Epithelzellen schliesst mit den ersten Tagen des postembryonalen Lebens ab, und im reifen Gehirn unterliegen diejenigen Ependym- und Radiärzellen, welche das Ependymgebiet nicht verlassen haben, wie dies bei der Beschreibung des Ependyms gezeigt werden wird, der gliösen Differenzierung, resp. der keratinartigen Meta- morphose gleichzeitig mit den anderen Elementen der Neuroglia. Dieselben erreichen ebenfalls ihre letzten Stadien, erscheinen sozusagen als umgewandelte Zellen, welche unfähig sind, junge Typen zu erzeugen. Die Verminderung der Zahl der gliogenetischen Zellen mit dem Alter spricht auch dafür, dass sie im normalen Leben des Gehirns nicht neu erzeugt werden. Daher scheint es mir allein richtig zu sein anzunehmen, dass die gliogenetischen Zellen des reifen Gehirns Reste der embryonalen primordialen Neuroglia sind, embryonale Zellen, welche ihren embryonalen Charakter auch im reifen Gehirn bewahrt haben. Viele von den gliogenetischen Zellen bleiben anscheinend für immer auf diesem Stadium stehen und stellen im reifen (Gehirn das Reservematerial dar, aus welchem neue Gliazellen nur in Fällen entstehen, wo vermehrte Entwicklung derselben not tut, also bei Integritätsstörungen des Gehirns, wo Defekte der Gehirnsubstanz ausgefüllt werden müssen. Eine ganze Reihe von pathologischen Untersuchungen beweist, dass die Glia in pathologischen Fällen alle die Entwicklungsphasen durchläuft, welche sie in der postembryonalen Entwicklung durchmacht; da mir eigene Beobachtungen über die pathologische Neurogliabildung fehlen, so muss ich mich mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer solchen Bedeutung der gliogenetischen Zellen begnügen. Man kann nicht mit Stillschweigen die Theorie von Alz- heimer übergehen, der den fortsatzlosen Gliazellen der Gehirn- rinde die Fähigkeit zur Regeneration, zur Umwandlung in jugendliche Astrocyten der Neuroglia zuschreibt. Im normalen Gehirn kann man irgendwelche Übergangsformen zwischen den fortsatzlosen und gliogenetischen Zellen nicht konstatieren, und es gibt keine Merkmale, die den Schluss zuliessen, dass das Protoplasma der fortsatzlosen „Kerne“ fähig sei zum Wachstum. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 39 592 W. Rubaschkin: zur Produktion von Protoplasmafortsätzen, zur Neubildung von grossen, körnigen, mit Fortsätzen versehenen Zellen. Alle fortsatzlosen Zellen haben nur sehr wenig Protoplasma. Es ist möglich. dass Alzheimer in Vermehrung begriffene glio- genetische Zellen sah, als deren Quelle er die fortsatzlosen „Kerne“ ansprach. Auf welche Weise geht nun die Neubildung von freien Gliafasern vor sich? Es ist schwer, eine positive Antwort auf diese Frage zu geben, da es nicht gelingen will, alle Phasen der Loslösung der Fortsätze vom Körper der Gliazelle zu verfolgen. Gewisse Hinweise darauf kann man in denjenigen Fortsätzen der Übergangszellformen finden, in denen man ihre Zusammen- setzung aus feinen Fibrillen nachweisen kann, welche sich ebenso wie die Gliafasern färben. Anscheinend verlieren viele von diesen Fibrillen in der Folge den Zusammenhang mit der Glia- zelle, da man im entgegengesetzten Falle wenigstens bei einigen ausgewachsenen Zellen ganze Bündel von feinen fibrillären Fort- sätzen finden müsste. In der Tat ist dies nicht der Fall, und die Fortsätze der Astrocyten der spätern Stadien wie auch die Astrocyten des Endtypus haben immer die Form von einzelnen fibrillenähnlichen Fasern. In Bündeln gehen sie von den Zellen nicht ab. Auf welche Weise wird nun der Zusammenhang aufgehoben, und namentlich, wie entstehen aus den körnigen Fortsätzen der gliogenetischen Zellen feine Fibrillen? — diese Fragen muss ich gegenwärtig unentschieden lassen. Verhältnis der Neuroglia zu den Gefässen. (Tafel XXXII, Figur 8, 9). Fast alle Neurogliaforscher haben mehr oder weniger genau die Frage über das Verhältnis der Elemente derselben zu den Blutgefässen behandelt, und gegenwärtig gilt die Vereinigung der Fortsätze der Astrocyten mit den Gefässwandungen als Tatsache. Frommann, Butzke, Kiaschenko konstatierten zuerst an Isolierpräparaten und an Schnitten feine, fadenförmige Fort- sätze der Adventitia der Gehirngefässe, welche sich in dem das Gehirn umgebenden Gewebe verlieren. Roth gelang es zum erstenmal, an Isolierpräparaten den Zusammenhang dieser Fort- Studien über Neuroglia. 593 sätze mit den Gliazellen zu beobachten — eine Tatsache, die bald darauf von Boll und Riedel bestätigt wurde. Letzterer sah an Schnitten deutlich, wie die Fortsätze der Gliazellen auf der Adventitia der Gefässe mit dreieckigen Füsschen endigen. Darauf bestätigten Jastrowitz,. Buchholz, Gierke, Petrone, Key und Retzius diese Beobachtungen, und Golgi, Lenhossek, Retzius, Ramon y Cajal, Lawdowsky, Sala y Pons, Martinotti und viele andere bewiesen mittels Schwarzfärbung die Beständigkeit dieses Faktums. Weigert weist in den Fällen, wo es ihm gelang, Astrocyten (Monstrezellen bei progressiver Paralyse) zu beobachten, auf die Tendenz ihrer Fortsätze hin, sich mit Gefässwandungen (aber immer ohne Konus) zu vereinigen. In letzter Zeit sahen Pelligi, Störch, Babes, Law- dowsky, Hinzinsky und viele andere auf Präparaten, die nach Mallory, Weigert und anderen Methoden angefertigt waren, in vielen Fällen des Bestehens von Astrocyten -einen Zusammenhang zwischen ihren Fortsätzen und den Gefäss- wandungen. Es werden sich wenige Autoren finden, die irgend eine Beziehung der Neurogliaelemente zu den Gefässwandungen voll- ständig in Abrede stellen wollten (Kultschizky, Popoff und andere). Zwischen den Neurogliaelementen und den Blutgefässen kann eine doppelte Beziehung unterschieden werden. In den einen Fällen umgeben die Gliafasern das Gefäss und spielen die passive Rolle einer Gliascheide des Gefässes, in den anderen besteht unstreitig ein Zusammenhang zwischen den Forsätzen der Astrocyten und der Gefässwandung, dem augenscheinlich eine aktive physiologische Bedeutung zukommt. Mit L. Andriezen kann man an jedem Gefäss longitudinale, zirkuläre und schräge Fasern unterscheiden, welche die gliöse Adventitia bilden. In dem Maß, als das Gefäss sich verjüngt, nehmen die Fasern, namentlich die longitudinalen, welche in massiven Strängen die grösseren Gefässe umgeben, an Menge ab. Die kleinsten arteriellen und venösen Zweige sind nur von einem feinen unregelmässigen Netz von Gliafasern ohne bestimmte Anordnung umgeben. Bei den Kapillaren fehlen ähnliche Geflechte vollständig. Diese Fasern, diese gliöse Adventitia, erscheint gleich der grössten 39* 594 W. Rubaschkin: Menge der Neuroglia als passives Gewebe und spielt augenscheinlich dieselbe Rolle wie die adventitiellen Gefässscheiden anderer Körperteile überhaupt. Andere, intimere Beziehungen bestehen zwischen den Neuroglia-Astrocyten und den kleinen Gefässen, besonders den Kapillaren. Wie Taf. XXXI, Fig. 8, 9 zeigen, kann man zwei Arten der Vereinigung der Gliazellen mit der Gefässwandung konstatieren. Im ersten Falle geben die Gliazellen lange Fortsätze ab, welche die Gefässwandungen erreichen und hier mit dreieckigen Füsschen endigen, welche von Riedel und darauf von Golgi beschrieben worden waren. Diese Fortsätze endigen in den perivaskulären Zwischenräumen in der nächsten Nachbarschaft mit der Gefässwandung und dringen in die Wandung selbst zwischen ihre Elemente nicht ein. Nicht selten sieht man, dass zur Gefässwandung von allen Seiten Astrocytenfortsätze heranziehen und sich mit derselben durch gleiche Verdickungen vereinigen. - Eine andere Art von Beziehung der Astrocyten ist diejenige, welche die Forscher nicht selten veranlasst, die Herkunft der Gliazellen von Astrocyten abzuleiten. In der Tat kann man be den gewöhnlichen Färbungsmethoden auf den Gefässkapillaren reihenweise kleine Zellen sehen, welche man leicht für mono- nukleäre Leukozyten halten kann, doch erweist es sich bei spezieller Färbung, dass es sich um echte Astrocyten meist von ausgewachsenem Typus handelt. Sie liegen reihenweise an der Oberfläche der Gefässwandung und geben nach allen Seiten lange Fortsätze ab. Durch ihre Körper bilden sie gleichsam eine zellige Scheide um das Gefäss; ob aber in der Tat hier eine engere Beziehung zur Gefässwandung vorliegt, oder ob dieses Anliegen irgend eine andere besondere Bedeutung hat, ist mir unbekannt; doch ist eine solche Anordnung der Zellen keine zufällige Er- scheinung, denn man beobachtet auf fast jedem Längsschnitt durch das Gefäss — namentlich in der weissen Substanz — reihen- weise diese Zellen in der ganzen zuweilen sehr grossen Aus- dehnung der feinen Kapillare. Welche Bedeutung der konstant und mittels verschiedener Methoden konstatierte Zusammenhang der Astrocytenfortsätze mit der Gefässwandung hat, ist schwer zu beurteilen: Die Hypothese von Frommann, Riscioli, Lawdowsky und Babes über das Bestehen von Kanälchen in den Gliazellfortsätzen erklärt am Studien über Neuroglia. 595 deutlichsten einen solchen Zusammenhang, doch das Bestehen dieser Kapillarlumina selbst ist durchaus nicht bewiesen. Ich habe auch den Versuch gemacht, diese Frage zu lösen und habe verschiedene Injektionen in die Blutgefässe ausgeführt, doch gelang mir nicht, einen unstreitigen Beweis für die Möglichkeit des Überganges von Flüssigkeit aus den Gefässlumina in die Gliazellfortsätze zu gewinnen. In einigen Fällen gewann man den Eindruck, dass die injizierte Flüssigkeit aus dem Gefässlumen austritt und sich ziemlich gleichmässig im umliegenden Gewebe verteilt, doch lässt sich ein Übergang derselben in die Gliafasern nicht beobachten, und umsoeher fehlt dieselbe in den Neurogliazellen. Es bleibt nur übrig, nochmals die Tatsache zu betonen, dass die Gliazellen, namentlich vom Typus der Astrocyten, in sehr enger, wenn auch noch wenig erforschter Beziehung zu den Blutgefässen stehen, und dass das Gliagewebe an den Ernährungs- vorgängen im Gehirn beteiligt sein muss; ob sich dies aber durch Veränderung des Füllungszustandes der Gefässe äussert, wie R. y Cajal annahm, oder durch Fortbewegung von Nahrungs- säften, wie Lawdowsky zugab, oder durch Fortleitung des Nährmaterials von den Gefässen und perivaskulären Interstitien mittels Lebenstätigkeit des Protoplasmas der Gliazellen — dies ist vollständig unbekannt. Das Verhältnis der Neuroglia zu den Nervenzellen und -Fasern. Man kann wohl sagen, dass erst seit der Zeit, als es gelungen war, durch Einführung der Schwarzfärbungsmethode in die histo- logische Technik deutliche und instruktive Bilder der Nerven- und Gliazellen zu gewinnen, ein mehr oder weniger genaues Studium ihrer gegenseitigen Beziehungen begann. Die älteren Forscher (Frommann, Deiters, Boll) berührten diese Frage entweder überhaupt nicht oder erklärten sie auf durchaus irr- tümliche Weise, indem sie nicht nur einen engen Zusammenhang zwischen den Glia- und Nervenzellen, sondern selbst die Um- wandlung der einen in die andern annahmen (Besser, Arndt, (Golgi äusserte auch anfangs die Ansicht, dass Glia- und Nerven- zellen sich miteinander vermittels der letzten Äste ihrer Fort- sätze vereinigten, eine Ansicht, welche von den ersten Autoren, 596 W. Rubaschkin: die sich dieser Methodik bedient haben (Martinotti, La- housse u. a.) unterstützt wurde. Nansen, Lawdowsky, Ramon y Cajal, Kölliker und viele andere wiesen die Irrtümlichkeit dieser Beobachtungen nach, und Golgi selbst gab in der Folge diese Lehre auf. In der Tat sind weder auf den nach Golgi imprägnierten Präparaten noch auf den nach der Methode der Gliafärbung angefertigten Präparaten jemals ähnliche Beziehungen zu sehen; wie nahe sie auch aneinander gelegen sind, enge Beziehungen bestehen zwischen ihnen nicht. Weder die Fasern noch die Fort- sätze der Gliazellen wandeln sich um oder anastomosieren oder gehen eine Kontaktverbindung ein mit den Endverästelungen der Nervenzellenfortsätze. In der jüngsten Zeit haben Golgi, Apathy und Bethe das Bestehen von besonderen Netzen von sehr zartem proto- plasmatischem Charakter rings um die Nervenzellen nachgewiesen, welche sowohl den Nervenzellenleib als auch die Anfangsteile ihrer Fortsätze umspinnen. Diese Netze — die sogenannten perizellu- lären Netze von Golgi — wurden bald zum indifferenten Glia- gewebe (Apathy), bald zu den den Primitivfibrillen der Nerven- zellen analogen Gebilden gerechnet. Auf den nach der Gliafärbungsmethode gefärbten Präparaten, wo nur die Gliaelemente dargestellt sind, gibt es solche Netze nicht, und man kann behaupten, dass diese Netze, wenn sie nicht künstlich gebildet sind, nicht aus Gliaelementen bestehen. Grössere Beachtung verdient das Faktum, welches Marti- notti sicher festgestellt hat, dass rings um die Nervenzellen des Rückenmarks Geflechte bestehen, welche auf Pepsin und Trypsin nicht reagieren, also mit anderen Worten, die Eigenschaften der Glia, sogenannten Keratincharakter zeigen. Diese Geflechte sind nun an einigen Zellen beständig, namentlich an den grossen Ganglienzellen der Vorderhörner, in den grauen Kernen der Medulla oblongata usw. Die Nerven- zellen erscheinen von einem mehr oder weniger dichten Geflecht von Gliafasern umringt, welche die Nervenzellen von allen Seiten umspinnen, indem sie für dieselben gleichsam eine gliöse Kapsel, eine Scheide aus Gliafasern bilden. Niemals aber kommt es vor, dass diese Fasern im Zusammenhang ständen mit dem Nerven- zellenkörper, wie dies Rohde annimmt; nach demselben dringen: Studien über Neuroglia. 597 die Gliafasern bei den niedern Tieren in die Ganglienzellen ein und verschmelzen mit ihrem Spongioplasma. Rohde beschreibt sogar das Eindringen von einzelnen Gliazellen in die peripheren Teile des Körpers der Nervenzellen. Die gliösen pericellulären Geflechte spielen nur die Rolle eines Schutz- oder vielleicht Isolier-Apparates für die Nerven- zellen in ihrer ganzen Ausdehnung und stehen in gar keiner Beziehung zu den durch deren Körper verlaufenden Nerven- fibrillen. Ähnliche Geflechte von Gliafasern umgeben auch die Fort- sätze der Nervenzellen, und an den Anfangsteilen der Achsen- zylinder und Dendriten kann man ebensolche Gliakapseln wie an den Zellen sehen. In dem Maß, als die Zellfortsätze sich teilen, werden die Geflechte weniger dicht, umgeben die Fortsätze nicht mehr von allen Seiten in Form einer Kapsel; die Äste der Fort- sätze werden nur geteilt durch die zwischen denselben ein- dringenden Gliafasern, die keine speziellen Geflechte bilden. Gebildet werden diese Geflechte fast ausschliesslich durch freie Gliafasern. Ausser diesen Kapseln liegen noch in einigen Nervenzellen in Vertiefungen, Buchten, fortsatzlose Gliazellen, die sogenannten Trabantzellen von Ramon y Cajal. Besonders häufig kommen sie in den Rindenpyramidenzellen, in den Purkinje’schen Zellen des Kleinhirnes, in den Zellen des Ammonshornes vor. Besondere Bedeutung kommt ihnen nicht zu, und ihre benachbarte Lage scheint zufälliger Natur zu sein. Gleich den Nervenzellen und ihren Fortsätzen haben auch die Myelinfasern des Gehirns Gliascheiden. Jede Myelinfaser ist von allen Seiten von einem dichten Geflecht von Gliafasern umgeben, von denen einige longitudinal, die andern zirkulär und schräg verlaufen. Diese Gliascheiden dienen augenscheinlich als Ersatz für die fehlende Schwann’sche Scheide der myelinhaltigen Fasern der Nervenzentren und trennen die benachbarten Fasern von- einander. Nicht nur im Gehirn, in der grauen und weissen Substanz desselben, sind die myelinhaltigen Fasern mit solchen Geflechten von Gliafasern versehen, sondern letztere setzen sich auch auf die Anfangsteile der Nervenstämme fort, welche aus dem Gehirn 598 W. Rubaschkin: heraustreten; im Nervus opticus und olfactorius sind in ihrer ganzen Ausdehnung recht zahlreiche Gliaelemente vorhanden. In den vorderen und hinteren Rückenmarkswurzeln kann man bis zu einer bestimmten Entfernung von ihrer Austritts- stelle dasselbe Gliagewebe wie in der weissen Substanz beobachten. Hier kann man auch in grosser Zahl Astrocyten und fortsatz- lose Zellen konstatieren. Wie weit in diesen Rückenmarks- wurzeln die Gliafasern reichen, ist schwer zu bestimmen, da die Gliafärbung in den Nervenstämmen nur sehr schwer haftet, und die Gliafasern ihre Färbung bei der Differenzierung sehr leicht verlieren. Anscheinend verschwinden sie vor dem Eintritt der Rückenmarksnerven. in die Ganglia intervertebralia. Im Nervus opticus und olfactorius sind die Gliageflechte besonders stark entwickelt und existieren in der ganzen Aus- dehnung der Nerven. Der Nervus opticus ist sowohl in der Gegend des Tractus opticus als auch in der Gegend des Chiasmas und seines peripheren Teils reichlich mit Gliaelementen versehen Nervenfasersysteme voneinander trennen. An der Peripherie der Nerven besteht eine besonders dichte Gliaanhäufung, welche der subpialen Schicht des Rückenmarks und Gehirns analog ist; in des Gegend des Chiasmas ist diese Schicht besonders scharf ausgeprägt. Jede einzelne Faser wird ihrerseits von longitudinalen, zirkulären und schrägen Fibrillen umsponnen. Wie bereits Muchel, L. Sala, Ramon y Cajal, Greeff und Dogiel ausgesprochen haben, kommen im Nervus opticus, Chiasma, Tractus opticus nicht wenig Gliazellen vor, doch gehören die meisten zu den fortsatzlosen Typen, und Astrocyten bilden eine Ausnahme. Viel häufiger werden sie beobachtet beim Über- gang der Sehnerven in die Retina, in die Papilla nervi optici, wo sie ohne Mühe mit den gewöhnlichsten Methoden, z. B. mittels Thionin, Toluidinblau etc., dargestellt werden können; dieselben tragen denselben Charakter wie die Astrocyten des ausge- wachsenen Gehirns. Der Nervus olfactorius ist ebenfalls reich an Glia- elementen, welche dieselben Beziehungen und Eigentümlichkeiten zeigen wie im Nervus opticus. Gliazellen kommen in grosser Anzahl vor. Studien über Neuroglia. 599 In den andern Gehirnnerven gelang es mir, Gliafasern nur in ihren Anfangsteilen nahe der Austrittsstelle zu sehen. Die Frage über die Beziehung der Neuroglia zu den mark- haltigen Nerven steht im Zusammenhang mit der Lehre über die Struktur des Gerüstes der Markscheide. Seit Ewald und Kühne begann man von einem Keratingerüst der markhaltigen Nerven, der Hornspongiosa der Nervenzentren zu sprechen. Viele verschiedene Ansichten wurden über das Wesen der Ewald-Kühne’schen Netze aus Myelinsubstanz geäussert: bald rechnete man sie zu den Kunstprodukten, bald hielt man sie für präformierte Bildungen, die der normalen lebenden Nervenfaser (Golgi, Rezzonico etc.) eigen sind, doch kann diese Frage auch gegenwärtig noch nicht als gelöst gelten. Merkwürdig leicht und konstant lassen sich diese Netze von Ewald und Kühne auf Präparaten konstatieren, die nach Kronthal angefertigt, nach der Gliafärbungsmethode fixiert und mit Hämatoxylin nach Pal bearbeitet sind, und stellen sich ganz so dar wie nach der Bearbeitung mit Alkohol, Chloroform usw.; man kann mit andern Worten diese Netze nicht, wie dies Morochowez getan hat, ausschliesslich auf die Wirkung des Spiritus, Chloroforms etc. zurückführen, da sie unverändert auch mittels ganz anderer Methoden dargestellt werden können. Auf die Analyse der Frage hinsichtlich der Präformierung der Ewald-Kühne’schen Netze kann ich hier nicht eingehen und will mich nur auf den Hinweis beschränken, dass, welches auch ihre Bestimmung und ihre Natur sein mag, sie den Gliaelementen des Gehirns nicht analog sind, dass sie zu ihnen in keiner Beziehung stehen und augenschein- lich eine ganz andere chemische Struktur haben. In der Tat gelingt es nicht, Gliafasern mit den Methoden darzustellen, mit denen sich die Ewald-Kühne’schen Netze so leicht färben lassen, und umgekehrt: die Färbung der Gliafasern werden nicht begleitet von Färbung der Myelinfasernetze. Auf den nach der Gliafärbungsmethode gefärbten Präparaten bleiben die Ewald- Kühne’schen Netze bei vollständiger Färbung der Gliafasern ganz farblos, obgleich sie daselbst vorhanden sind, wie starke Vergrösserungen und Färbung derselben Präparate nach Pal zeigen. 600 W. Rubaschkin: Niemals lässt es sich beobachten, dass Gliafasern in die Myelinsubstanz eindrängen, wie dies Paladino annahm, auch nehmen sie nicht teil an der Bildung ihres Gerüstes. Diese Bildungen — Glia und Myelinsubstanz- netze — sind durchaus verschieden voneinander und stehen in keinerlei Beziehungen zueinander. Der allgemeine Charakter der Anordnung der Neuroglia im Gehirn. In allen Abteilungen des Rückenmarks und Gehirns ist das Gliagewebe nach dem gleichen Typus angeordnet, und die Ver- schiedenheiten berühren nur die grössere oder geringere Dich- tigkeit ihrer Anordnung. Überall bilden ihre Hauptmasse freie Fasern und zum Teil die Fortsätze verschiedener Astrocyten. Überall bewahrt die Neuroglia dieselben Beziehungen zu den nervösen Elementen, den Gefässen, der Pia mater usw., und nur das Ependymgebiet der Ventrikel, des Zentralkanals und des Ventric. terminalis zeigen eine etwas andere Struktur. Überall, wo sich Hirnsubstanz mit der Pia mater berührt, besteht in den peripheren Teilen jeder Gehirnabteilung ein dichtes (Geflecht von Gliafasern, welches die schon seit Gierke bekannte Gliahülle (Rindenschicht, subpiale Schicht anderer Autoren) bildet. Diese Gliahülle, welche man besser subpiale Gliaschicht nennt, umgibt die Gehirnoberfläche, dringt in alle ihre Ver- tiefungen und Furchen ein und trennt das Gehirn von der Pia mater. Letztere nimmt gar keinen Anteil an der Bildung des (Gehirnstromas mit Ausnahme einiger weniger Fasern, welche die Gefässe begleiten. Wie schon Gierke gezeigt hat, können aus der Gliahülle Astrocyten isoliert werden, deren Fortsätze zum Teil in radiärer Richtung in die nahegelegenen Teile der Gehirnsubstanz ein- dringen, zum Teil in tangentialer Richtung zur Gehirnoberfläche verlaufen. Fbensolche Zellen ergibt auch die Golgi’sche Methode und meine Untersuchungsmethode der Neuroglia. Diese Astrocyten mit sehr langen radiären Fortsätzen, Ureidecyten nach Retzius, sind besonders anschaulich in der subpialen Schicht der Hemisphärenrinde (Taf. XXXIL, Fig. 14). Die subpiale Schicht besteht aus einem dichten Geflecht von Fasern, welche zum Teil Fortsätze der Astrocyten, zum Teil freie Gliafasern sind. Studien über Neuroglia. 601 Die Gliatasern der subpialen Schicht verlaufen in mehreren Richtungen ; entsprechend kann man auch mehrere Schichten in diesem Gebiet unterscheiden; als Illustration dient die Darstellung der subpialen Schicht der Medulla oblongata. (Taf. XXXII Fig. 13). Der innere Teil der subpialen Schicht bildet eine unmittel- bare Fortsetzung des Gliagewebes der tiefer gelegenen Gehirn- abteilung und unterscheidet sich nicht von ihr in ihrer Struktur. Sie verschmilzt bald mit der Neuroglia der grauen Substanz (Rinde, Kleinhirn ete.), bald geht sie in gliöse Septa zwischen den nervösen Fasern der weissen Substanz (Medulla spinalis, oblongata etc.) über. Zwischen den Fasern sind Zellen ein- gestreut, meistens fortsatzlose „Gliakerne“, zum Teil Astrocyten. Die Gliafasern verlaufen hier hauptsächlich zirkulär, aber ein bestimmter Teil derselben verläuft, wie auch in den andern Gehirnabteilungen in longitudinaler, schräger oder einer andern Richtung. Über dieser Schicht verlaufen ziemlich stark entwickelte Bündel von Fasern entgegengesetzter Richtung. Auf den Quer- schnitten der Medulla spinalis und oblongata erscheinen sie als Punkte, Körnchen; in der Rinde können sie je nach der Schnitt- richtung die Form von Körnern, schrägdurchschnittenen und parallel der Gehirnoberfläche verlaufenden Fasern haben. Sie bilden eine ziemlich dichte und breite Schicht, namentlich in der Medulla spinalis und oblongata. Zellige Elemente kommen hier fast nicht vor. Der am oberflächlichsten gelegene Teil der subpialen Schicht besteht aus einzelnen wenigen Radiärfasern. Sie haben ihren Ursprung tief in der Gehirnsubstanz, verlaufen in radiärer Richtung durch alle Teile der subpialen Schicht und endigen unmittelbar an der Oberfläche des Gehirns mit dreieckigen Ver- diekungen, wie dies bereits viele male von mir hinsichtlich der Ependymzellen des embryonalen Gehirns beschrieben worden ist. Somit entsteht zwischen der Gehirnoberfläche und den tiefer gelegenen Bündeln der Gliafasern ein ganzes System von Spalt- räumen, die durch diese Radiärfasern voneinander getrennt sind. Diese freien Zwischenräume sind nur von Gewebs-, resp. Cerebro- spinal-Flüssigkeit ausgefüllt. Zellen und auch Fasern irgend einer andern Richtung gibt es in diesem lakunären Bezirk der subpialen Schicht nicht. Was die Herkunft dieser Radiärfasern anlangt, so 602 W. Rubaschkin: kann man jedenfalls von einem bestimmten Teil derselben behaupten, dass sie Fortsätze von Neuroglia-Astrocyten sind. Ob alle diese Fasern den gleichen Ursprung haben, oder ob die freien Glia- fasern mit solchen scheibenförmigen Erweiterungen endigen, ver- mag ich nicht zu entscheiden. In dieser Gestalt ist die subpiale Schicht in allen Teilen des Gehirns und Rückenmarks beschaffen und isoliert sie von der Pia mater. Auf der Grenze der weissen und grauen Substanz bildet sich eine mehr oder weniger scharf ausgeprägte Anhäufung von Glia- fibrillen; hier umfassen die Faserbündel der Glia die graue Substanz gleich einem Ringe, indem sie den Windungen dieser folgen und eine grosse Anzahl von Fibrillen in die benachbarten Teile des Gehirns senden. Unter den Zellen dieser Schicht findet man nicht wenig sternförmige, deren Fortsätze teils in die weisse Substanz ein- dringen, teils sich mit den Fibrillen der die graue Substanz umfassenden Schicht verbinden. In der weissen Substanz ist das Gliagewebe mehr oder weniger gleichmässig verteilt. Einerseits verbinden sich die Gliafibrillen zu Bündeln und trennen grosse Gruppen von _ Nervenfasern voneinander, andererseits zerfallen sie in einzelne Fäden und umflechten die einzelnen Nervenfasern. Dort, wo die weisse Substanz eine subpiale Schicht enthält (Rücken- mark, Medulla oblongata etc.), dringen von letzterer mehr oder weniger dicke Gliafasernbündel in die weisse Substanz und zer- fallen zwischen den Marknerven allmählich in einzelne Fibrillen. Die verschiedenartigen Zellen sind gleichmässig über die ganze weisse Substanz verteilt und bloss die hinteren Säulen des Rücken- marks sind besonders reich an Astrocyten des Endtypus. An den Stellen, wo sich die Nervenfasern aufhäufen (Commissura Medullae spinalis, Medullae oblongatae, Decussatio pyramidum, Corpus callosum ete.) sind Gliafasern besonders dicht verteilt (Taf. XXXIV, Fig. 5). In der grauen Substanz verteilt sich die Glia nicht so gleichmässig und bildet an bestimmten Stellen besonders dichte Anhäufungen. Die Kerne der grauen Substanz sind sehr reich an Gliaelementen. So ist ihre Verteilung besonders dicht in den Kernen der Vorderhörner der Medulla spinalis, in den grauen Kernen der Medulla oblongata, um die grossen Zellen des Cornu Ammonis herum ete. (Taf. XXXII, Fig. 10). Besonders reichlich ist die Anhäufung der Glia in den Oliven der Medulla oblongata Studien über Neuroglia. 