i Fi 4 4 4 3 \ i I . fi UAAHYT NN 5 hi Ran Er = = N 7 a IM Ri U W 1 N MN ARCHIV für Mikroskopische Anatomie I. Abteilung für vergleichende und experimentelle Histologie und Entwicklungsgeschichte II. Abteilung für Zeugungs- und Vererbungslehre herausgegeben von OO. Hertwig und W. Waldeyer in Berlin Zweiundachtzigster Band Mit 35 Tafeln und 90 Textfiguren BONN Verlag von Friedrich Coben 1913 Inhalt. Abteilung I Erstes Heft. Ausgegeben am 31. März 1913. Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems nebst Be- merkungen zur Frage der prälaktealen Dentition. der sogenannten Konkreszenztheorie und der Entwicklung des Säugetiergebisses überhaupt. Von P. Adloff. Hierzu Tafel I, II und 5 Text- figuren : Zur Frage über den Bau des Zellkernes“ in den Speicheldrüsen der Larve von Chironomus. Von W. Faussek. (Aus dem Anatomisch- histologischen Laboratorium der Universität St. Petersburg. |Vor- stand: "Prof. Dr. A. Dogiel].) Hierzu Tafel III und IV Über physiologische Pigmentablagerung in den Kapillarendothelien des Knochenmarks. Von Hans Brass. (X. Fortsetzung der Studien über das Blut und die blutbildenden und -zerstörenden Organe von Franz Weidenrecich., Hierzu Tafel V. Zweites Heft. Ausgegeben am 30. Mai 1913. Die Entwicklung der Derivate des Kiemendarmes beim Meerschweinchen. Von H. Rabl, Innsbruck. Hierzu Tafel VI—-X und 2 Textfiguren Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. I. Die Pigmentierung junger Larven. Von Fritz Pernitzsch. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität an Hierzu Tafel XI—XIII und 5 Textfiguren F Über Erythrophoren besonderer Art in “der Haut von "Knochenfischen. Von Prot. Dr. med. et phil. E. Ballowitz, Direktor des Anat. Instituts der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster i. W. Hierzu Tafel XIV ee EN Berichtigung Dr. A. Adloff, Greifswald. Drittes Heft. Ausgegeben am 24. Juni 1913. Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte des Blutgefäbsystems. Erster Teil: Anatomische und physiologische Grundlagen. Von Dr. Curt Elze, Heidelberg. Hierzu Tafel XV und 7 Textfiguren Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. Erste Mit- teilung: Heteromorphose und Polarität bei Planarien. Von Paul Lang. (Aus dem Biologischen Laboratorium der Universität Bonn.) Hierzu Tafel xVI ; Findet im Chorion junger menschlicher Bier eine ' Blutgefäss- und Blut- bildung statt? Von Dr. B. H. Jägerroos aus Finland. (Aus dem Laboratorium der II. Frauenklinik Wertheim, Vorstand Prof. Dr. J. Schottlaender.) Hierzu Tafel XVII Ä Zur vergleichenden Anatomie und Histologie der Hypophysis cerebri. Von Dr. W.Stendell, Assistent am Institute. (Aus dem Neuro- logischen Institut zu Frankfurt a. M., Direktor: Prof. Dr. L. Edinger.) Hierzu Tafel XV III -XX und 18 Textfiguren Erwiderung auf die Bemerkung von E. Meirowsky zu meiner Arbeit: Über die Entstehung des melanotischen Pigments im Auge etc. Von Dr. A. v. Szily, Privatdozent und I. Assistent. (Aus der Universitäts-Augenklinik Freiburg i. Br., Direktor: Geheimrat Prof. Dr. Th Axenveld). Seite 148 189) oO or) 221 256 333 IV. Viertes Heft. Ausgegeben am 26. Juli 1913. Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. Zweite Mit- teilung: 1. Epithelregeneration. 2. Uber die Nebenaugen von Planaria polychroa. 3. Experimentelles und histologisches vom Trieladenpharynx. Von Paul Lang. (Aus dem Biologischen Laboratorium der Universität Bonn.) Hierzu Tafel XXI und 2 Textfiguren BT N, 5 055.2 Die Verbindung des Vorderhirns mit dem metameren Hirn. Von B. Haller. Hierzu Tafel XXII und 1 Textfigur . . Über die Wirkung der Röntgenstrahlen auf die Bursa Fabrieii und einige andere Organe junger Hühner. Von Tierarzt Hans Unzeitig. (Aus dem histologischen und embryologischen Institut der k. und k. Tierärztlichen Hochschule in Wien.) Hierzu Tafel XXIII und 2 Textfiguren er. .c Über das Stroma der Nebennierenrinde. Von Dr. med. Snessarew, Oberarzt der Irrenanstalt „Nikolsko&“, Kostroma, Russland. Hierzu 3 Textfiguren ET N EN 2 3.7 7 RER 0. CN Zur Kenntnis der neurofibrillären Apparate der Hirudineen. Von G. Ascoli. (Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie und Histologie der Kgl. Universität Pavia.) Hierzu 10 Textfiguren Berichtigung. Von Prof. E. Ballowitz, Münster 3 Aptelungs I. Erstes Heft. Ausgegeben am 31. März 1913. Versuche an Tritoneiern über die Einwirkung bestrahlter Samenfäden auf die tierische Entwicklung. Zweiter Beitrag zur experimen- tellen Zeugungs- und Vererbungslehre. Von Oscar Hertwig. (Aus dem Biologischen Institut der Universität Berlin.) Hierzu Tafel I—III und 4 Texttiguren Zweites Heft. Ausgegeben am 30. Mai 1913. Über künstliche Entwicklungserregung bei Amphibien. Von Fritz Levy. (Aus dem Biologischen Institut der Universität Berlin.) Hierzu 8 Textfiguren . Drittes Heft. Ausgegeben am 24. Juni 1913. Beiträge zur Kenntnis des Zeugungskreises der Microsporidien Glugea anomala Moniez und hertwigi Weissenberg. Von Richard Weissenberg. (Aus dem Anatomisch-biologischen Institut der Universität Berlin) Hierzu Tafel IV—VII und 6 Textfiguren . Die Fußsohle des Menschen. Eine Studie über die unmittelbare und die erbliche Wirkung der Funktion. Von Richard Semon. Hierzu Tafel VIII—X und 10 Textfiguren Literarisch-kritische Rundschau Viertes Heft. Ausgegeben am 26. Juli 1913. Uber das Verhalten des plastomatischen Bestandteiles des Spermiums bei der Befruchtung des Eies von Phallusia mamillata. Von Friedrich Meves, Kiel. Hierzu Tafel XI—XIV und 7 Text- figuren N Über pluripolare Mitosen in _Hodenregeneraten von Rana fusca. Von cand. med. Arnold Lauche. (Aus dem Biologischen Laboratorium der Universität Bonn.) Hierzu Tafel XV > Seite 339 365 380 408 414 426 65 fop1 164 213 180) jet ot ARCHIV für Mikroskopische Anatomie l. Abteilung für vergleichende und experimentelle Histologie und Entwieklungsgeschichte II. Abteilung für Zeugungs- und Vererhungslehre herausgegeben von O. Hertwig und W. Waldeyer in Berlin Zweiundachtzigster Band I. Abteilung Mit 23 Tafeln und 55 Textfiguren BONN Verlag von Friedrich Cohen 1913 1% Q Inhalt. Abteilung l. Erstes Heft. Ausgegeben am 31. März 1913. Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems nebst Be- merkungen zur Frage der prälaktealen Dentition, der sogenannten Konkreszenztheorie und der Entwicklung des Säugetiergebisses überhaupt. Von P. Adloff. Hierzu Tafel I, II und 5 Text- figuren Be Zur Frage über den Bo tee Zelkenes in “ac El Ideisen Er Re von Chironomus. Von W. Faussek. (Aus dem Anatomisch- histologischen Laboratorium der Universität St. Petersburg. |[Vor- stand: Prof. Dr. A. Dogiel].) Hierzu Tafel III und IV Über physiologische Pigmentablagerung in den Kapillarendothelien des Knochenmarks. Von Hans Brass. (X. Fortsetzung der Studien über das Blut und die blutbildenden und -zerstörenden Organe von Franz Weidenreich.) Hierzu Tafel V. Zweites Heft. Ausgegeben am 30. Mai 1913. Die Entwicklung der Derivate des Kiemendarmes beim Meerschweinchen. Von H.Rabl, Innsbruck. Hierzu Tafel VI—X und 2 Texttiguren Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. I. Die Pigmentierung junger Larven. Von Fritz Pernitzsch. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität. Halle.) Hierzu Tafel XI—-XIII und 5 Textfiguren Über Erythrophoren hösoriderer rt in der Ban von nochesgerken, Von Prof. Dr. med. et phil. E. Ballowitz, Direktor des Anat. Instituts der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster i. W. Hierzu Tafel XIV ERS E Berichtigung Dr. A. Adloff, Greifswald. Drittes Heft. Ausgegeben am 24. Juni 1913. Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte des Blutgefäßsystems. Erster Teil: Anatomische und physiologische Grundlagen. Von Dr. Curt Elze, Heidelberg. Hierzu Tafel XV und 7 Textfiguren Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. Erste Mit- teilung: Heteromorphose und Polarität bei Planarien. Von Paul Lang. (Aus dem Biclogischen Laboratorium der Universität Bonn.) Hierzu Tafel XVI E Findet im Chorion junger menschlicher Eier eine Blutgefäss- und Blut- bildung statt? Von Dr. B. H. Jägerroos aus Finland. (Aus dem Laboratorium der II. Frauenklinik Wertheim, Vorstand Prof. Dr. J. Schottlaender.) Hierzu Tafel XVII Seite 61 79 148 206 256 10% Zur vergleichenden Anatomie und Histologie der Hypophysis cerebri. | Von Dr.W. Stendell, Assistent am Institute. (Aus dem Neuro- logischen Institut zu Frankfurt a. M., Direktor: Prof. Dr. L. Edinger.) Hierzu Tafel XVIII—-XX und 18 Textfiguren Erwiderung auf die Bemerkung von E. Meirowsky zu meiner Arbeit: Über die Entstehung des melanotischen Pigments im Auge ete. Von Dr. A.v. Szily, Privatdozent und I. Assistent. (Aus der Universitäts-Augenklinik Freiburg i. Br., Direktor: Geheimrat Brot. Dr. Th, Axenreld).. Viertes Heft. Ausgegeben am 26. Juli 1913. Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. Zweite Mit- teilung: 1. Epithelregeneration. 2. Über die Nebenaugen von Planaria polychroa. 3. Experimentelles und histologisches vom Trieladenpharynx. Von Paul Lang. (Aus dem Biologischen Laboratorium der Universität Bonn.) Hierzu Tafel XXI und 2 Textfiguren BE 2. 7 ER ee 5 2° ce Die Verbindung des Vorderhirns mit dem metameren Hirn. Von B. Haller... HierzuY TateloxS]T- und 1: Testäeuro er a 2 zz Über die Wirkung der Röntgenstrahlen auf die Bursa Fabrieii und einige andere Organe junger Hühner. Von Tierarzt Hans Unzeitig. (Aus dem histologischen und embryologischen Institut der k. und k. Tierärztlichen Hochschule in Wien.) Hierzu Tafel XXIII und 2 Textfiguren ia NE ee ae Über das Stroma der Nebennierenrinde. Von Dr. med. Snessarew, Oberarzt der Irrenanstalt „Nikolsko@“, Kostroma, Russland. Hierzu 3 Textfiguren CE Ne ec Zur Kenntnis der neurofibrillären Apparate der Hirudineen. Von G. Ascoli. (Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie und Histologie der Kgl. Universität Pavia.) Hierzu 10 Textfiguren Berichtigung. Von Prof. E. Ballowitz. Münster Seite 289 333 339 365 380 408 414 426 Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems nebst Bemerkungen zur Frage der prälaktealen Dentition, der sogenannten Konkreszenztheorie und der Entwicklung des Säugetiergebisses überhaupt. Von P. Adloii. Hierzu Tafel I, II und 5 Textfiguren. Die Entwicklung des menschlichen Zahnsystems ist schon verschiedentlich behandelt worden, am ausführlichsten von Röse und Leche, so dass nach den Arbeiten dieser ausgezeichneten Forscher eine erneute Untersuchung wenig Erfolg versprach. Verschiedene neuere Publikationen aber, insbesondere diejenigen Boiks, der eine ganz neue T'heorie über die Differenzierung des Primatengebisses aufstellte, waren für Verfasser die Ver- anlassung, die Gebissentwicklung des Menschen doch noch einmal einer näheren Prüfung zu unterziehen. Das Gebiss des Menschen besitzt bekanntlich dieselbe Formel, 0109 a Säugetierzahnzahl fehlen ihm also ein Schneidezahn und zwei Prämolaren. Besonderes Interesse hat von jeher die Frage erregt, welche von den vier ursprünglich vorhandenen Prämolaren aus- gefallen sind. Die Ansichten hierüber sind bekanntlich geteilt. Die einen Autoren sind der Ansicht, dass es die beiden ersten gewesen sind, so dass also die heute noch vorhandenen als P3 und Ps zu bezeichnen wären, andere wieder glauben, dass die beiden letzten ausgefallen sind, dass also der Mensch und die Katarrhinen nur noch Pı und P> besitzen, noch andere nehmen an, dass zwischen und hinter den beiden übrig gebliebenen je ein Zahn verloren gegangen ist, so dass erstere mithin den Pı und Ps vorstellen würden. Bolk schliesslich glaubt, dass nur der erste Prämolar wirklich ausgefallen, dass aber die Reduktion auf die jetzige Anzahl von 2 P dadurch zustande gekommen ist, dass der letzte Archiv f. mikr. Anat. Bd.82. Abt.I. 1 wie dasjenige der katarrhinen Primaten Von der typischen 2 12 Val Koma: Milchmolar der Platyrrhinen in einen bleibenden Molaren um- gewandelt wurde und dafür der letzte Mahlzahl ausgefallen ist. Bolk nimmt aber weiter an, dass ein ähnlicher Umwandlungs- prozess auch heute im Gebiss des Menschen im Gange ist, indem der letzte Milchmolar wiederum zu einem bleibenden Molar wird, während der Weisheitszahn zur Rückbildung gelangt. In verschiedenen Arbeiten habe ich gegen diese eigenartige Hypothese Stellung genommen und glaube auch überzeugend nach- gewiesen zu haben, dass der von Bolk angenommene Umwand- lungsvorgang nicht stattgefunden haben kann und dass auch das menschliche Zahnsystem keine Ausnahme macht von den Gesetzen, die die Stammesgeschichte des Säugetiergebisses beherrschen. Hauptsächlich zu diesem Zwecke wurden die vorliegenden Untersuchungen unternommen, wenn nebenbei auch noch andere schwebende Fragen Berücksichtigung finden sollten. ') Die Hypothese Bolks war nämlich von vornherein unmöglich, wenn es sich entwicklungsgeschichtlich nachweisen liess, dass die Reduktion der Prämolarenzahl auf zwei durch Ausfall der beiden vorderen P und nicht durch Umwandlungsvorgänge am hinteren Ende der Prämolarenreihe stattgefunden hat; mit anderen Worten: es kam darauf, vielleicht Reste der verlorengegangenen Pı und P: entwicklungsgeschichtlich festzustellen, dann müssten die beiden P der heutigen katarrhinen Primaten und des Menschen natürlich Ps und Pa sein. Wenn auch Leche nur ältere Embryonen untersucht hat, so haben doch Röse so zahlreiche Stadien jeglichen Alters zur Verfügung gestanden, dass die Aussichten auf positive Befunde von vornherein äusserst gering waren. Im Hinblick auf die Arbeit Röses hat auch Leche von einer Untersuchung jüngerer Embryonen absehen zu müssen geglaubt, weil eine erneute Dar- stellung sich wesentlich als eine Wiederholung der Röseschen Schilderung gestalten würde. Um so überraschender waren daher die neuen und wichtigen Resultate meiner Untersuchungen, die noch dazu an einem weit geringeren Material gewonnen wurden, als es Röse seinerzeit benutzen durfte. DZ ı) Die Bedeutung meiner Untersuchungen für die Theorie Bolks habe ich an anderer Stelle ausführlich erörtert (Literaturverzeichnis Nr. 12), dort sind auch die Textfig. 1—4 bereits wiedergegeben. Sie sind hier wieder- holt, um einen direkten Vergleich der verschiedenen Entwicklungsstadien zu ermöglichen. © Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. Es gelang mir, einen ca. 9wöchigen, einen ca. l1- und einen ca. 12wöchigen Embryo zu erhalten, auch überliess mir Herr Prof. Kallius freundlichst die Durchsicht einer ihm gehörigen Sehnittserie eines Embryo der trefllich diese drei Stadien ergänzte, indem er etwas älter war, als mein jüngstes Stadium, also ca. aus der 10. Woche stammen musste. Ausserdem hatte ich noch zwei ältere Stadien aus dem 4. und 5. Monat zur Verfügung, doch boten dieselben im allgemeinen nichts Neues, so dass ich von einer ausführlichen Beschreibung absehen kann und nur gelegentlich auf sie zurückkommen werde. Leider kann ich keine genauen Maße. angeben, da ich in allen Fällen nur die Köpfe, und auch diese zum Teil unvollkommen erhielt; gewiss ein Mangel, der aber für meine Zwecke nicht von Bedeutung ist. Die Zahnanlagen des jüngsten Embryos befinden sich im knospenförmigen, teilweise im Beginne des kappenförmigen Stadiums. Es sind acht Anlagen vorhanden und hinter der letzten, also der- jenigen von Pd, setzt sich die Zahnleiste noch eine Strecke weit fort, um dann allmählich zu verschwinden. Dicht hinter und lingual neben der Anlage von Pd, im linken Unterkiefer, liegt nun ein eigenartiges Gebilde. Über die Oberfläche des Epithels ragt eine freie Papille empor, andererseits wölbt sich das Epithel auch kuppenförmig in das Bindegewebe vor. Die periphere Zell- schicht besteht aus besonders hohen Zylinderzellen mit länglichen, stark dunkel gefärbten Kernen (Fig. 1). Zwei Schnitte hinterher hat sich das Bild etwas geändert. Die freie Papille ist ver- schwunden. Es ist lediglich eine starke Verdickung des Epithels vorhanden, das sowohl auf seiner freien Oberfläche, als auch ins Mesoderm hinein halbkugelig hervorragt. Im ganzen ist das (rebilde auf sechs Schnitten verfolgbar. Sobald dasselbe auf der linken Unterkieferseite verschwunden ist, erscheint rechts eine ähnliche freie Papille. Hier liegt dieselbe aber labial von der Zahnleiste; auch ist die Hervorwölbung ins Bindegewebe hinein gering. Dagegen fällt in letzterem eine Anhäufung von Rund- zellen auf und es hat den Anschein, als ob auch hier die Bildung einer Papille vor sich geht (Fig. 2). Nach drei Schnitten ist nichts mehr bemerkbar. Im Oberkiefer ist links nur eine mässige Verdickung des Epithels lingual von der Zahnleiste vorhanden (Fig. 1), auf der rechten Seite ist absolut nichts Auffallendes feststellbar. 1* 4 P. Adloff: Ich habe die Befunde schon an anderer Stelle publiziert, dort auch meine Auffassung über die Bedeutung derselben niedergelegt. Ursprünglich geht ja die Zahnentwicklung nicht durch Ver- mittlung einer Zahnleiste vor sich, sondern die Zähne entstehen, wie noch heute die Hautzähne der Selachier, lediglich innerhalb des Mundhöhlenepithels. Röse hat nun nachgewiesen, dass bei den Knochenfischen, Ganoiden und geschwänzten Amphibien. die ihre Zähne mehrfach wechseln, die ersten gewöhnlich gar nicht zur l'unktion gelangenden Zähnchen sich ganz nach Art der Placoidschuppen als einfache Papillen im Bereiche der Schleimhaut bilden. Erst die zweite Zahnreihe entsteht dann an der in das Bindegewebe hineingewucherten Zahnleiste. Röse hat dieses ursprüngliche Verhalten der Zahnentwicklung, bei welchem die Zahnpapille über die tiefstgelegene Zylinderzellenschicht ins Epithel hinein und manchmal sogar halbkugelig über die Epitheloberfläche emporragt, als plakoides Stadium bezeichnet. Laaser hat dann in neuerer Zeit die Resultate Röses dahin vervollständigt, dass auch bei Selachiern die ersten Kieferzahnanlagen nach dem plakoiden Typus entstehen und zwar liegen dieselben am Über- gang vom äusseren Zahnepithel zur Zahnleiste. Es ist nun ohne Frage, dass die von Röse und Laaser gegebenen Bilder eine frappante Ähnlichkeit mit meinen Beob- achtungen aufweisen. Das eilt insbesondere auch von Fig. 2, denn auch hier ist im Übergang vom äusseren Zahnepithel zur Zahnleiste deutlich eine Papillenbildung im Bindegewebe bemerkbar. Immerhin sind doch wichtige Unterschiede vorhanden: das plakoide Stadium geht dem Erscheinen der Zahnleiste voraus; es stellt den Beginn der Zahnentwicklung dar. Hier ist aber die Zahn- leiste längst schon gebildet, ja die Differenzierung der einzelnen Zahnanlagen ist bereits im Gange. Auffallend ist auch die Lage der (rebilde, einmal lingual, das andere Mal labial der Zahnleiste. Es geht hieraus hervor, dass direkte genetische Beziehungen, wie sie ja normalerweise zwischen den beiden Formen der Zahnentwicklung vorhanden sind, hier nicht bestehen können. Denn sonst müsste ja die erste, im plakoiden Stadium befindliche Anlage, von der aus dann später die Entstehung der Zahnleiste vor sich geht, stets labial von ersterer liegen, was hier aber nicht der Fall ist. Falls also die SU Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. von mir beschriebenen Bildungen in der Tat plakoide Zahnanlagen repräsentieren sollten — und eine andere Erklärung für die eigen- artigen Befunde vermag ich vorläufig nicht zu geben — so dürfte es sich lediglich um ein atavistisches isoliertes Wiederauftauchen dieser ältesten Form der Zahnent- wicklung handeln können. Die Anlagen der näch- sten Serie (Prof. Kallius) befinden sich auf dem kappenförmigen Stadium. Labial der Anlage des ersten Milchmolaren im Unterkiefer senkt sich hier ein verhältnismässig tlacher Fortsatz des Mundhöhlen- epithels in das Bindegewebe hinein, derselbe ist eine Strecke weit verfolgbar, ohne dass aber eine weitergehendere Ditterenzierung zu bemerken wäre (Textfig. 1). Dass dieser Fortsatz nicht etwa die Lippenfurchenleiste repräsentiert, die weiter labialwärts vorhanden ist, brauche ich kaum besonders zu bemerken. Im nächst älteren Stadium treffen wir labial der ersten Milchmolarenanlagen wiederum auf diesen Fortsatz des Mund- höhlenepithels. Er erstreckt sich hier ohne Frage tiefer in das Bindegewebe hinein, auch ist deutlich erkennbar, dass diese läbiale Leiste an zwei Stellen, die auf der rechten Seite 12, auf der linken 10 Schnitte auseinander liegen, eine besonders starke ° Ausbildung erfahren hat. Im ganzen ist sie rechts während 27, links während 22 Schnitten verfolgbar (Fig. 3a und b und 4a und b). Entscheidend für die Bedeutung dieser Befunde war aber das älteste Stadium. Auch hier erscheint kurz vor der Anlage des ersten Milchmolaren im Unterkiefer labial der Schmelzleiste ein Fortsatz des Mundhöhlenepithels, der sich hier im Anfange besonders tief in das Bindegewebe herabsenkt und nach einigen Schnitten deutlich die Form eines rudimentären Schmelzkeimes 6 Pr Ara lo. TE: annimmt (Textfig. 2). Diese zweite Schmelzleiste bleibt immer labial der Anlage des Milchmolaren verfolgbar und lässt naclı 35 Schnitten noch einen zweiten rudimentären Schmelzkeim her- vorgehen (Textfig. 3). Dass es sich auch hier direkt um einen RE RSTZEY ra. ER Wr 2a x BER: 2 Schmelzkeim handelt, geht aus der Betrachtung bei stärkerer Vergrösserung ohne allen Zweifel hervor. Nach neun Schnitten verschwindet dann diese sekundäre Schmelzleiste. Die Befunde sind auf bei- den Seiten ziemlich gleich- zeitig. Die rudimentären Zahnanlagen sind auch noch weiter entwicklungsfähig; das geht aus einem ein- zelnen Schnitt hervor, den ich gelegentlich von be- freundeter Seite erhielt und der augenscheinlich einem noch älteren Embryo ent- stammt. Hier finden wir neben der im glocken- förmigen Stadium befindlichen Anlage des Milchmolaren einen kappenförmig eingestülpten rudimentären Schmelzkeim, der sich gerade hier vom Mundhöhlenepithel loszulösen scheint (Textfig. 4). Fig. 4. Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. 7 Damit sind wohl aber die Grenzen der Entwicklungsfähigkeit erreicht, denn es fehlt jede Differenzierung der Bindegewebs- zellen zu einer Papille, die ja die Voraussetzung zur Entstehung eines Zahnes abgibt. Es ist das aber durchaus nichts Auf- fallendes!' Das Epithel als das auslösende Element bei der Zahn entwicklung spielt seine Rolle auch bei eintretender Rückbildung am längsten, während das Bindegewebe seine Beteiligung viel früher einstellt. Ich bemerke dieses besonders, weil das Fehlen jeder bindegewebigen Verdichtung als Grund angeführt worden ist, um die Schmelzkeimnatur dieser Epitheleinstülpung überhaupt zu leugnen. Es erhebt sich nun die Frage, was diese rudimentären Anlagen vorstellen? Das Nächstliegende wäre es, sie als Über- reste der prälaktealen Dentition zu deuten, und ich muss auch ohne weiteres zugeben, dass ich selbst zunächst diese Auffassung gehabt und gelegentlich der Publizierung des zuletzt erwähnten Befundes auch vertreten habe, dieselbe aber aus verschiedenen sogleich zu erörternden Gründen habe fallen lassen müssen. Da nun aber neuerdings die Frage der prälaktealen Dentition von neuem angeschnitten und ıhr Vorhandensein überhaupt ge- leugnet worden ist, so scheint es mir angebracht zu sein, auch ihre Grundlagen noch einmal zu prüfen und die Tatsachen kurz zu rekapitulieren, die zu ihrer Begründung im Laufe der Jahre beigebracht worden sind. Die Annahme einer prälaktealen Dentition steht bekanntlich in engstem Zusammenhange mit der modernen Auffassung von der Genese des Säugetiergebisses. Bekanntlich wird das letztere mit seinem einmaligen Zahnwechsel abgeleitet von den sich in ununterbrochener Folge ersetzenden Zahnreihen der niederen Wirbeltiere. In welcher Weise sich aber die an Zahl zwar ge- ringeren, aber an Qualität bedeutend vervollkommneten Zähne der heutigen Säugetiere aus den weit zahlreicheren, einspitzigen Zähnen jener niederen Wirbeltiere herausgebildet haben, darüber gehen die Ansichten auch heute noch auseinander. Die einen Autoren nehmen an, dass ein Teil der Zähne ausgefallen ist, während die übrig bleibenden eine bessere Ausbildung erfuhren (Differenzierungstheorie), während die anderen die heutigen kom- plizierten Zahnformen aus der Verschmelzung mehrerer einfacher Einzelzähne entstehen lassen (Konkreszenztheorie); und zwar sollen 8 PAIN Aloe: hintereinander gelegene Einzelzähne, dann aber auch nebeneinander liegende Keime verschiedener Dentitionen zur Bildung eines Zahnes zusammengetreten sein. Hiermit wäre die Vermehrung der Zahl und die bessere Ausgestaltung der Einzelzähne be- friedigend erklärt. Die erste Annahme, Konkreszenz in longi- tudinaler Richtung, war lange Zeit Hypothese und erst in neuester Zeit sind auch hierfür Beweise beigebracht worden. Anders da- gegen verhält es sich mit der Verschmelzung von Zahnkeimen verschiedener Dentitionen. Gerade in dieser Beziehung spielt aber die sogenannte prälakteale Dentition eine ausschlaggebende Rolle. Auf Frontalschnitten wurden labial von der Anlage def Milchdentition zunächst bei Plazentaliern, bei Pinnipediern, Ceta- ceen und Erinaceus, Epithelknospen und Fortsätze aufgefunden, die durch ihr konstantes Vorkommen die Vermutung weckten, dass man es nicht mit gelegentlichen Ausläufern der Schmelz- leiste, sondern mit gesetzmässigen Bildungen zu tun habe. Da nun die älteren Dentitionen immer auf der labialen Seite der Jüngeren liegen, und letztere aus dem lingualwärts gerichteten freien Schmelzleistenende ihren Ursprung nimmt, so nahm man an, dass man es hier mit den Resten einer den Milchzähnen vorhergehenden Zahnreihe zu tun habe, die als letzter Rest des mehrmaligen Zahnwechsels bei niederen Wirbeltieren, auch bei Säugetieren noch zur Entwicklung gelange. In ein weiteres Stadium trat die Frage, als bei dem Zahnsystem der Marsupialier, das von Leche, Kükenthal, Röse übereinstimmend als per- sistierendes Milchgebiss gedeutet wird, labial der funktionierenden Reihe gleichfalls Reste einer vorangegangenen Dentition und zwar nicht nur als immerhin doch etwas fragwürdige Epithelknospen, sondern als direkt verkalkte Zähnchen gefunden wurden. Wäre die Natur des Beutlergebisses als Milchgebiss in der Tat ein- wandfrei festgestellt, so müsste auch jeder Zweifel an der Natur dieser älteren Zahnreihe als behoben gelten. Mir scheint jedoch das erstere noch keineswegs ohne weiteres der Fall zu sein, und damit verliert natürlich auch das Vorhandensein der labialen Zahnserie an Bedeutung. Denn, ist das Zahnsystem der Marsu- pialier, wie es auch noch heute vielfach behauptet wird, ein bleibendes Gebiss, so würden die letzteren eben die erste Dentition repräsentieren, die rudimentär geworden ist. Jedenfalls scheint mir diese Frage noch nicht restlos geklärt zu sein. Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. $) 858 N) In der Folge wurden aber Reste der prälaktealen Dentition auch noch bei anderen Säugetieren festgestellt, und zwar handelte es sich nicht nur um zweifelhafte Wucherungen der Schmelzleiste, sondern um Bildungen, die direkt als Schmelzkeime bezeichnet werden mussten. Besonders einwandfrei waren die von mir bei Seiuriden (Seiurus und Spermophilus) und von Bild und mir bei Sus domesticus beschriebenen Befunde. Ahrens hat allerdings die letzteren auf Grund der Herstellung von Wachsmodellen in Frage gestellt. Eine Berück- sichtigung dieser gelegentlichen Äusserung nach der einen oder der anderen Seite hin ist aber solange unmöglich, als nicht eine ausführliche Begründung vorliegt. Erst neuerdings hat aber Augusta Arnsbäck-Christie- Linde in einer im Lecheschen Institut angefertigten ausführ- lichen Arbeit über das Soricidengebiss prälakteale Reste bei Sorex nachgewiesen und auch plastisch dargestellt. Über die Bedeutung der Rekonstruktionsmethode für die Beurteilung der ganzen Frage werde ich noch später mich zu äussern Gelegenheit haben. Es wurden aber noch weitere bemerkenswerte Entdeckungen gemacht Diese prälaktealen Reste schienen sich nämlich an dem Aufbau der jüngeren, also in diesem Falle der Milchdentition mit zu beteiligen, und es schien dieses ein Beweis zu sein für die Autfassung, wonach der Säugetierzahn aus der Verschmelzung mehrerer zusammengezogener Dentitionen niederer Wirbeltiere entstanden sein sollte. Man hat diesen Befunden von Anfang an ein gewisser Misstrauen entgegengebracht und noch neuer- dings ist ihre Deutung im Sinne der Konkreszenztheorie heftig bestritten worden. Es scheint mir daher zweckmässig, einige besonders beweiskräftige Beobachtungen noch einmal kurz wieder- zugeben. um so mehr als ich dieselben heute zu vervollständigen resp. zu erweitern in der Lage bin. Die Sciuriden besitzen bekanntlich im Oberkiefer zwei Prämo- laren, von denen der erste rudimentär und stiftförmig, der zweite ein normaler, wohl ausgebildeter Zahn ist. Im Unterkiefer ist nur ein gut entwickelter Prämolar vorhanden. Labial der Anlage des stiftförmigen Prämolaren im Ober- kiefer bei Spermophilus finden wir nun auf Frontalschnitten einen rudimentären, kappenförmig, eingestülpten Schmelzkeim. von dem aus, nicht etwa vom Mundhöhlenepithel, die Schmelzleiste 10 Prrdlo tt: ihren Ursprung nimmt (Fig. 5). Der Schmelzkeim ist während weniger Schnitte sichtbar, er verschwindet dann, während ein labialer Epithelstrang auch weiterhin neben der Schmelzleiste frei im Bindegewebe liegt. Nach einigen weiteren Schnitten, am Ende der Anlage des Prämolaren, ist diese labiale Epithelleiste von neuem mit der Schmelzleiste in Verbindung getreten und hat sich wiederum zu einem kappenförmig eingestülpten rudimentären Schmelzkeim differenziert (Fig. 6). Auch bei der Anlage des nächsten Prämolaren ist ein derartiger labialer Ausläufer der Schmelzleiste vorhanden, nur bleibt derselbe hier nicht gesondert, sondern vereinigt sich im weiteren Verlaufe mit dem Schmelz- organ der Anlage. Dasselbe ist der Fall bei der Anlage des ent- sprechenden Prämolaren im Unterkiefer, wo der vordere Prämolar ja fehlt. Da die Verhältnisse hier instruktiver liegen als im Oberkiefer, so sollen diese beschrieben werden. Auch hier im Unterkiefer entsteht an der labialen Seite der Schmelzleiste eine kleine Knospe, die allmählich grösser und zu einem am Ende kolbig verdickten Epithelspross wird. Dieser Epithelspross, der auf beiden Seiten vom Zylinderepithel umgeben ist, tritt weiterhin mit dem Schmelzorgan des Prämolaren in Ver- bindung, in welchem er schliesslich ganz aufgeht (Fig. 7a, b). Ich habe nun sowohl von dem oberen ersten Prämolaren, wie von dem unteren Prämolaren Wachsmodelle hergestellt, die speziell für den ersteren ein etwas anderes Bild ergeben, als iclı es mir seinerzeit aus der Betrachtung lediglich der Schnittserie gebildet hatte. Wir sehen nämlich deutlich, dass es sich hier nicht um eine prälakteale Anlage handelt, sondern dass deren zwei vor- handen sind, eine Tatsache, die im Hinblick auf andere Befunde ganz ausserordentlich wichtig ist (Fig. 11). Auch das zweite Modell lässt unzweideutig erkennen, dass es sich hier nicht etwa um belanglose Ausläufer der Schmelzleiste handelt (Fig. 12). Dies geht ja schon ohne weiteres daraus hervor, dass diese Bildungen gesetzmässig vorkommen, an bestimmten Stellen bestimmter Zähne, und dass sie nicht etwa nur in diesem einen Stadium beobachtet wurden, sondern bei Embryonen ver- schiedenen Alters. Denn selbstverständlich müssen ganz bestimmte Kriterien vorhanden sein, um die Natur dieser Bildungen einwand- frei festzulegen. Ich möchte es bei dieser (Grelegenheit noch ganz besonders betonen, dass es selbstverständlich niemand ein- Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. 11 gefallen ist, kritiklos jede belanglose Wucherung der Schmelzleiste als prälakteale Anlage zu deuten, wie es von einem Kritiker der neuesten Zeit angenommen zu sein scheint. Im obigen Fall handelt es sich um so charakteristische Bildungen, dass an ihrer Natur ein Zweifel kaum aufkommen kann. Es gibt aber viele Be- funde, die nicht so leicht zu deuten sind, deren wahrer Charakter sich nur nach einer sorgfältigen Prüfung sämtlicher in Betracht kommender Umstände bei verschiedenen Entwicklungsstadien er- mitteln lässt. Hieraus geht schon hervor, dass es unzulässig ist — und dieses sollte eigentlich überflüssig sein zu betonen aus einem vielleicht zur Wiedergabe ausgewählten Bilde kritische Schlüsse zu ziehen. Wenn irgendwo, so ist hier ein objektives Urteil nur durch exakte Nachprüfung des gesamten Materiales zu gewinnen. Wenn es sich hier nun um Reste einer prälaktealen Dentition handelt, so erhebt sich die Frage, warum dieselbe in dem einen Falle getrennt bleibt, während sie in dem anderen mit der danebenliegenden Anlage des zugehörigen Milchzahnes verschmilzt. Nehmen wir doch an, dass generell der heutige Säugetierzahn aus der Verschmelzung mehrerer Einzelzähne derselben und ver- schiedener Dentitionen hervorgegangen ist. Es müssen also ganz be- sondere Ursachen vorliegen, die zu einem selbständigen Auftreten der prälaktealen Dentition geführt haben. Auch hier geben die oben geschilderten Befunde bei Spermophilus vielleicht eine plausible Erklärung. Das Zahnsystem der Rodentien ist besonders instruktiv, weil seine stammesgeschichtliche Entwicklung auch heute noch im Flusse ist und weil progressive und regressive Entwicklungs- vorgänge nebeneinander tätig gewesen sind und noch tätig sind. Bei excessiver Ausbildung der zweiten Schneidezähne zu Nage- zähnen sind die übrigen Incisivi Eckzähne und Prämolaren voll- ständig oder nahezu geschwunden. Die Prämolaren haben aber nur die specialisiertesten Formen vollkommen eingebüsst, während die primitiven Typen, so die Sciuriden, sie noch teilweise erhalten haben. Jedoch sind auch letztere zweifellos auf dem Wege, sie schliesslich ganz zu verlieren. Von den beiden im Öberkiefer vorhandenen Backenzähnen ist ja der erste bei den meisten Arten ganz klein, rudimentär und stiftförmig, während einige Formen ihn überhaupt nicht mehr besitzen; im Unterkiefer ist bei allen Gattungen nur ein Prämolar vorhanden. Gerade labialwärts des 12 BEA oT: kleinen stiftförmigen ersten Backenzahnes im Oberkiefer finden wir aber nun, stets vollständig von ihm getrennt, einen typischen prälaktealen Schmelzkeim, während bei dem letzten Prämolar im Ober- wie im Unterkiefer ein ähnlicher prälaktealer Rest stets in Verbindung mit der funktionierenden Anlage angetroften wird. Und auch sonst finden wir prälakteale Reste vielfach bei Zähnen, die mehr oder weniger der Reduktion anheim gefallen sind und auch Verschmelzungen sind in der Mehrzahl der Fälle bei Zähnen beobachtet worden, die, wenn auch nicht direkt rück- gebildet, doch einem Abschnitte des Zahnsystems angehören, in dem Reduktion bereits tätig gewesen ist. Als ein weiteres Beispiel hierfür möchte ich die Prämolaren von Sus scrofa dom. anführen, die infolge der besonders starken Entwicklung der Eckzähne einerseits, der Molaren andererseits in ihrer Ausbildung zurückgeblieben sind. Wir sehen auf einem jüngeren Stadium eine Zahnleiste von ganz auffallender Form (Fig. Sa, b). Unschwer lässt sich dieselbe entstanden denken durch zwei nebeneinander liegende Keime, wie es in Textfig. 5 skizziert ist. Ein paar Schnitte dahinter hat die Zahn- leiste die in Fig. 9a,b wiedergegebene Form angenommen. In einem älteren Entwicklungs- stadium finden wir aber folgendes Bild. KR Labial der glockenförmigen Anlage liegt en eine kolbenförmige Ausstülpung der Schmelzleiste, die offenbar mit dem labialen Teile der Zahnleiste des jüngeren Stadiums identisch ist und sich von der funktionierenden Anlage abzu- trennen im Begriffe steht (Fig. 10). Ich sprach daher schon früher die Vermutung aus, dass das Vorhandensein prälaktealer Reste in Zusammenhang stehe mit der grösseren oder geringeren Reduktion. Man könnte an- nehmen, dass, so wie jeder Zahn aus einer Verschmelzung ver- schiedener Dentitionen seinen Ursprung nähme, er umgekehrt bei beginnender Rückbildung wieder in seine Komponenten zerfiele. Es würde sich also nicht eigentlich um Verschmelzungs-, sondern vielmehr um Trennungsvorzüge handeln. Das Sichtbar- werden einer einst stattgehabten Verschmelzung wäre vielleicht das erste Anzeichen einer regressiven Metamorphose, bis bei immer fortschreitender Reduktion schliesslich wieder eine Trennung der verschiedenen Dentitionen stattfände. Die prälaktealen Reste Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. 13 hätten also keinen primitiven Charakter, sondern wären gewisser- massen erst sekundär zu ihrer alten Unabhängigkeit zurück- gekehrt. Gegen diese Auffassung ist vor allem der Einwand gemacht worden, dass. da wir die Rückbildung eines Zahnes schrittweise, unter dem Zeichen des allmählichen Höcker- und Wurzelverlustes und nie unter dem Zerfall in seine Einzelglieder festhalten können, wir wohl auch für die Ausbildung des kom- plizierten Säugetierzahnes in umgekehrter Richtung dasselbe, die Herausdifferenzierung annehmen müssen. Diesen Einwand kann ich nicht als berechtigt anerkennen. Auch wenn wir annehmen, dass der heutige komplizierte Säugetierzahn aus der Verschmelzung mehrerer ursprünglich getrennt gewesener Einzelzähne entstanden ist: in jedem Zahne ist auch selbstverständlich Material vorhanden, das derselbe gewissermassen aus sich selbst heraus geschaffen hat. Es muss immer wieder betont werden, dass auch die An- hänger der Konkreszenztheorie neben Verschmelzungsvorgängen, die im Beginne der stammesgeschichtlichen Entwicklung vor sich gegangen sein werden, späterhin auch die Differenzierung als wesentlichen Faktor für die Herausbildung der heutigen Zahnformen in Anspruch nehmen. Unter diesen Umständen kann es aber nicht weiter wundernehmen, dass auch bei einer Rück- bildung entsprechend der zuletzt stattgehabten Differenzierung zunächst eine allmähliche allgemeine Grössenabnahme bemerkbar ist, während der Zerfall in Einzelglieder als derstammesgeschichtlich am weitesten zurück- liegende Entwicklungsvorgang nur wenig deutlich in Erscheinung tritt. Vielleicht ist das in früheren Ent- wicklungsperioden anders gewesen! Wissen wir doch, dass das heute homoiodonte, vielzähnige Gebiss der Delphine in der Tat durch Zerfall weniger mehrhöckeriger Zähne in ihre einzelnen Be- standteile entstanden ist. Nun sollen ja aber nicht allein die nebeneinander liegenden Keime verschiedener Dentitionen, sondern auch hintereinander gelegene Einzelzähne derselben Dentition zur Bildung eines Zahnes zusammengetreten sein. Es ist daher auf- fallend, dass nur jene unter gewissen Umständen wieder sichtbar werden, während die verschmolzenen Komponenten derselben Dentition nicht mehr zum Vorschein zu kommen scheinen. Auch hierfür gibt es eine, wie mir scheint, einleuchtende Erklärung, auf die ich schon an anderer Stelle hingewiesen habe. Die nur 14 BRNO. Ni: örtlich getrennt gewesenen Schmelzkeime sind so in- einander aufgegangen, dass ein nachheriger Zerfall ausgeschlossen erscheint. Dagegen lassen die ehemals örtlich und zeitlich geschiedenen Bestandteile naturgemäss viel eher die Möglichkeit zu, unter besonderen Umständen aus dem gemeinsamen Verbande zu dem alten Zustand zurückzukehren. Ausserdem liegen neueste Beobachtungen vor, die uns hierüber weiteren Aufschluss geben. Wilson und Hill haben entwicklungsgeschichtliche Unter- suchungen über das Zahnsystem von Ornithorynchus veröffentlicht, in welchen sie folgendes festgestellt haben: Ornithorynchus besitzt bekanntlich in der Jugend in jedem Oberkiefer 1 Prämolaren und 2 Molaren, im Unterkiefer 3 Molaren. Angelegt werden jedoch ausserdem noch im Öber- und Unterkiefer jederseits 1 Prämolar. Die Molaren besitzen eine niedrige breite, multi- tuberkuläre Krone. Wilson und Hill haben nun nachgewiesen, dass im Bereiche der hinteren vielhöckerigen Molaren noch Reste von Anlagen einer früheren Dentition vorhanden sind und zwar nicht etwa für jeden multituberkulären Mahlzahn, sondern für jeden ihrer Höcker je eine solche Anlage, ja für den vorderen Höcker des zweiten Molaren oben und unten waren zwei solcher rudimentärer Schmelzkeime nachweisbar, von denen der eine im Öberkiefer sogar verkalkt war. Wilson und Hill halten diese Reste für die zurückgebildete erste Dentition -der Molaren, die dann selbst zur permanenten Serie gehören würden. Ich vermag diese Anschauung nicht zu teilen, halte auch die von den Autoren angeführten Argumente, auf die näher einzugehen hier zu weit führen würde, nicht für stichhaltig; meines Erachtens müssen sie zur prälaktealen Reihe gerechnet werden. Darin stimme ich aber mit Wilson und Hill vollkommen überein, dass das Vor- handensein von mehreren Anlagen früherer Denti- tionen neben nureinerfunktionierenden ohne Frage ein Beweis dafür ist, dass die letztere aus der Ver- schmelzung mehrerer Einzelanlagen entstanden ist. In demselben Sinne sind wohl auch die beiden prälaktealen Anlagen neben dem Schmelzkeim des stiftförmigen Prämolaren bei Spermophilus, deren zweifache Anzahl erst durch die Herstellung eines körperlichen Modelles zutage getreten ist, zu deuten. Auch hier handelt es sich um zwei getrennte Anlagen einer älteren Zahnreihe, die in der jüngeren Dentition Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. 15 nur durch einen einheitlichen Zahn repräsentiert werden. Wenn wir jetzt zu unseren Befunden beim Menschen zurück- kehren, so wird es verständlich sein, dass über ihre Deutung Zweifel entstehen konnten. Hier wie dort finden wir auf der labialen Seite einer zur Milchdentition gehörigen Zahnanlage rudimentäre Schmelzkeime, die sogar ganz ähnlich wie die Be- obachtungen bei Spermophilus und bei Ornithorynchus, in der Zweizahl vorkommen. Es liegt daher in der Tat der Schluss nahe, auch sie der prälaktealen Dentition zuzurechnen. Es ist aber ein wichtiger Unterschied vorhanden, der diesen Schluss unbedingt verbietet. Nach unserer Annahme ist die prälakteale Dentition eine ältere Zahngeneration, die bei den Vorfahren unserer Säugetiere selbständig funktioniert hat, ihre Nach- folgerin ist heute die sogenannte Milchdentition, der als letztes Glied die permanente Reihe folgt. Ich sehe hier ganz von der Frage ab, ob diese heutige Dentition einer oder mehreren Reptilienzahnreihen entspricht, ich möchte nur betonen, dass sie gleichwertige Produkte der gemeinsamen Mutter, der Schmelz- leiste sind. Es ist daher nur natürlich, dass auch die prälakteale Dentition in engster Beziehung zur produktiven Schmelzleiste steht und wir finden, dass auch die Reste der prälaktealen Anlage bald von der Schmelzleiste selbst ausgehen, bald scheint umgekehrt die Schmelzleiste aus der prälaktealen Anlage (Fig. 5 und 6) zu ent- springen; auch stehen sie nicht allein im Zusammenhange mit der Schmelzleiste, sondern sie erscheinen und verschwinden zusammen mit den betreffenden Anlagen, deren ältere Generation sie repräsen- tieren. Ganz anders liegen die Verhältnisse nun bei den Be- funden im Gebisse des Menschen. Betrachten wir die Schnitte oder besser das Plattenmodell (Fig. 13), so sehen wir, dass es sich nicht um einzelne Anlagen handelt, sondern dass es direkt eine zweite Schmelzleiste ist, die räumlich verhältnismässig weit von der produktiven Schmelzleiste getrennt und parallel zu ihr verläuft und in ihrem Verlaufe zwei rudimentäre Anlagen hervorgehen lässt (Textfig. 2 und 3). Daher kann es sich in diesem Falle auch niemals um Bildungen handeln, die als prälakteal zu bezeichnen sind. Wir kennen keine prälakteale Schmelzleiste, sondern nur prälakteale Anlagen, die aus derselben Schmelz- leiste hervorgehen, die vor unendlichen Zeiten die 16 Pi AdlorT: sich unablässig erneuernde Dentitionen der Reptilien, die heute die beiden Säugetierzahnreihen entstehen lässt. Jene zweite Schmelzleiste muss also einen anderen Ur- sprung haben. Nunmehr erinnern wir uns der Tatsache, dass der Mensch nur noch zwei Prämolaren besitzt, während die beiden anderen im Laufe der Stammesgeschichte verloren gegangen sind. Wenn also jene sekundäre Schmelzleiste nicht prälaktealen Ur- sprungs sein kann, so bleibt nur die zweite Möglichkeit übrig, dass es sich hier um Reste jener aus der Zahnreihe der Menschen geschwundenen Prämolaren handelt. Dann bliebe aber zunächst die weit Jabialwärts gerückte Lage zu erklären. Ich habe schon an anderer Stelle ausgeführt, dass es auch hierfür eine durchaus einleuchtende Erklärung gibt. Die räumliche Trennung der ur- sprünglich ja zu derselben Dentition gehörenden Anlagen muss danach als Folge aufgefasst werden einer im Laufe der Stammes- geschichte eingetretenen Kieferverkürzung und hierdurch be- dingten Einfaltung der Schmelzleiste. Es ist diese Annahme um so wahrscheinlicher, als sich ähnliche Vorgänge auch gegenwärtig im menschlichen Gebisse wiederum abzuspielen scheinen. Bekannt- lich gehört der I» des Menschen zu denjenigen Zähnen, die dem Untergange geweiht sind. Er findet sich in allen Stadien der Reduktion und fehlt sogar oft ganz. Es scheint nun hier eine weitere Verkürzung der Kiefer im Gange zu sein und infolge- dessen ebenfalls eine Einfaltung der Schmelzleiste sich anzu- bahnen. Während sich nämlich in jüngeren Entwicklungsstadien Ida und Cd ganz normalerweise hintereinander entwickeln, liegen die beiden Anlagen bei älteren Embryonen nebeneinander, so dass das vordere von Cd noch eine ganze Strecke weit neben dem hinteren Ende von Id» zu liegen kommt. Mit anderen Worten: die Entwicklung des Kiefers hat mit dem Wachstum der Zahnanlagen nicht gleichen Schritt gehalten ; infolgedessen ist eine Verschiebung eingetreten. Nimmt die Verkürzung und damit die Verschiebung ihren Fortgang und nehmen wir weiter an, dass ld: immer mehr reduziert wird, so erhalten wir schliesslich das- selbe Bild wie in unserem Falle, nur dass die rudimentäre Zahn- anlage hier lingual liegen würde. Warum die Verschiebung hier lingualwärts, dort labialwärts stattfindet, entzieht sich unserer Kenntnis. Sicherlich sind hier die räumlichen Verhältnisse der betreffenden Kiefergegend von Bedeutung. — Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. 1 Bolk bemängelt in seiner neuesten Arbeit diese Inter- pretation und bezeichnet sie als völlig verfehlt. Demgegenüber möchte ich darauf aufmerksam machen, dass diese Annahme einer Kieferverkürzung, mit welcher die Entwicklung der Zahn- anlagen nicht gleichen Schritt hält, so dass es zu einer Ein- faltung der Zahnleiste kommen muss, in vollem Einklange steht, mit Variationen und Anomalien des normalen und des patho- logisch veränderten menschlichen Gebisses. Es ist eine allen Zahnärzten wohlbekannte Tatsache, dass ein grosser Teil der un- regelmässigen Zahnstellungen seinen Ausgang nimmt von den räumlichen Verhältnissen des Vorderkiefers. In einem augen- scheinlich rückgebildeten Vorderkiefer stehen Zähne normaler Grösse und hieraus resultieren dann Anomalien, die sich sehr oft darin äussern, dass der zweite Schneidezahn lingual, der Eckzahn labial verlagert wird. Es scheint mir daher der (re- danke nicht so sehr fern zu liegen, zwischen beiden Erscheinungen einen ursächlichen Zusammenhang anzunehmen und den so ausser- ordentlich häufigen Raummangel gerade im Bereiche der U und I2 als die Folge aufzufassen einer schon embryonal feststell- baren Verkürzung dieser Kiefergegend, die eben darin ihren Aus- druck findet, dass die sich ursprünglich hintereinander anlegenden Keime der I» und © in späteren Stadien nebeneinander zu liegen kommen. Jedenfalls scheint mir die Deutung der labialen rudimentären Schmelzkeime als die Reste der ausgefallenen Prämolaren hierdurch eine wesentliche Stütze zu erfahren. Es fragt sich nun, welche von den vier ursprünglich vorhandenen Prämolaren ausgefallen sind? Die Antwort ist in diesem Falle sehr einfach! Es unterliegt zunächst keinem Zweifel, dass an erster Stelle der vorderste Prämolar ausgefallen ist. Dieses ist paläontologisch festgestellt! Da es sich nun hier um zwei Anlagen handelt, beide aber durch eine fortlaufende Schmelzleiste ver- bunden sind, so geht hieraus hervor, dass dieselben von jeher zusammengehört haben, d. h. dass sie auch ursprünglich hintereinander gestanden haben müssen, denn sonst wäre der Zusammenhang durch diesie verbindende Schmelzleiste unerklärlich. Mit anderen Worten: die beiden rudimentären Schmelz- keime können nur Pı und P:> sein. Archiv f.mikr. Anat. Bd.82. Abt.]. 2 15 P. Adloff: Im Oberkiefer konnten übrigens Spuren dieser ausgefallenen Zähne nicht nachgewiesen werden. Es ist das nicht weiter auf- fallend. Fast allgemein ist der Unterkiefer das konservative Element. Es liegt das wohl daran, dass der Öberkiefer ein integrierender Teil des Schädels ist und an den sich an diesem abspielenden Umformungen in erster Linie beteiligt ist, während der Unterkiefer als besonderer Knochen erst sekundär in Mit- leidenschaft gezogen wird. Welche Konsequenzen diese Resultate für die Bolksche Hypothese besitzen, habe ich bereits an anderer Stelle ausführlich erörtert, worauf ich hiermit verweise. Es ist übrigens vielleicht interessant, festzustellen, dass diese Annalıme einer stattgehabten Einfaltung der Zahnleiste zwischen Eekzahn und den Prämolaren in gewissem Sinne die Bestätigung einer schon 1894 von Schwalbe allerdings aus anderen Gründen und in anderer Form ausgesprochenen Ansicht ist, wonach im Bereiche der Prämolaren die Zahnleiste infolge Raummangels eine Verlagerung erfahren hat. Aber auch in anderer Beziehung sind die Feststellungen von Wichtigkeit. Die Tatsache, dass die beiden rudimentären Schmelzkeime noch eine gemeinsame Schmelzleiste besitzen, scheint dafür zu sprechen, dass die Reduktion beider Zähne ziemlich gleichzeitig eingeleitet worden sein muss, dass der Mensch also ein Platyr- rhinenstadium mit drei Prämolaren kaum durchlaufen haben kann. Da ferner dem heutigen Menschen auch ein Schneidezahn fehlt, von diesem aber irgend welche Reste nicht mehr vorhanden sind, so geht hieraus hervor, dass, übereinstimmend mit den übrigen Primaten, zunächst dieser dritte Ineisivus und dann erst die Prämolaren verloren gegangen sind. Hieraus ist aber ein weiterer Schluss zu ziehen: Bekanntlich werden gerade in der Schneidezahngegend des Menschen besonders häufig überzählige Zähne gefunden, die mit mehr oder weniger Bestimmtheit als die atavistisch wieder aufgetauchten dritten Schneidezähne bezeichnet worden sind. Wenn dieses auch für einzelne Fälle zutreffen mag, so scheint mir doch der Umstand, dass entwicklungsgeschichtlich irgend welche Reste der Is nicht mehr angetroffen werden, während solche von den beiden aus- gefallenen Prämolaren regelmässig vorhanden sind, dafür zu Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. 19 sprechen, dass es sich hierbei doch wohl mehr um Variationen des I>, als eines in Rückbildung begriffenen Organes zu handeln scheint. Es muss in diesem Zusammenhang auch noch die Frage erörtert werden, ob die seit langem als „schmelzlose Zahn- rudimente* beschriebenen Gebilde, die auch in der Gegend der Prämolaren beobachtet worden sind, vielleicht zu den rudimentären Schmelzkeimen in Beziehung gebracht werden können. Ich habe mich hierzu schon früher geäussert. Dagegen spricht vor allen Dingen die Tatsache, dass diese Zahnrudimente nach den Unter- suchungen Röses und Zuckerkandls an allen Zähnen vor- kommen können. Ausserdem sind sie bisher nur im Bereiche der Ersatzzähne gefunden worden. Sie werden daher wohl auch der zweiten Dentition zugehören und nicht dem Milchgebiss, denn es ist kaum anzunehmen, dass diese oberflächlich gelegenen Ge- bilde den Zahnwechsel mit seinen mannigfachen Störungen würden überstehen können, ohne ausgestossen zu werden. Andererseits ist es aber ebensowenig wahrscheinlich, dass die rudimentären An- lagen es noch zur Bildung einer Ersatzdentition bringen könnten. Es erhebt sich nun die Frage, da es sich hierbei nicht um Reste der prälaktealen Dentition handelt, ob solche prälaktealen Reste im menschlichen Zahnsystem sonst etwa vorkommen oder beobachtet worden sind. Die Frage ist um so berechtigter, als dieselbe erst kürzlich durch Ahrens zum Gegenstand ausführlicher Erörterungen gemacht worden ist. Ahrens hat die Entwicklung des menschlichen Gebisses studiert und sein Augenmerk besonders auf die prälaktealen Anlagen und auf eventuelle Verschmelzungen gerichtet. Er hat bei seinen Untersuchungen labial vom Schmelzorgan liegende Fortsätze, Ausbuchtungen und Vorsprünge gefunden, die, wie er meint, nach dem Vorgehen Adloffs zweifellos als prälakteale Anlagen aufgefasst werden müssen. Er fügt hinzu, dass er diese labialen Epithelleisten bei allen Zähnen in grosser Zahl gefunden habe, sowohl bei Milchzähnen und bleibenden Zähnen, als auch bei Molaren und Fronzähnen und namentlich bei letzteren in grosser Anzahl. Er sah aber ferner solche labiale Epithel- stränge zum Schmelzorgan ziehen und sich mit diesem vereinigen. Diese Beobachtungen identifiziert er mit meinen Befunden bei Spermophilus. Er hat dann seine Schnittserien rekonstruiert und dabei stellte es sich anscheinend heraus, dass die vermeintlichen 9% 20 PrAdIoFE prälaktealen Anlagen nichts anderes waren als Faltenbildungen im Schmelzorgan. Da nun meine Bilder und diejenigen anderer Autoren anscheinend eine gewisse Ähnlichkeit haben mit den seinigen, so kommt er zu dem Schlusse, dass es weder prälakteale Anlagen gibt, noch Verschmelzungen. Letztere sind einfache Faltungen des Schmelzorgans und der Zahnleiste. Und damit fallen auch alle Schlussfolgerungen in sich zusammen, die man aus dem vermeintlichen Nachweis derartiger Verschmelzungen für die Konkreszenztheorie gezogen hat. Nach meinen Ausführungen über prälakteale Anlagen kann ich mich kurz fassen. Ahrens will etwas beweisen, was noch niemand behauptet hat. Weder ich noch irgend ein anderer Autor hat die von ihm beobachteten und abgebildeten labialen Fortsätze der Zahnleiste resp. des Schmelzorgans als prälakteale Anlagen gedeutet. Das menschliche Gebiss ist nach dieser Richtung hin überhaupt noch nicht systematisch untersucht worden. Mir selbst kam es zunächst nur darauf an, etwaige Reste der verloren gegangenen Prämolaren aufzufinden. Die Befunde sind übrigens auch, wie aus Ahrens, Fig. 1, 2 und 3 hervorgeht, ihrer Natur nach ganz verschiedener Herkunft. In Fig. 1 handelt es sich augenscheinlich um eine Abschnürung des Mundhöhlenepithels, Fig. 2 betrifft ohne Frage eine gelegentliche Hervorwölbung des Schmelzorgans, während die Fig. 3 allerdings ein Bild zeigt, über dessen Natur Zweifel entstehen könnten. Meine Stadien besassen indessen wohl nicht das entsprechende Alter, wenigstens habe ich nichts Ähnliches feststellen können. Die missverständliche Auf- fassung von Ahrens beruht lediglich auf einer kritiklosen Identifizierung aller dieser Befunde untereinander und mit meinen ihnen nur oberflächlich ähnlich sehenden Abbildungen ohne exakte Nachprüfung, die mit Sicherheit ein ganz anderes Resultat er- geben hätte. Sie beruht ferner auf einer ausserordentlichen Über- schätzung der Rekonstruktionsmethode. Es steht ausser Frage, dass dieselbe ein wertvolles Hilfsmittel darstellt, die bisweilen recht komplizierten Beziehungen der einzelnen Zahnanlagen zur Zahnleiste übersichtlich zur Anschauung zu bringen, und es wird jeder, der sich mit dem Studium der Zahnentwicklung be- schäftigt, gegebenen Falls die Rekonstruktion zur Anwendung bringen müssen. Aber ihr Wert darf auch nicht überschätzt werden! Ahrens glaubt mit Hilfe seiner Wachsmodelle fest- Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. 21 gestellt zu haben, dass die angeblichen prälaktealen Anlagen beim Menschen nichts anderes sind, als Faltungen des Schmelzorganes und der Zahnleiste. Ja, ist denn aber nicht jede Zahnanlage im Grunde genommen eine Faltung resp. Einstülpung der Zahnleiste ? Sicherlich! Dasselbe gilt aber auch von den prälaktealen Resten. Auch sie werden körperlich in jedem Falle Faltungen der Zahn- leiste resp. des Schmelzorganes repräsentieren und dieses um so mehr, als sie infolge ihrer geringen Grösse von vornherein als unbedeutende Anhängsel der Zahnleiste erscheinen. Das zeigen meine Rekonstruktionen, das zeigt auch diejenige der Zahnleiste von Sorex von Arnbäck-Christie-Linde. Über die Natur dieser Gebilde kann uns die Rekonstruktion daher allein niemals Aufschluss liefern, es wird nur die histologische Untersuchung unter Berücksichtigung sämtlicher Nebenumstände ein möglichst sicheres Urteil ermöglichen können. Sprechen aber diese für die prälakteale Natur der fraglichen Befunde, dann ist es selbstver- ständlich vollkommen gleichgültig, ob dieselben sich in typischer Schmelzkeimform oder nur als Knospen resp. Ausstülpungen der Zahnleiste repräsentieren. Die Existenz prälaktealer Anlagen nur dann als bewiesen anzuerkennen, wenn sie in einwandfreier Schmelzkeimform nachgewiesen werden, wie Ahrens verlangt, ist wohl kaum angängig. Ein derartiges Verfahren würde auch unseren Untersuchungsmethoden ein recht schlechtes Zeugnis ausstellen, wozu nach Lage der Sache gar keine Veranlassung vorliegt. Es erscheint mir ferner durchaus unberechtigt, aus der Untersuchung nur einer Form, noch dazu einer Form, die aus mannigfachsten Gründen zu diesem Zwecke so ungeeignet ist, wie der Mensch, derartige wichtige allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen, wie Ahrens es tut. Allerdings erklärt er in seiner gegen mich gerichteten Polemik, dass er neuerdings seine Unter- suchungen auch auf Kaninchen, Meerschweinchen, Ratte und Schwein ausgedehnt und seine am Menschen gemachten Be- obachtungen nur hat bestätigen können. Nun sind aber die drei Nagetiere so hochspezialisierte Formen, dass irgendwelche positiven Ergebnisse von vornherein nicht zu erwarten waren. Was aber Sus anbetrifft, so stehen seine Resultate im Gegensatz zu Bilds und meinen eigenen Ergebnissen, und wie ich schon vorher bemerkte, müsste ihre Unrichtigkeit doch in anderer überzeugenderer Weise 22 BFAdN OFT: bewiesen werden, als durch eine derartige kategorische Erklärung, die in dieser Form und in dieser Kürze wenig massgeblich ist. Auf solch einfache Weise ist die Frage der Konkreszenz- theorie wohl kaum zu lösen. Im übrigen beruht ja auch die Konkreszenztheorie nicht allein auf den vorher geschilderten entwicklungsgeschichtlichen Befunden, sondern es liegen auch noch andere Tatsachen vor, die derartige Vorgänge bei der stammesgeschichtlichen Entwicklung des Gebisses wahrscheinlich machen. Trotzdem bin ich weit davon entfernt, die ganze Frage etwa als erledigt zu betrachten; gerade die Entwicklungsgeschichte des Gebisses bietet eine Fülle von Problemen, deren restlose Lösung kaum jemals gelingen dürfte und wie auf vielen anderen Gebieten werden wir uns auch hier mit dem wenig tröstlichen „ignorabimus“ bescheiden müssen. Immerhin muss jeder Versuch, Licht in das Dunkel zu bringen, mit Freuden begrüsst werden, und in diesem Sinne verdienen auch die Arbeiten Bolks, der sich in letzter Zeit dankenswerter- weise viel mit diesem Thema beschäftigt hat, unser grösstes Interesse, wenn auch ihre positiven Ergebnisse zunächst anfechtbar erscheinen. Das gilt auch für den Inhalt seines auf der letzten Anatomen-Versammlung gehaltenen Vortrages über die Struktur des Reptiliengebisses und die Beziehungen desselben zum Säuge- tiergebiss, der sich gleichfalls mit allen diesen Fragen befasst. Und ich muss von vornherein erklären, dass ich auch dieses Mal den An- schauungen des verdienstvollen Autors leider nicht ganz folgen kann. Bolk hat zum besseren Verständnis der Ontogenie der Primatenzähne die Entwicklung des Reptiliengebisses studiert und ist dabei zu folgenden Ergebnissen gelangt. Das Kiefergebiss der Reptilien — und allein um dieses handelt es sich hierbei — besteht im ausgebildeten Zustande nur aus einer einzelnen Reihe von Zähnen. Bolk nennt ein derartig einreihiges Gebiss ein mono- stichisches. Bolk will nun nachgewiesen haben, dass diese Ein- reihigkeit nur scheinbar ist und dass das Gebiss in Wirklichkeit distichisch ist, d. h. es besteht aus zwei Reihen von Zähnen, einer äusseren Reihe, welche Bolk „Exostichos“ und einer inneren Reihe, welche er „Endostichos“ nennt. Die Gründe für diese Auffassung entnimmt er aus der Öntogenie. Untersucht man z. B. den Öberkiefer eines Embryo von Crocodilus auf Frontalschnitten, so findet man, dass die Zahn- Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. 28 anlagen sich der Zahnleiste gegenüber verschieden halten, indem einmal sich die Zahnpapille von buccal einstülpt (laterale Anlage). ein andermal sich am freien Rande der Zahnleiste bildet (terminale Anlage). In ihrer Entwicklung ist die erstere Art von Zahn- anlagen ein wenig weiter vorgeschritten. Auffallend ist nun, dass beide Arten alternieren, indem auf eine laterale eine termi- nale, oder — das möchte ich schon hier besonders hervorheben — auf eine weiter entwickelte, eine in der Entwicklung zurück- gebliebene folgt. Bolk kann sich nun nicht der Auffassung anschliessen, wonach die weniger weit entwickelte oder die terminale Anlage der Endostichos nach seiner Terminologie die Ersatzdentition der lateralen Anlagen, der Exostichos ist, sondern er hat festgestellt, dass sich die Anlagen der einen Reihe zwischen zwei solche der anderen Reihe einschieben. Sämtliche Anlagen sind einander gleichwertig und stellen eine erste Generation dar. Dass die Zähne sich später in einer einzigen Reihe finden, ist eine sekun- däre Erscheinung. In seiner ersten Anlage stellt somit das (rebiss vom Krokodil nicht ein einreihiges, sondern ein zwei- reihiges System dar und die Elemente beider Reihen alternieren regelmässig. Das scheinbar monostichische Gebiss dieses Reptils ist aus einer distichen Grundform hervorgegangen. Und die beiden keihen dieses Systems verhalten sich als eine äussere und eine innere, stellen einen „Exostichos“ und einen „Endostichos“ dar. Bolk hat dann weiter den schon früher von Röse gemachten Befund bestätigen können, dass an der Ursprungsstelle der Schmelz- leiste eine Reihe kleinster Zähnchen direkt aus dem Mundhöhlen- epithel entsteht, die, ohne zur Funktion gelangen, wieder resorbiert werden. Röse hat dieselbe als die erste Zahngeneration gedeutet. Bolk fasst sie als die letzten Reste einer dritten Zahnreihe auf, welche ursprünglich lateral von dem Exostichos verliefen und die er „Parastichos“ nennt. Seiner Auffassung nach besteht also das Gebiss vom Krokodil und dasjenige einer Reihe anderer Reptilien bei seiner ersten Anlage aus drei einander parallel verlaufenden Zahnreihen, wovon jedoch die äusserste Reihe — der Parastichos — verschwindet, ohne ihre erste Zahngeneration zu funktionsfähigen Elementen zu entwickeln. Als Beweis für seine Auffassung bildet dann Bolk noch das prämaxillare Gebiss eines erwachsenen Tupinambis nigropunctatus DA P. Adloff: ab, in welchem regelmässig ein intaktes Zähnchen alterniert mit einem zum Teil zerstörten Zähnchen und dessen Ersatzzahn, und er führt Hatteria an, bei welcher gleichfalls die Zähne in zwei Reihen zur Anlage kommen. Somit ist bei den Reptilien ein dreireihiges (rebiss vorhanden. Der Parastichos besteht nur aus rudimentären Elementen, welche niemals zur Funktion gelangen und ohne Nachfolger zugrunde gehen. Zwei Reihen treten in Funktion, eine äussere — der Exostichos — und eine innere — der Endostichos —, die Elemente beider Reihen werden bei der Mehrzahl der Reptilien durch nach- folgende (Generationen fortwährend ersetzt. Bolk glaubt nun, dass dieser „Tristichismus“ von reptilien- artigen Stammformen auf die Säugetiere vererbt ist. Den zwei Zahngenerationen der Säugetiere kommt nicht der Wert von Generationen zu, sondern sie sind identisch mit den zwei Reihen des Reptiliengebisses und zwar das Milchgebiss mit dem Exostichos und das bleibende Gebiss mit dem Endostichos, während das sogenannte prälakteale Gebiss dem Parastichos entspricht. Während also bei den Säugern die äussere Zahnreihe durch die innere ersetzt wird — es ist ein Reihenwechsel — bleiben bei den Reptilien beide Reihen das ganze Leben hindurch funktionierend und nur die einzelnen Elemente werden ersetzt, es ist ein Elementarwechsel. Somit ist der Diphyodontismusder Säuge- tiere prinzipiell etwas ganz anderes als der Polyophyodontismus der Reptilien. Die Frage aber, was aus den Zahngenerationen der Reptilien geworden ist, beantwortet Bolk dahin, dass jeder Zahn — Bolk denkt speziell an die Primatenzähne -—— aus der Konkres- zenz zweier Zahngenerationen hervorgegangen ist und zwar ist an jedem Zahn ein Aussenglied und ein Innenglied zu unterscheiden. Jedes von diesen präsentiert eine Generation des Reptiliengebisses. Die Urform des Säugerzahnes ist aber nicht der einfache Kegelzahn, sondern ein trikonodonter Zahn. Solche trikonodonte Zähne besassen schon die Cynodontia, jene paläontologische Form, welche sich auch in anderen morphologischen Verhältnissen des Schädels den Säugern am meisten nähert. Der Säugerzahn, insbesondere der Primatenzahn, ist also entstanden zu denken durch Konkreszenz zweier Generationen von trikonodonten Reptilienzähnen. Die Komplizierung jener Zähne in longitudinaler Richtung ist somit von den Reptilien — wo sie Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. 25 durch Differenzierung entstanden ist — auf die Säugetiere ver- erbt worden, die Komplizierung der Krone in transversaler Richtung ist die Folge der Konkreszenz von zwei Zahngenerationen, wodurch die Entstehung des Säugerzahnes aus dem Reptilienzahn vollendet wurde. Eben durch diese Konkreszenz wurde die Multiplizität der Zahngenerationen unterdrückt und so konnte man sagen: der Polyphyodontismus der Reptilien ist untergegangen in der Kompliziertheit der Zahnkrone der Säuger in transver'ssalem Sinne.“ Gegen diese Auffassung habe ich folgende Bedenken geltend zu machen. Zunächst scheint es mir überflüssig und nur geeignet zu sein, Verwirrung herbeizuführen, wenn Bolk einen Unterschied kon- struiert zwischen lateralen und terminalen Anlagen. Die lateralen, in ihrer Entwicklung auch etwas vorgeschritteneren Anlagen sind zeitlich älter, während die am freien Ende der Schmelzleiste entstehenden Anlagen jünger sind. Wir können also auch sagen, im Gebiss der Reptilien alterniert eine etwas ältere Anlage mit einer Jüngeren. Trotzdem hat Bolk darin aber unbedingt recht, dass letztere nicht etwa dazu bestimmt ist, die erstere zu ersetzen. Das geht schon ohne weiteres daraus hervor, dass auch bei den weiter entwickelten Anlagen ein freies Schmelzleistenende vor- handen ist, was nicht der Fall sein könnte, wenn die jüngere Anlage jene zu ersetzen bestimmt wäre. Die Anlagen sind in der Tat gleichwertig und stellen eine Generation dar, deren Einzelglieder nur ungleich entwickelt sind. Dagegen kann ich nicht mit Bolk übereinstimmen, wenn er fortfährt: dass die Zähne sich später in einer einzigen Reihe finden, ist eine sekundäre Erscheinung, was ja auch der soeben betonten Gleichwertigkeit direkt widersprechen würde Ich glaube vielmehr, dass gerade das Alternieren der Zahnanlagen, die verschieden weit vorgeschrittene Entwicklung derselben eine sekundäre Erscheinung ist. Mir scheint, es liegt hier lediglich eine sehr zweckmässige Einrichtung vor. Wären nämlich alle Anlagen stets gleich weit entwickelt, so würde das Tier ja später beim Zahnwechsel mit einem Male sämtlicher Zähne beraubt werden und dem Hunger- tode preisgegeben sein. Aus diesem Grunde ist immer alter- nierend ein Zahn in seiner Entwicklung seinen Nachbarn voraus, so dass beim Wechsel stets nur eine Hälfte sämtlicher Zähne ausser Funktion gesetzt ıst. Das zeigt ja sehr schön das ab- 26 1, Aalılkaamıra gebildete fertige Gebiss von Tupinambis nigropunctatus, dieselbe Erscheinung sehen wir aber auch im Gebiss von Lacerta agilis und dieselben Verhältnisse finden wir schliesslich auch im Zahn- system der Säugetiere, bei denen der Ersatz der Milchzähne ja auch alternierend vonstatten geht, so dass ein Teil des Gebisses stets funktionsfähig ist. Wenn dann Bolk ferner sagt, dass er die rudimentären, direkt im Mundhöhlengewebe von der labialen Seite der Schmelz- leiste entstehenden Zähnchen nicht als die erste Zahngeneration auffasst, sondern in ihnen die letzten Spuren einer dritten Zahn- reihe sieht, so muss ich offen gestehen, dass ich diese Auffassung nicht recht verstehe, um so weniger, als ich schliesslich einen Unterschied zwischen seiner Ansicht und derjenigen der früheren Autoren gar nicht feststellen kann. Nur die Bezeichnung dritte Zahnreihe ist irreführend, da dieselbe hiernach hinter der zweiten, dem Endostichos, rangieren müsste. Das ist aber nicht der Fall, sondern sie liegt lateral von dem Exostichos und stellt somit ein älteres Element der Bezahnung dar. Ob man im übrigen sagen kann, dass diese rudimentären Zähnchen, die niemals zur Funktion gelangen, auch ohne Nachfolger zugrunde gehen, scheint mir nicht so ohne weiteres richtig zu sein. Auch sie stehen in Be- ziehung zur Schmelzleiste und den nachfolgenden Generationen. Schon bei Selachiern liegen diese ersten Zähnchen, wie Laaser überzeugend nachgewiesen hat, am Übergang vom Mundhöhlen- epithel zur Zahnleiste, also an der lateralen Seite derselben. Sie stellen also in Wahrheit die erste Generation dar. Es scheint mir auch jeder sicheren Begründung zu entbehren, wenn Bolk den sogenannten Exostichos und den Endostichos als zwei Reihen bezeichnet, die bei der Mehrzahl der Reptilien durch nachfolgende (Generationen fortwährend ersetzt werden, und somit diese beiden Reihen aus den nachfolgenden (Generationen gewissermassen heraushebt. Abgesehen davon, dass er sich mit sich selbst zu- nächst in Widerspruch setzt, indem er S. 61 ausdrücklich hervor- hebt, dass sämtliche Anlagen der beiden Reihen einander gleich- wertig sind und eine erste Generation darstellen, wäre zunächst zu erwägen, ob man hier überhaupt von Reihen sprechen darf. Als reihenweises Auftreten bezeichnen wir das Auf- treten weniger, aber in strenger Reihenfolge auf- einander folgender Zahngenerationen. „Das reihenweise Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. 27 Auftreten, d. h. die schärfere, zeitliche und räumliche Absonderung der Dentitionen hat sich erst allmählich ausgebildet und zwar als unmittelbare Folge der höheren Differenzierung, der schärferen Sonderung der einzelnen Komponenten des Gebisses“ (Leche). Halten wir an dieser Definition fest, so ist es klar, dass auch in diesem Sinne hier von Reihen eigentlich kaum die Rede sein kann. Meiner Auffassung nach sind die in Frage stehenden Ver- hältnisse folgendermassen einwandfrei zu deuten. Wir haben zunächst den sogenannten Parastichos Bolks, der die erste (reneration der Reptiliendentition darstellt und sich noch ohne Vermittlung der Zahnleiste am Ausgangspunkt derselben entwickelt; Exostichos und Endostichos bilden die zweite Generation. Die Anlagen dieser Generation sind alternierend ungleichmässig entwickelt, um den Zahnwechsel für das erwachsene Tier alter- nierend zu gestalten und die Nahrungsaufnahme nicht zu beein- trächtigen. Ihr folgen die weiteren (Generationen, alle einander gleichwertig, Produkte derselben einen Zahnleiste. Akzeptieren wir diese Auffassung, so fallen natürlich auch alle Schlussfolgerungen, die Bolk gezogen hat und für die an und für sich eine ausreichende Begründung nicht vorlag. Es erscheint mir vor allen Dingen sehr gewagt, so zweifelhafte Momente, wie die Lagerung der einzelnen Zahnanlagen und ins- besondere die alternierende Stellung der Milch- und der bleibenden Zähne im Säugetiergebiss zur Stütze seiner Hypothese heranzu- ziehen und derselben besondere Wichtigkeit beizumessen. Bolk nimmt ohne weiteres an, dass das Zusammentreten des Exostichos und Endostichos zu einer Reihe ein sekundär zustande gekommener Zustand ist. Mir scheint es, wie ich schon vorher ausführte, viel natürlicher, gerade das Gegenteil anzunehmen und die Tat- sache, dass die Zähne bei Reptilien alternierend gewechselt werden, als eine sekundär erworbene Anpassungserscheinung auf- zufassen. Ebenso kann meines Erachtens aber auch die alter- nierende Stellung der Milch- und bleibenden Zähne bei dem Säugetier lediglich sekundär durch die Raumverhältnisse bedingt sein. Dieses räumliche Alternieren erscheint mir auch von weit geringerer Bedeutung, als das zeitliche Alternieren, die in ver- schiedenem Tempo erfolgende Entwicklung und Fertigstellung der einzelnen Anlagen des Milchgebisses. Gerade sie, keines- wegs die alternierende Stellung der Milch- und 28 e Pr AdloHT.: Ersatzzähne ermöglicht ebenso wie bei Reptilien auch bei Säugetieren einen Zahnwechsel, der nicht auf einmal, sondern alternierend resp. successive ‚vonstatten geht. Demgemäss entsprechen auch die einzelnen alternierend aufeinanderfolgenden Anlagen des Exostichosund Endostichos den verschieden weit entwickelten Anlagen des Milchgebisses, also Exo- stichos + Endostichos = Milchgebiss, während das bleibende Gebiss durch die folgenden Generationen der Reptilien repräsentiert wird. Ebensowenig kann ich auch die ferneren Gründe, die Bolk für seine Ansicht anführt, als stichhaltig anerkennen. Jeden einzigen von ihnen vermag ich durch andere ersetzen, die ebenso treffend für die gegenteilige Auffassung zu sprechen scheinen. Es scheint mir daher auch absolut keine Ursache vorzuliegen, die alte Anschauung aufzugeben. Die drei ersten Zahngenerationen der Reptilien sind überhaupt nicht mit den Dentitionen der Säugetiere zu homologisieren. Diese letzteren entsprechen nicht einem Abschnitte aus der vielreihigen Zahnleiste, sondern der ganzen Zahnleiste der tieferstehenden Wirbeltiere samt ihren vielen Zahnreihen. Diese Auffassung scheint mir vorläufig noch am natürlichsten zu sein und es liegen bis jetzt auch keine Tatsachen vor, die im Widerspruch mit ihr stehen. Was nun die von Bolk vertretene Auffassung anbetriftt, nach der die äusseren und inneren Höcker der Säugetierzähne je eine Reptiliengeneration repräsentieren, so möchte ich daran erinnern, dass schon vor Jahren von Schwalbe eine ähnliche Ansicht vertreten worden ist. Auch ich selbst habe mich zu dieser Frage mehrfach geäussert; ich weiche aber auch hierin prinzipiell von Bolk ab. Auch nach meiner Auffassung sind sämtliche Zähne — dies gilt besonders für die Primatenzähne — nur Umwandlungen einer Grundform. Als solche habe ich aber nicht eine trikonodonte, sondern eine trituberkuläre angenommen mit zwei Aussenhöckern und einem Innenhöcker. Es lassen sich hierfür mancherlei Belege anführen, auf die näher einzugehen hier zu weit führen würde. Nur auf einen Punkt möchte ich kurz hinweisen. Ich habe schon an anderer Stelle ausgeführt, dass auch bei den Schneidezähnen des Menschen, insbesondere Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. 29 des diluvialen Menschen und bei den Anthropoiden diese tri- tuberkuläre Grundform bisweilen noch deutlich in Erscheinung tritt. Mir liegt nun ein Macacus-Schädel vor, in welchem der rechte Iı in der Tat in drei einzelne Zähnchen zerfallen ist und dieselbe Beobachtung hat kürzlich Hübner bei einem Herero- Schädel gemacht. Ich möchte diesen beiden Befunden gewiss nicht ein besonderes Grewicht beilegen, im Zusammenlhange mit den anderen Tatsachen der vergleichenden Anatomie kann ich dieselben aber auch nicht für ganz bedeutunglos halten. Diese tri- tuberkuläre Form wäre dann durch Konkreszenz entstanden. Sie ist ja auch als Ausgangspunkt für fast sämtliche Säugetierzähne angenommen und ihre weitere Entwicklung in die so verschieden- artigen, zum Teil hoch komplizierten Zahngebilde der heutigen Placentalier ist besonders von den amerikanischen Forschern Cope und Osborn nachgewiesen worden. Es geht aber daraus hervor und dieses ist auch von den Anhängern der Konkreszenstheorie stets zugegeben worden, und ich habe es schon früher betont, dass in ihnen auch stammesgeschichtlich selbst erworbenes Material vorhanden ist. Vom trituberkulären Zahn an befinden wir uns also in gewissem Sinne auf gesicherten Bahnen. Dagegen ist die Entstehung des trituberkulären Zahnes aus dem trikonodonten Zahn meines Erachtens nur mit Hilfe der Konkreszenztheorie vorstellbar, während für letzteren die Möglichkeit seiner Ent- stehung auf dem Wege der Differenzierung!) zugegeben werden muss. Allerdings liegen heute Befunde vor, die eine Verschmelzung ‘) In seiner Polemik gegen mich wirft mir Ahrens auch besonders vor, dass, während ich bis 1910 angenommen habe, dass zwar der Tri- tuberkularzahn der Säugetiere durch Konkreszenz entstanden sei, bei der Entstehung der komplizierten Zahnformen aber auch Differenzierungsvorgänge mitgespielt haben, für mich heute jede Differenzierung unwahrscheinlich sei. Ich war über diese Behauptung zunächst etwas verblüfft, habe dann aber, als ich daraufhin mein kurzes Referat „Über prälakteale Zahnanlagen“ in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift noch einmal durchsah, konstatieren müssen, dass ich dort in der Tat dieses gesagt habe. Selbstverständlich handelt es sich aber um einen lapsus calami, den auch Ahrens als solchen hätte erkennen müssen, wenn er nicht allein dieses dürftige Referat, sondern meine ausführlichen Arbeiten gekannt hätte. Ich meinte nicht Differenzierung im allgemeinen, sondern Differenzierung infolge funktioneller Anpassung. Ahrens meint nun weiter, dass man den Begründern der Differenzierungs- theorie Unrecht tut, wenn man mit einem derartigen Grunde die Un- richtigkeit ihrer Theorie beweisen will; er nimmt also augenscheinlich an, 30 PB. Ad ort: auch hintereinander gelegener Zähne viel wahrscheinlicher er- scheinen lassen. Einige derselben sind schon vorher erwähnt worden und ich möchte bei dieser (selegenheit noch auf eine andere Tatsache aufmerksam machen. Es ist unbestreitbar und in der zahnärztlichen Literatur schon oft hervorgehoben worden, dass das Milchgebiss in be- sonders hohem Grade zu Verschmelzungen in longitudinaler Richtung neigt, während im bleibenden Gebiss nur äusserst selten derartige Beobachtungen gemacht worden sind. Ich habe dieses auch für Affen bestätigen können: es liegen mir eine Reihe derartiger Verschmelzungen im Milchgebiss derselben vor. Ist dieses nicht sehr bemerkenswert im Hinblick auf die Tat- sache, dass das Milchgebiss eine ältere Zahngeneration mit ursprünglichem Gepräge darstellt und sich auch sonst, in vielen Punkten viel primitiver verhält als die bleibende Dentition? Sollte hier nicht eine Reminiszenz vorliegen an frühere Ereignisse der Stammesgeschichte, während die moderne bleibende Reihe jede Erinnerung daran verloren hat? Zum Schlusse möchte ich noch meiner Überzeugung Ausdruck geben, dass die Oynodontier als Ausgangsform des Säugetiergebisses meines Erachtens nicht in Frage kommen, wenn sie auch sonst in anderen Beziehungen den Säugern sehr nahe stehen mögen. Ihr Gebiss ist viel zu sehr spezialisiert, als dass sich aus ihm die Mannigfaltigkeit des Säugetiergebisses mit seinen zum Teil sehr primitiven Formen hätte herausbilden können. Aber vielleicht sind in ihren Ahnen auch diejenigen der Säugetiere zu suchen. Nachtrag. Nach Drucklegung meiner Abhandlung ist eine ausführliche Arbeit von Bolk') erschienen, auf die ich wegen der engen Beziehungen zu den vorstehenden Ausführungen, wenn auch nur kurz. eingehen muss. Eine eingehende Stellungnahme zu der dass ich der Urheber dieser Idee bin. Leider muss ich diese Ehre ablehnen! Wenn Ahrens dieOÖsbornschen Arbeiten gelesen hätte, so wäre ihm nicht unbekannt geblieben, dass dieser Einwurf von Poulton stammt und von Osborn selbst besonders anerkannt ist. Die Differenzierungstheorie als solche wird im übrigen durch diesen Einwand selbstverständlich nicht berührt. ') Bolk, Prof. Dr. L., Odontologische Studien, I. Die Ontogenie der Primatenzähne, Versuch einer Lösung des Gebissproblems. Jena, Gustav Bisichrerz191: Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. al wichtigen und inhaltsreichen Publikation behalte ich mir vor. Bolk hat an einem ausserordentlich ‚reichhaltigen, schier be- neidenswerten Material eine Untersuchung der (rebissentwicklung der Primaten vorgenommen und ist zu folgenden bemerkenswerten Resultaten gekommen: Er weist zunächst darauf hin, dass die Zahnanlagen, die als Anschwellungen am freien Rande der „generellen“ Zahnleiste (Zahn- oder Schmelzleiste der Autoren) entstehen, mit letzterer noch durch eine zweite Leiste, die sogenannte laterale Schmelz- leiste, in Verbindung stehen. Legt schon dieses Vorkommen von zwei Schmelzleisten den Gedanken nahe, dass der Primatenzahn eine Doppelbildung ist, aus einer buccalen und lingualen Kom- ponente zusammengesetzt, so erlangt diese Behauptung festen Grund durch den Nachweis, dass auch das Schmelzorgan durch ein bindegewebiges Septum in zwei Teile, einen buccalen und einen lingnalen, geteilt ist, und dass die Bildung der Schmelz- pulpa in zwei Zentren stattfindet. Bolk schliesst daraus. dass das Schmelzorgan des Primatenzahnes ein zusammengesetztes Gebilde ist. es besteht aus zwei eng aneinander geschlossenen Einzelorganen. welche jedes mittelst einer eigenen Schmelzleiste mit der generellen Zahnleiste zusammenhängen. Durch Vergleich dieser Beobachtungen mit entsprechenden Bildern bei Reptilien kommt dann Bolk schliesslich zu dem bedeutungsvollen Schluss, dass das Schmelzorgan der Primaten homolog ist mit zwei Schmelz- organen der Reptilien, welche in bucco-lingualer Richtung neben- einander lagern. Diese zwei Schmelzorgane sind identisch mit zwei Reptilienzähnen, also muss der Primatenzahn aus einer Konkreszenz zweier, zu zwei verschiedenen Generationen gehörigen veptilienzähnen entstanden sein. Der Säugerzahn im allgemeinen ist also durch Konkreszenz von zwei Reptilienzähnen entstanden, welche einander als eine ältere Generation und eine jüngere ver- wandt waren, erstere war buccal von der letzteren gelagert. Jeder Leser wird die Übereinstimmung dieser Schluss- folgerungen mit der von mir soeben vertretenen Auffassung an- erkennen müssen. Bolk macht auch sogar auf das von mir auch in dieser Arbeit reproduzierte Bild (Fig. 7a und b) auf- merksam, das vollständig mit den von ihm gegebenen Abbildungen übereinstimmt und fährt wörtlich weiter fort: „Und merkwürdig ist es, wie nahe der Autor der richtigen Interpretation kommt. 32 DIN Ella irırs Er kommt auf die Entstehung des Säugerzahnes durch Beteiligung mehrerer Dentitionen von Reptilien zu sprechen und fährt dann folgenderweise fort: ‚Es sind neuerdings eine Reihe von Unter- suchungen veröffentlicht worden, die zum mindesten die Beteiligung mehrerer Dentitionen an dem Aufbau eines Zahnes ausser allen Zweifel zu stellen scheinen. Textfig. 9 (die diesbezügliche Figur in der Adloffschen Arbeit. Ref.) zeigt einen derartigen Befund. Es ist der Schmelzkeim des unteren Prämolaren von Spermophilus leptodactylus. Labial desselben liegt eine der sogenannten prä- laktealen Dentition angehörige Anlage, die sich teilweise mit ihm in Verbindung befindet.“ Man sieht, die Übereinstimmung mit Bolk ist eine voll- ständige, bis auf den Ausdruck „prälakteale Dentition*“. Und dasselbe ist der Fall mit den von Kükenthal ge- schilderten Beobachtungen bei der Anlage der Backzähne von Manatus. Bolk sagt hierzu selbst, dass, wenn man in den dies- bezüglichen Sätzen von Kükenthal jedesmal statt „prälakteale Zahnleiste“ die in dieser Arbeit inaugurierte Bezeichnung laterale Schmelzleiste stellt, sich nicht nur die Beschreibung, sondern auch die auf Grund der Beobachtung gezogene Schlussfolgerung vollkommen deckt. Ob übrigens die Bezeichnung „laterale Schmelz- leiste“ treffend ist und ob überhaupt die Vorstellung, die sich Bolk von diesen Vorgängen macht, richtig sind, erscheint mir noch zweifelhaft. So leugnet Bolk bekanntlich das Vorkommen freier prälaktealer Anlagen. Da er aber zugibt, dass der von mir Fig. 7 beschriebene, in Verbindung mit der funktionierenden Anlage befindliche prälakteale Rest identisch ist mit seiner lateralen Schmelzleiste, und da ferner die Identität dieses Restes mit der freien prälaktealen Anlage bei dem oberen P (Fig. 5 und 6) unzweifelhaft ist, so scheint mir allein hieraus die Un- richtigkeit der Bolkschen Annahme ohne weiteres hervorzugehen. Bezüglich der Bedeutung des Ausdrucks „prälakteale Den- tition“ scheint nun Bolk eine durchaus irrtümliche Ansicht zu hegen, die es vielleicht erklärlich macht, dass er seine Auffassung für vollkommen neu und abweichend von den bisherigen An- schaunngen hält. Er scheint nämlich anzunehmen, dass all- gemein die prälakteale Dentition als Säugetier-Dentition auf- gefasst wird, die die Mammalia als solche noch besessen und im weiteren Verlaufe der Stammesgeschichte verloren haben. Das 8) Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. b) ist selbstverständlich ein Irrtum! Diese Anschauung hat meines Wissens nur Leche vertreten, der in dieser Frage ja eine ganz besondere Stellung einnimmt. Ich wenigstens habe von jeher auf dem Standpunkt gestanden, dass die prälakteale Dentition keine Säugetierdentition darstellt, sondern nur ein Besitztum ihrer Vor- fahren gewesen ist. Schon 1905 in einer Polemik gegen Stach, der denselben Irrtum hegte, habe ich meine Auffassung nachdrücklich vertreten. Ich sagte dort') wörtlich: „Was nun ferner die prälaktealen Reste anbelangt, so habe ich niemals den Standpunkt vertreten, dass die prälakteale Zahnreihe als Säugetierdentition aufzufassen sei. Im Gegenteil — ich habe stets betont, dass wir es hier nur mit den Überresten von Vorfahrenzahnreihen zu tun haben. Nur die sogenannte Milch- und die permanente Zahnreihe dürfen als echte Säugetierdentitionen angesprochen werden.“ Unter diesen Umständen ist wirklich nicht ersichtlich, welcher prinzipielle Unterschied zwischen meiner und der Bolkschen Auffassung vorliegt. Bolk bezeichnet die von mir prälakteale Reste genannten labialen Fortsätze der Schmelzleiste als laterale Schmelzleiste und er folgert weiter, dass der Säugetierzahn aus der Verschmelzung zweier Reptilienzähne, welche einer älteren und einer jüngeren Generation angehören, entstanden ist, während nach meiner Auffassung, wie ich noch Eingangs dieser Arbeit ausgeführt habe, nebeneinander liegende Keime verschiedener Dentitionen zur Bildung eines Zahnes zusammengetreten sein sollen. Der einzige Unterschied ist wohl der, dass Bolk in der lateralen Schmelzleiste einen normalen Bestandteil der Zahnanlage sieht, während ich zwar allgemein den Säugetierzahn als ein Ver- schmelzungsprodukt auffasse, ein entwicklungsgeschichtliches Sicht- barwerden dieses Vorgangs aber nur unter gewissen Bedingungen angenommen habe. Auch habe ich es mit Absicht vermieden, von der Konkreszenz zweier Reptilienzähne zu sprechen. Auch in dieser Beziehung huldige ich der alten Auffassung, wonach die beiden Dentitionen der Säugetiere in nuce sämtlichen Zahnreihen ihrer Vorfahren entsprechen. Wenn wir nun die prälakteale Dentition nicht gerade der ersten Zahnreihe derselben gleichsetzen, so ist es !) Adloff, P., Zur Entwicklung des Säugetiergebisses. Anat. Anz., XXVI. Bd., Nr. 11 und 12, 1905. Archiv f. mikr. Anat. Bd.82. Abt. I. 3 54 PHAd10otTT: klar, dass auch in ihr schon das Material mehrerer Reptilien- dentitionen — der Begriff Dentition im weitesten Sinne gefasst — enthalten sein muss. Im übrigen scheint mir diese Frage auch nur von untergeordneter Bedeutung zu sein. Während ich aber für die Entstehung des Säugetierzahnes auch eine Verschmelzung in longitudinaler Richtung annehme und hierfür auch, wie mir scheint, einige Gründe beigebracht habe, lehnt Bolk dieses ab und nimmt an, dass derselbe aus der Konkreszenz zweier trikonodonter Zähne verschiedener Dentitionen hervorgegangen ist, die ihrerseits dann durch Difterenzierung ent- standen sein sollen. Der Urtypus des Primatenzahnes wäre also ein sechshöckeriger Zahn und die heutigen einfacheren Formen wären nicht durch Differenzierung, sondern durch Rückbildung zustande gekommen. Ich habe schon früher ausgeführt, dass ich dieser Ansicht nicht beitreten kann und vielmehr einen durch Konkreszenz entstandenen trituberkulären Zahn als die Urform annehme, und zwar nicht allein für die zusammengesetzten Zähne (Prämolaren, Molaren), sondern auch für die einfacher gebauten Eck- und Schneidezähne. Ausser Gründen vergleichend-anatomischer Natur bestimmte mich dazu die Tatsache, dass der trituberkuläre Zahn als die Ur- form sämtlicher Säugetierzähne mit Ausnahme der Multituber- kulaten paläontologisch belegt ist und dass die allmähliche Ent- stehung der komplizierten Zahnformen aus diesem Dreihöckerzahn zum Teil in überzeugendster Weise nachgewiesen ist. Ebensowenig teile ich die Anschauung Bolks über die Beziehung der Säugetierdentitionen zu den Reptilienzahnreihen, die übrigens auch nicht neu ist, sondern in der alten Baume- schen Theorie vom Scheindiphyodontismus der Säugetiere bereits einen Vorgänger besitzt. Auch hierüber habe ich mich schon vorher auf Grund des von Bolk gehaltenen Vortrages ausführ- licher geäussert und meine Bedenken gegen diese Hypothese kurz geltend gemacht. Weiter möchte ich an dieser Stelle diese Frage nicht aufrollen. Dagegen muss ich noch auf einen anderen Punkt näher eingehen, der von besonderer Wichtigkeit ist, weil er in Beziehung steht zu der Hypothese Bolks von der Differenzierung des Primatengebisses. Die von mir festgestellten und als die letzten Reste der ver- loren gegangenen Prämolaren beschriebenen rudimentären Schmelz- Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Zahnsystems. 35 keime beim Menschen (Textfig. 1—4 u. Tafelfig. 3 u. 4) betrachtet Bolk überhaupt nicht als Zahnanlagen, sondern hält sie für die Reste einer bei Reptilien vorhandenen Zahndrüsenleiste. Ich lasse es nun ganz dahingestellt sein, ob eine derartige Zahndrüsenleiste bei Säugetieren überhaupt vorkommt und ob insbesondere die von Bolk gefundenen und abgebildeten Gebilde in diesem Sinne zu deuten sind: hierüber werden noch weitere Untersuchungen not- wendig sein. Jeder aber, der meine Abbildungen mit denjenigen Bolks vergleicht, wird ohne weiteres zugeben müssen, dass kein einziges der von Bolk gegebenen Bilder mit meinen Mikro- photogrammen übereinstimmt. Eine Ausnahme macht nur die Fig. 52, die einen Schnitt durch die Anlage des ersten oberen Milchmolaren bei Macacus darstellt. Bolk hat also offenbar die von mir gemachten Befunde beim Menschen gar nicht gesehen, sonst hätte er doch wohl unter allen Umständen möglichst identische Bilder zur Reproduktion ausgewählt. Er scheint mir daher auch nicht berechtigt zu sein, ein Urteil über dieselben abzugeben und ich muss meine Deutung voll und ganz aufrecht erhalten. Die von ihm als rudimentäre Zahndrüsenleiste (Nebenleiste) im Oberkiefer beschriebenen labialen Fortsätze der Schmelzleiste habe ich übrigens auch gesehen, ich halte dieselben aber mit meinen Befunden im Unterkiefer nicht für identisch und habe sie daher auch in diesem Zusammenhange nicht erwähnt. Bolk motiviert die Publikation seiner Arbeit mit der Be- merkung, dass durch meine jüngste Abhandlung die Anschauung über die Entwicklungsgeschichte unseres Gebisses in falsche Bahnen gelenkt zu werden droht. Und weiter meint er, dass die von ihm mitgeteilten Tatsachen für sich von genügender Beredsamkeit sind, um die hypothetischen Betrachtungen, die Adloff der Ontogenie der Primatenzähne widmet, zu widerlegen. Demgegenüber bin ich doch gezwungen, festzustellen, dass die Arbeit Bolks in ihrem Hauptteil lediglich eine Bestätigung der von mir seit 15 Jahren vertretenen Anschauung über die Entstehung der komplizierten Zahnformen bildet. Ich möchte mit allem Nachdruck betonen, dass Kükenthal und ich bereits 1598 nicht auf Grund hypothetischer Betrachtungen. sondern auf Grund entwicklungsgeschichtlich fest- gestellter Tatsachen und zwar derselben Tatsachen, die Bolk heute publiziert, den Nachweis geführt haben, welche Bedeutung Ver- schmelzungsprozessen bei der Entwicklung der heutigen Säugetiere 3*+ 36 P. Adloff: zukommt. Ich gebe aber ohne weiteres auch zu, dass in meinen verschiedenen Publikationen über dieses Thema vielleicht auch manche hypothetische Annahme mit unterlaufen ist. Ich meine aber, dass Bolk sich nicht der Erkenntnis verschliessen kann, dass der grösste Teil seiner allgemeinen Schlussfolgerungen und insbesondere auch seine Theorie über die Herausdifterenzierung des Gebisses der katarrhinen aus demjenigen der platyrrhinen Primaten Hypothese ist, und zwar reine Hypothese. Aber ist denn eine Erörterung stammesgeschichtlicher Probleme überhaupt denkbar ohne Hypothesen ? Literaturverzeichnis. 1. 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Bild, Dr. A.: Die Entwieklungsgeschichte des Zahnsystems bei Sus domesticus und das Verhältnis der Lippenfurchenanlage zur Zahnleiste. Anat. Anz., XX. Bd., Nr. 17, 1902, Bluntschli: Diskussionsbemerkung zu dem Vortrage von Heiden- hain: Über Zwillings- und Drillingsbildungen der Dünndarmzotten, ein Beitrag zur Teilkörpertheorie. Verh. d. Anat. Ges, 1911. Bolk, Prof. Dr., L.: Beiträge zur Affenanatomie. V. Die Differen- zierung des Primatengebisses. Petrus Camper, D.I, IV, Aufl. 1/2. Derselbe: Über die Phylogenese des Primatengebisses und das Zukunfts- gebiss des Menschen. Zeitschr. f. Morphol. u. Anthropol., Bd. XIII, H.1,1910. Derselbe: Über die Gaumenentwicklung und die Bedeutung der oberen Zahnleiste beim Menschen. Ebenda, Bd. XIV, H.2, 1911. . Bolk, Prof. Dr. L.: Über die Struktur des Reptiliengebisses und die Beziehung desselben zum Säugetiergebiss. Verh. d. Anat. Ges., 1912. Dependorf, Ph.: Zur Entwicklungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. Denkschr. d. 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The Quarterly Journal of Microscopical Science, 1907. Die sonst angeführte ältere Literatur findet sich in den Literatur- verzeichnissen der Nummern 19, 23 und 24. 38 P. Adloff: Zur Entwicklungsgeschichte ete. Erklärung der Abbildungen auf Tafel I und I. Die mikroskopischen Schnitte sind sämtlich Frontalschnitte durch die Kiefer rotesh Fig. 2 Kieı3a Fig. 4a Fig. 5 Fig. 6 Fig. 7a Fig. 8a Pie 298 Fig. 10. Fig. 11 Hie@12: Fig. 13. der betreffenden Embryonen. Menschlicher Embryo Stadium I. Im linken Ober- und Unterkiefer auf der lingualen Seite der Zahnleiste (Z1.) plakoide Zahnanlage (Pz.). Im Unterkiefer kräftige Papille, im Oberkiefer schwache Verdickung des Mundhöhlenepithels. Die rechte Seite desselben Stadiums. Die plakoide Zahnanlage (Pz.) liegt hier auf der labialen Seite der Zahnleiste. Im Bindegewebe gleichfalls Papillenbildung (P.). und b. Menschlicher Embryo Stadium III. Derselbe Zahn. Der labiale Fortsatz ist stärker ausgebildet und reicht an dieser Stelle besonders tief ins Bindegewebe hinein. Rechts und links. und b. Dasselbe Stadium. Der labiale Fortsatz war flacher ge- worden und senkt sich hier zum zweiten Male tiefer in das Binde- gewebe hinein. Rechts und links. Spermophilus leptodactylus. Neben der Anlage des stiftförmigen Prämolaren im Oberkiefer eine kappenförmig eingestülpte prälak- teale Anlage. Einige Schnitte dahinter. Eine zweite kappenförmig eingestülpte prälakteale Anlage labial desselben Zahnes. . Labial des Prämolaren im Unterkiefer ein prälaktealer Rest, der mit dem Schmelzorgan desselben in Verbindung steht. b — Die betreffende Stelle bei stärkerer Vergrösserung. und b. Sus scrofa domest. Jüngeres Stadium. Zahnleiste in der Gegend der Prämolaren rechts und links. Es liegen anscheinend zwei Zahnkeime nebeneinander (vgl. Textfig. 