en ARCHIV für Mikroskopische Anatomie I. Ahteilung für vergleichende und experimentelle Histologie und Entwicklungsgeschichte II. Abteilung für Zeugungs- und Vererhungslehre herausgegeben von O. Hertwig und W. Waldeyer in Berlin Neunundsiebzigster Band II. Abteilung Mit 13 Tafeln und 17 Textfiguren. BONN Verlag von Friedrich Cohen 1912 Inhalt. Abteilung 1. Erstes Heft. Ausgegeben am 3. Januar 1912. Über die Rückbildung der Eier gefütterter, aber unbegatteter Weibchen von Rana esculenta. Von Ludwig Burkardt, cand. med. (Aus dem biologischen Laboratorium der Universität Bonn.) Hierzu Tate» III! und 1 Texttimeewa rn. Ze Zweites Heft. Ausgegeben am 12. Februar 1912. Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. Ein Beitrag zur Kenntnis der Keimbahn der Urodelen Amphibien. Von Reinhold Schapitz, cand. zool. (Aus dem zen gischen Institut der Universität En Hierzu Tafel IV, Va, Vb und 3 Textfiguren . : Über ein bemerkenswertes Strukturelement (Eiererdehromosom ?) in ie Spermiogenese des Menschen. Von Dr. S. Gutherz. (Aus dem zoologischen Institut der Universität Berlin.) Hierzu Tafel VI und 2 Textfiguren ER EE 0-5 >.5 007: Roy EN RT Literarisch-kritische Rundschau. Referate von A. Brachet — Oscar Hertwig — Bernhard Dürken. Drittes Heft. Ausgegeben am 18. März 1912. Die Spermiogenese beim Pferde. I. Von Dr. 8. Kirillow, Prosektor am anatomischen Institut der Tierärztlichen Hochschule in Kasan. (Aus dem anatomisch-biologischen Institut der Universität Berlin.) Hierzu Tafel VII und 1 Textfigur . : Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdinsen ai er- wachsene Individuen bei Anuren nebst einem Nachtrag über Trans- plantationen geschlechtsreifer Froschhoden. VonR. Meyns. (Aus dem biologischen Laboratorium der Universität Bonn.) Hierzu Tafel VIII Literarisch-kritische Rondechau > Viertes Heft. Ausgegeben am 26. April 1912. Der Hermaphroditismus bei Fröschen. Von Davenport Hooker. (Aus dem biologischen Laboratorium der Universität Bonn.) Hierzu Tafel IX und 1 Textfigur ; Das Schick sal des mit Radium bestrahlten Sper machnomatinei im Seeteelei Eine experimentell-cytologische Untersuchung. Von Günther Hertwig. (Aus dem anatomisch-biologischen Institut zu Berlin.) Hierzu Tafel X—XII und 9 Textfiguren Seite 41 396 181 201 Aus dem biologischen Laboratorium der Universität Bonn. Über die Rückbildung der Eier gefütterter, aber unbegatteter Weibchen von Rana esculenta. Von Ludwig Burkardt, cand. med. Hierzu Tafel I—-III und 1 Textfigur. Die bis jetzt bekannt gewordenen Untersuchungen über die Rückbildung von Eiern sind an Ovarien angestellt worden, die sich in einem unbekannten funktionellen Zustand befanden. Be- dingungen, durch welche die Rückbildung veranlasst wird, oder werden kann, sind nicht erwähnt. Es dürfte daher eine Ver- öffentlichung von Ergebnissen, die unter Anwendung des Experi- mentes erzielt wurden, zur Bestätigung und Erklärung der bereits gefundenen Tatsachen beitragen. Experimentelle Untersuchungen über Rückbildung an den (seschlechtsdrüsen von Amphibien stellte zuerst M. Nussbaum (]) an. Er berichtet über den Einfluss des Hungers auf die Hoden sowohl über eine makroskopisch sichtbare Abnahme dieser Organe, als auch über die histologisch festgestellte Rückbildung der fertigen Samenfäden und deren Entwicklungsstadien, während die Sperma- togonien erhalten bleiben. Im Anschluss an diese Beobachtungen beschrieb Hans Heidkamp (2) die durch Hunger an den Eier- stöcken und Eileitern von Triton hervorgerufenen Veränderungen. Die vorliegende Arbeit behandelt die Folgen, welche durch Isolierung kurz vor der Brunstzeit bei Rana esculenta am Eierstock auf- treten. Hinzugefügt ist ferner ein Vergleich isolierter Tiere mit solchen, die zu entsprechenden Zeiten frisch gefangen und sofort untersucht wurden. Um die Bedeutung der Gefangenschaft für die Eiablage zu würdigen, bedarf es zunächst einer kurzen Betrachtung der Ver- hältnisse bei dem in der Freiheit lebenden Frosch. So setzt Rana fusca auch ohne vorher begattet zu sein, ihren Laich ab. Das Laichgeschäft ist dann allerdings verlangsamt und durch Pausen verzögert, grössere Eimengen bleiben im Uterus zurück. Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt. II. 1 Die; Ludwig Burkardt: Dass Rana fusca bei Nichtbegattung oder vorzeitiger Unter- brechung der Brunst etwa durch ungünstige Witterung oft zu- grunde geht, erklärt M. Nussbaum (3) durch die Quellung der Gallerthülle, welche die Eier bei der Passage des Eileiters erhielten. Die Quellung kommt durch Eindringen von Wasser oder Lymphe in die Gallerthülle zustande. Die Lymphe verquillt den aus dem Uterus in die Bauchhöhle zurücktretenden Rest der Eier, wodurch der Blutkreislauf behindert wird. Der Tod durch Wasserquellung kann bei hochgradiger Kloakenlähmung eintreten, wenn das Wasser in den mit Eiern gefüllten Uterus eindringen kann, und durch (Wuellung seines Inhaltes den Uterus selbst, ja sogar die Bauch- decken zum Platzen bringt. Findet dagegen bei Rana esculenta in der Freiheit eine Begattung statt, so legt sie sämtliche Eier ab. Das geschieht nach den Feststellungen Pflügers (4) nicht, wenn die Tiere in Gefangenschaft gehalten werden. Dass diese Tierart trotzdem nicht zugrunde geht, erklärt M. Nussbaum aus dem Verhalten der reifen Eier. Während Rana fusca unter allen Umständen ihre Eier ablegt und dabei den soeben genannten Gefahren ausgesetzt ist, kommt Rana esculenta deshalb nicht zur Eiablage, weil die Eier nach M. Nussbaum im Eierstock zurückgehalten werden und der Resorption anheimfallen. Über den Vorgang der Resorption von Amphibieneiern berichtet aus- führlich G. Ruge (5). Er fand bei Siredon pisciformis an nicht befruchteten reifen oder reifenden Ovarien eines im Dezember getöteten Tieres neben grossen und noch heranreifenden Entwicklungsstadien des normalen Ovariums, wie sie schon O. Schultze beschrieben hat, solche, die an ihrer Oberfläche ein mit blossem Auge erkennbares (sefäss- netz zeigten. Dazwischen abnorm geformte Gebilde mit rötlich bräunlicher bis bräunlicher Färbung. Die beiden letzteren Formen beschreibt Ruge als rückgebildete Eier, ohne bestimmte zeit- liche Angaben über den Zustand der kKückbildung zu machen. Ausdruck der zeitlichen Aufeinanderfolge scheint ihm die ver- schiedene Grösse der Stadien zu sein. In einem Anfangsstadium der Rückbildung fehlte das Keimbläschen. Die Art seines Schwindens konnte nicht mehr festgestellt werden. Für seine frühere An- wesenheit sprach die differenzierte, nur bei Anwesenheit des organisierenden Lebenszentrums der Zelle mögliche Ausbildung. An Stelle des Kernes fanden sich Zellen mit Kern und hellem Über die Eier von Rana esculenta. 3 Zellkörper, im Inneren des Dotters vereinzelte verschieden grosse Zellen, stellenweise im Zusammenhang mit einer peripheren, mehr- schichtigen Lage heller Zellen. In der Nähe des animalen Poles enthalten diese, ebenso die frei im Dotter liegenden, Pigment. Ohne Zusammenhang mit den erwähnten finden sich mehrkernige Zellen, die sich auch durch ihre Gestalt von den erstgenannten unterscheiden. Blutgefässe sind in einem, dem mehrschichtigen Epithel aufliegenden, einschichtigen Plattenepithel. Sie werden reichlicher und senden Sprosse in das Epithel und selbst in den Dotter. An späteren Stadien findet man sie nicht mehr an der Peripherie, sondern im Dotter. Diese Eier zeigen Oberflächen- schrumpfung, Dotterverminderung und an Stelle des zusammen- hängenden mehrschichtigen Epithels in Gruppenbildung gegen das Innere vorgedrungene Elemente, die im Dotter gleichsam Wege hinterlassen, da, wo sie ihn bis zum Verlust seines Färbungs- vermögens verändert haben. Nach völligem Verlust des charak- teristischen Dotters erkennt man die Einatur der Reduktions- produkte nur noch an dem widerstandsfähigeren Pigment. Dieses lagert sich um Blutgefässe und junge Eier, die den durch die Atresie geschaffenen Raum ausnützen. Ruge fasst das in Schollen- form ım Epithel degenerierender Eier oft vorkommende Pigment als Rest eines älteren rückgebildeten Eies auf, so dass „in der einen (Generation noch Andeutungen einer früheren vorhanden sind“. Durch die Einwirkung der zelligen Elemente wird der Dotter nach Aufgabe seiner Struktur durch Erweichung und chemische Veränderung in einen resorbierbaren Zustand versetzt. Das degenerierende Ei ist jederzeit von einem einfachen Platten- epithel umgrenzt. Die erwähnte ursprünglich flache und ein- schichtige, später mehrschichtig werdende Zellage sendet ihre vermehrten, vergrösserten und mit Fortsätzen versehenen Zellen tiefer in den Dotter. Es bildet sich bald eine charakteristische Zellform und Dreischichtigkeit des Epithels heraus. Ein ober- tlächliches Plattenepithel, eine darauffolgende Lage von einer Zell- schicht, oder mehreren übereinanderliegenden platten Elementen, und endlich ein grosszelliges. den Dotter berührendes Dotter- oder Eiepithel. Die zweite Schicht trug Zeichen der Rückbildung, wie Zerklüftung, direkte Kernteilung ohne nachfolgende Zellteilung und spätere Schrumpfung. Die Zellen des anfangs auch ein- schichtigen Dotterepithels werden kubisch, und entsenden stumpfe 1* 4 Ludwig Burkardt: Fortsätze in den Dotter, wobei sich in den schwellenden Zell- kernen Kernkörperchen ansammeln. Diese Kerne teilen sich nach Ruge direkt. Bald verlieren die Zellen ihren Zusammenhang und treten in innigste Beziehung zum Dotter selbst. Zwischen den Epithelzellen sowie frei im Dotter liegen rote und weisse Blut- körperchen aus den in den Dotter vorgerückten (refäßsprossen. Die Epithelien sind zum Teil selbst vascularisiert und enthalten rote Blutkörperchen. An den weissen Blutzellen wurden eben- falls regressive Veränderungen beobachtet, bestehend in Gestalts- veränderung, Auftreibung des Kernes, Aufnahme von Dotter- plättehen und Pigment. Der Kern kann bis zuletzt erhalten bleiben, und die Grenze des Protoplasmas nur durch entsprechend angeordnete Dotterplättchen erkennbar sein. Freie Kerne er- scheinen nach Verlust der Färbbarkeit als helle Bläschen. In dem schwindenden Zelleib konfluieren die Dotterplättchen und werden der Resorption zugängig gemacht. Die Blutzellen nehmen aber kein Pigment mehr auf, weil es bereits von den Epithelien weggeschafft wurde. In letzteren nimmt es durch die Bläschen- bildung des Protoplasmas eine netzförmige Struktur an, stellen- weise Körnchenhaufen und Schollen bildend. Pigmentzellen und freies Pigment im Innern des Dotters stammen von ausgewanderten noch bestehenden. oder bereits untergegangenen Zellen der Peri- pherie. Der Vorgang der Pigmentaufnahme selbst konnte nicht festgestellt werden. Ruge lässt gelten, dass nicht ganz reife Eier nur wenig Pigment gebildet haben könnten. Einfacher erklärt sich die Dotterverminderung durch die intravitellinen Zellen. Deren Wachstum beruht auf dem nutritiven Einfluss der Gefässe und der Aufnahmefähigkeit der Epithelien für geformte und verflüssigte Elemente. Die aufgenommenen Dotterplättchen verändern sich in ihnen ähnlich wie in den beschriebenen weissen Blutzellen. Nach ihrer mit dem Untergang der Zelle verbundenen Verflüssigung werden sie von den Gefässen transportiert. Ruge fand für Siredon zwei Formen der Karyolyse in den untergehenden Epithelien. Bei der einen Form bleibt die Gestalt des Kernes noch längere Zeit erhalten, während bei der anderen Art Formveränderung und innere Destruktion vorherrscht. Der weniger feste Dotter junger Eier wird ohne weiteres in die Blutgefässe aufgenommen. Die später übrig bleibenden konfluierten Massen reifer Eier sind von Zellgruppen umlagert und von diesen gleichsam angenagt. Über die Eier von Rana esculenta. 3) An Anfanges- und Mittelstadien von Eiern der Salamandra maculosa fand Ruge weitere Einzelheiten. Es handelt sich um eine zwischen dem Peritoneal- resp. Sinusepithel und dem Eiepithel sich ausbildende mittlere Zellage, die von dem Eiepithel, möglicher- weise auch von dem Ovarialstroma herstammt und durch Fibrillen- bildung und Gehalt an Gefässen zeitweilig als die stärkste Schicht erscheint. Mit fortschreitender Eireife büsst sie an Selbständigkeit ein, und gewinnt nach dem Tode der Eizelle wieder neue Lebens- kraft. An einem 2,2—2,5 mm Durchmesser fassenden bereits abgestorbenen Ei war die deutliche Grenze zwischen ihr und dem Eiepithel geschwunden. Die Zellen zeigten vielfach auf indirekte Teilung deutende Kernabschnürungen, sowie direkte Kernteilung. An einem sich rückbildenden, noch unreifen Ei mit Keimbläschen und strukturlosem Dotter sah Ruge Vascularisation, Wucherung des oberflächlichen Epithels und Auswanderung von Zellen in das Eiinnere. Weil die Anzahl dieser Zellen im Gegensatz zu reifen Eiern sehr spärlich ist, betont Ruge neben dem nutritiven Reiz des Dotters noch eine chemotaktische Wirkung seitens der ge- formten Dotterplättehen. Das äusserst fein granulierte, mit deut- licher Kernmembran versehene Keimbläschen enthielt neben intensiv mit Carmin gefärbten Kernkörperchen solche, die mit Bleu de Lion eine bläuliche Färbung annahmen und zu Ballen confluierten, zwischen denen stark rotgefärbte Körnchen als Knotenpunkt eines unregelmässigen Chromatinnetzes auftraten. Von den letzten Stadien der Rückbildung wurden zwei Formen unterschieden, eine von sehr unregelmässiger \srestalt mit confluierten Dottermassen. eine zweite mit feinkörnigem Inneren, mehrschichtigem hellem Dotterepithel und Blutgefäßschlingen zwischen reichlichen Zell- gruppen, anscheinend von unreifen Eiern stammend. Von ähnlichen Befunden über Eierstocksdegeneration be- richten andere Autoren. E. Pflüger weist bei Säugetieren auf das Zugrundegehen unzähliger Eier hin und vergleicht die dabei beteiligten, dem Dotter aufsitzenden Zellen mit schmarotzenden Pilzen: desgleichen sah er Fortsätze der Granulosazellen sich durch die Zona pellu- cida erstrecken. Mit Bonnets (7) und Schlens (8) Befunden stimmt Ruge überein, ausser in der Auffassung einiger zellenerfüllter und als normal angesehener Eier. Von diesen Zellen wurde nämlich an- b Ludwig Burkardt: genommen, dass sie als Futter für die Eizelle dienen sollten, was Bonnet nicht wie Rauber (9) für die Leucocyten annahm. Bonnets Ansicht stützte sich auf das Vorhandensein eines Keim- bläschens und einer anscheinend noch normalen Peripherie, während tatsächlich die Zellen im Inneren im Zustande der Auflösung waren. Daraus schliesst Ruge, dass die Zellen am Ende ihrer dotterzerlegenden Tätigkeit angelangt waren. Ein Eindringen von festen Elementen durch das Volemma des lebenden Eies und deren Verdauung durch das Ei hält er für unannehmbar. F.E. Beddard (10) verwertete seine mit Ruge überein- stimmenden Befunde bei Lepidosiren durch die Annahme zweier sich verschieden entwickelnder Eiarten. Danach ist die eine Art einer Zelle gleichwertig. die andere ist das Verschmelzungsprodukt ursprünglich getrennter Zellen. Der Dotter soll aus den Blut- gefässen aufgenommen werden zur Überführung in das Ei. A. v. Brunn (11) sah beim Hund Rückbildung von Eiern durch eindringende Zellen, — es war unklar, ob Granulosa oder Leucoeyten, — das dabei auftretende Schwinden des Dotters, das Zusammenfallen der Zona, ihr zuweilen vorkommendes Bestehen- bleiben als zusammengefallene Membran bis zu ihrer schliesslichen Auflösung, was Ruge jedesmal beim Säugetier fand. Beim Sperling fand A. v. Brunn bei derselben Rückbildungs- art nachher die Zellen als bindegewebigen Anteil der Follikelwand. Sehulin (12) weist die Bedeutung der Granulosa als Bildner der Dotterplättchen zurück, und schreibt deren Entstehen der Eizelle selbst zu. Er bestätigt auch Waldeyers (13) Beobachtung von dem langen Erhaltungsvermögen der Zona. Schulin fand sie als Rest rückgebildeter Eier an einem Präparat von einem Kaninchen und einem dreijährigen Mädchen. Um die Allgemeingültigkeit des beschriebenen Degenerations- modus darzutun, gibt Ruge auf Seite 550 und 551 eine kurze diesbezügliche Übersicht. Bühler (14) untersuchte die Rückbildung des ungeplatzten Follikels bei Bufo einereus. Er sagt, dass sich die Follikelatresie bei diesem Tier nach den Angaben Ruges vollzieht, dessen Mit- teilungen er ergänzt. An einem eihaltigen Follikel von Bufo vulgaris äusserten sich die ersten Degenerationserscheinungen am Kern. Derselbe war verkleinert, hatte seine normal rundliche Gestalt verloren, Über die Eier von Rana esculenta. stellenweise war der Kernsaft aus dem Kern ausgetreten, unter entsprechender Abdrängung des Protoplasmas. Die teilweise ge- schwundene Kernmembran scheint dem pigmentierten Dotter freien Zugang zu dem Kern zu gestatten. Damit geht Änderung der Färbbarkeit und Entstellung der Kernstruktur einher, bis schliess- lich nur noch eine intensiv gefärbte Stelle übrig bleibt. Das periphere Protoplasma dieses Eies hat noch normale rundliche Dotterkörnchen, die feinkörnige Pigmentierung bildet an der Peripherie einen dunkleren Saum. Wo der Kern der Peripherie nahe liegt, befindet sich bereits eine Zelle innerhalb des Dotters; in älteren Stadien sind sie ringsherum zu finden. Deren Ab- stammung leitet Bühler, gleich wie Ruge für Siredon und Salamandra. vom Follikelepithel her. Am Oolemma beschreibt er Verdünnungen und teilweise Durchwanderung von Zellen, hinter denen sich das Oolemma wieder schliesst. Bald ist die Eihaut geschwunden, und der dadurch erleichterte Zutritt weiterer Epithelien führt zur Bildung eines Dotterepithels. Ein des näheren beschriebenes Präparat enthält auch Leucocyten, denen Bühler eine geringe Aufnahmefähigkeit für Dotter zuschreibt. Es wird Ruges Ansicht über die dotterzerlegende Tätigkeit der Epithelien und die Überführung des Dotters in die Blutgefässe bestätigt. Blutgefässe waren aber erst nach dem Vordringen der Epithelien, also später als bei Siredon, bis ins Zentrum der Eizelle vor- gedrungen. Die bis zuletzt noch bleibenden Pigmentzellen sind gerade bei Bufo wichtig für die Diagnose früherer Eier, weil der Dotter schon ziemlich früh geschwunden ist. Aus dem Vorhanden- sein von Pigmentzellen kann auch ein Schluss auf die (rösse der ser gezogen werden. Sie waren sicher über 0,5 mm gross, weil kleinere Eier noch kein Pigment haben. Wird das Pigment endlich durch den Untergang der Zellen frei, so ist es teils frei, teils an Bindegewebszellen, teils an Leucocyten in den Gefässen gebunden. Das Follikelbindegewebe beteiligt sich an der Resorption nur durch Aussendung von Gefäßsprossen in den Eikörper, es verdichtet sich entsprechend der Verkleinerung des Eies und geht endlich in das Stroma der Lamina superficialis ovarii über. Die Oberflächenepithelien verhalten sich indifferent, und passen sich der Verkleinerung durch Reduktion der Zellen an. Von den Rückbildungsvorgängen am Eierstock der Fische, speziell Cyelostomen und Teleostier, sagt Bühler. dass die ein- 6) Ludwig Burkardt: fache Rückbildung des geplatzten Follikels beim ungeplatzten Follikel kompliziert ist durch die Wegschaffung der Reste des abgestorbenen Eies. Die an der Resorption sich beteiligende Follikelhülle verliert nach der Rückbildung ihre Bedeutung und wandelt sich wieder zu Bestandteilen des Ovarialstromas um. Die dicht an den Falten des Ovariums hängenden 1 mm grossen annähernd reifen Follikel waren im Beginn der Rückbildung makroskopisch gesehen trübweiss, länglich, mit unregelmässig ver- laufenden Umschnürungsfurchen, in deren Grund das Oolemma hereindringt. Das zugehörige Ei von 6 « Grösse enthält gleich- mässig zerstreute Dotterkörner, stellenweise durch stark färbbare Massen ersetzt, die auch als Rest des Eikerns bestehen können. Das Epithel trägt die ersten Zeichen des Unterganges. In dem sonst normalen Oolemma sind Zellen und Dotterkörner in allen Stufen der Durchwanderung, teils dureh Quellung verändert, und helle ziekzackförmige Wege zurücklassend. Die Dotterkörner werden von Epithelzellen aufgenommen, die dadurch vergrössert erscheinen. Trümmer von Dotterkörnern sind auch im Follikel- bindegewebe und in Gefässen zu finden; das erklärt Bühler so, dass beim Tode des Eies infolge der Druckverminderung durch Entleerung anderer Eier und Abnahme der Blutfülle intravitelline Flüssigkeit in die periovalären Spalträume dringen und die freien Dotterkörner mit sich reissen konnte. Nach der Dotterverminderung faltet sich das Oolemma. Die eingedrungenen einzeln umher- liegenden Epithelien sind vergrössert, haben grössere Kerne und sind angefüllt mit veränderten Dotterkörnern. Auf dieser Stufe ist der Kern noch wenig verändert. Ein Follikel in mittlerem Degenerationszustand besitzt nur Dotterkörner kleinster Form, enthält Dotterepithelien von der Grösse der Follikelepithelien, oft unscharf begrenzt. das zarte Protoplasma mit kleinsten Dotter- körnern versehen. So können auch ausserhalb des Eies gelegene Zellen aussehen. Die Zona ist gefaltet, radiär zerfallen, vaku- olisiert und lückenhaft. Die Theca sieht ähnlich aus wie bei einem Corpus luteum. An einem anderen Reduktionsprodukt kann man die Einatur nur noch an dem übrig bleibenden stark zusammengefallenen Oolemma erkennen. In ausserhalb des Eies gelegenen sich auf- lösenden Epithelien sind noch Dotterbestandteile zu erkennen. Die Zellen der bindegewebigen Theca transportieren den Dotter Uber die Eier von Rana esceulenta. N) in die nahen Gefässe, in welchem sich auch dotterhaltige Lymph- zellen finden. Fin atretischer Follikel ohne jeglichen Dotterrest unter- scheidet sich von einem Corpus luteum durch Reste des Oolemmas. In diesem ist streckenweise noch eine Membrana propria vor- handen, während die Theca externa bereits die Struktur der Lamina ovarii superficialis angenommen hat. Das Oolemma ist zu- sammengedrängt. dick, fein granuliert, ungleichmässig gefärbt, enthält Vacuolen und einige bindegewebige, oder epitheliale chromatolytische Kerne. Nach Auflösung der Zona ist der Follikel wieder ein Teil des Ovariums. In einer genaueren Beschreibung stellt Barfurth bei der Bachforelle in Fällen von ungeeigneter Ernährung und bei schlechten Laichplätzen eine Rückbildung in Form fettiger Entartung und schleimigen Zerfalles fest, wobei das Ovarium entartet und pro- duktionsunfäbig wird. wenn grössere Eimengen zurückbleiben. Bühler beschreibt von Coregonus ein der Reife nalıe- stehendes Ei in einem späteren Stadium der Atresie. Dessen Zona pellucida ist gefaltet, ungleichmässig stark und ohne feine Struktur. Das äussere lockere Bindegewebe enthält zerstreute Epithelgruppen. Im Eikörper liegt dicht unter dem Oolemma eine epitheliale mehrfache Zellage, ähnlich einem Dotterepithel mit nach innen sich anschliessenden grösseren Elementen. Bei früheren Stadien ist die Theca dicker als normal, sie besitzt Gefässe und höhere Zellen. Stellenweise ist das Follikel- epithel gehäuft und setzt sich durch Lücken in das periphere Dotterepithel fort. In der Eimitte liegen die Zellen weniger dicht, sind gross, unregelmässig und mit Dotter angefüllt. Ähnliche Dottertrümmer sind auch im Follikelepithel und in der 'Theca zu finden. Die Zona zerfällt in querer Richtung. Mit Fort- schreiten der Atresie ist die Zona strukturlos zusammengeknäuelt, hyalin verquollen und gefaltet, ein Prozess, der mit Zerfall in Detritus und Resorption durch das Grundgewebe endet. Ausser diesen Resten sind noch mit Dotter angefüllte Zellen, anscheinend Follikelepithel, vorhanden. Die Theeca bildet eine dünne, mit dem Ovarialstroma zusammenhängende Hülle. Noch übrigbleibender Dotter wird jetzt von Bindegewebszellen und zuletzt von Leuco- cyten resorbiert, und durch Blut und Lymphgefässe wegtransportiert. In dem Follikel ist der Rest des Oolemmas, spärliche Blutgefässe 10 Ludwig Burkardt: und schmalkernige Bindegewebslamellen, die lose und in Nestern angeordnete dottergefüllte Zellen, wahrscheinlich Epithelzellen, zwischen sich fassen. Die Lamellen gehen aus von der inneren Membran der thecaähnlichen Zone. In dieser und in den Septen sind ebenfalls Dotterreste. In Eiern mit noch nicht entwickelter Membran, in denen also Follikel- und Dotterepithel dicht aneinanderstossen, sieht man langzellige Stränge mit gefasertem Protoplasma. Im Ei- körper selbst, wie im peripheren Epithel liegen grössere Zellen, die mit Dotter gefüllt sind. Leucocyten wurden dort nicht ge- funden. Zuletzt beteiligt sich das ganze Epithel an der Zerlegung des Dotters. Derselbe ist in zellähnlichen Grenzen zusammen- geballt. In den Thecagefässen finden sich einige dotterbeladene Leueoeyten. Das vordringende Thecagewebe nützt den geschaffenen kaum bis zur völligen Ausfüllung des Eiinneren aus. Ein Ei ohne Zone und ohne sekundären Dotter, aber mit fast ausgebildetem Dotterepithel verliert beim Untergang sein Protoplasma durch Diffusion. Dabei nehmen die Epithelzellen an Dicke zu und werden mehrschichtig. Von Kernveränderungen erwähnt Bühler bei kleinen Eiern Zusammenballung des Chromatins und Zerfall in Trümmer. Bei grösseren Eiern wird der Kern grösser, unregelmässig, körnig getrübt, blasst ab, und seine Membran wird ausgezackt. Die Chromatinkörner verquellen. Böshagen (15) sagt, hinweisend auf die Schwierigkeit der Unterscheidung von Rückbildungsprodukten kleinerer und grösserer Follikel und echter Corpora lutea beim Menschen, dass schon Kölliker (16) für die Rückbildungsform der unreifen Follikel die verdickte Glashaut und für die Uorpora lutea die Bildung einer breiten hyalinen fibrösen Krause als typisch annahm, dass ferner Rabl (17) den Gegensatz zwischen den Endstadien beider Formen hervorhob, und stärkere hyaline Degeneration beim Corpus luteum fand, dass er für den Menschen speziell auf den auffälligen, innigen Zusammenhang der sogenannten Glasmembran mit den Bindegewebszellen der Tunica propria, die an der Ent- wicklung des hyalinen Bandes beteiligt ist, aufmerksam machte. Böshagen fand nun, dass in einem menschlichen Ovarium fast alle Stadien der Follikelatresie zugleich vorhanden sind. Er sah in seinen Präparaten die Eizelle selbst nicht und ebenso Über die Eier von Rana esculenta. ei nicht die Basalmembran, von der Kölliker sagt, dass sie gar nichts mit der Glasmembran der untergehenden Follikel zu tun habe, sondern mit Zerstörung des Follikelepithels zugrunde gehe. Böshagen zeigt bei kleinen Follikeln, dass die Glasmembran anfänglich streckenweise auftritt, noch ehe eine Bindegewebs- wucherung stattgefunden hat. Wo die Membran fehlt, ist die Innenfläche der Theka mit einer dünnen Schicht konzentrisch selagerter, oft geschichteter Bindegewebszellen abgegrenzt, die an den mit Glasmembran versehenen Stellen bald unter, bald über dieser liegen können. In anderen Fällen war nur die innere Grenzhaut vorhanden, selbst an ganz bestimmt der Rückbildung verfallenen Follikeln. Die Ausbildung der Glashaut will Bös- hagen auf Wucherung der Theca interna zurückführen, wie auch Rabl sie als eine Art Ausscheidung der gewucherten Zellen der Theca interna beurteilt hat. Die Theca interna besteht aus schmalkernigen Bindegewebs- zellen und mehr saftreichen spezifischen Thecazellen, die sich mit zunehmender Anschwellung mit Fettkörnchen füllen, welche in das Bindegewebe eingelagert waren. Letzteres verbindet Theca externa mit dem bereits erwähnten Bindegewebshäutchen auf dem Dotter. Die Theca interna wird von Bindegewebszellen durchsetzt. die von dem Bindegewebsgerüst, von der Innenhaut oder von einwachsenden Zellen der Theca externa kommen, letztere besonders dort, wo stärkere Ausbildung der Theca interna -unter- blieben ist. Bestand nun eine Glasmembran, so faltet diese sich oft unter erheblicher Dickenzunahme. Sie stellt ein stark ge- schlängeltes, glänzendes, schmales Band dar, das nach aussen vom Ovarialstroma, nach dem Follikelraum zu von lockeren Spindel- zellen und fein-fibrillärem Gewebe der eingewucherten Zellen der Theca externa begrenzt ist. Das zentrale Gewebe geht an der von dem hyalinen Band freien Seite — das Band ist nämlich nicht zu einem Kreise geschlossen — in das Ovarialstroma über. Die Membran kann ganz schwinden, so dass das Ganze nur schwer als Rest einer Follikelrückbildung erkannt wird. Fehlt eine Glas- membran, so wuchern die Zellen direkt von allen Seiten in den Follikelraum hinein, so dass sich ein allmählicher, mit zunehmender (rewebsverdichtung immer unauffälliger werdender Übergang in das Ovarialstroma bald ausbilden kann. Solche Formen sollen nach Sinety (15) schon im Ovarium des Neugeborenen vorkommen. 12 Ludwig Burkardt: Bei grösseren sich rückbildenden Follikeln fällt besonders die Wucherung der Zellen der Theca interna auf, die einer Art Luteinzellenschicht entspricht, wie beim Corpus luteum, ohne jedoch damit identisch zu sein. Es handelt sich hier nämlich um Bindegewebszellen. Das hyaline Band kann sich nun aus- bilden, oder ein zentraler Bindegewebskörper ohne hyaline Um- hüllung, der sich dann genau so wie bei kleinen Follikeln verhält. Die auf den zentralen Bindegewebskern folgende Schicht erweist sich durch ihre weiten Kapillaren und grossen, den Luteinzellen ähnlichen Thecazellen als ursprüngliche Theca interna. Die scheinbaren Luteinzellen sind entweder eingewanderte Thecazellen oder umgewandelte Stromazellen. Wenn sich der gefässlose Kern verdichtet, wird die Thecazellenschicht in den Kern zackenförmig eingezogen. Es bleibt ein zackiger, zentral fibrillärer, heller gefärbter gefässloser Körper mit einer in das Stromagewebe übergehenden Peripherie. Der Kern tritt schärfer hervor, wenn die Theca sich nur wenig an seinem Aufbau beteiligt. Beide letzteren Formen sind von Böshagen mit Üorpus fibrosum bezeichnet worden, für die also das Fehlen der hyalinen Krause typisch ist. Beim Corpus fibrosum simplex können die Theca- zellen später ganz verschwinden und eine hyaline Entartung der Fibrillen auftreten, die zentral im Längsdurchmesser, peripher in der Thecaschicht radiär verlaufen. Beim ausgebildeten Corpus fibrosum ist zwischen Kern und Stroma ein oft nur wenige Windungen grosses hyalines Band, dessen Breite der Dicke der übrigen Theca-interna-Schicht entspricht. Die Schicht ist aus dem hyalin verwandelten Gewebe der Theca interna entstanden. Diese Gebilde nennt Böshagen ÜCorpora candicantia. Wenn die hyaline Krause sich später zusammenfaltet, bleibt schliesslich ein scharf abgesetzter hyaliner Körper, aus dem der frühere Binde- gewebskern geschwunden ist. Die hyaline Substanz verrät durch scheinbare Luteinzellen und weite Kapillaren ihre Entstehung aus der umgewandelten Theca interna. Somit sind also die Unterschiede der verschiedenen Rückbildungsprodukte durch das Verhalten der Theca interna bedingt. Böshagen glaubt annehmen zu dürfen, dass solche Gebilde aus geplatzten und ungeplatzten Follikeln entstehen können. Bei grösseren Resten der Corpora lutea vera, oder stark entwickelter Corpora lutea spuria ist der bindegewebige Kern Über die Eier von Rana esculenta. 13 seltener ausschliesslich entwickelt. Er ist dann zentral mit Pigmentkörnern versehen, die nach Böshagen vom Blutfarbstoft einer Follikelblutung abstammen. Dieses Pigment nehmen auch Thecazellen unter Verlust ihrer Körncheneinlagerung auf. Einen solchen atretischen Follikel nennt Böshagen Corpus fibrosum hypertrophicans. Die viel häufiger unter Bildung eines hyalinen krausenartigen Bandes aus der übermächtig wuchernden Theca interna degenerierenden Follikel werden Corpora albicantia be- zeichnet. Im Zustande der Gravidität war die Rückbildung der Theca interna, sowie die zurückbleibenden luteinzellenartigen Gebilde besonders deutlich. Mit der Umwandlung der Follikel sah Böshagen an normalen Eierstöcken häufig eine Veränderung der arteriellen Gefässe einhergehen. In diesen zu weit gewordenen (refässen trat eine hyaline Degeneration der elastischen Elemente und Untergang der Muskelfasern der Media auf. Das Endothelrohr blieb erhalten, verengte sich und bekam eine engere und dünnere Media. Das neue Gefäss war nun umscheidet von dem hyalinen Rest des alten zu weit gewordenen Gefässes. Im Anschluss an diese Literaturangaben möchte ich nun meine Ergebnisse beschreiben, um darzutun, dass die histo- logischen Vorgänge der Eirückbildung bei Rana esculenta die- selben sind, wie wir sie aus den Mitteilungen der erwähnten Autoren kennen. In Anbetracht des etwas ausführlichen Berichtes von Ruges und Bühlers Untersuchungen und der hinzugefügten Zeichnungen meiner Präparate werden die Übereinstimmungen der bekannten Resultate mit meinen Ergebnissen leicht ersichtlich sein. Es ist in meiner Arbeit versucht worden, die Aufeinander- folge der Rückbildungsstadien an zeitlich bestimmten Präparaten von Tieren, die unter verschiedenen Bedingungen gehalten wurden, zu zeigen. Es soll betont werden, dass man auch am makro- skopischem Präparat den Fortschritt der Eirückbildung verfolgen kann. Des weiteren sollen noch die Unterschiede beschrieben werden, die zwischen Ovarien von gefangen gehaltenen, gefütterten Tieren und entsprechenden Organen von in der Freiheit lebenden Fröschen bestehen. Wie in der Einleitung schon angedeutet wurde, sind zu den Untersuchungen zwei Reihen von Weibchen der Rana escu- 14 Ludwig Burkardt: lenta benutzt worden. Die erste Reihe befand sich bis Anfang Mai in einem grösseren Bassin im Freien. Von der zweiten Reihe wird später die Rede sein. Anfang Mai wurden die Frösche bei guter Fütterung in Gefangenschaft gehalten und an den im folgenden angegebenen Zeiten getötet. Die frisch entnommenen Ovarien wurden in konzentrierter wässeriger Sublimatlösung fixiert und in Paraffin eingebettet. Die Schnitte sind etwa 10 « dick. Der Versuch der ersten Reihe wurde leider gestört durch Ver- unglücken einiger Präparate bei Renovierungsarbeiten im Labo- ratorium. Zur Färbung der mikroskopischen Präparate wurde Hämalaun und Eosin benutzt. Der Modus der Eirückbildung lässt sich leicht an einem Schema erläutern (siehe Textfigur). 4 Fig. 1. Ein Teil eines Eisackes von Rana. o — peritoneale Oberfläche: p = Ver- bindung des Eies mit dem Eisack: 1, 2, 3, 4 = progressive Stadien; 2', 3', 4‘ — regressive Stadien von Eiern. Die hellen Eier der Zeichnung sollen heranreifende und die schwarzen sollen Rückbildungsstadien darstellen. Ei 4 möge ganz ausgereift sein. Es wird bei der unter der gegebenen Bedingung erfolgenden Rückbildung nacheinander die mit 4’ bis 1‘ bezeichneten Stufen der Degeneration durchmachen. In der Zeit, in der die grossen reifen Eier nun rückgebildet werden, reifen die neugebildeten resp. die jüngeren Stadien in derselben Reihen- folge heran. Wenn also das reife Ei 4 auf dem Rückbildungs- stadium 4° steht, wird das Ei 3 inzwischen zur Grösse des Eies 4 heranwachsend die völlige Reife erlangt haben und dann ebenfalls in den Zustand des Eies 4‘ geraten, während dieses bereits die Degenerationsstufe 3° erreicht hat. Indessen Ei 3 die Grösse von Ei 4 erlangt, wird Ei 2 die Ausdehnung von Ei 3, und Ei 1 die von Ei 2 einnehmen. Haben sämtliche Eier von der Grösse des Eies 1 ihre Entwicklung und anschliessend eventuell ihre Über die Eier von Rana esculenta. 15 Degeneration durchgemacht, so wird wieder eine neue Entwicklungs- periode des Ovariums beginnen müssen, die sich anzeigt durch das Auftreten von ganz jungen Eiern von der Grösse des Eies 1. Es wird hiernach nicht schwer sein, eine Vorstellung von dem Zyklus der Regeneration und Degeneration nicht zur Ablage kommender Eier zu erhalten. Der erste Frosch wurde getötet am 10. Mai. Auf einem Schnittpräparate des Ovariums!) findet sich ein Ei mit deutlichem Kern, der dem pigmentierten Teile der Peripherie näher liegt. Die Pigmentierung nimmt die Hälfte der Peripherie ein und verliert an beiden Enden, also gegen den grössten Durchmesser zu an Intensität. Die Zellen der Umhüllungen des Eies. des Peritoneums und der Granulosa, sind ausserordentlich stark ab- geplattet, Zellgrenzen, sowohl der Endothelzellen des Peritoneums, als auch der Epithelien der Granulosa, sind nicht deutlich zu erkennen. An einzelnen Stellen des Peritonealüberzuges sind Blutgefässe quer getroffen, die einzige Andeutung einer Theca follieuli, von welcher Blutgefässe ja nur stammen können. Die Zellkerne beider Schichten sind stäbchenförmig in die Länge gezogen und intensiv gefärbt. Bei starker Vergrösserung zeigen sie noch tiefer gefärbte Kernkörperchen. An der dem animalen Pol gegenüberliegenden Stelle sind die Zellkerne etwas breiter und nicht so intensiv gefärbt. Die Zona pellueida ist in ihrem ganzen Umfang gleichmässig und deutlich zu sehen, ebenso wie ihre Porenkanälchen. Der Eikern hat einen gegen das Protoplasma sehr scharf abgesetzten Rand; dieser erscheint jedoch sehr unregel- mässig durch starke Ausbuchtungen, in deren Nischen der Dotter hineinreicht. Die Grundsubstanz des Kerns ist homogen, mit äusserst zarter Körnelung und schwach bläulich gefärbt. In der Grundsubstanz fallen mehrere stark blau gefärbte, scharf um- grenzte, kugelige Gebilde von verschiedener Grösse auf. Der Dotter ist reichlich vorhanden in Form wohl ausgebildeter, scharf umgrenzter Plättchen. Am animalen Pol liegt das bereits erwähnte Pigment. Dass wir es hier mit einem gereiften, oder unmittelbar vor der Reife stehenden Ei zu tun haben, beweist die Pigmentation, der grosse Kern, das Vorhandensein der gut ausgebildeten Dotter- körner, die Abplattung der peripheren Zellen infolge vermehrter !) Siehe Taf. I, Fig. 1. 16 Ludwig Burkardt: Spannung durch Nahrungsaufnahme, und hauptsächlich die Grösse des Eies von etwa 1,5 mm Durchmesser. Das ganze Ovarium enthält nun meist Eier von der be- schriebenen Beschaffenheit. Ausser ihnen finden sich nur noch unreife Eier mit noch gänzlich undifferenziertem Dotter. Von Degeneration ist noch nirgends eine Spur zu sehen. Makroskopisch ist das Organ in voller Ausbildung.') Die stark gelappte Oberfläche sieht etwas verschleiert aus durch einen von Gefässen reichlich durchzogenen Bindegewebsüberzug. Schon bei der Betrachtung mit blossem Auge fallen besonders grosse, gelblich weisse und ebenso grosse, ganz oder zur Hälfte braun pigmentierte Eier von 1,5 mm Durchmesser auf. Es sind die dem beschriebenen mikroskopischen Präparat entsprechenden ausgereiften Eier, die teils pigmenthaltige, teils pigmentfreie Abschnitte der Oberfläche zugekehrt haben, und auf ihr leicht kugelige Unebenheiten hervorrufen. Ausser diesen grossen sieht man kleinere Eier, deren Grösse von 1,25—0,61 mm Durch- messer je nach dem Grade der Entwicklung in verschiedenem Verhältnis zur Grösse der erstgenannten steht. Dem entspricht auch die Intensität der Pigmentierung, indem der graubraune Ton der älteren stufenweise bis zum lichtgrauen Ton der kleineren Formen abnimmt. Da sie klein sind und in geringer Anzahl vorkommen, können sie erst bei Lupenvergrösserung genau gesehen werden. Sie dringen in das Innere des Eierstockes hin- ein und sind deshalb von der inneren Oberfläche aus besser zu übersehen. Die noch übrig bleibenden Zwischenräume, teilweise auch die Ränder der grossen Eier, sind besetzt von vollständig weissen jungen Eibildungsstadien. Sie sind bedeutend zahlreicher vertreten als alle anderen Stadien. Dem blossen Auge erscheinen sie als feine weisse Pünktchen und erst bei Lupenvergrösserung erkennt man ihre verschiedene Ausdehnung von 0,093 — 0,25 mm Durchmesser. Es sind die jüngsten Eier, die nach ihrer Ent- stehung an der Oberfläche allmählich unter Zunahme ihres Volumens in die Tiefe rücken und dort die Stadien der bereits erwähnten leicht pigmentierten Formen durchmachen, um mit zunehmender Reife wieder an der Oberfläche zu erscheinen. Makroskopisch sieht man dann noch vereinzelte intensiv schwarze !) Siehe Taf. II, Fig. 9. Über die Eier von Rana esculenta. 17 Pigmentfleckchen über die Oberfläche zerstreut, sie sind ver- schieden gross und teilweise mit strahligen Ausläufern versehen. Es sind pigmentierte Narben bereits atretisch gewordener Follikel, die noch einer vorhergehenden (Generation degenerierter Eier angehören. Betrachtet man ein solches Ovarium von innen, so sieht man zunächst nur grosse Eier mit ihren pigmentierten und pigmentfreien Flächen sich in den Sinus vorwölben und zwar derart, dass der grösste Teil ihres Umfanges in dem Sinus liegt.") Präpariert man ein Läppchen heraus und entfaltet die Taschen, dann sieht man, besonders mikroskopisch, in bedeutend geringerer Anzahl bereits von der äusseren Oberfläche beschriebene Eier und zwar ebenfalls in ihrem grössten Umfange, während an der äusseren Oberfläche nur eine Kalotte der Kugel zu sehen war. Bei der Durchmusterung des mikroskopischen Präparates eines Anfang Juni getöteten, allerdings nicht gefütterten Frosches aus einem Aquarium findet man in einem Schnitt ein Ei von zirka 0.71 mm Durchmesser, welches die ersten Spuren der Degeneration trägt und einen in der angeführten Literatur nicht beschriebenen Befund zeigt.”) Es soll deshalb zunächst be- rücksichtigt werden. Die noch nicht völlige Reife des Eies ver- rät sich durch die Formlosigkeit des Dotters und die Anordnung des Pigmentes um den Kern herum. Die Zellen des Peritoneal- epithels sind mässig flach. Die Granulosazellen dagegen grösser als an dem Ei vom 10. Mai, mit deutlichen Zellgrenzen und mit durch intensive Färbung, besonders der Kernkörperchen, ausge- zeichnetem Kern versehen. Die Theca ist nur andeutungsweise zu erkennen. Die Zona pellucida hat nun die in der Literatur nicht erwähnte, merkwürdige Veränderung (siehe Taf. I, Fig. 2). Während sie in ihrem ganzen Umfange noch intakt ist und typische Struktur zeigt, findet sich an einer Stelle eine Kontinuitäts- trennung. Dort hängen die Enden der Zone etwas in den Dotter hinein. Die Porenstruktur ist in der nächsten Umgebung ver- schwunden, und die äussersten Enden der Zona in Detritus zer- fallen, der die trichterförmige Einziehung ausfüllt. Genau über der betreffenden Stelle sind die Granulosazellen grösser als die übrigen und lassen durch ihre Richtung die Neigung vermuten, !) Siehe Taf. II, Fig. 10. >) Siehe. Taf. I, Fig. 2. Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt. II. >) 15 Ludwig Burkardt: dass sie durch die Zerfallslücke der Zona in den Dotter einzu- dringen versuchen. Am Keimbläschen war nur stellenweise Undeutlichkeit der Grenze, keine sonstigen Veränderungen wahr- zunehmen. Die anderen Eier des Präparates sind Stadien voller. Reife ohne jede Veränderung, weiter kleinere unreife Eier, die aber im Vergleich zu dem Präparat vom 10. Mai entsprechend der fortgeschrittenen Zeit und trotz des Hungers grösser geworden sind. Bedeutend vermehrt sind die ganz kleinen jungen Eier. Im Gegensatz zum Ovarium vom 10. Mai stehen vereinzelte stark pigmentierte Bezirke von mehr oder weniger runder Begrenzung, dicht umlagert von den ganz jungen Eiern. Diese schwarzen, mikroskopisch fast nur aus zusammengedrängten Pigmentmassen bestehenden Eier sind zweifellos jüngeren Datums und offenbar der Ausdruck einer beschleunigten Atrophie infolge Futter- mangels. Man muss nach diesem Befund annehmen, dass entgegen der Andeutung im Schema auch eine Rückbildung noch nicht ganz reifer Eier vorkommt. Das mag auch daran liegen, dass das Tier nicht gefüttert wurde, und die Abbauprodukte dieses bald reifen Eies zum Aufbau noch jüngerer Stadien verwandt wurden. Ein gleiches Verhalten fand Hans Heidkamp (19) bei weiblichen Tritonen. Danach werden bei diesen ebenfalls im Hungerzustand im Ovarium die jüngsten Geschlechtsprodukte erhalten auf Kosten der ganz oder zum Teil reifen Eier. Wir haben also hier in unserem Präparat den mikro- skopischen Befund anfänglicher Rückbildung eines heranreifenden Eies aus dem Ovarium eines Hungerfrosches. Dem Vorstehenden gemäss muss auch makroskopisch das Ovarium von Anfang Juni im Vergleich zu dem vom 10. Maı ein entsprechend verändertes Aussehen haben.!) Es fehlt zu- nächst, was bei dem Futtermangel erklärlich ist, im Fettkörper das Fett. Die Oberfläche des Eierstockes ist aussen grau-weiss, übersät von feinen, weissen Pünktchen, den jungen weissen Eiern. Auf den Läppchen des Ovariums sind einige sehr grosse Eier von 1,5 mm Durchmesser zu sehen, rings umgeben von den kleinen pigmentlosen Eiern. Die übrigen grossen Eier erreichen nicht mehr diese Ausdehnung, wodurch das Ovarium auch im ganzen bedeutend kleiner geworden ist: da die grossen reifen Eier, wie ı) Siehe Taf. II, Fig. 11. Über die Eier von Rana esculenta. 19 sie am 10. Mai vorhanden waren, natürlich den grössten Raum einnahmen. Die grossen Eier des vorliegenden Ovariums sind die in der Reife fortgeschrittenen, am 10 Mai eben angedeutet pigmentierten Eier. Ihr Durchmesser beträgt jetzt 1,59—1,24 mm. Sehr viel zahlreicher sind entsprechend der Feststellung im Schnittpräparat Fier mittlerer Grösse von 1,0— 0,48 mm Durch- messer in allen Abstufungen der Pigmentierung. Die grössten weissen Eier haben fast die Grösse der eben pigmentierten Eier, etwa 0,37 mm Durchmesser. Auf der äusseren Oberfläche des Ovariums sind vereinzelte tiefschwarz pigmentierte Narben von ziemlicher Ausdehnung zerstreut. Sie stammen zum Teil von den zur Zeit des 10. Mai grössten reifen Eiern her. Die Narben- form mit ihren zackigen Ausläufern verrät eine relativ schnelle Resorption, die ja bei dem Futtermangel erklärlich ist. Die Zackenform kann nur dadurch entstehen, dass nach Aufhebung der Eiform das pigmenthaltige Bindegewebe sich im Stroma des Eierstockes auszubreiten beginnt. Ein isoliertes, von innen präpariertes Läppchen, ergibt neben einem besseren Überblick über den Umfang der einzelnen Formen, dass die weniger stark pigmentierten Eier mittlerer Grösse von 0,622—0,77 mm Durchmesser an der äusseren Ober- fläche in grösserer Anzahl zu sehen waren, da sie sich den Raum der wegfallenden grossen reifen Eier zunutze gemacht haben und so die meisten von ihnen an die Oberfläche getreten sind. Den nächsten typischen Fortschritt in der Rückbildung zeigt ein Ovarium eines am 13. Juli getöteten, bis dahin gut gefütterten Frosches. Aus einer Schnittserie soll ein Ei von zirka 1,24 mm Durchmesser mit intensivem Pigment und geformten Dotter- elementen beschrieben werden.') Die Peritonealzellen sind sehr flach, die Granulosazellen etwas grösser und zwar am animalen Pol beträchtlich gewachsen. Sie sind an dieser Stelle auch tiefer gefärbt. Die Zellkerne sind dagegen heller als die an der Peripherie gelegenen Kerne des Peritonealepithels und haben ver- schiedene Form. In einiger Entfernung von der Peripherie des Eies liegt innen die ziemlich scharfe Grenze der Pigmentzone. Den Zwischenraum füllen die vergrösserten Granulosazellen aus. Ihre deutlichen Zellgrenzen passen sich gegenseitig an; nach dem 1) Siehe Taf. I, Fig. 3. 20 Ludwig Burkardt: Dotter zu entsenden sie stumpfe Fortsätze. Das hellblau gefärbte Protoplasma ist mit tiefblauen, formlosen Massen angefüllt, die als resorbierter und noch nicht vollständig verflüssigter Dotter aufzufassen sind. Ausser diesen konfluierten Massen enthält das Protoplasma wenig körniges Pigment. Die Zellkerne sind gross, oval und mit ihrer Längsachse nach dem Dotter zu gerichtet. Das Kernkörperchen ist tiefblau gefärbt und die Grenze des Kerns mit ebenso stark gefärbten Chromatinanhäufungen versehen. Die Zona pellucida ist vollständig verschwunden. Der Eikern wurde nicht gefunden. Der Fortschritt der Rückbildung im Vergleich zu dem Präparat vom Juni besteht also in völligem Schwund der Zona und fortgeschrittener Vergrösserung der Granulosazellen. Letztere zeigen hier deutliche Neigung in den Dotter vorzudringen. Die äussersten Teile von Dotter und Pigment haben sie teilweise schon aufgenommen. Eine ‘andere Schnittserie desselben Ovariums enthält ein Ei von zirka 1,24 mm Durchmesser, welches viele Ähnlichkeit mit dem letzten Ei hat.!) In der Mitte desselben liegt noch ein kleiner Rest heller gefärbten ungeformten Dotters; demnach scheint es noch nicht ganz reif zu sein. Peripher sind nur noch tlache Peritonealepithelzellen. Die Granulosazellen haben dagegen bereits sämtlich die äussersten Teile des Dotters eingenommen. Deutlich sieht man von ihnen nur noch einen blassen grossen, peripher mit Chromatinanhäufungen versehenen Kern. Die nicht mehr scharf begrenzte Fläche des zugehörigen Protoplasmas ent- hält erhaltene, normale Dotterplättchen und Zerfallsprodukte von solehen. Pigment war an dieser Stelle in den Granulosazellen nicht vorhanden, weil sie dem aninalen Pol gegenüber, also an der pigmentlosen Eihälfte lagen. Dicht neben diesem Ei lag ein allerdings in gehärtetem Zustande in seiner Form stark verändertes, d. h. nicht mehr rundes Ei von schätzungsweise 0,62 mm Durchmesser.?) Dasselbe muss, den wohl geformten Dotterplättchen nach zu schliessen, den Zu- stand voller Reife wohl durchgemacht haben. Es erklärt sich daher seine nicht mehr runde Form auch als Folge der ver- änderten inneren Struktur, die wieder eine Kompression seitens 1) Siehe Taf. I, Fig. 4. ”) Siehe Taf. I, Fig. 6. Über die Eier von Rana esculenta. 21 der benachbarten heranwachsenden Eier in dieser Form zustande kommen liess. Auffallend an diesem Ei ist eine periphere, durch Vacuolenbildung ausgezeichnete Zone. Sie setzt sich zusammen aus Komplexen, die den Grenzen der vergrösserten Granulosa- zellkörper entsprechen und einen deutlichen Kern besitzen. Ein sich weit in den Dotter erstreckender Protoplasmafortsatz ver- leiht der ganzen Granulosazelle die Form eines Keiles. Die eigentümliche Vacuolisierung des Protoplasmas ist wahrscheinlich durch Auflösung und chemische Veränderung von Dotter entstanden. Die aufgelösten farblosen, und nunmehr als Vacuolen erscheinenden Massen haben das aufgenommene Pigment zur Seite gedrängt und ihm ein der Zeichnung entsprechendes lückenhaftes Aussehen verliehen. Es finden sich in den Zellen auch noch unversehrte Dotterkörner und formlose aber noch färbbare Zerfallsprodukte vor. Entsprechend der Verkleinerung des Eies haben die Peritoneal- zellen an Ausdehnung zugenommen. Ein Überblick über das ganze Präparat zeigt, dass die drei zuletzt beschriebenen Formen reichlich vertreten sind. Ausser ihnen sind zahlreiche grosse, der Reife entgegengehende Eier vorhanden; vereinzelt sind kleine schwarze Eier von untypischer, fast verzerrter Form mit Spuren von Dotter, hauptsächlich aber aus Pigment bestehend. Sie machen durch ihre zahlreichen Vacuolen den Eindruck eines Wabenwerkes. Selbstverständlich ist hier der Rückbildungsprozess schon bedeutend weiter fortgeschritten, als wir das soeben be- schrieben haben. Reichlich finden sich unreife Eier mittlerer Grösse, während die ganz kleinen an Zahl gegen früher zurück- stehen, da sie mittlerweile an Ausdehnung zugenommen haben, und somit die Zahl der mittelgrossen Eier grösser erscheinen lassen. Das makroskopische Präparat vom 13. Juli ging leider verloren. Enthielt das letzt beschriebene Ei des mikroskopischen Präparates vom 13. Juli in seiner Mitte noch reichlich unver- sehrten Dotter, so finden wir diesen nicht mehr in vielen Eiern des am 16. Juli getöteten, und bis dahin gefütterten Frosches. Eines dieser Eier mit auffallendem Fortschritt der Rückbildung ist gezeichnet. Wir haben hier zum ersten Mal das Auftreten zahlreicher Blutgefässquerschnitte im Ei selbst. Das Ei ist im Vergleich zu dem vom 13. Juli verkleinert. Auf der Schnittserie hat es etwa 0,77 mm Durchmesser. Ein kleiner Teil von der 22 Ludwig Burkardt: Peripherie des Eies ist auf der beigefügten Zeichnung ') wieder- gegeben. Das Peritonealepithel hat fast in seiner ganzen Aus- dehnung vergrösserte Zellen mit vergrösserten Zellkernen und weist zahlreiche mit roten Blutkörperchen gefüllte Blutgefäss- querschnitte auf. In der Fig. 6 sieht man ein solches Blut- gefäss und einen nahe der Peripherie gelegenen Granulosa- zellkern. An einzelnen Stellen sind zwischen Dotter und Epithel Zell- anhäufungen mehr bindegewebigen Charakters. Das ganze Ei- innere ?) ist von einem durch Vacuolenbildung maschenartig ge- formten Pigmentnetz angefüllt, das stellenweise intensiv dunkle Pigmentanhäufungen zeigt. In dieses Netzwerk sind die oben schon erwähnten, zahlreichen Blutgefässquerschnitte mit roten Blutkörperchen und deutlich erkennbarem Endothel eingelagert. Ebenfalls kommen in dem Schnitt sehr zahlreiche Granulosa- zellkerne zerstreut vor; besonders dicht sind sie um die Blut- gefässe herum angeordnet. Es ist jedoch nicht mit Sicherheit zu entscheiden, ob nicht einige von den Zellkernen von den mit den Blutgefässen eingewanderten Bindegewebszellen stammen, die durch Aufnahme des reichlich vorhandenen Nährmaterials eine den Granulosazellen entsprechende Grösse angenommen haben. Die Protoplasmaleiber der Zellen sind nirgends mehr abzugrenzen. Viele Kerne tragen Zeichen des Unterganges, bestehend in Ab- nahme des Färbungsvermögens, Verlust der scharfen Grenze und körnigem Zerfall der Kernsubstanz. Die Dotterplättehen sind sämtlich verschwunden bis auf einige wenige, und nur noch kleine Reste ihrer Zerfallsprodukte sind geblieben.”) Gelegentlich liegt noch ein Dotterplättehen im einer Vacuole. In diesem Ei handelt es sich also hauptsächlich noch um die Wegschaffung des Pigmentes und des Vacuoleninhalts, wozu offenbar die in den Dotter eingewachsenen Gefässe berufen sind. Im übrigen findet sich auf dem Schnitt kein normales ausgereiftes Ei mehr. Die übrigen Eier haben den Zustand der Reife schon durch- gemacht und tragen Zeichen der Degeneration, die teilweise schon so weit fortgeschritten ist, wie im dem Präparat vom 13. Juli. ı) Siehe Taf. I, Fig. 7. ?, Siehe Taf. I, Fig. 3, Siehe Taf. I, Fig. 7. R Uber die Eier von Rana esculenta. 2 Hiermit stimmt das zugehörige makroskopische Präparat überein.!) Der gefässführende bindegewebige Überzug ist stärker entwickelt. An der äusseren Oberfläche liegen nur noch ganz vereinzelt grosse Eier mit ihrer pigmentierten oder pigment- freien Seite von 1,39 mm Durchmesser. Sie entsprechen im mikroskopischen Bild den Eiern, die die Reife überstanden und bereits durch beginnende Degeneration an Grösse eingebüsst haben, wie aus der beigefügten Zeichnung ersichtlich ist. Bei Lupenvergrösserung werden kleinere Eier von 0,73—1 mm Durch- messer in weit grösserer Anzahl sichtbar. Einzelne von ihnen sind braun, die meisten hellbraun pigmentiert. Sie sind auf- zufassen als die Formen, welche dem mikroskopisch beschriebenen und gezeichneten Ei entsprechen. Die dunkle Färbung erklärt sich durch die bei der Volumabnahme erfolgende Verdichtung des Pigmentes. Der grösste Teil der Oberfläche wird eingenommen von hellgelb pigmentierten Eiern von 0.46—0,62 mm Durchmesser und von ganz weissen Eiern, die hier weit zahlreicher sind als in dem Präparat vom 10. Mai und grösstenteils auch reifer geworden sind. Ihre Durchmesser betragen 0,15—0,62 mm. Die pigmen- tierten Narben stehen ziemlich dicht beieinander, sie sind eben- falls weit grösser als in dem Ovarium vom 10. Mai. Viele von ihnen haben auch eine mehr rundliche, also Eiform, entsprechend den stark atretischen Eiern mit scholligem Pigment. wie wir sie im mikroskopischen Bilde sahen. Von der Innenfläche des Ovariums gesehen, muss man die von der äusseren Oberfläche her bekannten, vereinzelt stehenden Eier mit dunkelbrauner Pigmentierung als reife Eier beurteilen. Ihr Durchmesser beträgt, wie bei ausgereiften Eiern, 1,5 mm. Sie erscheinen auch in grösserer Anzahl, weil sie an der äusseren Oberfläche durch mittelgrosse und hauptsächlich kleine Eier ver- deckt waren. Auch die kleineren tief braun pigmentierten Eier sind an der inneren Oberfläche zahlreicher zu sehen. Wie schon oben gesagt, ist ihr Durchmesser 0,77—1,0 mm gross. Über die Zahl und Grösse der ganz weissen und der eben pigmentierten Eier kann man sich an der äusseren Oberfläche am besten orien- tieren. An der inneren Oberfläche kommen sie nur in den Lücken zwischen den grossen Eiern zum Vorschein. N Siehe, Tat. II. Fig. 12. 24 Ludwig Burkardt: Einzuschalten wäre an dieser Stelle die Beschreibung eines mikroskopischen Präparates von einem am 24. Juli getöteten, nicht gefütterten Frosch mit bedeutend vorgeschrittenen Rück- bildungserscheinungen. Bemerkenswert ist ein Ei des Präparates deshalb, weil es einen Zustand mehr anfänglicher Veränderungen zeigt und etwa auf die im Ei vom 13. Juli, oben Seite 19 genauer beschriebene Degenerationsstufe folgt.) Es hat in seiner ganzen Peripherie deutliche flache Peritonealzellen mit schmalen Kernen. Stellenweise sieht man flache Abhebungen, die sich bei genauer Untersuchung als Blutgefässe erweisen. Unter diesem Epithel folgen besonders dort, wo das Ei mit der Wand des ÖOvariums in Verbindung steht, Zellen mit etwas undeutlichem Zellkörper und kleinen, teils spindeligen, teils runden Kernen. Ob das bindegewebige Elemente sind, ist nicht ohne weiteres klar. Ziemlich deutlich abgegrenzt von diesen Zellen folgt eine Schicht, die aus den Zellen der Granulosa hervor- gegangen ist. Die Zellen liegen dicht beieinander und zwar stellenweise in mehreren Lagen. Auffallend ist an ihnen die verschiedene Lage und Grösse der deutlich hervortretenden Kerne. Man sieht Kernformen von länglich ovaler, rundlicher und keulen- förmiger Gestalt, die sich der Zellform anpasst. Die reichlich mit körnigem Pigment versehenen Zellkörper sind langgestreckt und haben äusserst feine, in das Eiinnere sich hineinerstreckende Protoplasmafortsätze. Diese länglich ausgezogene Gestalt haben auch die bereits in den Dotter vorgerückten Zellen der tieferen Schichten. Das ganze Eiinnere ist von körnigem Pigment erfüllt, welches wieder unterbrochen ist von teils ganz hellen, farblosen, teils hell rötlichen undeutlich begrenzten Ansammlungen, deren eine grössere ebenfalls rötlich gefärbte im Zentrum des Eies liegt. Es sind die Reste veränderten Dotters. Das Präparat führt also das weitere Verhalten der am 13. Juli noch mehr kubisch gestalteten Granulosazellen mit Andeutungen stumpfer Fortsätze vor Augen, das in einer nach dem Eiinneren zustrebenden Gestaltsveränderung der Zelle mit Ausbildung lang ausgezogener Protoplasmafortsätze seinen Ausdruck findet. Da das Ei von einem Hungertier stammt. so ist anzunehmen, dass es seine Reife noch nicht lange überstanden hat, und nun wieder zur Er- !ı) Siehe Taf. I, Fig. 5. Über die Eier von Rana esculenta. 25 haltung jüngster Eier durch erhöhte Schnelligkeit der Degeneration seine Abbauprodukte nutzbar macht. Auf dem als Vorlage dienenden Schnitt sind mehrere Eier der beschriebenen Art ver- treten. Der Mangel an Futter äussert sich auch wieder in der auffallend grossen Zahl ganz schwarzer, d. h. nur aus zusammen- seballtem Pigment bestehender Eier, die fast ebenso zahlreich sind, wie die halbgrossen Regenerationsprodukte. Die ganz jungen Eier sind indessen spärlich. Das zugehörige makroskopische Präparat hat von allen bis jetzt betrachteten Eierstöcken die dunkelste Färbung, infolge zahlreicher schwarzer Punkte, die von pigmentierten Eiern oder pigmenthaltigen Narben herrühren.!) Das ganze Ovarium, sowie die einzelnen Läppchen sind stark verkleinert. In jedem Läppchen sind ungefähr 5—7, etwa 0,73 mm Durchmesser messende hell- braune, also eben pigmentierte, heranreifende Eier. Die Lupen- betrachtung der zahlreichen, an der Oberfläche inselförmig ange- ordneten weissen Eier von 0,12—0,36 mm Durchmesser lässt keinen Zweifel darüber bestehen, dass sich das Ovarium trotz der Rückbildungserscheinungen zugleich auch in einem regenerativen Zustand befindet; denn diese hellen Eier sind sämtlich gewachsen bis zu den grössten mit 0,4 mm Durchmesser, mit lichtbräunlicher Pigmentierung. Die Regeneration ist aber beträchtlich hinter der des Ovariums vom 16. Juli, welches von einem gefütterten Tier stammt, zurückgeblieben. Das wird noch besonders klar aus der Betrachtung eines Ovariıums eines am 24. Juli getöteten aber gefütterten Frosches hervorgehen. Histologisch finden wir darin einige Rückbildungsformen von fast derselben Stufe, wie von dem am 24. Juli getöteten nicht gefütterten Tier. Es überwiegen aber im vorliegenden Präparate an Zahl die mittelgrossen und ganz kleinen Eier. Den weniger rasch vorgeschrittenen Rückbildungsprozess ersieht man besonders gut aus der bedeutend geringeren Anzahl der aus zusammengeballtem Pigment bestehenden Eier. Das makroskopische Präparat von diesem Tier ist sehr klein.?) Grosse pigmentierte Eier reifen Stadiums fehlen ganz. Die grössten Eier von zirka 0,73 mm Durchmesser, deren in jedem Läppchen nur wenige vorhanden sind, haben nur Andeutung 9) Siehe Taf. II, Fig. 13. ?\, Siehe Taf. II, Fig. 14. 26 Ludwig Burkardt: von Pigment. Noch blasser als diese sind alle mittelgrossen Eier von zirka 0,51 mm Durchmesser bis zu den grössten weissen. Letztere liegen in Grössen von 0,3—1.12 mm Durchmesser vor. Die äussere Oberfläche erscheint schwarz punktiert, was durch die in jedem Läppchen ziemlich zahlreich vorhandenen mittel- grossen, tiefschwarz pigmentierten Eier verursacht wird. Sie sind aber nicht so zahlreich wie in dem Ovarium von dem nicht sefütterten Frosch. Die unzähligen, meist grösser gewordenen weissen Eier lassen diese dunklen Stellen wie auf einer hellgrauen Unterlage erscheinen. Die Grössenverhältnisse lassen sich am besten von der inneren Obertläche aus beurteilen. Man erkennt sehr leicht die vereinzelten grössten hellbraunen Eier von etwa 0,73 mm Durchmesser. Andere von annähernd derselben Grösse bis zu 0.31 mm Durchmesser haben, wie man auch von aussen sehen konnte, eben angedeutetes Pigment. Von da ab sind die Eier bis zu den kleinsten von 0,1 mm Durchmesser, welche aber an Zahl viel geringer sind als in den früheren Präparaten gefütterter Tiere, ganz weiss, Diese Eier stehen aber dichter zusammen, da sie den durch Resorption geschaffenen Raum auszunutzen bestrebt sind. Die beschriebenen (Gregensätze im Verhalten der Eirück- bildung hatten sich ergeben aus der Untersuchung von Fröschen, die in der Gefangenschaft gefüttert und von Tieren. die nicht gefüttert waren. Es erübrigte, einen Vergleich anzustellen zwischen der Eirückbildung gefangen gehaltener gefütterter Tiere und solcher, die bis zu dem Tage, an dem sie getötet wurden, in voller Freiheit lebten. Es liessen sich in der Tat auch hier erhebliche Unterschiede, und zwar besonders gut an makroskopischen Präpa- raten erkennen. Da die mikroskopischen Bilder hinreichend be- schrieben sind, wird an dieser Stelle darauf nicht weiter eingegangen. Mitte Mai wurden drei Frösche gefangen gesetzt und jeden zweiten bis dritten Tag mit frischem Fleisch gefüttert. Im Ab- stand von etwa vierzehn Tagen bis drei Wochen wurde eines der gefangenen und zugleich ein direkt im Freien gefangenes Tier getötet. Die Beschreibung der untersuchten Organe folgt ent- sprechend dem zeitlichen Verlauf des Versuches und wird durch Zeichnungen, die sowohl von der Aussen- als auch von der Innen- seite mittels des Winkelschen Zeichenapparates bei einer Ver- r grösserung von X7,5 aufgenommen sind, erläutert werden. —I Über die Eier von Rana esculenta. 2 Die Figuren sind mehr projiziert als körperlich gezeichnet. weil es sonst schwer war, die verschiedene Stärke der Pigmentierung durch Bleistiftzeichnung zum Ausdruck zu bringen. Die Stärke der Pigmentierung ist nämlich, wie sich zeigen wird, für die Erkennung des Zustandes der Eier von grosser Bedeutung. Sämt- liche Präparate wurden lebensfrisch in konzentrierter Lösung von Sublimat in physiologischer Kochsalzlösung etwa °/ı—1 Stunde fixiert, nachdem sie vorher mittels einer feinen Kanüle aufgebläht waren, wodurch es gelang, die tiefen Falten übersichtlich aus- einander zu breiten. Dann wurden die Objekte zur Konservierung in SO proz. Alkohol vorbereitet. Diese Methode der Fixierung und Präparation hatte M. Nussbaum schon vor vielen Jahren bei seinen Untersuchungen über die Ovarien der Frösche angewandt. Der erste Frosch der zweiten Untersuchungsreihe war ge- fangen am 16. Mai und wog 34,6 g. Nach guter und regel- mässiger Fütterung wurde er am 24. Mai getötet. Sein Gewicht betrug jetzt 37,6 g. Der Gewichtszunahme entsprach auch ein gut ausgebildeter Fettkörper. Die äussere Oberfläche des wohl entwickelten Ovarıums trug hauptsächlich reife ausgewachsene Eier von 1,5 mm Durchmesser, die zum Teil ihre ganze pigmen- tierte Hälfte nach der äusseren Oberfläche gewandt hatten.') Ausser diesen sind zahlreiche Eier vorhanden von etwa 0,93 bis 0,31 mm Durchmesser mit eben angedeuteter, aber je nach ihrer (Grösse verschieden starker Pigmentierung. Viel zahlreicher sind ganz kleine Eier von 0,51— 0,06 mm Durchmesser, ohne jede Spur von Pigment, teilweise zu mehreren der Oberfläche der grossen Eier aufsitzend. Diese offenbar jüngsten Stadien, sowie die vorher genannten, mittelgrossen Eier rücken bei der weiteren Reifung in die Tiefe des Ovarıums, um dann als ausgereifte Formen mit halb pigmentierter Oberfläche an der Oberfläche des Ovariums wieder zu erscheinen. Von der inneren Oberfläche aus gesehen sind die ganz kleinen Eier nur noch selten zu finden.’) Sie haben sich ja eben erst an der äusseren Oberfläche entwickelt. Schön sieht man von innen die mittelgrossen und reifen Eier. Besonders letztere erscheinen grösser als an der äusseren Oberfläche, weil man dort, wie schon gesagt, nur einen Teil ihres Umfanges sieht. Die 2) Siehe Taf. IT, Fig, 15. °) Siehe Taf. II, Fig. 16. 