603 (Taf. XXXLH, Fig. 12), wo die Gliafibrillen äusserst dichte Ge- flechte bilden. In den übrigen Bezirken der grauen Substanz sind die Zellen und Fasern der Glia gleichmässig verteilt mit Ausnahme der überaus dichten Anhäufungen um den zentralen Kanal und um die Höhlen des Gehirns — das Ependym, wovon im nächsten Kapitel die Rede sein wird. Ich beabsichtige nicht, ausführlicher auf die topographischen Eigentümlichkeiten der Glia einzugehen und berufe mich auf die Monographie Weigerts, die eine sehr genaue Beschreibung der Glia in den verschiedenen Teilen des Gehirns und Rückenmarks und viele vorzügliche Abbildungen enthält. Das bisher Gesagte kurz zusammenfassend, kommt man zu folgenden Schlüssen: 1. Die Neuroglia besteht aus Fasern und verschiedenartigen Zellen, die miteinander genetisch verbunden sind. 2. Die jüngsten — gliogenetischen Zellen — zeichnen sich durch ihre Grösse, ihren granulierten Zellleib und ihre granulierten Fortsätze aus. 3. Die gliogenetischen Zellen sind der Ursprung aller übrigen Elemente der Neuroglia und bilden durch Metamorphose ihrer Fortsätze und ihres Protoplasma sowohl verschiedene Zellen der Neuroglia, als auch deren Fortsätze. 4. Die nächsten Produkte der gliogenetischen Zellen sind die Sternzellen, bei denen ein Teil der Fortsätze einer Differen- zierung unterworfen war, während die übrigen Fortsätze und die Zelle selbst den früheren feinkörnigen Bau bei- behalten; späterhin unterwerfen sich auch die übrigen Fort- sätze derselben Metamorphose, die sich auch auf die Peripherie des Protoplasma erstreckt. 5. Die differenzierten Fortsätze nehmen den Charakter von Gliafibrillen an. 6. Es liegt Grund vor, anzunehmen, dass aus einem Fort- satz einer gliogenetischen Zelle sich mehrere Gliafasern bilden, von denen einige mit der Zelle in Verbindung bleiben, während andere sich als freie Fibrillen von ihr abtrennen. 604 W. Rubaschkin: . Die Endstation der glialen Metamorphose sind Zellen ohne Fortsätze und Astrocyten des Endtypus, welche scheinbar immer sternförmig bleiben. S. Der Zellleib vieler ausgewachsener Sternzellen, besonders aber der Astrocyten des Endtypus mit kammförmigen Erhabenheiten versehen, die sich färberisch ebenso ver- halten, wie die Gliafibrillen. 9. Um die Gefässe bilden die Gliafasern mehr oder weniger dichte Geflechte — in der Art einer Gliaadventitia. 10. Die Sternzellen der Neuroglia verhalten sich zu den Ge- fässen auf zweifache Weise: entweder verbinden sie sich mit der Wand des Gefässes mittels flacher dreieckiger Erweiterungen, oder sie grenzen an die Oberfläche des (sefässes. 11. Die Gliafibrillen und Fortsätze der Sternzellen bilden um die Nervenzellen und Fasern mehr oder weniger dichte Geflechte — Gliakapseln — jedoch dringen sie weder in das Innere der Nervenzellen noch in das Innere des Myelin ein. 12. Besonders reich an Glia sind d. N. opticus, Chiasma, Tractus opticus, N. olfactorius. Die Wurzeln der Spinalnerven sind auf eine bestimmte Strecke mit Gliafasern versehen. Der Bau und die Zusammensetzung des Ependyms. Allgemeines. Welchem Teil des Gehirns das Ependym auch immer an- gehörte, überall ist seine Oberfläche mit Epithelzellen bedeckt. Wenigstens habe ich nie bei Tieren Gelegenheit gehabt Er- scheinungen von Atrophie der Ependymzellen oder Bildung von Epithelplättchen zu beobachten, wie sie Weigert im Gehirn des Menschen beschrieben hat. Seit den ersten Beschreibungen der Fpithelzellen des Ependyms von Purkinje und Valentin war die Existenz von Wimpern auf ihrer Basaloberfläche bekannt. Kölliker, Reissner, Leydig, Renaut, His, Retzius bestätigten diese Beobachtungen auch in Bezug auf den Menschen und verschiedene Tiere. Dessenungeachtet ist die Frage, ob diese Wimpern flimmern können, unentschieden. Lenhossek hält sie für Stifte, analog denen, wie man sie bei Geruchs- und Geschmacks- Studien über Neuroglia. 605 zellen etc. sieht; Fuchs schreibt die Ependymzellen den Wimperzellen zu, wie sie im Vas deferens vorkommen. Indem ich die Frage über die Flimmerung der Wimpern der Epithelzellen des Ependyms im Voraus nicht löse, weise ich, im Gegensatz zu Fuchs, daraufhin, dass sie in Bezug auf ihren Bau vollkommen mit den Zellen des Flimmerepithels anderer Körperteile übereinstimmen. Auf Präparaten, die nach der neuen Methode verfertigt sind, sieht man deutlich, dass die Ober- fläche der Epithelzellen aus Basalkörperchen besteht, die sich in einer Reihe um die Wurzeln der Wimpern gruppieren. Sowohl auf den Längsdurchschnitten der Zellen, als auch bei der Betrachtung ihrer Basaloberfläche en face, erscheint letztere immer mit einer Menge von Punkten, Körnchen besät, deren Anzahl, auch nach Beobachtungen von Studnicka mit der Zahl der Wimpern übereinstimmt. Derartige Körnchen, auf die schon Stilling im Jahre 1859 hingewiesen, sah auch in neuster Zeit Weigert, schrieb aber ihnen nur die Bedeutung von Cutieulärbildungen zu, die in gar keiner Beziehung zu den Wimpern stehen. Die Epithelzelle des Ependyms trägt nicht ein Härchen, wie es Prenant beschreibt, sondern mehrere, die nur bei der Bearbeitung zu- sammenkleben und dann wie konische Vorsprünge aussehen; es fällt nicht schwer, sich zu überzeugen dass diese Vorsprünge aus einem Komplex einzelner Wimpern besteht. Andererseits bei einer günstigen Fixierung verteilen sich die Wimpern, gleich Borsten, wie man dies gewöhnlich bei isolierten Flimmerzellen in anderen Teilen des Körpers sieht (Taf. XXXII, Fig. 1—6). Was nun die Verbreitung dieses Flimmerepithels anbetriftt, so kann man seine Existenz in allen Teilen des Ependyms kon- statieren. Wenigstens ist bei Tieren jede Epithelzelle immer mit einer grösseren oder kleineren Anzahl von Härchen bedeckt. Die Flimmerhärchen erhalten sich, wenigstens bei den Tieren, fürs ganze Leben. Bei alten Katzen sind die Ependymzellen ebenfalls mit Wimpern versehen, so wie auch bei jungen Tieren. In wie weit dieses sich auf den Menschen bezieht, kann ich nicht sagen, ich weise nur darauf hin, dass Studnicka sehr beweis- kräftige Abbildungen vom Flimmerepithel im menschlichen Gehirn vorgewiesen hat. 606 W. Rubaschkin: Die Fortsätze der Zellen im Ependymepithel. Wie die Erforschung des Gehirns nach der neuen Methode es zeigt, sind die Ependymzellen des erwachsenen Gehirns mit Fortsätzen versehen, die bedeutend stärker entwickelt sind, als man es im allgemeinen annahm. In den verschiedenen Teilen des Gehirns kann man gleich deutlich den unmittelbaren Zusammenhang der Ependymzellen mit den Radiärfasern nachweisen. Gewöhnlich wird der Zellleib der Ependymzelle bedeutend schwächer gefärbt, als die Gliafasern und scheint in Fällen besonders schwacher Färbung respective starker Entfärbung voll- kommen von den naheliegenden Gliafibrillen getrennt zu sein. Aber die stärkere Färbung zeigt deutlich, dass eine grosse Anzahl Fibrillen, besonders die Fibrillen der Radiärrichtung wirklich Fortsätze der Epithelzellen sind. Wie die Zeichnungen zeigen, verengert sich der Zellleib der Epithelzelle in einen konischen Vorsprung zur Peripherie hin. In einiger Entfernung von der Zelle verengert sich der konische Vorsprung plötzlich, nimmt eine intensivere Färbung an und geht in eine feine Faser über, die den übrigen Gliafasern gleicht. Wir haben hier nicht eine einfache Anlegung der freien Fibrillen an den Zellleib, wie Weigert es meint, sondern es sind wirkliche Ependymfasern — Fortsätze der Epithelzellen, die mit der Zelle zu einem Ganzen verbunden sind. Die Zeichnungen können diese Ver- hältnisse besser als Worte erklären. Es ist schwer zu sagen, wie weit die mit Fortsätzen ver- sehenen Ependymzellen in dem erwachsenen Gehirn verbreitet sind. Es scheint, dass ein bestimmter Teil derselben keine Fort- sätze hat, bei vielen jedoch ist ihr Vorhandensein unzweifelhaft. Was ihre Länge bei den verschiedenen Zellen anbetrifft, so zeigen sich hier verschiedene Schwankungen, auf welche zum Teil schon bei der speziellen Beschreibung der verschiedenen Teile des Ependyms hingewiesen worden ist. Nicht selten kommt es vor, dass an einem und demselben Teile einige Zellen mit sehr langen Fortsätzen versehen sind, andere dagegen mit äusserst kurzen. Die Fortsätze erreichen ihre grösste Länge dort, wo sich die massiven Scheidewände der Glia bilden (die hintere Furche des Rückenmarks (Taf. XXXIV, Fig. 1) die Commissur der medulla Studien über Neuroglia. 607 oblongata (Taf. XXXIV, Fig.5) der Vierhügel (Taf. XXXIV, Fig. 6) usw.) und in einzelnen bestimmten Teilen des Gehirns (Infundibulum, Taf. XXXV, Fig. 4, Ventriculus terminalis Taf. XXXIII, Fig. 11). Hier kann man sie sehr weit, oft bis zur Peripherie des Gehirns verfolgen. Schon v. Gehuchten, der die Ependymzellen der Embryonen mit den stationären Radiärfasern der niederen Tiere verglich, stellte das Faktum fest, dass erstere immer letztere an Dicke der Fortsätze, Reichtum an Seitenzweigen usw. übertreffen. Retzius, Aichel und viele andere haben auf denselben Unter- schied bei den verschiedenen Tieren hingewiesen. Ebenso sind bei den warmblütigen Tieren die Fortsätze der Ependymzellen des ausgewachsenen Gehirns nicht identisch mit den primären Radiärfasern des Gehirns der Embryonen. Schon die Methode G olgis zeigt diese Unterschiede. Die stationären Ependymfasern z. B. in der hinteren Spalte des Gehirns, zeigen sich immer als feine, glatte Fibrillen, ohne Seitenzweige, und unterscheiden sich nicht von den Gliafasern und den Fortsätzen der Astrocyten der Neuroglia. Im Gegenteil sind die Fortsätze der Ependymzellen bei den Embryonen mit einer grösseren oder geringeren Anzahl von Seitenzweigen ver- sehen, haben nicht selten den Charakter der sogenannten moos- artigen Fasern und sind bedeutend dicker und massiver als die Fortsätze der stationären Zellen des Ependyms. Noch deutlicher lässt die neue Methode der Färbung der Neuroglia diesen Unterschied hervortreten. Die Ependymfasern der Embryonen sind nicht imstande sich nach dieser Methode zu färben, während sie bei den ausgewachsenen Tieren diese Färbung leicht annehmen, was auf ihre verschiedene chemische Struktur hinweist. Überall, wo sich in dem ausgebildeten Gehirn die Fortsätze der Ependymzellen erhalten haben, bewahren sie auch den Charakter der feinen Gliafasern in ihren morphologischen und chemischen Eigenschaften und nur in dem distalen Teile des Ventriculus terminalis und des Processus infundibuli entfernen sie sich etwas von diesem allgemeinen Typus. Was mit den dicken, körnigen Fortsätzen der jungen Zellen der Neuroglia geschieht, bevor sie die Gestalt der feinen Gliafasern annehmen, wie dieser Differentialprozess vor sich geht, wissen wir Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 40 608 W. Rubaschkin: nicht, und solange wir keine passende Methode zur Erforschung der embryonalen Glia haben, werden wir es auch kaum mit genügender Glaubwürdigkeit erfahren. Die hier vorgeschlagene Methode gibt uns keine befriedigende Resultate beim Gehirn der Embryonen. Trotzdem können wir eine Tatsache anführen, die am ausgebildeten Gehirn beobachtet worden ist und die bis zu einem gewissen Grade den allgemeinen Charakter dieses Prozesses beleuchtet. Wie man in den Sternzellen der Neuroglia des Übergangstypus die Fibrillarstruktur einiger Fortsätze sehen kann, so trifft man auch unter den Ependymzellen solche, bei denen die Fortsätze der Peripherie nicht als gleichartige, kompakte Faser auftreten, sondern die feinste Fibrillarzusammensetzung zeigen (Taf. XXXIIL, Fig. 2). Dieses bezieht sich besonders auf die Zellen derjenigen Teile des Ependyms, in denen die Fortsätze der Epithelzellen besonders stark entwickelt sind und sich während der ganzen Lebensdauer erhalten (Infundibulum). Solche Fortsätze sind um einiges dicker als die übrigen Gliafasern, aber erreichen lange nicht die Dicke der Ependymfasern in dem Gehirn der Embryonen. Auf der Zeichnung, die eine solche Zelle dar- stellt, sieht man deutlich die faserartige Zusammensetzung ihres Peripheriefortsatzes. Diese Fibrillen erscheinen ganz am Anfange des Fortsatzes und verfolgen in einem Bündel seine ganze Länge; am Ende des Fortsatzes zerfällt dieses Bündel in die einzelnen Fibrillen, aus denen es besteht, und einige von ihnen verlassen den Fortsatz in verschiedener Entfernung von seinem Anfange. Manchmal werden solche Fortsätze beobachtet, bei denen die Fibrillen nur den mittleren Teil in einem Bündel begleiten, während die zentralen und peripheren Teile auseinandergehen, als spalteten sie sich vom Bündel ab. Diese Fibrillen der Fortsätze der Ependymzellen zeichnen sich durch grosse Feinheit aus (2—3 dünner als die Gliafasern) aber färben sich ähnlich den Gliafasern. Auf ein ähnliches Faktum der fibrillären Struktur der Ependymfasern hat auch schon Studnitka hingewiesen, und es ist sehr wahrscheinlich, dass diese fibrilläre Struktur des Ependym- epithels durch die nicht vollständige Differenziernng der Fortsätze hervorgerufen ist. Besonders oft kann man derartige Zellen im Infundibulum beobachten, gleichfalls aber trifft man sie auch in anderen Teilen Studien über Neuroglia. 609 des Ependyms, wo man sie leicht an ihren verhältnismässig dicken Fortsätzen erkennen kann. Diese Tatsachen geben ein gewisses Recht, anzunehmen, dass die Ependymfasern, gleich wie die jungen Astrocyten der Neuroglia, an der Bildung der Gliafibrillen teilnehmen, sowohl hier, wie auch da differenziert sich ein Fortsatz in mehrere dünne Fibrillen, von denen der gröste Teil die Verbindung mit dem Zellenkörper verliert, während nur ein kleiner Teil mit diesem verbunden bleibt und als stationärer Ependymfortsatz erscheint. Hierin liegt auch scheinbar die Ursache, dass die Fortsätze der jungen (primitiven) und der ausgewachsenen (stationären) Ependymzellen verschieden dick sind. Ausser den Ependymzellen, die die Oberfläche der Gehirnhöhlen bedecken, gibt es im FEpendym noch eine Art Zellen, die in allgemein-biologischer Hinsicht sehr inte- ressant sind. Wie embryologische Untersuchungen von Ramon y Cajal, Sala y Pons, v. Gehuchten, Retzius, Lawdowsky u.a. m. zeigen, gehören in einer bestimmten Periode der embryonalen Entwicklung des Gehirns nicht alle Radiärfasern den Epithel- zellen an, die die Oberfläche des Ependyms bedecken. Ein be- stimmter Teil trägt auf einige Entfernung von der Kanallichtung mittels Emigrierung (Ramon y Cajal, Sala, Zachi), oder mittels Teilung (Lawdowsky) diejenige Form der embryonalen Elemente der Neuroglia, die Retzius „Radiärzellen der Neuroglia‘‘ nennt. Diesen schreibt man gewöhnlich die weitere Metamorphose, den weiteren Abgang zur Peripherie zu, wo sie sich mittels einer ganzen Reihe von Modifikationen in sternförmige Gliazellen ver- ändern. Diesen von vielen Autoren beschriebenen Prozess kann man tatsächlich nicht nur im embryonalen Gehirn von Vögeln und Säugetieren beobachten, sondern auch bei den niederen Wirbeltieren (Amphibien), wo er nicht weniger deutlich im Lauf des ganzen Lebens des Tieres zu Tage tritt. Wie die neue Methode der Gliauntersuchung zeigt, ver- ändern sich nicht alle Radiärzellen der Neuroglia des Gehirns von warmblütigen Tieren in sternförmige Neurogliazellen. An vielen Stellen, so besonders im Aquaeductus Sylvi, im Seitenventrikel, im Infundibulum, sieht man Epithelzellen, die ihrem Bau nach den Ependymzellen gleichkommen, aber auf eme 40* 610 W. Rubaschkin: bestimmte Entfernung von der Oberfläche des Ventrikels abstehen; zuweilen sind sie ziemlich weit von der Schicht der Epithelzellen entfernt, öfters aber liegen sie unmittelbar auf dieser. Von ihrem peripherischen Ende beginnt, gleich wie bei Ependymzellen, mit einem konischen Vorsprung, ein langer, dünner Fortsatz von glialem Charakter, den man ebensoweit verfolgen kann, wie die Fortsätze der Ependymzellen. Weiter kann man, allerdings in einigen seltenen Fällen, eine ebensolche fibrilläre Zusammensetzung dieses Fortsatzes sehen, wie in den Fortsätzen einiger Ependymzellen. Mit Ausnahme des langen peripherischen Fortsatzes, befinden sich bei diesen Zellen weder seitliche noch zentrale Fortsätze. Ähnliche Zellen sieht man auf Taf. XXXIII, Fig. 11. Des- halb muss man annehmen, dass die grösste Anzahl der Radiär- zellen der Neuroglia sich in sternförmige verändern, während ein bestimmter, nicht grosser Teil von ihnen, den früheren Charakter von Retzius’schen Radiärzellen beibehalten und in dieser Form der glialen, resp. keratinen Metamorphose unterworfen ist. Die anderen Typen von Zellen, die im Ependym vorkommen, unter- scheiden sich nicht von den Zellen der Neuroglia anderer Teile des Gehirns; dies sind verschiedenartige Astrocyten, hauptsächlich aber Zellen ohne Fortsätze. Zum Ependym gehört auch eine Anhäufung von Gliafasern, die das ventrikuläre Epithel umgibt und die Substantia gliosa centralis bildet. Die Anzahl der Fasern variiert in den verschiedenen Teilen des Ependyms; am stärksten ist ihre Anhäufung in der Gegend des Aquaeductus Sylvii, des Zentralkanals, im vierten Ventrikel entwickelt; schwächer dagegen in den Seiten- und mittleren Ventrikeln. Doch kann man überall zwei Schichten von Fasern unterscheiden: die einen behalten eine Längsrichtung bei, die anderen umfassen gleich einem Ringe die Oberfläche der Gehirn- ventrikel oder des zentralen Kanals. Diese Faserstränge der zirkulären und der Längsrichtung werden mehr oder weniger dicht von Radiärfasern durchdrungen. Fasern in unregelmässiger, schräger usw. Richtung. Zur Peripherie zu vereinigen sich die Ependymfasern mit der Glia des ent- sprechenden Gehirnteils. Studien über Neuroglia. 611 Ohne Zweifel ist es ein gewisser grosser Teil der Fibrillen der zirkulären und der Längsrichtung — freie Gliafasern, welche den Zusammenhang mit ihren Zellen verloren haben; aber in Bezug auf die anderen kann man nur sagen, dass sie die Fortsätze verschiedener sternförmiger Epithel- und Radiärzellen sind. Die spezielle Beschreibung des Ependyms. Ventriculus terminalis. (Taf. XXXIII, Fig. 7—12.) Schon im Jahre 1875 wurde von W. Krause nachgewiesen, dass der zentrale Kanal des Rückenmarks im Bereich des Conus medullaris eine Erweiterung bildet, welche in einem blinden Sack endigt. Dieser Teil des Rückenmarkkanals erhielt den Namen Ventriculus terminalis Krause. In histologischer Hinsicht blieb dieser Teil bis zu unserer Zeit noch wenig erforscht. Die anatomischen Eigentümlichkeiten des Ventriculus termi- nalis sind in den letzten Jahren von A. Remy und Argutinsky an verschiedenen Tieren untersucht worden. Die einzige mir bekannte histologische Erforschung des Conus medullaris ist die von Bräutigam, die nach einer ungenügenden Methode ausgeführt und in mancher Hinsicht nicht genügend genau ist. Man muss drei Teile im Ventriculus terminalis unterscheiden: den vorderen (proximalen), den mittleren und den hinteren (distalen). Unter dem oberen Teil desVentrieulus terminalis verstehe ich dasselbe wie Argutinsky. Dieser Teil liegt im Gebiet des Conus medullaris, hat eine spaltförmige Gestalt, die in sagittaler Richtung ausgezogen ist; der dorsale Teil dieser Spalte hat eine dreieckige Erweiterung, oder sie erhält infolge Hinzutretung der frontalen Spalte die Gestalt eines T oder noch öfter eines I. Die Wände dieses Gebietes sind dünn in den ventralen Teilen, in den mittleren und dorsalen Teilen behalten sie die Konfiguration des Rückenmarks. Der Längsdurchmesser des Querdurchschnitts (Taf. XXXIIL, Fig. 7) dieses Teiles beträgt 0,5 mm; der Querdurch- messer maximum 0,7, minimum 0,4 mm; die Länge des Kanals beträgt 0,4 mm, die Breite 0,07 mm (ausgebildete Katze). Die Abschnitte des Ventriculus terminalis, die Argutinsky den mittleren und unteren nennt, vereinige ich unter dem Namen eines mittleren Abschnittes. Dieser Abschnitt hat in allen seinen 612 W. Rubaschkin: Teilen eine Öffnung in Gestalt einer sagittalen Spalte; die frontale Spalte ist nicht vorhanden. Die Wände sind auf der Grenze des vorderen Teiles verhältnismässig dicker. Aber dies ganze Gebiet hat schon nicht mehr die Konfiguration des Rückenmarks, sondern erscheint in dorsal-ventraler Richtung ausgedehnt (Taf. XXXII, Fig. 8). Weiter nach unten verringert sich die Dicke der Wände (Taf. XXXIIE „Bis: 97910). Der Ventriculus terminalis geht nicht in den Kanal des Filum über, sondern schliesst mit einem Schnörkel (Taf. XXXIIL, Fig. 12), welcher den hinteren Teil des Ventriculus terminalis bildet. Die Wände dieses Teiles sind in Falten angeordnet, der Kanal macht viele Windungen und nimmt an den @Querdurchschnitten ver- schiedene Gestalten an. Weiter nach hinten vermehrt sich die Anzahl der Falten, der Kanal verengert sich und endigt blind. In den oberen Teilen des Ventriculus terminalis treten schon die charakteristischen Veränderungen des Gehirngewebes auf. Die Anzahl der Nervenelemente (der Zellen und Fasern verringert sich bedeutend, eine Trennung der grauen und weissen Substanz ist nicht vorhanden. Die Nervenzellen sind in einer sehr be- schränkten Anzahl über die ganze Masse der Wand zerstreut, teils näher zum zentralen Kanal, teils zur Oberfläche desselben. Nirgends bilden sie Anhäufungen in Gestalt einzelner Kerne. Die peripheren Teile werden in der Längsrichtung von Myelinfasern durchzogen. Zuerst verschwinden die vorderen Hörner und die vorderen pyramidenförmigen Säulen. Die Hauptmasse dieses Teiles bilden das Gliagewebe, welches hier schon einzelne für den Ventriculus terminalis charakteristische Eigentümlichkeiten zeigt. Das Gliagewebe zeigt sich hier, ebenso wie im Rückenmark, als Anhäufung um den zentralen Kanal (Substantia gliosa centr.) und bei der Peripherie in Gestalt der subpialen Schicht. Von jeder dieser Anhäufungen zweigen sich in Bündeln die Glia- fibrillen ab und dringen in das Innere des Gewebes, wo sie in einzelne Faserchen zerfallen. Charakteristisch für diesen Teil ist die starke Ausbildung der Ependymfasern, welche hier nicht als einzelne getrennte Fortsätze der Epithelzellen auftreten, sondern, indem sie zueinander konvergieren, bilden sie Bündel (Septa), die die Wandung bis zur Peripherie durchdringen. Der stärkste Strang der Ependymfortsätze durchzieht diejenigen Teile, die dem Sulcus longitudinalis posterior entsprechen und wird von den Zellen- & r ’ Studien über Neuroglia. 613 fortsätzen des dorsalen Teiles des Kanals gebildet. Von den Seitenzellen der sagittalen und frontalen Spalte gehen ähnliche, aber weniger stark entwickelte Bündel von Ependymfasern aus. Diese Ependymfasern sind entweder Fortsätze der Epithelzellen des Ependyms oder der Radiärzellen der Neuroglia, die in grösserem oder geringerem Abstande von der Oberfläche des Kanals angeordnet sind. Unter diesen Ependymzellen befindet sich eine nicht sehr stark ausgeprägte Schicht, Membrana gliosa centralis, die aber doch auch bei einer geringen Vergrösserung deutlich zu erkennen ist. Die Fasern in vorherrschend zirkulärer Richtung umfassen ringförmig die Öffnung des Kanals und biegen sich an den Stellen, wo sich die Ependymsepta bilden, bogenförmig und nehmen an ihrer Bildung teil. Die Mehrzahl dieser Fasern gehört zu den Fortsätzen der Ependymzellen, die bevor sie ihr Septum erreichen, ihren Weg in zirkulärer, der Oberfläche des Ependyms paralleler Richtung verfolgen. Zu den Eigentümlichkeiten der Gliazellen dieses Teiles gehört das, dass die Mehrzahl derselben als Radiärzellen der Neuroglia, oder als radiär ausgedehnte Zellen mit zwei Polen auf- treten. Diese, wie auch jene liegen vorherrschend in den zentralen Teilen und haben Fortsätze mit deutlichem glialen Charakter, die sich stark violett färben. Es befinden sich, besonders in den peripherischen Teilen, in nicht geringer Anzahl Sternzellen, und ausserdem muss eine bestimmte Zahl der Zellen zu den fortsatzlosen gerechnet werden. Im mittleren Abschnitt des Ventriceulus terminalis trifft man Nerzenzellen höchst selten an, während sie in den distalen Teilen vollständig fehlen. Die markhaltigen Fasern auf der Peripherie bilden die Schicht der weissen Substanz, die sich all- mählich verfeinert, aber sich doch in den tiefsten Teilen des mittleren Abschnittes erhält. In diesem mittleren Abschnitt ist es bequem zwei Unter- abteilungen zu unterscheiden: eine proximale und eine distale. Die proximale Unterabteilung (Taf. XXXII, Fig. 8) mit verhältnismässig dicken Wänden enthält am Anfang noch die Nachbleibsel der grauen Substanz (Nervenzellen), hat eine klar ausgebildete Substantia gliosa centralis und ist nach demselben Typus gebaut, wie auch der obere Abschnitt des Ventriculus 614 W. Rubaschkin: terminalis. Seine Dimensionen: der grösste Längsdurchmesser 0,54 mm, der kleinste 0,35 mm. Die Länge des Kanals 0,6, die Breite 0,07 mm. Was die Verteilung der Glia anbetrifft, so gehen hier, ebenso wie im oberen Abschnitt, die Ependymsepta in radiärer Richtung auseinander; je tiefer, um so grösser wird die Anzahl dieser Septa. Sie bilden den Hauptbestandteil der Neuroglia dieses Abschnittes und teilen ihre Wand in unzählige Abschnitte. Die Entstehung der Fasern ist dieselbe, wie im oberen Abschnitt des Ventriculus terminalis. So sind auch die Zellen dieser Unter- abteilung dieselben radiären, sternförmigen, fortsatzlosen, nur ist die Anzahl der radiären und sternförmigen Zellen hier grösser und nimmt zum distalen Ende dieser Unterabteilung hin zu. Die distale Unterabteilung des mittleren Abschnittes des Ventrieulus terminalis (Taf. XXXIIL, Fig. 10) unterscheidet sich in vieler Hinsicht von den höherliegenden Teilen; die Kanal- lichtung behält ihre frühere sagittale Richtung, die Wand des Ventrikels aber ist hier stark verdünnt (Dimensionen: Längs- durchmesser 0,4 mm, Querdurchmesser 0,18 mm) und besteht nur aus markhaltigen Fasern. Zwischen diesen ziehen sich die Fortsätze der Epithelzellen, die sich gleichfalls in die Septa vereinigen. Ausser den Epithelzellen befinden sich hier noch radiäre und sternförmige Zellen der Neuroglia, fortsatzlose Zellen fehlen gänzlich. Alle diese Zellen, sowohl Ependym- als auch Gliazellen, und gleichfalls ihre Fortsätze unterscheiden sich wesentlich von denselben Elementen der oberen Abschnitte des Ventriculus terminalis und den Ependymzellen der anderen Teile des Zentral- nervensystems. Hier erreichen die Fortsätze der Zellen, besonders der Ependymzellen, lange nicht die Höhe der Gliametamorphose, wie in den übrigen Teilen. Sie haben nicht den Charakter von Gliafibrillen, sondern erscheinen als dicke massive Fortsätze von protoplasmatischem Bau (Taf. XXXII, Fig. 11). Dasselbe bezieht sich auch auf die radiären Zellen der Neuroglia; die sternförmigen Zellen behalten in ihren Anfangsteilen den Protoplasma-Charakter bei, während sie in den Endteilen die Eigenschaften von Glia- fibrillen annehmen, d.h. mit anderen Worten, sie beziehen sich auf den Typus, der früher unterm Namen „junge Astrocyten“ beschrieben ist. Studien über Neuroglia. 