1). ‚ und b. Die Zahnleiste einige Schnitte dahinter. Sus serofa domest. Älteres Stadium. Anlagen der zwei Prämo- laren. Labial eine Ausstülpung der Schmelzleiste, die wohl einen prälaktealen Rest repräsentiert. Wachsmodell des oberen stiftförmigen‘Prämolaren bei Spermophilus mit den beiden prälaktealen Anlagen. Wachsmodell des unteren Prämolaren und der mit diesem in Ver- bindung stehenden prälaktealen Anlage. Wachsmodell des ersten Milchmolaren beim Menschen mit der sekundären Zahnleiste. Aus dem Anatomisch-histologischen Laboratorium der Universität St. Petersburg. (Vorstand: Prof. Dr. A. 8. Dogiel.) Zur Frage über den Bau des Zellkernes in den Speicheldrüsen der Larve von Chironomus. Von W. Faussek. Hierzu Tafel III und IV. Seit Balbiani im Jahre 1851 zuerst die Struktureigen- heiten in den grossen Kernen der Zellen der Speicheldrüsen bei den Larven von Chironomus plumosus beschrieben hat, ist häufig die Frage nach dem Wesen dieses Baues aufgeworfen und sind zahlreiche Ansichten über denselben ausgesprochen worden. Balbiani hatte in den Kernen der erwähnten Zellen bei den Larven von Chironomus ein besonderes zu einem Knäuel aufgerolltes Band oder einen Strang gefunden, der quergestreift war und gleichsam aus zahlreichen hellen und dunklen in Geld- rollenform dicht aneinander gelagerten Scheiben bestand. Eine derartige eigenartige Anordnung der Kernelemente, für die scheinbar im Kernbau bei anderen Tieren kein Analogon vor- handen war, erklärte Balbiani folgendermassen: Die dunklen Scheiben bestehen aus Chromatin, die hellen aus einer flüssigen oder halbflüssigen Substanz, wobei die dünne Hülle, welche das Kernband allseitig umgibt. eine Mischung dieser Substanz mit dem Kernsaft verhindert. Später sah man gleichsam in Ergänzung zu der Ansicht von Balbiani die hellen Scheiben für Anhäufungen der achromatischen Substanz an. Die Kernkörperchen und die besonderen körnigen Gebilde in Ringform, die das Kernband an den Stellen, an denen dieses den Kernkörperchen anliegt (die sog. Ringe von Balbiani), bestehen nach Balbiani aus einer besonderen, vom Chromatin verschiedenen Substanz. Obgleich die Ansicht Balbianis über die Struktur der Kerne bei den Larven von Chironomus von vielen Forschern angenommen worden war, so stimmten dennoch einige seinen Schlüssen nicht bei. So studierte Leydig (1883) recht ausführlich diese Kerne 40 W. Faussek: und gelangte zum Schluss, dass die Querstreifung des Kernfadens sich nicht in die Tiefe desselben erstreckt, sondern nur ihre Oberfläche betrifft, dass sie somit der Ausdruck einer ringförmigen Kerbung ist, die bis an die Achse des Fadens nicht heranreicht. Was den Bau der Substanz der hellen und dunklen Scheiben anbetrifft, so sind nach seinen Beobachtungen die dunklen Scheiben in zahlreiche Abschnitte geteilt, welche durch helle Zwischen- räume voneinander geschieden werden. Diese erstrecken sich in Gestalt von hellen Streifen durch die helle Scheibe und ver- schmelzen mit dem entsprechenden Zwischenraum zwischen zwei dunklen Abschnitten der folgenden dunklen Scheibe, infolgedessen der Kernfaden ausser einer (uerstreifung ähnlich den quer- gestreiften Muskelfasern noch eine Längsstreifung besitzt. Korschelt (1884) stellt den diskoidalen Bau des Kern- fadens vollkommen in Abrede und erklärt die Aufeinanderfolge der dunklen und hellen Scheiben durch das Vorhandensein von Querfalten auf der Oberfläche derselben, infolgedessen die Ver- tiefungen durch den Schatten dunkel, die Erhebungen zwischen ihnen hell erscheinen. Eine vollkommen neue Erklärung des Baues des Kernfadens hat Herwerden (1910) vorgeschlagen. Nach ihren Beobachtungen besteht der Faden nicht aus einzelnen Scheiben, sondern aus einem spiralförmigen Chromatinbande (das infolge der stärkeren Licht- brechung dunkel erscheint), das sich um ein helles achromatisches Stroma windet; in den Zwischenräumen zwischen den Schleifen der chromatischen Spirale sind Stromaabschnitte sichtbar, die als helle Scheiben erscheinen. Erhard (1910) verteidigt die Scheibentheorie des Baues des Kernfadens und hält das Kernkörperchen für eine Chromatin- anhäufung, während der Kernfaden seiner Ansicht nach aus einer Substanz besteht, die der Kernkörperchensubstanz in den Kernen anderer Tiere identisch ist. Diese Ansicht gründet sich offenbar auf die Überzeugung, dass die Kernkörperchensubstanz sich scharf vom Chromatin unterscheidet. In letzter Zeit (1912) kehrte Alverdes zur alten Ansicht von Balbiani zurück. Derselben Ansicht ist auch Bolsius (1911), von dem einige Beobachtungen mit den meinigen zusammenfallen, obgleich meine Beobachtungen selbständig gemacht worden sind noch vor Kenntnis der Arbeit von Bolsius. Bereits 1905 hat schliesslich Kulagin die Ansicht Zur Frage über den Bau des Zellkernes etec. 4] ausgesprochen, dass die Scheiben des Kernfadens bei der Larve von Chironomus nicht aus Chromatin und Achromatin bestehen, wie es Alverdes und Bolsius behaupten, sondern aus Basi- und Öxychromatin. In Anbetracht der mannigfaltigen Beobachtungen und Deutungen der Kernstruktur in den Zellen der Speicheldrüsen der Larve von Chironomus, einer Struktur, die offenbar eine weit über die Grenzen der Ordnung Diptera herausgehende Verbreitung hat, entschloss ich mich auf den Rat meines hochverehrten Lehrers Herrn Prof. Dr. A. S. Dogiel, diese Frage einer Bearbeitung zu unterziehen. Als Material dienten mir Larven von Chironomus plumosus verschiedenen Alters, meistenteils grössere, ältere Entwicklungs- stadien. Larven aus den frühesten Stadien habe ich trotz viel- facher Bemühungen nicht erhalten können. Das Material wurde in dem Gemisch von Flemming oder Lenhossek fixiert, die 5—10 Mikron dicken Schnitte in Phenosafranin und Lichtgrün, in Hämatoxylin nach Heidenhain mit Vorfärbung in Bordeaux und in Phenosafranin und dem Gemische von Blochmann gefärbt. Zwecks Klarstellung der Struktur des Kernkörperchens behandelte ich ausserdem die Präparate mit salpetersaurem Silber nach dem Verfahren von S.R. y Cajal. Eigene Beobachtungen. Die das Kernkörperchen und den Kernfaden zusammensetzenden Substanzen. Die Zellkerne in den Speicheldrüsen bei den Larven von Chironomus unterscheiden sich zunächst scharf durch eine ge- sonderte Membran ; im Kerninnern fallen sofort ein oder zwei Kern- körperchen und einzelne Teilstücke des Kernfadens auf; diese bei einer Dicke der Schnitte bis 15 Mikron in toto zu erhalten, ist infolge der verhältnismässig ungeheuren Grösse der Kerne unmöglich. Weiter unten will ich ausführlich den feineren Bau des Kernkörperchens und des Fadens besprechen, zunächst werde ich jedoch die sie zusammensetzenden Substanzen in Betracht ziehen. Bei sämtlichen oben angeführten Doppelfärbungen wurde so- wohl das Kernkörperchen, als auch der Faden intensiv von der basischen Farbe — Phenosafranin — und von indifferenten Farben 42 W. Faussek: — Hämatoxylin nach Heidenhain, Hämatoxylin nach Böhmer — tingiert. Das Kernkörperchen wird gewöhnlich, besonders von Hämatoxylin nach Heidenhain, diffus gefärbt, und gibt fast keine Farbe bei der Extraktion mit Eisenalaun ab: der Kernfaden wird desgleichen total gefärbt, sein Aufbau aus Scheiben tritt jedoch deutlich hervor, infolge der verschiedenen Lichtbrechung der ihn zusammensetzenden Scheiben. Nach einer längeren Extraktion macht sich eine Farbendifferenzierung geltend: elektiv sind nur die dunklen Scheiben gefärbt, die Zwischenscheiben sind diffus gefärbt, geben die Farbe leicht ab und offenbaren eine elektive Fähigkeit für die Ergänzungsfarbe — d.h. saure Farbe — Licht- grün, Bordeaux u. a. Bei länger dauernder Extraktion wird die basische Farbe vollkommen extrahiert und der ganze Faden wird nur von der Ergänzungsfarbe gefärbt. Der Nucleolus behält in diesen Fällen gewöhnlich die Färbung mit der basischen Farbe, welches Verhalten, wie weiter unten gezeigt werden soll, durchaus nicht von einer Differenz seines chemischen Bestandes von der- jenigen des Fadens bedingt wird, sondern von dem quantitativen Verhältnis der ihn zusammensetzenden Substanzen. Die Färbung der Speicheldrüsenzellen von Chironomus mit Phenosafranin und dem Gemische von Blochmann gibt sehr interessante Resultate, infolge einer feineren Differenzierung der Elemente im Vergleich mit anderen Färbungen. Das mit Pheno- safranin gefärbte Kernkörperchen erscheint feinkörnig, wobei zu erkennen ist, dass seine periphere Schicht aus einer homogenen Substanz besteht, in welcher Körner eingeschlossen sind, wodurch die glatte Oberfläche des Kernkörperchens erklärt wird (Fig. 1, a). Bei längerdauernder Extraktion der Farbe. sowie bei einer Färbung der Präparate mit salpetersaurem Silber habe ich mich über- zeugen können, dass das Kernkörperchen aus zwei Teilen besteht (Fig. 2). einem inneren kompakteren, aus basophiler Substanz bestehenden (Basichromatin), und einem äusseren, die basophile Substanz allseitig umgebenden, aus oxyphiler Substanz bestehenden (Oxychromatin); in der letzteren sind dermassen viele Körner basophiler Substanz eingeschlossen, dass das Oxychromatin durch dieselben vollkommen verdeckt wird. Die Färbung in salpeter- saurem Silber mit schwacher Nachfärbung in Lichtgerün gibt dieselben Resultate: der innere Teil des Kernkörperchens wird ungemein intensiv durchweg imprägniert, während die äussere Zur Frage über den Bau des Zellkernes etc. 43 Schicht von dieser zentralen Masse sehr scharf geschieden ist, da in ihr nur die einzelnen, feinen Körner (Fig. 5) imprägniert sind, welche vollkommen den Körnern, die sich in Phenosafranin färben, entsprechen; die übrige homogene Substanz, in welche alle diese Körner eingeschlossen sind, wird mit Silber nicht tingiert und färbt sich mit Lichtgrün. Bei Anwendung der erwähnten Färbungsverfahren kann nachgewiesen werden, dass auch der Faden, gleich dem Kern- körperchen, aus zwei Substanzen besteht, einer oxyphilen, die sich mit Lichtgrün, Bordeaux und anderen sauren Farben und aus basophilen Körnern (Fig. 1, b, b; Fig. 4), die sich mit basischen Farben und teilweise mit salpetersaurem Silber tingieren. Erstere setzt offenbar die ganze Masse. den ganzen Faden zusammen, die zweiten (die basophilen Körner) sind in Scheiben angeordnet. wobei die dunkleren Scheiben mit den erwähnten Körnern an- gefüllt sind, während die Zwischenscheiben dieselben fast nicht enthalten, woher denn auch eine Differenzierung der Scheiben er- halten wird. Die äussere Schicht des Kernkörperchens und die (Grundmasse des Kernfadens bestehen aus oxyphiler Substanz, während der innere Teil des Kernkörperchens und die in den dunklen Scheiben des Fadens eingeschlossenen Körner aus baso- philer Substanz aufgebaut sind. Im Kernkörperchen prävaliert quantitativ die basophile Substanz, in dem Faden eher die oxyphile, welches Verhalten die Unterschiede in der Färbung des Kern- körperchens und des Fadens bedingt. Die Färbung mit salpeter- saurem Silber beweist zweifellos, dass die Substanz des Kern- körperchens auch in dem Faden in Form von Körnern verstreut ist. Daraus folgt jedoch, dass die Ansicht von Erhard, als setze eine besondere Substanz des Kernkörperchens den Faden zu- sammen, während das Kernkörperchen selber aus Chromatin besteht. nicht richtig ist, tatsächlich ist in den Zellkernen der Speichel- drüsen von Chironomus keine nur dem Kernkörperchen eigene Substanz vorhanden, da sowohl das Kernkörperchen als der Faden aus denselben Substanzen — der basophilen und oxyphilen — auf- gebaut sind. Der Bau des Kernfadens. Die Scheiben, welche den Kernfaden zusammensetzen, sind, worauf bereits Balbiani hingewiesen hat, sowohl ihrer Form als ihrer Grösse nach bei weitem nicht gleich. Als Regel muss anerkannt 44 W. Faussek: werden, dass der Durchmesser der dunklen, stark lichtbrechenden Scheiben, welche basophile Substanz enthalten, grösser ist als . derjenige der hellen Zwischenscheiben. In der Mehrzahl der Fälle haben die letzteren nicht das Aussehen von selbständigen, d. h. eine eigene Form besitzenden Scheiben, sondern erscheinen als Zwischenräume zwischen zwei dunklen Scheiben, infolgedessen ihr Aussenrand häufig konkav ist, während die Ränder der dunklen Scheiben gleichmässig oder sogar leicht konvex sind. Die Ränder der dunklen Scheiben sind häufig leicht spiralig eingebogen (Fig. 4), welches Verhalten, vielleicht Herwerden die Ver- anlassung gegeben hat zur erwähnten Deutung der Struktur des Kernfadens; man kann sich jedoch leicht davon überzeugen. dass hier keine eigentliche spiralige Struktur vorhanden ist, da bei Drehung der Mikrometerschraube keine Fortsetzung der vermeintlichen Chromatinspirale auf der entgegengesetzten Seite des Fadenzylinders wahrgenommen wird, sondern die dunklen Scheiben überall von vollständigen Scheiben der hellen Substanz getrennt bleiben. Auf dieses Verhalten weist hinreichend deutlich auch Bolsius. Herwerden nimmt an, dass die dunklen Scheiben tatsächlich nicht vollständig sind, sondern die Form von Spiralringen haben, d. h. dass das Chromatin an der Peripherie des Zylinders gelegen ist. Tatsächlich ist dieses jedoch nicht der Fall, da die Doppelfärbungen mit Hämatoxylin nach Heidenhain und Bordeaux oder nach Blochmann erweisen, dass die basophile Substanz entweder durchweg die ganze Scheibe einnimmt, oder näher zum Zentrum der Scheibe angeordnet ist; niemals erscheint jedoch die Scheibe in der Mitte vom Zylinder der oxyphilen Substanz (Achromatin von Herwerden) durchsetzt. Das salpeter- saure Silber färbt in den Scheiben des Kernfadens zweierlei Arten Körner: grosse kegelförmige und zahlreiche sehr kleine, die voll- kommen identisch mit den argentophilen Körnern in der peripheren (oxyphilen) Schicht des Kernkörperchens sind. Zwischen den grossen und kleinen Körnern sind noch der Grösse nach Über- gangsformen vorhanden. Die grösseren Körner sind meist von mehr oder weniger gleicher Grösse, einige derselben sind jedoch bedeutend grösser und erreichen bisweilen einen derartigen Umfang, dass sie den Eindruck von kleinen Nucleolen machen (Fig. 5, b). Letztere entstehen meiner Meinung nach durch Quellung kleinerer Körner in der Fixierungsflüssigkeit. Die Zur Frage über den Bau des Zellkernes etc. 45 argentophilen Körner sind in Scheiben angeordnet, wobei die grösseren Körner häufiger näher zur zentralen Achse des Fadens liegen, wenngleich sie bisweilen auch die Peripherie desselben erreichen und häufig dermassen dicht beieinander gelegen sind. dass sie eine kompakte Scheibe von körnigem Aussehen bilden (Fig. 5, a). Einige dieser grossen Körner sind bisweilen dicht an der Peripherie des Fadens angeordnet, treten sogar aus ihr heraus, wandern gleichsam in den Kernsaft aus. Diese Erscheinung habe ich auch in den lebenden, ungefärbten Kernen beobachten können, in welchen die grossen argentophilen Körner infolge ihrer starken Lichtbrechung fast ebensogut wie in den gefärbten Präparaten sichtbar sind (Fig. 6, ac). Die grossen argentophilen Körner sind jedoch nur in relativ wenigen, dunklen Scheiben vorhanden. Fernerhin sind sie nicht immer in den Scheiben angeordnet: einige werden in den Zwischenscheiben angetroffen; die grössten Körner können natürlich nicht in einer Scheibe allein gelagert sein, sondern liegen in der oxyphilen Substanz. Besonders zahl- reich sind diese im oxyphilen Zylinder verstreuten Körner in den leicht verbreiterten Enden des Fadens, welche unmittelbar der Kernhülle anliegen. Die kleinen argentophilen Körner sind viel zahlreicher als die grossen und sind näher zur Peripherie des Fadens gelagert, gewöhnlich um Anhäufungen grosser Körner, wobei sie die Zwischenräume zwischen letzteren dicht ausfüllen, infolge- dessen die aus Körnern bestehenden Scheiben kompakt erscheinen. Die kleinen Körner bilden auch an den Stellen des Fadens, wo grosse Körner fehlen (Fig. 5, ec) scheibenförmige Anhäufungen, wobei jede dieser Anhäufungen bei der genaueren Betrachtung aus zwei äusserst dünnen, eng beieinander liegenden Scheiben besteht, die durch eine feine Schicht von Zwischensubstanz ge- trennt werden. Auf den mit Phenosafranin und dem Gemisch von Bloch- mann gefärbten Präparaten werden desgleichen kleine basophile Körner (Fig. 1, b, Fig. 4) dargestellt, die ihrem allgemeinen Aus- sehen und ihrer scheibenförmigen Anordnung nach den beschrie- benen argentophilen Körnern gleichen. Ich bin der Meinung, dass die sich mit Silber und basischen Farben tingierenden Körner vollkommen identisch sind, d. h. aus basophiler Substanz bestehen, die in den Bestand der dunklen Scheiben eingeht. Schwieriger wird eine differenzierte Färbung der grossen argentophilen Körner 46 W. Faussek: erhalten. Nach dem Virieren der mit salpetersaurem Silber ge- färbten Schnitte mit Goldchlorid färben sich diese Körner gut mit Hämatoxylin, ebenso wie die basophile Substanz des Nucleolus und des Fadens. Auf den nach Blochmann gefärbten Präparaten erscheinen einige rote (basophile) Scheiben aus einzelnen dicht beieinander liegenden Körperchen zusammengesetzt. Wird schliess- lich das Phenosafranin sehr stark extrahiert, und werden die Schnitte nur kurze Zeit im Gemisch von Blochmann gehalten, so gibt die basophile Substanz die Farbe vollkommen ab, worauf in dem Kernfaden ungefärbte, jedoch stark lichtbrechende Kör- perchen (Fig. 7, a) sichtbar werden. Letztere haben entweder das Aussehen von grossen Körnern, die sich ihrer Form und An- ordnung nach nicht von den mit Silber färbbaren unterscheiden, oder erscheinen als rundliche, seitlich leicht komprimierte Gebilde, die stets in dem Kernfaden eingelagert sind (Fig. 7, b, Fig. 8). Diese Gebilde stellen möglicherweise eine dritte Reihe von An- häufungen basophiler Substanz dar. Sie färben sich sehr intensiv in Phenosafranin. Ein jedes derartige, seiner Zusammensetzung nach homogene, basophile Körperchen ist an der Peripherie von der oxyphilen Substanz des Fadens umgeben, mit den in ihr ein- geschlossenen kleinen, basophilen Körnern. Auf Querschnitten scheinen somit einige Scheiben aus einer zentralen basophilen Scheibe und einer peripheren oxyphilen Hülle zu bestehen; die gleichen Bilder werden auch auf Präparaten erhalten, die mit Hämatoxylin nach Heidenhain und Bordeaux gefärbt worden waren; dieselben stimmen durchaus nicht überein mit der Theorie von Herwerden. Die basophile, in den dunklen Scheiben des Fadens konzentrierte Substanz ist somit tatsächlich nicht homogen, sondern ist in der Form von dreierlei Arten selbständiger Gebilde von Körnerform vorhanden. Kernkörperchen. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ist im Kern nur ein Nucleolus vorhanden. Kerne mit zwei Kernkörperchen, wie sie Balbiani beschreibt, werden verhältnis- mässig selten angetroffen und stellen offenbar spätere Entwicklungs- stadien der Kernstruktur dar. Nach den Beobachtungen von Alverdes teilt sich das einzige Kernkörperchen in einem ge- wissen Entwicklungsstadium des Kernes in zwei. Diese Be- obachtung erklärt vollkommen die Tatsache des Vorhandenseins bald eines, bald zweier Kernkörperchen in den Kernen der Speichel- Zur Frage über den Bau des Zellkernes etc. 47 drüsenzellen von Chironomuslarven. Der Nucleolus hat selten eine regelmässige Kugelform, viel häufiger ist er an den Polen abgeplattet und im Zentrum durchlocht, stellt sich somit in Form eines Ringes dar (Fig. 7, A, Fig. 9 und 10), dessen (uerschnitt ein mehr oder weniger regelmässiger Kreis ist. Durch die Öffnung dieses Ringes erstreckt sich der Kernfaden, worauf bereits Her- werden hingewiesen hat. Sehr häufig werden, wie ich bemerkt habe, beide Hälften des Ringes entsprechend dem grössten Durch- messer des von ihm gebildeten Kreises durch eine Querbrücke (Fig. 9 und 10) verbunden, die die Öffnung des Ringes in zwei Teile teilt. Diese Querbrücke steht in einem gewissen Zusammen- hange mit der Substanz des Kernfadens, den zu eruieren jedoch sehr schwierig ist. Am häufigsten verläuft augenscheinlich die Brücke seitwärts von dem Faden (Fig. 9), wobei sie möglicher- weise mit der basophilen Substanz derjenigen Scheibe des Fadens in Verbindung tritt, an der Seite welcher sie vorbeizieht. Bis- weilen bohrt sie sich in das Innere des Fadens selber ein, wobei sie diesen in zwei parallele Äste teilt, die bald wieder miteinander verschmelzen; häufig wenigstens kann man die Beobachtung machen, dass auf Frontalschnitten durch das ringförmige Kern- körperchen nicht ein, sondern zwei dicht beieinander gelegene Fäden heraustreten. In der Seitenansicht haben derartige ring- förmige Kernkörperchen das Aussehen zweier runder Lappen, die durch einen feinen Stiel miteinander verbunden sind (Fig. 10), wobei beide Lappen seitwärts an dem Kernfaden hängen. Ein derartiges Bild ist leicht an lebenden Kernen zu erkennen. Her- werden bildet einen gleichen Bau des Kernkörperchens in ihrer Arbeit ab, die von ihr gegebene Erklärung ist jedoch nicht richtig, da sie nichts von der Brücke des Nucleolus erwähnt. Bisweilen übrigens sind an lebenden Kernen zwei lappige Kernkörperchen mit einer Brücke sichtbar, die auch bei der Betrachtung im optischen Querschnitt das zweilappige Aussehen beibehalten, folglich tatsächlich aus zwei Teilen bestehen. In diesen Fällen ist, wie ich auf Präparaten, die in salpetersaurem Silber ge- färbt worden waren, erkennen konnte, der ririgförmige Bau des Nucleolus stark verändert: das Kernkörperchen besteht aus zwei grossen Lappen, die durch zwei Brücken verbunden werden; durch die ovale Öffnung zwischen diesen tritt der Faden hindurch. Bisweilen kann das Kernkörperchen, wie mir scheint, auch aus 45 W. Faussek: einem Lappen bestehen, der vermittelst seiner bügelförmigen Brücken seitwärts an dem Faden wie ein Ohrgehänge hängt. Ein derartiges Bild weist die Fig. 6 auf. Wie bereits oben angeführt wurde, so besteht das Kern- körperchen aus zwei Substanzen: der basophilen und der oxyphilen, wobei letztere in Form einer kompakten Schicht an der Peripherie gelegen ist. Diese äussere Schicht ist von der inneren scharf geschieden; die scharfe Grenze ist bisweilen auch auf lebenden ungefärbten Präparaten gut sichtbar. Die innere Masse des Kern- körperchens, die zahlreiche Vacuolen enthält, erscheint dunkler, glänzender, anisotrop; die äussere Schicht ist lockerer und in frisch den Larven entnommenen Drüsen von der Innenschicht durch eine sehr scharfe Linie getrennt; diese scharfe Grenze ist jedoch an lebenden Kernen nicht lange sichtbar, augenscheinlich in- folge eines Zerfalls der oxyphilen Substanz der äusseren Schicht im Kernsafte; damit lässt sich vielleicht auch der Umstand erklären, dass bisher noch niemand den doppelten Bau des Kernkörperchens, der bereits deutlich in lebenden Kernen wahrnehmbar ist, be- schrieben hat. Der Bau des Fadens, auf den hauptsächlich die Aufmerksamkeit der Forscher gelenkt war, ist zunächst im Kern vollkommen unkenntlich, worauf bereits Balbiani hingewiesen hat: er tritt erst 15—20 Minuten nach der Herausnahme der Drüse aus dem Körper der Larve hervor, d. h. zu einer Zeit, wann die äussere Schicht des Kernkörperchens bereits nicht mehr deutlich sichtbar ist. Die Dicke der äusseren Schicht ist mehr oder weniger gleichmässig auf der ganzen Oberfläche des Kern- körperchens. Sie erscheint körnig infolge zahlreicher in sie ein- geschlossener basophiler Körnchen sowie kleiner Vacuolen. Die innere basophile Substanz, die die Hauptmasse des Nucleolus bildet, enthält keine oxyphile Substanz, sondern zahlreiche Vacuolen, die augenscheinlich mit Flüssigkeit angefüllt sind. (Die Beobachtungen von Herwerden sprechen desgleichen zugunsten -eines flüssigen Inhalts der Vacuolen.) Die Masse der basophilen Substanz im Nucleolus erscheint nicht immer in Form eines geschlossenen Ringes; sehr häufig, besonders in grossen Kernkörperchen, zerfällt sie in einzelne Teile oder Lappen (Fig. 3), die in der oxyphilen Substanz liegen. Von diesen Teilen ziehen feine Brücken oder Leisten, die gewöhnlich aus einer Reihe runder Körner der baso- philen Substanz bestehen und die einzelnen Lappen miteinander Zur Frage über den Bau des Zellkernes etc. 49 vereinigen (Fig. 3, c). Diese Brücken können sowohl durch die Dicke des Kernkörperchens selber verlaufen, als auch durch die runde Öffnung in ihm; die oben beschriebene Brücke innerhalb des Kernkörperchenringes stellt desgleichen eine derartige Brücke basophiler Substanz dar. — Gewöhnlich hängen diese nach ver- schiedenen Richtungen verlaufenden Brücken mit dem Faden, und zwar mit seiner basophilen Substanz zusammen, doch ist dieser Zusammenhang kein sehr fester. Eine Verzweigung des Kern- fadens im Kernkörperchen, wie sie Balbiani beschreibt, kommt, soviel ich habe wahrnehmen können, nicht vor. Falls eine der- artige Verzweigung vorhanden ist, so ist dieselbe recht schwer, auf Totalpräparaten sogar unmöglich zu eruieren, da mit dem Kernkörperchen nur die innere basophile Substanz des Fadens verbunden ist, ihre Oberfläche im Kernkörperchenringe bleibt jedoch überall frei; nur bisweilen liegt der Faden mit einer Seite der Innenfläche des Kernkörperchens dicht an. Die Lininelemente des Kernes. Ausser dem Kern- faden und dem Kernkörperchen sind im Kern noch Achromatin- (Linin-)elemente in Form von Fäden, die den Kernfaden und den Nucleolus mit der Kernmembran verbinden, vorhanden. Die Linin- fäden sind auf den lebenden Kernen nicht sichtbar, während sie auf den fixierten Präparaten nach jeglicher Färbung deutlich hervor- treten; sie färben sich stets sehr blass — mit gewöhnlichem Hämatoxylin, Lichtgrün, Bordeaux oder Wasserblau — und sind meistens nur an ihrem matten Glanze zu erkennen ; sie verlaufen, indem sie sich nicht selten teilen und gewöhnlich winden, von der Kernmembran, an die sie sich befestigen, bis zum Kernfaden und dem Kernkörperchen ; bisweilen ist ihre Zahl dermassen gross, dass das Kernkörperchen und die Abschnitte des Kernfadens an einer Menge parallel verlaufender oder radiär auseinander- ziehender, sich miteinander verflechtender, stark gespannter Stränge zu hängen scheinen (Fig. 1, cc). Leydig beschreibt derartige Fäden, die vom Kernkörperchen ausgehen, als radiäre Fortsätze seiner Oberfläche; seine Zeichnung beweist jedoch, dass diese Fortsätze die hier beschriebenen Lininfäden sind. Indem sie sich miteinander verflechten, bilden sie eine Art von Netz, in dessen Strängen zahlreiche Körner von unregelmässiger Form eingelagert sind. Diese Körner bestehen zum Teil aus basophiler Substanz, da sie sich schwach mit Safranin und ziemlich intensiv Archiv f. mikr. Anat. Bd.82. Abt.1. 4 50 W. Faussek: mit Hämatoxylin nach Heidenhain färben; die grössere Anzahl derselben offenbart jedoch Affinität für saure Farben, d. h. besteht aus oxyphiler Substanz. Diese Körnchen sind die Chromiolen, von denen Erhard, Herwerden und Alverdes berichten. Hinsichtlich der Verbindungsweise der Lininfäden an den Kernfaden kann ich mit der einfachsten Erklärung von Alverdes mich nicht einverstanden erklären, dass dieselben nämlich un- mittelbar in die Substanz der hellen Zwischenscheiben übergehen, da diese Scheiben meiner Beobachtung nach nicht aus Linin, sondern aus oxyphiler Substanz bestehen. Wahrscheinlicher scheint mir die Annahme von Balbiani von der Existenz einer feinen, strukturlosen Membran, die den Kernfaden in ihrer (Gesamt- ausdehnung einhüllt. (Balbiani stellt jedoch kategorisch das Vorhandensein irgendwelcher Lininelemente, ausser der ange- gebenen Membran und den hellen Scheiben, in den Kernen der Speicheldrüsen von Chironomuslarven in Abrede.) Eine derartige feine Membran ist nach meinen Beobachtungen vorhanden, an dieselbe heften sich die Lininfäden an. Bei der Färbung mit Hämatoxylin nach Heidenhain oder nach Blochmann erscheint der Kernfaden im optischen Durchschnitt auf seiner ganzen Länge beiderseits von einer feinen, einfach konturierten Linie umgeben (Fig. 1, d), die stellenweise der Substanz des aus Scheiben zusammengesetzten Zylinders dicht anliegt, stellenweise jedoch etwas abgelöst ist. Bei der Färbung nach Blochmann tritt diese Begrenzungslinie besonders deutlich hervor, da sie gleich den Fäden und der Kernmembran sich mit Wasserblau hellblau färbt, während die oxyphile Substanz durch Pikrinsäure gelblich- grün tingiert wird. An den Stellen der Membran des Kernfadens, an denen an dieselbe die Achromatinfäden herantreten, wird sie infolge der Anspannung durch letztere wellig. Der Kernfaden ist somit gleichsam in einem feinen Überzuge gelegen, der an zahlreichen Lininfädchen aufgehängt ist. Dieser Überzug besteht aus einer geschlossenen Membran, was an den Rißstellen der chromatischen Fadensubstanz sichtbar ist, da in derartigen Fällen das Stück nicht in zwei Teile zerfällt, sondern durch die gespannte, feine strukturlose Membran, die als Fortsetzung des umhüllten Zylinders erscheint, zusammengehalten wird — ein Bild, das an das Sarco- lemm der quergestreiften Muskelfaser erinnert. Die Schrumpfung Zur Frage über den Bau des Zellkernes etc. 5: dieser strukturlosen Membran durch Einwirkung der fixierenden Flüssigkeiten bedingt eine Längsstreifung des Kernfadens, die bisweilen beobachtet wird, und die Leydig für Längsfibrillen gehalten hat. Bisweilen endigt der Faden blind im Kern, ohne bis an die Membran zu gelangen, in welchem Falle von ihrem Ende ein Bündel Achromatinfäden abgeht; auch diese Linin- fäden entspringen von der blind endigenden Hülle des Chromatin- fadens. Die Befestigungsweise des letzteren an die Kernmembran ist für mich unaufgeklärt geblieben, augenscheinlich gibt auch hier die achromatische Membran des Kernfadens, die blind endigt, zahlreiche fadenförmige Fortsätze ab, die längs der Innen- fläche der Kernmembran hinziehen und schliesslich mit ihr ver- schmelzen. In den Kernen einiger anderer Zellen der Chironomuslarve, z. B.in den Zellkernen des Darmepithels, welche gleiche Chromatin- fäden besitzen wie die Kerne der Speicheldrüsenzellen, sowie nach den Beobachtungen von Alverdes in frühen Entwickiungs- stadien der Zellkerne in den Speicheldrüsen derselben Larven, nimmt das Linin augenscheinlich viel grösseren Anteil an der Bildung des Chromatinfadens, indem es unmittelbar in seinen Bestand eingeht. In einzelnen sehr grossen, fast stets vollkommen runden, bisweilen ovalen Kernen der Darmepithelzellen ist ein voll- kommen ausgebildeter, in einen Knäuel aufgewundener Chromatin- faden vorhanden, der sich seinem Aussehen nach durchaus nicht von demjenigen der Speicheldrüsen unterscheidet. In der Mitte des von dem Faden gebildeten Knäuels liegt ein grosses Kern- körperchen (in der Mehrzahl der Fälle ist ein Kernkörperchen vorhanden, bisweilen zwei nebeneinander gelegene, oder an die Kernpole abgerückte). Das Kernkörperchen ist kuglig oder an den Polen etwas abgeplattet, häufig von unregelmässiger Form, niemals jedoch zweilappig. Es enthält glänzende Vacuolen; bei der Färbung nach Blochmann offenbart es einen Bestand aus einer zentralen basophilen und einer peripheren oxyphilen Substanz ; letztere ist dermassen dünn, dass sie als schmaler Saum erscheint, der von der inneren basophilen Kernkörperchenmasse nicht scharf geschieden ist; letztere enthält zahlreiche sich in Safranin färbende Körnchen. Die Kernkörperchen der Darmepithelzellen werden durch salpetersaures Silber sehr intensiv tingiert, wobei sie einen Bestand aus recht grossen argentophilen Körnern offenbaren 4* Hy W. Faussek: (Fig. 11, C, D). Bisweilen ist das Kernkörperchen der Epithel- zellen stark verlängert, wobei es eine vollkommen unregelmässige Form annimmt und parallel der Fläche des Kernäquators an- geordnet ist. Die Scheiben der Chromatinfäden dieser Zellen sind nicht so regelmässig wie in den Speicheldrüsen. Sie sind relativ dicker, eckiger, während die hellen Zwischenräume zwischen ihnen im Vergleich zu denjenigen in den Kernen der Speichel- drüsenzellen bedeutend breiter sind und eine dermassen geringe Menge basophiler Elemente enthalten, dass sie sich sehr schwach färben und sich nicht scharf von dem umgebenden Kernsaft ab- heben, der von sauren Farben (z. B. von Lichtgrün) schwach tingiert wird. Infolgedessen erscheint der Chromatinfaden in den Kernen der Darmzellen nicht kontinuierlich, d. h. die Scheiben scheinen durch die Zwischensubstanz nicht miteinander verbunden zu sein, sondern frei im Kernsaft zu liegen und bloss in Form eines farbigen Bandes angeordnet zu sein. Die Färbung nach Blochmann beweist jedoch, dass auch hier ein echter Chromatin- faden vorliegt, der aus hellen und dunklen Scheiben besteht. Ausserdem besteht jede basophile Scheibe bloss aus einem Stück, infolgedessen der Kernfaden der feinen Körnelung entbehrt, die in den Scheiben der Kerne in den Speicheldrüsenzellen sicht- bar ist. Die Kerne der Darmepithelzellen sind somit ärmer an basophiler Substanz; in den Bestand ihrer Zwischenscheiben geht möglicherweise nicht nur oxyphile Substanz, sondern auch Linin ein. Die kleineren Kerne im Darme haben eine runde oder häufiger ovale Form. Der Chromatinfaden ist in ihnen gewöhnlich in Form eines dichten Knäuels um das Kernkörperchen angeordnet. In anderen desgleichen kleinen und stets runden Kernen ist ein echter Kernfaden nicht mehr sichtbar. Hier liegt im Zentrum ein grosses Kernkörperchen, das von einem schwach gefärbten achromatischen Bande umgeben ist, auf welchem einzelne basophile, schwach gefärbte, unregelmässige Körner aufliegen; zahlreiche basophile Körner liegen der Innenfläche der Kernmembran an. Als erstes Entwicklungsstadium dieser Kerne muss augenscheinlich dasjenige anerkannt werden, in welchem aus dem im Zentrum des Kernes gelegenen Kernkörperchen zur Kernmembran dicke, infolge ihres schwachen Glanzes gut wahrnehmbare, vollkommen gerade, radiäre Lininfäden abgehen; von der basophilen Substanz Zur Frage über den Bau des Zellkernes etc. 53 ist in diesem Stadium nur sehr wenig vorhanden; sie erscheint hier in Form von feinen Körnern, die an der Innenfläche des Kernes verstreut sind. Sämtliche Differenzierungsstadien der Kernsubstanzen, von denen einige auf der Fig. 11 sichtbar sind, werden im Darm, besonders im Mitteldarm, häufig in benachbarten Zellen angetroffen; sie erinnern sehr an die Entwicklungsstadien des Chromatinfadens, die Alverdes für die Kerne der Zellen in den Speicheldrüsen junger Chironomuslarven beschrieben hat. Hier wird er nach den Beobachtungen von Alverdes aus einzelnen basophilen (und oxyphilen ?) Körnern gebildet, die in Verbindung mit dem achromatischen Netze treten; dieses wandelt sich allmählich in ein um das Kernkörperchen gewundenes Netz um und wird mit der Kernmembran nur durch einzelne Fäden verbunden. Indem sich die basophilen Körner vergrössern, nehmen sie die Form von Scheiben an. In den Zellkernen des Darm- epithels gehen dieselben Umwandlungen vor sich, nur mit dem Unterschiede, dass die Differenzierung der Kernelemente früher Halt macht auf einer niedereren Entwicklungsstufe als in den Kernen der Speicheldrüsenzellen. Schwieriger ist die Frage zu entscheiden, auf welche Weise die Zwischenräume zwischen den basophilen Scheiben mit der oxyphilen Substanz angefüllt werden; infolge ihrer relativ geringen Grösse erschweren die Kerne der Darmepithelzellen das Studium dieser Beziehungen. An den sogen. Balbianischen Ringen habe ich nur sehr wenige Beobachtungen machen können, da sie eine relativ seltene Erscheinung sind und durchaus nicht einen notwendigen Bestand- teil eines jeden Kernes der Speicheldrüsenzellen darstellen; der von Balbiani beschriebene, für typisch gehaltene Kern ist somit nur ein mehr oder weniger häufig vorkommender Spezialfall. Erhard vermerkt desgleichen das seltene Vorkommen der Ringe von Balbiani. Die Angabe von Erhard über das Vorkommen von Balbianischen Doppelringen kann ich desgleichen bestätigen ; ein derartiger Ring besteht aus zwei einander mehr oder weniger genäherten Ringen, die den Zylinder des Chromatinfadens nahe der Stelle seines Herantretens an das Kernkörperchen umgeben. Ein jeder Balbianische Ring besteht aus zahlreichen recht grossen, kugelförmigen Körnern; diese letzteren bestehen meiner Meinung nach aus oxyphiler Substanz, da sie von Lichtgrün intensiv gefärbt werden. 54 W. Faussek: Die Chromatinfäden in anderen Zellen der Chironomuslarve und bei einigen anderen Dipteren. Ausser den Zellen der Speicheldrüsen und des Darmepithels enthalten noch Zellen vieler anderer Organe der Chironomuslarve Kerne mit mehr oder weniger entwickelten Kernfäden. Zunächst finden sich derartige Kerne in den Zellen der Malpighischen (Grefässe, worauf bereits Balbiani hingewiesen hat. Die Zell- kerne der Malpighischen Gefässe sind verhältnismässig gross, von runder Form. Das Kernkörperchen ist in ihnen gewöhnlich in der Einzahl vorhanden, ist sehr gross, gewöhnlich kugelförmig oder an den Polen leicht abgeplattet, bisweilen wird auch ein ringförmiges mit einer Brücke im Lumen wie in den Kernen der Speicheldrüsenzellen angetroffen. Der Chromatinfaden ist in diesen Kernen stärker entwickelt als in den Zellen des Darm- epithels, während die Scheiben hier das Aussehen von grossen eckigen Körnern haben. Zwischen den Hypodermzellen werden einzelne sehr grosse Drüsenzellen angetroffen, die später in die Leibeshöhle ausfallen; die grossen Kerne dieser Zellen haben einen ausgezeichnet entwickelten Chromatinfaden. Die Nerven- zellen sind überhaupt arm an basophilen Elementen; bisweilen jedoch kommen, am häufigsten zwischen den Zellen des unteren Schlundganglions, einzelne, sehr seltene Kerne vor, die um das Mehrfache die benachbarten Nervenzellen an Grösse übertreffen ; in diesen grossen Kernen sind desgleichen gut entwickelte Chromatin- fäden vorhanden. Hinsichtlich des Vorkommens eines Chromatinfadens bei anderen Tieren, sind gegenwärtig bereits genügende Hinweise darauf vorhanden, dass die beschriebene Kernstruktur weit über die Grenzen der Art Chironomus verbreitet ist. Leydig, Carnoy, Henneguy, R. Hertwig und Van Gehuchten haben einen Chromatinfaden bei Larven vieler anderer Diptera, sowie bei erwachsenen Formen verschiedener Arthropoda und sogar in den Eizellen einiger Amphibien (Carnoy et Lebrun) beschrieben; Bara- netzky und Strassburger haben ähnliche Kerne auch bei Pflanzen beobachtet. Ich hatte die Möglichkeit, die Kernstruktur ausser an Chiro- nomuslarven auch noch an Larven einiger Oulicidae zu unter- suchen. Bei den Larven einer Art Culex, die ich im See Seliger gefunden habe, sind Kerne mit Chromatinfäden nicht nur in den ( oO Zur Frage über den Bau des Zellkernes etc. Speicheldrüsen (in letzteren hat dieselben R. Hertwig aufge- funden), sondern auch in allen Zellen des Darmepithels, sowie in fast sämtlichen Körperzellen. Bei dieser Larve ist der Ent- wicklungsgrad des Kernfadens in Zellen, die nicht dem Verdauungs- system angehören, z. B. in den Zellen des Fettkörpers, grösser als in den entsprechenden Zellen der Chironomuslarve, doch erreicht der Kernfaden auch in den Speicheldrüsenzellen nicht den komplizierten Bau wie in den Speicheldrüsenzellen der Chironomuslarve; bei der Larve von Culex ist somit die Kern- differenzierung einförmiger. Hinreichend entwickelte Kernfäden fand ich desgleichen in den Darmepithelzellen der Larven von Corethra. Die Tatsache der relativ weiten Verbreitung der Chromatin- fäden in den Zellkernen von Insekten und anderen Tieren zwingt, diese Kerne nicht als einzeln dastehende Erscheinung anzusehen, sondern als einen der allgemeinen Typen der Kernstruktur. Der Versuch, diesen Typus auf einen Spezialfall eines allgemeinen Typus zurückzuführen, nämlich der Versuch von Garnoy und Herwerden, die Struktur der Kerne in den Speicheldrüsen- zellen von Chironomuslarven mit dem Zustande des Kernes von mehr allgemeiner Struktur vor Beginn der Kernteilung, d. h. mit der sog. Spiremstruktur des Kernes zu homologisieren, hat sich als misslungen erwiesen, bereits aus dem Grunde, dass die am meisten differenzierten Fäden in Kernen sich vorfinden, die ihre Entwicklung und ihren Wuchs bereits beendet haben und sich nicht mehr teilen. Herwerden behauptet selber, dass im Ver- lauf des ganzen Lebens der Larve nicht eine Speicheldrüsenzelle sich teilt; diese Behauptung kann ich bestätigen, da ich keinmal eine Teilungsfigur einer Speicheldrüsenzelle angetroffen habe. Sämtliche Speicheldrüsenzellen werden augenscheinlich im Laufe der embryonalen Entwicklung gebildet; ihre Teilung erfolgt somit zu einer Zeit, wann ein Chromatinfaden noch nicht vor- handen ist oder sich in einem embryonalen Zustande vortindet; vom Moment des Austritts der Larve aus dem Ei beschränkt sich die weitere Entwicklung der Speicheldrüsen auf ein ver- stärktes Wachstum ihrer Zellen; im Zusammenhang damit erfolgt auch eine Differenzierung der Kernelemente. Dasselbe Verhalten weisen auch die Darmepithelzellen auf — hier teilen sich offenbar nur die jüngsten, kleinsten Kerne, die noch keinen Faden haben, 56 W. Faussek: welcher erst später gebildet wird. Ich bin daher der Meinung, dass die indirekte Teilung sämtlicher beschriebener Kerne der Chirono- muslarve sich in nichts von der gewöhnlichen Teilung unterscheidet, und dass der Chromatinfaden in keinerlei Zusammenhang mit der Karyokinese steht. Andererseits ist es fast zweifellos, dass der Entwicklungsgrad des Kernfadens in Zusammenhang steht mit der Grösse und folglich auch mit dem Alter des Fadens. Die schönsten Kernfäden sind in den Kernen der Speicheldrüsen vor- handen, d. h. in den grössten Kernen im Körper der Chironomus- larve. Im Darm, den Malpighischen Gefässen und den Nerven- zellen wird dasselbe beobachtet: die am meisten entwickelten Chromatinfäden sind in den grössten Kernen vorhanden. Die Chromatinfadenstruktur der Kernelemente steht, wie es mir scheint, auch in einem gewissen Zusammenhang mit der sekre- torischen Tätigkeit der Zelle. Zugunsten dieser Ansicht spricht der Umstand, dass Kerne mit Chromatinfäden am häufigsten in Drüsenzellen angetroffen werden. (Speicheldrüsen, Malpighische Gefässe, Darmepithelzellen, deren sekretorische Funktion des- gleichen eine sehr beträchtliche ist, in Berücksichtigung der zahlreichen Einschlüsse — bei der Chironomuslarve krystallinischer, die sich in Hämatoxylin nach Heidenhain, nach der Fixierung in Flemmings Gemisch, färben und das Protoplasma dieser Zellen besonders in der Umgebung des Kernes anfüllen.) In den Speicheldrüsenzellen erlangen die CUhromatinfäden ihre grösste Entwicklung. Herrn Professor Dr. A.S. Dogiel, der mich während meiner Arbeit beraten hat, sowie seinen Herren Assistenten spreche ich meinen ergebensten Dank aus. Nachtrag. Vor einiger Zeit erschien im „Archiv für Zellforschung“ (Bd. 9, I. Heft 1912) eine wichtige Arbeit von F. Alverdes; die vorläufige Mitteilung derselben habe ich schon oben mehrmals zitiert. Die jetzige Arbeit von Alverdes erschien, als die meinige schon beendet war. Der Streit zwischen der Spiral- theorie von Herwerden und der alten Scheibentheorie scheint jetzt, nach den Untersuchungen von Alverdes, völlig ent- schieden zu sein, da Alverdes zeigte, dass in gewissen Stadien ihrer Entwicklung die Kerne der Speicheldrüsenzellen eine Zur Frage über den Bau des Zellkernes ete. 57 spiralige Struktur des Chromatinfadens haben, die sich später in eine scheibenartige verwandelt. Die chromatische Spirale ist doppelt, besteht also aus zwei um einen achromatischen Zylinder spiralig gewundenen Fäden. Ich habe im Kerne einer der Drüsen- zelle, die aus dem Hypoderm entstehen und welche ich später noch näher zu studieren hoffe, eine doppelte Chromatinspirale gesehen, welche völlig den von Alverdes beschriebenen ent- spricht. Im übrigen stimmen die Befunde von Alverdes nicht immer mit den meinigen überein. So verteidigt Alverdes seine frühere Ansicht, dass die dunklen Scheiben aus Chromatin und die hellen — aus Achromatin bestehen, und beschreibt sogar in den hellen Scheiben ein achromatisches Netz. Meiner Meinung nach kann dieses Netz nichts anderes als Faltungen der achro- matischen Hülle sein, die, nach meinen Beobachtungen, den ganzen Kernfaden der Länge nach umhüllt, während nach Alverdes eine derartige Hülle gar nicht vorhanden ist. Er identifiziert das von ihm beschriebene Netz der achromatischen Scheiben mit der Längsstreifung des Kernfadens, welche Leydig verteidigte und welche, nach meiner Meinung, auch nur ein Zufall der Faltung der peripherischen Hülle ist. Sehr interessant ist endlich der Befund der amitotischen Teilung der Kerne in den Speicheldrüsen- zellen, die Alverdes gefunden hat. Die Tatsache, dass die Kerne, welche Kernfäden enthalten, sich amitotisch, und nicht mitotisch, teilen, scheint mir gegen eine Identifizierung der Struktur des Kernfadens mit dem Spiremstadium der Karyokinese zu sprechen. W. Faussek: [SS | [0 0) Literaturverzeichnis. Alverdes, Fr.: Die Entwicklung des Kernfadens in der Speicheldrüse der Chironomuslarve. Zoolog. Anz., Bd. XXXIX, I, 1912. Balbiani, E.G.: Sur la structure du noyau des cellules salivaires chez les larves de Chironomus. Zoolog. Anz., Bd. IV, 1881. Bolsius,H.: Sur la structure spiralee ou discoide de l’&l&ment chromatique dans les glandes salivaires des larves de Chironomus. La Cellule, TERSSVIT, 1911. Erhard, H.: Über den Aufbau der Speicheldrüsenkerne der Chironomuslarve. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 76, I, 1910. Herwerden, M. A. van: Über die Kernstruktur in den Speicheldrüsen der Chironomuslarve. Anat. Anz., Bd. XXXVI, 1910. Dieselbe: Über den Kernfaden und den Nucleolus in den Speicheldrüsen- kernen der Chironomuslarve. Anat. Anz., Bd. XXXVIII, 1911. Korschelt, Eugen: Über die eigentümlichen Bildungen in den Zell- kernen der Speicheldrüsen von Chironomus plumosus. Zoolog. Anz., Bd. VII, 1889. Kulagin, N.: Zur Frage über die Struktur der Zellkerne der Speichel- drüsen und des Magens bei Chironomus. Zeitschr. f. wiss. Insekten- biologie, Bd. I, 1905. Leydig, Fr.: Untersuchungen zur Anatomie und Histologie der Tiere. Bonn 1883. Erklärung der Abbildungen auf Tafel III und IV. Fig. 1. Zellkern einer Speicheldrüsenzelle von einer Chironomuslarve. Färbung mit Phenosafranin und dem Gemisch von Blochmann. Reichert hom. Immers. Yı2, Oc. 4. a — Nucleolus, in ihm sind zahlreiche basophile Körnchen sichtbar, eingeschlossen in eine Schicht oxyphiler Substanz, die nur am Rande wahrnehmbar ist; bbb — Teile des Kernfadens, in dessen Scheiben basophile Körner sichtbar sind; c — Querschnitt der Kette, auf welchem der Bestand der Scheibe aus einer inneren körnigen Masse basophiler Substanz und einem peripheren oxyphilen Saum sichtbar ist; dd = Lininfäden; e = strukturlose Membran, die den Kernfaden umhüllt. Fig. 2. Nucleolus aus einer Speicheldrüsenzelle einer Chironomuslarve. Färbung mit Safranin und dem Gemisch von Blochmann. Reichert, hom. Immers. !/ı2, Oc. 4. a — innere basophile Substanz (in ihr sind Vacuolen sicht- bar); b — periphere Schicht oxyphiler Substanz. Fig. Fig. Fig. Fig. Zur Frage über den Bau des Zellkernes etc. 59 Nucleolus aus einer Speicheldrüsenzelle einer Chironomuslarve aus einem Präparat, das mit salpetersaurem Silber nach R. y Cajal gefärbt worden war. Reichert, hom. Immers. !ı2, Oc. 4. A — Ansicht des Kernkörperchens von der Oberfläche, B — Dasselbe Kernkörperchen auf einem benachbarten Schnitt im Längs- schnitt; aa — Teile des inneren Abschnittes des Kernkörperchens, die aus argentophiler Substanz bestehen ; b —= periphere (oxyphile) Schicht des Kernkörperchens mit eingeschlossenen zahlreichen argentophilen Körnern; cc — Brücken, die die inneren Teile des Kernkörperchens verbinden; d —= Kernfaden, der in den Nucleolus eintritt. j Teil des Kernfadens aus einem Präparat, das mit Phenosafranin und dem Gemisch von Blochmann gefärbt worden ist. Reichert, hom. Immers. !ıe, Oc. 4. aa — dunkle Scheiben; bb —= helle Scheiben; ce — dunkle Scheiben, deren Ränder leicht umgebogen sind, was den Anschein einer Spiralstruktur hervorruft; dd — basophile in den dunklen Scheiben eingeschlossene Körner. Teile des Kernfadens aus einem Präparat, das mit salpetersaurem Silber und Lichtgrün gefärbt war. aa — grosse argentophile Körner, welche die Scheiben bilden ; b = gleiche infolge Quellung in der Fixierungsflüssigkeit besonders grosse Körner; cc — kleine argentophile Körner. Lebender ungefärbter Kern aus einer Speicheldrüsenzelle einer Chironomuslarve. Reichert, Obj. 7, Oec. 4. Im Kern ist ein Teil des Kernfadens mit stark lichtbrechenden Körnern (aa) sichtbar. b = Balbianischer Ring; ce = Kern- körperchen mit zwei Brücken e und d, die einen Ring bilden; f = Kernmembran. Nucleolus und Teile des Kernfadens aus dem Kern einer Speichel- drüsenzelle einer Chironomuslarve. Das Präparat ist mit Pheno- safranin und dem Gemisch von Blochmann gefärbt, wobei jedoch fast sämtliches Phenosafranin extrahiert ist. Reichert, hom. Immers. !Jı2, Oc. 4. A — ringförmiger Nucleolus, durch dessen Öffnung der Kern- faden hindurchtritt; a — basophile (ungefärbte) Körner in dem Kernfaden. B —= Teil des Kernfadens mit stark lichtbrechenden basophilen Körnern und scheibenförmigen Körpern (b). Teil des Kernfadens aus einem mit Phenosafranin und dem Gemisch von Blochmann gefärbten Präparate. Reichert, hom. Immers. '/ı, Oc. 4; in dem Faden sind basophile Körner und scheibenförmige Körper sichtbar. Ringförmiges Kernkörperchen aus einer Speicheldrüsenzelle einer Chironomuslarve, gefärbt mit salpetersaurem Silber. Reichert, hom. Immers. Y/ız, Oc. 4. a — Brücke, die beide Ringhälften verbindet, seitlich von ihr verläuft der Faden. 60 Fig. 10. Riesa W.Faussek: Zur Frage über den Bau des Zellkernes etc. Ein gleicher Nucleolus wie auf Fig. 9 im sagittalen optischen Durchschnitt, gefärbt mit salpetersaurem Silber. Reichert, hom. Immers. !/ı2, Oc. 4. a — Brücke, die beide Ringhälften verbindet; in der Öffnung zwischen diesen verläuft der Kernfaden (b). Verschiedene Kerne aus Epithelzellen des Mitteldarmes einer Chiro- nomuslarve. Reichert, hom. Immers. !Jı2, Oc. 4. A — Kern mit zwei Kernkörperchen und einem vollkommen entwickelten Kernfaden, gefärbt mit Phenosafranin und Lichtgrün. B = Kern in einem früheren Stadium: im Zentrum des Kernes liegt das Kernkörperchen, das mit der Kernmembran durch achro- matische Fäden verbunden ist, um die sich basophile Körner an- sammeln. Färbung mit Phenosafranin und dem Gemisch von Blochmann. © = kleiner Kern auf einem noch früheren Ent- wicklungsstadium, gefärbt mit salpetersaurem Silber und Lichtgrün. Im Kernkörperchen sind argentophile Körner sichtbar; dasselbe ist mit der Kernmembran durch Achromatinfäden verbunden. D= ein isoliertes Kernkörperchen aus dem Kern einer Darmepithelzelle. Färbung mit salpetersaurem Silber. Das Kernkörperchen besteht aus zwei Teilen, einem inneren argentophilen und einer äusseren durch Silber schwach tingierten Schicht. 61 Aus dem Anatomischen Institut in Strassburg. Über physiologische Pigmentablagerung in den Kapillarendothelien des Knochenmarks. Von Hans Brass. X. Fortsetzung der Studien über das Blut und die blutbildenden und -zerstörenden Organe, Von Franz Weidenreich. Hierzu Tafel V. Die Frage nach dem Bau der Blutkapillaren ist trotz zahl- reicher Untersuchungen noch nicht in allen Einzelheiten gelöst, noch weniger aber besteht eine klare und einheitliche Auffassung von der Funktion der Kapillarendothelzellen. Vielleicht ist es auch nicht möglich, eine Erklärung der Endothelfunktion in eine allgemein gültige Formel zu fassen. Da nämlich die verschiedenen Kapillarbezirke Abweichungen in ihrem Bau aufweisen, so scheint der Gedanke berechtigt, dass diesen histologischen Differenzen auch funktionelle Eigentümlichkeiten der Endothelzellen entsprechen könnten. Worin dieselben bestehen, entzieht sich aber in der allergrössten Mehrheit der Fälle unserer Kenntnis. Man weiss ganz allgemeinhin — um nur einige Beispiele zu geben, — dass kleine Partikelchen, die durch die Kapillarwand hindurchgelangen, nicht durch vorgebildete Stomata, sondern durch Lücken, die jedesmal durch Auseinanderweichen der Endothelzellen entstehen, durchtreten, ja es lässt sich auch eine aktive Beteiligung der Endothelien dabei denken, aber gerade diese entbehrt eines all- gemein anerkannten histologischen Nachweises. Man hat ferner nach den Untersuchungen von R. Heidenhain über Lymph- bildung annehmen wollen, dass die Kapillarendothelien sekretorisch, also nach Art von Drüsenzellen, tätig sein könnten; der histologische Beweis steht aber aus. Anhäufungen von Pigment in Endothelien verschiedener Organe sind bei pathologischen Zuständen häufig genug beobachtet worden; sie erlauben jedoch nur Schlüsse auf ‚krankhafte Verhältnisse, und es wäre daher von Wichtigkeit, 62 Hans Brass: wenn sich auch die physiologische Tätigkeit von Kapillar- endothelien mikroskopisch nachweisen liesse. Die Möglichkeit hierzu gewährt die Untersuchung der Knochenmarkskapillaren von Säugern, deren auch in normalem Zustand vorhandener Pig- mentgehalt einiges Licht auf die Endothelfunktion zu werfen vermag. Literatur. Bei der Beurteilung der in der Literatur immerhin nicht selten erwähnten Pigmentbefunde im Knochenmark ist zu unter- scheiden zwischen experimentell hervorgerufenen, in pathologischen Fällen beobachteten und als physiologisch erkannten Pigmentationen. Bei den ersteren handelt es sich grösstenteils um Ablagerungen von Farbstoffen oder Metallsalzen, sodann aber auch um Anhäufung von Blutpigment bei experimentell erzeugter Hämatolyse oder Plethora. Ponfick und Hoffmann u. Langerhans waren die ersten, die sich mit der Frage nach dem Verbleib von inji- zierten Farbstoffen im Organismus ausführlicher beschäftigten, nachdem zuvor schon Hoyer und v. Recklinghausen das Vorkommen von Zinnober im Knochenmark nach Injektionen be- schrieben hatten. Sowohl Ponfick als auch Hoffmann und Langerhans fanden die Zinnoberkörnchen unter anderm im Knochenmark in Zellen abgelagert, die Ponfick als Markzellen des Iymphoiden Gewebes bezeichnet, während die beiden anderen Autoren drei Zellarten, nämlich eine intravasculär und zwei extravasculär gelegene, unterscheiden. Freie Zinnoberkörnchen wurden nicht gefunden. Ähnliche Resultate erhielt Siebel nach Indigoeinspritzungen. Die Körnchen waren stets an Zellen ge- bunden, die, ursprünglich dem Blute angehörig, schon nach zwei Stunden extravasculär lagen und nur als Pulpazellen imponierten: zum grossen Teil wurde der Farbstoff aber auch in grossen, zwischen den weiten Venen liegenden Rundzellen abgelagert, die nebenbei noch anderes Pigment oder rote Blutkörperchen enthalten konnten. Welcher Art dieses andere Pigment ist, setzt Siebel nicht auseinander. Glaevecke spritzte Kaninchen Eisensalze ein und fand zwar im Knochenmark Eisenpigment innerhalb von Zellen, die er nicht näher beschreibt; aber er betont gleichzeitig, dass er dasselbe Bild bei einem normalen Kaninchen gefunden habe, so dass die Injektion von Eisensalzen auf den normalen Eisen- gehalt des Knochenmarks ohne Einfluss sei. Mit dem Nachweis Über physiologische Pigmentablagerung etc. 63 von eisenhaltigem Pigment beschäftigte sich vor allem Quincke (80), welcher nach Bluttransfusion bei Hunden in den Markzellen des Knochenmarks und in geringerer Menge auch innerhalb der blutführenden Räume dieses Organs eisenhaltige Körner fand, die „sowohl durch diese Reaktion als auch oft durch Form und Grösse ihre Abstammung von roten Blutkörpern dokumentieren“. Die Markzellen, soweit sie Pigment führen, hält der Autor übrigens für vielleicht identisch mit weissen Blutkörperchen. Im Gegen- satz zu dem Ergebnis der Transfusion verschwanden die Pigment- körner nach Entziehung grösserer Blutmengen (83). Nach direkter Injektion von Eisensalzen fand Lipski, ähnlich wie Glaevecke, ein Pigment, das die Eisenreaktion gab und einerseits in den Markzellen des Knochenmarks, andererseits ausserhalb derselben in der Umgebung von Riesenzellen und Gefässen abgelagert war. Da er den Knochenmarkskapillaren eigne Wandungen abspricht, vermutet er, dass das Eisen zum Teil in den Markzellen, zum Teil zwischen denselben stecken bleibt. Unter einem gemeinsamen Gesichtspunkt sind die Arbeiten von Minkowski und Naunyn, Löwit, Biondi und Heinz zu betrachten, wenn auch die Ver- suche an ganz verschiedenartigen Tieren und in verschiedener Ab- sicht ausgeführt wurden. Sie alle aber führten durch Blutgifte eine Hämatolyse herbei und erhoben ziemlich übereinstimmende Befunde. Auf die Resultate dieser Arbeiten werde ich zum Teil noch im geeigneten Zusammenhange zurückzukommen haben; hier sei nur erwähnt, dass die Autoren durchweg nach Vergiftung ihrer Versuchstiere (Frösche, Vögel, Hunde, Katzen, Kaninchen) mit Phenylhydrazın, Toluylendiamin, Arsenwasserstoff und ähn- lichen blutzerstörenden Giften im Knochenmark hämosiderinhaltige Zellen fanden, über deren morphologischen Charakter sie sich nur kurz äussern. Während Minkowski und Naunyn in ihnen farblose Blutkörperchen sehen, beschreibt sie Biondials „siderofere Zellen gleich denen der Lymphdrüsen, der Milz und der Leber und denen, die bisweilen in den Kapillaren und den Lymph- scheiden der Gefässe vorkommen“. Wichtiger ist der kurze Bericht von Cousin, weil er sich direkt und ausschliesslich mit der Untersuchung über die Ablagerung injizierter Stoffe im Knochenmark befasst. Seine Versuchstiere waren Reptilien, Vögel, Kaninchen, Meerschweinchen und Hunde, und zu seinen Injek- tionen benutzte er u. a. ammoniakalisches Karmin, eine Mischung 64 Hans Brass: von Karminpulver und Bacillus subtilis-Bouillion und Lackmusblau („tournesolbleu“). Wesentlich ist, dass Cousin ausdrücklich die Kapillarendothelien des Knochenmarks als diejenigen Zellen be- zeichnet, in denen er bei den nach kurzer Zeit oder einigen Tagen getöteten Tieren seine injizierten Stoffe wieder nachweisen konnte, während all die früher genannten Autoren — nur Biondi spricht einmal kurz von einer diffusen Färbung um die Kapillaren herum — Markzellen als den Sitz des Pigments erwähnen, wenn sie überhaupt nähere Angaben machen. Bei Cousins Experimenten also fanden sich entlang den Kapillaren kleine Züge, deren Färbung jedesmal den eingespritzten Substanzen entsprach; das Endothel wies Zellen mit schwarzen oder blauen Granulationen auf. Nach tiefen Injektionen von Lackmusblau fanden sich bei verschiedenen Tieren rötliche Züge entlang den Kapillaren und rötliche Granulationen in den Endothelzellen, die sich bei Ein- wirkung von Ammoniakdämpfen blau färbten. Auf die Schlüsse, die der Autor daraus zieht, einzugehen, ist noch später Gelegen- heit. In bezug auf seine Injektionen von Bakterien erklärt er, dass sich diese in den Endothelzellen nie hätten nachweisen lassen. tibbert widmet dem Knochenmarksbefund nach Injektionen von Lithionkarmin einige beachtenswerte Bemerkungen und instruktive Zeichnungen, aus denen eine genaue Übereinstimmung mit Cousins Befunden hervorgeht. Er fand im Knochenmark, und zwar in den Kapillarendothelien, ausgedehnte Karminabscheidung in Gestalt von intensiv roten Körnern, die die quergetroftenen Lumina ringsum und die längsgetroffenen auf beiden Seiten um- gaben, vor allem um den Kern der Endothelzellen gelegen waren und nach deren Ausläufern zu abnahmen. Goldmann, der mit Trypanblau, Pyrrholblau und Isanaminblau bei Ratten und Mäusen vitale Färbung erzielte, berichtet, dass er im Knochenmark nur bei den Endothelzellen Erfolg sah, und betont ebenso wie Ribbert, dass die Endothelien anderer Gefässe mit gewissen geringen Aus- nahmen sich völlig ablehnend gegen vitale Färbung verhielten. Dass sich bei einer Anzahl von Krankheiten, wie z. B. der perniziösen Anämie, allenthalben im Körper, also auch im Knochen- mark, Ablagerung von exogenem oder endogenem Pigment findet, ist bekannt; ich beschränke mich daher darauf, kurz einiger Arbeiten zu gedenken, die speziell auf das Knochenmark als Ab- lagerungsstätte solcher Pigmente hinweisen. Da ist hauptsächlich ı- Über physiologische Pigmentablagerung etc. 65 Peters zu nennen, dernachwies, dass bei marastischen Individuen, bei Granularatrophie der Nieren und bei Kindern mit Darm- katarrh Pigmentkörnchen im Knochenmark auftreten. Quincke (80) fügt noch einen Fall von Diabetes mellitus mit Siderosis hinzu, und Lipski erwähnt die Resultate von Peters, ohne eigne Beobachtungen hinzuzufügen. In einem anderen Lichte erscheinen diese Untersuchungen durch die Tatsache, dass auch schon bei ganz normalen Tieren und Menschen das Vorkommen von Pigment im Knochenmark bewiesen ist. Der erste, der darauf aufmerksam machte, war wohl Nasse, der bei alten Menschen, alten Pferden und Hunden eisenhaltiges Pigment nachwies und auch Ochsen, Schweine, Mäuse, Kaninchen und Hühner, freilich erfolglos, daraufhin untersuchte. Schon vorher hatte übrigens Bizzozero eine kurze Andeutung über das Vorkommen von Pigmentkörnern in „Iymphoiden Zellen“ gemacht, das er auf den Zerfall roter Blutkörperchen zurück- führte. Sodann finden sich aber auch bei experimentell arbeitenden Autoren, wie ich sie oben anführte, genug Stellen, aus denen hervorgeht, dass sie die Folgerungen aus den Ergebnissen ihrer Experimente einschränken mussten, weil sie schon normalerweise vorkommendes Pigment konstatieren konnten. Glaeveckes Befund erwähnte ich schon vorhin; Quincke (80) sah im Knochen- mark normaler Hunde Pigment- resp. eisenhaltige Körner, so dass die Transfusion von Blut nur zu einer quantitativen Steigerung der Pigmentierung führte. Die Mengen dieser Körner bei den gesunden Tieren waren dabei im roten Mark grösser als im gelben, im Sternum reichlicher als im Femur und in diesem wieder grösser an der Peripherie als im Zentrum. Grosse Körner überwogen die feineren. Ausserordentlich wechselnd ist seiner Behauptung nach die physiologische Siderosis im menschlichen Mark. Was die Lage des Pigments anbetrifft, so ist sie dieselbe wie die des experimentell erzeugten: Parenchymzellen und blutführende Räume des Marks halten die Körner umschlossen; frei dagegen, wie Nasse behauptet, liegen sie nicht. Auch Biondi macht mehr- fach die Angabe, dass die von ihm erzeugte Hämatolyse, besonders wenn die Tiere schnell starben, den normalen Pigmentbefund wenig veränderte. Seine Bemerkungen beziehen sich übrigens nur auf Hämosiderin, das er beim Kaninchen spärlich in sideroferen Zellen in derselben Anordnung wie beim Hund sah. Demnach : Archiv f. mikr. Anat. Bd.82. Abt.1. 5 66 EHranısmBiTiasise befand es sich vorzugsweise in der Nähe von Kapillaren, hier und da eine „leichte diffuse Färbung der Gefässwände“ hervor- rufend. Leider ist die Beschreibung zu ungenau, um präzise Schlüsse auf die Lokalisation des Pigments zu erlauben. | Untersuchungsergebnisse. Das Material, dessen ich mich bei meinen mikroskopischen Untersuchungen bediente, stammte von normalen, schnell ge- töteten Kaninchen, Hunden. Ratten und einer Katze, war in Zenkerscher Flüssigkeit fixiert und wurde mir von Herrn Professor Weidenreich freundlichst zur Verfügung gestellt. Die 3, 5 oder 10 « dicken Paraffinschnitte wurden entweder mit Hämalaun-Eosin oder mit Malloryschem Hämatoxylin gefärbt. Ausserdem aber stellte ich an ungefärbten Schnitten die Eisen- reaktion an. und zwar einerseits nach der Quinckeschen Methode mit Schwefelammonium und destilliertem Wasser (1:1), worauf das Präparat in Glycerin mit Schwefelammoniumzusatz untersucht wurde, andererseits mit Salzsäure und Ferrocyankalium nach einer Methode, die Glaevecke angibt. Der Schnitt bleibt hierbei 3—5 Minuten in einer '/sproz. Ferrocyankaliumlösung, der einige Tropfen verdünnter Salzsäure zugesetzt sind. Ich versuchte auch Biondis Methode, der den Schnitt 6 Stunden in 1 proz. Ferrocyan- kaliumlösung lässt und ihn dann 6—12 Stunden mit einer Mischung von 1 gr Salzsäure und 100 gr. 7Vproz. Alkohols weiterbehandelt. Der Befund war bei den vier genannten Tieren durchaus kein gleichartiger. Während bei der Katze das Suchen nach Pigment ganz erfolglos war, wies das Rattenmark hie und da Zellen auf, die sehr spärlich gelbe Körnchen enthielten und sich in der Nähe der Gefässlumina befanden, ohne dass sich eine einheitliche Lokalisation feststellen liess; in einem Mallory- Präparat fiel auf, dass das Pigment in Form ziemlich breiter, ungleich grosser Schollen auftrat. Im Gegensatz dazu erwies sich das Knochenmark des Hundes als sehr reich an gelbbraunen, verschieden geformten Pigmentkörnchen, die massenhaft in ziemlich grossen Zellen des Marks. aber nicht in der Wand von Kapillaren oder in auf- fallender Häufung in deren Nähe gelegen waren. Fig. 1 zeigt eine derartige Retikulumzelle — nur solche kommen hier in * Betracht, — die ausser dem Pigment noch den Rest eines roten Über physiologische Pigmentablagerung ete. 67 Blutkörperchens und in einer Vakuole den zerfallenden Kern eines Leukocyten enthält. Eine besonders charakteristische und in allen Präparaten in der gleichen Weise wiederkehrende Pigmentierung zeigt das Kaninchenmark (Fig. 2, 3, 4%. Es handelt sich hier um braune, braungelbliche oder gelbe Körnchen, die, rundlich oder unregelmässig gestaltet, einander an Grösse ungefähr gleichen, während sie den durchschnittlichen Umfang von Leukocyten- eranula, wenn man von diesen etwa die pseudoeosinophilen des Kaninchens zum Vergleich heranziehen will, übertreffen. Niemals tritt hier das Pigment, wie z. B. bei der Ratte, in Form grösserer Schollen auf, und ebensowenig habe ich beobachtet, dass rote Blutkörperchen ähnlich dem beim Hunde (Fig. 1) beschriebenen Befund, phagocytär aufgenommen worden wären oder sich in Resten vorgefunden hätten. Die Körnchen liegen also stets in Zellen, deren Leib sie unter Freilassung des Kerns fast voll- ständig ausfüllen und die ihrerseits manchmal zwar in Lage und Form denen des Hundemarks entsprechen, hauptsächlich aber dem Laufe der Kapillaren folgen. Diese Zellen, ausgezeichnet durch einen mässig grossen Kern und einen langgestreckten, schmalen, an der Stelle des Kerns etwas ausgebuchteten Proto- plasmaleib, bilden die Wand der Kapillaren und markieren viel- fach deren Verlauf infolge ihrer Füllung mit Pigment aufs deutlichste. Ich verweise auf die Figuren 2, 3 und 4, welche das Gesagte gut veranschaulichen. Das Kapillarlumen in Fig. 2 ist umsäumt von feinen, ziemlich gleich grossen, gelbbraunen Körnchen, die, wie auch Fig. 3 deutlich erkennen lässt, innerhalb der oben beschriebenen Zellen liegen. Manchmal erstrecken sich besonders grosse und schmale Zellen weithin der Kapillarwand entlang; ist die Kapillare quer geschnitten wie auf Fig. 4, so er- scheint ihre Wand als dicht pigmentierter Ring. Recht instruktiv ist das Bild der von der Fläche gesehenen Zelle in Fig. 5, welches dadurch zustande kam, dass die Kapillarwand tangential ge- troffen wurde; hier sieht man sehr gut, dass in der Tat der ganze Zelleib von Pigmentkörnchen erfüllt ist. Auf Grund dieser ständig wiederkehrenden Bilder, der Lage und Gestalt der pigment- führenden Zellen sind sie zweifelsohne als Endothelzellen anzusehen. Mit dieser Feststellung berühre ich eine noch immer nicht ganz entschiedene Streitfrage, das Problem der Blutgefässe im Hr 65 Hans Brass: Knochenmark. Zwei Ansichten stehen sich hier gegenüber. Nach der einen, die schon Hoyer auf Grund von Injektionsexperi- menten vertrat, fliesst das Blut im Knochenmark, analog etwa den Verhältnissen in der Milz, in lakunären Bahnen, ohne dass es überhaupt zur Bildung von Kapillaren kommt. Van der Stricht behauptet, dass die Endothelien der arteriellen Kapillaren schliesslich aufhörten regelmässig und in ihren Konturen durch Silbernitrat darstellbar zu sein; die venösen nehmen dann aus den lakunären, offenen Blutbahnen die Produkte des Knochenmarks und die zugeführten Blutbestandteile auf. Zahlreicher sind die Vertreter der anderen Ansicht, derzufolge auch im Knochenmark das Blut bestimmte, mit Wandungen versehene Bahnen benutzt, und bereits Neumann (69) gibt eine nähere Beschreibung der Kapillaren. Er schildert sie als zahlreich und weit, mit einer Wand, die aus einer hyalinen Membran mit eingelagerten Kernen und mit divertikelartigen spitzen Sprossen besteht, und unter- scheidet arterielle und venöse Kapillaren, die ineinander über- gehen. Hoffmann und Langerhans pflicehten ihm bei, wollen aber weder eigentliche Venen noch Kapillaren, sondern nur weite Gefässe mit kernhaltiger Membran im Knochenmark anerkennen. In neuerer Zeit hat Venzlaif das Gefäßsystem im Knochenmark der Vögel einer genauen Untersuchung unterzogen. Die wenigen Hauptäste, die von der Art. nutritia abgehen, lösen sich ın Kapillaren auf, deren Wand aus der Intima und der Fortsetzung des Häutchens besteht, welches in den Arterien Intima und Media trennt Die Wand der venösen Kapillaren, in welche die vielfach anastomosierenden arteriellen übergehen, wird von dem genannten Häutchen gebildet, an dessen Innenseite Endothelzellen, an dessen Aussenseite wie bei den arteriellen Kapillaren Bindegewebszellen liegen. Eine einzige grosse Vene mit drei Wandschichten führt das Blut zum Foramen nutritium wieder hinaus. Auch Maximow gehört zu den Verfechtern der zweitgenannten Ansicht und stützt sie durch die Ergebnisse seiner Forschungen über die embryonale Histogenese des Säugermarks. Die breiten Kapillaren des primären Knochenmarks werden später immer weiter, ihr Endothel aber wird dünn und schmächtig, und einzelne Endothelzellen lösen sich ab und ragen ins Kapillarlumen hinein. — Nach alledem besteht wohl über die Berechtigung, die vorher von mir beschriebenen Zellen als Kapillarendothelzellen anzusprechen, kein Zweifel. Über physiologische Pigmentablagerung ete. 69 Es steht aber noch die Frage nach der Natur des Pigments, das sich darin findet, offen. Eine Zuführung körper- fremder Stoffe ist, da die Tiere durchaus gesund waren und keine Injektionen erhalten hatten, auszuschliessen; mehr Wahr- scheinlichkeit hat die direkte Herkunft des Pigments aus dem Blute für sich. Eine wichtige Stütze dieser Vermutung wäre der positive Ausfall der Eisenreaktion, die jedoch hier versagt. Nach der Quinckeschen Methode erhielt ich ein Bild, bei dem man zweifelhaft sein kann, ob Hämosiderin vorliegt oder nicht; immerhin scheint es so, als ob einzelne Körner dunkelgrün bis schwarz gefärbt sind. Beim Hunde, bei dem es sich aber nicht um typische Endothelzellen handelt, ist dies am häufigsten der Fall. wenn auch keine ganz ausgesprochene Reaktion eintritt. Völlig negativ aber war bei Hund, Ratte und Kaninchen der Ausfall der Probe mit Ferrocyankalium und Salzsäure. Dieses Ergebnis jedoch beweist nichts gegen die Annahme der Entstehung des Pigments aus dem Blut, weil ja das Hämo- siderin nicht die einzige Umbildungsform des Hämoglobins ist. Ich möchte zur Unterstützung dieser Ansicht einen Satz aus der anfangs erwähnten Arbeit von Biondi heranziehen. Nachdem er ausgeführt hat, wie bei der plıysiologischen Hämatolyse im Knochenmark das Hämoglobin einen Abbau erfährt und schon bevor die Eıisenreaktion eintritt zur Bildung neuer Erythrocyten verwendet werden kann, sagt er noch einmal ausdrücklich: „Ich will... nur bemerklich machen, dass es nicht durchaus notwendig ist, als Folge der Hämatolyse im Knochenmark das Vorhanden- sein eines Pigments (Hämosiderin) anzunehmen, von dem es sehr unsicher ist, ob es das einzige und letzte Produkt des Häma- globins darstellt.“ Auch M. B. Schmidt findet bei seinen experimentellen Untersuchungen als Tatsache: „Es gibt also beim Frosch ein körniges Pigment, welches kein mikrochemisch nach- weisbares Eisen enthält, obwohl es genetisch und morphologisch vom Hämosiderin nicht unterschieden ist.“ Die anderen Ent- wicklungsstufen des Hämoelobins resp. Oxyhämoglobins also — ich nenne das Hämochromogen, Hämatin, Hämatoidin, Hämo- fusein und Hämatoporphyrin — sind im Gegensatz zum Hämo- siderin charakterisiert durch die gemeinsame Eigenschaft. sich ablehnend gegen die Fisenreaktion zu verhalten. Ausführlicher auf ihre chemische Konstitution und ihren genetischen Zusammen- 70 EramnısmBrraisıse hang untereinander einzugehen, würde zu weit führen; ich will nur kurz die experimentell und morphologisch begründeten Theorien über die Entstehung der Modifikationen des Blutfarb- stoffs skizzieren. Seit Virchow eine Unterscheidung getroffen hatte zwischen körnigem und kristallinischem Blutpigment, suchte man zu ermitteln, in welchem Zusammenhange beide zueinander stünden. Neumann (88) schlug für das körnige Pigment, weil es die Eisenreaktion gab, den Namen Hämosiderin vor und machte seine Entstehung abhängig von der Einwirkung lebenden (Gewebes resp. seiner Zellen auf den Blutfarbstoff, während die Bildung des kristallinischen Hämatoidins einen chemischen Zer- setzungsprozess darstellen sollte. Er verwarf damit die Meinung Perls’, der wie später Mühlmann, das Hämosiderin als eine Vorstufe des Hämatoidins auffasste. M. B. Schmidt unterstützte Neumanns Ansicht durch Experimente und wies ebenfalls der Lebenstätigkeit des Gewebes einen bestimmenden Einfluss auf die Umwandlung des Blutfarbstoffes zu Hämosiderin zu, ohne, wie er hervorhebt, aus dem Fehlen der Eisenreaktion auf Lebens- unfähigkeit des Gewebes zu schliessen. Vielmehr repräsentiert das Stadium der Eisenreaktion „nur eine Stufe in der fortwährend weiterschreitenden Entwicklung des scheinbar unveränderlichen körnigen Pigments und verschwindet mit zunehmendem Alter“. Ebenso aber liegt zwischen der morphologischen und chemischen Ausbildung des Hämosiderins ein kurzer Zwischenraum, in dem das Pigment die Eisenreaktion verweigert. Beide Autoren treten mit ihrer Ansicht auch der Theorie von Langhans, Cohnheim und Quincke (84) entgegen, derzufolge Hämosiderin nur dann entstehen kann, wenn rote Blutkörperchen von Wander- oder Bindegewebszellen aufgenommen werden; Hämatoidin ist dagegen das Umbildungsprodukt von llämoglobin, das aus den roten Blut- körperchen in Extravasate ausgetreten ist. Während sie also zur Einleitung der Pigmentmetamorphose das eine Mal die Auf- nahme der Erythrocyten durch kontraktile Zellen, das andere Mal die Trennung von Hämoglobin und Membran für erforderlich halten, erkennt Schmidt nur in dem letzteren Moment die wesentliche Veranlassung zur Umwandlung des Blutfarbstoffes in irgendwelche Form. Morphologisch in seinem Auftreten untersucht ist noch das Hämofusein, das z. B. Schilling entweder für ein Residualprodukt Über physiologische Pigmentablagerung etc. 1 des Hämosiderins oder für ein in glatten Muskelzellen spezifisch gebildetes, ihnen gelöst zugeführtes Pigment hält. v. Reckling- hausen bezeichnet mit diesem Namen das eisenfreie Blutpigment, das der Hämochromatose eigentümlich ist und sich in den Wandungen des Magens und Darms, in glatten Muskelfasern, in Drüsen und in den Bindegewebsscheiden der Blutgefässe, sogar bis zu den kapillaren Venen hin findet. Für das von mir oben beschriebene Pigment kommt Hämo- siderin, weil die Eisenreaktion fehlt, kaum in Betracht: auch Hämatoidin scheidet aus, dessen Vorkommen im Knochenmark übrigens von Quincke (84) und Naunyn und Minkowski aus- drücklich bestritten wird, wobei sie Hämatoidin und Bilirubin identifizieren. Ob das in den Endothelzellen abgelagerte Pigment nun lediglich eine nicht die Eisenreaktion gebende Vorstufe des Hämosiderins oder eine der vielen anderen Formen des abge- bauten und modifizierten Blutfarbstofts ist, vermag ich nicht zu entscheiden. Auf Vermutungen muss ich mich auch beschränken bei dem Versuch, die Ablagerungsweise des Pigments in den Endothelzellen und die Art, wie es hingelangt, zu erklären, wenn auch die Lösung dieser Aufgabe durch die Verwertung der Kenntnisse, die wir über den Untergang roter Blutkörperchen und ihre Weiterverwendung im Organismus besitzen, erleichtert wird. Tagtäglich finden, wie Weidenreich ausführt, zahlreiche Erythroeyten ihren Untergang, um ihr dabei freiwerdendes Hämo- globin teils zur Bildung von Gallenfarbstoff, teils zum Aufbau neuer Erythrocyten herzugeben. Ihre Zerstörung kann -in ver- schiedener Weise vor sich gehen; entweder werden sie ausge- laugt. oder es kommt zu einem Zerfall der roten Blutkörperchen zu kleinen, granulaähnlichen Trümmern, die von Leukocyten oder bindegewebigen, auch endothelialen Elementen der Blutorgane (Milz, Blutlymphdrüsen) aufgenommen werden. Häufig ist auch zu beobachten, dass rote Blutkörperchen in toto durch Phago- cytose in die Endothelien der eben genannten Organe gelangen und dort zerstört werden. Alle diese im normalen Blut be- obachteten Vorgänge sind nicht an bestimmte Organe allein ge- bunden, soweit nicht deren Endothelzellen phagocytieren, sondern sie müssen sich auch innerhalb der “efässe abspielen. Dafür spricht schon allein die Tatsache, dass die in der Leber durch 2 EaaanısaBirlarsise direkte Phagocytose aufgenommenen Erythrocyten nicht genügen, um den Bedarf an Gallenfarbstofft zu decken. Is muss also im Blut gelöstes Hämoglobin kreisen, das durch Zerstörung roter Blutkörperchen frei geworden ist. Dazu gesellen sich gelöste Bestandteile von Blutelementen, die in Leber und Milz verarbeitet wurden. Das ist auch die Ansicht Biondis, nach dem das Hämosiderin im Knochenmark nicht das Produkt einer örtlichen Hämaglobinumbildung wäre, sondern gelöst durch den Kreislauf zugeführt sei. In diesem Sinne spricht auch Hunters Theorie, nach der das Eisenpigment in der Leber erst von der Milz aus hintransportiert wird, da die Leber kein Hämosiderin zu bilden vermag. Es ist hier weiter anzuführen, dass Heinz betreffs der Leberzellen und Kupfferschen Sternzellen zu dem Ergebnis kommt, es müsse sich bei der Pigmentbildung infolge von Häma- tolsse um den körnigen Niederschlag gelöster Substanzen aus dem Blut handeln. Und schliesslich belehren uns die Resultate der Arbeiten von Ribbert und Goldmann, dass gewisse Zellen, wie besonders die Kapillarendothelien des Knochenmarks und der Vena portae hepatis, die Fähigkeit haben, gelöst im Blute kreisende Farbstoffe in Körnchenform in sich niederzuschlagen. Mit Berücksichtigung aller dieser Feststellungen lässt sich die Entstehung des Pigments in den Endothelzellen der Knochen- markskapillaren unter physiologischen Verhältnissen ungefähr folgendermassen denken: Da es nicht gelungen ist, typische Phagocytose zu finden, muss man annehmen, dass die genannten Endothelien das im Blutplasma gelöste Hämoglobin aufnehmen und in Pigment verwandeln. Dieses Hämoglobin aber stammt von Erythroeyten, die in der Zirkulation selbst und in den Blut- organen (Milz etc.) zugrunde gegangen sind. Unter solchen Umständen entstandenes Pigment braucht, wie ich noch einmal betonen will, nicht die Eisenreaktion zu geben, selbst wenn es Eisen enthält. Ich glaube, die beschriebenen Verhältnisse werden durch einen Vergleich mit ähnlichen, in anderen Kapillargebieten herr- schenden besser übersehbar werden. Im allgemeinen besitzt der histologische, recht einfache Aufbau der Kapillaren keine grosse Manniefaltiekeit. Das Endothelrohr ist von einer bindegewebigen, manchmal auch elastischen Umhüllung, einer Adventitia capillaris umgeben, deren Zusammensetzung je nach der Lage der Kapillaren —1 os Über physiologische Pigmentablagerung etc. wohl verschieden, aber von geringer Bedeutung für ihre spezifische Funktion ist. Die wesentlichen Unterschiede liegen in der Art der Endothelzellen, obgleich gewisse Eigenarten derselben sich an mehreren Stellen wiederholen. So weisen die Endothelien der Knochenmarkskapillaren eine ziemlich weitgehende, . interessante physiologische Übereinstimmung auf mit den v. Kupfferschen Sternzellen, den Endothelien der Leberkapillaren, über deren Bau und Funktion eine Menge von Spezialarbeiten Aufklärung ge- bracht haben. Nachdem v. Kupffer seine ursprüngliche An- sicht, dass es sich hier um perivasculäre Zellen handle, korrigiert und bewiesen hat, dass diese Sternzellen als endotheliale Elemente zu betrachten sind, ist seine Auffassung allgemein angenommen worden. Schon die Methode ihrer Darstellung verrät eine wichtige Eigenschaft der Sternzellen. Injiziertes colloidales Silber (Ernstbohn), andere colloidale Metallösungen (Brötz), Karminlösungen (Ribbert) und viele andere Farbstoffe werden von ihnen aufgenommen und in Körnchenform niedergeschlagen, auf diese Weise die Zellen gut hervorhebend Ebenso verhalten sich ja — und hierin liegt eine sehr wichtige Übereinstimmung — die Knochenmarksendothelien. Wenn Asch nach Einspritzung fein zerriebenen Karmins, v. Kupffer nach Injektionen chine- sischer Tusche die Sternzellen mit solchen Körnchen gefüllt sehen, so entspricht das den Resultaten, die Cousin bei den Knochenmarksendothelien mit Karminpulver erzielte. Diese phago- eytäre Funktion der Sternzellen äussert sich noch weitergehend; Neoplasmenzellen (Gilbert et Jomier), rote Blutkörperchen oder Reste von ihnen bei künstlich erzeugter Hämatolyse (Heinz, Löwit ete.), injizierte Coccen und Bazillen, letztere allerdings hauptsächlich in degeneriertem Zustand, werden mit ausser- ordentlicher Schnelligkeit von den Sternzellen aufgenommen. Wenn ähnliche Befunde bei den Knochenmarksendothelzellen fehlen, so liegt das vielleicht nicht nur an einer tatsächlichen Unfähigkeit derselben, solche Gebilde aufzunehmen — Cousins Bakterieninjektionen würden dafür sprechen — sondern eher noch daran, dass nicht darauf geachtet oder die Natur der Knochenmarkszellen, in denen sich Ablagerungen fanden, ver- kannt wurde. Gleiche Zweifel könnte man auch hegen, wenn zwar Pigmentablagerungen in den Knochenmarksendothelien in pathologischen Fällen in der Literatur nicht erwähnt werden, 4 Eran’saıB riarsis® dagegen von den v. Kupfferschen Sternzellen bekannt ist, dass sie bei einer grossen Reihe von Krankheiten Hämosiderin, Fett- kügelchen etc. enthalten. Endlich macht v. Kupffer darauf aufmerksam, dass er bei ganz normalen Pferden in den Stern- zellen der Leber Hämosiderin gefunden habe, das vielleicht in selöstem Zustande dort hingelangt sei; auch Schilling erwähnt kurz „ein sehr feines, dunkles Pigment, das alle Endothelien gleichmässig durchzieht“ und das er häufig in normalen Tier- lebern fand. Man kann in diesem Befund ein Seitenstück zu dem vorhin beschriebenen Pigmentnachweis in Knochenmarksendothel- zellen sehen, und vielleicht, wie gesagt, liessen sich noch mehr Parallelen ziehen, wenn die Lokalisation des in der Literatur erwähnten Pigments im Knochenmark präziser angegeben wäre. Jedenfalls aber sind in dem Verhalten gegen gelöste Farbstoffe, in der Aufnahmefähigkeit kleiner Partikelchen usw. genug Momente vorhanden, die die ziemliche Übereinstimmung des Endothel- charakters dieser beiden Kapillarbezirke erweisen. Die Bedeutung der Sternzellen für die Funktion der Leber ist heute im grossen und ganzen soweit sichergestellt, dass in ihnen „ein die Phagocytose sehr energisch bewerkstelligender Apparat“ zu sehen ist, in dem auch synthetische, von Plasmo- somen (Arnold) besorgte Vorgänge stattfinden. Über die Be- deutung der Kapillarendothelien im Knochenmark herrscht keines- wegs dieselbe Klarheit und Einigkeit. Cousin äussert sich am ausführlichsten darüber, indem er ihnen zwar keine baktericide oder bakteriophage, wohl aber ausgesprochene phagocytäre Eigen- schaft kleinen soliden Körperchen gegenüber zuspricht. Weiterhin aber schliesst er aus dem bereits geschilderten Erfolg seiner Injektionen von Lackmusblau, dass sie „des granu- lations acides“ besitzen, die eine eigene Drüsenaktivität entfalten. So kommt er zu dem Ergebnis, dass in dem Gefässendothel eine Drüse zu sehen sei, deren Elemente nicht zusammengeballt und in grösseren Massen vereinigt, sondern ausgebreitet und getrennt sind. Nun kann man aber allein aus der Tatsache, dass injiziertes Lackmusblau in Form von rosa Granulationen auftritt, die sich unter Einwirkung von Ammoniakdämpfen blau färben, nicht eigent- lich auf eine Drüsenfunktion schliessen, da die Beeinflussung des Farbstoffs noch nicht die Tätigkeit einer Drüse bedeutet. So ist also wohl nach einer anderen Deutung zu suchen. Goldmann Über physiologische Pigmentablagerung etc. 75 macht auf die Kapillarendothelien des Knochenmarks wegen ihrer Eigenart, sich durch vitale Farbstoffe zu färben, aufmerksam: „Es ist sicher nicht bedeutungslos, dass... .. die Endothelien der venösen Knochenmarkskapillaren ein vital färbbares Granulo- plasma besitzen. Ob auch ihnen ein besonderes Reduktionsver- mögen zukommt?“ Die Erkennung der Tatsache, dass bei gesunden Tieren die genannten Zellen Pigment enthalten, bringt uns der Lösung der Frage einen Schritt näher. Bisher ist also über die Funktion der Knochenmarks- endothelien folgendes festgestellt: 1. Sie nehmen vermittelst Phagocytose kleine, solide Körnchen auf, dagegen keine Bakterien. 2. Sie nehmen im Gregensatz zu den meisten Gefässendo- thelien, ähnlich wie die v. Kupfferschen Sternzellen, in die Blutbahn gespritztes, gelöstes Karmin auf und schlagen es in Körnchenform nieder. Desgleichen färben sie sich körnig mit Pyrrholblau und anderen vitalen Farbstoffen. 3. Sie enthalten bei manchen Tieren (Kaninchen) unter normalen Verhältnissen ein gelbbraunes Pigment in solchen Massen, dass sie dadurch die Kapillarwand deutlich markieren. Dieses Pigment ist veränderter Blut- farbstoff, der durch die Zerstörung roter Blutkörperchen frei und so den Endothelien in gelöstem Zustande zugeführt wird; es gibt jedoch keine Eisenreaktion. Aus all dem geht hervor, dass die Zellen neben einer geringen phagoeytären Eigenschaft eine ausgesprochene synthetische besitzen, die ihren Ausdruck darin findet, dass die durch den Blutstrom gelöst zugeführten Stoffe in Körnchenform in ihnen niedergeschlagen werden. Anderer Natur sind, wie ich als Gegensatz hier hervorheben will, die pigmentführenden Zellen beim Hunde. Bei diesen tritt Phagocytose auf, die der in Lymphdrüsen und Milz beobachteten gleichzusetzen ist; hier entsteht also das Pigment durch Erythro- cytenzerfall innerhalb der Zelle und ausserdem handelt es sich hier um typische Retikulumzellen, die mit den Gefässen in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Die oben erwähnte synthetische Eigenschaft der Endothelien des Kaninchenmarks wird dadurch von besonderer Bedeutung, dass 76 Hans Brass: sie auch den Blutfarbstoff beeinflusst. Der Umstand, dass er unter physiologischen Verhältnissen in den Kapillarendothelien einen Umbau erfährt, weist auf ihren engen Zusammenhang mit der Funktion des Knochenmarks hin. Sie treten somit aus dem beschränkten Rahmen einfacher Wandzellen heraus und vermitteln den Übertritt des in den Kapillaren kreisenden Blutfarbstoffs zu den spezifischen Bestand- teilen des Knochenmarks Das Hämoglobin diffundiert durch die Zellwände der Endothelien, wird in ihnen niedergeschlagen, zu Pigment umgeformt und dann offenbar an die blutbildenden Elemente des Knochenmarkgewebes weitergegeben, welche es wohl zweifellos zur Neubildung von Erythrocyten wieder verwenden. Zum Schluss möchte ich Herrn Geheimrat Schwalbe für die Benutzung der Hilfsmittel des Anatomischen Instituts und Herrn Professor Weidenreich für die Anregung zu dieser Arbeit und seine Unterstützung meinen tiefsten Dank aussprechen. Literaturverzeichnis. Arnold, J.: Über feinere Strukturen der Leber, ein weiterer Beitrag zur Granulalehre. Virchows Archiv, Bd. 166, 1901. Asch, Ernst: Über die Ablagerung von Fett und Pigment in den Stern- zellen der Leber. Inaue.-Dissert., Bonn 1884. Biondi. 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Knochenmark vom Kaninchen. Längs- und tangential geschnittene Kapillare; darin eine von der Fläche gesehene Endothelzelle mit Pigmentkörnchen. Fig. IV. Knochenmark vom Kaninchen. Querschnitt einer Kapillare, deren Wand von Pigmentkörnchen erfüllt ist. 3 v # BEN Er BR I ZRH. EM . Er 3 je DR > 24 „N “,, vi J Wl - erst f G p 5 Ä Kara 2 y a Be ‚ EN $ ö ua: h ; ErE ZUR TER.) £ PR) I r & v k “ Dr f Die Entwicklung der Derivate des Kiemendarmes beim Meerschweinchen. Von H. Rabl, Innsbruck. Seinem lieben Lehrer Victor von Ebner anlässlich seines Scheidens vom Lehramte in Dankbarkeit und Verehrung gewidmet. Hierzu Tafel VI—X und 2 Textfiguren. Inhalt. Seite Einleitung EIN RENHEL. 1 R RREE 19 Brteraturs a RN RR ISTIER EEE en 0, sl Material und Methode . ... . } TE En lo! Beschreibunezdersstadien 2... 2, a ANA SH Zusammenfassung . . Ne ha ee Einleitung. Als ich zu Ostern 1910 auf dem Anatomen-Kongress in Leipzig über einige wichtigere Ergebnisse meiner Untersuchungen, betreffend die Entwicklung der Kiemenspaltenderivate des Meer- schweinchens, berichtete (44), hatte ich nicht erwartet, dass ich die ausführliche Mitteilung — und überdies nur ihren ersten Teil — erst 2 Jahre später der Öffentlichkeit übergeben würde. Denn ich hoffte damals, sie in wenigen Monaten abgeschlossen zu haben. Es traten aber unerwartete Freienisse ein, unter denen ich nur meine Übersiedelung nach Innsbruck nennen will, die mich nötigten, meine ursprüngliche Absicht fallen zu lassen, da sich andere Aufgaben in den Vordergrund drängten, insbesondere Angelegenheiten des Unterrichts, die keinen Aufschub duldeten. Es kam aber noch ein anderer Grund hinzu. Als ich in meiner Untersuchung von Meerschweinchen- embryonen zu jener wichtigen Periode kam, in der die Ein- beziehung des Halsbläschens in die entodermale 'Thymus erfolgt, hatte ich gleichzeitig Gelegenheit, alle Phasen der Umbildung der Thymus aus einem epithelialen in ein Iymphoides Organ zu studieren. Dabei gelangte ich zu einer Ansicht, die sich mit derjenigen der meisten Autoren deckte, die sich ohne Anwendung Archiv f. mikr. Anat. Bd.82. Abt.1. 6 S0 Iransarbile spezifischer Färbemethoden, nicht voreingenommen durch das Ivmphoeytenähnliche Aussehen der kleinen Thymuszellen, sorg- fältig mit der Histogenese der Thymus beschäftigt hatten, d.h. mir erschien die Herkunft der Rundzellen aus dem Epithel der bei weitem wahrscheinlichere Vorgang als ihre Einwanderung. Darum machte ich auch, ohne in meinem Vortrage auf die Histo- genese der Thymus einzugehen, in einer Fussnote die Bemerkung, der Deutung Maximows (32), welcher bekanntlich die letztere Herkunft verficht, nicht beipflichten zu können. Um aber in der Lage zu sein, diese Meinung wirkungsvoll zu vertreten, war es notwendig, sich nicht auf eine Säugetier- spezies zu beschränken, sondern auch andere Arten, vor allem das Kaninchen, das nach den Beobachtungen des russischen Forschers ein ausserordentlich günstiges Objekt darstellt, zu unter- suchen und dabei jene Methode anzuwenden, die nach der Ansicht Maximows in den Stand setzt, schon in den frühesten Stadien Epithelzellen und Leukozyten mit Sicherheit zu unterscheiden. Nun bestand allerdings mein Hauptziel im Nachweise des Ver- haltens des Sinus cervicalis und seiner Beziehung zur entodermalen Thymusanlage. und es war ursprünglich nicht meine Absicht, über die Ontogenese der Kiemenspaltenorgane hinauszugehen. Nachdem aber die Vollendung der Arbeit aus anderen Gründen ohnehin eine Verzögerung erfuhr, beschloss ich, sie durch die Unter- suchung der Histogenese der Thymus zu ergänzen, um eine all- seitig abgeschlossene Vorstellung von der Entwicklung dieses Organs zu gewinnen. Daher wurde die spärliche Zeit, die mir im letzten Schuljahre zu wissenschaftlicher Arbeit übrig blieb, dazu benutzt. um die von Maximow geübte Methode der Eosin- Azur-Färbung auf Meerschweinchenembryonen anzuwenden und Kaninchenembryonen zu untersuchen. die in der Tat, wie gleich die erste Serie lehrte, ganz andere Bilder der Thymusmetamorphose liefern als das Meerschweinchen, das Maximow geradezu als „nicht günstig für die Entscheidung der Herkunft der Thymus- Ivmphocvten“ bezeichnet hat. Diese Untersuchungen nähern sich gegenwärtig ihrem Ab- schluss. Zwar fehlen mir noch einige ältere Stadien von Meer- schweinchen, während andere noch der Zerlegung in Serien harren. Immerhin darf ich hoffen, auch das weiter gesteckte Ziel ın Kürze zu erreichen. Einstweilen erlaube ich mir, als ersten Die Entwicklung der Derivate etc. 81 Teil den Bericht über das Aussehen der Kiementaschen in frühen Embryonalperioden, über die Entwicklung der Schilddrüse, über das Schicksal der Kiemenspaltenorgane und die detaillierte, meine ersten Angaben in zahlreichen Punkten erweiternde Be- schreibung der Anlage der Thymus, der Epithelkörper und des ultimobranchialen Körpers vorzulegen. Im zweiten Teil soll die Histogenese der Thyreoidea und der Derivate der Kiementaschen, insbesondere der Thymus, bis zur Ausbildung des fertigen Zu- standes dargestellt werden. Literatur. Bis zur Zeit des Erscheinens der bereits genannten grossen Arbeit von Maximow war über die Entwicklung der Kiemen- spaltenderivate des Meerschweinchens so gut wie nichts bekannt. In der leider allzu knappen Arbeit von Groschuff (14) wird der Verhältnisse beim Meerschweinchen nur an jener Stelle gedacht, wo der Autor alle Säugetiere aufzählt, die einen Epithel- körper III, nicht aber einen Epithelkörper IV besitzen. Es war ein Irrtum, den ich gleich hier richtigstellen will, das Meer- schweinchen in diese Gruppe aufzunehmen, da sich ein Epithel- körper IV während jeder Periode des Fetallebens, ebenso wie beim erwachsenen Tiere, nachweisen lässt.') Die bereits in meiner vorläufigen Mitteilung zitierte Notiz von Anikiew (2) enthält nur einen einzigen Passus, der auf die Thymusentwicklung Bezug hat, in welchem der Autor den Aufbau der Thymus aus dem „Entoderma der dritten Kiemenspalte und dem Eetoderma des Sinus praecervicalis“ feststellte. Betreffs der Thyreoidea hebt Anikiew hervor, dass sich in späterer Embryonal- zeit von der Drüse Teile absondern und bis zur Anastomose zwischen den beiden Jugularvenen in die Brustgegend hinabrücken. Was die Arbeit von Maximow anbelangt, so erscheinen in derselben die jüngsten Stadien nicht berücksichtigt. Die Unter- suchung beginnt erst bei Meerschweinchenembryonen von 9 mm Länge und erstreckt sich ausschliesslich auf die Verhältnisse der !, Daher kann ich auch Ruben gegenüber, welcher schreibt: „Die Parathyreoidea IV bleibt klein und kann frühzeitig atrophieren“, nur annehmen, er habe sie in älteren Stadien übersehen. 6* 82 H-Rabl: dritten Tasche. Ausser Meerschweinchen untersuchte Maximow, wie bereits aus der vorstehenden Einleitung hervorgeht, auch Kaninchen; ferner Embryonen von Ratten, Mäusen und Katzen. Sein Augenmerk war vorzüglich auf das histologische Verhalten des Epithelkörpers, des Üervicalbläschens und vor allem der Thymus gerichtet, da diese den eigentlichen (Gegenstand der Arbeit bildete. Die äusseren Formverhältnisse berücksichtigte Maximow in seiner Darstellung nur so weit, als es notwendig war, um eine Vorstellung von der Gestalt jener Gebilde im all- gemeinen zu bekommen. Darum beschrieb er auch die Differen- zierung der dritten Tasche nicht für jede Säugetierart getrennt, wie er dies bezüglich der Histogenese der Thymus tat, sondern fasste in jener Hinsicht alle untersuchten Formen zusammen. Seine Angaben über die feinere Struktur des Epithelkörpers, sowie einige Beobachtungen über die Struktur der Epithelzellen der Thymusanlage werde ich bei der folgenden Stadienbeschreibung an geeigneter Stelle zitieren. Dort werden auch die merkwürdigen Einschlüsse, die Maximow reichlich im Epithel des Cervical- bläschens, spärlicher in dem der Thymus, fand, und die auch ich an zahlreichen Örtlichkeiten antraf, zur Besprechung gelangen. Hier möge nur die Schilderung Platz finden, weiche Maximow vom ÜCervicalbläschen gibt. „Das Sinusbläschen !), der sich ab- schnürende und in die Tiefe abrückende Teil des Sinus prae- cervicalis, ist als solches leicht zu erkennen, so lange es mit dem Ektoderm durch einen Epithelstrang noch zusammenhängt. Ausser- dem liegt es, wie gesagt, dem Ganglion des Nervus vagus in typischer Weise meistens sehr eng an. Es stellt ein diekwandiges Epithelbläschen mit spaltförmigem Lumen vor. Dies Lumen ist in dem uns jetzt interessierenden Stadium schon ganz abgeschlossen, da der mit dem Ektoderm in Verbindung gebliebene Epithelstrang bereits massiv ist. Von dem Lumen der dritten Tasche und der Thymusanlage ist es ebenfalls isoliert, wie es auch die Autoren angeben; nur bei einem Meerschweinchen von 10 mm Länge habe ich eine augenscheinlich zweifellose Verbindung des Lumens des ') Die Bezeichnung „Sinusbläschen‘, die übrigens von Maximow nicht als erstem verwendet wird, scheint mir nicht glücklich gewählt zu sein. Da es sich um ein Bläschen handelt, das durch Abschnürung der Halsbucht (Cervicalsinus) entstanden ist, dürfte die Bezeichnung „Üervical- bläschen“ richtiger sein. Die Entwicklung der Derivate ete. 33 Sinusbläschens mit dem Lumen der Thymusanlage gesehen, aber auch in diesem Fall nur auf der einen Seite.!) Das Epithel des Sinusbläschens erscheint dem Epithel der dritten Tasche und auch der Thymusanlage im allgemeinen sehr ähnlich, obzwar es ektodermaler Herkunft ist. Es kann als ziemlich hohes ein- oder mehrschichtiges Zylinderepithel bezeichnet werden, dessen Regelmässigkeit und Dicke aber an verschiedenen Stellen grossen Schwankungen unterliegen. Die Kerne, unter welchen man hellere und dunklere unterscheiden kann, liegen stets in mehreren Reihen übereinander und gleichen in ihrer inneren Struktur den weiter unten beschriebenen Kernen des Thymusepithels; in ihnen kommen zahlreiche Mitosen vor. Die Abgrenzung des Epithels vom Mesenchym ist deutlich, eine Membrana propria fehlt aber.