28 Ludwig Burkardt: k mittleren Formen haben dieselbe Grösse wie an der äusseren Oberfläche, aber teilweise bereits dunkler pigmentierte Teile, als das von aussen her zu sehen war. In einem zur Verfügung stehenden Ovarium einer am 12. Mai getöteten Rana esculenta hungarica aus der Gefangenschaft sind viele grosse, halb pigmentierte, meist ausgereifte Eier von 1,5 mm Durchmesser. Nur einige von den grossen sind etwas kleiner, etwa von 1,3 mm Durchmesser, also noch nicht ganz reif.') Sehr zahlreich sind die Eier mittlerer und kleinster Grösse von 0,62 bis 0.09 mm Durchmesser, alle ohne Andeutung einer Pigmen- tierung, also alles noch sehr junge Formen. Im Gesichtsfeld liegen noch zwei sehr schwarz pigmentierte Eier mittlerer Grösse. Sie sind im Zustand der Degeneration. Die dunkle Pigmentierung rührt von der Zusammenziehung eines ehemals reifen und grossen Eies auf eine kleine Oberfläche. Reste vollständig untergegangener Eier sind an einigen Stellen noch als fleckige, tiefschwarze Pigmentpünktchen und Narben zu sehen. Man muss hiernach annehmen, dass das Tier schon zur Zeit seiner letzten Laich- periode in Gefangenschaft war, so dass die erwähnten Degenerations- stadien die letzten Reste dieser Laichperiode sind, während das Ovarium im übrigen einer neuen Entwicklung entgegengeht. Im Vergleich hierzu hatte das Ovarıum vom 24. Mai keine Spur einer Degeneration aufzuweisen, obschon es von einem bedeutend später getöteten Tier stammt. Es lag bei dem Tier auch gar keine Ursache für eine Degeneration vor, weil es bis dahin in der Freiheit gelebt hatte, und sicher genug Nahrung gefunden hat, was man aus dem wohl entwickelten Fettkörper schliessen muss. Der zweite Frosch war gefangen am 7. Mai und wog 36,2 g. Als er am 1. Juli getötet wurde, betrug sein (Gewicht nur noch 31,3 g. Er hatte also trotz guter Fütterung abgenommen. Der Magen war bei der Sektion noch ganz gefüllt von der letzten Fütterung her, die am 28. Juni stattfand. Der ganze Ernährungs- zustand des Tieres war aber kein besonders guter; die Leber war klein, die Muskulatur mager, im Fettkörper war fast gar kein Fett vorhanden. Das Ovarium dieses Tieres bietet nun ein sehr verändertes Bild gegenüber dem vom 24. Mai.’) Das ganze Organ ist zunächst bedeutend verkleinert. An der äusseren t) Siehe Taf. II, Fig. 17. 2, Siehe Taf. II, Fig. 18. Über die Eier von Rana esculenta. 29 Oberfläche treten grosse Eier von 1,24—1,39 mm Durchmesser dicht zusammengedrängt, hervor. Die mittelgrossen Eier sind bedeutend herangewachsen bis auf 0,77 mm Durchmesser und sie sind zahlreicher geworden, als in dem Ovarium vom 24. Mai. Deshalb liegen sie auch nicht mehr zerstreut, sondern inselförmig zusammengedrängt zwischen und auf den grösseren Eiern. Man sieht mehrere Pigmentnarben der verschiedensten Form und (Grösse, sowie noch eirunde Pigmentmassen über das Ovarium verstreut. Diese letzteren sind die Reste der zuerst unter- gegangenen Eier, d. h. jener, die am 24. Mai in voller Ausbildung vorlagen. Die runden schwarzen Pigmentmassen sind noch als Eier zu betrachten mit zu Schollen konfluiertem Pigment, während die strahligen Pigmentflecke in die Breite gezogene Narben sind. die sich in dieser Form auch nur an der äusseren Oberfläche finden. Die Art ihrer Entstehung geht aus Ruges Unter- suchungen und meinen oben mitgeteilten mikroskopischen Be- funden hervor. An der Innenseite des Eierstockes sieht man dieselben Formen, wie sie von der äusseren Oberfläche beschrieben sind, jedoch nicht so stark zusammengedrängt, und daher übersicht- licher.) Grosse und mittelgrosse Eier sieht man in ihrem ganzen Umfange, die kleinen Eier nur dort, wo sie in den Zwischen- räumen durchscheinen. Die Pigmenteier mittlerer Grösse sind etwa ebenso zahlreich und deutlich zu sehen, wie an der äusseren Oberfläche, die Pigmentnarben hingegen nur dort durchscheinend, wo sie gerade in die Zwischenräume fallen. Aus der grossen Zahl der Pigmentgebilde muss man schliessen, dass der Rück- bildungsprozess bereits sehr weit vorgeschritten ist, was bei der langen zwischen dem 24. Mai und dem 1. Juli gelegenen Zeit verständlich ist und andererseits aus der Gewichtsabnahme des gut gefütterten Tieres hervorgeht. Die Rückbildung des Eierstockes erklärt nun nicht ganz den Gewichtsverlust. Dieser ist einerseits im Verhältnis zu gross, andererseits hatte das Tier noch Zeichen von Atrophie anderer Organe. Die erwähnte Schwäche der Muskulatur liesse sich schon als Inaktivitätsatrophie erklären, da die gefangenen Tiere sämtlich einzeln in Gläsern von etwa einem Liter Inhalt gehalten waren, eSichestTat. Il, Rig. 19. 50 Ludwig Burkardt: wo die Bewegungsmöglichkeit dieser sonst sehr lebhaften Tiere mehr beschränkt ist als in einem Aquarium, wo der Fütterungs- versuch meist Gewichtszunahme bewirkt. Es muss dabei natürlich auch die Intensität des Stoffwechsels leiden, was sich in der erwähnten Verkleinerung der Leber und der mangelhaften Aus- bildung des Fettkörpers äussert. Ferner weiss man nicht, inwie- weit die Tiere durch die zur Zeit des Versuches herrschende hohe Aussentemperatur Schaden genommen haben. Das Tier war also aus irgend einem Grunde nicht ganz normal. Vergleichen wir hiermit nun ein Ovarium eines frisch ge- fangenen Tieres.) Am 10. Juli wurde ein am S. Juli frisch gefangener Frosch getötet. Derselbe war vorzüglich ernährt, und hatte einen gut entwickelten Fettkörper. Das Ovarium war, verglichen mit einem reifen Organ, bedeutend verkleinert. Das erklärt sich daher, dass der Frosch seine reifen Eier ablegen konnte. Ohne Lupe sieht das Ovarium hellgrau aus, ist übersät von weissen und hellbraunen Pünktchen, zwischen denen einzelne tief schwarze hervortreten. Mit Lupenvergrösserung findet man entsprechend der Zeichnung, die hier der Deutlichkeit halber bei 12,5 facher Vergrösserung angefertigt wurde, die grossen pigmen- tierten reifen Eier nicht mehr wieder, weil der Frosch sie bereits abgelegt hat. Am weitesten fortgeschritten in ihrer Entwicklung sind hellbraun pigmentierte Eier von 0,93—0,73 mm Durchmesser. Dann finden sich in geringer Anzahl kleinere Formen mit ganz leichter Pigmentierung. Recht zahlreich sind aber die pigment- losen Eier, deren grösste mit eben angedeutetem Pigment den Übergang zu den reifenden Stadien bilden. Es fragt sich nun, woher die vereinzelten ganz schwarzen Eier von 0,77—0,31 mm Durchmesser kommen. Dieselben treten auf der Zeichnung wegen der gewählten Vergrösserung etwas sehr stark hervor. Bei den gefangen gehaltenen Fröschen waren es zweifellos nicht abgelegte rückgebildete Eier. Dieser Frosch konnte aber seine Eier ablegen und hat das auch getan, denn sonst müssten die dunklen Eier viel zahlreicher vorhanden sein. Sie sind tatsächlich aber lange nicht so zahlreich, wie bei dem gefangen gehaltenen Frosch vom 1. Juli, dessen gesamte reife Eier der Degeneration verfielen. Die schwarzen Eier sind in Wirklichkeit kleiner wie reife Eier, ') Siehe Taf. II, Fig. 20. Über die Eier von Rana esculenta. 3l die ja niemals über die ganze Eiperipherie und nie so tief schwarz pigmentiert sind. Es bleibt daher nichts anderes übrig, als anzunehmen. dass diese schwarzen Eier aus irgend einem unbekannten Grunde zur Brunstzeit nicht abgelegt werden konnten, und daher dasselbe Schicksal erfahren haben, wie die Eier eines gefangen gehaltenen Frosches. Den Einfluss der Freiheit aut das Wachstum des Ovariums erkennt man deutlich an der sehr grossen Anzahl junger Eier. Sehen wir uns das Ovarium von der Innenseite an — die beigegebene Tafelfig. 14 hat wieder 7,5fache Vergrösserung — so haben wir noch mehr den Eindruck eines sich stark regene- rierenden Organs.!) Deutlicher als an der Aussenfläche übersieht man die hellbraun pigmentierten Eier. Sie haben ungefähr alle dieselbe Grösse. Desgleichen erkennt man mit voller Deutlichkeit die leicht pigmentierten und die zahlreichen, in den Lücken liegenden weissen Eier. Weniger gut sieht man von innen her die schwarzen Eier, man erblickt eben nur den kleineren, in die Zwischenräume fallenden Teil ihrer Oberfläche. Vor dem Beginn der Rückbildung gehörten sie bereits ausgereiften Eiern der äusseren Oberfläche an. Wir kommen nun zur Beschreibung des letzten Vergleichs- objektes, welches uns mit aller wünschenswerten Deutlichkeit den Einfluss der Gefangenschaft im Vergleich zur Freiheit auf das Wachstum des Ovariums einer Rana esculenta zeigt. Ein am 27. Mai gefangener und 51,7 g wiegender Frosch wurde am 31. Juli getötet, und hatte eine Schwere von nur noch 325 g. Das Tier war in schlechtem Ernährungszustand und besass einen kleinen Fettkörper, trotzdem es ebenso, wie das vorige am 1. Juli getötete, gut gefüttert worden war. Der Ge- wichtsverlust ist zum grossen Teil, wie aus folgendem hervorgehen wird, der weitgehenden Degeneration des Ovariums zuzuschreiben. Für die Beeinträchtigung des FErnährungszustandes sind jedoch dieselben störenden Umstände verantwortlich zu machen, die bei dem Hungerfrosch vom 1. Juli wahrscheinlich die starke Gewichtsabnahme verursacht haben. Beide Tiere waren nämlich denselben Schädlichkeiten ausgesetzt. Das Ovarium ist sehr klein und rückgebildet, während es zu Anfang des Versuches durch 2)Sieheslarcıl,, Rig. 21. ut] je 32 Ludwig Burkardt: seine Grösse eine starke Auftreibung der Bauchwände des Frosches hervorrief.!) Die Oberfläche ist dunkelgrau und besitzt eine etwa gleiche Anzahl weisser und schwarzer Pünktchen. Mit schwachen Vergrösserungen sieht man nichts mehr von reifen Eiern. Hell- braune, der Reife schon näher stehende Eier, von durchschnittlich 0.62 mm Durchmesser, sind in einer dem Vorsprung der Zeit entsprechend grösseren Anzahl vorhanden als in dem Ovarium vom 1. Juli, haben aber nicht ganz deren Grösse erreicht, wie aus einem Vergleich der Zeichnungen hervorgeht. Dagegen sind mehr weisse Eier grösserer Form in das Übergangsstadium, also nicht eben sichtbarer Pigmentierung eingetreten. Sie haben eine (srösse von etwa 0,75 mm Durchmesser erreicht. Zahlreiche Inseln ganz junger pigmentloser Eier enthalten Eier, wie sie in dieser Kleinheit in dem Ovarium vom 1. Juli nicht vertreten waren. Der Durchmesser der kleinsten beträgt 0,04 mm. Wir treffen sie also hier zum ersten Mal und müssen sie als die Anfangsstadien einer neuen Bildungsperiode ansprechen. In noch keinem Präparat haben wir bisher so viele schwarze verkleinerte Eier gefunden. Aus der beigefügten Zeichnung ist zu ersehen, dass sie viel zahlreicher sind als in dem Ovarium vom 1. Juli. Ihrer meist gut erhaltenen eirunden Form nach, die auch in dem Präparat vom 1. Juli vorherrscht, muss man schliessen, dass sie die Reste der in der Zwischenzeit vom 1. Juli bis 31. Juli zur Reife gelangten und wieder rückgebildeten Eier sind. Einige versprengte Pigmentpartien sind als die letzten Überbleibsel der am 1. Juli noch grossen Pigmenteier zu betrachten. Die Innentläche des Ovariums führt fast dasselbe Bild vor Augen.’) Man sieht schwarze und reifende Eier mittlerer Grösse in annähernd gleicher Anzahl, während die kleinsten Eier nur in den Lücken durchschimmern. Mit diesem Produkt weit fortgeschrittener Rückbildung müssen wir nun ein Ovarium eines am 30. Juli frisch gefangenen und am 31. Juli getöteten Frosches vergleichen.”) Das Tier war wieder, wie auch die anderen Frösche aus der Freiheit, in vor- züglichem Ernährungszustand und mit einem grossen Fettkörper ausgestattet. Von dem Eierstock hat man makroskopisch den 1) Siehe Taf. III, Fig. 22. ‚ ?, Siehe Taf. III, Fig. 23. ®, Siehe Taf. III, Fig. 24. Über die Eier von Rana esculenta. 33 Eindruck, dass es sich um ein der Reife vollends entgegengehendes Organ handelt, nur dass die Gesamtgrösse noch nicht dem eines vollreifen Eierstockes entspricht. Den erstaunlichen Einfluss der Freiheit erkennt man schon an den mit blossem Auge deutlich wahrnehmbaren, zur Hälfte dunkelbraun pigmentierten Eiern von 1,59— 1,24 mm Durchmesser. Sie sind die in ihrer Entwicklung fortgeschrittenen und reifer gewordenen Eier, die in dem Eier- stock vom 10. Juli des frisch gefangenen Frosches noch mittlere (rösse hatten. Mit der Lupe sehen wir daher an der äusseren Oberfläche auch meist ausgewachsene, oder annähernd aus- gewachsene, hellpigmentierte Eier. Reichlich sind auch wieder Eier von etwa dem halben Durchmesser der grössten, mit hell- brauner Pigmentierung, also von etwa 0,62—0,77 mm Durch- messer zu finden, während die nur angedeutet pigmentierten Eier an der äusseren Oberfläche in geringerer Anzahl vorliegen. Teil- weise sind sie auch durch die Ausdehnung der grossen Eier nach innen zu verdrängt. Ausserdem sieht man dann Inseln kleiner weisser Eier, die Anfänge einer folgenden Reifeperiode. die aber schon bedeutend grösser geworden sind, als in dem Ovarium des entsprechenden gefangen gehaltenen Frosches. Von schwarzen Eiern ist in dem gezeichneten (resichtsfeld keine Spur zu sehen: ein grosser Unterschied im Vergleich zu der grossen Anzahl der schwarzen Eier in dem Ovarıım des gefangen gehaltenen Frosches. Bei genauer Untersuchung finden sich aber auch in diesem Ovarium mehrere schwarze Eier, die sehr klein sind, etwa die Grösse der weissen Eier haben, und so weit auseinander liegen, dass in mehreren Gesichtsfeldern keines zu liegen kommt. Einige von ihnen haben einen unregelmässigen, gezackten Rand, gehen also schon in das Narbenstadium über. Bei genauem Zusehen kann man solche Eier auch mit blossem Auge als weit zerstreut liegende, winzige Pünktehen wahrnehmen, besonders da, wo sie zufällig auf der pigmentfreien Seite eines reifen Eies sich abheben. Es ist demnach nicht daran zu zweifeln, dass auch bei in der Freiheit lebenden Fröschen der Gattung Rana esculenta Rückbildung nicht abgelegter Eier vorkommt. Ihrer Grösse nach stammen sie nicht von der vorliegenden Generation von Eiern, sondern sind Reste von Eiern, die aus irgend einem Grunde nicht zur Ablage ge- kommen sind. Wenn sie der neuen Reifungsperiode angehörten, müssten sie bedeutend grösser sein. Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt II. 8) (3%) Ha Ludwig Burkardt: An der inneren Oberfläche finden sich dieselben Eibildungs- stadien und in ähnlicher Verteilung und Anzahl, wie an der äusseren Oberfläche. Nur die ganz kleinen Eier der äusseren Oberfläche sind grösstenteils verdeckt. In dem untersuchten (Gesichtsfeld findet sich gerade eins der schwarzen Eier, von denen oben die Rede war.') Es liegt natürlich an der äusseren Oberfläche und scheint hier durch eine Lücke zwischen anderen Eiern durch. Es ist schon eines der grössten hier vorkommenden schwarzen Eier. Man übersieht ferner eine grössere Anzahl von nach innen zu gedrängten Eiern mit eben beginnender Pigmen- tierung. Zum Schlusse möchte ich noch berichten, dass ein Frosch, der am 4. Juli getötet wurde und frisch gefangen war, und eine (Grösse von 15,5 cm, gemessen von der Schnauze bis zur Schwanz- spitze, besass, noch gar keine reifen Eier ausgebildet hatte. Das Ovarium des sonst sehr gut genährten Tieres besass einen riesigen Fettkörper, der bedeutend grösser ist, als das Organ selbst.2) Das Ovarium ist hellgelb bis hellgrau. Auf den noch sehr kleinen Läppchen sieht man von aussen nur einige durch ihre Grösse hervorragende Eier mit leicht gelber Pigmentierung von 0,46—0,36 mm Durchmesser. Sonst finden sich zahlreiche vollständig pigmentlose, weisse Eier verschiedenster Grösse bis zu 0,4 mm Durchmesser. Von schwarzen Eiern, also Resten reif gewordener Eier, die sich doch immerhin, wenn auch in geringer Zahl, in einem reif gewesenen Eierstock finden lassen, ist absolut nichts. weder auf der ganzen äusseren, noch auf der ganzen inneren Oberfläche zu sehen. Ein Stück der inneren Oberfläche gibt die beigefügte Tafelfig. 26 wieder. Vergleicht man sie mit der entsprechenden Figur des am 10. Juli getöteten, frisch gefangenen Frosches, der also nur vier Tage später getötet wurde, so stimmen die Grössenverhältnisse in beiden Ovarien annähernd überein. Man sieht auch an der Innenfläche mehr grosse Eier, als an der Aussenfläche, weil dort die grossen Eier zum Teil von den kleinen, weissen überlagert sind. Man ver- misst aber bei diesen den der Zeit entsprechenden Grad der Pigmentierung vollständig, und ebenso die ganz schwarzen Eier, die doch in dem Gesichtsfeld des Präparates vom S. Juli immer- ) Siehe Taf. II, Fig. 25. 2) Siehe Taf. III, Fig. 26 > Uber die Eier von Rana esculenta. hin zu mehreren zu finden sind, vollständig. Auf Grund dieser Tatsachen muss man den Schluss ziehen, dass der Frosch noch gar keine reifen Bier produziert hatte, weil sein Ovarıum noch nicht die entsprechende Entwicklung erreichte. Weibchen von Rana esculenta mit 15,5 cm Kopf-Steisslänge werden somit erst im folgenden Jahre geschlechtsreif. Das Ergebnis der Untersuchung lässt sich folgendermassen zusammenfassen: Wie beim hungernden Tier werden auch bei Weibchen von Rana esculenta, die in der (Gefangenschaft gefüttert wurden, die reifen, an der Ablage gehinderten Eier resorbiert. Die Resorption wird durch Zugrundegehen der Zona pellueida und Vergrösserung der Granulosazellen eingeleitet. Die Granulosazellen dringen nach dem Schwund der Zona pellucida gegen den Dotter vor, beladen sich mit Dotterkörnchen und Pigment. Darauf beginnt eine mesodermale Eiwanderung von Zellen und Blutgefässen, die den Resorptionsprozess einleiten und durchführen, wie bei der Bildung des normalen Corpus luteum. Das Ei wird kleiner, tiefer und gleichmässiger schwarz pigmentiert, bis zuletzt jede Spur des Prozesses nach Verflüssigung und Aufnahme der Teile in die Blutgefässe verwischt wird, indem sich auch die Blut- gefässe zurückbilden. Während der Degeneration der für die betreffende Brunst gebildeten reifen Eier geht das Wachstum und die Neubildung von Eiern weiter, begünstigt freilich durch gute Ernährung. aber unbekümmert um die Gefangenschaft. Literaturverzeichnis. la. Nussbaum, M.: Über den Einfluss der Jahreszeit, des Alters und der Ernährung auf die Form der Hoden und Hodenzellen der Batrachier. Mit 7 Tafeln. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 68. lb. Nussbaum, Karsten, Weber: Lehrbuch der Biologie, S. 100. 2. Heidkamp, Hans: Über die Einwirkung des Hungers auf weibliche Tritonen. Arch. f. d. ges. Phys., Bd. 128. Bonn 1909. Nussbaum, M.: Zur Mechanik der Eiablage bei Rana fusca und Rana esculenta. Pflügers Archiv, Bd. 124. Bonn 1908. 4. Pflüger, E.: Über Eierstöcke der Säugetiere und des Menschen. Leipzig, Engelmann, 1863. Mit 5 Tafeln. (8%) hi 36 ou 9. 10a. 10h. 10e. 11. 18. Ludwig Burkardt: Ruge, G: Über Vorgänge am Eifollikel der Wirbeltiere. Morphol. Jahrb., herausgeg. von K. Gegenbaur, Bd. 15, 1889. 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Stadium der Rückbildung. Stück von der Peripherie des ani- malen Poles von einem am 13. Juli getöteten, bis dahin gefangen gehaltenen und gefütterten Frosch. Leitz, Obj. 7, Oce. 2. p = Peritonealepithel ; & — Granulosazellen, bedeutend ver- grössert; d — Dotter; z — Pigmentzone. III. Stadium der Rückbildung. Eiperipherie von einem am 13. Juli getöteten, bis dahin gefangen gehaltenen und gefütterten Frosch. Izeıitz, 0bj..7,.0c6..2. p = Peritonealepithel; & —= Granulosazellen, die äussersten Partien des Dotters einnehmend. In ihrem Protoplasma Dotter- körnchen (d), diese zum Teil in kleinere Gebilde (d') zerfallen. IV. Rückbildungsstadium. Stück von der Eiperipherie eines am 24. Juli getöteten, bis dahin gefangen gehaltenen und nicht gefütterten Frosches. Leitz, Obj.7, Oce. 2. p = Peritonealepithel; g — Granulosazellen mit Fortsätzen (f) von Pigmentkörnchen beladen, vordringend in das Innere des Dotters (d); b — Zellage, wahrscheinlich bindegewebiger Herkunft. V. Stadium der Rückbildung. Stück von der Eiperipherie eines am 13 Juli getöteten, bis dahin gefangen gehaltenen und gefütterten Frosches. Leitz, Obj. 7, Oce.2. p = Peritonealepithel; g = Granulosazellkerne ; f — zuge- höriges Protoplasma mit langen, sich in den Dotter erstreckenden Fortsätzen (f); d = intakte Dotterplättchen ; d’ — vom Protoplasma aufgenommene Dotterplättchen ; pg — aufgenommenes Pigment; v — Vacuolen in dem Protoplasma der Granulosazellen. VI. Stadium der Rückbildung. Stück von der Eiperipherie eines am 16. Juli getöteten, bis dahin gefangen gehaltenen und ge- fütterten Frosches. Leitz, Obj. 7, Oce. 2. Fig. Fig. 10. 1 115% 14. 15. Ludwig Burkardt: p = Peritonealepithel: e — Endothelzellen; bl — rotes Blutkörperchen; g — Kern einer Granulosazelle; pg — Pigment; v= Vacuole. Stück aus der Mitte des vorigen Eies. Gleiche Vergrösserung. Zeigt die Einwanderung von Geweben mesodermalen Ursprungs. e — Gefässendothel; bl — rote Blutkörperchen ; g = Granu- losazellkerne, die zugehörigen Zellkörper nicht abgrenzbar; d = vereinzeltes in einer Vacuole gelegenes Dotterplättchen; v = Vacuole;: pg — Pigmentkörnchen. Tafel II. Ovarium eines am 10. Mai getöteten Frosches aus einem Bassin im Freien, wo keine besondere Fütterung stattfand. Äussere Oberfläche. r — reifes Ei mit halber, r' — reifes Ei mit ganzer nach aussen gekehrter Pigmentfläche; m — mittelgrosses Ei; Ke — kleines unreifes Ei: pg — Pigmentnarbe. Vergr. 2,5 mal. Ovarium des am 10. Mai getöteten Frosches von innen gesehen. r = reifes Ei; m — mittelgrosses Ei; pg — Pigmentrest. Vergr. 2,d mal. Ovarium eines Anfang Juni getöteten, bis dahin gefangen gehaltenen und gefütterten Frosches von aussen. r — reifes Ei: r' — der Reife nahestehendes Ei: m = mittel- grosses Ei; w — weisses unreifes Ei: pg — Pigmentnarbe. Vergr. 2,9 mal. Ovarium eines am 16. Juli getöteten, bis dahin gefangen gehaltenen und gefütterten Frosches von aussen. ; — grosses Ei im Anfang der Degeneration: m — mittel- grosse Eier mit verschieden weit fortgeschrittener Degeneration: w = kleines weisses pigmentloses Ei; pg —= schwarzes Pigmentei. Vergr. 2,5 mal. a SF Ovarium eines am 24. Juli getöteten Hungerfrosches. hbr — hellbraun pigmentiertes Ei mittlerer Grösse; pg — sehr schwarz pigmentiertes Ei; pgn — Pigmentnarbe; w — weisses pigmentloses junges Ei. Vergr. 2,5 mal. Ovarium eines am 24. Juli getöteten, bis dahin gefangen gehaltenen und gefütterten Frosches. hb — hellbraun pigmentiertes heranreifendes Ei: pg — schwarzes Pigmentei: pgn — Pigmentnarbe ; w — weisses pigment- loses Ei. Vergr. 2,5 mal. Ovarium eines am 16. Mai gefangenen, gefütterten und am 24. Mai getöteten Frosches von aussen. r = reifes Ei; m — mittelgrosses eben pigmentiertes Ei: w — weisses unreifes Ei; w‘ = weisses Ei auf der Oberfläche eines ausgereiften Eies. Vergr. 7,5 mal. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 16. 17h 19. iv. 23. Über die Eier von Rana esculenta. 39 Ovarium des am 24. Mai getöteten Frosches von innen. r — reifes Ei: m — mittelgrosses leicht pigmentiertes Ei; m‘ — dunklerer pigmentierter Teil der Oberfläche eines mittel- grossen Eies; w — weisses Ei, in den Lücken zwischen den grossen Eiern liegend. Vergr. 7,5 mal. Ovarium einer gefangen gehaltenen Rana esculenta hungarica, am 12. Mai getötet, von innen. r — reifes Ei; r' —= der Reife nahestehendes Ei: w — weisses pigmentloses junges Ei: w' — weisses Ei grösster Form. Vergr. 7,» mal. Ovarium eines am 7. Mai gefangenen, gefütterten und am 1. Juli getöteten Frosches von aussen. r — reifes Ei; m = in der Reife fortgeschrittenes Ei mittlerer Grösse; w — inselförmig zusammenliegende weisse Eier; pg = Pigmentmassen. Vergr. 7,5 mal. Ovarium des am 1. Juli getöteten Frosches von innen. r = reifes Ei; m = mittelgrosses reifer gewordenes Ei: w = weisses Ei; pg — Pigmentei. Vergr. 7,5 mal. Ovarium eines am 8. Juli frisch gefangenen und am 16. Juli getöteten Frosches von aussen. m — herangewachsenes mittelgrosses Ei: ü = eben pigmen- tierte Übergangsform zu den mittelgrossen Eiern: w = weisses pigmentloses Ei; pg — nicht abgelegtes der Degeneration ver- fallenes schwarzes Ei. Vergr. 12,5 mal. Ovarium des am 16. Juli getöteten Frosches von innen. m — mittelgrosses heranreifendes Ei: pg = schwarzes Pigmentei; ü — UÜbergangsform von weissen zu mittelgrossen Eiern: w = weisses pigmentloses Ei. Vergr. 7.5 mal. Tafel III. Ovarium eines am 27. Mai gefangenen, gefütterten und am 31. Juli getöteten Frosches von aussen. m — heranwachsende mittelgrosse hellbraun pigmentierte Eier; w — weisse pigmentlose Eier: deg — Eier in anfänglichem Degenerationszustand; pg — ganz schwarze Pigmenteier; pg' — alte Pigmentnarben. Vergr. 7,5 mal. Ovarium des am 31. Juli getöteten Frosches von innen. ü — Übergangsform eines weissen zu mittelgrossen Eiern mit ihrer pigmentlosen Seite; w = weisse Eier; pg — Pigmenteier. Vergr. 7,5 mal. Ovarium eines am 31. Juli getöteten, frisch gefangenen Frosches von aussen. r = der Reife sehr nahestehendes Ei; m = Ei mittlerer Grösse; w —= weisses Ei; w‘ = kleinere weisse Eier auf der Ober- fläche der grossen reifenden Eier. Vergr. 7,5 mal. Fig. 26. Ludwig Burkardt: Über die Eier von Rana eseulenta., Ovarium des am 31. Juli getöteten, frisch gefangenen Frosches von innen. r — bald reifes Ei: ii — Übergangsform zu den mittelgrossen Eiern mit beginnender Pigmentierung; pg — vereinzelt vorkommendes schwarzes Ei; w — in den Lücken erkennbare weisse Eier. Vergr. 1dmal. Ovarium eines am 4. Juli getöteten, frisch gefangenen Frosches von 18,5 em Grösse von innen. Zeigt unreife weisse pigmentlose Eier (w), mittelgrosse der Zeit nicht entsprechend stark pigmentierte Eier (m) und Übergangs- formen zu diesen (ü). Vergr. 7, mal. 41 Aus dem Zoologischen Institut der Universität Halle. Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. Ein Beitrag zur Kenntnis der Keimbahn der Urodelen Amphibien. Von Reinhold Schapitz, cand. zool. Hierzu Tafel IV, Va, Vb und 3 Textfiguren. Einleitung. Seit den ersten Entdeckungen, durch die Weismanns Lehre von der Kontinuität des Keimplasmas veranlasst wurde, durch die sie weiter gestützt und — für viele Wirbellose wenigstens — in gewissem Sinne bewiesen wurde, sind in rascher Folge zahlreiche Arbeiten auch über die Keimbahn der Wirbeltiere erschienen. Ähnliche unzweifelhafte und lückenlose Rückverfolgungen wie bei Ascaris (Boveri |1892]) und Cyelopiden (Haecker |1897]) liegen indessen noch nicht vor. Die ihrer Entwicklung nach ältesten Stadien der Keimbahn, die schon fertige Eier und Samenfäden enthalten, sind natur- gemäss am besten untersucht. So sind wir über die Differenzierung der Oogonien und Spermatogonien zu reifen Geschlechtsprodukten hinreichend orientiert. Die jüngsten Stadien der Keimbahn jedoch, vom frühesten Erscheinen der Urgeschlechtszellen bis zur Anlage der inditferenten Genitalanlage, sind noch wenig erforscht. Ganz abgesehen davon, dass ein Zusammenhang der „Urgeschlechts- zellen“ mit den Oogonien und Spermatogonien und so mit den definitiven Geschlechtsprodukten noch nicht für alle Fälle erwiesen ist und von einigen Forschern, so Winiwarter und Sainmont (1909), beharrlich bestritten wird, herrschen die verschiedensten Anschauungen über Ort und Zeit der Entstehung der ersten Urgeschlechtszellen. Es gilt in dieser Hinsicht durchaus noch dasselbe, was Semon (1887) ausführt: „Gerade die wichtigsten Fragen, diejenigen, die sich auf die Entstehung der Keimprodukte ') Die Jahreszahlen hinter den Autornamen geben das Erscheinungs- jahr der angezogenen Arbeiten an. Diese sind danach im Literaturverzeichnis aufzufinden. Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt. II. 4 42 Reinhold Schapitz: und ihre Beteiligung beim Aufbau der Geschlechtsorgane beziehen, sind teils noch ganz dunkel, teils widersprechen sich die Beobachter bei ihrer Beantwortung in den Hauptpunkten.“ So sind die Urgeschlechtszellen des Amphioxus nur bis zu ihrer Entstehung aus Peritonealzellen („Grenzzellen“ ') rück- verfolgt. (Hatscheck [1884], Boveri [1892], Zarnick [1904].) Bei Myxinoiden ist nur das Zustandekommen der indifferenten Keimanlage bekannt. (Cunningham [1837|], Maas [1897], Schreiber [1904].) Für Teleostier liegen die widersprechendsten Angaben über die erste Keimbahnstrecke vor. Einmal ist der Zeitpunkt, an dem die ersten deutlichen Urgeschlechtszellen auf- treten, strittig und nach einzelnen Familien anscheinend ver- schieden. Andererseits gehen die Anschauungen über ihre Abkunft auseinander. So führt Nussbaum (1380) die Urgeschlechts- zellen der Teleostier auf Zellen zurück, denen ab ovo eine besondere Stellung zukommen soll, ohne allerdings Beweise dafür zu liefern. Er findet Urgeschlechtszellen („Geschlechtszellen“ ) im Peritonealepithel und sagt von ihnen (S. 24): „Es ist nicht schwer, sich davon zu überzeugen, dass kein Übergang zwischen beiden Zellenarten (nämlich Peritonealzellen und Urgeschlechts- zellen) stattfindet“. Hoffmann (1856) ist jedoch durchaus anderer Ansicht. Er findet sie am gleichen Ort, „kann aber in den Ureiern der Knochenfische nichts anderes als umgebildete und höher differenzierte Peritonealzellen erblicken, welche sich in den jüngsten Entwicklungsstadien schon ganz bestimmt durch indirekte Kernteilung vermehren“. Eine ähnliche Entstehung gibt J. Mac Leod (1851) für die Urgeschlechtszellen von Hippo- campus, Gobius, Sygnathus an. Er sagt (S. 515): „Primitivement, chez des embryens plus jeunes, il n’y a aucune trace de ces cellules. Elles apparaissent relativement fort tard. Pour ce motif nous croyons . . . . que ces elements sont le resultat d’une differenciation des cellules endotheliales, et nous ne pouvons admettre avee Nussbaum... . quil s’agit ici de cellules n’ayant aucun lien de parent& avec l’endothelium peritondcal.“ Eigen- manns Angaben (1592) scheinen noch am meisten für Nuss- baums Auffassung zu sprechen. Er verfolgt bei Mikrometrus !) Diese „Grenzzelle“, welche an der Stelle, wo Cutisblatt und skelet- togenes Skleralblatt sich vereinigen, liegt. ist weiter auf schon viel früheren Larvenstadien nachgewiesen. Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. 43 die Urgeschlechtszellen zunächst bis zu der Zeit, wo sich der Blastoporus schliesst. An besonders günstigen Objekten ist er sogar imstande, sie bis auf Furchungszellen fünfter Ordnung zurückzuführen. Jedoch kann er nicht alle Urgeschlechtszellen auf seine zwei Stammzellen, eine rechts und eine links im Ento- derm des Embryos zwingend zurückführen. Für vorhandene Urgeschlechtszellen ist ein Zusammenhang nicht nachzuweisen, „unless they early migrate from their original position“. Mir scheint sogar, dass Eigenmanns Befunde bei näherem Hinsehen auch nichts anderes zeigen, als eine Umwandlung von anderen Zellen in Urgeschlechtszellen. Er gibt zwar an, dass sie sich auf gewissen Stadien durch bestimmte Färbbarkeit scharf unter- scheiden. Aber gerade in den entscheidenden Stadien versagt nach Eigenmanns Angabe dieses Unterscheidungsmerkmal, so dass schliesslich nur noch die Grösse der Zellen einen Unter- schied bilden soll. Seine Bilder sind aber hierin nicht überzeugend. (Grösse und Kernstruktur der Urgeschlechtszellen sind nicht auf allen Stadien gleich, so dass besonders die ersten Urgeschlechts- zellen den Zellen des umgebenden (rewebes wahrscheinlich ähnlicher sind als den Urgeschlechtszellen der älteren Stadien, — wahr- scheinlich, denn seine schematischen Bilder lassen über die eigent- liche Beschaffenheit der surrounding cells ebenso wie über die der Urgeschlechtszellen („prominently standing out from the other cells“) kein rechtes Urteil gewinnen. Ebensowenig übereinstimmende Angaben über die Herkunft und das erste Auftreten der Urgeschlechtszellen liegen für die Selachier vor. Hier werden sie entweder auch direkt auf Furchungs- zellen zurückgeführt (Balfour [1878], Beard [1900/1904], Woods [1902]) oder als umgewandelte Peritonealzellen an- gesprochen, besonders auch die sekundären und die zwischen zwei Brunstperioden neu auftretenden Geschlechtszellen (Ludwig|1S74], Semper [1875]). Von Ganoiden, Petromyzonten und Dipnoern ist Herkunft und erstes Auftreten der Urgeschlechtszellen nicht studiert. Für Reptilien ist nach den Untersuchungen Hoffmanns (1589) an Lacerta und besonders in den letzten Jahren Allens (1906) an Chryemys eine Einwanderung in die Genitalregion wahrscheinlich gemacht. Und zwar lässt sie Hoffmann, wie bei Knochenfischen, Knorpelfischen und Amphibien, so auch hier sich 4* 44 Reinhold Schapitz: aus Peritonealzellen „differenzieren“, während sie Allen schon im Entoderm „findet“. In gleicher Weise behauptet Jarvis (1910) bei Phrynosoma ein frühzeitiges Auftreten der Urgeschlechtszellen im Entoderm, von wo sie teils in die Genitalregion einwandern und Urgeschlechtszellen werden, teils von ihrer Route abkommen („leave this path“) und degenerieren sollen. Ebenfalls im Entoderm tindet sie Gasparro (1908) und Trinci (1908) bei Gongylus, Lacerta, Seps, Anguis. Auch bei Vögeln ist eine Einwanderung der Urgeschlechts- zellen in die Genitalregion, also ihre Entstehung an anderem Ort erwiesen. Ihre Abkunft ist jedoch auch hier strittig. Nuss- baum (1903) fand sie schon am zweiten Bebrütungstage und nach ihm sollen sie auch hier auf Furchungszellen direkt zurück- zuführen, jedenfalls Gebilde sui generis sein. Andere Autoren haben jedoch auch für Vögel morphologische Übergänge zwischen generativen und somatischen Zellen beobachtet und leiten sie da- her aus Mesodermzellen ab, besonders konstatieren sie die Neu- bildung von Urgeschlechtszellen in älteren Embryonen aus Peritonealzellen. Bei Säugetieren endlich ist die Entstehung der Urgeschlechts- zellen völlig unaufgeklärt. Die ersten (renitalzellen treten in der fertigen Leiste auf, und es ist nicht bekannt, ob sie hierhin einwandern oder an Ort und Stelle entstehen, auch ist es strittig, ob aus den zuerst beobachteten Urgeschlechtszellen tatsächlich Oogonien und Spermatogonien hervorgehen (Winiwarter, Sainmont|1908]|, Michalkowicez |1885]). Nur Rubaschkin (1909) behauptet das frühzeitige Auftreten ausserhalb des Keim- epithels und die Beteiligung der Urgeschlechtszellen an der Bildung der definitiven Geschlechtsprodukte. Hinsichtlich der Amphibien liegen die besten Resultate vor. Besonders die letzte zusammenfassende Arbeit über den Ursprung der (Greschlechtszellen bei den Amphibien aus der Feder Dustins (1908) bringt einen kritischen Überblick über die Arbeiten an Amphibien und eigene Untersuchungen über Triton alpestris, hana fusca, Bufo vulgaris. In Übereinstimmung mit Angaben Göttes (1869) über Bombinator igneus, Hoffmanns (1886) über Triton eristatus, Rana temporaria und esculenta, Bufo cinereus und Alytes obstetricans und Halls (1904) über Amblystoma findet er eine Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. 45 paarige, symmetrische, scheinbar metamere aus dem Mesoderm her- vorgehende Urgeschlechtszellenanlage, im Gegensatz zuNussbaum (1550) und Bouin (1900) und neuerdings Kuschakewitsch und Allen (1907), die bei Amphibien. eine unpaare in der Radix Mesenterii im hinteren Drittel des Tieres liegende Anlage beschreiben. Weit entfernt davon, hier eine umfangreiche Literatur- übersicht und ein kritisches Referat über den heutigen Stand der Keimbahnforschung zu geben, möchte ich nur folgenden mir wichtig erscheinenden Widerspruch aus den bisherigen Aus- führungen über das erste Auftreten der Urgeschlechtszellen her- ausgreifen. Ein Teil der Beobachter ist der Ansicht, dass die Ur- geschlechtszellen bestimmte embryonale Charaktere, so den Dotter- reichtum, die eigentümliche Chromatinverteilung und die durch sie bedingte Färbbarkeit der Kerne u. a., länger behalten als die somatischen Zellen, die diese Charaktere frühzeitig verlieren. Nach diesen Autoren wären also in frühen Stadien somatische und generative Zellen noch gleich, trotzdem glauben sie die generativen dennoch weiter unterscheiden und rückverfolgen zu können (Nussbaum, Eigenmann, Balfour u.a.). Die anderen Untersucher geben eine „Differenzierung“ gewisser Zellen (die bis dahin nicht unterscheidbar sind) zu Ur- geschlechtszellen an. Auch nach ihnen haben die wohl charak- terisierten Ürgeschlechtszellen schliesslich einen von den somatischen Zellen durchaus verschiedenen Habitus; jedoch ist dieser auf be- stimmten jüngeren Stadien nicht mehr nachzuweisen, nicht aber deswegen, weil auf solchen die somatischen Zellen anderen Charakter zeigten und den Urgeschlechtszellen ähnlich wären — wenn das auch immerhin bis zu einem gewissen Grade der Fall sein mag —, sondern weil vielmehr die Urgeschlechtszellen ihren differenten Habitus noch nicht ausgebildet haben, also als „Urgeschlechts- zellen“ überhaupt noch nicht vorhanden sind (Hoffmann u. a.). Nach den einen sind also die Urgeschlechtszellen ab ovo Gebilde sul generis, während sie nach anderen sich erst auf verhältnis- mässig älteren Stadien dazu „differenzieren“. Das Kriterium für das Vorhandensein von Urgeschlechts- zellen ist nun, solange kein für somatische Zellen und generative Zellen differentes Chemicum zur Verfügung steht, nur in den 46 Reinhold Schapitz: morphologischen Unterschieden zwischen beiden Zellenarten ge- geben. Es ist mir nicht klar, wie im Sinne der ersten Anschauung die den somatischen Zellen auf einem bestimmten Stadium morphologisch gleichwertigen generativen Zellen unterschieden oder weiter zurückverfolgt werden können. Wenn auf einem bestimmten jüngeren Stadium die Urgeschlechtszellen ihre unter- scheidenden Charaktere ‚verlieren‘ und alle Zellen morphologisch gleichwertig erscheinen, so darf hier kein physiologischer Unter- schied mehr behauptet, und Urgeschlechtszellen dürfen auf noch jüngeren Stadien aus logischen Gründen nicht mehr unterschieden werden. Während nun die früheren Beobachter bei ihren Dar- stellungen von einem beliebigen jüngsten Stadium ausgingen, in dem nach ihnen die ‚ersten‘ Urgeschlechtszellen auftreten, habe ich es für zweckmässig gehalten, auch in der Darstellung die Wege zu gehen, die aus begreiflichen Gründen die Untersuchung einschlägt. Und zwar habe ich von einem Stadium, wo Urge- schlechtszellen einwandfrei festgestellt werden können, die als solche unzweifelhaft charakterisierten Zellen bis zu den Stadien zurückverfolgt, wo sie mit allen ihren Charakteren zuerst auf- treten (Kap. I). Von da ist nach oben gehend weiter untersucht, ob Urgeschlechtszellen zu Oogonien und Spermatogonien werden, ob sie alle dazu werden, und ob noch andere Zellen sich an der Bildung dieser Elemente beteiligen (Kap. Ill u. IV). In Kapitel I sind demgemäss die Urgeschlechtszellen ohne Rücksicht auf die (resamtausbildung und Lagebeziehung der Genitalanlage im Embryo beschrieben, dagegen ist in Kapitel III und IV eine zusammenfassende Darstellung der Keimbahn bis zur Ausbildung der indifferenten Keimleiste mit Rücksicht auf die Gesamt- entwicklung gegeben. Als Kapitel II ist eine kurze Betrachtung über Urgeschlechtszellen ähnliche Zellen anderer Embryonal- anlagen eingeschoben. Die Untersuchungen, die sich von November 1909 bis Juli 1911 erstrecken, sind im Zoologischen Institut zu Halle begonnen und zu Ende geführt. Als Objekt lag Amblystoma mexicanum in zahlreichen Laichen vor. Dieses jetzt in Deutschland viel von Aquarienliebhabern gezogene Tier ist ein ganz vorzüg- liches Objekt für Keimbahnstudien, vor allem wegen der grossen Zellelemente und der scharf von den umgebenden somatischen Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. 47 Zellen unterschiedenen Urgeschlechtszellen. Es sind beide Formen, die schwarze wie die albinotische, gleich gut für diese Zwecke geeignet, wenigstens zeigten sich bei meinen Untersuchungen Unterschiede nicht. Nur sei bemerkt, dass der Laich von rein weissen Eltern weniger widerstandsfähig zu sein scheint. Bevor ich mich in medias res begebe, wünsche ich Herrn Prof. Dr. Haecker meinen Dank auszusprechen, der mich zu dieser Arbeit angeregt und sie in allen ihren Teilen mit stets regem Interesse überwacht und gefördert hat, ferner Herrn Privatdozent Dr. Brüel, der meine zoologischen Studien von ihrem Beginn an, und so auch diese Arbeit, geleitet und in kritische Bahnen gelenkt hat. Für seine Winke in technischen Fragen danke ich Herrn Privatdozent Dr. Japha. Um die Aufzucht des Laichs hat sich Herr Präparator Neumeister und Herr cand. rer. nat. Pernitzsch verdient gemacht. Letzterer hat auch zu Zeiten, wo ich nicht im Institut anwesend sein konnte, die Konservierung des Materials besorgt. Material und Methoden. Zu den Untersuchungen wurden Eier und Larven von Amblystoma mexicanum (Cope) aus den mir von Herrn Prof. Haecker in liebenswürdiger Weise zur Verfügung gestellten /uchten verwendet. Fast alle Beobachtungen wurden an konser- viertem Material und auf Schnittpräparaten gemacht. Die Embryonen lassen sich mühelos aus den gallertigen Eihüllen heraus- schneiden und fixieren. Zum Fixieren der Eier und Larven habe ich stets das Zenkersche Gemisch benutzt. Die Flemmingsche Flüssigkeit störte bei meinen Untersuchungen durch die Schwärzung mit Osmium, und die Schnitte nahmen dabei die Färbemittel, die aus bestimmten Gründen benutzt werden mussten, nur schlecht auf. Fixiert wurde 24 Stunden; danach folgte Aq. dest., Alk. 60°o, 75° mit Jod in Jodkalium nach Mayer, Alk. 90 %/s, 96 °/o und Alk. abs. je 24 Stunden. Eingebettet wurde mit Chloroform und Paraffın, da Xylol die dotterhaltigen Embryonen für das Schneiden zu brüchig machte. Von Färbemitteln gab die besten Bilder Böhmers Hämatoxylin, und zwar liegen die Vorzüge dieser zu Unrecht vernachlässigten Farbe in der bequemen Differenzierung und vor allem darin, dass sie für die Kerne der Urgeschlechtszellen und die der somatischen Zellen bis in die jüngsten Stadien sehr gut unterscheidbare Färbungen ergibt. 48 Reinhold Schapitz: Kapitel 1. Ich begann meine Untersuchungen an frischgeschlüpften Larven und Embryonen, die kurz vor dem Ausschlüpfen standen. Wenn schon das absolute Alter, in dem die Larven die Eihülle verlassen, ziemlichen Schwankungen unterworfen ist — Tiere, die im Heizaquarium gehalten wurden, in dem eine Durchschnitts- temperatur von 25° herrschte, schlüpften schon am 12. Tage nach der Eiablage!) aus, während andere im Dezember 1909 im ungeheizten Zimmer bei durchschnittlich 10° noch nach 25 Tagen keine Eigenbewegungen zeigten und erst mit 40 Tagen die Ei- hülle verliessen — so ist doch das relative Alter beim Aus- schlüpfen ziemlich gleich. Das zeigt die Länge des Körpers, die Ausbildung der Kiemen, die Grösse des Darmlumens und die Zahl der angelegten Urwirbel. Im folgenden sind für alle Alters- angaben eine lückenlose Serie des Laichs vom 6. und 7. März 1910, g weiss, ? schwarz, 5—15 Tage alt (p. c.) und eine Serie des Laichs vom 24. Februar 1910, & weiss,- 2 weiss, 16—26 Tage alt (p. e.) zugrundegelegt und das Alter der Tiere anderer Laiche auf diese beiden Laiche bezogen. Sta du m TyP0F Tas ern.c: Die frischgeschlüpften Larven messen etwa 10 mm, wovon 2 mm auf den Kopf, 4 mm auf den Rumpf und 4 mm auf den Schwanz entfallen. Sie haben jederseits drei einfache Kiemen; Extremitäten sind noch nicht angelegt. Das relative Alter kenn- zeichnen etwa 30 Somitenpaare. Die Cloake liegt auf der Grenze vom 19. und 20. Somitenpaar, die beiden Wolffschen Gänge münden etwa beim 18. Somit in die Cloake. In der Nähe der Wolffschen Gänge, von ihrer Einmündung bis in die Nähe der Vorniere reichend, also etwa vom 16. bis 9. Somit, liegen die Urgeschlechtszellen. @Querschnitte durch diese Genitalregion zeigen folgendes Bild hinsichtlich der hier interessierenden Verhältnisse. Rechts und links von der Aorta verläuft jederseits ein Wolffscher Gang, dem ein kleineres Blutgefäss anliegt (Vena renalis revehens). Seitlich werden diese Zellkomplexe von den Somiten eingeschlossen. Die Somite bestehen aus deutlichen ') Im weiteren Verlauf der Arbeit beziehen sich auch alle anderen Altersangaben auf die Eiablage und die mit ihr gleichzeitige Befruchtung und sind durch p. c. (post copulam) gekennzeichnet. Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. 49 Muskelfasern. Da, wo sie in den Raum zwischen Wolffschem Gang und der Vena cardinalis eingedrungen sind, zeigen sich schon die Anlagen der Urnierenkanälchen. Die Splanchnopleura liegt dem Darm schon dicht an, während die Somatopleura nahe an der ektodermalen Körperwand liegt, so dass die sekundäre Leibeshöhle schon ein recht grosses Lumen hat. Dorsal stossen die Epithelien der beiden Seitenplatten bereits zusammen und bilden das Aufhängeband des Darmes. In der Nähe dieses Auf- hängebandes, der Radix Mesenterii, finden sich nun die Ur- geschlechtszellen, und zwar liegen sie dorsal von der Somato- pleura mittwärts und unterhalb der Wolffschen Gänge. Die Urgeschlechtszellen (Fig. 1) zeichnen sich durch ihre Grösse vor allen anderen Zellen aus. Ihre Kerne sind blasig aufgetrieben, hantelförmig, lappig oder wurstförmig. Das Kernplasma ist hellgefärbt und von nur wenigen gleichmässig verteilten ganz feinen chromatischen Körnchen und Fädchen erfüllt, dagegen sind stets grosse regelmässige runde Nucleolen vorhanden, die sich mit Plasma- farbstoff stark färben, und zwar meist ebensoviele wie Kernlappen. Man könnte an eine Gonomerie der Kerne denken (Haecker |1902]), jedoch habe ich, wenn auch zweilappige Kerne mit zwei Nucleolen die Regel bilden, auch einfache und dreilappige mit entsprechend vielen Nucleolen gefunden. Das Zellplasma ist von zahlreichen Dotterplättchen erfüllt und enthält stets viele braun bis schwarz gefärbte Pigmentkörnchen. Das Zusammenvorkommen dieser Charaktere unter- scheidet die Urgeschlechtszellen auf diesem Stadium von den Zellen aller anderen Gewebe. Alle anderen Zellen haben einen von dem der Urgeschlechtszellen mindestens in einigen von diesen Punkten durchaus verschiedenen Habitus. Bei der Wichtigkeit für unseren Gegenstand sei noch- mals wiederholt: sie sind vor allem in der Regel kleiner, sodann besitzen sie keine oder doch nur wenig Pigmentkörnchen, aus- genommen die Pigmentzellen, ferner haben sie keine Dotter- plättchen, hier ausgenommen die Zellen der Wolffschen Gänge, die des Darmes und einige Zellen des Ektoderms, endlich sind alle Kerne in diesem Stadium durch grossen Chromatinreichtum ausgezeichnet, wenn auch hier wiederum die Kerne der Wolff- schen Gänge und einiger Zellen des Ektoderms (siehe Kapitel II) 50 Reinhold Schapitz: eine Ausnahme bilden und hierin gewisse Ähnlichkeit mit den Kernen der Urgeschlechtszellen haben. An der Hand dieser charakteristischen morphologischen Unterschiede muss der Zu- sammenhang der Urgeschlechtszellen mit den Oogonien und Spermatogonien aufzufinden sein und andererseits versucht werden, die Herkunft der Urgeschlechtszellen selber festzustellen. Stadium H: 19 Tage. c. Das nächst jüngere Stadium zeigt gegen das beschriebene folgende Unterschiede. Zwischen Chorda und Aorta liegt ein im (uerschnitt einzelliger Strang, die Subchorda. Die Radix Mesenterii erscheint auf ein Minimum verkürzt (Fig. 2). Die Leibeshöhle hat ein ausserordentlich kleines Lumen, sodass Splanchnopleura und Somatopleura einander beinahe berühren. Die Urgeschlechts- zellen liegen näher an den Wolffschen Gängen, die ihrerseits weiter von der mittleren Lage dorsal vom Darm nach den Seiten gerückt sind. Die Anlage der Urnierenkanälchen ist als eine Zellschicht mit dunkler gefärbten Kernen am unteren Rande der Somite zu erkennen (Hall |1904|). Das Darmlumen ist sehr eng und noch nicht von einem besonderen Epithel ausgekleidet. Der ganze Darm besteht aus einer dichten Dottermasse, die Zell- grenzen sind verwischt. Der Charakter der Urgeschlechtszellen ist der gleiche wie im vorigen Stadium. Unter den Zellen der anderen Gewebe fallen einige durch grossen Dotterreichtum auf, doch sind die Urgeschlechtszellen scharf von ihnen unterschieden. Während nun aber bei den frischgeschlüpften Larven die Ur- geschlechtszellen einen dünnen. im Querschnitt ein- bis zwei- zelligen kontinuierlichen Strang bildeten, haben wir in diesem Stadium eine perlschnurartige Anordnung der Urgeschlechtszellen im Verlauf der Anlage, einmal eine, dann wieder fünf bis sechs im (Querschnitt (Fie. 3 und 25 und Textfig. 2); gelegentlich ist die Anlage auf 10—20 «u unterbrochen. Stadium. GzAszTearesp:.c. Dieses An- und Abschwellen der Urgeschlechtsanlage tritt noch stärker in den nächst vorhergehenden Stadien hervor. Hier ist das Darmlumen verschwunden, das Entoderm besteht aus einer im (Querschnitt kreisrunden Dottermasse mit wenig Kernen. Somatopleura und Splanchnopleura liegen dicht zusammen und Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. 31 bilden eine einheitliche Seitenplatte, die aber immer noch deutlich zweischichtig ist. ‚Jedoch berühren die beiden Seitenplatten ein- ander über dem Darm nicht mehr, sondern erscheinen verkürzt. In der gleichen Richtung wie die dorsalen Enden der Seiten- platten erscheinen die Wolffschen Gänge und die Urgeschlechts- zellen von der Mitte weg nach abwärts verlagert. Während nun in den bisher beschriebenen Stadien die Urgeschlechtszellen jederseits auf einen Raum beschränkt waren, den der untere Rand des Somits, ein Stück der Darmperipherie oder das dorsale Ende der Seitenplatte, der Wolffsche (rang und die Aorta bezw. Vena cardinalis begrenzten, so finden wir in diesem Stadium zum erstenmal ausserhalb dieses Raumes Urgeschlechtszellen mit allen vorbeschriebenen Charakteren, im Verlauf der Anlage nur einige, und zwar den unteren händern der Somite angefügt. In einigen Fällen sind diese Zellen mit der längs den Wolffschen Gängen verlaufenden Genitalanlage im Zusammenhang, in anderen Fällen sind sie dagegen durch quer verlaufende Blutgefässanlagen völlig von der eigentlichen Anlage getrennt oder liegen an Stellen, wo die Genitalanlage unterbrochen ist. Es handelt sich bei diesen ausserhalb der Anlage liegenden Urgeschlechtszellen — ich nenne sie „extra- regionale“ — wahrscheinlich um von dem normalen Weg ab- geirrte Geschlechtszellen; entweder sind sie schon auf jüngeren Stadien von ihrer Route abgekommen (haben sich vielleicht wieder sekundär der Anlage genähert), oder sie sind aus der soweit fertigen Anlage durch andere Gewebekomplexe herausgedrückt bezw. abgeschnürt (Fig. 4). Es erhebt sich die Frage nach ihrem Verbleib. An drei Möglichkeiten wird man denken: Degeneration dieser Elemente, Rückwanderung in die Genitalanlage oder endlich Annahme der Charaktere derjenigen Gewebe, in die sie gerade geraten sind. Für die Richtigkeit der letzten Annahme scheinen mir einige Bilder zu sprechen. wo an einen Übergang vom Charakter der Urgeschlechtszellen zu dem der Somitzellen gedacht werden könnte (Fig. 5). Wenn man einerseits nicht verkennen darf. dass hier die Möglichkeit besteht, dass sich Urgeschlechtszellen neu bilden und der Anlage zuwandern, so halte ich das anderer- seits doch deshalb für ausgeschlossen, weil sie meist von der Anlage durch Gewebsstränge getrennt sind, die sie, da diese sich vergrössern, schon 24 Stunden später nicht mehr überwinden Reinhold Schapitz: or ID können. Ich werde jedoch weiter unten (Kapitel III) noch auf die extraregionalen Urgeschlechtszellen einzugehen haben und wende mich deshalb zum nächst jüngeren Stadium. Stadium BR: 17 Tape, p.e In diesem Alter sind extraregionale Urgeschlechtszellen zahl- reicher als in den bisher besprochenen späteren Stadien. Die Ge- samtorganisationshöhe ist nur wenig von der im letztbeschriebenen Stadium verschieden. Verfolgt man jedoch die Genitalregion auf (uerschnitten von vorn nach hinten, so zeigt sich in diesem Stadium etwas Neues. Die Genitalanlage liegt nicht in allen ihren Teilen in gleicher Höhe, sondern je mehr nach hinten wir gelangen, desto mehr erscheint sie ventralwärts verlagert, bis sie schliesslich — unter dem 16. Somit auf der rechten Seite — fast unter den Wolffschen Gang zu liegen kommt, wo sie im engsten Zusammenhang mit ihm und der Seitenplatte auftritt (Fig. 6). Die Lage weist uns auf die weitere Abkunft der Urgeschlechts- zellen. Im allgemeinen ist ja die Entwicklung im vorderen Ende eines Embryos der im hinteren Ende etwas voraus. Man hat also die Berechtigung, aus Erscheinungen im hinteren Ende eines Embryos Schlüsse für die Herkunft und Ursache der gleichen Verhältnisse in seinem vorderen Teile zu ziehen. Es müssen demnach, wenn anders die Urgeschlechtszellen in allen Teilen der Anlage eine gleichartige Entstehung haben, in einem noch früheren Stadium auch im vorderen Teile der Genital- region die Urgeschlechtszellen im gleichen Zusammenhang mit dem Woltffschen Gange und der Seitenplatte auftreten. Und das ist in der Tat der Fall (Fig. 7, 8, 10, 11). Stadium E: 14 Tage p. c. Ich bilde zunächst einen Querschnitt durch den hinteren Teil der Genitalregion eines 14 Tage alten Embryos ab (Fig. 7). Er zeigt, dass der Zusammenhang mit dem Wolffschen Gang und der Seitenplatte enger ist, als in allen vorbeschriebenen Stadien. Auch hier schon ragt das terminale Ende der Seiten- platte unter den Urgeschlechtszellen als schmales Band — im (Querschnitt eine Zelle — dorsal über den Darm hervor. St adaumıD127PaBE3p? €: Bei 12tägigen Embryonen ist dies noch nicht der Fall, so dass Wolffscher Gang und Genitalanlage auch im vorderen Teil ww Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. DE über dem terminalen Ende der Seitenplatte verlaufen (Fig. S). Die Seitenplatte selbst ist auf diesem Stadium undeutlich zwei- schichtig, jedenfalls aber nicht in Somatopleura und Splanchno- pleura geschieden. Extraregionale Urgeschlechtszellen sind in diesem Stadium so gut wie nicht vorhanden. Aber der Habitus aller anderen Zellen — und das ist wichtig — ist dem der Urgeschlechtszellen allmählich immer ähnlicher geworden, so besonders derjenige der Zellen des Ektoderms, der Chorda dorsalis (Fig. 9), des Entoderms, der Wolffschen Gänge und der Seitenplatten. Auch liegen überall in den Gewebelücken. besonders aber zwischen Somit, Aorta, Darm und Wolffschen Gängen, also an den Stellen, wo die Genitalanlage zu suchen ist, mesenchymatische Zellen, Blutgefässzellen und Blutkörperchen, die nur durch lange Übung von Urgeschlechtszellen zu unter- scheiden sind. Sitad um Or 102 agenpre: Im nächstfolgenden jüngeren Stadium (Fig. 10 und 11) kann man noch von einer ganzen Zahl von Zellen mit Be- stimmtheit aussagen, dass sie Urgeschlechtszellen sind, und kann danach auch die Lage der Genitalregion noch bestimmen, daneben werden sich aber immer Zellen und zwar recht zahl- reiche finden, von denen man trotz aller Übung und eingehendster Prüfung nicht sagen könnte, wohin sie gehören und welchen Organanlagen sie zuzurechnen sind. Der Embryo hat, je jüngere Stadien wir wählen, desto weniger und grössere Zellen, so dass also die Grösse als Unterscheidungsmerkmal zwischen Urgeschlechts- und Somazellen wegfällt, ausserdem sind in den jüngeren Stadien die Vorratsstoffe in Gestalt von Dotterplättchen auf alle Zellen verteilt; es fällt also auch dieses Unterscheidungsmerkmal weg. Endlich nähert sich die Mehrzahl der ruhenden Kerne in ihrer Färbbarkeit der der Kerne der Urgeschlechtszellen. Ausserdem aber — und das ist ein zweiter sehr wichtiger Punkt — scheinen die Urgeschlechtszellen selber ihren Charakter zu ändern, vor allem treten die eigenartigen lappigen Formen der Kerne und die Nucleolen noch nicht auf. Jedenfalls können diese letzteren Formen aufnoch früheren Stadienin keiner Weise unterschieden und nachgewiesen werden. Während vorher trotz der zunehmenden Ähnlichkeit mit soma- tischen Zellen doch immer noch gewisse morphologische Merkmale, 54 Reinhold Schapitz: feine Färbenüancen eine Unterscheidung wenigstens an einigen Zellen möglich machten, hört dieser Unterschied ganz plötzlich völlig auf. Es ist also klar, dass alle Angaben, die in noch jüngeren Stadien sagen, die und die Zellen sind die Urgeschlechts- zellen, nicht allzuviel Objektivität beanspruchen können, denn alles deutet darauf hin, dass hier tatsächlich eine Entstehung von Urgeschlechtszellen, d. h. eine Umwandlung anderer Zellen in solche vom Aussehen der Urgeschlechtszellen vor sich geht. Es kann sich demnach meines Erachtens bei einer weiteren Rück- verfolgung nur darum handeln, festzustellen, woher der gesamte mesodermale Zellkomplex, der durch den unteren Rand des Somits, den Wolffschen Gang, die Seitenplatte und das Entoderm ein- geschlossen ist, stammt, dem, wie wir gesehen haben, die Ur- geschlechtszellen entstammen, und zwar in dem Sinne entstammen, dass sie sich aus seinen Zellen differenzieren. Stadium B: 7—8S Tage p. e. Betrachten wir zu diesem Zwecke ein 2—-3 Tage jüngeres Tier. @uerschnitte durch die ersten drei Somitenpaare zeigen die Entstehung der Vornierenkanälchen (Fig. 12). Die übrigen zeigen etwa folgende Gliederung des Mesoderms. Dorsal sind die Somite getroften, deutlich geschieden in Myotom und Sklerotom, während das Nephrotom nur an einigen Stellen gut zu unter- scheiden ist. Darunter folgt, der äusseren Körperwand zugekehrt, der Wolffsche Gang, ohne Lumen, in seinem vorderen Verlauf frei (Fig. 13), im hinteren Ende verwachsen mit der Seitenplatte; ferner, dem Darm zugewandt. in gleicher Höhe mit dem Wolff- schen Gang, der eben angedeutete Zellkomplex, in seinem vorderen Verlauf deutlich getrennt vom Wolffschen Gange, im hinteren Ende etwas tiefer liegend als der Wolffsche Gang und eng mit ihm verbunden. Er bildet mit der Anlage der Wolffschen Gänge — denn man kann nur erst von einer Anlage sprechen, da der Mangel eines Lumens ein Funktionieren ausschliesst — im hinteren Ende eine einheitliche Anlage. den Mesodermhals oder Mesoderm- stiel, und dieser Mesodermstiel verbindet die Seitenplatte mit dem Somit (Fig. 14). An einigen Stellen der Schnittserie kann man noch mit ziemlicher Sicherheit in dem dem Entoderm zugekehrten Teil des Mesodermstiels den Charakter der Urgeschlechtszellen darin erkennen, so z.B. in Fig. 15, (db) | Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. jedoch kann man von einer messbaren Anlage, die sich unter so und soviel Somiten erstreckt, nicht mehr reden. Die angeführten Bilder weisen auf die Herkunft der Urgeschlechtszellen — unter der oben gemachten Einschränkung! — aus dem Mesodermstiel hin, wie ich mich denn auch hinsichtlich der Entstehung der Wolffschen Gänge der Ansicht anschliesse, dass sie sich in ihrer ganzen Ausdehnung aus dem Mesodermstiel entwickeln. In welcher Weise sich jedoch dieses Entstehen der Urgeschlechtszellen aus dem Mesodermstiel abspielt, entzieht sich vollkommen meiner Beurteilung. Stadium A: 5—7 Tage p.c. In noch jüngeren Stadien zeigt sich, dass tatsächlich auch die vordersten auf die Vornierenanlage folgenden Somite die gleiche Entwicklungshöhe haben wie im vorbeschriebenen die letzten. Es finden sich diese Bilder in den jüngsten Stadien, die ich für die Untersuchung in Betracht ziehen zu müssen glaubte, bei etwa 5— 7 tägigen (p. ec.) Embryonen mit 9—11 Somitenpaaren. Weiter abwärts in der Entwicklung zeigt sich das Mesoderm im (Querschnitt nicht mehr differenziert, bis auch die Gliederung in Somite im Längsschnitt verschwindet, das Medullarrohr sich öffnet, und wir die genügend beschriebenen drei einfache Blätter auf- weisenden Embryonen vor uns haben (Eyklesheymer [1895|]). Die Zellen sind in diesem Stadium morphologisch gleichwertig. Kapitel II. Ehe ich nun alle bisher beschriebenen Befunde zusammen- fasse und ausdeute, um einen Überblick über den mutmasslichen (Gang der Entwicklung für die Urgeschlechtszellen von ihrem frühesten erkennbaren Auftreten bis hinauf zum Ausgangsstadium der Untersuchung zu geben, muss ich noch einen wichtigen Punkt erledigen, das ist die Frage: Welche Bedeutung haben die den Urgeschlechtszellen ähnlichen Zellen? Es fanden sich, wie wir sahen, in allen Stadien — in den Jüngeren mehr, in den älteren weniger — Zellen, die in ihren morphologischen Merkmalen (Kernstruktur, Kernform, Plasma- einschlüsse, Zellform und -grösse) ähnliches Verhalten wie die Urgeschlechtszellen zeigten (z. B. Fig. 4 und 5, Ext. U.G.7.: Fig. 9, Chordazellen). Schon der Umstand, dass diese Zellen in älteren Stadien in geringerer Zahl vorhanden sind als in jüngeren (in den 6 Reinhold Schapitz: jüngsten können sie nicht unterschieden werden), dass sie anderer- seits in allen Geweben auftreten, weist darauf hin, dass dieser morphologische Typus nicht der Ausdruck für ein einem bestimmten Gewebe eigentümliches funktionelles Verhalten ist. Wir haben uns vielmehr vorzustellen, dass es sich hier entweder um auf- gespartes, einstweilen inaktives Zellenmaterial handelt, das den embryonalen Typus noch bewahrt hat, oder um Zellen, deren Tätigkeit allen Geweben in gleicher Weise — bis zu einem ge- wissen Zeitpunkt wenigstens — nötig ist. Dieses allen Geweben (remeinsame ist das Bedürfnis nach einer Versorgung mit Nahrungs- material zu der Zeit, wo eine aktive Ernährung des Tieres noch nicht möglich ist. Die Zellen würden dann vielleicht dazu dienen, Dottermaterial für die sich teilenden und damit Energie ver- brauchenden benachbarten Gewebezellen zu liefern. Ich meine nicht, dass sie Dotter produzieren oder aktiv anhäufen — wenn- schon das letztere nicht unmöglich wäre —, sondern dass es "Zellen sind, die sich selber nicht teilen !) und infolgedessen das Dottermaterial entbehren können ?) und es an andere Zellen, wenn diese ihren eigenen Dottervorrat erschöpft haben, abgeben. Das Verschwinden der stark dotterhaltigen Zellen fällt, was diese Auffassung glaube ich stützt, etwa mit dem Ausschlüpfen der Larve zusammen, also der Zeit, wo die Larve anfängt zu fressen. Besonders charakteristisch und von den umgebenden Zellen scharf abgesetzt sind diese embryonalen Zellen im Ektoderm, während sie im Entoderm, besonders aber im Mesoderm, weniger von den umgebenden unterschieden sind. Das mag damit zu- sammenhängen, dass der Entwicklung nach das Ektoderm das älteste, das Mesoderm das jüngste Gewebe ist. Im ältesten, wo die übrigen Zellen schon viele Teilungen durchgemacht haben und schon ziemlich weit differenziert sind, fallen daher diese Zellen am meisten in die Augen, während sie in dem jungen mesodermalen Gewebe sich von den noch wenig differenzierten umgebenden nicht so scharf unterscheiden. Schöne typische Belege für embryonale Ektoderm- zellen finden sich namentlich in der Umgebung der Hautsinnes- organe. Sie sind, wie (Juerschnitte zeigen, grösser als die benach- !) Ich habe jedenfalls nie Mitosen darin beobachtet. ?, Dass sie selbst nicht assimilieren. darauf scheint mir die Chromatin- armut hinzudeuten. 1 [a | Die Urgrschlechtszellen von Amblystoma. barten Ektodermzellen, von Dotterplättchen, gelegentlich auch von Pigment, erfüllt. Der Kern, bald blass, bald etwas dunkler gefärbt, blasig aufgetrieben, enthält ein oder mehrere Nucleolen. Durch ihre ausserordentliche Grösse veranlassen diese Zellen, dass das dünne mehr oder minder deutlich zweischichtige Ektoderm an dieser Stelle, wo es meist einschichtig ist, aufschwillt. Und gerade aus solchen Bildern habe ich geschlossen, dass die stark dotterhaltigen Zellen des Ektoderms irgendwelche ernährungs- physiologische Funktion haben, da sie mit zunehmendem Alter in der Umgebung der Hautsinnesorgane, wo sie oft ringförmige Wülste bilden (Fig. 16 und 17), verschwinden, d.h. nach Abgabe des Dotter- materials die Charaktere der übrigen Ektodermzellen annehmen. Von diesen embryonalen Ektodermzellen unterscheidet sich eine zweite Form stark dotterhaltiger Zellen des Ektoderms durch grösseren Pigmentreichtum. Ihr Habitus ist sonst dem der eben beschriebenen ähnlich, nur zeichnen sie sich durch ihren stärkeren Pigmentgehalt aus, so dass sie an Pigmentzellen, die ihre Pseudo- podien eingezogen hätten, erinnern (Fig. 15). Am meisten tritt diese Ähnlichkeit an lebenden Tieren zutage, wenn man etwa ein Stück des Schwanzes oder Flossensaumes durch das Mikroskop betrachtet, da dann neben den pigmentierten Ektodermzellen zum Vergleich echte Pigmentzellen erscheinen. In Übereinstimmung mit den neueren Untersuchungen von Meirowsky, Winkler, Loeb etc. neige ich nun der Ansicht zu, dass das Epidermispigment in der Epidermis selbst entsteht — im Gegensatz zu der älteren Auffassung, nach der es aus dem Corium einwandert —, und dass diese „pigmentierten Ektoderm- zellen“ dabei eine Rolle spielen, vielleicht in der Weise, dass sie sich in die Pigmentzellen der Epidermis umwandeln. Zurzeit habe ich allerdings keinen zahlenmässigen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden der pigmentierten Ektodermzellen und dem Auftreten der Epidermispigmentzellen feststellen können. Ich habe zwar Zählungen (auf einem eng umschriebenen Bezirk von der Grösse des mikroskopischen Gesichtsfeldes — am günstigsten war der untere Flossensaum dicht hinter der Cloake —) bei zahl- reichen Embryonen und Larven angestellt. Es ergab sich aber, dass die Zahl der pigmentierten Ektodermzellen und die der Epidermispigmentzellen, wie auch ihre Summe, bei gleichaltrigen Tieren an den gleichen Stellen ausserordentlich verschieden ist. Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt. II. h) 58 Reinhold Schapitz: Als einziges sicheres Ergebnis steht fest, dass die pigmentierten Fktodermzellen in den jüngsten Stadien, wo ja in fast allen Zellen körniges Pigment vorhanden ist, fehlen, dass sie dann in mittleren Stadien sehr zahlreich auftreten, um allmählich immer mehr abzunehmen und bald nach dem Verlassen der Eihülle zu verschwinden, und dass ungefähr zu gleicher Zeit, wo die Zahl der pigmentierten Ekto- dermzellen abnimmt, die ersten Epidermispigmentzellen auftreten. Interessant schien mir an diesen Zellen, dass die Pigmentkörnchen, wie Fig. 18 zeigt, immer um einen oder mehrere helle Höfe im Zellplasma gelagert sind und wie von diesen sezerniert erscheinen. Näher auf diese Fragen einzugehen, überhaupt diese Zellen in ihren möglichen Beziehungen zu den späteren echten Pigment- zellen weiter zu untersuchen, habe ich in Rücksicht auf das eigentliche Thema unterlassen. Jedenfalls gilt für diese Zellen, die einfach stark dotterhaltigen erstbeschriebenen und die pigment- haltigen zuletztbeschriebenen, meines Erachtens, dass ein wirklicher genetischer Zusammenhang zwischen ihnen und den Urgeschlechts- zellen nicht besteht, weder derart, dass die Zellen sich auf sehr frühen Stadien von den Urgeschlechtszellen abgezweigt hätten und degenerierte Urgeschlechtszellen wären noch umgekehrt, dass sie von den beobachteten Stellen auswandern und zu Urgeschlechts- zellen werden. Hiergegen spricht vielmehr die ganze Entstehungs- weise der Urgeschlechtszellen und die Tatsache, dass die Ur- geschlechtszellen keinesfalls in dem Maße an Zahl ab- oder zunehmen, wie die Zahl der Ektodermzellen sich vermehrt oder verringert. Kapitel III. Versuchen wir nun, uns ein Bild von der Entwicklung der (reschlechtsanlage als Ganzes zu machen. In den jüngsten Stadien liegt zwischen Ektoderm und Ento- derm eingeschoben, mit dem Entoderm durch den ventralen Mesoblast verbunden und aus ihm vermehrt, das Mesoderm. Bei etwa 4—5tägigen Embryonen beginnt sich das Mesoderm in seinen dorsalen Teilen durch Furchen quer zur Längsachse in Somite zu gliedern, und zwar schreitet diese Gliederung von vorn nach hinten. Bei diesem Aufspalten des dorsolateralen Mesoderms streckt sich der Embryo. Seine Rückenlinie war etwa um ein Drittel oder die Hälfte kürzer als die Bauchlinie und dadurch Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. 3) erschien er etwa bohnen- oder halbmondförmig. Unter dem Einfluss dieser Streckung nimmt "er mehr und mehr Spindelform an. Diese Streckung des Embryos halte ich für einen Vorgang, der für das Verständnis gewisser Erscheinungen in der Genital- anlage von Bedeutung ist. Betrachten wir also das Verhalten der unter den entstehenden Urwirbeln gelegenen Mesodermteile während der Streckung. In den vorderen drei Somitenpaaren, den Bildnern der Vorniere, bleiben Somit, Mesodermstiel und Seitenplatte im Zusammenhang. In den nächstfolgenden bis zur Einstülpung des Proktodeums, also etwa bis zum 18. Somitenpaar — die Lage der Cloake variiert zwischen dem 17. und höchstens 20. Somitenpaar — trennt sich das Somit vom Mesodermstiel ab. Der Mesodermstiel selbst teilt sich etwa vom 5.—6. Somit bis einige Somite vor der Cloake durch eine vertikale Spalte in zwei Anlagen (Fig. 15, 15). Die ektodermwärts gelegene ist die Anlage des Wolffschen Ganges. Und zwar scheint bei dieser Abtrennung eine Art Drehbewegung vor sich zu gehen, welche durch die ungleichen Widerstände auf der lateralen und medialen Seite und die vielleicht dadurch zum Teil bedingte Richtung der Zellteilungen hervorgerufen wird (Textfig. 1). Der übrigbleibende Teil des Mesodermstieles, also der dem Entoderm zu- gekehrte, biegt symmetrisch zur Anlage des Wolffschen (Ganges nach der anderen Seite um und löst sich ebenso wie die Anlage des Wolffschen Ganges von der Seitenplatte los, jedoch später als dieser. Diesem Teile des Mesodermstieles gehören die ersten be- obachteten ÜUrge- schlechtszellen an (Fig. 15. Vgl. Kapitel I, Stadium B, C). Einige seiner Zellen ‚werden zu Ur- geschlechtszellen, indem sie sich aus Zellen mit durchaus in- differenten. embryonalen Charakteren zu Zellen mit ganz bestimmt 5* 60) Reinhold Schapitz: determinierten Qualitäten differenzieren, die in ihrer eigenartigen Morphologie zum Ausdruck kommen. Es ist das „Gonotom“. Die eben geschilderten Vorgänge kommen auf manchen Querschnittbildern fast schematisch genau zum Ausdruck. Es zerfällt das Mesoderm in drei Teile, die durch zwei horizontale Ebenen voneinander getrennt sind; der mittelste der drei, der Mesodermstiel, ist durch eine zu den beiden vorigen verticale Ebene wieder in zwei gleiche Teile geteilt. Diese Bilder finden sich jedoch nur unmittelbar unter den Urwirbeln, von den auf die Vornierenanlage folgenden Somitenpaaren an bis kurz vor der Einmündung der Wolffschen Gänge in die Cloakenanlage. Ventral von Somitlücken ist der Mesodermstiel dagegen in zwei sehr ungleiche Teile geteilt, und zwar ist das Gonotom kleiner. Das Gonotom zeigt also schon auf diesem Stadium nahezu regelmässige metamere An- und Abschwellungen. In den ersten auf die Vornierenanlage folgenden Somitenpaaren tritt das Gonotom nicht regelmässig auf, in den letzten drei vor der Cloake scheint es stets zu fehlen. Im nächstfolgenden Stadium, einem 7tägigen (p. €.) Embryo des Laichs vom 8. August 1910, der etwa einem 8—10 tägigen Tier der zugrunde gelegten Serie entspricht, haben wir dagegen eine messbare Genitalanlage. Sie besteht, wenn auch nicht näher einzuordnende Zellen in ihr auftreten, der Hauptsache nach aus typischen Urgeschlechtszellen. Diese Anlage reicht vom 8.—15. Somitenpaar und ist rein metamer angeordnet. Unter jeder Somitlücke liegt ein Einschnitt — dem 12. und 14. Somitenpaar fehlen in unserem Falle die Urgeschlechtszellen (siehe Schema- tafel: 7 Tage). Ähnliche Anordnung findet sich etwa bis zum s.. 9. und 10. Tage nach der Eiablage, und es mag der ge- schilderte Befund als Schema für die erste messbare Genitalanlage dienen. Die jüngste nachweisbare Genitalanlage ist fast stets rein metamer, paarig und symmetrisch. Wie haben wir uns nun deren Entstehung aus dem Gonotom zu denken? Dass sich aus dem an einzelnen Stellen eingeschnürten Gonotom eine segmentierte Leiste bildet, ist ohne weiteres nach den vorigen Betrachtungen über die Mechanik der Streckung des Embryos verständlich. Wir brauchen nur anzunehmen, dass die Querspaltung des Mesoderms in Somite bis in das (ionotom hereinreicht. Den W olffschen Gang braucht diese Segmentierung Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. 61 nicht zu berühren. Er löst sich von der Seitenplatte und dem Gonotom los und bleibt nur in den vorderen Somiten (Vornieren- anlage) mit dem gesamten Mesoderm, ähnlich in den letzten Somiten mit der Seitenplatte verbunden. Hier tritt dann auch eine Art Segmentierung auf, insofern er mir leise An- und Ab- schwellungen zu zeigen scheint (siehe auch den ausserordentlich grossen (Juerschnitt des Wolffschen Ganges in Fig. 19): doch mag das in manchen Fällen eine sekundäre Erscheinung, vielleicht auch durch das Fixieren entstanden sein. Wie werden jedoch aus Gonotomzellen Urgeschlechtszellen ? Ich habe zunächst versucht, einen zahlenmässigen Zusammenhang zu finden. Jedoch ist die Zählung der Kerne, weil sie bald ge- bogen, bald viellappig sind, schwer und gibt, da man sich nicht überall darüber klar wird, ob es sich um Kernstücke oder ganze Kerne handelt, nur unzuverlässige Zahlen. Zudem sind auch hier schon die Anlagen ausserordentlichen individuellen Schwankungen unterworfen, sowohl hinsichtlich der Länge und Dicke, als auch hinsichtlich der Zahl ihrer Kerne. Ich habe deshalb, wie schon in Kapitel I angezeigt, nicht feststellen können, in welcher Weise die Urgeschlechtszellen mit ihrem eigentümlichen charakteristischen Habitus aus den ihnen unähnlichen Zellen des (Gonotoms abzu- leiten sind. Grösseren Pigmentreichtum und Pigmentanhäufungen in der Plasmahaut einiger Gonotomzellen habe ich in den Zwischen- stadien beobachtet. Ob aber Gonotomzellen durch fortgesetzte Teilung zu Urgeschlechtszellen werden — was an sich bei der Grösse und dem Dotterreichtum der Urgeschlechtszellen recht unwahrscheinlich ist —, oder ob Gonotomzellen sonst in irgend einer anderen Weise sich zu Urgeschlechtszellen umbilden, etwa durch Kernkopulation, wie es von einigen Autoren für die sekun- dären Urgeschlechtszellen angegeben wird, habe ich in keiner Weise aufklären können. Mitosen sind im (ionotom, wenn auch nicht zahlreich, so doch stets vorhanden; ich kann aber nicht behaupten, dass sich die Teilprodukte oder die Kernteilungs- figuren von dem Typus der umgebenden Zellen unterschieden hätten. Bilder, die sich als Kernkopulation hätten deuten lassen, habe ich nie beobachtet. Trotzdem sich aber die Art und Weise, wie die Urgeschlechtszellen aus Gonotomzellen entstehen, unserer Beobachtung entzieht, muss dennoch das Gonotom, und nur es allein, als die Stelle gelten, an der sich Urgeschlechtszellen bilden 62 Reinhold Schapitz: oder in der sie schon enthalten sind, einfach deshalb, weil es schlechterdings nicht verschwinden und an seiner Stelle die Ur- geschlechtsanlage da sein kann. Es müssen vielmehr unbedingt die Zellen des Gonotoms oder wenigstens einige seiner Zellen mit Urgeschlechtsmutterzellen (Haecker [1911]) identisch sein. Ich meine deshalb, diesen Teil des Mesodermstiels zu Recht als „Gonotom“ bezeichnet zu haben. Nachdem die erste messbare Anlage sich gebildet hat, gehen innerhalb der Anlage keine wesentlichen Veränderungen mehr vor. Urgeschlechtszellen in Teilung habe ich selbst bis in die ältesten Stadien nie beobachtet.') trotz mannigfacher Versuche, durch Halten in fliessendem Wasser, in geheizten und durchlüfteten Aquarien, durch reichliche Nahrungszufuhr ?) Zellteilung in stärkerem Maße hervorzurufen, und obgleich Tiere, die in Abständen von wenigen Stunden, auch während der Nacht konserviert, waren, zur Unter- suchung herangezogen wurden. Scheint so die Genitalanlage in ihren Elementen sich nicht zu ändern, so macht sie doch — passiv — Wandlungen in ihrer äusseren Form- und Lagebeziehung durch. Darüber belehren uns ausser den in Kapitel I angeführten Figuren die Bilder der Schematafel und die Rekonstruktionsbilder. Zunächst schiebt sich von dem breiten oberen Ende der Seitenplatte ein schmales Band, im (Querschnitt eine Spitze, unter den Urgeschlechtszellen hervor und in den kaum zwischen ihnen und dem Entoderm hinein. Gleichzeitig streckt sich die ganze Seitenplatte und mit ihr die Urgeschlechtszellen und der Wolff- sche Gang, die, nahe aneinander geschmiegt und stellenweise wieder scheinbar miteinander verwachsen, auf der Seitenplatte ruhen, in die Höhe und biegt nach innen um, sodass das gesamte terminale Ende mit Wolffschem Gang und Urgeschlechtszellen aus der Lage seitlich vom Darm mehr über diesen zu liegen kommt. Der Abstand zwischen Ektoderm und Entoderm ver- grössert sich nämlich in dem Maße, wie das Entoderm sein Dotter- material abgibt, sich differenziert und in die Länge streckt. Dadurch mag dann der Druck der Entodermmasse auf das Meso- ‘) Hierzu sei jedoch bemerkt, dass Herr Professor Haecker bei einer zwei Monate alten Larve Urgeschlechtszellen in Teilung beobachtet hat. °) In Gestalt von zerriebener Leber, was die Gesamtentwicklung sehr günstig beeinflusst und zahlreiche Mitosen somatischer Zellen zwei bis drei Tage nach der Verabreichung hervorruft. Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. 63 derm geringer werden und die Seitenplatte, die durch zahlreiche rasch aufeinanderfolgende Zellteilungen, besonders im ventralen Mesoblast weiter an Volumen zunimmt, sich gerade in der be- schriebenen Weise entwickeln. Diese Wachstumsrichtung behalten die beiden Seitenplatten solange bei, bis sie sich — das Entoderm hat inzwischen ein Lumen ausgebildet und ist im (Querschnitt allmählich noch kleiner geworden — über dem Darm immer mehr einander nähern und schliesslich berühren. An dieser Be- wegung nimmt die Genitalanlage und der Wolffsche Gang teil, sodass sie beide, nun etwas auseinandergerückt, schliesslich dorsal vom Darm auf der Seitenplatte liegen. Eine Annäherung der beiden (Genitalanlagen über dem Darm und der Seitenplatte bis zur Berührung oder Verwachsung, wie sie Dustin (1908) für Triton beschreibt, die dann eine einzige unpaare Anlage vor- täuscht, und die bei den Anuren immer wieder als unpaare erste Genitalanlage beschrieben wird (Kuschakewitsch, Allen [1907]), habe ich nicht beobachtet. Vielmehr bleibt die Anlage von Anfang bis zu Ende paarig. Berücksichtigen wir nun, dass die die Anlage umgebenden (rewebe sich in gleichem Schritt weiter entwickelt haben, so sind wir mit der geschilderten Lage beim Ausgangsstadium, der frischgeschlüpften Larve (Stadium J), angelangt. Wir müssen jedoch noch die Veränderungen der Genital- anlage in ihrer äusseren Form während der geschilderten Lage- verschiebung betrachten. Diese Formveränderung besteht einer- seits in einer Ausgleichung der An- und Abschwellungen innerhalb der einzelnen kleinen Anlagen derart. dass wir schliesslich einzelne kurze Genitalzüge von annähernd gleichem Querschnitt vor uns haben, andererseits in einer Streckung der einzelnen kleinen Anlagen bis zur Berührung miteinander, so dass am Ende der Embryonalentwicklung zwei kontinuierliche Stränge von annähernd gleicher Länge und in ihren einzelnen Teilen von gleichem (Quer- schnitt vorhanden sind. So einfach an sich der Weg vorgestellt werden muss, auf dem sich aus einer segmentierten relativ dicken Anlage eine unsegmentierte dünne entwickelt, so zeigen doch die Befunde an Zwischenstadien recht erhebliche Unterschiede von- einander, und zwar erstrecken sich diese Unterschiede sowohl auf die Änderung der Länge als die der Dicke. Ein Blick auf die Schematafel belehrt uns über die ausserordentliche Verschieden- 64 Reinhold Schapitz: Fig. 2. nische Darstellung der Längsausdehnung der Genital- Anlagen verschiedener Altersstufen. Die Schematafel zeigt in der mittleren Tabelle, ohne Rücksicht auf die Dicke der Genitalanlage zu nehmen, ihre Ausdehnung in der Längsrichtung, bezogen auf Somite (dargestellt in Parallelprojektion auf die Horizontalebene). Die am Kopf und Fuss jedes einzelnen Stadiums angebrachten schematischen Querschnitte sollen die Lage der Keimleiste in ihrem vordersten und hintersten Auftreten im Embryo veranschaulichen. In der mittleren Tabelle ist ausserdem die Lage der Uloake und der Einmündung der Wolffschen Gänge in sie dargestellt. Alter und Somitzahl ist aus den betreffenden Rubriken zu ersehen. MCMAT Rsanrırz. DEL. Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. 65 heit der Längenveränderung; das Gleiche zeigt die Tabelle Halls (1904) für noch ältere Stadien. Die Genitalanlagen der einzelnen abgebildeten Stadien (siehe Erklärung; unterscheiden sich in drei Punkten voneinander. Erstens weichen Länge, Lagerung und Anordnung der benachbarten Stadien voneinander ab. Zweitens ist die Zahl, Lage und Grösse der Unterbrechungen verschieden. Drittens sind die beiden (renital- anlagen derselben Tiere in ihrer Länge und Anordnung unter- einander verschieden. Die ausserordentlichen Längenunterschiede der Genitalanlage bei Tieren von geringem Altersunter- schied dürfen meiner Ansicht nach nicht mit Entwicklung der einen aus der anderen begründet werden. Eine derartige Streckung und wieder folgende Verkürzung, wie man sie danach annehmen müsste, wäre wohl in Abständen von 24 Stunden kaum möglich, zudem wäre der Zweck einer solchen rhythmischen Veränderung nicht einzusehen. Schliesslich spricht gegen eine solche Auffassung auch die wechselnde Lage der Uloake und der Einmündung der Wolffschen Gänge in sie, denn eine wirkliche von Tag zu Tag sich ändernde Lage dieser Öffnungen wird in Wahrheit niemand annehmen wollen. Ich glaube vielmehr, Längenunterschiede der Genitalanlage in diesen Stadien auf die gleichen Unterschiede der frühesten Anlagen, vielleicht schon des (Gonotoms zurück- führen zu müssen. Es herrscht schon da, wie überhaupt in der ganzen weiteren Entwicklung, ausserordentliche indivi- duelle Verschiedenheit. Wir könnten dann von zwei FExtremen ausgehen, und es handelte sich dann in der Entwicklung in dem einen Fall um eine Streckung, im anderen Fall um eine Verkürzung der Anlagen auf das Maß der bei frischgeschlüpften Larven festgestellten Anlage, oder — denn nach Halls Angaben scheint die Länge auch hier noch Schwankungen unterworfen zu sein — auf das Maß noch älterer Stadien. Unter dieser Voraus- setzung ist auch das Schwanken der Anlagelücken nach Grösse, Zahl und Lage zu verstehen. Die bei den meisten Embryonen, besonders kurz vor dem Ausschlüpfen, auftretende Asymmetrie der beiden Anlagen bezüglich ihrer Länge wird vielleicht erklärt durch die Lagerung des Embrvos im Ei. Nachdem sich der Embryo nämlich gestreckt hat (siehe Kapitel III oben), wird er allmählich, besonders durch die Aus- 66 Reinhold Schapitz: bildung des langen Ruderschwanzes, zu lang für die Dimensionen der innersten Eihülle. Er krümmt sich bei zunehmendem Längen- wachstum in der Frontalebene halbkreisförmig bis hufeisenförmig ein. Dadurch wird die eine Seite des Embryos, die innere, kon- kave des Halbkreises verkürzt, während die andere sich streckt. Diese jederseits verschiedene Zug- und Druckbeanspruchung mag nun auch die Gestaltung der Genitalanlage beeinflussen, derart, dass die Anlage der einen Seite verkürzt, die der anderen ver- längert wird. Ebenso wie ich Beispiele habe, dass unter der Wirkung der Lagerung im Ei die eine Seite des Embryos ein Somit mehr ausbildet als die andere. So könnte man jedenfalls verstehen, wie eine an sich rein symmetrische Anlage anscheinend asymmetrisch wird. Zudem wäre damit der Umstand zu ver- einigen, dass die (senitalleisten der geschlüpften Larven wieder gleich lang sind, denn zu der Zeit ist die Beanspruchung auf beiden Seiten gleichsinnig. Hand in Hand mit der Veränderung der Länge geht auch die Veränderung und Ausgleichung der Dicke. Diese geschieht jedenfalls durch Auswandern von Zellen aus Anschwellungen der Anlage und ihr Einwandern in Abschwellungen, also durch aktive oder passive Zellbewegungen. Bei diesem gegenseitigen Verschieben der Zellen kommen nun, so stelle ich mir vor, Unregelmässigkeiten vor, derart, dass Zellen aus dem Zellverbande herausgedrückt werden und sich schliesslich vollkommen abtrennen. Dieses Austreten aus der Genitalleiste kann damit in Zusammenhang gebracht werden, dass senkrecht in die Aorta einmündende, an der Darmperipherie verlaufende, intersegmental angeordnete Blutgefässe die Seiten- platte und damit die auf ihr ruhende Genitalanlage nach oben vorwölben. Dadurch würden Urgeschlechtszellen in Somitlücken emporgedrückt und wie man vielleicht annehmen darf, so fest an die Somitwände gepresst, dass sie mit ihnen verwachsen (Fig. 5) und auch, wenn die Anlage sich allmählich streckt, dünner wird und von den Somiten zurückweicht, verwachsen bleiben, sodass sie von der Anlage abreissen. In ähnlicher Weise scheinen auch andere Gewebslücken, z. B. die zwischen horizontal über den Urgeschlechtszellen verlaufenden kleinen Blut- gefässe, gelegentlich in sie hineingepresste Urgeschlechtszellen festzuhalten. Das Endresultat wäre in beiden Fällen, wenn die Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. 67 Urgeschlechtszellen sich völlig von der Anlage lösen, wahrscheinlich eine Umwandlung der Urgeschlechtszellen, durch die sie den Charakter der umgebenden Zellen annehmen. In dieser Weise möchte ich mir jedenfalls die in Kapitel I geschilderten Befunde erklären. Ich befinde mich damit, glaube ich, in Übereinstimmung mit Dustin, wenn man nach seiner schematischen Figur schliessen darf (vgl. übrigens die Angaben in Kapitel IV). Kapitel IV. Die nächste Aufgabe wäre nun, die weitere Entwicklung der (renitalleiste und das Schicksal der Urgeschlechtszellen, sonderlich ihren genetischen Zusammenhang mit den Oogonien und Spermatogonien, zu untersuchen. Dieser Aufgabe, so wichtig sie für die Bewertung der vorstehenden Ausführungen ist, habe ich jedoch nur zu einem Teil gerecht werden können. Einmal lag der Grund darin, dass die Entwicklung bis zur (Gieschlechts- reife rund 2 Jahre in Anspruch nimmt, die Untersuchungen sich aber nur über 17 Monate erstreckten. Auf der anderen Seite wurde der Laich durch das fortgesetzte Konservieren jüngster Stadien stark dezimiert, und da nur kräftige, lebensfähige Embryonen benutzt wurden, so blieb nur ein Rest von schwachen Tieren übrig, die sich sehr langsam und unregelmässig entwickelten oder starben, so dass meine Serien nur Tiere bis zum Alter von 50 bis 60 Tagen enthalten. Wenn ich diese fragmentarischen Untersuchungen dennoch mitteile. so geschieht das, weil sie immerhin einige Ergebnisse enthalten, die zu weiteren Unter- suchungen, besonders über das Wesen der Urgeschlechtszellen und ihr Verhältnis zu den Somazellen, Material liefern können. Betrachten wir zunächst die Weiterentwicklung der Genital- leisten. In den letzten Tagen der Embryonalentwicklung und den ersten Tagen des Larvenlebens bleiben die Verhältnisse so, wie sie im Ausgangsstadium beschrieben sind. Mit ungefähr 30 Tagen (p. ec.) beginnt jedoch das Peritoneum sich weiter zu differenzieren. Es legt sich dem Wolffschen Gang und der (renitalleiste dicht an, so dass das Peritoneum in seinem dorsalen Teil jederseits zwei längs verlaufende Rinnen ausbildet, in denen Wolffscher Gang samt Vena renalis und Genitalleiste eingebettet sind. Im Alter von ca. 40 Tagen (p. ce.) ist schliesslich die Genital- leiste in ihrer ganzen Peripherie von Peritoneum umwachsen und 68 Reinhold Schapitz: z hängt nun an einem zweischichtigen aus Peritonealepithel gebildeten Aufhängeband, allseitig vom Peritoneum umhüllt, in die Leibeshöhle hinein. Endlich dringt dies Epithel auch zwischen die einzelnen (renitalzellen — es sind jetzt etwa jederseits 75 locker hinter- einander angeordnet deutlich zu unterscheiden — ein und umhüllt je ein bis mehrere mit einer Art Follikel, so dass die Genitalleiste ein etwa perlschnurartiges Aussehen gewinnt. Querschnitte (Fig. 20 und 21) zeigen neben dem Wolffschen Gang ein bis zwei neben- oder übereinander liegende, von einem besonderen Epithel um- kleidete Urgeschlechtszellen und darüber die Anlage der Urnieren- kanälchen. Man kann schon hier das Eindringen von Peritoneal- zellen in Zellücken beobachten. Noch weit deutlicher wird das auf Sagittalschnitten wie Textfig. 3 und Fig. 22. Der rechte Wolffsche Gang ist (siehe Textfig. 3) etwas schräg getroffen, über ihm liegen die Anlagen der einzelnen Urnierenkanälchen, in gleicher Höhe mit ihm die Genitalleiste.e Während die Leiste auf jüngeren Stadien nur aus Urgeschlechtszellen bestand, ent- hält sie hier scheinbar noch andere Zellelemente. Jedoch sind alle diese Zellen weiter nichts als zwischen die Urgeschlechts- zellen tief eingedrungene Hüllzellen, die durchaus dem Peritoneal- epithel angehören und mit ihm in Zusammenhang bleiben. All- mählich scheint sich jedoch der Zusammenhang zu lockern, denn später (Fig. 23) liegen die Hülizellen den einzelnen Urgeschlechts- zellen eng an und werden bei der weiteren Differenzierung des Hüllepithels mit den Urgeschlechtszellen zusammen in die Tiefe verlagert. Die Genitalleiste zeigt dann auf (@uerschnitten eine (rliederung in drei Zellgruppen: zunächst Urgeschlechtszellen : diese von em bis zwei Hüllzellen follikelartig umgeben: endlich ein bis zwei Urgeschlechtszellen mit ihren Hüllzellen wieder in einem Hüllepithel suspendiert. Die erstgenannten Hüllzellen werden wahrscheinlich Follikel- zellen, jedoch fehlt mir dafür das Beweismaterial. Die weiteren Stadien zeigen noch einige interessante Bilder. Zunächst einmal verdickt sich das die (renitalfalte bildende äussere Hüllepithel. Seine Zellen vermehren sich, vergrössern sich und seine Kerne nehmen eine den Urgeschlechtskernen ähnliche Struktur an. Durch dieses Wachstum des Hüllepithels ändert sich das Bild der Genitalleiste. Wenn sie vorher etwa einem seitlich zusammengedrückten dünnwandigen Hohlzylinder zu 69 - Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. r angeordnet so wird jetzt in dem die Urgeschlechtszellen locke vergleichen war, Kktoderm Pigment Muskeln Chorda dorsalis Pigmentzellen Urnierenkanälchen \ Urgeschlechtsanlage Somatopleura A A Splanchnopleura Darm linders dieker und dicker und dringt Wandung vereinigt lagen, \ Splanchnopleura Somatopleura Mesenchym g au iktoderm Oloake Fig. 3. 7 Sagittalschnitt durch Urnieren- und Urgeschlechtsregion der rechten Seite einer 30-40 tägigen Larve. und nicht eng mit seiner die Wandung des Hohlz v0 Reinhold Schapitz: gegen das Zentrum vor. Hierbei kommt es nun vor, dass Ur- geschlechtszellen so zwischen Zellen des Hüllepithels verlagert werden, dass sie, besonders wenn auf dem (@uerschnitt gerade keine Follikelzelle (siehe oben) auftritt, als zum Hüllepithel gehörig angesehen werden können. Das Hüllepithel ist dann an der Aussenwand der Genitalleiste an einer solchen Stelle überhaupt nicht oder doch nur durch genauestes Vergleichen mit den be- nachbarten Schnitten nachzuweisen. Diese Bilder haben mich anfänglich veranlasst, zu glauben, dass Urgeschlechtszellen, die in der geschilderten Weise zwischen Hüllepithelzellen gelagert auf- treten, zu Urgeschlechtszellen umgewandelte Peritonealzellen, also sekundäre Urgeschlechtszellen im Sinne der früheren Autoren seien. Wenn auch einzelne Fälle immer wieder zu der Annahme drängen, dass es sich hier um die Ausbildung sekundärer Urgeschlechtszellen handelt, so sprechen doch wieder andere Befunde dagegen. So kann man an Urgeschlechtszellen, die Follikelzellen besitzen und ganz zweifellos primäre sind, also der in Kapitel I und III gefundenen Entwicklung angehören, auch das Hüllepithel an der Aussenwand der Genitalleiste nicht nach- weisen. Aus diesem Grunde und deswegen, weil mein Material für diese Stadien recht spärlich ist, möchte ich die Bildung sekundärer Urgeschlechtszellen nicht behaupten. Etwas an sich Undenkbares wäre es nicht, dass sich Zellen des Hüllepithels zu Urgeschlechtszellen differenzieren, denn, wie die Entwicklung des Mesoderms zeigt, sind ihre Entstehungsorte (Mesodermstiel und Seitenplatte) nahe benachbart. Ausserdem möchte ich noch folgendes erwähnen. Es treten in einigen Schnitten über dem Wolffschen Gang, also weit entfernt von den Grenitalleisten, typische Urgeschlechtszellen auf, und zwar mit den gleichen Charakteren wie die in der Leiste (Fig. 24). Von da ab, wo zuletzt extraregionale Urgeschlechts- zellen beobachtet wurden (Kapitel I, Stadium G), also vom 18. Tage (p. ec.) bis zu diesem Stadium, 48 Tage (p. c.), habe ich in /wischenstadien keine extraregionalen Urgeschlechtszellen ge- funden. Nun ist es jedoch merkwürdig, dass in diesem Stadium die extraregionalen Urgeschlechtszellen im Schnitt an der gleichen Stelle oder in der Nähe liegen, wo sie in der Entwicklung zuletzt auftraten. Wenn man in Betracht zieht, dass das Auftreten von extraregionalen Urgeschlechtszellen im ersten Fall eine Anomalie Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. zul darstellte, jedenfalls für die Weiterentwicklung der Genitalleiste von keiner Bedeutung war, so muss man mit der Möglichkeit rechnen, dass die Zwischenstadien deswegen keine extraregionalen Urgeschlechtszellen aufwiesen, weil bei den betreffenden Individuen diese Anomalie von Anfang an fehlte; aber man darf mit dem- selben Recht u. a. auch annehmen, dass man sie deswegen nicht findet, weil sie den Charakter der umgebenden Zellen angenommen haben. In diesem Fall würde man das jetzige Auftreten von typischen Urgeschlechtszellen zwischen Somit und Wolffschem (sang verstehen können. Sie wären dann extraregionale Urge- schlechtszellen, die zu Somazellen vorübergehend umgebildet waren, ihren ehemaligen Charakter aber sekundär wieder angenommen haben. Andererseits muss man jedoch auch die dritte Möglichkeit zugeben, dass es aus somatischen Zellen völlig neu gebildete Urgeschlechtszellen sein können. Ich kann mich jedoch mit dieser Auffassung nicht befreunden, weil das Verschwinden der ersten und das Auftreten der jetzigen extraregionalen Urgeschlechtszellen örtlich fast zusammenfällt. Dass diese etwa noch in die Genitalanlage gelangen, scheint mir bei der Entfernung und den Hindernissen unwahrscheinlich zu sein. Es werden deswegen diese ausserhalb der eigentlichen Anlage auftretenden Urgeschlechtszellen ebenso wie die in jüngeren Stadien auftretenden extraregionalen Urgeschlechtszellen kein notwendiges Glied in der Entwicklung der Genitalanlage sein. Vielmehr beteiligen sich an der Ausbildung der Oogonien und Spermatogonien wahrscheinlich nur die in der Anlage befindlichen Urgeschlechtszellen, vielleicht unter Hinzutreten von solchen, die sich aus dem Hüllepithel difterenzieren. Hier fehlt das Material. Schluss. Von Folgerungen für die vergleichende Entwicklungsgeschichte und die phylogenetische Stellung des Objektes abgesehen, möchte ich doch folgendes hervorheben. Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma sind nicht Gebilde, denen schon vom sich furchenden Ei her eine besondere Stellung zukommt. Auch die erste Anlage der Urgeschlechtsmutterzellen, das Gonotom, ein bestimmter, vielleicht schon früh gesonderter Teil des Mesoderms, zeigt noch keinerlei Unterschiede gegen die umgebenden Mesodermzellen. Vielmehr differenzieren sie sich erst verhältnismässig spät etwa | [86) Reinhold Schapitz: beim 7—10tägigen Embryo mit mehr als 9—11 Somiten in nicht näher festgestellter Weise aus morphologisch und demnach wohl auch physiologisch noch indifferenten Zellen zu Urgeschlechts- zellen, denen von da ab ganz bestimmte morphologische und physiologische Charaktere zukommen. Jedoch können sie diese allein dadurch, dass sie sich aus dem Verband lösen, wieder ein- büssen und zu somatischen Zellen werden. Andererseits bleibt die Möglichkeit offen, dass solche Zellen ihre Urgeschlechtszell- charaktere sekundär wieder ausbilden. Nach diesen Befunden bin ich geneigt, die in der Einleitung näher bezeichnete Auffassung der Nussbaum-Balfourschen Schule ganz allgemein abzulehnen und schliesse mich der Meinung von Hoffmann, J. Mac Leod u.a.an. Wenn sich aber tatsächlich Urgeschlechtszellen aus somatischen Zellen ..differenzieren“, so fragt es sich sehr, ob man bei Wirbeltieren berechtigt ist, einen prinzipiellen qualitativen Unterschied zwischen generativen und somatischen Zellen zu machen. Tornier (1911) hat gezeigt, dass bestimmte ungünstige äussere Bedingungen imstande sind, die Bildung von Urgeschlechts- zellen vollkommen zu verhindern. Andererseits glaubt Levi (1905) konstatieren zu können, dass bei Larven, denen eine Genitalleiste durch operative Eingriffe völlig (?) zerstört wird, die Anlage aus somatischen Zellen regeneriert.‘). Diese Angaben deuten doch vielmehr darauf hin, dass zwischen generativen und somatischen Zellen nur ein gradueller Unterschied besteht. Dass man — rein theoretisch betrachtet — die Urgeschlechtsmutterzellen auf einige wenige Mesodermzellen und diese dann wiederum auf Furchungszellen zurückführen kann, ist an sich klar. Dass diese aber von Anbeeinn ihrer Entwicklung qualitativ von ihren Schwesterzellen verschieden sein sollen, kann ich nach meinen Befunden nicht für wahrscheinlich halten und auch die Angaben in der Literatur enthalten keinerlei Beweise dafür. Wenn aber Zellen sich zu Urgeschlechtszellen differenzieren, dann ist mit der Rückverfolgung dieser ersten Zellen nichts ge- wonnen, ehe nicht die Bedingungen, unter denen die Differenzierung zu Urgeschlechtszellen, und ebenso die, unter denen ihre ', Allerdings spricht ihm das nicht gegen die Lehre von der Prä- formation der Keimzellen, „vielmehr“, meint er, „liegt die Vermutung nahe, dass die scheinbar somatischen Elemente der Keimbahn anzureiben sind.“ Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. 73 Degeneration zu somatischen Zellen erfolgt, restlos festgestellt sind. Erst wenn das geschehen ist, wird sich zeigen, ob es Wert hat, auch die Herkunft der Urgeschlechtszellbildner zu studieren. Bis dahin sollte aber jede Untersuchung über das „Woher“ der Urgeschlechtszellen da Halt machen, wo zum erstenmal somatische und generative Zellen klar und deutlich unterschieden auftreten. Alle darüber hinausgehenden Resultate sind zum guten Teil in die Objekte hineingesehen, zu Liebe einer Auffassung, die gern für Wirbeltiere eine ebenso frühzeitige Sonderung der generativen von den somatischen Zellen annehmen möchte, wie sie für einige Wirbellose erwiesen ist. Bis heute liegt jedoch von keiner Seite irgend ein wirklicher Beweis dafür vor, dass das der Fall ist. Vielmehr deutet alles darauf hin, dass sich die Wirbeltiere hier ‚wesentlich anders verhalten. Kurze Zusammenfassung. Die Urgeschlechtszellen von. Amblystoma ent- stehen nach meinen Ergebnissen aus dementoderm- wärts gelegenen Teile des Mesodermstiels Ihr erstes Auftreten ist bei 7—10tägigen Larven mit mehr als 9—11 Somiten zu beobachten, wobei jedoch mannigfache individuelle und durch äussere Einflüsse (Temperatur') hervorgerufene Schwankungen auftreten können. Die erste Anlage ist paarig, symmetrisch und segmental an- geordnet (Textäg. 2). Von da gelangen sie über den Darm, wo sie zur Zeit, wo die Embryonen die Eihüllen verlassen, eine ebenfalls symmetrische, paarige, nicht mehr segmentierte, sondern kontinuierliche Anlage bilden. Diese Entwicklung während des Embryonallebens geschieht durch Längen- und Diekenänderung der ursprünglichen Anlage, wobei einige Urgeschlechtszellen sich ablösen und degenerieren. Mit diesen stehen dann in den Larven ausserhalb der Anlage auftretende Urgeschlechtszellen vermutlich im Zusammenhang. Ihr weiteres Schicksal ist nicht untersucht. Jedenfalls sind sie für die Entwicklung der Anlage von keiner Bedeutung. Nach dem Ausschlüpfen der Larve umgeben sich die ein- zelnen (Grenitalzellen mit einer Art Follikel aus Peritonealzellen. Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt. II. 6 74 Reinhold Schapitz: das Peritonealepithel umhüllt schliesslich die ganze Anlage. Die Ausbildung sekundärer Urgeschlechtszellen ist nicht erwiesen. . Die während der Embryonalentwicklung in allen Teilen des Embryos auftretenden den Urgeschlechtszellen ähnlichen Zellen stehen in keinerlei genetischem Zusammenhang mit diesen. Halle a.S., den 6. Juli 1911. Literaturverzeichnis. Allen, B.M., 1905: The origin of the sex-cords and rete-cords of chrysemys. Americ. Journ. Anat., Vol. V. Derselbe, 1906: The origin of the sex-cells of chrysemys. Anat. Anz., Bd. XXXIX. Derselbe, 1907: An important period in the History of the sex-cells of Rana pipiens. Anat. Anz., Bd. XXXI. Derselbe, 1907: Statistical study of the sex-cells of chrysemys. Anat. Anz.. Bd, XXX. Derselbe, 1909: The origin of the sex-cells of Amia and Lepidosteus. Anat. Rec. Philadelphia, Vol. II. Assheton, 1908: The Development of Gymnarchus niloticus. Budg. Mem. Cambridge. Balfour, 1578: A monography on the development of Elasmobranch Fishes. Bei Macmillan & Co., London. Beard, 1900: The morphological continuity of the germ cells in Raja Batis. Anat. Anz., Bd. XVII. 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U.G.Z.—= Extraregionale Ur- Sompl. — Somatopleura. geschlechtszelle. Spipl. — Splanchnopleura. Foll. 2. — Pollikelzelle. Stpl. — Seitenplatte. Gonot. — Gonotom. Subchord. — Subchorda. H. Ep. — Hüillepithel. U:G:2; — Urgeschlechtszelle. Medull. — Medullarrohr. ventr. Mesbl. — ventraler Mesoblast. Myot. — Myotom. V. card. — Vena cardinalis. Nephrost. = Nephrostom. NR: — Blutgefäss. Nephro. — Nephrotom. W.G. — Wolffscher Gang. Tafel IV Fig. 1. Querschnitt durch die Genitalregion einer frischgeschlüpften Larve, Stadium J. Fig. 2. Querschnitt durch die Genitalregion eines 19tägigen Embryos, Stadium H. Fig. 3. Frontalschnitt durch die Genitalregion eines 1Stägigen Embryos, Stadium G. Fig. 4. Querschnitt durch die Genitalregion eines 17—1Stägigen Embryos mit extraregionalen Urgeschlechtszellen. Fig. 5. Querschnitt durch die Genitalregion eines 18tägigen Embryos mit extraregionalen Urgeschlechtszellen, von denen die eine in das Somit hineinverlagert erscheint. Fig. 6. Querschnitt durch das hinterste Ende der Genitalregion eines i4tägigen Embryos, Stadium F. Fig. 7. Querschnitt durch den hinteren Teil der Genitalregion eines 17tägigen Embryos, Stadium RB. Fig. 8. Querschnitt durch die Genitalregion eines 12tägigen Embryos, Stadium D. Die Seitenplatte ragt nicht unter den Urgeschlechts- zellen hervor. Fig. 9. Den Urgeschlechtszellen ähnelnde Zellen des Entoderms und der Chorda dorsalis eines 12tägigen Embryos. Fig. 10 und 11. Querschnitte durch das vordere und das hintere Ende der Genitalregion eines lOtägigen Embryos, Stadium C. Tafel Va. Fig. 12. Querschnitt durch einen 7—Stägigen Embryo, Stadium B. Der Schnitt durch die vordersten Somite geführt. 1calto: 19. 20. 21 2 ig. 24. Reinhold Schapitz: Die Urgeschlechtszellen ect. Querschnitt durch einen 7—Stägigen Embryo, Stadium B. Der Schnitt durch das hintere Ende der Genitalregion geführt. Querschnitt durch das Mesoderm eines 7—Stägigen Embryos, Stadium B, an einer Stelle, wo es ungegliedert ist. Gonotom eines 6—7tägigen Embryos, Stadium B, mit Urgeschlechts- zellen darin. und 17. Den Urgeschlechtszellen ähnelnde Zellen des Ektoderms aus der Umgebung einer Hautsinnesorgananlage. Pigmentierte Ektodermzelle in Aufsicht. Querschnitt durch Gonotom, Wolffschen Gang und Seitenplatte, der Querschnitt des Wolffschen Ganges ungewöhnlich grossı Querschnitt durch die Genitalregion einer etwa 40tägigen Larve. und 23. @Qnuerschnitte durch die Genitalregion ältester Larven. Sagittalschnitt durch die Urgeschlechtsanlage einer 30— 40 tägigen Larve. (Fig. 25.) Querschnitt durch die (Genitalregion einer ältesten Larve mit einer extraregionalen Urgeschlechtszelle über dem rechten Wolffschen (Gang. Aus dem zoologischen Institut der Universität Berlin. Über ein bemerkenswertes Strukturelement (Heterochromosom?) in der Spermiogenese des Menschen. Von Dr. S. Gutherz. Hierzu Tafel VI und 2 Textfiguren. Seitdem vor nunmehr zwanzig Jahren Henking durch seine grundlegenden Beobachtungen an Pyrrhocoris apterus die Lehre von den Heterochromosomen inaugurierte, hat unsere Kenntnis dieser Gebilde, namentlich im letzten Jahrzehnt, einen gewaltigen Umfang angenommen. Das hohe Interesse, welches man dem jüngsten Zweige der Zellkernforschung von verschiedenen Seiten entgegenbrachte, erklärt sich als ein zwiefaches. Einmal gelang es auf diesem Wege, zwischen den Chromosomen ein und desselben Zellkernes höchst bedeutsame Differenzierungen aufzudecken, so- dann eröffnete sich zum ersten Male die Möglichkeit, morphologisch scharf charakterisierte Bestandteile des Kernes mit einer wichtigen Lebenserscheinung in funktionelle Beziehung zu setzen. Nur gewisse Typen der bereits in mehrfachen Erscheinungsformen bekannt gewordenen Heterochromosomen kommen in der letzt- erwähnten Hinsicht in Betracht, nämlich die von Boveri so ge- nannten Geschlechtschromosomen. Für diese Chromosomenformen hatte man bereits seit mehreren Jahren angenommen, dass ihre verschiedene Verteilung auf die Spermien den gleichzeitig fest- gestellten verschiedenen Chromatinbestand der männlichen und weiblichen Individuen bedinge, neuerdings ist der direkte Nach- weis hierfür von Morrill (bei Hemipteren) und von Gulick (bei Nematoden) durch Ermittelung eines fast lückenlosen Chromatin- zyklus erbracht worden. Damit aber ist eine, wenn auch noch nicht als kausal erwiesene, Beziehung der Heterochromosomen zur Geschlechtsdifferenzierung sichergestellt.') 1) Näheres über den gegenwärtigen Stand der Heterochromosomen- Forschung findet sich mn Wilsons (1911b) und des Verfassers (1911) zu- sammenfassenden Darstellungen, welch letztere die Frage nach einem etwaigen kausalen Zusammenhange zwischen Heterochromosomen und Geschlechts- differenzierung besonders eingehend behandelt. 80 S. Gutherz: Bis vor kurzem waren (Greeschlechtschromosomen nur im Tierkreise der Arthropoden, insbesondere bei Insekten bekannt.') Es erregte daher ein besonderes Interesse, als man in jüngster Zeit auch bei einer Reihe von Nematoden typische Geschlechts- chromosomen nachzuweisen vermochte, und es konnte die Hoffnung entstehen, hier einer Erscheinung von allgemeinerer Verbreitung auf die Spur gekommen zu sein. So lag es nahe, neue Tier- gruppen zur Untersuchung heranzuziehen, darunter auch die Vertebraten. Rasch wurden denn auch bei letzteren positive Befunde erhoben (Guyer, v. Winiwarter und Saintmont, Jordan, Stevens). Betrachtet man indessen die Abbildungen, welche von den Autoren ihren Mitteilungen beigegeben werden, so kann man sich in manchen Fällen des Eindruckes nicht erwehren, dass bei den höheren Wirbeltieren die von den Insekten her gewohnte, mitunter schematische Klarheit der Chromatin- verhältnisse öfters vermisst wird. Diese Bemerkung gilt auch für Guyers letzte Publikation, die das wichtigste Objekt, dem wir unsere Arbeit widmen können, den Menschen, betrifft und bei ihm Geschlechtschromosomen konstatiert.) Je wichtiger aber der Gegenstand einer Untersuchung ist, um so kritischer sollten wir bei der Feststellung der Tatsachen !, Für zwei Echinidenarten hat Baltzer (1909) Chromatinelemente beschrieben, die an die gepaarten Geschlechtschromosomen der Insekten erinnern; ihre verschiedene Verteilung in der Oogenese soll einen Chromatin- dimorphismus der reifen Eier bedingen. Dieser Fall steht in der Literatur bisher vereinzelt da, während sonst ein derartiger Dimorphismus stets an den Spermien beobachtet wird. °) Guyers (1910) Darstellung seiner Befunde am Menschen ist kurz die folgende. Die Chromosomenzahl der Spermiogonie beträgt 22. Im Kern der Spermiocyten finden sich zwei verschieden grosse, voneinander entfernt liegende chromatische Körper, die der Autor auf zwei Chromosomen der Spermiogonie zurückführt. In der ersten Reifungsmitose legen sich diese beiden Chromosomen zu einem die Zusammensetzung aus zwei verschieden grossen Komponenten noch zeigenden Gebilde zusammen und dieses Gebilde erfährt Heterokinese. So entstehen schliesslich zwei Sorten von Spermiden, deren eine im Kern wieder die beiden verschieden grossen chromatischen Körper getrennt zeigt, während die andere frei von ihnen ist. Die Chromo- somenzahl in der Metaphase des Spermiocyten beträgt 12 (10 bivalente gewöhnliche Ohromosomen und 2 Heterochromosomen), die Praespermiden- mitose zeigt 5 bezw. 7 Chromosomen, was sich nach Guyer daraus erklärt, dass eine nochmalige Konjugation der gewöhnlichen Chromosomen statt- gefunden hat. [0 6) — Über ein bemerkenswertes Strukturelement etc. und ihrer Deutung verfahren. Ich ergriff daher gern die sich mir bietende Gelegenheit, selbst menschliches Material zu unter- suchen und die Angaben Guyers einer Nachprüfung zu unter- | ziehen. Sind meine Resultate auch noch keine abschliessenden, so erscheint, wie ich meine, ihre Mitteilung im Hinblick auf das hohe Interesse des Gegenstandes berechtigt; auch sehe ich eine wesentliche Aufgabe der vorliegenden Publikation darin, die An- regung zu weiteren Untersuchungen zu geben, da bei einem so schwierigen und so schwer zu beschaffenden Objekt erst das Zusammenwirken verschiedener Forscher ein gesichertes End- ergebnis herbeiführen dürfte. Material und Technik der Untersuchung. Das Hauptmaterial dieser Arbeit stammt von einem chirur- gischen Falle (23jähriger Mann) und wurde von Herrn Professor H. Poll (Berlin), der es mir zur Untersuchung der hier be- handelten Frage freundlichst überliess, lebenswarm in die Fixierungs- mittel (Flemmings starkes Gemisch und Zenkersche Flüssig- keit) eingelegt. Ich möchte nicht verfehlen. Herrn Professor Poll auch an dieser Stelle für die Überlassung des kostbaren Objektes meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Diesen Hoden, welcher sich als in lebhaftester Entwicklung befindlich und vorzüglich fixiert erwies, werde ich im folgenden als Fall A bezeichnen. Meinen verbindlichsten Dank sage ich sodann Herrn Professor Fr. Meves (Kiel), der mir, durch gütige Vermittelung von Herrn Professor Poll, Hodenstücke dreier Justifizierter (in Flemmings starkem Gemisch fixiert) liebenswürdiger Weise zusandte. Ich erhielt so ein ausserordentlich wertvolles Ergänzungsmaterial (Fälle BI-IH), Sämtliche drei Stücke sind ausgezeichnet fixiert: Fall BI zeigt lebhafteste Spermiogenese, auf das Verhalten der beiden anderen Fälle wird noch zurückzukommen sein. Als Färbungsmethode diente mir vorzugsweise Eisenhäma- toxylin nach M. Heidenhain, ferner kamen das Biondische (semisch, das nur am Zenker-Material, also lediglich am Fall A. angewandt werden konnte, und die Flemmingsche Dreifarben- methode zur Benutzung. Die Schnittdicke betrug 5 oder 10 u. Bei der Untersuchung der Präparate leistete mir die neue Zeisssche Mikro-Nernstlampe vortreftliche Dienste. s2 S. Gutherz: Methodologische Vorbemerkungen. Ein völlig sicherer Nachweis jener Chromosomenformen, die wir wegen ihres abweichenden Verhaltens als Heterochromosomen bezeichnen, ist nur dann möglich, wenn es gelingt, die zusammen- hängende Geschichte der Chromatinverhältnisse der betreffenden Stadien, insbesondere auch die genaue Chromosomenzahl während derselben zu verfolgen. Es sei hervorgehoben, dass dieses Postulat bei einer grossen Reihe von Insekten, die ja die typischsten Beispiele von Heterochromosomenträgern bilden, erfüllt ist. Da nun der Mensch, wie von vornherein gesagt sel, keineswegs zu jenen günstigen Uhromatinobjekten gehört, vielmehr schon eine Ermittelung seiner Uhromosomenzahl bei dem gegenwärtigen Stande unserer Technik auf ausserordentliche Schwierigkeiten stösst, so müssen wir, wenn wir hier sozusagen die Diagnose auf Heterochromosomen stellen wollen, unsere Zuflucht zu gewissen, weniger sicheren Kriterien nehmen, die wiederum im einzelnen von verschiedener Wertigkeit sind. Ein gutes Hilfsmittel zur Erkennung eines Heterochromo- soms kann unter Umständen seine in der Metaphase der Mitose hervortretende eigentümliche Gestalt abgeben, aber dieses Vor- kommnis ist nur bei wenigen Objekten (z. B. den Grylliden) beobachtet und kommt für unser Objekt nicht in Betracht. Wichtiger ist die bei der Geschlechtszellenbildung (namentlich der Spermiogenese) in einer der Reifungsteilungen häufig be- obachtete Erscheinung der Heterokinese, die darin besteht, dass ein Chromosom (bezw. ein Chromosomenkomplex) ungeteilt bleibt und in nur eine Tochterzelle übergeht oder dass bei der Teilung zwei ungleich grosse Chromosomen (bezw. Chromosomenkomplexe) voneinander getrennt werden und verschiedenen Polen zustreben.") Die einwandfreie Beobachtung einer Heterokinese darf, auch bei nicht genau bekannter Gesamtchromosomenzahl, als ausreichend für den Nachweis eines oder mehrerer Heterochromosomen gelten. Ein weniger sicheres Kriterium stellt die sogenannte Hetero- pyknose ?) dar: sie äussert sich in einem verschiedenen Konzen- '), Ich fasse den. Begriff der Heterokinese hier weiter als bei seiner ersten Aufstellung (1907), wo ich ihn auf den erstgenannten Fall beschränkte. Die neue Fassung scheint mir deshalb geboten, weil es sich nach unseren heutigen Kenntnissen in den beiden Fällen offenbar um ein Geschehen von prinzipiell gleicher Bedeutung handelt. °) Näheres über diesen Begriff siehe in meiner Publikation von 1907. Uber ein bemerkenswertes Strukturelement ete. s3 trationszustand der chromatischen Substanz der Heterochromo- somen, welcher stärker oder schwächer ausgesprochen sein kann als bei den gewöhnlichen Chromosomen. Besonders charakteristisch ist das namentlich in den Spermioeyten und Spermiden beobachtete Auftreten der Heterochromosomen in Form basophiler Nucleolen, während gleichzeitig die gewöhnlichen Chromosomen langgestreckte Fäden darstellen oder noch stärker aufgelöst sind. Während nun das Auffinden als Heteropyknose deutbarer Befunde verbunden mit Heterokinese den Schluss auf Heterochromosomen noch be- festigen wird, darf die alleinige Beobachtung basophiler Nucleolen nur mit grosser Vorsicht verwertet werden. Es ist nämlich in letzter Zeit mehrfach festgestellt worden, dass in verschiedenen Stadien der Geschlechtszellenbildung basophile Nucleolen vor- kommen können, die mit Heterochromosomen nichts zu tun haben (Gutherz, 1907 ') und 1909, Boring, 1907, S. 507). Bei dieser Lage der Dinge werden wir, vor einen basophilen Nucleolus gestellt, nach weiteren in ihm selbst gelegenen Anhaltspunkten suchen, welche die Annahme seiner Chromosomennatur zu stützen ver- mögen. Solche können sich einmal in gewissen morphologischen Besonderheiten bieten, die für Chromosomen charakteristisch sind ?) (z. B. Andeutung einer Spirembildung, Ähnlichkeit mit der Gestalt der in Pro- und Metaphase begriffenen gewöhnlichen Chromosomen), sodann in Gestaltveränderungen des Gebildes, die sich alsfunktionelle deuten lassen, wie solche besonders von Buchner (1909, S. 35 1ff.) bei Orthopteren als für Heterochromosomen charakteristisch be- schrieben wurden. Beobachtungen. Bei vielen Evertebraten, z. B. den für Heterochromosomen- studien vorzugsweise verwendeten Insekten, sowie bei den niederen !) Da von mehreren Seiten meine (1907, S. 509) im Anschluss an Henking gegebene Schilderung des basophilen Nucleolus im Oocyten von Pyrrhocoris apterus so aufgefasst wurde, als ob ich denselben mit dem Heterochromosom des Männchens homologisierte, möchte ich betonen, dass es sich nach meiner Überzeugung hier um ein basophiles Gebilde handelt, das man nicht als Heterochromosom zu betrachten berechtigt ist. °) Ebensowenig wie die basophile Färbungsreaktion einen völlig sicheren Schluss auf die chromatische Natur eines Nucleolus zulässt, kann man dieselbe mit Gewissheit aus den morphologischen Eigenschaften eines solchen Gebildes, ohne vollständige Aufklärung seiner Entwicklungsgeschichte, ableiten, da Berghs (1906) an Spirogyra gezeigt hat, dass aus echter Nucleolarsubstanz durchaus chromosomähnliche Gebilde entstehen können. S4 S. Gutherz: Vertebraten (Anamnia) ist die richtige Seriierung der spermio- genetischen Stadien verhältnismässig leicht zu erreichen, da hier stets zahlreiche Zellen des gleichen oder fast gleichen Stadiums in einer Spermatocyste beisammen liegen und der Inhalt einer Spermatocyste sich in allgemeinen um so weiter entwickelt zeigt, je näher sie dem Vas deferens gelegen ist. Bei den höheren Vertebraten dagegen, wo der Entwicklungsprozess in Form der sogenannten „Samenbildungswelle“ in einer Schraubenlinie längs des Hodenkanälchens abläuft, ist die exakte Seriierung dor Stadien eine sehr schwierige Aufgabe. Dieselbe ist für den Menschen noch nicht gelöst und liegt auch nicht im Plane unserer Unter- suchung. Doch darf man sich, wie ich hervorheben möchte, von einer derartigen Behandlung der menschlichen Spermiogenese auch für unsere Spezialfrage mancherlei wertvolle Aufklärung versprechen. Wir greifen daher die für unser Problem bemerkenswerten Stadien der Spermiogenese!) zur Betrachtung heraus und beginnen mit der für uns besonders wichtigen Frage nach der Chromosomen- zahl. Wie schwierig diese zu ermitteln ist, geht aus den starken Widersprüchen in der älteren Literatur?) hervor, besonders eklatant aber aus den im gleichen Jahre gemachten Mitteilungen Guyers und Brancas über die Chromosomenzahl der mensch- lichen Praespermide. Dieselbe soll nach Branca (1910, S. 8) ungefähr das Doppelte wie im Spermiocyten (also ungefähr 24) betragen. Guver (1910, S. 227) dagegen findet sie halb so gross wie im Spermiocyten (5 bezw. 7), was er auf nochmalige Kon- Jugation der gewöhnlichen Chromosomen zurückführt. Vergleiche ich meine Beobachtungen mit den mir von Insekten her bekannten Verhältnissen, so muss ich konstatieren, dass mir unter zahlreichen Mitosen auch nicht eine Äquatorialplatte zu Gesicht kam, die ich im Falle eines Insektes zur Chromosomenzählung zugelassen hätte: die Chromosomen liegen meist ausserordentlich dicht oder überdecken einander, da sie niemals streng in einer Ebene liegen; bei sehr dichter Lagerung der Chromosomen ist auch eine ungefähre '‘) Die Stadien der Samenbildung werden im folgenden mit Waldeyer und v. Lenhossek als Spermiogonien, Spermiocyten (früher Spermatocyten I. Ordnung), Praespermiden (früher Spermatoeyten II. Ordnung) und Spermiden bezeichnet. °) Eine Zusammenstellung derselben findet sich bei Guyer (1910). Uber ein bemerkenswertes Strukturelement ete. S5 Schätzung ihrer Zahl häufig ausgeschlossen.') Selbst unter den relativ günstigen Bildern, welche die erste Reifungsmitose bietet, fand ich nur zwei Äquatorialplatten, an denen sich eine, jedoch nur annähernde, Zählung vornehmen liess. Die eine derselben ist auf Taf. VI, Fig. 10 abgebildet, Fig. 11 zeigt zwei einzelne Chromosomen der zweiten Platte. In Fig. 10 lassen sich annähernd zwölf Chromosomen zählen; zweifelhaft ist, ob die links oben gelegene Gruppe aus drei oder nur aus zwei Uhromosomen besteht. Dasselbe ungefähre Ergebnis hatte die Zählung der Chromosomen der zweiten Äquatorialplatte. Ich kann damit durchaus die An- gaben von Duesberg (1906) und Branca (1910) bestätigen. Wenn Guyer mit Bestimmtheit als Chromosomenzahl der ersten Reifungsmitose zwölf angibt, so kann ich ihm hierin nicht folgen. Für die Spermiogonien hebt Guyer die Schwierigkeit der Uhromosomenzählung selbst hervor und kann die von ihm mitgeteilte Zahl (22) nur auf wenige Beobachtungen stützen. Über die Chromosomenzahl in den Spermiogonien und Praespermiden bin ich nicht einmal zu einem annähernden Resultat gelangt. Sind wir somit zurzeit nicht in der Lage, die Ohromosomen- verhältnisse in der Spermiogenese des Menschen exakt zu ver- folgen, so sehen wir uns bei einem Versuch, hier Heterochromo- somen nachzuweisen, auf die oben erörterten indirekten Kriterien angewiesen. Während ich in den der Kanälchenwand unmittelbar anliegenden Samenelementen, die grösstenteils wohl als Spermio- sonien zu bezeichnen sind, bisher kein auffälliges Gebilde nach- weisen konnte,?) fesselte im Kern des Spermiocyten ein be- 1) Diese ungünstige Beschaffenheit der Äquatorialplatten beruht höchst- wahrscheinlich auf einer uns im einzelnen unbekannten Wirkung des Fixationsmittels, könnte also vielleicht durch einen Fortschritt der Technik überwunden werden. Auch wäre ein Erfolg durch grosse Ausdauer beim Suchen brauchbarer Bilder denkbar, da erfahrungsgemäss sich vereinzelte sünstigere Mitosen finden lassen. >) Zusatz bei der Korrektur: Montgomery (1911) unterscheidet in einer soeben erschienenen Mitteilung, welche die Entstehung der Sertoli- schen Zellen des Menschen behandelt, drei Generationen von Spermiogonien und findet in den Kernen der ersten Generation neben echten Nueleolen basophile Körper, die nach Ansicht des Autors möglicher Weise Hetero- chromosomen darstellen könnten. Auch ich finde in den Spermiogonienkernen mitunter mehrere basophile Körper. Da aber meist nur echte Nucleolen anzutreffen sind, so handelt es sich in den von mir beobachteten Fällen vielleicht um prophasische Stadien der gewöhnlichen Chromosomen. Sb S. "Gutihlerz: merkenswerter basophiler Nucleolus mein Interesse,') der sich bei näherer Untersuchung als konstante Erscheinung erwies. Die Unterscheidung dieses Gebildes von den gleichzeitig vor- handenen echten, acidophilen Nucleolen (Plasmosomen) gelingt nicht nur durch eine spezifische Färbungsmethode, als welche mir das Biondische Gemisch (nach Fıxation mit Zenkerscher Flüssigkeit) diente,’) sondern sehr leicht auch bei Anwendung einer indifferenten Färbung, z. B. des Eisenhämatoxylins nach Heidenhain. Die echten Nucleolen im Spermiocyten des Menschen sind nämlich fast immer von annähernd genau kugeliger (selten ovaler) Gestalt und dadurch von dem unregelmässiger ge- stalteten basophilen Nucleolus mühelos zu unterscheiden. Ihre Zahl kann in seltneren Fällen drei betragen; die Zweizahl scheint fast so häufig zu sein, wie das Vorkommen nur eines echten Nucleolus. Sind mehrere derselben vorhanden, so scheint stets nur einer von ihnen die beträchtliche Grösse zu besitzen, die man an dem in der Einzahl vorhandenen echten Kernkörperchen regelmässig konstatiert (Taf. VI, Fig. 1 und 2), die anderen Nucleolen pflegen kleiner zu sein und weisen ebenfalls stets rundliche Form auf. Auch bei Anwendung von Eisenhämatoxylin und weitgehender Differenzierung findet sich fast immer eine färberische Verschiedenheit zwischen echtem und basophilem Nucleolus, die aber der Gesetzmässigkeit entbehrt, indem zwar in der Regel der echte Nucleolus länger die Farbe behält als der basophile, aber auch das umgekehrte Verhalten beobachtet werden kann. Mittels der Flemmingschen Dreifarbenmethode kann es unter Umständen ebenfalls gelingen, den basophilen von den echten Nucleolen zu differenzieren: er nimmt dann rote Färbung an, während die letzteren blassviolett erscheinen. Haben wir so bereits färberische und gröbere Gestaltsunter- schiede des uns interessierenden Gebildes von den echten Nucleolen kennen gelernt, so gelingt es bei näherer Betrachtung, auch feinere morphologische Besonderheiten an ihm zu demonstrieren. Hierfür eignet sich vorzüglich die Heidenhainsche Eisen- hämatoxylinfärbung bei möglichst weitgetriebener Differenzierung 1) Von diesem Körper habe ich bereits eine kurze Schilderung in der Sitzung der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 16. Mai 1911 gegeben (Sitz.-Ber. 1911, Nr. 5, S. 255). ?), Der uns interessierende Körper nimmt hierbei Methylgrün an, daher bezeichnen wir ihn als basophil. Die echten Nucleolen werden durch Säure- fuchsin rot gefärbt. 0.) —1 Uber ein bemerkenswertes Strukturelement etc. der Präparate mittels Eisenalauns: auf diese Weise wird der Körper nicht von den Chromatinschleifen verdeckt, was sonst leicht der Fall ist und ein Eindringen in seinen feineren Bau erschwert. Alle Präparate unserer Tafel sind in dieser Weise behandelt; daraus erklärt sich die Blässe der plasmatischen Zell- bestandteile und das unscharfe Bild der Chromatinfäden. Der basophile Nucleolus zeigt nunmehr häufig die Struktur eines Doppelstäbehens (Fig. 2), mitunter aber, was besonders inter- essant ist, diejenige einer Vierergruppe (Fig. 3 und 5). Um die auffallende Ähnlichkeit dieser Strukturen mit den sich in der Prophase entwickelnden Chromosomen zu demonstrieren. habe ich letztere Stadien in den Fig. S und 9 abgebildet. Die hier gezeigten Vierergruppen, die ihre Vierergruppennatur nicht immer deutlich enthüllen und dann nur Doppelstäbchen bezw. einfache eckige Körperchen darstellen. erinnern ausserordentlich an die verschiedenen Gestalten des basophilen Nucleolus. Leider habe ich diesen aus Mangel an derartigen Stadien noch nicht bis in frühe Prophasen hinein verfolgen können, in denen er sich von den, wie zu erwarten, kurze Doppelfäden repräsentierenden Chromosomen noch klar differenzieren lassen müsste. Ein der- artiger Befund würde die Beteiligung des Gebildes an der Mitose sehr wahrscheinlich machen. Sehr in die Augen springend ist der Umstand, dass der basophile Körper häufig der Kernperipherie genähert erscheint und dann meist mit dem einen Ende seiner langgestreckten Gestalt der Kernmembran aufsitzt, wie dies unsere Fig. 4—7 gut illu- strieren. Mit der peripherischen Lagerung ist öfters eine Gestalt- veränderung des Körpers verbunden, die häufiger in einer Ver- jüngung seines aufsitzenden Endes (Fig. 4), mitunter auch in einer Verbreiterung dieser Partie (Fig. 6) besteht. Derartige Bilder, namentlich im Falle der Verjüngung des peripherischen Endes, erinnern stark an die Beschreibungen, welche Buchner (1909) für das Heterochromosom im Spermioeyten mehrerer Örthopteren gegeben hat und so deutet, dass hier eine Substanz- abgabe aus dem Heterochromosom ins Plasma hinein stattfände. Vielleicht sind auch unsere Befunde als funktionelle Veränderungen des basophilen Nucleolus zu deuten. Über das Verhalten des basophilen Körpers in den ver- schiedenen Stadien des Spermiocyten Kann ich nur wenige Angaben Ä 8. Guitherz: Ä machen. da eben eine exakte Seriierung derselben nicht im Plane unserer Untersuchung lag. Im Leptotänstadium konnte ich den Körper nicht sicher auffinden, allerdings zeigen sich öfters Ver- diehtungen des Spirems, die aber in der Mehrzahl auftreten und wenig Charakteristisches haben. Ebensowenig konnte ich ihn im synaptischen Kontraktionsstadium demonstrieren, das man zur Unterscheidung von dem ebenfalls zur Synapsis gerechneten Bukettstadium neuerdings als Synizesis bezeichnet, vielleicht wird er aber hier von dem dichten Fadenknänel verdeckt. Im Bukett- stadium kann der Körper dem Pol der Zelle, der durch das. Idiozom bezeichnet wird. ganz genähert liegen (Fig. 6), man trifft ihn aber auch entfernt von dieser Stelle an. Hieraus geht bereits hervor, dass er keine konstante Lagebeziehung zum Idiozom (Annäherung an dasselbe) aufweist, wie Jordan (1911, S. 44) eine solche für den basophilen Nucleolus in sämtlichen Stadien des Spermiocyten von Didelphys virginiana vom Synizesisstadium an beschreibt. Auch in den postsynaptischen Stadien, in welchen man den Körper am leichtesten auffindet, zeigt er keine der- artige Lagebeziehung zum Idiozom (vergleiche Fig. 4, wo er fern vom Idiozom liegt). Die vorhin beschriebenen, möglicherweise funktionellen Gestaltsveränderungen des Gebildes finden sich so- wohl im Bukettstadium, wie in postsynaptischen Stadien, die Vierergruppenform sah ich bisher nur in postsvnaptischen Stadien. Nachdem ich den basophilen Nucleolus zunächst im Fall A studiert hatte, war es für mich sehr wertvoll, ihn in den Fällen BI-II wiederzufinden und damit sein allgemeines Vorkommen wahrscheinlich zu machen. Er zeigt auch in diesen Fällen die bereits geschilderten Charaktere, wie dies Fig. 5 (Fall BI), Fig. 6 (Fall BHO) und Fig. 7 (Fall BII) veranschaulichen. Während Fall BI eine ausgezeichnet lebhafte Spermiogenese aufweist, ist dieselbe in den zur Untersuchung gelangenden Hodenstückehen von Fall BH und BIH bedeutend eingeschränkt. wobei sich aber stets zahlreiche Spermiocyten in den ver- schiedensten Stadien vorfinden. Fall BI weist einige Eigen- tümlichkeiten auf. Das interstitielle Bindegewebe ist hier sehr stark vermehrt. so dass die Hodenkanälchen wie Inseln erscheinen. Die Spermiocyten (Fig. 7) sind auffallend gross und zeigen gleich- falls sehr grosse echte Nucleolen, die bei der starken Extraktion des Eisenhämatoxylins ganz blass geworden sind. Dadurch tritt Über ein bemerkenswertes Strukturelement etc. 89 in diesem Falle der basophile Nucleolus mit besonderer Deutlich- keit hervor. Ob diese Veränderungen als pathologisch zu deuten sind, sei dahingestellt. Mit dem von v. Lenhossek im Spermiocyten der Ratte beschriebenen Intranuclearkörper hat unser basophiler Nucleolus, wie hervorgehoben sei, keinerlei Ähnlichkeit. Dies geht sowohl aus der ursprünglichen Schilderung v. Lenhosscks (1898, S. 251 ff.), sowie aus der erneuten Untersuchung des Gebildes durch Regaud (1910, S. 325) hervor. Auch mit den von letzterem Autor beim gleichen Objekt beschriebenen safranophilen Körpern (S. 324), die Verdickungen der Chromatinfäden darstellen, hat unser Gebilde nichts zu tun. Ich habe auf diesen Punkt besonders geachtet und kann sicher angeben, dass es sich im Falle des Menschen um einen frei im Kernraume befindlichen Körper handelt. Wir beschliessen die Darstellung unserer Befunde am Menschen mit der Betrachtung zweier Stadien, die für einen Nachweis von Heterochromosomen von besonderer Bedeutung sind, uns aber in dieser Hinsicht keinen Anhaltspunkt bieten. Guyer hat, ebenso wie andere Autoren (Jordan, Stevens) bei Verte- braten, für den Menschen in der ersten Reifungsmitose Hetero- kinese (und zwar eines aus zwei Komponenten zusammengesetzten Chromatinkörpers) beschrieben,') ferner schildert er einen Dimor- phismus der Spermiden als Folgezustand jener Heterokinese (be- obachtet an Eisenhämatoxylin-Präparaten). Beide Befunde kann ich nicht bestätigen. Fig. 12—14 zeigen das typische Bild der von der Seite gesehenen Äquatorialplatte der ersten Reifungs- mitose: die Chromosomen sind so unregelmässig gelagert (bald liegt eines, bald mehrere dem einen Pol genähert), dass eine Heterokinese, wenn sie tatsächlich vorkäme, sich unserer Fest- stellung wegen der Unsicherheit der Befunde entziehen müsste. Ich neige aber zu der Auffassung, dass eine Heterokinese über- haupt nicht vorkommt, da sich, wenn auch selten, ziemlich regel- mässig ausgebildete Äquatorialplatten finden und diese dann kein einem Pol genähertes Chromosom aufweisen (Fig. 15). Im gleichen Sinne spricht die Betrachtung junger Spermidenstadien (Fig. 16. Schnittdicke 10 u). Die meisten der zur Untersuchung kommenden !) Nach Guyer liegt hierbei der Heterokinese erfahrende, aus zwei ungleich grossen Chromosomen zusammengesetzte Körper dem einen Spindelpol mehr oder weniger genähert. Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt. Il. —] 90 S. Gutherz: Kerne zeigen hier grössere mit Eisenhämatoxylin (bei starker Extraktion) intensiv tingierte Körper. Einen in die Augen fallenden Dimorphismus der Kerne kann ich nicht demonstrieren (die drei Kerne. welche keinen grösseren Körper zeigen, sind nur an- geschnitten, enthielten also doch vielleicht einen solchen). ') Diskussion der Ergebnisse. Ein Vergleich unserer Ergebnisse mit denjenigen Guyers zeigt starke Differenzen zwischen beiden. Wenn der amerikanische Autor im Spermiocyten zwei „Chromatinnucleolen“, einen grösseren und einen kleineren, (neben gelegentlich vorkommenden anderen kleinen nucleolusartigen Granula) schildert, so spricht alle Wahr- scheinlichkeit dafür, dass Guyer, der sich nur der Eisenhäma- toxylinmethode bediente, die echten Nucleolen für chromatische angesehen hat. und dass sein grösserer Körper einen echten Nucleolus, der kleinere ebenfalls einen echten Nucleolus oder unseren basophilen Körper darstellt.) Die Angaben Guyers über Heterokinese und Dimorphismus der Spermidenkerne konnten nicht bestätigt werden. Anderseits konnten wir ein Gebilde im Spermiocyten demon- strieren, dessen Heterochromosomennatur zweifellos diskutabel erscheint, das aber Guyer offenbar entgangen ist. Für die Deutung dieses Körpers als Heterochromosom sprechen seine baso- phile Färbungsreaktion. seine Ähnlichkeit mit den Chromosomen der Prophase der ersten Reifungsmitose (vor allem die mitunter deut- '‘, Herr Dr. H.v. Winiwarter (Lüttich), dem ich gelegentlich einer Korrespondenz über meine Befunde beim Menschen berichtete, hatte die Freundlichkeit, mir am 11. Oktober 1911 mitzuteilen, dass er den von uns oben beschriebenen Körper im menschlichen Spermiocyten ebenfalls beobachtet habe. v. Winiwarter, der den Körper als Heterochromosom auffasst, lässt ihn Heterokinese erfahren, so dass er schliesslich nur in die Hälfte der Spermien gelangt. Man wird das Erscheinen der Publikation abwarten müssen. ehe man letztere Angabe beurteilen kann. °) Man könnte an die Möglichkeit denken, diese Differenzen aus einem Rassenunterschied der zur Untersuchung gelangten Individuen zu erklären, da Guyers Material von einem Neger stammte. Ich möchte diese Deutung aber einstweilen für höchst unwahrscheinlich halten, da Guyer keine spezifische Färbung anwandte und seine Figuren (wenigstens für den Spermio- cyten und die erste Reifungsmitose) eine Interpretation im Sinne unserer Befunde durchaus zulassen. Über ein bemerkenswertes Strukturelement etc. 91 liche Vierergruppenform), endlich gewisse Gestaltveränderungen des Gebildes. die sich vielleicht als funktionelle Vorgänge auf- fassen lassen und an Befunde bei sicher erkannten Hetero- chromosomen anderer Objekte erinnern. Nach all dem Angeführten darf man meines Erachtens den Körper mit einiger Wahrscheinlich- keit (gewissermaßen heuristisch) in die Kategorie der Hetero- chromosomen einordnen, ohne sich freilich damit auf sicherem Boden zu bewegen, wie aus unseren methodologischen Vor- bemerkungen erhellt. Gleichwohl sei es gestattet, noch mit einigen Worten darauf einzugehen, welchem Heterochromosomentypus angehörig wir uns den basophilen Körper vorzustellen hätten. Da eine Hetero- kinese nicht nachzuweisen ist, so werden wir zu der Annahme geführt, dass es sich um ein Chromosomenpaar handele, dessen Komponenten gleich gross sind und im Laufe der Reifungs- teilungen gleichmässig auf die Spermiden verteilt werden. Damit stimmt sein mitunter beobachtetes Auftreten in Form der Vierergruppe,. die ja von jeher als Prototyp eines bivalenten Chromosoms gilt. Unsere Annahme findet eine Stütze an Beobachtungen, die an einem anderen, ebenfalls den Vertebraten angehörigen Unter- suchungsobjekt, der Hauskatze, vorgenommen wurden. Von Winiwarter und Saintmont (1909, S. 234 ff.) beschreiben hier im Ooecytenkern einen Körper, der durch seine in gewissen Stadien auftretende Gestalt (Doppelstäbehen) an unseren baso- philen Nucleolus erinnert und den sie als Heterochromosom auf- fassen. Er zeigt zwar nicht die Lageeigentümlichkeiten und (estaltveränderungen des beim Menschen beobachteten Gebildes, dürfte aber etwas Verwandtes darstellen. Ich habe nun an Sammlungspräparaten des Berliner anatomisch - biologischen In- stituts, die mir freundlichst zur Verfügung gestellt wurden, im Spermiocyten des Katers einen ganz ähnlichen Körper finden können (Textfig. A und B), über dessen etwaige spezifische Färbungsreaktion ich allerdings noch nichts aussagen kann, da die Präparate mit Eisenhämatoxylin gefärbt waren. Übereinstimmend ist auch der Umstand, dass, wie bei der Katze, im Synapsisstadium die Doppel- stäbchennatur noch nicht hervortritt (Fig. A). Dieser Befund, der allerdings noch der Bestätigung mittels einer spezifischen - Färbungsmethode und der Ergänzung durch Verfolgung des Fr 923 S. Gutherz: Körpers in der Spermiogenese bedarf, spricht dafür, dass es sich hier, wenn überhaupt um Chromosomen. um ein Uhromosomenpaar handelt, das in beiden Geschlechtern Heteropyknose erfährt. Fig. A. Fig B. Spermiocyt des Katers im Synapsis- Spermiocyt des Katers in post- stadium. synaptischem Stadium. Zusatz bei der Korrektur: Eine inzwischen vorgenommene Untersuchung des in Carnoyscher Flüssigkeit (abs. Alkohol 6, Chloro- form 3, Eisessig 1) fixierten Katerhodens mittels des Biondischen Farben- gemisches änderte meine Auffassung des in den Fig. A und B abgebildeten Körpers wesentlich. Er erweist sich nämlich hierbei in beiden Stadien als ausgesprochen acidophil, indem er sich mit Säurefuchsin leuchtend rot färbt, während das Chromatin Methylgrün annimmt: es handelt sich also um einen echten Nucleolus, der durch seine Gestalt ein Heterochromosom in Hetero- pyknose vortäuscht. Der von v. Winiwarter und Sainmont im Oocyten der Katze beobachtete und als Heterochromosom aufgefasste Körper wird hierdurch in seiner Deutung äusserst zweifelhaft, da die Autoren keine spezifische Färbung vornahmen und mit der Flemmingschen Dreifarben- methode Blaufärbung des Gebildes erzielten, während nach meinen Er- fahrungen nucleolenartige chromatische Körper bei dieser Methode stets rot tingiert werden. Der Fall der Katze muss daher aus jeder Diskussion über Heterochromosomen ausscheiden. solange er nicht mittels einer einwandfreien spezifischen Methode untersucht ist. Unsere Befunde im Spermiocyten des Katers, die einen echten Nucleolus in durchaus chromosomähnlicher Gestalt demonstrieren, mahnen auch zu besonderer Vorsicht bei der Deutung der am Spermiocyten des Menschen gemachten Beobachtungen. Es sei noch bemerkt, dass die Annahme eines Hetero- chromosomenpaares mit gleicher Grösse der Komponenten, wie wir es uns beim Menschen vorzustellen hätten, nicht die Möglich- keit einer Beziehung der betreffenden Chromosomen zur Ge- schlechtsdifferenzierung ausschliesst. E. B. Wilson hatte an- gegeben, dass derartige Fälle sich durch Übergänge verbunden eng an solche an-chliessen können, die im männlichen Geschlecht ein Heterochromosomenpaar mit ungleicher Komponentengrösse Über ein bemerkenswertes Strukturelement etc. 93 (verbunden mit Dimorphismus der Spermiden) aufweisen. Hat Wilson (1911a) auch neuerdings gezeigt, dass der von ihm zuerst hierfür in Anspruch genommene Fall der Hemipterenart Nezara hilaris doch eine ganz geringe Grössendifferenz der Komponenten des Chromsomenpaares besitzt, so hält er gleichwohl das Vorkommen derartiger Fälle für möglich und nimmt hierbei eine physiologische Differenz zwischen den beiden gleich grossen Komponenten an. Zusammenfassung. 1. Im Spermiocyten des Menschen findet sich neben einem bis drei echten Nucleolen ein basophiler Nucleolus, der auf Grund seiner feineren Struktur (Doppelstäbchen- bezw. Vierergruppenform) und gewisser als funktionell zu deutender Gestaltveränderungen mit einiger Wahr- scheinlichkeit den Heterochromosomen einzuordnen ist. 2. Da weder Heterokinese noch ein Dimorphismus der Spermidenkerne nachzuweisen sind, so ist das hypothetische Heterochromosom als Chromosomenpaar mit gleich grossen Komponenten zu betrachten, wofür auch seine mitunter zu beobachtende Vierergruppenform spricht. 3. Die Angaben Guyers. der für den Menschen typische Geschlechtschromosomen beschreibt, konnten nicht be- stätigt werden. Berlin. 9. Dezember 1911. Literaturverzeichnis. Baltzer, F.: Die Chromosomen von Strongylocentrotus lividus und Echinus microtubereulatus. Arch. f. Zellforsch., Bd. 2, 1909. Berghs, J.: Le noyau et la cinese chez le Spirogyra. La Cellule, T. 23, 1906. Boring, A.M.: A study of the spermatogenesis of 22 species of the Membracidae etc., with especial reference to the behavior of the odd chromosome. Journ. of exp. Zool., Vol. IV, 1907. Branca, A.: Caracteres des deux mitoses de maturation chez l’homme. Opts. rds. Assoc. des Anatom., 12. R&un., Bruxelles 1910. Buchner, P.: Das accessorische Chromosom in Spermatogenese und Ovogenese der Orthopteren ete. Arch. f. Zellforsch., Bd. 3, 1909. Duesberg, J.: Sur le nombre des chromosomes chez l’homme. Anat. Anz., Bd. 28, 1906. 94 S. Gutherz: Gulick, A.: Über die Geschlechtschromosomen bei einigen Nematoden ete. Arch. f. Zellforsch.. Bd. 6, 1911. Gutherz, S.: Zur Kenntnis der Heterochromosomen. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 69, 1907. Derselbe: Wird die Annahme einer Beziehung zwischen Heterochromosomen und Geschlechtsbestimmung durch das Studium der Gryllus-Oogenese widerlegt? Sitz. - Ber. Ges. naturforsch. Freunde, Berlin 1909, Nr. 9. Derselbe: Über den gegenwärtigen Stand der Heterochromosomen-Forschung, nebst Bemerkungen zum Problem der Geschlechtsdifferenzierung. Ibid. IIND. Guyer, M.F.: The spermatogenesis of the domestic Guinea. Anat. Anz., Bd. 34, 1909. Derselbe: The spermatogenesis of the domestic chicken. Ibid. 1909. Derselbe: Accessory chromosomes in man. Biol. Bull., Vol. 19, 1910. Jordan, H.E.: The spermatogenesis of the Opossum (Didelphys virginiana) with- special reference to the accessory chromosome and the chondrio- somes. Ärch. f. Zellforsch., Bd. 7, 1911. Lenhossek, M.v.: Untersuchungen über Spermatogenese. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 51, 1898. Montgomery, Th.H.: Differentiation of the human cells of Sertoli. Biol. Bull., Vol. 21, 1911. Morrill, Ch. V.: The chromosomes in the oogenesis, fertilization and cleavage of Coreid Hemiptera. Biol. Bull., Vol. 19, 1910. Regaud, ©.: Etudes sur la structure des tubes söminiferes et sur la spermatogenese chez les mammiferes. Arch. d’Anat. microse., T.11, 1910. Stevens, N.M.: Preliminary note on heterochromosomes in the Guinea- pig. Biol. Bull., Vol. 20, 1911. Wilson, E. B.: Studies on chromosomes. VII. A review of the chromo- somes of Nezara; with some more general eonsiderations. Journ. of Morphol., Vol. 22, 1911a. Derselbe: The sex chromosomes. Arch. f. mikr. Anat., Abt. II, Bd. 77, 1911. Winiwarter, H. v. et Sainmont, G.: Nouvelles recherches sur l’ovogenese et l’organogenese de l’ovaire des mammiferes (chat), chap. IV. Arch. d. Biol., T. 24, 1909. Über ein bemerkenswertes Strukturelement etc. 95 Erklärung der Abbildungen auf Tafel VI. Sämtliche Figuren sind bei Zeiss’ Apochromat 2 mm, Kompens.- Okular 12 in der Höhe des Objekttisches gezeichnet (Vergr. 1500) und stellen Stadien der menschlichen Spermiogenese dar. Wo nichts anderes bemerkt ist, stammen die Präparate von Fall A. Fixation: Flemmings starkes Gemisch. Färbung: Eisenhämatoxylinmethode nach Heidenhain (weitgehende Differenzierung der Präparate). Fig. 1. Spermiocyt in postsynaptischem Stadium. Echter Nucleolus. Fig. 2. Dasselbe. Links oben basophiler Nucleolus (Doppelstäbchen), rechts unten echter Nucleolus. Fig. 3. Dasselbe. Basophiler Nucleolus in Vierergruppenform. Dasselbe. Basophiler Nucleolus mit dem verjüngten Ende der Kern- membran aufsitzend. Idiozom entfernt vom basophilen Nucleolus gelegen. Fig. 5. Dasselbe. Fall BI. Basophiler Nucleolus in Vierergruppenform. Spermiocyt im Bukettstadium. Fall BH. Basophiler Nucleolus mit dem verbreiterten Ende der Kernmembran aufsitzend. Fig. 7 Spermiocyt in postsynaptischem Stadium. Fall BI. Basophiler Nucleolus. Fig. S und 9. Prophase der ersten Reifungsmitose. Chromosomen zum Teil in deutlicher Vierergruppenform. Fig. 10. Metaphase der ersten Reifungsmitose, Äquatorialplatte vom Spindel- pole aus gesehen. Chromosomenzahl annähernd 12. Fig. 11. Zwei einzelne Chromosomen einer ähnlichen Äquatorialplatte. Fig. 12—-15. Metaphase der ersten Reifungsmitose, in seitlicher Ansicht. Fig. 16. Gruppe junger Spermiden. er IS "> = 08 (op) Literarisch-kritische Rundschau. La polyspermie experimentale dans l’&uf de Rana fusca. Par A. Brachet (Brüssel). Mit 2 Textfiguren. Les travaux f&conds d’O. et R. Hertwig'), ceux non moins importants de Rückert’, °) et de Boveri#, °), ont fait sortir la polyspermie de la categorie des curiosites biologiques et l’ont elevee au rang d’une vraie methode de recherche, permettant l’analyse de la fecondation, des proprietes ftondamentales de l’euf, et des changements qu’y apporte l’entree d’un spermatozoide. OÖ et R. Hertwig ont ouvert la voie en montrant la possibilit& de realiser, chez les Echinodermes, une polyspermie experimentale et en prouvant ensuite que la polyembryonie n’en est jamais la consäquencee Rückert, chez les Selaciens, a envisage dans son ensemble la question de la polyspermie physio- logique; il a donn& une explication satisfaisante de son inocuite et a degage la cause principale du fait qu’il n’y a jamais qu’un seul spermatozoide qui copule avec le pronucleus femelle. Les recherches de Oppel, de Nicolas, de Harper et d’autres encore, permettent, dans ce qu'il y a d’essentiel, de ranger les Reptiles et les Oiseaux a cöte des S£laciens et de gen£raliser, par consäquent, les donndes fournies par ces derniers. Boveri, dans un remarquable travail consacr&e a la dispermie dans les ceufs d’Echinodermes, a reconnu que les hasards de la r&partition inegale des chromosomes, a la suite d’une mitose tri- on tetra- polaire, determinent le pouvoir &€volutif des blastomeres dans lesquels ils passent. Un peu plus tard, l’etude de la dispermie chez l’Ascaris amenait le m&me auteur a conclure que, dans ')O.et R. Hertwig: Über die Befruchtung und Teilungsvorgang des tierischen Eies unter dem Einfluss äusserer Agentien. Jen. Zeitschr. f. Naturwiss.. Bd. XX, 1887. ?) J. Rückert: Die erste Entwicklung des Eies der Elasmobranchier. Festschrift für C. von Kupffer, 189. 3) Derselbe: Über Polyspermie. Anat. Anz., Bd. XXXVII, 1910. +) Th. Boveri: Zellenstudien, VI. Die Entwicklung dispermer See- igeleier. Jena 1907, 5) Derselbe: Die Potenzen der Ascaris-Blastomeren bei abgeänderter Furchung. Festschrift für R. Hertwig, 1910. Literarisch-kritische Rundschau. 97 cet objet, si des chromosomes evoluent dans le sens sexuel ou dans le sens somatique, ils le font sous l’influence des qualites du eytoplasme qui les entoure. Il est a peine besoin de faire remarquer la portee de cette constatation. Au fur et ä mesure que se sont pre&cisdes les notions d’ordre descriptif et experimental concernant les phenomenes morpho- logiques et physiologiques de la fecondation, les problemes dont la polyspermie pouvait utilement aborder l’ötude, se sont degages progressivement. Les acquisitions faites dans ces dernieres anndes sur la potentialite de l’euf mür et de l’®uf fecond& de Rana fusca, sur l’origine et le determinisme de sa symetrie bilaterale et de ses localisations germinales, sur la destinee reelle ou possible des premiers blastomeres issus de sa segmentation, m’ont suggere idee que la realisation chez Rana d’une polyspermie experimentale permettrait de pousser plus loin l’analyse des faits, et, peut- etre, d’arriver a quelques conelusions nouvelles et fructueuses. Un des collaborateurs de mon laboratoire, M. Herlant s’est charge de l’ötude sp£ciale des aufs dispermiques et trispermiques, tandis que je me consacrais moi-m&me a celle de la polyspermie proprement dite. Les resultats de nos recherches ont &t& publies en 1910 et en I911!); j’ai accept avec empressement la propo- sition que m’a faite Monsieur le Prof. OÖ. Hertwig, d’en 6crire un resume pour ces Archives. Tandis que, chez les Urodeles, la polyspermie est constante, mais banale dans ses effets, elle n’est jamais normale chez les Anoures. OÖ. Hertwig, Roux, Morgan, Born ont reconnu quelle y est possible, mais toujours dans des conditions anormales, et tous les observateurs s’accordent a reconnaitre que la poly- spermie physiologique n’y existe pas. Mais on peut la realiser experimentalement chez Rana fusca, et cela par le procede tres simple que Boveri a employe ') A. Brachet: La polyspermie experimentale comme moyen d’analyse de la f&condation. Arch. f. Entw.-Mech., XXX. Bd., Festband f.W.Roux, 1910. Derselbe: Recherches sur l’influence de la polyspermie exp6rimentale dans le d&veloppement de auf de Rana fusca. Arch. de Zoologie exp6rim. eb gener., Serie 5, T. VI, Nr. 1, 1910. M. Herlant: Recherches sur les «ufs di- et trispermiques de grenouille. Arch. de biol., T. XXVI, 1911. 98 Literarisch-kritische Rundschau. pour les @ufs d’Oursins. En pratiquant la fecondation artificielle au moyen de sperme tres concentre, on peut obtenir tous les degres de la surfecondation, depuis la p@netration de deux spermato- zoides, jusqu’a celle de cent et davantage encore. La segmentation commence dans les @ufs polyspermiques en m@me temps que dans les t&moins, et l’allure qu’elle affecte dans les premiers permet de les ranger en cinq categories: a) les aufs dispermiques: ils se segmentent en deux et rien ne les distingue des &ufs normaux, mais a la seconde mitose, chacun des deux blastomeres en donne trois, et l’@uf se trouve ainsi divise en six cellules, separees par des plans verticaux (Herlant). b) Les cas de polyspermie moyennetypique. Jai propose de designer ainsi les @ufs plus que dispermiques, et qui se segmentent dembl&e en autant de blastomeres qu’il est entr@ de spermatozoides. Le nombre de ceux-ci est de trois a dix environ, mais la limite superieure n’a rien de fixe et peut souvent s’elever de deux ou trois unites. Dans la trispermie et la tetra- spermie, les plans de division sont en general verticaux; les trois ou les quatre blastomeres formes peuvent etre egaux entre eux, mais ils sont frequemment de taille differente. Au dela de la pentaspermie. les sillons de divisions s’orientent toujours dans des sens divers: les blastomeres sont r@partis en une mosaique oceupant l’hemisphere superieur et presentant les aspects les plus varlables. C'est la Barockfurchung de Born. c) Lescas de polyspermiemoyenneatypique. lci, bien que le nombre des spermatozoides fecondants ne depasse pas dix ou douze, il se forme simultanäment moins de blastom£res. Par leur aspect exterieur, ces «ufs peuvent ne pas se distinguer des precedents. d) Les cas de polyspermie forte, dans lesquels il se forme toujours moins de blastomeres qu’il n’est entr& de spermatozoides; le nombre de ceux-ci oscille entre quinze et einquante ou soixante. (es w@ufs se reconnaissent facilement: des zones indivises, plus en moins &tendues, voisinent avec des regions clivees en segments gäneralement nombreux et petits. e) Les cas de polyspermie tres forte. Soixante ä cent spermatozoides et m&me plus encore, penetrent en m&me Literarisch-kritische Rundschau. 99 temps dans un «uf. Ges @ufs ne se segmentent jamais; leur surface se plisse parfois legerement et prend un aspect chagrine. Les aufs de toutes ces categories, sauf ceux de la dernicre, ont tous un croissant gris (graues Feld) bien net, ayant exactement les m&mes caracteres que dans les t&moins et qui y est apparu en m&me temps. En d’autres termes, dans la dispermie et dans la polyspermie moyenne et m&me forte, les localisations germinales et la syme&trie bilaterale de l’euf feconde de grenouille s’etablissent dans les delais normaux et sans presenter d’anomalie appreciable. Ü’est la un fait d’une grande importance, sur lequel je reviendrai plus loin. Avant d’examiner le mecanisme de la fecondation et de la segmentation aux divers degres de la polyspermie, je r&sumerai brievement le sort reserve aux @ufs qui en sont affeetes. Ceux de la cinquieme categorie, qui ne se segmentent jamais, commencent ä se necroser au bout de peu d’heures et meurent rapidement. Les aufs de polyspermie forte ne donnent jamais d’embryons normaux, et il est rare qu’ils vivent plus de 24 heures; les zones insegmentees prennent rapidement un aspect necrotique, mais les parties clivees en blastomeres peuvent poursuivre le cours de leur evolution. Quand elles sont suffisamment grandes, elles peuvent meme subir des differenciations dont l’importance est en rapport avec leur localisation. On obtient ainsi des gastrulas partielles et des fragments d’embryons le plus souvent indechiffrables, qui tous ne tardent pas a se desagreger. La polyspermie moyenne atypique donne des r6sultats ana- logues mais moins marques. Il y a toujours une portion plus ou moins grande de l’@uf qui cesse de se segmenter; son siege et son &tendue determinent la destinde du reste; je l’ai vue aboutir a la formation d’hemiembryons. testent la polyspermie typique, dans laquelle on peut ranger, au point de vue ou je me place en ce moment, la trispermie et la dispermie dont nous devons l’etude a Herlant. En ce qui concerne leur evolution ulterieure, les wufs qui en sont atteints peuvent se r&partir en deux groupes. a) Dans l’immense majorite des «ufs polyspermiques et dans la grande majorit@ des @ufs trispermiques et meme 100 Literarisch-kritische Rundschau. dispermiques, apres une, deux, ou trois segmentations successives qui ont forme une morula, plus ou moins riche en cellules, on voit, en certains points, des blastomeres isoles ou groupes ä quelques- uns, qui cessent de se diviser. Au bout de quelques heures, ils prennent l’aspect de plages necrotiques. Le reste poursuit le cours de son evolution, mais, comme dans la poly- spermie moyenne atypique, il ne peut donner naissance qu’ä toutes les varietes possibles de gastrulas ou d’embryons partiels, et la mort survient a bref delai. Cette «volution, dont nous examinerons bientöt la cause, est loin d’etre sans interet. Qu’il s’agisse de dispermie, de tri- spermie, de polyspermie moyenne typique ou atypique, les arrets regionaux de la segmentation d@emontrent, par les consequences qu'ils entrainent combien est puissante l’influence des locali- sations germinales et de la symetrie bilaterale, qui apparaissent apres la fecondation; ils prouvent en outre que cette influence, aux divers degres de la polyspermie, est exactement la möme que dans la monospermie normale Les manifestations dynamiques de la fecondation, si nettes dans l’@uf de Rana fusca, ont donc la meme potentialit@reelle et sont &quivalentes, quel que soit le nombre de spermatozoides qui ont penetre dans|l’@uf.!) L’impor- tance de cette conclusion n’echappera ä personne. b) Le second groupe comporte des aufs qui se caracterisent par un d&eveloppement beaucoup plus compiet que les pr&eedents. Leur nombre est d’autant plus considerable que la polyspermie est moins forte. La segmentation, malere l’anomalie du point de depart, se poursuit regulierement; il se forme des blastulas, des gastrulas tout-a-fait normales; puis le blastopore se ferme, toujours sans anomalie appreciable, et un embryon se forme, qui ressemble tout-a-fait aux t@moins. ‘) Jai propose, en 1906 (Arch. f. Emtwick.-Mech. Bd. XXII) de designer sous le nom de manifestations dynamiques de la fecondation, la stabilisation des localisations germinales et l’&tablissement de la symetrie bilaterale. Dans l’euf de grenouille, il est incontestable qu’elles sont dues a V’action du spermatozoide. Par potentialite reelle, j’entends la prospektive Bedeutung de Driesch. (Voir & ce sujet mon travail sur la partheno- genese experimentale dans l’oeuf de Rana fusca. Arch. de biologie, I. RXVI, 1919) Literarisch-kritische Rundschau. 101 Ces cas, tres rares dans la polyspermie, atteignent au contraire un taux voisin de 10°/o dans la di- et la trispermie. Neanmoins, tous ces embryons sont voues a la mort. Dans mes experiences, un seul a vecu dix jours; au debut il &tait reste bien conforme et s’accroissait r&egulierement; puis sont venues des anomalies fonctionnelles et anatomiques qui ont rapidement augmente, et un matin, j’ai trouve le petit tetard mort dans son eristallisoir. La m&me succession de phönomenes s’est pro- duite pour ceux qui ont survecu moins longtemps. Herlanta observe de nombreux tetards ages d’un ou deux mois; l’un d’entre-eux a m&me vecu 95 jours. Ges larves 6taient belles et vigoureuses pendant un temps plus ou moins long; elles s’aceroissaient normalement; puis quelques jours avant la mort, des anomalies diverses apparaissaient, qui progressaient rapidement. Il resulte de ce qui pr&cede, que les chances d’une longue survie sont d’autant plus grandes que la polyspermie est plus faible, mais que, dans tous les cas, la mort est inevitable. La portee de tous ces faits ressort de l’examen du m&canisme de la fecondation et de la segmentation polyspermiques. Ü’est ce qu’il me reste a r&esumer. Prenons comme type, un cas de polyspermie moyenne. Dans le sperme tres concentre ol se trouve l’euf, plusieurs spermatozoides arrivent en m@me temps au contact de la couche corticale; ils penötrent, et bientöt leur tete gonfle pour prendre l’aspect d’un noyau spermatique. La penetration peut se faire en n’importe quel point de l’hemisphere superieur, et dans la plupart des cas, ces points sont assez eloignes les uns des autres. Chaque noyau spermatique laisse derriere lui la trainee pigmen- taire bien connue. Bientöt on voit les centrosomes spermatiques entrer en activite; chacun d’eux irradie le cytoplasme ovulaire autour de lui, se erde une sphere d’action de plus en plus grande dont il oceupe toujours le centre, accolE A son noyau qui est comme enchaine a lui; il s’enfonce ainsi de plus en plus. Cette sphere d’action, a un moment donne, arrive au contact d’une autre ou de plusieurs autres, eröees par les spermatozoides voisins. Des lors, elles cessent de s’etendre, ne se penetrent jamais et restent separees par d’etroites Zones neutres qui s’indiquent sur les coupes, comme des bandes claires. A ce moment, les 102 Literarisch-kritische Rundschau. zones d’action des divers spermatozoides se sont @quilibrees, et tout I’hemisphere superieur de l’®@uf est partag& en une serie de territoires distincets, qui ne font que se toucher les uns les autres. ÜOhacun de ces territoires est compos@ d’une masse de eytoplasme irradie, dont tous les rayons convergent vers le centre pour s’unir & un centrosome, accol& lui-meme a un noyau sperma- tique. J’ai donne & ces territoires le nom d’&nergides sper- matiques; sous l’equateur, dans le vitellus a gros grains, elles deviennent indistinctes. Herlant, dans son etude des @ufs di- et trispermiques, que deux ou trois energides se partagent, a tres minutieusement suivi leur mode de formation et gräace a cette etude, il a pu preeiser, dans les termes suivants, la signification qu’on doit donner ä l’heure actuelle au terme d’energide, introduit dans la science par Sachs: c’est une unite morphologique et fonctionnelle, comprenant un novau, du protoplasme et un centrosome, et dont l’etendue est en raison directe du degre d’activite de celui-ci. L’existence d’un etat d’equilibre entre les energides sper- matiques, le fait qu’elles ne se fusionnent jamais, sont düs A une propriet@ fondamentales des centrosomes, que la polyspermie met bien en lumiere; on peut l’exprimer en disant: des centro- somes en &tat d’activite fonctionnelle, repartis dans une masse cytoplasmique commune, se repoussent, en ce sens que chacun d’eux accapare pour son propre compte la portion du eytoplasme qui l’entoure et en occupe le centre. Rückert avait deja constate cette repulsion reciproque des centrosomes actifs dans les aufs polyspermiques des Selaciens. Elle se voit chez la grenouille: quand deux spermatozoides ont penetre a peu de distance l’un de l’autre, on constate, au moment oü leur centrosome entre en activite qu'ils s’ecartent, car leurs trainees pigmentaires divergent parfois a angle droit. Mais dans un «uf polyspermique, tous les spermatozoides peuvent ne pas penetrer exactement en meme temps. Les premiers arrives pourront se er&er une energide plus grande, d’ou de frequentes differences de taille entre les energides, meme dans les @ufs dispermiques. En outre, en se repoussant et en se moulant les unes sur les autres, il arrive souvent qu’une en plusieurs energides soient refoulces vers le centre et ne touchent pas a la couche corticale Literarisch-kritische Rundschau. 103 de l’euf. C’est la l’origine de la polyspermie moyenne atypique: dans les energides centrales, les conditions necessaires pour la division cellulaire ne sont pas realisees, et il ne s’y produira plus tard que des divisions exclusivement nucleaires Le mecanisme de la formation des Energides spermatiques etlesproprietesdescentrosomes dont elles sont la consäquence nous expliquent la limi- tation de la polyspermie et, comme consequence logique, la raison de la monospermie normale. L’observation d@montre que, en l’absence de toute lesion du ceytoplasme, lorsqu’un noyau spermatique s’est cr&e son energide, celle-ei ne peut plus &tre penetree par un spermatozoide nouveau venu. Pour que la polyspermie soit possible, il faut done que plusieurs spermatozoides entrent dans l’euf en meme temps, ou a un tres court intervalle; plus tard, toutes les places sont prises. Dans un sperme tres dilue, comme celui de la fecondation normale, un spermatozoide a le temps d’entrer et d’exercer son action, de reagir sur le cytoplasme, avant qu’un second n’arrive. Si ce n’est pas la la cause unique de la mono- spermie, c’en est sürement un des facteurs principaux. Il nous reste a voir ce que devient le pronucleus femelle dans les &ufs dispermiques ou moyennement polyspermiques dont nous avons parle jusqu’icı. La regle absolument generale est qu’un seul noyau sper- matique copule avec le pronucleus femelle.e. Au moment de la formation des energides spermatiques, l’expulsion du deuxieme globule polaire s’acheve. Le noyau de l’@uf reconstitue, siege dans le pigment cortical, au fond d’une petite fossette proche du pöle superieur. Üette region est tout naturellement englobee dans l’une des energides, le noyau femelle en gagne alors progressivement le centre pour venir s’accoler au noyau mäle qui s’y trouve deja. Il decoule de la, que c’est le hasard qui decide qu’un sper- matozoide sera copulant a l’excelusion des autres; il importe peu que son @nergide soit grande ou petite; il faut et il suffit qu’elle soit bien placee. La copulation des pronuclei se fait done ici comme dans la polyspermie physiologique des Selaciens (Rückert): le noyau de l’oeuf mür n’est pas le centre d’une @nergide, car il Juni manque un centrosome, et l’on peut m&me dire, avec Rückert, que s’il 104 Literarisch-kritische Rundschau. en avait un et si ce centrosome etait en tat d’activite fonctionnelle, l’achevement de la fecondation serait impossible en vertu de la loi de repulsion dont j’ai parl& plus haut. L’@uf polyspermique contient done une 6nergide dont le noyau, qui a la valeur du noyau de segmentation normal, est un amphicaryon (Boveri), et un nombre variable d’energides qui ne possedent que des monocaryons mäles. L’euf dispermique, ainsi que Herlant l’a montre, appartient toujours au Doppel- spindeltypus que Boveri a rencontre, mais assez exception- nellement. chez les Echinodermes. L’etude de la polyspermie tres forte, chez la grenouille, rövele des faits d’un grand interet, qui permettent de se rendre completement compte des causes de l’accolement des pronuclei mäle et femelle dans la fecondation normale. Je les r@sumerai en quelques mots. Quand une centaine de spermatozoides penetrent dans un ceuf, il arrive constamment que des groupes de deux, trois ou meme cing ou six l’abordent par un point tres limite de sa surface et s’engagent dans le ceytoplasme a tres peu de distance les uns des autres. Apres un court trajet, leurs tetes gonflent et prennent l’aspect de noyaux spermatiques. Des ce moment, on voit ces noyaux converger, se rapprocher de plus en plus et s’accoler en formant des amas müriformes auxquels on peut donner le nom de polycaryons. Jusqu’a ce moment, les centro- somes amen6s par les spermatozoides sont invisibles ou en tous cas inactifs. Mais bientöt ils apparaissent au contact de chacun des composants des polycaryons et s’entourent d’un petit aster. Oes noyaux conjugues, herisses de centrosomes, forment des unit6s qui repoussent leurs voisines et dans lesquelles apparaissent tres vite des mitoses polycentriques complexes, toujours abortives. Cette observation d&montre que des noyaux ayant la valeur de pronuclei, siegeant dans un protoplasme commun, s’attirent les uns les autres en l’absence de centrosome actif. Si dans la polyspermie moyenne les noyaux spermatiques ne copulent pas entre eux, c’est parce que leurs centrosomes sont entres en activite et ont commence a exercer leur action r&pulsive alors qu’ils etaient encore &loignes les uns des autres et avant qu’ils n’aient pu se rapprocher suffisamment. Literarisch-kritische Rundschau. 105 Et il en decoule encore cette notion d’une portee fonda- mentale, que, dans la fecondation normale, les pronuclei mäle et femelle copulent en vertu de la loi generale que je viens d’enoncer et nullement parce qu’ils sont de sexe different. Pour la realisation de cet acte, il n’est pas necessaire que les deux noyaux copulants soient depourvus de centrosome actif: il suffit que ce dernier fasse defaut chez l’un d’entre eux. On voit par ce qui precede que la polyspermie a apport“ de precieux documents pour l’interpretation des phänomenes morphologiques de la f&condation normale; elle jette aussi une vive lumiere sur les causes reelles des manifestations dynamiques et permet d’attribuer a l’@uf mür de Rana fusca, des proprietes que les autres methodes de recherches n’avaient pu mettre en evidence. J’ai dit plus haut que les manifestations dynamiques de la fecondation consistent dans la fixation des localisations germinales et dans l’etablissement de la symetrie bilaterale; celles-ci se reconnaissent deux heures environ apres l’impregnation par le sperme, par l’apparition du croissant gris. J’ai fait remarquer deja qu’elles sont exactement semblables dans la polyspermie et dans la monospermie et j’ai montr& qu’elles ont, dans les deux cas, les m&mes potentialites. On admet actuellement que le spermatozoide joue un röle essentiel dans la determination du plan de symetrie bilaterale de l’@uf fecond@ de grenouille. Les fecondations localisees de Roux, les constatations statistiques que j’ai faites montrant la coineidence constante entre le meridien de symetrie et la trainee de penetration du spermatozoide, semblent indiquer que ce plan n’est pas preexistant, mais est cr&& par la fecondation; j’ai de plus, en 1906, fourni la preuve experimentale que lauf mür mais non feconde, n’a pas de localisations germinales, ou du moins qu'il est doue d’un pouvoir regulateur parfait qu’il ne perd que lorsque la fecondation est effectuee. Les enseiguements de la polyspermie experimentale ajoutent a ces faits des compl&ements importants; ils sont de deux ordres. a) Dans les oufs dispermiques, Herlant a £tabli que le meridien de symetrie bilaterale de l’&@uf fecond& passe toujours A mi-distance entre les points de penetration des deux spermatozoides. Il est done la Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt. II. fo) 106 Literarisch-kritische Rundschau. resultante de l’action de deux forces tendant au meme but. Ü’est la preuve decisive de l’action directrice du spermatozoide dans la monospermie. b) Dans le polyspermie tres forte, la question que je traite en ce moment ne se pose pas, et elle se pose mal dans la polyspermie forte: mais dans la polvspermie moyenne, elle se presente sous un aspect nouveau. ‚ai eu sous les yeux des centaines d’eufs de cette categorie; le croissant gris y est aussi beau que dans les t&ömoins; les nergides qui se partagent l’'hemisphere superieur sont en general nettes et a limites preeises; les trajets suivis par les divers spermatozoides peuvent etre reconstitues sans difficulte. Or, il est certain quiil n’y a pas, dans ces «ufs, un spermatozoide prineipal qui assumerait la charge du spermatozoide unique de la fecondation normale; que le meridien de symetrie bilaterale n’est pas la resultante de action de deux ou de plusieurs @nergides plus grandes que les autres: que, par consequent si sa fixation est un acte de fecon- dation, son origine doit etre cherchee ailleurs. D’autre part, &tant donn& que dans la polyspermie, de multiples spermatozoides entrent dans l’@uf a des intervalles de temps extremement courts et par les endroits les plus divers de U’hemi- sphere superieur de l’o@uf, Videe vient a l’esprit que cette irritation simultande et “tendue amene dans l’euf une reaction d’ensemble, simultande aussi dans toutes ses parties. Dans la monospermie, au contraire, la reaction part d’un point bien localise et s’irradie progressivement a partir de la. Et puisque, dans les deux cas, un croissant gris, une symetrie bilat@rale et des localisations germinales sont les con- sequences de la fecondation, une conclusion generale s’impose, qui peut se formuler comme suit: l’®@uf de Rana fusca, au moment de la ponte, a une symetrie bilaterale pri- maire et des localisations germinales preformees, maisdansunctatinstable, labile; lapolyfecondation lesfixeetles stabilise telles quelles, tandis qu’elles subissent un remaniement et un deplacement dans l’@uf monospermique et dans l’@uf dispermique. Des lors, la monospermie se pr6esente comme un important facteur de variation, car le remaniement qu’elle amene ne sera pas mathematiquement iden- Literarisch-kritische Rundschau. 107 tigue dans tous les @ufs.et par. tous les sperma- tozoides. Ses consäquences sur l’evolution future del’®uf pourront apparaitrecomme la manifestation de tendances hereditaires specifiques. J’attache a tous ces faits une grande importance et une portsce gönfrale considörable, car dans tous les ufs, meme dans ceux des mammiferes, il s’opere des changements dans la strati- fication des materiaux cytoplasmiques, au moment de la p@netration du spermatozoide. Mais ce n’est pas tout. Je veux insister encore sur une autre consequence, en apparence paradoxale, c’est que la poly- spermie modifie moins les proprietes fondamentales que lauf a acquises au cours de son developpement, que ne le fait la monospermie. Au point de vue des manifestations dynamiques de la fecondation, l’euf polyspermique de grenouille est, jusqu’a un certain point, parthenogenetique. Les agents de parthenog£nese experimentale, s’ils sont capables de produire ces manifestations, doivent le faire par une action analogue a celle de la penetration simultanee de plusieurs spermatozoides. .JJ’ai montre, dans un travail tout recent, sp&cialement consacre a cet objet, qu’il en est reellement ainsi.!) Il me reste a r&sumer les details eytologiques de la seg- mentation et les causes de la destinde des wufs, des embryons et des larves. Dans la polyspermie tres forte ou forte, et dans la polyspermie moyenne atypique, l’absence de segmentation, totale on localisee, est due a la formation immediate de mitoses polycen- triques qui sont toujours abortives, ou a ce que dans des Energides qui ne touchent pas la surface de l’euf, il manque le point d’appui necessaire pour qu’ un cloisonnement cellulaire succede aux karyokineses. Malgre cela, celles-ci se rep6tant r&ögulierement, il finit par se produire un chaos de noyaux, de centrosomes et d’asters, qui aboutissent ä des mitoses polycentriques, abortives egalement. La necrose ne tarde pas a s’installer. Mais dans les @ufs dispermiques, trispermiques (Herlant) et de polyspermie moyenne typique, l’euf se clive en autant de blastomeres qu'il est entre de spermatozoides. Au moment oü !) A. Brachet: Etudes sur les localisations germinales et leur potentiablite reelle, dans l’®uf parthenogenetique de Rana fusca. Arch. He Brol., RR VB LITE, g*+ 105 Literarisch-kritische Rundschau. la segmentation commence, tous les noyaux, l’amphicaryon comme le ou les monocaryons, entrent synchroniquement en mitose (Fig. 1). Les axes de ces mitoses sont determin6s par la forme des Energides spermatiques (Loi d’O. Hertwig); dans les @ufs dispermiques, ils sont toujours paralleles dans les deux figures. i ı | | \ ‘ } f Lorsque le cloisonnement cellulaire se produit, chaque blas- tomere forme contient deux demi-energides, deux noyaux et deux centrosomes. Mais ceux-ci entrant bientöt dans une phase de repos, les deux demi-@nergides ne tardent pas ä se confondre. A la premiere mitose en succede bientöt une seconde et ainsi de suite. Or, il resulte des observations concordantes qu Herlant et moi avons faites, que pour que la segmentation marche bien, pour que l’embryogenese puisse suivre son cours normal, il est indispensable qu’il se produise une regulation du nombre des noyaux et des centrosomes, et que les cellules, au cours de la segmentation, deviennent mononucl&ces et pourvues d’un seul centrosome. Or cette regulation est essentiellement soumise aux hasards de la forme des cellules binucleees et par consequent de celles des @nergides primaires. Il faut, qu’a partir de la seconde segmentation, cette forme soit telle que les deux fuseaux de division que chaque blastomere contient, viennent se placer de maniere a ce qu’un cloisonnement cellulaire regulateur soit pos- sible. Herlant a tres soigneusement 6tudie ces ph@nomenes Literarisch-kritische Rundschau 109 de reglage dans ses @ufs dispermiques et trispermiques; il a etabli qu’ils sont soumis aux lois ordinaires de la me&canique cellulaire, que les amphicaryons se comportent exactement comme les monocaryons, dont ils ne different que par leur volume et le nombre de leurs chromosomes, et que la polyspermie n’exerce sur le mode d’action de ces lois, aucune influence specifique Dans les blastomeres ou la regulation numerique des noyaux et des centrosomes est empeächee ou se fait trop lentement, les karyokineses se succ@dant sans interruption, produisent rapide- ment le chaos des noyaux et des centres dont j’ai parl& plus haut, puis des mitoses polycentriques et enfin la necrose localisce. Il est clair, que plus la polyspermie est forte, moins les conditions d’une regulation nucleaire suffisante sont favorables. Ainsi dans les @ufs dispermiques, lors de la seconde division, l’euf se segmente en six cellules, comme dans le Doppelspindel- typus de Boveri (Fig. 2), et de ces six cellules, quatre deja sont mononuclöees, tandis que deux seulement contiennent encore deux noyaux; et encore ces deux blastomeres auront-ils beaucoup de chances de donner, dans la suite, des derives mononuelees. G’est done, en derniere analyse, ‚la simple application, dans des conditions favorables ou de- favorables, des lois normales du mecanisme des divisions nucl&aires et cellulaires, qui fait qu’un uf polyspermique subira des arr6ts localises de 110 Literarisch-kritische Rundschau. la segmentation et avortera, ou bien sera capable de poursuivre normalement le cours de son onto- genese et de donner naissance A un embryon bien conforme. Car le pouvoir de l’auf n’est pas altöre, son dynamisme est intact et il n’a besoin pour se developper rögu- lierement que de se diviser en cellules n’ayant chacune qu’un noyau et un centrosome. Mais alors pourquoi ces embryons et ces Jarves sont-ils quand meme voues a une mort fatale? Ilyaa cela deux causes: une est un fait, l’autre est une deduetion tres plausible que l’on peut tirer des observations. Le fait est le suivant: dans tout embryon ou toute larve provenant d’un «uf dispermique ou polyspermique, il ya deux especes de noyaux, differant par leur volume et le nombre de leurs chromosomes. Les derives de l’amphicaryon sont des noyaux normaux pour l’espece, les autres sont des noyaux reduits et le restent. Or les larves polyspermiques permettent ici de saisir sur la vif l’application de la loi de R. Hertwig sur les rapports de masses qui existent entre le protoplasma et le noyau. Les noyaux normaux sont contenus dans de grandes cellules, les noyaux reduits, au contraire, dans de petites cellules. @Quand la differen- ciation des organes et des tissus se fait, ils sont construits sur deux mesures; dans une larve dispermique, par exemple, il y aura dans une moitie du corps de gros neuroblastes et de gros myoblastes, tandis qu’ils seront de taille beaucoup plus reduite dans l’autre moitie; dans un embryon provenant d’un oeuf pentaspermique, !/;s du corps aura des cellules et des noyaux normaux, tandis que dans les */>s restants ils seront reduits. Une semblable structure est &videmment incompatible avec un fonetionnement harmonieux des organes et explique bien yw’aucune larve ne puisse atteindre l’etat adulte. Mais si elle etait l’unique cause de la mort, une larve aurait des chances de survie d’autant plus grandes qu’elle serait plus polyspermique, puisqu’elle serait de plus en plus homogene. Or, c’est precisement l’inverse que l’on constate. Herlant a vu un de ses tetards dispermiques vivre 93 jours, alors que le meilleur produit de mes &levages n’a pas depasse 10 jours. L’explication est donc incomplete, et, en l’absence de faits objectifs, nous ne pouvons la completer que par deduction. Literarisch-kritische Rundschau. all 1. Il est possible que dans les regions & monocaryons, il y ait insuffisance quantitative de la chromatine dans les cellules. Les beaux resultats de certaine parthenogeneses exp@rimentales paraissent plaider contre cette maniere de voir. Mais il ne faut pas perdre de vue que Delage soutient que chez les larves parthenogendtiques d’Oursins, le nombre des chromosomes est redevenu normal: dans mon travail cite plus haut, sur la parthenogenese de l’owuf de grenouille, j’ai reconnu que les noyaux d’un tetard de 18 jours, contenaient en general beaucoup plus que le nombre reduit de chromosomes. Or si dans la parthenogenese, les monocaryons d’origine femelle sont capables de doubler leurs chromosomes, les mono- caryons d’origine spermatique n’ont pas ce pouvoir, et cette difference peut etre mise en parallele avec les resultats brillants que peut donner la parthenogenese, opposes aux resultats deplo- rables de la polyspermie. I y a la matiere a des recherches nouvelles dont je ne soupconnais pas l'interet en 1910. 2. Mais il est possible aussi, probable meme, que chaque spermatozoide ait de petites proprietes specifiques qui le dis- tinguent de ses semblables. Et ces legeres differences person- nelles produiront d’imperceptibles variations de details dans la structure et le fonetionnement des zones de l’embryon oü se sont repartis les derives de leurs noyaux. La larve serait ainsi une mosaique dont les composants ne se distingueraient que par des details infimes, invisibles A nos yeux, mais suffisants pour donner a l’ensemble un caractere d’heterogeneite incompatible avec une bonne organogenese et une histogen6ese bien adaptee. Il y a la aussi une cause de mort d’autant plus rapide que la polyspermie est plus forte, et sı la realit&E s’en verifiait, elle serait du plus haut interet. Il faut noter d’ailleurs que les deux ordres d’actions que je viens d’enumerer ne s’excluent nullement, et peuvent m&eme converger vers le möme resultat. Les proprietes specifiques des divers spermatozoides rendent tr&es bien compte notamment, du fait que deux embryons provenant d’@ufs au me&me degre de polyspermie, ou deux embryons dispermiques, peuvent ne pas mourir en meme temps 11 Literarisch-kritische Rundschau. Tels sont les r&sultats principaux de mes recherches et de celles de Herlant. Nous n’avons tir& nos conclusions qu’apres une comparaison soigneuse de nos r£sultats avec les donnees bibliographiques, mais celles-ci ne pouvaient trouver place dans cet article. Nous nous estimerons heureux si nous avons pu contribuer ä montrer que la polyspermie est un moyen d’analyse scientifique aussi precieux que la merogonie, la parthenogenese experimentale et l’isolement ou la destruction des blastomeres. Literarisch-kritische Rundschau. 113 Methoden und Versuche zur Erforschung der Vita propria abgetrennter Gewebs- und Organstückchen von Wirbeltieren. Besprochen von Oscar Hertwig. In den letzten Jahren hat die Erforschung der Vita propria von abgetrennten Gewebs- und Organstückchen der Wirbeltiere durch eine Reihe von Untersuchungen erfreuliche Fortschritte gemacht, über welche auch in diesem Archiv ein kurzer über- sichtlicher Bericht erstattet werden soll. Die Fortschritte sind durch die Ausbildung und Vervollkommnung von zwei Methoden herbeigeführt worden, 1. durch die Methode der Transplantation, welche schon etwas älteren Datums ist, und 2. durch die neu eingeführte Deckglaskultur. Was die erste Methode betrifft, so haben namentlich patho- logische Anatomen und Chirurgen schon häufiger Experimente darüber angestellt, wie viele Tage und Wochen Epithel-, Periost- oder andere Gewebsstückchen, wenn sie nach ihrer Abtrennung unter geeigneten Bedingungen, vor Fäulnis geschützt, aufbewahrt werden, noch lebend bleiben, obwohl sie der Ernährung durch den Blutkreislauf entbehren. Die Prüfung, ob sie noch am Leben sind, wird bei derartigen Experimenten in der Weise ausgeführt, dass die aufbewahrten Gewebsstückchen wieder einem artgleichen lebenden Tier an geeigneter Stelle nach bestimmter Zeitdauer implantiert werden. Ob die Implantate noch lebend oder ab- gestorben sind, muss sich bei weiterer Beobachtung dann daran erkennen lassen, dass sie im ersten Fall wachsen und Zellteilungen zeigen, während sie im andern Fall vom Wirtsgewebe als ein toter Fremdkörper unter Ansammlung von Leukozyten resorbiert werden. Trotz zahlreicher Untersuchungen ist die Frage noch wenig geklärt: An der Zuverlässigkeit und Richtigkeit mancher Literaturangaben sind Zweifel gewiss gerechtfertigt. Denn es ist nicht immer leicht zu unterscheiden, ob das wachsende Gewebe vom Transplantat oder vom Wirt herrührt. Dass indessen eine Vita propria an isolierten Gewebsstückchen auch bei warmblütigen Wirbeltieren lange Zeit bestehen kann, haben in einer einwand- freien Weise P. Ehrlich (1906), Michaelis (1905), O0. Hertwig und Poll (1907) in ihren Untersuchungen an Mäusekarzinomen festgestellt. 114 Literarisch-kritische Rundschau. Ehrlich hat Stücke eines Mäusetumor in einem Kältespind bei 8’- 22° unter Null 2 Jahre lang aufbewahrt und als er Teilchen derselben auf 60 Mäuse überimpfte, beobachtet, dass wenigstens in einem Fall sich aus dem Transplantat in 2 Monaten ein Tumor von Kirschgrösse entwickelte, der dem Typus der Ausgangs- geschwulst, einem alveolären Karzinom, vollkommen entsprach. Noch viel günstigere Ergebnisse erbielten Hertwig und Poll bei ihren in grösserem Maßstab planmässig durchgeführten Experimenten. Die unter strenger Beobachtung der Vorschriften der Asepsis herauspräparierten Mäusetumoren wurden sofort in sterile Gaze eingehüllt und in Petrischalen eingeschlossen, die zuvor durch Hitze sterilisiert worden waren. Um einen Wasserverlust der Gewebe durch Eintrocknung zu vermeiden, wurden die (rlaswände mit einigen Tropfen abgekochten Wassers befeuchtet. Die Petri- schalen wurden in einem Eisschrank, dessen Temperatur zwischen 0° und + 2° C. schwankte, in drei Versuchen 5, 11 und 15 Tage aufbewahrt. Im ersten Falle entwickelten sich kleine Stückchen des im Eisschrank aufbewahrten Tumors, als sie auf 20 weisse Mäuse überimpft wurden, bei 13 Tieren nach Ablauf mehrerer Wochen zu entsprechenden Geschwülsten, die in einigen Fällen die riesige Grösse einer Walnuss erreichten. Bei 11 Tage langer Auf- bewahrung ergab die Transplantation noch 72,6 Proz. positive Resultate. Von 15 weissen Mäusen wurden !l mit Karzinom infiziert. Im dritten Fall wurden Tumorstückchen auf 7 Mäuse trans- plantiert, von denen 4, einige erst nach längerer Zeit, krebskrank wurden. Somit lieferte auch dieser Versuch noch 56 Proz. erfolg- reiche Überimpfungen, trotzdem der Tumor 18 Tage lang ausser- halb des lebenden Körpers aufbewahrt worden war. In den drei Versuchen liess sich beim Vergleich mit normalen Transplantationen feststellen, dass in der ersten Zeit nach der Überimpfung die angehenden Keime von Geschwülsten, die längere Zeit im Eisschrank aufbewahrt worden waren, sehr langsam wuchsen und erst später ein rascheres Tempo einschlugen, der Art, dass schliesslich auch anf diesem Wege noch „Riesentumoren“ ent- standen. Durch die Transplantationsmethode hat sich somit der sichere Beweis einer Vita propria von langer Dauer erbringen Literarisch-kritische Rundschau. 1115, lassen. (Grössere oder kleinere Zellgruppen bleiben ohne Frage in isolierten Geschwulststückchen, trotzdem sie von Blut und Säften nicht mehr durchströmt werden, am Leben und werden unter günstigen Bedingungen wieder zum Ausgangspunkt von Geschwülsten, in denen sich die charakteristischen Eigenschaften des ursprünglichen Ausgangstumors Punkt für Punkt erhalten finden. Die zweite Methode, die Deckglaskultur, ist im letzten Jahrzehnt von den amerikanischen Forschern Harrison und Lewis, Carrel und Burrow ausgearbeitet worden. Ihr Ziel war, auch ohne das Hilfsmittel der Transplantation kleine Stückchen von Organen und Geweben kalt- und warmblütiger Wirbeltiere nach ihrer Abtrennung vom Tier nicht nur während längerer Zeit am Leben zu erhalten, sondern auch in der Kultur zu selbständigem Wachstum zu bringen. Harrison wollte bei Vornahme seiner Versuche namentlich das Wachstum und die Differenzierung von kleinen, lebenden Organteilen undifferenzierter Amphibienlarven, in erster Linie aber die Entwicklung der Nervenfasern, an mikro- skopischen Präparaten verfolgen. Von Froschlarven, bei denen das Medullarrohr zum Verschluss gekommen war und ebenso wie die Mesodermsegmente noch aus undifferenzjierten, embryo- nalen Zeilen zusammengesetzt ist, entnahm er mit sorgfältig sterilisierten Instrumenten unter dem Präpariermikroskop kleine Organstückcehen, einen Teil des Hirn- oder Nervenrohrs, oder der Mesodermsegmente, oder ein Nasengrübehen und übertrug es auf ein Deckgläschen in einen Tropfen Lymphe, der unter strenger Einbaltung der Regeln der Asepsis mit einem Kapillarröhrchen aus einem Lymphsack eines erwachsenen, anästhetisch gemachten Frosches entnommen wird. Das Deckgläschen wird dann um- gewendet, über die Vertiefung eines hohlgeschliffenen Objektträgers gelegt und durch Überstreichen seiner Ränder mit flüssigem Paraffin befestigt. Da die Lymphe rasch gerinnt, wird das embryonale Gewebsstückchen in seiner Lage im Tropfen fest- gehalten; zugleich befindet es sich in einem ihm adäquaten, indifferenten Medium und in einer hermetisch ‘abgeschlossenen Luftkammer, in welcher ihm ein kleiner Vorrat von Sauerstoft zur Verfügung steht. Der gute Erfolg des Verfahrens hängt lediglich davon ab, dass keine Bakterien und Pilzsporen bei Anfertigung des Präparates mit in die abgeschlossene Kammer hineingeraten und in der Lymphe einen geeigneten Nährboden 116 Literarisch-kritische Rundschau. zur Vermehrung finden. Daher müssen nicht nur alle Instrumente, Scheren, Messer, Nadeln, Pipetten, Objektträger, Deckgläschen, im Heissluftsterilisator desinfiziert werden, sondern es muss auch der Frosch, dem man die Lymphe entnimmt, möglichst bakterien- rein gemacht werden. Auf diese Weise konnten in einigen absolut steril gebliebenen Präparaten die Gewebe von jungen Froschembryonen und Larven über 5 Wochen und in vielen Fällen wenigstens I bis 2 Wochen am Leben erhalten werden. Dass dies wirklich der Fall ist, lässt sich durch Beobachtung verschiedenartiger Lebenserscheinungen, wie Vermehrung, amöboider Bewegung und Differenzierung ein- zelner embryonaler Zellen feststellen. Vom Rand des Organ- stückchens sieht man nicht nur Zellstränge in die Lymphe hinein- wachsen, sondern auch einzelne Zellen sich abtrennen und unter amöboider Veränderung ihrer Form durch die Lücken im Fibrin- gerinsel fortwandern. Zellen der Muskelplatte, die von dem Froschembryo vor Eintritt der Differenzierung isoliert wurden, haben noch im höchst möglichen Grad die Fähigkeit zur Ditferenzierung; es lässt sich in ihnen die Bildung von typisch quergestreiften Muskelfibrillen verfolgen, da man die Untersuchung an den Deckglaspräparaten mit einer homogenen Wasserimmersion (Z. D*) leicht vornehmen kann. An Zellen, die aus dem Nerven- rohr ausgewandert sind, kann man die Bildung von Pigment und amöboide Veränderung ihrer Form im Laufe mehrerer Tage be- obachten. Die auffälliesten Veränderungen aber bieten embryonale Nervenzellen dadurch dar, dass an ihnen, gewöhnlich einen Tag nach Anfertigung des Präparates, einzelne Ausläufer hervor- zusprossen beginnen, die sich Nervenfasern vergleichen lassen. Diese Ausläufer erreichen nicht nur nach einiger Zeit eine erhebliche Länge, sondern verzweigen sich auch mehrfach dicho- tomisch. An ihren freien Enden sind sie verdickt und mit vielen feinsten Ausstrahlungen versehen, die sich durch amöboide Be- wegungen von 5 zu 5 Minuten in ihrer Form und Anordnung verändern. In einem genau beobachteten Fall, den Harrison als typisch bezeichnet, gestaltete sich der Hergang folgendermassen. 1 Tag nach Isolation eines Stückes vom embryonalen Nervenrohr erschien an seinem Rand ein 90 « langer, von einer Zelle aus- gehender Fortsatz von hyalinem Protoplasma (Fig. 1). 8 Stunden Literarisch-kritische Rundschau. 11 7 später waren noch drei weitere Fasern mit verzweigten, ihre Form rasch verändernden Enden unterscheidbar geworden. Ihre durchschnittliche Länge betrug jetzt 220 «. Nach abermals 12 Stunden hatten einige Nervenfortsätze schon eine Länge von Fig. 1. Deckglas-Kultur eines Stückchens vom abgetrennten Medullarrohr eines 3,3 mm langen Embryos von Rana palustris. Nach 25'/» Stunden ist eine Nervenfaser mit verdicktem und verzweigtem Ende hervorgewachsen. 480 « und 11 Stunden später von 600 « erreicht. Wieder nach einem halben Tag mass die längste Faser. nachdem sie seit der letzten Messung 557 4 zugenommen hat, im ganzen 1,55 mm. Auch an einzelnen Zellen, die bei der Präparation in der Lymphe vollständig isoliert worden waren, konnte die Bildung langer ver- zweigter Fortsätze in ähnlicher Weise studiert werden (Fig. 2). m u ng \ BEN \ ie \ N N >. Fig. 2. \ = $ x 52 Stunden alte Deckglas-Kultur einer vom abgetrennten Sr Medullarrohr isolierten Nervenzelle mit langer, zwei- I geteilter Nervenfaser. Das Gewebsstückchen ist einem \ Embryo von Rana palustris entnommen. Ä Die Beobachtungen von Harrison hat Braus durch Her- stellung entsprechender Deckglaskulturen im hängenden Lymph- tropfen nicht nur bestätigt, sondern auch auf andere embryonale Organe ausgedehnt. So gelang es ihm, das pulsierende Herz jüngster Froschlarven zu isolieren und in der geschlossenen Glaskammer länger als 118 Literarisch-kritische Rundschau. eine Woche am Leben zu erhalten der Art, dass es rhythmisch zu schlagen fortfuhr, sich sogar vergrösserte und seine Form durch typische Wachstumsprozesse ein wenig veränderte. Die Methode von Harrison haben Garrel und Burrow zur Kultur von Örganstückchen warmblütiger Wirbeltiere er- weitert. Sie brachten dieselben in ein plasmatisches Medium, das von derselben Tierart entnommen wurde, und schlossen sie auf einem hohlgeschliffenen Objektträger in eine kleine Kammer ein. Das Präparat wurde in einen Brutofen von 37° Celsius gebracht, und auch die mikroskopische Untersuchung wurde bei derselben Temperatur vorgenommen. Auf diese Weise liessen sieh Stückchen von Bindegewebe, Knorpel, Knochenmark, Haut, Cornea, Schilddrüse, Milz, Nebenniere, Niere, Pancreas, Keim- drüsen ete. über 2 Wochen kultivieren. In den ersten Tagen nach Beginn der Versuche erscheinen am Rand aller Präparate Spindelzellen, welche wohl auf Wucherung des bindegewebigen Stromas zurückzuführen sind. Etwas später erscheint dann ein zweiter Typus von epithelialen Zellen, die in Form von Strängen in die geronnene Lymphe des Nährmediums hineinwachsen und je nach der Art der kultivierten Organe Verschiedenheiten dar- bieten. Auch Sarcome und krebsige Geschwülste konnten nicht nur einmal in einer Glaskammer gezüchtet, sondern zu wiederholten Malen von einem Lymphtropfen auf einen zweiten und dritten Nährboden in längeren Zeitintervallen überimpft und in wucherungs- fähigem Zustand erhalten werden. Zuweilen war das Wachstum ein ausserordentlich rasches der Art, dass in einem Fall das gewucherte Gewebe das 22fache des ersten Fragmentes aus- machte. Auf Grund seiner Versuche sah sich Carrel zu dem Ausspruch veranlasst, dass die Kultur normaler Zellen keine grösseren Schwierigkeiten als die Kultur mancher Mikroben bereitet. Durch die von Harrison, Garrel und Burrow einge- führte, neue Methode ist ohne Frage der Nachweis geführt worden, dass unter geeigneten Bedingungen viele Zellen abge- trennter (Gewebsstückchen eine, zwei und mehr Wochen am Leben erhalten werden können. Dagegen muss es wohl als zweifelhaft bezeichnet werden, ob dieser Zustand des Überlebens dem normalen entspricht und mit ihm verglichen werden kann. Literarisch-kritische Rundschau. 119 Denn einmal ist das flüssige Medium in der Kultur, der ge- ronnene Lymphtropfen, doch jedenfalls ein wesentlich anderes als der Saftstrom, in dem sich die Organe im lebenden Körper befinden. Es wäre geradezu wunderbar, wenn die Zellen auf die in ihrer Umgebung und in ihren ganzen Ernährungsverhältnissen eingetretenen grossen Veränderungen nicht in ihrem Lebens- prozess entsprechend reagieren sollten. In dieser Beziehung scheint mir doch ein grosser Unterschied zwischen einer Kultur von Organstückchen eines Wirbeltieres, zumal eines Warmblüters, und einer Kultur von Bakterien zu bestehen; denn diese sind nicht nur einzellige und schon dadurch an mehr wechselnde Ver- hältnisse der Umwelt angepasste Lebewesen, sondern auch ausserdem noch in ihrer Organisation von der allereinfachsten Art Ein zweiter Punkt, der bei der Beurteilung der Deckglas- kulturen wohl auch nicht ausser acht zu lassen ist, scheint mir der Umstand zu sein, dass bei den abgetrennten Gewebsstückchen alle normalen Nachbarschaftsbeziehungen, durch die im lebenden Organismus ihr Verhalten reguliert wird, ganz in Wegfall ge- kommen sind. Auch in dieser Beziehung ist von vornherein kaum zu erwarten, dass zum Beispiel die Bildung langer ver- zweigter Fortsätze an Zellen von Stückchen des abgetrennten Nervenrohrs uns ein Bild von der formativen Tätigkeit derselben Zellen gibt, wenn sie sich im normalen Verband im Organismus befinden würden. Wie sich in Wirklichkeit die Nerven- bahnen im Embryo entwickeln, darüber kann uns doch wohl nur das Studium des normalen Bildungs- vorganges im Embryo selbst eine richtige Vorstellung geben, so interessant auch die Erscheinung ist, wie sich an einer isolierten embryonalen Nervenzelle ihr Leben im Deckglas- präparat betätigt. Trotz dieser Einschränkungen haben durch die Einführung der Deckglaskulturen nicht nur unsere experimentellen Methoden eine sehr verdienstliche und erfreuliche Bereicherung erfahren, sondern es ist auch durch sie ein neues Arbeitsgebiet erschlossen worden, das gewiss noch manche lohnende Ausbeute über die Lebenstätigkeit der Zellen unter veränderten Bedingungen liefern wird. 120 Literarisch-kritische Rundschau. Literaturverzeichnis. Ehrlich, P.: Experimentelle Karzinomstudien an Mäusen. Arbeiten aus dem Institut für experimentelle Therapie zu Frankfurt a. M., 1906. Hertwig, Oscar und Poll, H.: Zur Biologie der Mäusetumoren. Abhandl. der Königl. Preuss. Akad. d. Wissensch , 1907. Michaelis, L.: Experimentelle Untersuchungen über den Krebs der Mäuse. Medizinische Klinik, 1905. Carrel, Alexis andBurrow: Cultivation of adult tissues and organs outside of the body. Journal of tbe American medical association, Vol. LV, 1910. Derselbe: Cultivation of Sarcome outside of the body. Second note. Ebenda, Vol. LV, 1910. Derselbe: Human Sarcome cultivated outside of the body. Third note. Ebenda, Vol. LV, 1910. Harrison: Ross Granville.e The development of peripheral Nerve fibers in altered suroundings. Arch. f. Entwicklungsmechanik der Organismen. XXX. Bd., 1910. Derselbe: The outgrowth of the nerve fibre as a mode of protoplasmie movement. Journal of experimental Zoology, Vol. IX. Braus, H.: Die Entstehung der Nervenbahnen. Gesellsch. deutscher Natur- forscher und Ärzte. Verhandlungen 1911. Derselbe: Demonstration und Erläuterung von Deckglaskulturen lebender Embryonalzellen und Organe. Münchener med. Wochenschrift, 1911. Burrow: The growth of tissues of the chick embryo outside the animal body, with special reference to the nervous system. Journ. of experim. Z00l., Vol. X, 1911. Literarisch-kritische Rundschau. 121 Über frühzeitige Exstirpation von Extremitäten-Anlagen beim Frosch. Ein experimenteller Beitrag zur Entwicklungsphysiolegie und Morphologie der Wirbeltiere unter besonderer Berücksichtigung des Nervensystems. Mit 18 Figuren im Text und 7 Tafeln. Zeitschr. f. wiss. Zool,, Bd. 99, Nr. 2, 8. 