615 Ausser den Zellen und ihren Fortsätzen befinden sich hier in nicht kleiner Anzahl Gliafibrillen, die zwischen den mark- haltigen Fasern ausschliesslich sagittaler Richtung gehen. Auf Querdurchschnitten erscheinen sie als Punkte. Die Mehrzahl dieser Fasern geht von den höherliegenden Teilen aus, doch kann ein bestimmter Teil von ihnen den Fortsätzen der Sternzellen angehören. Der distale Endteil des Ventriculus terminalis (Taf. XXXIIL, Fig. 12) ist, wie gesagt, in Falten vereinigt und endet mit einem blinden Schnörkel.e. Die markhaltigen Fasern, sowie die übrigen Nervenelemente fehlen hier gänzlich und die ganze Wand besteht aus einem dichten Filz von Gliafibrillen und Fort- sätzen der Ependymzellen. Die ersteren bilden die Fortsetzung der Längsfasern aus den höherliegenden Teilen, während die letzteren, ihrem Bau nach, den Epithelzellen des distalen Segments des mittleren Abschnittes entsprechen. Weiter nach unten nimmt die Zahl der Epithelzellen ab, die Schnörkellichtung wird immer enger und enger und endet schliesslich im distalen Ende des Ventriculus terminalis mit einer Wand aus einem dichten (Geflecht der Gliafasern. Somit ersieht man aus dieser Beschreibung des Baues des Ventrieulus terminalis, dass die Hauptmasse seiner Wände aus Neuroglia gebildet ist; die charakteristische Verteilung letzterer in Art von Ependymsepta verleiht diesem Teile ein embryonales Aussehen. Aber diese Analogie mit dem embryonalen Typus, die nicht nur in der radiären Verteilung der Gliafasern, sondern auch im Bau der Zellenfortsätze ausgedrückt ist, besteht nur in den distalen Teilen des mittleren Abschnittes des Ventrieulus terminalis. In den übrigen Teilen sind die Ependymfasern und Fortsätze der radiären Zellen der allgemeinen Metamorphose der Neuroglia unterworfen, haben den Charakter von Gliafibrillen und entsprechen bloss durch ihre radiäre Verteilung in der Wand des Ventrikels der embryonalen Glia. Canalis centralis medullae spinalis. (Taf. XXXIV, Fig. 1, 2). Bei der Beschreibung der Zellen des zentralen Kanals ist es am zweckmässigsten ihn in den vorderen, hinteren und zwei Seitenabschnitte zu teilen (Taf. XXXIV, Fig. 1). Die Fortsätze ‚der Ependymzellen des vorderen Abschnittes durchdringen die 616 W. Rubaschkin: vordere Kommissur und erreichen die Basis der vorderen Furche. Im Gebiet der Kommissur vereinigt sich mit ihnen eine grosse Anzahl von Fasern aus den benachbarten Teilen der grauen Substanz, und sie alle zusammen bilden sich zu einer rechten und linken Gruppe von Fasern aus und vereinigen sich mit der subpialen Schicht der entsprechenden Rückenmarkshälfte. In dem Halsteile der Medulla spinalis im Gebiet der Kreuzung der Pyramiden dringen die Fortsätze des Epithels des Canalis centralis durch die Fasern der Pyramidenbündel und erreichen gleichfalls die Oberfläche. Die Zellen des hinteren Abschnittes des Kanals sind auch, wie es schon im Jahre 1891 Prof. Lawdowsky auf seinen im- prägnierten Präparaten gezeigt, mit äusserst langen Fortsätzen versehen; sie füllen gänzlich den Spalt zwischen den beiden Hälften aus und bilden auch im ausgewachsenen Zustande den dorsalen Ependymkeil, welchen Retzius u. a. im embryonalen kückenmark beschrieben haben. Die Fortsätze der Zellen in den benachbarten Teilen sind um vieles schwächer ausgeprägt; aber dessen ungeachtet gelingt es immer sie auf eine mehr oder weniger grosse Entfernung vom Gebiet des Ependyms bis zu den mittleren Teilen der grauen Substanz inel. zu verfolgen; in selteneren Fällen kann man sehen, dass sie noch weiter gehen, aber ich kann mich auf keine Fakta stützen, um zu behaupten, dass sie die ganze graue Substanz durchdringen, und noch weniger, dass sie in die weisse eindringen. Wie überall im Ependym, liegt unterm Epithel eine stark ausgeprägte Schicht von Gliafasern (Substantia gliosa centralis), die teils eine Längs-, teils eine zirkuläre Richtung einnehmen. Diese sowohl wie die anderen bilden massive Stränge, die deutlich bei Durchschnitten des Gehirns zu sehen sind. Besonders stark ausgebildet ist die Substantia gliosa centralis im lumbalen Teil des Rückenmarks. Fossa rhomboidea. IV. Ventriculus. (Taf. XXXIV, Fig. 3, 4, 5). Die ganze Oberfläche der Fossa rhomboidea ist mit einem Epithel ausgelegt, das sich in die Anfangsteile der Gehirnsegel fortsetzt. (Taf. XXXIV, Fig. 4). Die Epithelzellen und gleichfalls auch die unter ihnen sich befindende Schicht der Substantia gliosa centralis zeigen nicht ın Studien über Neuroglia. 617 allen Teilen der Fossa rhomboidea dasselbe Verhältnis. Am dichtesten ist der Komplex der Fasern im Gebiet des Suleus medianus fossae rhomboideae. (Taf. XXXIV, Fig. 5). Hier bilden die Gliafibrillen beider Seiten der Fossa rhomboidea ein dichtes Geflecht, durchkreuzen sich untereinander und gehen in ventraler Richtung, indem sie die Hauptmasse des Raphe medullae oblongatae bilden. Aus letzterer gehen die Bündel der Gliafibrillen in die Substantia gliosa centralis, indem sie die markhaltigen Fasern derselben in Abschnitte teilen. Die Mehrzahl der Epithellzellen dieses Teiles des Ependyms im vierten Ventrikel behalten lange Fortsätze bei, die in der Quer- richtung die Schicht der Fasern der Substantia gliosa centralis durchdringen und weit nach innen längs der Raphe gehen. Zu beiden Seiten des Sulcus medianus ziehen sich zwei erhöhte Stränge (Funieuli teretes), die mit einer ebensolchen massiven und stark ausgebildeten Schicht von Gliafibrillen bedeckt sind. Von dieser Schicht gehen eine Menge Bündel in die darunter- liegenden grauen Zellkerne aus (Nuclei hypoglossi teretes). Im (Gebiet der Eminentia teres ist die Substantia gliosa besonders stark ausgeprägt. Die Epithelzellen sind ebenso beschaften wie im Gebiet des Raphe. Ausserhalb der runden Bündel, im Gebiet der Fovea posterior ist die Anhäufung der Gliafibrillen über den Ependym- zellen viel schwächer ausgeprägt, und die Substantia gliosa ist aus wenigen Fasern gebildet, von vorherrschend zirkulärer Rich- tung. Auf der Grenze zwischen der Erhöhung des runden Bündels und dieser Grube, zwischen dem N. hypoglossus und dem N. vagus, geht ein dickes Bündel von Fasern aus, das beide Kerne voneinander trennt. Die mit Fortsätzen versehenen Epithelzellen findet man hier als Ausnahme und bei der Mehrzahl von ihnen fehlen die Fortsätze gänzlich. Eine neue dichte Anhäufung der Glia (Taf. XXXIV, Fig. 3) befindet sich in den äusseren Teilen der Fossa rhomboidea, besonders im Gebiet des Tuberculum acusticum (Schwalbe). Hier bilden die Gliafibrillen ebensolche und manchmal sogar noch massivere Anhäufungen, als im Sulcus medianus. Die Epithel- zellen sind, wie es Taf. XXXIV, Fig. 3 zeigt, mit langen Fort- sätzen versehen. 6183 W. Rubaschkin: Im hinteren Teil des Bodens des 4. Ventrikels gibt es einen Vorsprung, von der Form einer schmalen Platte, eines Züngleins, der in die Höhle des Ventrikels zieht. Es ist dies der Teil des hinteren Segels (Velum medullare posterius), der unterm Namen „Riemen“ (Ligula) und „Brückchen“ (Ponticulus nach Kölliker) bekannt ist. Die Ligula unterscheidet sich, ihrem Bau nach, vom gewöhn- lichen Bau der Glia und war von Weigert unter dem Namen eines Ependymauswuchses beschrieben, der auf der Grenze zwischen der normalen und pathologischen Glia steht. In der Tat erinnert die Neuroglia dieses Abschnittes in mancher Beziehung an den Bau von glialen Geschwülsten, wie dies von Bonome gezeigt ist. Die Fasern zeichnen sich hier durch bedeutende Dicke aus, die die Dicke der gewöhnlichen Gliafibrillen um mehrere Male übertrifft. Die Anzahl der Fasern ist sehr gross, so dass dieser Abschnitt sogar bei schwacher Vergrösserung deutlich zu sehen ist. Die grossen Zellen sind reich an Protoplasma und erinnern an körnige Zellen. Keine geringe Anzahl von Zellenformen bezieht sich auf die verschiedenen Typen der sternförmigen Zellen, hauptsächlich auf die jungen Astrocyten. Interessant ist es, dass die Zellen des Epithels hier keine Fortsätze besitzen. Das Epithel auf der inneren Wand der Ligula geht in das Epithel des Velum medullare posterius über. Letzteres entspricht, dem Charakter seines Baues nach, dem Plexus choroideus. Aquaeductus Sylvii (Taf. XXXIV Fig. 6, 7) Das Ependym dieses Abschnittes zeichnet sich durch starke Ausprägung der Substantia gliosa centralis aus. Die Lichtung des Aquaeductus Sylvii ist in Falten vereinigt, die mit Epithel- zellen mit langen Fortsätzen bedeckt sind. Besonders lang sind sie im Gebiet des Raphe, wo sie einen ebensolchen Ependymkeil bilden, wie im Rückenmark. Längs des Raphe erreichen die Fortsätze der Zellen die Oberfläche des Gehirns und vereinigen sich mit der subpialen Schicht der Neuroglia. Die Substantia gliosa centralis umfasst gleich einem Ringe die ganze Höhle des Aquaeductus und verengert sich, indem sie an das Gebiet des Ependymkeils herantritt; hier gibt es fast gar keine Fasern, ausser den Fortsätzen der Ependymzellen; in jedem Falle bilden sie unterm Epithel keinen dichten Komplex. Studien über Neuroglia. 619 In der Substantia gliosa centralis unterscheidet man Fasern von dreifacher Richtung: gleich über den Epithelzellen liegen Längsfasern; sie bilden die innerste Schicht der Gliaumhüllung, befinden sich aber in nicht geringer Anzahl auch in der nächsten Schicht, die aus Fasern von zirkulärer Richtung gebildet wird. Die letzteren bilden die Hauptmasse der Substantia gliosa dieses Gebietes und verbinden sich zur Peripherie hin mit der Neuroglia der benachbarten Teile des Gehirngewebes. Ausser diesen Längs- und zirkulären Fasern findet man hier nicht wenig Gliafibrillen, die sich nach allen Richtungen hin verzweigen. Unter den Zellenelementen dieses Gebietes kann man eine bedeutende Anzahl von radiären Zellen unterscheiden. Die Mehrzahl der Zellen sind jedoch fortsatzlos. Was die Seiten- und Mittelventrikel anbetriftt, so führe ich hier nur einige Fakta an, indem ich von einer genauen Be- schreibung absehe. Charakteristisch für die Wände sowohl des Seitenventrikels, als auch die des mittleren, ist die verhältnismässig schwache Ausbildung der Substantia gliosa centralis. Bloss auf dem Corpus striatum (Taf. XXXV Fig. 2) und auf dem cornu ammonis ist die Anhäufung der Fasern unterm Epithel stärker ausgebildet. Die Substantia gliosa centralis fehlt scheinbar beinahe vollkommen in den Wänden, die durch die Ependym- oberflächen des Mantels gebildet werden. Die Epithelzellen behalten in den meisten Fällen lange Fortsätze bei, die im Corpus callosum stark entwickelt sind. Auf dem Fornix befinden sich an Stelle der zylindrischen, platte Epithelzellen. Das Epithel geht von der Oberfläche des Ependyms auf den Plexus chorioideus über, wie dies auf Zeichnung 1, Taf. XXXV, abgebildet ist. Infundibulum. Bei den Tieren, die ich untersucht habe (Katzen, Hunde, Meerschweinchen, Mäuse) endet das Infundibulum unten in Form einer sackförmigen Ausbuchtung, wie dies deutlich bei den niedersten Wirbeltieren und Embryonen ausgebildet ist. Die Ausbuchtung, die wir in Übereinstimmung mit Retzius Processus infundibuli seu Neurohypophysis nennen wollen, unterscheidet sich, ihrem Bau nach, etwas von Infundibulum. Aus diesem Grunde verdient sie eine spezielle Beschreibung. 620 W. Rubaschkin: Schon Berkley und nach ihm Retzius haben darauf hingewiesen, dass das Ependym des Infundibulum nach dem Typus der primordialen Neuroglia gebaut ist, und in der Tat erinnert ihr Bau an die embryonale Glia. Schon im mittleren Ventrikel, im Aditus ad infundibulum, trifft man verhältnismässig oft auf Epithelzellen, die mit langen Fortsätzen versehen sind. Weiterhin nach unten nimmt die Anzahl solcher mit langen Fortsätzen ver- sehenen Zellen bedeutend zu und im Gebiet des Infundibulum bilden sie die Mehrzahl der Epithelzellen. Hier dringen die Fortsätze der Epithelzellen in radiären Reihen durch die ganze Dicke des Infundibulum und verbinden sich auf der Peripherie desselben mit den Fasern der subpialen Schicht. In den mittleren Teilen des Infundibulum behalten sie eine regelmässige horizontale Richtung bei, während sie im unteren Teile, besonders im Pro- cessus infundibuli, die frühere Richtung in eine bogenartige verändern, indem sie nach unten hin konvergieren. Dadurch erhält man eine solche Verteilung der Glia, wie im embryo- nalen Gehirn. Was den Bau der Fortsätze anbetrifit, so ist er ein solcher, wie bei den Fpithelzellen der übrigen Gebiete des Ependyms, d. h. die Fortsätze haben das Aussehen und die Eigenschaften von Gliafibrillen. Fin bestimmter Teil jedoch dieser Fortsätze hat einen anderen Bau. Es sind dies jene verhältnismässig dicken Fibrillär- fortsätze, von denen wir bei der allgemeinen Beschreibung sprachen. Solcher Fortsätze gibt es hier so viele, dass man es augen- scheinlich durch nicht genügende Differenzierung des Gliagewebes dieses Gebietes erklären kann. Ganz ebenso kann man ähnliche Fortsätze nicht selten bei den vom zentralen Kanal abgelösten radiären Zellen der Neuroglia sehen, die im Infundibulum in sehr grosser Anzahl angetroffen werden. Die übrigen Zellentypen sind ebenso wie überall. Die subepitheliale Schicht der Neuroglia ist hier schwach ausgebildet und bloss eine kleine Anhäufung von Gliafibrillen unter dem Epen- dym zeigt an, dass auch in diesem Gebiet die allgemeine Regel bei- behalten ist, nach der unter dem Epithel die Substantia gliosa centralis existiert. Studien über Neuroglia. 621 Processus infundibuli seu Neurohypophysis. (Taf. XXXV, Fig. 4). Unter diesem Namen versteht man den sich in das Gewebe der Hypophysis cerebri einzwängenden und sich verbreitenden Fortsatz des Infundibulum, den man zuweilen auch Lobus infun- dibuli nennt (Toldt). Retzius gibt ihm zum Unterschiede von den übrigen Teilen der Hypophysis den Namen „Neurohypophysis“. Ungeachtet der grossen Literatur über die Hypophysis cerebri ist dieser Teil desselben wenig untersucht und bis zuletzt glaubte man, dass der Processus infundibuli aus Bindegewebe besteht, das eine Atrophie der Nervenelemente hervorrief (Schwalbe, Rauber). Retzius untersuchte im Jahre 1894 dieses Gebiet nach der Methode von Golgi und seine Beobachtungen zeigten, dass die Wand des Processus infundibuli einzig und allein aus der Glia gebildet wird, hauptsächlich aus den hier stark entwickelten Fortsätzen des Ependymepithels. Bei Anwendung der Gliafärbung zeigt sich, dass der Pro- cessus infundibuli ausschliesslich aus dem Gliagewebe gebaut ist, das hier seinen embryonalen Charakter beibehält und seinen Eigenschaften nach der Neuroglia des distalen Endes des Ventri- eulus terminalis entspricht. Der Hauptbestandteil der Glia sind hier die Fortsätze der Epithel- und Radiärzellen. Diese Fortsätze zeichnen sich durch ihre verhältnismässige Dicke aus und ferner dadurch, dass sie sich schwach färben und einen protoplasmatischen Bau haben. Sie dringen durch die ganze Dicke der Wand und enden mit einer Verdickung auf ihrer Oberfläche. Als Ausnahme findet man in diesem Gebiet auch Sternzellen nach dem Typus der jungen Astrocyten. -] Ne) 10. [8%6) WEeRnNbra,stehhikın?: Literaturverzeichnis. Aguerre: Untersuchungen über die menschliche Neuroglia. Arch. f, mikr. Anat., Bd. 56, 1900. Alzheimer: Beiträge zur pathologischen Anatomie der Hirnrinde und zur pathologischen Grundlage einiger Psychosen. Monatschr. f. 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Gliogenetische Zellen, Astrocyten, fortsatzlose Zellen. Zeiss Apochr. 2mmar Vamı Iue. v.Ie,nitiz. . Verteilung der Zellen der Neuroglia auf der Wand eines Kapillar- getässes, Katze. Zeiss Apochr. 3 mm. Cam. lue. v. Leitz. . Zusammenhang der Sternzellen mit der Wand des Gefässes. Dasselbe’ . Anhäufung der Gliafibrillen um die Nervenzellen des Cornu Ammonis Zeiss Apochr. 3 mm. Cam luc. v. Leitz. . Verteilung der Glia in d. Medulla oblongata. Gebiet der Oliven. Katze Zeiss Apochr. 8 mm. Cam. luc. . Die Oliven bei stärkerer Vergrösserung. Zeiss Apochr. 3 mm. Cam. luc . Die Subpialschicht der Medulla oblongata. Zeiss Apochr. 2 mm, Cam. luc. . Die Hemisphaerenrinde. Sternzellen. Subpialschicht. Zeiss Apochr. 3 mm. Cam. Ilue. . N optieus. Längsdurchsehnitt. Zeiss Apochr. 8 mm. Cam lue. Tafel XXXII. ‚ . Eine Ependymzelle mit langem peripherischen Fortsatze. IV. Ven- trikel Zeiss Apochr. 2 mm. 0e. 8. Eine Ependymzelle mit einem Fibrillärfortsatze. Infundibulum. Zeiss Apoehr. 2 mm. Ok. 8. . Eine Radiärzelle der Neuroglia. Corpus eallosum. Zeiss Apochr. 2 mm. 0e. 8. u.5. Fortsatzlose Ependymzellen. . Eine Ependymzelle des distalen Abschnittes des Ventriculus terminalis. Zeiss Apochr. 2 mm. O0e. 8. . Ventrieulus terminalis. Katze. Der proximale Abschnitt. Zeiss Apochr. 8 mm, Cam. lue. 41* 626 W. Rubaschkin: Fig. 8u.9. Ventriculus terminalis. Mittlerer Abschnitt und dessen proximaler und mittlerer Teil. Zeiss Apochr. 8 mm. Cam luc. Fig. 10. Ventriculus terminalis. Mittlerer Abschnitt und dessen distaler Teil. Zeiss Apochr. 8 mm. Cam. lue. Fig. 11. Dasselbe. Zeiss Apochr. 3 mm. Cam. luc. Fig. 12. Der distale Abschnitt des Ventriculus terminalis. Zeiss Apochr. 8 mm. Cam. luc. Tafel XXXIV. Fig. 1. Rückenmark. Gebiet des zentralen Kanals. Katze. Zeiss Apochr. 8 mm. Cam. Juc. Fig. 2. Dasselbe. Längsdurchschnitt. Fig. 3. Das Ependym d. IV. Ventrikels. Tuberculum acusticum. Zeiss Apochr. 2 mm. Cam. luc. Fig. 4. Das Ependym d. IV. Ventrikels. Der Übergang des Ependyms auf die Ligula. Fig. 5. Raphe d. Medulla oblongata. Zeiss Apochr. 8 mm. Cam. luc. Fig. 6. Aquaeductus Sylvii. Reichert Obj.4. Oe.2. Fig. 7. Dasselbe. Reichert Obj. !/ı. Oc. 4. Tafel XXXV. Fig. 1. Plexus choroideus lateralis. Zeiss Apochr. 8 mm. Cam luc. Fig. 2. Corpus striatum. Dasselbe. Fig. 3. Corpus callosum. Dasselbe. Fig. 4. Infundibulum u. Processus infundibuli. Reichert Obj. 4. Oe. 3. Aus dem königl. anatomischen Institut zu Halle a. S. Beitrag zur Kenntnis des Stadiums der „primären in toto konzentrischen“ Knochenbildung. Von Dr. H. Meyburg. Mit 8 Textfiguren. Um eine erste ursächliche Einteilung des Entwicklungs- geschehens zu machen und dadurch ursächlich bereits annähernd Bekanntes von zur Zeit noch ganz Unbekanntem zu sondern, hat Wilhelm Roux im Jahre 1581 das ontogenetische Bildungs- geschehen in eine Periode der Bildung aus ererbten Gestaltungs- ursachen (verschiedener, zur Zeit unbekannter Art) und in eine ihr folgende Periode der Bildung durch die gestaltende Wirkung der Funktion eingeteilt. Erstere nannte er die embryonale Periode Kar &Soyyv oder die Periode der Organanlage, letztere die Periode des funktionellen Lebens (’8l S. 144, 180, ’85b S. 3, ’95 IS. 311, 348, 804 u. f. II S. 281, 909). Die embryonale Periode umfasst ausser der Anlage auch noch eine daran anschliessende Zeit des selbständigen, d.h. von der Funktionierung unabhängigen Wachstums und Er- haltens der angelegten Teile. Beide Perioden sind durch ein Zwischenstadium ver- bunden, indem die beiderlei Ursachen an der Weiterbildung des Angelegten beteiligt sind, die Ursachen der ersteren Periode in allmählich ab-, die der letzteren in allmählich zunehmendem Maße. Für die einzelnen Organe tritt die gestaltende Beteiligung des funktionellen Reizes zu sehr verschiedenen, von dem Beginne ihrer Funktionierung abhängigen Zeiten ein. Die Aufstellung dieser ursächlich verschiedenen Perioden ist zunächst vollkommen unabhängig von der in der deskriptiven Entwicklungsgeschichte gemachten Einteilung des Entwicklungs- geschehens in die Perioden der Organanlage aus den Keimblättern, der geweblichen Differenzierung und der weiteren Ausbildung der Organe. Es wird erst im Lauf vieljähriger Arbeit möglich sein, zu ermitteln, wie die Grenzen der kausalen Perioden Rouxs sich zu den Grenzen der Perioden dieser deskriptiven Einteilung stellen werden. 628 H. Meyburg: Ganz abgesehen davon ist aber durch diese kausale Ein- teilung für die ursächliche Spezialforschung eine grosse Reihe neuer Aufgaben gestellt; denn es muss für jedes einzelne Organ er- mittelt werden, wie weit seine Gestaltungen durch die ursächlichen Bildungsweisen der ersteren Periode hervorgebracht wurden, resp. auf welchem, deskriptiv unterschiedenen Stadium der Bildung der normale gestaltende Anteil des funktionellen Reizes beginnt, und von wann an er dann etwa die weitere Gestaltung und Erhaltungallein bestimmt. DieLösung dieser scheinbar sehreinfachen Aufgaben wird schon mit grossen Schwierigkeiten verbunden sein. Ehe aber diese, auf die erste Ermittlung des unsicht- baren Gestaltungsgeschehens gerichtete Aufgabe mit Erfolg in Angriff genommen werden kann, müssen wir über eine annähernd vollständige Kenntnis des bezüglichen, sichtbaren und daher der deskriptiven Forschung zugehörigen Bildungsgeschehens verfügen. In dieser Hinsicht zeigt unsere Kenntnis von den Bildungs- stadien der Knochenorgane trotz der bewunderungs- würdigen Leistungen vieler deskriptiver Forscher, wie H. Müller, VW. v. Ebner, A. Kölliker Bruch, Ollier) Viremesz Waldeyer, Kassowitz u. a. noch manche wesentliche Unvoll- ständigkeiten, zu deren Minderung inbezug auf einen Punkt nachstehend ein kleiner Beitrag geliefert werden soll. Zunächst ist anzuführen, was frühere Forscher, Tomes und de Morgan, v. Ebner und Kölliker, über die von ihnen unterschiedenen Stadien des Knochens berichtet haben. V.v. Ebner sagt in seiner grundlegenden Arbeit (75): „Es wird genügen, die beiden am schärfsten charakterisierten Typen, wie sie uns einerseits im Knochen des Erwachsenen in den Lamellensystemen, andererseits im fötalen und kindlichen Knochen in dem Wurzelstocke der periostalen Knochenbalken entgegentreten, als lamellöses und geflechtartiges Knochengewebe zu unterscheiden. Ich vermeide absichtlich für die letztere Gewebsform den Namen fötales Knochengewebe, einmal, weil bereits beim Kinde neben dem geflechtartigen auch undeutlich lamellöses Knochengewebe vorkommt, vorzüglich aber deshalb, damit der Name nicht der irrigen Vorstellung Nahrung gebe, die eine Gewebsform sei ein Entwicklungstadium der anderen.“ An einer anderen Stelle geht v. Ebner in der Knochenbildung. 629 Einteilung des Knochengewebes noch einen Schritt weiter, indem er noch zwischen die Typen des geflechtartigen und des lamellösen Knochengewebes bei dem Vogel, das parallelfaserige Knochen- gewebe einschiebt, von dem er sagt, dass es aus fast parallel- laufenden Faserbündeln bestehe, die durch Fibrillenaustausch nach allen Seiten hin sich zu gleichmässiger Festigkeit verbänden. Nach Aufzählung dieser drei Typen fügt er sofort hinzu: „Niemand denkt aber daran, diese Reihe als genetische in der Weise auf- zufassen, dass wirklich die erwachsenen Individuen diese Reihe durchlaufen können, indem sie successive ihren Charakter ändern. Es ist dies eine so augenfällige Absurdität, dass es überflüssig ist, dieselbe weiter zu erörtern. Kölliker (’89) teilt die Grundsubstanz der Knochen beim Menschen in zwei Varietäten ein, die er als Jlamellöse und srobfaserige Knochensubstanz unterscheidet. Die lamellöse erscheint nach ihm ebenfalls in zwei Unterformen, einmal als einfach lamellöse Knochensubstanz, die nur. aus Lamellen besteht und zweitensalslamellöser Faserknochen, der ausser den Lamellen auch noch Sharpey’sche Fasern enthält. Derselbe Autor bildet in seiner Gewebelehre (Band I) verschiedene Typen des Knochengewebes ab und fügt hinzu, dass das Knochengewebe, das sich innen am Periost bildet, in ver- schiedenen Lebensaltern des Individuums eine verschiedene Struktur zeigt. Er unterscheidet dabei, wie oben erwähnt, zwischen grobfaseriger und lamellöser Knochensubstanz. Die erstere, sagt er, findet sich beim Erwachsenen nur noch an wenigen Stellen, ist dagegen beim Fötus und Neugeborenen die einzig vorkommende. Was dieselbe auszeichnet, ist erstens der Mangel an gut ausgeprägten Lamellen, zweitens das Vorkommen grosser, unregelmässiger Knochenzellen, drittens die sehr zahl- reichen Sharpey’schen Fasern. Erst nach der Geburt tritt an Stelle der grobfaserigen Knochenanlage nach und nach lamellöser Faserknochen; zugleich findet eine Resorption des Knochens von innen nach aussen statt, sodass schon das Femur eines dreijährigen Kindes nichts mehr von der Knochensubstanz bei seiner Geburt aufweist. Diesen Angaben entsprechend ist aiso das neu gebildete Knochenorgan zuerst nur aus dem grobgeflechtartigen Knochen- gewebe gebildet; der Ablagerung dieses Gewebes folgt die 630 H. Meyburg: Bildung des lamellösen Faserknochens von Köllikers oder des parallelfaserigen Knochengewebes v. Ebners und erst zuletzt tritt das am strengsten typisch differenzierte lamellöse Knochengewebe auf. Später werden die beiden erstgebildeten Knochengewebe fast ganz resorbiert, sodass der Knochen des Erwachsenen, von kleinen Resten dieser ersten Gewebe abgesehen, nur noch aus echtem lamellösen Knochengewebe besteht. In der Anordnung dieser drei — zum Aufbau des Knochen- organs verwendeten — Gewebe treten nun mit ihrer Bildung zugleich typische Verschiedenheiten auf, die uns veranlassen, ausserdem Knochengewebe-Bildungsstadien besonderer Perioden der Knochenorganbildung zu unterscheiden. Das erste Knochenorganstadium fällt mit der Bildung der geflechtartigen Knochensubstanz zusammen, da zu dieser Zeit der Knochen allein aus obengenanntem Knochengewebe gebildet ist. Allgemein bekannt ist andererseits, dass das echte lamellöse Knochengewebe in zweierlei Anordnung abgelagert wird: erstens in Form von Generallamellen, in Lamellen, welche konzentrisch zur Achse des Knochens abgelagert werden, welche ununter- brochen (einige Volkmann’sche Kanälchen ausgenommen) einen grossen Teil der äusseren resp inneren Peripherie des Knochens umziehen, zweitens in Form der Havers’schen Lamellen- systeme. Damit ist gber das Typische in der vorkommenden An- ordnung der obengenannten Knochengewebe noch keineswegs erschöpft, sondern es kommt erstens noch eine, um die Achse des ganzen Knochens konzentrische Struktur vor, andererseits tritt auch die aus longitudinal gestellten Havers- schen Säulen gebildete Knochensubstanz nacheinander in zwei ver- schiedenen Anordnungen auf. Esschiebt sich zwischen das erwähnte Stadium der grobgeflechtigen Anlage und dasjenige, das uns als Typus der fertigen Knochenstruktur — ich nenne als Beispiel für letztere die Diaphysenkompakta der menschlichen Tibia — bekannt ist, ein Stadium des Knochens ein, auf das bereits Tomes und de Morgan!) aufmerksam gemacht haben. Sie fanden es in !) Da mir das Werk J. Tomes und Campbell de Morgan, Observ. on the structure and developement of bone, Philos. Transact. 1853; Tomes, „Osseous tissue“ in Cyclop. of Anatomy III, nicht zugänglich war, zitiere ich diese Autoren nach v. Köllikers und Gebhardts Arbeiten. 5) Knochenbildung. 631 den Knochen jugendlicher Säuger als eine typische Erscheinung und erwähnen es kurz als eine Art Zwischenstadium. Kölliker bildet (89, S. 272, Fig. 208, 209) dieses Zwischen- stadium ab und sagt bei Beschreibung der Havers’schen Kanäle folgendes darüber: „Fötale und unentwickelte Knochen (beim Menschen noch bei 16jährigen) zeigen auf Querschnitten fast keine quergetroffenen, sondern vorzüglich in der Richtung derTangentenundderRadienverlaufendeKanälchen, sodass die Knochen ganz aus kürzeren, dicken Schichten zu bestehen scheinen, von denen jede bei näherer Betrachtung als immer zwei Kanälchen angehörend sich ergibt, welche Trennung auch durch die blasse Mittellinie in jeder Schicht ausgedrückt wird.“ Näher geht er auf dieses Stadium nicht ein. W. Gebhardt bildet in seiner Arbeit (Arch. f. Entwickl.