“ Als letzter Arbeit ist noch jener von Ruben, eines Schülers Hammars, zu gedenken (46), die kurz nach meinem Vortrage erschienen ist und zu wesentlich demselben Ziele wie meine Unter- suchung, der Klarstellung des Schicksals des Üervicalbläschens, unternommen worden war. Wie gleich an dieser Stelle bemerkt sein möge, kam Ruben auch zu demselben Resultate. Er unter- suchte 15 Meerschweinchenembryonen zwischen S und 40 mm Länge, von denen neun rekonstruiert wurden. Von diesen neun Modellen beziehen sich vier (von Embryonen von 8, 10, 12 und 14 mm Länge) auf jene Entwicklungsperiode, die auf den folgenden blättern eine eingehende Beschreibung erfahren wird. Leider sind aber die Abbildungen der Modelle, teils wegen der geringen Ver- grösserung, teils wegen der Art der keproduktion, nicht ganz klar. Auch ist die Beschreibung so knapp, dass es kaum möglich ist, den Inhalt der Arbeit in noch weniger Sätzen zusammen- zufassen, als es seitens des Autors geschehen ist. Ich glaube daher am besten zu tun, wenn ich auf ein zusammenfassendes Referat seiner Arbeit verzichte und seine Befunde erst bei Ge- legenheit der Stadienbeschreibung zur Sprache bringe. Nur möchte ich schon jetzt darauf hinweisen, dass Ruben manche mir wichtig erscheinende Tatsachen gar nicht erwähnt hat. :, Ähnliches berichtet Ruben, der die Serien Maximows bei seiner Untersuchung benutzte. Näheres darüber, sowie meine gegenteilige An- schauung s. S. 117 s4 EIsERFanbile Material und Methode. Die dieser Untersuchung zugrunde liegenden Meerschweinchen- embryonen sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Grösse Nummer Alter Renee Nummer = des | “ | Steisslänge) | ges | Fixierung Muttertieres Tagen ‚ Diapositives') | mm | 8 | | £ | Zenkersche ; | 2 | nn | ni Flüssigkeit (Z ) > ? | 319 | — ? % 18 | 3,8 1424 2. 7 | 18 | 4 1134 2. ? ? 4,5 u ? B) 18) 4,5 379 2. 5 19 52) - 2. 5 19 5,1 380 2. au 20 5,2 1495 2. 11 20 6 1494 2. Wr | { | e | fine 1 Teil Z.—+ 2 Teile 25 | 20 | 6,5 | 1713 en. (F,) 8 21 | a 7 Ss 21 8,2 | 1427 2. 29 | ZU 8,5 | 1714 12.+2EF. 2 ? fi 388 = Zu » > | 9 — ? 26 22 | 925) — Z.—+ FE. 3 20 om 1115 22.-4I1E 10 22 10 1428 2. 10 22 10,7 1429 2. ? ? ih = - 30 22 1.162) 2 2. + F. 9 23 12 1430 2. 17 | 19 | 12,5 -- Z2.+ FE. 13 | 24 I" ea = 2. 13 | 24 14 = 2. alyı 19 14 — Z. + FE. 13 | 24 14.5 | 1493 2. ') Herr Mechaniker Dümler, Wien IX, Schwarzspanierstr. 4—6, hatte die Gefälligkeit, stereoskopische Aufnahmen von der Mehrzahl der Embryonen zumachen. Diein obiger Kolumne angeführten Zahlen sind die Nummern, welche die von diesen Aufnahmen gewonnenen Diapositive in seinem „Verzeichnisse wissenschaftlicher Diapositive*“ tragen. Sie können von ihm bezogen werden. *”) Sagittalschnittserie. ®) Frontalschnittserie. yw Die Entwicklung der Derivate etc. 5) Die grössere Zahl der Embryonen habe ich selbst geschnitten; nur jene Serien, worüber die Angaben in der vorstehenden Tabelle unvollständig sind, wurden erst nach meinem Abgange vom Wiener Embryologischen Institut hergestellt und mir freundlichst zur Durchsicht überlassen. Die Schnittdicke betrug meist 10 wu, seltener 12, 15 oder 5 «. Eingebettet wurde ausschliesslich in Velloidin. Die Färbung geschah in Delafields Hämatoxylin und alkoholischer Eosinlösung. Bezüglich der Grösse der Embryonen habe ich zu bemerken. dass die angegebenen Maße genommen wurden, als die Embryonen in 95 °/o Alkohol lagen. Bekanntlich tritt in geeigneten Fixierungs- tlüssigkeiten (die Zenkersche Flüssigkeit mit und ohne Formol- zusatz muss als eine solche bezeichnet werden) keine Schrumpfung, oder höchstens nur eine sehr geringe, ein. Sie lässt sich erst bei der nachträglichen Alkoholbehandlung mit Sicherheit nach- weisen und wird um so stärker, je stärker der einwirkende Alkohol ist. In absolutem Alkohol erscheint die Scheitel-Steiss- länge der Embryonen aus der hier behandelten Entwicklungs- periode um etwa S°/o kleiner als jene, die man unmittelbar nach Entnahme aus dem Uterus in Zenkerscher Flüssigkeit fest- stellen kann. Das Alter der Embryonen ist vielleicht in einigen Fällen zu hoch angegeben, in keinem aber ist es zu niedrig bestimmt worden, da die Trächtigkeit stets vom letzten (Geburtsakt an gerechnet wurde. Denn bekanntlich werden die Weibchen sofort wieder belegt, sobald sie geboren haben. Da aber in den meisten Fällen mehrere Begattungsakte stattfanden, und da ferner die (eburt wiederholt in die Nacht fiel, so liess sich das Alter der Embryonen nicht nach Stunden bestimmen, sondern konnte nur ungefähr nach Tagen angegeben werden. Worauf die im Ver- hältnis zur Grösse der Embryonen abnorm kurze Trächtigkeits- dauer in zwei Fällen (Muttertier Nr. 3 und 17) zurückzuführen ist, muss ich dahingestellt sein lassen. Bei der folgenden Stadienbeschreibung wurde für jedes Stadium ein Embryo ausgewählt, der durch seinen Entwicklungs- grad, die Schnittrichtung, Schnittdicke u. s. w. als günstigster Repräsentant desselben erschien. Angaben betreffend die übrigen Embryonen wurden nur dort eingeflochten, wo es zur Klärung der behandelten Verhältnisse von Vorteil erschien. Sb EiaRsanpile Beschreibung der Stadien. Stadium. Dieser Embryo besitzt ein Alter von 15 Tagen und eine Scheitel-Steisslänge von 3,5 mm. Zwei andere Embryonen des- selben Uterus sind 3,2 und 4 mm lang. Wie zu erwarten, ist der kleinere von diesen wesentlich weniger weit als der zur Rekonstruktion gewählte entwickelt. Er besitzt nur zwei Kiemen- taschen und noch keine Thyreoidea.!) Dagegen sind die Embryonen von 3,5 und 4 mm nur wenig voneinander verschieden. An ihnen war schon von aussen ein dritter Kiemenbogen als kleiner Wulst zu erkennen. An der Ventralseite des Kopfes erscheinen die beiden Unterkieferbögen fast in der ganzen Aus- dehnung ihres medialen Endes noch voneinander getrennt. Nur am hintersten Punkt desselben fliessen sie miteinander zusammen. Die ersten Taschen (Fig. 1, Taf. VI) besitzen ihre weiteste seit- liche Ausladung in der Verlängerung der dorsalen Fläche des Schlundes. Von hier aus zieht die Kante, an der entlang jeder- seits das Entoderm der Tasche an das Ektoderm der Furche grenzt,?) einerseits dorsal zum Gipfel des dorsalen Divertikels, andererseits ventro-medial bis knapp vor die Anlage der Thyreoidea. Daher erscheint die Tasche aus zwei Abschnitten, einem dorsalen und einem ventralen, zusammengesetzt. Doch müssen in diesem Stadium beide Abschnitte noch als Ausstülpungen der seitlichen Schlundwand betrachtet werden, die, wie aus den Verhältnissen im Bereiche der Mandibular- und Hyoidbogen ersichtlich ist, in schräger Richtung von dorsal-aussen noch ventral-innen verläuft. Der (Querschnitt des Schlundes besitzt daher in dieser Region die Gestalt eines Dreieckes mit dorsaler Basis und ventraler Spitze. Ganz analog sind die zweiten Taschen gebaut. Nur er- reichen sie in keiner Dimension die Grösse der ersten. Auch sie bestehen aus einem dorsalen Divertikel und einem ventralen Abschnitt. Doch ist der letztere tiefer und seine Kante, die sich an das Ektoderm anlegt, mehr zugeschärft, als dies bei der ersten Tasche der Fall ist. Die dritte Tasche wird am Modell durch eine tiefe, vom dritten Schlundbogen herrührende Grube von der zweiten ge- !) Ebenso fehlte dieselbe bei einem Embryo von 3,5 mm Länge. >, Diese Kante ist nicht als Linie. sondern als schmales Feld zu denken. Es ist an sämtlichen Abbildungen durch eine gestrichelte Linie konturiert, Die Entwicklung der Derivate etc. 87 schieden. Sie ist wesentlich kürzer als diese. Immerhin kann man an ihr dieselben beiden Abschnitte wie an den vorhergehenden Taschen unterscheiden. Auch sie steht bereits mit dem Ektoderm in Berührung. Nur eine kurze Distanz hinter ihr befindet sich das kaudale Pharynxdivertikel, welches die gemeinsame Anlage der vierten Tasche und des ultimobranchialen Körpers darstellt.') Sie hat !, In meiner Arbeit über den ultimobranchialen Körper der Vögel (42) habe ich zuerst darauf aufmerksam gemacht, dass bei diesen die kaudalen Taschen, infolge der geringen Entwicklung der zwischen ihnen liegenden Bögen, vermittels einer gemeinsamen, weiten Öffnung mit dem Schlunde kommunizieren. Diese in ihrem medialen Teile daher einheitliche, nach aussen aber in drei Zipfel, entsprechend der vierten bis sechsten Tasche, auslaufende Ausbuchtung des Schiundes habe ich als kaudales Pharynx- divertikel bezeichnet. Bei den Säugetieren liegen die Verhältnisse analog. Grosser (16) spricht hier von einem kkaudalen Schlundtaschenkomplex. Ein Unterschied besteht nur darin, dass bei ihnen fünfte und sechste Tasche in den meisten Fällen eine einheitliche Grube bilden. Diese wurde von den älteren Autoren Piersol (37), Prenant (39), Souli& und Verdun (48) als Divertikel der vierten Tasche aufgefasst und mit dem ventralen Divertikel der dritten Tasche homologisiert. Neuere Autoren, zu denen ich mich selbst bekennen muss (43), ferner Getzowa (10), Tandler (49), Nierstrasz (35) u.a. haben sie als die fünfte Tasche bezeichnet. Ich bin aber jetzt der Meinung, dass auch diese Ansicht dem Sachverhalt nicht entspricht, sondern dass jene Grube, bezw. das sich aus ihr entwickelnde, anfangs gestielte Säckchen — wie gesagt — durch die primäre Vereinigung zweier Taschen zustande kommt. Dies lehren nämlich die Verhältnisse beim Menschen, die ich früher nicht genügend berücksichtigt habe. Denn hier gliedert sich, wenn auch nur vorübergehend, jene Grube in zwei Teile: in eine fünfte Tasche, die sogar das Ektoderm erreichen kann (Hammar in Keibel und Elze [26]) und in den ultimobranchialen Körper. Dieser darf aber nicht etwa, wie dies die Auffassung mancher Autoren zu sein scheint, bloss als Divertikel der fünften Tasche aufgefasst werden, sondern stellt den Rest einer selb- ständigen Tasche, i. e. der sechsten, dar, wie wohl mit Sicherheit aus den Befunden von Greil (12) bei Anamniern, von Peter (36) bei Reptilien und von mir bei Vögeln geschlossen werden darf. Dass bei den anderen, bis jetzt untersuchten Säugetieren fünfte und sechste Tasche als einheitliche Grube angelegt werden, ist die Folge des Fehlens des sechsten Schlundbogens, der schon bei den Sauropsiden ausser- ordentlich klein ist. Es ist übrigens nicht ausgeschlossen, dass, wie die Entwicklung des sechsten Schlundbogens, so auch die der fünften Tasche in vielen Fällen ganz unterdrückt ist. Die Annahme, dass sie in den übrigen Fällen in die grosse Grube hinter der vierten Tasche einbezogen ist, gründet sich noch — abgesehen von den erwähnten Verhältnissen beim Menschen — auf die Produktion verschiedenartiger Epithelformationen aus jener Grube. 85 HRiabl: die Gestalt eines kurzen, horizontal gerichteten Zapfens, dem jede Andeutung eines dorsalen Divertikels fehlt. Zwischen ihm und dem Ektoderm befindet sich eine Mesodermlage von zirka 0,095 mm Dicke. Was die Abstände der Taschen voneinander betrifft. so konnte ich darüber durch Messungen am Modell folgendes fest- stellen: Die Distanz des dorsalen Divertikels der ersten Tasche von dem der zweiten beträgt 0,4 mm; ebenso gross ist die Distanz des dorsalen Divertikels der zweiten Tasche von jenem der dritten. Dagegen liegt die vierte Tasche nur 0,17 mm hinter der letzteren. In querer Richtung beträgt die Distanz der beiden dorsalen Divertikel der ersten Tasche voneinander 0,7 mm, die der zweiten Tasche 0,6 mm, jene der dritten Tasche 0,55 mm und die Distanz der beiden letzten Pharynxdivertikel voneinander 0,5 mm. Vergleicht man diese Zahlen mit jenen Maßen, die ich für die analogen Entfernungen beim jüngsten Maulwurfembryo, den ich in meiner Arbeit (41) beschrieben habe, ermittelte, so ergibt sich, dass der Schlund des Meerschweinchens von 3,5 mm Zu den Säugetieren, bei welchen derartiges zur Beobachtung kommt, gehört auch das Meerschweinchen, wie aus der Beschreibung von Stadium VII und VIII hervorgeht. Da hier aber nur Ansätze zur Bildung einer Parathy- reoidea V vorhanden sind, ohne tatsächtlich eine solche zu liefern, werde ich im folgenden jene Grube nur als die Anlage des ultimobranchialen Körpers allein bezeichnen. Bekanntlich bestreitet Maurer, der sich gerade durch die Erforschung der Derivate der Kiemenspalten bei den Wirbeltieren grosse Verdienste er- worben hat, die Kiementaschennatur dieses Körpers. In der Diskussion zu meinem Vortrag (44) betonte er, dass der Körper auch deshalb etwas von den Schlundspalten Verschiedenes sein dürfte, weil er in der Wirbeltierreihe eine fortschreitende Weiterbildung zeige, während die Schlundspalten schwinden. Es muss Maurer ohne weiteres zugestanden werden, dass der postbranchiale, nach meiner Meinung ultimobranchiale Körper, etwas von den Kiemenspalten Verschiedenes ist: aber nur hinsichtlich seiner histologischen Differenzierung, nicht hinsichtlich seiner ersten Entstehung. Nach meiner Meinung handelt es sich um die Lokalisierung einer bestimmten Organanlage (Glandula post- branchialis, Getzo wa) in der jeweilig letzten Schlundtasche. Wie die dritte und vierte Kiementasche der Amnioten, im Vergleiche mit jenen niederer Wirbeltiere, rudimentär angelegt werden und nur in jenen Bezirken eine mächtigere Ausbildung erfahren, welche Epithelkörperchen und Thymus liefern» so ist auch die jeweilig letzte Kiementasche bei allen Wirbeltieren unterent- wickelt und nur hinsichtlich jenes Anteils ausgebildet, welcher den Mutter- boden der spezifischen Drüsenanlage liefert. Die Entwicklung der Derivate ete. toh3) Länge im ganzen etwas grössere Dimensionen als jener des Maul- wurfes von 3.5 mm aufweist. Diesen Umstand könnte man viel- leicht lediglich als den Ausdruck eines allgemeinen Fortschrittes in der Entwicklung gegenüber dem kleineren Maulwurfembryo auffassen. Dem widerspricht jedoch der Befund betreffend die noch fast unvereinigten Unterkieferbogen und ferner die Tatsache, dass sich die Thyreoidea noch in ihrer ersten Anlage befindet. Diese besteht aus einer Gruppe kurzer (ca. 0,1 mm langer) Schläuche, die — auffallenderweise — nicht aus einem gemeinsamen Stiele, sondern aus einer 0,075 mm langen Strecke des rinnenförmig vertieften Mundhöhlenbodens selbst entspringen (Fig. 9). Die Schläuche besitzen eine ganz enge Lichtung und werden von einem einschichtigen Zylinderepithel von 14 z« Höhe ausgekleidet. Der ganze Komplex liegt knapp hinter der Ebene der ersten Taschen, im vorderen Ende des kopularen Teiles der zweiten Kiemenbogen, deren nach der Medianebene zu abfallende Wülste die Wand der Grube bilden. Die Schläuche erscheinen als Sprossen des Epithels der Medianlinie und dringen teils in rein vertikaler Richtung, teils in schräg nach aussen gewendetem Verlauf in das Bindegewebe ein. So stellt sich das verschiedene Aussehen des Schlundes bei zwei Embryonen von nur geringem Grössenunterschiede als Folge der spezifischen Entwicklung der beiden Säugetierarten dar. Ich möchte auch an die Schilderung erinnern, die Hammar (18) von dem Schlunde eines 3 mm langen, menschlichen Embryo gegeben hat. Es geht aus ihr hervor, dass hier ähnliche Ver- hältnisse wie beim Meerschweinchen bestehen. Als Unterschied verdient hervorgehoben zu werden, dass der zweiten und dritten Tasche das dorsale Divertikel fehlt, dass ferner nur der ventrale Ab- schnitt der zweiten Tasche ihre Furche erreicht, während jener der ersten und dritten vom Ektoderm durch Bindegewebe ge- schieden wird und dass endlich schon in diesem Stadium eine rein epitheliale Verschlussmembran der vierten Tasche zur Bildung gelangt ist. Von einer solchen habe ich — wie gleich hier be- merkt sei — beim Meerschweinchen überhaupt nichts beobachtet. Ich will aber trotzdem nicht behaupten, dass bei dieser Spezies die vierte Tasche niemals das Ektoderm erreicht, da dieses jeden- falls nur ganz kurz dauernde Stadium meiner Beobachtung auclı entgangen sein kann. Haben doch beispielsweise Born (6), 90 EIsakı anbulk Kastschenko (27) und Kallius (25) auf Grund eines reichen Materials von Schweineembryonen übereinstimmend angegeben, dass hier die Verschlussmembran der vierten Tasche stets Meso- derm enthalte. Erst kürzlich aber wurde von E. Reinke (45) ein 6 mm langer Schweineembryo beschrieben, bei dem, abgesehen von einem zweifellosen fünften Aortenbogen, auch eine rein epitheliale Verschlussmembran der vierten Spalte vorhanden war. Auch der von Grosser (15) als Stadium VI beschriebene menschliche Embryo von 4!/ı mm Länge steht meinem Stadium I nahe. Doch hat sein Schlund — abgesehen von der Thyreoidea, deren Anlage beim Menschen besonders frühzeitig als tiefes und weites Säckchen hervortritt !) — noch nicht jene Dimensionen wie der des Meerschweinchenembryo von nahezu gleicher (Grösse erreicht. Was die Kiemenspaltenorgane betrifft, so stellt jenes der ersten Tasche eine ziemlich grosse, seichte Grube dar, die von einem hohen, mehrreihigen Zylinderepithel ausgekleidet wird und mit ihrer Spitze das hinterste Ende des Facialisganglion berührt. Das Organ der zweiten Tasche weist ähnliche Charaktere auf, doch ist die Grube hier nur an einem Schnitte deutlich aus- gesprochen und so wenig charakteristisch, dass sie nur bei Kenntnis der Verhältnisse an der ersten Tasche identifizierbar ist. Das dritte Kiemenspaltenorgan ist in diesem Stadium noch nicht scharf abgegrenzt. Seine Anlage glaube ich in jenem ganzen Streifen erhöhten Epithels erblicken zu müssen, welcher gegen- über der dritten Tasche beginnt und sich nach rückwärts bis jenseits des kaudalen Pharynxdivertikels erstreckt. Die Ganglien der Nerven VII, IX und X lassen sich niemals über die zuge- hörigen Kiemenspaltenorgane hinaus als abgegrenzte Zellgruppen nach rückwärts verfolgen. Stadium II. Der nächste Embryo, der modelliert wurde, stammt vom Muttertier Nr. 5. das unmittelbar nach dem Wurfe belegt worden war und 19 Tage später getötet wurde. Er war also um einen Tag älter als der eben beschriebene. Seine Länge betrug 5,1 mm. Zwei andere Embryonen desselben Uterus, die ich ebenfalls in Schnittserien zerlegt habe, massen 4,5 und 5 mm. 1) Einen Versuch, das eigentümliche Aussehen der menschlichen Schild- drüse in ihrer ersten Anlage zu erklären, findet man S. 98. Die Entwicklung der Derivate etc. y1 Entsprechend der beträchtlichen Grössendifferenz zeigt auch der Schlund (Fig. 2 und 3) wesentlich andere Verhältnisse als beim jüngeren Embryo. Vergleicht man Fig. 3 mit Fig. 1, so fällt vor allem die beträchtliche Abnahme des dorso-ventralen Durchmessers auf. Der Breitendurchmesser hat dagegen zuge- nommen. Denselben Unterschied konnte ich auch beim Maul- wurfe beim Vergleich der Stadien I und Il (5 mm Länge) fest- stellen. Die Vorgänge, die nach meiner Meinung diese (restalts- veränderung bedingen, habe ich bereits dort (S. 11 |559]) aus- einandergesetzt. Das dorsale Divertikel der ersten Tasche ist ausserordentlich stark entwickelt. Es stellt sich nach dem Modell als ein schräg zur Mittellinie verlaufender Wulst von 0,5 mm Länge und 0.085 mm Breite dar, der seine grösste Höhe von 0,2 mm nahe seinem lateralen Rande erreicht, so dass er hier ziemlich steil zur Ober- tläche des Schlundes abfällt, während er sich nach der Mitte zu ganz allmählich senkt. Infolge der starken Verbreiterung des Schlundes gehört das dorsale Divertikel bei diesem Embryo zum grössten Teile der dorsalen Schlundwand selbst an; nur sein lateraler Rand ragt über die durch die Konvexitäten des ersten und zweiten Kiemenbogens bedingten seitlichen Einkerbungen des Schlundes nach aussen vor. Aus der Ebene des Schlundes biegt die an das Ektoderm grenzende Kante der Tasche auf seine ventrale Seite ab und läuft hier der ventralen Schlundwand nahezu parallel, da infolge der starken Kompression des Schlundes in der dorso- ventralen Richtung die früher seitliche Schlundwand zur ventralen geworden ist. Wie aus Fig. 2 ersichtlich ist, besitzen diese ventralen Taschenabschnitte die Gestalt von flachen Bögen, deren orale Wand konvex, deren kaudale konkav ist. Sie erreichen, wie im früheren Falle, beinahe die Mittellinie. Kaudal von ihnen, genau in der Medianebene, den ersten Taschen näher als den zweiten, befindet sich der Stiel der Thyreoidea. Die zweiten Taschen haben eine ähnliche Gestalt wie die ersten. Doch ist das dorsale Divertikel wesentlich niederer als bei diesen. Es ragt in seiner ganzen Ausdehnung über den seitlichen Schlundrand hinaus und hängt mit dem dorsalen Diver- tikel der ersten Tasche durch eine dem Schlundrande folgende Rinne zusammen. Der ventrale Abschnitt der Tasche erscheint durchaus als Ausstülpung der ventralen Wand des Pharynx. 9) EI aRzanbıl: Bemerkenswert ist das Verhältnis der Tasche zur äusseren Furche. Während die epitheliale Verschlussmembran der zweiten Kiemenspalte beim Embryo des Stadiums I grösstenteils sagittal steht und nur an ihrem kaudalen Ende in die Transversalebene umbiegt (ähnlich den Verhältnissen bei Stadium I des Maulwurfs), liegt in diesem Stadium die Membran in ihrer ganzen Aus- dehnung beinahe quer. Hierbei bildet das Entoderm — wie dies bei allen daraufhin untersuchten Säugetieren der Fall ist — die orale, das Ektoderm die kaudale Fläche der Platte. Diese Ver- hältnisse sind in Fig. 10, Taf. VIII, wiedergegeben. 20 u kaudal (Fig. 11) erscheint der äussere Teil der Tasche infolge der an- liegenden Furche etwas nach der oralen Seite zu verschoben, so dass die Tasche eine leichte Biegung darbietet. Ihr am Schnitte längerer, äusserer Teil liegt der Furche an, der kürzere, innere hingegen zieht der Spitze der Furche gerade entgegen. Am folgenden Schnitt (Fig. 12) ist der äussere Teil der Tasche nur mehr flach angeschnitten, der innere bildet die geradlinige Fortsetzung der Furche. Am letzten Bilde endlich (Fig. 13) sind die Epithelzellen am lateralen Rande der Tasche und am medialen Ende der Furche verschwunden und die Lichtungen der beiden Räume demzufolge in Zusammenhang.') Ebenso wie beim Meerschweinchen konnte ich den Durch- bruch der zweiten Tasche im Stadium III des Maulwurfs (4 mm) feststellen. und zwar ist es auch hier die Ventralseite, an der sich die Furche in die Tasche öffnet. Da auch bei menschlichen Embryonen von 3 und 5 mm Länge durch Hammar (18) ein beiderseitiger, allerdings nicht symmetrischer Durchbruch der Verschlussmembran der zweiten Spalte beobachtet wurde, halte ich es nicht für zweifelhaft, dass die Eröffnung der zweiten Spalte zu den normalen Vorkommnissen bei den Säugetieren gehört. Ob aber dieses Ereignis in allen Fällen eintritt, muss dahingestellt bleiben, da beispielsweise an den von Grosser (15) untersuchten menschlichen Embryonen von den gleichen Entwicklungsstadien, 'ı) Der Umstand, dass an den Schnitten durch das ventrale Ende der Tasche ihre laterale Grenze nicht zu erkennen ist, bildete bei der Anfertigung des Modells eine Schwierigkeit. Ich suchte sie dadurch zu umgehen, dass ich für den durchgebrochenen Teil der Tasche eine fortschreitende Ver- kürzung um dieselbe Grösse annahm, um die sich die Tasche in ihrem gegen das Ektoderm zu abgeschlossenen Teile verkürzt Die Entwicklung der Derivate etc. 95 wie sie Hammar vorlagen, keine Kommunikation der Furche mit dem Schlunde vorhanden war. Betreffs eines Durchbruches im Bereiche der ersten Tasche verweise ich auf das bei Stadium IV (resagte. An anderer Stelle, ausser der dort näher beschriebenen, habe ich niemals einen Durchbruch gefunden. Ebensowenig an irgendeinem Punkte der dritten. Daher schliesse ich mich bei Beurteilung der in der Literatur niedergelegten, anders lautenden Angaben, die über Eröffnung auch der ersten und dritten Schlund- spalte berichten, der skeptischen Beurteilung von His (23) und Mall (29) an, die alle derartigen Bilder für Kunstprodukte, ent- standen bei der Präparation und Fixierung, erklärten. Nur die von Maurer (30) beschriebenen Durchbrüche aller drei ersten Taschen bei Echidna verdienen mit Rücksicht auf die primitive Stellung dieses Säugetieres von dieser Ablehnung ausgenommen zu werden. — Über einen Durchbruch der zweiten Furche an anderer Stelle werde ich bei Stadium V berichten. An der dritten Tasche ist ein dorsales Divertikel nicht mehr deutlich ausgebildet, so dass sie eigentlich nur dem ventralen Abschnitt der kranialen Taschen entspricht. Im Gegensatz zu diesen springt sie beinahe zur Hälfte über den seitlichen Rand des Pharynx vor (Fig. 2). Ihre orale Fläche ist tief eingebuchtet, ihre kaudale nahezu eben. Der ventrale Grund der Tasche ist von ansehnlicher Weite. An ihrer lateralen Spitze besitzt er einen kranio-kaudalen Durchmesser von 0,125 mm, nach einwärts zu verschmälert sich dieser auf 0,075 mm, am medialen Ende der Tasche verbreitert er sich aber wieder auf 0,1 mm. Indem das Entoderm im ganzen Bereiche dieses erweiterten Grundes an das Ektoderm grenzt, besteht keine lineare, sondern eine breite, flächen- hafte Verbindung der beiden Keimblätter. Diese ist darauf zurück- zuführen, dass sich das Entoderm nicht nur in Kontakt mit dem Epithel der dritten Furche befindet. sondern dass es sich auch eine Strecke weit über die kaudale Fläche des dritten Bogens vorgeschoben hat. — Das Epithel der Tasche ist mit Ausnahme ihres medialsten Anteils, der ihre Verbindung mit dem Schlunde herstellt, ein mehrreihiges, hohes Zylinderepithel. in dem die Mitosen aufs dichteste gedrängt liegen. Stellenweise trifft man in ihm Körnchen, die sich teils mit Eosin, teils mit Hämatoxylin färben. Ich werde auf diese noch bei späterer Gelegenheit ausführlicher zu sprechen kommen. 94 H. Rabl: Am kaudalen Pharynxdivertikel sind bereits die Anlagen der vierten Tasche und des ultimobranchialen Körpers zu unterscheiden. Ihr gemeinsamer Stiel besitzt eine Länge von etwa 0,075 mm und ist unter einem Winkel von 45° schräg nach aussen und rückwärts gerichtet. Er verlängert sich seitlich in die Anlage der vierten Tasche, kaudalwärts in die des ultimobranchialen Körpers. Doch ist die Längsachse des letzteren mehr kaudal als lateral gerichtet, so dass sie mit jener des Stiels einen nach innen offenen Winkel bildet, indessen die Anlage der vierten Tasche mit dem Stiele einen nach vorn und aussen offenen, ebenfalls sehr stumpfen Winkel begrenzt. Trotz dieser starken lateralen Entwicklung des kaudalen Pharynxdivertikels ist es jedoch dem Ektoderm nicht nähergerückt. Die Bindegewebsschicht zwischen Entoderm und Ektoderm hat sich vielmehr von 0,095 mm beim jüngeren Embryo auf 0,15 mm verdickt. Die Anlage der vierten Tasche besitzt eine weite Lichtung, die sich nach rückwärts gegen den ultimobranchialen Körper zu immer mehr verengt. Dieser ist stark abgeplattet. Seine dorsale Wand wird von einem kubischen, seine ventrale von einem hochzylindrischen Epithel gebildet. Die Maße des Schlundes sind bei diesem Embryo, am Modell gemessen, folgende: Distanz der dorsalen Divertikel der ersten Tasche voneinander 1,55 mm, die gleiche Distanz bei den zweiten Taschen 1,45 mm, Abstand der äussersten Enden der dritten Taschen voneinander 1,2 mm, der vierten Taschen 0,7 mm. — Abstand der ersten Tasche von der zweiten ca. 0,45 mm, der zweiten von dritten 0,3 mm und der dritten von der vierten 0.25 mm. Demnach lehrt der Vergleich mit dem jüngeren Embryo, dass sich zweite und dritte Tasche genähert, dritte und vierte Tasche aber — offenbar infolge Wachstums des vierten Bogens — voneinander entfernt haben. Was die Kiemenspaltenorgane betrifft, so steht das der ersten Furche in voller Ausbildung. Seine beiden Komponenten: die in das Mesoderm des zweiten Kiemenbogens versenkte Plakode und das anliegende Ganglion des N. facialis, bedürfen keiner weiteren Beschreibung. Ich verweise diesbezüglich auf Fig. 14. Weniger klar ist am ersten Blick das Verhalten des zweiten Organes. Das der linken Seite ist in Fig. 15 abgebildet. Verglichen mit Fig. 14 könnte man geneigt sein, die hier vorhandene spitze Die Entwicklung der Derivate ete. 95 Einsenkung mit dem Grübehen an der ersten Furche zu homologi- sieren und daraus den Schluss zu ziehen, dass beide Wände der Einsenkung von Sinnesepithel überzogen werden. Dem widerspricht jedoch der Befund an Embryonen von 5,5 und 6 mm Länge, bei denen die Einsenkung viel schwächer als im vorliegenden Falle ausgesprochen ist. Wie sich aus der Beschreibung älterer Stadien ergeben wird, verschwindet jene Einsenkung später vollkommen, so dass die Plakode schon im Stadium IV offen auf der Wölbung des dritten Bogens gelegen ist. — Andererseits könnte man auch daran denken, dass die Einsenkung nichts anderes als den dorsalen Anfang der dritten Furche darstellt. Hierzu könnten besonders die Fig. 10—13 Veranlassung geben, an denen jene Einsenkung der dritten Tasche annähernd gegenüber liegt. Aber die Ver- foleung der Serie lehrt sowohl in diesem Falle wie bei den anderen Embryonen ähnlicher Grösse, dass die wirkliche, sehr seichte dritte Furche erst weiter kaudal auftritt. Meiner Meinung nach muss jene Einsenkung als Folge der starken Entwicklung der benachbarten Partie des dritten Kiemenbogens betrachtet werden, welche in Form eines Höckers vorspringt, der das Niemen- spaltenorgan teilweise nach aussen bedeckt. Dieser Höcker be- sitzt, wie aus dem Vergleiche der Fig. 15 und 16 erhellt, eine grosse Ähnlichkeit mit der Retrobranchialleiste. Wie jener dorsal vom Organe des Glossopharyngeus, so befindet sich die letztere dorsal von dem des Vagus. Aus dieser Übereinstimmung der Form darf wohl auf die gleiche physiologische Bedeutung der beiden Bildungen geschlossen werden. Diese kann nur in einem mechanischen Schutze des unter dem Höcker zur Anlage kommenden Sinnesorgans erblickt werden, so dass die Retrobranchialleiste von diesem (Gesichtspunkte aus als Schutzorgan des Kiemenspalten- organs Ill gedeutet und ihre mächtige Entwicklung durch die (rrösse dieses letzteren erklärt werden muss. — Der Höcker auf dem dritten Bogen verschwindet später dadurch, dass das Binde- gewebe unter dem Kiemenspaltenorgane zunimmt und es ins Niveau des Bogens emporhebt. Die Funktion des Höckers wird von der Retrobranchialleiste übernommen, die unterdessen an Mächtigkeit zugenommen hat und den in der Tiefe der Halsbucht liegenden Bogen nun selbst überdeckt. Die Anlage für das Organ des Vagus erstreckt sich, wie im früheren Stadium, über den ganzen Bezirk erhöhten Epithels, Archiv f. mikr. Anat. Bd.82.. Abt.I. 7 96 EreRsanpylE das vom dritten Kiemenbogen bis zur Retrobranchialleiste reicht. In diesem war an dem noch unzerlegten Embryo ein fünfter kKiemenbogen als kleiner Wulst von der halben Länge des vierten unter dem stereoskopischen Mikroskop deutlich zu erkennen.!) Er tritt an den Schnitten an jener Seite, von der die Fig. 10—13 stammen, nicht klar hervor, wohl aber auf der linken. Ich gebe von ihm in Fig. 16 eine Abbildung. Der Schnitt ist annähernd frontal durch die Kiemenbogenregion geführt. Er trifft die Kuppe des ersten und zweiten Schlundbogens und schneidet den vierten und fünften durch deren Mitte. Das dorsale Ende des letzteren geht in den vierten Kiemenbogen über, sein unteres verschmilzt mit der nach der Ventralseite umgebogenen Retrobranchialleiste. Ein eigentlicher Arterienbogen fehlt in ihm, sein dichtzelliges Gewebe wird durch Kapillaren, die einerseits aus dem vierten Arterien- bogen. andererseits aus der Aorta dorsalis stammen, versorgt. Mit Rücksicht auf die Gestalt der Retrobranchialleiste kann in diesem Stadium bereits von einem wohl ausgebildeten Sinus cervicalis gesprochen werden. Das Ektoderm des dritten Bogens ist mit Ausnahme des zweiten Kiemenspaltenorgans und seiner Umgebung von ungefähr der gleichen Dicke wie das des zweiten. Dieselbe schwankt zwischen 12 und 16 u. Dagegen werden vierter und fünfter Bogen durchwegs von einem 32—40 ıı hohen, mehr- reihigen Zylinderepithel überzogen. Ein gleiches Epithel bedeckt auch die dem Sinus cervicalis zugekehrte Seite der Retrobranchial- leiste. Dieses eigentümliche Verhalten des Ektoderms scheint mir — wie ich bereits bei Stadium I bemerkt habe — durch seine Beziehung zum dicht anliegenden Vagusganglion bedingt. %s Jiegen hier ähnliche Verhältnisse vor, wie sie zuerst von Froriep (9) bei Selachiern (Torpedo) beschrieben wurden, wo anfangs, abgesehen von der dorsalen Anlage der Organe der Seitenlinie, auch eine ventrale Verbindung der Ganglien des Vagus mit dem Ektoderm existiert. Nach der Angabe Frorieps löst sich dieses später vom Nerv ab und wuchert als Teilanlage der Ihymus gegen das Bindegewebe. Die nachfolgenden Autoren Antipa (3), Beard (4), Hofmann (24) und neuestens Maximow (33) haben dem allerdings widersprochen und finden ') wie hier, war ein fünfter Kiemenbogen auch an den übrigen Embryonen dieses Stadiums, sowohl bei der Besichtigung in toto, als an den Schnitten nachweisbar. Die Entwicklung der Derivate etc. RT. in älteren Stadien eine deutliche Sonderung der ektodermalen Plakode von der entodermalen Thymusknospe. Immerhin bleibt die räumliche Beziehung der beiden Epithelmassen bei dieser tief stehenden Wirbeltierklasse mit Rücksicht auf das Schicksal des Uervicalbläschens bei einigen Säugetieren eine bemerkens- werte Erscheinung. Die Schilddrüse hängt in diesem Stadium, wie bereits er- wähnt wurde und auch aus der Abbildung des Modells ersichtlich ist, mit dem Schlunde noch zusammen. Ihr Stiel stellt ein Röhrchen von ca. 0,05 mm Länge dar, dessen Wand von einem einschichtigen, kurz zylindrischen Epithel gebildet wird, das ein enges Lumen einschliesst, welches sich am Ursprung des Stiels trichterförmig nach der Pharynxhöhle erweitert. Er besitzt eine ventro-kaudale Verlaufsrichtung und erstreckt sich unverästelt bis zum Ursprung der zweiten Arterienbögen aus den ventralen Aorten. Hier löst er sich, wie die Fig. 10—13 zeigen, in ein Netz von grösstenteils soliden, nur hie und da die Andeutung einer Lichtung zeigenden Schläuchen auf, die von kleinen, dicht gedrängten, kubischen Zellen mit runden, basal liegenden Kernen aufgebaut werden. Sie breiten sich ventral von den im kranialen Teile unvereinigten, weiterhin zum unpaaren Truncus arteriosus verschmolzenen ventralen Aorten aus und erreichen ihr Ende am Ursprung der dritten Arterienbögen. Der Körper der Schilddrüse selbst besitzt eine Länge von 0,12 mm. Vergleicht man diesen Befund mit dem Verhalten der Thyreoidea beim Embryo von 3,5 mm Länge, so ergibt sich, dass ıhr Stiel, der Ductus thyreoglossus, durch Vertiefung jener Grube zustande gekommen sein dürfte, deren Boden beim jüngeren Embryo die Schläuche geliefert hatte. Denn wäre er aus der Verlängerung der Schläuche selbst hervorgegangen, so müsste er in der Mehrzahl vorhanden sein, was ich jedoch in keinem Falle beobachtete. Eine ähnliche Grube wie beim Meerschweinchen ist auch beim Kaninchen vorhanden. Guthzeit (17), der die Entwicklung der Schilddrüse an den Serien von C. Rabl studierte, schreibt diesbezüglich: „Hier bildet sich die Anlage der Thyreoidea als flache einheitliche Epithelverdickung, die den aboralen Teil einer tiefen Grube zwischen den beiden Hälften des zweiten Kiemen- bogens einnimmt.“ Das Schicksal dieser Grube ist jedoch von dem x 95 HB. Rabl: des gleichen Gebildes beim Meerschweinchen verschieden, indem sie später durch wucherndes Epithel ausgefüllt wird. Bei weiterer Zellproliferation tritt an ihre Stelle sogar ein kleiner Hügel (Tubereulum thyreoideum), der erst schwindet und sogar durch eine abermalige Einziehung des Mundhöhlenbodens abgelöst wird, wenn sich die kompakte Schilddrüsenanlage von letzterem abtrennt.') Eine besondere Ausdehnung und Tiefe besitzt jene Grube beim Menschen. Grosser (15) fand sie hier bei Embryonen mit 9—10 und 13—14 Urwirbeln als ein Divertikel, das einen grossen Teil der ventralen Schlundwand zwischen erster und zweiter Tasche einnimmt. Bei einem Embryo mit 23 Urwirbeln, von 2,5 mm grösster Länge, hat sich das Säckchen in eine ungestielte Blase umgewandelt;?) bei einem Embryo von 5 mm sind bereits ein solider Ductus thyreoglossus von 100 u Länge und ein ebenso langes dickwandiges Bläschen zu unterscheiden. Meiner Meinung nach dürfte jener aus dem proximalen, dieses aus dem distalen Teile des Divertikels hervorgegangen sein. Die (Grösse des letzteren erklärt sich dann daraus, dass die Anlage des (Ganges beim Menschen von Anfang an deutlich vom Mund- höhlenboden abgesetzt ist, während er bei anderen Säugetieren erst nachträglich in dem Maße zur Ausbildung kommt, als die mit dem Schlunde noch verbundene Schilddrüse in die Tiefe rückt. Stardawm III. Embryo 6,5 mm, 20 Tage alt. — Von dem Schlunde des- selben wurde das in Fig. 4 abgebildete Modell angefertigt, dem- zufolge seine Maße betragen: Abstand der äussersten Enden der ersten Taschen voneinander 1,7 mm, der zweiten 1,6 mm, der dritten 1,3 mm, der vierten 0,5 mm. Es haben sich demnach die Taschen in querer Richtung abermals verlängert. — Abstand des !) Eine ältere Arbeit über die Entwicklung der Schilddrüse des Kaninchens stammt von Kallius (25), der in derselben die Bezeichnung „Tuberculum thyreoideum“ zuerst verwendet. Kallius hat offenbar das 1. Stadium, die Grube zwischen den zweiten Kiemenbögen nicht gekannt, da er seine Be- schreibung sofort mit der Schilderung des epithelialen Hügels beginnt. ?) Diese liest knapp unter dem Mundhöhlenboden, so dass derselbe dadurch vorgewölbt wird. Es existiert demnach auch beim Menschen ein Tuberculum thyreoideum, wenn es auch in anderer Weise als beim Kaninchen zustande kommt. Grosser bezeichnet es — einem älteren Brauche noch folgend — als Tuberculum impar. Die Entwicklung der Derivate etc. 33 dorsalen Endes der ersten Tasche von jenem der zweiten 0,65 mm, der ventralen Enden derselben Taschen voneinander 0,3 mm, Abstand der zweiten von der dritten ca. 0,3 mm, des unteren Endes der dritten von der vierten ca. 0,2 mm. Die Zunahme der Distanz zwischen den dorsalen Divertikeln der beiden vordersten Taschen ist, wie aus dem Vergleiche der Fig. 3 und 4 hervorgeht, durch die sehr starke Schräglagerung der ersten Tasche bedingt, welche ihrerseits wieder die Folge von Wachstumsvorgängen im Gebiete des ersten und zweiten Kiemenbogens ist. Die bedeutende Verbreiterung des letzteren bildet auch die Ursache der aus dem Vergleiche der Fig. 1, 3 und 4 ersichtlichen fortschreitenden An- näherung der zweiten an die dritte Tasche. Da sich aber der dritte Bogen nicht im gleichen Maße zurückbildet, bezieht sich jene Annäherung nur auf die Randbezirke der Tasche, so dass diese im ganzen am Modell eine nach rückwärts konkave Platte darstellt. An der dritten Tasche, die annähernd senkrecht zum Schlund gerichtet ist, fällt die bedeutende Länge ihres freien Randes auf. Sie beträgt 0,55 mm gegen 0,25 mm in Stadium II und 0,15 mm in Stadium I. — Was bei Stadium II von der Lage der Ver- schlussplatte der zweiten Spalte gesagt wurde, gilt hier auch für die dritte. Die Verschlussplatte steht nicht parallel, sondern senk- recht zur Achse des Schlundes, eine Folge davon, dass die Tasche nicht mit zugeschärftem Rande an der Berührungsstelle mit der äusseren Furche endigt, sondern sich noch ein Stück weit über die kaudale Fläche des dritten Bogens nach aussen vorgeschoben hat. Ihr Durchmesser beträgt ca. 0,072 mm, wovon je 32 «u auf die Dicke der beiden Epithelflächen und 8 « auf die Lichtung entfallen. Die Epithelzellen besitzen eine sehr deutliche Längs- streifung. Da die Zahl ihrer Einschlüsse, die bereits beim Embryo des vorigen Stadiums erwähnt wurden, zugenommen hat, so mögen hier einige nähere Angaben über sie eingeschoben werden. Zunächst sei hervorgehoben, dass sie sich, wie in der dritten Tasche, auch an anderen Stellen des Schlundes, z. B. in seinem dorsalen, rinnenförmig vertieften Grunde, an der Mündung der zweiten Tasche, im ultimobranchialen Körper usw., vorfinden. Am häufigsten trifft man sie in der Tiefe von Buchten und auf der Kuppe von Vorsprüngen, seltener dort, wo das Epithel eine 100 H. Rabl: ebene Fläche überzieht. Aber auch im Bindegewebe der Kiemen- bogen sind sie enthalten. Die Gestalt der Einschlüsse ist im allgemeinen kugelig, ihre Grösse schwankend. Bei Hämatoxylin- Eosin-Färbung erscheinen sie in allen Übergängen von blassrosa bis zu einem leuchtenden Rot. Ausserdem enthalten viele noch Kügelchen, Fasern oder unregelmässige Brocken von blauer Farbe. Sie sind bald nur einzeln in den Zellen enthalten und liegen dann meist an ihrer freien Seite, bald füllen sie die Zellen aufs dichteste aus. Maximow betont, dass diese Einschlüsse von derselben Natur wie jene sind, dieihm schon gelegentlich seiner ersten Unter- suchungen über Blut und Bindegewebe bei Säugetierembryonen (Kaninchen) aufgefallen waren (31). Damals beschrieb er sie in Mesenchymzellen und hob ihr Vorkommen in jenen des Kopfes, der Kiemenbogen, gewisser Teile des Septum transversum, ferner in den Zellen zwischen den Urnierenkanälchen und neben der Allantois hervor. “Gelegentlich seiner Untersuchungen über die Histogenese der Thymus fand er sie in besonderer Menge im Epithel des Sinusbläschens bei Meerschweinchenembryonen auf und betonte bei dieser (Gelegenheit, dass sie sich vor allem dort anzuhäufen scheinen, „wo Epithelschichten oder -falten sich ab- schnüren oder verschmelzen“. An einer solchen Stelle wurden sie auch bereits von ©. Rabl (41) beschrieben: Es ist die Ablösungs- stelle des Linsensäckchens von der Epidermis. Die Beobachtung meines Vetters bezieht sich auf Kaninchenembryonen.') Ich finde beim Meerschweinchen dasselbe. Hier liegen die Körner im vor- liegenden Stadium gerade in jenen Zellen, welche die Verbindung der vorderen Linsenwand mit der Epidermis vermitteln und später aus ihrem Verbande ausgestossen werden, um im Innern der !) Seine diesbezügliche Angabe lautet: „Schon zur Zeit, wenn die Einstülpungsöffnung noch sehr weit ist, bemerkt man in den Zellen, welche die Öffnung begrenzen, einzelne sehr stark lichtbrechende, homogene Körner: dieselben verhalten sich gegen Färbemittel (Boraxkarmin, Hämatoxylin, Alaun- kochenille) ganz so, wie die chromatische Substanz der Kerne, sind aber von dieser leicht zu unterscheiden, da sie ganz ausserhalb der Kerne liegen. Ich glaube nicht, dass sie auf den Zerfall von Kernen zu beziehen sind, sondern halte sie für Zelleinlagerungen oder Zellprodukte mehr sekundärer Art. Sie kommen zwar auch an anderen Stellen der Linsenanlage vor, sind aber nirgends so konstant und zahlreich, wie an den Rändern der Einstülpungs- öffnung.* Die Entwicklung der Derivate etec. 101 Linse zugrunde zu gehen. — Erwähnenswert erscheint mir ferner, dass man dieselben Kugeln wie im Innern der Zellen auch frei im Schlunde, als Auflagerung auf das Epithel, antrifft. Diese extrazellulären Kugeln finden sich am häufigsten dort, wo die Epithelzellen unter ihnen mit Einschlüssen vollgepfropft sind, und unterscheiden sich nur dadurch von den intrazellulären. dass sie eine viel geringere Affinität zu den Farbstoffen als diese besitzen. Zusammengehalten mit dem Vorkommen der Einschlüsse in Zellen, die für den Körper nachweislich nicht in Betracht kommen, darf aus dem Befunde freier Kugeln wohl geschlossen werden, dass sie Anhäufungen von Exkretionsstoffen darstellen, die, wenn sie nicht eliminiert werden, einen schädigenden Einfluss auf die Zellen auszuüben vermögen. Eine ähnliche Ansicht hat auch Maximow, allerdings nur vermutungsweise, geäussert, indem er schreibt (31): „Es ist möglich, dass die Substanz der Einschlüsse nachträglich als ein besonderes Sekret von den Zellen ausgeschieden wird; dafür sprechen die weiter unten be- schriebenen Befunde bei der Entwicklung der Gefässanlagen im Körperparenchym“. Maximow glaubte, dass jene Gebilde in der Literatur noch unbekannt seien. Dass dies irrtümlich war, beweist das Zitat aus der Arbeit C. Rabl’s. Ferner scheint es mir auch nicht zweifelhaft, dass die hier behandelten Zelleinschlüsse mit den „chromatophilen Körnchen“ identisch sind, die Bonnet (5) in der Region der ventralen Urmundlippe, in der Kloakenhaut und a. a. O0. bei Schaf- und Hundeembryonen beschrieben und als den „Ausdruck lebhaften Stoffumsatzes“ betrachtet hat. Bonnet verweist l. c. auf Strahl, der sie in der Wand des Augenbechers gefunden hatte. Mir selbst sind sie noch aus der Gegend des Canalis neurentericus bei Entenembryonen bekannt. Hierher dürften auch jene roten und blauen Kugeln gehören, die von vielen Autoren in der Epidermis von Amphibienlarven beobachtet wurden und eine grosse, nicht gerade günstige Rolle in der Pigmentfrage gespielt haben. Ob die nach der Angabe von v. Schumacher (47) in der Bursa Fabricii der Vögel vor- kommenden Einschlüsse gleichfalls hier angereiht werden dürfen, muss noch dahingestellt bleiben, obgleich die Beschreibung, die v. Schumacher von ihnen gibt, sehr dafür spricht. v. Schu- macher selbst rechnet seine Einschlüsse den tingiblen Körperchen 102 EBEFanDale zu, welche bekanntlich von Flemming zuerst in Lymphdrüsen beschrieben wurden.') Betrachten wir nach dieser Abschweifung noch das kaudale Pharynxdivertikel (Fig. 4), so sehen wir vierte Tasche nnd ultimo- branchialen Körper aufs deutlichste geschieden. Die sie trennende Mesodermmasse entspricht dem fünften Bogen (Taf. VIII, Fig. 17), der als ansehnlicher Wulst nach der Lichtung des Schlundes zu vorspringt, aber auch an der äusseren Oberfläche als kleiner Höcker zutage tritt. Das Gefäss knapp unter dem Entoderm (s. Abb.) steht dorsalwärts in nachweislichem Zusammenhang mit dem sechsten Aortenbogen. Ventralwärts aber, gegen den vierten Arterienbogen zu, liess es sich nicht weiter verfolgen. Immerhin ist es wahrscheinlich, dass es dem fünften Arterienbogen ent- spricht oder zumindest einem jenen ersetzenden Kapillarbezirke angehört. — Die vierte Tasche kommt nach Lage und Gestalt der dritten näher als im vorigen Stadium. Der ultimobranchiale Körper bildet, wie beim jüngeren Embryo, einen kaudal- und ventralwärts gerichteten Zapfen. Dieser ist rechts kurz und breit, links länger und schmäler. Die Thyreoidea hat bereits durch kückbildung des Ductus thyreoglossus ihre Verbindung mit dem Boden der Mundhöhle verloren. Da sie bei einem Embryo, der mit einer Länge von 6 mm zwischen Stadium II und III steht, noch mit ihm zusammen- hängt, dürfte die Unterbrechung erst vor kurzem erfolgt sein. Auch ist die Abschnürungsstelle noch zu erkennen, indem von der der Thyreoidea nächst gelegenen Region des Schlundes ein kurzer hohler Zapfen in Richtung auf die Thyreoidea abgeht. Das Organ besteht — wie im vorigen Stadium — aus Schläuchen, die teils netzartig miteinander verbunden sind, teils als Sprossen dieses Netzes blind endigen. Die Schläuche sind von einem ein- schichtigen Epithel ausgekleidet und enthalten stellenweise eine ganz enge Lichtung. Die Kiemenspaltenorgane dieses Embryo zeigen sich auf beiden Seiten nur um weniges gegen das jüngere Stadium vor- geschritten. Am Facialisorgane lässt sich erkennen, dass der Eingang in das Grübchen, welches die Plakode enthält, enger geworden ist. — Das Glossopharyngeus-Organ wird aboralwärts 1) Vielleicht sind übrigens auch die „tingiblen Körperchen“ und „chroma- trophilen Körnchen“ identische Gebilde. Die Entwicklung der Derivate etc. 105 nur mehr von einem ganz unbedeutenden Wulste begrenzt, dessen Epithel niedriger und mit Eosin schwächer färbbar ist als das Organ selbst, so dass man über die Ausdehnung des letzteren nicht in Zweifel sein kann. — Im Bereiche des vierten und fünften Schlundbogens breitet sich das kaudale Ende des Vagus-Ganglions noch flächenhaft unter dem erhöhten Epithel aus. Stadium IV. Der Embryo, den ich im folgenden beschreiben will, besass eine Länge von 8,2 mm. Das Muttertier hatte 21 Tage vorher geworfen und war darauf sofort belegt worden. Ausser diesem Embryo war nur noch einer von 7,5 mm im Uterus enthalten gewesen. Vom Schlunde des Embryo wurde wieder ein Modell an- gefertigt (Fig. 5 und 6), doch unterblieb die Darstellung der ersten Tasche, da diese in den folgenden Auseinandersetzungen keine weitere Berücksichtigung erfahren soll. Nur auf ihr Kiemen- spaltenorgan werde ich noch zurückkommen. Die Maße des Schlundes sind folgende: Abstand der seitlichsten Punkte der zweiten Taschen voneinander 1,5 mm, der dritten Taschen 1,5 mm, der vierten 0,75 mm. Es sind demnach die vorderen Taschen in transversaler Richtung weiter gewachsen, die vierten Taschen aber sind etwas zusammengerückt. Sie haben offenbar eine Kompression in querer Richtung erfahren, derzufolge ihre Längsachse in die Sagittalebene abgelenkt wurde, während sie früher, wie bei den anderen Taschen, in der Transversalebene lag. — Der Abstand des lateralsten Punktes der zweiten von dem vordersten Punkte des Randes der dritten Tasche beträgt 0,2 mm, jener des hintersten Punktes des Randes der dritten Tasche von der ventralen Spitze der vierten ebenfalls 0,2 mm, von ihrer Mitte 0,25 mm und vom dorsalen Ende derselben 0,53 mm. Somit haben sich die Kiemenbogen von Stadium II auf IV ebenso wie von Stadium II auf III in kranio-kaudaler Richtung verbreitert. Überdies erfuhren sie auch eine Veränderung ihrer Gestalt, wie aus der Veränderung der Gestalt der Taschen geschlossen werden muss. In dieser Beziehung verdient vor allem hervorgehoben zu werden, dass die Verlängerung der zweiten Tasche in kaudaler Richtung weitere Fortschritte gemacht hat. Wie aus Fig. 6 104 H. Rabl: hervorgeht, ist es derjenige Punkt, in dem sich lateraler und ventraler Rand treffen, welcher am weitesten kaudalwärts vor- gerückt ist. Infolgedessen verläuft ihr ventraler Rand nicht mehr transversal, sondern schräg von innen und vorn nach aussen und rückwärts, und man sieht bei Betrachtung des Schlundes von der Ventralseite nicht, wie in Fig. 2, auf die Kante. sondern auf die Fläche der Tasche. Auch hat sich die ventrale Kante vollkommen vom Ektoderm abgelöst, das jetzt nur mehr mit der lateralen Kante innerhalb eines schmalen Streifens zusammenhängt. Eine Entwicklung in ähnlicher Richtung hat auch die dritte Tasche eingeschlagen. Während sie beim Embryo des Stadium II so gelagert ist, dass sie bei Betrachtung des Schlundes von der Ventralseite dem Beschauer ihre aborale Fläsche zuwendet, im Stadium III hinwiederum nahezu senkrecht zur Schlundwand liegt, sieht man in Fig. 6 auf ihre orale Fläche. Diese Gestalts- veränderung ist offenbar dadurch bedingt, dass sich ihr mediales Ende nach rückwärts stark verbreitert hat, während ihre laterale Spitze (Fig. 2, 1. Sp.) die frühere Lage beibehielt. Infolgedessen verläuft auch die mit dem Ektoderm zusammenhängende Kante der Tasche (l. R. Fig. 6) nicht mehr annähernd ‘senkrecht zur Längsachse des Schlundes, sondern bildet mit ihr einen nach vorne offenen Winkel von 45°, indem sie dem Schlundrand parallel zieht. Aus dem gleichen Grunde erscheint die Tasche in ihrer ganzen Ausdehnung als rein seitliche Ausbuchtung des Schlundes, da eben ihr medialer Abschnitt aus diesem herausgerückt ist. Aus dem Modell. sowie aus dem (uerschnittsbild der Tasche (Fig. 18) ergibt sich, dass ihre orale Fläche nahezu plan ist, während sich ihre kaudale Wand gegen das Bindegewebe zu vorwölbt. Diese Konvexität der kaudalen Fläche nimmt vom dorsalen zum ventralen Rande zu. Daher ist auch die Tasche in ihrer dorsalen Partie schmäler, sie misst dort nur ca. 64 u, während sie in ihrer ventralen Region breiter ist (bis zu 90 u). Da die Lichtung durchwegs nur 10—12 u beträgt, erscheint diese Verbreiterung der Tasche nur als eine Folge der Zunahme der Höhe des Epithels. — Die bei Schilderung des vorigen Stadium eingehend erörterten chromatophilen Körner sind auch hier in der dritten Tasche zu finden. Ausserdem werden sie im dorsalen Divertikel der ersten. im kaudalen Pharynxdivertikel, in der Die Entwicklung der Derivate etc. 105 Epidermis über dem dritten Bogen, über der Retrobranchialleiste usw. angetroffen. Das kaudale Pharynxdivertikel entspringt aus dem hintersten Ende des Schlundes. 0,12 mm dahinter trennt sich dieser bereits in Kehlkopf und Speiseröhre. Den gemeinsamen Stiel der vierten Tasche und des ultimobranchialen Körpers bildet der ventralwärts etwas ausgebuchtete Schlundrand (Fig. 5). An der vierten Tasche lässt sich ein dorsales Divertikel und ein ventraler Abschnitt aufs deutlichste unterscheiden. In ähnlicher (Gestalt, jedoch eines dorsalen Divertikels entbehrend, erscheint die Anlage des ultimo- branchialen Körpers. Sein erweitertes Ende liegt ventraler als das Ende der vierten Tasche, die er in allen Dimensionen an (srösse übertrifft. Der zwischen beiden Bildungen befindliche Mesodermwulst, den ich in Fig. 19 abgebildet habe, stellt den fünften Kiemenbogen dar.') Von den Kiemenspaltenorganen weist jenes des Facialis ein höchst interessantes Verhalten auf, da es in diesem Stadium einer- seits von der Epidermis abrückt, andererseits sich nach der ersten Kiementasche zu eröffnet. Bei der Entfernung von der Epidermis verwandelt sich sein hobler Zugang in einen kurzen, soliden Zell- strang. Der Durchbruch in die Tasche ist beim vorliegenden Embryo erst auf der linken Seite eingetreten. Daher erscheint das Organ auf der rechten Seite als kleines, etwas abgeplattetes Bläschen, das dem dorsalen Divertikel der ersten Tasche auf- gelagert ist. Links hingegen bildet es die gegen das Ganglion geniculi gekehrte Kuppe der ersten Tasche selbst. Dieses letztere Verhalten zeigen die Fig. 20—22. Beim zweiten, etwas kleineren Embryo desselben Muttertieres liegen die gleichen Verhältnisse ') Am Modell dieses Embryo ist beiderseits zwischen dritter Tasche und kaudalem Pharynxdivertikel eine kleine Ausbuchtung des Schlundes zu bemerken (Fig. 5 und 6 bei *). Sie gleicht jener, die von Tandler (49) an dem Modell eines menschlichen Embryo von 9,5 mm grösster Länge noch hinter der letzten Schlundtasche beobachtet wurde. Die von Tandler ins Auge getasste Möglichkeit, dass dieselbe vielleicht als sechste Schlundtasche auf- zufassen wäre, wurde bereits von Grosser (16) mit Rücksicht auf ihre Lage kaudal vom ultimobranchialen Körper abgelehnt. Da die im vorliegenden Stadium vorhandene Ausbuchtung an den Modellen der älteren Stadien fehlt, wird durch diesen Fall die Richtigkeit der Anschauung des letzteren Forschers bewiesen, „dass solche Divertikel wahrscheinlich bedeutungslos und rasch vergänglich sind“. 106 EL IR, lila wie auf dieser Seite vor. Von einem Embryo von S mm (20 Tage alt) stammen die in Fig. 23—25 wiedergegebenen Schnitte. Am ersten Bild erscheint das Kiemenspaltenorgan von der Epidermis durch eine ansehnliche Bindesubstanzschicht getrennt: von der ihm anliegenden ersten Tasche ist nur deren dorsale Wand zu sehen, die flach getroffen ist. In Fig. 24 liegt die Öffnung vor, durch welche an diesem Embryo das Organ noch nach aussen kommuniziert. Am folgenden Schnitt befindet sich an ihrer Stelle die ziemlich breite Verschlussmembran der ersten Tasche, während sich ihre Lichtung ohne Unterbrechung bis in das Kiemenspalten- organ erstreckt. Bei einem Embryo von 8,5 mm Länge aus dem Anfang des 22. Tages zeigt das Organ auf der rechten Seite noch das ursprüngliche Aussehen. nur ist der Eingang in seinen Hohlraum wesentlich enger als in jüngeren Stadien. Dagegen ist es links bereits mit dem dorsalen Divertikel der ersten Tasche in Verbindung getreten, indem die sie trennende Epithellamelle in einen losen Zellhaufen zerfallen ist. Aus diesen Befunden ergibt sich, dass Halt Meerschweinchen nicht nur ein Durchbruch der zweiten, sondern auch der ersten Tasche nach aussen stattfindet, der jedoch mit jenem nicht in Parallele gestellt werden darf, sondern nur eine Folge der Be- ziehungen der Tasche zum Kiemenspaltenorgane ist. Das letztere wird dadurch in das dorsale Divertikel aufgenommen und zu einem Teil der Anlage des tubo-tympanalen Raumes. In der Literatur über die Kiementaschen der Säugetiere habe ich keine gleich lautende Angabe entdecken können. Beim Menschen, dessen Mittelohrentwicklung von Hammar (15) genau verfolgt wurde, scheint die erste Kiementasche immer allseits geschlossen zu bleiben. Beim Rinde hat Froriep (8) wohl in einem Falle den Durchbruch der ersten wie der beiden folgenden Taschen nach aussen beobachtet, doch besass hier die Durch- bruchstelle eine grössere Ausdehnung und war nicht auf das oberste Ende der Furche beschränkt. Wahrscheinlich lag übrigens ein Artefakt vor. Das Schicksal der Kiemenspaltenorgane selbst hat Froriep mangels Materials nicht näher untersucht. Bei einem Rinderembryo von 12 mm Länge beschreibt er das Facialisorgan als einen „sich konisch verengernden Epithelschlauch, der aber fast bis zur Berührungsstelle mit dem (ranglion ein oftenes Lumen besitzt. Bei Embryonen von 15,5 mm Körperlänge scheint es, Die Entwicklung der Derivate ete. 107 „dass sich die trichterförmige Einsenkung der Epidermis vom Ganglion abgelöst und zurückgezogen hat“. ‚Jene ist zwar noch vorhanden, doch sind „am Ganglion keine Reste rückgebildeten Epidermisgewebes“ zu finden. Beim Maulwurf habe ich gelegentlich meiner Untersuchungen über das thyreo-thymische System dieses Tieres auch die Kiemen- spaltenorgane berücksichtigt. Doch klafit auch bei mir eine — wenn auch wesentlich kleinere -— Lücke wie bei Froriep. Im Stadium IV (Embryo von 6 mm) erscheint das Facialisorgan noch in voller Ausbildung, von oberflächlicher Ähnlichkeit mit einer Geschmacksknospe, und mit dem Ganglion geniculi durch einen dünnen, ganglienzellhaltigen Nervenstrang verbunden. In Stadium V hingegen (Embryo ebenfalls nur von 6 mm Länge. aber in jeder Beziehung weiter entwickelt als im früheren Stadium ) war es restlos verschwunden. Möglicherweise geht es in der Tat beim Rinde wie beim Maulwurf zugrunde, ohne sich in die Hyomandibulartasche eröffnet zu haben. Immerhin laden jedoch die Befunde beim Meerschweinchen zu einer ergänzenden Unter- suchung ein. Die meisten anderen Autoren, die sich mit der Entwicklung und dem Schicksale der Kiementaschen beschäftigten, haben der Kiemenspaltenorgane überhaupt keine Erwähnung getan. Erst in der allerletzten Zeit wurden sie wieder beachtet (Hammar und seine Schüler). ohne dass jedoch interessante Be- funde über jene Organe beschrieben worden wären. Sie werden wohl, wie Maximow (33) ausführt, von der Mehrzahl der Forscher für Epidermisbezirke gehalten, deren alleinige Aufgabe es ist, den Ganglien der Hirnnerven nachträglich noch Zellmaterial zu- zuführen. Dass ihnen jedoch diese Bedeutung nicht, oder wenigstens nicht ausschliesslich, zukommt, lehrt das Aussehen jener Organe bei gewissen Klassen niederer Wirbeltiere. Unter diesen ver- dienen vor allem die Dipnoer genannt zu werden. Wie Greil (13) an Ceratodus (Stadium 43—48 des Semon- schen Materiales) nachweisen konnte, entwickeln sich hier an allen sechs Schlundtaschen Kiemenspaltenorgane, die mit den benach- barten Granglien der Kopfnerven in Verbindung treten, und von denen das erste eine besondere Ausbildung erfährt. Im Stadium 45 beginnt es sich von der Epidermis abzuschnüren und liegt einem quergestellten, taschenförmigen Divertikel an, das aus dem dorso- lateralen Ende der ersten Schlundtasche hervorgegangen ist. Bei 108 H. Rabl: Embryonen aus dem Stadium 48 ist die Verbindung mit der Epidermis unterbrochen „und es erscheint dann der mit dem dorso- lateralen Ende der ersten Schlundtasche in unmittelbarem Zu- sammenhange stehende ektodermale Zellkomplex in die Tiefe gerückt, woselbst er in einer kleinen, grübchenförmigen Ein- senkung der lateralen Wand des Chondrokraniums seine Lage hat“. — Leider konnte das weitere Verhalten an älteren Em- bryonen nicht festgestellt werden. Ob es bei erwachsenen Formen noch erhalten ist. muss im Hinblick darauf, dass in der Literatur keinerlei Angaben darüber vorliegen, bezweifelt werden. Dagegen ist es bei Protopterus und Lepidosiren in voller Funktion. Bei der ersteren Art wurde es von Pinkus (35) entdeckt, der in ihm ein „Derivat des Seitenkanales“ erblickte. Agar (1) unter- suchte seine Entwicklung, aber gleichfalls ohne den Verdacht zu schöpfen, dass hier ein Kiemenspaltenorgan vorliege, obwohl er den Nachweis erbrachte, dass es vom Epithel der ersten Schlund- furche seinen Ausgang nimmt und keine Beziehung zu den Organen der Seitenlinie besitzt. Bei beiden letztgenannten Dipnoerarten stellt es sich schliesslich als ein Bläschen dar, aus dem mehrere dünne, blind endigende Kanäle entspringen, und das an einer Stelle ein hohes Sinnesepithel trägt, während es im übrigen von einem einschichtigen Epithel ausgekleidet wird. Auch bei einigen Selachier- und Ganoidenarten scheint sich das Organ der ersten Schlundtasche zu einem bleibenden Sinnes- organ auszugestalten.!) Was sein Schicksal beim Meerschweinchen anbelangt, so kann ich darüber vorläufig keine Aufschlüsse geben. Vielleicht würde man solche erhalten, wenn man Rekonstruktionen der ersten Schlundtasche älterer Stadien anfertigen würde. Es sei nur be- merkt, dass man noch bei Embryonen zwischen 9 und 10 mm Scheitel-Steisslänge einerseits die Verbindung der Spitze des dor- salen Divertikels mit der Epidermis vermittels eines kurzen, breiten Epithelstranges, andererseits die Zusammensetzung des Divertikels aus einem entodermalen Anteile und einer ektodermalen Kuppe erkennen kann, da diese letztere gegen den entodermalen Anteil winkelig abgeknickt und gleich dem Kiemenspaltenorgane früherer Stadien nach dem Ganglion zu gerichtet ist. Erst bei Embryonen von 10 mm wird der Epithelstrang so stark gedehnt, dass er seine ö ı) Vergl. Greil (13). Die Entwicklung der Derivate etc. 109 Kontinuität einbüsst, während sich die Kuppe an Schnitten nicht mehr länger gegen das übrige Divertikel abgrenzen lässt. Das zweite Kiemenspaltenorgan dürfte in diesem Stadium den Höhepunkt seiner Ausbildung erreicht haben. Wie das erste Kiemenspaltenorgan der kaudalen Wand der ersten Furche, so gehört dieses -—- wie wir sahen — der gleichen Wand der zweiten an. Hier bildet es eine auf der konvexen Aussenfläche des dritten Bogens sitzende Plakode (Fig. 26), die sich durch die Höhe ihrer Zellen (28 «) und deren starke Färbbarkeit als eine besondere Area vom umgebenden Epithel unterscheidet. Sie wird von zwei kleinen Erhebungen des Mesoderms flankiert, von denen die dorsale (kaudale) den Rest des grossen in Fig. 15 dargestellten Vorsprunges bildet. In Übereinstimmung mit den Verhältnissen an der ersten Tasche ist das Kiemenspaltenorgan nur auf den dorsalen Ursprung des dritten Bogens beschränkt, während dieser im übrigen von einem 20 « hohen Epithel überzogen wird. Ein Epithel von gleicher Höhe bedeckt den gegenüberliegenden Hyoid- bogen in seiner ganzen Ausdehnung. So erscheint die zweite Schlundfurche in ihrem ventralen Abschnitte von gleichmässiger Beschaffenheit, während dorsal ihre Wände ein verschiedenes Epithel tragen. — Der bei weitem grösste Teil der Plakode liegt kaudal vom Ganglion petrosum und ist von diesem durch eine nicht unbeträchtliche Menge von Bindegewebe geschieden. Ver- folgt man aber die Serie von dem in Fig. 26 abgebildeten Schnitte oralwärts, so findet man, dass die Furche röhrenförmigen Charakter annimmt und sich schliesslich vom Entoderm trennt, um unter einem stumpfen Winkel gegen das Ganglion petrosum abzubiegen, In dem Grunde dieser divertikelartigen Ausbuchtung des dorsalen Endes der Furche liegt die Berührungsstelle der Plakode mit den Ganglienzellen. Was das Organ der Vagus anbelangt. so hat auch dieses gegen früher eine wesentliche Veränderung erfahren. Da der vierte und fünfte Kiemenbogen, die noch im vorigen Stadium offen zutage lagen, im vorliegenden Falle durch die stark verbreiterte tetrobranchialleiste nach aussen zu überlagert werden, begrenzen sie jetzt mit dieser eine tiefe Bucht, den Fundus cervicalis, der — am Modell gemessen — eine dorso-ventrale Länge von 0,2 mm besitzt und sich als Divertikel der Halsbucht darstellt. Der fünfte 110 H. Rabl: Bogen ist beiderseits nur an zwei Schnitten als unscheinbares Höckerchen im Grunde des Divertikels zu unterscheiden. Der ganze Fundus cervicalis wird von demselben hohen Epithel aus- gekleidet, das früher die freie Oberfläche der genannten Bögen sowie der Retrobranchialleiste bedeckte. Seine Spitze liegt dem (anglion nodosum unmittelbar an. Die Schilddrüse besteht bei diesem Embryo einerseits aus lumenlosen Röhrchen, die von einem einschichtigen Epithel aus- gekleidet werden und miteinander netzartig verbunden sind, andererseits aus mit diesen zusammenhängenden Platten, die aus zwei Lagen unregelmässig gestalteter Zellen aufgebaut sind. Ihr oraler Anfang liegt in der (rabel der Uarotidenbögen, ihr Ende reicht noch etwas über den Abgang der vierten Arterienbögen kaudalwärts. Stadium \V. Von diesem Stadium habe ich zwei Modelle angefertigt. Das eine gehört einem Embryo von 9,7 mm, das andere einem Embryo von 10 mm Scheitel-Steisslänge an. Sie stammen von verschiedenen Muttertieren, deren Gravidität etwa 21'/e Tage gedauert hatte. Da sich das Modell des kleineren Embryo nur wenig von dem des grösseren unterscheidet, habe ich bloss dieses abgebildet (Fig. 7). Die wichtigsten Maße desselben sind: Abstand der lateralen Enden der zweiten Schlundtaschen voneinander 1,35 mm, der dritten 1,67 mm, der vierten Taschen 0,72 mm. Diese Zahlen beweisen, dass sich die Schlundtaschen im gleichen Sinne wie im vorigen Stadium weiter entwickelt haben, indem sich die zweite und dritte Tasche nach aussen verlängert, die vierte aber dem Schlunde genähert hat. Dagegen ist bei Betrachtung des Ab- standes der Schlundtaschen voneinander in der Längsrichtung des Embryo auffallend, dass sich der laterale Rand der zweiten Tasche dem oralsten Punkte des Randes der dritten bis auf 0.06 mm genähert hat. Der aborale Rand der lateralen Fläche der dritten Tasche ist vom freien ventralen Ende des ultimo- branchialen Körpers 0,5 mm, vom freien dorsalen Ende der vierten Tasche 0,6 mm entfernt. Diese Entfernungen haben somit zu- genommen, weil einerseits der Abstand der dritten Tasche vom Schlunde zu-, andererseits der Abstand des kaudalen Pharynx- divertikels vom Schlunde abgenommen hat. Die Entwicklung der Derivate ete int Die zweite Tasche hat sich im Sinne der früheren Wachstums- richtung kaudalwärts verlängert. Gleichzeitig rückte aber auch, in- folge Erweiterung des Pharynx, die Übergangsstelle ihres ventralen Randes in die Schlundwand kaudalwärts, ähnlich wie im vorigen Stadium eine kaudale Verschiebung des medialen Endes der dritten Tasche beobachtet werden konnte. Infolgedessen zieht der ventrale Rand nicht mehr, wie im Stadium IV, schräg von innen und vorne nach aussen und hinten, sondern liegt nahezu quer. Nur am lateralen Ende biegt er ziemlich plötzlich nach rückwärts ab und begrenzt mit dem in gleicher Richtung verlaufenden, lateralen Rande der Tasche ein kurzes, an seinem Ursprung trichterförmiges Röhrchen.) Diesem liegt das innere Ende der zweiten Furche an, das ebenfalls das Aussehen eines Röhrchens angenommen hat. Die beiderseitigen Epitheltlächen, mit denen sich die Kanäle berühren, entsprechen der ehemaligen Verschlussmembran der Schlundspalte. Der kaudale, jenseits des Endes der Tasche gelegene Teil der zweiten Kiemen- furche ist in diesem Stadium von nur geringer Ausdehnung. Er verbreitert sich an seinem Übergang in die Halsbucht, ist aber hier solid. Ebenso fehlt in dem oralen Anfang, der von der Tasche durch etwas Bindegewebe geschieden wird, eine Lichtung. Dieses Divertikel scheint zuerst der Rückbildung zu verfallen. Dagegen weist der noch hohle Abschnitt der Furche keine Zeichen von Degene- ration auf. Ja, es lässt sich in ihrem, der Tasche anliegenden Teile derselbe Unterschied zwischen den Zellen der oralen und aboralen Wand wahrnehmen, wie im früheren Stadium. Während die ersteren eine Höhe von nur 20 « besitzen, misst das übrige Epithel 30 «, und seine Zellen scheinen an ihrer Oberfläche Stäbehen zu tragen. Daher wird man nicht fehl gehen, in ihm den Rest des Kiemen- spaltenorgans des Glossopharyngeus zu erblicken. — Ich will aber gleich hier bemerken, dass schon im nächsten Stadium dieser Unterschied in den Zellen der Furche nicht mehr nachweisbar ist, indem ihre enge Lichtung allseits von einem auffallend hohen zweireibigen Zylinderepithel umgeben wird. Ob dieses Verhalten dadurch bedingt ist, dass die niederen Zellen von den höheren verdrängt werden oder sich zu jenen umgestaltet haben, muss dahingestellt bleiben. — In Stadium VII verliert die Furche in- folge starker Dehnung ihre Lichtung zunächst im oralen Teile, !) Der Beginn der Bildung desselben ist bereits im vorigen Stadium wahrzunehmen. Archiv f. mikr. Anat. Bd.82.. Abt. I. & 112 H-aRlanbıe während die Zellen niederer werden. Ihre Rückbildung schreitet von hier nach dem aboralen Ende zu fort, so dass sie bei einem Embryo von 13 mm nur mehr in obliterierten Resten und bei einem solchen von 14,5 mm vollkommen verschwunden ist. Der kaudale Schenkel der zweiten Schlundtasche ist diesem Schicksal schon früher verfallen, sein transversaler aber wird durch allmäh- liche Erweiterung vom Schlunde aus in diesen selbst einbezogen. Vielleicht darf die lange Persistenz der zweiten Furche bei allen näher untersuchten Säugetieren dadurch erklärt werden, dass sie den röhrenförmigen Zugang zu dem in ihrer Tiefe eingebetteten Sinnesorgane darstellt. Leider sind ähnliche Verhältnisse, zum mindesten ein von der zweiten Schlundspalte ausgehendes und gegen das Ganglion petrosum gerichtetes Divertikel, bei niederen Wirbeltieren bisher noch nicht beschrieben worden. Durch einen solchen Befund erhielte natürlich diese Hypothese eine kräftige Stütze. Aus dieser Darstellung ergibt sich, dass die Veränderungen der zweiten Tasche und der dazu gehörigen Furche beim Meer- schweinchen in vollkommenem Parallelismus zu jenen stehen, die ich beim Maulwurf (l. ec. S. 33 [581|) feststellen konnte. Hier wie dort wird die ventro-kaudale Ecke der zweiten Tasche in einen dünnen Fortsatz ausgezogen, dessen aborales Ende dem oralen Ende der Furche eine Strecke weit anliegt. Dieser Fort- satz entspricht dem „Kiemengang* C. Rabls und dem faden- förmigen Fortsatz (hliform process). welchen Fox bei Schweine- embryonen als kaudalen Ausläufer der zweiten Tasche beschrieben hat. Im Gegensatz zu den Befunden dieser beiden Forscher erscheint bei den von mir untersuchten Arten, ferner beim Kaninchen (Piersol) und beim Menschen (Hammar) der Anteil. den die ektodermale Furche an der Verbindung der zweiten Tasche mit der Epidermis beisteuert, grösser als jener des entodermalen Ganges. Jedenfalls ist die Überlegung von Fox vollkommen richtig, dass hier zwei Röhren zu unterscheiden sind, von denen bald die eine, bald die andere von grösserer Länge ist. Alle Autoren betonen, dass zum mindesten in diesen Spät- stadien keine offene Verbindung zwischen Tasche und Furche vorhanden sei. Auch nach meinen Erfahrungen ist die Verschluss- membran der zweiten Spalte bei älteren Meerschweinchenembryonen meist unversehrt. Ihr bei Stadium II beschriebener Durchbruch Die Entwicklung der Derivate etc. 115 am ventralen Ende ist nur von kurzem Bestande. Nur in einem Falle, welcher die rechte Seite des Embryo von 9,7 mm Länge betraf (Fig. 27), lag eine offene Kommunikation zwischen Tasche und Furche vor. In bezug auf die Umgestaltung der Rinnen zu Röhren war dieser Embryo noch nicht so weit wie jener von 10 mm Länge entwickelt. Auch liess sich der kaudale, röhren- förmige Fortsatz der Tasche vom breiten Flügel derselben weder seiner Lage noch seinem Epithel nach scharf abgrenzen. In diesem Umstande darf wohl die Ursache erblickt werden, dass es in der abgebildeten Figur den Anschein hat, als ob die äussere Furche in den transversalen, statt in den kaudalen Schenkel ein- mündete. Mit Rücksicht auf die geschilderten Verhältnisse bei älteren Embryonen, bei denen die äussere Furche niemals bis zum transversalen Flügel hinaufreicht, glaube ich aber, dass auch hier die Einmündungsstelle im Bereiche des künftighin kaudalen Taschenabschnittes gelegen ist. Das Präparat ist aber weniger wegen der Tatsache eines Durchbruches an und für sich, als wegen der Region der Furche, an der sich jener Vorgang abspielt, von Interesse. Es ist dies nämlich ihre orale, ehemals dorsale Spitze, unmittelbar hinter der Einmündung des gegen den Glosso- pharyngeus gerichteten Divertikels, deren Wand den Rest des Kiemenspaltenorgans trägt. Daher darf der hier vorliegende Durchbruch der zweiten Spalte mit dem regelmässig erfolgenden Durchbruche desersten Kiemenspaltenorganes homologisiert werden. Eine Einverleibung des Kiemenspaltenorganes in die Tasche findet jedoch hier — im Gegensatz zu den Verhältnissen im Gebiete der ersten Schlundtasche — niemals statt. Was die dritte Tasche anbelangt, so lässt sich an ihr gegen früher eine Reihe von Veränderungen nachweisen. Vor allem fällt die Verschmälerung ihres medialen Anfangsstückes auf, welche bereits zur Ausbildung des Ductus pharyngo-branchialis III geführt hat (Fig. 7). Seine Entwicklung hängt zweifellos mit der Dehnung der ganzen Tasche in transversaler Richtung zusammen. Da er aber noch mit dem Schlunde in fester Verbindung steht, wird durch diesen Prozess auch jener Teil des Randes, aus dem er entspringt, in Form eines dreieckigen Feldes aus dem Schlund- bereich herausgezogen. Der Gang besitzt an seiner dünnsten Stelle nur eine kranio-kaudale Ausdehnung von 45 «, und da er in dorso-ventraler Richtung einen Durchmesser von 44 u besitzt, S* 114 H. Rabl: kann er hier als drehrund bezeichnet werden. Seine Wand be- steht aus einer Schicht schmaler Zylinderzellen, die ein spalt- förmiges Lumen umschliessen, und deren Kerne in verschiedener Höhe liegen. Am Modell des 9,7 mm langen Embryo ist die Bildung des Ganges erst angedeutet. An der sekundären Tasche (wie ich [42] die ursprüngliche primäre Tasche nach Abzug des Ductus pharyngo-branchialis be- zeichne) lässt sich, wie in den jüngsten Stadien, eine orale und kaudale Fläche und eine dorsale und ventrale (abgerundete) Kante unterscheiden. Es scheint mir aber, um die Beschreibung der Schnittbilder verständlicher zu machen, zweckmässig, von nun an von einer ventralen und dorsalen Fläche und einer oralen und kaudalen Kante zu sprechen. Hiezu gibt einerseits die bereits im vorigen Stadium eingetretene Änderung im Aussehen der dritten Tasche, andererseits die Verschiebung der Abknickungs- stelle des Schlundes in oraler Richtung Veranlassung. Bezüglielı des ersten Punktes brauche ich nur nochmals auf Fig. 6 zu ver- weisen. Infolge des bei Beschreibung von Stadium IV bereits erwähnten Vordringens des medialen Taschenendes in lateraler und kaudaler Richtung hat sich schon bei diesem Embryo die Lage der Tasche soweit geändert, dass ihre ehemals kraniale Fläche, die vordem zur Ebene des Schlundes senkrecht stand, nunmehr nahezu in der letzteren gelegen ist. Bei diesem Embryo befindet sich die Abknickungsstelle des Schlundes in der Region des kaudalen Pharynxdivertikels. Im Falle der Fig. 7 aber liegt die Abknickungsstelle zwischen dem Abgange der zweiten und dritten Tasche. Daher stellt sich hier die dritte Tasche bei Be- trachtung in der Richtung, in der das Modell gezeichnet wurde, nahezu in der Kantenansicht dar. Die Kante, auf die man blickt. ist aber jetzt die kaudale. Die Fläche, welche dem ventralen Rande des Larynx parallel liegt, erscheint als ventrale; und da die Schnitte senkrecht zu Larynx und Ösophagus geführt wurden, ist für sie die letztere Bezeichnung die sinngemässe; man darf aber nicht aus den Augen verlieren, dass sie auf die ursprüng- lichen Verhältnisse nicht anwendbar ist. Wie Fig. 7 zeigt, wird das kaudale Ende der rechten Tasche durch eine Einkerbung in zwei ovale Wülste zerlegt, einen kleineren medialen und einen grösseren lateralen. Die Besichtigung des Modells und das Studium der Schnitte lehrt, Die Entwicklung der Derivate ete. 115 dass diese Einkerbung der Ausläufer einer seichten Furche ist, die sich über die dorsale Wand vom kranialen zum kaudalen Rande hinzieht. Schon bei Beschreibung des Stadium IV habe ich erwähnt, dass sich die dorsale Wand — dort war sie als die kaudale bezeichnet — nach dem Bindegewebe zu vorwölbt, während die ventrale (orale) nahezu plan ist. Dasselbe lässt sich auch ım vorliegenden Falle beobachten, nur dass die Konvexität noch zugenommen hat. Nur handelt es sich wegen dem Aultreten der Furche nicht mehr um eine einheitliche Vorwölbung, sondern um zwei getrennte Erhebungen. So zerfällt die Tasche in zwei, beziehungsweise in drei Teile: in die beiden an den Enden ge- legenen Abschnitte mit ventral ebener und dorsal konvexer Wand und in eine mittlere Zone, welche die beiden Taschenteile ver- bindet. Diese ist in der kranialen Partie der Tasche von an- sehnlicher Breite, verschmälert sich nach rückwärts und ist schliesslich (Fig. 7) auf eine Rinne beschränkt, welche mediale und laterale Taschenhälfte voneinander trennt. — Schliesslich ist noch ein kranial gerichtetes Divertikel zu nennen, das aus der mittleren Taschenzone entspringt und von einem einschichtigen Zylinderepithel von 24 « Dicke, mit alternierend stehenden Kernen, ausgekleidet wird. Es ist trotz seiner dem Beschauer abgekehrten Lage in Fig. 7 an der linken Tasche zu erkennen. Dieser Höcker wurde auch von Ruben an einem Embryo der gleichen Grösse gesehen und als die Anlage der Parathyreoidea gedeutet. Diese Auffassung ist — wie die Untersuchung älterer Stadien lehrt — richtig. Doch muss hinzugefügt werden, dass nicht nur dieser Höcker, sondern auch das ganze mediale Bläschen samt einem Teile des Mittelstückes, welches dieses mit dem lateralen Taschen- abschnitt verbindet, zum Epithelkörperchen wird. Der laterale Taschenabschnitt hingegen samt dem anderen Teil des Mittel- stückes stellt die Anlage der Thymus dar. Die beiden Anlagen unterscheiden sich im vorliegenden Stadium nur wenig. Immerhin findet man schon jetzt die Zellen im lateralen Taschenabschnitt dichter gedrängt als im medialen. Auch ist die Wand der Tasche im ersteren Bezirk etwas höher (ca. 40—50 u) als im letzteren, wo sie durchschnittlich nur eine Höhe von 30—40 u besitzt. Die mittlere Zone ist durch eine niedere dorsale und auffallend dicke ventrale Wand ausgezeichnet. In die letztere dringt sogar ein enger Spalt aus dem Lumen ein. 116 ERERKanDI RE: Der Sinus cervicalis ist in diesem Stadium infolge Aneinander- lagerung seiner Wände zu einem nahezu soliden Körper geworden. - Sein Eingang, der Duetus cervicalis, erscheint als ein Röhrchen, dessen Breite in sagittaler Richtung nur 40 u beträgt, und dessen Wandungen sich — ausser an einem Schnitte — bereits in ganzer Ausdehnung berühren. Die Epithelien, welche die Halsbucht selbst auskleiden. setzen sich aus dem Überzug des dritten, vierten und fünften Bogens und der gegenüberliegenden Retrobranchialleiste zusammen. Das Epithel des dritten Bogens liegt der äusseren Abdachung der dorsalen Wand der dritten Tasche flächenhaft auf: da sich die letztere schon in früheren Stadien mit ihrem äusseren Ende unter das Epithel dieses Bogens geschoben hat. Das Epithel über dem Reste des vierten Bogens nimmt den grössten Teil der medialen Wand ein. Ihm folgt das Epithel im Grunde des Fundus cervicalis. welches früher den fünften Bogen, der aber jetzt nicht mehr nachweisbar ist, überkleidete. Dieses Ende des Fundus liegt in einem Grübchen des Ganglion nodosum vagi und ist somit jenem Divertikel homolog, das von der Spitze der zweiten Schlund- furche gegen das Ganglion petrosum zieht. Vergleicht man den Sinus cervicalis des Meerschweinchens, der einen Bautypus repräsentiert. wie wir ihn bei den meisten Säugetieren finden, mit dem des Maulwurfs, so ergibt sich ein wesentlicher Unterschied in der Gestalt, der vor allem dadurch bedingt ist, dass beim Maulwurf die dritte Tasche dem Ektoderm nur mit ihrer lateralen Kante anliegt. Daher wird diese Ver- bindung leicht gelöst und erscheint schon bei Maulwurfembryonen von S—9 mm unterbrochen. Ferner ist beim Maulwurf auch das Epithel an der Mündung der zweiten Furche an der Bildung des Sinus cervicalis beteiligt, so dass dieser als ein ovales Bläschen erscheint, von dem sich der gegen das Ganglion nodosum ge- richtete Fortsatz, der Fundus cervicalis, deutlich absetzt. Beim Meerschweinchen dagegen und bei den meisten anderen Säuge- tieren ist der Fundus cervicalis in späteren Stadien nicht kleiner als sein Eingang, welcher der dritten Tasche anliegt. Dieser letztere Teil setzt sich, wie das Modell zeigt, durch eine winkelige Knickung vom Fundus ab, da er durch die sich erweiternde Tasche nach aussen gedrängt wird. Eine zweite Knickung, die manchmal zu beobaheten ist, liegt unmittelbar vor dem blinden Ende des Fundus und ist eine Folge davon, dass sich dieses auf kürzestem Wege Die Entwicklung der Derivate ete. E17 dem Ganglion zuwendet. Einen Durchbruch der die Lichtungen der dritten Tasche und des angelagerten Sinus cervicalis trennenden dicken Epithellamellen, welche von Ruben für dieses sowie für mehrere ältere Stadien beschrieben wurde, konnte ich niemals beobachten.') Die vierte Tasche und der ultimobranchiale Körper hängen mit dem Schlunde, sowie miteinander noch zusammen. Erstere ist, wie das Modell deutlich zeigt, dorsalwärts, der ultimobranchiale Körper ventral- und kaudalwärts gerichtet. Die vierte Tasche wird von einem einschichtigen, höchstens zweireihigen Epithel von 20 u Dicke ausgekleidet. Ihre Länge beträgt in dorso- ventraler Richtung 0,055 mm. in kranio-kaudaler Ausdehnung ca. 0.05 mm und in transversaler 0,048 mm. Der ultimo- branchiale Körper misst bis an sein Ende 0,22 mm. In seinem Anfangsstück ist er eng und in transversaler Richtung zusammen- gedrückt. Hier ist das Epithel von derselben Dicke wie in der vierten Tasche. (regen das Ende zu erweitert es sich zu einem Bläschen, das am Querschnitt dreiseitig erscheint, und dessen Epithel eine Höhe von 40 « erreicht. Man kann in ihm drei IKernreihen übereinander unterscheiden. Das Bläschen endet beider- seits mit nur wenig gewölbter Fläche. Die Schilddrüse besitzt dieselbe Lage und Gestalt wie im vorigen Stadium; sie besteht aus Platten und Strängen, deren kraniales Ende beiderseits an jenem Schnitte zu sehen ist, welcher die Teilung der ventralen Aorta in den zweiten Aortenbogen, der bereits seine Verbindung mit der dorsalen Aorta verloren hat, und den Carotidenbogen enthält. Kaudalwärts reicht sie ca. 50 « über den Ursprung der vierten Arterienbögen aus dem Truneus arteriorus hinab. Hinsichtlich ihres feineren Baues weist sie einen Fortschritt auf, der darin besteht, dass die Röhrchen und Platten, deren virtuelle Lichtung im vorigen Stadium von einer einzigen Zellage begrenzt war, nunmehr an vielen Stellen, besonders am kranialen Ende und an den lateralen Rändern, von einem mehrschichtigen Epithel aufgebaut werden. Dadurch ver- schwindet die Anordnung der Zellen um eine virtuelle Lichtung ') Nierstrasz (35) beschreibt sogar einen Durchbruch des Oervical- bläschens in die vierte Tasche. Doch erscheint mir die Deutung, die er den in Fig. 20 abgebildeten Hohlräumen zuteil werden lässt, nicht über jeden Zweifel erhaben. 11S H. Rabl: vollkommen, und es treten vielfach an Stelle der Röhrchen und zweischichtigen Platten Zellhaufen, die aus dichtstehenden kubischen Elementen an der Oberfläche und polygonalen im Inneren aufgebaut sind. Wie die Thyreoidea durch diese Form des Diekenwachstums ihren ursprünglichen, drüsigen Bau verliert, so geschieht dies auch durch ihr Wachstum nach aussen, indem von den lateralen Kanten der Platten aus schmale, nur aus einer einzigen Zellage bestehende Lamellen ins Bindegewebe vor- dringen. Stadium VI. Dieser Embryo (10,7 mm) stammt von demselben Mutter- tiere wie der eben beschriebene. Doch zeigt er ihm gegenüber einen Fortschritt in einigen wichtigen Punkten, so dass ich ihn als ein Stadium für sich beschreiben will. In bezug auf die Maße des Schlundes besteht allerdings fast gar kein Unterschied zwischen ihm und dem 10 mm langen Embryo. Dagegen hat sich die Gestalt der Taschen etwas geändert. Bezüglich der zweiten Tasche genügt es, diesbezüglich auf die Abbildung des Modells zu verweisen, aus welcher hervorgeht. dass der kaudale Schenkel in rein sagittaler Richtung verläuft und an Länge zugenommen hat. Er enthält durchgehends noch eine Lichtung und grenzt mit seinem hinteren Ende an die zweite Furche, deren kraniale Spitze wie im früheren Falle dorsal vom Ende der Tasche gelegen ist. .Die Spitze der Furche ist kompakt; darauf folgt ein kurzer, noch hohler Abschnitt, zum Schluss wieder eine kompakte Zellmasse, die in den Sinus cervicalis übergeht. Der letztere erscheint als abgeplatteter Sack mit enger Lichtung, von einem Epithel von 40 « und darüber ausgekleidet. Die Kerne liegen an den meisten Stellen in mehreren Reihen übereinander, die Mitosen in grosser Zahl ausschliesslich an der inneren Oberfläche. Manche Zellen führen chromatophile Körnchen. Von diesem Aussehen der Wand des Sinus cervicalis macht nur die durch einen Zellstrang mit dem Ganglion nodosum verbundene Spitze eine Ausnahme, indem hier bloss eine einzige Lage hoher Zylinderzellen vorhanden ist. Die Abknickung der Spitze gegen den übrigen Teil des Fundus, auf welche ich bei dem kleineren Embryo aufmerksam gemacht habe, fehlt beiderseits. Die zweite dort beschriebene Abknickung, deren Scheitel sich an jener Stelle befindet, wo die mediale Sinuswand ihren Kontakt mit der dritten Die Entwicklung der Derivate ete. 119 Tasche verliert, ist rechts nur angedeutet (Fig. 25), links dagegen sehr klar ausgesprochen (Fig. 29). In Fig. 5 erscheint allerdings jene Abknickung als Ausdruck der Zuspitzung des dorsalen Endes des Sinussackes. Doch ist dies nur die Folge davon, dass der Rand in Verkürzung erscheint, da man nicht senkrecht, sondern schräg auf die kaudale Sinuswand blickt. Hält man jedoch das Modell so, dass diese Wand dem Beschauer gegenüber liegt, so sieht man, dass der freie mediale Rand von der halben Länge des der dritten Tasche anliegenden Teiles ist, und dass der Winkel, welchen die beiden Abschnitte miteinander bilden, etwa 130° beträgt. — Der Ductus cervicalis ist im vorliegenden Falle ein drehrunder Strang, der auf beiden Seiten nur an je einem Schnitte nachweisbar ist. Von grosser Bedeutung ist die Veränderung, welche die dritte Tasche im Vergleich mit dem vorigen Stadium erfahren hat. Dort war an ihr lediglich eine schmale Abflachung zu erkennen, durch welche die Tasche in einen scheinbar kleineren medialen und grösseren lateralen Teil zerlegt wurde. Seither hat die Tasche sowohl in kranio-kaudaler wie in dorso-ventraler Richtung an Masse zugenommen. Dadurch wurde auch die Richtung, in der die Furche verläuft, welche die Anlage des Epithelkörperchens von der der Thymus trennt, deutlicher. Aus Fig. S geht hervor, dass sie schräg zur Sagittalebene liegt, indem sie von der Aussen- und Ventralseite ein- und dorsalwärts zieht. Daher liegt die Anlage des Epithelkörpers nicht rein medial, sondern ventro-medial von der der Thymus, welche ihrerseits dieser gegenüber eine dorso-laterale Lage einnimmt. Abgesehen von dieser wesentlichen Gliederung der Tasche sind auch noch einige andere Furchen an ihrer Oberfläche wahrzunehmen, durch welche kleine Höcker voneinander getrennt werden, die aber allesamt als Teile des Epithelkörpers anzusprechen sind. Zu dieser Behauptung ist man durch das Aussehen der einzelnen Taschen- abschnitte berechtigt, da in diesem Stadium die histologische Verschiedenheit von Epithelkörper und T'hymusanlage bereits zu stärkerem Ausdrucke gelangt ist. In der ersteren ist nämlich das Epithel der Taschenwand geschichtet, die Kerne sind rundlich, das Plasma hell, zwischen den einzelnen Zellterritorien sind an günstigen Stellen blass rosenrote Grenzlinien wahrzunehmen; in der letzteren wird die Wand noch wie früher von einem mehr- 120 H. Rabl: reihigen Epithel gebildet, in welchem sämtliche Kerne längs-oval, die Zellkonturen senkrecht zur Oberfläche gerichtet sind. Zwischen diesen beiden wohl charakterisierten Taschenabschnitten befindet sich dorsal wie ventral eine schmale, noch nicht scharf differen- zierte Übergangszone, in der jene aneinandergrenzen. Ferner verdient hervorgehoben zu werden, dass die Taschenwand an ver- schiedenen Stellen eine verschiedene Dicke zeigt, indem an einzelnen Punkten eine stärkere Proliferation einsetzt. Dies gilt sowohl für ihre mediale wie ihre laterale Partie; insbesondere fällt die starke Verdickung der ersteren im Bereiche ihrer ventralen Seite auf (Fig. 29), durch welche ein hier stark vortretender Höcker ge- bildet wird. Den diesem gegenüberliegenden Teil der dorsalen Taschenwand glaube ich der Thymusanlage zuweisen zu müssen; die Höhe dieses letzteren beträgt ca. 30 «; dagegen misst der aussen an den erwähnten ventralen Höcker anschliessende Wand- abschnitt gegen 50 «. Der im vorigen Stadium als Produkt einer Wucherung der kranialen Wand erwähnte Fortsatz ist auch bei diesem Embryo nachweisbar, allerdings nicht in grösserer Länge als dort. Auch jener von der Lichtung in das verdickte Epithel der ventralen Wand eindringende Spalt ist vorhanden. Aus der Struktur dieses Epithels erkennt man nunmehr, dass es im Begriffe steht, sich zu Epithelkörpergewebe zu differenzieren. Es wäre daher unrichtig, aus jener beginnenden Divertikelbildung schliessen zu wollen, dass beim Meerschweinchen eine, wenn auch nur rudimentäre Anlage eines ventralen Schenkels der dritten Tasche erfolgt. Möglicherweise ist Ruben in diesen Irrtum ver- fallen, da er bei Embryonen von S und 10 mm Länge ausdrücklich die Gegenwart eines ventralen Divertikels als Homologons der bei der Mehrzahl der Säugetiere nachgewiesenen ventralen Ausbuchtung der Tasche hervorhebt. Doch erscheint jenes Divertikel an den von Ruben angefertigten Modellen dieser beiden Stadien als abgerundete Vorwölbung der ganzen kaudalen, bezw. ventralen Taschenwand. Es ist daher auch möglich, dass er die eben be- schriebene Gliederung dieser Taschenwand ganz übersehen hat. Gerade diese letztere lehrt aufs klarste, dass beim Meerschweinchen das ventrale Divertikel nicht einmal angelegt wird, und dass die Thymus zum grösseren Teile aus jenem lateralen Taschenabschnitt hervorgeht, der sich in früheren Stadien oralwärts unter das Epithel des dritten Bogens vorgeschoben hat. An diesen Teil Die Entwicklung der Derivate ete. 129 schliesst sich nur noch eine kleine Zone der dorsalen Wand an, während der übrig bleibende Teil zum Epithelkörper wird. In dieser Anordnung spricht sich eine bedeutungsvolle Ähnlichkeit mit den Verhältnissen bei den niederen Wirbeltieren aus. Wie das Modell zeigt, sind die beiden Ductus pharyngo- branchiales III und IV noch vorhanden. Der erstere verläuft trans- versal. der letztere kaudalwärts. Dieser besitzt, an den Schnitten gemessen, eine Länge von 105 «. An seinem Ende teilt er sich links in die dorso-lateral gelegene vierte Tasche und den seine kaudo-ventrale Fortsetzung bildenden ultimo branchialen Körper. Rechts ist die vierte Tasche bereits isoliert. Sie besitzt eine sagittale Länge von ca. 60 « und erscheint als ein in transversaler Richtung komprimiertes Bläschen mit spaltförmiger Lichtung, das von einem einschichtigen, nicht mehr als 16 « Höhe messenden Zylinderepithel ausgekleidet wird. Fig. 50 zeigt die vierten Taschen und die kraniale Spitze der ventro-medial von diesen gelegenen ultimobranchialen Körper bei einem 11 mm langen Embryo. Der ultimobranchiale Körper stellt sich als Sack dar, der ohne scharfe Grenze aus dem Ductus pharyngo-branchialis hervor- geht, indem die Wand desselben allmählich an ‘Dicke zunimmt. Sie besteht in ihrem Anfang aus zwei Zellschichten, späterhin aus drei bis vier. Die Lichtung ist eng. Auch er ist in transversaler Richtung etwas zusammengedrückt. Seine grösste Breite beträgt ca. 90 u, wovon je 40 aut die beiden Epithellagen entfallen. Die Schilddrüse hat gegen früher keine auffallende Ver- änderung erfahren. Höchstens lässt sich für den kranialen Teil feststellen, dass die Verdickung der Stränge und Platten weiter zugenommen hat, so dass diese jetzt stellenweise aus fünf bis sechs Zellreihen bestehen, während die gleichen Gebilde im kaudalen Teile noch zweischichtig sind. Innerhalb der verdiekten Partien treten zwischen den Zellen Lücken auf. Sa dumm. VII: Embryo von 12 mm Scheitel-Steisslänge, 23 Tage alt. Ich habe von diesem und den folgenden Stadien keine Plattenmodelle angefertigt, sondern mich begnügt, graphische Rekonstruktionen auf Millimeterpapier auszuführen, wobei stets eine Projektion auf die Frontalebene angenommen wurde. Diese Rekonstruktionen zeigen nicht nur die topographischen Beziehungen, sondern auch die 122 H. Rabl: (‚renzen der Organe an ihrer lateralen und medialen, kranialen und kaudalen Seite ebenso richtig wie jene. Bei jüngeren Em- bryonen würde diese Methode infolge der starken Krümmung der Halsregion natürlich zu fehlerhaften Ergebnissen führen. Dass solche Fehler bei älteren Embryonen, wo die in Frage kommende hegion in ganzer Ausdehnung senkrecht geschnitten werden kann, nicht zu befürchten sind, lehrt am besten der Vergleich meiner Textfig. 1 mit Fig. 3 bei Ruben (Plattenmodell nach einem 12 mm langen Embryo), die — abgesehen von Einzelheiten die in den Bereich individueller Variationen fallen — eine schöne Überein- stimmung erkennen lassen. Der Fortschritt gegenüber dem eben beschriebenen Stadium äussert sich zunächst im beiderseitigen Fehlen des Ductus pharyngo- branchialis III. Wie schon beim Embryo von 10 mm Länge ent- sendet auch hier, aber nur rechts, die dritte Tasche kranialwärts einen Zapfen von beträchtlicher Länge, der an seinem Ende noch Fig. 1. Embryo 12 mm. Rekonstruktion des thyreo-thymischen Organkomplexes auf Millimeterpapier in der Projektion auf die Frontalebene. Vergr. 50. Die Thyreoidea ist mit gestrichelter, der Epithelkörper III mit punktierter Konturlinie dargestellt. Vesicula cervicalis radiär, Thymus horizontal, Epithelkörper IV vertikal und ultimobranchialer Körper schräg gestreift. Arterienbogen rot. Von den Lichtungen der verschiedenen Organe wurde nur die zentrale Lichtung der dritten Taschen und der Cervicalbläschen eingetragen. eine von Zylinderzellen umgebene Lichtung enthält, weiter hinab aber den geschichteten Bau des Epithelkörpergewebes aufweist. Fig. 31 zeigt ihn an seiner Basis. unmittelbar vor seiner Ver- einigung mit dem medialen Ende der Tasche. Verfolgt man die Die Entwicklung der Derivate ete. 1 Serie noch weiter kaudalwärts, so erscheint die Anlage der Thymus mit der des Epithelkörpers in Zusammenhang und auch das Lumen von aussen nach einwärts verlängert. Einen Schnitt durch diese kaudale Partie der Tasche habe ich in Fig. 32 bei starker Ver- grösserung dargestellt. Sie zeigt deutlich das verschiedene Ver- halten der Wand, indem das laterale Ende viel dichtzelliger als das mediale ist. Auch die Kerne der ersteren Region sind chro- matinreicher als an letzterer Stelle. Wie im jüngeren Stadium (Fig. 29) liegen jedoch die Übergangszonen an der dorsalen und ventralen Wand einander nicht gegenüber. Denn man muss der Thymusanlage mit Rücksicht auf das Aussehen der Zellen nicht nur den lateralen dicken, sondern auch den medial angrenzenden, dünnen Teil der dorsalen Wand zurechnen. Nach diesem Schnitt zu urteilen, würde demnach die Thymus aus der ganzen dorsalen, lateralen und dem äusseren Abschnitt der ventralen Wand hervor- gehen, während nur der innere Abschnitt der ventralen Wand Epithel- körpergewebe zu liefern scheint. Diese Bildungsweise trifft jedoch nur für das kaudale Taschenende zu. Im kranialen und mittleren Teile derselben differenziert sich auch die dorsale Wand — natür- lich immer nur in ihrem medialen Teile — zu Epithelkörper- gewebe. Wie aus Textfig. 1 hervorgeht, ist die Anlage des Epithel- körpers in diesem Stadium links von der gleichen Grösse wie die der Thymus, rechts sogar entschieden grösser. Vergleicht man aber diese Figur mit den Rekonstruktionen älterer Stadien, die ich in der folgenden Arbeit publizieren werde, so ergibt sich — wie zu erwarten —, dass sich dieses Verhältnis bald ändert, indem die Thymus rasch, der Epithelkörper aber nur langsam wächst. Dass es so kommen muss, lässt sich übrigens auch aus dem vorliegenden Stadium erschliessen, da weder links noch rechts im Epithelkörper irgend eine Mitose vorhanden ist. Dagegen weist jeder Schnitt in der Thymus ein bis zwei Zellteilungen auf. Die Mitosen liegen hier noch alle an der inneren Oberfläche des Bläschens, die Teilungsachsen stehen teils parallel, teils mehr oder weniger schräg zu der letzteren. Die Schilderung, welche Maximow vom Epithelkörper des Kaninchens, der Maus, der Ratte, des Meerschweinchens und der Katze für jenes Stadium gibt, in dem die Unterscheidung von der Thymusanlage eben durchführbar wird, deckt sich nicht ganz mit dem hier Gesagten. Zunächst hebt Maximow das Fehlen 124 EraRrahble eines Lumens in der Epithelkörperchenanlage hervor. Dies trifft wohl in der Regel, nicht aber ausnahmslos zu. Im vorliegenden Falle enthält nicht nur der oben beschriebene Zapfen der rechten Seite an seinem Ende eine Lichtung, sondern ein zweiter lumen- haltiger, allerdings ganz kurzer Schlauch ist auch links, hier am kaudalen Ende der Epithelkörperanlage, vorhanden. Dieser Schlauch liegt der ventralen Wand des Thymussäckchens an. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Röhrchen die Anlagen jener Hohlgebilde darstellen, welchen man bei älteren Embryonen oft- mals neben den kompakten Stücken aus echtem Epithelkörper- sewebe begegnet. Weiter findet Maximow die Grenzen zwischen den Zellen oft nicht deutlich definiert, „man sieht vielmehr eine mehr ein- heitliche, fein retikuläre, meist leicht basophile Protoplasmamasse mit zahlreichen, in ziemlich gleichen Abständen voneinander ein- gestreuten Kernen“. Auch dem muss ich widersprechen. Wie ich schon bei Schilderung des Stadium VI erwähnte, kann man an nicht zu dünnen Schnitten (10 «) vom ersten Augenblicke an an vielen Stellen zwischen den Zellen Scheidewände nachweisen. Möglich, dass an dünneren Schnitten diese zarten Linien das gleiche Aussehen wie die (Grerüstfäden im Innern der Zellkörper besitzen. An den mir vorliegenden Präparaten aber kann man durch Heben und Senken des Tubus leicht unterscheiden, was eine durch die Dicke des Schnittes gehende Zellwand, und was bloss ein Faden ist. Dagegen sehe ich wie Maximow im Plasma einzelner Zellen, und zwar stets im basalen Teil, Vakuolen, von denen es mir nicht unwahrscheinlich ist, dass sie intra vitam Glveogen enthalten. Bezüglich der Kerne sagt dieser Autor: „Diese letzteren sind stets kleiner als die Kerne der Thymus- anlage, von runder, ovaler oder unregelmässiger Form, oft mit Einschnürungen versehen und enthalten meist nur einige, sechs bis acht Chromatinstückchen, die der Membran von innen kalotten- förmig anliegen; der ganze übrige Kernraum erscheint ganz blass, gleichmässig, fein staubförmig granuliert, ohne Nukleolus.“ Ich habe dazu zu bemerken, dass in meinen Schnitten die Kerne wohl etwas kürzer, dafür aber breiter als jene der Thymusanlage sind, dass unregelmässige Kerne nur ganz vereinzelt vorkommen und dass neben den kleinen Körnchen gelegentlich auch grössere Uhromatinbrocken im Kerninnern vorhanden sind. Die Entwicklung der Derivate etc. 125 Was die Thymusanlage betrifft, so ergibt sich als Fortschritt gegenüber dem früheren Stadium eine umschriebene Verdickung der ventralen Wand (Fig. 31), sowie eine Erweiterung des Lumens in dorsaler Richtung. Das spitze Divertikel, das in Fig. 32 zu sehen ist, ist die Folge davon, dass sich die medio-dorsale Wand in die Lichtung vorgestülpt hat. Auf der linken Seite fehlt diese Vorstülpung, daher ist die Lichtung hier halbmondförmig, die untere Fläche plan, die obere dorsalkonvex. Am Schnitt erscheint daher ein ähnliches Bild wie früher, nur dass die Vorwölbnng der dorsalen Wand zugenommen hat. Da die Zellen hier sehr dicht liegen, überlagern sich vielfach die Kerne, und sind Zellerenzen nur ausnahmsweise zu erkennen. Wahrscheinlich infolge des Druckes, der im Gewebe herrscht, sind die Kerne schmäler und länger als in der Epithelkörperchenanlage und ihr Gerüst ist dichter, weil auf kleineren Raum zusammengerückt. Der anliegende Sinus cervicalis, der mit Rücksicht auf die beginnende Erweiterung seiner Lichtung und seine vollkommene Abtrennung von der Epidermis (durch Schwund des Ductus cervi- calis) jetzt besser als Vesicula cervicalis zu bezeichnen ist, ent- hält ebenfalls zahlreiche Mitosen. Seine äussere Wand ist breiter als die innere. Die Abknickung des dorsalen Endes, des Fundus, gegen die ventrale, mit der Thymusanlage verbundene Portion, ist bei diesem Embryo weder rechts noch links deutlich aus- gesprochen. Die Spitze des Bläschens steht durch eine Kette von Zellen, die wahrscheinlich als Nervenzellen zu deuten sind, mit der kaudalen Spitze des Ganglion nodosum in Verbindung. Ob diese Zellen aus dem Epithel oder aus dem Ganglion stammen, muss ich dahingestellt sein lassen. Denn wenn man auch wieder- holt auf Bilder stösst, die im Sinne einer Auswanderung der Zellen aus dem Epithel sprechen, so muss man doch in ihrer Deutung vorsichtig sein, da es sich fast stets um Schrägschnitte durch die mehr oder weniger stark gewölbte Wand des Sinus cervicalis handelt. Immerhin darf nicht übersehen werden, dass vierter und fünfter Bogen bei jüngeren Embryonen grösser als bei älteren sind, bei denen der letztere sogar vollkommen von der Oberfläche verschwindet, während das Epithel des vierten nur mehr in der medialen Wand des Fundus cervicalis erhalten bleibt. Und da die Epithelzellen über dem vierten und fünften Bogen nicht an Ort und Stelle degenerieren und sich auch nicht 126 EISRKanbule in vielen Lagen übereinander schieben, bleibt nur die Alternative übrig, dass sie entweder in das Bindegewebe auswandern und zur Vergrösserung des Vagusganglions beitragen!), oder dass sie nach aussen rücken und sich an der Überkleidung der wachsenden benachvarten Partien beteiligen. Die Vesicula cervicalis setzt sich kranialwärts in die zu einer Röhre umgewandelte zweite Kiemenfurche fort, welche jedoch — entgegen dem Verhalten jüngerer Stadien — den Schlund nicht mehr erreicht, da sich der kaudale Schenkel der zweiten Tasche bereits vollkommen zurückgebildet hat. Maximow und Ruben haben ein massenhaftes Vorkommen der chromatophilen Körner im „Sinusbläschen“ gerade während dieser Periode beschrieben. Im vorliegenden Embryo ist jedoch ihre Zahl eine geringe. Man darf daraus wohl ohne weiteres schliessen, dass ihre Produktion der Zeit nach beträchtlichen Schwankungen unterworfen ist, und dass sie nur eine unregelmässige Begleiterscheinung des Wachs- tums dieses Organs darstellen. Bezüglich der vormals im kaudalen Pharynxdivertikel ver- einigt gewesenen Taschen ist zu bemerken, dass sich nun auch der ultimobranchiale Körper vom Schlunde abgelöst hat. Die vierte Tasche ist gegen früher stark in die Länge gewachsen: sie stellt jetzt einen in sagittaler Richtung verlaufenden Strang von ca. 150 a Länge dar, der nur in seinem mittleren Teile auf eine kurze Strecke hohl, im übrigen aber solid ist. Die Lichtung wird von einem einschichtigen Zylinderepithel umschlossen. Im soliden Abschnitt hat der Strang das gleiche Aussehen wie das kraniale Epithelkörperchen. Die Zellen sind teilweise vakuolisiert und zwischen ihnen erscheinen deutliche Grenzen. Der ultimobranchiale Körper misst ca. 300 « sagittaler Länge und besitzt durchwegs den Charakter eines Schlauches. Er ist an seiner Spitze dünn und drehrund, nimmt jedoch bald an Dicke der Wand und Weite des Lumens zu, wobei die mediale und laterale Fläche an Ausdehnung überwiegen, so dass er einen elliptischen (@uerschnitt erhält. Gegen das kaudale Ende hin rückt er etwas ventralwärts und dreht sich dabei mit seiner ventralen Kante etwas medialwärts. An der Stelle seiner !) Dass dieses Verhalten mit dem Charakter jenes Zellagers als eines rudimentären Sinnesorgans nicht unvereinbar ist, hat bereits Froriep (8) betont. : Die Entwicklung der Derivate ete. 127 grössten Weite besitzt der Schlauch einen Durchmesser in schräg sagittaler Richtung von 155 «, senkrecht darauf von 105 u.') Hier liegen in der Wand zwei bis vier Kernreihen übereinander. Er endigt mit breiter Basis, die in die Ebene der Einmündungs- stelle des nahezu quer verlaufenden vierten Arterienbogens in die dorsale Aorta fällt. Das Aussehen der Zellen ist im grösseren, kranialen Abschnitt von jenem im Endstücke verschieden. Dort handelt es sich um sehr lange, schmale, nur in einfacher Reihe liegende Zylinderzellen mit relativ kleinem und schmalem Kerne und stark vakuolisiertem Zellkörper. In letzterer Region hin- gegen, wo wie eben erwähnt wurde, die Kerne in mehrfachen Lagen übereinander stehen, sind die letzteren grösser und von ovaler Form. Der Zellkörper ist gänzlich frei von Vakuolen und sieht daher bei schwacher Vergrösserung kompakt aus, während er bei starker Vergrösserung ein feines (Grerüstwerk von Fäden erkennen lässt. Zwischen den beiden Abschnitten befindet sich eine Übergangszone (Fig. 33), welche beide Epithelformen enthält. In dieser besteht der grössere Teil der Wand aus Zellen von dem letzt beschriebenen Aussehen; eine kleine, dorso-laterale Partie aber wird von den vakuolisierten Zellen gebildet. An der Schilddrüse zeigt sich die beginnende Spaltung des Organs in eine rechte und linke Hälfte dadurch zum ersten Male, dass ihre vordere Grenzfläche oralwärts leicht konkav ist, indem sie zu beiden Seiten der Carotiden weiter nach vorne reicht, als im übrigen Teile. Nur in der Mitte befindet sich ein ziemlich breiter Zapfen, der in der Serie unmittelbar hinter den seitlichen Spitzen getroffen erscheint. Die mehrfachen, in der Medianebene gelegenen, isolierten, kleinen Partikelchen (Textfig. 1) sind Reste des Duetus thyreoglossus, welcher bei diesem Embryo offenbar lange persistierte und erst spät in getrennte Stücke zerfiel. Diese sind. gleich den beiden rechts gelegenen Körperchen, welche wohl als zurückgebliebene Äste jenes Ganges aufgefasst werden müssen, läng- liche Bläschen, die ein deutliches Lumen enthalten und von einer einfachen Lage zylindriger Zellen gebildet werden. Die vordersten liegen dort, wo sich in Stadium II die ganze Schilddrüse befand. Es ist dies jene Region, wo sich die ventrale Aorta, die spätere ') Das Verhältnis der transversalen Durchmesser zur Länge kommt bei Projektion auf die Frontalebene wegen der Drehung des Schlauches um die sagittale Achse nicht zum gebührenden Ausdruck. Archiv f.mikr Anat. Bd.82. -Abt.I. 9 128 H. Rabl: A. carotis externa, in ihre Endäste auflöst. Von diesen verläuft einer mit dem Hypoglossus zur Zunge, ein anderer direkt zur An- lage des Meckelschen Knorpels, und ausserdem werden mehrere Zweige lateral- und medialwärts abgegeben. Das kaudale Ende der Schilddrüse erscheint der Wand des vierten Arterienbogens angelagert. Eine Fortsetzung auf den Truncus, wie in Jüngeren Stadien, ist hier nicht vorhanden, offenbar weil das Herz mit den grossen (Gefässen noch rascher als die Schilddrüse nach rückwärts gewandert ist. Wie bezüglich ihrer Form, liegt auch eine Änderung ihrer Struktur vor, da keine grossen Platten mehr in ihr vorkommen, sondern — wie zu Anfang ihrer Entwicklung — bloss zahlreiche, netzförmig verbundene Stränge vorhanden sind. Diese unter- scheiden sich jedoch dadurch von den Strängen der ersten Stadien, dass sie nicht wie jene aus bloss zwei Zellagen bestehen, sondern grösstenteils vier Reihen aufweisen. Von diesen bestehen die äusseren Lagen, wie dies schon bei Stadium VI angegeben wurde, aus eng aneinander schliessenden, kurz zylindrischen, die inneren aus lockerer liegenden Zellen. Auffallend ist der grosse Reichtum an Blutgefässen, die schon jetzt die Lücken zwischen den Zell- strängen ausfüllen. Dabei hat es den Anschein, als ob die in das Bindegewebe vorwachsenden Epithelmassen die Blutgefässe geradezu aufsuchen würden, um sich ihnen aufs dichteste anzu- lagern, ja in manchen Fällen, um sie vollkommen einzuschliessen. Stadium VIN. Mit diesem Stadium will ich den ersten Teil meiner Arbeit abschliessen. weil hiermit die Trennung von Epithelkörper und Thymus normalerweise vollzogen ist, und die letztere bis hier- her keine Spur von freien Rundzellen zwischen ihren typischen epithelialen Elementen erkennen lässt. Es handelt sich um einen Embryo, der eine Länge von 14,5 mm besass. Das Verhalten der einzelnen Teile des thyreo-thymischen Örgankomplexes ist wieder aus der Frontalrekonstruktion, Text- figur 2, ersichtlich. Vergleicht man diese Abbildung mit Text- figur 1, so fällt vor allem der Mangel einer Vergrösserung der Thymus und des Cervicalbläschens auf. Doch ist dieser nur scheinbar, dadurch bedingt, dass infolge der dichten Zusammen- lagerung der beiden Derivate der dritten Kiementasche und des Die Entwicklung der Derivate etc. 129 Cervicalbläschens diesen Gebilden der Raum zu einer ausgiebigen Entwicklung in transversaler Richtung fehlt. Das Wachstum der Thymus erfolgt dorsal- und ventralwärts und konnte daher bei Projektion auf die Frontalebene nicht zur Darstellung kommen. Anders verhält sich der Epithelkörper III, der in kranialer und kaudaler Richtung auswächst und dessen Vergrösserung daher ohne weiteres sichtbar ist. Übrigens ist die Massenzunahme der Thymus auch an und für sich keine beträchtliche. Ihre Gestalt ist die eines kegelförmigen Bläschens mit ventraler Basis und dorsaler Spitze, das sich ohne Schwierigkeit aus den früheren Entwicklungs- stadien der Tasche ableiten lässt, als sie eine ventrale plane und Embryo 14,5 mm. Rekonstruktion derselben Art wie Textfig. 1. Darstellung der Organe in gleicher Weise wie dort. Gleiche Vergrösserung. Die Lichtung im Thymussäckchen wurde hier nicht eingetragen. eine dorsale, konvexe Fläche besass. Diese dorsalwärts gerichtete Konvexität hat im vorliegenden Falle so zugenommen, dass die Thymusanlage im Querschnitte (Fig. 54) dreiseitig erscheint, indem mediale und laterale Wand unter spitzem Winkel zusammenstossen. Der in der Abbildung rechts vom Bläschen gelegene, isolierte Zellkomplex erscheint schon am nächsten Schnitte in die Wand von jenem eingefügt. Er ist nichts anderes, als ein von der medialen Seite des Bläschens ausgehender, kranial gerichteter Zapfen. Seine Länge beträgt 30 u. Ähnliche Fortsätze entsendet die Wand auch nach den übrigen Richtungen. Sie sind die Vorstufen jener grossen, finger- törmigen Fortsätze, welche die Thymus von Meerschweinchen- 9% 130 EraRranpile embryonen von 20—30 mm Länge charakterisieren, und die Anlagen der Läppchen darstellen. Die Zapfen sind im vor- liegenden Stadium bald kurz. bald länger (bis zu 0,1 mm), bald nur drei bis vier Zellen breit, bald grosse, halbkugelförmig vor- springende, die Hälfte der Blasenwand einnehmende Wucherungen. Entsprechend ihrer Bedeutung für die Vergrösserung des Organs findet man in ihnen stets relativ mehr Mitosen als im zentralen Bläschenkörper. Ich füge hier ein, dass ich deren in der rechten Thymusanlage 37, in der linken 45 gezählt habe. Die Epithel- zellen liegen sowohl innerhalb jener Fortsätze als im Bereiche der glatten Blasenwand zumeist in zahlreichen Schichten über- einander. Demgemäss sind auch die Mitosen in der ganzen Dicke des Epithels gleichmässig zerstreut und ihre Achsen in Jeder denk- baren Lage orientiert. Nur ab und zu dringt die zentrale Lichtung so weit peripheriewärts, dass sie von einer einzigen Schicht be- grenzt wird, deren Elemente von zylindrischer Gestalt sind. Die- selbe Form haben die Zellen der äussersten Lage der geschichteten Wandabschnitte. Ebenso sind jene, welche dort den Hohlraum un- mittelbar umgeben, meistens zylindrisch, während die Zellen zwischen äusserster und innerer Lage eine polyedrische (Gestalt besitzen. Der Körper der Thymuszellen enthält allenthalben ein Netz- werk feiner, mit Körnchen besetzter Fäden, vereinzelt auch chromatophile Körner, die bald kompakt, bald halbkugel- oder becherartig sind. Ab und zu findet man in einer Zelle auch einen grossen. scharf umschriebenen, kugeligen Hohlraum, wie ihn Maximow als Zeichen der beginnenden Vakuolisation be- schrieben hat. Die Kerne sind grösstenteils rundlich, mit einem ungefähren Durchmesser von 8 «, selten sind sie ausgesprochen elliptisch und besitzen dann eine lange Achse von 12—16 u und eine kurze von 6 z. Natürlich gibt es zwischen den runden und langgestreckten Kernen alle möglichen Zwischen- formen. Die Anordnung ihrer Gerüstsubstanz zeigt keinerlei auf- fallende Eigentümlichkeit. — Schliesslich sei noch der Kittsubstanz zwischen den Zellen Erwähnung getan, die sich im vorliegenden Objekte durch ihre dunkle, braunblaue Farbe auszeichnet.') Ein ", Das Hämatoxylin, in dem diese Serie gefärbt wurde, befand sich in Nickelschälchen. Wie sich nachträglich herausstellte, wurde das Metall vom Hämatoxylin angegriffen und gleichzeitig das Hämatoxylin dadurch verändert. Die Entwicklung der Derivate ete. 1a (ierinsel von gleicher Eigenschaft ist in der Lichtung des Thymus- bläschens enthalten, das vielleicht als ein Sekret der Epithel- zellen betrachtet werden darf. Was die Abgrenzung der Thymus gegen das Bindegewebe betrifft, so lässt sich an vielen Stellen die bereits von Maximow hervorgehobene Tatsache feststellen, dass die Oberfläche der Läppchenanlagen nicht glatt ist, sondern dass jede Zelle für sich mit ganz leichter Konvexität nach aussen vorragt. Die Mesen- chymzellen liegen, in mehrfachen Reihen eng zusammengelagert, der Blasenwand dicht an. Sie sind parallel der Oberfläche der letzteren in die Länge gestreckt und enthalten Kerne, die mit einer Länge von S—10 u und einer Breite von 4—5 «u Im ganzen etwas kleiner als die Kerne der benachbarten Epithelzellen sind. Die Grenze zwischen diesen, die Anlage der Kapsel darstellenden bindegewebigen Elementen und den epithelialen ist an den meisten Stellen ganz scharf; nur in den Buchten zwischen den Läppchen- anlagen ist es auch bei genauer Handhabung der Mikrometer- schraube schwer, die Zugehörigkeit jeder einzelnen Zelle ein- wandfrei festzustellen. Diesen Übelstand möchte ich aber lediglich auf eine ungünstige Schnittführung beziehen, wenn auch zugegeben werden muss, dass es gerade die Furchen zwischen den Läppchen sind, in denen Bindegewebszellen und Blutgefässe zuerst in die Ihymus eindringen, und wenn auch gerade jene Regionen in älteren Stadien zu allererst von Lymphocyten überflutet sind. Das mit der Thymus verbundene Üervicalbläschen zeigt, wie der Vergleich der Fig. 34 und 55 lehrt, an Schnitten durch den hinteren und vorderen Teil ein verschiedenes Aussehen, indem es an ersterer Stelle kugelig, an letzterer aber sichelförmig er- scheint. Es hängt dies damit zusammen, dass einerseits die mediale Wand des Bläschens am oralen Ende weit ins Lumen vorspringt, andererseits die Spitze der Vorwölbung im Innern des Bläschens nach rückwärts ablenkt und nahezu bis zur kaudalen Wand desselben vordringt. So ergibt sich das in Fig. 34 ab- gebildete Verhalten, welches das Epithel dieser Spitze flach an- geschnitten im Innern des Bläschens zeigt. Die gleiche Gestalt wie das Uervicalbläschen der rechten Seite besitzt auch jenes links. Im Gegensatz hierzu findet Ruben bei einem Embryo von 14 nım die laterale Wand hügelig verdickt und ins Lumen vorgebuchtet, „ein Verhältnis, das auch in den nächstfolgenden Stadien wieder- 132 H. Ra'pl: zufinden ist“. In letzterem Punkte muss ich ihm zustimmen. Daher liegt hier ein Ausnahmefall vor, der sich jedoch leicht aus den in Fig. 28 und 31 abgebildeten Formen des Sinus cervicalis erklären lässt. Denn man braucht nur anzunehmen, dass der zwischen der dorsalen Wand der dritten Tasche und dem Sinus eingeschlossene Bindegewebskeil gegen diesen vordringt, um die in Fig. 35 vorliegende Sichelform zu erhalten. Die gewöhnliche Gestalt des Cervicalbläschens, die nach aussen konkave Sichel, ist dagegen die Folge jener stärkeren Abkniekung des Sinus, die in Fig. 29 zur Darstellung gelangt ist, und auf deren Vorkommen bei jüngeren Embryonen ich bereits mehrmals aufmerksam ge- macht habe. Die Dicke der Wand der Vesicula cervicalis schwankt in diesem Stadium zwischen 24 « in der dorsalen und 44 « in der kaudalen Region. Demzufolge besteht die dorsale Wand aus einer einzigen Lage von Zylinderzellen, während sich in der kaudalen drei Kernreihen übereinander befinden. Die mediale Wand steht mit ca. 30 u Dicke in der Mitte. Ventralwärts lässt sich das Bläschen gegen die Thymus nicht scharf abgrenzen. Die Mitosen sind sehr zahlreich und liegen auch innerhalb der dieken Wandabschnitte fast ausschliesslich am Lumen.') Der Epithelkörper ist gegen früher bedeutend in die Länge gewachsen. Er besteht, wie aus der Rekonstruktion ersichtlich, beiderseits aus einem breiten Mittelstück, das sich kranial- wärts in einen kurzen, kaudalwärts in einen längeren Strang fortsetzt. Der letztere reicht bereits so weit nach rückwärts, dass er zum grösseren Teile in Berührung mit der Schilddrüse tritt. Das Ende des ersteren liegt beiderseits in der Höhe der Teilung der A. carotis communis in Ü. externa und interna.’) Von hier zieht er lateral von der Carotis communis, medial von der Thymus kaudalwärts, anfangs dünn, später dicker und den Raum zwischen den beiden Organen ganz ausfüllend. In der mittleren Region erstreckt sich der Epithelkörper vom medialen Thymus- rand über die dorsale Wand der Carotis hinweg, ventral vom Vagus, bis an den schräg ventralwärts verlaufenden N. laryngeus superior. In seinem letzten Drittel rückt er etwas ventralwärts, '), Eine Ausnahme zeigt Fig. 34. ») Da die Teilung genau in der Sagittalebene erfolgt, konnte sie in der Rekonstruktion nicht dargestellt werden. Die Entwicklung der Derivate etc. 133 so dass er hier nicht rein lateral, sondern seitlich und ventral von der Carotis gelegen ist. Wie aus dem Vergleiche mit dem früheren Stadium hervor- geht, entspricht das Mittelstück dem medialen Teile der dritten Kiementasche, während der kraniale und kaudale Fortsatz als Wucherungen derselben zu betrachten sind, von denen der erstere schon bei jüngeren Stadien, wenigstens auf einer Seite, nach- gewiesen werden konnte. Die eigentümliche Gestalt des Mittel- stückes in Fig. 25 ist — wie eine einfache Überlegung lehrt — die Folge davon, dass die Carotis dorsalwärts gerückt ist. Denn man braucht sich bloss in Fig. 51, in der die Derivate der Kiemen- tasche annähernd in einer Geraden liegen, die von der ventralen Schlundbucht zur äussersten Spitze der Tasche verläuft, die Carotis in ein drehrundes Rohr verwandelt dorsalwärts verschoben zu denken, so kommt der eine Teil des Epithelkörpers lateral, der andere dorsal von der Arterie zu liegen. Ein Schnitt, an dem beide Teile in Verbindung stehen, muss demnach das Gefäss von einer hackenförmigen Zellmasse zur Hälfte umgriffen zeigen. — Dass die mediale Spitze des Mittelstückes keine selbständige Wucherung darstellt, sondern dem medialen Ende der Tasche entspricht, geht daraus hervor, dass es auch im Stadium VII bis an den N. larvngeus s. heranreicht. Da der N. hypoglossus bei manchen Säugetieren eine wichtige Rolle bei der Zerlegung des Organkomplexes der dritten Tasche spielt, sei erwähnt, dass er im vorliegenden Fall seinen Platz neben dem Vagus erst jenseits des hinteren Endes der Thymus verlässt, um sich nach kurzem, ventro-medialem Verlaufe wieder oralwärts, zur Zunge empor. zu begeben. Ruben glaubte, bei einem Embryo von 14 mnı Länge eine Achteldrehung der Thymus- anlage samt dem anliegenden Cervicalbläschen annehmen zu müssen, „so dass die vorher medio-dorsale Grenze zwischen den betreffenden ekto- und entodermalen Gebilden nun in sagittaler Richtung geht, und das frühere innere Ende der Kiementasche nun rein dorsal- wärts sieht“. Nach seiner Meinung „beruhtdiese Lageveränderung vielleicht darauf, dass der Hypoglossus bei seiner kranialen Wanderung nun in das Niveau des Komplexes heranreicht und sich dicht an seiner medialen Fläche hineingedrängt hat“. Diese Beobachtung kann ich auf Grund meiner Präparate nicht bestätigen. Denn wie aus Fig. 34 hervorgeht, besitzt die Grenz- 134 ERoRraybıl: ebene zwischen Vesicula cervicalis und Thymus in diesem Stadium nahezu dieselbe Lage wie in Stadium VII. Und das gleiche Ver- halten zeigen auch noch ältere Embryonen. Das von Ruben in Fig. 5 abgebildete Modell kann nicht als Beweis für die Richtig- keit seiner Anschauung dienen, da an demselben nur die Lage des freien Teiles des Cervicalbläschens, nieht aber die der Grenz- ebene sichtbar ist. — Auch den zweiten Grund Rubens kann ich nicht gelten lassen, da das innere Ende der Kiementasche seine Lage wenigstens vorläufig beibehält. Es lässt sich auch nicht einsehen, wie die behauptete Drehung durch den Hypo- glossus erzeugt werden Könnte. Dagegen könnte man geneigt sein, in der späteren Verlaufs- richtung des Nervs die mechanische Ursache für die vollständige Sonderung der Thymus vom Epithelkörper zu erblicken. Denn ich finde ihn bei einem Embryo von 15,5 mm Länge genau zwischen jenen beiden Organen hindurchziehend. Dennoch kann ihm auch in dieser Hinsicht keine Bedeutung zukommen, da der erwähnte Fall den einzigen dieser Art und somit eine Ausnahme darstellt, während der Regel nach der Hypoglossus weiter medial verläuft und infolgedessen von Epithelkörpergewebe allein um- geben wird. Gelegentlich verläuft er sogar zwischen Epithelkörper und Carotis. (Genauere Angaben über die Topographie jener Region werde ich im zweiten Teile dieser Arbeit machen. Was die feinere Struktur des Epithelkörpers anbelangt, so sind die Zellgrenzen jetzt noch deutlicher als früher zu erkennen, da die Zellen grösser geworden sind, die Vakuolen im Plasma zugenommen haben und das letztere teils auf die zarten Scheide- wände zwischen jenen, teils auf einen körnig-fädigen Rest reduziert ist. in dem der Kern exzentrisch gelegen ist. Die Zahl der Mitosen ist ausserordentlich gering. Das Organ ist noch rein epithelial, Bindegewebszellen und Blutgefässe fehlen in ihm vor- läufig. Ebenso fehlt eine dichtere kapselartige Anhäufung der Mesenchymzellen an seiner Oberfläche, wie sich eine solche im grösseren Teile des Umfanges der Thymus und des Cervical- bläschens findet. Der aus der vierten Tasche hervorgegangene Epithelkörper, der innere Epithelkörper nach dem Vorschlage Kohns, bildet einen Strang von 45—60 u Breite und beträchtlicher Länge. Auf der rechten Seite hängt er, was in der Rekonstruktion nicht Die Entwicklung der Derivate etc. 135 zur Darstellung gelangte, mit dem kranialen Ende des ultimo- branchialen Körpers zusammen (Fig. 56). Hier ist demnach die von der ersten Anlage her bestehende Verbindung zwischen vierter und letzter Tasche erhalten geblieben. Aus der Lage dieser Verbindung erkennt man, dass der grösste Teil des Stranges als kaudaler Fortsatz der vierten Tasche angesehen werden muss. Er ist dem kaudalen Fortsatz, den das Mittelstück des Epithel- körpers Ill entsendet, homolog, und nur deshalb nicht olıne weiteres hinsichtlich seiner Abstammung zu deuten, weil die vierte Tasche, die sich im ganzen zu Epithelkörpergewebe um- bildet, so klein angelegt wird, dass sie sich von ihrem Fortsatz nicht durch eine grössere Breite absetzt. Die erwähnte Ver- bindung ist, entsprechend den Verhältnissen bei jüngeren Embry- onen, nur an zwei Schnitten zu sehen. In den folgenden schiebt sich Bindegewebe zwischen die beiden Organe. Der Epithelkörper rechts, anfänglich rein dorsal vom ultimobranchialen Körper gelegen, rückt allmählich medialwärts und erscheint jenseits des Endes des letzteren der lateralen Seite des N. laryngeus inferior unmittelbar angelagert. Links besitzt der Epithelkörper diese Lage von Anfang an, wahrscheinlich deshalb, weil er hier — wie aus Textfig. 2 hervorgeht — eine Verschiebung in kaudaler Richtung erfahren hat. Zwischen ihm und der Schilddrüse findet sich beiderseits kranial der ultimobranchiale Körper, kaudal in gleicher Breite wie dieser Bindegewebe. Bezüglich seiner histo- logischen Struktur besteht völlige Übereinstimmung mit dem äusseren Epithelkörper. Schon bei Schilderung des Stadium VII habe ich erwähnt. dass sich die Zellen des kranialen Teiles des ultimobranchialen Körpers von jenen des kaudalen durch ihre starke Vakuolisation unterscheiden. In Fig. 36. welche diesen Teil des ultimo- branchialen Körpers mit dem Epithelkörper IV in Zusanmmen- hang zeigt, ist das gleiche Verhalten ersichtlich. Zugleich fällt auf derselben die grosse Übereinstimmung auf, welche dadurch hinsichtlich der histologischen Struktur zwischen dem Derivate der vierten Tasche und dem kranialen, jetzt dorsalen Teile des ultimobranchialen Körpers herrscht. Aus dieser Übereinstimmung glaube ich die Berechtigung zu der bereits S. 87 ausgesprochenen Ansicht ableiten zu dürfen, dass der ultimobranchiale Körper des Meerschweinchens auch Reste der rudimentären fünften 136 Heaksaxbı: Schlundtasche enthält. indem er Ansätze zur Bildung eines Epithel- körpers V erkennen lässt. Dass es in dieser Hinsicht nur zu einer unvollständigen histologischen Differenzierung kommt, die bald wiederum einer rückgängigen Metamorphose unterliegt, wo- bei zahlreiche chromatophile Körnchen auftreten, nimmt nicht wunder, da es ja auch niemals zu einer morphologischen Differen- zierung der fünften Schlundtasche, d. h. zur Abgliederung der- selben vom ultimobranchialen Körper kommt. Anders liegen die Dinge beim Menschen, indem hier von S. Getzowa in mehreren Fällen in nächster Nachbarschaft vom ultimobranchialen Körper ein kleiner Epithelkörper und sogar Streifen von Thymusgewebe gefunden wurden. Diese betrachtet die Autorin mit Rücksicht auf die Anwesenheit der Epithelkörper III und IV an normaler Stelle mit Recht als Derivate einer fünften Tasche. Dass hier Jene Organe eine weitere Ausbildung als beim Meerschweinchen erlangen, steht in Beziehung zur Tatsache, dass hier die fünfte Tasche schon bei ihrer ersten Anlage (bei Embryonen von ca. 5 mm Länge) eine grössere Selbständigkeit als an unserem Objekt besitzt. Der an den Rest der fünften Tasche ventral und kaudal angrenzende Teil des ultimobranchialen Körpers ist durch eine ausserordentlich dicke Wand ausgezeichnet, welche mehrere Zell- schichten enthält, in denen allen Mitosen in reicher Zahl vor- kommen. An mehreren Stellen hat es den Anschein, als ob die Wand kurze Fortsätze vom Aussehen der Schilddrüsenstränge aussenden würde. Doch glaube ich daraus nicht eine Beteiligung des ultimobranchialen Körpers am Aufbaue der Schilddrüse ab- leiten zu dürfen, sondern betrachte vielmehr jene scheinbaren Fortsätze der Blasenwand als Teile der Schilddrüse, die der Blasen- wand unmittelbar anliegen und sich nur wegen der in diesem Objekt herrschenden eigentümlichen braunroten Färbung der meisten Elemente von der Blasenwand nicht abgrenzen lassen. Denn ich finde bei Embryonen von ähnlichem Entwicklungsgrad (14 und 15 mm Länge), bei denen die Hämatoxylin-Eosin-Färbung zum normalen Resultat geführt hat, die Blasenwand aufs deut- ‚licehste von den benachbarten Schilddrüsenanlagen abgesetzt, ob- wohl die beiden Organe einander auch hier unmittelbar berühren. Was schliesslich die Thyreoidea betrifft, so besitzt sie, wie die Rekonstruktion zeigt, bereits eine ausgesprochene Sichelform. Die Entwicklung der Derivate etec. 137 Die kraniale Spitze ihrer Hörner liegt beiderseits knapp hinter dem Mittelstück des äusseren Epithelkörpers, das kaudale Ende des Isthmus befindet sich noch oral von der Abgangsstelle der Carotiden aus dem Aortenbogen. Mit dem früheren Stadium verglichen, liegt hier die Spitze der Hörner weiter oral als dort, jedenfalls als Folge ihres Wachstums in dieser Richtung: das hintere Ende dürfte seine Lage bewahrt haben und hat nur deshalb seine Verbindung mit dem Aortenbogen verloren, weil dieser nunmehr in die Brusthöhle hineinzurücken beginnt. Bezüglich ihrer histologischen Struktur zeigt sie eine weitere Entwicklung in der bereits eingeschlagenen Richtung, indem sie aus einem Netzwerk von Strängen mit zahlreichen freien Aus- läufern zusammengesetzt erscheint. welchen zahlreiche weite Blut- gefässe (Sinusoids nach Minot |34|) unmittelbar angelagert sind (Fig. 37). Die Stränge sind teils als lumenlose Röhrchen, von einem einschichtigen Epithel ausgekleidet, aufzufassen, teils sind sie Züge, aus einer einzigen Zellreihe bestehend, teils breite Balken, in welchen 3-—6 Zellen nebeneinander in der Querrichtung liegen (Fig. 36). Die erstere Form findet man in der Mitte des Organs, während die Enden desselben, sowohl seine Hörner wie das kaudale Ende des Isthmus, aus grösseren Zellkomplexen bestehen. Diese Anordnung ist wohl darauf zurückzuführen, dass die breite Zellanhäufung als das jüngere, das lumenlose Röhrchen als das ältere Entwicklungsstadium zu betrachten ist, wofern das letztere nicht von Anfang an als solches persistierte. Die Zerlegung der grösseren Zellkomplexe in kleine Gruppen und dünne Stränge dürfte sich in Zusammenhang mit dem Vordringen der Blutgefässe vollziehen. Das Plasma der Zellen zeigt eine feine Netzstruktur. Chromatophile Körner habe ich stets vermisst. Die Zahl der Mitosen ist ausserordentlich gross. Im Zentrum mancher Röhr- chen erscheint an einzelnen, voneinander getrennten Stellen eine kompakte, dunkelrot gefärbte Masse, die nach aussen zarte Fort- sätze zwischen die Zellen entsendet. Es kann sich da nur um Colloid handeln, das schon in diesem frühen Stadium von den Zellen ausgeschieden wird, noch ehe sich aus den Strängen Blasen differenziert und noch ehe sich in ihnen eine freie Lichtung ge- bildet hat. Das Sekret schafft sich hier selbst Raum. Mit Rück- sicht auf die grosse Zahl der Blutgefässe und deren unmittelbaren 155 H. Rabl: Kontakt mit den Epithelzellen erscheint der Beginn der Colloid- bildung schon in diesem Stadium nicht unbegreiflich. Dieses frühzeitige Funktionieren der Schilddrüse dürfte für das Wachstum und die weitere Differenzierung des Organismus von wesentlicher Bedeutung sein. Zusammenfassung. 1. Die Schilddrüse entwickelt sich aus dem Epithel einer medianen Grube des Mundhöhlenbodens in der Region der zweiten Schlundbögen, indem ihr Grund in mehrere kurze Schläuche aus- wächst. Diese verbinden sich untereinander und bilden eine netzförmige Anlage mit freien, leicht kolbig verdickten Enden. Während der ganze Komplex kaudalwärts rückt, verdieken sich die Drüsenschläuche zu breiten Zellsträngen oder wachsen flächen- haft zu Zellplatten aus. Frühzeitig erscheinen zwischen ihnen zahlreiche weite Bluträume, deren Endothel den Epithelzellen unmittelbar anliegt, und die dadurch die Veranlassung bilden, dass die Zellen schon in diesen Frühstadien in Sekretion eintreten. 2. Die zweite Schlundtasche entwickelt sich in kaudaler und ventraler Richtung. Sie liefert einen breiten transversalen Flügel und ein von dessen kaudo-lateraler Ecke entspringendes, sagittal gestelltes Rohr, den Kiemengang. Dieser ist von kurzem Verlauf und atrophiert frühzeitig. Bei Embryonen von 5—6 mm besteht eine offene Verbindung zwischen dem medialen Ende der Tasche und dem ventralen Ende der Furche. 3. Die dritte Tasche zerfällt durch Einschnürung in einen medialen Abschnitt, die Anlage des Epithelkörpers und einen lateralen, die Anlage der Thymus. Doch steht die Grenze zwischen den beiden Teilen nicht senkrecht auf der Längsachse der Tasche, sondern bildet mit ihr einen spitzen Winkel, demzufolge zwar das laterale Taschenende im ganzen zur Thymus, das mediale zum Epithelkörper wird; in der mittleren Region aber differenziert sich die dorsale Wand zu Thymus-, die ventrale zu Epithelkörper- gewebe. Ein nicht differenzierter, später atrophierender Schlund- taschenrest, wie er neuestens von Hammar beim Menschen (21), von Hansen beim Kaninchen!) (22) beschrieben wurde, fehlt hier ) Leider geben diese Autoren keine Schnittbilder der Tasche in den einzelnen Stadien ; man kann daher aus ihren, so sorgfältigen Arbeiten keine ganz klare Vorstellung über die Beziehung der Lichtung und der Wand des Die Entwicklung der Derivate ete 139 ebenso wie beim Maulwurf. Dasselbe wurde auch von Ruben hervorgehoben. 4. Der mediale Abschnitt verliert, nachdem er sich vom lateralen getrennt hat, alsbald sein Lumen. Durch Wachstum in kaudaler Richtung liefert er den Parathyreoideastrang (Hammar); einen gleichen, aber inkonstanten und wesentlich kürzeren Strang entsendet er oralwärts. Die Differenzierung seiner Zellen setzt bereits bei Embryonen von 10 mm Länge ein. 5. Die laterale Taschenpartie wandelt sich unter lebhafter Vermehrung ihrer Elemente in loco in ein Säckchen um, in dessen geschichteter Wand noch bei Embryonen von 14,5 mm keinerlei Rundzellen unterscheidbar sind. Aus ihr sprossen an verschiedenen Stellen bald breitere, bald schmälere Buckeln und Zapfen hervor, welche die Anlagen der späteren, fingerförmigen Fortsätze dar- stellen, aus denen die Läppchen hervorgehen. 6. Die Vesicula cervicalis setzt sich aus dem Oberflächenenpithel des dritten bis fünften Schlundbogens und der Retrobranchialleiste zusammen. Ihre feste Verbindung mit der Thymus ist durch den Umstand bedingt, dass schon bei Embryonen von 5—6 mm Länge die kaudale Wand der dritten Schlundtasche in innigen Kontakt mit der Epidermis über dem dritten Bogen tritt, und dass gerade dieser Teil der Tasche es ist, welcher den grössten Teil der Thymusanlage liefert. Der dorsal von der Berührungs- zone zwischen Üervicalbläschen und dritter Schlundtasche, bezw. Thymusanlage gelegene Teil der ersteren, welcher ringsum an Mesoderm grenzt und dem Ganglion nodosum vagi zugekehrt ist, bildet den Fundus cervicalis. Nach Obliteration des Ductus er- weitert sich der anfangs spaltförmige Hohlraum des Bläschens: später erscheint er häufig sichelförmig, indem er von der lateralen, seltener von der medialen Seite aus eingebuchtet wird. 7. Die vierte Kiementasche wird im Zusammenhang mit dem ultimobranchialen Körper angelegt. Sie ist klein, ragt aber so- wohl dorsal wie ventral über die Schlundwand hinaus und wandelt sich im ganzen in einen Epithelkörper um. Sie entwickelt, ebenso wie der Epithelkörper III, einen kaudalen Fortsatz, den man als Parathyreoideastrang IV bezeichnen kann. „Schlundtaschenrestes“ zur Anlage der Parathyreoidea und der Thymus gewinnen, da hiefür die sehr knappe Beschreibung und die Abbildungen der Modelle nicht ausreichen. 140 H. RabI: S. Dasselbe Aussehen der Zellen, durch das sich die Epithel- körperanlagen auszeichnen, kann man auch in jenem Abschnitt des ultimobranchialen Körpers nachweisen, welcher der vierten Kiementasche benachbart ist, eventuell mit ihr zusammenhängt. Aus diesem Grunde glaube ich in diesem Teile der Wand des ultimobranchialen Körpers den Rest der rudimentären fünften Schlundtasche erblicken zu dürfen. 9. Der uitimobranchiale Körper ist als sechste Schlundtasche aufzufassen. Er stellt ein ziemlich grosses. diekwandiges Bläschen mit platter Oberfläche dar, das bei jüngeren Embryonen dorsal von der Schilddrüse liegt. Im letzten Stadium aber wird seine kraniale Partie bereits von den Strängen der Schilddrüsenhörner umgriffen. Doch tritt es mit den letzteren an keiner Stelle in organische Verbindung. 10. Das erste Kiemenspaltenorgan bildet eine kleine, in das Ganglion des Facialis eingesenkte Grube, die sich am dorsalen Ende der ersten Kiemenfurche in deren aborale Wand, d.h. in das Mesoderm des zweiten Schlundbogens hinein entwickelt. Später wird das Grübcehen durch Bindegewebe vom (ranglion geschieden, sein Eingang verengt sich, schliesslich wird seine Verbindung mit der Epidermis zu einem soliden Strange, der degeneriert. Un- gefähr zur gleichen Zeit bricht es in die Schlundtasche durch und wird auf diesem Wege zu einem Bestandteile des dorsalen Divertikels von jener. Eine besondere Bedeutung dürfte diesem kleinen, ektodermalen Wandanteil jedoch nicht zukommen. 11. Das zweite Kiemenspaltenorgan liegt auf der der zweiten Schlundfurche zugekehrten Oberfläche des dritten Bogens. So lange jene noch seicht ist, liegt es frei zutage, nur unvollständig durch einen kleinen, der Retrobranchialleiste homologen Höcker dorsalwärts überragt. Infolge der stärkeren Entwicklung des Hyoidbogens gelangt es in die Tiefe und bildet einen vom übrigen Epithel der Furche verschiedenen Streifen, dessen inneres Ende das Ganglion des Glossopharyngeus berührt. Ausnahmsweise er- folgt ein Durchbruch in die zweite Schlundtasche. Bei Embryonen von 12—14 mm, manchmal auch schon früher, verfällt es der Atrophie. 12. Die Anlage des dritten Kiemenspaltenorgans muss in dem erhöhten Epithel über dem vierten und fünften Schlund- bogen erblickt werden, unter dem sich das Ganglion nodosum Die Entwicklung der Derivate etc. 141 flächenhaft ausbreitet. Dadurch. dass diese Bögen von der Retro- branchialleiste überwachsen und in die Tiefe verlagert werden, bildet jenes Epithel später den Überzug der medialen Wand des Fundus cervicalis. Dieser muss demnach mit Froriep als das von der Oberfläche abgerückte Kiemenspaltenorgan des Vagus aufgefasst werden. Die Spitze des Fundus ist durch einige Zeit mit dem kaudalen Ende des Vagus-Ganglions verbunden, ähnlich wie ich dies beim Maulwurf gefunden haben. Der diese Ver- bindung vermittelnde Zellstrang, dessen Differenzierung erst in dem Maße erfolgt, als das Kiemenspaltenorgan durch einwachsendes Bindegewebe vom Ganglion abgedrängt wird, stellt den Rest der anfänglich breiten Aneinanderlagerung von Epidermis und Ganglion dar. 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Ganglion sympathicum. Halsfurche. Hypophyse. Kiemenbogen. Kiemenfurche. Kiemenspaltenorgan. Kiementasche. Larynx. lateraler Rand der Kiementasche. laterale Spitze der Kiementasche. Mundspalte. Nervus hypoglossus. Nervus laryngeus inferior. Nervus laryngeus superior. Nervus vagus. Ösophagus. Pericardialhöhle. Pharynx. Retrobranchialleiste. Ramus nervi hypoglossi. Sinus cervicalis. sympathische Ganglienzellen. Thyreoidea. Thymus, Thymusanlage. Die Entwicklung der Derivate etc. 145 rs rächen. Tr. a. = Truncus arteriosus. ubr. K. = ultimobranchialer Körper. V. — Vene. V.j. = Vena jugularis. v.R. = ventraler Rand der Kiementasche. Ves. c. = Vesicula cervicalis. Die auf Taf. VI abgebildeten Modelle wurden bei 200facher Ver- grösserung angefertigt. Die Originalzeichnungen zeigen sie in !/» nat. Grösse. Behufs Reproduktion wurden jene abermals auf !/s verkleinert. Die Ver- grösserung beträgt demnach 50. — Die Oberfläche sämtlicher Modelle ent- spricht der Grenzfläche zwischen dem Entoderm des Schlundes, bezw. dem Ektoderm des Sinus cervicalis und dem darunter liegenden Bindegewebe. Die Schnittbilder auf den Taf. VII—-X sind durchaus so orientiert, dass ihr oberer Rand nach der dorsalen, ihr unterer nach der ventralen Seite des Embryo gerichtet ist. Kia, 1 Fig. 2 Fig. 3 Fig. 4 Fig. 5 Fig. 6 Bug. 7. Fig. 8. Tafel VI. Modell des Schlundes des Embryo von 3,8 mm Scheitel-Steisslänge (Stadium I). Ansicht von rechts. Modell des Schlundes des Embryo von 5,1 mm (Stadium II). Ansicht der Ventralseite. Der in der Mittellinie am hinteren Ende der ersten Kiementaschen gelegene Zapfen stellt den Beginn des Ductus thyreoglossus dar. Dasselbe Modell von rechts. Modell des Schlundes des Embryo von 6,5 mm (Stadium III). Ansicht von rechts. Modeil des Schlundes des Embryo von 8,2 mm (Stadium IV). Ansicht von rechts. Dasselbe Modell, Ansicht von der Ventralseite. Links wurde auch das Ektoderm des Sinus cervicalis modelliert. Es ist in dunklerem Ton als das Entoderm dargestellt. Modell des Schlundes samt dem linken Sinus cervicalis des Embryo von 10 mm (Stadium V). Ventralseite. Modell der hinteren Partie des Schlundes samt dem linken Sinus cervicalis mit Kehlkopf und Beginn der Speiseröhre des Embryo von 10,7 mm (Stadium VI). Von der zweiten Tasche wurde nur das aborale Ende dargestellt. Die vierte Tasche der rechten Seite liegt bereits isoliert. Die Grenze des Fundus cervicalis gegen den übrigen Teil des Sinus wird durch die Fusspunkte der beiden Ver- weisstriche F. c. angezeigt. Tafel VII. Fig. 9. Embryo 3,5 mm (Stadium I). Anlage der Schilddrüse. Vergr. 150. Fig. 10—13. Embryo 5,1 mm (Stadium II). Schnittserie durch die zweite Tasche der rechten Seite und die angrenzenden Kiemenbögen. Fig. 10 zeigt den oralsten Schnitt, die anderen folgen in kaudaler 10* 146 RK: = 19. ig. 16. BlTe ig. 18. ie 19! . 20— 23— Fig. 23 Fig. Fig. . 26. Se) g. 27. ig. 28. Be 8. 29. 30. 31. 82. 33. H.Rabl: Richtung. Schnittdicke 10 „. Zwischen Fig. 10 und 11 wurde ein Schnitt als unwesentlich nicht abgebildet. Vergr. 85. Derselbe Embryo. Erstes Kiemenspaltenorgan, linke Seite. Vergr. 150. Tafel VIII. Derselbe Embryo. Zweites Kiemenspaltenorgan, linke Seite. Vergr.150. Derselbe Embryo. Kaudales Pharynxdivertikel, vierter und fünfter Bogen und Retrobranchialleiste. Vergr. 85. Embryo von 6,5 mm (Stadium III). Zweiter bis fünfter Kiemen- bogen und die dazwischen liegenden Taschen der rechten Seite. Vergr. 50. Embryo von 8,2 mm (Stadium IV). Dritte Tasche und Sinus cervicalis, linke Seite. Vergr. 70. Derselbe Embryo. Kaudales Pharynxdivertikel, links. Vergr. 85. 22. Derselbe Embryo. Drei aufeinander folgende Schnitte durch das erste Kiemenspaltenorgan der rechten Seite. Vergr. 150. Tafel IX. 25. Embryo 8 mm. Schnittserie durch das erste Kiemenspalten- organ der linken Seite. Zwischen Fig. 23 und 24 befindet sich in der Serie ein Schnitt, der aber nicht abgebildet wurde, weil das Kiemenspaltenorgan noch dasselbe Aussehen wie in Fig. 23 besitzt. Vergr. 50. Embryo 8,2 mm. Region des dritten Kiemenbogens; zweites Kiemen- spaltenorgan und Sinus cervicalis, linke Seite. Vergr. 70. Embryo 9,7 mm. Frontalschnittserie. Region der zweiten Kiemen- tasche mit der Einmündung der zweiten Furche. Vergr. 50. Embryo 10,7 mm (Stadium VI). Dritte Tasche und Vesicula cer- vicalis mit beginnender Gliederung der ersteren in Epithelkörper und Thymusanlage, rechte Seite. Aus zwei Schnitten kombiniert. Vergr. 80. Derselbe Embryo. Dritte Schlundtasche mit anliegender Vesicula cervicalis, linke Seite. Der Vagus ist an seinem Austritt aus dem Ganglion nodosum getroffen; daher sind zwischen seinen Faser- bündeln noch grössere Ganglienzellgruppen eingestreut. Vergr. 125. Embryo 11,2 mm. Die beiden vierten Kiementaschen und die Spitzen der ultimobranchialen Körper. Embryo 12 mm (Stadium VII). Die dritte Schlundtasche bezw. ihre Abkömmlinge, samt Vesicula cervicalis. Vergr. 80. Tafel X. Embryo 12 mm. Dritte Tasche mit beginnender Differenzierung in Thymus- und Epithelkörperanlage. Der Schnitt liegt 40 „ hinter dem in Fig. 31 abgebildeten. Vergr. 170. Derselbe Embryo. Ultimobranchialer Körper und Epithelkörper IV der rechten Seite. Vergr. 100. Fig. . 34. &. 36. 37. Die Entwicklung der Derivate etc. 147 Embryo 14,5 mm (Stadium VIII. Thymussäckchen, Epithelkörper und Vesicula cervicalis der rechten Seite. Die Gerüstsubstanz in den Kernen gelangte mit Absicht nicht zur Darstellung. Vergr. 200. Derselbe Embryo. Die gleichen Organe wie in der vorigen Figur. Der Schnitt liegt 45 « vor dem dort abgebildeten. Vergr. 90. Derselbe Embryo. Querschnitt der Schilddrüse der rechten Seite nahe ihrer Spitze. Der Schilddrüse liegt lateral der Epithelkörper III, medial der ultimobranchiale Körper an, der sich hier in Verbindung mit dem Epithelkörper IV befindet. Die dorsale Wand des ultimo- branchialen Körpers zeigt ebenfalls Epithelkörperstruktur : Epithel- körper V. Vergr. 120. Derselbe Embryo. Kaudales Ende der Schilddrüse und der Epithel- körper IV. Die Lücken zwischen den Schilddrüsensträngen werden von weiten Bluträumen eingenommen, deren Endothel den Drüsen- zellen direkt anliegt. Vergr. 80. 148 Aus dem zoologischen Institut der Universität Halle. Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. I. Die Pigmentierung junger Larven, Von Fritz Pernitzsch. Hierzu Tafel XI—XIII und 5 Textfiguren. Einleitung. Zur Erklärung der Mendelschen Vererbungsvorgänge nimmt man allgemein an, dass hinter den mendelnden äusseren Merk- malen selbständige Faktoren stehen, und zwar herrscht gegen- wärtig die Ansicht vor, die Bateson zuerst vertreten und als „presence-and-absence“ -hypothese bezeichnet hat, dass das dominierende Merkmal durch Vorhandensein eines Faktors be- stimmt wird, der den rezessiven Tieren fehlt. Man wird kaum bezweifeln können, dass zum vorläufigen Verständnis dieser Vererbungsweise diese Annahme notwendig ist. Trotzdem bleiben die Erbfaktoren zunächst hypothetisch; denn einen positiven Beweis für ihr Dasein gibt es nicht. Geben wir aber einmal zu, dass die zugrunde liegenden Vererbungserscheinungen es sehr wahrscheinlich machen, dass die Faktorenhypothese der Wirklichkeit entspricht, dann erhebt sich die Frage: wie sind diese Faktoren denn beschaffen? Sind es wirkliche Anlagen, die nur noch wachsen müssen im Verlauf der Ontogenese? Oder sind es Reizkörper physikalischer oder chemischer Art? Die Beantwortung dieser Fragen steht noch aus. Wohl nehmen GOu¬ und Bateson!) an, dass es sich um „ferment- artige, chemische“ Substanzen handelt. Auch Plate (1910, S. 544) hält es für wahrscheinlich, dass die Faktoren „Enzyme oder Reizkörperchen“ sind. Aber dies sind nur Vermutungen. Irgend eine sichere Kenntnis von ihrem Wesen haben wir nicht, da wohl noch keine direkt darauf gerichteten Untersuchungen vorliegen. 1) Vgl. Haecker, Allgemeine Vererbungslehre, 2. Aufl., 1912, S. 263 Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 149 Dies ist um so bemerkenswerter, als es von allgemeinem Interesse wäre, genaues über die Natur der Faktoren zu erfahren. Ihre vollkommene Kenntnis würde nicht nur eine unmittelbare Bestätigung der Annahme von Faktoren überhaupt bedeuten, sondern sie würde auch viele andere Unsicherheiten, die heute in der experimentellen Vererbungslehre bestehen, beseitigen. So würde sie uns Gewissheit bringen in der Frage, ob wirklich die presence-and-absence-hypothese zu Recht besteht, oder ob zwei antagonistischen mendelnden äusseren Merkmalen auch zwei antagonistische Faktoren entsprechen. Weiterhin hat Baur (1911, S. 100) darauf hingewiesen, dass man unter Zugrundelegung der presence-and-absence-hypothese durchaus nicht immer wissen kann, welches von zwei antagonistischen mendelnden Merkmalen durch Vorhandensein eines Faktors und welches durch dessen Fehlen hervorgerufen wird. Wenigstens in solchen Fällen, wo die Fı-Generation intermediären Charakter hat, wird man den Faktor hinter jedem der beiden Merkmale in gleicher Weise vermuten können. Auch diese Frage würde man beantworten können, wenn die Natur der Erbfaktoren bekannt wäre. Fragt man sich, wie man diese wichtige Kenntnis erlangen kann, so scheint festzustehen, dass die Kreuzungsversuche, die jetzt die Hauptrolle spielen, hier versagen. Sie werden viele nützliche Schlüsse auf die Natur der Faktoren ermöglichen, aber uns kaum instand setzen, den Boden der Hypothese zu verlassen. Eine völlige Sicherheit ist wohl nur auf einem anderen Wege erreichbar, indem man nämlich die Unterschiede - zweier Rassen, die durch mendelnde äussere Merkmale verschieden sind, mög- lichst genau morphologisch und physiologisch untersucht und ihre Entstehung und allmähliche Divergenz im Verlauf der Onto- genese bis zum Ei zurückverfolgt. Natürlich müssen hierbei stets, auch in Fällen, wo scheinbar vollkommene Dominanz vorliegt, homozygote Tiere mit dominierender Eigenschaft und heterozygote gesondert betrachtet werden. Auf diese Weise könnte es schliess- lich gelingen, die äusserlich sichtbaren Unterschiede der aus- gewachsenen Tiere allmählich auf Verschiedenheiten in der Be- schaffenheit der befruchteten Eizelle zurückzuführen (entwick- lungsgeschichtliche Faktorenanalyse). (Vgl. Haecker, Verh. Deutsch. Zool. Ges. 1912 und Z. I. A. u. V., Bd. 8, 1912.) Dabei kann es sich freilich bis auf weiteres nur um Verschieden- 150 Fritz Pernitzsch: heiten struktureller Art handeln, nicht aber um solche rein chemischer Art, wie solche von Cu&enot, Bateson, Plate und anderen angenommen werden; denn die chemische Methode der Zellforschung ist viel zu wenig ausgebildet, als dass es möglich wäre, die Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung des Eiplasmas naheverwandter Rassen einer Art festzustellen. Man muss zugeben, dass diese Einseitigkeit ein grosser Mangel der angegebenen Untersuchungsweise ist, und er macht es verständlich, dass bisher noch niemand diesen Weg der Forschung betreten hat. Wenn aber auch das letzte Ziel, die vollständige Kenntnis vom Wesen der Faktoren, vorläufig nicht erreichbar ist. kann uns unser Weg diesem Ziele immerhin beträchtlich nähern. An einem Beispiel will ich zeigen, welche Aussichten er uns bietet. Wie Haecker in seiner Allgemeinen Vererbungslehre (1912. S. 231) mitteilt, verhält sich bei einigen Tieren (Mäuse, Ratten und Hunde) die Scheckzeichnung rezessiv gegenüber gleichmässiger Färbung; die betreffenden Autoren nehmen daher einen Unifor- mitätsfaktor an, der Einfarbigkeit bewirkt, bei dessen Fehlen Scheckzeichnung auftritt. Die gescheckten Tiere werden nun in vielen Fällen, nämlich wenn sie neben gefärbten auch weisse, farblose Hautpartien aufweisen, nicht nur durch die Verteilung des Pigments, sondern auch durch die Pigmentmenge von den einfarbigen unterschieden sein. Hier muss man sich fragen, ob die Schecken weniger pigmentproduzierende Zellen (Pigment- bildner) hervorbringen, die letzteren aber denen der Einfarbigen gleichen, oder ob die Schecken in der Zahl ihrer Pigmentbildner mit den Einfarbigen übereinstimmen und der Unterschied dadurch zustande kommt, dass die Pigmentbildner erstens anders verteilt sind auf die einzelnen Hautpartien und zweitens kleiner sind oder weniger Pigmentkörner produzieren als bei den Einfarbigen. Sicherlich sind noch mehr Fälle denkbar; ich greife nur zwei extreme Fälle zur Erläuterung heraus. Ähnlich verhält es sich mit dem Faktor D, der bei Mäusen Dichtigkeit des Pigments bewirkt (Plate 1910, S. 548). Die Wichtigkeit der Fragen wird man leicht einsehen, wenn man bedenkt, dass es von ihrer Lösung abhängt, ob wir annehmen müssen, dass 1. der unterscheidende Erbfaktor rein chemisch- physiologisch wirksam ist, indem er die Pigmentsekretion innerhalb der Zellen beeinflusst, oder 2. dass er zellwachstumsphysiologischer Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 151 Art ist, indem er Wachstum und Teilung der Pigmentbildner beeinflusst, oder 3. dass er beide Fähigkeiten in sich vereinigt. Bei allen derartigen Untersuchungen wird es fernerhin wünschenswert sein, festzustellen, ob sich der Unterschied zwischen den betreffenden Rassen im Verlauf der Ontogenese ändert oder nicht. Bleiben wir bei dem obigen Beispiel, den durch die Intensität der Färbung verschiedenen Tieren, und nehmen an, dass der Unterschied zellwachstumsphysiologischer Art sei, dann sind zwei Fälle denkbar: entweder gehen Wachstum und Teilung der Pigmentbildner von Anfang an bei beiden Rassen verschieden schnell vor sich, oder die Pigmentbildner wachsen und teilen sich anfangs bei beiden Rassen gleich schnell, und erst in einem be- stimmten Alter treten Unterschiede auf. Im folgenden werde ich eigene Untersuchungen schildern, die ich auf Grund der hier mitgeteilten Überlegungen an schwarzen und hellen AxolotIn begonnen habe, welche sich in bezug auf die Färbung nach den bisherigen Untersuchungen durch ein Paar antagonistischer, mendeinder Merkmale unterscheiden, Schwarz- färbung und (partieller) Albinismus (siehe Haecker, Zool. Anz., 31, 1907). Meine vollständige Aufgabe wäre gewesen, die Unter- schiede zwischen den beiden Rassen im ausgebildeten Zustand zu untersuchen und in der Entwicklung rückwärts zu verfolgen. Da die zur Lösung der ganzen Aufgabe nötigen Arbeiten jedoch zu viel Zeit beansprucht hätten, konnte ich vorläufig nur einen kleinen Teil davon durchführen. Ich habe mich in der Haupt- sache auf die frisch ausgeschlüpften Larven beschränkt. Auch musste ich die Frage, ob zwischen heterozygoten und homozygoten schwarzen Larven Unterschiede vorhanden sind, beiseite lassen, besonders weil mir Larven, die durch ihre Abstammung sicher homozygot sein mussten, nicht zur Verfügung standen. Schwarze und helle Larven kann man beim Ausschlüpfen schon gut unterscheiden; darum ist es offenbar gleichgültig, ob man die Untersuchungen in diesem Stadium beginnt und bis zu den ausgewachsenen Tieren fortführt, oder umgekehrt. Nur in den früheren Altersstufen, solange man die beiden Rassen äusserlich nicht erkennen kann, ist es besser, die Entstehung der Unter- schiede von den ausgeschlüpften Larven aus rückwärts zu verfolgen, damit man die Verschiedenheiten der jüngeren Stadien im sicheren Zusammenhang mit denen der bekannten älteren richtig deuten 152 Fritz Pernitzsch: kann. Ich habe darum meine Untersuchungen bei ausgeschlüpften Larven begonnen, da mir diese in grosser Zahl zu Gebote standen. Um den Plan der Arbeit darlegen zu können, will ich zuvor erörtern, auf welche verschiedene Weise man sich den Färbungs- unterschied entstanden denken kann. Dazu ist es nötig, einige Angaben über die Art der Pigmentierung bei den AxolotIn voraus- zuschicken. Abgesehen von den Fällen, wo Färbung bei Tieren durch die Struktur bestimmter Zellen bewirkt wird (z. B. Vogelfedern), kann solche bekanntlich durch gelöste oder durch feste Farbstoffe hervorgerufen werden. Dieselben liegen bald in beliebigen Zellen. bald in besonderen Farbzellen, den Uhromatophoren. 3ei den Axolotllarven kommen Farbstoffe in gelöstem Zu- stande nicht vor. Vielmehr sind, wenn man von den erst bei älteren ca. 18 mm langen Larven auftretenden Leukophoren absieht, das Melanin und ein gelbes Lipochrom, die einzigen vorhandenen Pigmente, in geformtem Zustand da, nämlich in Gestalt von Körnchen bezw. Tröpfchen!), welche in besonderen Zellen, den Melanophoren bezw. Nanthophoren, aufgespeichert sind. Diese gehören dem Bindegewebe an und sind am zahlreichsten unter der Coriumanlage (vgl. S. 175, Anmerkung 1); Melanophoren kommen auch in der Epidermis vor. Während das gelbe Lipochrom auf die Xantophoren beschränkt ist, finden sich Melaninkörnchen ausser in den Melanophoren regel- mässig in den Xanthophoren und Epidermiszellen vor. Auch viele Bindegewebszellen beherbergen Häufchen von Melaninkörnchen (vgl. Schuberg 1903, S. 264). Abgesehen von einigen sehr pigmentreichen Epidermiszellen, deren Natur fraglich ist und von denen Schapitz (1912, S. 57) vermutet, dass sie in Bildung begriffene epidermale Pigmentzellen seien, sind die Melaninkörnchen in den Epidermiszellen sowohl wie in den Bindegewebszellen so spärlich, dass sie auf das Aus- sehen der Larven keinen nennenswerten Einfluss haben (vgl. Anmerkung 1, S. 157). Für dieses sind nur die Melanophoren (epidermale und im Bindegewebe gelegene) und Xanthophoren von 3edeutung. Darum ist es freilich nicht ausgeschlossen, dass auch in !) Gaupp (Die Anatomie des Frosches, 3. Teil, S. 498) gibt vom Frosch an, das Melanin bilde „Körner“ und das gelbe Lipochrom finde sich in Form von „Tropfen“. Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 155 bezug auf das in den Epidermis- und Bindegewebszellen enthaltene Pigment Rassenverschiedenheiten bestehen; aber bestimmt zu er- warten sind solche Unterschiede nur bei den Pigmentzellen. Da die hier etwa vorhandenen Verschiedenheiten auch die wichtigeren sein werden, habe ich das Hauptaugenmerk auf sie gerichtet. Fragen wir nunmehr nach dem Zustandekommen der Rassen- unterschiede, so kann der verschiedene Pigmentgehalt bei schwarzen und hellen Larven beruhen auf: Verschiedenheit in der Fähigkeit der Pigmentzellen, Pigment zu bilden, Verschiedenheit in deren Zahl oder in deren Grösse. Die Abweichung im Aussehen der Larven kann ausserdem teilweise durch verschiedene Reizbarkeit der Pigmentzellen bedingt sein. Wenn wir von der letzteren Möglichkeit absehen, sind von der grossen Zahl der denkbaren Fälle drei wesentlich verschiedene als hauptsächlichste zu nennen. Es ist denkbar, dass beide Rassen die gleiche Anzahl von Pigmentzellen enthalten, dass aber bei denen der hellen Larven die Fähigkeit zur Pigmentabscheidung zum Teil geringer ausgebildet, zum Teil verloren gegangen ist. Zweitens ist es möglich, dass die Pigmentzellen der beiden Rassen in Grösse und Pigmentbildungsfähigkeit übereinstimmen und nur durch ihre Zahl verschieden sind. Schliesslich kann man sich denken, dass der Rassenunterschied auf Grössenverschiedenheit der Pigmentzellen beruht, während die Gesamtanzahl derselben innerhalb der ganzen Larve bei Schwarzen und Hellen dieselbe ist; dann müssen die kleineren, aber gleich zahlreichen Pigment- zellen der hellen Larven in dichterer Lage angeordnet sein. Die Zahl der möglichen Fälle ist natürlich viel grösser. Vor allem kann der Unterschied verwickelter sein als in den eben genannten Fällen, dadurch dass mehrere Verschiedenheiten zu- sammenwirken, oder dass diese die Melanophoren und Xantho- phoren in verschiedenem Maße betreffen. Es ist z. B. denkbar, dass die Zahl der Melanophoren bei hellen Larven geringer ist, die der Xanthophoren aber ebenso gross wie bei den schwarzen. Die Untersuchungen müssen darum das Zahlenverhältnis zwischen Melanophoren und Xanthophoren mitberücksichtigen. Welcher Art nun der Unterschied sein mag, um ihn kennen zu lernen, wird es genügen, die Pigmentzellen beider Rassen nach den vier genannten Eigenschaften (Pigmentbildungsfähigkeit, Zahl, Grösse und Reizbarkeit) zu vergleichen. 154 Fritz Pernitzsch: Ich werde im ersten Kapitel das Aussehen der erwachsenen Axolotl. im zweiten Kapitel das frisch ausgeschlüpfter Larven darstellen. Es folgt im dritten Kapitel eine Beschreibung der Pigmentzellen. In diesem Kapitel finden sich auch Angaben über mögliche Verschiedenheit der Reizbarkeit der Pigmentzellen beider Rassen :; diese lassen sich, wie man erkennen wird, nicht von der Beschreibung derselben trennen. Danach teile ich die Unter- suchungen mit, welche die Pigmentbildungsfähigkeit der Pigment- zellen, viertes Kapitel, ihre Zahl, fünftes Kapitel, und ihre Grösse, sechstes Kapitel, betreften. Herrn Prof. Dr. Haecker, der diese Arbeit veranlasst hat, spreche ich für seine Hilfe und für das zur Verfügung gestellte Material meinen herzlichsten Dank aus. Auch Herrn Prof. Dr. Brüel bin ich für wertvolle Ratschläge zu grossem Danke verpflichtet. Methode. Zur Konservierung der Larven benutzte ich Zenkers Gemisch, in dem ich dieselben anfangs 24 Stunden, später nur 3 Stunden liess. Ausgewaschen wurde mit destilliertem Wasser, jeweils ebensolange, als fixiert worden war. Danach entwässerte ich mit Alkohol 60/0, 70°%o mit Jodjodkali, SO °/o, 90°/o, 96 °/o und Alk. abs. Eingebettet habe ich mit Chloroform oder Xylol in Paraffin. Vielfach habe ich mit Zenker-Formol fixiert, d.i. Zenkers Gemisch, welches statt Eisessig die gleiche Menge Formol enthielt. Die Anwendung war die gleiche wie oben. Gefärbt wurden die Schnitte meist mit Dahlia, nach der von Schuberg (1903) angegebenen Methode. Diese Färbung gelingt bei solchem Material, das lange in Zenkers Gemisch fixiert worden ist oder das lange Zeit in Alkohol aufbewahrt worden ist, nur schwer. Aus diesem Grunde habe ich zuletzt nur 2 Stunden fixiert. Die Zeichnungen habe ich selbst hergestellt, mit Ausnahme der Tafelabbildungen 1—6, welche Frl. M.H. Mülberger gemalt hat und die mir Herr Prof. Dr. Haecker in liebenswürdiger Weise zur Verfügung gestellt hat. I. Kapitel. Das Aussehen der erwachsenen Axolotl. Die Angehörigen der schwarzen Rasse von Amblystoma tigri- num sind am ganzen Körper dunkelschokoladebraun bis tiefschwarz Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 155 gefärbt; dabei lassen sich bald auf einem etwas helleren, grauen oder braungrauen,. Grunde dunkelschwarze Flecke, die schon Schuberg (1903, S. 262) erwähnt hat, gut erkennen, bald sind diese so undeutlich, dass die Haut gleichmässig gefärbt erscheint. Der Bauch ist meist heller als der übrige Körper und sieht gewöhnlich hellgrau aus. Von den schwarzen oder dominierenden Axolotin unterscheide ich helle oder rezessive; unter dem Namen „Helle“ fasse ich die extrem akromelanistischen, rot- äugigen, oder kurz gesagt „weissen“ einerseits und die Schecken andererseits zusammen (vgl. Haecker, Z. Ind. Abst. Vererb., 1912). Die weissen Axolotl haben infolge mangelnden Farbstoffes ein licht fleischfarbiges Aussehen (Haecker, 1908). Ganz frei von Pigment sind sie freilich nie. Die Kopfoberseite ist in allen Fällen teilweise grau bestäubt; die Spitzen der Zehen sind gewöhnlich tiefschwarz gefärbt. Neben diesen sogenannten weissen Tieren kommen ge- scheckte Axolotl vor, die Haecker 1908 (S. 200, Fig. 2) be- schrieben und abgebildet hat. Bei ihnen dehnt sich die graue Bestäubung über den ganzen Kopf und den Rücken aus. Ausser der leichten Bestäubung können stark dunkle Flecken auftreten, die bei manchen Tieren metamer angeordnet sind. Näher gehe ich auf das Aussehen der erwachsenen Axolotl nicht ein, da die vorliegenden Untersuchungen nur Larven be- treffen, deren Zeichnung ich im folgenden Abschnitt beschreibe. II. Kapitel. Die Zeichnung frisch ausgeschlüpfter Larven. Die einzigen bisherigen Angaben über die Zeichnung von Axolotllarven hat Haecker (Zool. Anz. 31, 1907) gemacht. Er hat jedoch keine genaue Beschreibung gegeben, da es ihm nur darauf ankam, zu zeigen, dass man die schwarzen und weissen Larven gut unterscheiden kann. Weil es möglich ist, dass sich heterozygote und homozygote schwarze Larven hinsichtlich ihrer Zeichnung unterscheiden, be- merke ich, dass die folgenden Angaben schwarze Larven im all- gemeinen, ohne Rücksicht auf die Erbformel betreffen. Ein Teil der zur Untersuchung benutzten Larven war sicher hetero- 156 Fritz Pernitzsch: zygot. Von den übrigen war es unbekannt, ob sie heterozygot oder homozygot waren. Frisch ausgeschlüpfte schwarze Larven, 11 bis 13 mm lang, sind ausser an der völlig pigmentlosen Bauchseite überall durch schwarze und gelbe Pigmentzellen gefärbt, am Kopf und Rumpf am stärksten. Im Schwanz nimmt die Zahl der Pigmentzellen nach dem Rand zu allmählich ab, und zwar enthält der ventrale Schwanzsaum weniger Pigment als der dorsale. Kopf und Rumpf zeigen einen hellgelben, manchmal schmutziggelben Grundton, den eine fast lückenlose Schicht von Xanthophoren verursacht, die unter der Coriumanlage liegt und nur durch die dazwischen liegenden Melanophoren unterbrochen wird. Am Kopf sind die zahlreichen schwarzen Pigmentzellen (— Melanophoren) regellos über die gelbe Grundfläche zerstreut; jedoch gibt es einige Stellen, die sich oft durch besonderen Fig. 1. Schema der Kopfzeichnung bei schwarzen Larven. Reichtum an schwarzem Pigment auszeichnen. So liegen bei manchen Tieren (Schema Textfig. 1) die Pigmentzellen am seit- lichen Kopfrand (sKr) und an der Basis der Kiemenfähnchen (Kfb) so dicht, dass sie zu grösseren Pigmentstreifen; zusammentliessen (st, Textfig. 2). Schon weniger dicht liegen sie gewöhnlich in der Mitte des Kopfes hinter der Augengegend (M) und am vorderen Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 157 Kopfrand (vKr), während die Fläche zwischen den Augen (Z) und zwei symmetrische Flecke hinter denselben (sy) ganz frei von schwarzen Pigmentzellen sein können.!) In diesem Falle scheinen von der Mitte des Kopfes zwei deutliche Pigmentstreifen (A. st.) nach den Augen hinzuführen.”) Die eben geschilderte Pigmentver- Fig. 2. Kopfzeichnung einer frisch ausgeschlüpften schwarzen Larve. Nur die Ver- teilung des schwarzen, nicht des gelben Pigments wurde angegeben. teilung ist zwar sehr häufig, bildet aber keineswegs die Regel; es gibt ebensowohl Larven, bei denen die Pigmentzellen ohne !) Die Epidermiszellen enthalten alle mehr oder weniger Melanin- körnchen;; diese kommen für die Zeichnung jedoch nicht in Betracht, trüben vielmehr nur den gelben Grundton. 2) Zuweilen werden solche Streifen durch das durchscheinende Gehirn vorgetäuscht. 158 Fritz Pernitzsch: Ordnung über den Kopf verteilt sind, während von diesen zahl- reiche Übergänge zu solchen hinführen, deren Zeichnung dem Schema fast gleicht (Textfig. 2). Die Kiemen sind schwach gelb gefärbt und haben einige schwarze Flecken. Am Rumpf sind die schwarzen Pigmentzellen in vier (selten fünf oder sechs) Querbändern jederseits angeordnet, so dass eine Zeichnung entsteht, welche an die des Barsches erinnert (Taf. XI, Abb. 1, 2). Diese Bänderung ist fast immer vorhanden; es kommt jedoch vor. dass die schwarzen Bänder sehr breit sind und dazwischen das gelbe Pigment weniger hervortritt als sonst (Abb. 3). Nur selten ist diese regelmässige Zeichnung am Rumpf fast ganz verwischt. Die Bänderung reicht bis in die Aftergegend. Dahinter liegen schwarze und gelbe Pigmentzellen ungeordnet nebeneinander. Dass auf den Abb. 1 und 3 die gelben Zellen im Schwanzsaum fehlen, kommt daher, dass sie hier infolge der Durchsichtigkeit des Saumes schwerer zu sehen sind als die schwarzen und erst unter dem Mikroskop deutlich werden. Nach dem Rande und dem Schwanzende zu wird das Pigment, wie schon erwähnt, immer spärlicher. Im Gegensatz zur schwarzen Larve ist die gleichalte weisse, akromelanistische am grösseren Teile ihres Körpers ungefärbt und hauptsächlich durch einige scharf hervortretende Farbenflecke ausgezeichnet, nämlich durch eine Pigmentzellenansammlung am Kopf und durch „distinkte“ Flecke am Rumpf (Abb. 4—6). Die Grundfarbe der Kopfoberseite ist gelb; ausgenommen ist ein farbloser Randstreifen, der durch eine Linie begrenzt wird, die ungefähr parallel zum Rand durch die Mitte der Augen verläuft. Jedoch ist die Zeichnung der weissen Larven, ebenso wie die der schwarzen, sehr variabel. Zuweilen tritt das gelbe Pigment zwischen den Augen bis an den vorderen Rand heran (Abb. 4), und in anderen Fällen ist sehr viel weniger gelbes Pigment am Kopfe zu finden (Abb. 5 und 6). Das schwarze Pigment ist auf denselben Bezirk beschränkt wie das gelbe; am dichtesten liegen die schwarzen Pigmentzellen in der Mitte der Kopfoberseite bis zum Rumpfansatz hin (Abb. 4, 5 und 6), also an einer Stelle, die auch bei den schwarzen Larven durch Pigment- reichtum ausgezeichnet ist. Diese Stelle der stärksten Pigment- anreicherung am Kopf nenne ich den „Mittelfleck“. Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 139 Am Rumpf sieht man, wenn man eine Larve von der Seite betrachtet, einen Pigmentstreifen an der unteren Grenze des Rückensaumes verlaufen, etwa in der Höhe des Medullarrohres; unterhalb dieses Streifens ist der Rumpf ebenso wie der obere Teil des Rückensaumes ungefärbt. Die genannte Rückenpigmentierung ist bei den Tieren im einzelnen sehr verschieden ; meistens treten vier bis fünf „distinkte* Flecke hervor (Abb. 4 und 5), dichte Ansammlungen von Pigmentzellen, in denen die Xanthophoren zahlreicher sind als die Melanophoren und zwischen denen nur wenig schwarze, aber niemals gelbe Pigmentzellen liegen. Die Zahl dieser Flecke schwankt zwischen zwei und acht. In vielen Fällen sind die Lücken zwischen ihnen so gering und die schwarzen Pigmentzellen über den ganzen Rückenstreifen so gleichmässig verteilt, dass man die Flecke nur unter dem Mikroskop erkennen kann, während der Rückenstreifen dem blossen Auge als ein ungefähr gleichmässiges Band erscheint. Sieht man sich die Larven von oben an (Abb. 6), so erkennt man, dass die Pigment- zellen des Rückenstreifens nicht alle dicht unter der Haut, sondern teilweise im Grunde des Rückensaumes im lockeren Bindegewebe liegen und nach beiden Seiten ihre Ausläufer unter die Haut entsenden, wie die in Abb. 18 wiedergegebene Melanophore. Be- trachtet man lebende Larven von oben, so erscheinen diese Zellen als verschwommene, schattenhafte schwarze Bänder (Abb. 6, b). Die Reihe der distinkten Flecke reicht ungefähr bis zum After. Ihre Fortsetzung bildet ein Streifen, welcher gleichmässig nebeneinander schwarze und gelbe, zuweilen ziemlich dicht ge- lagerte Pigmentzellen enthält. Im dorsalen Saum liegen nur in der hinteren Schwanzhälfte — wenn man den Schwanz am After beginnen lässt — Pigmentzellen, deren Zahl nach dem Rand und nach vorn zu abnimmt. Ventral von der Chorda liegen, auch an der Spitze des Schwanzes, nur wenig Pigmentzellen. Die Kiemen erscheinen dem blossen Auge ungefärbt, auch wenn sie zwei bis drei gelbe Pigmentzellen enthalten, was oft der Fall ist. Weisse Axolotllarven aus dem Tübinger Zoologischen Institut, von denen ich 20 untersucht habe, haben im wesentlichen die- selbe Zeichnung. Ich habe sie allerdings nur in konserviertem Zustande gesehen, so dass ich lediglich die Verteilung der schwarzen Pigmentzellen angeben kann, da der gelbe Farbstoff durch Alkohol ausgezogen wird. Archiv f. mikr. Anat. Bd. 82. Abt. 1. 11 160 Fritz Pernitzsch: Am Kopf findet sich der Mittelfleck und eine kleine Pigment- anreicherung vorn zwischen den Augen (Abb. 7). Am Rumpf sind im Rückenstreifen einige dunkle Flecke vorhanden, die offenbar den distinkten Flecken entsprechen. Von den weissen Larven aus der hiesigen Zucht sind die Tübinger nur dadurch verschieden, dass überall, auch in dem Randbezirk des Kopfes und dem Teil des Rumpfes und Schwanzes, der bei jenen pigmentfrei ist, pigment- reiche Epidermiszellen, wie ich sie oben erwähnt habe (S. 152 unten), sehr häufig sind. Dadurch erscheinen die Larven (Abb. 7) am ganzen Körper gleichmässig leicht bestäubt. Im April 1911 wurde im hiesigen Institut ein gemischter Laich abgelegt, welcher Eier mit dominantem und solche mit rezessivem Charakter enthielt. Die weissen Larven waren beim Ausschlüpfen als solche wohl sicher zu erkennen, zeigten aber durch ihren Pigmentreichtum und durch ihre Zeichnung eine deutliche Annäherung an schwarze Larven. Es handelte sich, wie sich inzwischen herausgestellt hat, um die Larven von Schecken. Die sechs Tiere von diesem Laich, die aufgezogen worden sind, sind noch immer stark pigmentiert, so dass man sie im Gegensatz zu extrem akromelanistischen Tieren als Schecke bezeichnen muss. Ich konnte die Zeichnung von 23 ausgeschlüpften Scheckenlarven, die 13—15 mm lang waren, untersuchen. Den schwarzen Larven näherten sie sich am meisten durch die Zeichnung des Kopfes. Ihre ganze Kopfoberseite zeigte auf gelbem Grundton viele grosse, intensiv schwarze Chromatophoren, so dass sie von der einer schwarzen Larve nur durch die weniger dichte Lagerung der Melanophoren unterschieden war. Bei einigen war der bei den rein weissen ungefärbte Rand frei von gelben Pigmentzellen, während er schwarze stets reichlich enthielt. Im Rand, hinter den Augen zu beiden Seiten des Mittelflecks und dicht hinter dem Nacken fielen grössere bandartige Pigmentflecken auf, die sonst nur bei schwarzen Larven vorkommen (Textfig. 2, st). Im Rückenstreifen, der wie bei den weissen Larven regel- mässig vorhanden war, waren eben noch einige Stellen zu finden, die weniger gelbe, aber kaum weniger schwarze Pigmentzellen enthielten als der übrige Teil, so dass man, freilich nur schwach, an die distinkten Flecke der weissen erinnert wurde; im ganzen entstand ein Bild, wie es auch bei einem Teil der weissen Larven auftritt und welches ich vorher beschrieben habe. Am Rumpf Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 161 lagen ferner vereinzelt in der Höhe der Seitenlinie, also unter dem Rückenstreifen, breite schwarze, seltener auch gelbe Pigment- zellen. Auch der Schwanz war gewöhnlich durch reichlichere Pigmentierung vor dem der weissen ausgezeichnet. Ein schmales Pigmentzellenband verlief vom Schwanzende entlang der Kaudal- vene bis etwa zur Mitte zwischen Schwanzspitze und After; ausserdem lagen die Pigmentzellen überall etwas dichter als bei den weissen Larven. Die Kiemen enthielten nur wenig mehr Pigment als die der weissen Tiere. Da nach dem Mitgeteilten eine Unterscheidung von weissen und Schecklarven nach ihrer Zeichnung möglich ist, ist eine ge- sonderte Betrachtung der beiden Gruppen bei den folgenden Untersuchungen notwendig. Doch will ich nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dass hier eine gewisse Unklarheit besteht. Da wie ich oben erwähnt habe, zwischen der Kopfzeichnung von weissen und Schecklarven hauptsächlich ein gradueller Unterschied besteht und die distinkten Flecke nicht nur bei Schecklarven sondern auch bei manchen weissen verwischt sind, kann man keine scharfe Grenze zwischen beiden ziehen. Andererseits kann man auch nicht sicher wissen, ob wirklich alle rezessiven Larven des Laichs, aus dem die sechs Schecken stammen, zu Schecken heran- gewachsen wären. Weder die Zeichnung noch die Abstammung ermöglicht also vorläufig eine vollkommen sichere Unterscheidung von weissen und Scheckenlarven. Wenn-ich bei meinen Unter- suchungen gleichwohl Weisse und Schecken immer trenne, so ge- schieht das unter dem ausdrücklichen Hinweis auf die bestehende Unsicherheit und darauf, dass der Hauptwert jedenfalls vorläufig auf die Untersuchung der Unterschiede der dominierenden (schwarzen) von den rezessiven (hellen im weiteren Sinne) zu legen ist. III. Kapitel. Beschreibung der Pigmentzeiltypen. Da die folgenden Abschnitte ausschliesslich von Pigment- zellen handeln, ist es notwendig. vorher die verschiedenen Typen derselben systematisch zu beschreiben. Es ist dies auch deshalb wichtig, weil die hier herrschende, erstaunliche Mannigfaltigkeit noch nicht genügend bekannt ist. IE 162 Fritz Pernitzsch: Die hierauf gerichtete Untersuchung habe ich an lebenden Larven vorgenommen. Sehr bequem konnte ich die Pigmentzellen am überlebenden Schwanz betrachten. Veränderungen treten erst etwa drei bis vier Stunden nach der Trennung des Schwanzes vom Rumpf auf. Um die Pigmentzellen vom Kopf und Rumpf kennen zu lernen, musste ich die unverletzten Larven unter- suchen: denn es gelang nicht, die ganze Haut unversehrt abzu- ziehen. Einzelne Hautfetzen, die leicht abgerupft oder abgeschnitten werden können, nützen natürlich nichts, da es ja darauf ankommt, alle vorkommenden Pigmentzellformen zu sehen. Wenn nun auch die Betrachtung lebender Larven unter dem Deckglas oder im Kompressorium für den Kopfrand und die Rumpfseiten erschwert ist, so dass stärkere Vergrösserungen nicht anwendbar sind, so ist es doch nicht schwer, die hier vorkommenden Zellformen festzustellen, wenn man vorher die Pigmentzellen am Schwanz kennen gelernt hat. Die Zeichnungen habe ich meist nach Zellen, die im Schwanz lagen, hergestellt. 3ekanntlich haben die Pigmentzellen der Amphibien die Fähigkeit, unter dem Einfluss verschiedener Faktoren ihre Form zu ändern; z. B. ziehen sie sich im Licht zusammen und dehnen sich im Dunkeln aus. Um der Gefahr zu entgehen, dass ich verschieden stark ausgedehnte Zellen für verschiedene Zellformen hielte, durfte ich nur die Zellen von solchen Larven, die unter gleichen Bedingungen lebten, zum Vergleich benutzen und musste von jeder Zellform beide Extreme, der Dilation und Kontraktion, kennen lernen. Darum habe ich einen Teil der Larven in völligem Dunkel, einen anderen Teil in hellem Licht aufgezogen. Die ersteren wurden in Aquarien gehalten, die vollkommen von diekem, schwarzem Papier umschlossen waren und in einem dunklen geschlossenen Schrank standen. Für Sauerstoftzufuhr wurde durch täglichen Wasserwechsel gesorgt. Die zweite Gruppe von Larven wurde auf weissen Tellern gehalten: und zwar olıne Pflanzen, damit die Tiere nicht deren Schatten aufsuchen konnten. Obwohl die Pigmentzellen der verschiedensten Tiergruppen seit langem für eine grosse Zahl von Forschern im Mittelpunkt des Interesses stehen, sei es, dass sie die Entstehung des Pigments, die Bedeutung der Chromato- phoren für den Farbenwechsel oder anderes zu ergründen suchen, so ist doch nur in selteneren Fällen die Form der Zellen zum Gegenstand einer genauen Untersuchung gemacht worden. Die allermeisten (von neueren Autoren z.B. Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolot!. 163 Eternod und Robert [1908, S. 121], Golovine [1907, S. 859] und Meirowsky [1908]) begnügen sich mit der kurzen Angabe, dass die Pigmentzellen in dilatiertem Zustand mit zahlreichen Plasmafortsätzen ver- sehen und im allgemeinen sternförmig seien. Speziell über die Pigmentzellen des Axolotls liegen noch nicht viele Untersuchungen vor. Carriere (Arch. f. mikr. Anat., Bd. 24), der die Entwicklung der Epidermis von Siredon pisciformis darstellt, erwähnt Pigment- zellen überhaupt nicht. Die epidermalen Pigmentzellen scheinen ihm voll- ständig entgangen zu sein, obwohl sie schon bei frisch ausgeschlüpften Larven vorkommen und kaum anzunehmen ist, dass sie den mehrere Zenti- meter langen Tieren, die er untersucht hat, gefehlt haben. Paulicki (Arch. f. mikr. Anat., Bd. 24), dessen Untersuchung der Haut eines älteren, 8 cm langen Axolotls gilt und an die Carri@resche anknüpft, bezeichnet (S. 123) die epidermalen Chromatophoren als „verästelte schwarze Gebilde“, die (S. 140) „ihre Ausläufer zwischen die Epidermiszellen hinein oft auf weite Entfernungen verbreitet fortschickten. An vielen Stellen erschienen aber die Öhromatophoren nicht als verästelte Figuren, sondern als ein rund- licher, schwarzer, völlig undurchsichtiger Klumpen.“ Auch die Chromato- phoren der Cutis stellen nach ihm (S. 145) „verästelte schwarze Zellen dar, an denen män einen mittleren Teil, den Zellenleib, und von demselben nach verschiedenen Richtungen hin sich erstreckende Fortsätze, die sich meist noch weiterhin verästeln, unterscheiden kann“. „Die Enden der Äste ver- breiterten sich häufig und liefen in mehrere, verschieden gestaltete Zacken aus. Mitunter waren einige Äste auffallend lang. Es waren dies besonders solche Äste, die sich senkrecht zur Hautoberfläche erstreckten.“ Ehrmann (1896, Bibliotheca medica D. II, Heft 6), der die Ent- stehung des melanotischen Pigmentes bei mehreren Amphibien, darunter Siredon pisciformis, behandelt, teilt nur gelegentlich etwas über die Form der Pigmentzellen mit, als es notwendig wird, den Unterschied zwischen denen der Epidermis und der Cutis zu besprechen. Er sagt (S. 30): „Die Melano- blasten der Epidermis bekommen nun ein Aussehen, welches von dem der Cutismelanoblasten einigermassen different ist. Ihr Körper wird im Gegen- satze zu dem unregelmässigen, platten der letzteren mehr kugelig oder oval, die Fortsätze werden schlanker, gleichmässiger, umgeben in ziemlich regel- mässigen Maschen die oberflächlichen Epithellagen ....“ und auf 8. 33: „Vor allem wird die Form des Maschenwerks der Ausläufer bei den Melano- blasten der Cutis, welche zwischen den Fasern ziemlich unregelmässig sich durchwinden, dem Faserverlauf entsprechen und die Fortsätze unregelmässig, zackig, wie zerfliessend aussehen.“ Wie die früheren Autoren hat auch Schuberg (1903) die Form der Pigmentzellen nur nebenbei berücksichtigt. So sagt er (1903, S. 261) von den an der Grenze zwischen innerer Coriumlage und Unterhautbindegewebe liegenden Zellen, sie seien „stark abgeplattet und entsenden ihre Ausläufer ausschliesslich in der Begrenzungsebene*. Weiterhin betont er vor allem (S. 264) den Einfluss, den das umgebende Gewebe „auf die Form der Pigment- zellen und die Anordnung ihrer Ausläufer ausübt“, ohne jedoch auf die Gestalt der Zellen einzugehen. 164 Fritz Pernitzsch: Als letzter Autor, der die Chromatophoren bei AxolotIn behandelt, ist Ogneff (Anat. Anz., Bd. 32) zu nennen. Auch er hat wenig über deren Form gesagt (S. 593): „Beim Betrachten mittels eines Mikroskops erscheinen diese Melanoblasten sternförmig und gewöhnlich durch ihre Fortsätze netz- artig verbunden. Die Anzahl der schwarzen Körnchen in der Zelle ist dabei so gross, dass sowohl ihr eckiger Körper als auch dessen mehr oder weniger längliche, gezweigte Vorsätze durch derartige Körnchen vollständig überfüllt zu sein scheinen.“ Ich wende mich nun zu meinen eigenen Beobachtungen und zwar zunächst zu den Melanophoren von dunkel gehaltenen schwarzen Larven (hierzu Taf. XII und XIII, Abb. 19— 30). Unter diesen kann man vier Formengruppen unterscheiden, die ich «-, ß-, y- und d-Zellen nenne. Die «-Zellen haben eine abgerundete Form (Abb. 19—21). Sie entsenden zahlreiche Fortsätze, die nach allen Seiten aus- strahlen und sich stark verästeln. Durch Zusammenfliessen der Nebenäste entsteht ein meist sehr dichtes Maschenwerk, das sich gewöhnlich parallel zur Obertläche ausbreitet, sonst unregel- mässigere Gestalt hat. Im übrigen sehen die Zellen dieser Gruppe sehr verschieden aus. je nachdem die Fortsätze sich schon nahe am Kern, im Zentrum der Zelle, verästeln und zusammen- fliessen (Abb. 19) oder ob diese Verästelung der Hauptfortsätze erst in einiger Entfernung vom Zellkörper statthat (Abb. 21). Ausserdem wechselt das Aussehen der Zellen mit dem Grad der Verästelung der Fortsätze. Die in Abb. 21 wiedergegebenen Zellen haben z. B. viel mehr und viel feinere Nebenäste höheren Grades als die in Abb. 20 dargestellte. Hier ist allerdings die Möglichkeit zuzugeben, dass die letztere Zelle weniger vollkommen dilatiert ist, obwohl sie sich unter genau den- selben Bedingungen befand wie die ersteren, indem sich die beiden Tiere in demselben Gefäss befanden und gleicher Her- kunft waren. Für die #-Zellen ist charakteristisch, dass ihre Fortsätze an Zahl geringer sind (Abb. 22, 23), sich weniger verästeln (Abb. 24) und entweder gar nicht oder jedenfalls viel weniger zusammenfliessen (Abb. 22—25). Die Zellfortsätze verlaufen wie bei den «-Zellen im allgemeinen parallel zur Hautoberfläche. Diese Gruppe ist nicht scharf abgegrenzt gegen die erste, vielmehr durch alle Übergänge mit ihr verbunden. Abb. 26 stellt eine Zelle dar, die deutlich in der Mitte steht zwischen Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 165 «-Zellen (Abb. 21) und £-Zellen (Abb. 22). Die grosse Zahl der Fortsätze hat sie mit den ersten gemeinsam. Andererseits gibt ihr die Form ihrer Fortsätze und deren Verästelung eine durch- aus vermittelnde Stellung. Der eben beschriebenen Abb. 26 sind viele Zellen (Abb. 27) ähnlich, die in der Form der Fort- sätze nur wenig von ihnen abweichen. Ihre Verästelung stimmt an manchen Stellen vollkommen mit der in Abb. 26 dargestellten überein, teilweise (Abb. 27 rechts und unten) ist sie aber noch dichter und reicher an Anastomosen. Unter den #-Zellen sind zweipolige sehr häufig. So nenne ich diejenigen (Abb. 22, 24), deren Zellkörper, aus einem ovalen Kern mit dünnem Plasmabezug bestehend, nur an den beiden Enden seiner Längsachse Fortsätze entsendet, jederseits mehrere (Abb. 24) oder einen, der sich bald gabelt (Abb. 22 links). Die Richtung der Längsachse liegt in derselben Ebene, in der sich die Zellfortsätze ausbreiten und verläuft parallel zur Hautober- fläche. Zellen, deren Fortsatz sich in einiger Entfernung vom Zellkörper (Abb. 22) oder dicht daran (Abb. 28c) gabelt, leiten zu dreipoligen (Abb. 28 b) über, und damit zu solchen, die an beliebigen Stellen eine grössere Zahl von Ausläufern entsenden (Abb. 2sa). Eine lückenlose Reihe von Zwischenformen führt von den ß-Zellen, insbesondere der in Abb. 27 gezeichneten, zu y-Zellen hin. Diese finden sich stets im Schwanzsaum. Ihr Zellkörper liegt mitten im Bindegewebe und sendet nach beiden Seiten unter die Epidermis Fortsätze, die sich hier jederseits in einem flächen- artigen Netz verzweigen (Taf. XII, Abb. 18). Die beiden Ausläufer- netze liegen also symmetrisch zum Zelleib, und sind einander parallel oder neigen sich gegeneinander wie die Epidermis der beiden Seiten, unter der sie verlaufen. Abb. 29 zeigt eine ausserordentlich lange, zweikernige Zelle dieser Art in Flächen- ansicht. Dunkel gezeichnet (Abb. 29 b) ist das Fortsatzmaschen- werk der einen, dem Beschauer zugekehrten Seite; darunter sieht man undeutlich den eigentlichen Zellkörper mit den Kernen, der in Abb. 29a noch einmal besonders gezeichnet ist. Die Kerne waren in diesem Fall nicht sicher zu erkennen. Das zweite flächenartige Maschenwerk fehlt auf diesem Bild; es würde unter den Kernen liegen und sich in derselben Weise wie das dar- gestellte ausbreiten. 166 Fritz Pernitzsch: Das Geäst dieser Zellen ist dem der vorher beschriebenen ganz gleich (Abb. 27). Die #- und y-Zellen sind miteinander verbunden durch solche Zellen, deren Zellkörper und Kern zwar auch nicht in einer Ebene liegen mit dem Maschenwerk ihrer Fortsätze, die aber entweder überhaupt nur nach einer Seite Fortsätze ausschicken, oder deren Fortsätze sich jedenfalls nur auf einer Seite reichlich flächenhaft ausbreiten. Bei allen untersuchten schwarzen, im Dunkeln gehaltenen Larven fand ich am Bauch vor dem Enddarm Melanophoren, ich nenne sie d-Zellen. die trotz der Dunkelheit mehr oder weniger, meist stark, zusammengezogen waren; zwei solche dicht nebeneinander liegende Zellen zeigt Abb. 30. Nur bei drei Larven, in deren Aquarien ich den Boden mit Sand belegt hatte, der sonst fehlte, waren auch diese Zellen dilatiert;: ob in diesen Fällen der Sandbelag die Dilation bedingte, oder ob diese andere Ursachen hatte, konnte ich nicht feststellen, da ich keine Gelegen- heit hatte, diese Versuche fortzusetzen. Ich will noch bemerken, dass die Melanophoren verschieden dunkel aussehen. Viele sind tiefschwarz, andere mehr oder weniger dunkelgrau, ohne dass man dunkle und helle scharf scheiden könnte. Diese Verschiedenheit der Farbintensität ist innerhalb aller vier Zellgruppen vorbanden. Die verschiedenen Pigmentzellformen sind in einer be- stimmten Weise über die Haut der Larven verteilt (Textfig. 3). Die Zellen der «-Gruppe bedecken den Kopf und Rumpf fast völlig, finden sich in der hinteren Körperhälfte nur in der Nähe der Chorda und fehlen an der Schwanzspitze. An der Bauchseite, vor dem Enddarm, liegen die d-Zellen. Zellen der 3-Gruppe und Übergänge dazu finden sich im Rückensaum und im Schwanz. In der Nähe des Enddarmes liegen stets besonders typische %-Zellen, wie sie in Abb. 22 und 28b, ec wiedergegeben worden sind. Die Zellen der y-Gruppe schliesslich liegen im Randbezirk des Schwanzsaumes. Im allgemeinen sind benachbarte Pigmentzellen einander ähnlich; daher ist es verständlich, dass an den Grenzen der an- gegebenen Bezirke, d. h. zwischen den typischen Vertretern zweier Gruppen, stets deren Zwischenformen liegen. Bei schwarzen Larven, die in hellem Licht gehalten worden sind (hierzu Abb. 31—34), sind die Melanophoren grossenteils Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 167 kontrahiert, am stärksten die am Kopf, besonders auf der Oberseite (Abb. 31) und diejenigen am Enddarm, die ja auch bei dunkel gehaltenen schon kontrahiert sind. Jedoch auch die Zellen am Rumpf und Schwanz sind mehr oder weniger zusammengezogen Ex TG Seren je fees er] BEE BE ns m m = Sr re — TUE NN ni I —= a-Zellen. Fig. 3. — y-Zellen. Schema der Verteilung der Pigment- UWE zellen zellenformen bei schwarzen Larven. wer 2 —— — J-Zellen. ni — £-Zellen (— Abb. 22). (Abb. 32 und 33). Niemals fand ich ein Tier, unter 40 unter- suchten, dessen Zellen alle kontrahiert waren. Abb. 33 und 34 zeigen zwei Melanophoren aus der hinteren Schwanzhälfte einer schwarzen Larve, die 20 Tage hell gehalten wurde; von den Zellen, die dicht beieinander lagen, ist eine (33) stark kontrahiert, die andere (34) gar nicht. Ob sich niemals alle Zellen kontrahieren. oder unter welchen Bedingungen das geschieht, weiss ich nicht. Soviel bisher bekannt, bewirken Licht. Wärme und Anämie starke Kontraktion der Pigmentzellen bei Amphibien. Bei meiner Versuchsanordnung kamen aber sowohl helles Licht, wie hohe Temperatur zur Wirkung, da die Larven im Sommer auf weissen Porzellantellern ins Sonnenlicht gestellt wurden, ohne Pflanzen, damit ihnen deren Schatten kein Versteck bot. Nunmehr beschreibe ich die Melanophoren von dunkel ge- haltenen rezessiven Larven. Diese Untersuchungen wurden an Schecklarven vorgenommen, da mir zur Zeit dieser Ver- suche weisse Larven nicht zur Verfügung standen. Ich gelie aus von der oben vorgenommenen Einteilung der Melanophoren. Einige Formen der «-Gruppe finden sich auch bei den Schecklarven, solche Melanophoren (Abb. 35 und 36: vgl. Abb. 19), deren Ausläufernetz reich an Anastomosen und 168 Fritz Pernitzsch: überall, auch in der nächsten Nähe des Kerns, so dicht ist, dass die Zellen bei geringer Vergrösserung einer lückenlosen, schwarzen Fläche gleichen. Ausserdem sind Zwischenformen zwischen der «- und 8-Gruppe (Abb. 357 und 38; vgl. Abb. 27) häufig, Zellen mit zarten Ausläufern, die sich reich verzweigen und zusammen- fliessen. Während die typischen Formen der d-Gruppe fehlen, sind meist einige echte y-Zellen da; öfter als diese finden sich solche, die von ihnen dadurch verschieden sind, dass sich ihre Ausläufer weniger verzweigen und nicht zusammenfliessen (Abb. 39).') Sehr zahlreich sind einige Zellformen, die bei den schwarzen Larven nicht vorkommen. Diese Zellen (Abb. 40—43) haben mit denen der «-Gruppe die grosse Zahl der Ausläufer gemeinsam und stehen der %-Gruppe durch die geringe Zahl von Verzweigungen und Anastomosen nahe. Letztere können ganz fehlen (Abb. 42 und 43). Die Zellfortsätze sind bald schmal, sich verjüngend (Abb. 40), bald breit und lappig (Abb. 42). Auffällig ist die grosse Zahl von scheinbar stark kontra- hierten Melanophoren (Abb. 44—46), die bei allen Schecklarven,auchnach mehrwöchentlichem Aufent- halt im Dunkeln, regelmässig in grosser Zahl vor- handen sind. Ob diese Zellen in völlig ausgestrecktem Zustand sind und sich unter allen Umständen durch kleine, kaum nennens- werte Plasmafortsätze auszeichnen, oder ob sie stark kontrahiert sind, kann ich nicht entscheiden (vgl. Anmerkung 1). Wie bei den schwarzen Larven liegen die verschiedenen Pigmentzellformen an bestimmten Stellen der Haut (Textfig. 4). Typische Vertreter der «-Gruppe (Abb. 35) kommen nur am Kopf und an der Seite des Rumpfes vor, bis in die Gegend des Enddarms. Zwischenformen zwischen den «- und f- Zellen (Abb. 37, 38 und 40—43) und die scheinbar stark kontrahierten Zellen sind an allen pigmentierten Stellen zahlreich. In der hinteren Schwanzhälfte überwiegen die letzteren. Die Zellen mit >) Diese Zellen ähneln kontrahierten Zellen der dritten Gruppe. ‘Ob sie wirklich kontrahiert sind, oder ob sie selbständige Formen sind, die sich unter allen Umständen durch geringe Verzweigung auszeichnen, kann ich nicht entscheiden. Vielleicht dehnen sich diese Zellen unter geeigneter Ver- änderung der Lebensumstände aus; leider konnte ich derartige Versuche bisher nicht vornehmen, da es lebenskräftige Larven nur während kurzer Zeit zu Beginn des Sommers gibt. Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 169 zwei symmetrischen, flächenhaften Ausläufernetzen, d. h. die y-Zellen und die diesen ähnlichen (Abb. 29 und 39), sind auf den Rand des Schwanzsaumes beschränkt. Fig. 4. n = Abb. 35, 36, 40, 41, 42. Schema der Verteilung der Pig- mentzellenformen bei hellen #F# = Abb. 39 (29). Axolotllarven. Wil = Abb. 36, 37, 40, 42, 44, 45. Schecklarven, die hellem Licht ausgesetzt worden sind, unter- scheiden sich nicht wesentlich von dunkel gehaltenen. Abgesehen von den, auch bei dunkel gehaltenen vorhandenen, scheinbar kontrahierten Zellen, sind vorn am Kopf die Zellen der «-Gruppe teilweise kontrahiert, während die weiter hinten am Rumpf liegenden dilatiert sind. Alle anderen Zellen zeigen keine Ver- änderung. Die Xanthophoren sind durch dieselbe Formenmannigfaltigkeit ausgezeichnet wie die Melanophoren (Taf. XI, Abb. S und 9). Sie haben bei beiden Rassen fast stets dieselbe Form wie die gerade benachbarten Melanophoren. Ein Vergleich der Pigmentzellformen, die bei den schwarzen und bei den Schecklarven auftreten, zeigt überraschende Ver- schiedenheiten. Einige Zellformen der schwarzen Tiere, und zwar diejenigen aus der «-Gruppe, deren zahlreiche Ausläufer sich erst in einiger Entfernung vom Kern verzweigen (Abb. 21), und die typischen Vertreter der %-Gruppe (Abb. 22, 23 und 25) fehlen den Schecklarven vollkommen, y-Zellen sind in geringer Zahl oder gar nicht vorhanden. Andererseits finden sich bei Schecklarven einige Zellformen, die den schwarzen fehlen. Hierher gehören mehrere Zwischen- formen zwischen «- und #-Zellen (Abb. 40—43), zweitens die 170 Fritz Pernitzsch: dem y-Typus ähnlichen (Abb. 39) und schliesslich die kleinen fortsatzlosen Zellen (Abb. 44 und 45). Welche Ursache und welche Bedeutung hat nun die Bildung von Zellformen, die nur einer hasse zukommen? Folgende Er- klärungen scheinen mir möglich zu sein. Entweder ist die Ver- schiedenheit der Pigmentzellformen als eine Begleiterscheinung zu betrachten, die bei den recessiven AxolotIn im Zusammenhang mit der Rückbildung der Zahl der Pigmentzellen steht, oder 2.: sie ist eine Folge davon, dass bei den hellen Axolotln die Pigmentzellen alle oder zum Teil verkümmert sind, oder 3.: diese Verschieden- heit beruht wenigstens zum Teil auf verschiedener Reizbarkeit der Pigmentzellen bei beiden Rassen, oder 4.: die verschiedenen Pigmentzeilformen sind im Erbgut jeder Rasse jede für sich schon als Anlage vorhanden. Ich erörtere zunächst die erste Möglichkeit. Offenbar ist die Form der Pigmentzellen in hohem Grade von dem um- sebenden (sewebe abhängig. Z. B. können sich y-Zellen nur im äusseren Teil des Schwanzsaumes entwickeln, weil sie nur in diesem Körperabschnitt sich von einer Epidermis bis zur gegen- überliegenden ausbreiten können, ungehindert durch feste Organe oder durch zu grosse Ausdehnung. Umgekehrt können sich /ellen, die an der Seite des Rumpfes zwischen Haut und Muskeln eingeschlossen liegen, nur in einer Ebene ausbreiten. Schon Ehrmann und Schuberg haben (an den oben, 8. 