189-355, 1911. Von Bernhard Dürken, Göttingen. Durch funktionsphysiologische Untersuchungen an höheren Wirbeltieren wissen wir, daß der allgemein als Cerebellum oder Kleinhirn bezeichnete Abschnitt des Centralnervensystems als Koordinationsorgan für die Bewegung der Extremitäten eine große Rolle spielt. Geht man nun von der Tatsache aus, daß besonders stark in Anspruch genommenen ‚peripheren Organen besonders gut ausgebildete Nervencentren zu entsprechen pflegen, und setzt man zunächst gleiche Funktion des Cerebellum bei allen Wirbel- tieren voraus, so wird man zu der Annahme neigen, daß das Kleinhirn überall da eine bedeutende Ausbildung zeigen wird, wo paarige Extremitäten für die Locomotion (im weitesten Sinne) in Frage kommen. Das ist aber tatsächlich nicht der Fall. Vielmehr ist die Ausbildung des Kleinhirns eine ganz ungleiche; während z. B. die Selachier ein mächtiges Cerebellum besitzen, obwohl die paarigen Extremitäten morphologisch und physiologisch noch verhältnismäßig unbedeutend sind, ist das Kleinhirn der anuren Amphibien, deren Extremitäten in jeder Beziehung in den Vordergrund treten, nur eine kleine Platte. Der Gedanke, daß die Ausbildung des Cerebellum einmal durch die Beziehungen zur locomotorischen Wirbelsäule, das andere Mal zu den Extremi- täten bestimmt sei, verliert schon durch diese Tatsache den Boden, vor allem aber dadurch, daß die mit locomotorischer Wirbelsäule begabten Cyclostomen ein nur relativ kleines Cerebellum besitzen. Es erhebt sich daher die Frage: ist wirklich der gemein- hin als Kleinhirn bezeichnete Abschnitt bei allen Wirbeltieren gleichwertig? Entspricht dem Kleinhirn der Säuger als Koordi- nationsorgan der Extremitätenbewegung bei den niederen Wirbel- tieren ein anderer Hirnabschnitt und welches ist dann dieser Abschnitt? Um der Lösung dieser Fragen näher zu kommen, war es nötig, bei einem niederen Wirbeltier diejenigen Hirnteile Archiv f. mikr. Anat. Bd. 79. Abt. I. 9 122 Literarisch-kritische Rundschau. festzustellen, welche überhaupt zu den Extremitäten in Be- ziehung stehen. Als Untersuchungsobjekt wurde Rana fusca gewählt. In der Voraussetzung, daß die Beziehungen der Extremi- täten zum Gehirn auch in der Öntogenese, und zwar hier als Entwicklungsbeziehungen, vorhanden sind, wurde zur Feststellung derjenigen Hirnteile, welche irgendwie mit den Extremitäten bezw. ihren Funktionen zusammenhängen, die Methode der embryonalen Exstirpation gewählt, in der zunächst hypothetischen Annahme, daß dem frühzeitigen experimentellen Unterdrücken von Extremi- täten korrelative Entwicklungsstörungen im Centralnervensystem entsprechen würden. wodurch die unmittelbare und mittelbare Lokalisation der Gliedmaßen gekennzeichnet würde. Diese Voraus- setzungen haben sich bestätigt. Die jungen Extremitätenanlagen wurden in verschiedenen Combinationen exstirpiert. Von besonderem Erfolg begleitet war die Exstirpation einer Beinanlage, und zwar entweder des linken Hinter- oder des linken Vorderbeins.. Die linke Körperseite wurde aus technischen Gründen gewählt. Die Operationen wurden an drei Materialserien (Serie O, I, II ) ausgeführt, die sich durch ungleiches Alter des Ausgangsmaterials unterschieden, das bei der Serie II am jüngsten war. Die Form der exstirpierten Extremität war bei Serie 0 eine etwa 0,5 mm lange Knospe, bei’Serie I und II entsprechend kleiner, bei Serie II nur mit Mühe bei stärkerer Vergrösserung feststellbar. Ohne auf die Operation und die Aufzucht des Materials weiter einzugehen, seien nun die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung mitgeteilt. Bei mäßig frühzeitiger Exstirpation nur einer oder mehrerer Gliedmaßenanlagen bei Rana fusca (Serie 0) und Verhinderung einer Regeneration fehlt nur die in der Anlage exstirpierte Extremität; die übrigen Beine sind normal entwickelt: bei sehr frühzeitiger Exstirpation einer Beinanlage (Serien I und II) und der dadurch erzielten völligen Unterdrückung des betreffenden Beines zeigen in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle die drei anderen Extremitäten schwere Mißbildungen in der Form von Entwicklungshemmungen. In einzelnen Fällen kann diese Hemmung bis zur gänzlichen Unterdrückung eines nichtoperierten Beines gesteigert sein. Literarisch-kritische Rundschau. »3 Nach frühzeitiger Exstirpation (Serie 0) einer Hinterbein- anlage und dem dadurch bedingten Fehlen eines Hinterbeines fehlt stets die zugehörige Beckenhälfte vollständig; auch der zugehörige Querfortsatz des Sacralwirbels ist dann schwächer als normal entwickelt; nach entsprechender Exstirpation des Vorder- beines fehlt die zugehörige Hälfte des Schultergürtels nie voll- ständig; sie ist stets als ungenügend entwickelte Knorpelspange vorhanden: der zugehörige Querfortsatz ist ebenfalls weniger in Mitleidenschaft gezogen als der entsprechende Fortsatz des Sacralwirbels. Den verkrüppelten Gliedmaßen der Serien I und II ent- sprechen mangelhafte Extremitätengürtel und Querfortsätze. Also zeigen freie Gliedmaßen, Gürtel und zugehöriger Teil des Achsenskeletts einen wechselseitig entsprechenden Ausbildungs- grad, der auf Entwicklungskorrelationen zwischen diesen Teilen beruht. Nach mäßig frühzeitiger Exstirpation einer Beinanlage (Serie 0) zeigen in günstigen Fällen am Ende der Metamorphose peripheres und spinales Nervensystem, Mittel- und Vorderhirn anormale Asymmetrien; der histologische Zustand dieser Teile ist stets normal. Im Mittelhirn wird die Asymmetrie hervor- gerufen durch die Minderung der mit der Exstirpation gleich- seitigen Hälfte. Im Vorderhirn ist die Formreaktion bei Exstirpation eines Hinterbeines und eines Vorderbeines ungleich lokalisiert; im ersteren Falle zeigt sich die Reaktion vorwiegend, jedoch nicht ausschließlich, in der gleichseitigen, im letzteren vorwiegend in der gekreuzten Hemisphäre. Nach sehr frühzeitiger Exstirpation einer Beinanlage und damit verbundener Mißbildung der drei anderen Beine (Serien I und II) bleibt im Nervensystem die Entwicklungshemmung nicht beschränkt auf die Nerven und Üentren des exstirpierten Beines, sondern greift über auf die nervösen Centren der nicht operierten Fxtremitäten. Hand in Hand damit geht die unvollkommene Entwicklung der nicht operierten Gliedmaßen und ihrer Gürtel. Aus den gesamten, experimentell erzielten Mißbildungen geht hervor, dass einerseits das periphere und centrale Nerven- system durch die Entwicklung peripherer Organe oder durch deren primäre Unterdrückung in ihrer eigenen Formgestaltung 9* 124 Literarisch-kritische Rundschau. beeinflußt werden, daß andererseits aber die normale Form- bildung der nervösen Gentren Voraussetzung ist für eine normale Entwicklung der Extremitäten. In diesen wechselseitigen Be- ziehungen treten echte Entwicklungskorrelationen zutage. Die neurogenen Mißbildungen der Gliedmaßen zeigen eine Beeinflussung der Embryonalentwicklung durch das Nervensystem, die aber nicht auf einer diesem spezifischen morphogenetischen Funktion beruht, sondern auf Entwicklungskorrelationen, wie vor allem aus der umgekehrten Beeinflussung der Gehirnentwicklung durch die Beinentwicklung hervorgeht. Ist infolge von frühzeitiger Exstirpation einer Beinanlage zunächst der zugehörige Teil des Gentralnervensystems geschädigt worden, so fällt eine etwaige später einsetzende Regeneration des peripheren Organs mangelhaft aus. Durch die Entwicklungshemmungen ist die Lokalisation der paarigen Extremitäten des Frosches im Mittel- und Groß- hirn erwiesen. Am heftigsten reagiert hat das Mittelhirn, und man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß dort besonders lebhafte Beziehungen zur Extremitätenbewegung vorliegen. Das Kleinhirn steht zu den Extremitäten in keiner Beziehung. Daher wird die Frage nach der Gleichwertigkeit des jetzt all- gemein als „Kleinhirn“ bezeichneten Hirnabschnitts. bei allen Wirbeltieren und im Anschlusse-daran die Frage nach der Homo- logie der einzelnen Hirnteile überhaupt in den Vordergrund gestellt. Aus dem anatomisch-biologischen Institut der Universität Berlin. Die Spermiogenese beim Pferde. I. Von : Dr. S. Kirillow Prosektor am anatomischen Institut der Tierärztlichen Hochschule in Kasan. Hierzu Tafel VII und 1 Textfigur. Das Studium der Spermiogenese beansprucht in neuerer Zeit ein erhöhtes biologisches Interesse. Für eine grosse Anzahl rein morphologischer Fragen ist die Samenbildung der Tiere eine Fundgrube neuer Erkenntnis geworden. Vorzüglich aber fordert die moderne cytologische Richtung der Erblichkeitsforschung ge- bieterisch eine recht vollständige und systematische Durcharbeitung der Keimzellenbildung möglichst zahlreicher Formen. So umfangreich in Anbetracht des grossen Interesses und der Bedeutung derartiger Untersuchungen auch die entsprechende Literatur ist, so sind doch mit Vorliebe die günstigen und be- quemeren Studienobjekte, vor allem niedere Tiere, von den Forschern berücksichtigt worden. Spärlich sind hingegen noch die Kenntnisse auf dem (rebiete der in mannigfacher Hinsicht recht ungünstigen Verhältnisse bei den Vögeln und Säugetieren. So scheint hier die Untersuchung neuer Materialien, vor allem aus den bisher noch nicht studierten Ordnungen wünschenswert. Es nimmt fast Wunder, dass ein so wichtiges und inter- essantes Säugetier wie das Pferd noch keine zusammenhängende und gründliche Bearbeitung seiner Samenbildung gefunden hat. In der Tat aber beschränkt sich unsere Kenntnis von der Spermio- genese der Säugetiere im wesentlichen auf die Ergebnisse an Ratte, Maus, Meerschwein, Katze, Stier und Mensch. Eine Beschreibung vom Aufbau des samenbildenden Epithels beim Pferde haben nur die beiden französischen Tierärzte Mosselman und Rubay (1902) geliefert. Weder aus ihrer Darstellung. noch aus den beigegebenen Abbildungen kann man sich ein Bild von dem tatsächlichen Hergang der Samenbildung machen. Ist sie doch auch nur bestimmt, für die Beschreibung pathologischer Veränderungen im Pferdehoden als ungefähre Grund- Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt. Il. 10 126 S. Kirillow: lage zu dienen. Sie kann daher für die Zwecke der folgenden Darstellung ausser Betracht bleiben. Bei weitem am wichtigsten und grundlegendsten ist die klassische Arbeit von Regaud (1901, 1910) über die Spermiogenese bei der Ratte, die in allen wichtigen Punkten zum Vergleich der Befunde herangezogen wurde. Die vorliegende Untersuchung enthält als ersten Teil einer grösseren Studienreihe über die Keimzellenbildung des Pferdes die gröberen morphologischen Ablaufserscheinungen der Samen- bildung von Equus caballus. An erster Stelle erfülle ich die angenehme Pflicht, Herrn (Geheimrat Prof. Hertwig meinen innigsten Dank für die mir erwiesene Förderung und das rege Interesse für meine Arbeiten auszusprechen. Ebenso danke ich auch Herrn Prof. Poll, ohne dessen Hilfe es mir nicht möglich gewesen wäre, ein so grosses Material zu sammeln und zu bearbeiten. Material und Methoden. Als Material für meine Arbeit dienten dank des liebens- würdigen Entgegenkommens des Herrn Prof. Eberlein, dem ich hier meinen verbindlichsten Dank aussprechen möchte, die Testikel der Pferde, die in der chirurgischen Klinik der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin kastriert wurden. Das Material konnte in vollkommen frischem Zustande fixiert werden. Ein weiterer Teil des Materials stammt aus der Tierärztlichen Hochschule zu Kasan. Herr Medwjedew fixierte auf meinen Wunsch und nach meinen Angaben die Testikel der von ihm kastrierten Hengste und schickte mir die Präparate in 85 proz. Alkohol zu, wofür ich mich auch ihm zum Danke verpflichtet fühle. Aus dem frischen Hoden- gewebe wurden dünne Scheiben herausgeschnitten und zwar längs der langen Achse des Testikels. Diese Scheiben ergaben wieder der Länge und der Breite nach zerlegt sehr handliche, etwa würfelförmige Präparate von 3—5 qmm Gewebeinhalt. Zur Fixierung dienten im wesentlichen die Gemische von Flemming, Tellvesznitzki und Zenker, zuweilen auch die von Carnoy und Bouin. Näheres ergibt eine genaue Tabelle des verarbeiteten Materials mit Angabe der Protokollnummern, des Alters, der Abstammung der Pferde und der Konservierungsflüssigkeiten. Nach der Fixation wurden die Stücke in fliessendem Wasser für die Dauer von 24 Stunden ausgewaschen, dann in Die Spermiogenese beim Pferde. 127 steigendem Alkohol entwässert und durch eine Mischung von Chloroform und Alkohol absolutus und reinem Chloroform in Paraffin eingebettet. Nach solcher Behandlung wurden die Stücke in Serien- schnitte von 5 « Dicke zerlegt, auf den Objektträger aufgeklebt und gefärbt. Die Präparate, welche mit der Flemmingschen Flüssigkeit fixiert waren, wurden entweder nach der Flemmingschen drei- fachen Färbungsmethode behandelt (Safranin, Gentiana-Violett und Orange) in der Modifikation, wie sie im Strasburgerschen Laboratorium in Bonn geübt wird, oder sie wurden der Färbung mit Safranin-Lichtgrün oder endlich nach vorausgegangener Bleichung mittels Wasserstoffsuperoxyds nach dem Verfahren Heidenhains der Eisenalaun-Hämatoxylin-Färbung mit Nach- färbung durch Eosin, Lichtgrün, Orange unterworfen. Der Fixation im Gemisch von Tellyesznitzki liess ich die Färbung entweder nach Heidenhain oder mit dem Hämalaun und Safranin folgen, wie sie Regaud (1909—1910) in seiner ausgezeichneten Arbeit über den Hoden der Ratte angegeben und empfohlen hat. Diese Färbungsmethode lieferte sehr gute Resultate, da sie in bestimmten Stadien eine sehr gute Differenzierung des Kerninhaltes, teils in hämateinophile, bald in safranophile Farbtöne liefert und die Durch- arbeitung und das Aufsuchen bestimmter Spermiogenesestadien überaus erleichtert. Daneben kamen ebenso, wie für die Zenker- Präparate, auf deren gute Jodierung streng geachtet wurde, die gewöhnlichen Färbungen mit Hämalaun-Eosin ete. zur Anwendung. Für die zuletzt genannte Fixation diente vor allem anderen Heidenhains Methode mit oder ohne Nachfärbung. Hier leistete zuweilen auch Bordeauxrot gute Dienste. Für das Zenker-Material wurde überdies noch die Färbung mit der Pikro - Indigo - Carmin - Magentarot - Methode angewandt. Jede von diesen Fixations- und Färbungsmethoden hat ihre Vorteile. Eine brauchbare und möglichst vielseitige Anschauung liefert indessen lediglich der Vergleich und die Kombination der von ihnen dargestellten Einzelheiten. Wie aus der beigefügten Material-Tabelle ersichtlich ist, standen mir neben normalen auch eryptorchide Testikel zur Ver- fügung, die aber vorläufig nur vergleichsweise studiert wurden. Von einer genaueren histiologischen Beschreibung sehe ich gegen- 10* — DD [0 0) S. Kirillow: Tabelle des Materials. q z Ort & Rasse Kon, Zeit Bemerkungen 222 = vierung 11368 | Berlin | 12 F,Z 8.11. 2368| „12%. F STE 3468| „ |10|| Kutschpferd |F, Z, B, T, C|| 21. I. 4475| „ 10|| Oldenburg | T, Z, F, B | 9. II. 5476| „ 3 |Land.+Belg.|| T, Z, F, B || 9. III. | Cryptorchid rechts (b) 6477| „ 3 || Preussisch AA | ER ENUBT 77800, 5 |Mecklenburg| T, F,B 13.11. 8479| „ 5 “ 12 BE SB 3 SF 91488 Seel Han.+Vollbl.| F. T, Z, B |17. II. Cryptorchid rechts (b) 10 | 489 z 3 |Traber,leicht}| F, T, Z 125. III. Der linke Testikel ist | \ klein u. wiegt 80,0 gr, rechte wiegt 180,0 gr 11505 , 5 | Engl. vollbl. BSUrZ Gay: 12 |506 |Kasan|| 8 |Land.+ Arden Jh SElVz Nicht gut fixiert 13]507| „ 112) Landpterd T SOLyE Iso: 14 518 Berlin | 2 R F, T, Z |13. IV.) Cryptorchid rechts (b) 15 1523 |Kasan|| 4 x 7 20. IV 161524 | „ 5 | 2 T: 20. IV. 17525| „ 5 s al 20. IV 18538 Berlin! 9 | Unbekannt SE A 19/5391 „ |9 F, T, Z |\29. IV.|Cryptorchid links (b) 20 | 540 | 100, 18% Öryptorchid rechts (b) 21 1541 2 F, T, Z 129. IV.\, Der linke Testikel ist | | kleiner 22|542l „ | 1) Landpferd 1 N 2315431 „ |1ı mz 2.V. | 24544 |Kasanı 5 t il BEN Nicht gut fixiert 25545 15 An 3.V. | 26 1546 16 3 at 3.V. | 547 16 Ai en 28548) „ |7 \ m 3.V. | 29 549 7 | N N 30 | 550 | 8 i T | 31 | 551 le in 3 We 32|552) „ |ı2| 3 m 3.V. | 331553 |Berlin | 2 5 ARE 1 RE | 341569| „ | 7 || Belgier F,T,Z |9.V. | Nicht gut fixiert 39373110. ,.2°3. | ‚Littauer AZ 13V; | Sehr kleine Testikel 361579| „ |1Y4l Unbekamt | T,Z 17. v. | s7|590| „ | | j T,Zz |17.V.|| Reste von Testikel 38 | 585 A It 2| Preussisch | T, Z, C 23. V. | Die Spermiogenese beim Pferde. 129 Alan | = ey 4 Ss | Ort E Rasse Sn Zeit Bemerkungen S|>: = vierung 39 | 594 Berlin | T, Z. Sublim.-| 25. V. | Der rechte Testikel ist | | Eisessig etwas kleiner 4059| , 1 | Halbblütig BZ 30. V. || 41 | 604 elle PR 2Z av Te) 42605 | „ | 6 | a AO RENTE 43||606|| „, | 3 | ER SZ aan Uryptorchid 44 || 607 19) Formalin 17. VI. 5 45 || 622 R ee ALLAN 46626| „ |2 1 A Be AA &2 — GarEinoy; ‚BB. FB SEöllemmemtun.s- 1 — We li y- Sszensinzikoy: 27 — Zenker. wärtig ab und verspare sie in Anbetracht des grossen Interesses, das sie darbieten, für eine spätere besondere Arbeit. Ausserdem ist aus eben derselben Tabelle ersichtlich, dass das Material von Pferden verschiedener Abstammung und verschiedenen Alters herrührte. Die überaus wichtigen Strukturunterschiede, die Ab- stammung und Alter bedingen, werden ebenfalls Gegenstände meiner künftigen Studien bilden. Gegenwärtig betrachten wir nur die Spermiogenese des Pferdes im allgemeinen oder die histiologische Topographie, um eine Grundlage zu ge- winnen, die als Vergleichsmaterial und Ausgangspunkt dienen kann, und die bisher in der Literatur völlig fehlte. Der Aufbau der Tubuli contorti des Pferdes. Die Tubuli contorti des Pferdehodens sind, wie bei allen Säugetieren, aussen von einer besonders strukturierten Eigen- membran umgeben, auf der in mehreren Schichten das Samen- bildungsepithel aufgelagert ist. Dieses Epithel füllt fast das ganze Lumen des Kanals aus und lässt nur je nach dem Ent- wicklungsstadium der Samenbildung einen grösseren oder kleineren Hohlraum frei. In diesem Lumen befindet sich eine gewisse Menge von Flüssigkeit, in der Spermien schwimmen können. Die Zellen des Samenepithels, die in der sogenannten generativen Schicht nahe der Membran des Röhrchens entstehen, machen in der von anderen Tieren, insbesondere den höheren Wirbeltieren, bekannten Weise eine bestimmte Metamorphose durch, in deren Ablaufe sie in reife Spermien umgewandelt werden, die zur 130 S. Kirillow: Ausstossung bestimmt sind. Die in diesem Entwicklungsgange auftretenden Zellenformen und die im Samenepithel vorhandenen Stützgebilde, die Sertoli-Elemente, sollen zuerst cytologisch charakterisiert und dann behufs Festlegung der Stadienbilder topographisch studiert werden. Für die Orientierung über die an- gewandte Nomenklatur und die allgemeine Folge der Erscheinungen diene das beistehende Schema der Samenbildung. (Nach Poll 1911.) Schema des Spermiogenese. Gonocyten im Keimepithel Archispermiocyten (®) ®) Spermiogonien ® ®) Erste Reifeteilung IN Zweite 9 Reifeteilung Spermium Fig.1. Die Spermiogenese beim Pferde. al Sertoli-Elemente. Von dem Vorhandensein eigentlicher Sertolischer Zellen kann im Pferdehoden ebensowenig wie in den Keimdrüsen anderer Säugetiere (Regaud) genau genommen die Rede sein; denn es gelingt nicht, den Plasmaleib dieser Elemente scharf und deutlich abzugrenzen. Was man erblickt, sind lediglich sehr charak- teristische, in eine Protoplasmamasse eingeschlossene Kerne. Dieses Plasma hängt im ganzen Röhrchen nach der Art eines etwa hohl- zylindrischen Wandbelages zusammen. Es bildet die Grundlage des Sertoli-Syneytiums. Bei jungen Tieren und bei vielen Cryptorchiden ist dieser innere Plasmamantel so dick, dass er fast das ganze Lumen des Röhrchens ausfüllt. Nur inmitten der Lichtung ist das Plasma durch grosse Vacuolen gelockert. Auf die Frage der Existenz von Zellabgrenzungen wird in anderem Zusammenhange zurückzukommen sein. Beim erwachsenen normalen Hengste betten sich in dieses Syneytinm alle Generationen des Samenbildungsepithels ein. Sie liegen indes in manchen Stadien so dieht beieinander, dass zwischen ihnen das Syneytium kaum erkennbar ist. In anderen Stadien hingegen liegen die Zellen lockerer und man vermag dann zwischen diesen Elementen Balken und Stränge des beim Pferde oft im fixierten Präparate deutlich faserigen Syneytiums wahr- zunehmen. Im ganzen sind diese Syneytiumteile an Masse nicht beträchtlich, sie stehen bei weitem hinter der oft viel kompakteren und deutlicher derbfaserigen Plasmamasse zurück, die in der Nähe der Sertolikerne in vielen Stadien wie zylindrische oder konische Pfeiler aus dem Randplasmamantel sich nach der Lichtung des Röhrchens bis zu recht verschiedener Höhe hin erheben. Diese Plasmapfeiler sondern sich beim Pferde oft so deutlich durch Aussehen und Leistung von dem vollständig kontinuierlichen Wandsyneytium ab, dass hierfür die Bezeichnung Sertolizelle sich noch am ehesten aufdrängt. Es muss nun betont werden, dass die derberen Strukturen in einigem Zusammenhange mit dem Wechsel der funktionellen Aufgabe der Sertoli- Elemente ent- stehen und vergehen. Daher die Sertolizelle als solche kaum als beständiger und integrierender Bestandteil des tätigen Samen- bildungsepithels beim Pferde betrachtet werden kann. Es stimmen diese Tatsachen und Deutungen von Regaud (1909) über den syneytialen Charakter der Sertoli-Elemente bei der Ratte besser 132 S. Kirillow: zu den am Pferdehoden erhobenen Befunden. als die Vorstellung von Schönfeld (1902), der den syneytialen Zusammenhang dieser Gebilde für den Stiertestikel scharf bestreitet. Die Kerne der Sertolischen Plasmamasse besitzen im all- gemeinen blasenartige, sackähnliche Formen. Sie sind verhältnis- mässig recht gross, von 6 « bis 10 z. Durchmesser bis zu 18 u grösstem Durchmesser (Fig. S, 9, 10). Ihre Gestalten wechseln sehr stark: sie sind kugelig, ovoid, dreiseitig, prismatisch ete. Sichtlich hängen diese Formvariationen zum Teil von der Raumökonomie im Epithel ab. Sie liegen entweder in der generativen Basalschichte des Epithels an der Membran des Samenkanals selbst mit ihrem grössten Diameter etwa parallel oder senkrecht zur Röhrchen- wand aufgestellt oder aber, sie verlassen diese Schichte und lagern sich in einem mehr lumenwärts gelegenen Niveau zwischen den Spermiocyten, wie dies auf Fig. 2, 8, 9, 11, 12 sichtbar ist. Während der normalen Spermiogenese liegen sie nahezu in gleichen Abständen voneinander im Plasma verteilt, sowohl in der Längs- richtung. als auch in der Transversalrichtung des Tubulus. In den Zwischenräumen liegen Spermiogonien und Spermiocyten. Durch ihre Klarheit, ihre Lage und besonders durch den Besitz eines sehr charakteristischen grossen safranophilen runden Nucle- olus mit glatten Rändern, der sich mit Eisenhämatoxylin intensiv schwärzt, unterscheiden sie sich leicht von den anderen Zellen, die den Samenkanal ausfüllen. Sie sind umschlossen von einer Kern- membran, die in manchen Stadien eingedrückt und gerunzelt ist, ja sogar sehr tiefe Falten aufweist. Diese Falten schneiden zu- weilen so tief ein, dass man beim Studium der Schnitte den Eindruck bekommt, als ob man es hier mit einer amitotischen Teilung zu tun hätte. Im solchen Fällen fehlt in einer der Hälften des Kerns der Nucleolus und in dem umgebenden Protoplasma ist kein Anzeichen einer Einschnürung oder andersartigen Ab- grenzung von Plasmabezirken zu erkennen. Das Innere des Kernes verdankt sein helles und klares Aussehen einer recht beträcht- lichen Flüssigkeitsmenge, die von zarten, oft ganz feinkörnigen, incrustierten Lininnetzen durchzogen wird. In diesem Netze hängt an einem Punkte das grosse Kernkörperchen. Mitosen, andere Vermehrungsvorgänge, degenerative Erscheinungen der Sertolikerne scheinen dem Pferde zu fehlen. Jedenfalls spielen sie sicherlich keine beträchtliche Rolle. Centriolen haben sich nicht Die Spermiogenese beim Pferde. 193 mit Sicherheit erkennen lassen. Sertoliplasma und Sertoli- kerne weichen beim Hengste in keiner irgendwie beträchtlichen Weise von dem Verhalten ab, das sie bei anderen Säugetieren zeigen. Auf die verschiedene Deutung der Zusammenhänge der Elemente ist oben kurz hingewiesen worden. Topographische Histiologie der Samenbildung beim Pferde. Das Studium ein und desselben Samenkanälchens entweder nach Ebners Methode am isolierten Tubulus oder an Reihen- schnitten nach Regaud lehrt, dass vom blinden Ende des Röhr- chens bis zum Rete testis hin der Samenbildungsprozess in Form einer Wellenbewegung abläuft (v. Ebner, 1871). Es wiederholen sich die gleichen Bilder in bestimmten Zwischenräumen in einer gewissen Folgeweise, während auf den Querschnitten des Röhrchens im allgemeinen mit recht scharfen Grenzen sehr verschiedene Phasen oder Stadien des Samenbildungsprozesses hart aneinander- grenzen. Regaud (1901—1910) gebührt das zweite grosse Ver- dienst in der Förderung dieser Frage. Er erkannte beim Studium der Samenbildung der Ratte, dass diese Wellen nicht geradlinig längs der Kanälchenachse ablaufen, vielmehr gelang es ihm zu zeigen, dass sie in einer Schraubenlinie fortschreiten. Die unerlässliche Voraussetzung jedes genauen Studiums der Samenentwicklungsvorgänge bildet die Feststellung, ob und in welcher Art diese Schraubenwelle bei dem gewählten Unter- suchungsobjekte ausgestaltet ist. Ohne solche genaue und ein- wandfreie Festsetzungen bleibt jeder Versuch einer Seriierung der eytologischen Prozesse im Säugetierhoden, besonders der theoretisch so bedeutsamen Wandlungen und Schicksale der Spermiocyten ein haltloses Gebäude ohne sichere Fundamente. Aber auch schon an und für sich bietet der Vergleich einer möglichst grossen Anzahl von Säugetieren nach dem Gesichtspunkte dieser histio- logischen Topographie bemerkenswertes Interesse für die Be- urteilung dessen, was an diesen Vorgängen von allgemein bio- logischer Bedeutung, von phylogenetischer Wichtigkeit, vom Stand- punkte einer Verwandtschaftslehre, von Nutzen für die Variabilitäts- forschung etwa im Lichte der Anpassungserscheinungen sein möge. Auch beim Pferde verläuft die Spermiogenese in einem solchen Spiralband im Hodenröhrchen. Die 1354 Sr Riten Hlzs ideale Darstellungsform dieser Samenbildungsspirale würde die geometrische Konstruktion einer Raumkurve sein, die alle Ele- mente dieser Linie projiziert auf die Wand eines als geraden Zylinders vorgestellten Hodenkanälchens ohne weiteres abzulesen gestatten würde. In Anbetracht der Schwierigkeiten, mit ge- nügender Sicherheit hinreichend viele Messungen zu sammeln und für Equus caballus diese Grundlinie der Spirale zu bestimmen, scheiterte dieses Unternehmen vorläufig auch vorzüglich an der Schwierigkeit, Kanälchen beim Pferde aus dem überaus reichlichen Zwischengewebe in ausreichender Länge zu isolieren, sie passend zu färben und aufzuhellen, um gute Grundlagen für diese Fest- stellung zu gewinnen. Es sollen derartige Versuche noch fortgesetzt werden. An Schnitten und Schnittreihen, an Rekonstruktions- versuchen haftet vorläufig noch der Mangel zu grosser Fehlerquellen. Die Abstände, in denen identische Bilder im Spiralbande der Spermiogenese sich wiederholen, bezeichnen wir mit Regaud als UOyklus. Dieser Cvklus zerlegt sich in einzelne Stadien, deren wir ebenfalls wie Regaud zwölf unterschieden haben. Es soll damit nicht gesagt werden, dass sich nicht andere Einteilungs- arten, vor allen Dingen die Einführung noch weiterer Studien- bilder als praktischer erweisen möchten, was auch Regaud selbst andeutet (S. 237). Es schien indessen angebracht, im Interesse einer gewissen Vergleichbarkeit der Ergebnisse bei den Säuge- tieren von dem Vorgange einer mustergültigen Arbeit, die der Analyse der Rattenspermiogenese, von Regaud abzusehen. Des- gleichen erscheint es wiederum aus dem gleichen Grunde angezeigt, als Ausgangsstelle, gewissermassen als punctum fixum des Cyklus, den Zeitpunkt unmittelbar nach der Elimination der fix und fertig gebildeten Spermien aus ihren Verbindungen mit dem Samenepithel zu wählen. Es ist überdies, wie Regaud treffend ausgeführt hat, ein natürlicher Anfang, der Beginn einer neuen Serie von Lebensprozessen im Epithel, und endlich ein Moment leicht scharf und präzise zu erfassen. Beschreibung der Stadien der Spermiogenese beim Pferde. 1..Stadı um. (Rie1)) Das erste Stadium beginnt mit der Ausschaltung der reifen Spermien aus dem Epithelverbande und dauert bis zum Ende Die Spermiogenese beim Pferde. 155 der Resorption der Restkörperchen, die bei der Ausdifferenzierung der Spermatozoen aus den Spermiden übrig bleiben. Man findet in diesem Stadium Spermien völlig oder nahezu vollkommen frei auf der Oberfläche des Epithels liegen (Abb. 1). Ihre Zahl variiert selbstverständlich in bestimmten Grenzen. Es mag auch wohl vorkommen, dass gar keine reifen Produkte mehr hier zu finden sind, sondern alle schon in die distalen Partien des Röhrchens fortgeführt worden sind. Die Restkörperchen liegen beim Pferde, in der Form safranophiler Körperchen, dem Samenepithel auf und zwar finden sie sich wesentlich am Lumen des Kanals. Sie verteilen sich auch zwischen den Spermiden und reichen selten bis in die generative Schicht hinab, wie dies nach Regauds Darstellung bei der Ratte der Fall ist, und wie wir nach eigenen Kontrollen bestätigen können. Im ganzen sind sie in diesem Stadium schon recht spärlich, spärlicher vielleicht als bei der Ratte. Sie spielen überhaupt im Bilde des Samenepithels beim Pferde nur gegen Ende des Cyklus eine bedeutende Rolle. Die Spermiden sind im Anfang dieses Stadiums noch polygonal, haben einen runden, zentral gelegenen Kern, gegen Ende des Stadiums vertauschen sie ihre polygonale gegen die runde Form und kommen nicht mehr so dicht nebeneinander zu liegen. Ihr hämateino- philer Kern beginnt dann eine unregelmässige Form anzunehmen und sich vom Zentrum der Zelle zu entfernen. Mit dieser ersten Andeutung einer Umwandlung aus Samenbildungszellen zu eigent- lichen Samenbildungselementen dokumentieren sie ihren neuen Charakter ganz grob und äusserlich — durch innere Umwand- lungen können sie schon früher erkennbar sein — und verdienen nunmehr ganz sicher den Namen Prospermien. Zwischen ihnen treten Lücken, Vacuolen auf. Sie liegen in drei bis vier Reihen übereinander und bilden so etwa die an das Lumen an- grenzende Hälfte der Zellenmasse des Epithels. Die Spermiocyten sind in diesem Stadium durch zwei ver- schiedene Formen vertreten, eine ältere Generation, die dem vor- hergehenden Uyklus angehört, liegt im allgemeinen in zwei Reihen dicht unter den Spermiden angeordnet. Es sind sehr grosse Zellen mit einem ziemlich lockeren derben hämateinophilen Chromatinknäuel und safranophilen Lenhossekschen Körperchen. Eine andere, jüngere Generation mit hämateinophilen „croutelles“ oder mit einem Synapsisstadium des Kernes liegt darunter. Letztere 136 SORTE low Form, die eine zweite Generation der Spermiocyten jüngeren Stadiums darstellt, besitzt recht kleine Kerne mit hämateinophilen groben Chromatinbrocken. Sie liegt in der generativen Schicht zwischen den Sertolischen Kernen und kann auch zuweilen ganz fehlen. Regaud bezeichnet diese Stellen als Gonocyten, sie treten bei der Ratte vom X. Stadium an auf. Die Spermiogonien, welche hier gewöhnlich ein ganz feines blasses Netz und einen grossen deutlichen rundlichen safrano- philen Brocken zeigen, sind nicht zahlreich. Es gibt aber auch welche mit „croutelles“ oder solche im Zustande der Mitose, wenngleich diese hier schon recht selten getroffen wird. Denn beim Pferd tritt sie in der Regel in der Hauptsache nach im XIN.. bei der Ratte nach Regaud früher, im IX. Stadium der Samenbildung auf. Die Sertolischen Kerne sind faltig und liegen an der Membran des Samenkanals. II. Stadium. (Fig. 2.) Das zweite Stadium dauert vom Ende der Resorption der Restkörperchen bis zum Beginn der Bildung einer deutlichen Kopfbildung der Prospermien. Die Spermatozoen, die diesen Differenzierungsvorgängen des vorigen Uyklus ihren Ursprung verdanken, sind nunmehr restlos verschwunden. Keines von ihnen liegt mehr auf der Epithel- innenfläche, nur äusserst selten findet sich ein Restkörperchen etwa in der Tiefe des Epithels noch vor, aber nie ein Köpfchen in Symphorese mit dem Sertoliplasma. Es scheint mithin die Ausschaltung der reifen Spermien beim Pferde sich in einem vergleichsweise schnelleren Tempo zu vollziehen und auch vielleicht restloser als bei der Ratte, die nach Regauds bildlicher und wörtlicher Schilderung sogar noch im folgenden dritten Stadium Spermienköpfe erkennen lässt. Selbstverständlich lässt diese Ab- weichung keinen absoluten Vergleich über die Zeitdauer zu; denn es fehlt jeder Anhaltspunkt über die temporäre Folgeweise der Spermiogenesestadien bei der Ratte sowohl wie beim Pferde. Die Spermiden gehen auf dem Wege der Verwandlung in Prospermien ein recht beträchtliches Stück vorwärts. Das gilt sowohl für den Zellenleib, als für die Kerne. Die Zellenkörper ziehen sich in die Länge und isolieren sich weiter voneinander. I Die Spermiogenese beim Pferde. 13 Die Kerne beginnen sich immer mehr und mehr zu kondensieren und vom Zentrum der Zelle weg zu dem Pol hinzu zu wandern, der nach der Peripherie des Kanälchens gerichtet ist. Sie sind im allgemeinen von etwas unregelmässiger Gestalt, spitzen sich aber doch schon an dem aus der Zelle hinausrückenden Ende erkennbar zu, so dass oft etwa die Form eines sehr spitzpoligen Ovoids zustande kommt. Ihr Chromatin ist hämateinophil. Die lappenföürmig dem Kerne angehefteten Körper ragen mit ihrem klumpigen Ende in das Lumen des Kanals hinein und sind lockerer gelagert als im vorhergehenden Stadium, so dass in den zwischen ihnen entstehenden Räumen Vacuolen, feine ge- rinnselartig aussehende Räume sichtbar werden. Die Spermio- cyten sind ebenso wie im vorhergehenden Stadium durch zwei (renerationen vertreten. In der älteren hat sich das Chromatin- faserknäuel aufgelockert und beginnt nunmehr safranophil zu werden. Die Spermiocyten der jüngeren Generation treten in den Zustand der Synapsis ein. Die Spermiogonien besitzen staubartig feine Chromatin- körnchen und sind mit ein oder drei safranophilen Bröckelchen versehen. Sie sind im allgemeinen nicht zahlreich. Die Sertolischen Kerne machen keine besonderen Änderungen durch, stehen aber zuweilen ganz aufrecht. Häufig liegen sie indes auch unten an der Membran zwischen den Spermiocyten und beginnen bereits Anzeichen einer künftigen Fibrillierung ihres Plasmaterritoriums zu entwickeln. 11. Stadium. (Kiez) In den Kernen der Prospermien hat sich das Chromatin stark kondensiert und beginnt allmählich von dem hämateino- philen Zustand sich in den safranophilen umzuwandeln. Dabei ändert sich auch die Form des Kernes. Sie wird breitlanzettlich, einem einseitig zugespitzten, ausgezogenen Kartenkaro ähnlich. Das Uhromatin, bisher in der Form einer deutlichen Kernstruktur ausgebildet, verliert nunmehr seinen Kernbau. Es wird homogener, lässt aber deutlich noch hellere und dunklere Punkte erkennen. An der breitesten Stelle des Karos lagert sich eine besonders intensiv färbbare, dichte Chromatinscheibe oder vielleicht auch nur ein der- artiger Gürtel. Von einer deutlichen Erkennbarkeit der zukünftigen Spermienkopfform ist noch nichts zu bemerken. Der Zellenleib 135 SARA ROW: hängt als scharf begrenzter Plasmalappen etwa von der Form einer elektrischen Glühbirne lumenwärts herab. Deutlich er- kennbar ist die Schwanzmanschette und der Achsenfaden. Die Prospermien fangen an sich in Bündeln zu sammeln. Einzelne beginnen bereits symphoretische Beziehungen zu den Sertoli- Elementen zu gewinnen, die in ihrem Plasmaterritorium jetzt deutliche, dunkle Fibrillierung zu bilden begonnen haben. Bei den Spermiocyten der alten Generation ist der Chromatinfaser- knäuel noch loser wie im vorigen Stadium. Er bildet Schlingen und wird allmählich auch safranophil. Neben einigen Synapsis- bildern beginnt sich in den Spermiocyten der jungen Generation ein fester Knäuel zu bilden. Die Spermiogonien sind ziemlich selten. Es sind unschein- bare Elemente mit derberen Brocken im Inneren. Regaud be- obachtete in diesem Stadium bei der Ratte die erste Mitosis der Spermiogonien, beim Pferde konnte ich eine solche nicht feststellen. In dem syncytialen Protoplasma finden sich reichlich Vacuolen. IV. Stadium. (Fig. 4.) Die Prospermien, die sich bereits im vorigen Stadium in Bündeln zu sammeln begonnen, hatten liegen nunmehr völlig zu Bündeln vereint da, in innigen Beziehungen zum Plasma eines Sertolikernes. Sie drängen sich zwischen die Spermiocyten der älteren Generationen hinein. Ihre Kerne sind noch deutlicher eckig und safranophil. Der protoplasmatische Teil erscheint fein granuliert und die Manschette ist deutlich sichtbar. Die Spermio- cyten der älteren Generation bergen einen safranophilen Chro- matinfaden, der ring- und achtförmige Touren beschreibt. Gegen Ende dieses Stadiums beginnt die Zerfällung in die Kernsegmente. Die Spermiocyten der jungen Generation besitzen meistens einen dichter hämateinophilen Knäuel und bilden manchmal auch noch eine Synapsis. Sie werden allmählich aus der generativen Schicht herausgedrängt, indem die auftretenden Spermiogonien sie in die Höhe heben. Die Sertolischen Kerne haben keine regelmässige Form und ragen weit über die generative Schicht hinaus. Die Spermiogsnien sind von ovaler Form, jetzt zahlreicher mit staubfädenartigen Chromatinpartikelchen und mit safranophilen Brocken ausgestattet. Die Spermiogenese beim Pferde. 159 V2Stadrum?:(Eieb)) Die safranophilen Prospermien haben sich nur wenig verändert. Die protoplamatischen Teile sind deutlich sichtbar, verschmälert und zeigen einen kurzen schwanzartigen Faden. Die Kerne der Spermiocyten der älteren (senerationen ver- lieren ihre Membran, treten in die Karyokinesis ein und bilden Präspermiden (Ebnersche Zellen. Während der Stadien der Äquatorialplatte ist das Chromatin sehr ausgesprochen leuchtend safranophil und wird, nachdem die Chromosomen sich geteilt und sich in die Kerne der Zellen der folgenden Generation verwandelt haben, wiederum hämateinophil. Diese erste Reifungsmitose zeigt überaus charakteristische Eigentümlichkeiten, so dass sie jeder- zeit auf den ersten Blick erkannt werden kann. Die Spindel, an den Polen mit einem sehr feinen Centriol versehen, ist ein etwas ausgebauchter kurzer Doppelkegel. Die Distanz der Centro- some kommt etwa der Breite der Muttersternplatte gleich. Die Chromosome haben eine recht gut erkennbare ellipsoidische Grundform und stehen so dicht nebeneinander, dass die Grenzen sich ganz und gar verdecken. Von der Fläche gesehen liegen sie unregelmässig verstreut. Ihre Zahl genau festzustellen gelang nicht. Es dürften schätzungsweise nicht weniger als 10, nicht mehr als 16 sein. Diese Mitosen liegen sehr ausgesprochen in Nestern zusammen, deren Ausdehnung im Tubulus in recht geringen Grenzen schwankt. Die Spermiozyten der jüngeren (reneration weisen einen festen hämateinophilen Knäuel auf, zuweilen trifft man noch hin und wieder eine Synapsis. Die Sertolischen Kerne schmiegen sich dicht an die Membran, die Spermatogonien besitzen safranophile Brocken und sind im allgemeinen unverändert. VE Stadium. "(Biezo)) Die Prospermien erscheinen noch mehr verändert, sind safranophil, werden weniger eckig und sind zu schönen Bündeln angeordnet. Die Präspermiden sind zum kleinen Teil in Ruhe, zum grösseren in der Mitosis begriffen. Diese Kernteilung besitzt gleichfalls ihre sehr charakteristische Ausgestaltung. Die Spindel ist unverhältnismässig schmächtig, sehr spitzig, die Zellenterritorien oft überraschend gross. Die Spermioceyten der jüngeren Generation, 140 Ss. Kirillow: die jetzt allein übrig sind, liegen in einer Reihe angeordnet über der generativen Schicht. Ihre Kerne sind hämateinophil. Die Chromatinfäden stellen einen festen Knäuel dar. Die Spermiogonien sind oval, mit safranophilen Brocken versehen. Die Sertolischen Kerne liegen an der Membran. Auch dieses Stadium ist gleich dem fünften sehr kurz. VEStadrumaruezn) Die Prospermien sammeln sich zu immer festeren Bündeln, ihre Köpfe sind stark safranophil und haben ihre Eckigkeit der Konturen völlig verloren. Sie haben bereits nahezu die Form der reifen Samenfädenköpfe gewonnen und erleiden nun keine wesentlichen Umformungen mehr. Die protoplasmatischen Anhänge sind feinkörnig und diese staubfeinen Körnchen färben sich wie bei der Ratte sehr stark mit Safranin. Der Achsenfaden ist sicht- bar und ist noch von einer recht deutlichen langgestreckten Manschette umschlossen. Die Köpfe drängen sich dicht zusammen und die starke Fibrillierung des Sertoliplasmas nimmt sie auf. Ihre Einsenkung in die Tiefe des Epithels gedeiht hier nie so weit wie bei der Ratte nach Regauds Schilderung und Abbildungen. Doch ist die Symphorese darum nicht weniger intim. Die neu entstehenden Spermiden sind rund. In ihren Kernen ist ein Netz mit safranophilen Körnchen sichtbar. Sie sind in drei bis vier Reihen unterhalb der Prospermienlage angeordnet. Durch die aufstrebenden Sertolipfeiler gliedern sie sich zu etwa würfligen Gruppen ab. Die Spermioeyten sind nunmehr nur durch eine Generation dar- gestellt, die der bisher als jüngere Altersstufe bezeichneten entspricht. Ihr Chromatinfaden ist hämateinophil und bildet einen dichten Knäuel. Einige beharren auch hier noch auf dem Synapsis-Stadium. Die Spermiogonien sind rundlich und enthalten safranophile Körnchen. Die Sertolischen Kerne stehen oft vertikal und ragen aus der generativen Schicht hervor. Eine Anzahl ruht auf ihrem längsten Durchmesser horizontal gestellt am Grunde, an der Basis der dicht fibrillierten Plasmapfeiler. VII. Stadium. (Fig. 8.) Die Prospermienköpfe sind safranophil, drängen sich zu noch deutlicheren Büscheln zusammen und haben jetzt völlig in Die Spermiogenese beim Pferde. 141 der Flächen- wie in der Kantenansicht ihre endgültige Form erhalten. Sie laufen aus in eine scharfe Kante, die oft leicht umgebogen erscheint. Auf diesem Stadium dringen sie nicht tief zwischen die Spermiden hinein, unterragen höchstens das Niveau der oberflächlichen Schichten. Sie konvergieren leicht mit ihren distalen Enden aut den zugehörigen Sertolikern hin. Das syneytiale Protoplasma zwischen den Sertolischen Kernen und den Prospermien ist schön faserig. In den Plasmaanhängen gewahrt man noch an deutliche Grenzen gebunden die safrano- philen Anlagen der Restkörperchen. Nur hie und da beginnen die Grenzen der protoplasmatischen feinkörnigen Läppchen zu schwinden. Die Spermiden bleiben von jetzt an bis zum Ende des Oyklus, bis sie befreit von der aufliegenden Prospermien- schichte an das Lumen angrenzen, nahezu unverändert. Die Spermiocyten sind durch eine Generation dargestellt, in ihrem Kern bildet der Chromatinfaden einen hämateinophilen Knäuel. Die Spermiogonien sind staubartig mit safranophilen Körnchen versehen und hier in etwas grösserer Menge zu finden. Ob an dieser leichten Vermehrung eine amitotische Zellenteilung die Schuld trägt, wie sie Regaud für die Ratte beschreibt, lässt sich mit Sicherheit nicht feststellen. Die Frage der Amitose bedarf für das Pferd noch genauer Durchforschung, die später bei der ceytologischen Durcharbeitung des Materials gegeben werden soll. Die Sertolischen Kerne ragen senkrecht empor, und noch stärker aus der generativen Schicht hervor. Das faserige Syneytium verbindet den Sertolischen Kern mit den zu demselben strebenden Spermien. Beim Pferde kommen diese niemals dicht an den Sertolischen Kern heran, wie dies bei der Ratte der Fall ist. Sie halten sich immer in einiger Entfernung von ihnen, so dass die Symphorese nur durch die Sertolischen Plasmateile her- gestellt wird. Die Spermiogonien gewinnen hier die eigenartigen bekannten Beziehungen topographischer Art zu den Sertolikernen. Sie drängen sich ihnen dicht an und bauchen oft die Kernmembran zweier Elemente geradezu ein. IX. Stadium. (Fig. 9.) Die Prospermien sind in ihrem letzten Ausbildungsstadium ; die Grenzen ihrer protoplasmatischen Anhänger sind nicht mehr Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt. II. al 142 S. Kirillow: gut zu unterscheiden. Sie haben sich in eine gleichartige mit safranophilen Körnchen durchsäte Masse verwandelt. Diese Körner sind nichts anderes als die Restkörperchen, deren letzte Über- bleibsel im ersten Stadium der Samenbildung uns entgegentraten. Die Prospermien liegen jetzt nicht mehr zwischen den Spermiden, sondern über ihnen. Sie haben sich aus dem syneytialen Verbande loszulösen begonnen, haben die Bündelanordnung zum grossen Teile eingebüsst und liegen schon mehr gleichmässig verteilt als innerste Schichte dem zelligen Samenepithel auf. Aus ihr ragen die Schwänzchen weit in das Lumen des Samenkanals hinein. Die Spermiden sind in drei bis vier Reihen angeordnet, liegen dicht nebeneinander, so dass sie sich infolge des gegenseitigen Druckes polygonal gestalten. Ihre Kerne haben ein hämateinophiles Netz mit einem meist sehr deutlichen safranophilen Körnchen darin. Die Spermiocyten sind durch eine Generation sehr grosser Zellen dargestellt. Der Chromatinfaden ihrer Kerne stellt einen Knäuel von mittlerer Dicke dar. In ihnen befinden sich sehr deutlich Lenhosseksche Körperchen. Die Spermiogonien sind rundlich mit hämateinophilen „cerou- telles“ versehen, ausserdem gibt es noch eine geringe Zahl von staubartigen Spermiogonien. Regaud konstatierte bald bei der Ratte in diesem Stadium die zweite Mitosis der Spermiogonien. Beim Pferde konnte, soweit bis jetzt die Untersuchungen reichen, eine solche Teilung nicht gefunden werden, vielmehr zeigt sich eine mit aller wünschens- werten Deutlichkeit sichtbare Häufung der Spermiogonien-Mitosen erst in späteren Phasen des Cyklus. Ob überhaupt eine doppelte Mitose der Spermiogonien auch für das Pferd zu konstatieren ist, muss vorläufig noch dahingestellt bleiben. Sicher kann man nur sagen, dass sie hier keine sehr grosse Rolle spielen müsste. Jedenfalls waren an diesem Punkte noch eingehende Unter- suchungen anzustellen, zumal da auch Schönfeldt beim Stier zwei Spermiogonien-Mitosen kennt. Ruhende Spermiogonien lassen sich dagegen in der ge- wohnten Form mit staubförmigem Chromatin und safranophilen „mottes“ hier leicht nachweisen. Der Sertolische Kern entfernt sich noch mehr von der Membran, als wenn er den ausgestossenen Prospermien, die sich jetzt in reife Spermien umwandeln, folgen würde, wie dies auch Regaud bei der Ratte vermerkt hat. Die Spermiogenese beim Pferde. 145 X. Stadium. (Fig. 10.) Die Prospermien haben sich jetzt bereits völlig in eigentliche Spermien umgewandelt und damit hat die histiogenetische Ent- wicklungsreihe der Elemente, die im Stadium V die ans Lumen angrenzende Zellenreihe bildete, ihren Abschluss erreicht. Sie liegen unordentlich in unregelmässigen Reihen in einer Grund- masse, die mit den safranophilen Körnchen der immer grösser werdenden Restkörperchen gleichmässig durchsetzt ist. Die Spermiden sind von polygonaler Form, in drei bis vier Reihen angeordnet und zeigen keine besonderen Veränderungen. Die Spermiocyten sind nur durch eine Generation dargestellt, während bei der Ratte nach Regaud in diesem Stadium eine Spermiocytengeneration auftritt, die der zweiten Mitose der Spermiogonien ihre Entstehung verdankt. Ihre Kerne besitzen einen losen Knäuel von Chromatinfäden. Die Spermiogonien nehmen an Zahl zu, die Sertolischen Kerne sind unregelmässig gestaltet, stehen vertikal und sind wieder näher an die Membran gerückt. XI Stadium (Rie2172) Die Spermien sind endgültig ausgestossen und liegen jetzt in einer noch nicht ganz regelmässigen Reihe dicht nebeneinander auf der Oberfläche der Plasmamasse mit den grobbrockigen Rest- körperchen. Die Schwänzchen reichen noch weiter in das Lumen des Samenkanals hinein, aber ihre schraubenartigen Windungen, die für die Ratte so charakteristisch sind, fehlen beim Pferde. Die Spermiden sind noch eckig, ihre Kerne rund. Die Spermiocyten haben einen losen Knäuel und beginnen sich in zwei Reihen zu ordnen, da sie aus der generativen Schicht infolge der Vermehrung der Spermiogonien ausgestossen werden. Die Spermiogonien sind eben zahlreicher geworden. Man begegnet hier schon einzelnen ihrer Mitosen. Die Sertolischen Kerne liegen gewöhnlich höher als die Spermiogonien. XI. Stadium. (Fig. 12.) Die vollkommen reifen Spermien, welche für das Ausstossen fertig sind, liegen nunmehr in einer überaus charakteristischen Weise genau in einer Linie am Rande des Epithels. Unter ihnen liegt eine ziemlich breite Schicht mit Restkörperchen, die auch 1015 144 Eile zwischen die Zellen des Samenepithels hineinreichen. Wie die Spermien, sind auch die Restkörperchen stark safranophil. Die Spermiden beginnen sich abzurunden. Ihr Kern ver- ändert nicht wesentlich seine Form, jedoch allmählich seine Lage. Die Spermioceyten sind durch eine Generation dargestellt und in zwei Reihen angeordnet. In ihren Kernen ist der Knäuel des Chromatinfadens lose. Die Spermiogonienkerne sind selten staubförmig, meistenteils brockenartig und im Zustande der Mitosis. Diese Mitose hat, wie die beiden anderen Kernteilungen, eine überaus charakteristische Gestalt. Sie ist kleiner als die der Spermiocyten, die Äquatorial- platte erscheint übermässig mit Chromatin beladen. Trotz der besten Methoden ist es ganz unmöglich, die einzelnen Chromosome gesondert darzustellen. Nur am Rande ragen sie in Form ab- gerundeter Stäbchen hervor. Die Sertolischen Kerne stehen vertikal an der Peripherie der Samenkanäle. Die Frage der Synapsis. In den Stadien I bis IV, vereinzelt auch in weiteren Phasen, fand ich gewöhnlich Spermiocyten mit synaptischen Kernen. Die Erscheinung der Synapsis wird nicht bei allen Säuge- tieren beobachtet. So ist z. B. bei der Ratte nach Regaud keine Synapsis vorhanden. Dagegen kommt dem Stadien nach Swaen und Masquelin und nach Schönfeld eine ausgesprochene Synapsis zu, ferner dem Hund nach Loisel, dem Menschen, den Lemuren etc. nach Felizet et Branca, dem Meerschweinchen nach Moore und Walker, nach Benda bei den Monotremen, nach van Molle beim Igel, beim Kaninchen nach Regaud (8. 390). In der Beurteilung der Synapsis teilen sich die Forscher in verschiedene Lager. Die einen meinen, dass die Erscheinung der Synapsis eine normale sei, die sich bei einer bestimmten Art von Tieren in bestimmten Stadien findet. Andere sind der Ansicht, dass diese Erscheinung nur durch die Wirkung der Fixations- tlüssigkeit hervorgerufen werde. Andere wiederum sprechen sich dahin aus, dass die Synapsis normal sei, nur dass sie infolge der Fixationstlüssigkeiten noch ausgeprägter werde. Beim Pferde beginnt die Synapsis, wie es scheint, noch vor der Bildung der Kernmembran. Das Chromatin sammelt sich in Form eines Halbmondes, aus dessen offener Seite die Chromatin- Die Spermiogenese beim Pferde. 145 schlingen heraustreten. Die Schlingen nehmen immer mehr und mehr diese offene Seite des Chromatinknäuels ein, und das Chromatin, das bis dahin kompakt war, wird dünn, so dass die Schlingen sichtbar werden. Dieser Halbmond wird schliesslich durch eine Art von Membran, die beide Ecken des Halbmondes verbindet, zu einem Ring geschlossen. Vom vierten Stadium des ersten Cyklus an wird die Synapsis durch einen dichten Knäuel von Chromatinfäden ersetzt. Schliesslich zerfällt der Chromatinfaden im zweiten und dritten Stadium des folgenden Cyklus in einzelne Ringe von bedeutendem Durchmesser. Im vierten Stadium sind diese Ringe noch deutlicher, manchmal jedoch finden sich Ringe, die sich zur Form eines mehr oder weniger grossen Bogens erweitert haben. Diese Bogen nehmen eine solche Lage an, dass ihre freien Enden zur Peripherie, der ausgebuchtete Teil zum Zentrum des Kerns gerichtet ist. Beim Pferde findet sich die Synapsis in allen Präparaten, die nach den besten Methoden konserviert und gefärbt wurden. Um die Technik zu prüfen, wurde in gleicher Weise mit dem Rattenhoden verfahren, und hier wurde ganz wie die Autoren es beschreiben, keine Synapsis aufgefunden. Wir müssen uns daher völlig der Meinung von Regaud anschliessen, dass das Vorkommen oder Fehlen der Synapsis einen je nach der Tierart variablen Faktor darstellt. Von einer Zusammenstellung der Ergebnisse ist Abstand genommen worden, weil dieser erste Beitrag nur den Rahmen darstellt. in dem die cytologischen Untersuchungen, die Variationen nach Lebenslage, Rasse, Alter erst eingetragen werden sollen. Die wesentlichen Differenzpunkte mit den am besten studierten Säugetierspermiogenesen sind jeweils an dem bestimmten Punkte angeführt worden. Es soll zum Schlusse noch darauf hingewiesen werden, dass diese vorliegende Untersuchung der Topographie der Pferdespermio- genese noch mancherlei Lücken aufweist, die spätere Unter- suchungen werden ausfüllen müssen. Als solche seien hier aus- drücklich die Einzelschicksale der Spermiogonien, besonders die Frage der Duplieität ihrer Vermehrungsarten, die Frage ihrer Amitosen genannt. 146 S. Kirillow: Literaturverzeichnis. Benda: Neue Mitteilungen über die Entwicklung der Genitaldrüsen und über die Metamorphose der Samenzellen. Arch. f. Anat. u. Phys., 1891. Ebner: Köllikers Handbuch der Gewebelehre des Menschen. 6. Aufl. VII. Bd., 1902. Hormann: Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 50. Lenhossek: Untersuchungen über Spermatogenese. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 51. Mosselman et Rubay: Üryptorchide et Spermatogenese chez le cheval Annales de medicine veterinaire, 51 Anne, 1902, Bruxelles. Poll, H.: Keimzellenbildung bei Mischlingen. Verhandl. d. anat. Gesellsch. auf der 24. Versammlung Bruxelles vom 7.—11. Aug. 1910. Derselbe: Eierstock und Ei bei fruchtbaren und unfruchtbaren Mischlingen. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 78, Abt. VI, 1911. Derselbe: Vorsamenbildung bei Mischlingen. Ebenda, Bd. 77, Abt. II, 1911. Derselbe: Mischlingskunde und Verwandtschaftslehre. Monatshefte für den naturwissenschaftlichen Unterricht. IV. Bd., 8. Heft, 1911, S. 337—348. Regaud: Etudes sur la structure des tubes s&miniferes et sur la spermato- genese chez les mammiferes. Archives d’Anatomie microscopique, Tome XI, 1909—1910, Paris. Scehmaltz: Die Struktur der Geschlechtsorgane der Haussäugetiere, mit anatomischen Bemerkungen. Berlin 1911. Sehoenfeld: La spermatogenese chez le Taureau, communication pre liminaire. Arch. de Biologie, T. XVII, 1902. Erklärung der Abbildungen auf Tafel VII. Sämtliche Figuren sind mit dem Zeichenapparat auf Objekttisch- höhe entworfen. Alle Zeichnungen sind bei derselben Vergrösserung App. Öl-Immers. 1.30, Leitz !ı., Okul. 4, Tubuslänge 170 mm, ausgeführt von Frau Dr. Schulz-Henke. Spg — Spermiogonien; Spgm — Spermiogonienmitose; Spe — Spermio- eyten; Spem — Spermioeytenmitose; Pspd = Präspermiden; Pspdm — Prä- spermidenmitose; Spd — Spermiden; Psp — Prospermien; Sp = Spermien; S= Sertolikern Fig. 1. Stadium I: Hengst 475. Fixierung: Zenkersche Flüssigkeit. Färbung: Eisenalaunhämatoxylin-Eosin. Fig. 2. Stadium II: Hengst 479. Fixierung: Bouin Färbung: Eisen- alaunhämatoxylin-Eosin. 3. 4. Stadium III und IV: Hengst 479. Fixierung: Tellyesz- nitzki. Färbung: Hämalaun-Safranin. Fie. 5. Stadium V: Hengst 476. Fixierung: Flemming. Färbung: Safranin-Lichtgrün. =) oQ N] =] >10. Ll. Die Spermiogenese beim Pferde. 147 Stadium VI: Hengst 475. Fixierung: Flemming. Färbung: Eisenalaunhämatoxylin-Lichtgrün. Stadium VII: Hengst 468. Fixierung: Zenker. Färbung: Pikro- indigokarmin-Magentarot. Stadium VIII: Hengst 548. Fixierung: Tellyesznitzki. Färbung: Hämalaun-Safranin. Stadium IX: Hengst 569. Fixierung: Zenker. Färbung: Eisen- alaunhämatoxylin-Eosin. Stadium X: Hengst 524. Fixierung: Tellyesznitzki. Färbung: Eisenalaunhämatoxylin. Stadium XI: Hengst 547. Fixierung: Tellyesznitzki. Färbung: Eisenalaunhämatoxylin-Eosin. Stadium XII: Hengst 368. Fixierung: Zenker. Färbung: Eisen- alaunhämatoxylin-Eosin. 145 Aus dem biologischen Laboratorium der Universität Bonn. Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdrüsen auf erwachsene Individuen bei Anuren nebst einem Nachtrag über Transplantationen geschlechtsreifer Froschhoden. Von R. Meyns. Hierzu Tafel VIII. Wie ich in meiner Arbeit: Über Froschhoden-Transplantation dargelegt habe, ') ist der Verlauf der Spermatogenese eines trans- plantierten Froschhodens einer gewissen (resetzmässigkeit unter- worfen. Bekanntlich trägt normalerweise die Samenentwicklung des Froschhodens einen zyklischen. von der Jahreszeit abhängigen Charakter. Rana fusca (brauner Landfrosch), deren Sperma- togenese am prägnantesten das Bild des jahreszeitlichen Zyklus bietet, setzt ihre reifen Samenzellen im März ab. Nach Be- endigung der Laichzeit erreicht die Entwicklung der Samen- elemente fast in jedem Monat ein für diesen charakteristisches Stadium. Während sich bis zum Mai in den Samenkanälchen als Zeugen der abgelaufenen Brunst noch abgestossene Spermatozoen- ballen finden. ausserdem der Wandung der Tubuli, für die weitere Tätigkeit bestimmt, Spermatogonienketten anliegen, beginnt im Juni die Cvystenbildung, die Umwandlung der Cystenzellen in Uystenhäutchen, jene (rebilde, in denen die durch wiederholte Teilung einer Ursamenzelle entstandenen Spermatogonienhaufen ihre weitere Reifung erfahren. Im Verlauf der Monate Juni und Juli findet die Bildung der Spermatozyten statt. Der August zeitigt sodann die Ausbildung der Spermatiden, und im September beobachten wir in den Samenkanälchen die Umbildung letzterer Zellart zu reifen Spermatozoen, sodass man im Oktober ausser reifen Samenfäden nur noch wandständigen Spermatogonien im Froschhoden begegnet. Die folgenden Monate bis zur Brunstzeit verändern dieses Bild der Tubuli nicht mehr wesentlich. 7 3) Vol. M. Nussbaum, Pflügers Archiv, Bd. 126 und R. Meyns, Über Froschhoden-Transplantation. Arch. f. d. g. Physiologie, Bd. 132. Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdrüsen ete. 149 Wie nun die in der oben erwähnten Arbeit beschriebenen Versuche gezeigt haben, setzt im geschlechtsreifen Froschhoden- gewebe, falls es überhaupt in dem fremden Organismus zur Anheilung und Regeneration gelangt, unabhängig von der Jahres- zeit, in welcher die Übertragung erfolgt, stets eine neue Sperma- togenese ein, welche ihren Ausgang von den jüngsten Samen- zellen, den wandständigen Spermatogonien, nimmt und es unter Nekrotisierung und Resorption aller älteren Stadien der Samen- entwicklung zur Ausbildung neuer reifer Samenfäden bringt. Das Charakteristische dieser Spermatogenese aber liegt darin, dass dieselbe einen um so stürmischeren Verlauf nimmt, je vor- gerückter die Jahreszeit ist, in welcher die Überpflanzung des Keimdrüsengewebes vorgenommen wird, mit anderen Worten, je weiter die normale Reifung der Samenelemente bereits gediehen ist. Während beispielsweise die Ausbildung der Samenzellen in einem zur Laichzeit transplantierten Hodenstückchen mit der normalen im Frühling beginnenden Spermatogenese gleichen Schritt hält, erfolgt im September, zu einer Jahreszeit, in der normalerweise die Reifung der Geschlechtselemente schon nahezu ihren Abschluss gefunden hat, die Regeneration des Trans- plantates mit einer geradezu sich überstürzenden Spermatogenese, welche sich deutlich darin äussert, dass sie in verhältnismässig kurzer Zeit in einem und demselben Tubulus die verschiedensten Entwicklungsformen der Samenzellen hervorbringt, während nor- maliter das Hodenkanälchen stets die gleichen Reifestadien ent- hält. So zeigt das transplantierte Keim - Drüsengewebe des Frosches bei seiner Regeneration das Bestreben, die Entwicklung seiner Zellen sobald wie möglich in den Rahmen des normalen Zyklus der Spermatogenese einzuschalten. Diese Tatsache kann zu der Annahme führen, dass dem erwachsenen Froschmännchen gewisse Kräfte innewohnen, deren jeweilige Intensität, abhängig von den jahreszeitlichen Einflüssen, ihrerseits für den Fortgang der zyklischen Samenreifung von Bedeutung ist, Kräfte, deren schwächere Ausbildung im Frühling in einem zu dieser Jahreszeit übertragenen Hodenstückchen die Spermatogenese nur langsam, deren Zuwachs im Herbst dagegen dieselbe mit einem ausser- ordentlich viel schnelleren Tempo in die Wege leitet. Konnten wir nun dies feststellen, dass das jahreszeitliche Alter erwachsener Froschkastraten bei der Regeneration ge- 150 R. Meyns: schlechtsreifer Hodentransplantate die Schnelligkeit der neu beginnenden Samenreifung bestimmt, so erhob sich jetzt die weitere Frage, ob das Lebensalter des Frosches überhaupt auch die erste Reifung der Geschlechtsdrüse zu beeinflussen imstande sei. Der (sedanke, es könnte eine jugendliche Keimdrüse im Organismus eines erwachsenen Tieres einen rascheren Entwick- lungsgang nehmen, als dies normalerweise der Fall sei — erst im vierten Lebensjahre wird der Frosch geschlechtsreif — lag nach den gemachten Erfahrungen nicht allzu fern. Allerdings die Tatsache, dass bei Rana die Entwicklung der Geschlechtsdrüse insoweit von derjenigen des Soma unabhängig verläuft, als sehr oft bei Kaulquappen, also Larvenformen, schon makroskopisch eine geschlechtliche Differenzierung der Keimdrüsen bemerkbar ist, während bei jungen Fröschen nach der Metamorphose die (Greschlechtsdrüsenanlage kaum mit der Lupe erkennbar zu sein braucht und umgekehrt, musste Veranlassung auch zu der gegen- teiligen Schlussfolgerung geben. Um diese Frage nach dem weiteren Schicksal immaturer Keimdrüsen im Körper erwachsener Tiere zu prüfen, wurden die unten näher zu beschreibenden Ver- suche angestellt. Da dieselben zum (rebiete der embryonalen (rewebstrans- plantationen auf erwachsene Individuen gehören, möchte ich vorerst kurz über die diesbezügliche Literatur berichten: P. Bert!) versuchte ganze Rattenembryonen in die Bauch- höhle von älteren Tieren derselben Spezies einzupflanzen und fand dabei als Resultat die gänzliche Resorption dieser Trans- plantate. In ähnlicher Weise implantierte Leopold Kaninchen- föten in das Abdomen erwachsener Tiere derselben Art und beobachtete dabei hesorption der Weichteile und Wucherungs- erscheinungen am Knorpel. Ebenso fand er, dass Knorpelstückchen. die er in die Bauchhöhle und in die vordere Augenkammer von Kaninchen brachte, starke Wucherungstendenz zeigten, die sich um so stärker bemerkbar machte, je jünger der Embryo war, welchem das Transplantat entnommen war. Nach 205 Tagen hatte sich ein Knorpelstückchen bis auf das 300 fache vergrössert. Auch Fischer?) konnte feststellen, dass der Knorpel von embryonalen !) Zitiertt nach S. Saltikow: Über Transplantation zusammen- gesetzter Teile. Arch. f. Entwicklungsmechanik, Bd. 9, 1900. Alalsie: Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdrüsen ete. 151 Hühnerextremitäten, auf erwachsene Tiere übertragen, sich zu einer grossen Knorpelgeschwulst ausbildete, welche nach neun Wochen zwei- bis dreimal dicker als die implantierte Extremität selbst war. Ebenso hebt Zahn die stärkeren Wucherungs- erscheinungen bei transplantiertem embryonalen Kaninchen- und Katzenknorpel gegenüber erwachsenem hervor. Bei Muskeln hingegen fand er niemals Wucherungsvorgänge Fere und Elias machten Transplantationsversuche mit noch nicht diffe- renzierten (reweben von Hühnerembryonen und erzielten dabei tumorartige Neubildungen, die aus Epithelien, Muskeln. Knochen, elastischem Gewebe und Knorpel bestanden. Auch hier wird die starke Wucherungsfähigkeit des Knorpels besonders betont. Einer solcher Tumoren soll nach ihnen über vier Jahre sich erhalten haben. Die Experimente von Birch-Hirschfeld und Garten') bestätigen ebenfalls das grosse Vermehrungsbestreben über- pflanzter embryonaler Knorpelzellen. Fein zerzupftes, noch wenig differenziertes Embryonalgewebe, welches in die Leber verschie- dener Tiere injiziert war, lieferte hier Wucherungen, die etwa Erbsengrösse erreichten und die Entwicklung des Knorpels am meisten in Erscheinung treten liessen. Saltikow,”) welcher bei seinen Versuchen hauptsächlich die Extremitäten älterer fast aus- getragener Föten von weissen Mäusen benutzte, berichtet, dass von den (reweben, die er transplantierte: Epidermis, Muskel, Knochen und Knorpel, nur der letztere eine stärkere Wucherungs- fähigkeit äusserte, als der erwachsene. Besonders weist er darauf hin, dass sich in übertragenen embryonalen Geweben derselbe Prozess abspiele, wie in erwachsenen (reweben: „Keine (rewebsart ist nach der Transplantation einfach weitergewuchert, alle sind vielmehr degeneriert und dann erst zeigten sie Regenerations- erscheinungen.“ Dieser Befund wird, wie wir unten sehen werden, auch von unseren Versuchen bestätigt. Transplantationen embryonaler, bereits ditferenzierter Gewebe von inneren Organen auf ältere Tiere sind meines Wissens erst wenig geübt worden. Galeotti und Villa Santa?) ver- Diele: 2) S. Saltikow: Über Transplantation zusammengesetzter Teile. Arch. f. Entwicklungsmechanik, Bd. 9, 1900. ®2) Galeotti und Villa Santa: Sugli innesti con cellule embrio- nali, tra tessuti ontogeneticamente affini. Arch. f. Entw.-Mech., Bd. XIII, 1902. 