-Mech. XI, Taf. 18, Fig. 36, 44, Taf. 17, Fig. 35, 1901) dieses Stadium im Quer- und Tangentialschliff ab, nennt es das Stadium der „in toto konzentrischen Struktur“ und stellt fest, dass es bei jugendlichen Säugern sehr verbreitet ist, wobei sehr ver- schiedene Stufen der Vervollkommnung resp. Annäherung an einen von ihm als für dieses Stadium typisch geschilderten Rinder- knochen erreicht werden können. Er lässt sich etwa folgender- massen darüber aus: Es handelt sich um ein Stadium, das ab- wechselnd aus Gefässlagen und Knochenblättern besteht; letztere kompakten Zwischenschichten erstrecken sich parallel der Knochen- längsachse ohne Unterbrechung weithin, sodass die ganze Knochen- diaphyse sich als aus mit der Achse des Knochens konzentrischen dünnwandigen Einzelröhren, wie aus lauter ineinandergeschobenen Blechröhren zusammengesetzt sich darstellt, welche Röhren durch regelmässig radiär gestellte, ihre Flächen verbindende Brücken miteinander in Verbindung stehen. Diese konzentrisch geordneten Knochenplatten sind kanal- oder gefässfrei und haben einen grossen Längs- und Querdurchmesser, sind dagegen in radiärer Richtung sehr dünn, aber fast völlig gleichmässig dick, sodass die zirkulären Gefässlagen fast völlig parallel zu einander laufen, getrennt durch die erwähnten, überall ziemlich gleich dicken, massiven, radiären Zwischenlagen. Die Zwischenräume sind in radialer Richtung zusammenge- drückt, zeigen also auf Quer- und Radialschliffen ein viel schma- leres Lumen als auf Tangentialschliffen, wo die radialen Brücken 632 H. Meyburg: zwischen den Blättern, die jede durch eine geschlossene Kanälchen- masche abgegrenzt sind, auffallen. Genau wie die einzelne kon- zentrischen Knochenbalken- oder Blätter durch radiäre Brücken mit- einander in Verbindung stehen, kommunizieren die schon erwähnten, zwischen letzteren sich befindenden Kanälchenlagen ihrerseits auch durch radiäre Verbindungskanäle miteinander, an deren Durchtritts- stellen durch die konzentrischen kompakten Knochenbalken, die die letztere bildenden Lamellen ein zweifaches Verhalten zeigen. Entweder endigen die Lamellen wie abgeschnitten oder sie be- gleiten die Kanälchen, gleichfalls in radiären Verlauf umbiegend. Dadurch entsteht im Schnittbild ein Insichselbstzurückverlaufen der Lamellenrichtung, ein konzentrischer Bau der Blätter in sich. Die beiden Oberflächen der Blätter werden dabei von Lamellen- systemen gebildet, die je einer der beiden angrenzenden Gefäss- lagen entsprechen, derart, dass sie die Summe der an den Kanälchen dieser Lagen gehörigen Speziallamellen darstellen. Die ventrale Schicht der Blätter enthält die Kölliker’sche „blasse Mittellinie“, einen mehr oder weniger ausgedehnten Rest der grobgeflechtigen Anlage, auf welche sich die erwähnten Lamellensysteme niederschlugen. Diejenigen Kanäle, die die Lamellen ohne Rücksicht auf ihre Schichtung und ihren Verlauf radial durchbrechen, stellen die perforierenden Kanälchen dar. Dicke äussere und innere Generallamellen aus lamellösen Knochen vervollkommnen das Bild dieses Stadiums. Es handelt sich also um ein Stadium, in dem der ganze Knochen aus Netzen Havers’scher Kanalsysteme zusammenge- setzt erscheint, welche seine Kompakta in konzentrischer blätter- artiger Anordnung zusammensetzen; ein Stadium, das direkt aus der grobgeflechtigen Anlage des Knochens durch eine konzentrisch zu seiner Längsachse geschichteten Ausfüllung vorhandener weiter Kanäle hervorgeht. Diese entsprechenden Stadien sind von Gebhardt (No. 10, pg. 467—479, TI. II, pg. 190—197), (No. 11, pg. 68 u. fi, bes. 7I u. 72) beschrieben und zum Teil kausal gedeutet worden. Sie wurden früher als postfötal bezeichnet, was insofern nicht ganz zutreffend ist, als selbst bei ein und demselben Individuum die verschiedenen Knochen gleichzeitig alle diese Entwicklungs- stadien zur Anschauung bringen können. Dieses Zwischenstadium hat sich bei den an sehr vielen Tiergattungen angestellten Untersuchungen Gebhardts (Ol) ENGEREN EEE, "iss "ons un Knochenbildung. 633 nicht nur als ein sehr allgemein verbreitetes, sondern auch bei manchen Tieren, resp. bei einzelnen Knochen, als ein sehrlange anhaltendes herausgestellt welches sich gewisser- massen hinter die Periode der ersten Anlage der Knochen ein- schiebt. Nach diesem Stadium wird dann erst derjenige Knochen gebildet, der in seinem Aufbau die allgemein bekannte, als funktionelle Struktur gedeutete Anordnungsweise und Lokali- sation seiner gröberen und feineren Bauelemente aufweist. Die Entstehung und die spätere ganze oder teilweise Wiedervernichtung der Bildusgen dieses Zwischenstadiums sind noch einer näheren Untersuchung bedürftig, ehe eine kausale Deutung auch nur versucht werden kann. Es soll der Zweck dieser Zeilen sein, im Anschluss an das von Gebhardt darüber bereits Erhobene, an einer Reihe von Haussäugetier- knochen die betreffenden Vorgänge einer weiteren, freilich für kausale Zwecke auch noch lange nicht ausreichenden Betrachtung zu unterziehen; wie denn überhaupt erst das „analytische Experiment“ im Sinne Roux’s sicheren kausalen Aufschluss zu geben vermögen wird. Ferner soll uns hier zugleich der Ersatz der Knochensubstanz dieses Stadiums durch die spätere, mehr und mehr der Funktion angepasste Struktur des Knochens, welche in der Diaphysenkompakta fast durchweg aus Havers’schen Lamellensystemen besteht, die annähernd parallel zur Längsachse des Knochens liegen, inte- ressieren. Als Material der anzufertigenden Schliffe dienten Knochen vom Rind, Hammel, Kamel und Pferd; dazu kam noch eine s. Z. von Aeby angefertigte Schliffserie von der Ziege, die Herr Prof. Dr. A. Fischel in Prag so liebenswürdig war, uns zur Benutzung leihweise zu überlassen. Zu den Schliffen wurden teils macerierte Knochen verwandt, teils solche, die, nachdem sie etwa drei Wochen in 4°/o Formol- lösung und darauf in 96°/o Alkohol gelegen hatten, getrocknet worden waren. Die Schliffe selbst, denn solche wurden im wesent- lichen untersucht, wurden mittels Feilen nach der von Gebhardt angegebenen Methode (’UO) hergestellt, die ein ausserordentlich schnelles Arbeiten und die Anfertigung grosser Über- sichtsschliffe gestattet. Geschliffen wurden fast durchweg Metacarpi und Metatarsi der genannten Haustiere, und zwar 654 H. Meyburg: in den drei Normalebenen: quer, radial und tangential. Die Wahl fiel deshalb auf diese Knochen, weil diese bei sehr einfacher Gestalt und regelmässigem Aufbau ihrer Diaphysenkompakta unserer Erfahrungnach noch den Vorteil bieten, dass nämlich das in hiesiger Stadt übliche Schlachtalter der Tiere gerade mit dem Stadium der Knochenentwicklung für Metatarsus und Metacarpus des Rindes übereinstimmt, welches für uns am wünschenswertesten ist. Da auf Spongiosastruktur keine Rücksicht genommen zu werden brauchte, finden sich die zu schildernden Stadien doch nur in der Kompakta des Röhrenknochens, so stammen die meisten Schliffe etwa aus der Mitte der Diaphyse; Sehnenansatzstellen wurden wegen der Störungen durch besondere funktionelle Anpassungsstrukturen, dienach Gebhardts Beobachtungen an diesen Stellen gewöhnlich sind, bei dem engbegrenzten Zweck aussen. Periost innen. ig. 1. Querschnitt durch den Unterschenkel (Tibia) eines menschlichen Fötus (8 Monate. Vergr. 55.) meiner gegenwärtigen Untersuchungen zumeist vermieden. Das Alter der Tiere werde ich bei den einschlägigen Schliffen erwähnen. Meine Untersuchungen setzten ein bei den Stadien der ersten grobfaserigen s. geflechtartigen Anlage also bei dem Faserknochen. Dieser Knochen kommt, wie schon eingangs erwähnt, als ein Endprodukt periostaler Knochenbildung Knochenbildung. 635 bei erwachsenen Tieren nur noch an einigen Stellen vor, findet sich aber beim Fötus und Neugeborenen nach Kölliker als einzig vorkommende Art. Diese grobfaserige Knochenanlage besteht zuerst aus einem ziemlich atypisch verzweigten Netzwerk von Balken und Wänden, die zwischen sich eine grosse Anzahl von Lumina übrig lassen, deren Weite im Verhältnis zu der Balkendicke meist eine sehr erhebliche ist und zwar sind nach dem Lumen des Knochens zu die Hohlräume geräumiger und die Balken dünner als an der Peripherie des Knochens (Fig. 1). Auf beigefügter Figur zeigt sich uns die grobfaserige Anlage auf einem Querschnitt durch die Tibia eines 8monatlichen menschlichen Fötus, wir sehen gleich unter dem Periost eine Anzahl gänzlich unregelmässig gelagerter Hohlräume, die nach dem Lumen des Knochens zu wesentlich an Grösse zunehmen. Zwischen den einzelnen Hohl- räumen finden sich die Balken grobfaseriger Substanz, in denen die zahlreichen grossen sternförmigen Knochenzellen deutlich sichtbar sind. In diesen Hohlräumen befindet sich sogenanntes Markgewebe und im Zentrum der Hohlräume verlaufen Gefässe. In der groben Anordnung dieses Netzwerkes, besonders in den späteren Fötalstadien der grossen Röhrenknochen der Wieder- käuer zeigt sich bereits sehr deutlich eine zur Knochenachse im ganzen konzentrische Anordnung der Art, dass ein Teil der Balken in grösserer Ausdehnung zirkulär verläuft und dass die anderen Balken in Gestalt kurzer radiärer Brücken diese konzentrischen Schichten oder Blätter der Diaphyse mit einander in Verbindung setzen; dabei verlaufen natürlich auch die Hohlräume wesentlich in konzentrischen Lagen zwischen diesen Blättern. In jeder dieser in toto konzentrischen Hohl- raumlagen selbst ist eine maschenartige Verknüpfung der ein- zelnen Räume miteinander vorhanden und ebenso stehen die einzelnen Lagen miteinander wiederum durch radiär gestellte kurze weitere Kanäle in Verbindung. Es lässt sich kaum bezweifeln, dass diese gelegentlich sehr regelmässige Anordnung der grob- faserigen Anlage wesentlich dem Unstande zu danken ist, dass bei der periostalen Knochenbildung, die zur grobgeflechtigen Anlage sich vereinigenden Elemente, jedesmal von der (Grefäss- schicht des Periost (85) aus eine Schicht der in der geschilderten Weise angeordneten Gefässe in ihre Hohlräume einschliessen. = wo 6: H. Meyburg: Diese Art des Einbeziehens der Gefässe in den Knochen findet sich auch noch an späteren Stadien. Gleichzeitig sieht man dann auch, in welcher Weise die spätere lamellöse Ausfüllung dieser ursprünglich grobgeflechtigen mit ganz weiten Kanälen versehenen Anlagen stattfindet. So zeigt sich an einem Metatarsalquerschliff eines l4tägigen Kalbes (Fig. 2), wenn man von der Peripherie nach dem Zentrum hingeht, etwa folgendes. In den alleräussersten Lagen finden sich ziemlich dünne grobfaserige Balken (a) mit ausserordentlich weiten Markräumen (b) zwischen sich. Etwas weiter nach innen sind die Balken in der Richtung der Schicht dicker, während der Lumendurchmesser aussen Fig. 2. Querschliff durch den Metatarsus Eines 14 Tage alten Kalbes (Vergr. 55). a — grossfaserige Knochenbalken db — Markräume c — lamellöse Auflagerung d— blasse Mittellinie (Rest der grossfaserigen Anlage) e = Havers’sche Säulen. der Hohlräume entsprechend abgenommen hat und zwar durch zum einzelnen Hohlraumlumen kKonzentrisch erfolgte lamellöse Anlagerung (c), durch die die Wände und Balken verdickt, die Lumina dagegen verengert werden. Dieses gegenseitige Ver- hältnis steigert sich in demselben Sinne sehr rasch bei 4—5 Knochenbildung. 657 zum ganzen Knochen konzentrischer Lagen, bis fast ganz innen in der Nähe der Markhöhle die Hohlräume auf den Durchmesser enger Havers’scher Kanälchen (e) herabgesunken sind. Die dem- entsprechend nach innen zu fast den ganzen Raum einnehmenden Balken zeigen daselbst eine zugleich konzentrisch um die einzelnen Hohlräume resp. Havers’schen Kanäle geordnete lamellöse Schich- tung und damit einen Aufbau aus feinfaserigen lamellösen Knochen. Kehren wir noch einmal zur Peripherie des ganzen Knochens zurück, so können wir leicht konstatieren, dass sich dieser fein- faserige und zugleich lamellöse Knochen an die Wand der hier noch ganz weiten Hohlräume auf die grobgeflechtige Anlage niederschlägt und zwar werden, wie erwähnt, die Hohlräume von aussen nach innen zu,.d. h. von der Peripherie des Knochens nach dem Zentrum hin durch immer neue Anlagerungen feinfaserigen, lamellösen Knochens verengert, dabei nimmt die grobfaserige Grundlage nach innen zu scheinbar an Menge stetig ab. Ich muss es dahingestellt sein lassen, ob diese Abnahme eine wirkliche ist und auf Reduktion einer ursprünglich dickeren Anlage beruht. oder ob sie mehr ein wesentlich optisches Phänomen ist. indem nämlich der dichte Einschluss zwischen die annähernd gleichstark, lichtbrechende, feinfaserige Knochen- substanz die Erkennbarkeit. der grobgeflechtigen Bezirke an den Rändern vernichtet. Das letztere erscheint wahrscheinlicher, weil sich stellenweise noch erhebliche Reste von grobfaseriger Substanz auch in den schon ganz lamellös ausgefüllten Bezirken erkennen lassen. In ganz allgemeiner Verbreitung bleibt je ein sehr schmaler Streif der grobfaserigen Substanz erhalten und zwar in der Mitte der je zwei Kanälchen trennenden Knochensubstanz. Dieser Rest ist indentisch mit der von Kölliker mit dem Namen .‚blasse Mittellinie‘ bezeichneten Substanz (d). Es deckt sich nun schon in diesem hier vorliegenden Stadium die Beschaffenheit der Hauptmasse des Knochens mit dem Bilde das Kölliker, Tomes und de Morgan als das, des eingangs erwähnten Zwischenstadiums beschrieben haben, auf das wir jetzt an Hand von Präparaten eingehen wollen. Je nach dem Alter der Tiere kommen verschiedene Bilder dieses Zwischenstadiums zu Gesicht. Bei jüngeren Tieren z.B. an einem Humerusquer- und Längsschliff einer 8 Tage alten Ziege laufen dicht unter dem Periost, das eine ziemliche Dicke 638 H. Meyburg: besitzt, gleich eine grosse Anzahl weiter Kanäle parallel der Knochenperipherie. Diese in verschiedenen Lagen angeordneten, unter sich und zur Achse des ganzen Knochens ebenfalls wieder konzentrisch verlaufenden Kanäle stehen miteinander durch kürzere, radiär gestellte Verbindungskanäle in Kommunikation. Diese radiären Kommunikationen sind, wie wir noch bei der Be- schreibung der Tangentialschliffe sehen werden, nur teilweise kon- zentrisch umwandet, indem nämlich nur stellenweise die Lamellen eines tangentialen Balkenstückes umbiegen, dabei die Radiär- verbindung begleiten und dabei eine Art seitlichen Abschlusses des Bälkchens bewirken, wodurch dieses selbst um die blasse Mittellinie konzentrisch geschichtet erscheint. Zwischen den einzelnen Kanälchen finden sich nun Knochenbalken eingelagert, deren Dicke ungefähr dem Lumen der Kanäle entspricht. In diese Knochenbalken, die schon eine Jamellöse Schichtung erkennen lassen, sind grosse, unregelmässig gestaltete, manchmal miteinander in Verbindung stehendeKnochenzellen eingelagert; ausserdem fällt bei diesen Knochenbalken auf, dass sie in ihren zentralen Schichten aus einer wesentlich dunkleren Partie be- stehen, während sie nach dem Lumen der Kanäle zu sich auf- hellen, in dieser letzteren Zone sind auch die lamellösen Schichten des Balkens deutlicher zu erkennen. In diesem jungen Stadium der in toto konzentrischen Anlage sind also die Knochenbalken und die Lumina der Kanäle fast gleich breit. Je älter nun das Individuum wird, desto enger werden die Kanäle und um so breiter die einzelnen Balken, bis wir zu einem Endstadium dieses Knochens kommen, von dem Kölliker, wie schon angeführt (89) sagt, dass es aus kürzeren, dickeren Schichten zu bestehen scheine, von denen eine jede als je zwei Kanälchen zugehörend sich ergäbe, welche Trennung durch die blasse Mittellinie sich kennzeichne. Da dieses Knochenstadium aus abwechselnden, zur Oberfläche parallelen Lagen von Knochenbalken und Gefässnetzen besteht, und letztere miteinander durch die Knochensubstanz der Balken oder Platten radiär durchsetzende Kanäle, in Verbindung stehen, so treffen wir auf Tangentialschliffen zwei verschiedene Bilder (vergl. auch Köllikers Figuren (S. 272, Fig. 208). Ent- weder liegt der Schliff so, dass der Bereich des Gesichtsfeldes von einem in der Objektebene liegenden Kanalnetz eingenommen ist, er verläuft dann also an dieser Stelle in der Gefässlage. Knochenbildung. 639 Oder aber man sieht im Gesichtsfelde überwiegend Knochen- substanz und in ihr, in meist ziemlich regelmässiger Verteilung, runde Löcherchen, die quergetroffenen Verbindungskanälchen entsprechen. Diese verbinden also selbst radiär verlaufend zwei der von aussen nach innen aufeinander folgenden, zur Achse des ganzen Knochens konzentrisch verlaufenden Kanälchenlagen. Die zwischen den Kanälchen gelegene Knochensubstanz zeigt ein sehr verschiedenes Aussehen, je nachdem an der ins Auge gefassten Stelle gerade eine Partie grobfaseriger Substanz, oder feinfaserigen lamellösen Knochengewebes von der Schnittebene getroffen ist. Im ersteren Falle präsentieren sich die Knochenkörperchen mit 5 Tr N a I 3 Erg R + ln Harder” Fig. 3a. Tangentialschliff durch den Metatarsus eines Rindes. (Vergr. 355) a Gefässlagen s. Kanalnetz relativ grossem, meist in der Ebene des grössten Schnittes getroffenen Leib. Die Ausläufer sind bei ihnen zahlreich, dicht verfilzt, an den meisten Stellen gehen sie sehr bald in die über- aus zahlreichen Lücken in der Grundsubstanz über, sodass sie sich nicht weiter verfolgen lassen. In verschiedenen Bezirken’ des Knochens zeigt sich auf dem Diaphysenquerschnitt, statt der Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 42 640 H. Meyburg: im allgemeinen konzentrischen Blätterlage eine mehr radiäre Anordnung, dieselbe entsteht dadurch, dass die radiären kon- zentrisch umschichteten Kanalverbindung sich in diesen Bezirken verlängern und stark vermehren, wodurch die tangentiale Aus- dehnung der zwischen ihnen gelegenen Blätterstücke vermindert, die radiäre dagegen vermehrt wird. Man kann also hier ebenso- gut sagen, dass die Blätter und die Kanalnetze eine überwiegend radiäre Anordnung zeigen. Ein prinzipieller Unterschied der ganzen Anordnung ist dadurch in keiner Weise gegeben, wie das Verhalten der lamellösen Schichtung, das man leicht an den verschiedenen Ansichten der Knochenkörperchen erkennt, überall nachweisen lässt. Diese Stellen, mehr radiärer Anordnung, finden sich besonders im Bereich von Knochenkanten und im Bereich von Sehnen und Ligamentansätzen. An Querschliffen durch den Metatarsus eines Rindes im Alter von 1!/.—2 Jahren (Fig. 3b), der dieses Zwischenstadium in seiner fertigen Ausbildung sehr gut erkennen liess, verlaufen konzentrisch zur Peripherie der Diaphyse gröbere Lagen von Knochen, Blättern oder Balken, die ihrerseits selbst wieder aus aussen % Hav. Kanäle Fig. 3b. Querschliff durch den Metatarsus eines 1'/»jährig. Rindes. Primäre in toto konzentrische Anordnung. (Vergr. 55.) feinsten Lamellen zusammengesetzt sind. Zwischen diesen Blättern verläuft nun ein reiches Gefässnetz, dessen Kanäle im Verhältnis zur Dicke der Blätter, die sie umspinnen, sehr eng sind. Zwischen diesen untereinander einerseits und zur Peripherie Knochenbildung. 641 andererseits parallel laufenden Gefässsträngen bestehen nun zwei Arten radiär gestellter Verbindungskanäle, erstens solche, die immer zwei Knochenblätter oder Balken voneinander trennen, die also stets am Ende eines Knochenbalkens verlaufen und dann solche, die ohne jede Rücksicht auf dessen Schichten in den Balken eindringen; welch letztere Kanäle man auch als per- forierende bezeichnet hat. An den Stellen, an denen diese Kanälchen die Balken trennen, enden die feineren Lamellen letzterer teils wie abgeschnitten, teils begleiten sie diese Kanälchen, dann aber ebenfalls in radiärer Richtung umbiegend, während sie bei der ersten Art der Endigung ihre Richtung nicht geändert haben. Meistens erscheinen z. B. auf einem (uerschliff die beiden Enden der Knochenbälkchen abgerundet, an manchen Stellen hat es den Anschein, als ob mehrere dieser Bälkchen miteinander verschmolzen oder ineinander übergegangen wären. Betrachtet man ein einzelnes Bälkehen näher, so kann man an ihm deutlich zwei verschieden gefärbte Zonen unterscheiden, eine äussere helle und eine innere dunklere, die ihrerseits wiederum um eine feine Linie oder strichförmige hellere Grundsubstanz (Köllikers blasse Mittellinie) konzentrisch angeordnet erscheint. Was die Form der Knochenkörperchen betrifft, so kann man sehen, dass ihre Form um so unregelmässiger ist, je weniger dicht die Substanz ist, in der sie eingelagert sind. Innere sowie äussere Generallamellen schliessen dieses Stadium an seinen Peripherien ab und zwar haben dieselben eine auffallende Dicke. Sie bestehen aus lammellösen Knochen und werden in ihrem Verlauf nur ab und zu von einem Gefäss. das in radiärer Richtung verläuft, durchbrochen, niemals aber biegen ihre Lamellen zur Begleitung dieses Gefässes um, wie wir es von den Knochen- lamellen des in toto konzentrischen Stadiums gesehen und beschrieben haben. Die Generallamellen haben also keinerlei (remeinschaft mit den Knochenbalken des Zwischenstadiums, sie sind eine langsamer vor sich gehende Bildung des Periost, während die in toto konzentrische Anlage schnell wachsend aus Aus- füllungsprozessen hervorgegangen ist. Die Anlage der Grund- lamellen entspricht der eingangs erwähnten funktionellen Periode. Aber auf diesem Zwischenstadium der Entwicklung bleibt der Knochen nicht stehen und zwar fängt seine weitere Umbildung meist an den Schichten an, die der Markhöhle am 42* 642 H. Meyburg: nächsten liegen, sodass man an geeigneten Schliffen an der Peripherie des Röhrenknochens noch die eben geschilderten Strukturverhältnisse findet, nach dem Zentrum hin aber schon die Stadien einer weiteren Umwandlung erkennen kann. Was den Zeitpunkt anbetrifft, in dem diese Umwandlung stattfindet, so ist es eigentümlich, dass sie immer mit dem Zeitpunkt überein- stimmt, an dem die knorpelige Epiphysenlinie anfängt zu schwinden. Es sei dies hier nur kurz erwähnt, nähere Untersuchungen anzustellen habe ich mir für später aufgespart. Der erste Anstoss zu dieser weiteren Umwandlung geht von den in den Havers’schen Kanälen verlaufenden Gefässen aus, aussen Resorptions- räume innen Fig. 4a. \ Querschliff durch den en. eines Hammels. (Vergr. 60). indem letztere zuerst die Wandung der Känäle selbst arrodieren. Diese werden breiter und nun brechen neue Gefässe von allen Seiten in den in toto konzentrisch lageweise gebauten Knochen ein, oder, wie es an manchen Präparaten der Fall gewesen zu sein scheint, es wachsen neue Gefässe einander entgegen und an der Stelle ihrer endlichen Vereinigung wird fast stets ein neuer grösserer Resorptionsraum geschaffen, der sich durch Einschmelzen der ihn umgebenden Knochensubstanz immer mehr und mehr vergrössert. Auf die nähere Beschreibung solcher Resorptions- räume kommen wir später noch zurück. So sehen wir denn zunächst, dass die langen Knochenbalken wiederum durch zumeist radiär verlaufende perforierende Gefässe in: mehrere kleinere zerfallen, dass zwischen ihnen sich Hohlräume bilden,: dass die Knochenbildung. 645 sie abgrenzenden Havers’schen Kanäle grösser werden, sich manchmal lakunenartig erweitern, und dass die Substanz der Knochenbalken bedeutend reduziert wird Aber trotzdem lässt die ganze Struktur des Knochens noch nichts von einem aus typisch längsverlaufenden Havers’schen Säulen zusammen- gesetzten Bau erkennen, der die Diaphyse des fertigen Knochens charakterisiert, vielmehr herrscht der in toto konzentrische Charakter immer noch, wenn auch in der Schlifffläche aus kleinen aussen = I — lamellöser Knochen perf. Gefässe „urn m ———t ER Raser} = = SA ae — R — ee r —— Resorptionsräume innen Fig. 4b. Längsschliff (radiär) durch den Mas eines Hammels. (Vergr. 60.) Segmenten bestehend, vor. Auf dem Querschliff durch den Metatarsus eines 1—1!/s Jahre alten Hammels (Fig. 4a) der dieses Einbrechen der Gefässe sehr gut zeigt, sehen wir in der Mitte des Bildes, eingefasst von zwei, teilweise auch schon in kleinere Segmente zerlegten in toto konzentrischen Knochenbalken einen dritten, der eine ganze Anzahl, teils runder, teils länglicher Resorptionsräume aufweist. Dieser Balken zeigt auch schon vier um die runden kleineren Resorptionsräume konzentrisch lamellös 644 H. Meyburg: angelegte Havers’sche Säulensysteme, die zwischen sich, als Reste der in toto konzentrischen Substanz, Schaltlamellen haben. Diese Havers’schen Säulen zeigen natürlicherweise noch eine in toto konzentrische Anordnung, wie sie sich aus ihrer Entstehung selbstverständlich ergeben muss. Nach der inneren Peripherie des Bildes hin nehmen die Resorptionsräume sowohl an Zahl, als auch an Grösse wesentlich zu, während nach aussen hin der in toto konzentrische Charakter noch die Oberhand hat. Ver- gleiche auch Fig. 4b, die einen Längsschliff derselben Herkunft zeigt. Resorptionsräume und perforierende Kanälchen sind zahlreich und deutlich zu sehen. Das wichtigste bei dieser Umbildung sind die oben schon erwähnten Resorptionsräume, die sowohl im Verlauf der vorher bestehenden Gefässnetze als auch besonders im Verlauf der neuen, aussen Querschliff durch den Metatarsus eines Kamels. (Alter unbestimmt.) (Vergr. 55.) a —= Resorptionsräume, d = lamellöse Auskleidung derselben, c — Havers’sche Säulen. das in toto konzentrische System perforierenden Gefässe ent- stehen. Diese Resorptionsräume (Fig. 5 und 6), die ich stets an den der Markhöhle zunächst liegenden Schichten habe RE Knochenbildung. 645 auftreten sehen, haben eine unregelmässige manchmal polygonale, ja bisweilen fast runde Gestalt, und zwar erscheinen sie in den meisten Fällen in radiärer Richtung erheblich schmaler als in tangentialer. An manchen Stellen ragen arrodierte Knochenkuppen in das Lumen hinein. An Längsschliffen lassen sie sich auf ziemlich weite Strecken hin verfolgen, an einzelnen Stellen liegen sie scheinbar gänzlich isoliert in der sie umgebenden Knochen- substanz, an anderen stehen sie durch ein oder mehrere oft deutlich erweiterte Kanäle mit ihren Nachbarräumen in Ver- bindung, an anderen wieder sind zwei oder mehrere solche Räume zu einem grösseren Resorptionsraum verschmolzen. Fast überall lässt sich aber eine Verbindung dieser Räume mit einem Kanal des Gefässnetzes oder einer unregelmässigen Masche eines per- forierenden Kanälchens konstatieren; an Stellen wo dies nicht der Fall ist, trifft die Schuld wohl allein die ungünstige Lage der Schlifffläche. Fig. 6. Querschliff durch den Metatarsus eines Kamels. Resorptionsräume (Vergr. 