163, an- geführten Stellen) auf den Einfluss hingewiesen, den das ein- schliessende Gewebe auf die Form der Pigmentzellen hat. Wenn aber ein solches Abhängigkeitsverhältnis zwischen Zelle und Um- gebung besteht, ist es klar, dass alle diejenigen Zellformen den Schecken fehlen müssen, welche bei den schwarzen Larven auf eine Körperregion beschränkt sind, die bei Schecken überhaupt unpigmentiert ist. Diese Annahme gilt für diejenige Sorte der «-Zellen, welche nach obigem den Schecklarven fehlt (Abb. 21): denn Zellen von dieser Form liegen bei den Schwarzen hauptsächlich an der Seite des Rumpfes unter dem Rückensaum, also in einer Gegend, die bei den Schecken fast pigmentfrei ist, da ihr Pigmentstreifen höher, am Grunde des Rückensaums ver- Jäuft. Sie trifft auch für die fehlenden #-Zellen zu; denn diese kommen bei den Schwarzen dicht am Enddarm und etwas dahinter vor; diese Stelle ist bei Schecken unpigmentiert. Schliesslich Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 171 gilt die Annahme auch für die y-Zellen, die bei den Schwarzen und, wenn vorhanden. auch bei den Schecken auf den äusseren Rand des Schwanzsaumes beschränkt sind. Das Fehlen der «-, ß- und y-Zellen ist demnach durch den Hinweis auf die Ab- hängigkeit der Zellform von der Umgebung hinreichend erklärt als eine Begleiterscheinung von der Einschränkung der Pigmen- tierung bei hellen Larven auf kleinere Bezirke. Dagegen bedarf es weiterer Annahmen, um das Auftreten neuer Formen bei den Hellen verständlich zu machen. Zweitens könnte man sich denken, dass bei den Pigment- zellen der Hellen eine Art Verkümmerung auftritt, die sich unter anderem darin äussert, dass ihre Ausläufer vielfach nicht den Grad von Ausbildung und Verästelung erreichen wie bei den Schwarzen. Diese Annahme halte ich deshalb für sehr wahr- scheinlich, weil alle die Zellformen, die nur den Schecken zu- kommen — also einige Formen, die zwischen der «- und £-Gruppe stehen (Abb. 40—43), die y-ähnlichen (Abb. 39) und die fortsatz- losen (Abb. 44 und 45) — eine auffallend geringe Verästelung zeigen und meist der Anastomosen zwischen Fortsätzen ganz entbehren. Wenn aber die y-ähnlichen (Abb. 39) und die kleinen fortsatzlosen Zellen (Abb. 44 und 45), was ich oben (8. 168 Anmerkung) als möglich bezeichnet habe, nicht normal aus- gedehnte, sondern stark kontrahierte Zellen wären, würde die gegebene Erklärung für sie nicht ausreichen. Vielmehr müsste man dann an die 3. der oben erwähnten Haupt- möglichkeiten (S. 170 oben) denken und einen reiz- physiologischen Unterschied zwischen den Larven beider hassen annehmen. Damit würde die Beobachtung im Einklang stehen, dass, obwohl die schwarzen und hellen Larven in denselben Gefässen, also unter genau denselben Bedingungen. aufgezogen wurden, bei dunkel gehaltenen schwarzen Larven stets nur ein Teil der vor dem Enddarm gelegenen Melanophoren jene gedrungene, anscheinend kontrahierte Gestalt aufwiesen, während bei Schecken derartige Zellen zahlreich über den grössten Teil des Körpers verstreut waren. Wie ich schon «kurz: sagte (4. -.der’sangeführten Möglichkeiten), kann man sich den vorliegenden Rassen- unterschied aber noch auf ganz andere Weise erklären. nämlich 172 Fritz Pernitzsch: durch die Annahme, dass den einzelnen Zellformen im Erbgut gesonderte Anlagen zugrunde liegen. Freilich könnten diese nicht selbständig vererbbar sein; sonst müssten diese Anlagen ja unabhängig von den Rassenmerkmalen aufspalten und alle Pigmentzellformen sowohl bei Schwarzen wie bei Hellen vor- kommen können. Von diesen Möglichkeiten kommt die letzte nicht in Be- tracht: denn wenn man bedenkt, dass alle Formengruppen der Pigmentzellen durch lückenlose Reihen von Zwischenformen mit- einander verbunden sind, so dass man viele Zellen mit gleichem Recht zwei verschiedenen Gruppen zuordnen könnte (siehe oben S. 164 und 165). wird die Annahme doch sehr unwahrscheinlich, dass eine grössere Anzahl besonderer Erbanlagen vorliegt. Viel- leicht spielt die dritte Möglichkeit eine gewisse Rolle, indem sich die Pigmentzellen der hellen Axolotl (Schecken und Weissen) durch höhere Reizbarkeit auszeichnen als die der Schwarzen. Als eigentliche Ursache für die Verschiedenheit der Form der Pigmentzellen wird aber die Entwicklungshemmung zu betrachten sein, welche man, was schon Haecker (Verh. D. Z. G., 1908) als Vermutung ausgesprochen hat, als Grund des partiellen Albinismus bei den hellen AxolotIn anzunehmen hat. Die Frage, worauf nun die Entwicklungshemmung beruht, können wir allerdings vorläufig nicht beantworten. Jedenfalls ist aber als Ergebnis der angestellten Betrachtungen zu betonen, dass das Auftreten verschiedener Pigmentzellformen bei den beiden Axolotlrassen wahrscheinlich keiner besonderen Erklärung bedarf, sondern eine Begleiterscheinung der den partiellen Albinismus verursachenden Entwicklungshemmung ist. Ich halte es für angezeigt, an dieser Stelle einige Be- merkungen über die Vermehrung der Pigmentzellen einzufügen. Flemming (Arch. f. mikr. Anat., 35, S. 275) hat als erster beobachtet, dass sich die Pigmentzellen mitotisch teilen, und diese Tatsache ist nach ihm immer wieder bestätigt worden. Soviel mir bekannt, ist er der einzige geblieben, der den Vorgang der mitotischen Teilung von Pigmentzellen bei einem meinem Objekt verwandten Tier näher beschrieben hat. Auch ich habe sehr zahlreiche Mitosen bei Melanophoren und Xanthophoren zu sehen bekommen, andererseits habe ich nie- mals Bilder angetroffen, die auf amitotische Teilung hinweisen > Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 17 könnten, so dass ich die mitotische Teilung bei den Pigment- zellen der Axolotllarven jedenfalls für die gewöhnliche halte. In Übereinstimmung mit Flemming habe ich gefunden, dass die Pigmentzellen der Axolotllarven auch im Zustande der Teilung ihre Ausläufer nicht einziehen (Taf. XII, Abb. 13 und 14). Deren Fehlen bei der in Abb. 15 wiedergegebenen Melanophore hängt nicht mit dem Teilungsvorgang zusammen; diese Zelle entstammt vielmehr aus dem Pigementmantel des Auges, wo alle Melanophoren fortsatzlos sind. Flemming hat weiterhin mitgeteilt, dass bei bestimmten Pigmentzellen der Salamanderlarven nach vollzogener Kernteilung die Zellteilung zunächst ausbleibt. Gegenüber der Vermutung, dass auf diese Weise zweikernige Zellen entstünden, glaubt er, zu der Annahme berechtigt zu sein, dass die Zellteilung nach- träglich stattfindet, weil (S. 250) „die Zahl der doppelkernigen Pigmentzellen, im Verhältnis zu den einkernigen, bei älteren Salamanderlarven keineswegs vermehrt zu finden ist“. Sodann aber glaubt er, Formen genug zu finden, „welche deutlich eine nachträgliche, der abgelaufenen Mitose erst lange nachfolgende Zertrennung des Zellkörpers dartun (Fig. 14b. Rie.410)-. Der erste Grund scheint mir deshalb nicht stichhaltig zu sein. weil die Angabe über das Zahlenverhältnis zwischen zwei- kernigen und einkernigen Zellen, wie man annehmen muss, auf Schätzung beruht. Auch die zum Beweis der nachträglichen Zellteilung herangezogenen Bilder, mit denen meine Abb. 21 gut übereinstimmt, scheinen mir anderer Auslegung fähig zu sein. Wenn man nämlich mit Flemming die benachbarten Pigmentzellen, z. B. in Abb. 21 (in seinen Fig. 14b und 10), als zwei selbständige Geschwisterzellen ansieht, ist kein Grund zu der Annahme vorhanden, dass die Mutterzelle sich erst nach- träglich, nach vollendeter Kernteilung, zerschnürt hat. Nun sind aber zweikernige Pigmentzellen bei verschiedenen Tieren bekannt geworden, u. a. hat Flemming sie bei Salamanderlarven gefunden, und auch ich habe bei Axolotllarven eine grosse Zahl von zweikernigen Melanophoren (Abb. 19, 21, 29 und 36) beobachtet; darum scheint es mir wahrscheinlicher zu sein, dass tatsächlich Kernteilung ohne gleichzeitige Zellteilung zur Bildung dauernd zweikerniger Zellen führen kann; sicher fe: Fritz Pernitzsch: entscheiden kann ich diese Frage natürlich nicht, da auch ich keine Zählungen angestellt habe. Schliesslich sei erwähnt, dass Flemming eine Veränderung der Pigmentzellausläufer während der Kernteilung gefunden hat. Er sagt (S. 280 unten): „Im Verlauf der Mitose verschmälern sich die Ausläufer, indem sie aus platter Form in mehr eine drehrunde übergehen und dabei an vielen Orten längliche oder eckige, knotige Verdickungen bekommen.“ „Bei der nachträg- lichen Trennung des Zelleibes, welche oben geschildert wurde, tritt keine Wiederverschmälerung der Ausläufer auf.“ Ich habe nichts dem Ähnliches gefunden; alle von mir bisher beobachteten Mitosen sprechen dafür, dass bei den Axolotl- larven der Vorgang der Pigmentzellenteilung keine Veränderung in der Gestalt der Zelle oderihrez Ausläufer bewirkt. IV. Kapitel. Die Fähigkeit der Pigmentzellen, Pigmentkörnchen zu bilden. Sind die Pigmentzellen der hellen Axolotl in geringerem Maße als die der schwarzen fähig, Pigment abzuscheiden ? Eine Verringerung dieses Vermögens könnte sich in verschiedener Weise äussern. Entweder haben die Pigmentzellen alle oder zum Teil diese Fähigkeit vollkommen verloren, oder sie ist bei Ihnen nur weniger ausgebildet, so dass sie eine geringere Anzahl oder auch kleinere Pigmentkörnchen abscheiden. Ich werde zuerst die Frage behandeln, ob bei Axolotllarven Pigmentzellen vorkommen, die überhaupt kein Pigment mehr bilden. Da ist nun eine Angabe Schubergs für uns von grosser Bedeutung. Er hat nämlich bei seinen Untersuchungen über Zellverbindungen (Z. f. w. Z., Bd. 74, S. 276) im Corium der erwachsenen Axolotl Zellen gefunden, die in ihrer Gestalt, vor allem der Verästelung der Plasmafortsätze und ihrer Grösse, den Pigmentzellen völlig gleichen; in ihrem Plasma liegen ausserdem Körnchen, die ebenso gross und ebenso dicht gelagert sind wie die Melaninkörnchen der Melanophoren und die durch verschiedene Farbstoffe, sehr leicht durch Dahlia, sichtbar gemacht werden können. Der Pigmentmangel macht demnach den einzigen Unter- schied von echten Pigmentzellen aus. Da ferner derartige Zellen zuweilen mehr oder weniger Melaninkörnchen beherbergen, nimmt Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 175 er an, dass es sich um Vorstadien der echten Pigmentzellen handelt in dem Sinne, dass die farblosen Körnchen zu Melanin- körnchen werden. Später (Z. f. w. Z., Bd. 90, S. 46, Anm.) hat er dieselben Zellen, die er „farblose Pigmentzellen“ nennt, bei jungen Larven beobachtet und ebenso wie früher die Ver- mutung ausgesprochen, dass es Pigmentzellen mit noch farblosen Pigmentgranulis seien. Nach diesen Befunden Schubergs könnte man sich die Vorstellung machen, dass die farblosen Pigmentzellen unter Um- ständen überhaupt nicht zur Pigmentbildung kommen; dass weiter- hin ihre Zahl bei den weissen Larven grösser ist als bei den schwarzen und dass die Summe der farblosen und der echten Pigmentzellen bei beiden Rassen übereinstimmt. Meine nächste Aufgabe ist es daher, festzustellen, ob wirklich „farblose Pigment- zellen“ beim Axolotl vorkommen, insbesondere Schubergs Angaben zu prüfen. Was nun meine eigenen Befunde anbelangt, so finde ich am konservierten Material unter der Coriumanlage'!) Zellen, die sich von den Melanophoren dadurch unterscheiden, dass sie stets nur eine ganz geringe Zahl von Melaninkörnchen enthalten (vgl. Abb. 10, 14 und 16 mit 17). Dagegen schliessen sie Körnchen anderer Art ein, welche in ungefärbtem Zustand nicht hervor- treten (Abb. 14), dagegen durch Dahlia blauviolett (Abb. 10 und 16) und durch Delafieldsches Hämatoxylin gewöhnlich blau gefärbt werden. Im übrigen erkennt man diese Zellen auch an ihren den Pigmentzellen eigentümlichen, breiten, zusammenfliessenden Aus- läufern (Abb. 14 und 16). Von den Bindegewebszellen, die ihnen freilich nur selten durch ihre Form ähnlich sind, sind sie durch die Anwesenheit von einzelnen Melaninkörnchen, die durch die ganze Zelle sparsam verstreut sind und niemals fehlen (Abb. 10, 14 und 16), verschieden. Zweifellos handelt es sich um die gleichen Elemente, welche Schuberg gesehen hat; denn sie stimmen in allen wesentlichen Merkmalen (Gestalt. geringe Zahl der Melanin- ı) Wie Schuberg 1908 mitgeteilt hat, ist das Corium bei frisch ausgeschlüpften Axolotllarven noch nicht ausgebildet, sondern erst in Form einer zellfreien, faserigen Schicht unter der Epidermis angelegt, in welche später Bindegewebszellen einwandern. Diese Coriumanlage ist an meinen Abb. 10 und 17 (co) zu sehen. Archiv f.mikr. Anat. Bd.82. Abt.]I. 12 176 Fritz Pernitzsch: körnchen, mit Dahlia färbbare Körnchen) mit diesen überein (vgl. besonders Abb. 16 mit Schubergs Bildern). Man kann aber auch weiterhin zeigen, dass sie mit den Xanthophoren identisch sind, und zwar geht dies aus dem Vergleich zwischen den Bildern am lebenden Objekt und am konservierten Material ohne weiteres hervor. Am lebenden Kopfhautfetzen sieht man unter dem Mikroskop die Melanophoren und Xanthophoren sich zu einem fast lückenlosen Netzwerk zusammenschliessen, wobei die Xanthophoren in ihrer Grösse und Gestalt den Melanophoren gleichen. Ein Querschnitt durch den Kopf zeigt nun deutlich, dass unter der Coriumanlage, ausser den Melanophoren, zahlreiche der körnchenhaltigen melanin- armen Zellen liegen, dagegen weder direkt unter der Corium- anlage noch sonst irgendwo im Bindegewebe irgendwelche andere Zellen, die den am lebenden Material beobachteten Xanthophoren entsprechen könnten (vgl. Abb. 11). Es müssen also offenbar die Schubergschen „farblosen Zellen“ den Xanthophoren entsprechen. Zu dem gleichen Schluss wird man geführt, wenn man weisse Larven, deren Zeichnung man sich genau angesehen und skizziert hat, in Frontalschnitte zerlegt. Hierzu eignen sich weisse Larven wegen ihrer scharf abgegrenzten Farbflecke besser als schwarze, die überall pigmentiert sind. Man findet an den Stellen, die den distinkten Flecken entsprechen, symmetrische Anhäufungen von Melanophoren und „farblosen Pigmentzellen“. Zwischen den distinkten Flecken fehlen die fraglichen Zellen (vgl. Textfig. 5 mit s Se Fig. 5. Schematische Skizze einer weissen Larve. Zeigt die Verteilung der distinkten Flecken (a, b, ce, d). Abb. 12). Dieser Umstand, dass die Schubergschen Zellen auch hier gerade an den Stellen liegen, wo die Xanthophoren gesucht werden müssen, und nirgends sonst, zwingt zu der Annahme, dass sie mit diesen identisch sind; ganz abgesehen davon, dass es gar Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. ze keine Zellen weiter gibt, die man als Xanthophoren deuten könnte. Es ist somit ausser Zweifel, dass Schubergs Annahme von „farblosen Pigmentzellen“ auf einem Irrtum beruht und dass die fraglichen Zellen in Wahrheit Xanthophoren sind. Schuberg selbst hat gar nicht an die Möglichkeit gedacht, dass er Xantho- phoren vor sich habe, offenbar weil er, wie es scheint, niemals lebende Larven zu Gesicht bekommen hat. An diesen fällt das gelbe Pigment sofort auf, während konservierte Tiere bekanntlich von gelber Farbe keine Spur mehr zeigen, weil das gelbe Lipo- chrom durch Alkohol, Äther und Chloroform aufgelöst wird. Zu der Annahme, die „farblosen Pigmentzellen“ seien Vorstufen von Melanophoren, wurde Schuberg vor allem durch das oben erwähnte Vorhandensein der Melaninkörnchen in denselben ge- führt. Auch jetzt ist die Möglichkeit, dass die Xanthophoren Bildungsstufen von Melanophoren sind, nicht vollkommen aus- geschlossen. ‚Jedenfalls besteht eine gewisse Verwandtschaft zwischen beiden Zellformen; denn sie sind sehr häufige durch Ausläufer miteinander verbunden, was man an Schnitten und am lebenden Schwanz deutlich sehen kann. Wenn sich nun auch herausgestellt hat, dass die bisherigen Angaben von farblosen Pigmentzellen nicht zutreffen, so bleibt trotzdem noch die Möglichkeit, dass solche neben den Melano- phoren und Xanthophoren vorkommen. Dass jedoch tatsächlich nirgends Zellen vorhanden sind, deren Natur fraglich ist, und die man als farblose Pigmentzellen deuten könnte, davon kann man sich mit Leichtigkeit überzeugen, indem man von Larven den Schwanz und Hautfetzen von Rumpf und Kopf in über- lebendem Zustand mit starker Vergrösserung untersucht. Ich habe in dieser Weise zahllose Schwänze und Hautstücke, zumeist von weissen Larven kurz nach dem Ausschlüpfen, durchsucht und niemals derartige fragliche Zellen gefunden. Dass sie mir ent- gangen sein könnten, halte ich deshalb für ausgeschlossen, weil die Haut von frisch ausgeschlüpften Larven noch sehr einfach gebaut ist, so dass man nicht leicht Zellen übersehen kann, und ausserdem, weil die Haut derartig durchsichtig ist, dass jede einzelne Zelle klar zu erkennen ist. Kommen demnach farblose, d. h. solche Pigmentzellen, die die Fähigkeit zur Pigmentabscheidung ganz verloren haben, nicht vor, so bleibt noch die Möglichkeit, dass diese Fähigkeit bei den 12 178 Pritz Pernitzsch: Pigmentzellen beider Rassen verschieden stark ausgebildet ist. Diese Verschiedenheit müsste äusserlich durch einen verschiedenen Pigmentgehalt der Zellen sichtbar werden. Um Pigmentzellen in dieser Hinsicht exakt miteinander zu vergleichen, müsste man die Pigmentkörnchen zählen und ihre Grösse messen. Diese Art der Untersuchung ist aber bei der geringen Grösse der Körnchen unmöglich. Darum muss ich mich vorläufig begnügen, die Zellen nach ihrem Gesamtaussehen zu beurteilen. Bei den Larven beider Rassen kommen ausser dunkelschwarzen Melano- phoren (Abb. 20 und 40) hellere, graue Zellen vor (Abb. 27 und 38). Man könnte den Unterschied beider Zellformen darin suchen, dass vielleicht die Pigmentkörnchen in den helleren Zellen weniger dicht gelagert sind oder dass sie bei relativ gleicher Zahl (d. h. bei gleicher Zahl in der gleichen Plasmamenge) kleiner sind, als in dunklen Zellen, d. h. es wäre möglich, dass der relative Pigmentgehalt der hellsten Zellen (bezogen auf das Volumen der Zelle) am geringsten ist. Es wäre aber auch möglich, dass der Unter- schied im Aussehen der dunklen und hellen Zellen lediglich auf verschiedener Dicke der Zellfortsätze, also auf der Dicke der vom Licht passierten Pigment- schicht beruht. Im letzteren Falle würde nur eine Verschiedenheit der ‘absoluten Pigmentmasse, nicht der relativen. vorliegen. Eine Möglichkeit, diese Frage zu entscheiden, sehe ich nicht. Doch verliert sie für uns dadurch an Bedeutung, dass bei beiden Rassen dunkle und hellere Zellen nebeneinander vorkommen. Noch weniger als bei den Melanophoren lässt sich bei Xanthophoren etwas über die Grösse oder Dichte der Körner aussagen; denn die gelben Lipochromkörnchen sind wegen ihrer helleren Färbung und ihres starken Glanzes der Beobachtung noch schwerer zugänglich als die Melaninkörnchen. Die Frage, ob die Fähigkeit, Pigmentkörner abzuscheiden, bei den Pigmentzellen der schwarzen und hellen Axolotl ver- schieden stark ausgebildet ist, können wir also nicht mit voll- kommener Sicherheit beantworten. Man kann nur soviel sagen, dass keine Bilder vorliegen, welehe zugunsten der Annahme eines solchen Unterschiedes gedeutet werden könnten. Im Gegenteil spricht die Tatsache, dass bei keiner Rasse Pigmentzellen vor- kommen, die diese Fähigkeit ganz oder auch nur in sehr erheb- lichem Maße eingebüsst haben, gegen diese Annahme. V. Kapitel. Die Zahl der Pigmentzellen. Um etwaige Rassenverschiedenheiten in der Zahl der Pigment- zellen festzustellen, musste ich diese bei schwarzen und hellen Larven zählen. Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 179 Sollte ein einwandfreier Vergleich möglich sein, dann durften nur gleich grosse Larven!) benutzt werden. Zweitens wäre es wünschenswert gewesen, jedesmal die Gesamtzahl der Pigment- zellen in der ganzen Larve zu kennen. Die erste Forderung habe ich erfüllt, soweit es bei dem zur Verfügung stehenden Material aneing. Die zweite erschien dagegen undurchführbar. da eine mehrmonatige Arbeit nötig sein würde, um alle Pigmentzellen einer einzigen Larve zu zählen. Infolgedessen habe ich bei jeder Larve nur die Pigment- zellen eines bestimmten, des zwischen Augen und Kiemenfähnchen liegenden, Körperabschnitts gezählt. In diesem Teil ist eine ver- hältnismässig grosse Zahl von Pigmentzellen enthalten, da sich bei allen Larven (schwarzen und hellen) auf dem Kopfrücken hinter den Augen eine starke Pigmentansammlung findet. Man wird annehmen dürfen, dass die Zahl der hier gelegenen Pigment- zellen innerhalb jeder Rasse nicht in grösserem Maße schwankt als die (resamtzahl der Pigmentzellen, da nach meinen Erfahrungen bei stärkerer oder geringerer Ausbildung dieser Pigmentansammlung auch die übrige Zeichnung stärker oder geringer ausgebildet ist. Daher kann man das hier gefundene Zahlenverhältnis zwischen den verschiedenen Pigmentzellarten wohl für die ganzen Larven gelten lassen. Anders ist es mit den absoluten Zahlen. Der durchzählte Körperabschnitt ist bei beiden Rassen eine besonders pigmentzellenreiche Stelle. Bei den Schwarzen sind diejenigen Körperteile, welche ausser diesem Abschnitt noch Pigmentzellen enthalten, wie aus den Abbildungen (3 und 5) ohne weiteres hervorgeht, viel grösser als bei Hellen. Selbst dann, wenn in dem durchzählten Kopfabschnitt bei beiden Rassen gleichviel Pigmentzellen lägen, müssten also die Schwarzen im ganzen Körper eine grössere Zahl davon besitzen. Wenn aber schon in dem untersuchten Teil Zahlenverschiedenheiten aufträten zu- ungunsten der Hellen, so wäre anzunehmen, dass die Gesamtzahlen der ganzen Larven in noch höherem Grade verschieden wären. Da die Kerne, die als Vertreter der Zellen gezählt werden mussten, am Totalpräparat oft nicht deutlich und viele sehr tief !) Im Winter schlüpfen die Larven 4—6 Wochen nach dem Ablaichen aus, im Sommer dagegen bei günstigem Wetter 10 Tage danach. Da auch Larven vom selben Laich sehr verschieden schnell wachsen, kann nicht das Alter, sondern nur die Länge der Tiere als Maßstab dienen, wenn man Larven vom gleichen Stadium braucht. 1S0 Rritz Pernitzsch: im Bindegewebe gelegene Pigmentzellen am Totalpräparat über- haupt nicht zu sehen sind, habe ich die Zählungen an Quer- schnitten vorgenommen. Diese ermöglichen auch ohne weiteres eine sichere Abtrennung eines bestimmten Bezirks. Ich habe immer die Pigmentzellen vom ersten Schnitt hinter den Augen bis zum letzten, auf dem noch keine Kiemenfähnchen getroffen waren, gezählt. Der einzelne Kern ist fast stets auf mehrere Schnitte ver- teilt. Damit er trotzdem nur einmal gerechnet wurde, habe ich in jedem Fall durch Vergleich festgestellt, ob er schon auf dem vorhergehenden Schnitt getroffen und daher gezählt worden war oder nicht. Diese Arbeit war zwar sehr zeitraubend; aber sie war immer durchführbar, so dass die gefundenen Zahlen, da nur Schnittserien von gut konservierten Larven benutzt wurden und da die Melanophoren sowohl wie die Xanthophoren stets sicher kenntlich sind, richtig sein müssen, abgesehen von sehr kleinen Fehlern, die durch Versehen herbeigeführt worden sein können. Verwechslungen der Pigmentzellen mit anderen Zellformen, welche die Zählungen fehlerhaft machen würden, sind ausge- schlossen, da den Melanophoren ähnliche Zellen nicht vorkommen und die Xanthophoren durch ihre Gestalt, die mit Dahlia gefärbten Körnchen und durch Anwesenheit von nur sparsam verstreuten Melaninkörnchen stets sicher gekennzeichnet sind. In der beigegebenen Tabelle I habe ich ausser den ge- fundenen Zahlen Angaben über Abstammung und Grösse der benutzten Larven zusammengestellt. Aus der zweiten Vertikalreihe ist ersichtlich, welche Larven von gleicher Abstammung sind. ‚Jeder Buchstabe bedeutet ein Elternpaar. In der dritten Reihe habe ich die Länge der unter- suchten Larven, die in konserviertem Zustand gemessen wurden, angegeben. Teils weil anfangs die Absicht bestand, verschiedene Stadien zu vergleichen, ein Plan, der aus Zeitmangel vorläufig aufgegeben werden musste, teils weil Larven von der gewünschten Grösse fehlten, sind die Larven verschieden gross. Dieser Umstand wird bei den aus den Zahlen zu ziehenden Schlüssen gebührend berücksichtigt werden. In der Tabelle habe ich dann weiterhin die Gesamtzahl der Pigmentzellen (X + M), die Zahl der Xanthophoren (X), die Gesamt- zahl der Melanophoren (M), die Zahl der im Bindegewebe, dicht Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 181 unter der Coriumanlage und in tieferen Schichten gelegenen (M b) und die der epidermalen (M ep) aufgeführt. Zuletzt habe ich noch angegeben, wieviel Nanthophoren bei den einzelnen Tieren auf 100 Melanophoren überhaupt und wieviel auf 100 ım Bindegewebe gelegene Melanophoren kommen. Tabelle 1. len wmv | vIr. va ee X. | | | | | | r 7 x | I | R | 100X | 100X NE | Abst, | mmlg. X-—+M | 2 ll | Mb | Mep M Mb [ | a) | Schwarze Larven. Bere NO Tee 259215 1497777166 119 171 2a B 51.2102 456 278 178 148 a0 56 | 188 3 | Bi. 10,2 ,)..624 340 284 216 68 , 120 a7 Aa ER 10,2 17 A377. 221 | 216 | 162 54 102 136 Deere 11021510000 |, 557 | 443 | 269° Nazaaeanee 207 Schecklarven. 295 155 192 3 er Al SI AB 110: 348 DO 10 133 132 1 158 159 Weisse Larven. 8146 10.5 322 2a 90 90 0 258 | 258 3 03T 11,2 702 436 266 263 3,7 17 s6d 164 20m 219152 634 408 226 225 1 181 181 Betrachtet man die bei den schwarzen Larven gefundenen Zahlen, so fallen in allen Rubriken grosse Schwankungen auf, die nur zum Teil auf die Grössenverschiedenheit zurückgeführt werden dürfen. Dass die Zahl der Pigmentzellen auch bei gleich grossen Tieren von gleicher Abstammung (Ex. 2—4) sehr verschieden ist, weist auf eine grosse Variationsbreite hin. Wie zu erwarten war, hat die grössere Larve (Ex. 5) be- deutend mehr Pigmentzellen als die kleineren. Nicht nur die (resamtzahl ist grösser, sondern alle Pigmentzellsorten, Xantho- phoren und Melanophoren, von diesen die im Bindegewebe ge- legenen sowohl als die epidermalen, sind zahlreicher als bei den kleineren. Diese Tatsache kommt auch darin zum Ausdruck, dass die relative Zahl der Xanthophoren (bezogen auf 100 Melanophoren überhaupt) dieselbe (126) ist wie im Durchschnitt bei den kleineren En 100X . : i Tieren (- MER ist bei den Ex. 1—4 im Durchschnitt —= 124,25). 182 Fritz Pernitzsch: Während das Verhältnis von Xanthophoren zu Melanophoren überhaupt bei der grössten schwarzen Larve (Ex. 5) dasselbe ist wie bei den kleineren (Ex. 1—4), ist bei ihr die Zahl der Xanthophoren im Verhältnis zu 100 Binde- - = a 00) gewebsmelanophoren (Kolumne X: 207) grösser als bei jenen E- Ex. 1-4 im Durchschnitt: — 163). Doch kann man daraus wegen des geringen Unterschiedes, der in dieser Hinsicht zwischen Ex.5 und Ex. 2 (207 und 188) besteht, und in Anbetracht der grossen Variabilität keine weiteren Schlüsse ziehen. Immerhin stimmt dieser Befund gut damit überein, dass die epidermalen Melanophoren später auftreten als die im Bindegewebe, so dass wenigstens eine gewisse Zeit lang die relative Zahl der ersteren wachsen muss. Das hauptsächliche Resultat der Zählungen bei den schwarzen Larven ist vorläufig, dass die Zahl der Xanthophoren grösser ist als die der Melanophoren. Das zwischen beiden Zellarten be- stehende Zahlenverhältnis ist wie die übrigen Zahlen sehr ver- schieden gross; es schwankt zwischen 156/100 und 102/100 (Ex. 2 und 4, Kolumne IX). ist bei Von hellen Tieren wurden zwei Schecklarven und drei weisse Larven untersucht. Die ersteren entstammen dem oben (S. 160) erwähnten Laich, von dem sechs erwachsene Schecken noch erhalten sind und dessen Larven der Beschreibung der Zeichnung zugrunde gelegt wurden. Eine weisse Larve (Ex. 8) stammt von zwei weissen Tieren des hiesigen Instituts.') Die beiden anderen weissen Larven (Ex. 9 und 10) entstammen einer rein weissen Zucht des Tübinger Zoologischen Instituts. Da ın derselben noch niemals Schecken aufgetreten sind, müssen sie als rein weiss gelten; die Zeichnung der Tübinger Larven wurde oben erwähnt (S. 159). Bei den Schecken finden wir dieselben Erscheinungen wie bei den Schwarzen. Obwohl die beiden Larven (Ex. 6 und 7) gleich lang und von gleicher Abstammung waren (Vertikalreihe III und II), ist die Zahl ihrer Pigmentzellen, sowohl die der Xanthophoren als die der Melanophoren, sehr verschieden. Dass auch die relativen Zahlen der Xanthophoren ziemlich verschieden sind (Reihe IX: 190 und 158), ist bei den grossen Schwankungen, die wir bei den Schwarzen kennen gelernt haben, nicht ver- !) Da diese beide Kinder eines Schecken sind, so ist die Möglichkeit vorhanden, dass das untersuchte Tier, obwohl beide Eltern weiss sind, eine Schecklarve ist, da ja die Vererbungsweise der Scheckung bei AxolotIn noch nicht genügend bekannt ist. Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 155 wunderlich. Nun ist allerdings ein um so grösseres Material wünschenswert, je mehr die zu untersuchenden Objekte variieren. Aber auch aus den wenigen Zählungen, auf die ich mich wegen der Langwierigkeit der Untersuchung vorläufig beschränken musste, wird man folgende Schlüsse ziehen können. Erstens ist die absolute Zahl der Pigmentzellen bei den Schecken kleiner als bei Schwarzen, und zwar sowohl die Zahl der Xanthophoren als auch die der Melanophoren. Die Zahlen der Schecken dürfen allerdings ohne weitere Voraussetzungen nur mit denen der gleich langen Larve 5 verglichen werden, welche mehr als zweimal soviel Pigmentzellen hat als die Schecken (1000:450 bezw 343). Wenn auch die übrigen Schwarzen, mit einer Ausnahme (Ex. 4: 437), mehr Pigmentzellen aufweisen, obwohl sie bedeutend kleiner sind, so wird es dadurch nur noch gewisser, dass die Pigmentzellen im Durchschnitt bei Schwarzen zahlreicher sind. Es kommt noch hinzu, dass aus vorher dar- gelegten Gründen (S. 179) der Unterschied noch viel stärker hervortreten müsste, wenn man nicht bloss eine Stelle am Kopf. sondern den ganzen Körper durchzählen würde. Als zweite Verschiedenheit in der Zahl der Pigmentzellen ist festzustellen, dass die Xanthophoren (gegenüber den Melano- phoren) bei den Schecken relativ häufiger sind als bei den Schwarzen (Vertikalreihe IX). Da die relative Zahl der Xantho- ‚phoren bei den Schwarzen zwar variiert, aber so, dass die Zahl der grösseren Larve gerade in der Mitte liegt (der Durchschnitts- wert von Ex. 1—5: 124,6 stimmt annähernd mit der Zahl der von Ex. 5: 126 überein), so wird man in dieser Hinsicht die Schecken trotz der Grössenunterschiede mit allen Schwarzen ver- gleichen dürfen. Es ergibt sich: bei den Schecken entsprechen 100 Melanophoren durchschnittlich 174 Xanthophoren, bei den Schwarzen dagegen der gleichen Anzahl von Melanophoren nur 125 Xanthophoren. Drittens ist anzuführen, dass die Schecken fast gar keine Epidermis-Melanophoren haben (nach Vertikalreihe VIII: 3 und 1). deren Zahl bei der schwarzen Larve 5 ziemlich gross ist (174). Aber auch die kleineren schwarzen Larven haben schon bedeutend mehr epidermale Melanophoren (30—68). Die weissen Larven finden wir zum Teil übereinstimmend mit den Schecken. Die Zahl der Pigmentzellen ist wiederum kleiner 184 Fritz Pernitzsch: als bei den Schwarzen (Vertikalreihe IV). Die weisse Larve 8 hat sogar weniger Pigmentzellen als die kleineren schwarzen Larven Nr. 1—4. Die Pigmentzellenzahl der beiden anderen weissen Larven (702 und 634) bleibt hinter der der schwarzen Larve 5 bedeutend zurück, obwohl die Larven noch grösser sind. Dass sie die übrigen schwarzen Larven an Pigmentzellenzahl übertreffen, ist bei dem Grössenunterschied nicht merkwürdig. Verwunderlich ist allerdings der auffällige Unterschied der Pigment- zellenzahl zwischen den Schecken und den letztgenannten Weissen (450, 343 — 702, 634). Für diesen Unterschied kann man sicher nur zum Teil den geringen Grössenunterschied verantwortliel machen. Zum Teil muss man ihn aber wohl mit der indivi- duellen Variabilität in Zusammenhang bringen, wie eine solche auch bei den schwarzen Larven besteht. Die relative Zahl der Xanthophoren ist bei den Weissen ebenfalls grösser als bei den Schwarzen und stimmt mit der bei den Schecken im ganzen überein. Bei einer Larve (Ex. 8) ist sie sogar noch erheblich grösser als bei diesen. Die Zahl der epidermalen Melanophoren ist wie bei den Schecken sehr niedrig. Mithin lassen sich zwischen Weissen und Schecken in Hinsicht auf die Zahl der Pigmentzellen auf Grund des vorliegenden Materials keine wesentlichen Verschieden- heiten erkennen. Als Hauptunterschiede zwischen den Dominierenden (Dunkeln) und den Rezessiven (Hellen, d. h. Schecken und Weissen) sind zu nennen: 1. Die Xanthophoren sowohl wie die Melanophoren sind bei den Dominierenden, wenn man Tiere von gleicher Länge ins Auge fasst, zahlreicher. Dies geht insbesondere daraus hervor, dass eine 11 mm lange schwarze Larve (Nr. 5) mehr als doppelt so viel Pigmentzellen aufweist, als zwei gleich grosse Schecklarven (Nr. 6 und 7) und ungefähr anderthalb mal soviel als zwei etwas grössere weisse Larven (Nr. 9 und 10), und ferner daraus, dass die 11 mm langen Schecklarven (Nr. 6 und 7) im Durchschnitt eine wesentlich geringere Zahl aufweisen als vier nur 10 und 10,2 mm lange schwarze Larven (Nr. 1—4). Es ist dabei zu beachten, dass sich frisch ausgeschlüpfte Larven, wie die grosse Zahl der beobachteten Mitosen zeigt, durch sehr rasche Zell- vermehrung auszeichnen. so dass schon geringe Grössenunterschiede Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 185 mit einer beträchtlichen Vermehrung der einzelnen Zellformen verbunden sein müssen. 2. Die Xanthophoren sind bei den Rezessiven im Verhältnis etwas häufiger (bezogen auf die gleiche Anzahl von Melanophoren) als bei den Dominierenden. 3. Die epidermalen Melanophoren, die bei den Dominierenden ziemlich zahlreich sind, fehlen den Rezessiven fast ganz. VI. Kapitel. Die Grösse der Pigmentzellen. Nunmehr komme ich zu der Frage, ob die Pigmentzellen der beiden Rassen durch ihre Grösse verschieden sind. Bei der Untersuchung der Zellformen gewann ich den Eindruck, dass die Pigmentzellen der Schwarzen die der Hellen an Grösse übertreffen. Dasselbe scheinen mit gleicher Vergrösserung hergestellte, also unmittelbar vergleichbare Zeichnungen zu beweisen; man ver- gleiche Abb. 21, 22 mit 35—41 und 43—45. Freilich kommen auch bei Schwarzen sehr kleine Pigmentzellen (Abb. 33, 34) vor, solche scheinen aber weniger zahlreich zu sein als bei den Schecken. während umgekehrt bei den Schecken die Zellen niemals so gross werden dürften, wie die grössten der Schwarzen. Zur Entscheidung dieser Frage wäre eine möglichst genaue Messung der Pigmentzellengrösse bei beiden Rassen notwendig. Nun ist es aber völlig ausgeschlossen, das Volumen der Pigment- zellen zu bestimmen, weil ihre Gestalt dazu viel zu unregelmässig ist. Man könnte vielleicht am Totalpräparat die zwei grössten Ausdehnungen des Ausläufernetzes messen und das Produkt der- selben als Maßstab für das Zellvolumen benutzen, wenn nicht auch in der Beschaffenheit des Ausläufernetzes zu grosse Ver- schiedenheiten vorhanden wären. Bald kann man von einem Ausläufernetz überhaupt kaum sprechen (Abb. 22), da die Ver- zweigungen sehr gering sind; bald ist das Netz so dicht (Abb. 36), dass es eine ununterbrochene Fläche zu sein scheint. Ausserdem sind die das Netzwerk bildenden Ausläufer bald sehr fein und schmal (Abb. 27, 29, 37), bald verhältnismässig breit (Abb. 20 und 21), so dass der vom Ausläufernetz erfüllte Raum schon des- halb nicht als Maßstab für die Zellgrösse dienen könnte. Somit bleibt nur ein Ausweg. Nach R. Hertwigs Lehre von der Kernplasmarelation (Biolog. Zentralblatt 23, Bd. 1903 und Arch. f. Zellforsch., Bd. I, 1908) besteht bei jeder Zellart unter 156 Fritz Pernitzsch: gleichbleibenden Bedingungen ein konstantes Verhältnis zwischen der Kern- und Plasmamasse. Ich kann hier nieht nebenbei unter- suchen oder auch nur erörtern, ob diese Annahme für unseren Fall begründet ist oder nicht, sondern möchte sie einstweilen für richtig halten und meiner eigenen Untersuchung nutzbar machen, da sie von Hertwig, der sich ausser auf eigene Untersuchung, hauptsächlich auf Versuche von Gerasimoff und Boveri stützt, eingehend begründet und später von Boveri (Zell-Studien Heft 5, Jena 1905) bestätigt worden ist. Wenn aber zwischen Kern und Plasma ein bestimmtes Verhältnis besteht, kann die Kerngrösse als Indikator der Zellgrösse dienen. Dieses Umstandes habe ich mich bedient. Da die Pigmentzellen durch ihre ungünstige Form der unmittelbaren Messung unzugänglich sind, habe ich ihre Kerne gemessen; denn es kommt nicht auf die Kenntnis der absoluten (srösse der Zellen, sondern nur auf einen Vergleich der beiden Rassen in dieser Hinsicht an. Nach der Lehre von der Kern- plasmarelation hat man ja anzunehmen, dass das Verhältnis k/p für eine bestimmte Zellart bei einer bestimmten Tierart unter gleichbleibenden Beaingungen konstant ist. Natürlich ist es mög- lich, dass dieser Quotient für dieselbe Zellgruppe bei anderen Tierarten ein anderer ist; ebenso kann man sich aber denken, dass dieser Quotient für dieselbe Zellart (z. B. Chromatophoren) bei mehreren zu einer Art gehörigen Rassen (z. B. schwarzen und hellen AxolotIn) verschieden gross ist. In diesem Falle könnte die Kerngrösse bei einem Vergleich der Rassen nicht als Maßstab für die Zellgrösse dienen. Auf diese Möglichkeit komme ich unten zurück (S. 199 unten). Anfangs habe ich die Kerngrösse auf eine sehr einfache Weise festzustellen gesucht, indem ich am Totalpräparat vom überlebenden Schwanz Länge und Breite der Pigmentzellkerne mit dem Okularmikrometer mass. Um die Messungen möglichst genau werden zu lassen, benutzte ich eine starke Vergrösserung; Zeiss Comp.-Ocular 12 und Reichert Objektiv 6ar. Ein stärkeres Objektiv konnte bei der Dicke des Präparats nicht angewandt werden. Die Gestalt der Kerne ist oftmals sehr unregelmässig gelappt (Abb. 26, 35 und 40 links); solche Kerne habe ich nicht berück- sichtigt, sondern nur diejenigen von regelmässiger, ovaler Gestalt (Abb. 29, 40 rechts, 42, 43) gemessen. Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 187 Diese Methode hat hauptsächlich zwei Mängel. Erstens bleibt die dritte Dimension der Kerne unberücksichtigt, da uns als Maßstab für die Kerngrösse das Produkt aus Länge und Breite dient. Es ist freilich wahrscheinlich, dass Kerne, die in der Flächenansicht eine regelmässige, ovale Gestalt zeigen, auch einen regelmässigen Querschnitt haben. Aber der dritte ungemessene Durchmesser wird bald grösser, bald kleiner gewesen sein als die gemessene Breite. Da die Grösse der dritten Achse unbekannt bleibt, ist von vornherein eine Berechnung der Kernoberfläche ausgeschlossen, die allein nach Boveris Untersuchungen bei See- igellarven (Zell-Studien Heft 5, Jena 1905, 8. 43) als zuverlässiger Maßstab für die Zellgrösse dienen kann; denn die Kernoberfläche, nicht das Kernvolumen, ist der Zellgrösse proportional. Trotzdem wird man mit Hilfe des Produktes aus Länge und Breite, als Maßstab für die Kerngrösse, und damit für die Zellengrösse, im- stande sein, wenigstens zu entscheiden, ob sich die schwarzen und hellen Axolotl in dieser Hinsicht überhaupt unterscheiden. Eine genaue Berechnung des Verhältnisses zwischen der Zellgrösse der beiden Rassen ist natürlich so nicht möglich. Der zweite Fehler dieser Methode beruht darauf, dass immer nur eine verhältnismässig geringe Anzahl von Kernen gemessen wurde, weil alle unregelmässig geformten unberücksichtigt blieben. Nun kann man sich aber kaum denken, dass bei den Schwarzen gerade die grösseren Kerne häufiger eine regelmässige Gestalt haben und die kleineren eine unregelmässige, und dass es sich bei den Schecken umgekehrt verhielte. Darum ist es wahrschein- lich, dass dieser Fehler beim Vergleich der Rassen mindestens nur von geringer Bedeutung ist. Messungen dieser Art habe ich an vier schwarzen und zwölf Schecklarven vorgenommen; weisse Larven standen mir damals nicht zur Verfügung. In der folgenden Tabelle (Nr. II) habe ich in der II. Ver- tikalreihe zunächst die Längenmaße der benutzten Larven an- gegeben. Aus denselben ist zu ersehen, dass die Tiere nicht genau gleich gross sind. Doch sind die Grössenverschiedenheiten sehr gering — der grösste Unterschied beträgt 0,6 mm —- und zweitens ist die Durchschnittsgrösse der Schwarzen und Schecken fast genau die gleiche (13,38 und 13,27 mm). 18& Fritz Pernitzsch: Tabelle 11. Schwarze Larven. TR II. II. IY. V. VI. | IBarordaukit Zahl der Nr. eemamle. gemessenen kleinstes grösstes mittleres Kerne Di: 13,2 | 32,0 110,0 66,2 42 12 13,3 40,0 110,0 72,6 53 13 13,4 35,0 120,0 72,6 35 14 13,6 | 40,5 | 180,0 64,5 60 Durch- Durchschnitt: 68,6 schnitt: 13,38 — Sl Schecken-Larven. T: 1T 1nER IV. Y. v1. P | Produkt Zahl’ der Nr. mm Ig. gemessenen kleinstes grösstes mittleres | Kerne 15 13,0 44,0 75,0 60,6 | 16 16 13 35,0 77,0 56,7 | 14 17 13,2 32,0 99,0 63,9 | 19 18 3.2 34,0 68,0 55,4 14 N 13,2 24,0 78,0 51,7 | 8 ZA re I) 40,0 60,0 50,6 | 11 21 13,3 36,0 80,0 48,5 14 22 13,3 30,0 80,0 54,6 | 12 23 13,3 32,0 55,0 | 45,0 | 20 24 13,3 28.0 91,0 50,8 24 28 | 13,4 35,0 77,0 53,5 20 36%4 13,6 36,0 715 50,9 11 Durch- Durchschnitt: 53,6 schnitt: 13,27 — 241,88 4° Die Zahl der bei jedem Tier gemessenen Kerne habe ich in der letzten Spalte (VI) mitgeteilt, weil je nach der Grösse dieser Zahl den Durchschnittsmaßen ein verschiedener Wert zukommt. Natürlich fanden sich bei den Schwarzen mehr Kerne von regel- ımässiger, messbarer Gestalt, entsprechend ihrem grösseren Reich- tum an Pigmentzellen überhaupt. Darum habe ich die Kerne bei einer grösseren Anzahl von Schecken gemessen, damit die Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 189 (resamtzahl der bei jeder Rasse gemessenen Kerne annähernd übereinstimmte, um so einen Vergleich der Durchschnittswerte zu ermöglichen. Ich habe von jeder Larve das kleinste, grösste und das durchschnittliche Produkt mitgeteilt, und zwar stellen die Zahlen das direkte Produkt der in Einheiten des Ocularmikro- meters (bei der oben mitgeteilten Vergrösserung) ausgedrückten Länge und Breite dar. Nur die Durchschnittswerte habe ich in « umgerechnet. Bei Benutzung von Zeiss Comp.-Ocular 12, Reichert Obj. 6ar, Tubus bis 160 ausgezogen, entspricht ein Teilstrich des Oceularmikrometers 2,1505 «. Also erhält man die Werte in « durch Multiplikation der Produkte mit 2,1505°. Betrachten wir die schwarzen Larven, so zeigen die Zahlen, dass bei jeder Larve bedeutende Schwankungen auftreten; das grösste gefundene Produkt (150) ist fast sechsmal so gross als das kleinste (32). Die Durchschnittswerte (Kolumne V) sind dagegen nur wenig verschieden. Bei den Schecken sind die Differenzen zwischen den grössten und kleinsten Werten nicht so gross, wie bei den Schwarzen; das kommt hauptsächlich daher, dass auch ihre grössten Kerne bei den meisten Larven beträchtlich hinter den grössten der Schwarzen zurückbleiben, während ihre kleinsten nicht viel kleiner sind als die der Schwarzen. Dass die Durchschnittswerte bei ihnen in höherem Maße schwanken (zwischen 64 und 45), ist wohl darauf zurückzuführen, dass hier jeder Durchschnittszahl eine geringere Zahl von Messungen zugrunde liegt. Aus den Messungen geht hervor, dass die Kerne der Schwarzen im Durchschnitt (68,5 —= 317,25 u?) grösser sind, als die der Schecken (53,6 = 247,88 u?). Diese Verschiedenheit beruht wesentlich darauf, dass die Kerne der Schecken niemals solche Grösse erreichen wie die der Schwarzen in vielen Fällen, während sehr kleine Kerne bei beiden Tieren vorhanden sind. Es ist aber wichtig, dass die beiden Rassen nicht durch eine unüberbrückte Kluft getrennt sind. Sondern so wie der grösste bei Schecken gefundene Durchschnittswert (63,9) an den kleinsten bei den Schwarzen beobachteten (64,5) heranreicht, so steht auch der grösste bei den Schecken überhaupt gefundene Kern (99) nur wenig hinter den grössten Werten der schwarzen Larven Nr. 11—13 (110, 120) zurück. Das bei Nr. 14 erhaltene grösste Produkt (180) ist vielleicht auch bei den Schwarzen als 190 Fritz Pernitzsch: eine seltene Ausnahme zu betrachten, da das nächstgrössere Produkt derselben Larve nur 110 beträgt. Doch weise ich hier besonders darauf hin. dass es keinen grossen Unterschied ausmacht, wenn man das grösste Produkt als Ausnahme bei der Berechnung unberück- sichtigt lässt; der Durchschnittswert für diese Larve (Ex. 14) ist dann 62,5 und für alle schwarzen Larven 68,0 statt 64,5 und 68,6. Diese Ergebnisse bestärkten mich natürlich in dem Glauben, dass die Pigmentzellen bei den Schwarzen durchschnittlich grösser sind als bei den Schecken. Ebenso hat sich Herr Prof. Haecker in einer vorläufigen Mitteilung dieser Befunde (1912, Z. f. ind. Abst. u. Vererb., Bd. Ss. Die dort mitgeteilten Maße für die Kernlänge bei den Pigmentzellen von schwarzen und hellen Larven entstammen den obigen Messungen.) für die Annahme eines Pigmentzellgrössen- unterschiedes zwischen den beiden Axolotlrassen ausgesprochen. Immerhin schien mir diese Tatsache noch nicht genügend bewiesen zu sein, darum habe ich weitere Messungen auf eine zuverlässigere Art angestellt. Während ich es für unmöglich halte, es zu vermeiden, dass nur ein Teil der Kerne gemessen wird — denn ich kann mir nicht vorstellen, wie man das Volumen von gänzlich unregel- mässig gelappten Kernen messen könnte — habe ich bei späteren Messungen auch die dritte Ausdehnung der Kerne berücksichtigt, um zuverlässigere Resultate zu erhalten. Zu diesem Zweck habe ich mit einem guten Junckschen Mikrotom Schnittserien von 5 « durch den Kopf der Larven hergestellt. Die Dicke eines jeden Kerns berechnete ich aus der Zahl der Schnitte, auf die er verteilt war. Am genauesten konnte das bei solchen Kernen geschehen, die sich gerade durch einige Schnitte ganz hindurch erstreckten, wo also sowohl die vordere wie die hintere Endfläche des Kerns mit einer Schnitt- ebene zusammentiel. In diesem Fall ergab sich die Dicke einfach als das Produkt der Dicke und Zahl der Schnitte. Ich musste aber in bestimmten Fällen auch solche Kerne benutzen, bei denen diese Forderung nur zur Hälfte erfüllt war, wo nämlich nur die vordere oder die hintere Endfläche in eine Schnittebene fiel. Die Dicke des Kernrestes am entgegengesetzten Ende musste dann geschätzt werden. Um bei der Schätzung einen Anhalt zu haben, habe ich den betreffenden Schnitt langsam mit Hilfe der Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 191 Mikrometerschraube durchmessen. Diese Schätzungen gelingen nach einiger Übung mit grosser Sicherheit. Füllte der Kern z. B. drei Schnitte vollständig aus und reichte er noch mit einem Teil in einen vierten hinein, so bestand die Möglichkeit, dass er 16, 17, 15 oder 19 « dick war, und es war dann bei einiger Übung sehr gut möglich, Fehler von beträchtlicher, d. h. über 1 « hinausgehender, Grösse zu vermeiden. Die Länge und Breite des Kerns habe ich auf eine, wie ich glaube, zuverlässigere Weise als mit dem Okularmikrometer, das ich zu den früheren Messungen benutzte, festgestellt, indem ich nach dem Vorgang von Boveri (Zell-Studien Heft 5, 1905) den Umriss der Kerne bei starker Vergrösserung mit der Kamera zeichnete und die Längen- und Breitenmaße der Zeichnung ent- nahm. Ich verwandte Reichert Ölimmersion !/ı» und Zeiss Comp.-Oceular 12, Tubus auf 160 ausgezogen. Diese Linsen bewirken mit der Reichertkamera zusammen eine 2175fache Vergrösserung, so dass 1 mm in der Zeichnung — 0,46 «a ist. Mit diesem Faktor 0,46 habe ich die in der Zeichnung gefundenen Maße multipliziert, um die Länge und Breite in « zu finden. Auch hier habe ich nur solche Kerne benutzt, die einen Durch- schnitt von regelmässiger Form hatten, und die derart vom Messer getroffen waren, dass die Schnittrichtung parallel zu einer der Achsen verlief; das muss dann der Fall sein. wenn die einzelnen Schnitte des Kerns gleiche oder ähnliche Gestalt haben (Abb. 47). Das Volumen der Kerne lässt sich dann annähernd berechnen nach der Formel für ein Ellipsoid mit drei verschiedenen Achsen: v=4/3 a&.b.c, wobei a, b, ce die Achsen sind. Ich habe der Einfachheit halber, weil es nur auf den Vergleich an- kommt, den konstanten Faktor 4/5 » unberücksichtigt gelassen und ausserdem das Produkt der drei Durchmesser (2a.2b.2e) berechnet, nicht der Achsen. Ich wies schon darauf hin, dass die Zellengrösse eine Funktion der Kernoberfläche, nicht des Kern- volumens ist. Trotzdem habe ich das letztere als Maßstab benutzt, weil die Berechnung der Oberfläche eines dreiachsigen Ellipsoids ungeheuer verwickelt, mit Hilfe der höheren Mathematik, geschieht. Bei der Besprechung der Resultate werde ich hieran erinnern. Auch diese Methode ist keineswegs unbedingt zuverlässig. Aber soweit Fehlerquellen da sind, sind sie für beide Rassen in gleichem Maße vorhanden, so dass sie einen etwa konstant wieder- Archiv f. mikr. Anat. Bd.S2. Abt 1. 13 192 Fritz Pernitzsch: kehrenden Unterschied zwischen schwarzen und hellen Axolotln nicht erklären würden. Ich teile in Tabelle III Angaben über Abstammung und (srösse der so untersuchten Larven (Nr. 27—355, 9 und 10) mit und in Tabelle IV—VI die Originalzahlen für die Produkte aus den Durchmessern der Kerne. Es folgt in Tabelle VII eine Zusammenstellung der bei jeder Larve gefundenen grössten und durchschnittlichen Werte. Tabelle VIII enthält eine Zusammen- stellung der Durchschnittswerte durch die Zahlen aller gemessenen Kerne jeder Pigmentzellklasse bei beiden Rassen. Die Abstammung habe ich in Tabelle III in derselben Weise wie in Tabelle I (S. 150 unten) durch Buchstaben angegeben, und zwar bedeuten in beiden Tabellen wiederkehrende Buchstaben an beiden Stellen dasselbe Elternpaar. Über die Herkunft der schwarzen Larven ist nichts zu bemerken. Unter den Schecken ist ein Tier (Ex. 33), das dem mehrfach erwähnten Laich (S. 160) von einem schwarzen und einem weissen Elterntier entstammt. Die anderen Larven (Ex. 31. 32 und 33) sind die Nachkommen zweier rein weisser Tiere, von denen eins von einem Schecken abstammt. Es mag mit dem letzteren Umstand zusammenhängen, dass sie in ihrer Zeichnung vollkommen typischen Schecklarven glichen, weshalb ich sie ohne Rücksicht auf die Abstammung in den Tabellen als Schecken aufgeführt habe. Die weisse Larve 35 ist gleicher Herkunft wie die zur Zählung verwandte Nr. 8; sie besitzt also ebenfalls in ihrer Aszendenz einen Schecken (vgl. die oben S. 152 gemachte Bemerkung), hatte aber im wesentlichen die Zeichnung rein weisser Larven. Die beiden anderen weissen Larven 9 und 10 sind identisch mit den unter gleicher Nummer im 4. Kapitel angeführten; sie entstammen einer Tübinger rein weissen Zucht. Die meisten Tiere waren 10,2 mm lang; nur einige grösser: zwei Schecken (Ex. 33 und 34) 11 mm und zwei weisse (9 und 10) 11,2 mm lang. a abelle III. Schwarze Schecken | Weisse Nr. | Abst.| mm Ie. Nr. | Abst. | mm lg. Nr. | Abst. | mm Ig. Mara Nmoa 31 E 102 | 3 C 10,2 28 B 10252532 E 10202 229 2 11.2 29 D 10,2 35 A 11 Zt AR 11,2 30 A 10,2 34 E 11,0 19 Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. B) Tabelle IV. Kerngrösse bei Schwarzen. 1. Xanthophoren. 27 28, | 29, | 30. 30.. Sa.b.c Sramıberc Sa.b.c Sa.b.c 8Sa.b.c 1680 | 1270 620 610 3370 1780 1640 S60 1280 | 3520 1840 | 1790 980 130 | | 370 1890 | 1860 1000 1450 | | 3900 B) | 1980 5 | 1860 B) 1150 D 1580 30 | 6160 ' 2030 | 1870 1290 1740 | 2130 1:95 1370 1840 | | 2200 1940 1440 So | | 2230 2060 ' 1560 | 1860 | 10 | 2290 10 2110 Un 1570 10 1850 | | 2540 2400 | 1580 79400 | 2570 2400 1590 | | 1980 | \ 2680 | 3480 1680 2000 | 2760 | 4380 1530 2 15 | 2790 |15| 6400 |15 | 180 |15| 2110, | 2840 2180 || 2160 3030 2190 2290, 3220 2220 2440 3230 2240 2480 | 20 | 3270 20 | 2280 | 20 | 2620 5080 | 2440 || 2650 | 2370 2650 | 2530 3310 25 3310 2. Melanophoren. 2. 28. 2 30. Starabiric Sarıbr ec Sabre Sarablac 211290 320 690 I" 7 2660 I 1360 890 910 | 860 1450 1200 910 Sss0 1520 1200 930 900 Dan 1710 5 1300 B) 1090 D 940 | 1720 1310 1180 1000 1730 1350 1230 1110 1900 1380 1230 1170 1960 1440 1240 1210 12* a ee nn rn nn nn Fritz Pernitzsch: Dr 20. 28. 29. 30. SaapXt | Sa.h.e. | Sarpre Sasabase Sabre 10.7 20202 1,25.) 2790. ..10.|..14802 || 10) 540. 10x wear 2030 2900 | 1630 1970 1240 | 2100 3150. |, | „10208 | 1300 1290 2280 3220 | 190 | 1380 1310 2360 3450 2130 | 1400 1330 15 | 2440 80 | "8470 15 | 2310 || 15° 1470 | Lo mlacn | 2150 | | 3620 | 2340 | 1580 1370 2530 5050 22550. || 1730 | 1420 2610 5600 25600 | | 190 | 1440 2630 2570 | 2190 1630 20 2660 | 20 | 2600 | 20 | 2560 || 20 | 1640 2670 | 270: | 3310 1700 2700 3110 |) 2030 2730 3350 | 2140 2740 2280 25 2430 | 2620 Tabelle V. Kerngrösse bei Schecken. 1. XKanthophoren. 31. 31. 32. | 33. SarıDEc SlasDaxc San DIE | Star abirie 770 1350 || s10 700 s50 1360 | 860 1010 Ss0 1370 890 1040 910 1390 | 900 1190 5 990 25 (10 v5 900 5 1220 990 . 1420 | 30 | 320 990 1460 | 1090 | 1330 1010 | 1480 OO | 1380 1050 | |. 1490 1110 | 1400 10 1050 30.) 10m 10 1130 10 1440 1060 1580 || 1130 1450 1070 1640 1140 1490 1100 | 1640 1405 1560 1140 | | 1670 1290 | 1560 15 1190 | 35 1700 15 1330. |, 15042221630 1200 1740 | 1390 | 1680 1200 2060 | 1410 | 10.771720 1220 2530 15100 | | 2420 1270 2720 1540 | 2640 20, 1300 I 20 1980 | 20 2650 | 2800 Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 2. Melanophoren. 31. 32. 32 | 34. SlamSDELG Starabire SaRSDErG | Sabre Ba leXc Sarb.ce 550 990 590 | ' 1070 8 | 440 590 1000 610 | | 1080 I 870 || 490 710 1000 750 | 2 bla | 610 740 | 1050 820, |) N | zone To 610 5.1740. | 20) 1100| 5 | 830 | 20 | 1210 | 5. 1010 690 790 1110 90 | | 12:0 1030 690 790 1120 910 | ' 1240 1160 700 s10 1130 910 | 1260 || 1230 710 350 | 1130 9500| 1270| | 1260 800 10 | 890 | 25 | 1140 940 | 25 | 1280 | 10 | 12% S60 920 1170 1020 | | 1390 | 1280 || 870 930 1270 ' 1030 15502 1220 870 960 1410 | 1030 | | 1720 | 1490 960 970 1430 1060 | 1600 1010 15 | 980 | 30 | 1560 | 1060 | | 1660 || 15 | 1040 | | 1930 1060 2060 1090 | 1100 | | 1140 | 20 | 1150 | 1260 | | 1490 Tabelle VI. Kerngrösse bei Weissen. 1. XNanthophoren. 35. 9. 10. Starabirc Siarabrze SIamDEXE 180 | 1610 | | 990 580 ler, ao = 120 920 | 1810 1150 1040 | .1930 1280 5 1070 Dr 2020 14% 1090 12030 a ) 1100 0729220 1700 1200 IA 2320 .1730 1220 2 2330 aa) 10 1240 | 2430 | 1780 1280 2450 re) 1280 | 2590 2050 1350 I 2660 | IE 2D80) 1360 2840 2340 196 Eiriitizupleiminnkbiz sielhe: 3) S) 10. Samıberc SlalbERe Sabre 115) 1570 11) 2940 15 2540 1620 3250 2650 1500 3940 2710 1800 5190 2920 1890 5210 3030 20 2190 20 5460 20 3310 2210 2350 2. Melanophoren. 9. 10. 10. Sa.b.c Sabre 8Sa.b.c 1200 | 720 1280 1290 | 910 1320 1740 1050 1370 1500 1060 1380 ) 1900 6) 1080 15 1450 2500 1160 1600 2530 1160 1720 2590 1150 1790 2700 1190 1960 10 3260 10 1260 20 2070 Tabelle VII. aeg Ir. || 82 VS een | Zahl Produkt | Durchschnittswerte Nr. || der gemessenen der grössten Kerne | von (8a.b.e) IM x M X Me N ae Schwarze. 27 35 21 | 5600 5080 | 2570 2370 28 | 23 15 | 3390 6400 | 1920 2490 29 | 21 2 | 3310 2570 | 1470 1570 30, | 1726 30 | 2620 6160 | 1430 2430 {l) j Schecken. 5 | | 30 3392 2221560 2720 990 1350 | | - 4 n 32 | 28 20 1720 1980 1070 | 1180 33. | 17 2 2060 | 2500 1290 1600 34 22 - 1490 | — 90 _ Weisse. De 22 Bi 2350 Ex 1420 y 10 20 3260 | 5460 2150 2850 10 21 20 2150 |. 3310 1370 2010 Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 197 Tabelle VIII. 1. | © SE Te IV. ve Zahl | Durchschnittswert der gemessenen | von (8a.b.c) M x BLM | x | | EERwarzeRe a ul :108 88 ı 1910 | 2260 Sehecken ve:2 3 ut: BI: 97 80 | 1050 | 18380 Veen ES ER} | 62 | 1630 | 2070 Helle (Schecken und Weisse). . | 128 142 | 11907 217 1680 Wie aus Tabelle IV-—\VI hervorgeht, schwankt die Kerngrösse bei allen Larven in hohem Maße. Der grösste Kern einer Larve ist stets mehr als doppelt so gross als der kleinste, in vielen Fällen, besonders bei Schwarzen, beträgt sein Volumen das Viel- fache, in einem Fall (Tab. IV, 1, Ex. 30: 610 und 6160) das Zehn- fache von dem des kleinsten Kerns. Es ist höchst merkwürdig, dass so beträchtliche Verschiedenheiten bei einer Larve vorkommen: es ist aber nicht an ihrem Dasein zu zweifeln, da sie viel zu gross sind, als dass sie durch Ungenauigkeiten der Methode vor- getäuscht werden könnten. Möglich ist nur, dass sie durch Fehler der Messung noch grösser erscheinen, als sie in Wirklichkeit schon sind. Im allgemeinen sind die Kerne von mittlerer Grösse am häufigsten. Vergleicht man die Tiere untereinander, so sind bei Schwarzen, Schecken und Weissen und bei Melanophoren wie Xanthophoren grosse Unterschiede da. Obwohl die schwarzen Larven 27 —30 gleich gross sind, schwanken bei Melanophoren die grössten Werte zwischen 5600 bei Nr. 27 und 2620 bei Nr. 30, und die mittleren Werte zwischen 2570 und 1430 (Tab. VII, Kolumne VI). Ebenso verhält es sich mit beiden Zellarten bei allen Tieren. Bei der verhältnismässig nicht sehr grossen Zahl von Messungen, die bei den einzelnen Tieren vorgenommen werden konnten, ist es natür- lich nicht’ausgeschlossen, dass die wirklichen Maximalzahlen sehr stark von den gefundenen abweichen. Es ist z. B. sehr gut mög- lich, dass auch bei der Larve 29 wie bei den anderen Schwarzen, in dem durchmessenen Kopfabschnitt Kerne vorkamen, deren Produkt aus den Durchmessern noch grösser war als 2570 u?, diese aber zufällig unregelmässige Gestalt hatten. oder beim Schneiden ungünstig getroffen worden waren. Umgekehrt ist sehr 195 Fritz Pernitzsch: wahrscheinlich, dass den Larven 27 und 25 in Wirklichkeit sehr kleine Kerne (von der Grösse 600 bis 1300), wie sie bei Ex. 29 und 30 gefunden wurden, nicht gefehlt haben, sondern dass sie aus dem gleichen Grunde ungemessen blieben. Darum darf man nur mit grosser Vorsicht aus diesen Zahlen Schlüsse ziehen. Lassen sie nun einen Unterschied zwischen schwarzen und hellen Larven erkennen ? Da es bei den hellen Larven zum Teil (Ex. 31, 32, 34, 35) unsicher ist, ob sie Weisse oder Schecken sind, wollen wir die rezessiven Tiere insgesamt den Dominierenden gegenüberstellen. Da scheint nun zunächst festzustehen, dass die grössten Kerne und damit auch wohl die grössten Pigmentzellen der Hellen zum Teil dieselbe Grösse erlangen wie die der Schwarzen. Wenigstens ist der Unterschied zwischen den grössten Kernen, welche über- haupt, einerseits bei hellen, andererseits bei schwarzen, gefunden wurden (Tab. VIL, Kolumne V: Ex. 9 = 5460 u? und Ex. 83 = 6400 u?) verhältnismässig sehr gering; so dass man ihm keine Bedeutung beilegen kann, besonders wenn man beachtet, dass der nächstgrössere Kern von Ex. 25 (Tab. IV, 1, 23 = 4380 u?) kleiner ist als der zweitgrösste von Ex. 9 (Tab. VI, 1,9 = 5210 u?). Nun ist allerdings darauf aufmerksam zu machen, dass nur bei den Tübinger weissen Larven Kerne gefunden wurden, die in der Grösse an die grössten von schwarzen Larven heranreichen, und man könnte vielleicht die Frage erheben, ob etwa die ver- schiedenen Zuchtbedingungen eine Rolle spielen. Indessen scheint mir kein ernstlicher Grund vorzuliegen, der für diese Annahme spricht. Man könnte vielleicht auch vermuten, dass die Grösse der Larven eine Rolle spielt, weil die Tübinger Larven (11.2 mm) erheblich grösser sind als die Schwarzen (10,2 mm). Doch können die Grössenunterschiede der Larven in bezug auf die Kerngrösse keine so grosse Rolle spielen: denn dann hätten auch bei den Schecken (Ex. 33 und 34) grössere Kerne gefunden werden müssen, dla diese ja fast ebenso gross (11 mm) sind wie die Tübinger Larven. So möchte ich es denn für wahrscheinlich halten, dass bei sämt- lichen hellen Larven Kerne vorhanden sind, welche in ihrer Dimension die Dimension der grössten Kerne der schwarzen Larven erreichen, dass sie mir aber wegen der verhältnismässig geringen Zahl von Messungen entgangen sind. Nun fragt es sich Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 199 nur noch, ob nicht bei gleicher Variationsbreite die Kerne der Schwarzen im Durchschnitt grösser sind. Hierüber können uns am sichersten die Durchschnittszahlen Aufschluss geben, denen alle Messungen bei einer Zellart von sämtlichen Tieren einer Rasse zugrunde liegen (Tab. VII). Es zeigt sich, dass das Kernvolumen von Melanophoren und Xantho- phoren bei hellen Larven (Schecken und Weissen) im Durchschnitt (1190 u? und 1680 u?) ungefähr ”/3 bezw. ?/a so gross ist wie bei den Schwarzen (1910 «” und 2260 «°). Es ist klar, dass bei solch grossem Unterschied auch die Oberflächen der Kerne und damit die Zellen selbst verschieden gross sein müssen, da ja die Kerne bei beiden hassen die gleiche, regelmässige Gestalt hatten. So scheinen auch diese Messungen unsere frühere An- nahme zu bestätigen, dass die Pigmentzellen der Schwarzen im Durchschnitt grösser sind als bei den Hellen. Damit kann man aber die Durchschnittswerte, die bei den Weissenalleingenommen (1630 «a? und 2070 u?) gefunden wurden, schlecht in Einklang bringen. Sie stehen so wenig hinter denen der Schwarzen zurück, dass man darauf schwerlich die Annahme eines Rassenunterschiedes gründen könnte. Trotzdem halte ich diese Annahme für wahrscheinlich, da ja auch die mitgeteilten Beobachtungen über die Grösse der Zellen selber (S. 185) und die Messungen am überlebenden Schwanz für sie sprechen. Das abweichende Verhalten der weissen Larven wäre dann so zu erklären, dass bei ihnen zufällig verhältnismässig viel grosse Kerne gemessen wurden, die in Anbetracht der geringen Zahl der verwerteten Messungen (31 bezw. 62) den Durchschnitts- wert unnatürlich gross erscheinen lassen. Durchschnittswerte durch eine grössere, genügende Anzahl von Messungen bei Weissen würden wahrscheinlich nicht grösser sein als die bei den Schecken. Natürlich könnte man auch hier die oben (S. 198) angeführte Hypothese zur Erklärung heranziehen, dass bei den Tübinger AxolotIn allgemein die Zellen grösser sind als bei denen der hiesigen Zucht. Wie ich schon sagte, halte ich sie jedoch für unwahrscheinlich. Es sei hier daran erinnert (vgl. S. 186), dass der Schluss von verschiedener Kerngrösse auf verschiedene Zell- grösse nur dann berechtigt ist, wenn das Verhältnis von Kern zu Plasma bei beiden Rassen dasselbe ist. Wenn das nicht der 200 Fritz Pernitzsch: Fall wäre, könnten allerdings trotz der Verschiedenheit der Kern- grösse die Pigmentzellen bei beiden Rassen gleich gross sein. Diese Möglichkeit darf aber ausser acht gelassen werden, solange Ker n f — — bei nahe verwandten Plasma kein Fall bekannt ist, wo der Quotient Rassen verschieden gross ist. Ich habe in diesem Kapitel immer von Pigmentzellen im allgemeinen gesprochen. Das konnte deshalb geschehen, weil das Verhältnis zwischen Melanophoren und Xanthophoren bei Schwarzen und Hellen das gleiche ist. Bei beiden hassen sind die Xantho- phoren etwas grösser als die Melanophoren (vgl. Tab. VII und VIII). Das Ergebnis der Grössenmessungen lässt sich in folgende Sätze zusammenfassen: 1. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Pigmentzellen bei den hellen AxolotIn zum Teil ebenso gross werden, wie die grössten der schwarzen. 2. Es geht aber aus der Gesamtzahl der Messungen mit Wahrscheinlichkeit hervor, dass die Pigmentzellen im Durch- schnitt bei den schwarzen AxolotIn grösser sind als bei den hellen. Mit völliger Sicherheit wird man die vorliegende Frage nur auf Grund sehr viel umfangreicherer Messungen beantworten können. Schluss. Die wichtigsten Ergebnisse meiner Untersuchungen sind folgende: 1. Die Pigmentzellen sind bei den schwarzen und hellen Axolotllarven verschieden über den Körper verteilt, so dass, auch abgesehen von der Pigmentmenge, eine verschiedenartige Zeichnung bewirkt wird. 2. Es kommen bei jeder Rasse Pigmentzellentypen vor, die der anderen fehlen. 3. Es ist kein Grund zu der Annahme vorhanden, dass die Fähigkeit der Pigmentzellen, Pigment abzuscheiden, bei beiden Rassen verschieden ausgebildet ist. 4. Die Zahl der Pigmentzellen ist bei schwarzen Larven grösser als bei hellen, und zwar betrifft dieser Unterschied die einzelnen Pigmentzellarten in verschiedenem Grade. Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 201 5. Es ist wahrscheinlich, dass die Pigmentzellen der schwarzen Larven durchschnittlich grösser sind als die der hellen. Die wichtigste Frage ist nun die, ob für die vorhandenen Unterschiede verschiedene Ursachen angenommen werden müssen, oder ob sie einheitlich erklärt werden können. Ebenso wie es mir unmöglich scheint (Kapitel 3), für die verschiedenen Pigmentzellformen verschiedene Faktoren anzu- nehmen, halte ich es auch für ausgeschlossen, dass etwa die Verteilung der Pigmentzellen, ihre Zahl und Grösse jeweils von selbständigen Anlagen abhängig sind. Die einzig mögliche Er- klärung scheint mir die schon im Schluss des 3. Kapitels ange- deutete zu sein, dass der partielle Albinismus der Axolotl auf einer Entwicklungshemmung beruht, welche die Wachstums- und Teilungsgeschwindigkeit der Pigmentzellen verlangsamt, so dass die durchschnittliche Grösse und die Zahl der Zellen geringer bleibt als bei den Schwarzen. Dass dann zwischen den beiden Rassen auch Verschiedenheiten betreffs der Pigmentzellenform auftreten müssen, habe ich oben (S. 170) eingehend besprochen. Es muss noch der Unterschied in der Zeichnung erklärt werden. Von der obigen Ansicht ausgehend möchte ich ver- muten, dass die Stellen, die bei den hellen Larven stark pigmen- tiert sind, also hauptsächlich der Mitteltleck und die distinkten Flecke, die eigentlichen Herde oder Ausgangszentren für die Pigmentzellbildung darstellen. Bei den schwarzen Tieren bilden nun die Pigmentzellen infolge ihrer grossen Wachstums- und Teilungsgeschwindigkeit in dem untersuchten Stadium schon eine im ganzen Tier fast lückenlose Schicht unter der Coriumanlage, so dass die ursprünglichen Herde der Pigmentzellbildung nicht mehr deutlich hervortreten; dagegen sind sie bei den hellen Larven noch kenntlich, da die Pigmentzellen sich hier ja lang- samer vermehren und darum nur die nähere Umgebung der ersten Bildungsstätten erfüllen. Um zu entscheiden, ob die Entwicklungshemmung nur das Wachstum und die Teilungsgeschwindigkeit der Pigmentzellen betrifit, oder ob sie sich in allgemeinerer Weise äussert, sind besondere Untersuchungen nötig. Da die Fähigkeit, Pigment- körner zu bilden, den Pigmentzellen beider Rassen in gleichem Maße eigen zu sein scheint, muss man vorläufig annehmen, dass die Entwicklungshemmung jedenfalls nicht ganz allgemeiner Natur 202 Fritz Pernitzsch: ist, sondern nur bestimmte Lebensäusserungen des Plasmas, und zwar in erster Linie die Teilungs- und Wachstumsenergie speziell der Pigmentzellen, betrifft. Es würde sich also beim Unterschied zwischen hellen und dunklen Axolotllarven wesentlich um eine Verschiedenheit ent- wicklungsmechanischer Natur handeln, die nur insofern als eine chemisch-physiologische angesehen werden kann, als ja in letzter Linie auch der spezifische Teilungsrhythmus im Chemismus des Artplasmas begründet ist. Literaturverzeichnis. Bateson: Mendel’s Principles of Heredity. 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Zool. Ges., 1908. Derselbe: c) Allgemeine Vererbungslehre. 2. Auflage. Braunschweig 1912. Derselbe: d) Untersuchungen über Elementareigenschaften. Verh. Deutsch. Zool. Ges., 1912. Derselbe: e) Untersuchungen über Elementareigenschaften I. Zeitschr. f. Ind. Abst. u. Vererb., 1912, Bd. VIII, H.3. Hertwig, R.: Über Korrelation von Zell- und Kerngrösse und ihre Be- deutung für die geschlechtliche Differenzierung und die Teilung der Zelle. Biol. Zentralbl., 23, 1903. Derselbe: Über neue Probleme der Zellenlehre. Arch. f. Zellforsch., Bd. I, 1908. Meirowsky, E.: Über den Ursprung des melanotischen Pigments der Haut und des Auges. Leipzig 1908. Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 203 Nenert,.J-E:: Über die Veränderungen in den Chromatophoren bei Axolotin und Goldfischen bei dauernder Lichtentbehrung und Hungern. Anat. Anz., Bd. 32. Paulicki: Über die Haut des Axolotls. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 24. Plate: Vererbungslehre und Deszendenztheorie. Festschr. z. 60. Geburtst. R.Hertwigs, Bd. II, 1910. Schapitz: Die Urgeschlechtszellen von Amblystoma. Arch. f. mikr. Anat., Bd.29, 1912: Schuberg: Untersuchungen über Zellverbindungen. Zeitschr. f. wiss. Zool., 74, 1903. Derselbe: Beiträge zur vergleichenden Anatomie und zur Entwicklungs- geschichte der Lederhaut der Amphibien. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 90, 1908. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XI—- XII. Abkürzungen: co — Coriumanlage. mk — Melaninkörnchen. ep — Epidermis. pk = mit Dahlia gefärbte melph — Melanophore. Körnchen. nee Kern. xanthph — Xanthophore. Abb. 1. Frisch ausgeschlüpfte schwarze Larve. Vergrösserung 1:3. Abb. 2. Schwarze Larve, 8 Tage nach dem Ausschlüpfen. Vergrösserung el Abb. 3. Frisch ausgeschlüpfte schwarze Larve. Vergrösserung 1:3. Abb. 4 und 5. Zwei weisse Larven, 3 Tage nach dem Ausschlüpfen. Ver- grösserung 1:3. Abb. 6. Weisse Larve, 5 Tage nach dem Ausschlüpfen. Vergrösserung 1: 12. Abb. 7. Weisse Larve (Tübinger Zucht), in kKonserviertem Zustand gezeichnet. Vergrösserung etwa 1:98. Abb. 8. Xanthophore einer 12,5 mm langen, hell gehaltenen Schecklarve. Vergrösserung etwa 390. Abb. 9. Xanthophore einer 12 mm langen, hell gehaltenen schwarzen Larve. Vergrösserung etwa 330. Abb. 10. (Querschnitt durch den Kopf einer 11,2 mm langen weissen Larve. Xanthophore unter der Coriumanlage. Zenker (Formol) 2 Stunden, Dahlia. Vergrösserung etwa 770. Abb. 11. Querschnitt durch den Kopf einer 10,2 mm langen schwarzen Larve. Zenker (Eisessig) 3 Stunden, Dahlia. Zeigt die Verteilung der Melanophoren und Xanthophoren (gelb dargestellt) unter der Corium- anlage. 204 Abb. 12. Abb. 13. Abb. 14. Abb. 15. Abb. 16. Abb. 17. Abb. 18. Fritz’Pernibzsch: Schema eines Längsschnittes durch die in Textfig. 5 wiedergegebene Larve. Zeigt die Verteilung der Melanophoren und der mit Dahlia färbbare Körnchen enthaltenden Zellen, die der Lage der distinkten Flecke entspricht. Querschnitt durch den Kopf einer schwarzen 10,2 mm langen Larve. Melanophore unter der Coriumanlage in Mitose. Zenker (Eis- essig) 24 Stunden, Delafieldsches Hämatoxylin. Vergrösserung etwa 2175. Querschnitt durch den Kopf einer 9 mm langen schwarzen Larve. Zenker (Eisessig), 24 Stunden, Dahlia. Zeigt eine Xanthophore in Mitose. Da die Larve zu lange fixiert worden ist, sind die Körnchen nicht gefärbt, darum nicht sichtbar. Vergrösserung etwa 1100. Querschnitt durch den Kopf einer schwarzen, 10,2 mm langen Larve. Melanophore aus dem Pigmentmantel des Auges in Mitose. Zenker (Eisessig) 24 Stunden, Delafieldsches Hämatoxylin. Vergrösserung etwa 2175. Flächenschnitt durch die Kopfspitze einer 11,2 mm langen weissen Larve. Xanthophore. Zenker (Formol) 2 Stunden, Dahlia. Ver- grösserung etwa 770. Querschnitt durch den Kopf einer 10,2 mm langen schwarzen Larve. Melanophore unter der Coriumanlage. Zenker (Eisessig) 3 Stunden, Dahlia. Vergrösserung etwa 770. Querschnitt durch den dorsalen Schwanzsaum einer schwarzen Larve. Zeigt Melanophore, die nach zwei Seiten unter die Epidermis Aus- läufer entsendet. Zenker (Eisessig) 24 Stunden, Böhmers Häma- toxylin und Eosin. Vergrösserung etwa 770. Abb. 19—30. Melanophoren von dunkel gehaltenen schwarzen Larven. Abb. 19. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. : Abbh.: Abb. Abb. ND DD DD w [sb Abb. 30. v DD DD aS> NS N DD S m Vergrösserung etwa 248. 264: 264. 264. 248. 248. 248. 248. „ 248. R S0. 320. 264. Abb. 31—34. Melanophoren von hell gehaltenen schwarzen Larven. Abb. 31. Abb. 32. Abb. 33. Abb. 54. Vergrösserung etwa 248. a „248. ; 2 0264: e „ 264. Zur Analyse der Rassenmerkmale der Axolotl. 205 Abb. 35—37, 39-42 und 44-46. Melanophoren von dunkel gehaltenen, Abb. 38 und 43 solche von hell gehaltenen Schecklarven. Abb. 35. Vergrösserung etwa 320. Abb. 36. h „264, Abb. 37. Ä 048, Abb. 38. ö 264. Abb. 39. ; 264. Abb. 40. ; ae Abb. 41. : ach Abb. 42. } ong. Abb. 43. 2 „264. Abb. 44 Ä oh. Abb. 45. R 1.264. Abb. 46. 248. Abb. 47. Umrisszeichnungen zweier aufeinander folgender Schnitte durch einen Pigmentzellenkern; Vergrösserung 2175. Über Erythrophoren besonderer Art in der Haut von Knocheniischen. Von Prof. Dr. med. et phil. E. Ballowitz, Direktor des Anatomischen Instituts der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster i. W. Hierzu Tafel XIV. Die in kleinsten Tröpfehen und Körnchen auftretenden roten Pigmente der Erythrophoren der Knochenfische gehören, ebenso wie die gelben Farbstoffe der Xanthophoren, zu der Gruppe der Fettfarbstoffe oder Lipochrome.!) Wie bekannt, lösen sich diese Farbstoffe leicht in fettlösenden Reagentien und lassen sich durch diese, vor allem durch Alkohol, schnell und vollständig aus den Chromatophoren extrahieren. Präpariert man z. B. von einem Goldfisch ein rotes Hautstückchen ab und bringt es in stärkeren Alkohol, so verschwindet binnen kurzer Zeit die goldrote Farbe und geht in den Alkohol über, so dass das Hautstück die rote Farbe vollständig verliert. Untersucht man dieses Hautstück alsdann mikroskopisch, so ist von den Erythrophoren nıchts mehr zu sehen, da ihr Protoplasma nur durch die Farbstotleinlagerung sichtbar gemacht wurde, und der Zellkörper mit allen seinen Ausläufern ohne Pigment so zart und durchsichtig ist, dass man ihn nach der Entfernung des Pigmentes so ohne weiteres nicht mehr wahrnehmen kann. Aus diesem Grunde sind auch die Erythrophoren und Xanthophoren in mikroskopischen Balsam- präparaten nicht zu konservieren, da dem Balsameinschluss die Behandlung mit Alkohol vorausgehen muss. Da die roten Farb- stoffmassen sich auch in Glycerin und anderen Einschlussmitteln bald verändern und hierin meist zu grösseren Tröpfehen zu- sammentfliessen, so dass das Strukturbild der Erythrophoren zer- stört wird, ist die Herstellung guter Dauerpräparate von den ı) Vgl. z. B. C. Fr. W. Krukenberg: Vergleichend-physiologische Vorträge. III. Grundzüge einer vergleichenden Physiologie der Farbstoffe und der Farben. Heidelberg 1886. Hoppe-Seylers Handbuch der physio- logisch- und pathologisch-chemischen Analyse. Bearbeitet von H. Thier- felder. 0. Hammarsten, Lehrbuch der physiologischen Chemie. Erythrophoren besonderer Art in der Haut von Knochenfischen. 207 gelben und roten Farbstotfzellen nicht recht möglich. Durch diese Vergänglichkeit der Farbstoffe wird das Studium der Ery- throphoren ausserordentlich erschwert und ist nur bei Unter- suchung der lebensfrischen Gewebe in physiologischer Kochsalz- lösung äusführbar. Bei meinen Studien über Chromatophoren und Chromato- phorenkombinationen !) zog ich auch eine grosse Zahl verschiedener Zierfischarten in den Kreis meiner Untersuchungen. Hierbei ent- deckte ich Erythrophoren besonderer Art, deren rotes und rot- braunes Pigment durch Alkohol nicht extrahiert wird, vielmehr alkoholbeständig ist. Andauerndes Liegen in starkem Alkohol, Behandlung kleiner Hautstücke mit absolutem Alkohol und Xylol, sogar Monate währender Aufenthalt von Hautstücken in einer Mischung von Schwefeläther und absolutem Alkohol zu gleichen Teilen vermochten nicht, den Farbstoff zu verändern und aufzulösen. Von diesen Erythrophoren lassen sich daher sehr bequem tadellose Balsampräparate herstellen, wie die Figuren der Taf. XIV zeigen, welche mit Ausnahme der Fig. 18—23 sämtlich nach Balsampräparaten angefertigt worden sind. Der rote Farbstoft muss daher bei diesen Fischen wohl von anderer chemischer Zusammensetzung sein, als die gewöhnlichen roten Lipochrome der Fischhaut; auch ist er an Körnchen gebunden. Ich will hier in- dessen nicht näher auf weitere chemische Reaktionen dieser alkohol- beständigen roten Pigmente eingehen. Ihre genaue chemische Untersuchung überlasse ich den physiologischen Chemikern, um so mehr, als meiner Ansicht nach das Studium der noch wenig erforschten, so mannigfachen Pigmente der Fischhaut sehr viel- versprechend sein dürfte. Mich als Anatomen interessieren naturgemäss in erster Linie die morphologischen und histologischen Eigenschaften der von mir anfgefundenen Erythrophoren. Da diese mancherlei Abweichungen von den gewöhnlichen Erythrophoren zeigen, will Knochenfischen. Mit 15 mikrophotographischen Abbildungen. Anat. Anz., 42. Bd., Nr. 7/8, 1912. Vgl. auch E. Ballowitz: Zur Kenntnis der Pigment- zellen. Verhandl. d. 84. Vers. deutsch. Naturf. u. Ärzte in Münster i. W. 1912. Derselbe: Die chromatischen Organe in der Haut von Trachinus ripera Cuv. Ein Beitrag zur Kenntnis der Chromatophoren -Vereinigungen bei Knochenfischen. Mit 7 Figuren im Text und Taf. XIV—XVIII. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 104, 1913. Archiv f. mikr. Anat. Bd.82. Abt.1. 14 205 E. Ballowitz: ich Form und Bau der neuen Pigmentzellen in der folgenden Abhandlung eingehender schildern. Zunächst ist hervorzuheben, dass die alkoholbeständigen roten Pigmente in zwei sehr verschiedenen Farbennuancen auf- treten, nämlich als karminrote und als braunrote. Die beiden Farbenunterschiede sind in den Figuren der Tafel wiedergegeben. Die Fig. 1, 2, 5, 6 und 24--31 illustrieren die karminroten, die Fig. 3, 4 und 7—23 die braunroten Zellen. Der auffälligste Farbenton ist derjenige, welchen ich als den karminroten be- zeichnet habe, da er der Karminfarbe am nächsten steht, wenn auch die eigentliche Karminfarbe ein wenig satter ist und etwas ins Bläuliche spielt. In den Präparaten schwankt die Farbe zwischen einem dunkleren, mit einem Stich ins Bläuliche oder Violette gehenden, dem Weinrot sich nähernden Farbenton (Fig. 25—27) und mehr helleren, leuchtend roten Farbentönen, die der Malerfarbe Hell-Rosalack nahekommen. Das hängt auch etwas von der Art der Behandlung ab. In den in Balsam eingeschlossenen Präparaten erscheinen diese Chromatophoren leuchtend hell karminrot (Fig. 1, 2, 5, 6, 28—31) bis tief wein- rot (Fig. 25—27), wenn auch letzteres seltener ist. Diese Farbe weicht sehr ab von dem Rot, Orange und Rotbraun der gewöhn- lichen, in Alkohol nicht beständigen Erythrophoren der Fische. Bei den letzteren, z. B. bei den Gobiiden, habe ich höchstens ein leuchtendes Feuerrot angetroffen mit deutlichem Stich in das Gelbliche. Der karminroten Färbung bin ich dagegen bis jetzt nur bei diesen alkoholbeständigen Pigmenten begegnet. Die andere Farbennuance ist ein davon recht verschiedenes, helleres oder dunkleres Rotbraun, das sich nicht sehr unter- scheidet von dem Farbenton, den die gewöhnlichen, nicht alkohol- beständigen Erythrophoren unter dem Mikroskope oft darbieten. Die karminroten, alkoholbeständigen Pigmentzellen, welche ich zuerst schildern will, konnte ich bei mehreren Gattungen von Zierfischen feststellen und zwar unter den Cyprinodonten bei Fundulus gularis Boulenger und Fundulus Sjöstedti und bei Haplochilus chaperi Sauvage, ferner unter den Cichliden bei Hemichromis bimaculatus Gill. Vereinzelt und in kleinen Gruppen traf ich sie auch bei Pantodon Buchholzi Peters an, bei letzterem Fisch, von welchem ich aber nur ein Alkoholexemplar unter- suchen konnte, waren sie bisweilen recht gross. Erythrophoren besonderer Art in der Haut von Knochenfischen. 209 Besonders schön und zahlreich sind sie bei Fundulus Sjöstedti, bei welchem Knochenfisch ich sie auch zuerst auffand, dann auch bei Fundulus gularis; bei beiden Arten zeichnen sich die Männchen durch schöne dunkelrote Flecken und Streifen aus. Auch die Flossen sind mit solchen Flecken und Binden versehen. Alle diese roten Schmuckfarben der Männchen werden bei den beiden Fundulusarten durch die karminroten Erythrophoren erzeugt. Dabei ist hervorzuheben, dass die roten Zellen bei nahe ver- wandten Arten vermisst werden; so konnte ich sie bei Fundulus chrysotus und Haplochilus rubrostigma nicht auffinden, obwohl der letztere Teleostier, wie schon sein Name sagt, auch leuchtend rote Flecken aufweist. Diese Flecken werden hier aber durch Chromatophoren mit gewöhnlichem, alkohollöslichem, braunrotem Pigment verursacht. Die Fig. 1 und 2 der Taf. XIV geben Übersichtsbilder über die Chromatophorenverteilung in den roten Hautstellen von Fundulus Sjöstedti bei schwacher, SOfacher Vergrösserung. Zwischen den roten Zellen finden sich Melanophoren aus- gestreut, welche meist in den Lücken zwischen den Erythrophoren liegen und die letzteren zum Teil überdecken, wenn ihr Melanin ausgeströmt ist. Da in den Melanophoren der Fig. 1 und 2 das Melanin centralwärts zusammengeballt ist, so liegen fast alle Erythrophoren frei vor und bringen ihre prächtig leuchtend rote Farbe zur Geltung. In Fig. 1 sind sie spärlicher und erscheinen durch breitere, hellere Lücken meist voneinander getrennt. Ihr rotes Pigment ist fast in allen zentralwärts zusammengeballt. In Fig.2, welche einem Hautstück entnommen wurde, welches dunkler rot gefärbt war als dasjenige der Fig. 1, sind dagegen die roten Pigmentmassen in den Zellplatten ausgebreitet, auch liegen hier die Zellen dichter. Infolgedessen sind nur schmale, helle Trennungslinien zwischen den einzelnen roten, unregel- mässigen Farbflecken übrig geblieben, so dass das Ganze eine leuchtend rote, dichte Chromatophorenschicht bildet. Betont sei, dass diese roten Zellen, auch wenn sie noch so dicht zu- sammenliegen, nicht zusammenfliessen und niemals Netze bilden, vielmehr stets deutlich voneinander getrennt bleiben, wie es ja auch für die Melanophoren der Knochenfische gilt. Die Fig. 5 und 6, gleichfalls Übersichtsbilder bei 8Ofacher Vergrösserung, stammen aus der Rumpfhaut eines anderen Zier- az 210 E. Ballowitz: fisches, des Haplochilus chaperi, bei welchem die Erythrophoren nur zu kleinen Gruppen und Streifen angeordnet sind. Die oberflächliche, aus vereinzelt liegenden Melanophoren bestehende Chromatophorenschicht ist nicht mitgezeichnet, um das Bild nicht zu komplizieren und undeutlich zu machen. In Fig. 5 ist die rote und schwarze Pigmentmasse mässig ausgedehnt, so dass die einzelnen Rotzellen mit ihren Fortsätzen noch deutlich abgegrenzt werden können. In Fig. 6 dagegen ist das rote Pigment maximal ausgedehnt, so dass blasser und mehr gleichmässig gefärbte, karminrote, kleine Flächen entstanden sind, wie ich das bei Haplochilus chaperi öfter gesehen habe. Auch in den zierlichen Melanophorensternen ist das Melanin in die Peripherie geströmt und besonders in den Enden der Fortsatzstrahlen angehäuft; die Mitte der Zellen erscheint daher heller. Infolgedessen hat sich ein Teil des schwarzen Pigmentes über die roten Zellen gelagert und verdeckt sie zum Teil. Nur unten rechts haben vier Ery- throphoren ihr Pigment zusammengeballt; dadurch sind, ähnlich wie in Fig. 1, kleine, kreisrund begrenzte, pünktchenartige Flecken entstanden. Die tlächenhafte Ausbreitung und Zusammenballung des Pigmentes findet also in gleicher Weise statt wie bei den sternförmigen Melanophoren. Schon diese, bei schwacher Vergrösserung gezeichneten Über- sichtsbilder zeigen, dass unsere Erythrophoren kleine, platte Zellen mit nur wenigen kurzen, sehr spärlich verzweigten Fortsätzen bilden. Die Fig. 23—31 führen uns nun einzelne Rotzellen mit aus- gebreitetem Pigment bei stärkerer, ca. 45Vfacher Vergrösserung zur Erläuterung ihrer Gestalt vor. Die Zellen gleichen dünnen, meist etwas unregelmässigen Sternen mit nur wenigen (bis zehn), breiten und kurzen Fortsätzen: die letzteren sind meist keil- förmig, häufig etwas unregelmässig und nur sehr wenig durch hier und da eintretende Spaltungen geteilt. Dadurch erlangen die Zellen ein mehr gelapptes Aussehen. Wo die Zellen dichter liegen und aneinander stossen, wird ihre Form dadurch beeinflusst, wie die beiden dicht zusammenliegenden Zellen der Fig. 25 rechts zeigen. Aber auch dann findet niemals eine direkte Verbindung je zweier Zellen statt; wie die Melanophoren, so bleiben auch sie stets durch eine schmale, helle Trennungslinie voneinander getrennt, auch wenn bei maximal ausgebreitetem Pigment die Fortsätze einander sich fast bis zur Berührung genähert haben. Erythrophoren besonderer Art in der Haut von Knochenfischen. 211 Eine Sphäre fand ich in diesen Zellen an meinen Balsam- präparaten nur selten als hellere zentrale Stelle angedeutet (Fig. 26). Auch die Kerne waren nur in sehr vereinzelten Zellen als zwei helle, ovale oder kreisrunde Flecke zu erkennen (Fig. 29 und 30; in Fig. 31 ist nur ein Kernfleck vorhanden). Sehr wohl ist aber schon bei dieser schwächeren, 400- bis 500fachen Vergrösserung (Fig. 25—31) festzustellen, dass das rote Pigment von ziemlich groben, roten Körnern gebildet wird, die sich überall dort finden, wo in den Zellen die karminrote Färbung hervortritt. Die Körner sind im Zellenleib und in den lappenartigen Fortsätzen meist gleichmässig verteilt (Fig. 25 und 27—31). Nicht selten fand ich sie aber auch mehr in den peripherischen Teilen der Fortsätze angehäuft. Alsdann erschien bei schwächeren Vergrösserungen das Innere der Erythrophoren mehr diffus gefärbt und heller (Fig. 5 und besonders Fig. 26). Den Aufschluss über diese Erscheinung gab mir das Studium der Zellen bei Untersuchung mit Immersionssystemen. In Fig. 24 sehen wir eine Zelle bei Zeiss, homogene Immersion 2 mm, Apt. 1,30, Comp.-Oeul. 12 (1500fache Vergrösserung) dargestellt. Die unregelmässigen, lappenartigen Fortsätze des Sternes sind erfüllt mit groben, rundlichen, leuchtend roten Körnern, denselben, die wir, wie oben erwähnt, schon bei schwacher Vergrösserung wahrnehmen konnten. Sie sind stark lichtbrechend und glänzend, ihr Inneres erscheint gewöhnlich etwas heller. Diese Körner haben nicht alle die gleiche Grösse, hier und da sind etwas kleinere darunter, die aber im übrigen dasselbe Aussehen zeigen wie die grossen. Unten rechts ist in der Fig. 24 das Stück eines Melanophorenarmes mit ausgebreiteten Melaninkörnchen daneben gezeichnet, um die Grössenunterschiede der Körnchen zu illu- strieren. Wir erkennen, dass die Durchschnittsgrösse der Melanin- körnchen wesentlich geringer ist als die der roten Farbstoftkörner unserer Rotzellen, wobei bemerkt sei, dass die Melaninkörner in ihrer Grösse auch ein wenig variieren. Die Untersuchung mit Immersion ergibt nun, dass diese grossen, roten Körner nicht die einzigen Körnchenbildungen in der Zelle sind und nicht allein ihre rote Färbung hervorrufen. Vielmehr finden sich ausserdem noch weit kleinere Körnchen in grosser Zahi vor allem an den Stellen der Zellen, welche bei schwacher Vergrösserung vorher mehr diffus rot erschienen (vgl. >12 E. Ballowitz: das Innere der Fig. 26). Auch diese feinen, zarten Körnchen sind rot gefärbt, ihre Färbung ist aber blasser, matter als die der grossen Körner, wohl auch hauptsächlich infolge ihrer geringeren (Grösse. Sie sind auch nicht so stark lichtbrechend wie die grossen. Diese Körnchen sind an den Stellen am besten zu sehen und fallen dort am meisten auf, wo die groben Körner spärlicher sind oder ganz fehlen, wie z. B. in der Mitte der Zelle der Fig. 24 Aber auch zwischen den gröberen Körnern in den Fortsätzen und ganz am Rande, z. B. in Fig. 24 rechts oben, findet man sie bei genauer Einstellung, nur werden sie hier von den groben Körnern gewöhnlich mehr verdeckt. Diese feinen, blassen, roten Körnchen habe ich nicht allein bei den beiden Fundulusarten und Haplochilus, sondern auch bei Hemichromis angetroffen. Ihre Zahl scheint aber zu schwanken. Einige Male habe ich in gut fixierten Präparaten unter den in dünner Lage ausgebreiteten groben Körnern vergeblich danach gesucht. Auch wird ihr Sichtbarwerden wohl durch die ver- schiedene Art der Behandlung der Präparate beeinflusst. Ent- nimmt man die Hautstücke Fischen, welche schon längere Zeit abgestorben waren, so sind die Unterschiede verwischt, auch die groben Körnchen büssen alsdann für gewöhnlich ihr starkes Licht- brechungsvermögen ein und erscheinen bei starker Vergrösserung blass, wenn auch die Zellen bei schwacher Vergrösserung noch prachtvoll rot gefärbt aussehen. Ich glaube nun nicht, dass die kleinen, blassen Körnchen aus den gröberen dadurch hervor- gegangen sind, dass infolge der Behandlung in den Balsam- präparaten vielleicht ein Teil des roten Pigmentes aus ihnen extrahiert wurde, und sie dadurch kleiner und blasser erscheinen. Vielmehr bin ich der Ansicht, dass sich in diesen Zellen, wie Fig 24 zeigt, zwei Arten roter Farbkörnchen vorfinden, grosse, stark lichtbrechende und kleine blasse. Beide erscheinen aller- dings durch Übergänge der Grösse nach miteinander verbunden; auch trifft man kleine rote Körnchen mit starkem Glanze an. Aus obigem geht mithin hervor, dass in den karminroten Erythrophoren zwei verschiedene Arten von Farbstoffkörnchen vorhanden sind, welche beide zusammen die karminrote Färbung hervorrufen, das sind grosse, leuchtend rot gefärbte Körner und kleine, blasser rot tingierte Körnchen. Beide sind alkohol- beständig. Es sei noch erwähnt, dass die Fig. 1, 2, 5, 6 und Erythrophoren besonderer Art in der Haut von Knochenfischen. 213 24—31 nach Präparaten gezeichnet worden sind, welche teils mit Eisessig-Sublimat (5°/o Eisessig), teils mit Alkohol, teils mit Alkohol und Äther zu gleichen Zeiten fixiert waren; in letzterer Flüssigkeit hatten die Präparate monatelang gelegen. Auch die mit Eisessig-Sublimat fixierten, alsdann mit Jodalkohol behandelten Präparate hatten sich vor ihrer Verarbeitung wochenlang in Alkohol befunden; in ihnen erschienen die Zellen oft besonders hell (Fig. 23—31). Auch machte ich einige Male die Beobachtung, dass nach zu langem Aufenthalt in Jodalkohol die rote Färbung der Körnchen verschwand. Die andere Art der alkoholbeständigen roten Pigmente, die ich auffand, waren, wie oben schon erwähnt, die braunroten. Die Farbennuance der damit beladenen Chromatophoren veran- schaulichen die Fig. 3, 4 und 7—23; die Fig. 3, 4 und 7—17 wurden nach mit Alkohol behandelten Balsampräparaten, Fig. 18 —23 nach lebensfrischen, in physiologischer (0,75 proz.) Kochsalzlösung unter dem Deckglas eingeschlossenen Hautstücken gezeichnet. Die Farbe dieser Pigmente unterscheidet sich wesentlich von der der karminroten dadurch, dass sie ausgesprochen braun erscheint. Der braune Farbenton tritt besonders hervor, wenn das Pigment zusammengeballt ist und sich dadurch in dickerer Lage befindet. Fig. S—11, 16 und 17 nach Alkoholpräparaten. Ganz besonders dunkel und gesättigt, einem hellen Kaffeebraun sich nähernd, wird die Farbe des zusammengeballten Pigmentes in den lebensfrischen Zellen (Fig. 18 —20). Breitet sich das Pigment aus, so dass es sich in dünner Lage verteilt, so wird die braune Farbe heller und erhält oft, besonders in den Baisampräparaten, einen sehr deutlichen Stich ins Rosa (Fig. 4, 12 und 13). So gefärbte Chromatophoren stellte ich gleichfalls bei mehreren Zierfischen aus verschiedenen Familien fest und zwar unter den Uyprinodontidae bei Xiphophorus helleri Heckel, unter den Anabantidae bei Betta rubra und unter den Nandidae bei Badis badis. ie Fig. 3 gibt nach einem mit Alkohol behandelten Balsam- präparat ein Übersichtsbild der Rumpfhaut von Badis badis. Man sieht braunrote, etwas gelappte, unregelmässig sternförmige Zellen in zierlicher Weise einzeln zwischen den Melanophoren verteilt. so dass jeder Melanophor von einem Erythrophorenkranze um- stellt ist. Die regelmässige Sterne bildenden Melanophoren über- 214 E. Ballowitz: decken mit den Enden ihrer Fortsätze, die maximal mit Pigment gefüllt sind, zum Teil die Rotzellen. Ähnliche Bilder liefert nach Alkoholpräparaten die Haut von Betta rubra. Ganz anders dagegen sehen die Balsampräparate aus, welche von den schön braunroten Seitenstreifen angefertigt wurden, welche die Männchen des prächtigen Xiphophorus zieren. In Fig. 4 haben wir ein Stück dieses Seitenstreifens in einem Übersichtspräparat bei schwacher. SOfacher Vergrösserung vor uns. Das dem frisch getöteten Fisch entnommene Hautstück hatte wochenlang in einem (Gemisch von Äther sulfur. und Alkohol absol. zu gleichen Teilen gelegen. Der grösste Teil der Chromatophoren hat sein Pigment radıär ausströmen lassen, so dass es maximal ausgebreitet ist. Da die Uhromatophoren in dichter Schicht liegen, erhalten diese Hautstellen unter dem Mikroskop bei schwacher Vergrösserung eine fast gleichmässige braunrote, ins Rosa spielende Färbung, Fig. 4 links und besonders rechts. Die einzelnen Zellbezirke geben sich aber gewöhnlich dadurch kund, dass ihre meist strahlenartig angeordneten Pigmentmassen einem Zentrum zu- streben, und dass sich in diesen Zentren ein heller Sphärenfleck vorfindet (vgl. Fig. 4 rechts und links). Schon bei schwacher Vergrösserung (Fig. 4) fällt oft die bedeutende (Grösse dieses Sphärenfleckes auf. Hier und da trifft man in den roten Seiten- streifen aber auch Gruppen von Erythrophoren an, deren Pigment zusammengeballt ist. Aber auch dann ist die Sphäre als kleinerer, hellerer, oft verschwommener Fleck meist noch sichtbar geblieben (Fig. 4, Mitte der Zeichnung). Darüber ausgestreute Melanophoren verschiedener Grösse zeigen gleichfalls alle möglichen Phasen der Ausstrahlung und der Zusammenballung des Pigmentes (Fig. 4). Untersucht man diese Balsampräparate bei etwas stärkerer, 400 -- 500 facher Vergrösserung, so erhält man Bilder der einzelnen Erythrophoren, wie sie in den Fig. 7—17 dargestellt sind. Dabei ist zunächst die verschiedene Grösse der zusammengeballten Pigmentmassen zu beachten, die auch schon in dem Übersichts- bild der Fig. 4 hervortritt. Während bei manchen der Sphären- tleck nur angedeutet ist, erscheint er bei anderen, oft dicht daneben liegenden Zellen auffällig gross und kreisrund (Fig. 7, 14 und 15). Auch ist die Anzahl der braunen Pigmentkörnchen in gleich grossen Zellen sehr verschieden, wie aus der ver- Erythrophoren besonderer Art in der Haut von Knochenfischen. 215 schiedenen Intensität der braunen Farbe geschlossen werden muss, und wie ein Vergleich der Fig. 7, 8, 9, 11, 14 und 16 zeigt. Kernflecke habe ich in dem zusammengeballten Pigment niemals angetroffen; ich vermute daher, dass die Kerne bei dem zentralen Rückströmen des Pigmentes ebenso ausserhalb des letzteren im pigmentfrei werdenden Protoplasma liegen bleiben, wie ich dies für die Melanophoren'!) kürzlich nachgewiesen habe. Um so deutlicher treten oft die Kerne in den Erythrophoren mit ausgebreitetem Pigment als gewöhnlich zwei rundliche oder elliptische, helle Flecke hervor (Fig. 13). Schon bei schwacher Vergrösserung stellt man fest, besonders deutlich an dem aus- geströmten Pigment, dass die braunrote Farbe an kleine, etwas verschieden grosse Körnchen gebunden ist (Fig. 12 und 13, auch Bier 7 1, und) 1417). Die Untersuchung der lebensfrischen Zellen führt nun zu dem bemerkenswerten Resultat, dass die braunroten Körnchen nicht die einzigen Pigmentkörnchen dieser Zellen sind; vielmehr finden sie sich stets vergesellschaftet mit reichlichem, gelbem Pigment. Dies gilt sowohl für Xiphophorus als auch für Betta und Badis. Die Fig. 18—22 stammen aus lebensfrischen, in physiologischer Kochsalzlösung untersuchten Hautstücken von Xiphophorus (roter Seitenstreifen) und sind bei derselben 450- fachen Vergrösserung gezeichnet, wie Fig. ”—17 nach Alkohol- präparaten. In Fig. 18—20 ist das braunrote Pigment zusammen- geballt und erscheint fast kaffeebraun. In Fig. 21 und 22 dagegen hat es sich in radiären Bahnen ausgebreitet. In beiden Figuren ist die Sphäre als kleiner, zentraler, heller Fleck sehr deutlich. In Fig. 22 sieht man auch sehr gut die beiden exzentrisch ge- lagerten Kerne als ovale, helle Flecke, über welche das braune Pigment hinweg zieht. In den beiden letzteren Figuren ist nun die ganze Zelle in ihrem mittleren Teil sowohl wie auch in ihren sämtlichen Fortsätzen erfüllt mit einem hellgelben Pigment, welches sich in die Fortsätze weiter gegen die Peripherie er- streckt als das braune. Auch in den in Fig. 18—20 abgebildeten Farbstoftzellen mit zusammengeballtem braunrotem Pigment ist der gelbe Farbstoff meist noch in einem Teil der Fortsätze liegen !, E. Ballowitz: Das Verhalten der Zellkerne bei der Pigment- strömung in den Melanophoren der Knochenfische. Nach Beobachtungen am lebenden Objekt. Biologisches Zentralblatt, 1913. 216 E. Ballowitz: geblieben, so dass diese intensiv gelb erscheinen, während die braunroten Pigmentkörnchen aus den Fortsätzen vollständig ver- schwunden sind. Studiert man dieses frische Objekt nun mit Immersions- Systemen, so erkennt man, dass auch der gelbe Farbstoff an Körnchen gebunden ist, welche dadurch, dass sie dicht neben- und übereinander liegen, die gelbe Farbe hervorrufen. Fig. 23 zeigt das Endstück eines Fortsatzes mit braunem und gelbem Pigment bei Untersuchung mit der Zeissschen homogenen Immersion 2 mm, Apt. 1,50, Comp.-Ocul. 12 bei 1500facher Vergrösserung; es sind nur die Körnchen gezeichnet, die bei einer bestimmten Einstellung sichtbar waren. Der Fortsatz ist erfüllt mit zwei verschieden gefärbten Körnchenarten, braunroten und gelblichgrauen. Die ersteren sind weniger zahlreich und bedingen die braunrote Färbung. Ihre Grösse ist verschieden. Die grössten Körnchen erreichen die Grösse der oben bei den karminroten Farbzellen geschilderten groben Körner, wie der Vergleich mit der bei derselben Vergrösserung gezeichneten Fig. 24 dartut. Zahlreicher als diese grösseren sind aber kleinere braune Körnchen. Zwischen den braunroten Farbkörnern befinden sich nun sehr zahlreiche und sehr feine, gelblichgraue Körnchen, welche bei dieser Vergrösserung einen schwachen Schimmer ins Grünliche zeigen. Sie erzeugen die gelbe Färbung. Ein diffuser, gelber Farbstoff ist daneben nicht nachweisbar. Es will bisweilen scheinen, als ob kleinere Körnchen den Übergang zwischen den roten und gelben Körnchen vermitteln. Wir haben es hier demnach mit einer Kombination von braunroten und gelben Farbstoffkörnchen zu tun. Ich will daher diese Chromatophoren als Xantho-Erythrophoren bezeichnen. Das Interessante und Eigenartige dabei ist nun, dass der gelbe, in den kleinen Körnchen sitzende Farbstoff zu den Lipochromen gehört, die in Alkohol sehr leicht und vollständig löslich sind. In den in gewöhnlicher Weise hergestellten, zuvor mit Alkohol behandelten Balsampräparaten ist daher von dem gelben Farb- stoff keine Spur mehr vorhanden, wie uns die oben besprochenen Fig. 7—17 ja gezeigt haben. Nur wenn man die frischen Präparate sehr schnell mit Alkohol und Xylol behandelt, bleibt von dem gelb- lichen Farbstoff noch eine geringe Spur als gelblicher Schimmer zurück. Erythrophoren besonderer Art in der Haut von Knochenfischen. 