152 R. Meyns: pflanzten in die Niere erwachsener Kaninchen unter anderem auch fein zerzupftes Ovarial- und Testikelgewebe von Embryonen derselben Spezies. Sie fanden als Folgen dieser Transplantationen im genannten Organ Wucherungen von Zellen, deren Charakter indessen nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte. Die Versuche ergaben also keinen genügenden Aufschluss über das weitere Schicksal der genannten transplantierten Organgewebe im Körper der geschlechtsreifen Tiere. Bessere Erfolge glaube ich nun mit der Übertragung der Keimdrüsen von Anurenlarven oder ganz jungen Fröschen, welche die Metamorphose soeben erst beendet hatten, auf u: Individuen derselben Art erzielt zu haben. Die jungen Tiere, denen der zu transplantierende Hoden oder Eierstock entnommen wurde, gehörten den Arten: Rana fusca und Rana esculenta an. Die Erkennung der Larvenform dieser beiden Spezies macht keine besonderen Schwierigkeiten. Das sicherste Unterscheidungsmerkmal besteht hier, wie bei allen Kaulquappen, in der verschiedenen Anordnungsweise der Zahnleisten. Ob man nun für die Übertragung die Geschlechts- drüse einer Larve oder diejenige eines jungen Frosches, der das Larvenstadium gerade verlassen hatte. benutzte, war wohl von ziemlich untergeordneter Bedeutung: denn, wie schon oben be- tont wurde, besitzen die Larvenformen oft weiter in der Ent- wicklung vorgeschrittene Keimdrüsen als die jungen Frösche. Es ist daher wohl angängig, unter Umständen auch den jungen Fröschen exstipierten Keimdrüsen noch larvalen Charakter bei- zumessen. Ausserdem diente in einem Falle, über den ich später noch näher zu berichten haben werde, das Hodenstückchen eines Frosches aus dem dritten Lebensjahr — seine Länge von der Kopfspitze bis zum Steiss betrug 4,3 cm — dem Transplantations- versuch. Da nun die Einschaltung der Samenentwicklung von ge- schlechtsreifen Hodentransplantaten in den normalen sperma- togenetischen Zyklus bei Kastraten beobachtet worden war, und sich aus meinen früheren Versuchen überhaupt ergeben hatte, dass Frösche, denen die Keimdrüsen exstirpiert waren, zur Regeneration transplantierten Hodengewebes viel mehr neigten als normale Tiere, so wurden auch jetzt wieder die erwachsenen Frösche, auf welche die Gewebsverpflanzung erfolgen sollte, voll- Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdrüsen ete. 153 ständig kastriert. Sie gehörten, wie die jungen Tiere, ebenfalls den Arten Rana fusca und Rana esculenta an. Zunächst waren, dem Zweck der Untersuchung entsprechend, vor allem homo- plastische Übertragungen geplant. Gelangen jedoch diese Ver- suche, so war der Erfolg einer heteroplastischen Transplantation eigentlich auch nicht mehr in Zweifel zu ziehen; denn schon früher waren von mir heteroplastische Überpflanzungen von geschlechtsreifen Hoden bei Fröschen mit positivem Ausgang angestellt worden, und die Erfahrung Saltikows,') dass „em- bryonale Gewebe die Heteroplastik besser ertragen als er- wachsene,“ musste die Aussicht auf Gelingen noch günstiger gestalten. Es wurde daher auch diese Transplantationsart geübt. Die weitere Versuchsordnung war nun dazu geeignet, noch eine andere Frage zu entscheiden. Die meist vorhandene Unmöglich- keit, schon bei der Operation das Geschlecht der jungen Keim- drüsen festzustellen, machte es notwendig, sowohl männliche wie auch weibliche Kastraten als Versuchstiere zu verwenden. Eine hinreichende Anzahl von Operationen konnte eine gewisse Gewähr dafür bieten, dass die Keimdrüsen einmal auf gleichgeschlechtliche Tiere, worauf es zunächst ankam, sodann aber auch auf anders- geschlechtliche Tiere transplantiert wurden. Nachdem bereits Meisenheimer?) die Geschlechtsdrüsen bei Schmetterlingslarven homoplastisch mit gutem Erfolge vertauscht hatte, konnte somit die Möglichkeit oder Unmöglichkeit, Hoden auf Weibchen, und Eierstock auf Männchen zu übertragen, auch für die Wirbeltiere, speziell für Rana festgestellt werden. Schon im Sommer dieses Jahres versuchte ich bei Fröschen, reifes Hodengewebe ausser auf normale, auch auf kastrierte Weibchen zu verpflanzen. Die Experimente verliefen damals mit negativem Resultate. Ich hielt dasselbe nicht für entscheidend, sondern führte es auf die un- gewöhnlich grosse Hitze der Jahreszeit zurück, welche viele der Versuchstiere getötet und sicherlich auch die Anheilung und ein gedeihliches Wachstum der Transplantate gestört hatte. Es wurde mir daher durch meine jetzigen Untersuchungen die Gelegenheit geboten, jene Frage, wenigstens für jugendliche Keimdrüsen aufs neue zu studieren. er :) Meisenheimer, J. Experiment. Studien I. Jena 1909. 154 R. Meyns: Im übrigen gestaltete sich die Operationsmethode folgender- massen: Die Versuchstiere erhielten zunächst eine Äthernarkose. Die Dosis der unter einer Glasglocke verdampften Äthermenge wurde so gewählt, dass sie gerade die Frösche zur Betäubung brachte: diese Äthergaben vertragen die Tiere gut, während eine weitere Verabreichung meistens ihren Exitus herbeiführt. Nach der angegebenen Dosis dauerte die Narkose etwa '/s bis ?/, Stunden. sodass man in bequemer Weise zu operieren ver- mochte. Zudem war die Äthernarkose insofern von Vorteil, als sie einen vollkommenen Kollaps der Lungen bewirkte, welcher den Eingriff in die Abdominalhöhle natürlich wesentlich erleich- terte. Was die Technik der Kastration anbetrifft, so kann ich hier auf- die von mir früher gemachten Angaben verweisen. !) Nur soviel sei bemerkt, dass es nützlich ist, im Gegensatz zur Hodenentfernung für eine bequeme Totalexstirpation der Ovarien den Bauchschnitt etwa !/sz bis 1 cm weiter nach vorn anzulegen. Nach beendeter Kastration, bei der man gut tut, die Fettkörper in der Bauchhöhle zurückzulassen, um den Ernährungszustand des Frosches bei der Obduktion besser beurteilen zu können, wurden wiederum möglichst kleine Stückchen von den Keim- drüsen der frischgetöteten jungen Tiere direkt aus der Leibes- höhle in diejenige des erwachsenen Individuums überführt. Je nach der Grösse der Geschlechtsdrüsen wurden entweder diese in toto oder Teilstückchen von ihnen mittels feinen Seidenfadens auf der neuen, durch leichtes Anfrischen hyperämisierten Unter- lage befestigt. Als solche diente zum grössten Teil das parietale Peritoneum, sodann auch visceral die Niere oder das Mesorchium; letztere Organe aus dem Grunde, um neben der Hauptunter- suchung gleichzeitig nachzuprüfen, ob zwischen jungen Frosch- keimdrüsen, deren Ausführungsgänge sich mit den Urnieren- kanälchen noch nicht vereinigt hätten und erwachsenen Nieren, welche bei Rana bekanntlich persistierende Urnieren darstellen, respektive den im Mesorchium verlaufenden extratesticulären Ductuli efferentes noch eine Verbindung herstellbar sei. War dieser Prozess angängig, so lag das dauernde Fortleben auch der männlichen Geschlechtsdrüse nicht ausser dem Bereich der Möglichkeit; denn die Hauptbedingung für die Existenz dieses Allee: Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdrüsen etc. 155 Örganes war damit vorhanden: es konnte funktionieren, seine Produkte absetzen. Ich will jedoch schon hier bemerken, dass die Versuche hinsichtlich dieses Punktes zu keinem Resultat geführt haben. Nach vollzogener Transplantation wurden Muskel- und Bauchfellwunden durch 2—3 gemeinsame Seidennähte, die Haut- wunden für sich allein ebenfalls durch 2—3 Nähte geschlossen. Darauf wurden die Tiere in einem sterilen Glasbehälter bis zur Heilung ihrer Wunden gehalten. Diese hatte sich meistens im Verlauf vön 3—4 Tagen vollzogen. Auch nach Entfernung der Hautnadeln blieben nun die Tiere noch 1—2 Tage in ihren sterilen Gefässen, dann wurden sie ins Aquarium gesetzt und bis zur Obduktion regelmässig gefüttert. Als Nahrung dienten meist Regenwürmer, welche von der Mehrzahl der Tiere freiwillig genommen wurden. Denjenigen, welche sie verweigerten, — es waren solche, die schon längere Zeit in der Gefangenschaft gelebt hatten und welche vorher künstlich genährt worden waren — musste das Futter, das aus einem Streifen frischen Fleisches oder ebenfalls aus Regenwürmern bestand, weiterhin künstlich beigebracht werden. Die aus ihrer neuen Umgebung gelösten Transplantate wurden in Flemmingscher Lösung gehärtet. Dementsprechend erfolgte die Färbung der 5—10 u dicken Schnitte mit Safranın. Im folgenden betrachten wir zunächst die homoplastischen Transplantationen : 1. Am 28. August 1911 wurde ein erwachsener grüner Wasserfrosch männlichen Geschlechts doppelseitig kastriert. Gleichzeitig wurde ihm die Keimdrüse einer frisch getöteten Larve derselben Spezies an das die grossen Nierengefässe und Nervenplexus führende paranephritische (rewebe angenäht. Die Keimdrüse der Kaulquappe war noch sehr schwach entwickelt und eine geschlechtliche Differenzierung keineswegs erkennbar. Am 13. September 1911 erfolgte zwecks Untersuchung die Sektion des Tieres. Der Versuch hatte somit eine Dauer von 16 Tagen. Nach Eröffnung der Abdominalhöhle erkannte man die transplantierte Drüse als ein kleines an der Nierenspitze gelegenes grau durchscheinendes Gebilde von länglich abgeplatteter Form wieder. Ihre Grösse schien bei makroskopischer Betrachtung im Verlaufe der Versuchszeit unverändert geblieben zu sein. Bei 156 R. Meyns: der mikroskopischen Untersuchung sieht man die ehemalige Keimdrüse der Esculentalarve in unmittelbarer Nähe der Nieren- spitze liegen. Sie ist durch eine schmale Bindegewebsbrücke, in deren Mitte eine relativ grosse Arterie zum Transplantat verläuft, mit paranephritischem Gewebe verbunden.) Was nun das Parenchym der Keimdrüse anbetrifft, so ist dasselbe während des Versuches sehr gut erhalten geblieben. Nirgends sind Spuren eines Zellzerfalles aufzufinden: die reiche Vaskularisation der neuen Unterlage hat offenbar ein Zugrundegehen grösserer Ge- websbezirke verhütet und die Resorption von nekrotischem Material, welches immerhin einige Zellen vor einer genügenden (Gefässversorgung geliefert haben mögen, schon ermöglicht. Es beweisen vielmehr die vorhandenen Mitosen auch die fernere Lebensfähigkeit der übertragenen (Greschlechtszellen. Ausser den (refässen ist kein (Granulationsgewebe in das Parenchym ein- gewuchert, sodass die Drüse nach wie vor der Transplantation einen abgeschlossenen Komplex eng zusammenliegender Keimzellen darstellt. Das überptlanzte Organ, welches von Peritonealepithel bekleidet ist, steht auf der Entwicklungsstufe der embryonalen Froschkeimdrüse.”) Eine Geschlechtsdifferenzierung hat noch nicht stattgefunden; vielmehr setzen sich die Zellnester zum grossen Teil noch aus gleichartigen, undifferenzierten „Geschlechtszellen“ zusammen. Andere Zellnester hingegen haben einige ihrer Kom- ponenten schon zu Follikelzellen umgebildet, lassen indessen den Charakter ihres zukünftigen (reschlechtes noch nicht zur Genüge hervortreten. Leider ging die zweite Keimdrüse der getöteten Kaulquappe bei der Operation verloren, sodass ein Vergleich des Transplantates mit ihr nicht möglich war. Ich glaube aber, dass aus dem Vorstehenden genügend hervorgeht, dass das über- tragene Organ im Verlauf der Versuchszeit auf seiner embryonalen Stufe stehen geblieben ist und dass von einer Weiterentwicklung im Sinne einer schnelleren Reifung im erwachsenen Organismus, wie sie oben angedeutet wurde, hier keine Rede sein kann. Wenn man auch die Kürze der Versuchszeit berücksichtigt, dürfte doch wohl die Annahme berechtigt sein, dass, falls der übertragenen Keimdrüse überhaupt eine Disposition zu rascherem Wachstum im Körper des geschlechtsreifen Frosches eigen gewesen 1) Vgl. Fig. 1. 2)Vgl: Eig.i2. Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdrüsen ete. 157 wäre, die Anfänge dieses Prozesses schon hätten in Erscheinung treten müssen. ‚Jedenfalls ergibt sich aus dem geschilderten Versuche wenigstens soviel, dass die Transplantation embryonaler undifferenzierter Froschkeimdrüsen auf erwachsene männliche Kastraten derselben Spezies wohl angängig ist: die junge Keimdrüse wird von dem nachbarlichen Gewebe neu vaskulari- siert und zeigt durch Mitosen ihrer Zellen ihr gedeihliches Wachstum an. Im Gegensatz zu dem positiven Ausgang des eben be- sprochenen Versuches sind einige andere homoplastische Trans- plantationen, bei welchen ebenfalls die Niere die neue Unterlage für das zu übertragende Objekt bildete, im grossen und ganzen misslungen. Dieses negative Ergebnis ist indessen durch die Art des Experimentes selbst bedingt: Eine Anfrischung der Niere und schon die das Transplantat befestigende Naht allein sind infolge des ausserordentlichen (refässreichtums jenes Organes meistens von ganz profusen Blutungen begleitet, sodass eine völlige Einbettung der überpflanzten (Geschlechtsdrüse in dem reichlich entstandenen Blutgerinnsel fast immer unvermeidlich wird. Die Resorption so grosser Gerinnungsmengen kann, wie auch die Versuche es ergeben haben, natürlich nur durch Or- ganisation erfolgen und ist daher mit beträchtlicher Bindegewebs- wucherung verbunden. Die Folgen dieses Prozesses sind klar: Das aus den Granulationen hervorgehende Narbengewebe erstickt die Lebenskraft der jungen Keimzellen, verursacht ihre Um- wandlung in eine körnige Detritusmasse, welche dann von Phagocyten aufgenommen und fortgetragen wird. und über kurz oder lang ist die ganze (Geschlechtsdrüse durch wucherndes Bindegewebe ersetzt. Immerhin kann dieser Vorgang eine recht beträchtliche Zeit in Anspruch nehmen. Wie aus einem Versuche, welcher 55 Tage dauerte, hervorgeht, können, auch wenn der geschlossene Zellverband der Keimdrüse durch das Granulations- gewebe gesprengt ist, viele der in diesem zerstreut liegenden Keimzellen sich noch weiterhin recht gut erhalten, ja sogar bis- weilen Mitosen zeigen. Dass jedoch auch sie bei längerer Aus- dehnung des Versuches dem Untergang anheim gefallen sein würden. hat die grösste Wahrscheinlichkeit für sich. Noch eine andere Ursache könnte man indes für die Nekrose der auf die Niere überpflanzten Geschlechtszellen verant- Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt. II. 12 158 R. Meyns: wortlich machen, nämlich die Sekretion der dem Transplantat benachbart liegenden Harnkanälchen. In der Tat ist die An- nahme einer letalen Wirkung des Harns auf das junge Keim- drüsengewebe bei der ersten Überlegung sehr bestechend: ihre Berechtigung erleidet jedoch wesentliche Einbusse durch die mikroskopische Untersuchung: Wie diese nämlich ergibt, fällt gerade das die Keimdrüse begrenzende Nierenparenchym eben- falls einer Degeneration zum Opfer. Da es auf solche Weise ausser Funktion gesetzt wird, kann also die Harnabsonderung als schädigender Faktor sicherlich nur eine untergeordnete Rolle spielen. Eine andere Frage ist die, ob nicht vielleicht die Zer- fallsprodukte der Nierenkanälchen mit für den Untergang des Transplantates von Bedeutung sind. Wie dem aber auch sei, jedenfalls scheint, falls ein deletärer Einfluss der beiden letzt- genannten Momente überhaupt in Betracht kommt, derselbe hinter demjenigen der starken Narbenbildung zurückzustehen, welch letztere also wohl als Hauptursache für den Tod der trans- plantierten (reschlechtsdrüse betrachtet werden darf. Es wäre demgemäss diese Art der Transplantation nicht zu empfehlen. Bessere Resultate aber kann man von den Versuchen erwarten, bei welchen die Befestigung des zu übertragenden Gewebes am parietalen Peritoneum erfolgt, da hierbei stärkere Blutungen und ihre Folge, das Auftreten grösserer Granulationsmassen, leicht zu verhüten sind. Von den hierher gehörigen Experimenten hebe ich die bemerkenswertesten im folgenden hervor: 2. Einem geschlechtsreifen Landfroschmännchen wurde am 26. Oktober 1911 nach vollständiger Kastration sofort je eine Keimdrüse von zwei jungen Fröschchen derselben Art, welche die Larvenform noch nicht lange aufgegeben hatten, auf das parietale Peritoneum überpflanzt, und zwar die eine unterhalb des rechten und die andere unterhalb des linken zur Hoden- exstirpation angelegten Bauchschnittes. Die Dekapitation des erwachsenen Tieres erfolgte am 11. Dezember 1911, sodass die beiden Transplantate 46 Tage auf ihrer neuen Unterlage ver- blieben. Die beiden an unserem Versuchstiere gleichzeitig an- gestellten Transplantationen endigten nun mit verschiedenen Resultaten, die eine mit positivem, die andere mit negativem Resultate. Im folgenden sei zunächst nur von dem ersteren Versuch die Rede. Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdrüsen ete. 159 Bei der Obduktion des Frosches war das diesbezügliche Transplantat unterhalb der gesetzten Bauchnaht leicht wieder zu erkennen: Es besass etwa die Grösse von 1'/e cemm und war von länglicher Gestalt. Während es mit einer schmalen Seite der Bauchwand aufsass, ragte es mit seiner längsten Ausdehnung unter einem schiefen Winkel zur Unterlage frei in die Bauch- höhle hinein. Bei Lupenvergrösserung liess seine Oberfläche eine feine Granulierung erkennen, die nach der mikroskopischen Unter- suchung durch kleinere und grössere unversehrte oder in De- generation begriffene Eier bedingt war. Die mikroskopischen Bilder der Serienschnitte zeigen nun, dass sich zwischen dem Transplantat und der Muskulatur der Bauchwandung eine Verbindung bindegewebiger Natur hergestellt hat. Neue Grefässe haben hier von der Unterlage aus einen Weg in das Drüsengewebe gefunden. An der peripheren Ver- wachsungszone aber bahnt sich zwischen den Zellen des parietalen Bauchfells und den Peritonealzellen des Ovariums noch eine weitere Vereinigung an, welche ganz charakteristisch ist, jedoch an anderer Stelle nähere Erwähnung finden soll. — Das paren- chymatöse Gewebe der Geschlechtsdrüse hat seit seiner Über- tragung einige Veränderungen erfahren. Seine Entwicklungsstufe zurzeit der Transplantation führt das Vergleichspräparat vor Augen, von dem etwa die grössten Eizellen in Fig. 3 dargestellt sind. Im Verlaufe der 46 Tage sind nun verschiedene dieser grösseren, aber auch ein Teil der kleineren Eier mehr oder minder ausgesprochenen Degenerationsprozessen anheim gefallen. Dieselben finden ihren Ausdruck bald in unregelmässiger oder verwaschener Zeichnung der Kernmembran, bald mehr in der atypischen Anordnung des Kerngerüstes, bei der die Chromatin- fädchen ihre sonst so zierliche Struktur verloren und sich zu kleineren und grösseren Klümpchen zusammengeballt haben, Klümpchen, welche die vorzügliche Färbbarkeit des lebens- kräftigen Chromatins durch Safranin hier in stärkerem, dort in schwächerem Maße eingebüsst haben. Bei anderen Eiern treten die Zerfallserscheinungen noch mehr hervor: Der Dotter hat bei ihnen schon einen grobkörnigen Zerfall erlitten. Der bei nor- malen jungen Eizellen vorhandene Dotterkern, jenes Körnchen- konglomerat, welches sich durch seine gröbere Granulierung und dunklere Färbung von dem übrigen Dotter ziemlich scharf abhebt, 12* 160 R. Meyns: hat sich aufgelöst; seine Bestandteile liegen unregelmässig in dem anderen Dotterdegenerat zerstreut umher, ja sind bisweilen überhaupt nicht mehr nachweisbar. Wieder andere Zerfallsbilder zeigen die Einwanderung von phagoceytären Elementen in die Eizellen, ferner die Vergrösserung und Vermehrung: Mitosen der Follikelzellen mit ihrer Fähigkeit. Detritus in sich aufzunehmen. Endlich finden wir an Stelle früherer Eier nur noch Zellhaufen, die aus Leukocyten und anderen mit phagocytären Eigenschaften ausgestatteten, der Eihülle entstammenden Elementen bestehen. Des näheren sind diese Degenerations- und Resorptionsvorgänge von Harms!) für das Ovarialgewebe der Tritonen beschrieben worden. Seine Befunde decken sich im ganzen mit den meinigen, sodass ich hier auf seine Arbeit verweisen kann. Ausser den Eiern sieht man nun hier und da auch ganz junge Keimzellen, welche einen ausgeprägten (reschlechtscharakter noch nicht be- sitzen. von Rückbildungsprozessen befallen. Diese Absterbungserscheinungen in einzelnen kleinen Be- zirken unseres Transplantates sind offenbar nur die Folge einer teilweisen Unterernährung, jenes Vorganges, der ja überhaupt bei jeder auch von Erfolg begleiteten (rewebsübertragung in mehr oder minder ausgesprochenem Maße angetroffen wird, wie meine früheren Versuche gezeigt haben.’) Wie andererseits solche Gewebsteile, welche nach ihrer Überpflanzung rechtzeitig mit senügender Nahrungszufuhr versehen werden, an ihrem neuen Standorte weiterhin lebens- und vermehrungsfähig bleiben können, so auch in vorliegendem Falle. Eine recht beträchtliche Anzahl srösserer sowie kleinerer Eier ist durchaus gut erhalten geblieben. Kern, Dotter nebst Dotterkern sowie Follikelepithel haben hin- sichtlich ihrer Struktur ein vollkommen normales Aussehen be- wahrt. Über das fernere Schicksal, welches diese Eier bei längerer Versuchsdauer getroffen hätte, kann wohl kein Zweifel mehr bestehen. Die in der Nachbarschaft jener Zellen liegenden Blutgefässe versprechen ihnen auch für die Zukunft ausreichenden Stoffwechsel und damit weiteres (redeihen und Wachstum. Bisher hat allerdings im Laufe der 46 Tage eine nachweisbare Ver- '!) Harms, Ovarial-Transplantationen auf fremde Spezies bei Tritonen. Zoolog. Anzeiger, Bd. 37, Nr. 12—13, 1911. Vgl. auch Burkardt, Archiv f. mikr. Anat., Bd. 79, Abt. II, 1912. 2, Vgl. R. Meyns, Pflügers Arch., Bd. 132, 1910. Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdrüsen etc. 161 grösserung der Eier nicht stattgefunden. Ein blick auf die Fig. 3 und 4, in welchen die etwa am weitesten entwickelten Zellen des Transplantates und seines Kontrollpräparates dargestellt sind, überzeugt, dass zwischen denselben hinsichtlich ihrer Grösse kein wesentlicher Unterschied besteht. Freilich ist es nötig, die Versuche noch längere Zeit auszudehnen. Zur gegebenen Zeit werde ich über die Ergebnisse berichten. Was ferner die jüngsten Eier und die Keimzellen mit äusserlich noch indifferentem Charakter betrifft, so machen auch sie in reichlicher Anzahl einen gänzlich unversehrten lebens- frischen Eindruck, welcher durch die Anwesenheit von ziemlich vielen Teilungsfiguren ') nur noch verstärkt wird. Daraus ergibt sich also, dass das immature Ovarialgewebe des jungen Fröschehens mit Erfolg auf das geschlechtsreife Männchen übertragen wurde ; und damit ist, nachdem, wie gesagt, Meisenheimer?) bereits bei Schmetterlingslarven Hoden auf weibliche und Eierstöcke auf männliche Individuen homoplastisch mit gutem Erfolge überpflanzt hatte, nunmehr auch für Wirbel- tiere, speziell unter den Amphibien für Rana die Möglichkeit der Transplantation von Keimdrüsensubstanz auf andersgeschlechtliche Tiere derselben Spezies erwiesen worden. Diese wohlgelungene Übertragung des geschlechtsunreifen Eierstocks auf das er- wachsene Froschmännchen verspricht mit einigermassen grosser Sicherheit ein positives Resultat auch für den umgekehrten Ver- such. Ebenso dürfte es sehr wahrscheinlich sein, dass bei Fort- setzung der von mir im Sommer angestellten obenerwähnten Experimente die Vertauschung maturer Geschlechtsdrüsen bei Anuren-Kastraten gleichfalls zueinem günstigenErgebnis führen wird. Im Anschluss hieran möchte ich kurz zweier anderer Ver- suche Erwähnung tun, bei welchen, wie im vorhergehenden Falle Ovarialgewebe von jungen Landfröschen aus dem ersten Lebens- jahre an das angefrischte parietale Peritoneum geschlechtsreifer Männchen derselben Art genäht wurde. Es handelt sich einmal um die zweite an dem vorigen Versuchstiere vorgenommene Transplantation, von deren Misslingen bereits die Rede war. Das gesamte ÖOvarialparenchym ist hier im Laufe der 6'/s Wochen einer mehr oder minder hochgradigen Degeneration anheim 1) Vgl. Fig. 5. Ares 162 R. Meyns: gefallen. Reichliches, von vielen (Gefässen, weissen und roten Blutkörperchen durchsetztes Granulationsgewebe, das sich seinen Weg zwischen die zugrunde gehenden Eizellen gebahnt hat, zeugt von deren baldigem völligen Untergang. Alle Stadien des Ne- krotisierungsprozesses: die ersten Absterbungserscheinungen des Kernes, kenntlich an seinen unscharfen Konturen, sodann der grobkörnige Zerfall des Dotters, die Einwanderung zahlreicher Phagocvten, welche sich in denselben förmlich hineinfressen und mit Detritusmassen voll beladen die (refässe wieder aufsuchen, endlich der Ersatz des resorbierten Eies durch Granulationszellen sind an dem Präparat gut zu studieren. — Der andere hierher gehörige Versuch, welcher vom 25. Oktober bis zum 14. September 1911, mithin 20 Tage dauerte, hat kein entscheidendes Resultat geliefert: Ein Teil sowohl der älteren, wie der jungen Geschlechts- zellen im Transplantat ist hier in Entartung begriffen. Wohl die überwiegende Zahl von ihnen aber trägt in keiner Weise Merkmale regressiver Veränderungen. Zwischen den Eiern der Keimdrüse beobachtet man eine ausserordentlich starke Vascu- larisation, welche einerseits die Resorption des abgestorbenen Materials rasch zu erledigen verspricht, andererseits die fernere Erhaltung des bisher unversehrten Parenchyms nicht aus- geschlossen erscheinen lässt. Die (Gefässe tragen allerdings keinen normalen Charakter. Es würde jedoch zu weit führen, an dieser Stelle nähere Details darüber anzugeben. Da auch Mitosen in den Serienschnitten noch nicht nachgewiesen werden können, so ist der Erfolg der Transplantation zum mindesten ein zweifelhafter, und ein Urteil über das Schicksal des längere Zeit mit seiner Unterlage vereinigten Ovarıums ist mit Bestimmt- heit nicht zu fällen. Was nun aber diese beiden Experimente interessant macht und weshalb ich mich an dieser Stelle überhaupt etwas näher über sie auslasse, ist der Prozess der Verwachsung zwischen dem Transplantat und seiner Unterlage, dem Peritoneum. Dort, wo die Epithellage des letzteren beim Anfrischen entfernt wurde, ist eine aus Bindegewebe und Gefässen bestehende Verbindung zwischen den beiden Komponenten hergestellt. Überall an solchen Stellen aber, an denen unversehrtes Bauchfellepithel und Peritoneal- zellen des Eierstockgewebes ohne gegenseitige Berührung doch in enger Nachbarschaft zusammen liegen, vor allem also an der Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdrüsen ete. 163 peripheren Verwachsungszone tritt offensichtlich das cytotaktische Bestreben dieser bezüglich ihrer Abstammung zwar gleichartigen, aber doch verschiedenen Altersstufen angehörigen Elemente in Erscheinung: Man erkennt sehr schön, wie diese Zellen Proto- plasmaleib und Kern gewaltig anschwellen lassen, wie sie mit Ausläufern, oft mit vorangehendem Kern und nur durch eine spitze Plasmawurzel befestigt, frei über das benachbarte Platten- epithel hinausragen, wie dann von den beiden Teilen ganze Zell- stränge ausgesandt werden, die einander entgegenwachsen und ihre Absicht, miteinander zu verschmelzen, deutlich vor Augen führen. Diese Vorgänge gleichen denen, welche Harms nach „Ovarialtransplantationen auf fremde Spezies bei Tritonen“ beob- achtete. Nach ihm kommen jene wirklichen Zellverbindungen auch zwischen artfremden Peritonealepithelzellen vor: nämlich denjenigen des Mesovarıums und denen des darauf gepflanzten andersartigen Ovarialgewebes. Den bisher besprochenen Versuchen habe ich noch den folgenden anzuschliessen, bei dem für die Transplantation nicht eine ganz jugendliche Geschlechtsdrüse benutzt wurde, sondern ein Hodenstückchen, welches einem noch nicht geschlechtsreifen, zwei Jahre alten Tiere entnommen war. Am 27. Oktober 1911 erfolgte die Kastration einer erwachsenen männlichen Rana fusca und die Übertragung des immaturen, ebenfalls von einem Land- frosch stammenden Hodengewebes auf das parietale Peritoneum des Kastraten. Am 26. November wurde der Versuchsfrosch getötet. Die Versuchszeit betrug also 30 Tage. Bei der Sektion des Frosches zeigte sich das Transplantat als ein kleines, schwarz pigmentiertes Knötchen, dessen Volumen etwa 1—1'/s cmm betrug. Es war von länglich ovaler Form und ragte, mit schmaler Basis der Bauchwandung angeheftet, frei in die Abdominalhöhle hinein. Der ganze makroskopische Befund legte die Vermutung nahe, dass die Transplantation gelungen und das Hodenparenchym in dem angewachsenen Trans- plantate erhalten geblieben war. In der Tat gab die mikro- skopische Untersuchung dieser Annahme recht. Auf den Serienschnitten sieht man zunächst das übertragene Keimdrüsengewebe von einer äusserst feinen, an manchen Stellen kaum sichtbaren Bindegewebshülle umschlossen. Bisweilen er- kennt man auch, dass das Peritonealepithel der Bauchwand sich 164 R. Meyns: noch ein Stückchen auf die Oberfläche des Transplantates fort- setzt. Eine bindegewebige Brücke führt neu entstandene Gefässe von der Bauchmuskulatur zum Hoden, welcher bereits gut vascu- larisiert ist. — Das Keimgewebe selbst hat nun während seines Aufenthaltes in der Bauchhöhle des erwachsenen Frosches eigent- lich gar keine Veränderungen erfahren. Am Tage seiner Über- pflanzung bestand es, wie der nicht transplantierte, zur Kontrolle konservierte Rest des unreifen Hodens zeigt, aus jungen Samen- kanälchen, deren Lumen vollkommen von Einzel-Spermatogonien und zwischen ihnen gelegenen Follikelzellen ausgefüllt war. Spermatocyten enthaltende Uysten waren noch nicht vorhanden. Auf derselben Entwicklungsstufe steht das Transplantat 30 Tage später. Ausser Blutgefässchen ist kein anderes Granulations- gewebe in die Interstitien der Tubuli eingedrungen, sodass letztere ganz nach normalem Typus unmittelbar aneinander srenzen. Auch jetzt führen sie als einzigen Inhalt Spermato- gonien und Follikelzellen. Cysten selbst aber haben sich auch Jetzt noch nicht gebildet. Und wie im Vergleichspräparate hier und da eine zugrunde gehende Samenzelle auftritt, so findet sich dieselbe Erscheinung in dem übertragenen Hodengewebe. Im ganzen ist dieses jedoch durchaus gut erhalten und einzelne Mitosen, die auch in der Kontrolldrüse nur in spärlicher Anzahl zu finden sind, liefern den besten Beweis für die weitere Existenz- und Vermehrungsfähigkeit des Transplantates. ') Dieser Versuch hat also den Beweis erbracht, dass es wohl angängig ist, imma- tures Hodengewebe mit gutem Erfolge auf geschlechtsreife männ- liche Kastraten homoplastisch zu übertragen. Das Gemeinsame aber, was aus dem letzten und den vorher geschilderten Versuchen hervorgeht, ist folgende Tatsache: Unreife Froschkeimdrüsen, mögen sie nun noch den em- bryonalen Charakter tragen, oder bereits auf etwas älterer, durch (eschlechtsdifferenzierung ausgezeichneter Entwicklungs- stufe stehen, leben in völliger Unabhängigkeit von dem er- wachsenen Kastratenorganismus, auf welchen sie transplantiert worden sind, weiter. Das geschlechtsreife Alter vermag in keiner Weise den normalen Reifungsprozess der jungen Drüse zu be- einflussen, kann ihn nicht beschleunigen. — Im Gegensatz hierzu ı) Vgl. Fig. 6. Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdrüsen ete. 165 stehen die Reifungserscheinungen, welche in maturen Hoden- transplantaten zur Beobachtung gelangen. Je weiter die normalen spermatogenetischen Vorgänge schon gediehen sind, das heisst je vorgerückter die Jahreszeit ist, zu der die Übertragung erfolet, mit um so rascherem Tempo vollzieht sich die in dem regenerierenden Hoden neu einsetzende Spermatogenese; mit anderen Worten: die Geschwindigkeit der letzteren ist ab- hängig von dem jahreszeitlichen Alter des kastrierten Tieres. Diese Beeinflussung der Samenbildung tritt, wie frühere Experimente ergeben haben, beispielsweise in einem Anfang Oktober trans- plantierten Hodenstückchen schon nach Ablauf eines Monates, mithin innerhalb derselben Zeit, auf welche auch unsere jetzigen Versuche ausgedehnt wurden, deutlich in Erscheinung. Zur Erklärung dieses Vorganges könnte man vielleicht die funktionelle Inanspruchnahme des Transplantates heranziehen. Bekanntlich ist die männliche (Geschlechtsdrüse des Frosches durch zweierlei Arten der Funktion ausgezeichnet, nämlich die der äusseren und die der inneren Sekretion, von denen die erstere nur einmal im Jahre, zur Brunstperiode, die letztere hingegen auch während der übrigen Zeit stattfindet. Sie hat die Aufgabe, durch direkte Abgabe spezifischer Produkte ins Blut die Wirkung anderer Organfunktionen korrelativ zu beeinflussen und Ausfallserscheinungen zu verhüten; vor allem liegt ihr die Ausbildung der sekundären (ieschlechtsmerkmale ob, die Ent- wicklung der Vorderarmmuskulatur und der Daumenschwielen, wie zuerst M. Nussbaum') und nach ihm Meisenheimer?) durch Injektion oder Implantation von Hodensubstanz in die Lymphbahn von Batrachierkastraten nachwiesen. Dieser für den Organismus so wichtigen Funktion der inneren Sekretion geht natürlich der Frosch durch die Kastration verlustig. Bei einer Hodentransplantation aber erhält er als einzigen Ersatz für seine beiden Geschlechtsdrüsen nur ein relativ sehr kleines Stückchen Keimgewebe, von welchem zudem der grösste Teil der Zellen dem Untergang verfällt und nur die jüngsten Elemente, die wandständigen Spermatogonien, lebensfähig zu bleiben vermögen. Offenbar muss nun der Frosch, um keine schädlichen Folgen von la @: ?) Zool. Anz., Bd. 35, 1911. (Vgl. auch Steinach, E., Zentralbl. f. Physiol., Bd. 24, S. 551, 1910.) 166 R. Meyns: der Exstirpation seiner Testes davonzutragen, jenes winzige, in seine Blutbahn neu eingeschaltete Geschlechtsorgan zu gewaltiger Arbeitsleistung antreiben; und es ist klar, dass diese funktionelle Inanspruchnahme des Transplantates um so stärker sein muss, je länger vor seiner Operation das Tier schon unter der Wirkung der Sekretion gestanden hat, je deutlicher deren Folgen bereits äusserlich in Erscheinung getreten sind; mit anderen Worten, je weiter die Ausbildung von Daumendrüsen und Vorderarmmuskeln schon gediehen ist. Sollen letztere nicht der Rückbildung nnter- liegen, sondern auf der erreichten Entwicklungsstufe beharren, so ist dies nur durch eine übermässige Funktionsleistung des übertragenen Hodengewebes zu erreichen. Dass dieses aber in der Tat zu derselben fähig ist, dass es schon in verhältnismässig kurzer Zeit die innersekretorische Tätigkeit der entfernten (seschlechtsdrüsen zu übernehmen vermag, dafür liefert unter anderem den besten Beweis jenes schon oben beispielsweise angeführte Versuchstier, welches zu Beginn des Oktobers kastriert wurde, gleichzeitig transplantierte Hodensubstanz erhielt und nach anfänglicher Rückbildung seiner Schwielen dieselben nach Verlauf relativ kurzer Zeit wieder ganz normal entwickelt hatte. Das kleine übertragene Hodenstückchen führt also wirklich unter dem Druck der notwendig werdenden Funktion eine enorme Arbeitsleistung aus. Und sie ist es daher wohl, welche den Anstoss zu der rapiden (rewebsregeneration gibt, die in der Überstürzung der Spermatogenese und der reichlichen Vermehrung der Spermatogonien ihren Ausdruck findet. Es fehlen allerdings zu einem zwingenden Beweis für diese Auffassung Versuche über Transplantation an Kastraten, deren sekundäre (Geschlechts- charaktere im Laufe längerer Zeit völlig zurückgebildet sind. Man wird aber gegen die hohe Wahrscheinlichkeit dieser Auf- fassung keine schwerwiegenden Bedenken erheben wollen; weil ja nach unseren Versuchen zur Zeit der normalen jährlichen Rück- bildung der sekundären (reschlechtscharaktere die Transplantation von Hodengewebe keinen stürmischen Charakter zeigt, weder mit bezug auf die Regeneration des Hodens, noch der äusseren (reschlechtszeichen. „Eine notwendig werdende Funktion, sofern sie in der Möglichkeit der Entwicklung liegt, beschleunigt die Entfaltung der dazu notwendigen Organe.“ So drückt sich Harms aus in seiner Arbeit: Über funktionelle Anpassung bei Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdrüsen ete. 167 Regenerationsvorgängen. ') Er bewies diesen Satz durch seine Versuche, welche ergaben, dass „funktionelle Inanspruchnahme eines verletzten Ruderschwanzes bei Tritonen und Kaulquappen die Regeneration etwa um das Doppelte beschleunigte, wenn Zwangsschwimmtiere mit Nichtschwimmern verglichen werden“. Es ist nicht unmöglich, dass dieselben Ursachen auch zu der beschleunigten Regeneration der auf Kastraten transplantierten reifen Hodensubstanz führen. Nur darin würde ein Unterschied bestehen, dass das regenerierende Organ hier durch Kräfte, die dem Tiere selbst innewohnen, bei den Harmsschen Versuchen aber durch äussere Ursachen zur Funktion angetrieben wird. Bestände diese Annahme zu recht, so ist das Verhalten immaturer Keimdrüsen im Körper erwachsener Froschkastraten natürlich leicht verständlich. Sie besitzen eben noch keine Funktionen, jedenfalls nicht solche, deren der geschlechtsreife Frosch bedarf, um sich gegen Ausfallserscheinungen zu schützen. Ist ihnen überhaupt schon die Tätigkeit einer inneren Sekretion eigen, so vermag dieselbe jedenfalls nicht die Degeneration der Daumendrüsen aufzuhalten, wie unsere jetzigen Versuche ergeben haben, bei denen trotz wohlgelungener Übertragung der jungen Geschlechtsorgane die Schwielen der erwachsenen Tiere schon bei makroskopischer Betrachtung ausgesprochene Rückbildungs- prozesse erkennen liessen. Ihre Unfähigkeit, die den Kastraten nötige Funktion zu leisten, gestattet daher den immaturen Keim- drüsen auch nicht die Beschleunigung ihrer Entwicklung, ihrer geschlechtlichen Reife. Vielmehr erhalten dieselben nach dem Prinzip embryonaler Transplantate im Organismus des geschlechts- reifen Frosches einfach ihre Eigenart und leben unabhängig von den veränderten Bedingungen, die sie dort umgeben, in derselben Weise wie vor ihrer Verpflanzung fort. Im Gegensatz zu den homoplastischen sind die hetero- plastischen Transplantationen unreifer (Geschlechtsdrüsen auf erwachsene Frösche bisher mit negativem Ergebnisse verlaufen. Ihre Anzahl konnte indessen äusserer Umstände halber nur eine geringe sein. Dazu wurde in den meisten Fällen die Niere als neue Unterlage für das zu transplantierende Gewebe gewählt, eine Versuchsform, die wie des näheren ausgeführt wurde, schon ı) Harms, Über funktionelle Anpassung bei Regenerationsvorgängen. 1910. Arch. f. d. ges. Physiol.. Bd. 132. 168 R. Meyns: als solche den Erfolg der Transplantation in Frage stellen muss. Es zeigte sich, dass das übertragene Keimparenchym nach 50, 40, 30, auch schon nach 20 Tagen der Degeneration zum Opfer gefallen war und einer mehr oder weniger hochgradigen Binde- gewebswucherung Platz gemacht hatte. Immer nur recht wenige Zellen waren es, die noch besser erhalten zwischen dem Granulationsgewebe anzutreffen waren. Trotz dieses Misserfolges glaube ich aus den oben angegebenen Gründen, dass bei Anstellung weiterer Versuche in geeigneterer Form auch auf dem Gebiete dieser Transplantationen noch bessere Resultate zu erwarten sein werden. Immerhin ergibt sich wohl schon jetzt so viel, dass, wie bei allen Gewebsverpflanzungen, so auch bei den Trans- plantierungen jugendlicher Froschkeimdrüsen auf geschlechtsreife Tiere die homoplastischen gegenüber den heteroplastischen die grösste Aussicht auf Erfolg haben. Nachtrag. Im Anschluss hieran sei mir gestattet, kurz einer anderen Untersuchung zu gedenken, die zur Ergänzung früherer nicht ab- geschlossener Experimente angestellt wurden. Es galt die Frage zu lösen, ob Hodengewebe bei Rana mit Erfolg ausser auf Kastraten auch auf normale oder einseitig kastrierte Tiere überpflanzt werden könne; ob diese, im Besitze ihrer Keimdrüsen das Anheilen weiterer Hodensubstanz gestatteten, oder letztere als einen über- flüssigen Fremdkörper zugrunde gehen liessen. Einige Trans- plantationen, welche zur Beantwortung dieser Frage früher aus- geführt wurden, konnten kein genügend entscheidendes Resultat liefern. Die Versuche verliefen damals negativ. In einem Falle, bei dem Esculenta-Hodengewebe in den. Dorsallymphsack einer einseitig kastrierten Rana fusca männlichen Geschlechts übertragen worden war, enthielt das Transplantat nach 25 Tagen nur noch einige wenige Samenkanälchen, die noch nicht gänzlich zugrunde gegangen waren. Am Rande dieser Tubuli konnte man bisweilen noch wohlerhaltene Spermatogonien mit normaler Struktur ihres Protoplasma und ihres ruhenden Kernes hier in nur spärlicher, dort in noch etwas grösserer Anzahl beobachten. Doch war der weitaus grösste Teil des transplantierten Hodenparenchyms bereits vollständig von Granulationsgewebe ersetzt. Es machte sich also hier trotz allgemeiner Degeneration immerhin noch eine gewisse Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdrüsen ete. 169 Tendenz zur Regeneration bemerkbar, die man vielleicht schon damals als den Ausdruck dafür ansehen durfte, dass die Trans- plantation in jeder anderen Beziehung günstig verlief und nur durch die Anwesenheit der Keimdrüse im Abdomen des Frosches zum Scheitern gebracht wurde. Wie dem auch war, neue Versuche mussten eine bessere Entscheidung herbeiführen. Zur Überpflanzung gelangten wiederum kleinste Hoden- stückchen, welche auto-homo- oder heteroplastisch in der Bauch- höhle oder im Dorsallymphsack von Land- resp. Wasserfröschen ihre neue Unterlage fanden. Als Versuchstiere dienten sowohl Männchen wie Weibchen, welche entweder im Besitze ihrer beiden (Geschlechtsdrüsen belassen oder einseitig kastriert wurden. In einem Teil der Fälle wurde den Männchen auch die gesamte Hodensubstanz bis auf einen ganz schmalen Rest der einen Seite exstirpiert. Abgesehen von den heteroplastischen Übertragungen, deren Erfolg schon an und für sich durch stärker hindernde Momente nach der negativen Seite hin beeinflusst wird, sind auch alle übrigen hierher gehörigen Transplantationsversuche fehlgeschlagen. Öftenbar muss danach also tatsächlich diese Transplantationsart ziemlich ausser dem Bereich der Möglichkeit liegen. Der Miss- erfolg scheint, soweit er die Hodenverpflanzungen auf normale Weibchen betrifft, zunächst in merkwürdigem Widerspruch zu dem von der Natur geschaffenen Hermaphroditismus der Anuren zu stehen. Bekannt sind ja die verschiedenen Formen der Frosch- zwitter. Nur soviel möchte ich hier darüber erwähnen, dass von den beiden Geschlechtsdrüsen die eine ein normaler Hoden, die andere ein normaler Eierstock sein kann, dass aber auch beiderseits sowohl Testis- wie Ovarialgewebe in normaler Ent- wicklung nebeneinander zur Beobachtung gelangen. Indessen liegen die Verhältnisse doch wohl etwas anderes, als sie auf den ersten Blick erscheinen. Vielleicht lässt sich die Möglichkeit der natürlichen Zwitterbildung auf die Funktionslosigkeit der immaturen Keimdrüse zurückführen. Da diese noch keine Funktion besitzt, kann sich ihre Entwicklung natürlich auch nicht unter dem Einfluss funktioneller Reize vollziehen; zu ihrer Entwicklung bedarf sie derer daher auch nicht — und zwar weder als normales Organ der Kaulquappe noch als Transplantat des erwachsenen Froschkastraten. Vielmehr ist sie bei ihrer Aus- 170 R. Meyns: bildung lediglich auf eine genügende Ernährung, auf eine aus- reichende Blutversorgung angewiesen. Unter solch einfachen Bedingungen können wohl beide Keimgewebsarten ohne gegen- seitige Beeinträchtigung in ein und demselben Körper neben- einander heranwachsen. Gleichzeitig treten sie dann in die Geschlechtsreife ein und beginnen damit auch gemeinsam ihre Funktionen. Werden letztere nun, einmal übernommen, in Zukunft von beiden Geschlechtsdrüsen fortgesetzt, so ist denselben auch ihre fernere Existenzmöglichkeit damit gewährleistet. Die Zwitter- natur des erwachsenen Frosches bleibt bestehen. Andere Verhältnisse aber werden durch die Transplantation reifer Hodenstückchen auf normale Weibchen geschaffen. Diese vereinigen in ihrem Organismus zum ersten Male Keimdrüsen verschiedenen teschlechtes in bereits reifem Zustande. Ein relativ winziges Hodenstückchen, das indes zu einer erfolgreichen Weiter- existenz im Körper des neuen Trägers ausser einer guten Blut- zufuhr nicht zum mindesten auch der funktionellen Betätigung bedarf, und die eigenen Ovarien. In ihnen aber besitzt das Froschweibchen ja schon länger die Organe, die seine Bedürfnisse vollauf zu befriedigen, sowohl die Funktion der äusseren, wie die der inneren Sekretion zu erfüllen vermögen. Daher wird denn auch das überpflanzte Hodengewebe funktionell wohl gar nicht in Anspruch genommen werden. Die zu seiner Erhaltung unbedingt erforderlichen funktionellen Reize stellen sich nach der Transplantation überhaupt nicht wieder ein, was gleich- bedeutend ist mit seinem Tode, vor dem selbst eine ausreichende, früh beginnende Ernährung keinen genügenden Schutz gewähren kann. (In der gleichen Weise lässt sich natürlich auch der Untergang der Transplantate nicht kastrierter Froschmännchen erklären. Auch sie bleiben, zur Funktionslosigkeit verurteilt, für die Träger einfache Fremdkörper und müssen als solche zugrunde gehen.) Interessant wäre nun nach diesen Darlegungen die Unter- suchung, ob wirklich unreife Hoden mit günstigeren Resultaten als geschlechtsreife auf normale Tiere zu übertragen seien. Der positive Ausfall würde den Wert der Funktion für eine erfolg- reiche Transplantation noch weiter ins Licht rücken. Was im einzelnen die Degenerations- und Resorptions- Prozesse der überpflanzten Testikelstückchen anbetrifit, so kann Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdrüsen ete. 1’1 ich diesbezüglich auf früher gemachte Angaben verweisen. !) Hinsichtlich der Dauer der Resorptionsvorgänge kann man sagen, dass das nekrotische Zellmaterial durchschnittlich im Verlaufe eines Monats entfernt und durch mehr oder weniger Narben- gewebe ersetzt war. Offenbar abhängig von der jeweiligen hier dürftigen, dort besseren Ernährung, abhängig auch von der Grösse wird immerhin das Transplantat bald früher, bald ein wenig später den regressiven Umwandlungen verfallen; und dem- entsprechend wird der Resorptions-Prozess schon in kürzerer oder etwas längerer Zeit beendet sein. Die am Mesorchium einiger Tiere zurückgelassenen Hoden- reste zeigten am Ende der Versuche, dass sie wieder in Regene- ration begriffen waren. Bei einer Rana fusca, welche am 3. Juli operiert worden war, konnte man am Ende desselben Monates finden, dass unter Nekrotisierung aller älteren Samenfäden die Spermatogonien wieder in Teilung geraten waren. Die neu- begonnene Spermatogenese hatte rapide Fortschritte gemacht und schon wieder den für die Jahreszeit normalen Stand erreicht. Die Überstürzung der Samenbildung fand offensichtlich ihren Ausdruck in einer grossen Anzahl von Mitosen in den Tubulis, die dazu nicht wie normaliter nur gleiche, sondern alle möglichen verschiedenen Stadien der Spermatogenese enthielten. Bei der Regeneration der Esculentatestikel konnte die Beschleunigung der Samenentwicklung natürlich nicht so deutlich in Erscheinung treten, da ja schon normalerweise zu jeder Jahreszeit in den Hodenkanälchen sämtliche Reifungsformen, von den jüngsten bis zu den ältesten, zur Beobachtung gelangen. Dagegen boten diese Regenerate, unter ihnen eines in besonders ausgesprochenem Maße, eine andere sehr merkwürdige Erscheinung, nämlich die der Ausbildung junger Eier innerhalb der Hodenschläuche. Sie nötigt mich, hierzu noch einige Bemerkungen zu machen als Beitrag zur Kenntnis des Hermaphroditismus bei Fröschen. Bekanntlich hat man beim Hermaphroditismus des Frosches zwischen den jugendlichen und dem der erwachsenen Tiere zu unterscheiden. Der erstere, von Pflüger‘) entdeckt, ist der A 1) re ?) Pflügers Arch., Bd. 29, S. 13, 1882. 2 R. Meyns: bei weitem häufigere und findet sich (bei Rana fusca) im allgemeinen nur in der Art, dass Hoden- und Eierstockgewebe nebeneinander die Keimdrüse erfüllen. Im späteren Alter wird dann meistens eines der beiden Keimdrüsengewebe zurückgebildet, sodass entweder Männchen oder Weibchen entstehen. Andernfalls besteht der Hermaphroditismus in derselben Weise noch *beim geschlechtsreifen Tiere fort. Dabei können nun in ausgesprochenen Fällen von Hermaphroditismus die die Keimdrüse zusammen- setzenden verschieden geschlechtlichen Komponenten zwei von- einander getrennte, völlig in sich abgeschlossene Gewebskomplexe sein. Vor einiger Zeit beobachtete ich einen solchen erwachsenen Zwitter, dessen Geschlechtsdrüsen beiderseits zum Teil aus reifem Testikel. zum Teil aus befruchtungsfähigem Ovarium gebildet waren. — In anderen Fällen aber kann die männliche Komponente überwiegen, sodass dann nur einzelne Eier zwischen den Samen- schläuchen, also intertubulär anzutreffen sind. Einen merkwürdigen Eindruck machen die Serienschnitte von einem Hoden, welcher einem Landfrosch am 3. April exstirpiert wurde. An einer Stelle der Keimdrüse ist nämlich zwischen den Tubuli eine ziemlich grosse Höhlung vorhanden, welche in ihrem Inneren ein junges Ei von nicht unbeträchtlichem Umfange birgt. Eine sehr seltene Erscheinung ferner, welche meines Wissens bisher nur von Born!) mitgeteilt wurde, ist die, dass junge Eier im sonst normalen Testis von Rana auch innerhalb der Tubuli zur Entwicklung gelangen. Auch ich habe in einem jugendlichen Froschhoden intratubulär gelegene Eizellen, allerdings im Degene- rationszustande beobachten können. Ausser bei den Batrachiern scheinen auch bei anderen Amphibien bisweilen in gleicher Weise weibliche Geschlechtszellen in unmittelbarer Nachbarschaft der männlichen vorzukommen. Wenigstens trifft dies für ein von Herrn (Geheimrat M. Nussbaum mir liebenswürdiger Weise überlassenes Präparat zu. Es handelt sich hier um einen Salamanderhoden, in dessen einer Ampulle inmitten der Samen- elemente einige Zellen liegen, die durch die Grösse und ihren körnigen Dotter unverkennbar den Eindruck junger Eier machen. Kommen also im Testikel von Amphibien schon Eier direkt neben Samenzellen vor, so erreichen sie doch wohl niemals eine bedentendere (Grösse, sondern gehen in ihren ersten Entwicklungs- ', Cit. nach Gaupp, Anatomie des Frosches. Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdrüsen ete. 173 stadien bereits wieder zugrunde. Im übrigen gilt für die Wirbel- tiere die gemeinsame Regel, dass in ihren Keimdrüsen verschieden- geschlechtliche Zellen dicht nebeneinander überhaupt nicht auf- treten. Von den wirbellosen Tieren aber zeigen jene Erscheinung unter den Mollusken nur die Lamellibranchiaten und speziell die Gastropoden, „bei denen unter den Pulmonaten, Opisto- branchiern und Pteropoden diese Erscheinung die Regel ist und infolgedessen eine sogenannte Zwitterdrüse zur Ausbildung gelangt. In dieser werden dicht nebeneinander Eier und Sperma- tozoen erzeugt. Die Zwitterdrüse der Gastropoden stellt ein gelapptes Organ dar, dessen Hohlraum von den heranreifenden Eiern und Spermatozoen dicht erfüllt ist.“ ?) Immerhin gehört die intratubuläre Lage weiblicher Geschlechts zellen im sonst normalen Hoden bei den Amphibien wohl zu den seltensten Fällen. Um so auffälliger muss daher die Tatsache erscheinen, dass bei Anuren in Hoden-Regeneraten und -Trans- plantaten innerhalb der Tubuli junge Eier fast regelmässig zur Ausbildung kommen. In den meisten Testikelstückchen nämlich von Rana fusca und Rana esculenta, welche auto- oder hetero- plastisch transplantiert worden waren, ferner in kleinen am Mesorchium zurückgelassenen Hodenresten entwickelten sich bei der Regeneration innerhalb der Samenkanälchen typische junge Eier. Die Anzahl der letzteren in den verschiedenen Präparaten war eine wechselnde. Relativ am meisten konnte ich in den einfachen Regeneraten finden, deren Schläuche auf den Durch- schnitten bald eine, bald zwei, drei und mehr Eizellen aufwiesen. Letztere zeichnen sich vor den männlichen Keimzellen durch ihren Grössenumfang aus, sodann besonders auch durch die Struktur ihres dunkelkörnigen Dotters, der sich durch eine markant gezeichnete Kernmembran von dem hellen Keimbläschen abhebt.?) Der Erhaltungszustand der Eier scheint in Abhängigkeit von ihrer Lage innerhalb der Tubuli zu stehen. Die der äussersten Peripherie anliegenden Zellen sind stets gut erhalten und weisen niemals nekrotische Veränderungen auf. Ebenso verhält es sich !) Korschelt und Heider, Lehrbuch der vergleichenden Ent- wicklungsgeschichte der wirbellosen Tiere. Allgemeiner Teil. S. 367. Ei und Eibildung. ®2) Vgl. Fig. 7, auch Fig. 5 und 6 meiner Arbeit: „Über Froschhoden- transplantation“. Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt. U. 13 174 R. Meyns: mit denjenigen Eiern, welche schon weiter in das Lumen der Samenkanälchen gewandert sind, mit deren Wandung aber noch durch eine Brücke von Follikelzellen verbunden werden. Ist jedoch diese, die vielleicht in der Ernährung des jungen Eies eine Rolle spielen mag, einmal unterbrochen, was dadurch geschieht, dass die Eizellen noch weiter in das Zentrum hinein- rücken und ihre Follikelzellen nach sich ziehen — also nunmehr isoliert im Innern der Hodenschläuche liegen, so verfallen sie der Degeneration. Der bei weitem grösste Teil der Eier ist zwischen den Spermatogonien oder Samencysten gelegen und wird von einzelnen Follikelzellen bekleidet. In geringer Zahl aber finden sich Ei- zellen sogar auch innerhalb der Cystenhäutchen; sie besitzen natürlich kein eigenes Follikelepithel. Diese Fälle betreffen bestimmt das Hodenregenerat einer Rana fusca, welche am 24. Oktober 1908 bis auf ein etwa 1—1'/» cmm grosses Keim- drüsenstückchen, das am rechten Mesorchium zurückgelassen wurde, kastriert und am 28. Januar 1909 getötet wurde. (Ver- suchsdauer 96 Tage.) Ausser sehr vielen extracystär gelegenen Eiern finden sich einzelne auch innerhalb von Cysten, welche im übrigen Spermatogonien enthalten.) — Auch in einem anderen Hodenregenerate, welches einer Rana esculenta entstammte und ein Alter von 38 Tagen erreichte (25. Juli 1911 bis 1. September 1911), sind höchstwahrscheinlich in Spermatocytencysten Eizellen vorhanden. Die nicht ganz günstig getroffenen Schnitte gestatten es jedoch nicht, ein absolut sicheres Urteil über die Lage der Eier abzugeben. Es ist notwendig, zu betonen, dass in den exstirpierten Hoden, welchen die Regenerate einst angehört hatten, Eier in keiner Weise nachweisbar waren. Dieselben können sich infolge- dessen erst nach der Operation in den Samenkanälchen neu ent- wickelt haben. Hinsichtlich der Ausbildung der extracystären Eizellen wäre es denkbar, dass die Samenschläuche normaler- weise Eianlagen enthielten, welche indes mangels charakteristischer Wachstumserscheinungen sich von Spermatogonien nicht unter- scheiden liessen und in dem geschlossenen Zellverband der männ- lichen Keimdrüse keine Weiterentwicklung erführen, dass letztere jedoch infolge der veränderten Wachstumsbedingungen bei Regene- 1) Vgl. Fig. 8. Transplantationen embryonaler und jugendlicher Keimdrüsen ete. 175 raten und Transplantaten sich bemerkbar machte. — Sodann können die Eier auch infolge einer Rückbildung der Sperma- togonien durch den Regenerationsprozess aus indifferenten Zellen, eben aus Ursamenzellen auf metaplastischem Wege entstanden sein. — Dass ferner sogenannte Ursamenzellen im normalen Hoden vielleicht ihren Namen noch nicht mit Recht trügen; dass wenigstens ein Teil von ihnen noch frei sei von spezifischen Eigenschaften, die für gewöhnlich zwar später zu männlichen, in kleinen regenerierenden Hodenstückchen aber auf Grund ver- änderter Teilungsenergie der Zellen zu weiblichen sich entwickelten, wäre gleichfalls nicht unmöglich. — Die intraeystär auftretenden Eier können selbstverständlich nur von indifferenten Zellen ab- stammen. Ihr Vorkommen beweist die interessante Tatsache, dass die sogenannten Spermatogonien, welche einzeln die Wand der Samenkanälchen bekleiden, unter dem Einfluss gewisser ursächlicher Momente, wie sie beispielsweise die Regeneration mit sich bringt, nicht nur selbst eines spezifischen Geschlechts- charakters entbehren, sondern ihren indifferenten Zustand auch auf ihre Nachkommen, die in Cysten ruhenden Zellen noch ver- erben können. Zusammenfassung: 1. Die Transplantation indifferenter und differenzierter Keimdrüsen von jungen Fröschen auf erwachsene Tiere derselben Art ist mit Erfolg ausführbar. Dabei ist es möglich, auf Männchen nicht nur Hoden-, sondern auch Ovarialgewebe zu übertragen. Die jugendliche Geschlechts- drüse setzt im Körper des erwachsenen Frosches ihre normale Entwicklung fort. 2. Die Transplantation geschlechtsreifer Froschhodensubstanz auf nicht kastrierte Tiere ist erfolglos. 3. Die Regeneration kleiner Froschhodenstückchen lässt intratubulär nicht nur ausserhalb, sondern auch innerhalb der Sameneysten junge Eier zur Entwicklung gelangen. de 176 R. Meyns: Transplantationen etc. Erklärung der Abbildungen auf Tafel VII. => Allgemeine Bezeichnungen: Keimdrüse. E.i.Dg. — Ei in Degeneration. Keimzellen. E.i.M. — Ei in Mitose. Niere. Sp. = Spermatogonien, Sperma- Ganglienzellen. tocyten. Dotterkern. Uz. — Cysten-Follikelzelle. Eizelle. Bg. — Bindegewebe. Die transplantierte Keimdrüse einer Esculentalarve in Verbindung mit dem paranephritischen Gewebe eines erwachsenen Rana esculenta 4. In der Mitte gelegen: Nierengewebe, unterhalb desselben: die Keim- drüse, oberhalb desselben: Ganglienzellen. Vergrösserung: Leitz, Oc. 4, Obj. 3. Durchschnitt durch dieselbe Geschlechtsdrüse bei starker Vergrösse- rung. Indifferente Geschlechtszellen. In der Mitte eine Mitose. Leitz, Oc. 4, Obj. 7. Eizellen aus dem Ovarium eines jungen Landfrosches kurz nach der Metamorphose. Leitz, Oec. 4, Obj. 3. Eizellen aus demselben Ovarium, 46 Tage nach ihrer Transplantation auf das parietale Peritoneum eines erwachsenen Rana fusca d. Leitz, Oc. 4, Obj. 3. Dasselbe Transplantat bei starker Vergrösserung. Aussen: in Degene- ration befindliche grosse Eier. In der Mitte: eine in Vermehrung begriffene junge Eizelle. Leitz, Oc.4, Obj.”. Abschnitt aus dem Samenkanälchen eines unreifen Hodenstückchens von Rana fusca, welches auf das parietale Peritoneum eines er- wachsenen Rana fusca Z transplantiert wurde, 30 Tage nach der Überpflanzung: Spermatogonien, unter ihnen eine in Mitose, und Cystenzellen. Leitz, Oc. 4, Obj. 7. Eizelle innerhalb eines Hodenkanälchens von Rana esculenta, welches heteroplastisch auf ein Rana fusca Z transplantiert wurde. Um die Eizelle herum liegen Spermatogonien. Intracystär zwischen Spermatogonien liegende Eizelle aus dem Regenerat eines Fuscahodens, 96 Tage nach der Operation. Literarisch=kritische Rundschau. Goldschmidt, R.: Einführung in die Vererbungswissenschaft. In zwanzig Vorlesungen für Studierende, Ärzte, Züchter. Mit 161 Abbildungen. Leipzig, Engelmann, 1911, IX und 502 Seiten. Punnett, R. C.: Mendelism. Third Edition. Macmillan and Co., London, 1911, XIII und 176 Seiten. 6 Tafeln und 55 Abbildungen. Castle, William E.: Heredity in relation to evolution and animal breeding. New York and London, D. Appleton and Co., 1911, XII und 184 Seiten, 53 Abbildungen. In der reichen Fülle der Vererbungsliteratur des Jahres 1911 tritt besonders die Neigung hervor, die im Laufe des ersten Jahrzehntes einer erneuerten Erblichkeitslehre geernteten Erkenntnisse planmässig zusammen- zufassen und in der Form von Lehrbüchern einem weiteren Kreise von Wissenschaftlern und Praktikern zugänglich zu machen. Beherrschten bis zum Jahre 1910 fast ausschliesslich Johannsens und Batesons muster- gültige Darstellungen der modernen Vererbungswissenschaft fast allein das Feld, so schliessen sich an die (bereits früher hier angezeigten. siehe Bd. 77 H. 5) Lehrbücher von Baur und Haecker nunmehr noch ein grösseres deutsches und zwei kleinere englische Zusammenfassungen an. Goldscehmidts umfangreiches Vorlesungswerk erhält sein eigen- artiges Gepräge durch die ausgiebige Heranziehung auch älterer Erfahrungen auf dem Gebiete der Erbwissenschaft. Standen weiterhin die Bücher sowohl von Haecker wie von Baur in merklichem Maße unter dem Banne der eigenen Forschungsrichtung der Verfasser, so widmet Goldschmidt ganz gleichmässig allen Einzelproblemen seine Aufmerksamkeit und nur hier und da treten einmal die persönlichen Erfahrungen und Überzeugungen des Autors etwas mehr in den Vordergrund. Nachdem in der Einleitung die Grundlagen der Erbeytologie eine ganz kurze Darstellung gefunden haben — im Rahmen der Bastardlehre werden die übrigen cellulären Tatsachen und Folgerungen späterhin ab- gehandelt —, erläutert Goldschmidt zunächst in zwei umfänglichen Haupt- teilen die Variabilität und die Mutation. Hier kommen auch eigene Studien des Verfassers zur Geltung, die sich vorzugsweise auf Lepidopteren beziehen. Besondere Sorgfalt erfahren die Untersuchungen von Johannsen, sowie die Öenotnera- und Leptinotarsa-Versuche, die für den augenblicklichen Stand der Lehre von der Mutation massgeblich sind. Das folgende Kapitel gehört dem Problem der Vererbung erworbener Eigenschaften. Goldschmidt steht nicht auf dem radikalen Standpunkte, wie ihn in letzter Zeit besonders Baur vertreten hat, dass es schlechthin keine erbliche Übertragung der erworbenen Eigenschaften in dem gewöhn- lichen nicht ganz klar definierten Sinne gäbe. Modifikationen sind nicht erblich, lautet der Kernpunkt dieser scharfen Zergliederung allen in Betracht kommenden Geschehens. Für Goldschmidt bestehen Brücken zwischen 178 Literarisch-kritische Rundschau. Lebenslagevariationen einerseits und Mutationen anderseits; extreme Reize zur richtigen Zeit einwirkend können auf die Erblichkeit von erheblichem Einflusse sein. Die Bastardbildung als Erbforschungsmittel bildet den Inhalt des nächstfolgenden Hauptteiles. Hier werden die Mendelphänomene in aller Ausführlichkeit behandelt, und im Anschlusse die Biologie der Mischlinge, die vegetative Bastardbildung und die cellulären Grundlagen der Bastard- larve dargestellt. Die Gesamtheit der Lehrbeispiele und der Darlegungen schliesst sich im allgemeinen an die heute schon infolge ihrer inneren logischen Zusammenhänge traditionell gewordene Behandlungsart an. Wenn an einer Stelle hier für eine künftige Auflage etwas zu bessern wäre, so möchte man der Darstellung der menschlichen Erblichkeit einen etwas breiteren Raum wünschen, auf den sie von Jahr zu Jahr auch wachsenden Anspruch sich verdienen wird. Der Schlussabschnitt des Buches ist dem Problem der Geschlechts- bestimmung vorbehalten. Die physiologische und die morphologische Seite der Erscheinungen werden nach Tatsachenmaterial und Deutung sehr über- sichtlich und klar abgehandelt. Auch hier treten besonders beim Gynandro- morphismus und seiner Vererbungsweise eigene Erfahrungen des Verfassers, die noch nicht ausführlich veröffentlicht sind, zutage. Goldschmidts Buch wird sich vor allem den Lesern empfehlen, die sachliche und gleichmässige Belehrung über das Gesamtgebiet der Erb- lichkeitslehre wünschen, dem noch ganz Unerfahrenen wird es eine sehr brauchbare Einführung, aber auch dem Forscher ein handliches Hilfsmittel zum Nachschlagen und Einordnen neuer Erfahrungen sein. Die beiden englischen Vererbungsbücher zielen nicht dahin, in umfang- reicher Darstellung den (resamtinhalt der Erbwissenschaft, wenn auch nur in seinen Grundlagen, abzuhandeln, Punnetts „Mendelism“ zeigt schon in der Wahl des Titels die Beschränkung auf die spezielle moderne Erbphysiologie. Trotzdem ist aus dem kleineren Taschenbuch der ersten Auflage ein weit eingehenderes richtiges Lehrbuch der mendelistischen Erberscheinungen ge- worden mit bunten "Tafeln und einer grossen Anzahl von Textabbildungen. In der Einleitung formuliert Punnett das Problem der Unterschied- lichkeit der Erbzellen und stellt dann historisch die Arbeit von Gregor Mendeldar. Die Erläuterung der „Anwesenheits- und Abwesenheitshypothese“ schliesst sich in der Reihe der Kapitel an. Das Verhalten der Faktoren zueinander — ihr Zusammentreten und die Produktion der neuen Formen, von Rückschlägen, die Art ihrer Vereinigung in derselben Zygote und die Erscheinungen der „Dominanz“ bilden den Inhalt der nächsten Abschnitte. Das Eingreifen der Domestikation, die Kopplung der Faktoren in den Gameten bringen den allgemeinen Teil der Mendellehre zum Abschluss. Ein breiter Raum ist den Erscheinungen der Geschlechtsbestimmung gewidmet. Die Erkenntnisse des Erblichkeitsforschung für Evolutions- und Variationslehre, für die züchterische Praxis werden behandelt und die Erb- lichkeitserscheinungen beim Menschen nehmen das Schlusskapitel ein. Punnett stellt sich, wie Bateson, und wie in Deutschland am ausgesprochensten Baur auf den klassisch-medelistischen Standpunkt; seine Literarisch-kritische Rundschau. 179 zahlreichen eigenen Arbeiten, die überall für Lieferung der Beispiele mit herangezogen werden, weisen streng auf diese Stellungnahme hin. In etwa dem gleichen Umfange stellt Castle die Erblichkeitslehre dar. Auch er gründet die neue Wissenschaft „Genetik“ auf die Dualität der „einfachen“ zeugenden Keimplasmen (Kap. I) und deren relative Unabhängig- keit vom Körper (Kap. II. Mendels Regel ist der Ausdruck für die Selb- ständigkeit der Einzelfaktoren im Gameten und der Zygote. Aus ihr lassen sich die zahlenmässigen Ergebnisse bei Dominanz, und die atavistischen Rekonstruktionen, die Störungen bei Lebensunfähigkeit einer (rameten- kombination erklären (Kap. III, IV). Bei der Neuerzeugung von Rassen, in der Evolution spielen Verlust oder Modifikation mendelnder Erbeinheiten die Hauptrolle (Kap. V). Aber auch der Selektion bleibt bei Castle ein weiter Machtbereich: nicht, wie auch bei den radikalen Mendelisten nur zur Auslese der Einheit-Kombinationen, sondern auch nach der Potenz der Charaktere bleibt der Selektion ein Spielraum (Kap. VI und VII. Castle schliesst sich nicht ganz unbedingt an Johannsens und Jennings radikale Auffassungen an, sondern neigt mehr zu einer älteren darwinistischen Deutung der Selektionsvorgänge und ihrer Materialien. Den nicht unmittelbar spaltenden Erberscheinungen, dem Prinzip der multiplen Gene (Kap. VIII), der Inzucht (Kap. IX) und der Vererbung des Geschlechtes sind die ab- schliessenden Abschnitte gewidmet. Punnetts und Castles Bücher bilden eine besonders für den deutschen Leser erwünschte Ergänzung unserer grossen und umfangreichen Erb-Lehrwerke. Zur schnellen Übersicht über die einschlägigen Hypothesen und Versuche, als kurze Einführungen in das (rebiet der Erblichkeitslehre verdienen sie einen grossen Leserkreis. An Lehrbüchern besteht, wie diese Literaturberichte zeigen, kein Mangel, die Flut der Arbeiten auf dem Gebiete der Erbphysiologie und Erbeytologie schwillt fast unter unseren Augen zu immer grösseren Massen heran: sollte es nicht an der Zeit sein, in Form eines umfangreichen Hand- buches diese Summe der Erfahrungen zusammenzufassen und die Materialien wie in der chemischen Literatur sachgemäss zu ordnen, damit der Überblick über die uferlose Produktion erleichtert werde, und anderseits die Lücken besser hervortreten, die dieser jüngste Zweig der Biologie noch auszufüllen hat ? Poll- Berlin. 