235). a — Havers’sche Säulen, d = Resorptionsräume, ce = lamellöse Auskleidung, = fertiger lam. Knochen. Kommt die Resorption zum Stillstand, so beginnt eine neue Anhäufung von Knochensubstanz von der Peripherie her und zwar wird die Wand der Räume zunächst von einer geschichteten oder besser gesagt faserigen Masse austapeziert (Fig. 6). Diese Schicht lässt in ihrer weiteren Entwicklung einen lamellösen Bau erkennen, zunächst fällt aber ins Auge, dass sie ausser einer steil spiralig laufenden Faserrichtung auch eine deutlich radiäre Strichelung aufweist. Alle Unebenheiten, alle in die Resorptionsräume an Stellen schneller stattgehabter Resorption, hineinragenden zipfelförmigen Fortsätze der 646 H. Meyburg: arrodierten Knochenbalken werden durch diese Schicht verdeckt und ausgeglichen. Im weiteren Verlauf nimmt diese Schicht an Dicke zu und man erkennt dann im Schliff eine durch feinste körnige korpuskuläre Elemente bräunlich gefärbte Masse, die der innersten Lamelle des Hohlraumes eng anliegt. Mit zunehmender Stärke wird auch die lamellöse Schichtung deutlicher und lässt zugleich eine dem Lumen konzentrische Anordnung erkennen. Je loser und grobfaseriger die Zusammensetzung der erwähnten Schicht ist, um so leichter ist es dem Canadabalsam möglich, die Schichten zu durchdringen. So kommt es, dass an diesen grobfaserigen Stellen von Knochenzellen nichts zu sehen ist, obwohl solche vorhanden sein müssen, wie die spätere Entwicklung zeigt. An den mehr peripheren Schichten der neuangelegten Balken dagegen, wo auch die Einlagerung von Kalksalzen in das hier viel feinfaseriger gebaute Gewebe beginnt, kann der Balsam nicht eindringen und so bekommen wir in diesen Schichten die Knochenkörperchen zu Gesicht, die ziemlich zahlreich sind und konzentrische Anordnung aufweisen. Die erwähnten korpuskulären Elemente bestehen in dicht verfilzten Fäserchen und Körnerchen, die im Längsschliff heller als im Querschliff erscheinen, in dem sie nur eine dichte Punktierung erkennen lassen. Allmählich werden nun diese Räume immer kleiner durch Anlagerung neuen Knochens, der dann den ganzen beschriebenen Entwicklungsgang durchmachen muss, bis ein vollständiger Er- satz dieser Massen durch echten lamellös konzentrisch geschichteten Knochen stattgefunden hat, der dann im Innern das allen wohl- bekannte Bild des fast kreisrunden Havers’schen Kanälchen- systems aufweist. Dabei findet dann allmählich ein Deutlicher- werden der Knochenkörperchen und seiner Ausläufer statt. Der vorhergegangenen Bildung — deren Urheber in der korpuskulären Masse zu suchen sind — von lamellösen konzentrisch angeordneten, aber noch keine spezifischen Merkmale des Knochen- gewebes aufweisenden Grundsubstanz, folgt dann das allmähliche Ablagern von Kalksalzen. In der Verkalkung selbst finden sehr grosse Unregelmässig- keiten statt; man findet Kanälchenquerschnitte mit nur noch sehr engem Gefässlumen, bei denen gleichwohl eine vollständige Ver- kalkung offenbar erst einen Teil der dasselbe bildenden Lamellen Knochenbildung 647 betrifft. Es ist dabei nicht einmal immer die alleräusserste Zone die verkalkt, vielmehr scheint bei der Verkalkung soviel sicher, dass keineswegs gleichzeitig mit der Lamellenbildung durch die schichtweise Anlagerung der Grundsubstanzfibrillen die Verkalkung ganz unmittelbar gleichzeitig mit der Bildung jeder einzelnen Schicht erfolgt. Es bildet sich vielmehr (analog mit der Bildung des pathologischerseits als ostoides bezeichnetes Gewebe), wie Pommer (85) es beschrieben hat, häufig die Struktur zunächst grösstenteils unverkalkt aus und die Verkalkung findet erst nach- träglich teilweise sehr unregelmässig statt.) Ein sehr eigentümliches Bild weisen Schliffe von Knochen auf, die nahe am Abschluss ihrer Umwandlung stehen. Hier sieht man in die früher in toto konzentrischen dem Lumen parallel laufenden Knochenbalken immer nur ein Gefäss als Zentrum 2—3 solche in sich konzentrisch gebaute Säulenquer- schnitte eingelagert, die miteinander fast regelmässig durch Kanälchen in Verbindung stehen. Zwischen denselben ist natur- gemäss eine manchmal breitere, manchmal schmälere Schicht des früheren nicht mit der [Resorption anheimgefallenen Knochens der in toto konzentrischen Anordnung stehen geblieben, die jedenfalls Teile dessen darstellen, das wir uns als Schaltlamellen zu bezeichnen gewöhnt haben. Das vorstehende gilt für den Fall, dass sich die Resorptionsräume und die später in ihnen entstehenden konzentrisch geschichteten Havers’schen Längs- säulen im Anschluss an perforierende Kanälchen im Innern der ursprünglichen Balken entwickelt haben. In diesem Falle wird zuerst die blasse Mittellinie, somit der letzte Rest der grob- geflechtigen Anlage aufgezehrt, während von der in toto kon- zentrischen Zwischenstruktur Reste stehen bleiben. Entwickeln sich die Resorptionsräume und ihre spätere Ausfüllung jedoch im Anschluss an das spezifische Gefässnetz des Z/wischenstadiums, also zwischen den Balken desselben, dann werden diese von der Peripherie aus angefressen und es bleibt schliesslich in der Mitte zwischen den neuen Havers’schen Säulen hier und da ein zwickelförmiger Rest aus dem Bezirk der blassen Mittellinie über. In diesem Falle bleiben also im Gegensatz zu ') Die feinere Untersuchung des hier nach Schliffen geschilderten Vorgangs mit Hilfe entkalkter und entsprechend gefärbter Präparaten sollte hier noch nicht berücksichtigt werden. 648 H. Meyburg: vorhin Reste der grobgeflechtigen Knochensubstanz übrig, während die Bildungen des Zwischenstadiums vollständig verschwinden können. Derart umgewandelte Knochen bildet Gebhardt (01) vom menschlichen Humerus ab, sie finden sich aber auch sehr zahlreich in meinen Präparaten. Und so haben wir denn als Schluss des eben geschilderten Vorganges eine Diaphysenkompakta vor uns, die im wesentlichen aus kreisrunden konzentrisch lamellös geschichteten Havers’schen Säulen aufgebaut ist. Hierbei laufen die typischen Havers’schen Knochenröhren parallel zu einander und parallel zu der Längs- achse des Knochens. Durch immer neu auftretende Resorptionsvorgänge mit nachfolgender Bildung neuer Havers’scher Kanäle werden die zuerst entstandenen Kanäle wieder aufgezehrt; die Röhren selbst lassen nämlich nicht immer einen vollkommen intakten Bau er- kennen, sondern sie sind sogar ziemlich häufig bald mehr bald weniger durch Resorptionsvorgänge reduziert, sei es. dass sie an einzelnen nur unmerklich arrodiert sind, sei es, dass sie an anderen zu Bruchstücken umgewandelt wurden, die nichts mehr von einer früheren Havers’schen Säulenstruktur erkennen lassen. Bei noch älteren Tieren geht allmählich durch diese fort- währende Umbildung, und zwar vielleicht weil gerade die älteren Gewebeteile zwischen den Kanälchen ihrer lockeren Struktur wegen besonders zur Bildung von Resorptionsräumen bevorzugt werden, jede Andeutung an diese früher in toto kon- zentrische Anordnung verloren. Aber in den inneren und äusseren Generallamellen und deren Resten ist eine zweite in toto konzentrische Struktur hergestellt worden. Das Knochen- schliffbild eines alten Tieres zeigt uns daher die regelloseste Anordnung kleiner und grösserer Havers’schen Röhren, die aber fast immer durch quere oder schiefe Kanäle miteinander in Kommunikation stehen; ja sehr häufig gehen letztere Kanälchen durch die äussere Generallamelle und stellen so eine Verbindung mit den periostalen Gefässen dar. Wir haben dann also als Endprodukt den uns als typisch bekannten Knochen, der besten Falles aus den äusseren und inneren Generallamellen besteht, die zwischen sich die zahlreichen konzentrisch geschichteten Havers’schen Knochensäulchen mit ihrem zentralen Gefäss einschliessen. Die Lücken zwischen den Knochenbildung. 649 einzelnen Säulen werden, wie bekannt, durch die interstitiellen oder Schaltlamellen ausgefüllt, die Bruchstücke und letzte Reste der in toto konzentrischen Knochenbildung darstellen und einer- seits aus äusseren Grundlamellen bestehen, die durch das Appositionswachstum tief ins Innere gelangt sind; sowie anderer- seits aus Resten von Havers’schen Speziallamellen gebildet werden. Ebner’sche Knochen Brececie (75). Die längst bekannte und vorstehend in ihrem zeitlichen Vor- kommen und ihrer Anordnung etwas genauer geschilderte erst nach- trägliche Bildung des Jamellösen Knochens und seine Ablagerung auf und zwischen die früher gebildete geflechtartige Knochensub- stanz entspricht in diesem zeitlichen wie in ihrem Lageverhältnis der Annahme Roux’s (’85 a, S. 502; ’95 II, S. 230), dass von den vielen Stellen des Körpers, wo Druck- und Zugwirkungen stattfinden und zugleich zur Bildung von Knochengewebe geeignetes Blastem vorhanden ist, doch nur an denjenigen Stellen das typisch gebaute lamellöse Knochengewebe gebildet werden kann, wo durch eine harte Substanz bereits ziemlich vollkommener Schutz vor Abscheerung geschaffen worden ist, dass dagegen für die Möglichkeit der Bildung des weniger typisch strukturierten geflechtartigen Knochengewebes schon ein geringerer Schutz vor Abscheerung ausreichend ist Umgekehrt hält Roux die Abscheerung ausser Druck ev. wechselnd mit Zug nach dem Aufhören der vollkommenen Selbsterhaltungsfähigkeit des Knorpelgewebes für den spezifischen funktionellen Lebens- reiz dieses Gewebes und leitet aus ihrer Lokalisation auch die Lage und Gestalt der Epyphysen ab (loco eit. pg. 501 resp. 228). Ob diese zunächst phylogenetischen Annahmen aber auch für die Ontogenese gelten, ob also zur ontogenetischen Bildung des ersten lamellösen Knochens oder auch schon des geflechtartigen Knochengewebes die funktionellen Reize nötig sind, muss aber, wie Roux selbst betont hat, erst noch auf experimentellem Wege ermittelt werden. Ohne diese direkte Ermittelung müssen wir nach ihm mit der allgemeinen Erfahrung rechnen, dass dasselbe an strukturellen Leistungen, was später nur unter Wirkung der funktionellen Reize möglich ist, in früherer Periode der Ontogenese aus anderen Ursachen ohne diese Reize hervorgebracht werden kann und vielfach hervorgebracht wird, wenn auch phylogenetisch die Entstehung ursprünglich durch 650 H. Meyburg: funktionelle Reize veranlasst war (’85a, S. 503; ’95 I, S. 231). Zusammenfassung. Es hat sich also bei unseren Untersuchungen in Bestätigung und Erweiterung der Resultate von Tomes und de Morgan, v. Kölliker, V. von Ebner, sowie W. Gebhardt folgendes ergeben: Erstens. Unmittelbar an die erste atypisch-netzförmig geordnete, aus grobgeflechtigem Knochengewebe gebildete Anlage der Diaphyse der Röhrenknochen unserer grossen Säuger schliesst sich ein Stadium, das durch die Bildung von konzentrisch um den ganzen Skeletteil geordneten, aus geflechtartigen Knochen gebildeten Blättern charakterisiert ist. Die Zwischenräume zwischen diesen Blättern sind daher gleichfalls konzentrisch und werden von entsprechend konzen- trischen Netzlagen von Blutgefässen eingenommen. Es folgt ein Ausfüllungsvorgang der diese Gefässe bergenden Hohlräume durch feinfaserige, lamellöse Knochensubstanz, deren ganze Blätter (grobfaserige Anlage und lamellöse Auflagerung) demnach wiederum überwiegend in toto konzentrisch geordnet sind, während im einzelnen betrachtet, ihre Lamellenschichtung konzentrisch um die einzelnen Gefässgruppen herum stattgefunden hat. Durch diese zur Achse des ganzen Knochens konzentrisch gerichteten Knochenablagerungen entsteht eine typische Struktur, die, wie W. Gebhardt und ich fanden, bei verschiedenen Tieren sehr verschieden lange persistiert, ehe sie ganz oder zum grössten Teil wieder zerstört und durch die allgemein bekannte, aus Generallamellen und Havers’schen Säulen gebildete Struktur ersetzt wird. Sie stellt also nur eine Zwischenstruktur dar. Die zur Achse des ganzen Skeletteiles konzentrischen Blätter dieses Zwischenstadiums sind- also wohl zu unterscheiden von den erst später auftretenden, gleichfalls in toto konzentrischen General- lamellen, die durchweg aus feinfaserigem, lamellösem Knochen- gewebe gebildet und häufig von Sharpey’schen Fasern durch- setzt sind. Diese von Gebhardt als in toto konzentrische Struktur bezeichnete Anlage kann der späteren, aus den General- lamellen gebildeten, gleichfalls in toto konzentrischen aber sekundären Struktur daher, entsprechend einemVorschlage Roux’, als „primäre in toto konzentrische Knochenstruktur“ Knochenbildung. 6öl gegenübergestellt werden. Über ihre Ursache liegen allein einige Äusserungen Gebhardts vor (No. 10 S. 472. No. 11 8. 68— 71, Th. II S. 190— 197). Dieser bringt sie einerseits mit dem iso- lierten Bestehen der noch nicht knöchern mit der Diaphyse ver- einigten Fpiphysen, andererseits mit verschiedenen anderen Ursachen in Verbindung: mit dem Beginne der Verwendung als Zug- und Lasttiere und mit der damit zeitlich zusammenfallenden Pubertät, sowie — mit besonderen Lage- und Beanspruchungs- verhältnissen (bei einzelnen Wirbeltieren, z. B. Kängurus und Nägelu). Demnach ist sie als in den manchmal sehr lang dauernden Übergang der von Roux unterschiedenen kausalen Perioden der Entwicklung gehörig zu betrachten. Zweitens. Diese Struktur wird durch überwiegend longi- tudinal sich erstreckende Resorptionsräume zerstört, die in letzter Linie aus den vorhandenen (perforierenden und anderen) Gefäss- bildungen durch Neubildung und Erweiterung der Gefässe her- vorgehen. Durch Ausfüllung der so gebildeten Räume mit Havers’schen Lamellensystemen entsteht die spätere, durch das v. Ebner’sche Schema bezeichnete, allgemein bekannte Struktur der Diaphysenkompakte. Drittens. Der Ersatz der „primären in toto konzentrischen Struktur‘ findet bei verschiedenen Säugetieren, sowie bei ver- schiedenen Knochen desselben Tieres in sehr verschieden hohem Grade statt. Bei manchen Knochen kommt es überhaupt nicht zum völligen Schwund der primären in toto konzentrischen Struktur und zum entsprechenden Ersatz durch die überwiegend längs verlaufenden Havers’sche Lamellensysteme. Bei anderen Tieren, resp. Knochen, ist der Schwund und der Ersatz zwar ein vollständiger, aber die Havers’schen Systeme stellen durch die Art ihrer reihenweisen Gruppierung selbst wieder eine Art in toto konzentrische Anordnung dar, wobei sie entweder durch Reste der grobfaserigen Anlage oder durch Reste der lamellös geschichteten Balken des zweiten Stadiums voneinander getrennt sind. Endlich in den höchsten Graden der Umbildungsvorgänge werden, wie bekannt, viele dieser zuerst. entstandenen längs ver- laufenden Havers’schen Säulen unter erneuten Resorptions- und Appositionsvorgängen grösstenteils oder ganz wieder resorbiert und von neu gebildeten Havers’schen Säulen ersetzt, wobei 652 H. Meyburg: Knochenbildung. dann jede an den „primär in toto konzentrischen Aufbau“ des Knochens erinnernde Anordnung verloren zu gehen pflegt. Schliesslich sei es mir gestattet, Herrn Geheimrat Roux und Herrn Privatdozent Dr. W. Gebhardt für mannigfache Unterstützung bei dieser Arbeit meinen ergebensten Dank auszu- sprechen. 10. 12 Halle, 10. April 1904. Literaturverzeichnis. . v. Ebener, Viktor’75: Über den feineren Bau der Knochensubstanz. Sitzber. d. k. k. Akad. d. Wiss. in Wien, Bd. 72, 1875. Roux, Wilh. ’8S1: Der Kampf der Teile im Organismus. Leipzig 1881 (der ges. Abhandl., Bd. I.) Pommer, G.’85: Untersuchungen über Osteomalacie und Rachitis und Beiträge zur Kenntnis der Knochenresorption und Apposition in ver- schiedenen Altersperioden und der durchbohrenden Gefässe. Leipzig 1885. Roux '85a: Beitrag I zur Entwicklungsmechanik des Embryo: Zur Orientierung über einige Probleme der embryonalen Entwicklung. Zeit- schrift für Biologie, Bd. XXI, München 1885, pag. 503 (ges. Abh., Bd. II, pag. 231). . Derselbe ’85b: Beitrag III zur Entwicklungsmechanik des Embryo: Über die Bestimmung der Hauptrichtung des Froschembryos im Ei und über die erste Teilung des Froscheies. Breslauer ärztl. Zeitschrift, 1885, No. 6—9, pag. 3 (ges. Abhandl., Bd. II, pag. 281 u. f.) Kölliker, v. A.’89: Handbuch der Gewebelehre. Bd. I, 6. Aufl., Leipzig 1889, pag. 272. Roux, Wilh. ’93: Über die Spezifikation der Furchungszellen. Biologisches Zentralblatt, Bd. XIII, No. 19—22, 1893, pag. 666 (ges. Abhandl., Bd. I, pag. 909). Derselbe ’95: Gesammelte Abhandlungen über Entwicklungsmechanik der Organismen, Bd. I u. II, 1895. Gebhardt, W. ’00: Über den funktionellen Bau einiger Zähne. Arch. f. Entwicklungsmechanik, 1900, Bd. X. Derselbe 01: Über funktionell wichtige Anordnungsweisen der gröberen und feineren Bauelemente des Wirbeltierknochens, Leipzig 1901, 408 ff. (Arch. f. Entwicklungsmech., Bd. XI, pag. 469 ff.) Derselbe ’02: Über quantitative und qualitative Verschiedenheiten in der Reaktion des Knochengewebes auf mechanische Einwirkungen. Verhdlgn. d. Anatom. Gesellschaft, Halle 1902. . Derselbe ’02: Auf welche Art der Beanspruchung reagiert der Knochen je- weils mit der Ausbildung einer entsprechenden Architektur. (Verhandl. d. Naturforschervers., Karlsbad 1902). a Aus dem anatomischen Institut der Universität Würzburg. Über die „Geruchsknospen“. Von Dr. K. Kamon aus Kyoto (Japan). Hierzu Tafel XXXVI. Wie bekannt, hat Blaue (1, 2) in der Nasenschleimhaut einiger Teleostier und Amphibien Gebilde beschrieben, die er wegen ihrer morphologischen Ähnlichkeit mit den in der Haut der Fische und Amphibien vorkommenden Endknospen ‚Geruchs- knospen‘ nennt und die er diesen homolog setzt. Auf Grund seiner Entdeckung dieser Geruchsknospen und im Hinblick auf die embryonale Entstehung des Riechepithels aus einem Stück der äusseren Körperhaut fasst er die morphologische Bedeutung der Riechschleimhaut so auf, dass das riechende Epithel nicht ein vom Anfang an als solches prädestiniertes Organ ist, sondern als Stück der äusseren Haut sich mit ihren Endknospen gemäss den höheren funktionellen Anforderungen, als Geruchsorgan spezifisch differenziert hat. Ihm scheint somit die Nasenschleim- haut, welche sich aus Geruchsknospen zusammensetzt, die primäre und ursprüngliche Form zu sein, und er lässt die Geruchsschleim- haut aller der Wirbeltiere, bei denen das Riechepithel eine konti- nuierliche Fläche bildet, durch Weiter- und Höherbildung dieses einfachen Zustandes, d. i. durch Vergrösserung und Konfluenz dieser Knospen allmählich entstanden sein; es repräsentiert nach ihm die aus Geruchsknospen konstituierte Regio olfactoria einen primären und niederen Zustand; das homogene Riechepithel ist demnach eine sekundäre Bildung, die sich aus einer Summe von miteinander verschmelzenden Geruchsknospen entwickelt hat. Es hat nun dieser zu ihrer Zeit wohl berechtigten Theorie, die speziell (durch die Möglichkeit einer nunmehrigen Erklärung der phylo- ‚genetischen Entstehung der Geruchsschleimhaut ihr Bestehendes hatte, nicht an Anhängern und Verehrern gefehlt. Um einen für viele zu nennen, erwähne ich Wiedersheim (14), der bei einigen Tetrodonarten an den Nasententakeln derselben Nerven- zellennester in Knospenform beschrieb und sie im Blaue’schen Sinne deutete. 654 K. Kamon: War es nun schon auffallend, dass es Blaue nicht gelungen war, bei Plagiostomen, den doch anerkannt phylogenetisch älteren Fischen, seine primäre, ursprüngliche Form der Nasenschleimhaut aus Geruchsknospen nachzuweisen, so haben spätere Unter- suchungen, die sich einerseits mit der Ontogenie der Nasenschleim- haut der von Blaue untersuchten Fische befassten, die andererseits zum Studium des Verhaltens der Nervenfasern zu den Geruchs- knospen vorgenommen wurden, das Falsche und Unrichtige dieser Blaue’schen Theorie dargetan. So konnte Madrid-Moreno (9) bei Prüfung der Blaue- schen Resultate auf Grund der Entwicklungsgeschichte der Nasen- schleimhaut von Belone acus, Trigla hirundo, Carassius auratus (Zoärces viviparus) Cyprinodon calaminatus zu Ergebnissen kommen, die den Voraussetzungen Blaues direkt widersprachen. In der Entwicklung des Riechorgans von Carassius war in keinem Stadium irgend welche Spur von einer Knospenbildung oder Differenzierung zu bemerken. Die Differenzierung der Knospen konnte dagegen bei Belone und Trigla Schritt für Schritt verfolgt werden. Es zeigte sich bei diesen Fischen, dass die Riechgrube bei Belone sowie bei Trigla ursprünglich in ihrem Grunde eine gleichmässige Sinnesepithelscheibe, die Riechschleimhaut, besitzt, dass durch Umbildung gewisser Teile dieser Riechschleimhaut zu Pflasterepithelinseln kleine Bezirke der Riechschleimhaut abgetrennt werden. Diese „Riechfelder“, wie Madrid-Moreno sie nennt, bilden sich dann sekundär, indem sie wieder durch kleine, in ihnen auftretende Pflasterepithelmassen in kleinere Bezirke geteilt werden, zu Knospen um; es differenzieren sich somit die Riech- knospen erst spät, und diese Tatsache deutet darauf hin, dass dieselben kein den Fischen überkommenes phylogenetisches Erbstück sind, sondern erst später durch Anpassung an besondere Verhält- nisse gebildet wurden. Nach Madrid-Moreno ist auch die Ähnlichkeit, welche zwischen Endknospen der Haut von Fischen und Amphibien, den Riechknospen einiger Knochenfische und den . Geschmackknospen der Säugetiere besteht, nicht durch Vererbung aus primitiven indifferenten Knospenformen, sondern durch kon- vergente Anpassung zu erklären. Es haben sodann die Untersuchungen von Retzius (12, 13) und Dogiel (5, 7), die sich zum Studium der Nervenverzwei- gungen der modernen Methode der Chromsilberimprägnation sowie - Über die „Geruchsknospen‘“. 655 der Methylenblaufärbung bedienten, gezeigt, dass auch histologisch „Geruchsknospen“ und Endknospen grundsätzlich differieren. Durch Zimmermann (15), Lenhossek (8). und Retzius (11, 12) war festgestellt worden, dass für die Endknospen eine intra- epitheliale, interzelluläre Endigungsweise der an die Knospen heran- tretenden Nervenfasern als charakteristisch gelten muss. Sinnes- zellen und Nervenfasern hängen nicht kontinuierlich zusammen; die Nervenfasern verästeln sich frei. zwischen den Zellen. Nun hatte Blaue schon selbst bei einigen Präparaten von Belone ein kontinuierliches Übergehen von Nervenfasern zu den Riechzellen gesehen und abgebildet (Fig. 35, Taf. XIV). Auch Dogiel (7) konnte sowohl durch Mazeration sowie mit Hülfe der Methylen- blaufärbung das Verlaufen der feinen Verzweigungen des N. olfac- torius zu den Geruchsknospen verfolgen. Nach ihm treten Nervenstämmchen an die Geruchsknospen und verlaufen zwischen diesen und der bindegewebigen Grundlage, von hier aus treten Nervenbündel in das Epithelstratum, wo sie bis an die untere, den Stützzellen angehörige Kernreihe zu verfolgen sind. Hier biegen sie in die horizontale Richtung um und bilden einen intraepithelialen Nervenplexus, der nach aussen von den Basal- zellen liegt; aus diesem Nervenplexus treten feine Fibrillen aus, die in die zentralen Fortsätze der Riechzellen übergehen; auch an Isolationspräparaten, erwähnt Dogiel, gelingt es, den Zusam- menhang der Nervenbündeln mit den zentralen Riechzellenfort- sätzen zu konstatieren. War also hiermit schon die Natur der Sinneszellen der Geruchsknospen als Ganglienzellen mit Sicherheit erwiesen, so erhielten diese Befunde weitere Stütze von Bestätigung durch die Untersuchungen von Retzius (12). Retzius hat mit der Chrom- silbermethode das Riechepithel einiger Teleostier untersucht um u. a., wie er angibt, zu erfahren, in wieweit die von Blaue gegebene Darstellung der Anordnung in Gestalt von Geruchsknospen zutreffend ist. Es erwies sich das Riechepithel der von ihm unter- suchten Teleostier (Myxine, Anguilla, Esox, Gastrosteus) in nichts von dem der übrigen Wirbeltiere verschieden. Auch hier besteht es aus Stützzellen und Riechzellen. Letztere lassen einen direkten Zusammenhang mit den Nervenfasern des N. olfactorius erkennen. Von weiteren Autoren sind noch Disse (4) und Peter (10) zu nennen, die sich gegen die Blaue’sche Theorie ausgesprochen Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 43 656 K. Kamon: haben. Es geschieht dies von Disse bei Besprechung seiner Befunde von Epithelknospen in der Regio olfactoria einiger Säuger (Kalb, Kaninchen, Ratte), während — wie es scheint — den Angaben Peters keine eigenen Untersuchungen zu Grunde liegen, sondern derselbe nur auf Grund der Arbeiten der obenerwähnten Forscher zu einer Negierung der Blaue’schen Resultate kommt. Vorliegende Studie macht es sich nun zur Aufgabe, die in der Nase einiger Teleostier vorkommenden Geruchsknospen mit den in der Mundschleimhaut vorkommenden Geschmacksknospen ihren histologischen Eigentümlichkeiten nach zu betrachten und unter Zugrundelegen naturgetreuer Abbildungen die differente Struktur und histologische Bauart dieser Gebilde zu beweisen. Die Zeichnungen, die Blaue von der Geruchsschleimhaut der von ihm untersuchten Fische gibt, sind derartig schematisch, dass es angezeigt erschien, auch von der histologischen Seite — wie die anderen Autoren von der genetischen und morphologischen — gegen das Unrichtige der Homologisierung der Geruchs- und Geschmacksknospen Stellung zu nehmen. Meine Ausführungen beschränken sich auf Befunde an der Nasen- und Mundschleimhaut vom Hecht (Esox lucius) und Knurrhahn (Trigla corax), zweier Fische, die Blaue mit zur Aufstellung seiner Theorie verwertet hat. Die Nasenschleimhaut und die Stücke der Mundschleimhaut dieser Fische wurden in Zenker’scher Flüssigkeit, Sublimat-Kochsalzlösung, Flemming- scher und Hermann scher Flüssikeit fixiert.) Zur Untersuchung kamen Serien von 5—-7,5 « Schnittdicke, die hauptsächlich mit Eisenhämatoxylin gefärbt waren. Zum Studium des Verhaltens der Nervenfasern fand die Golgi’sche Methode sowie die der vitalen Methylenblaufärbung Anwendung. Zur Isolierung der Elemente der Regio olfactoria bediente ich mich der vonM. Schulze empfohlenen dünnen Chromsäure- lösung von 0,05°/o Konzentration. Der folgenden Betrachtung lege ich die Bilder auf Taf. XXXVI zu Grunde. !) Bei einem Versuch mit einer grossen Anzahl der gebräuchlichen Fixierungsmittel erwiesen sich die sublimathaltigen Flüssigkeiten für die Schleimhaut der Fische am geeignetsten. er Uber die „Geruchsknospen‘“. 