217 Die Xantho-Erythrophoren der oben aufgeführten Fische enthalten mithin zwei an verschiedenartige Körnchen gebundene, auch chemisch differente Farbstoffe, einen alkoholbeständigen, braunroten und einen alkohollöslichen, gelben. Nicht unerwähnt will ich lassen, dass ich einige Male unter den Zellen des rotbraunen Seitenstreifens von Xiphophorus auch spärliche, kleine, gelappte, karminrote Zellen antraf. Leider ging mir zu Beginn des Winters das, nebenbei bemerkt, recht kostspielige Fischmaterial aus, so dass ich die Untersuchung der Xantho - Erythrophoren nicht noch weiter fortsetzen konnte. Es sei nur noch bemerkt, dass mir die Beziehungen der Xanthophoren zum roten, allerdings in Alkohol löslichen Pigment von anderen Untersuchungen her schon längst bekannt waren. So trifft man regelmässig, z. B. in den Xanthophoren des Dorsches, rote Pigmentkörnchen an. Auch konnte ich bei Gobiiden nach- weisen, dass die grossen, leuchtend feuerroten Erythrophoren dieser Fische direkt aus den Xanthophoren hervorgehen. Hierüber hoffe ich demnächst weitere Mitteilungen machen zu können. Die gelben und roten Farbstoffzellen der Knochenfische sind, wohl infolge der Schwierigkeit, die sich ihrer Untersuchung ent- gegenstellen, von den Histologen recht stiefmütterlich behandelt worden. Nur K. W. Zimmermann!) hat mit Bezug auf ihre Kerne und Sphäre etwas nähere Angaben gemacht. Bei Mittel- meerfischen konnte dieser Autor in den gelben und roten Zellen, ebenso wie in den Melanophoren, die „gewöhnliche Form der Attraktionssphäre mit minimalem, kugeligem und anscheinend homogenem ÜCentrosoma“ nachweisen. Von den Xanthophoren der Larven des Blennius trigloides bildet er die Sphäre ab, in welcher sich das gewöhnliche, minimale, rundliche Zentral- körperchen befindet. Die Kerne, welche der Autor in diesen Gelbzellen gewöhnlich zu zweien, ausnahmsweise auch zu dreien und einmal sogar zu vieren. antraf, liegen in der Zelle so, dass sie gleiche Abstände vom Üentrosoma besitzen. Die Farbstoft- einlagerungen hat K.W.Zimmermann unberücksichtigt gelassen. ) K.W.Zimmermann: Studien über Pigmentzellen. I. Über die Anordnung des Archiplasmas in den Pigmentzellen der Knochenfische. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XXXXI. 218 E. Ballowitz: Erklärung der Abbildungen auf Tafel XIV. Die Figuren stellen bei verschiedenen Vergrösserungen Erythrophoren mit alkoholbeständigem Pigment aus der äusseren Haut des Rumpfes von Knochenfischen in Flächenansicht dar, und zwar die Fig. 1, 2, 5, 6 und 24—31 Erythrophoren mit karminrotem Pigment, die Fig. 3, 4 und 7—23 solche mit braunrotem Pigment. Die Fig. 1—17 und 24-31 sind nach mit absolutem Alkohol (mit und ohne vorhergehende Fixierung durch Eisessig- Sublimatlösung) resp. mit Äther-Alkohol behandelten, in Kanadabalsam ein- geschlossenen Präparaten, die Fig. 15—23 nach lebensfrischen, in physiologischer Kochsalzlösung unter dem Deckglas untersuchten Präparaten gezeichnet. Die Übersichtspräparate Fig. 1-6 wurden bei 80facher, Fig. 22 und 25—31 bei ca. 450facher, und Fig. 23 und 24 bei 1500 facher Vergrösserung dargestellt. Fig. 1 und 2. Flächenansicht von Hautstücken der roten Flecken hinter dem Kopfe von männlichen Exemplaren des Fundulus Sjöstedti bei schwacher Vergrösserung. Leitz, Obj. 3, Ocul. III. In Fig. 1 sind die Pigmentmassen der schwarzen und roten Farbzellen zu- sammengeballt. In Fig. 2 ist das Pigment der zahlreich und dicht nebeneinander liegenden Erythrophoren meist ausgeströmt. Fig. 5. Hautstück des Rumpfes von Badis badis bei schwacher Ver- grösserung, Leitz, Obj. 3, Ocul. III. Das Pigment der sternförmigen Melanophoren ist maximal ausgebreitet und überdeckt zum Teil die dazwischen zerstreut liegenden Zellen mit braun-rotem Pigment. Fig. 4 Hautstück aus dem roten Seitenstreifen eines Männchens von Xipho- phorus helleri Heckel bei schwacher Vergrösserung, Leitz, Obj. 5, Oeul. III. Das braunrote Pigment ist zum Teil ausgeströmt, zum Teil zusammengeballt. Das gleiche gilt für die vereinzelten Melanophoren. ie. 5 und 6. Zwei Hautstücke von verschiedenen Teilen des Rumpfes von Haplochilus chaperi Sauvage bei schwacher Vergrösserung, Leitz, Obj. 3, Oecul. III. In Fig. 6 ist das rote Pigment zum Teil maximal ausgeströmt, zum Teil (unten rechts) zusammengeballt; es wird zum Teil überdeckt von dem vollständig ausgebreiteten Melanin der Melanophoren. Fig. —17. Einzelne braunrote Pigmentzellen in verschiedenen Ausdehnungs- zuständen des braunroten Pigmentes; das ursprünglich vorhandene gelbe Pigment ist durch die Alkoholbehandlung völlig aufgelöst und verschwunden. Aus Hautstücken der roten Längsstreifen am tumpf von männlichen Exemplaren des Xiphophorus helleri. Leitz, Obj. 7, Oeul. III. In den Fig. ”—11 und 14—17 ist das braunrote Pigment zusammengeballt. Die Sphäre erscheint als zentraler, heller, pigmentfreier Fleck, der in den Fig. 7 (zwei nebeneinander liegende Zellen‘, 14 und 15 auffällig gross und kreisrund begrenzt ist. In den Fig. 12 und 13 ist das alkoholbeständige, braunrote Pigment radiär ausgeströmt. Während in Fig. 12 die Sphäre nur undeutlich ist, erscheint sie in Fig. 13 als grosser kreisrunder Fleck, neben welchem zwei exzentrisch gelegene, helle Kernflecke sehr deutlich sind. Erythrophoren besonderer Art in der Haut von Knochenfischen. 219 Fig. 18—22. Xantho-Erythrophoren aus Hautstücken der roten Seitenstreifen Fig. Fig. des Rumpfes von männlichen Exemplaren des Xiphophorus helleri Heckel nach lebensfrischen, in physiologischer Kochsalzlösung unter dem Deckglas untersuchten Präparaten. Leitz, Obj. 7, Ocul. III. In den Fig. 18—20 ist das braunrote, alkoholbeständige Pigment zentralwärts zusammengeballt; die Sphäre ist nur an vier Erythro- phoren als hellere, verwaschene Stelle zu erkennen. Das gelbe Pigment ist noch zum Teil in den Protoplasmafortsätzen enthalten. 21 und 22. Zwei Xantho-Erythrophoren mit ausgeströmtem, rotem und . 24. gelbem Pigment. Die Sphäre ist als zentraler Punkt deutlich. Anordnung der roten Pigmentkörnchen in radiären Reihen. In Fig. 22 sind zwei exzentrisch gelagerte Kerne als ovale, helle Flecken sehr deutlich. Endstück eines Fortsatzes von einem Xantho-Erythrophoren mit ausgeströmtem braunrotem und gelbem Pigment bei starker, 1500- facher Vergrösserung, Zeiss, homogene Immersion 2 mm, Apt. 1,30, Comp.-Oeul. 12. Man sieht die grösseren braunroten Körnchen und dazwischen die kleinen, zarteren, gelblichgrau erscheinenden Pigmentkörnchen, welche letzteren die gelbe Färbung verursachen. Erythrophor mit alkoholbeständigem, karminrotem Pigment aus einem Hautstück, welches mehrere Wochen in einem Gemisch von Alkohol absol. und Äther sulfur. zu gleichen Teilen gelegen hatte. Das Hautstück stammt vom Rumpfe eines männlichen Fundulus gularis. 1500 fache Vergrösserung, Zeiss, homogene Immersion 2 mm, Apt. 1,30, Comp.-Ocul. 12. In der Peripherie der gelappten Zelle befinden sich hauptsächlich die grossen, gröberen, roten Farbkörner, während die kleinen, blassen, roten Körnchen vor- wiegend die zentralen Teile der Zellen ausfüllen. Zum Vergleich ist das Stück eines Melanophoren-Fortsatzes mit ausgebreitetem Pigment rechts darunter gezeichnet, um die Grössenunterschiede zwischen den wesentlich kleineren Melaninkörnchen und den grossen roten Körnern zu zeigen. Fig. 25—27. Fünf Erythrophoren aus der Haut von Fundulus gularis mit ausgebreitetem Pigment. In Fig. 26 sind die groben, roten Körner aus der Mitte in die Peripherie der Fortsätze ausgeströmt (vgl. Fig. 24). Leitz, Obj. 7, Ocul. II. Zum Teil nach Präparaten, welche wochenlang in einem Gemisch von Alkohol absol. und Äther sulfur. zu gleichen Teilen gelegen hatten, zum Teil aus mit Eis- essig-Sublimat fixiertem Material. Fig. 23—31. Vier Erythrophoren mit ausgebreitetem Pigment aus der Haut von männlichen Exemplaren des Fundulus Sjöstedti. In den Fig. 293—31 sind hellere, abgegrenzte Flecke sichtbar, die wohl den Kernen entsprechen. Leitz, Obj. 7, Ocul. III. Nach mit Eisessig-Sublimat fixierten, in Balsam eingeschlossenen Präparaten. Berichtigung. Durch ein Versehen sind in der Arbeit Adloff „Zur Entwicklungs- geschichte des menschlichen Zahnsystems usw.“ (Archiv f. mikr. Anat., Bd. 82, Abt. I, Seite 1) die Figuren auf den beiden zugehörigen Tafeln zum Teil falsch bezeichnet und müssen wie folgt abgeändert werden. Auf Tafel I für Fig. 4a und b Fig. 3a und b TEE N) 2. dia, 7-00 een, Ar nd AG 7 alias 0b 0) „ „ ita „ b „ 54 „ b DE LEER) BRITEN 2216 „0 Auf Tafel Il für Fig. 12 Fig. 11 > le 17 ER UL Zu Be Erin Ai Dr ve er ee. Fa! Marsa me Mar, Pr? = h \og Reel Blei): a en A ala # 2 y= var 0 we Rn ?- Be. a prä EN a nt, 9 j re ET We 1 BI I an we NER Ta Pan KALO, r Um" zu » ij) al EM! a RR EN) DI | N ne a ur ER | Au 16 a u ae N; Ri F x Be we Erre Kork u Aa} ai ie Ay a - 1 07 f I { k 221 Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte des Blutgefäßsystems. Meker!: Anatomische und physiologische Grundlagen. Von Curt Elze, Heidelberg. Hierzu Tafel XV und 7 Textfiguren. Einleitung. Über die Entwicklungsgeschichte des Blutgefäßsystems herrscht in den letzten Jahren fast allgemein eine Meinung, welche in ihren Konsequenzen dazu führen würde, die Resultate aller bisherigen Untersuchungen zum grössten Teile illusorisch zu machen und vor allem der vergleichenden Entwicklungs- geschichte des Gefäßsystems ihre Grundlagen zu entziehen. Wohl nur dem Umstande, dass diese Konsequenzen nicht gezogen wurden, verdankt diese Lehre ihre Existenzmöglichkeit. Sie besagt, dass das Blutgefäßsystem in Form eines „indifferenten Kapillarplexus“ angelegt werde, aus dem erst sekundär Arterien und Venen infolge Bevorzugung einzelner Bahnen durch den Blutstrom herausgebildet würden. — Ohne hier auf die, einem späteren Abschnitte vorbehaltene historische Entwicklung dieser Theorie einzugehen, welche ich der Kürze halber als die „Netz- theorie“ bezeichnen möchte, will ich erwähnen, dass sie ihre kräftigste Stütze durch die Untersuchungen von Evans erhalten hat, welcher mit einer glänzenden Injektionsmethode das gesamte embryonale Gefäßsystem einschliesslich der Kapillaren zur Dar- stellung brachte. So hoch ich den Wert dieser Methode ein- schätze — ich habe sie selbst vielfach geübt, nachdem mich Evans in sie eingeführt hatte, wofür ich ihm zu grossem Danke verpflichtet bin —, so bin ich doch der Überzeugung, dass sie die alte Methode der Beobachtung des Kreislaufes im lebenden Embryo nicht entbehrlich machen kann. Den Forschern, welche Archiv f. mikr. Anat. Bd.82. Abt.I. 15 222 Curt Elze: die Entwicklung des Gefäßsystems an lebenden Embryonen unter- suchten, waren ausser den Arterien und Venen die Kapillarnetze wohl bekannt, wie die Lektüre der Arbeiten, z.B. K.E. von Baers oder Rathkes, hinlänglich zeigt. Bei der modernen Art der Untersuchung an Schnittserien konnten freilich dem weniger auf- merksamen Beobachter die Kapillarnetze entgehen, und nur so ist es wohl erklärlich, dass man, als in den Injektionspräparaten die Kapillarnetze wieder mit allen Einzelheiten hervortretend gefunden wurden, zu der unberechtigten Meinung gelangen konnte, dass den früheren Untersuchern die Existenz dieser Kapillar- netze unbekannt gewesen sei. — Weiterhin haben sich die An- hänger der „Netztheorie“ einer voreiligen Verallgemeinerung schuldig gemacht. Sie untersuchten nur Vogel- und Säuger- embryonen. Hätten sie einmal eine lebende Tritonlarve unter dem Mikroskop beobachtet, so hätten ihnen sofort starke Be- denken gegen ihre Theorie aufkommen müssen. Beobachtungen und Überlegungen, an verschiedenartigen Objekten angestellt, im Verein mit vielfältigen Literaturstudien, haben mich zu den nachstehenden Ausführungen veranlasst, in welchen ich glaube zeigen zu können, dass die „Netztheorie“ nur zu einem geringen Teile und auch dann nur in wesentlich veränderter Form beibehalten werden kann. Da die Netztheorie besagt, dass die Blutgefäßstämme sich entwickeln aus indifferenten Kapillarnetzen durch die mechanische Wirkung des Blutstromes, so muss die kritische Prüfung vor der Erörterung der Einzelheiten von den beiden Grundfragen ausgehen: 1. werden die Blutgefässe in Form eines indifferenten Netzes angelegt? und 2. haben die mechanischen Faktoren des Blut- stromes Einfluss auf die Entwicklung, oder genauer gesagt, auf die Morphogenese des Blutgefäßsystems ? Die Beantwortung der ersten Frage führt zu dem Ergeb- nisse, dass nur die Amnioten, nicht aber die Anamnier, in frühen Embryonalstadien Kapillarnetze aufweisen. Es ergibt sich damit die Notwendigkeit, nachzuforschen, wodurch dieser Unterschied wohl bedingt sein könne. — Der Beantwortung der zweiten Frage, für welche wesentlich die Abhandlungen von Roux und R. Thoma in Betracht kommen, werden zur Erleichterung der Darstellung einige Bemerkungen über allgemeine Erscheinungen der Morphogenese des Blutgefäßsystems, wie über die sogenannten Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte ete. 223 Wanderungen, Wachstumsverschiebungen usw., in einem besonderen Abschnitte vorausgeschickt. — Mit diesen Ausführungen sind dann die Grundlagen für die nähere Kritik der „Netztheorie“ selbst gewonnen. Die vorliegenden Studien sind ein Resultat meiner Tätigkeit im II. Anatomischen Institut in Wien. Ich empfinde es als eine angenehme Pflicht, Herrn Prof. Hochstetter, der meinen Arbeiten in entgegenkommendster Weise jegliche Förderung hat angedeihen lassen, meinen aufrichtigsten Dank zu sagen. I. Die Formen des Überganges zwischen Arterie und Vene. Zunächst ist die Frage nach dem allgemeinen Charakter des Blutgefäßsystems bei den Embryonen zu erörtern, oder, anders ausgedrückt, die Frage, wie das Übergangsgebiet zwischen Arterien und Venen sich darstellt. Es zeigt sich nämlich bei näherer Betrachtung, dass die übliche Einteilung der Blutgefässe in Arterien, Venen und Kapillaren nicht allen Befunden gerecht wird, am wenigsten denen, welche die Embryonen in frühen Stadien zeigen. Vielmehr erweist es sich als erforderlich, drei verschiedene Formen des Überganges zwischen Arterie und Vene zu unterscheiden, wie dies von älteren Autoren geschah, aus- führlich z. B. von Österreicher (1826), am präzisesten von Johannes Müller (1832, Bd. 4, S. 188). Des Interesses halber möchte ich die Stelle wörtlich zitieren. Sie lautet: „Die hauptsächlichsten Verschiedenheiten, welche man am Übergange der Arterien in die Venen bemerkt, sind die folgenden. 1. Das arterielle Strömchen biegt sich um und wird ohne weiteres zur Vene. Dies haben besonders Haller, Döllinger und Österreicher bei jungen Fischen bemerkt, wo der arterielle Strom gegen Ende des Schwanzes ohne weitere Schlingen zur Vene umbiegt. 2. In den Kiemen der Fische und der Larven von Salamandern, Fröschen und Kröten bestehen die feinsten Kiemenblättchen aus einem aufsteigenden und einem niedersteigenden Strömchen, welche un- mittelbar ineinander umbiegen und durch regelmässige Quergefässe ebenfalls miteinander kommunizieren, wie Öonfigliachis und meine eigenen Unter- suchungen ergeben. Rusconi hat die Quergefässe zwischen arteriellen und venösen Stämmchen übersehen und bloss die vordere Umbiegung abgebildet. 3. Der häufigste Fall ist, dass sich die feinsten Arterien dendritisch ver- zweigen, untereinander anastomosieren, zuletzt netzartig werden, und dass sich aus den Netzen wieder die dendritischen Anfänge der Venen sammeln. Zu diesen Netzen führen teils parallel aneinander liegende, teils nahe, aber nicht aneinander liegende Arterien und Venen.“ 19% 1) 1%) Ha Curt Elze: Diese drei Formen können bezeichnet werden als: 1. die einfache Schlinge, 3. die mehrfache Schlinge, 3. das Kapillarnetz. Bei der ersten Form (Textfig. 1) geht die Arterie unmittel- bar in die Vene über, und zwar, je nach den gegebenen Raum- Aorta dors. dext. V. card. post. dext. Rio.l. Segmentale (refässe aus dem 3 L 5 Fig. 2. Rumpfgebiet eines Hühner- R: embryos von 32 Ursegment- Kiemengefässe von Pelobates paaren. Nach Evans, 1911, fuscus. Fig. 392. Nach Fr. Eilh. Schulze, 1892. verhältnissen, in geradem oder gebogenem Verlaufe, so dass im extremen Falle Arterie und Vene parallel zueinander liegen. Bei der zweiten Form (Textfig. 2) findet der Übergang in gleicher Weise statt, jedoch kann man primäre und sekundäre, oder Haupt- und Nebenschlingen unterscheiden, wobei Arterie und Vene ausser durch die jeweilige Endschlinge noch durch ein (uergefäss verbunden sein können. Bei der dritten Form (Textfig. 3a und b) ist zwischen Arterie und Vene ein Kapillarnetz eingeschaltet, in welches die Arterie sich auflöst, entweder unvermittelt (Fig. 3a), oder nach vorheriger Teilung in Äste (Fig. 3b). Das gleiche Verhalten zeigt gewöhnlich auch die entsprechende Vene. Neben dem Kapillarnetze können unmittelbare Übergänge zwischen Arterie und Vene bestehen : arterio-venöse Anastomosen (siehe z. B. Fig. 3a). Ferner kommen beim Embryo wie beim Erwachsenen Inselbildungen im Verlaufe der Arterien und Venen vor, ebenso Anastomosen zwischen zwei und mehr Arterien oder Venen. Diese Bildungen haben natürlich mit den Kapillarnetzen beim Embryo ebensowenig zu tun wie beim Erwachsenen. — Erwähnt sei auch noch, dass häufig unmittelbarer Ursprung von Kapillaren Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte etc. 225 aus dem Stamme der Arterie und unmittelbare Einmündung in den Stamm der Vene gefunden wird, z. B. in der Area vasculosa der Sauropsiden. Von Erwachsenen ist ein Beispiel dafür das Verhalten der Leberkapillaren zur Vena centralis. Während in den beiden ersten Fällen die Abgrenzung der Arterie gegen die Vene auf keine nennenswerten Schwierigkeiten stösst — man wird den hinläufigen Schenkel der Schlinge als Arterie, den rückläufigen als Vene zu bezeichnen haben — liegen die Verhältnisse im dritten Falle verwickelter, und es ist nötig, näher auf diesen Punkt einzugehen, da gerade durch die mangel- hafte Unterscheidung zwischen Kapillarnetz einerseits und Arterie und Vene andererseits eine Anzahl von Irrtümern entstanden ist. bei den Formen, welche durch Textfig. 3a versinnbildlicht werden, Aorta % « —_V. card. post. A. carotis int. V. card. ant. Fig. 3a. Fig. 3b. Gefässe der rechten Flügelanlage Ein Teil der Gehirngefässe eines eines Hühnerembryos von 31 Ur- Schweine- Embryos von 7,5 mm segmentpaaren. Nach Evans. Länge. Nach Evans, 1911, 1909, Fig. 6. Fig. 400. ist es freilich wohl nicht zweifelhaft, was als Arterie und als Vene zu bezeichnen ist. und wo die Grenzen gegen das Kapillar- netz liegen, obwohl. wie sich später zeigen wird, auch solche Befunde zu irrtümlichen Deutungen Anlass gegeben haben. Es bleiben somit nur die Fälle besonders zu erörtern, welche der Textfig. 3b entsprechen, und welche die weitaus häufigste Art des Überganges darstellen. [886] x [er CumritzEnlezie: Die folgende Ausführung berücksichtigt in der Hauptsache nur die Verhältnisse bei jungen Embryonen. Dass sie trotz dieser Einschränkung nicht erschöpfend ist, liegt im Wesen ihres Gegenstandes begründet. (Gegenüber den Kapillaren sind die Arterien — das gleiche gilt mit den sinngemässen Änderungen auch für die Venen — charakterisiert zunächst durch ihren Ursprung aus der Aorta oder einem ihrer grossen Äste. Sie stellen ferner in ihrem Ver- laufe gegenüber dem Kapillar- „Netz“ einen „Stamm“ dar, der „Äste“ abgibt. Im allgemeinen zeichnen sieh der „Stamm“ und seine „Äste* durch ihre grössere Weite vor den Kapillaren aus; ferner dadurch, dass sie die ursprüngliche Verlaufsrichtung mehr oder weniger unverändert beibehalten. Im Gegensatze dazu stellen die Kapillaren ein gewöhnlich in seiner Form nicht näher bestimmbares Maschenwerk dar, das je nach dem vorhandenen Raume in zwei oder drei Dimensionen ausgedehnt ist. Ich vermeide absichtlich den sonst vielfach gebrauchten Ausdruck ‚indifferentes“ Kapillarnetz. Ein frühembryonales Kapillarnetz ist, wie die Ausführungen des zweiten Abschnittes zeigen werden, vergleichend ent- wicklungsgeschichtlich oder biologisch betrachtet, keineswegs eine ‚indiffe- rente“ Bildung. Trotzdem könnte es als „Kapillarnetz“ gestaltlich ‚indifferent‘ sein. Aber auch das trifft meiner Meinung nach nicht zu. Zwar fehlen noch nähere Untersuchungen über die Kapillarnetze der einzelnen embryonalen Organe, doch lehrt ein Blick auf die verschiedenen Gefässgebiete eines und desselben Embryos, dass die Kapillarnetze der einzelnen Organe sehr von- einander „differieren“ (vgl. auch Taf. XV, Fig. 2 und 3). ‚‚Indifferent‘‘ könnte ein Kapillarnetz als Gefässformation höchstens insofern genannt werden, als in ihm nicht einzelne Bahnen als Haupt- und Nebenbahnen, wie bei Arterien und Venen, unterschieden werden können. Aber dieses Merkmal ist ja gerade für das Kapillarsystem charakteristisch. Daher ist der Ausdruck ‚‚indiffe- rentes Kapillarnetz‘“ in dem einzig zulässigen Falle der Anwendung ein Pleonasmus. — Jedenfalls wird man gut tun, diesen Ausdruck als irreführend zu vermeiden. Über die räumliche Ausdehnung der embryonalen Kapillarnetze liest man bei Oppel (1910, S. 10) folgenden, mir unverständlichen Passus: „Eine rein netzförmige Anlage mit zu- und ableitenden grösseren Gefässen entspricht ..... . funktionell wohl in erster Linie einem mehr flächenhaft ausgedehnten Versorgungsgebiet, wie wir dasselbe etwa im embryonalen Gefässhof oder in Häuten und Schleimhäuten des Erwachsenen in die Er- scheinung treten sehen, während es sich in den Extremitätenanlagen um mehr dreidimensionale Formen handelt, deren funktioneller Versorgung durch Netze wohl nur vorübergehend genügt werden kann, so dass hernach ein- tretende Änderungen funktionell und daher auch kausal verständlich er- scheinen.“ Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte ete. 227 Die Winkel, unter denen die vielfältig miteinander anasto- mosierenden Kapillaren sich verbinden, sind innerhalb eines und desselben Kapillarnetzes meist sehr verschieden gross. Ent- sprechend verschieden geformt sind die zwischen den Maschen stehenden Substanzinseln. Dabei ist es unmöglich, von einzelnen „Kapillaren“ zu sprechen, sie existieren nicht einzeln als solche, sondern nur in Form des Maschenwerkes, an dem man wohl einzelne „Bahnen“, nicht aber einzelne „Kapillaren“ herausheben kann. Während also Arterie und Vene als wohl gegeneinander abgrenzbare Gefässe von einer bestimmten Länge sich darstellen, sind die Kapillaren immer in der Mehrzahl vorhanden und nicht gegeneinander abgrenzbar. Es löst sich eben eine Arterie in eine Menge von Kapillaren, ein Kapillar-„Netz“, auf und aus dieser Menge von Kapillaren führt wieder eine Vene zurück. Diese eben aufgestellten Unterschiede gelten nur im allgemeinen. Natürlich können sich z. B. mehrere Arterien in ein gemeinsames Kapillar- netz ergiessen und mehrere Venen sich daraus sammeln. Der Unterschied zwischen Arterien und Venen einerseits und Kapillaren andererseits ist aber auch in solchen Fällen hinreichend gross. Anhangsweise möchte ich noch einige andere Prinzipien kurz erörtern, nach denen man die Unterscheidung von Arterien, Venen und Kapillaren durchführen könnte. Man könnte daran denken, die Kapillaren nach topischen Gesichts- punkten gegen Arterien und Venen abzugrenzen, indem man die Kapillaren nach dem Organ bestimmt, in dem sie liegen, also z. B. die Kapillaren des Magens gegenüber den zu- und abführenden Arterien und Venen. Dies stösst jedoch auf sehr grosse Schwierigkeiten, da die „Organe‘‘ junger Embryonen vielfach Gebilde sind, welche bei fortschreitender Differenzierung in mehrere Organe getrennt werden. So enthält der embryonale Magen mit seinem dorsalen Gekröse, in welchem sich später die Milz entwickelt, ursprünglich nur ein Kapillarnetz. In gleichem Sinne sind embryonale „Organe‘ mit einem Kapillarnetze die „Extremitätenhöcker‘, die seitliche Rumpfwand usw. Ferner besteht die Möglichkeit, die Richtung des Blutstromes als Unterscheidungsmerkmal heranzuziehen. Man könnte sagen, dass in Arterien und Venen die Strömung nur in einer bestimmten Richtung erfolgt, während in den Kapillaren gerade das Gegenteil getroffen wird: das Blut strömt in vielen verschiedenen Richtungen, auch in einer und derselben Kapillarbahn wechselnd. Dies würde jedoch stets lebende Embryonen als Untersuchungsobjekte voraussetzen. Auch an die intermittierende Strömung in den Arterien und die kontinuierliche in den Kapillaren wäre zu denken. Ausser den Arterien pulsieren aber beim Embryo auch die grösseren Venen und dem Herzen nahe gelegene Kapillaren (z. B. die der Leber, was schon Johannes Müller [1829] bekannt war). Sonst habe ich Pulsationen in den Kapillaren bei 228 Curt Elze: Embryonen nur beim Eintreten der Asphyxie gesehen. Auch für den Er- wachsenen kommt der Puls als Charakteristikum der Arterien gegenüber den Kapillaren nicht unbedingt in Betracht: die präkapillaren Arterien pulsieren nicht, und es gibt auch grosse Arterien, die keinen Puls zeigen, z. B. die Aorta der Fische. Die Lage in den „Organen“ und die Richtung und Art des Blutstromes können also zur Abgrenzung der Kapillaren höchstens in vereinzeiten Fällen herangezogen werden. Das gleiche gilt von der chemischen Beschaffen- heit des Blutes und von dem histologischen Bau der Gefäss- wand. Das erstere bedarf keiner näheren Ausführung, und bezüglich des letzteren genügt der Hinweis darauf, dass die Gefässe selbst noch in einem Entwicklungsstadium, in welchem es längst schon nötig und möglich ist, Arterien, Venen und Kapillaren zu unterscheiden, sich alle rücksichtlich des Baues ihrer Wand auf dem Stande von Kapillaren befinden. Es ist ferner auf die bemerkenswerte Erscheinung hinzuweisen, dass in einer und derselben Arterie das Blut nicht zu allen Zeiten der Entwicklung 4 N Garotis ext. Carotis int. — 1) | — -Dorsale Aorta (Aorten- wurzel) I | Abnorme | N 9 | Subelavia AN j', Subelavia dext. W. sin. Fig. ta. Fig. 4b. Fig. 4a und b. Schemata für die Richtung des Blutstromes in dem System der Kiemenarterien in verschiedenen Entwicklungsstadien. Die durchflossenen Gefässe sind durch dunkleren Ton gekennzeichnet. Die Pfeile geben die Richtung des Blutstromes an. Fig. 4a. Anfangsstadium, in welchem nur die beiden ersten Arterienbogen durchflossen sind. Fig. 4b. Endstadium, unter Berücksichtigung der Varietät der A. subelavia dextra, bei welcher diese als letzter Ast des Aortenbogens entspringt und hinter dem Ösophagus vor der Wirbelsäule nach rechts verläuft. Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte etc. 229 in gleicher Richtung fliesst. So macht schon K. E. von Baer (1828) auf Grund seiner Beobachtungen an lebenden Hühnerembryonen darauf auf- merksam, dass nach und schon während der Öbliteration des ersten und zweiten Kiemenarterienbogens der Blutstrom im Anfangsstück der dorsalen Aorta sich umkehrt, d. h. anstatt, wie bisher in kaudaler, jetzt in kranialer Richtung geht (vgl. Textfig. 4a und b). Das Gleiche muss naturgemäss an den dorsalen Aorten der Reptilien und Säuger eintreten. Sicher ist die Er- scheinung auch nicht auf den Anfangsteil der Aortenwurzel, also einen Teil der späteren Arteria carotis interna, beschränkt. Wenn z. B. beim Menschen die Arteria subelavia dextra als letzter Ast des Aortenbogens entspringt, muss eine solche Umkehr des Blutstromes im Anfangsstück der abnormen Subelavia, d. h. im kaudalen Teile der rechten Aortenwurzel erfolgt sein (vgl. Textfig. 4b). Ähnliches muss ferner z. B. stattfinden in einem Abschnitte der sekundären Subelavia der Vögel, ferner in einem Teile der Hirnarterien bei denjenigen Säugern. bei welchen die inneren Carotiden rückgebildet werden (cf. de Vriese). Diese wenigen Beispiele mögen genügen, um die Häufigkeit dieses Vorganges zu erläutern. Ich muss aber eines noch bemerkenswerteren Vorganges gedenken: während es sich in den eben erwähnten Fällen lediglich um die Umkehr des Blutstromes handelte, ohne dass dabei das betreffende Gefäss seinen Charakter als Arterie eingebüsst hätte, werden die vorderen Dottervenen von Torpedo nach Rückerts Angaben (1906) in Arterien umgebildet, indem der Blutstrom seine Richtung dadurch wechselt, dass die Venen sekundär Anschluss an die Aorta gewinnen, und damit den Charakter von Arterien erhalten. Diese Angaben sind allerdings nicht an lebenden Embryonen geprüft worden. Dagegen konnte Hochstetter (1891) mit aller Sicherheit in den Extremitäten lebender Eidechsenembryonen die regelmässige zwei- malige Umkehr des Blutstromes in einem Abschnitte der radialen bezw. tibialen Randvene feststellen: der Blutstrom war anfänglich proximalwärts gerichtet, nach der ersten Umkehrung distalwärts und nach der zweiten wieder proximalwärts. Bei der gleichen Untersuchung stellte dann Hoch- stetter gleichfalls am lebenden Objekt die Umwandlung der Arterienreiser des interdigitalen Gefässnetzes durch Umkehr des Blutstromes in Venen- wurzeln fest. Es ist nun wichtig, festzustellen, wo bei den Wirbeltieren die drei unterschiedenen Formen des Überganges zwischen Arterien und Venen vorkommen. Ich sehe dabei an dieser Stelle ab von den Befunden bei den erwachsenen Tieren und beschränke mich auf die Embryonen. Da sich nun bei älteren Embryonen und Feten im wesentlichen die gleichen Verhältnisse wie beim Erwachsenen finden, so ziehe ich nur die jungen Embryonalstadien in Betracht. Obwohl an den Frühstadien des (Grefäßsystems auch der höheren Wirbeltiere an einigen Stellen diejenige Form vorkommt, welche als die „einfache Schlinge” bezeichnet wurde, so lassen sich doch 230 @urt Elze: die Embryonen aller Wirbeltiere in zwei grosse Gruppen ein- teilen, welche durch die allgemeine Anordnung, in der das Blut- gefäßsystem gefunden wird, charakterisiert sind. In der ersten Gruppe, zu welcher die Fische und Amphibien gehören, findet sich anfänglich nur die einfache oder mehrfache Schlinge, und erst in späteren Stadien das Kapillarnetz, bei der zweiten Gruppe, welche die Sauropsiden und Säuger umfasst, findet sich, von wenigen Stellen abgesehen, von vornherein das Kapillarnetz. Beim Vergleiche des Kreislaufes einer lebenden Tritonlarve mit dem eines lebenden Vogelembryos ist dieser Unterschied ohne weiteres deutlich. Betrachtet man nun die äusseren Entwicklungsbedingungen bei den beiden Gruppen, so fällt ein weiterer bedeutungsvoller Unterschied auf: die Embryonen der Fische und Amphibien ent- wickeln sich im Wasser, die der Sauropsiden und Säuger an der Luft bezw. im mütterlichen Organismus. Unter Berücksichtigung des weiteren Unterscheidungsmerkmales, welches durch die Eihäute gegeben ist, kommt man danach zu folgender Gegenüberstellung: Embryonen der Fische, Am- | Embryonen der Sauropsiden, phibien. Säuger. Entwicklung im Wasser. Entwicklung an der Luft. Einfaches Gefäßsystem Kompliziertes Gefäßsystem (Schlinge). (Kapillarnetz). Anamnier. Amnioten. Es konnte damit der bereits von Semon (1894) gegebenen Tabelle ein weiteres Unterscheidungsmerkmal eingefügt werden, welches den allgemeinen Charakter des Blutgefäßsystems betrifft. Ich werde auf diese Unterschiede noch zurückkommen und be- gnüge mich hier damit. festzustellen, dass die nähere Betrachtung der Formen des Überganges zwischen Arterie und Vene unter anderem dazu geführt hat, einen charakteristischen Unterschied in der allgemeinen Form des Blut- gefäßbsystems zwischen Anamniern und Amnioten erkennen zu lassen. II. Die Beziehungen zwischen Atmung und Blut- gefäßsystem. Die eben gegebene (segenüberstellung enthält auf der einen Seite die gemeinsamen Momente „Leben im Wasser und ein- Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte ete. 231 faches Blutgefäßsystem“, auf der anderen Seite „Leben an der Luft und kompliziertes Gefäßsystem“. Diese Beziehungen bedürfen einer näheren Betrachtung, denn sie weisen auf einen wichtigen Faktor in der Ausbildung des Blutgefäßsystems hin: auf die Abhängigkeit von der Respiration. Die Annahme eines solchen Abhängigkeitsverhältnisses ist keines- wegs neu. So weist z.B. Viktor Carus (1862) ausdrücklich und ausführlich darauf hin. Und noch in neuester Zeit hat Richard Hertwig (1912, S. 100) dieser Anschauung ganz allgemein mit den Worten Ausdruck gegeben: „Für alle Tiere gilt der Satz, dass das Blutgefäßsystem in Anordnung und Bau mehr von der Respiration beeinflusst wird, als von der Nahrungs- aufnahme im engeren Sinne. Es besteht eine Korrelation zwischen Respirations- und Zirkulationsorganen.“ Da diese „Korrelation“ den Schlüssel zum Verständnisse einer Anzahl von Erscheinungen beim Embryo an die Hand gibt, so muss ich auf diese Frage näher eingehen. Zunächst ist es dabei freilich nötig, den Begriff der „Atmung“ etwas näher zu bestimmen. Will man den Begriff für die vergleichend - physio- logische Betrachtung brauchbar machen, so kann man nur davon ausgehen, dass nicht der Organismus als Ganzes assimiliert und also des Sauerstoftes bedarf, sondern die einzelne Zelle. Denn nur dann ist es möglich, die Atmung als einen beim höchsten Metazoon und beim niedersten Protozoon übereinstimmenden Vor- gang zu betrachten. Sieht man in der Atmung die Sauerstoft- aufnahme und Kohlensäureabgabe von seiten der einzelnen Zelle, dann verhält sich die von sauerstoffhaltigem Wasser umgebene Amoebe und die von sauerstoffhaltiger Gewebsflüssigkeit umgebene Zelle des Säugetieres prinzipiell gleich. Da der Gasaustausch dabei unmittelbar zwischen Zelle und umgebendem Medium statt- findet, so wird der Vorgang am einfachsten als „unmittelbare Atmung“ zu bezeichnen sein, und es ist wichtig, im Auge zu behalten, dass das umgebende Medium stets Wasser, richtiger: eine wässrige Lösung ist, so dass man also zu dem Schlusse kommt: die Atmung im engeren Sinne, die Atmung der Zelle, die „unmittelbare Atmung“ findet immer in einer Lösung statt. Wie im Wasser der (rewässer, so muss auch in der Ge- websflüssigkeit der Sauerstoff ständig ersetzt werden. — In den Gewässern geschieht dies teils durch Absorption aus der atmo- 186) o [S6) Curt Elze: sphärischen Luft, zum grössesten Teile aber durch die Tätigkeit der grünen Wasserpflanzen. In der (sewebsflüssigkeit erfolgt die Sauerstofferneuerung entweder durch das Epithel der äusseren Oberfläche und eventuell des Darmes hindurch oder durch Ver- mittlung des Blutes. Während die eine Zelle, welche den Körper eines Protozoons bildet, „unmittelbar“ aus dem Wasser atmet, atmet die einzelne Zelle des Säugetierkörpers zwar „unmittelbar“ aus der Gewebsflüssigkeit, — aus der atmosphärischen Luft aber nur „mittelbar“ durch Vermittlung des Blutes. Ich habe bei der Feststellung der Begriffe „unmittelbare“ und „mittelbare“ Atmung zunächst das Wort „Atmung“ bei- behalten. Man sieht jedoch, dass dieses Wort im gewöhnlichen Sprachgebrauche in einem ganz anderen Sinne verwendet wird. Während ich vorhin die einzelne Zelle als das eigentlich Atmende angenommen habe, und also gesagt: die Zelle atmet, sagt der Sprachgebrauch, aus Gründen, welche im Entwicklungs- gange der Physiologie der Atmung liegen, das Tier atmet. Da also der Ausdruck „Atmen“ in zweierlei recht verschiedenem Sinne angewendet werden müsste, so werde ich ihn der Einfach- heit halber und um Missverständnisse zu vermeiden, weiterhin nur in der gewöhnlichen Bedeutung gebrauchen, und für die oben festgestellten Begriffe einsetzen die „mittelbare und unmittel- bare Deckung des Sauerstoffbedürfnisses“. Wenngleich diese Be- zeichnung nur einem Teile des sich an der Zelle abspielenden Vorganges entnommen ist, so dürfte er doch hinreichend klar sein, da man sich die Kohlensäureabgabe etc. leicht in Gedanken dazufügen kann. — Der eben aufgestellte Satz erhält also in der nunmehr beizubehaltenden Namengebung den Wortlaut: Während die eine Zelle, welche den Körper eines Protozoons bildet, ihren Sauerstoffbedarf „unmittelbar“ aus dem Wasser deckt, deckt ihn die einzelne Zelle des Säugetierkörpers zwar „unmittelbar“ aus der (ewebsflüssigkeit, aber nur „mittelbar“ — durch Vermittlung des Blutes — aus der atmosphärischen Luft, welche das Tier „atmet“. Den Ausdruck ‚‚innere‘ Atmung, der für die Gewebe- und Zellen- atmung häufig benutzt wird, vermeide ich absichtlich. Dieser Begriff ist nur für die höheren Metazoen anwendbar. Bei niederen Metazoen und Protozoen fallen die Begriffe „innere“ und ‚äussere‘ Atmung zusammen. Während die „Atmung“ im Sinne des gewöhnlichen Sprach- sebrauches — bei „Land“- und „Wasser“tieren — in der Luft Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte etc. 233 und im Wasser erfolgen kann, wobei wiederum, je nach dem Orte der Sauerstoffaufnahme von Lungen-, Kiemen-, Haut-, Darm- usw.-Atmung gesprochen wird, deckt die einzelne Zelle ihren Sauerstoffbedarf stets nur aus einer Lösung. Die Versorgung der einzelnen Zelle mit Sauerstoff geschieht also in der ganzen Tierreihe auf einheitliche Weise, eben aus einer Lösung, dagegen sind mannigfaltig die Wege, auf welchen dieses Ziel erreicht wird. Diese Mannigfaltigkeit im einzelnen aufzuzeigen, würde über den Rahmen der vorliegenden Arbeit hinausgehen. Doch möchte ich wenigstens einige wenige Beispiele aus der Reihe auch der Wirbellosen anführen. Es wurde schon erwähnt, dass die Protozoen ihren Sauerstoffbedarf unmittelbar aus dem sie umgebenden Wasser decken. Die gleiche Möglichkeit bietet sich den einzelnen Körperzellen der Cnidarien, z. B. Hydra, deren Körper- wand nur aus zwei Zellschichten besteht. Ist diese Möglichkeit durch das Auftreten des Mesoderms und das damit einhergehende Dieckenwachstum der Körperwand aufgehoben, so findet sich ein „Gastrovaskularsystem“ (Spongien): der Sauerstoff gelangt durch Diffusion von der äusseren Oberfläche und von dem verzweigten Darmsystem aus in die Gewebsflüssigkeit, aus der ihn die Zellen aufnehmen. — Im Prinzipe die gleiche Einrichtung findet sich bei vielen parenchymatösen Würmern, z. B. Planaria. — Sehr interessante Verhältnisse zeigen die Insekten, an denen jüngst Riede (1912) die Sauerstoffversorgung eines Organes, der Övarien, eingehend studiert hat. Er gelangt zur Aufstellung von zwei Typen: dem der „direkt“ und dem der „indirekt mit Sauerstoff versorgten Eiröhren“. Bei dem ersten Typus ist die einzelne Eiröhre von der eng anliegenden und mit zahlreichen Tracheenkapillaren durchsetzten Peritonealhülle überzogen. Bei dem zweiten Typus liegen mehrere Eiröhren in einer gemeinsamen Peritonealhülle, die entweder nur wenige oder gar keine Atemröhrchen enthält und durch einen Blut enthaltenden Hohlraum von den Eiröhren getrennt ist. Die Übertragung des Sauerstoffes findet durch Vermittlung des Blutes statt, wobei durch Aus- bildung besonderer Muskulatur und anderer Einrichtungen Bewegung des Blutes und damit bessere Verteilung des Sauerstoffes in ihm ermöglicht ist. — Schon Bergmann und Leuckart (1855) hatten gesagt (S. 170), „dass die Entwicklung des Gefäfßsystems bei den Arthropoden in um- gekehrtem Verhältnis zu der Ausbreitung der Atmungsapparate durch den Körper stehe‘. Als ein charakteristisches Beispiel für die Beziehungen zwischen Atmune und Blutgefäbsystem von einem erwachsenen Wirbeltiere er- wähne ich das weite, buchtige Kapillarnetz der Mund- und Rachenschleimhaut beim Frosche. Dass für die Wirbeltiere schon längst ein Abhängiekeits- verhältnis zwischen Blutgefäßsystem und Atmung angenommen wird, darauf deuten allgemein gebräuchliche Ausdrücke, wie „respiratorischer Kreislauf“ und „respiratorisches Kapillarnetz“. 234 Ciurtaßnlazie: Über die Anordnung der feineren Verzweigungen der Blutgefässe, besonders der Kapillarnetze in den einzelnen Organen, liegen jedoch zu wenig spezielle Untersuchungen vor, als dass es möglich wäre, Genaueres über dieses Abhängigkeitsverhältnis zu sagen. Die Umbildungen des Herzens und der grossen Gefässe aber, welche wir in der Reihe der Wirbeltiere sehen, wären ohne eine solche Annahme unverständlich, die Umbildungen, welche schliess- lich dazu führen, dass Lungen- und Körperkreislauf so voneinander getrennt werden, dass der eine Teil der Gefässe nur sauer- stoffreiches, der andere nur kohlensäurereiches Blut enthält, und dass nirgends eine Mischung beider stattfindet. Von den — physiologisch — gänzlich belanglosen Anastomosen z.B. des nutritiven Gefäßsystems der Lunge mit dem respiratorischen beim Säuger kann füglich abgesehen werden. Dagegen ist es wichtig, sich vor Augen zu halten, dass bei den Reptilien und besonders bei den Amphibien die strenge Scheidung zwischen sauerstoff- und kohlen- säurereichem Blute nicht stattfindet. Die Trennung erfolgt bei den höheren Wirbeltieren — das kann wohl nicht zweifelhaft sein — im Zu- sammenhange mit der strengen Lokalisierung der Atmung auf die Lungen. Ausserdem spielt eine wichtige Rolle die Wärmeregulierung: nur die Homoio- thermen haben die völlige Trennung zwischen arteriellem und venösem Blute, wobei es einstweilen eine offene Frage bleibt, ob die völlige Trennung durch die Anforderungen zur Erhaltung der Eigenwärme veranlasst wurde, oder ob sie — umgekehrt — erst die Erhaltung einer konstanten Körpertemperatur ermöglichte. Wichtig ist, dass bei den Homoiothermen der gesamte Stofi- wechsel lebhafter ist als bei den Poikilothermen, also auch der Sauerstoff- bedarf der einzelnen Zellen und damit des ganzen Organismus ein höherer.) Auf ein weiteres Moment soll gleich hier hingewiesen werden, da es bei dem Sauerstoffwechsel gewiss eine nicht unwichtige Rolle spielt: das Verhalten des osmotischen Druckes des Blutes zu dem des umgebenden !) Anmerkung. Während der Drucklegung ist der Vortrag von 0. Warburg „Über die Wirkung der Struktur auf chemische Vorgänge in Zellen“ (Jena, G. Fischer, 1913) erschienen, in welchem unter anderem nach Untersuchungen an sich furchenden Seeigeieiern ausgeführt wird, dass mit Vermehrung der Struktur die Oxydationsgeschwindigkeit zunimmt, d.h. dass ein Zellkomplex intensiver atmet, wenn er aus vielen kleinen Zellen besteht, als wenn er von wenigen grossen Zellen gebildet wird. — Dieses Resultat erscheint mir für die hier zur Rede stehenden Fragen deshalb wichtig, weil im allgemeinen die Embryonen der Anamnier bezw. Poikilo- thermen grössere Zellen haben als die der Amnioten bezw. Homoiothermen, was somit zur Folge haben würde, dass in einem Amniotenembryo die Oxydationsvorgänge schneller und intensiver ablaufen als in einem gleich grossen Anamnierembryo, dass also auch der Sauerstoffbedarf des Amnioten- embryo grösser ist. Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte etc. 235 Mediums. Nach den bisher vorliegenden Untersuchungen wechselt der osmo- tische Druck des Blutes bei meerbewohnenden Wirbellosen und niederen Wirbeltieren mit dem des Meerwassers, wohingegen er bei den höheren Wirbeltieren konstant bleibt. „„Das vollkommene Analogon zur „Eigen- wärme‘ scheint also der „Eigendruck“ zu sein; ich habe deshalb den bekannten Bezeichnungen Homoiotherme und Poikilotherme die Namen „homoiosmotische“ und „poikilosmotische“ Tiere zur Seite gestellt.*“* (Höber [1911], S. 35.) Um für die Frage der Deckung des Sauerstoffbedarfes bei den Embryonen, die uns hier in erster Linie interessiert, einige Vergleichspunkte zu gewinnen, muss ich zunächst auf die Verhältnisse bei den urodelen Amphibien etwas eingehen. Bei den Urodelen ist die Atmung nicht auf ein bestimmtes Organ beschränkt, am wenigsten auf die Lungen, welche ja bei einer Anzahl von Salamandern sogar vollständig fehlen, woraus wohl mit Recht der Schluss zu ziehen ist, dass bei den Urodelen die Lungenatmung, wenn sie überhaupt stattfindet, nur eine ganz untergeordnete Rolle spielt. (Näheres siehe besonders bei Öamerano [1851] und Bethge [1898].) Dafür spricht auch, dass die rein aquatilen Formen zeitlebens ihre Kiemen bei- behalten, trotz des Vorhandenseins von Lungen. Die Atmung ist bei den aquatilen Formen hauptsächlich Kiemen- und Hautatmung, bei den amphi- bischen und terristischen Buccopharyngeal- und Hautatmung. — Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass das Blut in einem grossen Teile der Gefässe weder rein venös, oder gar rein arteriell sein kann, sondern auch dann gemischt sein müsste, wenn, was ja tatsächlich niemals der Fall ist, die Teilung des Herzens in zwei getrennte Hälften vollkommen wäre, wie bei den Säugern. Ich weise auf diesen Umstand hin, weil man sich bei der Beurteilung des embryonalen Gefäßsystems davor hüten muss, etwa mit Ausnahme des allzu bekannten Beispieles der Arteria und Vena pulmonalis, mit dem Begriffe der Arterie den des sauerstoffreichen Blutes, mit dem Begriffe der Vene den des kohlensäurereichen bezw. des sauerstoff- armen notwendig, ich möchte sagen reflektorisch zu verbinden. Für die Beurteilung der Sauerstoffaufnahme bei den Embryonen am wichtigsten sind die folgenden Momente, welche den Atmungsbedingungen der Perennibranchiaten entnommen sind: Leben im Wasser, Aufnahme des Sauerstoffes durch die — unbeschuppte — Haut und durch Kiemen, deren Gefässe, im Vergleich mit denen der Fische, einfache Anordnung zeigen (siehe z. B. Calori [1851], Tab. 25, Fig. 17), nicht durch die Lungen; gemischtes Blut; geringer Stoffwechsel. Die Embryonen der Fische und Amphibien, die oben zu der ersten der beiden Gruppen von Wirbeltierembryonen ge- stellt wurden, finden sich im wesentlichen unter den gleichen Bedingungen, wie die Perennibranchiaten.!) !) Die Perennibranchiaten können ja auch als Formen aufgefasst werden, die zeitlebens larvare Charaktere beibehalten. Die Art der Atmung und die durch sie bedingte allgemeine Form des Blutgefäßsystems führte 236 CumitnEnlizie® Das Blutgefäßsystem junger Fischembryonen (vgl. z. B. die Beschreibungen und Figuren von Vogt [1842] und Hoch- stetter [1888] sowie Textfig. 5, welche ein bereits etwas weiter vorgeschrittenes Stadium zeigt) ist ausserordentlich einfach. Die aus dem Truncus arteriosus entspringenden Kiemenarterien ziehen unverzweigt durch die Kiemenbogen hindurch, teilen sich in die Aorta V. vitellina media Herz Fig.'5, Rekonstruktion der Gefässe eines Gobius-Embryo. Nach Wenckebach, 1886. Oarotiden und die Aortenwurzeln, die sich zur einfachen Aorta vereinigen. Diese läuft astlos ventral von der Chorda dorsalis kaudalwärts und biegt in der Analgegend in die Vene um, welche sich in zwei Gefässe teilt. von denen je eines an jeder Seite des Embryos als Vena vitellina kranialwärts zum Herzen verläuft. Zwischen Aorta und Vena vitellina finden sich jederseits höchstens einige wenige quer verlaufende Verbindungen. Im übrigen gibt es im Rumpfe keinerlei Gefässverzweigungen, und der Schwanz ist gänzlich gefässlos. Im Kopfgebiete finden sich nur ganz wenige Gefäßschlingen, welche durch die Umbiegung der Carotis- äste in die entsprechenden Wurzeln der Vena cardinalis anterior entstehen. Man kann also sagen, dass in dem beschriebenen Stadium eines Fischembryos nur die wenigen Hauptstämme des Blutgefäss- systems vorhanden sind, und dass der grösste Teil des Embryo- körpers und -Kopfes gefässlos ist. Dass der Embryo trotz dieses sehr unvollkommen er- scheinenden Gefäßsystems lebt und wächst, beweist, dass das mich zu dieser Auffassung, ehe ich die, auf ganz andere Momente gegründete Ansicht von Boas kennen lernte, ‚dass die Perennibranchiaten Larven sind“, Larven, welche die Fähigkeit, sich umzuwandeln, verloren haben‘ (1882, S. 563). Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte ete. 237 Blut und somit auch das Gefäßsystem, für seinen Stoffwechsel, speziell für den Transport des Sauerstoftes, einstweilen neben- sächlich ist. Dies wird auch durch die Experimente von J. Loeb (1893) bestätigt, in denen Fundulusembryonen, deren Blutzirkulation durch Zusatz eines Herz- giftes zum Seewasser von vornherein unterbunden war, sich durch eine Anzahl von Tagen wie normal gehaltene Embryonen entwickelten. Offenbar haben also die ersten Blutgefässe der Fischembryonen keine nennenswerte Bedeutung für die Atmung und den Stoffwechsel, sie bilden nur das not- wendige Fundament für die Ausbildung des in den späteren Stadien dann unentbehrlichen Gefäßsystems. Man wäre in der Tat in grosser Verlegenheit, wenn man angeben sollte, in welchen (refässen sich sauerstoff-, und in welchen sich kohlensäurereiches Blut findet, denn ein wirkliches Atmungsorgan fehlt noch vollkommen. Daraus ist zu schliessen, dass der zweifellos vorhandene Sauerstoffbedarf der Zellen un- mittelbar aus dem umgebenden Wasser gedeckt wird, in dem das Fischehen lebt, wie dies auch in den vorangegangenen Ent- wicklungsstadien geschah, als überhaupt noch keine Blutgefässe und keine Blutzirkulation da waren. Diese Deckung des Sauer- stoffbedarfes geschieht von der Darm- und vor allem von der Hautoberfläche aus, und zwar auf dem Wege der Diffusion. Der Ditfusionsstrom in der Gewebstflüssigkeit muss dabei natürlich von der Oberfläche bis zur Körpermitte, also etwa bis zur Chorda dorsalis reichen, da die dort gelegenen Zellen ebenso wie die oberflächlichen des Sauerstoftes bedürfen. Dass der Sauerstoffbedarf der Zellen bei dieser unmittel- baren Aufnahme aus dem umgebenden Wasser nicht sehr gross sein darf, ist wohl selbstverständlich. Daher kann auch der Stoffwechsel nur gering sein. Es sind mir keine Untersuchungen über diesen Punkt bekannt geworden. Vielleicht kann man einen Hinweis darauf in dem Umstande sehen, dass junge Fischembryonen sich im allgemeinen, von dem Flossenspiel abgesehen, sehr wenig bewegen. Der Stoffwechsel ist an sich gering wegen der niederen Temperatur des Körpers, und er kann offenbar, wegen der lang- samen Sauerstoffzufuhr zu den Zellen, nur sehr vorübergehend einmal gesteigert werden. Zweifellos ist wichtig der Umstand, dass die Aufrechterhaltung einer konstanten Körpertemperatur und somit die Beschaffung der dazu erforder- lichen Menge Sauerstoffs entfällt. Übrigens muss betont werden, dass auch beim erwachsenen Fische die Sauerstoffzufuhr nicht sehr vollkommen ist Archiv f. mikr. Anat. Bd. 82, Abt. I. 16 235 GurtElze: da das Blut nur mangelhaft arterialisiert wird (Paul Trendelenburg |1912]), wofür ich ebensowenig wie Trendelenburg eine anatomische Erklärung zu geben vermag, da ich mich vergeblich bemüht habe, in der Literatur genauere Angaben über das Kiemenkapillarsystem zu finden und meine eigenen Beobachtungen über diesen Gegenstand noch zu unvollkommen sind. Die genaueste Beschreibung der Kiemengefässe fand ich bei Hyrt1 (1838). Solange die Haut des jungen Fischehens nackt ist, kann die Deckung des Sauerstoffbedarfes durch sie hindurch erfolgen. 3evor also diese Möglichkeit durch die Entwicklung der Schuppen sanz oder wenigstens fast ganz aufgehoben wird, muss für einen anderen Modus der Sauerstoftzufuhr gesorgt werden. Dies ge- schieht durch die Ausbildung eines bisher fehlenden Atmungs- organes in Gestalt der Kiemen mit ihren Fransen,. und durch die Ausgestaltung des Blutgefäßsystems, speziell der Kiemen- kapillaren. Denn nun erhält ja das Blut die Aufgabe, den Sauerstoff allenthalben im Körper der Gewebsflüssigkeit und damit den Zellen zuzuführen, was früher von der ganzen Ober- fläche geschah. Die Ausgestaltung des Blutgefäßsystems geht dabei vor sich unter Bildung einfacher Schlingen (Moroff |1902]), die dann später weiterhin umgestaltet werden. Jedenfalls ist es wichtig, vor Augen zu behalten, dass das Gefäßsystem sehr einfach gestaltet ist — es enthält nur die „einfachen Schlingen* —, solange die Sauerstoffaufnahme von der Körperoberfläche her erfolgen kann und nicht das durch die Atmungsorgane getriebene Blut die aus- schliessliche Sauerstoffquelle der Gewebsflüssig- keit ist. Absichtlich habe ich das Dottersackgefäßsystem ausser Betracht gelassen. Es ist, selbst innerhalb der einzelnen Ordnungen, nach den freilich recht lückenhaften Angaben in der Literatur sehr verschieden ausgebildet. Am besten bekannt sind die Verhältnisse bei den Teleostiern und Selachiern. Bei den Teleostiern (vgl. Textfig. 5; Literatur bei Hochstetter [1906] und Rückert [1906]; zahlreiche Abbildungen bei Ryder [1885, 1886|) finden sich die verschiedensten Formen von einem, bis auf die „Vena vitellina media“ völlig gefässlosen Dottersack (siehe Fig. 5), bis zu einem ausgedehnten Dotter- kapillarnetz, welches aber stets sekundär aus früher sehr einfachen Gefässen hervorwächst, während bei den Selachiern von vornherein die Dottersack- sefässe in der Form des Netzes aufzutreten scheinen. — Das morphologisch wichtige Merkmal der Dottersackzirkulation der Teleostier, dass sie rein venös ist: (Hochstetter [1906], 8. 123), im Gegensatze zu der der Selachier, spielt natürlich für die physiologische Betrachtung, speziell für die Dottersackatmung, keine Rolle. — Ob die Form des Dottersackgefäss- Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte ete. 239 netzes mit den Lebensbedingungen der Embryonen (Entwicklung im mütter- lichen Organismus oder ausserhalb) und also mit den verschiedenen Be- dingungen der Sauerstoffaufnahme zusammenhängt, wage ich nach den vorhandenen Literaturangaben nicht zu entscheiden. Ähnlich wie bei den Fischembryonen liegen die Verhältnisse bei denen der urodelen Amphibien. Der Körper des Urodelen- embryo ist lang und schmal wie beim Fische und enthält ein nur aus „einfachen Schlingen“ bestehendes Blutgefäßsystem. Nach dem Beginne der Zirkulation sind noch die meisten Teile des Embryos vollkommen gefässlos, und die Sauerstoflzufuhr erfolgt zweifellos in der Hauptsache in der gleichen Weise wie bei den Fischembryonen. Mit der Ausbildung der Kiemen kommt zu der Hautatmung'!) die Kiemenatmung hinzu, während die Lungen- atmung während der ganzen Larvenzeit keine Rolle spielt (siehe Boas [1582], S. 560ss, und die dort auch zitierten Angaben von Rusconi [1817], S. 29ss). Ein charakteristischer Unterschied gegenüber den Fischembryonen zeigt sich bei der weiteren Ent- wicklung an den Gefässen der Kiemen. Während bei den Fischen in den Verlauf der Kiemenarterien ein ausserordentlich feines Kapillarnetz eingeschaltet wird, bleibt das Kiemengefäßsystem der Urodelenlarven auf dem Stadium der „mehrfachen Schlinge“ stehen und erfährt auch bei den Perennibrachiaten keine sehr weitgehende Umbildung (siehe die von Boas für richtig erklärte Figur von Öonfigliachi und Rusconi, Tab. 4, Fig. 18. ferner Calori [1851]), wie überhaupt die Kiemen bei den Urodelen niemals eine solche Ausbildung erfahren wie bei den Fischen. Zweifellos hängt dies damit zusammen, dass die Haut unbeschuppt bleibt und also die Hautatmung fortbestehen kann. Dabei tritt die Hautatmung durch Ausbildung eines besonderen Blutgefäss- apparates (System der Arteria cutanea magna) zugleich in den Dienst der „mittelbaren“ neben dem der natürlich fortbestehendeu „unmittelbaren“ Sauerstoffzufuhr. Etwas anders als bei den Urodelenembryonen liegen die Dinge bei den Embryonen der Anuren, insofern, als bei ihnen 1) Die Atmung durch äussere Kiemen als modifizierte Hautatmung zu bezeichnen, wie es vielfach geschieht, geht bei den Embryonen nur an unter rein morphologischen Gesichtspunkten: denn das Wesentliche der Haut- atmung besteht in der ‚unmittelbaren‘ Sauerstoffzufuhr an die Gewebs- flüssigkeit, wohingegen die Kiemen der „mittelbaren“ Sauerstoffzufuhr durch das Blut dienen. 16* 240 Curt Elze: das Blutgefäßsystem, wenn auch nur wenig, komplizierter gestaltet ist. was wohl darauf zurückzuführen ist, dass der Körper der Kaulquappe dicker ist, so dass die „unmittelbare“ Deckung des Sauerstoffbedarfes der im Innern gelegenen Zellen von der Haut- oberfläche her nicht möglich ist. Denn diese „unmittelbare“ Sauerstoffzufuhr geht offenbar, was hier auch bezüglich der Urodelenembryonen noch nach- zutragen ist, nur bis zu einer geringen Tiefe. Es deuten wenigstens die Beobachtungen darauf hin, welche man am Schwanze dieser Embryonen machen kann. Anfänglich ist der Schwanz ganz gefässlos, dann folgt eine Zeit, in der nur die astlose Aorta mit ihrer einfachen Umbiegung in die gleichfalls astlose Vene vorhanden ist, und erst verhältnismässig spät treten feine Gefässe — zunächst in Form einfacher Schlingen — in die Ruderkämme des Schwanzes ein, die allmählich immer weiter gegen die Peripherie vordringen. Die Grenzlinie des mit Ge- fässen versorgten Bezirkes ist dabei immer parallel dem Rande des Schwanzes (Clark [1909], S. 184). Es scheint mir unzweifel- haft, dass dieses Verhalten der Gefässe mit dem Diekenwachstum des Schwanzes zusammenhängt, indem sie die „mittelbare“ Sauer- stoffzufuhr dort übernehmen, wohin die „unmittelbare“ nicht mehr oder nur noch unvollkommen reicht. Es zeigt sich in diesem Punkte deutlich die Abhängigkeit des Blutgefäßsystems von den Bedingungen der Sauerstoffaufnahme, wofür freilich unter den oben besprochenen Befunden das beste 5eispiel die Wechselbeziehungen zwischen Hautbeschaffenheit und Kiemengefäßsystem bleibt: bei den Fischen, bei denen die Sauerstoffaufnahme von der Haut her durch die Ausbildung von Schuppen unmöglich gemacht wird, wird ein kompliziertes Kiemen- kapillarsystem gebildet; bei den Urodelen, bei welchen die Hautatmung bestehen bleibt, bleibt das Kiemengefäßsystem sehr viel einfacher. Der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass nach den Angaben von Knower (1907) sich Froschembryonen, denen die Herzanlage exstirpiert worden war, vier Tage lang normal entwickelten. Im Gegensatze zu dem einfachen Gefäßsystem junger Fisch- und Amphibienembryonen ist das der Sauropsidenembryonen ausgezeichnet durch das frühzeitige Auftreten von Kapillarnetzen am Übergange der Arterien in die Venen. Es gibt zwar von Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte ete. 241 dieser Regel Ausnahmen, welche unter dem Gesichtspunkte der Phylogenese der Kapillarnetze grosse Bedeutung gewinnen, be- sonders an den segmentalen Gefässen (siehe Textfig. 1), aber diese Ausnahmen beeinträchtigen nicht den Gesamtcharakter des (Gefäßsystems. Betrachtet man einen jungen Sauropsidenembryo (vel. hierzu Taf. XV, Fig. 1, und vor allem die Figuren von Evans [1909 und 1909 a]), so findet man, dass die Arterie des Kiemenbogens diesen astlos durchzieht, dass sie an der Umbiegung in die Aortenwurzel mehrere kurze Äste abgibt, welche sich an der Gehirnanlage in ein Kapillarnetz auflösen, dass dann die Aorta, ohne weitere Äste abzugeben, kaudalwärts zieht und sich gegen das Schwanzende des Embryos in der Abgabe der Dottersackarterien erschöpft. Bei Lacertaembryonen und wahrscheinlich auch bei Hühnerembryonen ist das Kapillarnetz an der Gehirnanlage schon beim Beginne des regulären Kreislaufes ausgebildet. Die Aortenäste, welche dann zunächst auftreten, sind, wie auch beim Vogelembryo, die vordersten segmentalen Arterien, welche in Form einfacher Schlingen in die entsprechenden Venen übergehen, die in die Vena cardinalis anterior einmünden. Von dieser Ausnahme ab- gesehen, treten sonst stets die ersten Gefässe einer Körpergegend sofort in Form von Kapillarnetzen auf, z. B. in der Extremitäten- leiste (siehe Evans). Ich werde auf die intraembryonalen Kapillarnetze später zurückkommen. Zunächst möchte ich auf dasjenige Kapillarnetz etwas näher eingehen, welches früher als alle anderen angelegt wird: das Kapillarnetz des Dottersackes. Der Gefässhof des Dottersackes enthält ein Gefäßsystem, das ausserordentlich reich verzweigt ist. Beim Huhn ist es, wie die Injektionen von Popoff (1894) gezeigt haben, zunächst mehr ein System von weiten Lakunen als von eigentlichen Gefässen, bei Lacerta asilis gibt es, wie mich Injektionen gelehrt haben, dieses Lakunen- stadium nicht, wie mir überhaupt der Vergleich von Eidechsen- und Hühnerembryonen gezeigt hat, dass bei den ersteren der (Gefässhof während der ganzen Dauer der Entwicklung im Ei weniger gefässreich ist, d. h. dass zwischen den einzelnen Gefäss- maschen sich grössere Substanzinseln finden als bei den letzteren. Auch die Gefässverzweigungen innerhalb des Embryonalkörpers sind bei Lacerta nicht so zahlreich wie beim Huhn. 242 CHE Bilzee: Dass der Gefässhof der jungen Stadien in erster Linie der Sauerstoffaufnahme dient, ist wohl die allgemeine Ansicht, und gewisse Veränderungen, welche die Form seines Kapillarsystems im. weiteren Verlaufe der Entwicklung erfährt, können nur in diesem Sinne gedeutet werden. Als Beispiel dafür möchte ich drei Stadien von Lacerta heranziehen, die auf Taf. XV bei gleicher Vergrösserung abgebildet sind. Die erste Figur zeigt ein Stadium kurz nach dem Beginne der Blutzirkulation, die zweite ein Stadium, in welchem die Allantois begonnen hat an der Respiration teilzunehmen, und die dritte ein Stadium, in welchem die Allantois den Dottersack umwachsen hat und das alleinige Respirationsorgan darstellt. Betrachtet man nun das Dottersackkapillarsystem im ersten und im dritten Stadium, so fällt sofort auf, dass die Kapillarröhren im dritten Stadium wesentlich enger und die von ihnen gebildeten Maschen wesent- lich weiter sind als im ersten, dass hingegen das Kapillarsystem im äusseren Blatte der Allantois in seiner reichen Ausgestaltung dem Dotterkapillarsystem im ersten Stadium sehr nahe steht. Dieses hatte die Funktionen eines respiratorischen Kapillarnetzes zu erfüllen. bis das der Allantois sie übernahm. Im Zusammen- hange mit dem Schwinden der respiratorischen Funktion steht die Verengerung seiner höhren und die Vergrösserung seiner Maschen. Dass dieser Zusammenhang wirklich besteht, lässt sich aus der Analogie mit dem Verhalten der Gefässe im äusseren und inneren Blatte der Allantois bekräftigen. Während anfäng- lich die blasenförmige Allantois gleichmässig von einem engen Gefässnetze bedeckt ist, tritt nach der Anlagerung an die Eischale und der damit einhergehenden Abflachung und Bildung eines inneren und äusseren Blattes, welches letztere allein die respiratorische Funktion übernimmt, eine wesentliche Veränderung ein, welche dahin führt, dass das äussere blatt ein äusserst reiches, das innere dagegen ein äusserst armes Kapillarnetz aufweist (Fig. 3), ein Unterschied, welcher so gross Ist, dass, wenn man die beiden (Gefäßsysteme zum ersten Male sieht, man nicht glauben möchte, dass sie einem und demselben Organe angehören. Bei den Vögeln liegen die Verhältnisse offenbar ebenso wie bei den Eidechsen (Näheres siehe bei Fülleborn, 1895). Ich brauche deshalb nicht näher auf sie einzugehen. Jedoch möchte ich auf eine Eigentümlichkeit aufmerksam machen, welche Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte ete. 243 gleichfalls dafür spricht, dass zwischen Blutgefäßsystem und Atmung ein Zusammenhang besteht. Betrachtet man den Gefässhof eines drei- oder viertägigen Hühner- oder Entenembryos, so fällt die zentrale Partie durch die Weite der Maschen gegenüber den engmaschigen peripheren Teilen auf. Der Übergang zwischen beiden Formen der Gefässanordnung ist fast unvermittelt, so dass die zentrale Partie ziemlich scharf abgegrenzt ist. Die Begrenzungs- linie läuft fast genau parallel dem Umriss des Embryos, so dass man sagen kann, dass der vom Embryo bedeckte, von der Eischale abgedrängte und somit von der respiratorischen Funktion aus- geschlossene zentrale Teil der Area vasculosa beträchtlich gefäss- ärmer ist als die peripheren Teile. Das gleiche Verhalten, wenn auch nicht so deutlich ausgesprochen, zeigen die Keimscheiben von Lacerta. Es deuten die mitgeteilten Befunde einerseits darauf hin, dass das Kapillarnetz des Dottersackes bis zur Ausbildung der Allantois respiratorische Funktionen hat, andererseits zeugen sie für die innigen Beziehungen, welche zwischen allgemeiner Form des Blutgefäßsystems und Atmung bestehen. Es wurde früher gezeigt, dass bei jungen Fisch- und Amphibienembryonen der Sauerstoff, dessen die einzelnen Zellen bedürfen. der Gewebstlüssigkeit auf dem Wege der Diffusion aus dem umgebenden Wasser zugeführt wird. Die Diffusion erfolgt also aus der einen Lösung in die andere. Wesentlich anders liegen die Bedingungen für die Sauerstoff- aufnahme bei den an der Luft sich entwickelnden Embryonen der Sauropsiden. Das Ei, in welchem sich der Sauropsidenembryo entwickelt, besitzt eine poröse Kalk- oder lederartige äussere Schale, deren Innenfläche die membranöse Schalenhaut anliegt. Das Embryonal- gebilde ist, ausser bei den Schildkröten, in den frühen Entwicklungs- stadien von der Schalenhaut durch eine mehr oder weniger dünne Schieht einer Eiweisslösung getrennt. Dass die äussere Schale für Sauerstoff durchgängig ist, ist eine schon vor langer Zeit durch Experimente festgestellte Tat- sache. Es erhebt sich jedoch die Frage, in welcher Form der Sauerstoff durch sie hindurchtritt, ob in gasförmigem oder in gelöstem Zustande, d. h. nach vorheriger Absorption in Wasser. Diese Frage kann, glaube ich, einstweilen nicht endgültig ent- 244 Curt Elze: schieden werden, da es an speziellen Untersuchungen darüber fehlt. Es scheint auch, dass sich die verschiedenen Gruppen der Sauropsiden nicht ganz übereinstimmend verhalten, dass bei der einen der erste Modus eine wichtige Rolle spielt, bei der anderen der zweite, bei anderen wieder beide zusammen vorkommen. Auch scheint das Verhalten bei einer und derselben Form nicht während der ganzen Dauer der Entwicklung das gleiche zu bleiben. Da die Frage aber für den vorliegenden Gegenstand von einiger Bedeutung ist, so will ich wenigstens versuchen, einige Punkte zusammenzustellen, die eine annähernde Ent- scheidung zulassen. Ob die Schale des Vogeleies bei intakter feuchter Kutikula für gasförmige Körper durchgängig ist, ist mir zweifelhaft. Da- gegen scheint dies der Fall zu sein bei Schildkröten-, speziell Emyseiern. Wenigstens dürfte die Trübung der Kalkschale an der Stelle des „weissen Fleckes“ auf dem Eindringen von Luft beruhen (Mehnert [1895], Fussnote S. 253/254, spricht von einer „Art physiologischer Eintrocknung“). Der „weisse Fleck“ breitet sich im Verlaufe der Entwicklung immer weiter aus, bis schliesslich die ganze Eischale weiss, bezw. lufthaltig wird. — Bei Lacertaeiern scheint, wenn die Allantois sich an der Schale ausbreitet, ein gleicher Vorgang stattzufinden. Da sich der „weisse Fleck“ der Schildkröteneier an derjenigen Stelle der Schale findet, an welche sich von innen her das Embryonalgebilde unmittelbar angelagert hat, so könnte man daran denken, dass sein Zu- standekommen auf eine spezifische Tätigkeit der Embryonalzellen zurück- zuführen sei, wie man ja auch in letzter Zeit vielfach eine solche Tätigkeit der Epithelzellen in den Lungenalveolen bei der Sauerstoffaufnahme an- genommen hat. Der Streit darüber, ob der Ubertritt des Sauerstoffes aus der Luft bezw. dem Wasser in das Blut lediglich auf Grund physikalischer Gesetze erfolge, oder ob eine spezifische Tätigkeit der Zellen an der respi- rierenden Oberfläche notwendig sei, scheint sich auf Seite der Physiologen zugunsten der ersteren Auffassung zu entscheiden. Die Befunde an den Embryonen scheinen mir gleichfalls in diesem Sinne zu sprechen, doch könnten immerhin die erwähnten Erscheinungen an den Eiern von Emys vielleicht auch im entgegengesetzten Sinne gedeutet werden. Mit grösserer Sicherheit als der Durchtritt von Gasen, lässt sich der von Flüssigkeiten behaupten. Schon der Umstand, dass für das Leben des Embryos ein gewisser Feuchtigkeitsgehalt der umgebenden Luft erforderlich ist, würde den Schluss erlauben, dass Wasser durch die Schale hindurch aufgenommen wird. Mit Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte etc. 245 Bestimmtheit lässt sich dieser Schluss ziehen aus der Gewichts- und eventuell Grössenzunahme des Eies während der Entwicklung. Sehr schön lassen sich diese Verhältnisse an den äusseren Ver- änderungen beobachten, welche die Eier von Lacerta agilis während ihrer Entwicklung aufweisen. Unter normalen Bedingungen nehmen diese Eier beträchtlich an Grösse zu, was durch die Elastizität der Schale ermöglicht wird. Wenn man nun die Eier anstatt in feuchtem Boden in feuchtigkeitsarmer Luft oder in trockenem Sande liegen lässt, so wird die vorher straff gespannte Eischale schlaft und bekommt Falten. Es geschieht dies ohne Zweifel infolge von Wasserabgabe. Ich glaube, dass diese Wasserabgabe auch unter normalen Bedingungen erfolgt, worauf ich weiter unten noch zurückkommen werde, nur wird sie normalerweise durch Wasseraufnahme kompensiert, ja, wie die allmähliche Ver- grösserung des Eies und die Zunahme der Spannung der Eischale beweist, auch überkompensiert. Ich glaube also, dass nicht nur ständig Wasser aufgenommen wird, sondern, dass ein fort- währender Wasseraustausch stattfindet. Dabei ist allerdings für das Leben des Embryos wohl die Wasseraufnahme das Wichtigere, denn der Embryo vermag nur eine kurzdauernde und nicht sehr weitgehende Austrocknung ohne Schaden zu ertragen. Auch bei dem Flüssigkeitswechsel erhebt sich, wie beim Gaswechsel, die Frage, ob aktive Beteiligung der Embryonalzellen dabei eine Rolle spielt. Mit Sicherheit kann ich soviel sagen, dass auch Eier, deren Embryonen ab- gestorben sind, wenn sie nur von der Infektion mit Mikroorganismen ver- schont bleiben, an Grösse allmählich zunehmen, was nur auf Wasseraufnahme zurückgeführt werden kann. Für eine rein auf physikalischen Gesetzen ohne aktive Beteiligung der Embryonalzellen vor sich gehende Wasseraufnahme spricht auch der Umstand, dass Eier, welche durch Austrocknung gefaltet waren, in Fixierungsflüssigkeit (z. B. Pikrin-Sublimat) gebracht, gewöhnlich nach einigen Stunden wieder prall gespannt sind. Häufig habe ich dann beim Eröffnen der Eischale beobachtet, dass sich Flüssigkeit in beträchtlicher Menge zwischen Lederschale und innerer Schalenhaut befand, die infolgedessen abgehoben war. Es war jedoch stets auch Flüssigkeit durch die innere Schalenhaut hindurchgedrungen, wie die mit Pikrin-Sublimat inprägnierten Eihäute zeigten. Dass bei diesem Vorgange die Differenz im osmotischen Drucke der embryonalen und der Fixierungsflüssigkeiten eine wichtige Rolle spielt, ist wohl anzunehmen, doch muss ich hervorheben, dass die gleichen Er- scheinungen auch auftreten, wenn man die Eier mit abgestorbenen Embryonen in eine O,7proz. Kochsalzlösung bringt. Wichtig scheint mir auch der im Eiinnern herrschende hohe Druck zu sein, der besonders in den späteren Entwicklungsstadien eine beträchtliche 246 Curt Elze: Höhe erreicht. Das normale Eidechsenei ist in einem Zustande, den man als „prall elastisch‘ zu bezeichnen pflegt. Eröffnet man die Eischale, so quillt sofort das äussere Blatt der Allantois bezw. bei dessen Verletzung die zähe Allantoisflüssigkeit hervor. Es wäre gewiss nicht sehr schwer, diesen Druck zu bestimmen. Er ist sicher sehr beträchtlich, wie aus folgender Beobachtung hervorgeht. In meinem Terrarium war ein unter einem Steine verborgenes Gelege unberührt geblieben. Als ich anfangs September — die jungen Eidechsen schlüpften 1—2 Wochen später aus — den Stein abhob, lagen die Eier fest aneinander gepresst und gegeneinander abgeplattet in einer Mulde im Sande darunter, und zwar die mittleren tiefer als die rand- ständigen. Das ganze Gelege stand also sozusagen unter einem „Gewölbe- druck“. Als ich nun ein am Rande befindliches Ei herausnehmen wollte und es über den Rand der Mulde aufhob, schnellte das ganze Gelege unter der Erscheinung plötzlicher Druckentlastung mit einem Ruck in die Höhe und bedeckte nach dem Niederfallen eine beträchtlich grössere Bodenfläche, dadurch, dass die vorher gegeneinander abgeplatteten Eier rundliche Form annahmen. Die Wasseraufnahme erfolgt auf Grund des hohen osmotischen Druckes der Lösungen im Eiinnern. In dem eben mitgeteilten Falle, in welchem die Eier zwischen hartem Boden und einem Steine gepresst lagen, müss die geleistete osmotische Arbeit einen höheren Wert gehabt haben als unter normalen Bedingungen. Es würde also diese Beobachtung zu dem Schlusse führen, dass den Eidechsenembryonen bis zu einem gewissen Grade die Fähigkeit der Osmoregulation zukäme. Jedenfalls findet ständig Aufnahme von Wasser durch die Schale hindurch aus dem umgebenden feuchten Medium statt. Von allem anderen abgesehen könnte die Bedeutung dieser Er- scheinung gerade für die Aufnahme des Sauerstoffes auf zwei Momenten beruhen: erstens auf der Möglichkeit, dass mit dem Wasser zugleich auch der in ihm absorbierte Sauerstoff in das Ei gelangt, und zweitens auf der Feuchthaltung der Oberfläche, besonders der inneren Schalenhaut. Auf den ersten Punkt werde ich weiter unten zurückgreifen. Den Wert des zweiten kann ich nicht besser charakterisieren, als mit den Worten Burdachs: „Schon Priestley erkannte, dass die Wechselwirkung von Luft und Blut weder durch eine angefeuchtete Blase, noch auch durch eine über letzterem stehende Schicht Serum gehindert wurde... Mit Löschpapier abgetrockneter Blutkuchen rötet sich an der Luft weniger, als feuchter, und so scheint denn die Anfeuchtung der Luftröhrenzweige durch ihre wässrige Ausdünstung, wie auch ein gewisser Grad von Feuchtigkeit der Luft für das Atmen von Bedeutung zu sein, da auch die Endosmose von Gasen durch Feuchtigkeit begünstigt wird. Auch bei niederen Tieren sind Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte ete. 247 die Atmungsorgane immer feucht. Dies gilt von der Haut der Frösche und mancher Anneliden, inwiefern sie Luft atmen. Bei den Insekten geschieht die Atmung, da sie meist in trockner Luft leben, nicht an der Oberfläche sondern innerhalb der immer feuchten Luftröhren. Die Kiemen der Urustaceen sind bedeckt. so dass sie nicht leicht austrocknen, und geschieht dies, so sterben sie; manche Landkrabben haben nach Audouin und Milne Edwards verschiedene Organe, um Wasser aufzunehmen und zur Befeuchtung der Kiemen zurück zu behalten. Fische können Luft atmen und sterben in derselben, wenn ihre Kiemen trocken werden“ (Bd. 6, S. 453 und 454). Mit modernen Worten würde man etwa sagen können, dass aus diesen Beobachtungen hervor- geht, dass eine tierische Membran — bei den Sauropsideneiern also zunächst die innere Schalenhaut — nur in feuchtem Zustande für Sauerstoffgas permeabel ist, d. h. also nur dann, wenn der Sauerstoff an ihrer Oberfläche gelöst werden kann. Bevor ich nunmehr die Verhältnisse der Sauerstoffaufnahme der Sauropsidenembryonen erörtere und versuche, das frühzeitige Auftreten der Kapillarnetze mit ihnen in Zusammenhang zu bringen, muss ich noch kurz auf einen Unterschied in den Ent- wicklungsbedingungen der Anamnier und Amnioten hinweisen, der durch die Temperatur gegeben ist, unter welcher die Ent- wicklung abläuft. Die Bruttemperatur ist bei den Sauropsiden wesentlich höher, als bei den Amphibien und Fischen. Damit geht naturgemäss ein lebhafterer Stoffwechsel und somit ein höherer Sauerstoffbedarf einher. Bei Vögeln und Säugern ist die Bruttemperatur fast konstant, in den Embryonen brauchen also für die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur keine besonderen Stoffumsetzungen stattzufinden, welche Sauerstoff erfordern, wie denn auch nach Preyer (1855) die Embryonen bis gegen Ende der Fetalzeit die Fähigkeit der Wärmeregulierung gar nicht be- sitzen. Aus dem Minderbedarf an Sauerstoff gegenüber dem wärmeregulierenden geborenen Tiere erklärt sich auch der Um- stand, dass der Embryo und Fetus mit gemischtem, d.h. nicht vollkommen arterialisiertem Blute leben kann. — Auch die Reptilienembryonen besitzen gewiss nicht die Fähigkeit, ihre Körpertemperatur durch Erhöhung des Stoffumsatzes konstant zu erhalten. Wohl aber scheinen sie, wie auch die erwachsenen 248 Curt Elze: Reptilien, das Ansteigen der Körpertemperatur über ein gewisses Maß durch Wasserverdunstung verhindern zu können. Dass die erwachsenen Reptilien eine, wenn auch unvoll- kommene, Fähigkeit besitzen, ihre Körpertemperatur innerhalb gewisser Grenzen zu regulieren, ist durch die Untersuchungen von Krehl und Soetbeer (1899) sichergestellt. Es liegt natürlich der Gedanke nahe, dass den Embryonen, besonders in vorge- schrittenen Entwicklungsstadien, wenn auch in geringerem Maße, diese Fähigkeit gleichfalls zukommt. Jedenfalls begegnet die Vorstellung, dass die Wärmeregulierung durch vermehrte oder verminderte Wasserausscheidung durch Verdampfung an der Ober- fläche geschehen könnte, keiner prinzipiellen Schwierigkeit. Die Beobachtungen Mehnerts an Emyseiern (1895, S. 250 ss) scheinen mir dafür sprechen, und ich glaube auch aus meinen eigenen Beobachtungen an Lacertaeiern schliessen zu dürfen, dass der Wasserbedarf bei höherer Temperatur grösser ist. Sicher findet bei höherer Temperatur eine vermehrte Wasserabscheidung statt. Ich glaube wenigstens beobachtet zu haben — leider habe ich versäumt, spezielle Versuche mit genauen Protokollen in dieser Richtung anzustellen —, dass bei höherer Aussentemperatur, auch unabhängig vom Feuchtigkeitsgehalte der Luft, die prall gespannten Eier in kürzerer Zeit schlaff werden, als bei niederer Temperatur. Betrachtet man nach diesen Vorerörterungen die Möglich- keiten der Sauerstoffzufuhr an die Gewebsflüssigkeit und an die einzelnen Zellen des Sauropsidenembryos, so ergeben sich deren zwei, welche als die unmittelbare und die mittelbare Sauerstoft- zufuhr bezeichnet werden können. Für beide Arten ist gemeinsam der Weg des Sauerstoffes durch die äussere Schale und die innere Schalenhaut. Die letztere stellt jedenfalls die Membran dar, an deren Oberfläche der Sauerstoff gelöst werden muss, um in die Eiweisslösung usw. zu diffundieren. Es erscheint deshalb als eine Erleichterung des Diffusionsvorganges, wenn er bereits in gelöster Form an sie herantritt, mit anderen Worten, die oben behauptete Möglichkeit der Sauerstoffaufnahme bei dem Wasser- austausche des Eies gewinnt unter diesem Gesichtspunkte eine grosse Bedeutung. Durch die Schalenhaut hindurch gelangt der Sauerstoff bei der ersten der aufgestellten Möglichkeiten in die unter ihr be- Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte etc. 249 findliche Eiweisslösung, aus dieser in jungen Embryonalstadien an das äussere Keimblatt und durch dieses an das innere — die Dotterhaut kann dabei ausser Betracht gelassen werden, da sie sich wie die übrigen Membranen verhält —, in den älteren Stadien zunächst noch durch das Amnion in die Amnionflüssigkeit und aus dieser zu den Zellen des Keimes. Dies wäre der Modus bei der „unmittelbaren“ Sauerstofizufuhr an die embryonalen Zellen. Bei den Schildkröten, deren Keim sich der Schalenhaut dicht anlegt, fällt der Weg durch die Eiweisslösung natürlich weg. — Die „mittelbare“ Sauerstoffzufuhr erfolgt im der Weise, dass der Sauerstoff zunächst in der Area vasculosa, in späteren Stadien im äusseren Blatte der Allantois von dem Blute aufgenommen, durch die Venen in das Herz und von da aus in die embryonalen Gefässe geführt wird, aus denen er in die Gewebsflüssigkeit ge- langt. Während des weitaus grössten Teiles der Entwicklungszeit findet die „mittelbare“ Sauerstoffzufuhr statt, — der ausschliess- liche Modus ist sie von der Zeit an, zu welcher die Allantois den Dottersack annähernd vollständig umwachsen hat. Bis zu diesem Zeitpunkte kann auch der erste Modus noch fortbestehen, vielleicht auch noch länger, insofern als die Möglichkeit gegeben ist, dass aus der Amnionflüssigkeit der Sauerstoff unmittelbar auf- genommen wird, der vielleicht durch Diffusion aus den Amnion- oder benachbarten Allantoisgefässen !) in sie gelangt ist. Vielleicht steht mit der unmittelbaren Sauerstoffaufnahme der Lücken- reichtum des äusseren Keimblattes in Zusammenhang, welcher die Bezeichnung „Leiterepithel‘“ veranlasste (Näheres siehe bei Mehnert, 189, S. 208 ss), vielleicht auch, wenigstens zum Teil, die Erscheinung der „gefässlosen Zone“ unter dem Ektoderm, auf welche besonders Evans (1909, S. 296) hin- gewiesen hat. Die mittelbare Sauerstoffversorgung durch Vermittlung des Blutes spielt, besonders, wenn man das frühzeitige Auftreten der Kapillarnetze mit in Betracht zieht, schon in viel früheren Stadien und in viel grösserem Umfange eine Rolle, als bei den Fisch- y !) An die dem Amnion benachbarten Gefässe des inneren Allantois- blattes ist hier deshalb zu denken, weil die Sauerstoffversorgung der Mem- brana amnii offenbar von ihnen aus geschieht. Denn diese erhält eigene Gefässe beim Hühnerembryo (Fülleborn, 1895, S. 13) erst sehr spät und nur unvollkommen, da eine bestimmte Zone gefässlos bleibt. Bei Lacerta- embryonen habe ich bisher überhaupt keine Amniongefässe gefunden, doch habe ich von den allerletzten Entwicklungsstadien noch keine Injektions- präparate untersuchen können. 250 Gurt Elze: und Amphibienembryonen. Offenbar ist dies in erster Linie be- dingt durch die höhere Temperatur. Mit der Steigerung der Temperatur steht einerseits, wie schon oben erwähnt wurde, ein grösserer Sauerstoffbedarf im Zusammenhange. Andererseits wird aber das Absorptionsvermögen des Wassers für Sauerstoff herab- gesetzt. Dies trifft in noch höherem Maße für die Blut- und die (Gewebsflüssigkeit zu, da in diesen schon an sich weniger Sauerstoff absorbiert wird, als in Wasser. (Siehe z. B. die Tabelle bei Loewy, 1911, S. 14.) Es trifft also höherer Sauerstoffbedarf mit geringerem Absorptionsvermögen der embryonalen Flüssig- keiten für Sauerstoff zusammen. Von dieser Erwägung aus wird das frühzeitige Auftreten eines Atmungsorganes in Gestalt der Area vasculosa und die Ausbildung von Kapillarnetzen im Embryo zur Erleichterung des Gaswechsels bei den Sauropsidenembryonen gegenüber denen der Fische und Amphibien verständlich, also auch hier wieder ein Hinweis auf die engen Beziehungen zwischen Art der Sauerstoffaufnahme und Blutgefäßsystem. Ich habe eben dafür, dass Kapillarnetze im Sauropsiden- embryo schon in sehr frühen Stadien auftreten, nur die höhere Bruttemperatur herangezogen. Es kommt aber sicherlich noch ein weiteres Moment in Betracht, welches allerdings vorwiegend das Kapillarsystem der Allantois betrifft. Wenn man die „respiratorischen Kapillarnetze“ bei den erwachsenen Formen betrachtet, so findet man, dass sie am höchsten entwickelt sind, wenn es sich um die Aufnahme des Sauerstoffes aus atmosphärischer Luft handelt. Die Befunde sprechen dafür, dass der Übertritt des Sauer- stoffes aus Luft in Blut schwieriger erfolgt als aus Wasser in Blut. Ob das lediglich daraus erklärt werden könnte, dass dabei der Sauerstoff erst an der feuchten Ober- fläche, z. B. der Lungenalveolen, gelöst werden muss, ehe er durch die verschiedenen Membranen bis zum Blute diffundieren kann, wobei ein gewisser Druck (Bohrs „Ditferenzdruck*) auf- gewendet werden muss, der also von der Differenz der Sauer- stoffpartialdrucke in Alveolarluft und Blut zu subtrahieren ist, scheint mir sehr zweifelhaft. Die anatomischen Befunde sprechen dafür, dass überhaupt die Diffusion des Sauerstoffes aus einer Lösung in die andere, z. B. aus Wasser in die Gewebstlüssigkeit eines Perennibranchiaten, leichter von statten geht, als aus Luft in eine Lösung: eine Erscheinung, welche den Physikern vielleicht Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte etc. 251 längst bekannt ist. Insofern befindet sich jedenfalls der Saur- opsidenembryo in einer ungünstigeren Lage als der Fischembryo, und deshalb habe ich auch die Möglichkeit betont, dass der Sauerstoff schon in gelöster Form mit dem Wasser in das Ei gelangt. Noch ist daran zu denken, dass der hohe hydrostatische Druck im Eiinnern, der ja wesentlich höher ist als der atmo- sphärische, die Diffusion des Sauerstoffes erschweren könnte. Ehe ich die für die späteren Abschnitte wichtigen Resultate zusammenfasse, habe ich zur Ergänzung noch auf einige Punkte hinzuweisen. Die Erschwerung der Sauerstoffbeschaffung kann auch ohne Änderung des allgemeinen Charakters des Blutgefäss- systems kompensiert werden durch Vergrösserung der respirierenden Oberfläche, z. B. bei den lebendig gebärenden Urodelen durch Vergrösserung der Kiemen. Es erklärt sich diese Ausnahme wohl dadurch, dass die Viviparität eine sekundäre Erwerbung ist. Nicht unerwähnt darf ich ferner lassen, dass eine Anuren- form bekannt ist. deren Larven in ihren embryonalen Atmungs- organen ein echtes respiratorisches, engmaschiges Kapillarnetz aufweisen, ähnlich dem in der Allantois der Sauropsiden. Ich habe dabei die merkwürdigen Kiemenanhänge der Embryonen des südamerikanischen Beutelfrosches, Nototrema oviferum, im Auge, welche sich an die Wand der unter der Rückenhaut des Weibchens befindlichen Bruttasche anlegen. Leider sind die Kenntnisse über diese Embryonen (Weinland [1554|) und die der übrigen brutpflegenden Batrachier (Brandes und Schoenichen [1901]) nur sehr lückenhaft. Dies ist um so mehr zu bedauern, als wir ganz allgemein über das Blutgefäss- system der Embryonen aller tropischen Formen gar nichts wissen. Nach dem, was oben über den indirekten Einfluss höherer Temperatur auf den allgemeinen Charakter des Gefäßsystems ausgeführt wurde, wäre es sehr wichtig und interessant, in dieser Hinsicht Näheres über die Embryonen, besonders der Amphibien und Fische, zu erfahren, die sich in den Tropen entwickeln. Die Embryonen der Säuger habe ich absichtlich bei den vorausgegangenen Frörterungen nicht berücksichtigt. So nahe es liegt, bei ihnen ähnliche Beziehungen zwischen Blutgefäss- system und Sauerstoffversorgung anzunehmen, wie bei den Saur- 252 Curt Elze: opsiden, so muss doch berücksichtigt werden, dass die allgemeine Anordnung des Gefäßsystems, wie viele andere Eigentümlichkeiten der Säugerentwicklung, lediglich durch die Abstammung von reptilienähnlichen Vorfahren und nicht durch die Art der Sauer- stoffaufnahme bedingt sein könnte. Die Reichweite dieses Momentes aber abzuschätzen, scheint mir vorläufig nicht möglich. Die tierische Zelle deckt ihren Sauerstoffbedarf aus dem umgebenden Medium, welches stets eine Lösung ist: entweder aus dem Wasser, in welchem das Tier lebt, oder aus der (rewebs- tlüssigkeit. Der Gewebstlüssigkeit wird der Sauerstoff zugeführt. entweder unmittelbar aus dem das Tier umgebenden Wasser oder mittelbar, durch Vermittlung des Blutes, aus dem umgebenden Wasser oder der atmosphärischen Luft. Bei denjenigen Tier- formen, insbesondere bei den Embryonen, bei welchen der Sauer- stoffbedarf der Zellen und der (Gewebstlüssigkeit grossenteils unmittelbar aus dem umgebenden Wasser gedeckt werden kann, findet sich ein sehr einfaches Blutgefäßsystem. Mit hohem Sauer- stoffbedarf der Zellen und gleichzeitig bestehender Unmöglichkeit, diesen auch nur annähernd hinreichend unmittelbar zu decken, findet sich ein kompliziertes Gefäßsystem. Weiterhin werden stets zusammen angetroffen: Lokalisation der Sauerstoftaufnahme auf einen umschriebenen Körperbezirk und komplizierte Anordnung der Blutgefässe dieses Bezirkes, Aufhören der respiratorischen Funktion eines Bezirkes und Einfachwerden seines Gefäßsystems. Aus diesen immer wiederkehrenden Formen typischen Zu- sammentreffens darf wohl der Schluss gezogen werden, dass zwischen Blutgefäßsystem und Atmung enge Beziehungen be- stehen, der Art, dass die allgemeine Anordnung des (Gefäss- systems im wesentlichen abhängig ist von der Grösse des Sauer- stoffbedarfes der einzelnen Zellen und von der Möglichkeit, diesen Bedarf zu decken.') Dafür, dass auch andere Momente als die Atmung Einfluss auf die Gestaltung des Blutgefäßsystems haben, genügt der Hin- weis auf die Gefässformation, welche durch einen Nierenglomerulus dargestellt wird. Es dient das Blut und damit das Gefäbßsystem !) Hiervon werden die speziellen Anpassungen des Blutgefähsystems der Wassersäuger an das lang anhaltende Tauchen (grosse Weite des ganzen Gefäßsystems, Wundernetze etc.) natürlich nur teilweise berührt. Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte ete. 253 ja nicht ausschliesslich der Respiration, und seine allgemeine Anordnung ist gewiss beeinflusst durch viele Funktionen des Blutes zugleich. Aber unter allen diesen nimmt die respirato- rische die erste und massgeblichste Stelle ein. Wenn ich somit auf das Bestimmteste den Einfluss der respiratorischen Funktion des Blutes auf die allgemeine Anordnung des Gefäßsystems feststelle, so möchte ich mich doch ausdrück- lich dagegen verwahren, dass damit etwa ein streng kausales Verhältnis ausgesprochen werden soll, in dem sich Sauerstoffbedarf und Blutgefäßsystem verhalten wie Ursache und Wirkung. Es ist keineswegs so zu denken, dass jeweils bei dem sich ent- wickelnden Embryo der etwa eintretende Sauerstofimangel der Zellen das Auftreten von Blut, Blutgefässen und Kreislauf bedingt, dass also die Ausbildung eines Blutgefäßsystems an den Sauer- stoffbedarf bezw. -Mangel der Zellen geknüpft ist, wie etwa bei einer Reihe von Amphibien die Bildung der Linse an die Be- rührung des Ektoderms durch die Augenblase. Deshalb erscheint es mir auch, besonders im Hinblick auf die S. 251 erwähnten Verhältnisse bei viviparen Urodelen, aussichtslos, etwa auf dem Wege des Experimentes einen Fischembryo zur Bildung eines von Anfang an mit Kapillarnetzen versehenen Gefäßsystems ver- anlassen zu wollen, wie es ein Vogelembryo zeigt. Man muss sich also einstweilen damit begnügen, festzustellen, dass der respiratorischen Funktion des Blutes im Laufe der Phylogenese ein bestimmender Einfluss auf das Gefäßsystem zugekommen ist, über dessen Vermittlungsweise freilich vorläufig nichts Sicheres ausgesagt werden kann. Für die vorliegenden Fragen ist das Wichtigste, dass es verständlich erscheint, warum der Sauropsiden- und Säugerembryo von vornherein ein durch Kapillarnetze kompliziertes Gefäß- system aufweist. Archiv f. mikr. Anat. Bd.82. Abt.1. 7 254 Curt Elze: Literaturverzeichnis. Das im Erscheinen begriffene „Handbuch der vergleichenden Physiologie‘, . .- - - ” % ” herausgegeben von Winterstein, konnte ich leider nicht benutzen, da die betreffenden Teile noch nicht vollständig vorlagen. 182837. v. Baer, K. E.: Über Entwicklungsgeschichte der Tiere. 1855. Bergmann und Leuckart: Anatomisch-physiologische Übersicht des Tierreiches. Neue Ausgabe. 1895. 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Curt Elze: Studien zur allgemeinen Entwicklungsgeschichte etc. Trendelenburg, Paul: Über die Sauerstofftension im Blute von Seefischen. Zeitschr. f. Biol., Bd. 57. Vogt, ©: Embryologie des Salmones. Histoire naturelle des poissons d’eau douce par L. Agassiz, Livr. 2. Neuchätel. de Vriese, Bertha: Sur la signification morphologique des arteres cerebrales. Archives de biologie, T. 21. Weinland, Dav. Friedr.: Über den Beutelfroschh Müllers Arch. f. Anat., Phys. u. wiss. Med., Jahrg. 1854. Wenckebach, K. F.: Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 28. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XV. Drei Stadien der Entwicklung von Lacerta agilis. Blutgefässe nach der Methode von H. M. Evans mit chinesischer Tusche injiziert. Photogramme ohne Retouche. Vergrösserung: 15 fach. Abkürzungen: All. — Allantois. All. äuss. Bl. = Gefässnetz im äusseren Blatte der Allantois. All. inn. Bl. = Gefässnetz im inneren Blatte der Allantois. Dott. = Gefässnetz des Dottersackes. . 1 und 2. Vom Dottersack abpräparierte Keimscheiben. Aufnahmen mit durchfallendem Licht. Fig. 1 von der Ventral-, Fig. 2 von der Dorsalseite. Embryo in den Eihüllen. Das äussere Blatt der Allantois ist bei dem Herausnehmen aus der Eischale verletzt worden und hat sich bei der Konservierung zurückgezogen, so dass das innere Blatt und durch dieses hindurch der Dottersack und die Amnionhöhle mit dem Embryo teilweise sichtbar sind. — Aufnahme mit auf- fallendem Licht. [S0) oa =] Aus dem Biologischen Laboratorium der Universität Bonn. Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. I. Mitteilung. Heteromorphose und Polarität bei Planarien. Von Paul Lang. Hierzu Tafel XVI. Seit dem Abschluss einer im vorigen Jahre veröffentlichten experimentellen und histologischen Arbeit über Regeneration bei Planarien (2) habe ich mich noch weiter mit der Lösung von Fragen beschäftigt, die auf experimentellem Wege an diesen Tieren fruchtbare Ergebnisse versprechen. Und da ich auch fernerhin diese Arbeiten noch einige Zeit weiterzuführen gedenke, wähle ich diese Form, um einige Versuchsreihen zu veröffentlichen, die während des Winters 1912/13 im hiesigen Laboratorium durchgeführt wurden. T.H. Morgan (4), der überhaupt die Planarien zu einem „klassischen“ Versuchsobjekt der experimentellen Morphologie ge- macht hat, konnte auch zum ersten Mal (1898) unzweifelhafte „Heteromorphosen“ bei diesen Tieren feststellen; denn diejenigen an Planarien künstlich erzeugten Bildungen, die van Duyne (1) als „Heteromorphosen“ bezeichnet hatte, waren, wie W. Voigt (7) zum mindesten sehr wahrscheinlich machte, nur verlagerte, aber durchaus polar regenerierte Kopf- und Schwanzbildungen, waren also keine „Heteromorphosen“ im Sinne van Duynes und Morgans, bei denen der Begriff der Heteromorphose den der Polarität einschloss. Nun sind freilich, wie insbesondere M. Nussbaum (5 und 6) hervorgehoben hat, „Heteromorphose*“ und „Umkehrung der Polarität“ an und für sich zwei ganz verschiedene Begriffe. Loeb (3) hat den Begriff der Heteromorphose in die experimentelle Morphologie eingeführt mit der Definition, sie sei eine Erscheinung, bei der an Stelle eines Organs ein nach Form und Lebens- 258 PaunRans: erscheinungen typisch anderes Organ tritt. Natürlich ist in dieser Definition zunächst von Polarität keine Rede; und trotzdem wird die Polarität der Polypen, bei denen Loeb die Heteromorphose beobachtete, für diese Erscheinung verantwortlich gemacht. Nun machte M. Nussbaum (5) darauf aufmerksam, dass die Polarität, die den Polypen sicher zukommt, doch bei der Regeneration wahrscheinlich gar nicht zur Geltung kommen kann. Bei der Regeneration befinden sich die Polypen in einem Hungerzustand:; es geht demgemäss eine grosse Zahl von Zellen zugrunde und dient anderen zur Nahrung. Diejenigen Zellen aber, die erhalten bleiben und das Regenerat aufbauen, müssen, ehe sie dazu be- fähigt sind, ihre histologische Differenzierung, also insbesondere auch ihre Polarität verlieren. Wir haben also in der Regenerations- zone eine Zellenmasse vor uns, deren einzelne amöboide Elemente keine Polarität aufweisen. „Diese Zellen orientieren sich erst unter dem Einfluss der äusseren Bedingungen zur Zeit ihrer ge- weblichen Differenzierung“ (5, S. 90). Es ist daher nicht a priori sicher, dass in dem neu regenerierten Teil dieselbe Polarität auf- tritt, wie sie vor der Operation dort herrschte. Denn: „Die Um- wandlung der Polarität vollzieht sich... nicht an einem Gewebe mit polarer Differenzierung, sondern an einem embryonalen Zell- haufen, der noch in keiner Weise polarisiert ist“ (6, 8. 