4 Al l Fe len ln + na rel 2 ER Ä - AP ATLEN ey SR, 4 5 I) Zur Lil Ar sent ABA nr loan. fe: ragt I san an k AASRSE Fi ya ar # a! KR TIER: i u Ji pr ic; h . At Nantes, j mie ; « ® « 4 „uhr \ > “ j pas H ’ $ } 1} h ’ RN I Ku I Ka u a: EN: RER rs R Uni af WERNE ID a? Art Ra Nuf BE SUR? N Kalle Ti ARE such KufeR S u BEA DURLN RN 05 6 5 \ f . er RE EN LE WERT Er ud EIER er REN? 3 o PR . } ee > 4 re > a NE 7 ver TR - % 5 B = „1, RL f AN e“ m. h N she j N Ar -]' 4: 4 4 16, + Hr Wr, . i ü . E; Na j ) | E ei Al, R STE en sek: ie a rs ‘ EN) une ara We a . De = Kay? el Auer Berk ur“ r De, ALU == r rer, ee i dis PEREN N“ EN IP) 5 E a F a RE ae IN En up 4 N Tot 1 f Mi, j i ',1 {N ‘an wi Wr \ f) 1 a Ke * rri & N Bu N Aut . D ‘ “r 4 iz ö ! 5 € f . 1 i Yie > .IPN i 4 N 1 h N Ar! b 3 4 £ = ' \ ‚ br a “ ß ® ‘ j ın j f ö N \ b ar e fB . N o 1 er . - Tu Due 181 Aus dem biologischen Laboratorium der Universität Bonn. Der Hermaphroditismus bei Fröschen. Von Davenport Hooker. Hierzu Tafel IX und 1 Textfigur. Einleitung. Es gibt 25 beschriebene Fälle von abnormen Geschlechts- organen bei Fröschen. Unzugänglich waren mir die Berichte von Kortschagin, Pedaschenko und Tarnani; doch gibt Ognew Notizen über ihre Beschreibungen. Es ist bedauerlich, dass die Angaben Ognews über andere Fälle nicht vollständig mit den in den Originalen berichteten Tatsachen übereinstimmen, so dass vielleicht auch die mir selbst nicht bekannten Fälle von Ognew nicht genau genug wiedergegeben sind. Mitrophanows Abhandlung war mir ebenfalls im Original nicht zugänglich; doch findet sich ein kurzer Auszug desselben auf S. 98, Bd. 17, des Zoologischen Anzeigers von 1894. Die vorliegende Abhandlung ist zu betrachten als ein Vor- bericht zu Versuchen, welche von mir im hiesigen Laboratorium über innere Sekretion angestellt werden; sie gibt zugleich eine Beschreibung zweier neuen Fälle von Hermaphroditismus, von denen die eine die vollendetste Form des Hermaphroditismus verus bilateralis darstellt. Bevor wir die Besprechung der bis jetzt in der Literatur beschriebenen Fälle von Hermaphroditismus bei Fröschen durch- sehen, wird es der Einfachheit halber sich empfehlen, die von mir beobachteten Fälle zu beschreiben. Fall A, zur Gruppe des Hermaphroditismus spurius bilateralis gehörig. Das Tier, eine Rana fusca, am 4. April 1906 getötet und seitdem in 70°/o Alkohol aufbewahrt, ist erwachsen, misst 7,3 cm von der Schnauzenspitze bis zum After und ist, nach seinen äusseren Merkmalen, zweifellos ein Männchen um die Zeit der Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt. II. 14 182 Davenport Hooker: Brunst. Die Vorderarme sind mächtig entwickelt, die Daumen- schwielen gross und tiefschwarz gefärbt. Untersucht man den Harn-Geschlechts-Apparat. so fällt vor allem das Fehlen des linken Hodens und die Gegenwart von Müllerschen Gängen auf beiden Seiten auf. Im übrigen sind die (Geschlechtsorgane die eines normalen Männchens; nur ist der rechte Hoden leicht vergrössert. Die Samenblasen sind nicht so gross wie gewöhnlich bei den Männchen dieser Spezies um diese Jahreszeit; aber sie sind normal und haben den Typus der Spezies. Die Müllerschen Gänge sind dünn und nur leicht gewunden: ihr oraler Trichter liegt an der normalen Stelle in der (Gegend der Leber, und ihr anales Ende ist in einen schmalen Uterus verbreitert. Wolffsche und Müllersche Gänge enden in der Kloake mit gesonderten Endungen wie bei normalen Weibchen. Fall B, zur Gruppe des Hermaphroditismus verus bilateralis gehörig. Diese Rana fusca wurde im Oktober 1911 im Freien gefangen und sollte von Herrn Meyns zu einem Versuch über Trans- plantation benutzt werden. FErstaunt über die abnorme Be- schaffenheit der (Greschlechtsorgane, aber nicht in der Lage sie weiter zu untersuchen, überliess er mir freundlichst das Objekt, das hier beschrieben wird. Es ist dies ein wohl entwickeltes, Ss cm langes, erwachsenes Exemplar in mässig gutem Ernährungs- zustand. Die sekundären (eschlechtscharaktere sind die eines Männchens und Weibehens zugleich. Es hat mittelstarke Vorder- arme, Daumenschwielen und zugleich eine warzige Beschaftenheit der hückenhaut. Die normalen Männchen aller Frösche Deutsch- lands haben während des Herbstes bis zum Beginn des Frühjahrs besonders ausgebildete Hautdrüsen und Warzenhaufen, „die Daumenschwielen“ als äussere, sekundäre Geschlechtscharaktere. Bei Rana fusca werden die Daumenschwielen aus vier scharf abgesetzten Teilen gebildet, von denen zwei auf dem Metacarpus und je einer auf den Phalangen sitzen. Bei diesem Hermaphroditen weichen die Daumenschwielen vom normalen Typus der Rana fusca ab, und die letzte Phalanx trägt keine Spur der veränderten Haut (Fig. 1, S. 153), auch sind die drei vorhandenen Abschnitte weit deutlicher abgesetzt, als es sonst im Oktober der Fall ist. Nichts- destoweniger macht der Besitz von Daumenschwielen, auch wenn — (@ 6) Der Hermaphroditismus bei Fröschen. sie geringer ausgebildet sind, das Tier zu einem Männchen, da normale Weibchen keine Daumenschwielen besitzen. Unser Exem- plar hat auch die für das Männchen charakteristische Vergrösserung der Brunstmuskeln, die beim Weibchen nicht auftritt. Das auffallendste Geschlechtszeichen weiblicher Frösche vor dem Beginnen der Laichperiode sind die warzenartigen Ver- Rica. dickungen auf dem Rücken und den Seiten des Rumpfes und der Beine. Da der beschriebene Frosch dieses normale weibliche Zeichen trägt, so müsste man ihn auch als ein Weibchen bezeichnen. Bei der inneren Untersuchung dieses Hermaphroditen fand sich auf beiden Seiten ein wohlentwickelter Hodeneierstock, stark geschwollene Eileiter und kleine Samenblasen. Fig. 1 der Taf. IX zeigt, halbschematisch, die Beschaffenheit des Harn-Geschlechts- apparates. Der linke Hodeneierstock wurde noch besonders unter- sucht und stärker vergrössert auf Taf. IX, Fig. 2 abgebildet. Der Hodeneierstock der rechten Seite besteht vorwiegend aus Hodensubstanz. Der Hodenteil ist etwas breiter als normal und misst in der Länge 12,5 mm, in der Breite 6—9,5 mm und in der Dicke 5 mm. Seine Form ist plump, die Oberfläche glatt und von einer leicht gelblichen Farbe. Dieser Hoden ist innen 14* 154 Davenport Hooker: von einer sehr zarten, schwer sichtbaren, schwärzlichen Haut der Länge nach in zwei Teile geteilt. Die trennende, schleier- artige, schwarze Haut ist eine Fortsetzung des Eierstockes, der an der äusseren Kante des Hodens fast der ganzen Länge nach befestigt ist und anal über ihn frei hinausragt. Er ist 19 mm lang und hat, wo er den Hoden überragt, allseitig einen Durch- messer von 6,5 mm. Er enthält eine grosse Zahl junger, un- entwickelter, farbloser Eier, einige Übergangsstadien, wenige völlig reife und zahlreiche tiefschwarz gefärbte, verkleinerte, degenerierte Eier. Der Hodeneierstock der linken Seite enthält nur wenig Hodensubstanz im Vergleich zum Eierstocksgewebe, wenn auch der Hoden ungefähr die Grösse eines normalen aufweist. Er ist mehr oder weniger in das Parenchym des Eierstockes eingebettet und misst an der ventralen Oberfläche in der Länge 5 mm, in der Breite 3,5 mm; an der dorsalen Oberfläche in der Länge 7,5 mm, in der Breite 5 mm und ist 4,5 mm dick. Der Hoden ist von derselben Beschaffenheit mit Bezug auf Farbe und Wider- stand wie der der rechten Seite. Das Ovarialgewebe ist am kranialen, lateralen und analen Rande des Hodens befestigt, von normaler Gestalt, in sechs Säcke eingeteilt. Es enthält viele junge Eier, eine grosse Zahl reifer, völlig entwickelter und eine noch grössere von degenerierten, auf der ganzen Oberfläche schwarz gefärbten Eiern, während die normalen reifen Eier eine leicht gebräunte und eine weisse Halbkugel besitzen. Die Samenblasen der Rana fusca können als solche das ganze Jahr hindurch erkannt werden, wenn sie auch, wie das H. Gerhartz (1905b) zuerst beschrieben hat, in ihrer Grösse zu verschiedenen Jahreszeiten beträchtlichen Schwankungen unter- liegen. Die Abhängigkeit dieser Schwankungen von der inneren Sekretion des Hodens hat zuerst M. Nussbaum (1905a) nach- gewiesen. Bei Rana esculenta kann man die als Samenblase anzusprechende Stelle des Wolffschen (Ganges nur um die Brunst- zeit erkennen, wo sie leicht anschwillt und sich erweitert. Diesem Hermaphroditen von Rana fusca fehlen die den normalen Männchen zukommenden und aus dem Wolffschen Gange entspringenden Kanäle; daher nähern sie sich dem normalen Typus der Samen- blasen des Wasserfrosches. Sie sind einfache, spindelförmige Er- weiterungen des Urnierenganges. Nur eine kleine Andeutung Der Hermaphroditismus bei Fröschen. 185 einer sackartigen Ausbuchtung am kranialen Ende der linken Samenblase könnte daran erinnern, dass wir hier es mit Rana fusca zu tun haben. Die Eileiter sind weiss und haben stark geschwollene Drüsen. Die Windungen sind reichlich; gegen die Kloake zu gehen sie jederseits in einen dünnen, geräumigen Uterus über. Wolffscher Gang und Eileiter münden auf jeder Seite gesondert in die Kloake, wie bei normalen Weibchen. Es ist zu bedauern, dass nicht von vornherein das Peritonealepithel auf die Anwesenheit von Flimmer- zellen untersucht wurde. Am konservierten Präparat ist mir der Nachweis von Flimmerzellen nicht gelungen: das will aber in Anbetracht der bei der Konservierung nicht stark genug gewählten Konzentration des Formols nichts besagen, denn auch die Eileiter waren über Nacht gequollen und zum Teil geplatzt. Was die Fettkörper anlangt, so waren sie schwach entwickelt. Danach scheint es, als ob das Tier in der letzten Zeit seines Lebens kein reichliches Futter gefunden hätte, wenn auch sein Ernährungszustand, wie oben angegeben, bei äusserer Betrachtung nicht gerade auf langdauernden Hunger schliessen liess. Auch die grosse Zahl degenerierter Eier spricht, wie dies Nussbaum und Burkardt zeigten, für den Einfluss des Hungers. Der linke Hodeneierstock wurde besonders gehärtet und ein kleiner Teil mikrotomiert, gefärbt und mikroskopisch auf seinen Entwicklungsgrad untersucht. Das Hodengewebe war durchaus normal und enthielt der Jahreszeit entsprechend alle Stadien der Spermatogenese von den Spermatogonien bis zu den völlig ent- wickelten Samenfäden. Eizellen wurden im Hoden nicht gefunden. Der rechte Hoden wurde nicht besonders untersucht, in der An- nahme, dass auch er normal sei. Hermaphroditismus bei Ranidae. In der beifolgenden Tabelle sind, mit Einschluss der oben beschriebenen beiden Frösche, im ganzen 23 Fälle von Herma- phroditismus zusammengestellt. Nicht aufgenommen wurden die Fälle von Kortschagin, Pedaschenko, FallEvon Marshall und der zweite Fall von Sumner. Als Grund für diese Aus- schliessung galt mir entweder die Unvollständigkeit der Angaben oder die Zugehörigkeit der betreffenden Tiere zu anderen Abnormi- täten als den durch Hermaphroditismus bedingten. 156 Davenport Hooker: Die verzeichneten Fälle sind in fünf Gruppen geordnet, ent- sprechend dem Charakter der vorgefundenen Geschlechtsdrüsen und ihrer Adnexe: (Gruppe A. Männchen mit mehr oder weniger ausgebildeten Müllerschen Gängen (Eileiter). Gruppe B. Männchen, deren Hoden Eier enthalten. Gruppe ©. Hermaphroditen mit beiderlei Geschlechtsdrüsen, bei denen aber die männlichen vorwiegen. Gruppe D. Vollständige oder beinahe vollständige Herma- phroditen. Gruppe E. Hermaphroditen mit beiderlei Geschlechtsdrüsen, bei denen aber die weiblichen vorwiegen. Einer der interessantesten Punkte, den die Tabelle -zeigt, ist das gewaltige Überwiegen derjenigen Hermaphroditen, welche ihren (Geschlechtsorganen nach vorwiegend Männchen sind. Über 78 Prozent der aufgeführten Fälle haben in erster Linie männlichen Charakter; mehr als 13 Prozent sind vollständige oder beinahe vollständige Hermaphroditen ; während wenig über S Prozent der Hauptsache nach Weibchen sind. Diese Tatsache ist von einigen Autoren schon hervorgehoben worden. Freilich ist die Zahl der beobachteten und beschriebenen Fälle sehr gering, so dass ein wirklich statistischer Wert der Aufstellung dieser Prozentzahlen nicht beigemessen werden kann: sie sollen auch nur Aufschluss über das Verhältnis der beobachteten und nicht über das der in der Natur vorkommenden Fälle geben. Geschlechtsdrüsen und ihre Anhänge. Hermaphroditismus verus findet sich bei höheren Tieren, speziell den Wirbeltieren, nur bis zur Klasse der Fische, kommt aber auch gelegentlich anderweitig vor. Nach den Untersuchungen von Born. Pflüger, Schmitt-Marcel und Kuschakewitsch sind eine grosse Zahl von Hermaphroditen Übergangsstadien von weibchenähnlichen Fröschen zum männlichen (Geschlecht. Die dahingehörigen Fälle bilden eine Varietät sowohl des Hermaphro- ditismus verus als spurius, die wir „Übergangshermaphroditismus“ nennen wollen. Übergangshermaphroditen. Als Born (1881). um den Gesetzen der Entstehung des Geschlechtes nachzugehen, Kaulquappen aus künstlich befruchteten _ Tabelle der in der Literatur beschriebenen hermaphroditischen Frösche. : = E | A , 2 |s : Bones N Rechte Körperseite Linke Körperseite Sale: Fall Be Yan Alter männliche weibliche 1 Lage des E E IE ana 2 R 3 n fi Ye: - E 5 5 i Oharaktere Charaktere Hoden Samenblase Eierstock Eileiter BE zum Hoden Samenblase Eierstock Eileiter em + Hoden 1 ne escnlenta |Nlmkekannt en | Unbekannt Normal Vorhanden Fehlt Müässig entwickelt — Normal Vorhanden Fehlt Vorhanden — P) a eseulenta | Erwachsen en Unbekannt Gut entwickelt Gut entwickelt Fehlt Gut entwickelt _ Gut entwickelt Gut entwickelt Fehlt Gut entwickelt = \ Sumner = | Erwachsen & R N en: Wenig entwickelt = 2 “ . Wenig entwiokelt 3 1894 virescens |7 5 (m Haug Unbekannt | Unbekannt Gut entwickelt Gut entwickelt Fehlt Aufnahmebrichter fehlt Gut entwickelt Gut entwickelt Fehlt Anfnalmstrichter Töhlt = H | K- - _ Fe Tu || Erwachsen 8. Vorderarmmusk. Kleiner Klei Hooker 2 Ri = | „| Hoffmann er | R & = 5 Eier zwischen den Tnhelra Nicht abgesetzt F Bier zwischen den Nicht abgesetzt J, 12 1886 AED Ziulyahz Unbekannt EINBBLCND Hodenschläuchen eidtelenm vom Hoden Unlinkanng | Hodenschläuchen NASEN vom Hoden albalamıc ww B |3 LLLEZ temporaria | Unbekannt Ö) Unbekannt Ile X) race zaralian Vorhanden Nigebseretzr a —_ Habe in url apa. Vorhanden Aal alhzeriiizt, en _ ü 1890 smu ö Unbekannt den Hodenschläuchen vom Hoden Dterusvorhanden den Hodenschläuchen vom Hoden Urernevorhanden | Marshall | R U " f6) Imbekannt | Eier zwischen den Klein und | Nicht abgesetzt Wie bei normalen Eier zwischen den Klein und Nicht abgesetzt Wie in normalen % B 1884 | nCTn DEI am Unbekannt aueram | Hodenschläuchen spindelförmig vom Hoden Weibchen | Hodenschläuchen spindelförmig vom Hoden Weibchen = - | Mitrophanow s Jung, | lan Eier in den 5 Nicht abgesetzt An e Diagnose der Eier Nicht abgesetzt | Fa = 2 1894°) |) geenlcntn 7 cm lang Unbekannt Dnbeitenzy Hodenschläuchen Fehlt vom Hoden SUtEnyiokel” nicht sicher Bent vom Hoden Gubzentyickelt l I SEBRDRSEEN | a = . 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Seite entwickelten Hiern Weibchen ater Fl = Bez Se IE —— = ns ll ne K ee — er = ett (j lei Iterus, Klein, enthält aber er Gross mit normalen | Wie in normalen 5 Burn Unbekannt | Unbekannt || Daumenschwielen Keine Normal Klein Enthält nur ein Ei Laer Ike ae Lateral 4 a Klein 3 5 ibeh Lateral 1900 Keabı sonst wohl entwickelt reife Samenfüden Eiern Weibchen gut ausgebildet rer _ —— = I = a u ==> ———- ——r = z — = I er Hooker | Daumenschwielen Rückenhaut Klein und Wie in normalen Klein und Wie in normalen || Oral, lateral fi a ide! Seite > Srerl; Du = AIR Äusserlich normal iei | Marshall (6) Wie in normalen N ’ Wie in normalen 1 ; temporari Unbekannt Unbek 5 Fehlt i Inbekannt Fehlt Fehlt enthält aber nur R = 5 | D 1384 einporarin Inbekannt nbekannt bekannt Gross eh Klein Weibchen Unbekannt Vekenekiorta mie Weibelen Be ee | a jE 2 re u = en £ — = | I I | Rn F Takt N | Bourne | el 2 Wie in normalen | Sehr klein, Wie in normalen Lateral 2 | t raria | Unbek: | Inbeka Re Re Non Zu | Fehlt Gross P ateral 1884 \ temporaria | Unbekannt Unbekannt Unbekannt Fehlt Fehlt Normal Weibehen | mit Samenfaden Weibchen | | Der Wert mancher in der Tabelle wiedergegebenen Notizen würde ein grösserer sein, wenn die Autoren auch die Jahreszeit angegeben hätten; dies ist aber nur selten der Fall. Bei dem ausgesprochenen Jahreszyklus in Wachstum und Rückbildung der sekundären Geschlechtscharaktere kann aber eine Bezeiehnung wie gross oder klein nur von Belang sein, wenn man weiss, ob die Teile für die bestimmte Jahreszeit gross oder klein sind. ') Nach Ognews Angaben. ®) Nach Coles Angaben und Zool. Anz., 17, 98, 1894, “ B k e; pr ’ 3, ir; nur ad anne RER HOLEN LEBE WEHEN T : &, 3 wear e rR j Der Hermaphroditismus bei Fröschen. 187 Eiern ausbrütete, fand er unter 1450 aufgezogenen Kaulquappen 95 Prozent Weibchen und 5 Prozent Männchen. Da er, praktisch genommen, dieselben Resultate an eben metamorphosierten Fröschen erhielt, die unter den verschiedensten Bedingungen erbrütet waren, so konnte er betreffs der grossen Prozentzahl an Weibchen zu keinem Resultat gelangen. Er nahm daher an, dass dies das normale Verhältnis der beiden Geschlechter sei, ein Verhältnis, das erst später durch grössere Sterblichkeit der Weibchen zu einem gleichen umgewandelt werde, so dass dann unter erwachsenen Tieren gleichviel Männchen und Weibchen sich finden. Pflüger (1852) fand unter einer grossen Zahl junger Frösche, die er von drei weit voneinander entfernten Gegenden gesammelt hatte, drei Typen von Individuen: erstens Männchen, zweitens Weibchen und drittens Hermaphroditen, d. h. Frösche, deren (seschlecht unbestimmbar war. Der Prozentgehalt an Weibchen war bedeutend höher als der an Männchen. In einer Sendung waren viele Frösche infolge der Hitze zugrunde gegangen und unter ihnen gleichviel Männchen und Weibchen. Daraus zog er den Schluss, dass die Weibchen keine höhere Mortalität haben als die Männchen, aber dass die auf ihr Geschlecht unbestimm- baren Exemplare später echte Weibchen oder Männchen werden und zwar Männchen in grösserer Zahl. Bestärkt in dieser An- nahme wurde er durch die Feststellung, dass bei erwachsenen Fröschen die Zahl der Männchen und Weibchen gleich ist. Pflüger stellte weiter durch Beobachtung fest, dass ein auf sein Geschlecht nicht bestimmbares Fröschehen im Lauf des ersten, zweiten und dritten Lebensjahres zu einem Männchen werden könnte, und dass solche Männchen in der Zwischenzeit. so lange noch die Greschlechtsdrüsen vorwiegend den weiblichen Charakter tragen, für Weibchen gehalten werden. Schmitt-Marcel (1908) prüfte die Frage an ungefähr 4500 Fröschen, unter denen er von mehr als 3000 den ganzen Entwicklungsverlauf kannte. Seine Resultate zeigen, dass nicht allein drei Geschlechtstypen bei jungen Fröschen vorkommen, sondern dass auch eine grosse Zahl solcher Individuen, die zuerst weiblichen Charakter tragen, später zu echten Männchen um- gebildet werden müssen. In der Tat ist die Gruppe von Fröschen mit unbestimmbarem Geschlecht von Weibchen in Übergangs- stadien gebildet. Die Umwandlung beginnt im zweiten Monat 155 Davenport Hooker: nach der Metamorphose und dauert so lange, bis gleichviel Männchen und Weibchen vorhanden sind (selbstverständlich gilt dies nur innerhalb der statistischen Fehlergrenzen). Die gleiche Zahl der Geschlechter ist im 22. Monat erreicht. Die grösste Zahl sogenannter Hermaphroditen wird am Ende des ersten Jahres gefunden. Schliesslich bestätigt Schmitt-Marcel die Beobachtungen Pflügers, dass die Weibchen keine höhere Sterblichkeit haben als die Männchen. Pflüger untersuchte die Geschlechtsdrüsen seiner Versuchs- tiere an Oberflächen-, Rasiermesserschnitt- und Zupfpräparaten bei Lupenvergrösserung und fand schon mit diesem Hilfsmittel, dass die unbestimmbaren Organe Eier und Ursamenzellen enthielten, also wirklich hermaphroditisch waren. Schmitt-Marcel fügte den Nachweis an Serienschnitten hinzu, dass bei den Tieren im Übergangsstadium Eizellen degenerierten und Spermatogonien sich von indifferenten Zellen des „Keimepithels“ entwickelten. Das letztere ist nach den Erfahrungen M. Nussbaums nicht der Fall, da es beim Frosch kein Keimepithel gibt. Doch braucht die Frage, woher die Spermatogonien stammen, hier nicht auf- gerollt zu werden. Die Spermatogonien vermehren sich und das geht ja hinlänglich sicher aus der Tatsache hervor, dass die Drüse später ein echter Hoden wird. Kuschakewitsch (1910) gibt in einer ins einzelne gehenden Beschreibung die Entwicklungsgeschichte der Keim- drüse bei Rana esculenta. Er findet, dass bei normaler Ent- wicklung drei scharf unterscheidbare Typen von Keimdrüsenanlagen gefunden werden: Männchen, Weibchen und eine intermediäre Form oder Pflügersche Hermaphroditen, wie er diese dritte Form nennt. Diese Hermaphroditen kann man von echten Weibchen an verschiedenen Zeichen leicht unterscheiden. Er verwirft die Annahme Schmitt-Marcels, dass die Zellen des indifferenten Keimepithels Gruppen bilden als Anlagen der Hoden- schläuche. Kuschakewitsch glaubt vielmehr, dass das Hoden- gewebe von indifterenten Zellen abstammt, welches in die Ge- schlechtsdrüsen aus dem Wolffschen Körper einwandert, nachdem das weibliche „Keimepithel“ bis auf einen kleinen Rest zugrunde gegangen war. Aus solchen Tieren, die er als „intermediäre“ bezeichnete, können dann durch Fortentwicklung des weiblichen Restes der hermaphroditischen Geschlechtsdrüse und Rückbildung Der Hermaphroditismus bei Fröschen. 189 des schon vorhandenen Hodens schliesslich Weibchen hervorgehen, während die Mehrzahl dieser intermediären Formen zu Männchen umgebildet wird. Eine sachliche Kritik dieses Umbildungsmodus und namentlich der Entstehung des Hodens aus dem Nierengewebe wird man an dieser Stelle nicht erwarten können, da schon seit Sempers grundlegenden Untersuchungen der Nachweis geführt wurde, dass der Hoden in seinem funktionellen Teile vom „Keim- epithel“ abstamme und dass, wie Nussbaum und nach ihm eine grosse Zahl anderer Autoren lehrten, Eier und Samenfäden von den Geschlechtszellen sich ableiten, welche in die von Waldeyer „Keimepithel* genannte Gegend der späteren (ie- schlechtsdrüsen einwandern. Wenn der Übergang von einem intermediären Frosch zu einem Männchen abgeschlossen ist, so findet man die Müllerschen Gänge bis auf einen einfachen Gewebestrang degeneriert. Das ist das gewöhnliche Schicksal der Müllerschen Gänge bei männ- lichen Fröschen, wie dies Leydig (1555) und andere!) gezeigt haben. Im Hinblick auf die Tatsache, dass bei jedem in der Literatur beschriebenen Fall von Hermaphroditismus, wenn der Zustand der Adnexe berücksichtigt wurde, die Müllerschen Gänge besser entwickelt waren als bei normalen Männchen, ist es höchst wahrscheinlich, dass beim Übergangsprozess die Müller- schen Gänge als letzter Teil des Geschlechtsapparates degenerieren. Trifft diese Annahme zu, so macht das Vorkommen von Müller- schen Gängen bei Männchen als einziger Rest der weiblichen Geschlechtsorgane es wahrscheinlich, dass die Frösche in Gruppe A in unserer Tabelle Übergangshermaphroditen sind, bei denen der Umbildungsprozess zum Stillstand kam, nachdem die Eier degene- riert waren und die Vermehrung der Spermatogonien den Charakter der Geschlechtsdrüse völlig verändert hat. Nun ist es interessant zu sehen, dass von den Fällen der Tabelle, welche vorwiegend männlichen Charakters sind, über 44 Prozent keinen anderen Hermaphroditismus zeigen, als das Vorkommen von Müllerschen Gängen neben den Hoden. Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass folgende Überlegung hierfür eine Erklärung abgeben könnte. Die Arbeiten von Harms (1910) und Meisenheimer (1911) haben den Nachweis !), Johannes Müller (1830), Burow (1832), Rathke (1832) und andere. 190 Davenport Hooker: erbracht, dass die innere Sekretion der Geschlechtsdrüsen eines (eschlechtes auch die Adnexe des anderen Geschlechtes beim Frosch vergrössern kann.!) Für gewöhnlich schwellen die Reste der Müllerschen Gänge bei Männchen im Lauf des Jahreszyklus weder an noch ab. Die Gänge sind eben so weit zurückgebildet, dass sie auf den (seschlechtsreiz im erwachsenen Tier nicht zu reagieren vermögen. Würden aber bei einem langsam verlaufenden Schwund der Eier in der Zwitterdrüse die Müllerschen Gänge in der ersten Entwicklung etwas weiter als es gewöhnlich geschieht, ausgebildet worden sein, so müssten sie trotz des Fehlens des Eierstockgewebes. dem zyklischen Reiz von seiten der Hoden folgend, sich auch beim Erwachsenen vergrössern und wieder abschwellen können. Es müsste somit beim erwachsenen Männchen je nach der Jahreszeit aus dem etwas weiter als gewöhnlich ent- wickelten Rest eines Müllerschen Ganges ein zwar kleiner, aber doch mit blossem Auge sichtbarer Eileiter entstehen können. Selbstverständlich ist es, so weit unsere jetzigen Mittel reichen, unmöglich, mit Sicherheit den Nachweis zu führen, dass die oben beschriebenen 44 Prozent von Männchen alle dem Über- sangstypus angehören. Es ist auch unmöglich, ein wirkliches (Gesetz abzuleiten, wonach die gelegentlich erscheinenden Herma- phroditen aus Übergangshermaphroditen hervorgehen. Da aber alle unsere Vorstellungen über den Hermaphroditismus bei höheren Wirbeltieren im grossen und ganzen spekulativer Art sind, so darf man wohl sagen, dass die oben vorgetragenen Anschauungen besser begründet sind als die meisten anderen über diesen Gegenstand. Die Gruppe B enthält eine Serie von Fällen, die nach ge- wissen Richtungen schwieriger unterzubringen sind. Es wird nicht bestritten, dass die ersten Greschlechtszellen äusserst wenig differenziert sind und man bei ihnen keine Merkmale aufgefunden hat, welche die Vorläufer der Hoden oder Eierstocksdrüse von- einander zu unterscheiden lehrten. Wir kennen auch nichts Sicheres über die Ursachen der (Geschlechtsentstehung bei Wirbel- tieren, wenn auch bei manchen Wirbellosen eine Reihe von Forschungen durch Variation äusserer Bedingungen ein bestimmtes Geschlecht erzeugt hatte. Experimentelle Studien am Frosch haben bis heute nichts Sicheres über die Entstehung des Ge- !, Dies gilt aber für Insekten und Säugetiere nicht, wie Meisen- heimer selbst und jüngst erst Steinach gezeigt haben. Der Hermaphroditismus bei Fröschen. 191 schlechtes gelehrt. Wenn wir aber auch die Ursachen der Veränderungen in der hermaphroditischen Geschlechtsdrüse des Frosches nicht kennen, so wissen wir doch, dass bei einem Frosch der Übergangsgruppe schliesslich ein Hoden resultiert. Bleiben die Zwischenstadien erhalten, so muss man bei solchen Tieren auch Eier finden, die entweder zwischen oder in den Hoden- schläuchen liegen. Die Tiere mit derartigen Anomalien sind unter Gruppe B vereinigt. Es ist möglich, dass sich Eier bei den 15 Prozent anfänglichen Männchen, die Schmitt-Marcel be- schreibt, entwickeln; aber das Gewicht der Tatsachen weist darauf hin, dass die Mehrzahl der Frösche in den Gruppen A und B (56,5 Prozent aller beschriebenen Fälle) wirklich Übergangs- hermaphroditen sind. Hermaphroditismus aus anderen Ursachen. Die Gruppen C, D und E stellen eine von dem Übergangs- hermaphroditismus durchaus verschiedene Art abnormer Greschlechts- bildung dar, weshalb sie hier als Hermaphroditen „aus anderen als Übergangshermaphroditismus-Ursachen entstanden“ bezeichnet werden. Die Frösche in Gruppe B haben, wie schon oben des näheren ausgeführt wurde, Eier und Spermatogonien in ihren Geschlechtsdrüsen gemischt. Bei den letzten drei Gruppen der Tabelle haben acht dieser Fälle ausgesprochen doppelte Geschlechts- organe auf beiden Seiten, und zwei weitere haben doppelte Organe auf einer Seite und nur ein Organ auf der anderen. Bei dieser Verdopplung der Organe ist der Eierstock absolut vom Hoden getrennt und hat sich, wie wir annehmen dürfen, von einem durchaus gesonderten Teil der Geschlechtszellen entwickelt. Ein solcher Vorgang ist bei Übergangsfröschen nicht gewöhnlich und es ist wahrscheinlich, dass diese Hermaphroditen direkt entstehen. Kuschakewitsch bringt freilich verschiedene der in ©, D und E untergebrachten Fälle in die Gruppe der Übergangsfrösche. Man kann dieser Meinung sein, wenn es auch zweifelhaft ist, ob sie das Richtige trifit, wie es auch aus den eigenen Untersuchungen von Kuschakewitsch über Übergangsformen hervorgeht. Die in Gruppe C aufgeführten Frösche unterscheiden sich von den in Gruppe E vereinigten ganz wesentlich durch den Zustand der Müllerschen Gänge, die in C nicht durchaus so gut entwickelt sind als in E. 115) Davenport Hooker: Cole hat den Satz aufgestellt, dass das Fehlen von Samen- blasen ein Tier zum Weibchen stemple, selbst wenn andere Teile des männlichen Geschlechtsapparates vorhanden sind. Diese Auf- fassung hat in der Tabelle keine Anwendung gefunden. Wie schon erwähnt wurde, hat Rana esculenta keine eigentlichen Samenblasen. Darum sind die Fälle von Tarnani (Ar) und von Mitrophanow (Bs) nicht als Weibchen aufgeführt worden. Coles eigener Fall ist zweifellos männlichen Geschlechts, obwohl die linke Samenblase fehlt. Nachdem die Untersuchungen von Harms und Meisenheimer vorliegen, wovon wir oben be- richteten, sind, wie dies namentlich Nussbaum zu zeigen ver- stand, die (reschlechtsdrüsen das Geschlechtsbestimmende und man wird nicht weiterhin, wie zu Coles Zeiten (1896) es noch erlaubt war, einen anderen Teil des Geschlechtsapparates für den ge- schlechtsregulierenden halten dürfen. Ein ganz besonderes Interesse bietet unter den hier be- sprochenen drei Gruppen der Tabelle die Gruppe D, die den vollkommensten Fall von Hermaphroditismus verus bilateralis (D;) enthält, über den bis jetzt in der Literatur berichtet worden ist. Der Genitalapparat ist auf beiden Seiten vollkommen getrennt zweigeschlechtlich. Wenn auch die Samenblasen klein sind und von dem normalen fusca-Typus abweichen, so ist dennoch kein anatomischer Grund aufzufinden, weshalb der Frosch die Funktionen beider Geschlechter nicht hätte vollziehen können. In den Eier- stöcken liegen reife Eier, und in den Hoden sind wohlgebildete, reife Samenfäden vorhanden. Nicht allein sind die (Geschlechts- organe in doppelter Ausführung, in männlicher und weiblicher Form vorhanden, sondern auch die äusseren (Greschlechtszeichen beider Geschlechter finden sich vor. Gerade dieserhalb stellt das Exemplar eine so vollendete, bilateral-hermaphroditische Mischung dar. Abgesehen von den äusseren Geschlechtscharakteren, welche sie zeigen, sind die anderen Fälle der Gruppe D von keinem besonderen Interesse an dieser Stelle, da sie an den Geschlechts- drüsen nichts Ausserordentliches zeigen. Wir werden sie daher in den nächsten Paragraphen besonders behandeln. Sekundäre Geschlechtscharaktere. Es gibt nicht allein einen Hermaphroditismus der Keim- drüsen, sondern auch einen Typus von Hermaphroditismus der Der Hermaphroditismus bei Fröschen. 193 sekundären Geschlechtscharaktere. Dieser Typus hat für ge- wöhnlich auch Zwitterdrüsen; es kommt aber, wenn auch freilich selten, vor, dass bei eingeschlechtlichen Keimdrüsen der Herma- phroditismus der äusseren Geschlechtscharaktere allein ausgeprägt ist. Wie Brandt (1389) zeigte, kann ein Tier die äusseren Kennzeichen des einen (reschlechtes und trotzdem die Keim- drüsen des anderen tragen. Sehr zu bedauern ist es, dass nur in 7 von den 23 ın unserer Tabelle zusammengestellten Fällen Angaben über äussere (reschlechtscharaktere gemacht worden sind; namentlich gilt dies für Gruppe D, wo volle Angaben ungemein wichtig wären. Es ist auch zu beklagen, dass die zwei Fälle in Gruppe E nicht eingehender beschrieben worden sind, wenn auch gesagt wird, dass ihre äusseren (Geschlechtsmerkmale weiblich wären. Der erste Fall in Gruppe D ist dadurch ausgezeichnet, dass er, wie schon angegeben, die Charaktere beider Geschlechter auf beiden Seiten aufweist. Er unterscheidet sich dadurch von Fall 2 derselben Gruppe, wo auf einer Seite des Körpers männliche Geschlechtscharaktere sich finden, während sie auf der anderen Seite fehlen. Ob weibliche Charaktere auf der anderen Seite vorhanden sind, wird nicht angegeben, doch wäre dies wichtig gewesen, weil das Fehlen der männlichen Charaktere die weib- lichen noch nicht ersetzt. Daher erinnert dieser Fall nur zu einem gewissen (srade an Webers wohlbekannten Fall von getrenntem Hermaphroditismus bei Fringilla coelebs. Dieses Exemplar hatte auf der einen Körperseite einen Hoden und männliches Gefieder, auf der anderen Seite einen Eierstock und weibliches Gefieder. Hierher gehören auch manche Insektenzwitter. Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen sekundären Geschlechtscharakteren und Keimdrüsen ist aber mit dem Problem der inneren Sekretion so verknüpft, dass wir mit einigen Worten auf diesen Gegenstand hier eingehen müssen. Innere Sekretion. Mit Rücksicht auf die Literatur verweisen wir auf Nuss- baums Abhandlung (1905) und führen hier nur das Folgende an. Der Einfluss innerer Sekretion auf sekundäre Geschlechts- charaktere ist von einer grossen Zahl von Experimentatoren nach- gewiesen worden. Seit den Arbeiten von Brown-Sc@quard (1889) 194 Davenport Hooker: kam die Frage von neuem in Fluss, wenn auch die ersten wert- vollen Experimente auf diesem Gebiete von Berthold aus dem Jahre 1549 herrühren. Er machte an Hähnen Versuche und zeigte dabei, dass nach der Kastration die äusseren Geschlechts- zeichen zurückgehen und nach der Implantation von Hoden wieder wachsen. Freilich gelang ihm nicht der sichere Nachweis, dass es der Blutweg sei und nicht das Nervensystem, wodurch diese Wirkung zustande käme. In der Folgezeit und, wie gesagt, seit der Zeit vonBrown- Sequard, hat man unausgesetzt an der Lösung dieser Frage gearbeitet. Die benutzten Methoden waren Kastration, Trans- plantation von Keimdrüsengewebe und Injektionen von zermalmten oder extrahierten Keimdrüsen. Oudermans. Kellogg, Crampton, Meisenheimer, Kopee und andere haben bei Insekten nachgewiesen, dass die sekundären Greschlechtscharaktere in einem äusserst frühen Stadium der Entwicklung festgelegt sind und auch nicht einmal durch Kastration und Einpflanzung der Keimdrüsen des anderen Ge- schlechtes verändert werden können, auch wenn die Transplantation lange vor der (reschlechtsreife in jungen Puppen ausgeführt werde. Die Versuche an Wirbeltieren ergaben, dass hier die sekun- dären Geschlechtscharaktere durch die Kastration abgeschwächt und durch Transplantation und Injektion wiederhergestellt werden. 3is Jetzt sind freilich, wegen der Schwierigkeiten in der Operations- technik an Weibchen, die Versuche vorzugsweise an Männchen angestellt. Hinlänglich bekannt ist es, dass vor der Ausbildung der Hoden die Männchen keine sekundären (reschlechtscharaktere besitzen, die sie von den Weibchen unterscheiden könnten. Man sagt wohl, und das trifft im allgemeinen zu, dass kastrierte Männchen durch Verlust ihrer Geschlechtscharaktere sich dem weiblichen Typus nähern. Aber man muss bedenken, dass auch die Weibchen sekundäre Charaktere besitzen, die bei kastrierten Männchen niemals sich entwickeln. Im allgemeinen ist auch die weibliche Form die einfachere, ohne dass man sagen könnte, dieser Satz sei ohne Ausnahme. Man braucht nur an die Zwerg- männchen der Cirripedien zu denken. Immerhin hat Bresca (1910) bei Triton cristatus gezeigt, dass das Weibchen kaum durch die Kastration geändert wird. während das Männchen tief- gehende Umwandlungen erleidet. Der Hermaphroditismus bei Fröschen. 295 An Fröschen zeigte Nussbaum (1905a), dass die Männchen nach der Kastration ihre sekundären Geschlechtscharaktere ver- lieren, während die Entfernung eines einzigen Hodens, wie Gerhartz (1905b) nachgewiesen hat, keinen Einfluss ausübt. Wird die doppelseitige Kastration ausgeführt zur Zeit, wenn die accessorischen Geschlechtsorgane wohl entwickelt sind, so gehen sie wieder zurück und Daumenschwielen, Samenblasen und Muskeln der Vorderarme atrophieren. Wenn dagegen im Lauf des jähr- lichen Zyklus die accessorischen Organe wieder klein geworden waren, und man nimmt um diese Zeit eine Kastration des Männchens vor, so bleiben Daumenschwielen, Samenblasen und Muskeln der Vorderarme klein. Wenn aber Stücke des reifen Hodens eines frisch gefangenen Frosches in den Lymphsack eines Kastraten emgeführt werden, so erscheinen die sekundären Ge- schlechtscharaktere wieder, selbst wenn mehr als ein Jahr nach der Kastration verflossen war. Da in den Lymphsäcken die ein- geführten Hodenstücke weder mit Blutgefässen noch mit Nerven versorgt werden, so dauert der vergrössernde Eintluss auf die sekundären Geschlechtscharaktere nicht lange an, und zwar nicht länger, als bis die im eingeführten Hoden enthaltenen wirksamen Stoffe aufgebraucht sind. Regeneration der sekundären Geschlechts- charaktere tritt auch nach Injektionen zerquetschter Hodensubstanz auf; ebenso, wenn in einem Kastraten ein transplantiertes Hoden- stückchen sich selbst wieder vergrössert hat. Meisenheimer hat 1911 gezeigt, dass nicht allein Hoden- übertragung, sondern auch Übertragung von Eierstocksgewebe bei männlichen Kastraten die sekundären (reschlechtsorgane zur Schwellung bringe. Nicht unerwähnt darf bleiben, dass W.Harms schon 1910 den Fund gemacht hatte, dass der Klammerreiz beim Männchen sowohl durch Injektion von Hoden als Eierstockssubstanz ausgelöst werden kann: beides Erfahrungen, die eine ausgezeichnete Stütze für die Homologie der Keimdrüsen in beiden (Greschlechtern abgeben. Die Frage nach dem chemischen Einfluss des Hodens auf die sekundären Geschlechtscharaktere der Frösche ist seit Nuss- baums Arbeiten im bejahenden Sinne entschieden. Ob der Angriffspunkt der bis jetzt noch nicht bekannten Stoffe in dem zu den sekundären Geschlechtsorganen gehörigen Teil des zentralen Nervensystems oder ohne die Vermittlung zentrifugaler Nerven 196 Davenport Hooker: in den Zellen der sekundären Geschlechtsorgane selbst zu suchen sei, ist noch strittig. Hermaphroditismus bei anderen Wirbeltieren ausser bei Fröschen. Die Fälle von Hermaphroditismus bei Bufonidae, so weit sie bekannt geworden sind, sind nur wenige. Das Vorkommen des Bidderschen Organes erschwert es, wirklichen von schein- barem Hermaphroditismus zu unterscheiden. Wahrscheinlich ist eine Zahl von Fällen, darunter z. B. der von King, nur schein- barer Hermaphroditismus. So liegt auch in der Tat in vier von den Fällen das Ovarium oral zum Hoden, an der Stelle, wo normalerweise das Biddersche Organ sich findet. Nach Knappes Beschreibung war ein doppeltes Biddersches Organ auf beiden Seiten vorhanden. Kuschakewitsch nimmtan, „dass das Biddersche Organ von Bufo und die intermediäre Keimdrüse von Rana dieselbe morphologische Bedeutung haben und eine rudimentäre, archaische, protogyne Keimdrüse in der ersten (weiblichen) Phase ihrer Aus- bildung darstellt“. Die Ergebnisse der Meynsschen Untersuchungen sprechen aber dafür, dass die intermediären Keimdrüsen von Rana eher ein entwicklungsgeschichtlicher Zustand als ein atavistisches Überbleibsel seien. Dieser Forscher fand, dass transplantierte Hoden von Rana auf einen sehr primitiven Entwicklungsgrad zurückgebracht werden, ehe die Regeneration einsetzt, und dass sowohl Spermatogonien als Eier zuerst gebildet werden, bevor die Eier wieder degenerieren, und die Spermatogonien ihre weitere Entwicklung fortsetzen. In diesen experimentellen Untersuchungen tinde ich einen wertvollen Beweis dafür, dass diejenigen herma- phroditischen Frösche, welche Eier in den Hoden führen, wirkliche intermediäre Formen sind, die keineswegs, wie Kuschakewitsch meint, durch Atavismus erklärt werden können. Bei den Urodelen hat nur von la Valette St. George einen Fall von Hermaphroditismus bei Triton beschrieben. Dieser Fall verdient jedoch besonders erwähnt zu werden, weil er dem hermaphroditischen Frosch Dı unserer Tabelle sehr ähnlich ist, obwohl der Triton nur äussere männliche Geschlechtscharaktere hat, und ihm die Eileiter fehlen. Die Keimdrüsen dagegen verhalten sich in ihrem Entwicklungsgrad und ihrer gegenseitigen Lage Der Hermaphroditismus bei Fröschen. 197 genau wie die unseres Frosches, Dı. Die Eierstöcke sind wohl entwickelt; sie erscheinen normal und enthalten reife Eier. Die Hoden sind eben so völlig normal und haben reife Samenfäden entwickelt. Überdies liegen die Eierstöcke lateral zu dem Hoden ; alles Eigenschaften, die mit denen von Frosch Dı parallel gehen. Hermaphroditen bei den Vögeln sind nicht selten. Arrhe- noidie und Thelyidie sind ein häufiges Vorkommnis. Es liegt aber nicht in unserer Absicht, die in der Literatur verzeichneten Fälle hier aufzuführen. Mit dem Aufstieg in der phylogenetischen Reihe wird der Hermaphroditismus immer seltener. Bei Menschen sind bis jetzt nur fünf Fälle beschrieben worden. Bei den Säugetieren ausser dem Menschen hat man Hermaphroditen recht oft gefunden ; aber der echte Hermaphrodit (Hermaphroditismus verus bilateralis) ist immerhin eine Seltenheit. Resultate. 1. Es gibt neben dem wahren und falschen noch eine Über- gangs- und stationäre Form von Hermaphroditismus bei Fröschen. Die meisten der bis jetzt beschriebenen Frosch-Herma- phroditen (65,5 Prozent) gehören höchst wahrscheinlich zum Übergangstypus. Von 78 Prozent der beschriebenen Frosch-Hermaphroditen würde man ohne genauere Untersuchung annehmen, sie seien Männchen. 4. Für die Lehre von der inneren Sekretion ist das in der Literatur verarbeitete Material von nur geringem Wert. Hier kann nur das Experiment weiter fördern. |) os Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt. II. 15 198 Davenport Hooker: Literaturverzeichnis. * bedeutet: nicht persönlich zugänglich. 3erthold, A., 1849: Transplantation der Hoden. Arch. f. Anat. u. Phys. u. wiss. Med. Born, @.. 1881: Experimentelle Untersuchungen über die Entstehung der Geschlechtsunterschiede. Breslauer ärztl. Zeitschr. Bourne, A. G., 1884: On certain abnormalities in the common frog. Quart. Journ. of Mikr. Science, Vol. 24. 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Die in den Uterus ein- geführte Sonde kommt bei U in der Kloake wieder zum Vorschein; W = Wolffsche Gänge. Die in den linken Wolffschen Gang eingeführte Sonde kommt in der Zeichnung median von der Uterus- sonde wieder zum Vorschein; sie ist durch eine breite Substanz- brücke von der Uterussonde getrennt. Fig. 2. Der linke Hodeneierstock ungefähr dreifach linear vergrössert. 201 Aus dem anatomisch-biologischen Institut zu Berlin. Das Schicksal des mit Radium bestrahlten Sperma- chromatins im Seeigelei. Eine experimentell-cytologische Untersuchung. Von Günther Hertwig. Hierzu Tafel X— XII und 9 Textfiguren. Inhalt: Seite 1. Einleitung ... . - 201 2. Übersicht über die Er Be die bisher dar en Badinmbestrahlung tierischer Keimzellen gewonnen wurden . eanseernr20 3. Material und Untersuchungsmethoden . . . . 206 4. Erste Gruppe der Versuche: Das Verhalten des Rodiundchromdiins in den normal zweigeteilten Eiern . . . 207 5. Zweite Gruppe der Versuche: Das Verhalten ie Badsnehromaeen in den Eiern, die die Erscheinungen der Knospenfurchung zeigten 215 6. Zusammenfassung der Ergebnisse: Der Kern als Überträger der Radiumschädigung. Die Vermehrungsunfähigkeit des intensiv bestrahlten Spermachromatins . . . 227 Vergleich der Ergebnisse der adinmerbeuimente. nit den Ar Heiceh von Herbst. Boveriund Teichmann und den Bastardierungs- versuchen von Kupelwieser, Baltzer, Born usw.. .... 230 _ 1. Einleitung. Wer die biologische Literatur des letzten Jahrzehntes über- blickt, der wird sich leicht überzeugen können, dass unter den Forschungsmethoden, deren sich der Biologe bedient, augen- blicklich das Experiment eine besonders bevorzugte Stellung ein- nimmt. Und mit Recht; denn es kann keinem Zweifel unter- liegen, dass die experimentelle Behandlung biologischer Probleme uns manchen neuen Einblick in die Lebensvorgänge gewährt und unser Wissen in jeder Hinsicht bereichert hat. Aber hiesse es nicht die Bedeutung des Experimentes für die Biologie überschätzen, wenn wir von ihm allein allen künftigen Fortschritt erwarteten? Nie wird das Experiment in der Hand 202 Günther Hertwig: des Biologen mehr als ein Hilfsmittel zur Erforschung des Lebens- problems sein, das sich zu den altbewährten Forschungsmethoden der exakten Beobachtung, wie es namentlich die morphologischen Wissenschaften ausgebildet haben, hinzugesellt. So ist denn auch gerade neuerdings das Bedürfnis immer reger geworden, die Vorgänge, die unter den bestimmten Be- dingungen des jeweiligen Experimentes auftreten, mit Hilfe des Mikroskopes bis in die feinsten Einzelheiten zu verfolgen. Es. kann schon jetzt keinem Zweifel unterliegen, dass diese Ver- bindung experimenteller und cytologischer Forschung für die Biologie von hoher Bedeutung ist. Erst die feinere mikroskopische Analyse der experimentellen Ergebnisse hat in so manchen Fällen die Entscheidung über wichtige Fragen gebracht. Hier nur zwei Beispiele: Loeb gelang es, Seeigeleier durch Molluskensamen zur Entwicklung anzuregen. Er beobachtete die Entstehung von Larven mit rein mütterlichen Charakteren. Da er annahm, dass in diesem Fall tatsächlich eine Befruchtung des Seeigeleies durch den Molluskensamen stattgefunden habe, so schloss er aus der Tatsache, dass das angebliche Bastardprodukt keine väterlichen Eigenschaften bis zum Gastrulastadium erkennen liess, dass der Samenfaden auf den Ablauf der ersten Entwicklungsprozesse keinen Einfluss habe, dass vielmehr allein das Ei mit seinem Protoplasma hierfür bestimmend sei. Erst die cytologische Untersuchung Kupelwiesers zeigte, dass die Annahme Loebs, es handele sich in seinen Versuchen um tatsächliche Entstehung von Bastard- larven, irrtümlich war. Kupelwieser wies nämlich nach, dass der Molluskenspermakern gar nicht mit dem Seeigeleikern ver- schmilzt, sondern in dem artfremden Plasma zugrunde geht. „Es handelt sich also in den Versuchen von Loeb gar nicht um einen Fall von heterogener Kreuzung, sondern um eine eigentümliche Form von künstlicher Parthenogenese.*“ (OÖ. Hertwig.) Als zweites Beispiel führe ich die Frage nach der Natur der von Winkler experimentell erzeugten angeblichen Pfropf- bastarde an. Wie Winkler durch ceytologische Untersuchung der Chromosomenzahl in den somatischeu Zellen zeigen konnte, ist Solanum tubigense nicht durch Verschmelzung zweier soma- tischer Zellen der zur Pfropfung benutzten Stammformen zu einer neuen einheitlichen Mischanlage entstanden. Vielmehr handelt Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 2053 es sich bei den Winklerschen Versuchen nur um eine durch eine eigentümliche Gewebsvereinigung entstandene „Hyper- oder Periklinalchimäre“. Dasselbe ist bei den angeblichen Pfropf- bastarden Cytisus Adami und Crataego mespilus der Fall, wie Strasburger und Baur ebenfalls durch eytologische Unter- suchungen nachweisen konnten. Je unentbehrlicher aber zur richtigen Verwertung der experimentellen Ergebnisse die cytologische Forschung sich er- weist, um so mehr erwächst dem Experimentator die Pflicht, seine Schlüsse nicht nur auf die gröberen, makroskopisch sichtbaren Resultate seiner Experimente hin zu ziehen, sondern zu versuchen, sie durch cytologische Beobachtung zu stützen. So habe ich es auch für notwendig gehalten, bei der Kompliziertheit der Resultate, die durch Radiumbestrahlung tierischer Keimzellen gewonnen wurden, eine genaue cytologische Analyse der sich abspielenden Prozesse vorzunehmen. Bevor ich aber zu der Beschreibung der mikroskopischen Beobachtungen übergehe, wird es sich empfehlen, die Hauptergebnisse, die OÖ. Hertwig und ich durch Radium- bestrahlung tierischer Keimzellen erzielt haben, kurz anzuführen. 2. Übersicht über die Ergebnisse, die bisher durch Radiumbestrahlung tierischer Keimzellen gewonnen wurden. Es wurden von OÖ. Hertwig und mir folgende vier Ver- suchsreihen an den Geschlechtsprodukten von Rana fusca durch- geführt. Einmal bestrahlten wir Froscheier auf dem Stadium der Zweiteilung mit Radium (A-Serie). In einer zweiten Ver- suchsanordnung wurden die Samenfäden allein bestrahlt und dann zur Befruchtung normaler Eier verwendet (B-Serie). In der Ü-Serie dagegen wurden die Eier vor ihrer Befruchtung bestrahlt und dann mit normalem Sperma befruchtet. Endlich wurden in einem vierten Versuch (D-Serie) sowohl Samenfäden als unbefruchtete Eier bestrahlt und mit ihnen die Befruchtung ausgeführt. Diese so verschieden variierten Experimente führten zu folgenden Ergebnissen: Durch die B-Serie konnte O0. Hertwig zeigen, dass durch den Samenfaden die Radiumschädigung auf das Ei übertragen und das Zeugungsprodukt „radiumkrank“ wird. Durch Vergleich der identischen Ergebnisse der B- und C-Serie führte ich sodann 204 Günther Hertwig: den Nachweis, dass ausschliesslich die Kernsubstanz an der Über- tragung der Radiumkrankheit beteiligt ist. Aus den Resultaten der A- und D-Serie einerseits, der B- und Ü-Serie andererseits liessen sich nun ferner wichtige Schlüsse auf das Verhalten der radiumgeschädigten Kernsubstanz während der ersten Entwicklungsvorgänge ziehen. Während in der A- und D-Serie die Radıumschädigung proportional der Dauer und Stärke der Radiumbestrahlung anwuchs, so dass die Lebens- dauer der radiumkranken Keime sich in einer absteigenden Kurve darstellen liess, ergaben die B- und C-Serie viel kompliziertere Verhältnisse. In beiden Versuchsreihen, wo ja immer nur eine (samete bestrahlt war, wuchs anfangs auch die Schädigung der Zygote proportional der Intensität der Radiumbestrahlung, nahm aber dann wieder bei noch längerer und stärkerer Radiumeinwirkung, sei es auf den Samen, sei es auf das unbefruchtete Froschei, ab. Diese geringere Radiumschädigung äusserte sich darin, dass nach - anfänglichem Sinken die Lebensdauer der Radiumembryonen wieder zunahm, so dass an Stelle einer einfachen absteigenden Kurve eine Kurve mit einem abfallenden und wieder aufsteigenden Schenkel entstand. Um diese verschiedenen Ergebnisse der A- und D-Serie einerseits, der B- und Ü-Serie andererseits zu verstehen, muss man berücksichtigen. dass in der A- und D-Serie das gesamte Kernmaterial durch das Radium geschädigt, in der B- und C-Serie dagegen nur die Hälfte des Furchungskernes radiumkrank ist; daher wird in diesen beiden Versuchsreihen der Entwicklungs- prozess eine Art Kompromiss zwischen den gesunden und den radiumkranken Kernmassen darstellen. Um die bessere Ent- wicklungsfähigkeit der Embryonen der B- und Ü-Serie bei langer Bestrahlung zu erklären, nahmen O. Hertwig und ich an, dass in diesem Fall die Kernsubstanz, sei es die des Samenfadens, sei es die des unbefruchteten Eies, durch die intensive Radıum- einwirkung so geschädigt ist, dass sie mehr oder minder ver- mehrungsunfähig geworden ist. Durch diese Hypothese wird es erklärlich, warum die Embryonen der B- und C-Serie sich nach einem gewissen Maximum der Schädigung bei noch intensiverer Schädigung einer der beiden Keimzellen wieder besser entwickeln. Denn nun kann, da sich die radiumkranke Komponente an dem Entwicklungsprozess nicht mehr beteiligt, vielmehr bald degene- Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 205 riert, die gesunde Kernsubstanz des unbestrahlten Halbkernes wieder besser zur Geltung kommen. Wir kamen also auf Grund unserer Frosch-Experimente zu dem Schluss, dass in den extremen Fällen langer Radiumbestrahlung die Ent- wicklung in der B-Serie eine vorzugsweise partlieno- genetische, in der C-Serie eine androgenetische ist. Für die Richtigkeit unserer Erklärung der Ergebnisse der B- und Ö-Serie konnten wir einmal anführen, dass, wie Bataillon ‚gezeigt hat, eine Parthenogenese auch beim Frosch möglich ist. Zweitens ergaben die Untersuchungen von Paula Hertwig am Ei von Ascaris megalocephala, dass die Radiumbestrahlung ohne die Erscheinung der Latenz zu Störungen in der Chromosomen- ausbildung führt, und dass bei besonders starker Radiumeinwirkung die Kerne unfähig zur Teilung werden und unter den Erscheinungen der Chromatorhexis zugrunde gehen. Eine ernste Schwierigkeit erwuchs aber unserer Hypothese von der Ausschaltung der intensiv bestrahlten Kernsubstanz aus dem Entwicklungsprozess durch den Ausfall entsprechender Ver- suche beim Seeigel. Wie OÖ. Hertwig festgestellt hat, gelingt es hier nicht, entsprechende Ergebnisse wie in der B- und Ü-Serie durch intensive Radiumbestrahlung zu erzielen. Bei Seeigeleiern, die mit lange bestrahltem Samen befruchtet werden, ergibt sich keine normalere Entwicklung als bei Eiern, die mit kurz bestrahltem Sperma befruchtet worden sind. Im Gegenteil: hier wächst eher die Schädigung mit der Dauer der Bestrahlung. Das zeigt sich besonders an Eiern, die mit 12 bis 15 Stunden lang bestrahltem Samen befruchtet sind, am Verlauf der ersten Teilung. Sie wird anormal, ja weist sogar die Fr- scheinungen der Knospenfurchung (O0. Hertwig) auf. Nun ist es, wie wohl jeder zugeben wird, ganz unmöglich, anzunehmen, dass beim Frosch 12stündige Radiumbestrahlung den Samenkern teilungsunfähig macht, beim Seeigel dagegen selbst 15stündige hadiumeinwirkung nicht zur Vermehrungsunfähigkeit des Spermakernes führt. Wenn daher unsere Hypothese zu Recht bestehen soll, so muss gefordert werden, dass entweder beim Frosch eytologische Untersuchungen den Nachweis der Ausschaltung des Radiumchromatins von der Entwicklung ergeben, oder dass beim Seeigel gezeigt wird, dass das Spermachromatin durch lange Radiumbestrahlung vermehrungsunfähig geworden ist. 206 Günther Hertwig: In der folgenden cytologischen Untersuchung soll nun das Verhalten des väterlichen, radiumbestrahlten Chromatins beim Seeigelei während der ersten Entwicklungsprozesse verfolgt und der Nachweis geführt werden. dass entsprechend den bis jetzt nur hypothetisch erschlossenen Vorgängen beim Frosch. sich tat- sächlich eine Vermehrungsunfähigkeit des intensiv bestrahlten Spermachromatins auch beim Seeigel ergibt. Zugleich werden _ wir, worauf ja schon die Knospenfurchung schliessen lässt, einer Fülle von pathologischen Kernen und Kernteilungsfiguren begegnen, Am Schluss soll dann noch auf die Ursachen des verschiedenen Ausfalles der Experimente der B-Serie beim Frosch und Seeigel eingegangen und die beim Seeigel gewonnenen Resultate mit ähnlichen, wenn auch auf anderem Wege von Boveri, Teich- mann, Herbst und Kupelwieser erzielten Ergebnissen ver- glichen werden. 3. Material und Untersuchungsmethoden. In den Sommern 1910 und 1911 wurde eine Anzahl von Versuchen an den Geschlechtsprodukten von Parechinus miliaris. den ich aus Norderney bezog, in Berlin vorgenommen. An Radium- präparaten standen mir die ebenfalls von O. Hertwig benutzten zur Verfügung: Radium I = 7,4 mg, Radium II = 5,3 mg, Radium III = 2,0 mg reines Radiumbromid. Ferner benutzte ich noch ein Mesothoriumpräparat. das an Stärke 55 mg reinem wadiumbromid entsprach. Die Samenfäden wurden in der von 0. Hertwig genauer beschriebenen Art den Radiumstrahlen ausgesetzt und mit ihnen dann normale Eier befruchtet. Zu jedem Versuch wurde gleichzeitig ein Kontrollversuch mit unbe- strahltem Samen angestellt. Durch portionenweises Konservieren der Eier in bestimmten Zeitabständen erhielt ich ein ziemlich lückenloses Material für die eytologische Untersuchung. Die Fixierung erfolgte in Pikrin- essigsäure oder auch in Pikrinessigsublimat. Von dem in Paraffın eingebetteten Eimaterial wurden Schnittserien angefertigt. Die Schnittdicke betrug meist 10 «, manchmal auch 15 u. Zur Färbung der Schnitte benutzte ich meist das Heidenhainsche Hämatoxylin mit Differenzieren in Eisenalaun, vereinzelt auch Böhmersches Hämatoxylin und Boraxkarmin, sowie das Biondi- gemisch. Schicksal des mit Radium bestrahltien Spermachromatins. 207 Ich konnte die Ergebnisse OÖ. Hertwigs (1910) durchaus bestätigen und beobachtete in mehreren Versuchen bei 12- bis 24 stündiger Samenbestrahlung, dass von den mit diesem Sperma befruchteten Seeigeleiern ein grosser Teil sich überhaupt nicht normal teilte, sondern nach 2—3stündigem Verharren in unge- teiltem Zustand die Erscheinungen der Knospenfurchung zeigte. In anderen Versuchen dagegen, so einmal bei 12stündiger, ein ander- mal bei 24 stündiger Radiumbestrahlung mit einem gleich starken Präparat wie in den erstgenannten Versuchen, ferner bei 12- bis 15stündiger Mesothoriumeinwirkung, war der Prozentsatz der normal zweigeteilten Eier ein weit grösserer, und nur ver- einzelte Eier zeigten die Knospenfurchung. Da die eytologischen Ergebnisse dieser Versuche, wie sich ja schon aus der äusseren Beobachtung schliessen lässt, leichter erklärbar sind, möchte ich mit ihrer Beschreibung beginnen, um dann in einem zweiten Teil die Erscheinung der Knospenfurchung und die ihr zugrunde liegenden Kernverhältnisse auf Grund von Schnittbildern zu besprechen. 4. Erste Gruppe der Versuche: Das Verhalten des mit Radium bestrahlten Spermachromatins in den normal zweigeteilten Eiern. Im Sommer 1911 wurden mehrere Versuchsreihen mit Mesothoriumbestrahlung der Samenfäden des Seeigels angestellt. Das Mesothoriumpräparat hatte eine Stärke von 55 mg reinem Radiumbromid. In zwei Versuchen wurden die Spermatozoen in der von OÖ. Hertwig (1910) näher beschriebenen Weise 12 Stunden lang bestrahlt, in einem weiteren Versuch 15 Stunden den Mesothorium- strahlen ausgesetzt. Schliesslich wurden in einem vierten Versuch die Samenfäden 12 Stunden lang mit dem Radiumpräparat II —= 5.3 mg reines Radiumbromid bestrahlt. Da die Ergebnisse aller dieser Versuche nahezu identische sind, so möchte ich nur einen von ihnen, der mir das meiste Material für die cytologische Untersuchung geliefert hat, hier näher beschreiben. Vom 20. Juli 9 Uhr abends bis zum 21. Juli 9 Uhr früh wurde ein Tropfen Samenflüssigkeit von Parechinus miliaris in einem hohlen Objektträger mit Mesothorium bestrahlt und dann zur Befruchtung verwandt. Zum Kontrollversuch, der in keinem Fall unterlassen wurde, benutzte ich Samen desselben Männchens, 208 Günther Hertwig: der 12 Stunden in der feuchten Kammer konserviert war. Das Eimaterial wurde einem frisch getöteten Tiere entnommen. Der bestrahlte Samen liess keine Unterschiede von dem unbestrahlten unter dem Mikroskop erkennen. Bei Zusatz von Meerwasser zu der konzentrierten Samenflüssiekeit bewegten sich die bestrahlten Spermatozoen ebenso lebhaft wie die unbestrahlten ; demzufolge verlief auch das Eindringen des Samen- fadens in das Ei und das Abheben der Dotterhaut in beiden Fällen gleich. Die ersten am lebenden Objekt sichtbaren Unterschiede zwischen den Kontroll- und den Radiumeiern zeigten sich erst bei der Zweiteilung. Denn während diese bei der hohen Sommer- temperatur schon nach 50 Minuten bei den Kontrolleiern eintrat, begann bei den Eiern, die mit Radiumsamen befruchtet waren, die Teilung erst nach 1 Stunde bei einer geringen Anzahl. Erst 1'/ı Stunde nach der Befruchtung, während bei der Kontrolle schon alle Eier in vier Blastomeren sich geteilt hatten, waren in dem Radiummaterial etwa 60 °/o der Eier zweigeteilt: auch fiel auf, dass die Teilhälften manchmal verschieden gross waren; vereinzelt war die erste Teilungsfurche auch nur bis zur Hälfte oder noch weniger tief eingeschnitten. Nach einer weiteren halben Stunde, während bei dem Kontrollmaterial die Achtteilung sich vollzogen hatte, war die überwiegende Mehrzahl aller befruchteten Eier zweigeteilt; nur einige wenige, die eine Dotterhaut gebildet hatten, also befruchtet waren, blieben noch ungeteilt. Diese Eier zeigten dann später die Erscheinung der Knospenfurchung, auf die wir jedoch in diesem Abschnitt nicht näher eingehen wollen. Bei etwa 10°, wohl entsprechend den zuerst geteilten Eiern, war die Vierteilung eingetreten: bei anderen 10°/o hatte sich nur eine der beiden primären Blastomeren geteilt, die andere war ungeteilt geblieben, so dass dreigeteilte Eier entstanden, die aber schon durch die verschiedene Grösse ihrer Zellen von den durch Polyspermie entstandenen „Simultandreiern* Boveris sich deutlich unter- schieden. Da diese dreigeteilten Radiumeier für unsere spätere Betrachtung besonders wichtig sind, so sei ihre weitere Entwicklung hier gleich noch näher beschrieben. Aus ihnen entstanden später fünf- und sechsgeteilte Eier, indem sich die beiden kleineren Blastomeren noch einmal teilten, die grosse, von der Zweiteilung herrührende Blastomere dagegen entweder ungeteilt blieb oder Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 209 sich auch teilte. Oft war die Teilung dieser grossen Blastomere auch unregelmässig, indem die Teilebene nur träge oder auch nur bis zur Hälfte durchschnitt. Auf späteren Entwicklungs- stadien wurde die verschiedene Teilfähigkeit der von den beiden ersten Blastomeren abstammenden Zellen oft noch deutlicher; so konnte man Blastulae sehen, deren Wand zur Hälfte aus grossen, zur anderen Hälfte aus kleinen Zellen bestand. Durch- schnitte von solchen Blastulae sind in den Textfiguren 1 und 2 (Seite 215) abgebildet. Aus manchen derartigen, zuerst drei- geteilten Eiern sah man auch eine Art Zwillingsbildung sich entwickeln, indem die eine Hälfte eine kleinzellige Morula bildete, die andere dagegen erst vier-, zwei-, oder auch noch ungeteilt war. Manchmal zeigte sich auch an der ungeteilt gebliebenen ersten Teilhälfte die Erscheinung der Knospenfurchung. Alle diese soeben beschriebenen Vorgänge sprachen dafür, dass die eine der beiden ersten Blastomeren durch die radium- bestrahlte Substanz des Samenfadens mehr geschädigt war als die andere, die sich rascher und normaler teilte. Die cytologische Untersuchung, die wir nachher besprechen wollen, gibt eine ein- fache Erklärung für diese auffällige Erscheinung. Wenn wir von der Beschreibung dieses interessanten Spezial- falles zu der Besprechung der übrigen radiumkranken Eier zurück- kehren, so ist das Bild, das sich uns drei Stunden nach der Befruchtung darbietet, im Vergleich zu dem normalen ein durchaus pathologisches zu nennen. Denn einmal liess sich ein deutliches Zurückbleiben in der Teilungsgeschwindigkeit konstatieren (64- Teilung bei der Kontrolle, höchstens 16-Teilung bei den Radium- eiern). Andererseits wuchs die Differenz zwischen den einzelnen Entwicklungsstadien der Eier desselben Versuches immer mehr an, so dass acht-, vier- und zweigeteilte, sowie die vorhin schon be- sprochenen, fünf- und sechsgeteilten Eier sich neben normal sech- zehngeteilten fanden. Diese ungleichmässige Entwicklung verstärkte sich noch mehr, so dass 4!