657 Betrachtet man (Fig. 1) einen senkrechten Schnitt der Geruchsschleimhaut des Hechtes bei schwacher Vergrösserung, so fallen sofort charakteristisch aussehende knospenähnliche Gebilde in die Augen, es sind dies eben die von Blaue beschriebenen Geruchsknospen. Diese Gebilde stellen Anhäufungen von Riech- epithel dar, Riechepithelinseln, die durch Gruppen indifferenten Epithels voneinander geschieden werden. Form und Grösse dieser Knospen schwankt innerhalb kleiner Grenzen. Ihre Breite beträgt durchschnittlich 0,25 mm, ihre Höhe 0,10 mm. Zweckmässig könnte man ihre Form mit der eines Wiegemessers vergleichen. Diese eigentümliche Form kommt dadurch zu stande, dass die Zellen in der Mitte der Knospe höher sind, als am Rande; zugleich kommt, da die Knospen in napf- förmigen Vertiefungen des Bindegewebes sitzen, eine Art radiärer Stellung der peripheren Zellpartien zu stande. Die freie, dem Lumen der Nasenhöhle zuliegende Seite der Knospe ist gewöhnlich gerade, manchmal auch leicht konkav und trägt einen Besatz von Flimmerhaaren. Die Abgrenzung der Knospe gegen das benachbarte indifferente Epithel, das sich gewöhnlich buckelförmig über das Niveau der Knospe hervorhebt, ist scharf (Fig. 1). Schon bei schwacher, noch besser bei starker Vergrösserung (Fig. 2), kann man verschiedene Kernlagen unterscheiden; so bemerkt man am Grunde der Knospen zunächst eine unregelmässige Lage kleiner rundlicher Kerne, die den Basalzellen, Ersatz- zellen der Stützzellen, angehören; darüber folgt eine Lage regel- mässig pallisadenförmig nebeneinander stehender länglicher Kerne, die als Stützzellenkerne anzusprechen sind ; über dieser befindet sich eine Zone unregelmässig durcheinander gelegener längsovaler Kerne: die Zone der eigentlichen Riechzellenkerne; auf sie folgt, in dem peripherischen Abschnitt der Knospe liegend und von einer Schicht kernlosen Protoplasmas von der vorhergehenden getrennt, eine Lage kleiner, rundlicher, intensiv tingierter Kerne, ebenfalls Riechzellenkerne und zwar den von Dogiel (7) zuerst als Riechzapfen beschriebenen Zellen angehörig. Diese Gruppierung der Kerne ist nach den umfassenden Untersuchungen Dogiels (7) für die Geruchsschleimhaut der Knochenfische charakteristisch !) und setzt sich scharf an der 1) Ich will hier nicht unterlassen, auf den Unterschied hinzuweisen, deı somit in der Kerngruppierung der Regio alfactoria der Fische (und 43* 658 K. Kamon: Grenze der Knospe gegen die unregelmässigen Kernlagen des indifterenten Epithels ab. Betrachtet man im Vergleich zu dem eben Geschilderten eine Geschmacksknospe (Fig. 3), so fällt der Unterschied zwischen beiden sofort in die Augen. Übertrifft bei der Geruchsknospe die Breite die Höhe, so ist dies bei der (seschmacksknospe gerade umgekehrt. Auf einer hohen Papille des Bindegewebes aufsitzend, zeigt sie eine breiteichelförmige Gestalt. Erhebt sich bei der Geruchsknospe das indifferente Epithel zu beiden Seiten der Knospen zu buckelförmigen Hervor- ragungen, so dass man von einem kurzen, aber breiten Zugangs- kanalzu der Knospe reden kann, so ist das Niveau der Geschmacks- knospe von dem des übrigen Epithels nicht verschieden. Die Höhe der Geschmacksknospen beträgt durchnittlich 0,054 mm, die Breite (etwas oberhalb der Basis gemessen) durchnittlich 0,036 mm. Die Geschmacksknospen stehen also an Grösse bedeutend den (reruchsknospen nach. Man vergleiche hierzu die Figuren 2 und 3, die bei der gleichen Vergrösserung gezeichnet sind, und diesen Unterschied evident hervortreten lassen. Sodann sieht man an der Geschmacksknospe nur zwei Kernarten — von einer Gruppierung zu Lagen kann man nicht wohl reden — rundliche bis länglich ovale Kerne, die den eigentlichen Sinnneszellen, langgestreckte, der Längsachse der Knospe parallel gelegene Kerne, die den Deck- oder Stützzellen angehören. Die Haare auf der Spitze der Knospe sind als Sinneshaare aufzufassen. Meine Untersuchungen der Geruchsknospen mit Hülfe der (olgi’schen Methode brachten nichts neues zu Tage, dagegen bin ich im stande, auf Grund derselben die Angaben von Retzius (13) zu bestätigen. Auch ich sah ein kontinuierliches Übergehen von Nervenfasern in die Riechzellen und konnte durch Impräg- nation die Zusammensetzung der Knospen aus zwei Zelltypen, aus Stütz- und Sinneszellen, konstatieren. Bei Trigla, dem zweiten von mir untersuchten Fisch, lassen sich ähnliche Unterschiede zwischen Geruchs- und Geschmacks- knospen nachweisen wie beim Hecht, nur erscheinen entsprechend der Verschiedenheit dieser Gebilde bei beiden Tierarten die Ver- Amphibien) und der Säuger besteht. Hier kann man bekanntlich nur 3 Kern- lagen unterscheiden (Vergl. Fig. Stöhr’s Lehrbuch, X. Auflage, p. 405), Basal- zellenkerne, Zone der runden Kerne (Riechzellen) und Zone der ovalen Kerne (Stützzellen). } BE a Da nl. Zu > DL m u ncinn Über die „Geruchsknospen“, 659 hältnisse etwas modifiziert. Fig. 4 zeigt zwei Knospen der Geruchs- schleimhaut von Trigla. Diese zeigen sich von denen des Hechtes verschieden, sowohl was Grösse und Form, als was Art und Lage der Kerne anlangt. Bei den Geruchsknospen der Triglanase finden sich zwei Kernarten, rundliche, die den Riechzellen, längliche, die den Stützzellen der Knospen angehören dürften. Die Geschmacks- knospen von Trigla (Fig. 5) sind im Vergleich zu den Geruchs- knospen bedeutend grösser, sie sitzen auf hoher bindegewebiger Papille mit breiter Basis auf und verjüngen sich peripherwärts kegelförmig; sie haben so die Gestalt eines Mörserstempels. Die Knospe ragt geringgradig über das Niveau des sie umgebenden Epithels hervor und trägt oben einen Besatz von Sinneshaaren; auch in ihr kann man rundliche Sinneszellenkerne und längliche Stützzellenkerne unterscheiden. Die Höhe der Geruchsknospen von Trigla beträgt durchschnittlich 0,021 mm, die Breite an der Basis 0,019 mm, während die Höhe der Geschmacksknospen des- selben Fisches durchschnittlich 0,0257 mm, die Breite an der Basis 0,027 mm beträgt. Durch diese kurze vergleichende histologische Beschreibung von Geruchs- und Geschmacksknospen von Hecht und Trigla glaube ich bewiesen zu haben, dass von einer Übereinstimmung dieser Gebilde in histologischer Beziehung nicht die Rede sein kann. Es besteht so die Blaue’sche Theorie durchaus zu unrecht. Im folgenden gestatte ich mir dann, meine Befunde über das Vorkommen der von Disse (3, 4) beschriebenen Epithel- knospen in der Regio olfactoria der Säuger anzuführen. Disse hat beim Kalb, Kaninchen und Ratte eigenartige knospenförmige Anordnungen der Epithelien gefunden, die er auf Grund der Zusammensetzung aus zweierlei Zellarten, aus Stütz- sowie Sinnes- zellen, sowie der intraepithelialen, interzellulären Nervenendigungen den (eschmacksknospen der Mundschleimhaut vergleicht. Seine Untersuchungen fasst er in folgenden Resultaten zusammen: „Die Untersuchung der Riechschleimhaut an Durehschnitten und an Flächenschnitten, die Darstellung der Zellformen, die Imprägnation nach Golgi bestätigen die Auffassung, dass ‚die Massen besonders angeordneter Zellen im Riechepithel wirkliche Epithelknospen sind. Diese Knospen liegen im Grunde einer Grube, die die Form eines flachen Trichters hat, sie bestehen aus Deckzellen und aus Sinneszellen, sind durch einen Porus « 2 660 K. Kamon: zugänglich, der im Grunde des Trichters liegt, und die stift- förmigen Aufsätze der Sinneszellen enthält. Die Nerven endigen innerhalb der Knospen frei.“ „Von den Riechzellen unterscheiden sich die Sinneszellen der Knospen durch den grösseren Gehalt an Protoplasma, durch das Verhalten dieses Protoplasmas gegen Osmiumsäure, durch den stärkeren, wellig verlaufenden peripheren Fortsatz, der ein Stiftehen trägt, und durch das Verhalten dieses peripheren Fort- satzes gegenüber Färbemitteln. Die Riechzellen färben sich nach (rolgi sehr leicht, die Sinneszellen äusserst schwierig.“ „Die Knospen in der Riechschleimhaut stellen epitheliale Organe vor, welche die freien Enden sensibler Nerven umgeben.“ Eine Nachuntersuchung respektive Bestätigung der Disse- schen Angabe steht noch aus. Ich unternahm es daher, die Disse’schen Befunde auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen, und zwar bediente ich mich hauptsächlich des von Disse erwähnten und beschriebenen Tieres, des Kalbes. Bei meiner Untersuchung hielt ich mich genau an die Disse’schen Vorschriften: Fixation von Stückchen der Riechschleimhaut des Kalbes im Zusammen- hang mit dem darunter gelegenen Knochen in Flemming’scher Flüssigkeit; Wässern; Nachhärtung in Alkohol von steigender Konzentration; Einbetten der von dem Knochen dann gelösten Schleimhaut in Paraffin; Serienschnitte. Ich kann nun das Vorkommen der Disse’schen Epithel- knospen bestätigen, nur in der Deutung dieser Gebilde muss ich Disse widersprechen. So kann ich zunächst „von einer weit- gehenden Übereinstimmung dieser Knospen mit denen der Mund- höhle* und „ganz ähnlichen Bauart“ nichts entdecken. Die (seschmacksknospen aus der Mundhöhle der Säuger sind wohl so bekannt, dass ich auf eine Beschreibung derselhen verzichten kann; die Disse’schen Abbildungen, die er von seinen Knospen gibt, sehen ganz anders aus, sowohl was Lage, Gestalt und Tiefe des Porus, als auch was Konfiguration und Stellung der die Knospen zusammensetzenden Stütz- und Sinneszellen anbelangt. Sodann nehme ich gegen die eigentliche Knospennatur dieser (Gebilde Stellung. Nach meiner Meinung sind die knospenartigen Anordnungen der Epithelien durch nichts weiter bedingt, als. durch Einstülpung und Faltenbildung des Epithels gegen die daruntergelegene Tunica propria und sind alle die von Disse K. Kamon: 661 beschriebenen Veränderungen und Unterschiede an den Zellen dieser Knospen gegenüber den anderen Zellen durch diese Ein- stülpung und dadurch bedingte Radiärstellung der Epithelien entstanden zu betrachten. Immer mündet am Grunde einer derartigen Falte ein Ausführungsgang einer Bowman’schen Drüse, in diese Falte zieht sich der das Riechepithel auch sonst deckende Flimmerbesatz mit hinein (Fig. 9). (Derartige Faltungen des Riechepithels sind auch von Dogiel (6) bei der Katze und beim Hunde beschrieben und abgebildet.) Disse (4) ventiliert selbst die Frage, dass die trichterförmigen Grübchen (sc. die Eingangsöffnungen der Knospen) in ihrem Grunde den Ausführungs- gang einer Drüse aufnehmen, und dass in deren Umgebung die Epithelzellen zu konzentrischen Lagen sich ordnen, verneint diese aber dann auf Grund seiner Befunde, dass man im Epithel den Drüsenausführungsgang gerade gegen die Oberfläche hin verlaufen sieht und erkennt, dass seine Wand aus langen, abgeplatteten, hellen Zellen besteht. Ich habe nun auch die von Disse (4) beschriebene Ausmündung der Drüsen in Form eines von lang- gestreckten Zellen begrenzten Kanals gesehen, und es ist dies allerdings ein häufiger Modus der Mündung der Bowman’schen Drüsen. Ausserdem kommt aber als zweite Form der Mündung die am Grunde der epithelialen Falten vor!); es lässt sich dies auf Serienschnitten leicht feststellen. Die von Disse (4) als periphere Fortsätze von Sinneszellen beschriebenen dunkleren Falten und Streifen innerhalb der Knospe sind nichts weiter, als die stärker gefärbten Aussenschichten aneinander stossender Zellen, indem beim Differenzierungsakt die ektoplasmatischen Wand- schichten dieser Zellen den Farbstoff intensiver festgehalten haben, als ihre Umgebung. Auch in dem den Knospen benachbarten Riechepithel bemerkt man — wie ich im Gegensatz zu Disse betone — die gleichen dunkleren Partien und Streifen, und unterscheiden sich dieselben durch keine besondere färberische Eigenschaft von den im Inneren der Knospen zu beobachtenden. Meiner Meinung nach beruht somit die Annahme der peripheren Fortsätze von Sinneszellen, die ausserdem noch Stiftchen tragen sollen, auf Täuschung. Die für die Stützzellen beschriebene !) Auch bei Katze, Hund und Kaninchen finden sich nach Dogiel (6) diese zweierlei Arten der Mündungen der Bowman'’schen Drüsen. 662 Über die „Geruchsknospen‘“. helle Protoplasmastruktur glaube ich darauf zurückführen zu müssen, dass die an der Umbiegungsstelle des Epithels in die Falten hinein befindlichen Zellen einem geringeren Druck der Nachbarzellen ausgesetzt sind, als die auf gerader Fläche neben- einander stehenden Epithelien; das Gefüge des peripherischen Protoplasmas dieser Zellen ist demnach lockerer und erscheint heller. Was die Nervenverästelung anbelangt, so spricht Disses Befund nicht gegen eine Deutung als Riechepithel, weiss man doch, dass auch Trigeminusfasern intraepithelial und interzellulär in der Regio olfactoria enden; dass sich die zentralen Fortsätze der Riechzellen an den nach der Golgi’schen Methode behandelten Disse’schen Präparaten nicht gefärbt haben, ist bei der Launen- haftigkeit dieser Methode kein Beweis. Fasse ich die Resultate meiner Untersuchungen zusammen, so hat sich folgendes ergeben: 1. Bei einer vergleichend histologischen Betrachtung der Geruchs- und Geschmacksknospen vom Hecht (Esox lucius) und Knurrhahn (Trigla corax) haben sich zahl- reiche Unterschiede zwischen diesen ergeben, und es ist damit das Fehlerhafte und Unrichtige einer Homo- logisierung dieser Gebilde dargetan. Dieses tut jedoch Blaue in seiner Theorie, indem er die Geruchsschleim- haut einiger Teleostier als Stück der äusseren Körper- haut auffasst, das sich der Funktion des Riechens entsprechend höher differenziert hat, und die Geruchs- knospen den auch sonst in der Haut und Mundhöhlen- schleimhaut vorkommenden End- und Geschmacksknospen gleichsetzt. Es ist somit ein weiterer Beweis gegen das Unrichtige der Blaue’schen Theorie geliefert worden. 2. Die von Disse in der Regio olfactoria der Säuger, speziell des Kalbes beschriebenen Fpithelknospen existieren nicht, sind daher auch nicht als eigene, den in der Mundhöhlenschleimhaut vorhandenen Geschmacksknospen homologe Bildungen aufzufassen. Es sind die beschrie- benen Knospen nichts weiter als konzentrische Gruppier- ungen des Riechepithels um Einstülpungen und Falten- bildungen des Epithels gegen die Tunica propria, als Tangentialschnitte von Mündungen Bowman’scher Drüsen. 4 = Über die „Geruchsknospen‘. 663 Es gibt weder in der Geruchsschleimhaut der Fische noch der Säuger Bildungen, die mit den Geschmacksknospen verglichen werden können. Zum Schluss gestatte ich mir, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Stöhr, sowie Herrn Prosektor Dr. Schmincke für das mir bei Abfassung dieser Arbeit entgegen- gebrachte Interesse, sowie für die mannigfache mir zu Teil gewordene Unterstützung meinen herzlichen Dank auszusprechen. Würzburg, 17. Mai 1904. Literaturverzeichnis. 1. Blaue, J.: Über den Bau der Nasenschleimhaut bei Fischen und Amphibien (vorläufige Mitteilung). Zoologischer Anzeiger, Bd. 5, 1882. 2. Derselbe: Untersuchungen über den Bau der Nasenschleimhaut bei Fischen und Amphibien, namentlich über Epithelknospen als Endapparate des N. olfactorius. Archiv für Anatomie und Entwicklungsgeschichte. 1884. 3. Disse, J.: Über Epithelknospen in der Regio alfactoria der Säuger. Nachrichten der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, No. 1, 1394. 4. Derselbe: Über Epithelknospen in der Regio olfactoria der Säuger. Anatomische Hefte, Bd. 6, 1896. 5. Dogiel, A.: Über den Bau des Geruchsorgans bei Ganoiden, Knochen- fischen und Amphibien. Archiv f. mikroskop. Anatomie, Bd. 29, 1887. 6. Derselbe: Über die Drüsen der Regio olfactoria. Archiv f. mikroskop. Anatomie, Bd. 26, 1886. 7. Derselbe: Über den Bau des Geruchsorgans bei Fischen und Amphibien. Biologisches Zentralblatt, Bd. 6, 1887. 8. Lenhossek, M.: Die Nervenendigungen in der Riechschleimhaut. Beiträge zur Histologie des Nervensystems und der Sinnesorgane. Wiesbaden 1894. 9. Madrid-Moreno: Über die morphologische Bedeutung der End- knospen in der Riechschleimhaut der Knochenfische. Biolog. Zentral- blatt, Bd. 6, 1886. 10. Peter, K.: Die Entwicklung des Geruchsorgans und Jacobson’schen Organs in der Reihe der Wirbeltiere. Handbuch der vergleichenden und experimentellen Entwicklungslehre der Wirbeltiere. 4. und 5. Lieferung. Dr. Osc. Hertwig. 1902. 11. Retzius, G.: Die Nervenendigungen in dem Geschmacksorgan der Säugetiere und Amphibien. Biolog. Untersuchungen N. F. IV., 1892. 664 K. Kamon: Über die „Geruchsknospen‘“. 12. Derselbe: Die Nervenendigungen in den Endknospen, resp. Nervenhügeln der Fische und Amphibien. Biolog. Untersuchungen, N. F. IV. 1892. 13. Derselbe: Die Endigungsweise der Riechnerven. Biolog. Untersuchungen, N. E, 17, 018922 14. Wiedersheim, R.: Über rudimentäre Fischnasen. Anatom. Anzeiger, Bd. 2, 1887. 15. Zimmermann: Zitiert nach Retzius (12). Erklärung der Tafel XXXV1. Fig. 1. Senkrechter Schnitt durch die Geruchsschleimhaut vom Hecht. Vergr. 76:1. Fig. 2. Senkrechter Schnitt einer Geruchsknospe vom Hecht. Vergr. 380:1. Fig. 3. Senkrechter Schnitt einer Geschmacksknospe vom Hecht. Vergr. 380 :1. Fig. 4. Senkrechter Schnitt durch zwei Geruchsknospen aus der Nase von Trigla corax. Vergr. 960:1. Fig. 5. Senkrechter Schnitt einer Geschmacksknospe von Trigla corax. Vergr. 960:1. Fig. 6. Senkrechter Schnitt durch die Regio olfactoria vom Kalb. Vergr. IN: Fig. 7. Senkrechter Schnitt durch die Regio olfactoria vom Kalb. Vergr. 97:1. Es ist der fünfte Schnitt einer Serie von dem in Fig. 6 gezeichneten an abgebildet. Fig. 8. Disses „Epithelknospe“. Vergr. 380:1. Aus dem auf dem in Fig. 6 dargestellten Schnitt folgendem Schnitte. Es ist die Knospe in stärkerer Vergrösserung als in Fig. 6 und nur mit nächster Umgebung abgebildet. Fig. 9. Mündung eines Ausführungsganges einer Glandula olfactoria des. Kalbes in eine Knospe. Vergr. 380:1. (ep) {ep} bi Über die Entwicklung des Tubentrichters und seiner Beziehungen zum Bauchiell bei Salamandra maculosa. Von Hans Rabl. Hierzu Tafel XXXVII— XL. Die vorliegende Arbeit bildet eine Fortsetzung der Unter- suchung über den Bau der Vorniere und die Entwicklung des Müller’schen Ganges bei Salamandra maculosa, welche Seite 258—359 im laufenden Bande dieses Archivs enthalten ist, und hätte ursprünglich in unmittelbarem Zusammenhang mit derselben publiziert werden sollen. Dadurch wäre aber der genannte Auf- satz zu umfangreich geworden, sodass ich mich auf Wunsch der Redaktion entschloss, ihn in zwei Teilen erscheinen zu lassen. Nachdem aber einmal diese Entscheidung getroffen war, behielt ich die zweite Hälfte meiner Arbeit noch einige Zeit zurück, um auch die späteren Stadien der Entwicklung der Gekröseplatten in der Region des Tubentrichters in meine Untersuchung einzu- beziehen und ihre Umgestaltung in die definitive Form festzu- stellen. Ich habe die Schilderung der Entwicklung der Tube im ersten Teile dieser Arbeit mit jenem Stadium abgeschlossen, in welchem der proximale Teil des Ganges vollkommen angelegt war. Die Mündung desselben in die Leibeshöhle liegt in jener Region, in welcher sich ehemals der zweite Vornierentrichter befunden hatte. Von hier zieht der Gang geradegestreckt, ohne zu dem Peritonealepithel oder dem Wolff’schen Gange in Beziehung zu treten, nach rückwärts. Wollte man das Ostium abdominale tubae nach Entfernung von Leber, Darm und Lunge präparatorisch darstellen, so müsste man es als mikroskopisch kleinen Punkt an der Dorsalwand der Bauchhöhle suchen. So liegen die Verhältnisse noch bei Larven von ca. 40mm Länge. Vergleicht man aber damit das Aussehen des Tubentrichters bei einem erwachsenen Tier, so findet man, dass derselbe eine grosse Weite besitzt und ventral verlagert ist, indem er in das von der Leber zur seitlichen Leibeswand und zum Pericard ziehende 666 Hans Rabl: Ligamentum coronarium ohne Grenze übergeht. Er erscheint geradezu als eine Nische im Kranzband der Leber, welche sich kaudalwärts in die Tube fortsetzt (Fig. 36). Wie diese Verhält- nisse zustande kommen, speziell wie das Ligamentum coronarium hepatis entsteht, soll den Inhalt der folgenden Blätter bilden. Einleitend sei mir gestattet, aus dem ersten Teile meiner Untersuchungen jene Angaben kurz zu rekapitulieren, welche die Entstehung und den Verlauf jenes erhöhten Epithelstreifens betreffen, der vom zweiten Vornierentrichter aus nach aussen und ventral zieht. Wie ich durch Beschreibung von Larven von 20 bis 30 mm Länge gezeigt habe, erscheint derselbe bereits sehr frühzeitig, lange bevor am zweiten Vornierentrichter Zeichen einer Rück- und Umbildung sichtbar werden. Zunächst sind die Zellen in seinem Bereiche nur um weniges höher als die übrigen Peri- tonealepithelzellen; allmählich werden sie kubisch, schliesslich zylindrisch. Sie werden in dieser Gestaltveränderung von jenen Zellen überholt, die vom zweiten Vornierentrichter aus in sagittaler Richtung nach rückwärts zu verfolgen sind und durch Einstülpung und Einwachsen in das unterliegende Bindegewebe den Anfang des Müller’schen Ganges liefern. Bezüglich des Verlaufes jenes erhöhten Epithelstreifens muss ich auf Fig. 12, Taf. XVI meiner eben genannten Arbeit ver- weisen. Man ersieht aus derselben, dass der Streifen vom hinteren Vornierentrichter aus zunächst entlang der dorsalen Körperwand nach vorne zieht und hierauf ventralwärts abbiegt, um dort zu endigen, wo sich auch das hintere Ende der von der Leber zur Leibeswand ziehenden Gekröseplatte befindet. Da die folgenden Mitteilungen wesentlich die Umgestaltungen und Neubildungen betreffen, welche in dieser Region am Peritoneum zu bemerken: sind, mussich auf die Gekröseverhältnisse bei den Larven, welche den Ausgangspunkt dieser Veränderungen bilden, näher eingehen. Schon im ersten Teile dieser Untersuchungen habe ich die Lage und Anordnung der sog. „Nebengekröse‘‘ (mesos lateraux, Brachet) geschildert. Bei einer Salamanderlarve von 10 mm Länge, welche ich erst nach Abschluss meiner ersten Arbeit erhalten und in eine Schnittserie zerlegt habe, finde ich sie als dünne Platten, welche annähernd sagittal gestellt sind und eine verschiedene Ausdehnung in kaudaler Richtung besitzen. Zwar ziehen beide anfangs ventral zum Sinus venosus; während y Über die Entwicklung des Tubentrichters bei Salamandra maculosa. 667 aber das linke Band an der hinteren Seite desselben seinen ventralen Ansatz verliert und von da ab eine freie, sich allmäh- lich verkürzende Gekrösefalte darstellt, die sich dem Darme innig anschmiegt, setzt sich das rechte Nebengekröse noch über den Sinus venosus auf die Leber fort. Beide Platten enthalten bei der genannten Larve nur bis etwa an die Hinterfläche des Sinus venosus die entodermalen Lungenanlagen. Von da ab bestehen sie ausschliesslich aus Mesoderm. Diese schon früh angelegte Verbindung zwischen der rechten Lunge und der Leber wächst in der Folge zu einer mächtigen Peritonealplatte heran, dem dorsalen Lebergekröse von Goette und Klaatsch. Mathes hat diese Platte wegen der Beziehung ihres kaudalen Abschnittes zur hinteren Hohlvene zusamt dem dorsalen Teile des Nebengekröses, d. h. das ganze rechte Neben- gekröse als Ligamentum hepato-cavo-pulmonale (Lig. h. c. p.), ‚das linke Nebengekröse als Ligamentum hepato-pulmonale (Lig. h.p.) bezeichnet. Im folgenden sollen diese Namen beibehalten werden, wie dies auch im ersten Teile meiner Arbeit geschehen ist. Doch werde ich, um mich nicht allzu umständlich ausdrücken zu müssen, nur denjenigen Teil der Nebengekröse so benennen, welcher von der Lunge nach abwärts zieht, da der dorsale Teil der Ligamente, welcher als dorsales Aufhängeband der Lunge fungiert, hier nicht weiter in Betracht kommt. — Später als rechts erfolgt auch links eine Verbindung der Lunge mit der Leber, indem sich das Lig.h.p. nach rückwärts verlängert. Doch ist das Leber-Lungen- band dieser Seite auch bei erwachsenen Tieren nur von unterge- ordneter Bedeutung. Die Ursache dieser letzteren Tatsache liegt darin, dass schon bei Larven zwischen 10 und 15mm Länge eine Verwachsung der Lungen- spitzen und des kranialen Abschnittes der Nebengekröse mit der Leibeswand eintritt. Dasan und für sich kurze Lig. h. p. ändert dadurch fast vollständig sein Aussehen, da es in seinem weitaus grössten Teile mit der Leibeswand verschmilzt, sodass es nur an wenigen Schnitten, oft nur an einem einzigen, als freie, zwischen Leber und Lunge ausgespannte Platte erscheint. Eine weitere Veränderung, die sich bei älteren Larven beobachten lässt, besteht darin, dass die ventrale Ansatzlinie der Nebengekröse im krani- alen Bezirke nach aussen rückt. Ausserdem werden sie im ganzen kaudalwärts verschoben, sodass sie ausserhalb der Region des 668 Hans Rabl: Sinus venosus geraten und ausschliesslich in das Gebiet der Leber zu liegen kommen. Man findet daher bei Betrachtung der (uerschnittserie einer Larve von 20—30 mm Länge die Neben- gekröse beiderseits als dünne Platten, welche in ihrem kranialen Anfang die Lungen mit der Leibeswand verbinden (Taf. XVI, Fig. 5), allmählich ventralwärts rücken und schliesslich auf die Leber übergehen. Der kaudale Abschnitt ist Inks, wie bereits hervorgehoben wurde, von nur unbedeutender Ausdehnung, während er rechts eine wichtige Bildung darstellt. Die angezogene Figur (Taf. XVI, Fig.5) lässt in der gleichen Region eine weitere Gekröseplatte erkennen, das laterale Leber- gekröse, das von der dorsalen und lateralen Kante der Leber quer nach aussen zur Leibeswand zieht. Die Bildung dieser Platte habe ich bereits im ersten Teile meiner Arbeit (dieser Bd., S. 288) besprochen, sodass ich hier auf das dort Gesagte ver- weisen kann. Dieses Gekröse ist für die vorliegende Frage von besonderem Interesse, weil bis zu ihm der erhöhte Epithelstreifen, welcher vom zweiten Vornierentrichter ausgeht, herabzieht. Bei weiter vorgeschrittener Entwicklung hört jedoch das erhöhte Epithel nicht mehr am Ansatze dieses Leberbandes an der Leibes- wand auf, sondern zieht noch auf dasselbe hinüber und endigt erst an der lateralen Leberkante selbst. In diesem Falle bildet also nicht allein das Bindegewebe der Leibeswand, sondern daran anschliessend auch jenes des lateralen Lebergekröses die Unterlage des erhöhten Epithels. Es ist dies eine Tatsache von grosser Wichtigkeit für die weiteren Veränderungen, die sich an dem Epithelstreifen abspielen. Dieselben entwickeln sich in folgender Weise: Während sich anfangs die an den Streifen grenzenden, gewöhnlichen Epithel- zellen glatt an denselben anschliessen, erscheint später an Quer- schnitten am medialen Rande des Streifens eine Nische, die, anfangs kaum merklich, allmählich an Tiefe zunimmt. | Dieselbe ist bei Larve f (vergl. die Tabelle S. 278 und Fig. 7 meiner letzten Arbeit) auf den horizontalen Schenkel des Streifens und auf den Winkel, in welchem derselbe ventralwärts abbiegt, beschränkt. Bei älteren Larven erscheint eine gleiche Grube auch am lateralen Rande des Zylinderepithels und gleich- zeitig treten Kerben auch zu den Seiten des absteigenden Streifen- stückes auf, hier je eine dorsale und ventrale Rınne bildend. Über die Entwicklung des Tubentrichters bei Salamandra maculosa. 669 Dieselben Rinnen wie an Querschnitten kann man auch an Sagittalschnitten sehen, wie aus Fig. 1 dieser Arbeit hervorgeht. Die- selbe zeigt die Vornierenregion einer 35mm langen Larve. Ent- sprechend der Grösse der Larve sind die Rinnen hier von beträchtlicher Tiefe und grenzen eine dünne Platte ab, welche auf der medialen Seite von erhöhtem Epithel überzogen ist und eines bindege- webigen Stromas vollkommen zu ermangeln scheint. Man kann sich leicht vorstellen, dass bei weiterer Vertiefung der Rinnen unter gleichzeitigem Wachstum der mit erhöhtem Epithel beklei- deten Platte eine parallel der Leibeswand liegende Falte von der Leibeswand abgespalten wird. Zur genaueren Ermittlung ihres Verlaufes und ihrer relativen Dimensionen habe ich mehrere Platten- modelle aus Wachs angefertigt. An solchen erkennt man, dass die Falte in der Richtung des ursprünglichen Zylinderepithels verläuft und demnach im Bogen von der Gegend des zweiten Vornierentrichters, d.h. der Mündung des Müller’schen Ganges, zum hinteren Ende des lateralen Lebergekröses zieht. Sie ist anfangs ausserordentlich dünn und niedrig und besitzt einen nach der Mitte und nach hinten gekehrten freien Rand. Die jüngste Larve, bei der ich diese Duplikatur angelegt fand, besass eine Länge von 45 mm (Larve nı). Ich habe aus der Querschnittserie durch dieselbe 6 Schnitte abgebildet, aus denen der Verlauf des Bandes leicht zu ersehen ist. In Fig. 5 ist das Band noch nicht getroffen. Man sieht hier die Lunge an ihrem ventro-lateralen Rande in breiter Verbindung mit der Leibeswand. Von der Bindegewebemasse, welche diese Verbindung herstellt und in welche zweifellos auch das ganze Lig. h. c. p. einbezogen ist, zweigt ein dünnes Band ventralwärts zur äusseren Leberkante ab. Es fragt sich nun, wie dasselbe zu bezeichnen ist. Ich glaube diese Frage dahin beantworten zu müssen, dass hier das „laterale Lebergekröse‘‘ vorliegt!). Doch unterscheidet es sich wesentlich von seinem Aussehen bei jüngeren Larven dadurch, dass es !) Diese Ansicht habe ich mir übrigens erst auf Grund langdauernden Studiums der Serien gebildet. Anfangs war ich geneigt, das laterale Leber- gekröse überhaupt als kein selbständiges Gekröseblatt anzusehen, sondern glaubte es als einen Teil des Nebengekröses auffassen zu müssen, welches sich dadurch bildet, dass das Nebengekröse in seinem mittleren Anteil der Fläche nach mit der Leibeswand verwächst. In der Bezeichnung der Fig. 5 und 1i Taf. XVI ist diese Ansicht auch noch zum Ausdruck gekommen. 