131). Es wird also nach dieser Nussbaum schen Theorie der Hetero- morphose und Polarität hauptsächlich von den äusseren bBe- dingungen abhängen, welcher Art die Polarität ist, die in dem neuen hegenerat auftritt. Diese äusseren Bedingungen aber kann man bis zu einem gewissen Grade experimentell abändern. Dass nun die Erscheinungen der „heteromorphen“ Köpfe bei Planarien zunächst Heteromorphosen im Loebschen Sinne sind, kann nicht zweifelhaft sein. Ob man dagegen berechtigt ist, bei diesen Köpfen von einer Umkehr der Polarität zu sprechen, scheint mir zum mindesten recht zweifelhaft zu sein. Die Aus- führungen Nussbaums über die Regeneration bei Polypen können zum Teil auch auf Planarien angewendet werden. Auch bei den Planarien bildet sich an der Wundfläche zuerst ein Regenerations- kegel,. der wesentlich aus Zellen besteht, die einen mehr oder weniger embryonalen Charakter angenommen haben. Bei diesen Zellen hat man keinen Anhaltspunkt von Polarität zu sprechen. Wenn daher aus diesem Material ein „heteromorpher“ Kopf ge- Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 259 bildet wird, so darf man füglich nicht ohne weiteres sagen, er stelle eine Umkehrung der Polarität dar. Weshalb sich in diesem Falle, wenn der Kopf direkt hinter den Augen abgeschnitten wird, ein Kopf und nicht das abgetrennte Hinterende bildet, dies ist dann eine besondere Frage, die nicht identisch ist mit der anderen Frage, ob der Körper der Planarie polar differenziert ist oder nicht. Diese beiden Probleme müssen, wie mir scheint, scharf auseinandergehalten werden. Nehmen wir einmal an, die Bedingungen seien bekannt, unter denen sich bei dem genannten Experiment ein Kopf ent- wickelt. Dass dann der sich an dem hinter den Augen abge- schnittenen Kopf entwickelnde „heteromorphe“ Kopf in bezug auf eine durch ihn gelegte Längsachse die umgekehrte Richtung einnehmen muss, wie der alte Kopf, ist nach meiner Auffassung selbstverständlich; diese Richtung ist eben rein mechanisch be- dingt. Es ist jain dem gegebenen Falle nach hinten die einzige Wachstumsmöglichkeit. Was auch immer an dem hinter den Augen abgeschnittenen Kopf regeneriert werden mag. stets muss es in derselben Richtung, nämlich nach hinten in bezug auf den alten Kopf wachsen, ob es nun ein Schwanz ist oder ein Kopf oder nicht unterscheidbares (Gewebe. Die im Folgenden mitgeteilten Untersuchungen dürften zur Lösung des Problems der Heteromorphose und der Polarität wesentlich beitragen. Die Experimente und der gefundene Tatbestand waren kurz folgende: Zur Operation diente Planaria polychroa. Es wurden die Planarien direkt hinter den Augen senkrecht zur Längs- richtung durchschnitten. Die Regeneration der abgeschnittenen Köpfe wurde kontinuierlich von Tag zu Tag verfolgt. Einige von diesen Köpfen regenerierten Schwänze, die meisten aber bekamen typische „heteromorphe“ Köpfe. Die ersten „hetero- morphen“ Augen erschienen etwa 3 Wochen nach der Operation. Diese „heteromorphen Köpfe“ wurden nun weiter täglich unter dem Mikroskop beobachtet. Nach einiger Zeit (meistens nach mehreren Wochen, seltner schon nach 1 Woche) wurde nun die auffallende Beobachtung gemacht, dass bei vielen heteromorphen Köpfen an der rechten oder linken Seite ein Schwänzchen hervor- sprosste. Diese Schwanzanlage entsteht an der Stelle, wo der alte Kopf mit dem „heteromorphen“ zusammenstösst. Die Stelle 260 PaulLang: kann man an der Pigmentierung scharf bestimmen, besonders wenn man die Tiere täglich beobachtet. Es fragt sich nun zu- nächst, entstammt der Schwanz dem alten oder dem „hetero- morphen“ Kopf? Soweit sich ohne Schnitte entscheiden lässt, liefern beide Köpfe Material zu seinem Aufbau. Ich schliesse das aus den Bildern, die ich bei kontinuierlicher Beobachtung sah und aus dem Umstand, dass sich die hellere Pigmentierung des „heteromorphen“ und die dunklere des alten Kopfes je zur Hälfte auf den Schwanz fortsetzen. Das wird durch Schnitte bestätigt (siehe unten). Der Schwanz wuchs nun heran, natürlich auf Kosten des vorhandenen Materials, da die Tiere keine Nahrung aufnehmen konnten. Nach einiger Zeit erschien in dem Schwanz ein deutlicher Pharynx. Es sollen nun zunächst die Protokolle der Untersuchung besprochen werden. Die Versuche wurden ausgeführt im Winter 1912/13. Durch eine Infektion wurden fast alle Versuchstiere nach 2—3 Monaten vernichtet, so dass noch mehrere Probleme weiter zu verfolgen bleiben. Der wichtigste Punkt in der ganzen Frage konnte aber in der gegebenen Zeit schon festgestellt werden. Die Versuche sofort (Januar 19153) wiederaufzunehmen, wurde ich teils durch Mangel an Material, teils durch andere Arbeiten verhindert. Inzwischen sind aber wieder einige Versuchs- reihen in Angriff genommen. Wie erwähnt, wurden die Versuche einfach so ausgeführt, dass die Tiere direkt hinter den Augen quer durchschnitten wurden. Die Köpfe kamen in Schalen mit Leitungswasser. Sehr wichtig erscheint mir, dass alle Köpfe täglich beobachtet wurden. Aus dem dabei geführten Protokoll gebe ih einen kurzen Auszug: ER: 5. November. 7 Köpfe hinter den Augen abgeschnitten. 25. November. 3 Köpfe haben Schwänze entwickelt, 2 haben weder heteromorphen Kopf noch Schwanz, 2 sind eingegangen. 4. Dezember. Von den 2 „unentschiedenen“ Köpfen ist einer eingegangen. Der andere zeigt heute zum erstenmal einen deutlichen Schwanz. HR2. 5. November. 5 Köpfe hinter den Augen abgeschnitten. 26. November. 3 Köpfe haben heteromorphe Augen; die 2 anderen unentschieden. DD Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 261 . November. Einer der 2 „unentschiedenen“ Köpfe hat einen Schwanz entwickelt. . Dezember. 1 het. Kopf eingegangen. Die beiden anderen werden zu einem anderen Versuch gebraucht. . Januar. Der noch übrige Kopf ist noch immer „unentschieden“. Ein Regenerationskegel ist nicht mehr zu sehen, aber auch kein Schwanz. Der Kopf kriecht nach vorn. . Januar. Eingegangen. ER >. . November. 6 Köpfe hinter den Augen abgeschnitten. . November. 2 Köpfe mit Schwanz, 2 mit het. Augen (Fig. 1), 2 eingegangen. D. November. 1 het. Kopf zu anderem Versuch gebraucht. 5. Dezember. Der übrige het. Kopf scheint an der Seite zwischen den alten und den het. Augen einen Schwanz mit Pharynx zu entwickeln. . Dezember. Pharynx nicht mehr zu sehen. Der het. Teil des Kopfes etwas seitlich nach hinten ausgezogen (Fig. 1a). Ob daraus ein Schwanz wird, ist zweifelhaft. . Dezember. Das rechte het. Auge ist nicht mehr zu sehen. . Dezember. Das rechte het. Auge heute wieder ganz schwach gesehen. . Dezember. Eingegangen. HR4. . November. 5 Köpfe hinter den Augen abgeschnitten. . November. 4 het. Köpfe. . November. 1 het. Kopf hat nicht nur 2 het. Augen mit hellen Höfen, sondern noch 1 het. „Nebenauge*“. HRS. . November. 6 Köpfe hinter den Augen abgeschnitten. . November. Mehrere het. Köpfe entwickelt (Fig. 2). . Dezember. Fin het. Kopf bildet an der rechten Seite einen Schwanz, dort, wo das dunkel pigmentierte Gewebe des alten Kopfes an das hell pigmentierte des het. Kopfes anstösst (Fig. 2a). Der kleine Schwanz ist zur Hälfte dunkel, zur Hälfte hell pigmentiert, scheint also zur Hälfte von dem alten Kopf sein Gewebe bezogen zu haben, zur anderen Hälfte von dem het. Kopf. —1 20. 4 2 Paul Lang: . Dezember. Der seitliche Schwanz wird grösser. Zwei andere Köpfe eingegangen. . Dezember. Die het. Augen haben helle Höfe bekommen, der seitliche Schwanz ist weitergewachsen (Fig. 2b). Die Pfeile deuten die Richtung an, in der sich die 3 Teile zu bewegen suchen. . Dezember. Die het. Augen haben fast die Grösse der alten Augen erreicht. . Dezember. Eingegangen. HIRSIO. . November. 10 Köpfe hinter den Augen abgeschnitten. . November. Mehrere het. Köpfe (Fig. 5). Einige Köpfe ein- gegangen. 3. Dezember. 1 het. Kopf entwickelt an der Seite einen Schwanz. . Dezember. In dem seitlichen Schwanz erscheint ein Pharynx (Fig. 5a). 2 andere het. Köpfe zeigen je 1 het. „Nebenauge“. . Dezember. Die het. Nebenaugen zeigen hellen Hof. Einer von diesen Köpfen beginnt ebenfalls Schwanzbildung. Dezember. 1 het. Kopf mit seitlichem Schwanz in Sublimat abgetötet und auf Schnitten untersucht (wird weiter unten besprochen, Fig. 5b und de). BHRKFIT. . November. 10 Köpfe hinter den Augen abgeschnitten. . November. 4 het. Köpfe (Fig. 3 und 4). . Dezember. 2 het. Köpfe mit seitlichem Schwanz (Fig. 3a und 4a). In 3a. sieht man noch die Verschiedenheit des alten und des neuen Gewebes an der verschiedenen Pigmen- tierung. Ebenso in 4a. In dem folgenden Stadium 4b ist dagegen schon gleiche Pigmentierung eingetreten. Ausserdem’ ist dieses Stadium von besonderer Bedeutung, weil es zeigt, wie der het. Kopf allmählich schwindet. Er ist bereits ziemlich flach geworden. In Fig. 3b hat eines der het. Augen an (srösse stark abgenommen. . Dezember. Besonders deutlich ist jetzt der Rückgang des het. Kopfes und das gleichzeitige Heranwachsen des seitlichen Schwanzes zu beobachten (Fig. 4c). Dieses Stadium stellt die Weiterentwicklung des Kopfes von Fig. 4b dar. Das het. Auge, welches schon im Stadium der Fig. 4b klein war, ist jetzt ganz geschwunden, der het. Kopf ist noch mehr Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 263 abgetlacht. Der Schwanz hat sich weiterentwickelt. Er zeigt zunächst die Andeutung eines Pharynx. Ferner hat er mehr die Richtung in der Verlängerung des Kopfes nach hinten angenommen. 10. Dezember. Die Rückbildung des het. Kopfes ist immer weiter- gegangen (Fig. 4d). Die het. Augen sind ganz geschwunden. Der het. Kopf ist so sehr abgeflacht, dass man niemals auf die Vermutung gekommen wäre, an dieser Stelle einen het Kopf zu suchen; nur weil die Beobachtung dieser rück- schreitenden Entwicklung eine durchaus kontinuierliche war, kann ich mit voller Gewissheit angeben, dass dort ein het Kopf gewesen war. Der Pharynx in dem Schwanz wurde heute nicht gesehen, ist aber sicher vorhanden; wegen starker Pigmentierung schimmert er nicht durch. Um so besser konnte ich einen Pharynx in zwei anderen seitlichen Schwänzen an het. Köpfen derselben Serie beobachten. Später ist die ganze Reihe H K 11 eingegangen. Diese im Auszug mitgeteilten Protokolle bestätigen zunächst das oben Gesagte. Sie gestatten insbesondere noch folgende Schlüsse und Bemerkungen. Wenn der Schnitt durch das Tier so geführt ist, dass über- haupt heteromorphe Köpfe sich entwickeln können, so erscheinen dieselben doch nach sehr verschiedenen Zeiten. Das mag ver- schiedene Gründe haben, z. B. Ernährung und Alter der Tiere; sehr wesentlich ist aber besonders die Höhe, in der das Tier durchschnitten ist. Je näher den Augen der Schnitt-geführt wird, um so sicherer und schneller wird im allgemeinen ein hetero- morpher Kopf erzielt. Analoges gilt in bezug auf die Entwicklung eines Schwanzes. So zeigt z.B. der Versuch HK 1, dass, wenn ein Schwanz entwickelt wird, dieser mitunter sehr spät erscheint. An einem der Köpfe von HK 1 bildete sich erst nach einem Monat ein Schwanz, während bis dahin das Regenerat vollkommen indifferent gewesen war. Der Verlauf der Regeneration an den abgeschnittenen Köpfen scheint demnach folgender zu sein: Ist der Schnitt weit genug von den Augen entfernt, so wird ziemlich schnell ein Schwanz regeneriert. Ist der Schnitt den Augen näher, so dauert es sehr lange, bis es zur Entwicklung eines Schwanzes kommt, weil dann die „Tendenz“, einen heteromorphen Kopf zu bilden, bereits sich 264 PaAUubiang: geltend macht. So erscheint denn auch in einem gewissen Schnitt- bereich bald ein heteromorpher Kopf, bald ein Schwanz, aber erst nach längerer Zeit. Ist der Schnitt ganz nahe den Augen, so er- scheint ziemlich schnell nach der Operation ein heteromorpher Kopf. Es braucht kaum besonders erwähnt zu werden, dass die Linie durch die Augen lediglich als Koordinatenachse für die ge- machten Angaben dient, dass die Augen also in keiner kausalen Beziehung stehen zu der Verschiedenheit der Regeneration. Diese scheint mir vielmehr vorzugsweise durch das Nerven- system bedingt zu sein. Hat die in einem abgeschnittenen Stück vorhandene Nervenmasse eine bestimmte Grösse, die ziemlich beträchtlich sein muss im Verhältnis zu der Masse des Stückes, so entsteht ein heteromorpher Kopf. Ist die Nervenmasse im Verhältnis zu dem abgeschnittenen Stück kleiner, so entsteht ein Schwanz. Bei einem mittleren Verhältnis tritt das oben charak- terisierte ..Schwanken‘ zutage, das schliesslich damit endet, dass nach längerer Zeit ein Schwanz oder ein heteromorpher Kopf regeneriert wird; in einigen Fällen dieser Art kam es überhaupt zu keiner bestimmten Regeneration. Es bildete sich ein stumpfes Regenerät, das sich weder zu einem Schwanz, noch zu einem Kopf differenzierte. Diese Tiere gingen dann stets nach längerer Zeit zugrunde. Diese Hypothese zur Erklärung der Heteromorphose bedarf noch einer Ergänzung. Weder die absolute, noch auch, wie oben vorläufig gesagt wurde, allein und genau die relative Masse des Nervensystems dürfen wir für die Erscheinung der Kopf- heteromorphose verantwortlich machen. Im grossen und ganzen allerdings wird das Verhältnis der Masse des Nervensystems zu der- jenigen des ganzen regenerierenden Stückes ausschlaggebend sein. Daneben aber mögen das Vorhandensein oder Fehlen bestimmter Gehirnnerven oder Ganglienkomplexe einen Einfluss ausüben. Ferner werden auch gewisse äussere Bedingungen eine Rolle spielen. Nimmt man diese Hypothese an, so wird es verständlich, wes- halb ein heteromorpher Kopf erscheint, wenn der Schnitt ziemlich hoch geführt wird. Dann ist ja die übriggebliebene Gehirnmasse sehr gross im Verhältnis zu dem ganzen regenerierenden Stück. Insbesondere ist auch die angeschnittene Fläche des Gehirns ziem- lich gross, so dass das Gehirn in grosser Breite regeneriert. Natürlich ist mit dem Gesagten eine Erklärung der Hetero- morphose ganz allgemein nicht erreicht; eine solche wird erst Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 265 möglich, wenn man den einfacheren Prozess der Regeneration verstehen gelernt hat. In bezug auf die Heteromorphose ist es daher zunächst unsere erste Aufgabe, die Bedingungen fest- zustellen, unter denen sie auftritt. Zweitens haben wir zu untersuchen, in welchem Verhältnis sie zur „Polarität‘‘ steht. Die Lösung dieser beiden Punkte glaube ich in den oben angedeuteten Richtungen suchen zu sollen. Die Bedingungen, unter denen die Heteromorphose auftreten kann, sind in den verschiedenen Fällen sehr verschieden, wenn sie auch zum Teil identisch sein mögen. In dem uns hier speziell interessierenden Fall halte ich neben äusseren Einflüssen das Gehirn für ausschlaggebend. Was den zweiten Punkt an- betrifft, so halte ich daran fest, dass die Erscheinung der Hetero- morphose mit Polarität nichts zu tun hat. Die Gründe dafür wurden oben auseinandergesetzt. Bemerkenswert ist hier be- sonders noch der Aufbau des seitlichen Schwanzes aus dem alten und dem heteromorphen Kopf zugleich. Als Beispiel zur Beschreibung des anatomischen Baues eines solchen heteromorphen Kopfes, der einen seitlichen Schwanz ent- wickelt hat, diene ein Exemplar der Reihe HK 10. In der dritten Woche nach der Operation hatte der betreffende Kopf einen „heteromorphen Kopf“ entwickelt. Er ist in Fig. 5 dargestellt. Man sieht an der Abbildung deutlich, dass es sich um einen heteromorphen Kopf handelt, wie er seit Morgan öfters be- schrieben worden ist. Bisher war die Meinung verbreitet, diese heteromorphen Köpfe müssten dem Hungertode notwendig erliegen, da sie keinen Mund und Pharynx entwickeln könnten. Durch das Ergebnis unserer Experimente ist das Irrige dieser Ansicht nach- gewiesen worden. Beobachtet man lange genug, so zeigt sich, dass der heteromorphe Kopf doch einen Schwanz mit Pharynx und Mundöffnung entwickelt. Hier kann also jedenfalls die Erscheinung der Heteromorphose nicht gegen die teleologische Naturauffassung verwertet werden. Bei dem angeführten Tiere erschien der Schwanz etwa 4 Wochen nach der Operation. Er zeigte sich zunächst in Form eines kleinen Höckers seitlich in der Gegend, wo der alte und der heteromorphe Kopf aneinanderstossen. Liegt das Tier ruhig und unbehelligt da, so ist der Höcker nur eben angedeutet zu sehen. Sobald man nun aber das Tier unter das Mikroskop in 266 Pa wl Alam: starke Beleuchtung bringt, beginnt es sich zu bewegen: der alte Kopf zieht nach vorn, der heteromorphe nach hinten. Jetzt wird auch der Schwanz weiter ausgezogen; man erkennt dann sofort seine Schwanznatur, wenn man seine Bewegung mit der Bewegungsart eines normalen Schwanzes vergleicht. Nach einiger Zeit erscheint in diesem Schwanz ein Pharynx. Ein solches schon weiter vorgerücktes Stadium ist in Fig 5a dargestellt. Man sieht hier, dass durch die Entwicklung des Schwanzes der „hetero- morphe“ Kopf mechanisch zur Seite gedrängt wird. Wie schon erwähnt, und wie unten genauer ausgeführt wird, beteiligen sich an der Bildung des Schwanzes der alte und der „heteromorphe“ Kopf. Dass trotzdem der Schwanz nicht senkrecht zur Longitudinalachse, die man (etwa in Fig. 5) durch die beiden Köpfe legen kann, sich entwickelt, dass er vielmehr sich mehr und mehr in der Verlängerung des alten Kopfes nach hinten ausbildet, scheint mir rein mechanisch bedingt zu sein. Wie ich schon früher (2) beschrieben habe, bildet die Fortbewegung des ganzen hetero- morphen Kopfes die Resultante aus der Bewegung des alten Kopfes und des neu regenerierten heteromorphen Teiles. Da der alte Kopf an Grösse, an Entwicklung und insbesondere an Masse und Ausbildung des Gehirns den „‚heteromorphen“ Kopf überwiegt, so geht die resultierende Bewegung des Doppelkopfes natürlich in der ursprünglichen Bewegungsrichtung des unverletzten Tieres. Das gilt nun auch noch, wenn sich ein seitlicher Schwanz ent- wickelt hat. Dieser Schwanz wird demnach durch die grössere Bewegungskraft des alten Kopfes nach vorn gezogen. Eben dadurch wird nun ebenfalls ganz mechanisch die Verkümmerung des heteromorphen Kopfes bedingt. Wie man an Fig. 5a sehr gut sieht. wird der heteromorphe Kopf durch die Bewegungsrichtung des alten Kopfes und die dadurch bedingte Entwicklung des Schwanzes nach hinten zu immer mehr nach der Seite gedrängt. Dadurch, dass der alte Kopf die Bewegung des ganzen Tieres dank seiner stärkeren „„Komponente“ beherrscht, wird der heteromorphe Kopf nachgezogen, d. h. er wird passiv in entgegengesetzter Richtung fortbewegt, als er aktiv sie ein- schlagen würde. Dass durch diese Störung seiner „Bewegungs- tendenz“ seine Entwicklung gehemmt wird, liegt auf der Hand. Dazu kommt noch ein zweites: Dadurch, dass der neu- entstandene Schwanz mehr und mehr in die Richtung der Ver- Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 2617 längerung des alten Kopfes zu liegen kommt, gewinnt der alte Kopf viel mehr regenerativen „Einfluss“ auf den Schwanz als der „heteromorphe‘ Kopf, d. h. also schliesslich auf den ganzen Körper, da der Schwanz alles übrige liefert; denn insbesondere die Regene- ration des Nervensystems und des Darmes, die, wie wir sogleich sehen werden, von beiden Köpfen aus in den Schwanz hinein regenerieren, geht doch im allgemeinen naturgemäss in der Ver- längerung des Kopfes in gerader Richtung nach hinten vor sich, wird also von dem heteromorphen Kopf viel schlechter zu bewerk- stelligen sein als von dem alten Kopf. Das Studium des Tieres an Schnitten gibt darüber weiteren Aufschluss. Anatomisch interessiert natürlich am meisten das Verhalten des Nervensystems und des Darmes. In heteromorphen Köpfen ohne seitlichen Schwanz hängt das Gehirn des heteromorphen Teiles mit dem alten Gehirn kontinuierlich zusammen. Das gilt auch für heteromorphe Köpfe mit seitlichem Schwanz, wie man z.B. in Fig. 5b erkennen kann. Sowohl von dem alten wie von dem neugebildeten Gehirn des „heteromorphen‘ Kopfes geht nun je ein breiter Nervenstrang in den seitlichen Schwanz hinein. Diese Nervenstränge verlaufen ziemlich parallel durch den Schwanz, können aber in dem dargestellten Stadium der Entwicklung jeden- falls nicht mit den Längsnerven des normalen Tieres verglichen werden; dafür sind sie zu breit und zu unregelmässig in ihrer Gestalt. Es ist wahrscheinlicher, dass sie sich zu dem Teil des Gehirns des alten Kopfes entwickeln, der bei der Operation ab- geschnitten worden war.!) Dafür spricht auch folgender Umstand. Die beiden Längsstämme, von denen der eine von dem alten, der andere von dem „heteromorphen‘“ Gehirn herkommt, vereinigen sich kurz vor dem Pharynx median. Und zwar ist die Vereinigungs- brücke ziemlich breit. Es ist anzunehmen, dass diese Kommissur als hintere Gehirnkommissur Verwendung findet. Dann müsste also das weitere Wachstum des Körpers in der Zone zwischen dieser Kommissur und dem Pharynx vor sich gehen, und ferner natürlich hinter dem Pharynx Von der Kommissur aus verläuft an jeder Seite des Pharynx ein Nervenstrang in den hinteren Teil des Schwanzes; diese beiden Nerven würden also die Längs- nerven repräsentieren. 1) Über die weitere Entwicklung dieser „heteromorphen Köpfe“ wird eine besondere Untersuchung Aufschluss geben. 268 PaullLang: Ähnlich wie das Nervensystem verhält sich der Darm. Die äussersten Darmäste erstrecken sich bei Pl. polychroa normaler- weise zwischen den Augen hindurch nach vorn. Mit diesen Darm- zweigen hängen in dem vorliegenden Kopf andere zusammen, die sich in den .‚heteromorphen“ Kopf hinein erstrecken. Von dem normalen sowohl wie von dem heteromorphen Kopf aus geht nun je ein breiter Darmast in den Schwanz hinein. Beide vereinigen sich vor dem Pharynx; ihre Lumina verschmelzen dort zu einem Lumen. Von diesem gemeinsamen Lumen führt nun ein Gang in den Pharynx, ein zweiter Gang in den Darmast, der rechts am Pharynx vorbei nach hinten verläuft, und ein dritter Gang in den linken Darmast Von diesem gemeinsamen Lumen an gerechnet nach hinten verhält sich das Darmsystem also genau wie beim normalen Tier. Die beiden Äste vor dem Pharynx haben Seitenzweige nach den Seiten des Körpers zu, nicht aber an den medianen Seiten; dort verlaufen ihre Ränder ziemlich parallel. Dass der „heteromorphe Kopf“ jedenfalls in manchen Fällen verkümmert und gänzlich verschwindet, dafür diene ein Exemplar der Reihe H K 11 als Beispiel. Einige Entwicklungsstadien dieses Kopfes sind in den Fig. 4—4d dargestellt. Etwa 2'/s Wochen nach der Operation hatte sich ein heteromorpher Kopf (Fig. 4) entwickelt. Eine Woche später begann bereits die Entwicklung eines seitlichen Schwanzes, der bald sehr deutlich wurde (Fig. 4a). Zugleich damit fing der „heteromorphe Kopf“ an, zu verkümmern. In Fig. 4b ist er bereits flacher geworden als in dem Stadium der Fig. 4a. Auch beginnt ein Auge zu zerfailen. Der Prozess ist weiter vorgerückt in Fig. 4c. Der Schwanz ist bedeutend kleiner geworden und hat einen Pharynx entwickelt, der ganz schwach durchschimmert. Der „heteromorphe Kopf“ ist als solcher kaum noch zu erkennen. Ein Auge ist ganz geschwunden, das andere ist viel kleiner geworden. Fig. 4d sieht beinahe so aus wie die Abbildung eines normalen Tieres. Die Stelle, an der der „heteromorphe Kopf‘ gesessen hat, ist nur noch durch eine kleine Vorwölbung angedeutet. Auch diese wird bald schwinden. Ob der „‚heteromorphe Kopf“ in allen Fällen verloren geht, oder ob mitunter zweiköpfige Tiere entwickelt werden, diese und andere noch zu lösende Fragen sollen einer weiteren bereits in Angriff genommenen Untersuchung vorbehalten bleiben. Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 269 Zitierte Literatur. Duyne, 8. van: Über Heteromorphose bei Planarien. Arch. f£. Physiol., Bd. 64, 1896. Kan aB:: Über Regeneration bei Planarien. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 79, 1912, S. 361—426, Taf. XX und XXI. Loeb, J.: Untersuchungen zur physiologischen Morphologie der Tiere. Uber die Heteromorphose. Würzburg 1891. Q cD 2 > Morgan, T.H.: Experimental Studies of the Regeneration of Planaria maculata. Arch. f. Entw.-Mech., Bd. 8, 1898. Nussbaum, M.: Die mit der Entwicklung fortschreitende Differen- zierung der Zellen. Vortrag. Sitzungsber. d. Niederrhein. Ges. f. Nat.- u. Heilkunde zu Bonn, 1894. Derselbe: Lehrbuch der Biologie für Hochschulen. Leipzig 1911. S. 119 ff Voigt, W.: Künstlich hervorgerufene Neubildung von Körperteilen bei Strudelwürmern. Sitzungsber. d. Niederrhein. Ges. f. Nat - u. Heilkunde zu Bonn, 1899. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XVIl. Die Fig. 5a, 5b und 5c sind mit dem Abbeschen Zeichenapparat entworfen; die übrigen Figuren sind nach dem Leben ohne Apparat skizziert. Fig Fig .1 und 1a. Zwei Entwicklungsstadien desselben Kopfes, der hinter den Augen abgetrennt war. Fig. 1, ein sogenannter het. Kopf. Fig. 1a, derselbe nach einiger Zeit mit einem Auswuchs nach hinten, der sich vielleicht zu einem Schwanz entwickelt hätte. g.2—2b. Der „het. Kopf“ (Fig. 2) entwickelt an einer Seite einen Schwanz, dort, wo das dunkel pigmentierte Gewebe des alten Kopfes an das hell pigmentierte des het. Kopfes anstösst (Fig. 2a). Fig. 2b ist ein späteres Entwicklungsstadium. Der Schwanz ist grösser ge- worden. Die Pfeile deuten die Richtung an, in der sich die drei Teile zu bewegen suchen. ige. 3—3b. Ähnlich wie 2. In 3b hat eines der het. Augen an Grösse stark abgenommen; der het. Kopf beginnt zu schwinden. 4—4d. Zeigt besonders den Rückgang und das gänzliche Verschwinden des het. Kopfes. Die fünf Fig. 4—4d sind verschiedene aufeinander- folgende Entwicklungsstadien desselben Tieres. Man sieht deutlich, wie der het. Kopf kleiner wird und die het. Augen schwinden, während gleichzeitig der seitliche Schwanz wächst und nach hinten rückt. .5 und 5a. Zwei Entwicklungsstadien desselben Tieres. Fig. 5 ein „het. Kopf“, der in 5a einen seitlichen Schwanz entwickelt hat. In beiden zerstreute Pigmentflecken (Auflösung der Augen infolge Hungers). Archiv f. mikr. Anat. Bd. 82. Abt.I. 18 270 Paul Lang: Experimentelle und histologische Studien ete. Fig.5b und 5c. Zwei Schnitte durch das Tier von 5a in verschiedener Höhe, so dass der eine das Nervensystem in grösster Ausdehnung getroffen hat, der andere das Darmsystem. In 5b sind auch die Augen getroffen; das eine het. Auge ist allerdings nur eben an- geschnitten. N K=alter Kopf, H K — heteromorpher Kopf, Ph = Pharynx, HA = het. Augen. Vergrösserung: Zeiss, Obj. 16 mm, Ok. 4. 271 Aus dem Laboratorium der Il. Frauenklinik Wertheim (Vorstand Prof. Dr. J. Schottlaender). Findet im Chorion junger menschlicher Eier eine Blutgefäss- und Blutbildung statt? Von Dr. B.H. Jägerroos aus Finland. Hierzu Tafel XVII. Gelegentlich von Plazentaruntersuchungen sind mir bei jungen menschlichen Eiern im Stroma der Zotten und der Chorion- membran Bilder aufgefallen, die ich geneigt bin zu dem in der Überschrift genannten Thema in Beziehung zu bringen und daher im folgenden mitteilen möchte. Mein Material besteht grösstenteils aus Eiern oder Eiteilen, welche entweder spontan ausgestossen oder künstlich entfernt worden sind; einige Male konnten exstirpierte Uteri mit ein- geschlossenen Eiern untersucht werden. In vier Fällen hat das Alter der Eier nach der Fruchtlänge geschätzt werden können. Bei den übrigen (neun Fällen) war ich genötigt, eine Reihe anderer Merkmale, wie die Grösse des Eiumfanges, die Plazentargrösse, die Anamnese, ferner eine Vergleichung der histologischen Gesamt- bilder bei den verschiedenen Präparaten hıeranzuziehen, um mit einiger Wahrscheinlichkeit das Alter derselben zu bestimmen. Das nähere hierüber findet sich in einer zweiten Arbeit.') Das Material wurde frisch in 4 pCt. Formollösung gebracht, in Paraffin eingebettet; die Dicke der Schnitte, zu deren Färbung Hämatoxylin-Eosin benutzt wurde, beträgt unter 10 «. Sieht man sich das Stroma der Zotten und der Chorionmembran von Eiern an, die etwa einen bis eineinhalb Monate alt sind, so zeigt sich teils ein zellarmes, maschiges Grundgewebe, teils fallen reichliche Zellanhäufungen auf, welche je nachdem sie quer oder längs getroffen sind, als Zellhäufchen, Zellsäulen oder Zellstränge imponieren. Die quer getroffenen Stellen eignen sich am besten dazu, die gegenseitigen Beziehungen der gleich zu besprechenden verschiedenen Zellarten zu verfolgen. !) Schottlaender, Zentralbl. f. Gyn. 1913 Nr. 6 und die demnächst erscheinende Arbeit von Jägerroos: Inwieweit lässt sich das Alter der ausgestossenen Frucht durch histologische Plazentarbefunde bestimmen ? 18* 272 BAHN agernTo0R8: Es ‚zeigen sich nämlich innerhalb des Maschenwerkes sowohl wie inner- halb der Zellhäufchen Elemente, die von den übrigen Mesenchymzellen zu unterscheiden sind. Es finden sich erstens (Fig. 1a) solche, deren Kerne rund-oval sind und mit denjenigen der Mesenchymzellen grosse Ähnlichkeit besitzen, bei denen aber im Gegensatz zu den Mesenchymzellen ein deutlicher, dichter, rotgefärbter Protoplasmahof kenntlich ist. Man sieht zweitens Elemente (Fig. 2b), die den eben geschilderten sehr verwandt sind, sich aber dadurch von ihnen unterscheiden, dass ihr Kern durchaus rund ist, und dass das Protoplasma nicht mehr eine so dichte Zone bildet. Bei einigen von diesen Elementen ist das Protoplasma reich- licher und zeigt aussen eine mehr oder weniger deutliche Konturierung (Fig. 9bı) Endlich sind drittens in diesen Präparaten Elemente kenntlich (vgl. Fig. 2c), die gegenüber den unter 2 beschriebenen einen zwar runden, aber bedeutend kleineren Kern aufweisen und deren Chromatinnetz deutlich sekörnt erscheint. Der Zelleib ist relativ gross und zeigt peripherisch einen ausgesprochenen Kontur. Das Protoplasma ist fast farblos (mitunter macht sich ein leicht bläulicher Farbenton bemerkbar, der auf der Figur nicht wiedergegeben werden konnte), !) nur in der nächsten Umgebung des Kernes findet sich ähnlich, wie bei den Elementen unter 2, ein schmaler Saum von dichtem, gekörntem, rötlichem Protoplasma. Letzteres ist manchmal strahlen- kranzähnlich gestaltet. Sind auch die 3 bisher geschilderten verschiedenen Arten von Elementen in ziemlich grosser Anzahl vorhanden, so finden sich viertens doch unver- gleichlich viel zahlreicher andere, die einerseits den zuletzt unter 3 ge- schilderten ähnlich sind, andererseits von ihnen abweichen. Wie nämlich Fig. 1d; 3d und 4d lehren, sind bei den nunmehr in Betracht kommenden Elementen die Kerne noch kleiner und dunkler, als oben geschildert, die Körnelung des Chromatinnetzes ist nicht überall mehr so deutlich ; das Proto- plasma ist nicht mehr durchweg farblos. vielmehr ist hier und da (vgl. be- sonders Fig. 4d) eine rötliche Färbung nachzuweisen. Der schmale rote Saum in der Umgebung der Kerne ist bald vorhanden, bald fehlt er. Sehr wichtig erscheint, dass die eben geschilderten Elemente sich in grosser Zahl auch innerhalb von völlig ausgebildeten ohne weiteres erkenn- baren Gefässen finden (Fig. 4). Daraus folgt, dass wir es hier mit jungen kernhaltigen Blutzellen zu tun haben. Studiert man das Stroma der Zotten oder der Chorionmembran von etwas älteren Eiern (solcher der Mitte des zweiten Monats oder etwas späteren), so findet man die oben geschilderten Zellhäufchen reduziert und auch die bisher geschilderten Elemente nur spärlich. Dagegen trifft man fünftens (Fig. 5e) solche an, deren Form, obgleich weniger unregelmässig, ';, Für das Studium dieser frühen Stadien empfiehlt sich am meisten das Tageslicht, weil die künstliche Beleuchtung dem Protoplasma eine gelb- liche Schattierung gibt. Dadurch wird der Unterschied zwischen den ver- schiedenen Stadien leicht verwischt. [) —I © Blutgefäss- und Blutbildung. zwar annähernd derjenigen der d-Elemente entspricht, die jedoch ein sehr deutlich rotgefärbtes Protoplasma besitzen; bei den in bezug auf die Grösse kaum abweichenden Kernen fällt das sehr dunkle, im einzelnen kaum mehr entwirrbare Chromatinnetz auf. Die geschilderten Elemente liegen ausser in Gefässen teils frei in den Gewebsmaschen, teils in deutlichen Hohlräumen, welche ihrerseits streckenweise entweder von langgedehnten, schmäleren Zellen oder von solchen begrenzt sind, die sich von den Mesenchymzellen nicht unterscheiden lassen. Auch die vom ersten Monat und von der ersten Hälfte des zweiten Monats stammenden Eier enthalten reichlich solche Hohl- räume, in denen Elemente von dem unter 4 beschriebenen Typus gefunden werden. Bei den Eiern der zweiten Hälfte des zweiten Monats fallen sechstens wieder andere Elemente auf. Mit Bezug auf den Kern den zuletzt beschriebenen völlig analog, zeichnen sie sich vor allem durch den aus- gesprochen gelblichen Farbton, den das Protoplasma angenommen hat, aus; ihre Form ist ausserdem regelmässiger, rundlicher (Fig. 6f). Sie liegen meistens (vgl. Figur) in gut kenntlichen Gefässen, seltener sieht man sie freiliegend in Gewebsmaschen. Bei Eiern um den Anfang des dritten Monats finden sich die bisher beschriebenen Elemente überhaupt nicht mehr. Dagegen sind kurz vorher siebentens neue aufgetreten, die von den zuletzt beschriebenen, denen sie im übrigen fast völlig gleichen, nur dadurch differieren, dass hier (Fig. 7 g) das Protoplasma des Zelleibes einen wiederum anderen Farbenton und zwar einen ausgesprochen orangegelben aufweist und dass die Kerne oft ein wenig kleiner und vielleicht noch etwas dunkler sind. Der Farbenton des Proto- plasmas entspricht durchaus demjenigen, den die zu dieser Zeit schon sehr reichlich vorhandenen kernlosen Blutzellen besitzen. Überblicken wir zunächst die Befunde, die wir bei den zweifellos kenntlichen Blutzellen erhoben haben, so ergibt sich eine zusammenhängende Reihe, bei welcher alle nur denkbaren Übergänge nachweisbar sind. In Fig. 9d—i ist diese Reihe mit ihren verschiedenen Formen dargestellt. Es bleibt nur nach- zutragen, dass h und i verschiedene Zerfallsprodukte von g dar- stellen (vgl. auch Fig. Sg, h, i). k, 1 und m zeigen kernlose Blutzellen in verschiedener Grösse. Um die Mitte des zweiten Monats kommen zuerst kern- lose Blutzellen und zwar vom Typus k, später vorwiegend vom Typus I, seltener m vor. Typus g findet sich zuerst am Ende des zweiten Monats und ist bis zum Ende des dritten zu verfolgen. Um die Mitte des dritten Monats treten die ersten Zerfallsformen h, i auf, um dann immer reichlicher zu werden, bis die kernhaltigen Blut- zellen im Anfang des vierten Monats ganz verschwunden sind, 274 B.H.sNägem1008: auch aus den Grewebsmaschen, wo man sie während der zweiten Hälfte des dritten Monats noch vereinzelt findet. Typus f zeigt sich, wie schon hervorgehoben wurde, haupt- sächlich von der Mitte bis zum Ende des zweiten Monats. Typus e um seine Mitte, endlich Typus d im allgemeinen nicht länger als bis zur Mitte. Nach allem, was wir bis jetzt wissen, werden die Typen d—g (von h und i sehen wir natürlich ab) von sämtlichen Autoren als fertiggebildete kernhaltige Blutzellen betrachtet. In bezug auf die verschiedenen Stadien sind wir, um Näheres zu erfahren, einerseits auf klinische Berichte andererseits wesentlich auf die Angaben von Embryologen angewiesen. Mit einigen Ausnahmen, auf die ich später zurückkommen werde, scheinen alle Autoren darüber einig zu sein, dass die ersten Blutelemente sich sämtlich in rote Blutkörperchen ver- wandeln. Wir finden, dass in der Bezeichnung dieser letzteren eine bessere Übereinstimmung obwaltet, als in der Bezeichnung der farblosen Blutelemente, obgleich auch auf dem ersten Gebiet viel zu wünschen übrig bleibt. (ranz allgemein werden die kernhaltigen roten Blutkörperchen Erythroblasten genannt; durch Entkernung werden sie in Erythro- zyten verwandelt. Einige Autoren, wie Jolly, Maximoft, Dantschakoff, Schridde, Türk u. a. unterscheiden die zuerst auftretenden, temporären oder primitiven Erythroblasten von den späteren, permanenten. Unter diesen werden die jüngeren Megaloblasten, die älteren Normoblasten, indessen auch die primi- tiven Erythroblasten zuweilen Megaloblasten genannt. Eine ein- heitliche Nomenklatur besitzen wir also noch lange nicht. Sie wird in ihrer Gesamtheit von Minot einer Kritik unterworfen, die ich für vollkommen berechtigt halte. Er ist der Meinung, dass durch die Kliniker gewisse Missbräuche in der Nomenklatur geschaffen worden sind, denen auch die Embryologen nicht genügend entgegengetreten sind. Schon differenzierte rote Blutzellen als Erythroblasten zu bezeichnen, hält er für verkehrt; wird doch niemand, meint er, z. B. die ganz homologen fertigen Blutzellen bei Amphibien Erythroblasten nennen. Der Ausdruck Erythroblast wurde von Löwit ein- geführt, und zwar als Bezeichnung für farblose Zellen als Vorstufen der gefärbten Blutzellen, die damit treffend charakterisiert waren. Dem „Normo- blast“ entspricht nach Minot die „sauroide Zelle“. Der Terminus Normo- blast erscheint unglücklich gewählt, da er nicht nur vom Standpunkte der vergleichenden Anatomie aus zu verurteilen, sondern auch für den Kliniker Blutgefäss- und Blutbildung. 275 eigentlich bedeutungslos ist. Die besondere Stufe des Normoblasts ist weder mehr noch weniger normal als die früheren oder späteren. Da sie bei Reptilien die Dauerform darstellt, so muss die Anhangssilbe „blast“ fallen. Vielmehr ist „Erythrozyt“ nach Minot eine treffende Benennung für alle Blutkörperchen, seien sie gekörnt oder nicht. „Der Versuch der Kliniker, den Namen auf die kernlosen Blutzellen der Säugetiere zu beschränken, ist schwer zu rechtfertigen.“ Ähnliche Überlegungen sprechen gegen den Ge- brauch der Ausdrücke „Megaloblast‘“ und „Mikroblast“. Minot schlägt, um der wissenschaftlich-morphologischen Interpretation zu ihrem Recht zu ver- helfen, die folgende Nomenklatur vor: Die Erythrozyten, die sämtlichen roten Blutzellen, die wahr- scheinlich ausschliesslich von ‚Mesamöboiden“ abstammen, charakterisieren sich durch ihren Hämoglobingehalt und das homogene Aussehen ihres Proto- plasmas. Folgende drei Hauptstufen können hinsichtlich der Genese bei den Säugetieren unterschieden werden: 1. Die ichthyoiden Blutzellen, die erste Form der echten Erythrozyten, die bei allen Wirbeltieren vorkommt, bei Ichthyopsiden die Dauerform, bei Amnrioten dagegen eine vergängliche Entwicklungsstufe dar- stellen. Die Zellen in diesem Stadium kennzeichnen sich durch ihren Hämo- globingehalt, homogenes Aussehen und granulierten Kern. 2. Die sauroiden Blutzellen, die sich als nächste Stufe aus den ichthyoiden entwickeln und bei allen Amnioten zu beobachten sind. Die Zellen in diesem Stadium unterscheiden sich von den Ichthyoiden durch ihren durchschnittlich geringeren Durchmesser, und besonders durch ihren verkleinerten, sich sehr dunkel färbenden (pyknotischen) Kern. Die Sauroiden sind bei Säugetieren atrophierende Zellen, eine Durchgangsform. 3. Endlich folgen die Blutplastiden, die Erythrozyten, die ihren Kern verloren haben; sie kommen nur bei Säugetieren vor. Meine Befunde lassen sich mit dieser Einteilung im grossen Ganzen wohl in Einklang bringen. Nur scheinen mir ausser den obigen Kriterien noch andere nicht unwichtige angeführt werden zu können. Es kommen ohne Zweifel sehr viel Zellen vor, die, obwohl sie schon als Blutzellen zu bezeichnen sind, sehr spärliches Hämoglobin, d. h. beinahe farbloses Protoplasma besitzen, während andererseits die Kerne schon so dunkel sind, dass das Chromatin- netz als solches nur schwer erkennbar ist (Fig. 4d). Fast noch geringer ist der Unterschied der auf den Fig. 6-8 und 9 dar- gestellten Typen f und g, wobei f dem zweiten und & dem dritten Stadium Minots entsprechen würde. Ob es angebracht ist, die Kerne, welche hier doch noch ganz scharfe, regelmässige Grenzen und noch keine Zerfallserscheinungen zeigen, schon als „pyknotisch“ zu bezeichnen, muss dahingestellt bleiben. Dagegen erleichtern, 276 BUHEIJA Serroos: wie mich dünkt, hier die Unterschiede der Protoplasmafärbung die Trennung der verschiedenen Formen bedeutend. Um den Farbenwechsel kurz anzugeben, ohne die Nomenklatur mit neuen Bezeichnungen zu belasten, könnte man vielleicht einfach von schwachfarbigen roten und sgelbroten ichthyoiden Blutzellen sprechen. Es lassen sich danach die in Fig. 9 dargestellten Erythrozyten folgendermassen gruppieren: N ( fd) Schwachfarbige ichthyoide Blutzellen Kernhaltige | Ichthyoide } e) Rote F > & Blut- | Blutzellen N f) Gelbrote 5 7 S | körperchen ı f \ \: SA ARE = 1 Sauroide 12 ) Sauroide Blutzelle (orangegelb) e | Bilutzellen ıh, i) Zerfallende sauroide Blutzellen = Kernlose | ( R IR. | Bint: | Blut- ) k) Dur Blutplastide | körperchen plastiden I» m) Spätere Blutplastide Die auf Fig. 9 dargestellten Typen a, b, bı und ce sind bisher absichtlich ausser acht gelassen worden. Es lässt sich eine ihre Deutung behandelnde Erörterung nicht von derjenigen der ersten Gefäss- und Blutbildung trennen. Man weiss, dass bei einigen Säugetieren sowie auch bei mehreren tiefer stehenden Tieren die ersten Gefässanlagen als solide Mesodermanschwellungen in der Dottersackwand entstehen. Diese sogenannten Blutinseln konfluieren und wandeln sich in Gefässe um, indem sich die zentral liegenden Mesenchymzellen zu Jugendformen gefärbter Blutzellen umbilden, während die oberflächlichen Mesenchymzellen die Endothelwand der Gefässe herstellen. Es kann wohl zurzeit als sichergestellt angesehen werden, dass sowohl die endo- wie exoembryonalen Gefässe in loco aus den Mesenchymzellen entstehen. Die früheren Lehren von dem direkten Einwachsen der exoembryonalen Gefässe in den Körper oder umgekehrt von dem Auswachsen der intraembryonalen Ge- fässe, sind. so viel ich aus den neuesten embryologischen Lehr- und Handbüchern ersehen kann, verlassen worden. Über die Abstammung der verschiedenen Blutkörperchen wird aber zurzeit ein erbitterter Kampf geführt. Bekanntlich stehen vor allem die dualistische oder die polyphyletische und die unitarische oder monophyletische Theorie einander unversöhn- lich gegenüber. Diese Theorien beziehen sich zwar meistenteils Blutgefäss- und Blutbildung. 277 auf die Blutbildung im erwachsenen Organismus, werden aber auch auf die embryonalen Entwicklungsvorgänge ausgedehnt. Die Dualisten erklären die verschiedenen Zellarten des Blutes (ent- weder das sogenannte myeloide und Iymphoide Gewebe oder auch die Erythro- zyten und die Leukozyten wie die Lymphozyten) für ebensoviele mehr oder weniger selbständige, genetisch nicht zusammenhängende Zellstämme. Die Unitarier sehen demgegenüber die verschiedenen Zellarten des Blutes als verschiedene Entwicklungszweige einer einzigen gemeinsamen Stammzelle an. Die ersten Blutelemente werden, mag ihre weitere Entwicklung sein, wie sie will, im allgemeinen aus dem Mesoblast resp. Mesenchym hergeleitet.') In dieser Beziehung sind die meisten, sowohl Dualisten wie Unitarier, einig. Teils werden aber die freien Mesenchymzellen, teils die zentralen Zellen der Blutinseln, teils die schon endothelartig oder sonst veränderten peripheren Zellen der sich bildenden Gefässe als das früheste Blutzellenmaterial an- gesehen. So z.B. hebt Saxer die Existenz besonderer primärer Wanderzellen im Mesenchym des Embryo hervor. Aus ihnen entstehen die sämtlichen Blutkörperchen. Bonnet und Schridde leiten die ersten Blutelemente ausschliesslich von den Gefässwandzellen (die Bonnet Angiothelien nennt) her. Die übrigen in neuerer Zeit embryologisch beschäftigten Hämatologen, wie Jolly, Naegeli, v.d.Stricht, Maximow, Dantschakoff, sind weniger exklusiv. Die Verwandlung der sämtlichen frühesten, in dem Dottersack auf- tretenden Blutzellen in junge rote Blutkörperchen wird von den Dualisten und speziell nachdrücklich von Schridde als ein schwerwiegender Beweis für die Rassenverschiedenheit des myeloiden und Iymphoiden Gewebes ins Feld geführt. Selbst wenn die sekundären Erythroblasten, die Myeloblasten und die Riesenzellen schon in der Leber als drei isolierte Zellstämme ge- bildet werden, sollen nach Schridde die Lymphozyten noch nicht zu finden sein, sondern viel später an anderen Orten entstehen. Am entschiedensten ist Maximow gegen eine solche Auffassung auf- getreten. Er führt an, dass weder die angegebene Reihenfolge des ersten Auftretens der verschiedenen Blutzellen die richtige ist, noch die ersten Blutelemente sich sämtlich in rote Blutkörperchen verwandeln. Maximow hat über die früheste Blutentwicklung bei Säugern schöne Untersuchungen ausgeführt. Seine Befunde stimmen mit denen von Dantschakoff und Bryce an anderen Tierspecies gewonnenen gut überein. Auch in anderer Beziehung tritt Maximow nun den herrschenden Anschauungen entgegen. Die ersten zelligen Elemente des Blutes, die primitiven Blutzellen, bestehen nach seiner Ansicht aus indifferenten, freien, runden Mesenchym- zellen. In der Area vasculosa der Dottersackwand differenzieren sich aus den Mesenchymzellen in bekannter Weise die Gefässendothelzellen, welche die primitiven Blutzellen umschliessen. Die zuletztgenannten Zellen vermehren !, Minot leitet die Gefässendothelien und die Blutzellen von einem Angioblast her, der zeitlebens seine vollständige Unabhängigkeit behält. & B.!H: TA g@EE00S: sich selbständig durch Karyokinese. Ausserdem entstehen neue primitive Blutzellen aus den Gefässendothelien, indem sie sich abrunden und von den Wänden loslösen. Dieser Vorgang soll sich indessen nicht nur auf die Dottersackwand beschränken. Überall im Mesenchym kann man Andeutungen von Blutinselbildung antreffen, obgleich dies nur als eine gewissermassen rudimentäre Form der Blutbildung von dem eigentlichen ersten erythro- poetischen Organ, der Area vasculosa aus, anzusehen sei. Weiter hat Maximow gefunden, dass sich ausserhalb der Blutinseln aus dem indifferenten Mesenchym Zellen ablösen können, welche dann den primitiven Blutzellen gleichzusetzen sind und gelegentlich auch denselben Entwicklungsgang ein- schlagen. Der morphologische Charakter der primitiven Blutzellen soll kurz ge- fasst der folgende sein: Die Zellen sind regelmässig kugelförmig, glatt konturiert, besitzen grosse, blasskörnige, meistens etwas exzentrisch gelegene Kerne und spärliches, fein retikuläres, ziemlich stark basophiles Protoplasma, das stets feinste, helle, runde Vakuolen enthält. Der Hauptsache nach werden die Vorstufen der Blutkörperchen von verschiedenen Seiten ungefähr ähnlich beschrieben. Die weitere Differenzierung der primitiven Blutzellen gestaltet sich nach Maximow folgendermassen: Der eine Teil. und zwar entschieden der grössere, verwandelt sich in hämoglobinhaltige Elemente, in primitive Erythroblasten; der andere, kleinere bleibt hämoglobinlos und verändert sich in ganz anderer Weise. Das erste Produkt dieser Veränderung ist der (grosse) Lymphozyt, die Stammzelle der gesamten farblosen Blutkörperchen und der definitiven Erythroblasten resp Erythrozyten. Die primitiven Erythroblasten — verhältnismässig grosse Zellen mit homogenem, immer stärker hämoglobinhaltigem Protoplasma und kleinem, dunklem, rundem Kern — stellen einen vollständig isolierten, spezifischen Zellstamm vor. Die älteren Exemplare werden zuerst in die Zirkulation getrieben, die jüngeren länger in der Area vasculosa zurückgehalten. Bald erlischt ihre Wucherungsfähigkeit und sie werden durch die definitiven Erythro- blasten resp. Erythrozyten verdrängt, indem sie meistens ohne entkernt zu werden zugrunde gehen. Die Lymphozyten wuchern in der Area vasculosa kräftig weiter, wo sie bald an Zahl die primitiven Erythroblasten übertreffen; in den übrigen Gefässen werden sie nur vereinzelt angetroffen. Ein Teil dieser Zellen ver- wandelt sich jetzt in definitive Erythroblasten. Die jüngeren von diesen entsprechen den als Megaloblasten, die älteren den als Normoblasten be- kannten Blutzellen. Sie sind kleiner, als die primären Erythroblasten und jederzeit leicht von diesen zu unterscheiden, besitzen aber dieselben Haupt- charaktere. In der Area vasculosa verdrängen sie die primären Erythro- zyten am frühesten, dann auch im zirkulierenden Blut. Hier erscheinen sie aber in der Regel nur als entkernte „rote Blutzellen“‘, als fertige Erythrozyten. Wir haben hier also wieder eine Anschauung, die von derjenigen vieler anderer Forscher, z. B. Jollys, Molliers und Schriddes, wesentlich abweicht. Diese Autoren lassen den definitiven oder sekundären Erythro- Blutgefäss- und Blutbildung. 279 blastenstamm in der Leber entstehen, die bekanntlich bei den Säugern eine Zeitlang als das wichtigste hämatopoetische Organ tätig ist. Dagegen wird nach Maximow schon in der Area vasculosa der endgültige Typus der Blutbildung erreicht; er will von qualitativ scharf zu unterscheidenden Etappen im Verlauf der embryonalen Hämatopoese nichts wissen, weshalb er auch eine verschiedene prämedulläre und medulläre Periode der Blut- entwicklung leugnet. Dagegen gibt auch er an, dass die sekundären Erythro- blasten bei Ratte und Maus erst in der Leber entstehen, weil ihre Ent- stehung bei diesen Tieren auf spätere Stadien verschoben ist. Dies darf aber nicht als eine ganz neue Phase der Blutbildung angesehen werden, denn auch hier entstehen ja die sekundären Erythroblasten und Granulozyten aus den ubiquitären Iymphozytoiden Wanderzellen. „Auch beim Menschen mag oerade dieser Unterschied existieren.“ Kürzlich hat Minot folgendes Gesamturteil über unsere Kenntnisse der Anfangsstadien der Blutbildung ausgesprochen: „Wenn wir leider schon zugeben müssen, dass unsere Kenntnisse der frühesten Blutentwicklung bei Wirbeltieren wenig befriedigend sind, weil vieles wesentliche fehlt, so müssen wir sagen, dass die betreffenden Vorgänge beim Menschen eigentlich unbekannt sind.“ Freilich ist es wahr, dass der Anfang der Blut- und Ge- fässbildung beim Menschen noch nicht beobachtet worden ist; doch fand Keibel bei einem etwa 1 mm langen menschlichen Embryo die Gefässanlagen und junge, kernhaltige Blutkörperchen in der Dottersackwand bereits differenziert, während im Embryo selbst keine Gefässanlagen sichtbar waren. Bei einem etwas älteren, 1,54 mm langen menschlichen Embryo hatte schon vorher Graf Spee Blut- und Gefässbildung im Dottersack beobachtet. Auch bei diesem Embryo fanden sich noch nirgends Gefässendothel- röhrchen in der Embryonalanlage. Die paarige Herzanlage war jederseits nur durch ein kompaktes Häufchen von Mesodermzellen markiert. Es darf also nicht wunder nehmen, wenn man als feststehend angesehen hat, dass auch im menschlichen Ei die ersten zirkulierenden Blutzellen aus der Dottersackwand stammen. Es gibt aber embryologische Beobachtungen aus der jüngsten Zeit, die uns vermuten lassen, dass dem nicht so ist. Evans, der in der Keibel-Mallschen Entwicklungsgeschichte über die Entstehung des Blutgefäßsystems berichtet, führt an, dass das Chorion ausserordentlich frühzeitig mit reichlichen Gefässanlagen versorgt ist. Er gibt weiter eine Übersicht über das Verhalten der Gefässentwicklung der frühesten menschlichen Eier. Der Eternodsche Embryo (Länge des Keimschildes 1,5 mm) ist der 280 BE.) germelos: jüngste menschliche Embryo, bei dem ein Blutkreislauf zu finden war. Er wird durch die Umbilikalvenen, das Herz, die Aorten, die Umbilikalarterien und die Chorionkapillaren gebildet. Zwischen dem Dottersackkreislauf und den Aorten war eine Verbindung nicht zu konstatieren. „Dieses, das überraschendste Resultat von Eternods Untersuchung“, sagt Evans, „gibt dem Menschen dadurch, dass ein Plazentarkreislauf vor dem Dottersackkreislauf entsteht, ein einzigartige Stellung unter den Säugern.“ Durch das Studium eines zweiten Embryo von 2 mm Länge ist auch Dandy zu einem ähnlichen, wie er selbst sagt, „un- orthodoxen“ Resultat gekommen. Die Blutkörperchen des primi- tiven Kreislaufes sollen nach ihm aus endothelialen Proliferationen der Kapillaren der Chorionmembran entstehen. Näheres über diese Vorgänge teilt er nicht mit. Das Angeführte dürfte das einzige sein, was über die Blut- bildung im Chorion beim Menschen bisher bekannt gegeben worden ist. Wie sich die Entwicklungsvorgänge im einzelnen abspielen, darüber scheinen keinerlei einschlägige Beobachtungen vorzuliegen. Was die Blutgefässbildung betrifit, so steht die Sache etwas anders. Es wurde oben angeführt, dass sowohl die endo- wie exoembryonalen Gefässe nach moderner Auffassung in loco ent- stehen. Obgleich dieser Vorgang nicht besonders im Chorion beobachtet worden sein dürfte, so steht doch mit dieser Auffassung in voller Übereinstimmung, dass auch die Choriongefässe in loco entstehen. Man findet schon bei einigen Autoren aus etwas früherer Zeit diese Auffassung auf die Gefässbildung im Chorion bezogen. So hebt Knoop im Jahre 1903 gelegentlich seiner Untersuchungen über eine amniotische Missbildung ausdrücklich hervor, „dass die embryonalen Blutgefässe ohne Hilfe der Umbilikalgefässe, also selbständig im Chorion entstehen können“, und Bauereisen bezeichnet ein Jahr später, in seiner Arbeit über die Hämatommbole, eine derartige Gefässbildung bereits als eine anerkannte ent- wicklungsgeschichtliche Tatsache. Auch bei diesen Autoren werden jedoch alle Einzelheiten vermisst Über die Vorstufen der primitiven Blutkörperchen ist in der Literatur nicht sehr viel zu erfahren. Im allgemeinen werden die näheren Vorgänge bei der Ausdifferenzierung derselben aus Blutgefäss- und Blutbildung. 281 dem Mesenchym nur kurz oder gar nicht erwähnt. Maximows primitive Blutzellen und ihr morphologischer Charakter sind oben beschrieben worden. Minot fasst die Vorstufen unter dem Namen Mesamöboiden zusammen und schildert sie als ganz oder beinahe farblose Zellen, die zuerst im Blutgefäßsystem erscheinen und der Hauptsache nach durch Zerfall der Dottersackblntinseln ent- stehen. Schridde spricht von den ‘primitiven Erythroblasten — Zellen mit grossem, hellem Kern und einem völlig homogenen, hämoglobinhaltigen Protoplasma, das vielfach in mässigem Grade basophile Farbstoffe annımmt — die aus den spindeligen (Gefäss- wandzellen entstehen, ohne dabei besondere Vorstufen zu nennen. Die sekundären, in der Leber entstehenden Erythroblasten sollen dagegen aus den Gefässwandzellen durch eine hämoglobinfreie, stark basophile Zwischenstufe entstehen. Ziemlich genaue Angaben über die Vorstufen der sekundären Erythroblasten teilt Mollier mit. In der Leber sollen sich schon am Ende des ersten Embryonal- monats gewisse Mesenchymzellen zu Stammzellen kommender Blut- elemente, zu Hämogonien, andere zu (Gefässendothelzellen aus- differenzieren. Die fertigen Hämogonien sollen vor allem dadurch charakterisiert sein, dass sich der Kern weniger als das grob- wabige Protoplasma färbt. Durch wiederholte Teilungen sollen dann erst Hämoblasten I. Ordnung, mittelgrosse Zeilen mit noch kräftig basophilem, feinwabigem Protoplasma und nicht sehr dunkel gefärbtem Kern und dann Hämoblasten Il. Ordnung, kleine Zellen mit homogenem Protoplasma und dunklem Kern entstehen. Diese Zellen sollen ihr Protoplasma vermehren und in demselben Hämoglobin ausbilden, wodurch sie sich in Erythroblasten umbilden, aus welchen nach erfolgter Entkernung die Erythrozyten hervor- gehen. In der Regel gelangen nur diese letzteren in den Kreislauf. Es ist wohl ohne weiteres klar, dass unter unseren drei ersten Typen in Fig. 9 (vgl. auch die übrigen Figuren) der Typus ce, obgleich er in ausgebildeten Blutgefässen nicht gefunden wird, eine Vorstufe der Elemente d darstellt. Es fällt sofort die grosse Ähnlichkeit der Form auf und auch die Ähnlichkeit des Kernes, obwohl bei d der letztere ein dichteres Chromatinnetz besitzt. Das Protoplasma erscheint hier trotz auftretender Spuren von Hämoglobin oft beinahe ebenso hell wie bei c. Dass ferner die Typen a und b von einander abzuleiten sind, unterliegt fast keinem Zweifel, da zwischen beiden alle 282 B.H. Jägerroos: erforderlichen Übergänge zu finden sind. Etwas schwieriger ist der Nachweis, dass Typus b eine Vorstufe von Typus e ist. In bı scheint eine solche vorzuliegen. Das Protoplasma nimmt an Masse bedeutend zu (vgl. die höher oben gelegene Zelle b in Fig. 2, die ein früheres Stadium darstellt) und erhält einen un- deutlichen Kontur. Dann erst beginnt das Protoplasma sich auf- zuhellen und schliesslich folgt Typus e. So möchte man wenigstens die verschiedenen Bilder deuten und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die vier unter a—c dargestellten Typen aufeinanderfolgende Vorstufen der Erythrozyten sind. Ich kann meine Bilder nicht direkt mit denen früherer Forscher vergleichen, die eine Färbung, welche die Basophilie hervortreten lässt, angewendet haben. Es lassen sich jedoch einige Parallelen auffinden. Wahrscheinlich entsprechen meine mit b bezeichneten Vor- stufen Minots Mesamöboiden. Jedenfalls ist die Formähnlichkeit in den Zeichnungen auffallend (Minots entsprechende Bilder sind ungefärbt). Mit Maximows primitiven Blutzellen sind wohl am ehesten die dem Typus bı zugehörigen Zellen zu ver- gleichen, welche noch verhältnismässig protoplasmaarm, schon aber mit einem Kontur versehen sind. Ich möchte a als frühe Vorstufe, b als Mesamöboid, bı als primitive Blutzelle, ce als (primitiven) Erythroblast bezeichnen. Ob jetzt die primitiven Blutzellen nur in Erythroblasten oder auch in andere Blutzellenvorstufen verwandelt werden, dar- über lässt mein Material keine Schlüsse zu. Ohne mich an der zytologischen Streitfrage zu beteiligen, kann ich jedenfalls auf Grund der angeführten Befunde die Möglichkeit einer Blut- und Gefässbildung im Chorion ernstlich in Erwägung ziehen. Es erhebt sich dabei erstens die Frage, woher die Blut- zellenvorstufen stammen. Es wurde oben bereits hervorgehoben, dass das Stroma der Zotten und der Uhorionmembran Zellan- häufungen birgt, in welchen die gesamten Vorstufen hauptsächlich angetroffen werden. In manchen von diesen Häufchen unterscheiden sich nun die Zellen gar nicht von den umgebenden Mesenchym- zellen und zeigen keine besondere Anordnung. In anderen, welche die geschilderten Blutzellenvorstufen enthalten, findet man, dass die peripheren Zellen ringförmig um die letzteren angeordnet sind und sich diesen eng anschliessen, während sie im übrigen Blutgefäss- und Blutbildung. 283 durchaus den Mesenchymzellen gleichen. In wieder anderen sind die peripheren Zellen nur teilweise den Mesenchymzellen ähnlich, teilweise sind sie endothelartig abgeflacht und umgeben ein kleines Lumen, in welchem Vorstufen oder schon fertige Erythrozyten frei liegen. Alle diese Befunde, wie auch die Bilder in Fig. 1—4, scheinen mir dafür zu sprechen, dass ebenso wie in der Dottersackwand auch im Chorion die Zellanhäufungen in Blutinseln und schliesslich in junge Blutgefässe umgewandelt werden. Selbstverständlich kann man immer einwenden, dass die Zellanhäufungen gar nicht in loco entstanden zu sein brauchen, dass sie vielmehr hineingewachsen oder wie die Blutzellen bezw. deren Vorstufen von aussen her in das Chorion hineingewandert sein können. Gegen diese Auffassung lassen sich indessen Gegengründe geltend machen, teils solche allgemeiner Art, teils, wie ich glaube, auch solche, die aus meinen Befunden abgeleitet werden können. Es lässt sich die Theorie von einem Hineinwachsen der embryo- nalen Gefässe aus einem (Gewebe ins andere kaum mehr aufrecht- erhalten. Wenn im allgemeinen eine Entstehung in loco anzu- nehmen ist, so gilt dies auch für das Chorion. Wir haben gesehen, dass in sehr früher Zeit im menschlichen Embryo ein Chorion- kreislauf ohne Zusammenhang mit dem Dottersackkreislauf zu existieren scheint. Ist dies richtig, so muss man sich fragen, woher die Blutkörperchen in den Kreislauf kommen sollen, wenn nicht aus dem Chorion. Die Leber ist noch nicht als blutbildendes Organ tätig und liefert (vgl. oben) ausserdem in der Regel nur kernlose Erythrozyten; ein weiteres blutbildendes Organ existiert, soweit bekannt, zu dieser Zeit nicht. Bei meinen Befunden kann im übrigen, wie mir scheint, für die Entstehung der Gefässe und der Vorstufen der Blutzellen im Chorion selbst folgendes verwertet werden: Der Umstand, dass die Zellen der ganz undifferenzierten Anhäufungen sich in keiner Beziehung von den umgebenden Mesenchymzellen unterscheiden und dass die peripheren Zellen diesen Charakter sehr lange beibehalten, scheint dafür zu sprechen, dass sie in loco entstanden sind. Die Vorstufen der Blutzellen werden in den weiter differenzierten Zellanhäufungen, nicht aber in den fertigen Grefässen angetroffen. Sie sind dabei von den peripheren 284 BEL DA Beer. 000:81: Zellen eng umschlossen und werden erst als Erythroblasten oder fertige Erythrozyten (nach Minots und meiner Bezeichnung) frei in dem sich bildenden Lumen gefunden. Wo sie in den Gewebsmaschen vorkommen, hängen sie oft durch feine Fasern mit der Zwischensubstanz zusammen. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass ich weit entfernt davon bin, zu glauben, durch meine Untersuchungen einen strikten Beweis für das Gesagte geliefert zu haben. Ich bin mir voll- kommen klar, dass dazu viel eingehendere Studien notwendig sind, vor allem auch Serienschnitte durch ganze sehr junge Eier, ferner verschiedene für hämatologische Zwecke geeignetere Färbungen. Durch das Bekanntgeben meiner Bilder und Befunde soll wesentlich nur zu weiteren Forschungen angeregt werden, die, sehr notwendig, meine hier niedergelegten Anschauungen vielleicht besser zu begründen imstande sind. Solche Forschungen habe ich selbst bereits begonnen. Noch einige Worte über die weiteren Schicksale der ver- mutlich endogen entstandenen kernhaltigen Blutzellen. Wie aus meinen Bildern hervorgeht, dürfte ihr Protoplasma zunächst peripherisch, wo es wie angenagt aussieht, und dann allmählich zentralwärts einschmelzen. Es bleiben schliesslich nur einige gelbliche Schollen in der Umgebung des Kerns zurück (Fig. 8 und Fig. 9 h, i). Diese Bilder deuten darauf hin, dass eine Aus- stossung der Kerne mit Erhaltung des Protoplasmas auszuschliessen ist. Die kernhaltigen Blutkörperchen des primitiven Kreislaufes werden — jedenfalls in der Regel — nicht entkernt und in kern- lose umgewandelt; sie zerfallen vielmehr als solche. Um die Mitte des zweiten Monats erscheinen, wie schon hervorgehoben wurde, die ersten kernlosen Erythrozyten im Kreislauf. Diese sind grösser als die später zu findenden, welche in immer dichteren Haufen die Gefässe füllen, während die kernhaltigen Erythrozyten ihrem Untergang entgegengehen, bis sie im Anfang des vierten Monats ganz verschwunden sind. Was wird nun aber aus den Blutkörperchen, welche allem Anschein nach vereinzelt auch in den Gewebsmaschen entstehen ? Teilweise dürfte sie in ganz junge, nicht vollkommen abge- schlossene Gefässe gelangen, grösstenteils aber wohl nicht. Minot gibt an, dass man massenhaft Erythrozyten in dem Plazentarstroma Blutgefäss- und Blutbildung. 285 finde; er will sie sogar bis zu der Geburt in grossen Mengen beobachtet haben. Nach meiner Erfahrung nehmen sie jedoch schon im zweiten Monat stark ab und stellen am Ende der Schwangerschaft in normalen Plazenten recht seltene Befunde dar. Nach Minot, der ja eine Entstehung in loco gar nicht in Rechnung zieht, sollen die aus den Gefässen in das Stroma aus- wandernden Erythrozyten eine Quellung, an der sowohl Kerne wie Protoplasma teilnehmen, erfahren; dann soll das Protoplasma vakuolisiert werden und verschwinden, bis schliesslich die ganze Zelle zerfallen ist. Die mysteriösen grossen gequollenen Zellen, die man reichlich im Zottenstroma fast jeder Plazenta findet, Zellen, auf die neuerdings auch Hofbauer und Grosser auf- merksam gemacht haben, sollen nach Minot aus ausgewanderten Erythrozyten entstehen. Es ist gewiss möglich, dass auch die fertigen kernhaltigen Blutzellen bei ihrem Zerfall mitunter diese Formen annehmen; aber wenn man mit Minot die aus den Gefässen ausgewanderten Erythrozyten als Matrix für die genannten Zellen ansieht, so kann man kaum befriedigend erklären, wie sie nach dem dritten Schwangerschaftsmonat noch Kerne enthalten. Sind doch, wie wir gesehen haben, die Erythrozyten um diese Zeit schon kernlos. Und im Zerfall begriffene Zellen aus früherer Zeit werden sich gewiss nicht Monate hindurch als solche konservieren. Daher gelange ich zu der Überzeugung, dass die genannten Zellen einen etwas anderen Ursprung haben. Nicht die fertigen Blutzellen, sondern hauptsächlich deren Vorstufen nehmen meines Erachtens öfters diese Form an und zwar dann, wenn sie ausser- halb der Blutinseln frei in den (Gewebsmaschen entstehen. Ich glaube wiederholt beobachtet zu haben, dass sich bei den Zellen der frühesten Vorstufe (Fig. 9a und b) das Protoplasma vermehrt, ohne sich aufzuhellen. So kann ohne weiteres eine Umwandlung in die in Frage stehenden Zellen erfolgen. Auch wenn die Bildung der kernhaltigen Blutkörperchen schon längst abgeschlossen ist, scheinen sich immer noch Zellen des Typus a aus dem Chorion- stroma abzulösen und diesen abgelenkten Entwicklungsgang ein- zuschlagen. So kommt es vielleicht, dass man sie bis zum Ende der Schwangerschaft in der Plazenta findet. Archiv f.mikr. Anat. Bd.82. Abt.l. 19 286 B.H. Jägerroos: Literaturverzeichnis. Bauereisen, A.: Über die Häimatommole. Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäk., Bd. 51, 1904, S. 309. Bonnet, R.: Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte. Berlin 1907, S. 332. Bromann, J.: Normale und abnorme Entwicklung des Menschen. Wies- baden 1911. Dandy, W.E.: A human embryo with seven paires of somites measuring about 2 mm in length. 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Erklärung der Abbildungen auf Tafel XVII Vergrösserung in allen Figuren 650 :1. 1-4. Aus dem Zottenstroma oder Stroma der Chorionmembran eines DU etwa einen Monat alten menschlichen Eies. a — Frühe Vorstufen ; b — Mesamöboiden; e — Erythroblast; d — schwachfarbige ich- thyoide Blutzellen. Über das Nähere siehe Text. Aus dem Zottenstroma eines menschlichen Eies von der Mitte des zweiten Embryonalmonats. e — Rote ichthyoide Blutzellen frei in einem kleinen Lumen, welches teils von endothelartigen, teils von mesenchymähnlichen Zellen umgeben ist. Aus dem Zottenstroma eines menschlichen Eies von der zweiten Hälfte des zweiten Embryonalmonats. Reifes Gefäss mit rot-gelben ichthyoiden Blutzellen f. Aus dem Stroma der Chorionmembran eines etwas über zwei Monate alten, menschlichen Eies. Reifes Gefäss mit sauroiden Blutzellen & und Blutplastiden k, l, m. Aus dem Zottenstroma eines fast drei Monate alten, menschlichen Eies. Reifes Gefäss mit sauroiden Blutzellen g, ihren Zerfalls- tormen h, i und vielen Blutplastiden. Vorstutfen a, b, bı, c, kernhaltige d bis i und kernlose Erythrozyten k bis m. Aus dem Neurologischen Institut zu Frankfurt a. M. (Direktor: Prof. Dr. L. Edinger.) Zur vergleichenden Anatomie und Histologie der Hypophysis cerebri. Von Dr. W. Stendell, Assistent am Institute. Hierzu Tafel XVIII—XX und 18 Textfiguren. Einleitung. Über die funktionelle Bedeutung der Hypophysis cerebri haben uns die Arbeiten, welche aus der Klinik und der experimen- tellen Physiologie hervorgegangen sind und sich demgemäss auf den Menschen oder auf Säugetiere beziehen, Befunde mitgeteilt, welche dem Organ in der Hauptsache zwei gänzlich verschiedene Eigenschaften zuschreiben. Als besonders auffällig sind die Be- ziehungen der Hypophyse zum Körperwachstum zuerst erkannt worden. Diese Eigenschaft wird dem „Darmteil“ zugeschrieben, dessen Hypertrophie zu exzessivem Wachstum, zum Riesenwuchs oder zur Akromegalie führt. Was den Hirnteil anbetrifft. so ruft eine Injektion mit seinem Extrakt eine erhebliche Erhöhung des Tonus der glatten Muskulatur hervor, so dass man dieses Mittel vielfach zur Steigerung des Blutdruckes und der Uterus- wehen anwendet. Die meisten Autoren nehmen daher an, dass es sich in diesem Extrakt um ein von dem Hirnteil produziertes Sekret handele. Danach würde also in dem Hirnteil eine zweite Drüse neben dem Darmteil zu suchen sein. Die drüsige Natur des Darmteiles ist seit langer Zeit erwiesen. Im Hirnteil jedoch haben sich nur Glia der Hirnmasse, Binde- und Lymphgewebe und Blutgefässe nachweisen lassen. Es ist also schwer einzu- sehen, wie dieser Teil aus sich, durch Sekretion, so besondere physiologische Eigenschaften entwickeln sollte. Zudem haben die Injektionsversuche von Edinger gezeigt, dass die perivaskulären Lymphspalten des Darmteiles in die des Hirnteiles übergehen. In diese Perivaskularräume des Darmteiles aber münden nach ihm die perizellulären Spalten des Drüsenparenchyms, in die sich 290 W. Stendell: das Zellsekret ergiesst. Edinger sieht darin den Nachweis, dass das Sekret des Darmteiles durch die perivaskulären Spalten in den Hirnteil gelange, der somit das Rezeptionsorgan des Sekretes würde. Bei allen Tieren ist dem Hirnteil am nächsten gelegen ein Abschnitt des Darmteiles, der sich bei näherer Untersuchungals eine besondere Drüse dar- stellt. Der vergleichenden Anatomie ist auf Grund der Ver- hältnisse bei niederen Vertebraten seine Bedeutung als eines für sich gesonderten Abschnittes längst bekannt. Die Kliniker aber und Physiologen haben ihn, da er beim Menschen ausserordentlich wenig entwickelt ist, als den sogenannten „Epithelsaum“ nur wenig beachtet. Gerade dieser „Zwischenlappen“, wie wir den Abschnitt, weil er stets zwischen Hirnteil und „Hauptlappen“ des Darmteiles liegt, nennen wollen, soll uns die Erklärung für die eigenartige Lage des Darmteiles am Hirn und die innige Ver- bindung der beiden heterogenen Teile miteinander geben. Er nämlich ist es, der mit dem Hirnteil die innigste Verbindung eingeht und, wie ich zeigen werde, in ihn sezerniert. Dann also ist der Zwischenlappen die zum Hirnteil als dem Rezeptionsorgan zugehörige Drüse. Wir hätten also nunmehr die Hypophysis einzuteilen in den Hirnteiloder Hirnlappen und den Darmteil, welcher wieder in den Zwischenlappen und den Hauptlappen zerfällt. Im folgenden soll zunächst eine kurze Literaturübersicht uns die Geschichte der Hypophysenforschung vor Augen führen. Die erste Arbeit, welche die Kenntnis von der Hypophysis auf eine sichere Basis stellte, war die von Rathke (1838), in der er nachwies, dass der drüsige Abschnitt des Organs von der Mundbucht aus seine Entstehung durch Einstülpung nach dem Gehirn zu nimmt und dann mit dessen Zwischenhirnboden innig verwächst. Die eingestülpte Tasche wird nach ihrem Entdecker die Rathkesche Tasche genannt, ihr Lumen wird die spätere Hypophysenhöhle, welche durch Ausstülpungen von Schlauchform mehr oder weniger kompliziert werden kann. Durch Verdickung oder Verzweigung des Abschnittes des Zwischenhirnbodens, an welchen sich der Darmteil der Hypophyse anlegt, entsteht dann der Hirnteil dieses Organs. Bald erschienen auch Mitteilungen über den histologischen Bau der Hypophysis. Hannover (1842) Zur vergleichenden Anatomie und Histologie ete. 291 und Virchow (1857) konstatieren, dass das Gewebe nicht aus gleichmässigen Zellen zusammengesetzt ist. Auch die im Gewebe enthaltenen homogenen rundlichen Einschlüsse, das Colloid, wurden von ihnen erkannt. Luschka (1860) beschreibt bereits die An- ordnung der Zellen in blasen- oder schlauchförmigen Anhäufungen, innerhalb deren granulierte polygonale Zellen sowie in eine Grund- substanz eingebettete nackte Kerne unterschieden werden. Eine grundlegende Einteilung des ganzen Organs gab dann Peremeschko (1567). indem er den Hauptlappen als Korkschicht, den Zwischen- lappen als Markschicht, die Hypophysenhöhle und den nervösen Hirn- teil der Hypophyse unterschied. Er konstatierte schon Färbungs- beziehungen zwischen dem Colloid und den Drüsenzellen. In der Hypophysenhöhle des Menschen findet er Flimmerepithel. Eine wichtige Arbeit brachte W. Müller (1871), indem er auf ver- gleichender Basis die Ontogenesis und Anatomie der Hypophysis von Vertretern aller Wirbeltierklassen brachte. Er unterscheidet bei allen Formen zwei verschiedene Teile der Hypophysis, abge- sehen vom Hirnteil, den er auf Grund seiner embryologischen Studien folgerichtig nicht zur eigentlichen Hypophyse rechnet. Seine beiden Teile entsprechen im grossen und ganzen unseren heutigen Zwischenlappen und Hauptlappen. Abgesehen davon, dass er diese Teile bei Selachiern gerade umgekehrt, als es in der vorliegenden Arbeit geschehen soll, anspricht, ein Fehler, in den noch einige andere Autoren verfallen sind, und dass er beim Menschen den Zwischenteil nicht völlig richtig erkennt, homo- logisiert er die Abschnitte der einzelnen Klassen ganz richtig. Bei Selachiern sieht er schon den in die Sella tureica eingesenkten, durch einen hohlen Stiel ventral dem Hauptlappen anhängenden Hypophysenteil. Bei Amphibien ist ihm sogar die histologische Verschiedenheit der beiden Drüsenlappen nicht entgangen, wie er bei ihnen auch den Hirnlappen mit seiner starken Vaskulari- sierung gut abbildet. Die bekannte Arbeit von Goette über die Entwicklung der Unke (1874) bestätigt und ergänzt Rathkes und W. Müllers Befunde bezüglich der Hypophysenentstehung. Einige Bemerkungen zum histologischen Aufbau der Hypophyse bringt Rohon (1879). Bei Selachiern beschreibt er stark ge- wundene Tubuli mit freiem Lumen und geschichtetem Epithel. Mehrere Beiträge zur Kenntnis des Organs verdanken wir Rabl- Rückhard (1850/88), der sich besonders mit der Entwicklungs- 292 W. Stendell: geschichte der Hypophyse bei Selachiern und Teleostiern befasst. Deutlich unterscheidet er in der Hypophyse der letzteren zwei Teile. Die wichtigen Untersuchungen von Flesch (1854), dem darin sein Schüler Lothringer (1586) folgte, brachten eine Scheidung der gesamten Zellen in helle, wenig tingierbare, die chromophoben, und in solche, welche die Farbstoffe lebhafter an- nehmen, die chromophilen. Auch Lothringer erkennt die Ver- wandtschaft in der Färbung des Colloids und der Zellen. Unab- hängig von den beiden Forschern kam Dostojewsky (1586) zu demselben Resultat der Zelleinteilung. In dieselbe Zeit fällt die Entdeckung des Zusammenhanges zwischen der Hypophysis und der Akromegalie durch Pierre Marie (1886). Eine Be- stätigung der Befunde von Flesch, Lothringer und Dostojewsky erfolgt bald darauf durch Rogowitsch (1888), der ausserdem noch (beim Kaninchen) ein (Grewebsterritorium findet, welches in einer Grundsubstanz Kerne eingelagert enthält und von ihm daher als „Kernhaufen“ bezeichnet wird. Diese Kernhaufenzone bildet den „dreieckigen Raum“, welcher von Bindegewebssepten ab- gegrenzt im mittleren vorderen Teil des Drüsenabschnittes gelegen ist. In den „Cysten“ erkennt Rogowitsch beim Kaninchen Flimmerepithel. Er glaubt, dass das Colloid, das Produkt des Drüsenteiles, in die Blutbahnen gelange. Diese letzte Ansicht sprechen auch Pisenti und Viola (1890) aus, welche in den (refässen Colloid finden. Sie glauben, dass das Uolloid aus den Follikeln in die interfollikulär gelegenen Bindegewebslymphräume trete und dann in die Gefässe gelange. Das Vorhandensein von Colloid in den Gefässen konnte Stieda (1590) nicht konstatieren. Sonst gelangte er zu den nämlichen Resultaten wie Rogowitsch, wobei er die Kernhaufen für gut differenzierte Zellen vom Gepräge der Hauptzellen, für chromophobe, anspricht. In den Unter- suchungen von Schönemann (1892) wird zuerst mit Sicherheit konstatiert, dass die chromophilen Zellen wieder in eosinophile und baso-(eyano-)phile einzuteilen sind. Einen weiteren Fort- schritt bezeichnet die Deutung der verschiedenen Zelltypen als Funktionszustände einer und derselben Zellart, für welche sich Saint-Remy (1892) auf Grund seiner Untersuchungen an Amphibien ausspricht. Eine Bestätigung der Befunde Müllers und Rohons bezüglich der Gruppen der Selachier und Amphibien bringen die Untersuchungen von Edinger (1592). Hier wird Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 293 der Aufbau der Plagiostomenhypophyse aus hohlen und soliden Schläuchen, die zum Teil symmetrisch angeordnet sind, dargestellt. Auch die Einteilung der Hypophysis der Amphibien in zwei Drüsenteille und den Hirnteil finden wir mit voller Klarheit beschrieben und abgebildet. Mit seinen eingehenden Methoden konnte Ramon y Cajal (1893/94) auch bezüglich des Hirnlappens, der bis dahin weniger untersucht worden war, interessante Fest- stellungen machen. Er sieht in ihm spindelförmige, dreieckige und sternförmige Gliazellen mit kurzen Dendriten. Dazu kommen die Endaufzweigungen von Achsenzylindern, welche hinter dem Chiasma n. opt. entspringen. Am Infundibulum bereits verästeln sie sich und ziehen so herab in den Hirnteil. Die letzten Aus- läufer dringen auch noch in den Zwischenlappen ein. Zu ganz ähnlichen Resultaten kommt Retzius (1595/94), der die Glia- zellen im Hirnteil der Hundehypophysis näher beschreibt. Auch er kann keine Ganglienzellen feststellen. Kupffer (1594), der besonders die phylogenetische Bedeutung der Hypophysis disku- tiert, gelingt es in der Cyclostomenhypophyse zwei Teile zu unter- scheiden. Zu den Beobachtungen Goettes über die Ontogenese der Anurenhypophyse fügt er einiges zu. Einen bedeutenden Fortschritt für die Kenntnis der vergleichenden Entwicklungs- geschichte und feineren Anatomie der Hypophysis bedeutet die Arbeit von B. Haller (1894). Bei allen Tieren werden die einzelnen Teile auch in histologischer Hinsicht geschieden. Unzu- treffend allerdings ist die Homologisierung der Teile zwischen den verschiedenen Gruppen. Einen Rückschritt bedeutet auch die Auffassung des schon von früheren Autoren richtig erkannten /wischenlappens der Amphibien als einen Teil des Saccus vascu- losus. Haller entdeckte eine Ausfuhröffnung der Hypophyse, in welche sich alle Drüsenschläuche ergössen. Die Öffnung lässt das Sekret nach aussen in den Subduralraum treten. Die Beobachtung, die sich auf alle von ihm untersuchten Formen bezieht, ist von keinem anderen Autor vorher oder nachher wieder gemacht worden. Nun folgen verschiedene Arbeiten, die sich mit dem feineren Auf- bau des Drüsenteiles und seinen funktionellen Veränderungen be- schäftigen. Benda (1900/04) hält an der von Saint-Remy angenommenen Einheit der Drüsenzellen (Mensch) fest und glaubt, dass die körnchenlosen, chromophoben Zellen als Jugend- oder Ruheform aufzufassen seien. „Aus ihnen gehen durch Ansammlung 294 W. Stendell: acidophiler Körnchen die gewöhnlichen chromophilen, acidophil gekörnten Zellen hervor. Die cyanophilen (amphophil) gekörnten wären als Reifungsformen aufzufassen, aus denen die Körner durch Lösung schwinden. Ein Übergang der Körnchen als solche in ein Sekret ist nicht nachzuweisen. Die Aufnahme des gelösten Sekretes durch Diffusion in die Blutgefässe ist als wahrscheinlich voraus- zusetzen.“ Gemelli (1900, 1903/04) dagegen unterscheidet ein durch die cyanophilen Zellen geliefertes granuläres Sekretions- produkt, das wichtiger ist als das von den acidophilen Zellen produzierte. Auch nach Thom (1901) liefern die chromophoben und chromophilen Zellen ein verschiedenartiges Sekret, das sich mischt, um ein dünnflüssiges Colloid zu bilden. Die Zelltypen hält er demnach nicht für vereinbar. Das Colloid trennt er in dünneres inter- und konzentrierteres intrafollikuläres.. Studnicka (1901) fand in den Blutgefässen Colloid. Im Hirnteil des Menschen fand Erdheim (1905) neben Colloid auch Zwischenlappensubstanz. Nach ihm sind im mittleren Lebensalter die chromophilen Zellen reichlicher als in älteren Jahren. Im Alter findet er degeneriert erscheinende kleine ungranulierte Zellen. Durch die Färbung mit Orange-G- und Säurefuchsin unterscheidet Scaffidi (1904) zwei fundamentale Zelltypen, die ihm unvereinbar erscheinen. Auf um- fangreichen vergleichenden Untersuchungen baut sich die Arbeit von Sterzi (1904) auf, in der er die Befunde von Haller vielfach bestätigt und richtig stellt. Zum ersten Male finden wir hier die verschiedenen Teile in der Hauptsache richtig homologisiert. Er nennt nach der Allgemeinfärbbarkeit den Zwischenlappen den chromophoben und den Hauptlappen den chromophilen. Eine abermalige Bestätigung dieser Befunde bringt Gentes (1905), der sich der Terminologie Sterzis anschliesst. Diese Arbeit kann als die umfassendste angesehen werden, besonders was das Material anbetrifftt. An der Hypophyse der Cyclostomen werden sehr klar drei Teile des Drüsenabschnittes unterschieden, während die Darstellung von nur zwei Drüsenabschnitten bei Teleostiern gegenüber Sterzis Befunden, in denen drei dargestellt werden, einen Rückschritt bedeutet. Er beschreibt den Blutgefässreichtum des Hirnlappens und das völlige Fehlen von Ganglienzellen in demselben. Auch die enge Angliederung des Zwischenlappens an den Hirnteil bei allen Vertebraten hebt er hervor. Wegen seiner geringen Färbbarkeit nennt er diesen Abschnitt des Darmteiles den Zur vergleichenden Anatomie und Histologie ete. 295 chromophoben. Das Drüsengewebe des Hauptlappens des chromo- philen besteht meist aus soliden Zellsträngen, deren Elemente „sont orientes vers les capillaires sanguins dilates“. Das Colloid hält Gentes nicht für das normale Produkt der Drüse. Einen direkten Zusammenhang der Zellen mit den Gefässen nimmt Thaon (1907) an, da er in den Gefässen Colloid konstatiert. Derartige Massen findet er auch im Hirnteil. In älteren Jahren ist nach ihm der Drüsenabschnitt reicher an acidophilem Sekret und Colloideysten. Histologische Beiträge zur Kenntnis der Hypo- physis sind in der Arbeit von Herring (1908) niedergelegt. Nach ihm sind die Zellen des Hauptlappens als Funktionsstadien einer Zellart anzusehen, die wahrscheinlich in Blutgefässe sezer- nieren. Derselbe Forscher hat auch (1908) Mitteilungen über die Entwicklung der Säugerhypophyse gemacht. Für unsere Haus- säugetiere bringt Trautmann (1909) feinere histologische Einzel- heiten und diskutiert namentlich die Sekretion und Colloidbildung. Er glaubt, dass die baso- und acidophilen Zellen zwei unverein- bare Drüsenzellarten darstellen. Das Colloid hält auch er für ein Drüsenprodukt und findet es in Gefässen sehr reichlich. Die Gefässe verlieren nach ihm streckenweise ihre Wandung, so dass ein inniger Austausch zwischen dem Drüsenparenchym und dem Gefässlumen stattfinden kann. Dann bringt Creutzfeldt (1909) eine ausführliche Studie an der Hypophyse des Menschen, in der die Colloideinteilung Thoms übernommen und die Einheit der Zellen als Funktionsstadien einer Art vertreten wird. Zahlreiche Befunde an Vertretern der verschiedensten Gruppen enthält auch das Lehrbuch von Edinger (1910) über die vergleichende Anatomie des Gehirns. Der gleiche Forscher hat auch die schon eingangs erwähnten Injektionen an einigen Hypophysen unter- nommen, um so die Sekretwege darzustellen. Die letzte Arbeit ist die von Tilney (1911), welcher, wie ich dem Referat von Herrick (Folia Neuro-Biologica, VI) entnehme, ebenfalls die Teile des Organs unterscheidet und an der Einteilung der baso- und acidophilen Zellen, denen er eine verschiedene Funktion zu- schreibt, festhält. Die pathologisch-anatomische Literatur ist am besten bei Fischer (Hypophysis, Akromegalie und Fettsucht, Wiesbaden 1910) gesammelt. Für die sehr reiche klinische ist wesentlich auf das bekannte Handbuch von Biedl zu verweisen. (Vergl. ausser- 296 W.Stendell: dem namentlich noch Cushings verschiedene dort zitierte Arbeiten.) Die vorliegende Studie stützt sich auf Untersuchungen an Vertretern aller Klassen. Von Selachiern konnten nicht weniger als zwölf verschiedene Arten herangezogen werden, wozu mir die reiche Sammlung unseres Institutes an Schnittserien wertvolle Dienste leistete. Auch von Säugern ist die Untersuchung einer Elefanten- und Kamelshypophyse hervorzuheben. Im übrigen sind die Objekte die üblichen, auch von früheren Autoren be- arbeiteten. Fixiert wurde das Material, das teils herauspräpariert, teils im Knorpel oder entkalkten Schädel belassen wurde, in Uarnoy, Zenker oder Zenker-Formol, doch stand auch Alkohol und Formolmaterial zur Verfügung. Gefärbt wurde mit Häma- toxylin nach Delafield oder Hämalaun unter Nachfärbung von Giesons-Gemisch oder Eosin, Weigertmethode, Eisenhäma- toxylin nach Heidenhain, Resorcin und Sudan Ill. Ge- schnitten wurde, wenn nicht gefrorenes frisches Material in Betracht kam, in Paraffın oder Üelloidin-Paraffin. Die folgenden Zeilen sollen sich vornehmlich mit den beiden Drüsenlappen beschäftigen und sie in ihren Eigenarten darstellen. Weiterhin sollen dann die funktionellen Beziehungen der einzelnen Hypophysisteile zueinander besprochen werden. 1. Der Hirnteil. Die trichterförmige Einsenkung des Zwischenhirnbodens ist das Infundibulum. Während sich dessen meist ventralwärts ge- richtete Ausstülpung, der Recessus infundibuli, bei allen Verte- braten vorfindet, hat sich bei den niederen noch eine kaudaler gelegene, der Recessus sacci, gebildet. Bei den meisten im Wasser lebenden Formen entwickelt sich aus letzterem ein plexusartiges Gebilde mit reicher Blutversorgung, der Saccus vasculosus. Viel- leicht entspricht ihm der Recessus mamillaris höherer Vertebraten. Im folgenden soll nur von dem Recessus infundibuli, dem eigent- lichen Trichter, die Rede sein. Wenn wir die Reihe der einfachen Schemata und Übersichts- bilder im Text betrachten, so erkennen wir überall das trichter- förmige Infundibulum, das sich bei vielen Tieren am Boden ver- diekt und dadurch den Hirnteil der dort angelagerten epithelialen Hypophysis bildet. Bei Petromyzon (Fig. 3) bleibt der Boden Zur vergleichenden Anatomie und Histologie ete. 297 des Recessus infundibuli zeitlebens eine ziemlich gleichmässige unverdickte Lamelle, welche nach dem Darmteil zu als glatte Wand verläuft, innen jedoch, besonders lateral, leichte Ein- kerbungen aufweist. Diese Einkerbungen deuten vielleicht die bei den Fischen vorhandenen Ausstülpungen des Recessus infun- dibuli an. Die bei den meisten höheren Vertebraten vorhandenen Infundibularbildungen, die in Form von Schläuchen, Zapfen oder starken Anschwellungen des Trichterbodens auftreten, gehen meist erst im Laufe der Ontogenesis, entsprechend der mehr und mehr fortschreitenden Vereinigung der beiden heterogenen Teile, Hirn- und Darmteil, vor sich. So zeigen Selachierembryonen den Infun- dibularboden, an den ein schon in allen Teilen entwickelter Darm- teil anstösst, noch als dünne und ebene Lamelle, während er später Fortsätze nach dem an ihn unmittelbar angrenzenden Zwischen- lappen hervortreibt. Diese Fortsätze bleiben bisweilen auch bei älteren Tieren klein und stellen sich dann als kurze solide Zapfen dar. Sterzi bildet solche Zapfen von Acanthias ab und schreibt davon: „il tessuto dell’ area ipofisaria sembra infatti addentarsi con dei prolungamenti entro al lobo dorsale* der Hypophysis. Bei einem grossen Exemplar von Heptanchus dagegen fand ich schon längere hohle Schläuche, die sich weit in den Zwischenlappen hinein erstreckten. In diese Schläuche setzt sich der Trichterhohlraum fort (Fig. 1). Auf solche Weise wird natürlich eine ungemein innige Verbindung hergestellt. Andere Selachier wieder, wie Mustelus und Seyllium, scheinen überhaupt keine Fortsätze des Trichters zu bilden. Durch die Ineinanderstülpung kommt es zu Bildungen, die an eine zotten- artige plazentale Vereinigung erinnern. Eine solche weitgehende Verbindung durch Ineinanderlagerung des Hirnteiles und Zwischen- lappens findet sich unter den Fischen allgemein. Ganoiden und Teleostier zeigen sie sogar noch mehr als Selachier. So sehen wir an der Hypophyse des Störs (Fig. 10 und 11) lange Schläuche. die das Infundibulum durch den Zwischenlappen entsendet, durch- aus ähnlich denen von Heptanchus. Bei den Teleostiern handelt es sich nicht um Hohlschläuche, sondern um solide, weitverzweigte Stränge, die besonders den Zwischenlappen durchziehen. Diese Stränge, in denen meist reichlich Blutgefässe verlaufen, waren bei allen untersuchten Formen stark entwickelt. Die Abbildung der Hechthypophyse (Fig. 1 und 15) zeigt deutlich, wie fein zer- 298 W. Stendell: Esox Rana Sauropside Mt Dae Homo, fötal Homo, erwachsen Fig. 1. Schemata von Sagittalschnitten durch die Hypophysis cerebri mehrerer Vertebraten. Schwarz: Hauptlappen; hell und punktiert: Zwischenlappen ; schraffiert: Hirnteil;. dunkel und punktiert: Mittel- oder Ubergangsteil bei Öycelostomen und Teleostiern. — Der Hauptlappen überall reichlich mit Blut- sefässen versehen. Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etec. 299 fasert sich die Stränge des Hirnteiles, einem Wurzelwerk gleich, im Zwischenlappen verbreitet haben. Bei Lophius wächst im Laufe der Ontogenese der Trichterstiel derartig in die Länge, dass die Hypophysis ganz vorn vor das Chiasma gelagert wird. Eine gute Abbildung dieser Verhältnisse bringt Edinger (1911). Bei dem Mormyriden Gnathonemus kommt es (Fig. 2) weniger zu einer Verzweigung als zu einer ausserordentlichen Verdickung des Infundibularbodens und dadurch zur Bildung eines ausserhalb des Darmteiles gelegenen Hirnlappens, der an die gleichen Bildungen Hirnteil-----= Darmteil Fig. 2. Sagittalschnitt durch den Infundibularteil und die Hypophyse eines Gnathonemus. bei Säugern erinnert. Auch hierin also entfernen sich die Mormy- riden von den übrigen Teleostiern. Entschieden erweist sich die Verzweigung und Zergliederung des Zwischenhirnbodens und damit die Vereinigung des Darmteiles — es kommt hierbei stets der Zwischenlappen desselben in Betracht — mit dem Gehirn bei den Fischen am weitgehendsten, wie denn überhaupt das Infundibulum der Fische die Fähigkeit zu Ausstülpungen und komplizierten Verzweigungen in besonders hohem Maße zu haben scheint, — sehen wir doch auch hier den Saccus vasculosus in vollster Aus- bildung. Kein höherer Vertebrat zeigt wieder solche innige Ver- einigung zwischen Hirnteil und Zwischenlappen. Bei den Amphibien (Fig. 1 und 5) hat das Infundibulum nach dem Darmteil zu eine durchaus ebene unverzweigte Wand. 300 W. Stendell: Diese Wand bildet streckenweise eine ganz dünne epitheliale Lamelle. In ihrem kaudalen oberen Abschnitt dagegen weist diese Trichterwand einen stark verdickten Hirnteil auf. Zu diesem gesellt sich dann bei den Anuren, Rana und Bufo, noch jeder- seits am Infundibularboden eine starke Verdickung der Wand, die auch als Rezeptionsorgan für das Sekret in Frage kommt. Diese Anschwellungen der Trichterwand bei den Amphibien sind wie überall rein gliöser Natur und erweisen sich als echte Hirn- teile. Wie schon die Untersuchungen W. Müllers und Edingers (1892) zeigen, zeichnet sich der Hirnteil der Anurenhypophyse durch eine sehr starke Vaskularisation aus. Er dokumentiert sich schon hierdurch als wohl geeignet, ein Rezeptionsorgan für das Sekret des Zwischenlappens darzustellen. Auch Nervenfasern wurden in ihm festgestellt. Eine solche Verdiekung kommt auch dem Infundibularboden der Sauropsiden zu, bei denen sich an der Reptilienhypophyse leichte Buchtungen des Hirnteiles nach dem Zwischenlappen zu konstatieren lassen, die indessen nie zu stärkeren Verzweigungen ausarten (Fig. 1 und 14). In diese Buchten zwischen den In- fundiburlarausstülpungen wuchert dann das Gewebe des Zwischen- lappens hinein. Weitaus am stärksten hat sich der Zwischenhirnboden bei den Säugern verdickt (Fig. 1, 7, 8, 17 und 18). Bei diesen kommt es zu einer kolbigen Anschwellung des Hirnteiles, der an (Grösse fast den Drüsenteil erreicht, ja ihn bisweilen übertriftt. Auch hier ist eine innige Verbindung des Hirnteiles mit dem Zwischen- teil zustande gekommen, indem dieser in jenen hineingewuchert und dort häufig in versprengten Inseln anzutreffen ist. Bisweilen liegt der Darmteil dem Hirnteil in ziemlich gerader Wand an (Fig. 7), bei anderen wieder, wie beim Hunde (Fig. 1), ist der Hirnteil ein rundes knopfartiges Gebilde, das vom Darmteil um- griften wird. Auch bei den Säugern zeigt sich dieser Teil ziemlich vaskularisiert. Was den feineren Bau dieses Hirnlappens anbetrifft, so stimmen die Beschreibungen aller Autoren darin überein, dass er sehr wenig nervöses Gewebe enthält. Es handelt sich in der Hauptsache um Bindegewebe und Neuroglia. Daneben wurden vielfach Nervenfasern festgestellt, die sich als Endaufzweigungen von hinter dem Chiasma n. opt. entspringenden Achsenzylindern Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 301 darstellen. Sie ziehen sich verästelnd vom Infundibulum herab durch den ganzen Hirnteil und dringen auch mit ihren letzten Verzweigungen in den Zwischenlappen ein. Für Rana konstatierte besonders Bochenek (1902) Nervenfasern im Hirnteil und Zwischenlappen, die er beide zusammenfasst als Glandula infundi- buli, wobei er den kaudaleren Anteil offenbar nicht mit dem überall sonst vorkommenden Zwischenlappen der epithelialen Hypophyse identifiziert. So nennt er ihn „ein neues Gebilde, das noch bei den Urodelen nicht aufzufinden war“. Wir wissen, dass es dort allerdings sehr klein ist. Ganz verfehlt ist daher sein Schluss. dass es „bei den Anuren phylogenetisch neu angelegt zu sein“ scheine. Er teilt die Ansicht Boekes, dass die Glandula infundibuli ein Sinnesorgan darstelle. Ganglienzellen waren im Hirnteil in keinem Falle sicher nachweisbar. Reich erwies sich der Hirnlappen an Gefässen und Lymphspalten. Bei Selachiern und Ganoiden ist das nicht der Fall, da es ja bei ihnen nicht zur Ausbildung eines soliden oder gar verdickten Hirnteiles, sondern zu schlauchartigen oder zapfen- förmigen Vortreibungen kommt, die ja auch einen viel innigeren Austausch zwischen Hirnteil und Zwischenlappen ermöglichen. Bei allen übrigen Vertebraten mit umfangreicherem Hirnteil da- gegen muss die Vaskularisation dieses kompakten (Gebildes für Sekretaufnahme und -transport sorgen. Bei besonders alten Indi- viduen verschiedener Gruppen wurden in den Spaltenräumen dieses Teiles Ballen von eingedicktem Sekret oder Degenerate von Sekret- zellen konstatiert. Über diese Verhältnisse wird später bei Darstellung der Sekretionsvorgänge noch eingehender gesprochen werden. Wir erkennen also aus allem, dass der Trichterboden, an welchen sich in Gestalt des Zwischenlappens der Hypophyse eine Drüse angelegt hat, die verschiedensten Formen und Bildungen eingegangen ist, um seiner Aufgabe, das Sekret dieser Drüse aufzunehmen, gerecht zu werden. Bei niederen Vertebraten hat er Ausstülpungen und Verzweigungen, bei höheren Verdickungen mit starker Vaskularisation gebildet. 2. Der Darmteil. A. Der Zwischenlappen. An den Hirnteil gliedert sich bei allen Tieren unmittelbar derjenige Teil des Darmteiles an, den wir den Zwischenlappen Archiv f mikr. Anat. Bd.82. Abt. 1. 