/s Stunden nach der Befruchtung in dem Radiummaterial kleinzellige Blastulae, mehr oder minder grobgefurchte Morulastadien, auch erst viergeteilte Eier, dann die erwähnten Zwillingsbildungen zu beobachten waren. Um 6 Uhr abends, also 9 Stunden nach der Befruchtung, waren die Kontrolleier zu lebhaft flottierenden Blastulae entwickelt. In dem Radiumversuch dagegen waren etwa 20°/o helle, aber 210 Günther Hertwig: noch nicht schwimmende Blastulae, daneben aber viele Stereo- blastulae, Morulae und auch schon zum Zerfall neigende, unregel- mässig gestaltete Zellhaufen von locker aneinander liegenden, verschieden grossen Zellen zu konstatieren. Am nächsten Morgen war das gesamte Radiummaterial bis auf vereinzelte träge herumschwimmende Stereoblastulae zer- fallen. In der Kontrollzucht dagegen hatten sich zahlreiche normale Gastrulae entwickelt. die sich im Verlauf von weiteren 34 Stunden in schöne Plutei mit Kalkstäben umwandelten. Wenden wir uns nunmehr zur Schilderung der cytologischen Befunde. Wir beginnen mit Stadien, wie wir sie im Eimaterial vorfanden. das 55 Minuten nach der Befruchtung mit Samen fixiert war, der 12 Stunden lang mit Mesothorium bestrahlt wurde. Um diese Zeit waren die Kontrolleier fast alle zweigeteilt. Wie bei allen Entwicklungsprozessen, die von dem normalen abweichen, bei der künstlichen Parthenogenese Loebs und den Bastardierungs- experimenten von Herbst und Kupelwieser, waren auch in unseren Radiumversuchen die einzelnen Eier in ihrer Entwicklung verschieden weit vorgeschritten; daher war es möglich, an Eiern, die zu gleicher Zeit nach der Befruchtung konserviert waren, verschiedene Stadien zu beobachten. In Fig. 1 (Taf. X) sehen wir ein Ei abgebildet, bei dem man deutlich den weiblichen und männlichen Halbkern unter- scheiden kann. In dem weiblichen Halbkern, an dessen beiden Enden die Strahlung deutlich entwickelt ist, hat die Bildung der Chromosomen schon begonnen. Der Spermakern, der zu dieser Zeit unter normalen Verhältnissen mit dem Eikern zu dem einheitlichen Furchungskern verschmolzen sein sollte, liegt noch als kompakte, mit Heidenhainschem Hämatoxylin intensiv schwarz gefärbte Masse abseits, mehr der einen Strahlung genähert. Er ist, wie seine Grösse erkennen lässt, seit seinem Eindringen in das Ei wohl etwas aufgequollen, hat aber seine Gestalt, die er als Spermatozoenkopf hatte, noch deutlich bei- behalten. Ein späteres Stadium ist in Fig. 2 und 3 dargestellt. Die Kernmembran des mütterlichen Halbkerns hat sich aufgelöst, die Chromosomen sind ausgebildet und schicken sich zur Teilung an, resp. sind schon halbiert. Nahe der einen Strahlung, aber noch weiter abseits als in Fig. 1, liegt der an seiner Gestalt Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins, 211 deutlich zu erkennende Samenkern. Weitere Folgestadien sind in den Fig. 4 und 5 von zwei weiteren Eiern abgebildet. Die Eikernchromosomen sind nach den beiden Polen auseinander- gewichen. Der Spermakern liegt wieder als kompakter Chromatin- klumpen im Bereiche der einen Strahlung. In Fig. 10 ist die Rekonstruktion der beiden Kernbläschen, die aus den Teilhälften des mütterlichen Halbkerns hervorgegangen sind, erfolgt; der Spermakern liegt in der Nachbarschaft des einen Kerns. Fig. 11 schliesslich führt uns ein zweigeteiltes Ei vor. In seiner einen Blastomere liegt ein einzelner Kern, nämlich der haploide Furchungskern, der aus dem mütterlichen Halbkern entstanden ist. In der anderen Blastomere sind dagegen zwei Kerne zu sehen, der andere haploide Furchungskern und von ihm getrennt der Spermakern, der aber mit Heidenhainschem Hämatoxylin nicht einheitlich schwarz gefärbt ist, sondern hellere und dunklere Partien aufweist, ein Zeichen, dass sein Ühromatin eine gewisse Auflockerung erfahren hat. Etwas anders verläuft die Furchung, wenn der Spermakern bei der ersten Mitose in den Bereich der Spindel zu liegen kommt. Solche Bilder sind in den Fig. 6—8 dargestellt. In Fig. 6 liegen in der Äquatorialplatte einmal die mütterlichen Chromosomen, daneben zweitens der Spermakern als kompakte Chromatinmasse. In der Fig. S hat der Samenkern, wahrscheinlich durch den Zug der Spindelfasern, eine etwas gestreckte Form angenommen und dabei auch gleichzeitig eine Auflockerung seines Chromatins erfahren. Zugleich sehen wir aber, was besonders wichtig ist, auch ein von der Norm etwas abweichendes Verhalten der mütter- lichen Chromosomen. Einmal lassen sie die gewohnte regelmässige Lage zueinander vermissen, und zweitens finden sich neben den regelrecht ausgebildeten Chromosomen auch einzelne Chromatin- körner. Ein Bild, das wir ohne Schwierigkeit auf das vorhergehende zurückführen können, ist in Fig. 9 dargestellt. Wir sehen hier zwei Kerne, jeder mit einer Strahlung; sie sind wohl ohne Zweifel dadurch entstanden, dass die Chromosomen des mütterlichen Halbkerns nach den beiden Polen der Spindel auseinandergewichen sind und sich wieder zu je einem bläschenförmigen Kern vereinigt haben. Diese beiden Kerne verbindet nun ein Strang von Chromatin- brocken und in der Mitte dieses Stranges liegt ein etwas in die 12 Günther Hertwig: Länge gezogener kompakterer Chromatinhaufen. Dieser stellt wohl sicher den Spermakern dar: die Chromatinkörnchen sind teilweise aus ihm entstanden, zum Teil sind es aber auch Reste von Ei- kernchromosomen. Wir hatten ja schon in Fig. 8 neben typischen Eikernchromosomen auch vereinzelte Chromatinkörner, die sicher dem Eikern entstammten, gesehen. Diese sind nun nicht mit den übrigen Chromosomen mitgewandert, sondern mehr in der Mitte der Spindel liegen geblieben, da der Zug der Spindelfasern auf sie nicht wie auf normale Chromosomen eingewirkt hat. Weitere Stadien, die sich leicht aus den soeben besprochenen erklären, sind aus einem anderen Versuch (ebenfalls 12 stündige Mesothoriumbestrahlung des Samens) in den Fig. 13—15 abgebildet. Sie wurden in einem Material beobachtet, das 1'/s Stunden nach der Befruchtung konserviert wurde. Hier haben sich die beiden allein vom Eikern abstammenden haploiden Kerne zur zweiten Teilung angeschickt, obgleich in den Fig. 14 und 15 noch nicht einmal die erste Furche ausgebildet ist. Wir sehen zwei parallel gestellte Spindeln, in ihrer Mitte befindet sich je ein Haufen Chromosomen oder Chromatinbrocken. Diese beiden Chromatinanhäufungen werden durch einen Strang von kompaktem Chromatin, einzelnen Chromatinkörsern und Chromosomen ver- bunden. In der Fig. 13 ist dieser Chromatinstrang durch die Furchungsebene zur Seite gedrängt worden, eine Erscheinung, die auch Baltzer bei der Elimination der artfremden Uhromo- somen beobachtet hatte. Nach den vorhin besprochenen Fig. S und 9 ist es wohl klar, dass dieser Uhromatinstrang auch hier zur Hauptsache aus dem radiumbestrahlten Samenkern, zum geringeren Teil aus versprengten Eikernchromosomen besteht. Besonders schön aber ist an den drei Bildern zu sehen, wie stark auch die Eikern- chromosomen verändert sind, die doch gar nicht von den Radium- strahlen getroffen sind. In Fig. 14 sind sie noch relativ am besten erhalten; man sieht dort noch einige wohl ausgebildete Chromosomen. In der Fig. 15 dagegen ist die typische Chromo- somenform ganz geschwunden, an ihrer Stelle finden sich nur zahlreiche runde, mehr oder minder grosse Chromatinkörner. Die Schädigung der mütterlichen Chromosomen, die wir schon bei der ersten Teilung (Fig. 5) konstatieren konnten, hat sich bei der zweiten Mitose noch bedeutend gesteigert. Da nun das Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 213 Eimaterial, wie die Kontrolleier durch ihre normale Entwicklung deutlich zeigen, ganz normal war, so kann diese Schädigung des mütterlichen Chromatins allein durch den radiumkranken Spermakern hervorgerufen sein, dessen durch die Radiumstrahlung veränderte Chromatinmasse allein durch die nahe Berührung die normale Chromatinsubstanz so tiefgreifend verändert hat. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir hier eine Art chemischer Giftwirkung annehmen, hervor- gerufen durch eine Substanz, die sich im Samenkern unter der Einwirkung der Radiumstrahlen durch Zerfall gewisser Stoffe gebildet hat. Es ist wohl klar, dass aus diesen Eiern, deren gesamtes Chromatin nun derart geschädigt ist. keine normalen Entwicklungsprodukte, sondern nur unregelmässige Zellhaufen und Stereoblastulae entstehen können. Wie aber verhalten sich die Eier, bei denen, wie uns die Fig. 2—5, 10, 11 gezeigt haben, der Samenkern gar nicht in nähere Berührung mit dem Eikern kommt, sondern von Anfang an abseits im Protoplasma liegen bleibt und bei der Zweiteilung nur der einen Blastomere zugeteilt wird? Wie die normale Aus- bildung der mütterlichen Chromosomen gelehrt hat, ist hier durch die räumliche Trennung eine Giftwirkung auf die normalen Eikernehromosomen, wie sie in den anderen Fällen zutage trat, unterblieben. In der einen Furchungszelle befindet sich also ein normaler Kern mit der haploiden Chromosomenzahl, in der anderen Zelle ebenfalls ein haploider Kern mit dem Spermakern. Die erste Zelle ist also zu einer normalen Entwicklung mit ihrem gesunden haploiden Kern wohl imstande, die Entwicklungs- fähigkeit der anderen Blastomere wird davon abhängen, ob der Spermakern noch länger von dem gesunden Furchungskern getrennt im Plasma liegen bleiben, oder ob nicht doch eine Annäherung und Verschmelzung der beiden Kerne mit allen ihren verderblichen Folgen eintreten wird. Ob die erste Alternative, die völlige Ausschaltung des radiumkranken Spermakerns in unserem Material wirklich erfolgt ist, möchte ich nicht mit Sicherheit entscheiden. Dafür würden die Fälle sprechen, wo sich normal aussehende Blastulae mit überall gleich grossen Wandungszellen gebildet haben. Jedoch haben wir nur in einem Versuch (24stündige Radiumbestrahlung mit Radium I) Stereogastrulae und Stereoplutei erhalten, so Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt. II. 16 214 Günther Hertwig: dass wohl eine völlige Ausschaltung des Spermakerns von der gesamten Entwicklung nicht anzunehmen ist. Dagegen haben wir in unserem Material durch die direkte Beobachtung am lebenden Objekt schon genügend Anhaltspunkte für die Verwirklichung der zweiten Alternative gewonnen. Es sind die Eier, bei denen, wie vorhin (S. 209) beschrieben, die eine der beiden ersten Blastomeren sich normal weiterteilte, die andere dagegen eine mehr oder minder bedeutende Hemmung ihrer Teilungsfähigkeit erkennen liess. Für das Anfangsstadium dieses verschiedenen Verhaltens der beiden Blastomeren führe ich die Fig. 12 an. Hier sehen wir in der einen Teilhälfte eine Spindel mit gut erhaltenen Uhromosomen; in der anderen Blastomere ist der haploide Furchungskern noch nicht so weit in seiner Entwicklung fortgeschritten, vielmehr noch bläschen- törmig. Dicht neben ihm liegt noch ein zweiter Kern, der sich durch seine wandständigen, klumpigen Chromatinbrocken als der radiumgeschädigte Spermakern zu erkennen gibt. Das ganze Bild spricht dafür, dass in diesem Fall der Spermakern mit dem ersten Furchungskern verschmolzen wird. Die weitere Entwicklung wird dann so vor sich gehen, dass die eine Blastomere sich normal weiterteilt: die andere, deren Kern aus der Vereinigung des ersten Furchungskerns mit dem Spermakern entstanden ist, wird sich in ihrer weiteren Entwicklung so verhalten, wie wir es bei den Eiern beobachten, bei denen der radiumkranke Spermakern sofort mit dem Eikern verschmilzt. Wir werden also, wie es noch in dem nächsten Teil unserer Arbeit näher beschrieben werden soll, eine deutliche Verzögerung der Teilung und Knospen- furchung zu erwarten haben. Dieser Erwartung entspricht denn auch völlig die Beobachtung am lebenden. wie am fixierten Material. Ich führe in den Text- figuren 1 und 2 (Seite 215) zwei Blastulae vor. Jede von ihnen besteht zur Hälfte aus kleinen Zellen mit normalen, teilweise in regelrechter Mitose befindlichen Kernen. Ohne Zweifel sind es Abkömmlinge der ersten Furchungszelle, die nur gesundes, vom Eikern stammendes Kernmaterial erhalten hatte. Ein weiterer Umstand, der für ihre gemeinsame Abstammung von der ersten Blastomere spricht, ist die Erscheinung, dass alle Kerne der einen Hälfte. wie besonders auf Textfig. 2 zu selien, sich gerade in Mitose befinden. Die andere Hälfte der Blastulawand dagegen Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 215 wird durch einige wenige grosse Zellen gebildet, die durch die Riesenkerne ihre Abstammung von radiumkranken Kernsubstanzen nur zu deutlich verraten. (Vergleiche auch ferner die Textfig. 9.) Auf die theoretische Bedeutung der soeben besprochenen Befunde und auf den Vergleich mit ähnlichen, in der Literatur beschriebenen Fällen von partieller Befruchtung, wie Boveri die Er Ne Fa = 792 ei a ff 2 >= RL Fa 5 ; h E = En Fig. 1. Fig. 2. Zwei Schnitte durch Seeigeleier, 4'/z Stunden nach ihrer Befruchtung mit Samen, der 12 Stunden lang mit Mesothorium — 55 mg reines Radiumbromid, bestrahlt wurde. Zeiss’ Homog. Immersion !/ı. Tubuslänge 160, Okular 2. Höhe des Objekttisches. Erscheinung bezeichnet, dass der Spermakern erst mit einem Furchungskern kopuliert, gehe ich noch später ein. Jetzt will ich erst die Vorgänge, die in ihrem Verlauf zur Knospenfurchung führen, näher auf Grund ceytologischer Untersuchungen schildern. 5. Zweite Gruppe der Versuche. Das Verhalten des mit Radium bestrahlten Spermachromatins in den Eiern, die die Erscheinungen der Knospenfurchung zeigten. Die Erscheinung, dass Seeigeleier, die mit 12—16 Stunden lang bestrahltem Samen befruchtet werden, anstatt sich normal in zwei Blastomeren zu furchen, nach langer Verzögerung der ersten Teilung in Knospenfurchung eintreten, habe ich in zwei 16* urn 216 Günther Hertwig: Versuchen, die mir für die cytologische Untersuchung das Material lieferten, beobachtet. ©. Hertwig hat denselben Vorgang auf Grund von vier verschiedenen Experimenten schon in seiner ersten Arbeit über die Radiumstrahlen (1910) beschrieben. Der Befund am lebenden Objekt sei hier in bezug auf die beiden von mir beobachteten Versuche kurz mitgeteilt. Am 24. Juli 1910 wurden Seeigeleier um 9's Uhr früh einmal mit Samen, der 15 Stunden mit Radium I, in einem weiteren Versuch mit Samen. der 15 Stunden zwischen den Rhadiumkapseln II und III bestrahlt worden war, befruchtet. Zur Kontrollbefruchtung diente Samen desselben Männchens, der 15 Stunden in der feuchten Kammer aufbewahrt war. In allen drei Eiportionen erfolgte die Abhebung der Dotterhaut ganz normal. Nach 1 Stunde waren die Kontrolleier normal zweige- teilt, nach einer weiteren Stunde war überall die Achtteilung erfolgt. Um diese Zeit, 2 Stunden nach der Befruchtung, waren von den Radiumeiern nur ganz vereinzelte Eier zweigeteilt, die Mehrzahl war noch ungeteilt und liess bei mikroskopischer Be- trachtung im lebenden Zustand noch einen deutlichen, bläschen- förmigen, ovalen Kern mit zwei Strahlensystemen an beiden Enden erkennen. Nach einer weiteren Stunde waren erst wenige Eier vier- geteilt, die meisten besassen immer noch einen grossen, bläschen- förmigen Kern mit zwei bis vier Strahlungen: bei einzelnen Eiern begann die Knospenfurchung, die im Verlauf der nächsten Stunde (4 Stunden nach der Befruchtung) bei den meisten der bis dahin noch ungeteilten Eier auftrat. Zu dieser Zeit waren die Kontroll- eier schon in Morulae umgewandelt. Ich schildere den Vorgang der Knospenfurchung mit den Worten O. Hertwigs: „An ver- schiedenen Stellen der Oberfläche des Eies schneiden unregel- mässige Furchen mehr oder minder tief in den Dotter ein, ohne ihn vollständig zu zerlegen. Das Ei ist daher mit grösseren und kleineren kugligen Vorwölbungen bedeckt, die in ihrem Inneren Strahlensysteme einschliessen, aber nach der Eimitte zu noch untereinander durch breite Substanzbrücken zusammenhängen. Später führt die Knospenfurchung zu einer Zerlegung des Eies in eine Anzahl von Embryonalzellen.“ Um 6 Uhr abends, also 9 Stunden nach der Befruchtung, boten die Radiumkulturen folgendes Bild dar: Nur ganz ver- Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 217 einzelte Eier waren in der Umwandlung zu Blastulae begriften, jedoch waren die Zellen der Blastulawand verschieden gross. Die Mehrzahl der Eier hatte sich in unregelmässige Haufen von ver- schieden grossen, oft nur locker miteinander verbundenen Zellen umgewandelt. Einige dieser Zellhaufen liessen schon den Beginn ihres Zerfalles erkennen, indem sich einzelne Zellen an der Ober- tläche ablösten. In der Kontrollzucht waren um diese Zeit schon zahlreiche, tlimmernde Blastulae vorhanden. Am nächsten Tag waren die Kontrolltiere zu Gastrulae entwickelt, aus denen sich bei der Weiterzucht schöne Plutei mit Kalknadeln bildeten. Das Radiummaterial dagegen war in beiden Versuchen zum grossen Teil zerfallen. Zahlreiche grössere und kleinere durchsichtige Zellkugeln bedeckten in Masse den Boden des Zuchtgefässes. Nur ganz vereinzelte Stereoblastulae mit trübem Gallertkern schwammen träge am Boden herum und gingen im Laufe des Tages auch zugrunde. Die mikroskopische Untersuchung des in Abständen von 11/5 Stunde fixierten Materials ergab auf Schnitten folgende Bilder: Zunächst konnte festgestellt werden, dass alle Eier mono- sperm befruchtet waren, so dass die Knospenfurchung nicht etwa auf Polyspermie zurückgeführt werden kann. Bei den hadium- eiern zeigte die Untersuchung °/s Stunden nach der Befruchtung, dass der Samenkern mit seiner deutlichen Strahlung sich dem Eikern dicht genähert hat (Fig. 16, Taf. XI). ohne jedoch wie bei der Kontrolle schon mit ihm verschmolzen zu sein. Als ersten Unterschied zwischen dem normalen und dem Radium- material konstatieren wir also eine deutliche Verzögerung der Verschmelzung der beiden Vorkerne, eine Er- scheinung, die wir ja auch, zum Teil noch viel deutlicher, in der im ersten Teil besprochenen Versuchsreihe beobachtet haben. Bei Eiern, die !/« Stunde später fixiert waren, ist die Ver- schmelzung der beiden Kerne zu einem einheitlichen Kern erfolgt. In den Fig. 17—20 (Taf. XI) können wir noch das Spermachromatin teils als kompakte Masse (Fig. 17 und 18), teils schon aufgelockert (Fig. 19 und 20), aber immer wandständig deutlich von der Masse des Eikerns, in dem das Chromatin schon zu Körnchenreihen an- geordnet hervortritt, unterscheiden. Die gleichzeitig fixierten Kontrolleier zeigten schon die normal ausgebildete Spindelfigur mit den in der AÄquatorialplatte angeordneten Chromosomen. 218 Günther Hertwig: Also abweichend von den in der ersten Versuchsreihe besprochenen Experimenten erfolgt hier fast ausnahmslos die Verschmelzung des radiumbestrahlten Spermakerns mit demEikern vor der ersten Mitose. Wir werden nicht fehl gehen, wenn wir die Differenzen in den Versuchsergebnissen der beiden Gruppen von Experimenten auf dieses verschiedene Verhalten des Samen- kerns zum Eikern zurückführen. Verfolgen wir nun weiter das Schicksal des aus der Ver- einigung der beiden Kerne gebildeten Furchungskerns, so können wir auf Fig. 21 sehen, dass '/ı Stunde später, zu einer Zeit, wo die Kontrolleier schon zweigeteilt waren, der Furchungskern sich etwas in die Länge gestreckt hat; an seinen beiden Enden sind schwache Strahlungen entwickelt, die Stelle, wo der Spermakern mit dem Eikern verschmolzen war, ist noch daran kenntlich, dass hier eine dichtere Anhäufung von Chromatinfäden sich findet. Ferner sind, unabhängig von dem Spermachromatin, in der Masse des ursprünglichen Eikerns (vgl. auch Fig. 19) drei mit Heiden- hainschem Hämatoxylin sich tiefschwarz tingierende, mit Biondi- lösung sich ebenso wie der gesamte Kern rot färbende Körner aufgetreten, die in ihrem Innern eine Art Vacuole aufweisen. 3ei unseren radiumkranken Eiern wächst nun der Kern, dessen Teilungsfähigkeit durch die radiumgeschädigten väterlichen Chromatinmassen offenbar sehr gelitten hat, zu ganz gewaltigen Dimensionen an und gleichzeitig nimmt die Zahl und die Masse der soeben besprochenen Körnchen, die meist eine periphere Lage einnehmen, stark zu. Ich glaube nach diesem Verhalten, sowie nach ihrem ganzen Aussehen, diese Körnchen als Nukleolen deuten zu dürfen. Beobachtet man doch auch sonst an Kernen, deren Teilungsfähigkeit herabgesetzt ist, die aber einen lebhaften Stoffwechsel haben, wie z. B. an den Eikernen bei der Wachs- tumsperiode der Eier, eine oft bedeutende Ansammlung von Nukleolen. Auch in unserem Falle können wir also, wie Heiden- hain sagt, „eine Parallelität zwischen den Prozessen der Assi- milation und Vermehrung des ÜUhromatins einerseits, der Ab- scheidung und Massenzunahme der Nukleolarsubstanz anderer- seits“ beobachten. In den Fig. 22 und 23 sehen wir zwei Kerne abgebildet. die die Volumenvergrösserung des Kerns und die Massenzunahme der Nukleolarsubstanz besonders schön veranschaulichen. Sie sind - ne ze Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 219 1!/s Stunden nach der Befruchtung in dem Material in grosser Zahl anzutreffen. Gleichzeitig fällt uns aber noch auf, dass der Kern eine deutliche Längsstreckung erfahren hat; an seinen beiden am weitesten voneinander entfernten Enden liegt je eine Strah- lung. Es hat nach diesen Bildern fast den Anschein, als bereite sich eine der Amitose ähnliche Teilung des Kernes vor. In den meisten Fällen jedoch nimmt der Kern im weiteren Verlauf wieder mehr eine kugelige Form an (Fig. 25). Nur ganz vereinzelt be- obachtet man Bilder, wie dasjenige in Fig. 24. Es stellt ein Ei dar, das 1°/ı Stunden nach der Befruchtung fixiert wurde. Hier sieht man an Stelle des einen Kerns zwei Kerne, einen grösseren und einen kleineren liegen, die durch eine feine Substanzbrücke noch miteinander verbunden sind. In diesem Fall scheint also tatsächlich ohne Ausbildung von Chromosomen und Spindelfasern eine Kernteilung stattgefunden zu haben. Die überwiegende Mehrzahl der Eier zeigt aber zwei Stunden nach der Befruchtung, zu einer Zeit, wo die Kontrolleier schon achtgeteilt sind, noch immer einen grossen einheitlichen, jetzt wieder mehr kugligen Kern, wie es in Fig. 25 zu sehen ist. Im Verlaufe der nächsten 1—2 Stunden erfahren diese Riesenkerne, die die Grösse des Keimbläschens im unreifen Seeigelei erreichen, bemerkenswerte Veränderungen. Zunächst beobachtet man, bei den einen Eiern früher, bei den anderen später, ein langsames Schwinden der Nukleolen; an Stelle der zwei schwachen treten drei. vier, ja auch fünf allmählich immer deutlicher aus- geprägte Strahlungen auf. Die Kernmembran schwindet. wir erhalten Bilder, wie sie in Fig. 26 und 27 dargestellt sind. Wir sehen das Chromatin in den Riesenkernen noch zum grossen Teil in feinkörnigen Strängen angeordnet, aber wir erkennen auch schon einige deutliche Chromosomen. In der Mitte jedes Kernes befinden sich zwei bis drei grosse, kompakte, mit Heiden- hainschem Hämatoxylin sich intensiv schwarzfärbende Massen. Weitere Stadien der Auflösung der Riesenkerne und der Bildung mehrpoliger Mitosen sind in den Fig. 283—32 (Taf. XD), 35. 36 (Taf. XII) abgebildet. Wir sehen hier einmal eine zweipolige Figur (Fig. 28) als seltene Ausnahme, dann mehrere Fälle von drei-, vier- und fünfpoligen Mitosen. Zwischen den einzelnen Spindeln, oder auch in der Mitte der Gesamtfigur finden wir wohlaus- gebildete, teilweise auffällig in ihrer Grösse difterierende Chromo- 220 Günther Hertwig: somen (siehe besonders in Fig. 30). Daneben erblicken wir Chromatinkörner in wechselnder Zahl, dann auch die schon vorhin erwähnten grossen, kompakten, schwarzgefärbten Klumpen. Ferner ist das gesamte Plasma zwischen den Spindeln auffällig bei der Hämatoxylinfärbung dunkel gekörnt, was in den Abbildungen nicht besonders eingezeichnet ist. Was zunächst nun die Zahl derChromosomen betrifft, so ist sie durchaus nicht gross zu nennen und entspricht un- gefähr nur der Zahl der haploiden Eikernchromo- somen. Es hat also trotz der langen, seit der Befruchtung verflossenen Zeit, keine Zunahme der Uhromosomenzahl statt- gefunden. Das meiste produzierte Chromatin scheint teils in Form der kleinen Körnchen vorhanden zu sein, teils hat es sich auch im Plasma, das dadurch seine Färbbarkeit erhalten hat, wieder gelöst. Über die Herkunft der intensiv gefärbten, grossen Klumpen können wir nur Vermutungen äussern: einmal werden sie wohl Reste von Nukleolarsubstanz enthalten, andererseits wäre auch daran zu denken, dass zu ihrer Bildung das väterliche hadiumchromatin beigetragen hat. Wir hatten ja das väterliche Chromatin zuletzt in der Fig. 21 von dem Eikern unterscheiden können, wo es sich in COhromatinstränge auflöste. In den nächsten Stadien war es un- möglich, das väterliche Chromatin in dem Furchungskern zu identifizieren. Es fragt sich nun: können wir jetzt während der multipolaren Mitose das väterliche Radiumchromatin von dem mütterlichen, unbestrahlten Chromatin trennen? Dass die in den multipolaren Mitosen gut ausgeprägten Chromosomen nicht von dem Radiumchromatin gebildet sind, das glaube ich ziemlich sicher behaupten zu können. Denn einmal spricht hiergegen die in dem ersten Teil unserer Arbeit gemachte Erfahrung, dass das intensiv bestrahlte väterliche Chromatin nicht mehr zur Bildung richtiger Chromosomen imstande ist; zweitens lässt sich zur Stütze unserer Behauptung die Tatsache anführen, dass die Chromosomenzahl der multipolaren Mitosebilder ungefähr der Zahl der mütterlichen, ursprünglich im Eikern vorhandenen Chromosomen entspricht, dass aber sicher nicht die doppelte Anzahl vorhanden ist, wie es doch bei Beteiligung des gesamten Chro- matinmaterials des Furchungskerns an der Chromosomenausbildung notwendig wäre. Leider lässt sich mit Sicherheit nicht mehr über Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 22H das Schicksal des Radiumehromatins sagen; alles andere sind nur Vermutungen. Aber sei es nun, dass das Radiumehromatin in den kleinen Chromatinkörnern, sei es, dass es in den grossen, kompakten, schwarzgefärbten Massen enthalten ist, sicher ist, dass es durch die multipolare Mitose aus den Bestandteilen des Kerns ausgeschieden wird. Denn wie uns die Fig. 37 und 38 (Taf. XII), die wir als Folgestadien der multipolaren Mitose deuten, zeigen, werden nur die mehr oder minder normal aus- gebildeten. vom Eikern stammenden Chromosomen zur Bildung der neuentstehenden Kernbläschen verwandt, während die grossen, kompakten Massen und auch zum grossen Teil die Chromatin- körner ausserhalb der neu entstandenen Kerne in das Protoplasma zu liegen kommen. Zum Beweise führe ich die Fig. 37 und 38 an. Entsprechend der Anzahl der Spindelpole sind einmal drei, in dem anderen Falle vier kleine Kernbläschen entstanden: in der Mitte der Figur sieht man noch die Reste der grossen, schwarzgefärbten Massen und die kleinen Chromatinkörner liegen. Es sind nunmehr durch die multipolare Mitose der Riesen- kerne Eier entstanden, die in ihrem noch ungeteilten Protoplasma mehrere Kerne enthalten. Damit sind Verhältnisse geschaffen, wie sie in ähnlicher Art durch verschiedenartige, meist chemische, experimentelle Eingriffe hervorgerufen werden können. O.und R. Hertwig hemmten durch Chinin und Chloralhydrat die erste Mitose des befruchteten Seeigeleies und beobachteten dann das Auftreten von mehreren Kernen in dem noch ungeteilten Ei, später führte dann die Knospenfurchung die Zerlegung des Eies in einzelne Blastomeren herbei. Godlewski wies nach, „dass durch Einwirkung von CO2haltigem Seewasser auf befruchtete Echinideneier die Zelleibsteilung bei der Furchung gehemmt wird und infolgedessen zahlreiche Kerne im einheitlichen Plasmaterri- torium des Keimes liegen“. Kostanecki regte Maktraeier durch KClI-Lösung zur künstlichen Parthenogenese an. Es erfolgten viele Kernteilungen, das Eiplasma blieb jedoch lange Zeit ungeteilt. GodlewskiundKostanecki haben das weitere Schicksal dieser ungefurchten, mehrkernigen Eier genauer cytologisch unter- sucht und festgestellt, dass „die beieinander liegenden Kerne oft zu grösseren einheitlichen Kernen, Synkarionten, wie Stras- burger diese Kerne genannt hat, verschmelzen können“. Multi- polare Mitosen, die sich durch ihren Reichtum an Chromosomen 222 Günther Hertwig: auszeichnen. führen später wieder zu einer Zerlegung dieser Riesenkerne in eine grössere Anzahl kleinerer Kerne. Gleich- zeitig wird das Ei durch das Auftreten unregelmässiger Furchung in eine Anzahl ungleich grosser Blastomeren geteilt. Dieselben. soeben geschilderten Vorgänge spielen sich nun auch an unseren, durch die multipolare Mitose mehrkernig ge- wordenen Radiumeiern ab. Einzelne Kerne verschmelzen wieder miteinander, und an diesen Synkarionten bilden sich dann wieder pluripolare Mitosen (Taf. XI, Fig. 33 und 34), die sich aber von den vorhin besprochenen dadurch in prinzipieller Weise unterscheiden. dass sie einen grossen Reichtum an Chromosomen, dagegen nicht die kompakten, intensiv schwarzgefärbten Massen und die anderen chromatischen Zerfallsprodukte aufweisen. In der Fig. 33 sind ausserdem noch zwei unabhängig von dem Synkarion in Mitose befindliche. chromosomenarme Einzelkerne zu sehen : ausserdem tinden sich im Plasma noch zahlreiche Strahlungen. In Fig. 34 fällt einmal die ganz verschiedene Grösse der einzelnen Chromosomen auf, zweitens sieht man an der unregelmässigen Eibegrenzung mitihren kugligen Vorwölbungen den Beginn der Knospenfurchung. Auch nachdem die Knospenfurchung das Ei in eine Anzahl Blastomeren zerlegt hat, kann man in dem unregelmässig ge- furchten Eimaterial Riesenkerne und multipolare, an Chromosomen reiche Mitosen in grosser Zahl auffinden. Die Textfiguren 3—9 E2 en - en u { N —4- h e7 x Fe R f 5 F ur I B* _ \ 7 — 23 {N ! \ ar R N | I % Zu EEE j f ; N / . Pi nt } J 14 m ins Be ei Fig. 3. Fig. 4. Zwei Schnitte durch Eier, 4'/+ Stunden nach Befruchtung mit Samen, der 16 Stunden mit Radium I = 7.4 mg reines Radiumbromid, bestrahlt wurde. Zeiss’ Homog. Immersion !/ı:. Tubuslänge 160, Okular 4. Höhe des Objekt- tisches. Auf '/, verkleinert. Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 223 S. 222—226 und die Fig. 39 und 40 auf Taf. XII sollen diese Verhältnisse veranschaulichen. Besonders schön lassen die in den Textfig. 3 und 6 abgebildeten Riesenkerne ihre Entstehung aus der Verschmelzung mehrerer Einzelkerne durch ihren lappigen Bau erkennen. Bei den Mitosen (Textfig. 5) sind wieder die Fig. 3. Schnitt durch ein Ei, 3°/ı Stunden nach Befruchtung mit Samen, der 16 Stunden mit Radium II = 5,3 mg und Radium III = 2 mg reines Radium- bromid, bestrahlt wurde. Zeiss’ Homog. Immers. '/ı.. Tubuslänge 160, Okular 4. Höhe des Öbjekttisches. Auf ?/s verkleinert. Grössenunterschiede der einzelnen Chromosomen besonders be- achtenswert. Das Auftreten abnorm grosser Chromosomen wurde auch von Godlewski und Kostanecki in ihren Unter- suchungen beschrieben. Wir haben also in unserer Arbeit zwei prinzipiell verschiedene Entstehungsarten von Riesenkernen kennen gelernt. Im Anfang der Entwicklung der radiumkranken Eier kommt es zur Bildung von grossen Kernen durch allmähliches Anwachsen der Kernmasse, hervorgerufen durch Ausbleiben der normal einsetzenden Mitose.. Wir haben diese Hemmung der Kernteilungsprozesse auf die Verbindung des Eikerns mit dem radiumkranken Spermakern zurückführen können. An diesen Riesenkernen entstand dann eine multipolare Teilungsfigur, die zur Zerlegung des Riesenkernes in einzelne kleinere Teilkerne 224 Günther Hertwig: führte. Besonders bemerkenswert war aber, dass aus dem Riesenkern nicht mehr Ühromosomen hervorgingen als ursprünglich im Eikern vorhanden gewesen waren. Das über- schüssig produzierte Kernmaterial wurde nicht zur Bildung von Chromosomen benutzt, es löste sich vielmehr ebenso wie das radiumbestrahlte Spermachromatin im Eiprotoplasma auf. Es erinnert dieses Verhalten der Riesenkerne an dasjenige der Keimbläschen tierischer Eier, die trotz ihrer gewaltigen Volum- zunahme bei dem Eiwachstum auch an der Normalzahl ihrer Chromosomen festhalten. Eine zweite Form der Bildung von Riesenkernen findet sich dann bei der weiteren Entwicklung der Radiumeier. Hier spielt, nachdem das Radiumchromatin aus dem Kern eliminiert und im Plasma degeneriert ist, die Verzögerung der Mitose und der Ausbildung der Chromosomen keine Rolle mehr. Die Entstehung von Riesenkernen erfolgt hier vielmehr durch Verschmelzung einzelner Furchungskerne zu einem einheitlichen Kern. Aus diesen Riesenkernen oder Synkarionten können dann auch multi- polare Mitosenbilder entstehen, die sich aber von den im ersten Fall besprochenen prinzipiell dadurch unterscheiden, dass hier die Chromosomenzahl eine viel grössere ist, entsprechend der Zahl der Chromosomen, die zur Bildung des Synkarion beigetragen haben. Wir erblicken in diesen Befunden eine schöne Illustration des von Boveri aufgestellten Grundgesetzes der Zahlen- konstanz der Chromosomen, „dass die Zahl der aus einem ruhenden Kern hervorgehenden chromatischen Elemente aus- schliesslich davon abhängig ist, aus wie vielen Elementen dieser Kern sich aufgebaut hat“. Trotz der um mehrere Stunden ver- zögerten Mitose und des gewaltigen Anwachsens des Kernes sind die Fikernchromosomen nicht imstande gewesen, das Kernmaterial zur Bildung neuer Chromosomen zu verwenden. Über das weitere Schicksal der radiumkranken Eier ist nicht mehr viel zu sagen. Schon um 6 Uhr abends machten sich ja deutliche Zerfallserscheinungen geltend. Ich verweise auf die Fig. 39 und 40, Taf. XII und die Textfig. 3—9. welche Bilder von den besser erhaltenen Keimen vorführen sollen. An ihnen ist zum Teil das lockere Zusammenliegen der einzelnen Furchungs- zellen deutlich ausgesprochen. Ferner kann man erkennen, dass Fig. 6—8. Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins die einzelnen Blastomeren schon frühzeitig, wohl begünstigt durch das lockere Beisammenliegen, das Bestreben gehabt haben, sich unabhängig voneinander zu entwickeln. So sieht man in Textfig. 7 s\e/?/, m 4 2 “ >, 3y 2, w x 7 n IP N En : gr © 4 ® > PEREN ey \ Sa N I 2) Q \ sd AD ? \ Re : u ’ > " EN @ ; Gı I*3 R BEN Sy 54 3 B" 105) r Zu, ke Ta r =, ne" I u SS Rn" ä 8 ES m o_8 N Y es ER > SS SON 0 ER, ® , EN = FEN ul: wat ıd N DD > 3 AS 5) % vn y Er 177 Ki =\® EIER au : ar W x & \7 3 Fig. 6. Fig. 7 eine Art Zwillingsbildung, die eine Hälfte mit relativ kleinen Zellen und eigener Furchungshöhle, die andere Hälfte mit grossen Riesenkernen enthaltenden Zellen In der Textfig. S sehen wir Bes oT sn Pr, - n ey a \ en) An % pe ss ' N. h] E Pe u: gi KR % DER | Te‘ Near =7/ \ ”% ’ ir »] 3 Ä - yI= R 3 nn EN ey }..) En: oa u % /. R I he h ; PS S RR Pe = EN Ä = a A Pe ET) u, 2. - 4 eo A) BER . “r PROB I) we Te ae) mn * K s N 16) w@_/ Fig. 8. Schnitte durch Eier, 8°/4 Stunden nach Befruchtung mit Samen, der 16 Stunden mit Radium I bestrahlt wurde Zeiss’ Homog. Immersion 12. Tubuslänge 160, Okular 2. Höhe des Objekttisches Re oO 226 Günther Hertwig: noch ein anderes Beispiel, indem aus drei Furchungszellen ziemlich unabhängig voneinander drei Zellhaufen entstanden sind, die sich nur locker mit ihren Seitentlächen berühren. Die Entstehung der in den Fig. 39 und 40 (Taf. XII), und der in Textfig. 9 abgebildeten Blastulae möchte ich dagegen anders a? > \ F > Ps ER - -\ .. % 2 & > Y = EN Sr x 2 rn . 4 zen ES k nn) l c 3 Ki2g! Schnitt durch ein Ei, 8% Stunden nach Befruchtung mit Samen, der 16 Stunden mit Radium I bestrahlt wurde. Zeiss’ Homog. Immersion 'ı.. Tubus- länge 160, Okular 2. Höhe des Objekttisches. erklären. In den Fig. 39 und 40 sehen wir zwei Blastulae abgebildet; ihren einen Teil bildet je eine grosse ungeteilte Zelle mit mehreren multipolaren Mitosen; ihr anderer Teil besteht aus kleinen Zellen mit ziemlich normalen Kernen. In der Textfig. 9 ist ferner eine ziemlich gut erhaltene Blastula zu sehen. Die eine Hälfte der Furchungshöhle wird von kleinen Zellen mit normalen Kernen, die andere Hälfte dagegen von grossen Zellen mit Riesenkernen begrenzt. Wir werden durch diese drei Figuren an die in den Textfig. 1 und 2 abgebildeten Keime der ersten Versuchsgruppe erinnert, die ja, wie wir nachwiesen, dadurch entstanden waren, dass das väterliche Radiumchromatin nur ın die eine der beiden ersten Blastomeren zu liegen kam und hier erst mit dem Eikernderivat verschmolz. Auch für die drei soeben Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 227 erwähnten Furchungsstadien wird wohl eine gleiche Bildungs- weise anzunehmen sein. Denn wie S. 216 erwähnt wurde, teilten sich auch in der hier besprochenen zweiten Gruppe von Experimenten vereinzelte Eier mit geringer Verzögerung gegen die Kontrolleier normal in zwei Blastomeren. Von diesen normal zweigeteilten Eiern stammen daher höchstwahrscheinlich diese drei relativ gut erhaltenen Blastulae ab. 6. Zusammenfassung der experimentell-cytologischen Ergebnisse: Der Kern als Überträger der Radium- schädigung. DieVermehrungsunfähigkeit desintensiv bestrahlten Spermachromatins. Wenn wir nunmehr die Ergebnisse der beiden Versuchs- gruppen zusammenfassen, so können wir wohl sagen, dass die genauere cytologische Untersuchung eine vollständige bestätigung der von O0. Hertwig und mir aufgestellten Theorie "ergeben hat, dass die Radiumschädigung nur durch den Samenkern auf das Ei übertragen wird, und dass intensive Radiumbestrahlung zu einer Vermehrungsunfähigkeit des Spermachromatins Buhr:t. Alle die verschiedenen Störungen der Eientwicklung können wir, wie sich leicht nachweisen lässt, allein auf eine Schädigung der Samenkernsubstanz zurückführen. So könnte man vielleicht bei der Hemmung der ersten Mitose, mit Bildung von Riesen- kernen. wie wir es in der zweiten Gruppe der Experimente beob- achtet haben, an eine Schädigung der Gentrosomen durch die hadiumbestrahlung denken. Diese Annahme wird aber sofort hinfällig, wenn wir die Ergebnisse der ersten Versuchsreihe berücksichtigen, wo das Spermacentrosoma allein ohne den Spermakern sich dem Eikern anlegt und die Teilung desselben ohne nennenswerte Verzögerung veranlasst. Es kann daher wohl keinem Zweifel unterliegen, dass allein die Verschmelzung des Spermakerns mit dem Eikern die Hemmung der ersten Teilung, die Bildung von Riesenkernen, die pluripolare Mitose und die Knospenfurchung zur Folge hat. Wie hier die radiumgeschädigte Kernsubstanz einen so weitgehenden Einfluss auf die Kernteilung ausübt, so haben wir in der ersten Versuchsreihe Fälle kennen gelernt, wo die gesunden [86] [9] 2 Günther Hertwig: Eikernchromosomen durch die Berührung mit dem radiumkranken Spermakern eine tiefgreifende Veränderung ihrer Form erleiden, indem die stäbchenförmigen Chromosomen zu kleinen Chromatin- brocken zerfallen, genau so, als wären sie selbst von den Radiumstrahlen direkt getroffen worden. Auch hier kann leicht der Beweis geführt werden, dass es allein der Spermakern ist, der diese Schädigung veranlasst. Denn wie andere Fälle uns gezeigt haben, behalten die Eikernchromosomen ihre normale Beschaffenheit bei und liefern normale haploide Furchungskerne, wenn der radiumgeschädigte Spermakern nicht in direkte Berührung mit ihnen kommt, sondern abseits im Plasma liegen bleibt. Wenn wir so schon die grosse Veränderung des Spermakerns in seiner Konstitution durch die Wirkungen, die er auf den gesunden Eikern ausübt, deutlich ersehen können, so hat anderer- seits auch die direkte morphologische Beobachtung des Sperma- kerns im Ei sichere Zeichen für seine intensive Schädigung durch die Radiumbestrahlung erbracht. Wir haben zeigen können, dass der Samenkern in vielen Fällen nicht wie normal mit dem Eikern verschmilzt, sondern abseits im Plasma liegen bleibt und seine kompakte Beschaffenheit lange Zeit bewahrt; dass ferner sein Chromatin nicht imstande ist, die Form von Chromosomen an- zunehmen, und dass es fast ganz vermehrungsunfähig geworden ist. So entspricht das Bild, das wir von dem radiumkranken Spermakern und seiner Wirkung auf das Seeigelei erhalten haben, fast genau den theoretischen Vorstellungen, die ich. bevor ich diese cytologischen Untersuchungen angestellt habe, lediglich auf Grund der experimentellen Ergebnisse beim Frosch vor einem Jahre geäussert habe: „Wenn das Spermachromatin durch die wadıumbestrahlung zum völligen Zerfall gebracht ist, wird der Samenfaden wegen der geringen Schädigung seines kontraktilen Schwanzes noch in das Ei eindringen und eine Entwicklung desselben anregen. In diesem extremen Falle wird aber das degenerierte, vermehrungsunfähige Spermachromatin nicht im- stande sein, den Entwicklungsprozess zu beeinflussen: Es wird also eine normale Entwicklung mit haploider Kernsubstanz resultieren. Bei etwas geringerer Schädigung wird es vielleicht noch zu einer Kopulation der beiden Kerne kommen. Bei der ersten Teilung wird aber der Radiumkern, sei es infolge Verzögerung des Wachstums oder mangelhafter Chromosomenausbildung. nicht Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 229 auf die Furchungszellen verteilt. Dabei ist es möglich, dass die Teilung der normalen Kernsubstanz regelmässig verläuft, oder dass durch die unregelmässige Teilung des Radiumchromatins auch die normale Kernsubstanz ungünstig beeinflusst wird. Hieraus können dann auch wieder Störungen der normalen Entwicklung sich ergeben. Wir können wohl sagen, je früher die Elimination des Radiumchromatins erfolgt, um so wahrscheinlicher wird die normale Entwicklung.“ Diese durch Vergleich der B- und C-Serie und durch Beob- achtung der Kurvenbildung beim Frosch gewonnenen theoretischen Vorstellungen finden also durch die tatsächlich eytologisch beob- achteten Vorgänge beim Seeigel ihre volle Bestätigung. — Wie aber erklären sich die in der Einleitung hervorgehobenen Unter- schiede der Frosch- und Seeigelexperimente? Beim Seeigel scheint, wenigstens bei den von mir bisher beobachteten Fällen, eine völlige Ausschaltung des Radiumehromatins von der Entwicklung nicht möglich zu sein, spätestens auf dem Zwei- zellenstadium verschmilzt das Radiumchromatin mit dem einen haploiden Furchungskern. Beim Frosch dagegen glaube ich, um die günstigen Entwicklungsresultate bei intensiver Bestrahlung der Spermatozoen resp. der unbefruchteten Eier, die Bildung von 14—16 Tage alten Embryonen zu erklären, eine fast völlige Elimination des Radiumchromatins annehmen zu müssen, nachdem wir ja beim Seeigel die verderbliche Wirkung des Radium- chromatins auf die normalen Chromosomen bei Verschmelzung zu einem Kern festgestellt haben. Für diese Hypothese haben wir durch die makroskopische Beobachtung der Furchung auch genügend Anhaltspunkte. Denn wenn wie beim Seeigel eine Verschmelzung des Radiumkerns mit dem Eikern auch beim Frosch stattfinden sollte, so müssten wir ja auch hier eine deutliche Verzögerung der Kern- und Plasmateilung erwarten. Beim Frosch verlaufen aber die ersten Teilungen des Eies ganz normal ohne jede Verzögerung. Demnach können wir wohl bei den Froschexperimenten mit ziemlicher Sicherheit auf eine parthenogenetische bezw. androgenetische Entwicklung schliessen. Ob der Radiumkern sich unabhängig von den haploiden Furchungskernen noch langsam vermehrt, und ob diese Anwesenheit von radiumbestrahlter Kernsubstanz die, wenn auch nur geringfügige, pathologische Entwicklung der Archiv f. mikr. Anat. Bd.79. Abt. II. 17 230 Günther Hertwig: Embryonen erklärt, oder ob die Entwicklung mit reduzierter haploider Chromosomenzahl an und für sich schon eine Neigung zu schwächlichen, kranken Embryonen herbeiführt, wie es die Anstichversuche an den Eiern von Rana fusca, die Bataillon. Henneguy und Brachet vornahmen, wahrscheinlich machen, möchte ich hier nicht entscheiden. 7. Vergleich der Ergebnisse, die durch Radium- bestrahlung tierischer Keimzellen gewonnen wurden, mit den Arbeiten von Herbst, Boveri und Teich- mann und den Bastardierungsexperimenten von Kupelwieser, Baltzer und Born. Am Schluss meiner Arbeit möchte ich noch auf einige Untersuchungen eingehen, die gleichfalls am Seeigelei und an den teschlechtsprodukten des Frosches angestellt sind, und die, wenn auch auf anderem Wege, so doch zu ähnlichen Ergebnissen wie die Radiumexperimente geführt haben. Herbst gab den Eiern von Sphaerechinus durch Fettsäure- behandlung nach Loeb einen Anstoss zur Parthenogenese und befruchtete sie, wenn der Eikern eine deutliche Grössenzunahme erfahren hatte, mit Samen von Strongylocentrotus. Es zeigte sich dann bei der Karyokinese in vielen Fällen ein deutliches Nachhinken des väterlichen hinter dem mütterlichen Chromatin, in einzelnen Fällen verschmolz der Spermakern erst mit dem ersten Furchungskern. Aus diesen partiell befruchteten Eiern entwickelten sich dann Gastrulae und Plutei, die halbseitig rein mütterliche, halbseitig gemischte Charaktere aufwiesen. Diese Plutei sind in der Art ihrer Entstehung und in ihren Kern- verhältnissen vergleichbar den in unseren Radiumexperimenten ebenfalls durch partielle Befruchtung gebildeten Blastulae, die halbseitig normale, rein mütterliche Kerne, halbseitig gemischte radiumkranke Kerne besassen (Textfig. 1 und 2). Noch mehr erinnern in der Art und Weise der Versuchs- anordnung an unsere Radiumversuche Experimente, die Boveri anstellte und die Teichmann genauer cytologisch untersuchte. 3overi befruchtete Seeigeleier, die durch 14stündigen Aufenthalt in Meerwasser wohl auch einen geringen Anstoss zur Parthenogenese Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 231 erhalten hatten, mit Seeigelsamen, der mit Kalilauge fast bis zur völligen Bewegungsunfähigkeit behandelt war. Das so durch die Kalilauge geschädigte Chromatin des Samenfadens verschmolz nun nicht mit dem Eikern. Dieser teilte sich vielmehr selbständig mit Hilfe des Spermazentrums, während der Spermakern abseits im Bereich einer Strahlung in das Eiplasma zu liegen kam. Das väterliche Chromatin verschmolz mit dem Furchungskern der zweiten oder auch erst der vierten Blastomere. In unseren und Boveris Versuchen ist also die Teilungsfähigkeit des Spermakerns eehemmt, während sich das Spermazentrum beide Male sowohl gegen Kalilauge als gegen Radiumbestrahlung sehr widerstands- fähig erweist. Während aber Teichmann an dem Material Boveris zeigte, dass die Schädigung des Samenkerns durch die Kalilauge nur in einer Art Lähmung in der Ausbildung der Chromosomen besteht, die früher oder später wieder in normales Verhalten übergeht, erweist sich die Radiumschädigung als eine viel grössere. Die tiefgreifende Veränderung, die die chromatische Substanz durch die Radiumbestrahlung erlitten hat, lässt sich nicht wieder rückgängig machen. Chromosomen werden überhaupt nicht mehr gebildet, und die Zerfallsprodukte des Radiumchromatins wirken als eine Art giftiger Substanz auf die gesunden Eikern- chromosomen ein. Trotz dieser starken Kernveränderungen war aber bemerkenswerter Weise die Bewegungsfähigkeit der Spermien gar nicht alteriert, während sie in dem Versuche Boveris fast ganz aufgehoben war. Das ist doch wieder ein deutlicher Beweis, wie elektiv die Radiumbestrahlung die Kernsubstanzen schädigt, wie weit überlegen sie hierin allen chemischen Mitteln, wie Kalilauge, Alkohol, Chloroform usw. ist. Wie leicht lässt sie sich ferner dosieren, und so aufs feinste in ihrem Wirkungsgrad abstufen! Das alles sind Vorzüge, die den Radium- und Röntgenstrahlen einen bevorzugten Platz als Mittel, in den Keimsubstanzen Veränderungen hervorzurufen, sichern sollten. Eine dritte Reihe von Experimenten, die in ihren Resultaten manche Ähnlichkeit und Übereinstimmung mit unseren durch kadiumbestrahlung des Samens erzielten Ergebnissen haben, sind die verschiedenen Bastardierungsversuche. Von den Experimenten Kupelwiesers, wo der Mytilusspermakern als Fremdkörper 1 7 "232 Günther Hertwig: im Seeigelei liegend sich gar nicht an der Entwicklung beteiligt, bis zur Bildung fruchtbarer Mischlinge lassen die Kreuzungs- experimente eine kontinuierliche Reihe von Übergängen erkennen, wie die Bildung lebensunfähiger Embryonen und die in verschieden hohem Grade unfruchtbaren Mischlinge. (Steironothi und sterile Tokonothi Poll.) Auch unsere Radiumexperimente ergeben nun, je nach dem Grade der Schädigung des Spermakerns, eine ganze Anzahl von Fällen, die sich leicht mit den durch Bastardierung erzielten Ergebnissen in Parallele setzen lassen. Beginnen wir mit den extremen Fällen artfremder Bastar- dierung, wie sie namentlich Loeb und Kupelwieser beschrieben haben, so sind mit ihnen unsere Ergebnisse bei intensiver Radium- bestrahlung der Spermien des Seeigels und des Frosches ohne weiteres vergleichbar. In beiden Versuchsreihen ist der Sperma- kern unfähig sich zu vermehren und nimmt an der Entwicklung gar nicht Teil. Als nächsten Fall führe ich die Versuche Baltzers an, der bei der Kreuzung Strongylocentrotus 2 x Sphaerechinus d beobachtete, dass das väterliche Chromatin wohl mit dem Eikern verschmilzt, aber bei der ersten Mitose nicht gleichmässig auf die Furchungszellen verteilt wird. sondern aus dem Kern aus- geschieden wird und im Eiplasma liegen bleibt. Ganz denselben Vorgang haben wir auch bei unseren Radiumexperimenten in den Fällen konstatiert, wo der Spermakern mit dem Eikern kopuliert oder in die erste Mitose hineingezogen wird. So sind z. B. die Textfig. VII und VIII Baltzers ohne weiteres mit den Fig. 9 und 13 meiner Arbeit vergleichbar. Nur habe ich noch eine schädliche Beeinflussung der mütterlichken Chromosomen durch das väterliche Radiumchromatin feststellen können, während bei Baltzer die mütterlichen Chromosomen anscheinend ganz normal geblieben sind. Während diese extremen Fälle eigentlich zu keinem wirk- lichen Bastardprodukt führen, indem das väterliche Chromatin sich gar nicht an dem Aufbau des Kernapparats beteiligt. kommt es in den zunächst zu besprechenden Experimenten tatsächlich zur Bildung eines Mischproduktes, das aber schon vor der Gastrulation auf dem Blastulastadium abstirbt. Hierher gehören einmal verschiedene Amphibienkreuzungen, die Pflüger und Born vornahmen, und bei denen es trotz monospermer Befruch- Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 233 tung, von der wir hier ja überhaupt nur sprechen, und regel- mässiger Furchung nicht zur Gastrulation kam; ferner die zahl- reichen Bastardierungsversuche Baltzers bei Echinodermen, der die Erkrankung der Bastardblastulae, die Ausstossung von Chromatin aus den kranken Kernen und die Bildung von Stereo- blastulae beschreibt. Ganz ähnliche Bilder wie Baltzer hat OÖ. Hertwig erhalten, als er Seeigeleier mit Samen befruchtete, der nur kurz, !/,—!/s Stunde, mit Radium bestrahlt war. Auch hier beteiligte sich der Spermakern zunächst an der Furchung, bis dann auch im Blastulastadium die Erkrankung einsetzte und zur Entstehung von Stereoblastulae führte. Als nächsthöhere Entwickungsstufe der Bastarde betrachte ich die Fälle, die über die Gastrula hinaus zur Bildung ge- streckter, aber pathologischer, schwächlicher Embryonen führen, die bald früher, bald später absterben und niemals ausgewachsene Tiere aus sich entstehen lassen. Aus dem Pflanzenreiche nenne ich die Speciesbastarde die Baur erhielt, als er z. B. Abutilon striatum und Abutilon arboreum kreuzte und „sonderbare, ver- kümmerte, langsam wachsende Pflanzen mit absonderlich gekrümm- ten, unsymmetrischen Blättern“ erhielt. Aus dem Tierreich ver- weise ich auf die Schneckenbastarde Langs, der beobachtete, dass bei der Kreuzung Helix hortensis >< nemoralis oft „nur ganz vereinzelte Junge ausschlüpfen und absterben, ohne auch nur einigermassen über die Anfangsgrösse der frisch ausgeschlüpften Jungen herauszukommen‘. Besonders erwähnenswert sind endlich noch die Angaben Borns, der bei Amphibienkreuzungen oft ein Absterben der Bastardembryonen vor oder bald nach dem Ausschlüpfen aus der Gallerthülle „mit deutlichen Krankheitserscheinungen, wie Wasser- sucht und dergleichen“ beschreibt. Auch für diese Stufe der Entwicklung pathologischer Bastarde haben wir in unseren Radiumexperimenten zahlreiche Vergleichs- punkte. O.Hertwig erzielte beim Frosch durch kurze Radium- und Mesothoriumbestrahlung der Samenfäden von '/ı Minute bis !/ı Stunde Dauer je nach der Intensität der Bestrahlung die verschiedensten Grade von pathologischen Embryonen, die teils gleichfalls Bauchwassersucht zeigten, teils sogar aus den Hüllen ausschlüpften und fast wie normale Kaulquappen herumschwammen 234 Günther Hertwig: und nur in der Kopfgegend geringe pathologische Veränderungen aufwiesen. Ich konnte ferner, wie ich hier nur kurz erwähnen will, auch bei Pflanzen durch Bestrahlung des Pollens ver- kümmerte Samenkörner erhalten, die teils gar nicht mehr aus- keimten, teils schwächliche, kranke Pflanzen liefern, die nur lang- sam wachsen, zum Teil auch nach Bildung einiger verkrüppelter, chlorophyllarmer Blätter absterben, vergleichbar den soeben er- wähnten Abutilonbastarden Baurs. Als nächste Entwicklungsstufe der Bastarde müssen wir diejenigen Mischlingsformen bezeichnen, die ihre Entwicklung normal zu Ende führen und körperlich gut ausgebildete Tiere liefern, die aber in der Ausbildung ihrer Keimzellen mehr oder minder intensive Störungen erkennen lassen. Nach Poll können wir hier verschiedene Grade der Störung unterscheiden, nämlich die Steironothi, die sich wieder noch in apomitotische, mono- mitotische und dimitotische gliedern lassen, und die sterilen Tokonothi. Diese sterilen Tokonothi bilden dann den Übergang zu der letzten Stufe, den fertilen Tokonothi, deren Fortpflanzungs- vermögen gleich demjenigen der reinen Form ist. Für diese letzte Gruppe der Bastarde. die Steironothi und die Tokonothi, haben wir bis jetzt in unseren Radiumexperimenten noch keine Vergleichsfälle. Es fragt sich nur, ob wir durch weitere Experimente, ganz kurze Bestrahlung der Samenfäden, nicht auch noch diesen geringsten Grad der Störung hervorrufen können. Wir kommen damit zugleich zu der Frage: ist diese Ähnlichkeit der Ergebnisse der Bastardierungs- und der Radiumexperimente eine ganz äusserlich bedingte, oder lassen sich nicht auch hierfür tiefere, im Wesen der Sache liegende gemeinsame Ursachen annehmen ? Es ist wohl die allgemeine Ansicht der Forscher, die sich mit Kreuzungsversuchen beschäftigt haben, dass die mehr oder minder gute Entwicklungsfähigkeit der Bastarde auf der grösseren oder geringeren Ähnlichkeit der beiden sich vereinigenden Keim- substanzen beruht. Es müssen sich, wie Born sagt, „die imEi undSpermarepräsentiertenEntwicklungstendenzen organisch vereinigen lassen“, wenn ein lebensfähiges Zeugungsprodukt resultieren soll. Je nach den grösseren oder geringeren Idioplasmatischen Unterschieden der beiden Keimzellen wird die Bastardzygote auf frühen Entwicklungsstadien absterben oder sterile oder fruchtbare Mischlinge ergeben. © Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 2: Nun baben wir gesehen, dass der Spermakern durch die Radiumbestrahlung je nach ihrer Intensität mehr oder minder verändert wird. In der Zygote, die aus dem gesunden Eikern und dem radiumbestrahlten Samenkern resultiert, finden sich also zwei Idioplasmen zusammen, die nicht identisch sind, sondern je nach dem Grade der Veränderung durch die Radiumbestrahlung verschieden grosse Unterschiede aufweisen. Auch in diesem Falle beruht die schlechtere oder bessere Entwicklungsfähigkeit der Zygote, wie wir gesehen haben, auf dem Grade der Verschiedenheit der beidenin der Zygote vereinigten Idioplasmen. Somit glauben wir die Ähnlichkeit der Ergebnisse der Bastardierungs- und Radiumexperimente, trotz vieler bestehender Unterschiede, doch auf eine gemeinsame Ursache zurück- führen zu dürfen, die Verschiedenheit der in der Zygote vereinigten Idioplasmen mit ihren verschiedenen Entwicklungstendenzen. Unsere nächste Aufgabe wird es aber sein, diese Hypothese dadurch zu stützen, dass wir versuchen, die Erzeugung steriler, sonst aber lebenskräftiger Radiumtiere zu erzielen; ein Versuch, der gewiss mit grossen Schwierigkeiten verknüpft ist, dem aber bei der ausserordentlich feinen Dosierbarkeit der Radiumstrahlen wenigstens von dieser Seite keine unüberwind- lichen Hindernisse im Wege stehen. In einem soeben im Archiv für Entwicklungsmechanik er- schienenen Aufsatz wendet sich Godlewski gegen die Schluss- folgerungen, die ich in meiner Arbeit „Radiumbestrahlung un- befruchteter Froscheier und ihre Entwicklung nach Befruchtung mit normalem Samen“ gezogen habe. Finmal hält er den Satz nicht für bewiesen, dass allein der Samenkern die Radium- schädigung auf das Ei überträgt. Durch die cytologische Be- obachtung habe ich soeben den endgültigen Beweis am Seeigelei erbracht, dass nur die radiumbestrahlte Kernsubstanz für alle Schädigungen der Eientwicklung verantwortlich gemacht werden kann, und dass tatsächlich das Chromatin des Samenfadens durch intensive Radiumbestrahlung vermehrungsunfähig wird: 236 Günther Hertwig: Zweitens meint Godlewski, die Resultate meiner ersten Arbeit liessen keinen Schluss auf die Lokalisation der Erbsubstanzen im Ei zu. Er schreibt: „Noch viel weniger stichhaltig sind die Argumente, welche neuerdings von Günther Hertwig in seiner Arbeit für das Monopol der Kernsubstanz bei dem Vererbungs- prozess ins Feld geführt wurden“. Hierzu möchte ich bemerken, dass ich dies „Monopol der Kernsubstanz“ in meiner Arbeit gar nicht behauptet habe. Ich führe aus meiner Arbeit nur folgende Sätze an: „Es sei hervorgehoben, dass wir durch unsere Versuchs- ergebnisse nicht in den Stand gesetzt sind, über die Rolle des Plasma bei der Vererbung etwas auszusagen“; ferner: „Wenn wir dem Plasma auch nicht jede Bedeutung für die Vererbung absprechen wollen, so wird doch jeder, der unbefangen die Resultate meiner Arbeit prüft, mit mir zu der Überzeugung gelangen: Der Kern ist der Hauptträger der Vererbungssubstanz“. Diesen letzten Satz vertrete ich auch jetzt noch, und möchte Godlewski auf eine kürzlich erschienene Arbeit von O.Hertwig hinweisen, in der er die Radium- und Mesothoriumexperimente direkt als einen experimentellen Beweis für die Idioplasmanatur der Kernsubstanzen bezeichnet und noch einmal die Gründe hier- für zusammenfasst. Mit Recht weist O. Hertwig im Anschluss an Naegeli darauf hin, „dass der wahre Wert einer Erbschaft bei der Fortpflanzung nicht auf der Quantität, sondern auf der Qualität der ver- erbten Substanzen beruht, und dass es die Aufgabe der Biologen ist, die im Samenfaden und in der Eizelle unterscheidbaren Substanzen auf ihren Wert abzuschätzen“. Es kann keinem Zweifel unterliegen und wird auch allgemein angenommen, dass die Kernsubstanzen eine höhere Wertigkeit für die Entwicklung besitzen als das Protoplasma und der Eidotter; sie werden daher mit Recht von O. Hertwig und Strasburger als Träger des Idioplasma bezeichnet. Daher bedeutet es sicher einen Rückschritt, wenn immer wieder, angeblich im Gegensatz zur Idioplasmatheorie, der Satz aufgestellt wird: Kern und Protoplasma sind Träger der Vererbungssubstanz. Denn bei dieser Formulierung kommt die durch Beobachtung und Experiment festgestellte verschiedene Bedeutung der Substanzen für die Übertragung der erblichen Charaktere gar nicht zur Geltung. Die Theorie aber, die die Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 237 Kernsubstanzen als Träger des Idioplasma bezeichnet, wird in ihrer Richtigkeit hierdurch gar nicht berührt; denn dass Proto- plasma und Eidotter auch zur Erbmasse gehören, ist selbst- verständlich und auch von den Urhebern der Idioplasma- theorie nie geleugnet worden. So sagt O. Hertwig: „Bei meiner Fassung der Idioplasmatheorie wird dem Protoplasma und der Dottersubstanz von der Bedeutung, die ihnen im Entwicklungs- prozess zukommt, auch nicht ein Tüttelchen genommen. Es steht in keinem Widerspruch zur Idioplasmatheorie, dass die Eizelle, obgleich ihr der Samenfaden als Träger erblicher Eigenschaften und durch den Besitz des Idioplasma äquivalent ist, doch infolge ihrer grösseren Masse, durch ihren Reichtum an Protoplasma und Deutoplasma und durch die verschiedenartige Verteilung derselben nicht nur den ersten Stadien des Entwicklungsprozesses ihr besonderes Gepräge verleiht, sondern auch viel später noch die Ursache mancher Einrichtungen, wie z. B. des Dottersackes, ist.“ Wie wenig Glück aber Godlewski in seiner gegen mich gerichteten Polemik mit seinen Annahmen hat, zeigt folgendes Beispiel: Ich hatte in meiner ersten Arbeit darauf hingewiesen, dass eine Mitbeteiligung des Spermaplasma an der Übertragung der Radiumschädigung auf das Ei unter anderem deshalb nicht wahrscheinlich sei, weil es bei den ersten Eiteilungen wohl kaum gleichmässig auf alle Furchungszellen verteilt würde. Godlewski schreibt dagegen: „Ich möchte nur bemerken, dass auch die gleichmässige Verteilung des Plasmas in Anbetracht der sogar in vivo wahrnehmbaren Strömungen am Anfange der Entwicklung nicht so schwer anzunehmen ist“. Es ist zuzugeben, dass für einen Anhänger der Übertragung erblicher Charaktere durch das Spermaprotoplasma diese gleich- mässige Verteilung desselben auf die Blastomeren eine not- wendige Annahme ist. In einer soeben erschienenen Arbeit hat nun aber Meves den äusserst wichtigen Nachweis führen können, dass das Mittel- stück des Seeigelspermatozoons bei der ersten Teilung nicht gleichmässig auf die beiden ersten Blastomeren verteilt wird, sondern nur in eine der beiden Furchungszellen zu liegen kommt. Ja, es scheint fast, als ob es auch bei der nächsten Teilung nicht gleichmässig verteilt würde. Doch stehen hierüber die endgültigen Untersuchungen noch aus. Auf jeden Fall aber sind diese Be- 238 Günther Hertwig: obachtungen von Meves, der als Anhänger der Lehre, dass die Plastochondrien erbliche Eigenschaften übertragen. gerade die gleichmässige Verteilung des Spermaplasma auf die Blastomeren nachweisen wollte, höchst bemerkenswert. Sie zeigen mit abso- luter Sicherheit, dass das Spermaplasma nicht als Idioplasma anzusprechen ist, dass allein der Sperma- kern die väterlichen Eigenschaften überträgt, die in den zahlreichen, beim Seeigel angestellten Bastardierungsver- suchen zutage treten. Somit sind die Untersuchungen von Meves ein neuer, wichtiger Beweis für die Richtigkeit der von OÖ. Hertwig und Strasburger aufgestellten Theorie: „Die Kernsubstanzen sindallein die Träger des Idio- plasma“. Literaturverzeichnis. Baltzer, F.: Über die Beziehung zwischen dem Chromatin und der Ent- wicklung und Vererbungsrichtung bei Echinodermenbastarden. Arch. f. Zeilforsch., Bd. V, 1910. 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Alle Figuren stellen Schnittbilder durch Seeigeleier auf verschiedenen Ent- wicklungsstufen dar, die sämtlich mit Samen befruchtet sind, der intensiv mit Radium bestrahlt wurde. Allgemein gültige Bezeichnungen: Mes — Mesothoriumpräparat: 55 mg reines Radiumbromid. Rad. I, II, III — Radiumpräparat 7,4 mg, 5,3 mg, 2 mg reines Radiumbromid. Tafel X. Die Fig. 1—10, 13—15 stammen von Eiern, die mit Samen befruchtet sind, der 12 Stunden mit Mes. bestrahlt wurde. Die Eier, Fig. 11 und 12, wurden mit Samen befruchtet, der 15 Stunden mit Mes. bestrahlt wurde. Fig. 1—10. 55 Minuten nach Befruchtung. Fig. 11 und 12. 1!/s Stunde nach Befruchtung. Fig. 13—15. 1'/» Stunde nach Befruchtung. Fig. 9—15 auf °/s verkleinert. Tafel XI und XI. Die Fig. 16—30, 33, 35, 37—40 stammen von Eiern, die mit Samen befruchtet wurden, der 16 Stunden mit Rad. I bestrahlt wurde. Die Fig. 31, 32, 34, 36 stellen Eier dar, die mit Samen befruchtet wurden, der 16 Stunden mit Rad. Il und III bestrahlt wurde. Tafel XI. Fig. 16. ". Stunde nach Befruchtung. Fig. 17—20. ?/s Stunde nach Befruchtung. Fig. 21. 1 Stunde nach Befruchtung. Fig. 22 und 23. 1" Stunde nach Befruchtung. Fig. 24. 1!/z Stunde nach Befruchtung. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. : Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 29. 30. 3. 39. 36. Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins. 2 Stunden nach Befruchtung. 26—29. 4'/ı Stunden nach Befruchtung. 33%/ı Stunden 4!/» Stunden 3°/s Stunden 4'!/4 Stunden 4!/. Stunden 33/s Stunden 4! Stunden nach Befruchtung. nach Befruchtung. nach Befruchtung. nach Befruchtung. nach Befruchtung. Tafel XII. nach Befruchtung. nach Befruchtung. 37 und 38. 3°/s Stunden nach Befruchtung 39. 83/ı Stunden nach Befruchtung. 40. 4!/a Stunden nach Befruchtung. Auf ?/s verkleinert. = Ei Bun en N ach: N PT late wi au 1 wire N RT | . 2 er Bea, a ’ “2 A j IV 1 RZ IE TE RN TRARETE u lad ar « 2 Te m Ya 3 £ Tr ® ur“ A - Kg F PUERN ne ; DR la e Archiv Emikroskon. Anatomie BA.LXNIN, AbEN. * m— FA Tal. Archii \Mvols- | Nenhro>* 10 ‚Mval. Myor-- 0 UGZ. Wa-- Vs. Sompl-- | f | Snlnl:= wr ! r D 3 = = { y j 1 u du ü [1 - — Pr 5 ww I u i / u E - > A N AL I Mr k Archiv Emikroskop. Anatomie ba. LANN.. IbL.u. a z ME Taf ve —; —-Pronephr 23 ‚Extml62,. UGA- Spt. Simil Simil.“ ; —-Venhrofl “Som Simmil, fr Anlage eines Haulsume organs 7 Gonot ee“ Archiv f. mikroskop. Anatomie, Bd. LXXIX, Abt. IT. Taf. Vb. 10 Tage 12 Tage 13 Tage 14 Tage 15 Tage 16 Tage Fig. 25. Rekonstruktion der Wolffschen Gänge und der Urgeschlechtsanlagen verschiedener Altersstufen. (Vergl. jedoch dazu die Schematafel !) Die Rekonstruktionsbilder zeigen in plastischer Darstellung den rechten Wolffschen Gang bis zur Einmündung in den Darm und an ihm die Genitalanlage der rechten Seite. Rechts vom Wolffschen Gang ist die horizontale Schnittfläche des Ektoderms in der Höhe des horizontalen Durchmessers des W olffschen Ganges dargestellt, um die Lage der Somite anzudeuten. Links und rechts vom Wolffschen Gang sind die oberen Ränder der Seitenplatte eingezeichnet. Die Rekonstruktionen wurden in der Weise hergestellt, dass jeder fünfte Schnitt mit der Camera gezeichnet und auf die Horizontalebene projiziert wurde. Die dazwischenliegenden Schnitte wurden nach Augenmaß eingetragen. Die so erhaltenen Rekonstruktionen wurden unter Zugrundelegung eines Einheitsmabßes (die Länge eines Somits ist für alle Stadien gewählt) verkleinert. Archiv f. mikroskoß.. Anatomie. Ba. LXXIX, Abt. II. Tafel VI. 6 8 ® 3 v /} = S, “. ‚ ZB r ® 13 r3 12 IS EL .r % 2 - MH (= ” [\ a; Bir ) U, get \ BE - gg - u a, / & 9 5 ER \ In » o 14 je L} boy [4 ) L 16 E. Schultz-Hencke u. Guthers ge2. Lichtdruck von Herrm. Hadorff & Co., Berlin, [3 : ' \ En N f i VI az R ; Be ee | eo. iu BE > g - [7 . Dt “ er | | En u ” | u h u E23 > ö E Au en Ir we e I» e | i Archiv f. mikroskop. Anatomie Gezeichnel von E. Schaltz-Hencke. Ba. LXXIX, Abt. II. Tafel VII. Doppelton-Lichtdruck von Herrm. Hadorff & Co., Berlin. KukV. AbEN. r 22 Archiv £Kmikroskon. Anatomie DA.LNXIX Archiv £mikroskon. Anatomie BALXXN. AbtN. Tat IX. Br > Archiv FE mikroskop. Anatomie DALNNIN, AbEN. EX, 5 6 12 13 ak n N Li un ’ rd % vlt, DZ NS N R 7 Pay ee EN N — > ® Sp oe \ S . / L un d * X“ I r i & ii wen Ar u Laie Bu 21 3R 2d 20 ee el) (es \ eG > ®, S - ® 7 > m DB 2 WE ae 7 u. Pr ° ‚Irchiv E mikroskon. Anatomie BA.LXNIN, bL.H. 97 ü N * “) ek / ra ER FOch Sn des IN DUE 39 BE; ® NURS“ [62 = 73 S er “r ». N [071 I 3% NER) R u u 7 u) [53 35 es . 0 o . 36 ES. EINS e ‘ 0%, . @ PN A —t 20) Vz 22 —y8 ER u NY z LAT en Taf. XH. E S—— to)