670 Hans Rabl: annähernd sagittal und nicht quer gestellt ist. Doch kann man auch diese Lage des gleichen Bandes sehen, wenn man weiter vorne gelegene Schnitte untersucht. Verfolgt man nämlich die Serie von vorne nach rückwärts, so sieht man, dass der laterale Ansatz des Bandes, welcher am kranialen Ende der Leber an der äusseren Leibeswand gelegen ist, allmählich nach oben und einwärts rückt. Man könnte sich denken, dass er sich aktiv verschiebt, sodass er schliesslich an die Ventralseite des mit der Leibeswand ver- schmolzenen Lig. h. ec. p. zu liegen kommt. Wahrscheinlicher scheint es mir jedoch, dass sich die Leibeswand nach einwärts vorwölbt und auf diese Weise den Ansatz des Lebergekröses mit sich zieht, während gleichzeitig die Peritonealhöhle immer tiefer einschneidet. Ich möchte bei dieser Gelegenheit einschalten, dass bei der allmählichen Ausbildung der Gekröse aus den ursprünglichen, ein- fachen Formen bis zu der komplizierten Anordnung beim er- wachsenen Tiere zwei prinzipiell verschiedene Ursachen zu- sammenwirken: einmal aktives Gewebewachstum und zweitens Ver- grösserung des Coeloms nach bestimmten Richtungen, wodurch kompakte Gewebemassen in dünne Bänder zerlegt werden. Die Mannigfaltigkeit in den embryonalen Gekröseverhältnissen, die sich auf Schritt und Tritt bei genauer Untersuchung kund gibt, scheint in erster Linie auf die grosse Variabilität zurückzuführen zu sein, welchem naturgemäss gerade das letztere Moment unter- worfen ist. Um nur ein Beispiel anzuführen, will ich die Gekröseverhältnisse auf der linken Seite der Larven j und k (siehe Tabelle S. 288) mit einander vergleichen. Bei der ersteren Larve kann man bei Verfolgung der Serie von vorne nach rückwärts sehen, wie das laterale Lebergekröse, das nur ein sehr dünnes Band darstellt, allmählich seine Lage ändert, indem es — wie dies eben als allgemeines Vorkommen beschrieben wurde — aus der queren Richtung kaudalwärts in eine sagittale übergeht. Der ventro-laterale Rand der Lunge ist an die Leibeswand fixiert. Hier befindet sich ein in die Pleuroperitonealhöhle vortretender, spitz zulaufender Zapfen, welcher in seinem Inneren auch Muskel- fasern beherbergt, wie dies bereits von mehreren Seiten beschrieben wurde. Durch die Verbindung der Lunge mit diesem Vorsprung der Leibeswand ist eine Trennung zwischen Pleura- und Peritoneal- höhle angelegt, welche eine nicht unbeträchtliche Ausdehnung Über die Entwicklung des Tubentrichters bei Salamandra maculosa. 671 besitzt und deren ventrale Fläche durch das laterale Leber- gekröse mit der Leber zusammenhängt. Ganz anders liegen die Dinge bei Larve k. Hier ist die Verwachsung der Leibeswand mit der Lunge viel kürzer und wird dadurch, dass sich der Pleuraraum stärker nach unten ausdehnt, bald so dünn, dass das Lebergekröse an Mächtigkeit überwiegt, und es den Anschein hat, als ob dieses allein die Leber als starkes Band an die Leibeswand fixieren würde, während die Lunge nur durch das zarte, sagittal gestellte Lig. h.p. mit dem lateralen Lebergekröse verbunden zu sein scheint. Eine notwendige Folge der Richtungsänderung des lateralen Lebergekröses aus seiner ursprünglichen frontalen in die sagittale Stellung besteht darin, dass dadurch auch kranial eine Verbindung zwischen Lunge und Leber in der gleichen Richtung geschaffen wird, wie sie weiter rückwärts nach Schwund der Verbindung der Lunge mit der Leibeswand schon seit frühen Entwicklungs- stadien existiert. Diese letztere Verbindung wird bekanntlich durch das Lig. h. c. p., bezw. Lig. h. p. gebildet. Es geht also dort, wo das Nebengekröse seine Verbindung mit der Leibes- wand aufgibt, dieses Band in das laterale Lebergekröse über. Doch ist die Übergangsstelle nicht weiter gekennzeichnet und daher auch nur im allgemeinen und nicht mit Genauigkeit zu bestimmen!). Ich habe aber auch Ausnahmen von dieser Gekröseanordnung bemerkt, die darin bestehen, dass das Lig. h.c. p. bereits mit sagittaler Verlaufsrichtung vorhanden, das laterale Lebergekröse aber noch nicht geschwunden ist. Man findet dann die erstere Platte medial, direkt Lunge und Leber verbindend, das letztere Ligament nach aussen davon und zu jener Bindegewebemasse emporziehend, welche im kranialen Rumpfbezirk den ventro- lateralen Lungenrand an die Leibeswand heftet. Welche Bedeutung die letztere Bindegewebsmasse in diesen Fällen besitzt, ob sie als ein horizontaler Schenkel des Nebengekröses, als late- rales Lebergekröse oder als eigenes „laterales Lungengekröse“ aufgefasst werden muss, muss ich unentschieden lassen. Kehren wir nach dieser Abschweifung zur weiteren Schilderung der Serie durch die Larve nı zurück. In Fig. 6 erscheint in !) Der Übergang des lateralen Lebergekröses in das Lig. h. c. p. ist bei Larve nı ungefähr in Fig. 9 zu suchen. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64 44 672 HansRabl: der Leibeswand ein schmaler Spalt gegenüber der dorsalen Partie der Lunge. Durch denselben wird eine Platte (Fig. 6, L. t.) von der Leibeswand abgetrennt, welche beiderseits von flachen Zellen überzogen ist. Die Verbindung der Lunge mit der Leibeswand ist auf diesem Querschnitt bereits schmäler geworden. Bei weiterer Verfolgung der Serie kann man nun feststellen, dass sich der Spalt zwischen der erwähnten Platte und der Leibes- wand immer weiter nach oben und unten verlängert, die Platte wird dicker und bald erscheint auf ihrer medialen Seite ein. zylindrisches Epithel. Fig. 7 zeigt die Platte in ihrer grössten Ausdehnung. Sie stellt eine Verbindung des dorsalsten Punktes des Coeloms mit dem Lig. h. c. p. her. Oberhalb ihres dorsalen Ansatzes kann man die Querschnitte zweier Gänge wahrnehmen, von welchen sich der eine als Trichtergang, zum zweiten Vornieren- trichter gehörig, der andere als Vornierengang zu erkennen gibt. Der in Fig. 8 dargestellte Schnitt liegt 45 « hinter dem oben beschriebenen. An diesem ist die Verbindung des Lig. h. ec. p. mit der Leibeswand sehr dünn geworden; ausserdem zeigt auch die von der Leibeswand abgespaltene PlatteL.t. in ihrer Mitte eine Verdünnung, Dieselbe bedeutet das hintere Ende der Platte. Denn schon am folgenden Schnitte erscheint sie in zwei Teile zerfallen, die als dorsale und ventrale Leiste in die Leibes- höhle hineinragen. In Fig. 9 (30 « hinter dem Querschnitt der Fig. 8) ist die dorsale Leiste bereits kurz, die ventrale ist noch von grösserer Länge und der Lunge angeschmiegt. Sie entspringt vom Lig. h. c. p., das hier seinen Zusammenhang mit der Leibes- wand bereits verloren hat.!) Das Zylinderepithel, das die dorsale Leiste überzieht (Fig. 9, E. E.), setzt sich nach hinten in den Triehter des Müller’schen Ganges fort, der sich 150 « hinter dem Schnitt der Fig. 9 zum Rohre schliesst. Der Querschnitt desselben ist auf Fig. 10 zu sehen. Das Epithel über der Tube ist hier flach, am Lig. h: ce. p. ist noch ein kurzer, nach oben und aussen stehender Zapfen vorhanden. Ohne Kenntnis der eigentlichen Bildungsweise des Tubentrichters möchte man aus !) Möglicherweise ist übrigens die von der Leber zur Lunge ziehende Platte noch nicht in ihrer ganzen Länge als Lig.h.c.p. aufzufassen, sondern bildet der zunächst an die Leber grenzende Teil derselben die kaudalste Partie des lateralen Lebergekröses. Es liegt eben hier der Übergang der beiden Ligamente in einander vor. Über die Entwicklung des Tubentrichters bei Salamandra maculosa. 673 diesen Bildern den Schluss ziehen, den auch mehrere Autoren vor mir gezogen haben, dass der Tubentrichter ein Produkt des erhöhten Epithels ist, welches ursprünglich an der Leibeswand, im vorliegenden Stadium auf einem von derselben abgespaltenen Ligamente gelegen ist. — Ich will dieses Ligament, welches so nahe Beziehungen zur Tube besitzt, als Tubenband, Ligamentum tubae, bezeichnen. Die weitere Umgestaltung des Tubenbandes ist bei einer Larve von 47 mm (Larveq) zusehen. Hierüber sind die Zeichnungen auf Taf. XXXVII und XXXVII, Fig. 11—17 zu vergleichen. Wie im früheren Falle habe ich die rechte Seite abgebildet. Die Larve war behufs Entkalkung auf zwei Tage in 20°/o wässrige Salpetersäure gebracht worden, durch welche ihre Gestalt leider verändert wurde: sie erscheint nämlich im dorso-ventralen Durchmesser abgeplattet. Die Epithelien aber sind nicht stark verändert, je einzelne Zellarten, wie z. B. die Flinımerzellen des Oesophagus, auffallend gut konserviert. Daher habe ich diese Larve, ebenso wie die Larve pı, welcher dasselbe Missgeschick widerfahren war, ohne weiteres zu dieser Untersuchung ver- wendet, zumal es sich ja um gröbere, anatomische Verhältnisse handelt, die gewiss keine Veränderung erfahren haben. Fig. 11 entspricht Fig. 6 der jüngeren Larve. Denn man sieht hier ein dünnes Band (L. t.), das durch einen schmalen Spalt von der seitlichen Leibeswand getrennt wird und an beiden Flächen platte Zellen trägt. Die Lunge ist der Leber ver- mittels des sagittal verlaufenden lateralen Lebergekröses dicht angeheftet, vielleicht ist die bei dieser Larve besonders knappe Verbindung der beiden Organe die Folge der mangelhaften Behandlung des Präparates; von der Verbindungsstelle von Leber und Lunge zieht ein Band zur Leibeswand, das Lig.h. ce. p., Fig. 12 zeigt den Zusammenhang des Lig. tubae mit dieser (Gekröseplatte. Dadurch ist der lateral von dem Tubenband gelegene Teil der Peritonealhöhle mit dem grossen, ventralen Abschnitt derselben, in welchem die Leber liegt, in Kommuni- kation getreten; diese Eröffnung des seitlichen Coelomabschnittes, die an der Serie durch die jüngere Larve erst am hinteren Ende des Tubenbandes zu sehen ist (Fig. 9), erfolgt demnach bei diesem älteren Objekt schon am kranialen Beginne des Bandes. Ausser- dem zeigt dieses Bild, dass der dorsale Ansatz des Bandes weiter 44* 674 HramiseRzarb ll: nach innen vorgerückt ist, dass sich also das Band im ganzen verlängert hat. In Fig. 13 hat das Band eine beträchtliche Dicke erreicht; auch jetzt ist es noch auf beiden Seiten von flachen Zellen überkleidet, dagegen zeigt es in seiner Mitte einen engen Spalt, der von hohen Zylinderzellen umgeben ist und das Tubenband in 2 dünnere Blätter scheidet. Am folgenden, ab- gebildeten Schnitte (Fig. 14) fehlt die Mitte des inneren Blattes, nur der dorsale und ventrale Teil desselben ist erhalten. Zu- sammen mit dem äusseren Blatte bilden diese beiden Teile Rinnen, welche von beträchtlicher Tiefe sind. Sie werden um so seichter, je weiter man die Serie nach rückwärts verfolgt. Gleich- zeitig nähert sich die dorsale Rinne der Mittellinie des Körpers (Figur 15). In Figur 16 ist die Rinne verschwunden und in Figur 17 das erhöhte Epithel, welches weiter vorne die dorso-laterale Wand der Rinne bildete, in den medialsten Winkel des dorsalen Coeloms gerückt. Im gleichen Schnitt befindet sich auch die Mündung der Vornierenkammer, welche in ihrem hinteren Teile zu einem kaum wahrnehmbaren Spalt verengt ist und sich nun in die Leibeshöhle öffnet. An den folgenden Schnitten erscheint die von Zylinderepithel überzogene Fläche immer schmäler, bis sie sich schliesslich zu einer Grube einsenkt, die sich rasch zum Müller’schen Gange schliesst. Es ist nun die Frage zu beantworten, auf welchen Vorgang die Entstehung der beiden Rinnen aus der ursprünglichen flachen Membran zurückgeführt werden muss. Ich glaube, dass es sich nur um die Bildung einer Falte handeln kann, welche im Bogen von vorn, von der dorsalen und der ventralen Seite vorwächst und dadurch sowohl vorn wie dorsal und ventral Taschen erzeugt. Denn auch der auf Fig. 13 dargestellte und beiderseits von Zylinderepithel umgebene Spalt kann nur als eine Tasche auf- gefasst werden, die sich nach rückwärts öffnet, da ihre hintere Wand identisch mit jener der seitlichen Rinne ist. Denkt man sich in Fig. 13 das mediale Blatt fort, so würde eine glatte, von. Zylinderepithel überzogene Fläche vorliegen, welche sich von der Fig. 7 der jüngeren Larve nur dadurch unterscheidet, dass der lateral von ihr gelegene Abschnitt der Leibeshöhle mit der ventralen Peritonealhöhle in weiter Kommunikation steht. Ich habe auch eine plastische Rekonstruktion von dem Ver- laufe des Lig. tubae bei dieser Larve angefertigt. Das Modell Über die Entwicklung des Tubentrichters bei Salamandra maculosa. 675 ist in Fig. 34 von hinten und der Medialseite aus betrachtet dargestellt. Man erkennt darauf die zusammengedrückte, mit der Leber aufs engste verbundene Lunge (Lu) und sieht, dass sich von der Verbindungsstelle dieser beiden Organe das Band erhebt, welches im Bogen zunächst dorsalwärts und hierauf am Dach der Leibeshöhle medialwärts zieht. Dabei verlängert es sich nach hinten, da die Mündung des Müller’schen Ganges weit hinter dem kranialen Anfang des Bandes liegt. Doch kommt diese letztere Verlaufsrichtung bei diesem Modell nicht besonders zum Ausdruck, da es nicht bis zum Eingang in’s Tubenrohr fort- geführt wurde. Es geschah dies aus dem Grunde, damit man um so deutlicher die dorsale und ventrale Rinne sehen kann, welche von der lateralen Platte (L. t.) und den medialen Falten (M. F.) begrenzt werden. Wie aus der Rekonstruktion und den von den Larven nı und q mitgeteilten Querschnittsbildern hervor- geht, bildet das Lig. tubae eine unvollständige seitliche Begrenzung des Pleuraraumes gegen den Peritonealraum zu. Betrachtet man das Modell von vorne, so ist von dem Tubenbande nichts zu bemerken, da sich die seitliche Leibeswand nach rückwärts direkt in dasselbe fortsetzt. Aber auch vor der Region des Tubenbandes liegt eine Trennung des Pleuraraumes vom Peritoneal- raume vor; es ist jene, die durch den proximalen Abschnitt des Lig. h. c. p. gebildet wird, wie bereits oben bemerkt wurde. Es erscheint demnach das Tubenband als laterale und kaudale Fortsetzung des letzteren Gekröses im Hinblick auf die Bedeutung desselben als Scheidewand zwischen den beiden Teilen der Leibeshöhle. Soweit meine Erfahrung über die Bildung des Tubenbandes beim Salamander reicht, glaube ich annehmen zu dürfen, dass dieselbe bis zum vorstehend geschilderten Stadium bei beiden Geschlechtern in annähernd gleicher Weise fortschreitet. Erst dann erfolgt eine Divergenz, indem sich bei den Weibchen das Band samt der davon abgespaltenen Falte weiter entwickelt und, wie ich gleich vorausschicken will, zum Tubentrichter ausgestaltet, während bei den Männchen bald das Tubenband selbst, bald die Falte in der Entwicklung zurückbleibt, sodass schliesslich nur ein einfaches Ligament nachweisbar ist. Ich gebe im folgenden zunächst die Entwicklung des Tuben- bandes bei den weiblichen Tieren und bitte darüber die Fig. 18 676 HansRabl: bis 23 zu vergleichen, welche eine nur wenig weiter als q ent- wickelte Salamanderlarve (pı) betreffen. Beginnen wir diesmal die Betrachtung am hinteren Ende der Tubenleiste, welche in Fig. 22 dargestellt ist. Man findet hier das erhöhte Epithel auf einem Vorsprunge der dorsalen Körperwand (L.t.), welcher sich unter sehr spitzem Winkel von der letzteren erhebt. Das Bild gleicht annähernd der Fig. 16, welche das hintere Ende der Tubenleiste der Larve q zeigt. Die ventrale Leiste ist kurz und entspringt vom Lig. h.c.p. Sie entspricht daher dem ventralen Zapfen der Larve nı. Schreitet man nun bei Betrachtung der Serie kranialwärts fort, so trifft man 100 « weiter vorne den in Fig. 21 abgebildeten Schnitt. Hier sieht man die dorsale Leiste weiter nach aussen gerückt, die Bucht, welche zwischen ihr und der Leibeswand einschneidet, minder spitz und — was am meisten auffällt — nahe dem medialen Ende derselben eine spitze Hervorragung nach der Leibeshöhe zu, in der wir ohne Schwierigkeit das hintere Ende der bei Larve q beschriebenen „Falte“ wieder erkennen. In Fig. 20 ist diese Falte (M. F.) ausserordentlich lang, ebenso erscheint der ventrale Zapfen wesentlich grösser. Die Rinne zwischen der dorsalen Falte und der jetzt schon weit lateralwärts gerückten Leiste entspricht der gleichen Bildung bei Fig. 15. Wo liegt nun bei dieser Larve ein; Band, das dem auf Fig. 12—14 dargestellten gleicht? Fig. 19 lässt zwar eine Ver- bindung zwischen der dorsalen Leibeswand und der lateralen Leberkante erkennen, dieses Band kann aber nicht das ursprüng- liche Tubenligament sein, denn es trägt sein erhöhtes Epithel an der lateralen Fläche. Es entspricht nur dem medialen Blatte von jenen beiden, durch einen Spalt getrennten Teilen des Tuben- ligamentes, welches auf Fig. 13 dargestellt ist. Man muss daraus schliessen, dass hier das laterale Blatt, d. h. das ursprüngliche Tubenligament mit der Leibeswand der Fläche nach verwachsen ist. Diese Tatsache ergibt sich auch unmittelbar aus dem Vergleiche der Figuren 13 und 18. Auf beiden Bildern sieht man den von Zylinderepithel überzogenen Spaltraum. Während derselbe aber im ersten Falle im freien Tubenligamente erscheint, liegt er hier in der lateralen Körperwand. Es wird somit im vorliegenden Falle das Homologon des Tubenligamentes der Larven nı und q durch eine niedere Falte der Leibeswand gebildet, die, kranial ee Über die Entwicklung des Tubentrichters bei Salamandra maculosa. 677 und lateral beginnend, nach innen und kaudalwärts absteigt. Indem von der Basis dieser Falte eine zweite entspringt, welche gleichfalls nach unten und aussen gerichtet ist und sich vorne mit der Leber verbindet, wird eine Rinne erzeugt, die lateral am tiefsten ist und sich medialwärts allmählich abflacht. Erst 340 .« von jener Stelle entfernt, an der die innere Falte ver- schwunden ist, erscheint am medialen Rande des nunmehr ganz nach einwärts gerückten erhöhten Epithels eine neue Rinne (Fig. 23, T. R.), welche eine Länge von 240 « besitzt und sich an ihrem kaudalen Ende zum Müller’schen Gange schliesst. Auf der linken Seite dieser Larve liegen die Verhältnisse ähn- lich: das Tubenligament ist mit der Leibeswand verwachsen, die dorsale Leiste ist sehr lang und reicht weit nach rückwärts. Ein noch weiter entwickeltes Fxemplar von Salamandra maculosa (52 mm Länge) lieferte mir die Bilder, welche in Fig. 24—31, Taf. XXXIX wiedergegeben sind. Fig. 24 zeigt die rechte Leberkante mit der Leibeswand durch das laterale Lebergekröse verbunden, welches an seiner medialen Seite von einem erhöhten Epithel bedeckt ist. Wenige Schnitte dahinter (Fig. 25) hat sich die Leber von jenem Band gelöst; es erscheint nunmehr als eine dünne Platte (L. t.), welche — wie in der vorigen Figur — ventral von der Ebene der dorsalen Leberfläche an der Leibeswand haftet. An ihrer Ansatzstelle erhebt sich in dem abgebildeten Schnitte eine kurze, spitze Falte (M. F.). Dieselbe begrenzt mit der erwähnten Platte eine enge Rinne, in der man das Homologon der an der Leber haftenden Rinne bei Larve q (Fig. 15) erkennt. Es muss demnach die Platte als das kraniale Ende des Tubenligaments aufgefasst werden. 30 « dahinter (Fig. 26) ist die Platte mit der Leibeswand in Verbindung, sodass das erhöhte Epithel an ihrer medialen Fläche als Epithel der Leibeswand erscheint. Dagegen ist dorsal ein Spalt in der Leibeswand aufgetreten, welcher gleich dem in Fig. 6, Larve nı und Fig. 11, Larve q an keiner Seite von erhöhtem Epithel überzogen ist. Das Tuben- ligament erscheint hier demnach als eine Platte, deren dorsaler Teil eine kleine Bucht der Leibeshöhle überbrückt, während ihr ventraler Abschnitt mit der Körperwand verwachsen ist. Die ventrale Falte ist am vorliegenden Schnitte wesentlich höher als früher; ausserdem hat sich am dorsalen Rande des Zylinderepithels 678 HansRabl: eine kleine Falte von der Leibeswand abgezweigt, sodass dadurch eine Rinne gebildet wird. Diese kleine dorsale Falte darf jedoch nicht mit der bei jüngeren Larven erscheinenden dorsalen Falte des Tubenbandes homologisiert werden, sondern ist eine neu hinzutretende vielleicht nur zufällige Bildung. Die richtige Falte erscheint erst einige Schnitte weiter kaudalwärts (Fig. 27, M.F.), während sich gleichzeitig die Tubenplatte von ihrem ventralen Ansatze an der Leibeswand wieder ablöst und dadurch einen freien, nach abwärts stehenden Rand erhält. Derselbe bildet den Ausgangspunkt der ventralen Falte.e Wäre dieser freie Rand mit der Leberkante verlötet, so würde das Tubenligament ein Aussehen darbieten, wie es von Larve q auf Fig. 14 abgebildet ist. Bei weiterer Verfolgung der Schnittserie findet man die ventrale Falte allmählich niedriger werden, während sich gleich- zeitig das Tubenligament etwas verkürzt. Schliesslich ver- schwindet die ventrale Rinne vollständig; es bleibt nur die dorsale erhalten. Da sich die beiden Wände derselben vereinigen, noch ehe sie die Leibeswand erreicht haben, erscheint ein kurzes Gekröse gebildet. Die Ansatzstelle desselben rückt allmählich medialwärts, die Rinne wird immer kürzer, schliesslich vereinigen sich ihre Lippen zu einem Rohre, dem Müller schen Gange (Fig. 31, T.).. Man muss daraus schliessen, dass sich in diesem, am weitesten vorgeschrittenen Entwicklungsstadium die mediale Falte des Tubenligamentes, welche von Larve q auf Fig. 13, 14 und 15 und von Larve pı in Fig. 19, 20 und 21 dargestellt ist, bis zum Ostium tubae verlängert hat und in den medialen Rand desselben übergegangen ist. Dieser Übergang ist so vollständig, dass man nicht angeben kann, wo das ursprüngliche Ostium des Müller’schen Ganges gelegen war. Es ist zu vermuten, dass dasselbe auch auf späteren Stadien, so wie früher, die Gestalt einer Rinne bewahrte, von derem Ende der Gang entspringt. Doch ist die Stelle, an der die ursprüngliche Tubenrinne in ihre sekundäre Verlängerung übergeht, nicht mehr festzustellen. Abgesehen von dieser Verlängerung der medialen Falte des Tubenbandes nach rückwärts, besteht nach der eben gegebenen Schilderung die wesentlichste Veränderung, durch welche sich die späteren Stadien von der ersten Anlage unterscheiden, darin, dass das Tubenband der Fläche nach mit der Leibeswand in grosser Ausdehnung verwachsen ist. Über die Entwicklung des Tubentrichters bei Salamandra maculosa. 679 Im Gegensatz zu diesen Verhältnissen bei den Weibchen findet man bei den männlichen Tieren keine besondere Abweichung von der ersten Anlage des Tubenbandes. In Fig. 33 habe ich ein Plattenmodell abgebildet, das die Region, in der das Tuben- band ausgespannt ist, darstellt. Es zeigt eine grosse Überein- stimmung mit den in Fig. 34 wiedergegebenen Verhältnissen. Das Tubenband bildet eine niedere, nur wenig gegen die Leibes- höhle vorspringende Falte, welche ventral in ein Band, das die Verbindung der Leber und Lunge mit der Leibeswand vermittelt, übergeht. In der dorsalen Kante dieser Platte bemerkt man einen feinen Spalt, welcher etwa in halber Höhe des Bandes beginnt und dasselbe in ein dorso-ventral aus- gespanntes inneres und ein dem ersteren eng anliegendes äusseres Blatt teilt. In Fig. 32 und 33 habe ich zwei Querschnitte durch dieselbe Region wiedergegeben. Die erste Figur zeigt das innere Blatt (M. F.), welches der erst sekundär auftretenden Falte entspricht und nach aussen davon das viel kürzere eigentliche Ligamentum tubae (L. t.). An weiter vorne gelegenen Schnitten, an denen die Ansatzpunkte der „Falte“ einander wesentlich näher liegen, ist auch ein quergespanntes Tubenband vorhanden und zwischen beiden Blättern ein enger Spalt sichtbar. In Fig. 33 sind die beiden Blätter (L.t.u.M.F.) gleich lang. Sie liegen ganz dicht aneinander und sind — wie auch die entsprechenden Seiten in der früheren Figur — von einem Epithel überzogen, welches zwar höher als das Peritoneal- epithel der übrigen Leibeshöhle ist, aber dennoch eher als flaches, denn als kubisches Epithel angesprochen werden muss. Es lässt sich leicht erkennen, dass hier das Rudiment eines Tubentrichters im männlichen Geschlechte vorliegt. Vergleichen wir damit das Aussehen des Tubenostium bei einem erwachsenen weiblichen Tier (Fig. 36), so lässt sich folgendes feststellen: Das Tubenostinum bildet hier eine Nische in einer Gekröseplatte, welche von der Leber über die Lunge hinweg zur Leibeswand zieht. Das Band besitzt einen frei nach hinten sehenden, konkaven Rand und setzt sich nach rückwärts in das anfangs nur kurze Gekröse der Tube fort. Der von der Leber zum Tubenostium reichende Teil dieses Bandes entspricht dem Ligamentum coronarium des Frosches. Gaupp schildert dasselbe folgendermaßen: „Das genannte Band selbst besitzt ebenfalls 680 Hang Rahil: eine wichtige Beziehung zum ÖOstium abdominale tubae: es be- ginnt gerade an dem Ostium und bildet den dorsalen Umfang desselben oder mit anderen Worten: das Ostium abdominale öffnet sich von Kranial her auf die Ventralfläche des Ligamentum coronarium hepatis. Der scharfe, kranial- und lateralwärts blickende Rand des Ligamentum coronarium hepatis bildet zu- gleich, indem er sich ventralwärts umbiegt, eine laterale Begrenzung des Ostium abdominale tubae.“ Ich zweifle nicht, dass sich bei genauer Untersuchung der Entwicklung des Ostium abdominale tubae des Frosches ähnliche Verhältnisse werden finden lassen, wie ich sie vom Salamander beschrieben habe. Trotz dieser schrittweisen Verfolgung der Entwicklung des Tubenligamentes besteht bei der Zurückführung der definitiven auf die embryonalen Verhältnisse eine nicht zu bewältigende Schwierigkeit in der genauen Abgrenzung desjenigen Anteiles, welchen das Ligamentum tubae an dem ganzen, von der Leber zum Tubenostium ziehenden Bande hat. Ich will infolgedessen auch keine neue Nomenklatur einführen, sondern die ganze von der Leber zum Tubenostium ziehende Gekröseplatte als Ligamentum coronarium hepatis bezeichnen. Klaatsch nennt dieselbe Parietal- gekröse und beschreibt sie bei Siren lacertina mit folgenden Worten: „Der proximale Abschluss der Leibeshöhle bietet die den Amphibien allgemein zukommenden Verhältnisse dar. In querer Richtung ausgespannte Peritonealduplikaturen verbinden den Vorder- darm mit der seitlichen Coelomwand. Dies sind die von Goette als „Parietalgekröse“ bezeichneten Bildungen. Nicht nur mit dem Darm, sondern auch mit der Leber und den Lungen sind diese Mesenterialbildungen fest verbunden. Von hier aus gelangt man direkt zu den anderen Peritonealduplikaturen, durch welche Leber, Darm und Lungen mit der Coelomwandung verbunden sind.“ Diese Schilderung bedarf einiger Korrekturen. Zunächst ist es unrichtig, dass die Parietalgekröse den Vorderdarm mit der seit- lichen Leibeswand verbinden. Denn der Vorderdarm gewinnt allein durch Vermittlung der Lungen und der Nebengekröse eine (indirekte) Verbindung mit der seitlichen Coelomwand; zweitens sind die Parietalgekröse Go ettes mit den bei erwachsenen Urodelen vorhandenen seitlichen Gekröseplatten, welche Klaatsch im Auge hat, gewiss nicht. zu homologisieren. Ich stimme in ihrer- Deutung mit Mathes überein, welcher meint, dass die Über die Entwicklung des Tubentrichters bei Salamandra maculosa. 681 Parietalgekröse Goettes den Mesocardia lateralia Köllikers. entsprechen, da dieselben Peritonealbrücken darstellen, „die zur Überleitung der Stammvenen zum Sinus venosus dienen.“ Untersucht man die am vorderen Ende des Coeloms von der Leber seitlich abiretenden Peritonealfalten genauer, so findet man folgendes: Es entspringt da von dem lateralen Rand der Leber ein Band, das sica teils zur Lunge hinüberspannt, teils ventralwärts am Pericard anheftet. Dasselbe setzt sich entwick- lungsgeschichtlich aus zwei Ligamenten zusammen, die ohne Grenze ineinander übergehen : aus dem lateralen Lebergekröse und dem lJigamentum hepato-cavo-pulmonale, beziehungsweise hepato-pulmonale. Der Ansatzpunkt dieses Bandes an der Leber ist übrigens an Querschnitten aus verschiedener Höhe ein ver- schiedener. In der hinteren Region der Leber erscheint es an der Dorsalfläche dieses Organes befestigt. Nach vorne zu rückt seine Ansatzlinie immer weiter lateralwärts bis dieselbe die laterale Leberkante erreicht. Doch bleibt das Band hier nicht bis an die Spitze der Leber befestigt. Denn kurz vor derselben biegt es auf die Ventralfläche der Leber ab und zieht schliesslich frei vorwärts zum Pericard. Man findet daher an Querschnitten durch die vordere Spitze der Leber das genannte Band als fron- tal gestellte, zur seitlichen Leibeswand verlaufende Platte (Fig. 32), während die Leberspitze selbst ausser Kontakt mit ihr steht. Verfolgt man die Serie nach rückwärts, so erscheint als- bald der ventrale Rand der Leber mit dieser Platte verlötet, sodass dieselbe nunmehr von der Ventraltiäche der Leber ent- springt. Doch lässt sich dieses Bild nur an wenigen Schnitten wahrnehmen, da das Band rasch nach aussen rückt, bis es den lateralen Rand und weiterhin die dorsale Fläche erreicht (Fig. 33). Da es das laterale‘ Lebergekröse ist, welches die direkte Verbindung der kranialsten Leberpartie mit der Leibeswand ver- mittelt, so muss auch die geschilderte Änderung im Ansatze des Bandes an der Leber bei näherer Untersuchung der Verhältnisse des lateralen Lebergekröses zum Vorschein kommen. Eine solche Untersuchung ist bei Larven während der Metamorphose zwischen 45 und 50 mm Länge auszuführen. An derartigen Larven sieht man, dass der Ansatz des lateralen Lebergekröses an der Leber- spitze successive nach abwärts rückt, bis er schliesslich an die Ventralfläche der Leber zu liegen kommt. Da gleichzeitig die 682 HansRabl: Leber nach hinten wandert, löst sich ihre Spitze vom genannten Gekröse ab. Die Grenze zwischen lateralem Lebergekröse und Nebengekröse ist bei diesen grossen Larven ebenso schwer fest- zustellen wie bei den jüngeren. Nun kommt noch das Ligamentum tubae hinzu, das sich kontinuierlich in das Leber- und Nebengekröse fortsetzt. Man muss zwar festhalten, dass die kraniale Verbindung der Lunge mit der Leibeswand im allgemeinen durch das Neben- gekröse, die kaudale, welche das Tubenostium umfasst, durch das Tubenband gebildet wird; ebenso ergibt sich aus der Ent- wicklung, dass vermutlich nicht die ganze, zwischen Leber und Lunge ausgespannte Platte vom Nebengekröse stammt, sondern dass dessen kranialster Abschnitt vom lateralen Lebergekröse beigestellt werden dürfte, welches in Ausnahmefällen auch die Verbindung der Lunge mit der Körperwand besorgt (Fig. 24); wo aber die Grenzen zwischen diesen drei Gekröseplatten laufen, ist nicht mehr festzustellen, vielmehr erscheint das Ligamentum coronarium hepatis, abgesehen von seinen unregel- mässigen, auf mehrere Organe erstreckten Grenzen, als einheit- liche Bildung. Der hintere Rand jener Gekröselamelle, welche zwischen Lunge und Leibeswand ausgespannt ist, ist nicht rein quer gestellt, sondern zieht von aussen und vorne nach innen und kaudalwärts herab. An Querschnitten sieht man daher denselben in einen freien Saum auslaufen (Fig. 33), welcher um so kürzer ist, je mehr man bei Betrachtung der Serie nach rückwärts fortschreitet. Da sich diese Platte weiterhin in das Ligamentum tubae fortsetzt, kommt es auf der rechten Seite in der unmittelbar kaudal von dem Ansatze derselben an die Leibeswand gelegenen Körperregion zu einer Überlagerung der beiden von der Leber nach aussen ziehenden (Gekröseplatten (Fig. 35). Die dorsale derselben entspricht dem allein von der Leber zur Lunge ziehenden Teile des Lig. h. ce. p., die ventrale dem freien Saume des Kranzbandes der Leber. In Fig.35 ist derjenige Teil des Ligamentum coronarium hepatis, welcher frei von der Leber und Lunge zur Leibeswand hinüberzieht, durch gelbliche Farbe kenntlich gemacht. Der kraniale Teil dieser Platte setzt sich aus dem Lig. h. c. p. und dem lateralen Lebergekröse zusammen, der kaudale Teil, welcher den beschriebenen, nach hinten und aussen gekehrten freien Rand besitzt, ist grössten- teils Ligamentum tubae. Über die Entwicklung des Tubentrichters bei Salamandra maculosa. 683 Eine Ausnahme, die ich gar nicht selten beobachtete, be- steht darin, dass sich das Ligamentum tubae nicht an der Leber, sondern am ventro-lateralen Lungenrand inseriert. Ich beobachtete dieses Verhältnis sowohl bei erwachsenen Tieren, wie bei Larven und muss daher diese Variation auf abweichende Verhältnisse in der ersten Anlage der Gekröse zurückführen. Meiner Meinung nach handelt es sich hier darum, dass das laterale Lebergekröse in kranio-kaudaler Richtung kürzer als gewöhnlich ist, sodass die Befestigung der Leber an der seitlichen Leibeswand vor jener Stelle endigt, an der sich das Nebengekröse von der Leibeswand ablöst. Daher zieht das erhöhte Epithel, welches später die Auskleidung der trichterförmigen Erweiterung des Ostium abdominale tubae besorgt, nur bis an die Lunge und bleibt auch das Ligamentum tubae nach Abspaltung von der Leibeswand an der Lunge befestigt. Das in Fig. 37 dargestellte Verhalten des Gekröses bei einem erwachsenen Salamander-Weibchen bildet scheinbar einen Gegen- satz zu der Fig. 35. Es wurde hier das Lig. h. c. p. über der Lunge durchtrennt. Danach erkennt man an der linken Seite der Lunge (im Bilde rechts) zwei Peritonealplatten, die überein- ander liegen. Die eine zieht von der Leber zur Lunge und bildet die direkte Fortsetzung der hinteren Partie des Lig. h. c. p., welche beim Auseinanderziehen von Leber und Lunge ohne weiters sichtbar wird. Die andere entspringt scheinbar vonjdiesem letzteren und zieht als Ligamentum coronarium hepatis zum Tuben- trichter. Dieses Band ist auf der Zeichnung heller darge- stellt; durch dasselbe sieht man die Ansatzlinie des Lig. h. c. p. an der Lunge hindurchschimmern. Es fragt sich nun, welcher Teil des Ligamentum coronarium hepatis wird hier als Tuben- ligament angelegt ? Zweifellos ist dies wiederum nur die laterale Partie desselben, welche in einem Flusse in den medialen Teil dieses Bandes, der zum grösseren Teile dem Lig. h. c. p., zum kleineren Teile dem lateralen Lebergekröse ängehört, übergeht. Man muss sich eben stets vergegenwärtigen, dass die Lig. h. c. p. nnd h. p. nicht bloss Bänder sind, die von der Leber zur Lunge verlaufen, sondern dass sie die letztere auch an der Leibeswand anheften. Der Unterschied zwischen dem vorliegenden Fall und dem in Fig. 35 dargestellten Verhalten liegt nur darin, dass beim letzteren Objekt die Lunge knapp an der frontal gestellten (rekröseplatte befestigt ist, während im anderen Falle das 684 HansRabl: sagittal gestellte Band eine beträchtliche Länge besitzt. Dasselbe hat auf dem Bild eine umgekehrte Lage als in Wirklichkeit, da die Leber sehr stark nach links hinübergezogen wurde und daher ihr freier Rand auf der linken Seite der Lunge liegt, während bei normalem situs die Lunge sogar noch an ihrem rechten Rande von der Leber überragt wird. Man erhält das in Fig. 37 wieder- gegebene Bild, wenn man sich bei der in Fig. 33 abgebildeten Larve die Leber sehr weit nach links (im Bilde demnach nach rechts) verlagert denkt, sodass das Leber-Lungenband (ob es Lig. h. c. p. oder noch laterales Lebergekröse ist, muss ich unentschieden lassen), statt von der Lunge nach aussen, nunmehr nach einwärts zieht. Ich habe schon im Anschluss an die Besprechung der Larve nı bemerkt, dass die Tubenligamente als Scheidewände zwischen den Pleuraräumen und der Peritonealhöhle aufgefasst werden können. Dieselbe Bedeutung besitzen auch jene Teile der Nebengekröse, durch welche die ventralen Lungenränder mit der Leibeswand verbunden werden. Ein wesentlicher Unterschied zwischen diesen beiden Peritoneal-Duplikaturen besteht jedoch darin, dass die letzt- genannten Gekröseplatten einen — wenn auch unvollständigen — ventralen Abschluss der Pleuraräume liefern, während die Tuben- ligamente denselben lateral besorgen. Bei den erwachsenen Tieren ist es das aus der Vereinigung des lateralen Lebergekröses, des Nebengekröses und des Tubenligamentes hervorgegangene Kranz- band der Leber. das rechts wie links eine, wenn auch sehr un- vollständige Scheidung des Coeloms veranlasst. Auf diese Be- deutung des „Parietalgekröses“ scheint auch Klaatsch bei einigen Urodelen aufmerksam geworden zu sein, doch unterliess er eine eingehende Schilderung der bezüglichen Verhältnisse. Schon vorher hatte Goette die Ansätze einer Zwerchfellbildung bei den niederen Wirbeltieren verfolgt. Auf Seite 801 seines grossen Buches über die Unke beschreibt er die Bildung des dorsalen Lebergekröses, d. h. des Lig. h. ec. p. und fährt dann S.802 fort: „Untersucht man nun diese Bildung nach der Larven- metamorphose, so findet man mit der Verbreiterung der rechten Leberhälfte auch das geschilderte Gekröse noch mehr lateralwärts umgelegt, sodass zwischen seinem freien Rand und der Leibes- wand nur ein Schlitz übrig bleibt, durch welchen die rechte Lunge, welche bei mässiger Füllung durch jenes Gekröse von unten ver- Über die Entwicklung des Tubentrichters bei Salamandra maculosa. 685 deckt werden könnte, bei stärkerer Luftaufnahme in die Bauch- höhle hervortritt. Nun denke man sich die Ausdehnung der Pleurahöhlen nach vorne so beschleunigt, dass sie zur Bergung den wachsenden Lungen jederzeit vollkommen ausreichen und daher der nach rechts schauende, freie Rand des genannten Leber- gekröses der Leibeswand einige Zeit angeschmiegt bleibt, ohne von der in Tätigkeit versetzten Lunge beständig wieder abgehoben zu werden; dann wäre eine Verwachsung jenes Randes mit dem parietalen Bauchfelle oder der feste hintere Verschluss der rechten Pleurahöhle ebenso wahrscheinlich, wie der hintere Verschluss der Pericardialhöhle unter ähnlichen Umständen konstant eintritt.“ Weiterhin meint Goette, dass „diese Voraussetzungen für die Säugetierembryonen vollständig zutreffend“ seien und dass der hintere Abschluss der Pleurahöhlen bei ihnen in der bei den Amphibien nur angedeuteten Weise erfolge. Diese Annahme er- wies sich — wie die Folge zeigte — nicht in ihrem ganzen Umfange als richtig, denn wenn auch die Nebengekröse bei der Zwerchfellbildung von Bedeutung sind, so geht doch der dorsale Teil des Zwerchfells nicht aus ihnen hervor, sondern ist — wie zuerst Uskow genau zeigte — eine Bildung besonderer Art. Man muss diese „dorsale Zwerchfellsanlage“ der Säugetiere nach den Untersuchungen Bertellis mit der Urnierenfalte der Reptilien homologisieren. Daher bezeichnet sie Hochstetter auch bei den Säugetieren mit dem gleichen Namen. Bracnhet und Swaen nennen die dorsale Zwerchfellsanlage der Säuger Membrana pleuroperitonealis. Ich will im folgenden einige Zeich- nungen beschreiben, welche diese Membran bei Reptilien, Vögeln und dem Menschen zeigen, um dadurch den Beweis zu erbringen, dass diese Gekröseplatte mit dem Tubenligamente des Salamanders sowohl in ihrer Lage als in Bezug auf ihr Verhältnis zum Müller’schen Gange durchaus übereinstimmt. Natürlich darf man das Tubenligament nur in seiner ersten Anlage ins Auge fassen, wie es von Larvenı abgebildet wurde, da es ja später. mit Rücksicht auf seine Beziehung zur Tubenanlage die bereits be- schriebenen Veränderungen erfährt. Vergleicht man Fig. 7 mit Fig. 2, dem Querschnitt durch die Lungengegend des Rumpfes eines Embryo von Lacerta agilis (Copie nach Hochstetter), so findet man die mit U. F. (Ur- nierenfalte) bezeichnete Gekröseplatte von der Leber zur seit- 686 HramssmRkarbile lichen Leibeswand ziehen und von da, annähernd parallel der letzteren nach rückwärts verlaufen. Es ist wohl klar, dass vor allem der dorso-ventrale Abschnitt dieser Platte dem Ligamentum tubae des Salamanders homolog ist. Ein Unterschied liegt nur darin, dass bei Lacerta der Ansatz des Lig. h ce. p. an der Leber bereits weit dorsalwärts hinaufgerückt ist, während bei der Sala- manderlarve die Verbindung zwischen Lunge und Leber noch durch das laterale Lebergekröse vermittelt wird. Fig. 3 zeigt die Urnierenfalte bei einem Entenembryo in der Herzregion. Dieselbe zieht vom lateralen Rand der Urniere zum Ansatz des Septum pericardiaco-pleuro-peritoneale an der Leibes- wand. Die Abbildung ähnelt dem Querschnittsbilde der Rumpf- region eines Kaninchen-Embryos von 13!/2 Tagen, das Brachet (5, Fig. IX) publiziert hat. Der lateral von der Urnierenfalte gelegene Abschnitt der Leibeshöhle entspricht dem Recessus antero- laterale von Brachet, dem Recessus sup£ro-laterale vonSwaen. Er gleicht hinsichtlich seiner Lage durchaus dem seitlich vom Tubenligament gelegenen Coelomabschnitte bei Salamanderlarven. Der einzige Unterschied zwischen der hier abgebildeten Urnieren- falte eines Vogels und dem Tubenligament eines Salamanders besteht darin, dass die erstere Platte in der Herzregion gelegen ist, während ihr Homologon bei den Amphibien kaudal von der- selben auftritt. Ein Bild der Pleuroperitonealmembran eines Vogels (Hühnchen) hinter der Herzregion hat Hochstetter (6) publiziert. Er betont bei dieser Gelegenheit, dass bei den Vögeln „die Urnierenfalte nur in ganz untergeordneter Weise an der Bildung des Diaphragma pleuroperitoneale beteiligt ist.“ Meine Untersuchungen haben mich zu dem gleichen Ergebnis geführt, doch will ich hier darauf nicht näher eingehen, sondern behalte mir vor, bei einer anderen Gelegenheit noch einmal ausführlich darauf zurückzukommen. Mit derselben Sicherheit wie bei den Vögeln ist die Homo- logie des Tubenligamentes der Amphibien mit der Urnierenfalte auch bei den Säugetieren festzustellen. Die Abbildungen, welche in der Literatur über das Aussehen der dorsalen Zwerchfells- anlage niedergelegt sind, zeugen für diese Homologie aufs bered- teste. Ich verweise diesbezüglich auf die Arbeiten von Uskow, Ravn, Bertelli, Hochstetter, Brachet und Swaen und teile überdies in Fig. 4 ein Bruchstück eines Querschnittes Über die Entwicklung des Tubentrichters bei Salamandra maculosa. 687 durch die Lungen-Lebergegend eines menschlichen Embryo von 11 mm Länge (über die Convexität gemessen) mit. Es ist hier die Pleuroperitonealmembran gleichzeitig mit dem Lig. h. ec. p. deutlich zu sehen. Ein Lig. h. p. fand sich bei diesem Embryo nicht. Die Pleuroperitonealmembran ist unmittelbar vor ihrem hinteren Ende getroffen. Schon am folgenden Schnitte sieht man an ihrer Stelle nur einen dorsalen und ventralen Zapfen, den dorsalen und ventralen Pfeiler von Uskow. Auf der rechten Seite ist auf diesem Schnitte von der Pleuroperitonealmembran nichts mehr zu sehen ; sie liegt hier weiter proximal. Der Embryo ‚dürfte etwas jünger als der Embryo I von Swaen (13), sein, von welchem dieser Autor in den Figg. IV und V zwei Bilder der Pleuroperitonealmembran gegeben hat. Schon Hochstetter und Bertelli haben bei der Homo- logisierung der Urnierenfalte der Reptilien mit der dorsalen /werchfellsanlage der Säuger die Lage des Müller’schen Ganges als wichtiges Argument ins Treffen geführt. Bei Lacerta - Em- bryonen von 5 mm Länge findet man nach Bertelli ein erhöhtes Epithel zu beiden Seiten der breiten Urnierenfalte, die in schräger Richtung von der Dorsalseite nach aussen und ventralwärts zieht. Am kaudalen Ende der Urnierenfalte vereinigen sich die beiden genannten Epithelstreifen zu einem die Urniere überziehenden Bande, aus dem das Ostium des Müller’schen Ganges hervor- geht. Ebenso sieht man auf dem mitgeteilten Querschnittsbilde durch einen Vogelembryo (Taf. NXXVIL, Fig. 3) auf der medialen Fläche der Urnierenfalte ein zylindrisches Epithel, welches das proximale Ende des Tubentrichters bildet. Und bei Säugetieren fand Bertelli, dass auch hier eine Beziehung zwischen Urnierenfalte und Müller’schem Gange besteht, „indem sich bei Embryonen von Cavia die Mündung des Müller’schen Ganges an der lateralen Fläche des dorsalen Uskow’schen Pfeilers vorfindet.“ Die Beziehung des Tubenbandes zum Müller’schen Gange bei Amphibien ist so wichtig, dass dieses Band geradezu als ein Hilfsapparat desselben aufgefasst werden muss. Denn aus diesem Ligamente entwickelt sich, wie wir gesehen haben, ein Trichter, der sich mit dem kleinen primären Ostium des Müller’schen Ganges verbindet, und so von massgebender Bedeutung für die Zuführung der Eier in die Tube wird. Es scheint mir, dass die Umgestaltung des Tubenligamentes der Amphibien in die dorsale Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 45 5ToXo) Hansskabl: Anlage des Zwerchfelles der Säuger wesentlich darauf zurück- geführt werden muss, dass das Band stärker in die Länge wächst, während gleichzeitig auch das ventrale Diaphragma eine weitere Entwicklung erfährt. Indem das Herz kaudalwärts rückt, erfährt das Tubenband eine Veränderung seiner ventralen Ansätze und gelangt schliesslich in eine Lage, durch welche es notwendiger- weise in die Bildung des Zwerchfells einbezogen wird. Die kaudale Fortsetzung des dorsalen Pfeilers der Urnierenfalte über das Zwerchfell hinaus bleibt in dem von Koelliker beschriebenen /werchfellbande der Urniere erhalten. So glaube ich den Beweis erbracht zu haben, dass das Homologon der dorsalen Zwerchfellsanlage der Säuger bereits bei den Larven der urodelen Amphibien vorhanden ist und dass wir auch bei den ausgewachsenen Tieren den lateralen Teil des Liga- mentum coronarium hepatis, der aus dem Tubenbande hervorgeht, mit der Membrana pleuroperitonealis homologisieren dürfen. Ein genauer Nachweis dieser Verhältnisse hatte bisher gefehlt. Da- rum ist es begreiflich, wenn Bertelli, bloss auf Grund einer vergleichend anatomischen Untersuchung der erwachsenen Formen und unter Kritik der in der Literatur niedergelegten vereinzelten und ungenügenden Beobachtungen über die Entwicklung der Gekröseplatten am kranialen Coelomende den Ausspruch tat: „Negli Anfıbi non esiste diaframma dorsale.“ Er stützt sich hier- bei darauf, dass man nur berechtigt sei, die Gekröseplatten, welche die Ovidukte und die Canaliculi efferentes des Hodens tragen, als Urnierenfalten aufzufassen. Diese Duplikaturen sind jedoch nur die Fortsetzung einer am kranialen Ende der Leibes- höhle gelegenen Bildung, deren selbständige Natur und Bedeutung allerdings nur durch die embryologische Untersuchung nachge- wiesen werden kann. 10. Kl. 13. 14. Über die Entwicklung des Tubentrichters bei Salamandra maculosa. 689 Literaturverzeichnis. . Bertelli, D.: Pieghe dei reni primitivi nei rettili. Contributo allo sviluppo del diaframma. Atti della Societa Toscana di Scienze Naturali. Memorie. Vol. XV. 1896. . Derselbe : Pieghe dei reni primitivi, contributo allo sviluppo del diaframma. Ebenda. Vol. XVI. 1597. . Brachet, A.: Recherches sur le d&eveloppement de la cavit& hepato- enterique de l’Axolotl et de l’arriere cavit& du peritoine chez les Mammi- feres (Lapin). Archives de Biologie. T. XIII. 1892. . Derselbe: Recherches sur le d&veloppement du diaphragme et du foie chez le lapin. Journal de l’anatomie et de la physiologie. T. XNXXI. 189. . Derselbe: Recherches sur l’&volution de la portion c£phalique des cavites pleurales et sur le developpement de la membrane pleuro-peri- cardique. Ebenda. T. XXXIH. 1897. Hochstetter, F.: Über partielle und totale Scheidewandbildung zwischen Pleurahöhle und Peritonealhöhle bei einigen Sauriern. Morphol. Jahrb. XXVII. Bd. 1899. . Derselbe: Die Entwicklung des Blutgefässsystems. Handbuch der ver- gleichenden und experimentellen Entwicklungsgeschichte, herausgegeben von O. Hertwig. . Goette, A.: Die Entwicklungsgeschichte der Unke (Bombinator igneus) als Grundlage einer vergleichenden Morphologie der Wirbeltiere. Leipzig 1575. . Derselbe: Abhandlungen zur Entwicklungsgeschichte der Tiere. Heft 5. Entwicklungsgeschichte des Flussneunauges (Petromyzon fluviatilis). Hamburg und Leipzig 1890. Klaatsch, H.: Zur Morphologie der Mesenterialbildungen am Darm- kanal der Wirbeltiere. I. Teil. Amphibien und Reptilien. Morphol. Jahr- buch, XVIII. Bd. 1892. Mathes, P.: Zur Morphologie der Mesenterialbildungen bei den Amphibien. Morphol. Jahrbuch, XXIII. Bd. 1895. 2. Ravn, E.: Uber die Bildung der Scheidewand zwischen Brust- und Bauchhöhle in Säugetier-Embryonen. Archiv f. Anatomie und Physiologie, anatom. Abt. 1889. Derselbe: Untersuchungen über die Entwicklung des Diaphragmas und der benachbarten Organe bei den Wirbeltieren. Ebenda, Suppl-Bd. 1889. Swaen,T.: Recherches sur le d&eveloppement du foie, du tube digestif, de l’arriere-cavit& du peritoine et du m6sentere. 1. et 2. partie. Journal de l’anatomie et de la physiologie, T. XXXII, 1896 u. T. XXXIIL 1897. 5. Uskow, N.: Über die Entwicklung des Zwerchfells, des Pericardiums und des Coeloms, Archiv f. mikroskop. Anatomie, XXI. Bd. 1883. 45* 690 Hans Rabl: Buchstaben-Erklärung zu den Figuren auf Tafel XXXVHI—XL. A — Aorta Yaleyar — Arteria pulmonalis E. E. — Erhöhtes Epithel G: — Gallenblase IR — Körperwand En. — Knorpel L. — Leber L. ce. h. = Ligamentum coronarium hepatis L.N2e 9. = > hepato-cavo-pulmonale DL. Re) = = hepato-entericnum I x hepato-pulmonale bl = : suspensorium hepatis ORT: — „ tubae DAB. — Laterales Lebergekröse 10.5 — Lymphsinus Lu. — Lunge M. — Magen M. E. — Mediale Falte des Tubenbandes N.N.G. = Müller’scher Gang OÖ. — Ovarium O0. a.t. = Ostium abdominale tubae Oe. — Oesophagus S. pc. plp. = Septum pericardiaco-pleuro-peritoneale U. = Urniere TH: — Urnierenfalte 1% —lube IR — Tubenrinne V:i6; — Vena cava V. cd. IE reardinalis Vng. — Vornierengang Vak. — Vornierenkammer. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXXVIH-—XL. Tafel XXXVI. Fig. 1. Partie eines Sagittalschnittes durch eine Salamanderlarve von 385 mm Länge, rechte Seite. Fig. 2. Querschnitt durch die Lungengegend des Rumpfes eines älteren Embryo von Lacerta agilis (aus Hochstetter, Nr. 6 des Literatur- verzeichnisses. Taf. XIII, Fig. 4). Die Figurenerklärung ist mit der des Originales gleichlautend. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. n Fig. Fig. Über die Entwicklung des Tubentrichters bei Salamandra maculosa. 691 3. Querschnitt durch die Lungengegend eines Entenembryo von 14mm Scheitelsteisslänge, 8 T. 5 St. bebrütet. 4 Querschnitt durch die Lungen-Lebergegend eines menschlichen Embryo von 11mm Länge, entlang der Rückenkrümmung vom Scheitel zum Steiss gemessen (zwischen Stadium 8 und 9 der His schen Normentafel). 5—10. Querschnitte durch die rechte Körperseite einer Salamanderlarve von 45mm Länge (Larve nı). Vergr. 30. !O und 11. Querschnitte durch die Lungengegend der rechten Seite der Larve q (47mm Länge). Vergr. 40. Zwischen Fig. 10 und 11 dürfte der Übergang von L.L. in L.h.p.c. zu suchen sein. Tafel XXXVII. 12—17. Dieselbe Larve, von der Fig. 10 und 11 stammen. Fort- setzung der Serie. Vergr. 40. 18-23. Querschnitte durch die Lungengegend der Larve pı (45mm Länge) rechte Seite. Vergr. 40. Tafel XXXIX. 31. Querschnitte durch die Lungengegend einer am Ende der Metamorphose stehenden Larve (52 mm Länge), 9, rechte Seite. Vergr. 30. 32 und 33. Querschnitte durch die Lungengegend eines jungen männ- lichen Salamanders von 50 mm Länge. 24 34. Modell der Lungengegend der Larve q in der Region des Liga- mentum tubae. Man sieht die rechte Seite von links und rückwärts. Das Modell zeigt die Region in 50facher Vergrösserung, die in der Zeichnung auf */s verkleinert wurde. 35. Kraniales Ende der Leibeshöhle eines erwachsenen, männlichen Salamanders, rechte Seite, etwa aufs doppelte vergrössert. Die Leber ist mit einem Häckchen stark nach links gezogen, sodass der Magen sichtbar ist. Das Ligamentum hepato-cavo- pulmonale ist an seinem Ansatze an der Leber der Länge abge- schnitten und auf die Lunge hinaufgeschlagen worden. Die gelb gefärbte Partie des Ligamentum coronarium hepatis ist jene, welche zum kleinen Teil von der Leberkante, zum grösseren von der Lunge entspringt und in schräger Richtung ventral- und lateralwärts zur Leibeswand hinüberzieht. Derjenige Teil des Lig. cc. h., welcher bloss von der Leber zur Lunge zieht (er stammt grösstenteils vom Lig. h. c. p. ab) wurde in gewöhnlichem, grauem Tone dargestellt. Der mit * bezeichnete, weissliche Streifen stellt die Linie dar, an der sich medialer und lateraler Teil des Lig. c.h. an der Lunge anheften. 692 HansRabl: Entwicklung des Tubentrichters bei Salamandra mac. Fig . 36. g. 37. Tafel XL. Kraniales Ende der Leibeshöhle eines erwachsenen weiblichen Salamanders, etwa aufs doppelte vergrössert. Die Leber wurde etwas nach links (im Bilde nach rechts) gezogen und ein grösseres Stück von ihr abgeschnitten, um Lunge, Ovarium und Tube frei- zulegen. Das Lig. ec. h. und das Ostium abdominale tubae sind in ihrer Lage fast unverändert. Dasselbe Objekt nach Durchtrennung des Lig. c. h. Die Lunge und Leber sind stark auseinandergezogen, sodass das Lig. h. ce. p. in seinem ganzen Verlaufe sichtbar ist. . Modell der Lungengegend desselben jungen, männlichen Salamanders von dem die Schnittbilder Fig. 32 und 33 stammen. Das Modell ist von hinten und links gesehen gezeichnet. Es stellt die Region bei 50 facher Vergrösserung dar, die in der Zeichnung auf ®s verkleinert wurde. 695 Nachtrag „Zur Kenntnis gewisser Strukturbilder („Netz- apparate“, „Saftkanälchen“, „Trophospongien“) im Protoplasma verschiedener Zellenarten“. Von Fredrik von Bergen. Im Anschluss zu meiner in diesem Bande, pag. 498, veröffentlichten Abhandlung möchte ich einige Bemerkungen hin- zufügen: In den Figuren 9 und 12 (Tafel XXIX) sind die hellen Kanälchen mit zu grossem Durchmesser und teilweise auch deutlicher wiedergegeben als bei den Originalzeichnungen der Fall ist. Deswegen scheinen sie zahlreicher als in der Wirk- lichkeit. Überdies scheint es nach den in Figur 12 bei der Korrektur gemachten Korrektionen, als ob einige Kanälchen (unten und rechts gegenüber dem Kapselzellenkern) aus der Zelle hinaus- liefen, wovon in der Originalzeichnung aber keine Andeutung zu finden ist. Da dies in direktem Widerspruche mit den im Texte gemachten Erwägungen steht, wäre vielleicht eine Berichtigung überflüssig, aber da die Tafeln das Beweismaterial darstellen, war diese Ergänzung notwendig. Uppsala, September 1904. Archiv Emikroskon. Inatomne Ba PT. > S DPI Bora nat 3 Air Anst $ 1 i & f 5 # . 1 w N S ‘ ' ‘ r - - Bo U “ - Deng 1 “ « 4 (> fi - EN e ‚\ x en N 2 » N Archiv Emikroskop. Anatomie Ba. LNIV- vs = Archiv Emikroskop. Anatomie BA.LXN m r Asa Taf In. Werner a Winzer Frankfurt Archiv Emikroskon. Anatomie Bd.LNN! Air Anst x Werner & Winter. Frankfurt #R, r Archiv Fmikroskon. Anatomie BA.IXN Lieh Ans u Werner i Winter Frarkfurt”M. „» Archiv f-mikroskon. Anatomie Ba.LXW. r Taf: vm, Archiv Emikroskop: Anatomie BALXV. 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