20 302 W. Stendell: nennen. Die bei der ontogenetischen Bildung des Darmteiles auftretende Höhle der Rathkeschen Tasche, die spätere Hypo- physenhöhle, bleibt bei einigen Tieren zeitlebens erhalten, ver- schwindet aber auch bei anderen völlig. Durch Bildung der Drüsenschläuche der beiden Teile verzweigt sie sich bisweilen weitgehend, doch verlieren diese Schläuche in weiter vorgerücktem Alter die Lumina. Wenn die Hypophysenhöhle persistiert, so kann das im Zwischenlappen oder im Hauptlappen, in beiden zugleich oder zwischen ihnen, kurzum überall, der Fall sein. Ich werde daher, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Hypophysen- höhle im folgenden bei den betreffenden Drüsenabschnitten zu sprechen kommen. Eingangs muss hier hervorgehoben werden, dass bei den Uyclostomen und Teieostiern sich im Darmteil nicht zwei, sondern drei Teile unterscheiden lassen (Fig. 1, 3 und 15). Von diesen entspricht einer dem Zwischenlappen. ein anderer dem Haupt- lappen, während der dritte, zwischen ihnen gelegene, gewisser- massen einen Übergang vom einen zum anderen darstellt. Wir wollen ihn als Mittelteil oder Übergangsteil bezeichnen. Er ist bei beiden Klassen, so bei Petromyzon fluviatilis, bei Esox lueius und Uyprinus carpio sehr stark entwickelt. Die Verhältnisse werden dadurch bei diesen Formen etwas kompli- ziert. Die Teleostier scheinen sich also hier mehr den Cyelostomen zu nähern, während die Selachier entschieden etwas abseits stehen. Augenscheinlich ist bei den Teleostiern der Mittelteil dem Haupt- lappen höherer Vertebraten, der am weitesten frontal gelegene „Hauptlappen“ der Teleostier demselben Abschnitt bei Selachiern ähnlich. Sonach könnten aus der Hypophyse der Knochenfische, die gemeinsame Charaktere aufweist, die Hypophyse der Selachier einer- und die der höheren Vertebraten andererseits ableitbar sein. Der Zwischenlappen wird, wie eine vergleichende Übersicht der ganzen Reihe zeigt (Fig. 1), im Verhältnis zum Hauptlappen stetig kleiner. Während er bei den Fischen noch an Grösse dem Hauptlappen mindestens gleichkommt, ja ihn bisweilen bedeutend überwiegt, ist er schon bei den Amphibien erheblich kleiner, bei Salamandra sogar sehr winzig. Ebenso zeigt er sich bei den Sauropsiden durchgehend als eine ganz schmale Lamelle. Bei den Säugern endlich treffen wir ihn in verschiedener Grösse an, doch scheint er hier mit der zunehmenden Höhe in der Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 303 phylogenetischen Reihe kleiner zu werden. Sehr gross verhältnis- mässig kann der Zwischenlappen bei Kaninchen und Ratte (Fig. 7) genannt werden, kleiner ist er schon bei den Raubtieren, während er sich beim Menschen (Fig. 18) endlich auf ein Minimum reduziert hat. Das sind Verhältnisse, die schon die Arbeiten von Haller, Sterzi und Gentes beleuchtet haben. Ausser bei Selachiern ist der Zwischenlappen bei allen Formen weniger von Blutgefässen durchströmt als der Hauptlappen (siehe Schema 1 und Taf. XX, Fig. 11), wie sich die Zellen des ersteren weniger ausgeprägt zu Strängen oder gar zu Schläuchen epithelartig anordnen als bei dem letzteren, was eben auch mit dem geringeren oder grösseren Gehalt an Blutbahnen zusammenhängt. Sterzi und Gentes unterscheiden die beiden Teile durch die Allgemeinfärbung und nennen den Zwischenlappen den chromo- phoben, den Hauptlappen den chromophilen Teil. Das mag in einigen Fällen und bei gewissen Färbungen zutreffen, dürfte aber häufig schwer entscheidbar sein, besonders wenn der Zwischen- lappen wie bei den Sauropsiden so ungemein schmal, höchstens 5—6 Zellreihen breit, ist. Jedenfalls sind niemals die Kerne des Zwischenlappens schwächer, sondern, eher umgekehrt, häufig in gewissen Zuständen weit stärker färbbar als die der Haupt- lappenzellen. Sonst haben diese Forscher wie auch Haller überall deutlich den Zwischenlappen und Hauptlappen der Drüse unterschieden. Merkwürdigerweise hat Haller, wie das auch Müller schon getan hatte, bei Selachiern die beiden Teile gerade umgekehrt angesprochen und bezeichnet und ist so auch zu einer abweichenden Homologisierung der Drüsenteile derselben mit denen höherer Vertebraten gekommen. Meine Befunde jedoch können die der vorgenannten Forscher durchaus bestätigen. Der Zwischenlappen der Cyelostomenhypophyse (Fig. 1 und 3) ist ein verhältnismässig einfach gebautes Gebilde, welches sich napf- förmig um die Hervorbuchtung des Infundibulartrichters herumlegt und ihn innig umschmiegt. Vor diesem Teil liegt, durch ein Binde- gewebsseptum von ihm geschieden, ein Abschnitt, den Sterzi zu ihm hinzuzieht. Beiden gibt er gemeinsam den Namen „parte chromofoba“ und homologisiert sie dem Zwischenlappen der anderen Vertebraten. Schon Gentes widerspricht dieser Auffassung. Auch ich glaube, dass allein der hintere dünne Abschnitt dem Zwischen- lappen höherer Vertebraten entspricht, während der mittlere ein 20* 304 W. Stendell: Gebilde darstellt, das einen Übergang zum Hauptlappen, der ganz vorn gelegen ist, bildet, aber entschieden eher zu diesem gehört als zum Zwischenlappen. Die Verhältnisse bei Knochenfischen sind nr ie Wen urn Hauptlappen Zwischenlappen Mittelteil Fig. 3. Sagittalschnitt durch den Infundibularteil und die Hypophyse von Petromyzon fluviatilis. sehr ähnlich und wurden von Sterzi wieder in derselben Weise wie bei Cvclostomen gedeutet. Ich werde also diesen Abschnitt der Cyelostomen und der Teleostier erst bei der Darstellung des Hauptlappens besprechen. Bei den Teleostiern ist die Verbindung von Zwischenlappen und Infundibularteil durch die langen, weit verzweigten Stränge des letzteren, welche das Zwischenlappendrüsengewebe durchziehen, sehr innig geworden. Dies mag eine der Ursachen sein, weshalb der Zwischenlappen fast ohne ein Blutgefäss ist. So kann hier ein unmittelbarer Austausch des Sekretes zwischen Hirnteil und /wischenlappen stattfinden, wie er sonst nirgends anzutreffen ist. Die Drüsenzellen dieses Teiles der Teleostierhypophyse sind vor- wiegend polygonal gestaltet und basophil gefärbt. Doch zeigen sich besonders bei einem alten Hecht viele, die schwach acidophil reagieren. Diese Zellen, die sich augenscheinlich in lebhaft sezernierender Tätigkeit befinden, finden sich besonders an den Stellen des Drüsenparenchyms, welche den eingesprengten Hirn- teilinseln und -strängen anliegen. Die Zellen sitzen dort meist Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 305 in Form eines Epithels von schlanken Zylinderzellen der Wand des Hirnteiles auf. Ihr Kern liegt an der der Hirnsubstanz abge- wandten Seite. Im Gewebe des Hirnteiles aber, das sehr gelockert erscheint, liegen ausserordentlich reichlich schmutzig gefärbte Tropfen, die als Sekret offenbar dem Zwischenlappen, in dessen Gewebe sie ebenfalls zu finden sind, entstammen. Während im Zwischenlappen Blutgefässe so gut wie gänzlich fehlen, sind die Stränge des Hirnteiles sehr reichlich von solchen durehzogen. Auch in den Blutgefässen finde ich eine blasse homogene Masse, in welche die Blutkörperchen eingebettet erscheinen. Den Zwischenlappen der Selachier durchziehen reichlich Blut- sinusoide im Gegensatze zu dem der meisten anderen Vertebraten, wo man ihn als höchst blutgefässarm bezeichnen kann. Dadurch zeigt sich das Drüsengewebe bei Selachiern in Stränge zerlegt, welche vielfach in der dorso-ventralen Richtung streichen. Die den Blutgefässen anliegenden Zellen zeigen eine ziemlich regel- mässige zylindrische Form und bieten so den Anblick eines Epithels, in dessen Zellen die Kerne meist an der dem Blutgefässe abge- wandten Seite gelegen sind. Innerhalb der Stränge sind die Zellen Saccus vasculosus - Zwischen- lappen er Sen | Trichter- h en ehle Ventralsäckchen des Hauptlappens Fig. 4. Sagittalschnitt durch den Infundibularteil und die Hypophyse von Seyllium canicula. regellos angeordnet und polygonal gegeneinander abgeplattet. Die Kerne sind meist gross und blasig und enthalten unregelmässig und wenig dicht verteilte Chromatinkörnchen, sowie ein, zuweilen 306 W. Stendell: auch mehrere, grössere Kernkörperchen. Neben diesen normalen Kernen kommen auch kleinere intensiver gefärbte vor, die den Eindruck machen, als hätten sie sich zusammengezogen. Der Plasmaleib ist von sehr lockerem (Gefüge und nimmt Farbe nur ausserordentlich wenig an. Innerhalb der Zellen wird im Plasma in Form kleiner Tröpfehen ein Sekret produziert, das in der Reife intensiv acidophil reagiert (Taf. XVII, Fig. 1). Es ist nun nicht sicherlich nachweisbar, ob das Sekret normalerweise später in ziemlich diffusem, mikroskopisch schwer darstellbarem Zustande in den Interzellularlücken und perivaskulären Lymphräumen weitertrans- portiert wird und dann in das Infundibulum gelangt. Jedenfalls lässt es sich nur im Zwischenlappen als grosse, glänzende Tropfen und Schollen darstellen. In diesem Zustande erscheint es mit Pikrinsäure leuchtend gelb gefärbt und vielfach Vakuolen auf- weisend, also vermutlich von zähflüssiger Konsistenz. So liegt es in den hellen Höfen des Plasmas, meist aber in interzellulären Räumen und besonders dicht gehäuft um die Blutgefässe herum. Es handelt sich dann um das Produkt des Zusammentflusses vieler kleinerer Tröpfchen, häufig aus mehreren Zellen. So scheint es besonders bei älteren Tieren anzutreffen zu sein. Vermutlich zeigt dies Vorkommnis also nicht den normalen Ablauf der Sekretion an, der wohl in gelöstem Zustande in den Lymphspalten nach dem Infundibulum zu verläuft, sondern es handelt sich dann um ein- gedicktes und gestautes Sekret, das in dieser Konsistenz als Colloid angesprochen werden darf. Die Sekretstauung um die Blutgefässe herum wird bisweilen so stark, dass zwischen Blut- gefässendothel und Drüsenzellen ein weiter, von Sekretschollen . erfüllter Raum entsteht. In gleicher Form wie bei den Selachiern lässt sich bei den Amphibien wieder eine Sekretion feststellen (Fig. 5 und Taf. XIX, Fig. 6). Der Zwischenlappen ist hier ein sehr einheitliches, unver- zweigtes Stück, das dem Hirnteil fest angeschmiegt liegt. Hier fand sich bei allen erwachsenen Tieren in sehr reichlicher Menge Sekret im Gewebe. Die Zellen sind hier zum Teil sehr intensiv eyanophil tingierbar, so dass die Bezeichnung „chromophob“ entschieden wenig am Platze erscheint. Einige aber lassen sich stets deutlich unterscheiden, sie sind acidophil gefärbt. Dieses Verhalten tritt nur bei guter Färbung und Fixierung hervor, zeigt aber ohne Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 307 Zweifel, dass wir es mit Zellen zu tun haben, die mit einem acidophilen Sekret diffus erfüllt sind. In voller Deutlichkeit ist das Sekret auch hier, wie bei den Selachiern, in eingedicktem Rostraler Hypophysenteil ° | Hauptlappen Trichterhöhle Zwischenlappen Hirnteil Fig. 5. Sagittalschnitt durch den Infundibularteil und die Hypophyse von Rana temporaria. Zustande zu konstatieren. Es bildet dann ebenfalls Tropfen und Schollen, die schmutzig bräunlich bei weniger alten bis leuchtend gelb bei sehr alten Tieren gefärbt erscheinen und Vakuolen auf- weisen. Sie liegen in Vakuolen des Zellplasmas oder in Inter- zellularlücken. Besonders reichlich finden sie sich an der Grenze nach dem Hirnlappen zu, wo sie sich in die Spalten um dessen Blutgefässe sammeln. Der Zwischenlappen selbst enthält nur sehr wenige Blutgefässe. Sehr bemerkenswert erscheint es hier, dass sich im Hirnteil, der sehr lockeres Gefüge hat und oftenbar reichlich von Lymphspalten durchsetzt ist, sekretähnliche Ballen vorfinden. Diese sind schmutzig bräunlich gefärbt und bilden dichte reichliche Anhäufungen um die Blutgefässe herum, ver- einzelt auch im übrigen Gewebe (Taf. XIX, Fig. 5). Einige solche Sekretballen lassen sich auch in der oben erwähnten Ver- diekung im unteren Teil des Infundibuiarbodens konstatieren (Taf. XIX, Fig. 9). Diese Sekretansammlungen im Hirnteil wurden nur bei sehr alten Tieren, bei Bufo, aufgefunden, dann aber reichlich und regelmässig. Es ist sicher, dass es sich dann eben- falls um gestautes Sekret handelt. Niemals wurde es in anderen Hirnteilen als nur in den Verdickungen der Trichterwand an- getroffen. Höchst wahrscheinlich hat sich das Sekret vom Zwischen- lappen aus in den Hirnteil ergossen und wurde hier bei den alten Tieren gestaut und etwas eingedickt. An einigen Stellen lassen 308 W. Stendell: sich solche Sekretstrassen noch gut erkennen (Taf. XIX, Fig. 9). Da es sich um verschiedene Altersgerinnungsstufen des Sekretes handelt, zeigen die verschiedenen Abschnitte, Zwischenlappen und Hirnteile, auch starke Färbungsdifferenzen der Sekrettropfen, welche -inder Taf. XIX, Fig. 9, möglichst getreulich wiedergegeben werden. Zwischenlappen Fig. 6. Sagittalschnitt durch den Trichter und die Hypophysis von Columba domestica. Der Zwischenlappen der Sauropsiden ist so schwach ent- wickelt, dass darüber nur wenig gesagt zu werden braucht. Die Zellen sind polygonal gegeneinander abgeplattet und enthalten normale blasige Kerne. In der Färbung zeigt sich der Zwischen- lappen nicht besonders blass und entschieden eyanophil gefärbt, wodurch er sich auch hier von dem vornehmlich gelblich tingierten Hauptlappen abhebt. Es ist anzunehmen, dass auch hier, besonders bei den Reptilien, wo die Verbindung des Drüsenzwischenlappens mit den Infundibularausstülpungen ziemlich innig ist, von der Drüse aus zum Hirnteil eine Sekretion stattfindet. Sicherlich aber dürfte diese Funktion der Hypophyse bei den Sauropsiden, und sonderlich bei den Vögeln, den niederen Vertebraten gegen- über stark zurückgegangen sein. Recht verschiedenartig gestaltet erweist sich der Zwischen- lappen der Säuger. Man kann im allgemeinen wohl sagen, dass er mit der Höhe der stammesgeschichtlichen Stellung mehr reduziert erscheint. Er wird, wie schon erwähnt, vom Hauptlappen durch die Hypophysenhöhle getrennt und liest dem Hirnteil, der hier ja sehr stark entwickelt ist, dicht an, wobei beide teilweise in- einander gestülpt erscheinen. Die Hypophysenhöhle verzweigt sich häufig nach dem Zwischenlappen zu, indem sie Ausstülpungen von Schlauchform bildet, die sich vielfach abschnüren und dann bläschen- Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 309 förmige Hohlräume darstellen. Uberhaupt verkleinert sich bei den meisten Säugerformen die Hypophysenhöhle im Laufe der Onto- genese, um bei einigen gänzlich zu schwinden. Beim Pferd wurde eine Hypophysenhöhle beim ausgewachsenen Tier nicht gefunden. Schon Lothringer hat diesen Mangel konstatiert und neuer- dings bestätigte auch Trautmann diesen Befund, der nach ihm auch für den Esel Geltung hat. ” . a Hirnteil ___- Zwischen- lappen Big. 7. Sagittalschnitt durch den Infundibularteil und die Hypophyse von Mus decumanus. Einen primitiven Typus der Säugerhypophyse stellt die der Nager, insbesondere die der Ratte dar. Hier erhält sich die Hypophysenhöhle zeitlebens. Der Zwischenlappen ist verhältnis- mässig gross (Fig. 7) und kompakt gebaut. Weder in ihm, noch in dem ihm anliegenden Hirnteil war Sekret nachweisbar. Es wäre anzunehmen, dass es sich hier wohl nicht um das Fehlen von Sekret handelt, vielmehr dass es sich nicht staut oder ein- dickt, und so wohl nicht sichtbar gemacht werden kann. Schon weiter entwickelt oder vielmehr etwas mehr reduziert ist der Drüsenzwischenlappen beim Kaninchen. In der Grösse gegenüber dem Hauptlappen steht er im Verhältnis zu dem der Ratte bereits erheblich zurück. Dazu kommen aber vereinzelte Sekretstauungen, die sich in Interzellularlücken sammeln, wobei auch ein Schwund von Zellen vor sich geht. Es entstehen dann cystenartige Hohl- räume, welche von colloidalem, eingedicktem Sekret erfüllt sind. Solche Massen finden sich auch in der Hypophysenhöhle. Die 310 W. Stendell: „Colloideysten“, wie die infolge der Sekretion auftretenden Hohl- räume genannt wurden, sind nicht zu verwechseln mit den oben erwähnten Resten der Hypophysenhöhlenausstülpungen. Diese letzteren zeigen ein deutliches Epithel, welches hier beim Kaninchen mit Wimpern besetzt ist. Es ist möglich, dass Lothringer diese Höhlenrudimente mit den durch Colloidstauung im höheren Alter entstehenden Uystenräumen verwechselt hat. Er schreibt: „Die Auskleidung der Cysten ist ein Flimmerepithel mit sehr langen und verhältnismässig starken Flimmerhaaren.“ Die Cysten jeden- falls entstehen infolge von Alter als Erscheinungen, die durch Hypersekretion mit Zerstörung der Zellen oder Sekretstauung gebildet werden. Beim Kaninchen ist diese Cystenbildung noch wenig erheblich, wir werden ihr aber bei den höheren Säugern weit intensiver begegnen. Immer jedoch ist sie wohl eine Folge des zunehmenden Alters, eine Abnutzungserscheinung, so dass regelmässig die Hypophysis des jungen Tieres wenige oder keine, die des älteren oder greisenhaften mehr bis sehr viele aufweist. Auch Trautmann, der die Colloidbildung selbst wenig diskutiert, schreibt, er habe „bei jüngeren und jüngsten Tieren weniger Colloid als bei älteren gefunden“, wie er auch bei jenen „weniger zahlreiche Uysten“ konstatiert. Vom Menschen schreibt Creutz- feldt: „Im höheren Alter nimmt man häufig wieder grosse Kolloidkysten, die fast den ganzen Vorderlappen einnehmen können, wahr“. Bei einer Katze fand ich zahlreiche Cystenhohlräume erfüllt mit Ballen degenerierter Zellen. Dieses Verhalten erklärt sich daraus, dass gewisse abgenutzte Zellen eines Distriktes zu- srunde gehen und hierbei als Klumpen in einen rundlichen Hohl- raum, eine Cyste, zu liegen kommen. Solche Zellklumpen erwiesen sich im Gegensatz zu den noch intakten Zellterritorien als dunkler, tief cyanophil, chromatisch gefärbt und enthielten hie und da Histiolyten. Einige Klumpen waren im Innern schon rötlich gefärbt. Wir haben also einen deutlichen typischen histiolytischen Zerfall von Zellen vor uns, der vielleicht durch Hypersekretion hervorgerufen wurde. Es resultieren auch hier zum Schluss acidophil färbbare homogene Üolloidklumpen, welche in Cysten eingeschlossen sind. In die Nähe dieser degenerierenden Zell- klumpen bei der Katze sind sicherlich auch die Riesenzellen von Creutzfeldt zu stellen, die dieser im Hauptlappen der mensch- lichen Hypophyse im vorgerückten Alter konstatieren konnte. Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 31 Sie sind amphophil, stark vakuolisiert und mehrkernig. Ureutz- feldt bezeichnet sie ebenfalls als Degenerationsformen. Sehr viele Ovsten enthält der schmale Zwischenlappen der Hypophysis eines erwachsenen Hundes. Eine ausgezeichnete Darstellung der Hundehypophyse finden wir neben der älteren von Lothringer bei Trautmann. Der Zwischenlappen sendet beim Hunde (Schema, Fig. 1) viele halbinselartige Fortsätze in den Hirnteil hinein, die sich auch zu Inseln abschnüren können. Beim Hunde besonders liegen die Cysten stark vermischt mit abgeschnürten Ausstülpungsräumen der Hypophysenhöhle. Regelmässig finden sich die Cysten mit Colloid angefüllt, das meist homogen und bläulich färbbar erscheint. Daneben sehen wir auch Cystenräume, welche mit degenerierten Zellen, die zum Teil schon homogene Colloidklumpen zu sein scheinen, vollgefüllt sind (Taf. XX, Fig. 12). Es zeigt sich hier also nebeneinander eine Sekretion und eine Degeneration der Zellen. Da letztere vermutlich erst auf eine Überhandnahme der ersteren erfolgt, und die beiden Erscheinungen also ursächlich zusammenhängen, sehen wir auch bei beiden ein ganz übereinstimmendes Ergebnis, die Colloidbildung. Recht gut liess sich beim Hund auch Sekret im Hirnteil feststellen Die Bilder erinnern sehr an die bei alten Kröten gefundenen. In den Lücken und Spalten des lockeren Gewebes fanden sich reichlich homogene schmutzig braun tingierte Ballen, welche höchst wahrscheinlich als gestautes Sekret anzusehen sind. Aus- gezeichnet liessen sich solche Sekretballen beim Igel darstellen. Hier lagen sie im Zwischenlappen und im Hirnteil. besonders reichlich aber gerade an der Grenze der beiden. Einige Stellen boten den Anblick, als wenn an ihnen besonders reichliche Sekret- invasionen stattgefunden hätten. Solche Ballen sind beim Menschen von Cohn, Stumpf und neuerdings von Vogel untersucht worden. Sie werden als Pigment bezeichnet. Diese Autoren zeigen, dass die „Pigmentballen“ Reste oder Umwandlungsprodukte von in den Hirnteil eingewanderten Zellen sind. Wir hätten also auch hier es mit dem Restprodukte, der „Schlacke“, wie Vogel sagt, von vermutlich verbrauchten Drüsenzellen zu tun. Solche mit Sekretprodukten überladene, nicht mehr lebensfähige Zellen sind ohne Zweifel Gebilde, die ebenfalls colloidale Massen darstellen. Sehr wahrscheinlich bin ich also berechtigt, die Klumpen von eingedicktem Sekret und die sekretdurchtränkten 312 W. Stendell: Zellen unter einem Gesichtspunkt zu betrachten. Die Colloide der Hypophysis sind sicherlich chemisch unterscheidbar, hier aber soll nur auf ihre Übereinstimmung als Abkömmlinge plasmatischer Substanzen Bezug genommen werden. Zwischenlappen Hauptlappen Fig. 8. Sagittalschnitt durch den Trichter und die Hypophysis von Camelus bactrianus. Von den Huftieren kamen Pferd, Schaf, Kamel und Elefant zur Untersuchung. Beim Pferd und auch beim Schaf liess sich im Zwischenlappen eine verschiedene Tingierbarkeit der Zellen feststellen, die wohl mit der sezernierenden Funktion in Zusammen- hang steht. Während bei beiden, besonders dem Pferde, im /wischenlappen grosse Üysten vorhanden sind, trägt der des Kamels reichliches Colloid innerhalb der Blutgefässe, allerdings auch zwischen den Zellen. Solche (Grefässe sind dann häufig prall gefüllt und zeigen die Blutkörperchen als Einschlüsse der homo- genen, rotgelb gefärbten Colloidmasse. Diese Bilder sind durchaus ähnlich den durch Trautmann vom Esel abgebildeten. Sehr interessant war der Zwischenlappen der Hypophyse eines alten Elefanten. Hier wurde sehr reichlich Colloid produziert. Bei diesem alten Tier scheint es sich häufig nicht nur um gestautes Sekret, sondern auch um das Umwandlungsprodukt degenerierender altersschwacher Zellen zu handeln.. Die binde- gewebigen Septen, die den Zwischenlappen durchziehen, sind un- gemein dick. In den von ihnen gebildeten Maschen liegen die Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 313 Drüsenzellen. Das Colloid konnte als gelbe Kugeln zwischen den Drüsenzellen überaus häufig angetroffen werden (Taf. XX, Fig. 10). Es hatten sich so gewissermassen Cysten gebildet. Viele der Drüsenzellen selbst aber schienen bereits der Histolyse verfallen zu sein. Dieses Colloid nun unterlag vielfach einer chemischen Umwandlung, die wohl als Degeneration, nicht als eine Reifung oder Nachreifung zu betrachten ist. Es zeigen sich nämlich im Innern solcher Colloidballen blaue Zentren in Form von kompakteren oder auch blasig wabigen Gebilden. Diese Zentren vergrössern sich und zeigen dabei konzentrische Schichtung. Nun greift diese Umwandlung mehr und mehr um sich und erstreckt sich nicht selten auch auf die bereits durch Histolyse zerstörten Drüsenzellen, welche die Cyste umschlossen. So sehen wir als Endprodukte grosse, sehr gelockerte und entweder konzentrisch geschichtete oder wabenartige blaue Massen, welche nur selten noch von Drüsenzellen umgeben sind, vielmehr meist direkt in den Bindegewebsmaschen liegen. In der Hypophyse des Menschen tritt der Zwischenlappen an Grösse so sehr hinter den anderen Hypophysenteilen zurück, dass er in seiner Eigenart bisher nur so wenig berücksichtigt wurde (Fig. 18). Beim Fötus ist er eine flache Platte, welche dem Hirnteil innig anliegt und in seiner ganzen Breite vom Hauptlappen durch die Hypophysenhöhle getrennt ist, nur an den Rändern in ihn übergehend. Im Laufe der Entwicklung verengert sich die Höhle beträchtlich und schrumpft zu wenigen kleinen Resten zusammen. Hierbei zieht sich auch der Zwischen- teil mehr zusammen und erscheint dann als eine Ansammlung von Drüsenzellen mit grossen Cysten durchsetzt, welche haupt- sächlich die Mitte des Organs zwischen Hirnteil und Hauptlappen einnimmt und noch schmale Drüsenzellstreifen zwischen dieselben einkeilt. Die Cysten werden mitunter sehr gross. Die sie um- gebenden Zellen sind gewöhnlich in Form eines einschichtigen Epithels geordnet. Das Colloid ist gelblich gefärbt. — Obwohl also beim Menschen dieser Hypophysenteil so reduziert erscheint, muss er nach Homologie mit dem gleichen Gebilde bei allen anderen Vertebraten auch hier unbedingt als besondere Drüse in Anspruch genommen werden. Besonders die embryonale Anlage dieses Teiles lässt ihn als ein gesondertes Gebilde erkennen (Fig. 17). 314 W. Stendell: B. Der Hauptlappen des Darmteiles. Der Drüsenhauptlappen der Hypophyse ist derjenige Abschnitt, der häufig als alleinige Drüse angesprochen, von Sterzi und (Gentes als chromophiler Teil, beim Menschen als Vorderlappen bezeichnet wurde. Überall ist der Hauptlappen ungemein reich mit Blutbahnen durchzogen, welche die Drüsenschläuche und -stränge voneinander sondern und so ausgezeichnet für eine Sekretabgabe und Fortschaffung sorgen können (siehe Schema 1). Zuweilen bewahrt dieser Teil noch Reste des bei der ur- sprünglichen Entstehung gebildeten Lumens der Rathkeschen Tasche. Das ist der Fall bei den Selachiern und Ganoiden, wo man auch bei erwachsenen Tieren noch von einem eigentlichen Lumen sprechen kann. Bei beiden sind Drüsenhohlschläuche vor- handen, die sich von dem ursprünglichen Hauptlumen aus durch Ausstülpung gebildet haben. Der Hauptlappen der Selachier zieht sich als schmaler, flach zungenförmiger Schlauch in der Medial- ebene des Hirns fast bis zum Chiasma n. opt. Dabei hat das Lumen viele Schläuche, besonders lateral und ventral, ausgestülpt. Wie schon die Abbildung Edingers (1592) von einer Hypophyse von Raja zeigt, sind bei diesem Tier auch in der frontalen Richtung zwei symmetrische Schläuche vorgestülpt. Die Schläuche zeigen sich anfangs durchaus symmetrisch und gleichmässig. So zeigte der Hauptlappen der Hypophyse eines Heptanchusembryo regelmässig zweizeilig angeordnete Ausstülpungen, welche von hinten nach vorn immer kleiner wurden, so dass der Hauptschlauch an seinem frontalsten Ende nur ganz leichte Vorbuchtungen auf- wies. Die Komplizierung dieses Teiles durch Verzweigung scheint also von hinten nach vorn fortschreitend vor sich zu gehen. Bei ausgewachsenen Tieren ist die symmetrische Anlage durchaus verwischt, indem hier durch reichliches Wachstum der Schläuche und Verflechtung derselben durch Blutgefässe ein schwammiges Grebilde entsteht. Stets jedoch ist die dorsale Wand des Schlauches, die dem Hirn anliegt, unverzweigt geblieben oder sie weist, wie Haller das beschreibt, nur winzige Faltungen auf. Regelmässig — ich konnte etwa zwölf verschiedene Formen untersuchen — findet sich ein ventrales Säckchen, das durch einen hohlen Stiel mit dem Hauptlumen in Verbindung ist und in die Höhlung des Schädels, mehr oder weniger tief, eingesenkt erscheint (Fig. 1, 4 und 9). Dieses Ventralsäckchen stellt sich {5} Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 315 bei einigen Tieren, Seyllium, Mustelus, als ein recht ein- faches, bei Heptanchus dagegen recht kompliziert gebautes, beim Embryo noch ziemlich symmetrisch verzweigtes, später schwammiges Gebilde dar, das eine nicht unbeträchtliche Grösse erreicht. Nicht selten steht dasselbe durch einen bindegewebig erscheinenden Strang ventralwärts mit der Mundbucht in Ver- bindung. Dieser Strang erfüllt den Rest des ursprünglichen Ganges der Rathkeschen Tasche. Ein endokranialer Hypo- _- Recessus lateralis sacci vascul. -—Zwischenlappen der Hypophysis Hauptlappen der Hypophysis R: 3 = Ventralsäckchen des Hauptlappens Fig. 9. Verkleinerte Wiedergabe des Modells eines Infundibularteiles und der Hypo- physis von einem Embryo von Heptanchus cinereus. Hirnteil Zwischenlappen Hauptlappen Fig. 10. Sagittalschnitt durch den Trichter und die Hypophysis von Accipenser sturio, 316 W. Stendell: physenteil in Form eines Ventralsäckchens ist nur bei Selachiern zu finden. Alle früheren Autoren, wie Müller, Haller, Sterzi und Gentes, haben ihn erkannt. urn x, / 2 Bd Bet \ etz 2. (i* er Nanlı 2.2 a2 Rn \ . ‘ ”r A u. \ % & “ * Fiesll. Hauptlappen mit Hypophysenhöhle und Drüsenschläuchen Fig. 12. Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 3 Hauptlappen mit Drüsenschläuchen und Blutgefässen Biewla. Fig. 11—13. Drei Frontalschnitte durch den Zwischenhirnboden und die Hypophysis von Accipenser sturio. In Fig. 11 durchzieht der Hirnteil mit seinen Schläuchen den Zwischenlappen. In Fig. 12 (mehr kaudal als Fig. 11) ist der Hauptlappen mit der Hypophysenhöhle, in Fig. 13 (mehr kaudal als Fig. 12) der Hauptlappen mit seinen Drüsenschläuchen abgebildet. Der Hauptteil der Störhypophyse ist weniger lang gestreckt und erscheint durch stärkere Diekenentwicklung kompakter. Das Hauptlumen hat ebenfalls zahlreiche Schläuche, die dicht neben- einander liegen und durch Blutgefässe getrennt werden, aus- gestülpt. Die Schläuche sind hier in der dorso-ventralen Richtung gelagert, woher die mächtigere Dicke des Teiles im Gegensatze zu dem der Selachier resultiert. Diese Verhältnisse sind leicht aus den Fig. 10—13 zu ersehen. Bei den meisten anderen Formen, das gilt auch bereits für die Cyclostomen, erweist sich beim erwachsenen Tier der Haupt- lappen im grossen und ganzen als ein aus soliden Strängen zu- sammengesetztes Gebilde. Vielleicht mit alleiniger Ausnahme der Selachier, denn die Ganoiden zeigen schon einen Übergang, ist der Hauptlappen und überhaupt die ganze Hypophyse ein kom- paktes, abgerundetes Gebilde, das nach aussen von einer Kapsel Archiv f. mikr. Anat. Bd.82. Abt.I. 21 318 W. Stendell: umgeben ist, die nicht selten eine mächtige Dicke erreicht. Bei den Selachiern dagegen sind die verschiedenen Ausstülpungen noch sehr isoliert und geben so dem Ganzen ein mehr lockeres, verzweigtes Gefüge. Durch die stärkere Entwicklung des Hauptlappens und die damit Hand in Hand gehende Vermehrung und stärkere Aneinander- lagerung der Drüsenstränge kommt es, dass diese bei den aus- gewachsenen Tieren meist nicht mehr das ursprüngliche Lumen zeigen, welches sich nur in einzelnen Fällen erhält. Solche Lumina in den Schläuchen wurden denn auch mehrfach beschrieben, scheinen aber in vielen Fällen nur eine durch Sekretstauung entstandene Erweiterung von Gewebsstücken darzustellen. Hirnteil Hauptlappen Zwischenlappen Fig. 14. Sagittalschnitt durch den Infundibularteil und die Hypophysis von Lacerta agilis. Bei vielen Sauropsiden und Säugern jedoch erhält sich ein grosser Teil des Hauptlumens, der dann allgemein als Hypophysen- höhle bezeichnet wurde. Haller sieht in dieser Höhle den Sammel- raum des Sekretes, das ihm aus den hohlen Schläuchen, deren Lumen aber nur bei Sekretfüllung sichtbar werde, zufliesse. Die Höhle selbst habe eine Ausfuhröffnung in den Subduralraum, die Haller bei allen Vertebraten finden konnte. Es ist mir jedoch ebensowenig wie anderen Autoren gelungen, diese Öffnung, die sich nach Haller nur bei Sekretausfiuss erweitern soll, zu finden. — Die Hypophysenhöhle treibt vielfach Aussackungen Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc‘ 319 hervor, die zunächst noch mit dem ursprünglichen Hauptlumen in Verbindung bleiben, wie ich das auch beim menschlichen Fötus konstatieren konnte. Bei der mit zunehmendem Alter allmählich erfolgenden Verkleinerung der Höhle jedoch werden diese Ausstülpungen dann meist abgeschnürt und bleiben dann als blasenförmige Hohlräume, nicht mit den Colloideysten zu verwechseln, zurück. Der Hauptlappen der Amphibienhypophyse ist ein eiförmiger kompakter Körper, der kaudal vom Zwischen- lappen, mit diesem in keiner näheren Verbindung, liegt. Der Hauptlappen scheint in der Tat völlig isoliert zu sein, da man ihn an den verschiedenen Hypophysen fast bei jedem Individuum in anderer Lage findet. Auch Gentes stellt ihn isoliert liegend dar. An der Hypophyse der Sauropsiden, besonders der Reptilien, ist der Hauptlappen mit einem schmalen Stück, das auf dem Sagittalschnitt als dünner Stiel erscheint, mit dem Zwischenlappen verbunden, und liegt nach vorn umbiegend und mit der Spitze nach dem Chiasma n. opt. weisend, dem Zwischenlappen und Hirn so nahe an, dass ein nur schmaler spaltartiger Raum entsteht, den man natürlich nicht als Lumen bezeichnen darf (Fig. 14). Bei den Säugern endlich ist der Hauptlappen ein kompakter rundlicher Körper, der von dem Zwischenlappen meist durch die dazwischen liegende Hypophysenhöhle getrennt ist (Fig. 1, 7, S, 17, 15). Ganz allgemein lässt sich im wohlausgebildeten Drüsen- hauptlappen — das eilt auch in der Hauptsache für den Zwischenlappen — ein Bindegewebe und ein Drüsenzellparenchym unterscheiden. Das bindegewebige Stützgerüst hängt mit der Hypophysenkapsel zusammen und zieht sich von dieser aus durch den ganzen Drüsenteil.e. Dabei kommt es häufig zur Bildung verschieden grosser Maschen, in welchen die Drüsenzellen zu follikulären Gruppen vereinigt liegen. Diese Bindegewebsmaschen treten meist erst bei älteren Tieren hervor, erscheinen aber auch dann gewöhnlich sehr zart. Ausserordentlich stark entwickelt zeigen sie sich beim Elefanten. In diesen Bindegewebszügen streichen viele Blutgefässe und Lymphbahnen. Im Drüsenparenchym sind die Zellen meist regellos geordnet, wenn nicht deutliche Stränge oder gar Schläuche entwickelt sind. Häufig sitzen die Zellen dem Endothel der die Stränge sondernden Blutgefässe epithelartig auf. Doch wird man auch hier perivas- kuläre Lymphspalten anzunehmen haben. DIE: 320 W. Stendell: Unter den Zellen des Hauptlappens zeigen sich viele durch die Färbbarkeit unterscheidbare Abstufungen, und zwar lässt sich dies bei der van Giesonschen Methode ausgezeichnet konstatieren. Die Färbung ist hauptsächlich gebunden an Granula, die ausser- ordentlich fein und dicht verteilt den Zelleib erfüllen. In den Granulis haben wir sicherlich Ergatochondren des Plasmas, Sekret, zu erblicken. Da gibt es nun Zellen, die deutlich acidophil reagieren, also mit van Giesonfärbung gelb erscheinen. Von diesen finden sich Übergänge von Amphophilie zu Zellen, welche basophile Granula, also violett-rötlich bis bläulich gefärbte, ent- halten. Ein dritter Zelltyp endlich hat einen lichten, vakuoli- sierten, der Granula entbehrenden und den vorerwähnten „chromo- philen“ Zellen gegenüber „chromophoben“ Zelleib. In diesen verschiedenen Färbungsabstufungen haben wir wohl die Anzeichen sezernierender Tätigkeit bei einer und derselben Zellart zu sehen. Ich erblicke danach in den basophilen Zellen solche. welche unreife Granula enthalten. Bei der allmählichen Reife sehen wir dann mehr und mehr Granula acidophil werden, woher denn nicht wenige Zellen Sekretkörnchen von beiderlei Farbstoflaffinität ent- halten. Die Zellen mit voll reifem Sekret endlich sind die intensiv acidophilen. Diese Zellen erscheinen auch regelmässig umfang- reicher, praller gefüllt als die rein basophilen. Nach Ausstoss der Sekretkörnchen bleiben dann Zellen mit blassem Plasmanetz zurück. Dass wir es mit einer einzigen Zellart in ihren verschiedenen Funktionsstadien zu tun haben, wird schon dadurch wahrscheinlich, dass wir allenthalben acidophile, basophile und chromophobe Zellen regellos durcheinander, bei derselben Tierart in der Hypophyse jedes Individuums durchaus wechselnd antreften. Die verschiedene Färbbarkeit der Zellen war lange bekannt und wurde, wie in der Literaturübersicht dargestellt worden ist, Veranlassung, verschiedene Zellarten als chromophobe und chromo- phile, diese wieder als eosinophile und evanophile zu unterscheiden. Nicht wenige Autoren nehmen daher an, dass zwei verschiedene Sekrete, ein basophiles und ein acidophiles, produziert würden. Hierhin sind besonders die Untersuchungen Thoms zu zählen, dem sich in neuester Zeit Sceaffidi und auch Trautmann und Tilney anschliessen. Andere Autoren dagegen glauben ver- schiedene Funktionszustände einer Zellart vor sich zu haben. Als erster sprach eine dahingehende Vermutung Schönemann aus. Zur vergleichenden Anatomie und Histologie ete. 321 Dann bekannte sich Benda zu dieser Ansicht und bezeichnete bereits die basophilen Zellen als Reifungsformen. Ganz klar spricht sich auch Creutzfeldt für diesen Entwicklungsgang der Zellsekretion aus. Es möge nun etwas spezieller auf die einzelnen Formen eingegangen werden. Wie schon oben erwähnt wurde, sind hier für Cyclostomen und Teleostier zwei Abschnitte zu besprechen. Bei Petromyzon, wo die drei Drüsenteile der Hypophyse hintereinander liegen, ist der hinterste als Zwischenlappen bereits besprochen worden. Der vor ihm gelegene, der Mittelteil, nun zeigt Zellstränge, welche von Blutgefässen geschieden werden. Seine Zellen sind aber erheblich schwächer tingierbar als die des vordersten Teiles. Dieser, der eigentliche Hauptlappen, ist nicht sehr stark entwickelt. Er ist aufgebaut aus unregelmässigen Zellsträngen, deren Elemente Farbstoffe lebhaft aufnehmen. Die Tingierung ist an Granula gebunden. Unter den Zellen sind grössere und kleinere unterscheidbar, die vielleicht verschiedene Funktionsstadien vorstellen. Dieser Teil ist reichlich vaskulari- siert, wobei die Blutbahnen die Zellstränge voneinander trennen. “--- Mittel- oder UÜbergangsteil 2 un Zwischen- lappen Sagittalschnitt durch den Trichter und die Hypophyse von Esox lucius. LO (86) W. Stendell: (SL Bei den Teleostiern (Fig. 15) ist der Mittelteil besonders gross. Er wird von Strängen des Hirnteils durchzogen, die aber auf den Schnitten nur als verstreute Inseln und bei weitem ver- einzelter als im Zwischenlappen auftreten. Ich vermag Sterzi nicht recht zu geben, wenn er von diesem Abschnitt behauptet, er sei beim Hecht der am meisten mit Hirngewebe durchsetzte. Ich finde vielmehr, dass bei Esox lucius sowohl, wie in noch stärkerem Maße beim Karpfen dieser Mittelteil viel weniger Aus- läufer des weitverzweigten Infundibularbodens enthält als der Zwischenlappen. Der Mittelteil enthält dagegen mehr Blutgefässe als dieser, immerhin aber noch ziemlich vereinzelte und enge. Seine Zellelemente sind polygonal gegeneinander abgeplattet, in den Schnitten, besonders bei CUyprinus carpio, dreieckig er- scheinend. Sie stellen so gewöhnlich Zellhaufen dar, in denen es kaum zu ausgeprägteren epithelialen Bildungen kommt. Dieser Drüsenabschnitt scheint sehr lebhaft zu sezernieren. Beim Karpfen enthielt er neben lichten sekretentleerten Zellen stark acidophile. Im Mittelteil der Hechthypophyse liessen sich auch reichlich unreife basophile Elemente unterscheiden, welche schlank keulenförmig aussehen und offenbar von den dazwischen gelegenen prall ge- füllten und daher abgerundeten acidophilen Zellen mit reifem Sekret zusammengedrückt erscheinen. Bei einem sehr alten Hecht fand sich hier auch im Gewebe gestautes Sekret von colloidalem Charakter. Dieser Mittelteil gleicht also sehr dem Hauptteil höherer Vertebraten (Taf. XVIII, Fig. 4). Etwas abweichend stellt sich der vorderste Abschnitt der Knochenfischhypophysis dar. Er ist dicht durchsetzt von weiten Blutsinusoiden. Dazwischen liegen Zellterritorien, welche nach den Blutgefässen zu durchaus epithelialen Aufbau haben. Im Innern zeigen diese Zellstränge jedoch beim ausgewachsenen Tier kein Lumen. Sonst jedoch gleicht dieser Abschnitt ausserordentlich dem Hauptteil der Selachier. Man vergleiche die Tafelfig. 2 und 5. Auch hier treten nach den Blutgefässen zu vorwiegend mit Pikrin- säure schmutzig gelb fürbbare Zellen hervor, während nach den Zentren der Zellstränge zu basophile Zellen überwiegen. Hier fand ich mit Sicherheit in Blutgefässen Colloid, also offenbar gestautes Sekret. Der Mittelteil der beiden Gruppen zeigt also in der Tat einen völligen Übergang von dem Zwischenlappen zum Hauptlappen. Mit ersterem hat er die Durchwachsung mit Hirn- Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 323 gewebe, mit letzterem das Vorhandensein von Blutbahnen und stark acidophilen Zellen gemeinsam. Es ist, als hätte sich das (sewebe dieses zwischenliegenden Teiles noch nicht entschieden, nach welcher Seite hin es sich endgültig in seiner Ausbildung richten solle. Eine solche Zweiteilung des Hauptteiles wie hier bei den Teleostiern und Cyelostomen finden wir bei keinem Vertreter der anderen Vertebraten wieder vor. Dagegen scheint der Typus des Mittelabschnittes, welcher die Mischcharaktere an sich trug, sich in dem Hauptlappen der meisten Vertebraten in der Hauptsache wiederzufinden, während der kleine vordere Teil der Teleostier- hypophyse nur im Hauptlappen der Selachier ein Homologon findet. Die Verhältnisse bei den Selachiern am Hauptlappen sind sehr interessant und lehrreich (Fig. 4 und Taf. XVIIL, Fig. 2). Die Drüsen- schläuche sind durch Blutgefässe voneinander getrennt, so dass überall ein inniger Kontakt zwischen beiden stattfindet. Nun sehen wir hier deutlich, wie eine Sekretion nach den Blutgefässen zu statt- findet, ganz ähnlich wie im „Hauptteil“ der Knochenfische. Stets sind die Zellen an der Aussenseite der Schläuche ausgesprochen acidophil. Zwischen der Schlauchperipherie aber und der Blutgefässwand häufen sich reichlich Ballen von acidophilem Sekret, bezw. sekretdurch- tränktem Plasma, das wohl von Zellen herrührt, die durch eine Hypersekretion zugrunde gegangen sind. Höchst wahrscheinlich nämlich hat der Hauptteil beim Selachier noch keine sehr wichtige Bedeutung und ist daher noch nicht ganz vollendet ausgebildet, so dass er, besonders bei vorgeschrittenem Alter, leicht ähnliche Abnutzungserscheinungen zeigt, wie der Nebenlappen bei den höheren Vertebraten. Nach dem Schlauchinnern zu treffen wir regelmässig basophile Zellen oder solche, die nicht deutlich reagieren, also wohl amphophil genannt werden können. Jeden- falls sind diese inneren Zellen stets intakt, und niemals finden wir innen derartige Brocken wie aussen. Da die persistierende Hypophysenhöhle stets ein ursprünglicheres Moment ist, so glaube ich in der Erklärung nicht falsch zu gehen, dass die sie aus- kleiderden Epithelien aus wenig differenzierten Zellen zusammen- gesetzt sind, eine Behauptung, die auch für die anderen Verte- braten Geltung haben mag. Die für Selachier typische Erscheinung lehrt also mit grosser Wahrscheinlichkeit, dass die Sekretion nicht in das Lumen der Hypophyse, welches vielmehr nur ontogenetische 324 W. Stendell: Bedeutung hat, sondern nach aussen in die Lymph- und Blutbahnen stattfindet. Da aber im übrigen kein Grund vorliegt, diese Er- scheinung als gegensätzlich der bei anderen Vertebraten gegenüber zu stellen, so glaube ich, dass wir überall in dem acidophilen Sekret das reife zu erblicken haben, und wohl nur eine Zellart im Drüsenparenchym des Hypophysishauptlappens vorkommt, wie auch, dass die Sekretion in die Gefässe stattfindet. Ein sehr normales Verhalten zeigt die Hypophyse der Amphibien (Taf. XIX, Fig. 7). In ziemlich regelmässigen Epithelien sitzen die Drüsenzellen den Blutgefässen auf. Ob perivaskuläre Lymph- spalten vorhanden sind, lässt sich hier ebensowenig wie bei den meisten anderen Formen entscheiden. Vermutlich ist es, da das Sekret in den Blutgefässen selbst nicht wiederzufinden ist. (Gerade hier sieht man gut, wie die acidophilen Zellen infolge von Sekret- druck abgerundet sind und die schlankeren basophilen zusammen- zudrücken scheinen. Überhaupt sind hier die Färbungsunterschiede der Zellen sehr prägnant darstellbar. Fig. 16. Stück aus dem Hauptlappen der Hypophysis von Emys europaea. Gestautes Sekret (Colloid) im Drüsenparenchym. Die Hypophysis der Sauropsiden weist keine Besonderheiten auf. Interessant waren die Befunde an dem Hauptlappen bei einer sehr alten Emys. Dieser war reichlich vollgefüllt mit gestautem Sekret, das auch hier als Alterserscheinung aufzufassen ist. Es war charakteristisch, dass es sich in durchaus Cysten ähnlichen runden Hohlräumen fand, welche in grosser Anzahl das Gewebe durchsetzten. Diese Hohlräume waren durch die Sekretstauung Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 325 entstanden und wurden nirgends ohne Inhalt getroffen (Fig. 16). Bei jüngeren Tieren fand sich solche Stauung nie, bei einem mässig alten ganz vereinzelt. Die Hypophysis der Säuger ist in ihrem Hauptlappen so oft näher beschrieben worden, dass ich mich hier recht kurz fassen kann. Ich weise besonders hin auf die ausgezeichneten Darstellungen von Creutzfeldt unter anderen für den Menschen und Trautmann für die Säugetiere. Gerade die Abhandlung Creutzfeldts muss ich bezüglich der Bemerkungen über die Sekretion der Hauptlappen- zellen rückhaltlos unterschreiben. Die Verteilung acidophiler, basophiler und chromophober Zellen ist auch hier bei Säugern sehr verschieden. Merkwürdiger- weise zeigen einige Tiere, wie die Nager z. B., die Färbungsunter- schiede weniger prägnant als Raubtiere, Huftiere und Primaten. Gelegentlich liessen sich Colloideysten auch hier im Hauptlappen feststellen und zwar bei allen Ordnungen, die untersucht wurden (Taf. XX, Fig. 13). Auch von den meisten anderen Autoren wurde Colloid im Hauptlappen angetroffen. Dort liegt es ent- weder zwischen den Drüsenzellen (intrafollikulär) oder im bezw. am interstitiellen Binde- gewebe (interfollikulär). In allen Fällen handelt es sich BAER? um ältere Individuen. Bei SE ee der Ratte und beim Hund Rs waren solche Hohlräume nur ganz vereinzelt zu finden. Zahlreicher waren solche Fee: Colloidtropfen schon beim ' Hirnteil Nenedten. Recht häufig, Hauptlappen Zwischenlappen wenn auch nicht in demselben ZT . . Saecittal itt ? de ic » Maße wie bei der oben er- agittalschnitt durch den Trichter und £ . die Hypophysis von einem menschlichen wähnten alten Schildkröte, Embryo vom Ende des vierten Monats. enthielt der Hauptteil der Elefantenhypophysis Colloidballen. Das Tier war ohne Zweifel sehr alt. An diesen Staumassen liessen sich ebenso wie im Nebenteil viele Färbungsabtönungen konstatieren. Hierbei erwies sich wiederum die Elefantenhypophyse als ausgezeichnetes Objekt. Hier muss ein Fall von Degeneration ganzer Zellterritorien erwähnt werden, der bei einer sehr alten Ratte, wahrscheinlich : 3 ‘ 2 I 1 1 326 W. Stendell: als Alterserscheinung, konstatiert wurde. Bei diesem Tiere zeigte sich die Hypophysenhöhle zum grossen Teil erfüllt mit Massen degenerierten Drüsengewebes des Hauptlappens, von dem aus sich dieselben unter Umfärbungserscheinungen losgelöst hatten. Es ist eigentümlich, dass diese Degeneration stattfand, während der Zwischenlappen, der bei der Ratte gar kein Colloid bildet, noch durchaus intakt blieb. Zwischenlappen 1 Hauptlappen Hirnteil Fig. 18. Sagittalschnitt durch die Hypophysis eines erwachsenen Menschen. Zusammenfassung. Aus den vorstehenden Betrachtungen geht die grosse Ver- schiedenheit der beiden Drüsenteile hervor. Das muss in Hinsicht auf ihre gemeinsame Herkunft wundernehmen, um so mehr, als beide vereint als ein Organ, von einer Hülle umschlossen, dem Hirn angegliedert erscheinen. Und in der Tat kommen ihnen auch gemeinsame Züge zu. Beide sind Drüsen ohne Ausführgang. Bei beiden verbrauchen sich die Drüsenzellen sehr leicht, was mit der starken Inanspruchnahme, mit Hypersekretion, in Zusammenhang Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 32% steht. Es kommt so zu Colloidbildung oder zu Zelldegeneration, die meist in dem Teil stärker sind, der noch nicht genügend ent- wickelt ist oder seinen phylogenetischen Höhepunkt bereits über- schritten hat. Bei sehr alten Tieren verleugnen natürlich beide Teile diese Fähigkeit nicht. Trotz dieser gemeinsamen Züge jedoch zeigen sich Zwischenlappen und Hauptlappen als grundverschiedene Drüsen. Schon die rein topographische Anlage des ganzen Organs, die Verbindung der einzelnen Hypophysenteile untereinander, die bei allen Typen eine durchaus gleichartige ist, weist auf die verschiedenartige Rolle von Zwischen- und Hauptlappen hin. Es gilt allgemein als Regel, dass sich der Zwischenlappen eng an den Hirnteil anschliesst. Beide Abschnitte sind durch mannigfache Bildungen miteinander verschmolzen, wobei der Hirnteil sich als das Rezeptionsorgan für das Sekret des drüsigen Zwischenlappens darstellt. Der Hirnteil entsendet entweder Schläuche und Stränge dureh den Zwischenlappen oder er ist stark verdickt und in diesem Falle reich vaskularisiert. Der Zwischenlappen dagegen ist ausser bei einigen Selachiern sehr blutgefässarm. Bei den Säugern ist es der Zwischenlappen, der meist in den stark entwickelten Hirn- teil einwuchert. Ferner wurden vielfach Sekretinvasionen vom Zwischenlappen in den Hirnteil beschrieben. Das Sekret benutzt hierbei Lymphspalten, ditfundiert aber möglicherweise später auch in die (refässe des Infundibularteils. Sehen wir also den Zusammen- hang von Zwischenlappen und Hirnteil in jeder Beziehung auf das innigste ausgebildet, so erscheint demgegenüber die Verbindung der ursprünglich genetisch zusammengehörigen beiden Drüsen- abschnitte, des Zwischen- und Hauptlappens, beim ausgebildeten Tier meistens erheblich lockerer, ja häufig gänzlich aufgehoben. Nirgends greifen dieselben derartig ineinander über wie Zwischen- lappen und Hirnteil. Dagegen hat sich nicht selten eine binde- gewebige Scheidewand zwischen Haupt- und Zwischenlappen aus- gebildet. Bei einigen liegen beide Drüsenteile unverbunden neben- einander, wie bei den Amphibien. Bei den Sauropsiden wieder ist nur die oben erwähnte stielartige Verbindungsbrücke zwischen ihnen vorhanden. Zwischen den Drüsenabschnitten der Säuger endlich dehnt sich die Hypophysenhöhle aus, die erst in der späten Ontogenesis, und zwar auch nur bei einigen Tieren, verschwindet oder zum Teil reduziert wird. Gegenüber der Blutgefässarmut 328 W. Stendell: des Zwischenlappens ist der Hauptlappen überall auffallend stark mit Blutgefässen versorgt. Dieser Umstand stempelt ihn zu einer wahren Blutdrüse. Stets sitzen seine Drüsenzellen dem Blut- gefässendothel auf, ja es wurden sogar offene Verbindungen zwischen Zellparenchym und Gefässlumen konstatiert. In vielen Prä- paraten zeigten sich die Blutgefässe mit geronnenem Sekret erfüllt. Die in Betracht kommenden Grefässe gehören den Carotidenbahnen an, welche sich hier in der Sattelgrube in feine Verzweigungen auf- lösen. Eine Sekretion des Hauptlappens in diese Gefässe und damit in den allgemeinen Kreislauf erscheint nach allem höchstwahrscheinlich. Wenn man also bisher dem Hirnteil und dem Darmteil eine verschiedene Funktion zuschrieb, so geschah das nicht mit Unrecht, allerdings mit der Richtigstellung, dass der Hirnteil im Zwischen- lappen des Darmteiles seine besondere Drüse hat, während der Hauptlappen die andere, gesondert funktionierende darstellt. Nun- mehr wird es auch verständlich, wie die Extrakte von Hirnteil und „Darmteil“ — es ist nur der Hauptlappen des letzteren, da der Zwischenlappen bei einer mechanischen Trennung stets am Hirnteil verbleibt — so verschiedenartige Reaktionen ergeben, was nicht möglich wäre, wenn der Hauptlappen sein Sekret gleich- falls in den Hirnteil ergösse. Wenn der Hauptlappen gar nicht in das Hirn sezerniert, ist es nicht mehr unerklärbar, warum er akrome- galische Erscheinungen erzeugen kann, auch wenn er ontogenetisch gar nicht an das Hirn gelangt ist und als sogenannte Rachendach- hıypophyse im Uranium stecken geblieben ist. Das Sekret des Haupt- lappens müsste auch, um in den Hirnteil zu gelangen, erst durch den Zwischenteil hindurchfliessen. Dann aber würde eine Trennung der beiden Sekrete nicht möglich sein, was auch im Hirnteil selbst nicht denkbar wäre. Zudem ist der Hauptteil ja, wie oben mehrfach erwähnt, auf mancherlei Art und Weise von den beiden anderen Teilen separiert. Ich glaube also, dass der Zwischenlappen der Hypophyse sein Sekret in den Hirnteil ergiesst, um vondaaus vielleicht durch Reizung von Sympathikus- zentren den Tonus der glatten Muskulatur und den Blutdruck zu beeinflussen, während der Haupt- lappen durch Sekretion in die Blutbahnen demall- gemeinen Kreislauf einen für das Körperwachstum wichtigen Bestandteil zuführt. Zur vergleichenden Anatomie und Histologie ete. 329 Literaturverzeichnis. Aschner, B.: Demonstration von Hunden nach Exstirpation der Hypophyse. Münchner med. Wochenschr., 1909, S. 2668. Biedl: Innere Sekretion. Wien, Urban und Schwarzenberg, 1910. Benda: Über den normalen Bau und einige pathologische Veränderungen der menschlichen Hypophysis cerebri. Arch. f. Anat. u. Phys., Phys. Abt., 1900, 8. 373. Derselbe: Pathologische Anatomie der Hypophysis. Handb. d. path. Anat. d. Nervensystems, Kap. 39. 1903. Cagnetto, @G.: Per la colorazione delle cellule eromofile dell’ Hypophysis cerebri. Zeitschr. f. wiss. 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Weitere Literatur siehe in den Arbeiten von Creutzfeldt, Fischer, Gentes, Trautmann u.a. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XVII—XX. Tafel XVIII. Fig. 1. Stück aus dem Zwischenlappen der Hypophysis von Seyllium canicula. Im Gewebe, besonders nach dem Blutgefäss zu, gelb gefärbtes, eingedicktes Sekret. Fig. 2. Anschnitt eines Drüsenschlauches aus dem Hauptlappen desselben Tieres. Während die Zellen nach dem Schlauchinnern nicht in Tätigkeit zu sein scheinen, finden sich nach der Peripherie, nach dem Gefäss zu viele acidophil färbbare Zellen und Sekretballen. Ein Stück aus dem Zwischenlappen von Cyprinus carpio. Eine Hirnteilinsel, in welcher sich ein Blutgefäss befindet, liegt in diesem. Fig. 4. Aus dem Mittel- oder Übergangsteil desselben Tieres. Reife sekret- gefüllte und sekretleere chromophobe Zellen umlagern das Blutgefäss. Fig. 5. In dem Hauptlappen von Esox lucius haben sich wie bei Scyllium (Fig. 2) nach dem Gefäss zu ebenfalls alle Zellen mit reifem Sekret gefüllt. E Q oo 332 W. Fig. 6 Hose Fig. 8 Bio. 9) Fig. 10. Kies. Fig. 12. Fig. 13. Stendell: Zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. Tafel XIX. Grenze von Hirnteil und Zwischenlappen beiRana temporaria. Im Zwischenlappen haben sich Sekrettropfen gesammelt. Aus dem Hauptlappen desselben Tieres. Deutlich sind acidophile. basophile und chromophobe Zellen unterscheidbar. Im Hirnteil von Bufo vulgaris hat sich um die Gefässe sehr reichlich Sekret gesammelt. Oben der Zwischenlappen, unten die Verdickung am lateralen Triehterboden bei demselben Tier. Im Zwischenlappen liegt stark gelb gefärbtes Sekret. Auch zwei acidophil reagierende Zellen sind sichtbar. Nach dem Hirnabschnritt zu muss eine Sekretion stattgefunden haben, da sich im Übergang der beiden Teile eine Sekretstrasse zu finden scheint. Das Sekret im Hirnabschnitt dürfte schon alt und eingedickt sein. Tafel XX. Aus dem Zwischenlappen der Hypophysis von Elephas indicus, Die gelben reifen Colloidballen unterliegen einer späteren Degene- ration, bei welcher sie sich allmählich blau färben. Einige solche Stadien sind hier dargestellt. Canis familiaris. Oben der Zwischenlappen, mit basophilen Zellen, Colloideyste und sehr wenig Blutgefässen, unten, von ersterem durch die Hypophysenhöhle getrennt, der Hauptlappen, mit vielen Gefässen und acidophilen Zellen neben den basophilen. Dasselbe Tier. Zwischenlappen mit Uysten, die mit homogenem blass blauem Colloid erfüllt sind. Eine solche Cyste aber ist durch Zerfall eines Territoriums degenerierender Zellen gerade in Bildung. Hauptlappen des Menschen. In dem aus acidophilen und basophilen Zellen gebildeten Drüsenparenchym liegt ein Colloidballen. Aus der Universitäts - Augenklinik Freiburg i. Br. (Direktor: Geheimrat Prof. Dr. Th: Axenfeld). Erwiderung auf die Bemerkungen von E. Meirowsky zu meiner Arbeit: Über die Entstehung des melanotischen Pigmentes im Auge etc. Von Dr. A. v. Szily Privatdozent und I. Assistent. In seinen zwei Jahre nach meiner oben erwähnten Arbeit veröffentlichten Bemerkungen erhebt Meirowsky gegen meine Kritik der von ihm gebotenen Beweise für die Entstehung des Melanins im Pigmentepithel den unberechtigten Vorwurf, dass ich seine persönliche Ehre angriffe. Das tue ich nirgends und das hat mir gänzlich ferngelegen. Wenn ich seine technischen Leistungen als „wenig vertrauenerweckend“ bezeichne, so liegt darin in keiner Weise ein Angriff auf die persönliche Ehre und die subjektive Glaubwürdigkeit, sondern dieser Ausdruck richtet sich nur gegen die Beweiskraft der Meirowskyschen Befunde. Ich werde mich auch im folgenden nur auf eine kurze Ablehnung der in den Bemerkungen Meirowskys enthaltenen sachlichen Unrichtigkeiten beschränken. Zunächst weise ich die Darstellung zurück, als würde durch meine Kritik Meirowskys gesamte Arbeiten zur Pigmentfrage in den Augen der Fachkollegen (absichtlich oder nicht) herabgesetzt. Diese Darstellung von Meirowsky ist unberechtigt, denn sein Standpunkt ist in dem ein- leitenden Abschnitt meiner Arbeit ohne die geringste Kritik meinerseits ausführlich wiedergegeben (2, S. 18). Ganz anders verhält es sich in bezug auf die an den einzelnen Stellen zu erbringenden Beweise für die Richtigkeit seiner Auffassung. Hier kommt es nicht darauf an, ob die schon vor Meirowsky aufgestellten Theorien, dass der Zellkern mit der Pigmentgenese in ursächlicher Beziehung steht (Mertschnig, Jarisch, Kodis, Lukjanow, R. Hertwig, Rössle, Staffelu.a.), im Prinzip richtig sind oder nicht. Hier handelt es sich ledig- lich darum, wie die Beweise bewertet werden müssen, die der Autor selbst an den einzelnen Stellen, für die er ein derartiges Entstehen des Pigmentes vertritt, auf Grund seiner eigenen Untersuchungen anzuführen imstande ist. Es sei gleich an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass dieser Beweis kein Archiv f. mikr. Anat. Bd.82. Abt.I. 22 334 A. v. Szily.: genereller sein kann; und es vollzieht sich in der Tat die Pigmentgenese an den verschiedenen Stellen sowie den verschiedenen Tierarten sogar auf prinzipiell durchaus verschiedene Weise, was Meirowsky vollkommen ent- gangen war. Meirowsky wendet sich gegen meine Kritik seiner Beweise für die Entstehung des Melanins im Pigmentepithel, indem er angibt, dass ich „nicht etwa gegen seineResultate polemisiere,sondern sie bis auf geringfügige Abweichungen bezüglich der Benennung der nukleogenen Muttersubstanz des Pigmentes vollinhaltlich bestätige“. DieseBehauptung istdurchausungerechtfertigt. -- Um sie zu widerlegen, sei daran erinnert, dass bekanntlich auch Meirowsky zu den Autoren gehört, die, wie Jarisch, Galeotti u. a. aus „dem Ver- halten“ der Zellen gewissen roten Farbstoffen (Safranin, Fuchsin, Pyronin) gegenüber „darauf schliessen, dass die rote Kernsubstanz in Pigment übergeht“ (1, S. 99). Es dreht sich bei diesen Autoren stets um den Nachweis, dass der Pigmentbildung eine Vermehrung der sich mit ihrer Technik rot färbenden Kernsubstanz (der „pyroninroten Kernsubstanz‘“ nach Meirowsky) vorausgeht. Später sollnach Meirowskydierote Substanz in die Kernmembran überfliessen, schliesslich aus dem Kern ins Protoplasma übergehen und sich dort vom Rande her in Pigment umwandeln. Um diese Ansicht einigermassen berechtigt erscheinen zu lassen, müsste bewiesen werden, dass die sich rot färbenden Einschlüsse im Plasma mit der „roten Kernsubstanz“ identisch seien, d. h. nachgewiesen werden, dass sie in der Tat ausnahmslos im Kern entstehen und von da in das Zellplasma übertreten. Sehen wir, welche Beweise dafür Meirowsky im Pigmentepithel des Auges erbracht hat. Ich reproduziere hiermit wörtlich die Beweise Meirowskys. Er sagt (1, S. 97): „Die Fig. 277— 281 zeigen die Retina eines Rinderembryos. Die rote Substanz ist fast in allen Zellen vermehrt. In Fig. 277 liegt sie auf der Grenze zwischen Kern und Protoplasma. Es ist ferner auffallend, dass das Pigment fast immer in der Nähe des Kerns auftritt und der Kernmembran anliegt. Man findet es in der Retina entweder in Form von Nadeln oder von Kugeln.“ In diesen, im Original 5'/» Zeilen ist alles enthalten, was Meirowsky über die Entstehung des Melanins im Pigmentepithel des Auges zu sagen hat! Zunächst ist dazu zu bemerken, dass Meirowsky statt von Pigment- epithel in Text und Figurenerklärung von der Retina spricht, wo bekanntlich bei diesen TierenPigment überhauptauf keiner Entwicklungsstufe vorkommt. Ausserdem ist die Hauptsache, nämlich der Übergang der „roten Substanz“ aus dem Kern ins Protoplasma, in dieser an und für sich unvoll- kommenen, nach meinen Feststellungen aber auch unrichtigen Beschreibung mit keinem Wort erwähnt. Erwiderung auf die Bemerkungen von E. Meirowsky ete. 939 Wollte man von jedem Beweis an dieser Stelle absehen und sich ein- fach auf den (übrigens keineswegs erwiesenen) Standpunkt Meirowskys stellen, dass alles, was sich mit Pyronin rot färbt, eine Vorstufe des Pigmentes darstellen kann, so trifft die von Meirowsky auf Grund von Analogien mit anderen Stellen angenommene und gezeichnete (im Text gar nicht berührte) Herausrieselung der roten Kernsubstanz nicht einmal andeutungsweise den tatsächlichen Vorgang bei der Pigmentgenese im Augenbecher der Säuger. Bei diesen kommt nach meinen Feststellungen, die ich inzwischen wiederholt bestätigen konnte, nebst der Abstossung von Kernbestandteilen im Verlaufe der Mitosen in erster Linie der von Meirowsky übersehene degenerative Typus mit vollständigem Aufbrauch der Kernsubstanz in Betracht. Auch die bildliche Darstellung erkläre ich mit meinen Befunden bei Säugern für nicht übereinstimmend. Es handelt sich um die drei Schräg- schnitte (Fig. 277, 280, 281). Der Autor sagt: „die rote Substanz ist fast in allen Zellen vermehrt“ (1, S. 97). Ich glaube nicht, dass man diesen Beweis als erbracht ansehen darf, wo doch ein jeder Vergleich mit der „roten Kernsubstanz“ einer normalen (ruhenden) Zelle des Pigmentblattes fehlt und der Autor selbst sagt, dass bei der angewendeten Fixierung der Embryonen in Hermannscher Flüssigkeit die für andere Gewebe benützte Pappenheimsche Farblösung eine Differenzierung zwischen Kern und roter Substanz nicht ergab. Meirowsky hat daher an dieser Stelle ge- sättigte Pyroninlösungen angewendet, um den Kern von den Nukleolen zu differenzieren. „Leider war dieser Erfolg nicht konstant und es über- wog mitunter, besonders an dickeren Schnitten, die gesamte Rotfärbung aller Zellbestandteile“* (1, S. 97). Ich zweifle an der Berechtigung, in so prinzipiellen Fragen, wie die Pigmentgenese, sich in erster Linie auf eine Farbenreaktion zu verlassen, noch dazu auf eine so inkonstante, wie nach den eigenen Angaben des Autors die Meirowskysche Modifikation es ist. Dasselbe gilt auch für die ausser- halb des Kerns liegenden roten Gebilde. Denn wenn sich das eine Mal mit derselben Methode alle Zellbestandteile rot färben können, wird man bei einer partiellen Rotfärbung wohl niemals mit Sicherheit behaupten können, dass jetzt eben nur noch die farblosen Vorstufen des Pigmentes tingiert blieben. Was nun den an den Figuren sichtbaren (im Text gar nicht berührten) Übertritt der roten Kernsubstanz ins Protoplasma anbelangt, so muss ich folgendes feststellen: Von den 93 Kernen der oben erwähnten drei Schräg- schnitte, die alle etwa das gleiche Quantum „rote Substanz“ in grösseren resp. kleineren Flecken enthalten, könnte man bei dreien annehmen, dass der Autor an ihnen den Übertritt ins Protoplasma zeigen will. Aus einem dieser Kerne (Fig. 277) rieselt die „rote Substanz“ in Form eines feinen Fädchens heraus, wodurch ein flagellatenähnliches Gebilde entsteht. In Fig. 281 liegt neben zwei Kernen „rote Substanz“, von den ersteren jedoch durch die überall sichtbare Kernmembran getrennt. Ich muss jedoch die Darstellung von Meirowsky nicht nur in bezug darauf, was er selbst beweisen will, für unzureichend erklären, sondern möchte nochmals betonen, dass der tatsächliche Vorgang von ihm vollkommen un- DD 22, 336 A: urszrlge erkannt geblieben ist. Da aber meines Erachtens in so strittigen Fragen, wie die Pigmentgenese bei Säugern eine ist, strengste Kritik nottut, so halte ich mein Urteil über Meirowskys Beweisführung am Pigmentepithelnach wie vor für durchaus gerechtfertigt. Vor allem weise ich aber die Behauptung Meirowskys, dass er die nukleogene Entwicklung des Pigmentes im Augenbecher drei Jahre vor „festgelegt habe“, als irrig zurück. Für seine Beweisführung ist voll- kommen zutreffend, was ich seinerzeit in meiner Arbeit (2. S. 21) gesagt habe: „Ein Versuch, den Zellkern mit der Entstehung des Melanins im Pigmentepithel des Auges in Beziehung zu bringen, stammt von Meirowsky“. Meirowsky behauptet weiterhin im allgemeinen (3, S. 323), dass ich seine technischen Leistungen „als wenig vertrauenerweckend“ bezeichnet habe. Ich muss gegen diese ungenaue Wiedergabe von Form und Sinn meiner Äusserung, noch dazu in Anführungszeichen, Verwahrung einlegen. Die Bemerkung, dass es „wenig vertrauenerweckend in bezug auf die technischen Leistungen dieses Autors klingt“ wenn er behauptet, dass man Hühnerembryonen nicht exakt fixieren kann, ist meines Erachtens durch- aus statthaft, um den Leser darüber aufzuklären, dass Meirowsky die gewöhnlicheembryonaleTechnik nicht geläufigist. Über seine dermatologische Technik habe ich mir kein Urteil erlaubt. An diesem Umstand wird auch durch die folgende, nachträglich ab- gegebene Erklärung Meirowskys nichts geändert. Er sagt (3, S. 323— 324): „Wenn man bedenkt, dassich meine Arbeit nicht wie v. Szily in staatlichen Universitätsinstituten, sondern in Graudenz (Westpreussen), neben dem Getriebe einer grossen Praxis ausgeführt habe (im Original nicht gesperrt), so wird man mein offenes Geständnis, dass meine Versuche am bebrüteten Hühnerei misslangen, an- erkennen und es bedauerlich finden müssen, dass es zu einem meine wissen- schaftliche Ehre herabsetzenden Angriff benützt wird“. Demgegenüber ist zunächst zu sagen, dass es wohl nicht angeht, wissenschaftliche Arbeiten mit einem anderen, als dem allgemeinen und absoluten Maßstab zu messen. Ausserdem stehtim direkten Gegensatz zu dem eben zitierten Ausspruch Meirowskys sowohl in der Überschrift („Aus der königl. Universitätsklinik ete.“) als im Vorwort die Angabe: „In den richtigen Fluss kamen meine Studien jedoch erst, als ich an der königl. Klinik etc.“ (im Original gesperrt), „die Vorteile eines grossen Laboratoriums etc. ... . genoss... .“ Ich weise daher diese neue Darlegung, weil sie mich auf Grund von Angaben, deren direktes Gegenteil mir aus der Original- arbeitnurbekannt sein konnte, des beabsichtigt herabsetzenden Urteils bezichtigt, entschieden zurück. Endlich habe ich noch einige Angaben Meirowskys richtigzustellen, die infolge ihrer Fassung falsch gedeutet werden könnten. Der Ausspruch, dass Meirowsky die Pigmententstehung in der Haut sechs Jahre vor mir „festgelegt habe‘, ist unmotiviert und könnte zu der Erwiderung auf die Bemerkungen von E. Meirowsky etc. | irrtümlichen Auslegung Veranlassung geben, als hätte ich diesbezüglich für eigene Befunde die Priorität in Anspruch genommen. Ich konstatiere einfach, dass ich niemals auch nur ein Wort über die Pigmentierung der Haut gesagt habe. Desgleichen könnte der Umstand, dass Meirowsky „ganz besonders darauf aufmerksam‘‘ macht, dass ich seine Befunde an der Chorioidea bei Rinderembryonen nicht ausführlich erwähne, beim Leser den Eindruck eines absichtlichen Verschweigens meinerseits hervorrufen. Diese Befunde für sich zu erörtern, lag kein Grund vor, weil Meirowskys Bilder aus der Chorioidea mit denen von anderen Stellen aufs Haar übereinstimmen und weil sich meine eigenen ausführlich mitgeteilten Befunde und Schlussfolgerungen lediglich auf den Augenbecher (Pigmentblatt) und die Sarcome beziehen. Zum Schluss sei noch richtig gestellt, dass die in Frage stehende Monographie Meirowskys nicht, wie in meinem Literaturverzeichnis steht, im Jahre 1910, sondern 1908 erschienen ist. Aus dem Umstande, dass einige Zeilen weiter unten die Polemik Meirowsky-Jäger mit der Jahres- zahl 1909 angeführt ist, hätte Meirowsky entnehmen können, dass es sich dabei lediglich um einen Druckfehler handelt. Literaturverzeichnis. 1. Meirowsky, E.: Über den Ursprung des melanotischen Pigmentes der Haut und des Auges. Bibliothek mediz. Monographien. W. Klinkhardt, Leipzig 1908. 2. Szily, A.v.: Über die Entstehung des melanotischen Pigmentes im Auge der Wirbeltierembryonen und in Chorioidealsarkomen. Arch. f. mikroskop. Anatomie, 77. Band, 1911. 3. Meirowsky, E.: Bemerkungen zu der Arbeit Aurel v. Szilys: Über die Entstehung des melanotischen Pigmentes im Auge der Wirbel- tierembryonen und in Chorioidealsarkomen. Arch. für mikroskop. Anatomie, 81. Band, S. 323—324, 1913. 339 Aus dem Biologischen Laboratorium der Universität Bonn. Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. De Mietesilumse 1. Epithelregeneration. 2. Über die Nebenaugen von Planaria polychroa. 3. Experimentelles und Histo- logisches vom Tricladenpharynx. Von Paul Lang. Hierzu Tafel XXI und 2 Textfiguren. Inhalt: Seite Einleitung. . . IN EN BE en Bi u 3a 1. Regeneration ae Epithel N Kfaten DER ee eK Ergebnis, '. 2. h BT EEE WOLLE 2. Über die Nebenane von Plane N CHEee TEN NE RE ee a AH Eroehnise or! 3. Experimentelles und Re bbischen vom msekdenphärymne u 510) a) Regeneration des Pharynx .. ER Krk BR 1.510) b) Anatomie des Pharynx von Pl. Tale hena a EEE NER c) Bau und Regeneration der Pharynxtasche . . .... . 358 OZBrHBolypBarynsier. . 024.0 min we aa ne ee DIE Oe DRS ee ee BO TUIBET A UT Ve ER RT EAN EENZE2 Bisurenerklazungg er ER EEE ERINNERN 1303 Einleitung. Sämtliche Experimente und Untersuchungen wurden aus- geführt an Planaria polychroa Schmidt. Die Versuchstiere bezog ich stets nach Bedarf frisch aus dem Botanischen Garten zu Bonn, so dass immer kurz vor der Operation gefangenes Material benutzt werden konnte. Fixiert wurden die Tiere meist in kon- zentrierter Sublimat-Kochsalzlösung, die auf 50—60° GC erhitzt war. Daneben gab auch die Flemmingsche Flüssigkeit sehr gute Resultate. Beim Studium der Amitosen wurde zur Kontrolle stets auch diese Fixierung angewandt. Die Schnittdicke betrug meist Archiv t. mikr. Anat. Bd.82. Abt. 1. 93 340 Paul Lange: 5 «a. Färbung: Hämalaun-Kongorot, Alkoholisches Hämatoxylin, Hämatoxylin-Heidenhain. 1. Regeneration des Epithels. In einer früheren Arbeit (Lang, P. |S], S. 375 ff.) habe ich bereits die Epithelregeneration bei Pl. polychroa studiert. Damals konnte ich feststellen, dass zweifellos Parenchymzellen aus dem Regenerationskegel in das feine Epithelhäutchen einwandern, das sich schon einige Stunden nach der Operation über die Wunde ausgestreckt hat. Zunächst strecken sich die am Wundrande gelegenen alten Epithelzellen ausserordentlich in die Breite, wobei sie sich stark abflachen. Durch diesen Prozess wird ein schneller, vorläufiger Wundverschluss erreicht. Die von allen Seiten von der Peripherie über die Wunde sich hinstreckenden alten Epithel- zellen tretten schliesslich über der Wunde zusammen und wir haben dann ein ganz dünnes Häutchen, das aus relativ wenigen platten Zellen besteht. Über der Wunde finden sich daher auch nur verhältnismässig wenige Kerne. Diese Kerne aber haben dieselbe Grösse wie die Kerne des normalen Epithels, wie ja nicht anders zu erwarten; sind es doch die Kerne der alten Epithel- zellen selbst. Schon während dieses vorläufigen Wundverschlusses findet man beim Durchmustern der Präparate, dass aus dem unter der Wunde liegenden Regenerationskegel Parenchymzellen, die einen mehr oder weniger embryonalen Charakter angenommen haben, und die meist mit Rhabditen beladen sind, in das dünne öpithel, das sich über der Wunde hinzieht, eindringen. Man kann alle Stadien dieser Einwanderungen feststellen. und ich verweise bezüglich genauerer Stützen für diese Behauptung auf die zitierte Arbeit. Dort wurde indes auch schon darauf hingewiesen, dass man diese Einwanderungen nicht so häufig beobachten kann, wie man erwarten dürfte, wenn sie allein, wenigstens zunächst den ganzen Bedarf an neuen Zellen decken sollten. Es wurde damals bereits aufmerksam gemacht auf die starken Kernanhäufungen, die sich klumpenweise in dem dünnen Häutchen finden. Noch verschiedene andere Überlegungen wiesen darauf hin, dass hier wohl Amitose im Spiel sein möchte. Da mir aber damals genügende beweisende Präparate mit Zerschnürungen der Kerne usw. nicht zur Ver- fügung standen, so drückte ich mich zurückhaltend so aus: „Ein Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 341 provisorischer Wundverschluss wird dadurch erreicht, dass das alte Epithel sich vom Wundrande her über die Wunde hin aus- zieht und in der Mitte derselben zusammenschliesst. Der weitere Ausbau dieses dünnen Epithels geschieht sicher durch ein- wandernde Parenchymzellen.. Ob daneben noch amitotische Teilungen in dem dünnen Epithel vorkommen, ist nicht mit gleicher Sicherheit nachzuweisen, obwohl die Bilder dafür sprechen“ (S. 419). Diese Frage habe ich nun einer eingehenden Prüfung unter- zogen Die Operationen wurden einfach so ausgeführt, dass die Tiere mit scharfem Messer zwischen Pharynx und Kopf durch- schnitten wurden. Dann kamen die Hinterteile in flache Schalen mit Wasser und wenig Pflanzen. Wasser und Pflanzen wurden nach Bedarf gewechselt. Das erste Regenerat wurde bereits 20 Stunden nach der Operation abgetötet. Das folgende nach 23 Stunden usw. Auf diese Weise erhielt ich eine Serie von verschiedenalterigen Regeneraten, vom ersten Tage an bis zu acht Tagen. Die frühere Beobachtung über die Einwanderungen von Parenchymzellen in das dünne Epithel konnte ich bestätigen. Das Hauptinteresse galt jetzt aber den amitotischen Kernteilungs- bildern, die sich ziemlich häufig zeigten. Bei der Kleinheit der Zellen und Kerne ist eine starke Immersion unumgänglich nötig; ich benutzte Zeiss Im. 2 mm, Comp.-Ok. 6,5 und 12. Eine Anzahl von Beispielen für Bilder, wie ich sie relativ häufig gesehen habe, sind in den Figuren 1—14, Taf. XXI wiedergegeben. Diese Bilder zeigten merkliche Verschiedenheiten, von denen auch die Ab- bildungen Beispiele geben. Man findet hantelförmige Kerne, in denen die Durchschnürung nicht in einer Ebene vor sich geht, die sich vielmehr etwas in die Länge strecken und dann in einer breiten Ringzone eingeschnürt werden (Fig. 1—5). Andere Kerne sind wie durch scharfen Schnitt in der Mitte eingefurcht (Fig. 4, 7, S). Weiter finden wir Kerne, die nur an einer Seite eine Furchung aufweisen (Fig. 10—12). In dem 20stündigen Regenerat fand ich bereits ziemlich viel Amitosen. Aus einem Schnitt dieses Präparates ist in Fig. 1 ein Stück Epithel mit einer Amitose dargestellt. Wie Fig. 1 auch zeigt, sind hier die Kerne in dem dünnen Epithel bereits ausser- ordentlich dicht aneinander gedrängt. Auf diesen Punkt machte 23* 342 Paul Lang: ich bereits bei früherer Gelegenheit aufmerksam. Die Tatsache, dass sich schon in ganz jungen Stadien, wenn sich die peripheren alten Epithelzellen noch nicht über die ganze Wunde hin erstreckt haben, bereits so ausserordentlich viele Kerne in diesem Häut- chen finden, ist zunächst ganz unverständlich. Wenn sich die peripheren Zellen in die Breite ausziehen, so müssten im (regen- teil die Kerne in der dünnen Epithellage weiter auseinander zu liegen kommen als im normalen Epithel. Tatsächlich finden wir aber in allen Stadien von etwa 20 Stunden an in diesem Epithel- häutchen die Kerne viel zahlreicher als im normalen Epithel. Beweise dafür habe ich früher (8) gegeben. Hier seien nur zwei Beispiele angeführt: Fig. 13 und 14. Fig. 13 stammt aus einem Regenerat von 20 Stunden, Fig. 14 aus einem etwas älteren hegenerat. Die abgebildeten Epithelstücke fanden sich unmittel- bar über der Wunde. Die Kerne liegen besonders in Fig. 14 zu Klumpen gehäuft. Diese Anhäufung kann durch Einwanderungen von Parenchymzellen nicht hinreichend erklärt werden; denn ab- gesehen davon, dass diese Einwanderungen nicht zahlreich genug sind, um solche Mengen von Kernen zu erklären, würde auch nicht verständlich sein, wo das Plasma dieser Einwanderungs- zellen und die Rhabditen, die sie mit sich führen, geblieben sein sollten. Auch können die Kernanhäufungen nicht so zustande kommen, dass von den Seiten nach einzelnen Punkten hin die Kerne zusammenwandern:; beim genauen Durchmustern aller Schnitte eines Regenerates zeigt sich nämlich, dass die Kerne überall in der ganzen Regenerationszone mindestens ebenso dicht liegen, wie im normalen Epithel, an vielen Stellen aber wie gesagt viel dichter. Auch in dem normalen Epithel, das die Regenerationszone begrenzt, findet man keine Kernlichtung. Zur Erklärung bleibt nur Amitose übrig, da ich beim genauen Studium von einigen hundert Regeneraten ebensowenig wie bei normalen Tieren im Epithel eine Mitose gesehen habe. Sehen wir uns nun die verschiedenen Formen der Kern- teilungen etwas näher an. Sehr häufig fanden sich hantelförmige Kerne, wie sie in den Figuren 1, 2, 3, 6 dargestellt sind. In Fig. 3 ist beachtenswert der Abstand der vier Kerne; er ist so ziemlich der gleiche. Die drei nicht in Teilung befindlichen Kerne haben ungefähr dieselbe Grösse wie die beiden Hälften des sich teilenden Kernes zusammen. Das alles deutet darauf hin, dass Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 343 wir es mit einem der normalen Epithelkerne zu tun haben. In Fig.6 ist ein Kern bei drei verschiedenen Einstellungen zur Darstellung gebracht. a ist das Bild bei etwas tieferer, b bei mittlerer, c bei hoher Einstellung der optischen Ebene. Der hantelförmige Kern lag also schräg zur Schnittebene. Sehr viele amitotische Bilder hatten folgendes Aussehen: Der sich teilende Kern war weniger als in den obigen Fällen oder auch gar nicht in die Länge gezogen. Die Einschnürung des Kernes war eine mehr oder weniger tiefe, aber stets schmale Furche, die rings um den Kern herumlief. So z. B. in den Figuren 4, 5, 7. In Fig. 4 ist ein Kern bei zwei verschiedenen Einstellungen dar- gestellt, rechts in der Mitte des Kernes, links etwas höher. Geht man von oben mit der Mikrometerschraube an den Kern heran, so kann man den ganzen Verlauf der Einkerbung verfolgen. Ähnlich in Fig.5. Hier ist bei a das Kernbild einer optischen Ebene dargestellt, die relativ noch etwas höher lag als das ent- sprechende Bild von Fig. 4. Daher sieht man die zwei Hälften des einen Kernes hier getrennt. Besonders deutlich ist auch Fig.7. Es sind zwei amitotische Kerne dargestellt, je bei zwei verschiedenen Einstellungen (aa’ und bb‘). a und b sind etwa die Bilder der Kerne, wenn die optische Ebene mitten durch die Kerne hindurchgeht; a’ und b’, wenn sie etwas höher liegt. Bei b’ ist die Furche so schmal, dass nur ein sehr kleiner Zwischen- raum zwischen den zwei Hälften übrig bleibt. Bei a’ stossen die beiden Hälften sogar dicht aneinander. Am häufigsten waren Bilder in der Art, wie sie in den Figuren 8, 9, 13, 14 dargestellt sind. Es waren keine deutlichen Furchen nachweisbar, vielmehr lagen anscheinend selbständige Kerne dicht aneinander, meist noch gegeneinander abgeplattet (Fig. 7, 13, 14). Man darf wohl annehmen, dass sie durch ami- totische Teilung entstanden und noch nicht auseinandergerückt sind. Endlich sind noch solche Formen zu erwähnen, bei denen sich die Einschnürungen nur auf einer Seite des Kernes befinden. So z.B. in den Figuren 10, 11, 12. Derartige Formen kommen nicht häufig vor. Man könnte bei ihnen sehr leicht den Verdacht hegen, es handle sich um Schrumpfungen der Kerne. Dagegen spricht indes folgendes: Zunächst waren verschiedene Fixierungen angewandt worden (auch Flemming) und stets zeigten sich der- artige Bilder. Insbesondere aber ist der Umstand bemerkenswert, 344 Paul Dane. dass die amitotischen Bilder ausschliesslich in der Regenerations- zone zu finden waren. Es dürfte sich also in allen beschriebenen Fällen um wirkliche Amitosen handeln. Eine volle Sicherheit ist natürlich nicht möglich, da man den Ablauf des Prozesses nicht im Leben beobachten kann. Noch immer währt der alte Streit, ob die Amitose der Mitose ebenbürtig ist, oder ob sie nur in alternden Zellen auf- tritt, in Zellen, die dem Untergang geweiht sind, also insbesondere in Drüsenzellen, in Epithelzellen, die keiner weiteren Vermehrung fähig sind, sondern absterben, um durch andere ersetzt zu werden. Letzteres passt in gewisser Beziehung für den oben beschriebenen Fall. Jedenfalls sind auch hier die Zellen, die durch die ami- totische Teilung entstanden sind, insofern dem Untergang ge- weiht, als sie keine mitotische Teilung mehr eingehen können. Nun sieht man aber auch im normalen Epithel niemals Mitosen. Die durch Amitose entstandenen Zellen sind demnach nicht un- beständiger als alle normalen Epithelzellen. Ganz sicher aber ist, dass auf die amitotischen Kernteilungen Zellteilungen folgen, wie man nachweisen kann, wenn man Schnitte aus verschieden alten Regeneraten untersucht. In dem jungen, neu regenerierten Epithelhäutchen liegen die Kerne, die dicht angehäuft und zum Teil, wie oben beschrieben, in amitotischer Teilung begriffen sind, in einem Synceytium, wie ja auch die gegebenen Bilder zeigen, insbesondere die Figuren 2, S, 10, 11, 12. Selten kommen ami- totische Teilungen vor in Zellen, die an der Peripherie der Wunde liegen und die gegen die Nachbarzellen abgegrenzt sind, wie z. B. in Fig. 9. Untersucht man nun ältere Regenerate, so findet man, dass mit dem Wachstum des Epithels über die Wunde die Kerne aus- einander gerückt werden. Allmählich beginnen sich einzelne Zellen voneinander abzugrenzen, und zwar schreitet der Prozess von der Peripherie der Wunde an über die Wunde hin vorwärts, bis schliess- lich wieder ein normales Zylinderepithel zustande gekommen ist. Diese durch Amitose entstandenen Epithelzellen können sich nicht mehr weiter mitotisch vermehren, sind aber ebenso leistungsfähig wie die normalen Epithelzellen. Ergebnis. Die künstlich durch eine Verwundung hervorgerufene Epithel- regeneration bei Pl. polychroa beginnt damit, dass sich die an die Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 345 Wunde angrenzenden Zellen über die Wundfläche hinschieben, bis sie sich in der Mitte berühren. In dieses dünne Epithel mit spärlichen Kernen beginnen alsbald Parenchymzellen einzu- wandern, indem sie sich zwischen die lang ausgestreckten alten Zellen einzwängen. Zugleich aber teilen sich die alten und auch die von unten eingewanderten Kerne so lebhaft auf ami- totischem Wege (Fig. 1—14), dass die Kerne stellenweise zu Klumpen gehäuft erscheinen. Durch allmähliches Auswachsen des Regenerates und spätere Zellteilungen wird das typische Zylinder- epithel wiederhergestellt. 2. Über die Nebenaugen von Planaria polychroa. Über die „Nebenaugen“, die bei gewissen Planarienarten vorkommen, sind in der Literatur nur einige, mehr gelegentliche Bemerkungen verstreut. Eine systematische Bearbeitung haben diese Organe bisher nicht erfahren. Und doch könnte eine solche, wie mir scheint, für die vergleichende Anatomie und die Phylo- genese recht ertragreich sein. Seit einiger Zeit bin ich damit beschäftigt, Beobachtungen in dieser Hinsicht anzustellen. Da aber eine systematische Bearbeitung dieses Gegenstandes längere Zeit in Anspruch nehmen wird. sollen hier zunächst die Resultate mitgeteilt werden, die über die Nebenaugen von Pl. polychroa festgestellt wurden. Vorauszuschicken sind einige Angaben der Literatur. Die erste grössere Arbeit über Dendrocoelen-Augen, in der unsere Frage behandelt wird, ist die von Carriere (l). Aus Regene- rationsversuchen folgert Carriere, dass die zusammengesetzten Augen der Planarien durch die Vereinigung von Einzelaugen, wie sie z. B. Polycelis aufweist, hervorgegangen seien. Die Erscheinung von überzähligen Augen bei Pl. polychroa usw. will er darauf zurückführen: Rücken die Zellen, die den Pigmentbecher bilden sollen, näher zusammen, so beginnen die einzelnen Pigmenthüllen miteinander zu verschmelzen. Wenn nun alle diese umgewandelten, pigmentierten Zellen sich um ein Zentrum vereinigen, so wird sich ein von gemeinsamer Pigmenthülle umschlossenes Auge bilden, das normale Auge. Gruppieren sich aber diese Einzelaugen um zwei, drei oder noch mehr Zentren, so müssen Doppelaugen und Nebenaugen entstehen. Diese Nebenaugen sind nicht einfach „verkleinerte Augen“, sondern ihr geringerer Umfang rührt immer 346 Paulkang: daher, dass sie nur aus wenigen, bezw. aus einer Zelle bestehen oder entstanden sind. Ist gar kein Vereinigungszentrum vor- handen, so wird auch kein Auge gebildet werden können, sondern wir finden statt dessen einen sog. diffusen Pigmentfleck. Jijima (6) beobachtete Nebenaugen bei Dendrocoelum lacteum und PI. polychroa. Jänichen (5) beschreibt Neben- augen bei Pl. gonocephala. Hesse (3) bringt verschiedene An- gaben. An einer Pl. alpina bemerkte dieser Forscher auf einer Seite ein überzähliges Auge mit einer Sehzelle. Das andere Auge dieser Seite hatte dafür nur zwei Sehzellen anstatt drei, „so dass wir es offenbar mit einer Teilung eines normalen dreizelligen Auges zu tun haben“. Bei einem Exemplar von Rhynchodemus terrestris fand Hesse, „dass sich von dem einen Auge ein kleinerer vorderer Teil abgetrennt hatte und selbständig geworden war“. Hesse vertritt also die entgegengesetzte Ansicht wie Carriere. Dieser würde die Erklärung gegeben haben, in dent vorliegenden Fall hätten sich nicht alle „Zentren“ zu einem ge- meinsamen Auge vereinigt, sondern seien getrennt geblieben. Die gleiche Erklärung wie oben hat Hesse für die Neben- augen von Pl. gonocephala. Von 42 Exemplaren hatten 15 „solche gespaltene Augen und fast ausnahmslos auf beiden Seiten“ (S. 544). Entsprechend lässt Hesse auch die Polycelisaugen aus den Planarienaugen durch Teilung entstehen, im Gegensatz wieder zu Carriere. „Ein einzelliges Auge dürfte das ursprüngliche sein; dieses kompliziert sich zunächst durch Vermehrung der Sinnes- zellen; dabei erfolgt ein Ausweiten des einzelligen Pigmentbechers. Wird die Zahl der Sinneszellen dann so gross, dass die Pigment- becherzelle einer Ausweitung nicht mehr fähig ist, so teilt sich auch die Pigmentzelle und es entsteht ein mehrzelliger Pigment- becher“ (S. 549). Durch Teilung dieses mehrzelligen Auges ent- stehen dann drei, vier oder mehr Augen. Hesses Ansicht über die Verwandtschaft der Turbellarien ist gekennzeichnet durch den Satz: „.... Das veranlasst mich, Stellung zu nehmen gegen die (Arnold) Langsche Hypothese, dass die trieladen und rhabdo- coelen Turbellarien von den Polycladen abzuleiten seien; ich stimme mehr mit von Graff überein, der umgekehrt die Tri- claden und Polycladen von Rhabdocoelen ableiten will“ (8. 574). E. Schultz (14) sah „oft bei Regeneration von Dendro- coelum lacteum statt zweier Augen deren drei, vier und selbst Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 347 fünf auftreten“. „Was die Erklärung dieser Tatsache betriftt, so sehe ich mit Hesse darin kein atavistisches Merkmal, wie es Carriere tat, sondern glaube, dass wir es hier mit einem teratologischen Faktum zu tun haben, wie ja solche Abnormitäten oft bei Regeneration auftreten, eine Abnormität, die bei manchen Arten erblich fixiert werden konnte und so zu vieläugigen Arten führte.“ Bezüglich der Verwandtschaft der Turbellarien teilt Schultz die Ansicht Graffs und Hesses. In der umfassenden Behandlung der Rhabdocoelen durch Graff (2) ist auch das über die Nebenaugen dieser Tiere Be- kannte enthalten: Die meisten haben zwei Augen. Unter diesen zweiäugigen gibt es solche, deren Augen aus je zwei hinter- einander liegenden Pigmentbechern bestehen, die durch eine longi- tudinale Pigmentbrücke verbunden sind. Diese Brücke kann sehr fein werden und bei manchen Individuen ganz verschwinden, so dass dann typische zweiäugige Formen vier Augen erhalten. Auf diese Weise mag die Vieräugigkeit solcher Arten sich heraus- gebildet haben, bei welchen die vier Augen scharf getrennt sind. Bisweilen zeigen die hinteren Augen solcher Arten die Tendenz, in zwei Stücke zu zerfallen, und dann kann es, wie bei Allostoma pallidum, zur Bildung von sechs Augentlecken kommen. Formen mit drei Augen entstehen nach Graff (S. 2213) dadurch, dass der Zerfall der Augen in je zwei hintereinander liegende auf der einen Seite schon durchgeführt ist, auf der anderen nicht. Über die Nebenaugen bei Polycladen berichtet Wilhelmi (21, 8. 61f.). Erfand oft „Augenmissbildung, Auflösung, Schwund oder Doppelbildung eines Auges“. Auch Doppelbildung beider beobachtete er bei verschiedenen paludicolen und mericolen Arten, so bei Procerodes lobata, Planaria olivacea und Proc. wheatlandi. In der Annahme, dass die Ursache der Doppelbildung der Augen wohl in den in natura häufig vorkommenden Kopfverletzungen zu suchen seien, versuchte er sie bei Proc. lobata durch Ab- schneiden oder Absaugen des präocellaren Kopfendes künstlich zu erzeugen; aber stets wurde ein normales Vorderende regeneriert. Ebenso bei prä- oder postocellaren seitlichen Einschnitten. Die Ursachen einseitiger Doppelmissbildungen liegen nach Wilhelmi „zweifellos in Verletzungen“, insbesondere Verletzung eines Auges, Verletzung des Sehnerven, seitliche schräge Einschnitte in dem präpharyngealen Körperteil und Spaltung des Kopfes bis zur 348 Bau Lam: Augengegend. Auch über Auflösung und Zerfall der Augen be- richtet Wilhelmi und sagt S. 62: „Künstlich lässt sich die Augenauflösung und der Augenschwund durch Verletzung des Auges erzeugen“. Alle diese in der Literatur erwähnten Beobachtungen und gelegentlichen Bemerkungen über überzählige Augen, Missbildung der Augen, Zerfall und Schwinden der Augen, über Nebenaugen usw. gehen von der Voraussetzung aus, diese Bildungen seien die Folgen irgendwelcher Verletzungen entweder der Augen selbst oder auch anderer Teile der betreffenden Tiere. Ich möchte dieser Voraus- setzung im folgenden entgegentreten und sie berichtigen. Meine bisherigen Beobachtungen gelten, wie erwähnt, nur für Pl. poly- chroa; andere Formen gedenke ich später zu untersuchen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Nebenaugen bei Pl. polychroa durchaus nichts Seltenes und Aussergewöhnliches sind. Mehrere statistische Beobachtungsreihen ergaben, dass etwa 50°o aller ausgewachsenen, geschlechtsreifen Tiere mehr als zwei Augen (drei oder vier) besitzen. Unter 41 frisch gefangenen Tieren waren zwanzig mit zwei, neun mit drei und zwölf mit vier Augen. Also über 50°/o der Tiere hatten mehr als zwei Augen. Es muss hinzugefügt werden, dass diese 41 Exemplare ausgewachsene Tiere waren. Von drei jungen Tieren ist gelegentlich notiert, dass sie zwei Augen haben. In einer anderen Beobachtungsreihe wurden 56 normale erwachsene geschlechtsreife Tiere auf ihre Augenzahl hin unter- sucht. Das Ergebnis zeigt die folgende Tabelle. Ausgenzahlesr> - 3% Am Anzahl der Tieren 50 1377102 Diesmal waren etwas weniger als 50°/o der Tiere mit mehr als zwei Augen versehen. Dabei war noch folgendes bemerkens- wert. Die meisten Tiere, die zwei Augen aufwiesen, waren kleiner als die mit einer grösseren Augenzahl versehenen. Obwohl auch sie vollkommen normal und geschlechtsreif waren, kann man aus dem Grössenunterschied, der im grossen und ganzen beobachtet wurde, schliessen, dass diese Tiere mit nur zwei Augen meist Jünger waren als diejenigen, welche mehr als zwei Augen besassen. Eine Beobachtung, die ich mehrfach anstellte, bestätigte diese Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 344 Ansicht: Es wurden z. B. von den zuletzt genannten Tieren, die nur zwei Augen hatten, zwei Exemplare isoliert weiterbeobachtet. Die Tiere waren ursprünglich zu Regenerationsversuchen bestimmt und hatten daher normale Grösse. Während der Beobachtungs- zeit wurden sie stets gefüttert, so dass Hunger ausgeschlossen ist. Nach 10 Tagen bereits zeigte ein Tier links einen Pigment- tleck an der Stelle. wo das linke Nebenauge zu liegen pflegt. Das andere Tier hatte beiderseits ganz feine Pigmentflecke an den entsprechenden Stellen. Nach weiteren 12 Tagen zeigten beide Tiere zwei Nebenaugen in Form von ziemlich grossen schwarzen Pigmentflecken ohne helle Höfe. Auf letzteren Um- stand komme ich nachher zu sprechen. Es wird durch diese Beobachtungen gezeigt, dass wahrscheinlich die meisten Tiere mehr als zwei Augen erhalten, wenn sie nur lange genug am Leben bleiben. Im Einklang damit steht die Tatsache, dass ich bei jungen Tieren niemals mehr als zwei Augen gesehen habe. So finde ich z. B. Notizen über etwa 40 zu diesem Zwecke zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten gesammelte junge Planarien, die etwa ein halb bis zwei Drittel so gross waren wie normal ausgewachsene Tiere. Alle 40 Tiere waren zweiäugig. (remäss diesen Tatsachen vertrete ich die Ansicht, dass die Mehrzahl der Art Pl. polychroa vier Augen erhält, wenn nur die Tiere das genügende Alter erreichen. Dass dieses so ausser- ordentlich häufige Vorkommen von „überzähligen“ Augen in der Literatur nicht genug gewürdigt worden ist, kann man wohl nur so erklären, dass viele Beobachter die Tiere entweder mit unbewaffnetem Auge oder doch nur mit der Lupe betrachtet haben. Die Nebenaugen sind aber oft so klein, dass man sie nur mit stärkerer Vergrösserung nachweisen kann. Es sind sehr oft lediglich kleine schwarze Punkte, Pigmentflecke: dass es sich dabei aber nicht etwa um zufällige Pigmentbildungen handelt, wird durch ihre stets symmetrische und sich überall gleich- bleibende Lage hinlänglich bewiesen. Über solche Pigmenttlecke wurde beiläufig die Beobachtung gemacht, dass sie sich nach längerer Zeit zu vollkommenen Augen mit Sehkolben entwickelten. Ob dies stets der Fall ist, muss dahingestellt bleiben. Um die gewöhnliche Lage der Nebenaugen zu den Haupt- augen zu demonstrieren, gebe ich die Textfig. 1. Mitunter liegen 350 Paullang: sie noch dichter an den Hauptaugen und tiefer als in der Figur; immer aber ist ihre Lage eine symmetrische zur Mittellinie. Was den histologischen Bau der Nebenaugen angeht, so unterscheiden sie sich von den Hauptaugen nur durch die ge- ringere Zahl der Sehkolben. Mitunter fehlen, wie schon erwähnt, die Sehkolben gänzlich. Die Nebenaugen stehen durch besondere Sehnerven mit dem Gehirn in Verbindung. Diese Sehnerven treten vor den Sehnerven der Hauptaugen ins Gehirn ein. Ein günstiger Schnitt ist in Fig. 15, Taf. XXI dargestellt. Es ist ein Sagittalschnitt durch das Vorderende eines Tieres. Das Hauptauge ist in dem Schnitt nicht getroffen, wohl aber sein Sehnerv (NO). Weiter nach vorn liegt das Nebenauge, das gerade durch die Mitte getroffen ist. Man sieht, wie sein Sehnerv (NON), durch einen Darmast (D) unterbrochen, in das Gehirn (G) einmündet. Die beiden Sehnerven haben eine ungefähr parallele Richtung ihres Verlaufes. Der ganze Verlauf kann in den Nachbarschnitten nachgewiesen werden. Es ist wichtig zu bemerken, dass die beiden Sehnerven miteinander durchaus keine Gemeinschaft haben. Um speziell zu untersuchen, ob die Bildung der Nebenaugen auf Verletzungen der Hauptaugen oder auch nur des Kopfes der Planarien zurückzuführen sei, habe ich viele Versuche angestellt. Bei sehr vielen Tieren, denen der Kopf abgeschnitten war, er- schienen nach 2 Wochen mehr als zwei Augen. Zum Beispiel regenerierten von 14 Tieren: sechs vier Augen, sechs drei Augen und zwei Tiere zwei Augen. Die beiden letzteren Tiere hatten auch 3 Wochen nach der Operation noch keine Nebenaugen ent- wickelt (sie wurden nicht länger beobachtet). Beachten wir noch, welche Augenzahl diese 14 Tiere vor der Operation hatten, so ergibt sich folgendes: Von den Tieren, die vier Augen regene- rierten, hatten zwei vor der Operation vier Augen, zwei drei Augen und eins zwei Augen; von einem Tier ist die Zahl der Augen nicht notiert. Von denen, die drei Augen regenerierten, hatten eins vor der Operation vier Augen, zwei drei Augen und zwei zwei Augen. Von einem Tier ist wieder die Zahl nicht bekannt. Von denen endlich, die zwei Augen regenerierten, hatte eins zwei Augen vor der Operation, während bei dem anderen die Zahl nicht notiert ist. Noch weitere Versuche werden zeigen, dass die Verletzung der Augen in keinem kausalen Zusammenhang mit dem Auftreten der Nebenaugen steht. Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 351 Versuch I Eine Planarie mit zwei Augen wird geköpft. Nach 5 Tagen zeigt der Kopf noch einen Augenfleck vor dem linken Hauptauge. Das Hinterstück regeneriert in 6 Tagen zwei Augen, nach weiteren 9 Tagen vor dem linken Auge noch einen Augenfleck. Am 25. Tage nach der Operation wird das Hinterstück geköpft. Der Kopf geht ein; das Hinterstück hat nach S Tagen zwei Augen regeneriert. Es wird nun zum dritten Male geköpft. Der Kopf zeigt nach > Tagen, also am 10. Tage seiner Entwicklung, noch einen Augen- tleck vor dem rechten Auge und nach weiteren 2 Tagen einen Fleck links. Das Hinterstück regenerierte in 4 Tagen zwei Augen und ging später ein. Dass in diesem Versuch der abgeschnittene Kopf nach 6 Tagen vor den zwei Augen noch einen Augenfleck erhielt, ist schon deshalb ursächlich nicht auf die Operation zurückzuführen, weil der Schnitt eine Strecke weit hinter den Augen her geführt wurde; die Augen also bei der Operation nicht verletzt waren. Man darf daher annehmen, dass auch das nichtoperierte Tier dies Auge bekommen hätte. Versuch»ll. 31. Mai. Ein Tier hinter den Augen durchschnitten. Vor jedem Hauptauge steht noch ein Nebenauge (Pigmentfleck). 9. Juni. Das abgetrennte Hinterstück hat zwei Augen regeneriert. 28. Juni. Das abgetrennte Hinterstück hat vor einem der Augen noch einen Augenfleck wie am ursprünglichen Kopf. Ss. Juli. Das Hinterstück hinter den drei Augen durchschnitten. 17. Juli. Der hintere Teil hat zwei Augen regeneriert. 15. Juli. Vor einem Auge zeigt sich wieder ein Nebenauge. Später eingegangen. Obwohl hier die Operationen nicht genau gleich sein konnten, erschien doch stets ein Nebenauge an derselben Stelle, wo das entsprechende Nebenauge des unverletzten Tieres gelegen war. Versuch IM. 11. Juni. Ein Tier, das ein Nebenauge besitzt, direkt vor dem Pharynx durchschnitten. 23. Juni. Hinterteil zwei Augen regeneriert. 302 Paul Dam: 31. Juni. Ein Nebenauge an der Stelle regeneriert, wo das ur- sprüngliche Nebenauge stand. Von Verletzung der Augen kann hier natürlich nicht die Rede sein. Versuch W. Ss. Juni. Eine Pl.polychroa hinter ihren vier Augen durchschnitten. 16. Juni. Hinterstück zwei Hauptaugen regeneriert. S. Juli. Hinterstück zwei Nebenaugen regeneriert. Bemerkenswert ist, dass bei allen Versuchen stets zuerst die Hauptaugen regeneriert werden; später erst die Nebenaugen. Viersuch.NV. 4. Juni. Pl. polychroa hinter den drei Augen durchschnitten. 8. Juni. Hinterstück zwei Hauptaugen regeneriert. 27. Juni. Hinterstück zwei Nebenaugen regeneriert. 8. Juli. Hinterstück hinter den vier Augen durchschnitten. 16. Juli. Der hintere Teil zwei Augen regeneriert: er wird hinter diesen zwei Augen durchschnitten. 20. Juli. Der abgeschnittene hintere Teil hat zwei Hauptaugen und ein Nebenauge regeneriert. Der Versuch zeigt, dass die Tiere, auch wenn der regene- rierte Kopf mehrere Male wieder abgeschnitten wird, doch stets Nebenaugen regenerieren, wenn sie nur lange genug am Leben bleiben. Verswech VI. 11. Juni. Eine Planarie mit nur zwei Augen wird vor dem Pharynx durehschnitten. 15. Juni. Das Hinterstück zwei Hauptaugen regeneriert. 6. Juli. Das Hinterstück ein Nebenauge regeneriert. Also regenerieren auch solche Tiere Nebenaugen, die vor der Operation keine Nebenaugen besassen; und doch sind hier sicher die Augen nicht verletzt worden. Ähnliche Versuchs- ergebnisse habe ich öfters gesehen. Versueh VI. Es ist ein vergleichender Versuch mit dreimal zwei Planarien, die alle sechs nur zwei Augen hatten. Sie waren unversehrt, gleich groß und wurden in gleicher Weise gut gefüttert. Experimentelle a 13. Aug. Zwei Tiere werden in einiger und histologische Studien b 13. Aug. Wie bei a. an Turbellarien. 353 C 13. Aug. Zwei Tiere werden so durch- Entfernung schnitten, dass der hinter den Augen | Sehnitt schräg durchschnitten, durch beide so dass die Augen Augen geht. Die nicht verletzt Augen werden also werden. ganz unregel- mässig verletzt. 24. Aug. ZweiHaupt- augen regene- riert. 26. Aug. Kein Neben- 24. Aug.KeineAugen | 24. regeneriert. Aug. ZweiHaupt- | augen regene- | Tier. 26. Aug. ZweiHaupt- | 26. Aug. Ein Tier hat augen regene- zwei, das andere | auge regeneriert. riert. ein Nebenauge | regeneriert. Noch länger wurden die Tiere beobachtet, ohne dass sich die Augenzahl änderte. Der Versuch zeigt mit aller wünschens- werten Deutlichkeit, dass das Auftreten der Nebenaugen mit der Verletzung und der nachträglichen Regeneration nichts zu tun hat. Denn bei a und b kann von Verletzung der Augen nicht die Rede sein und doch erschienen bei b Nebenaugen. Und das Wichtigste ist, dass bei ec, wo die Augen gründlich verletzt wurden, wo man also sicher Nebenaugen erwarten sollte, gar keine Neben- augen entstehen. Also wieder: die Verletzung kann nicht Ursache des Auftretens der Nebenaugen sein. Versuch VII. Es wurden zwecks Studium der Heteromorphose (Paul Lang [10]) mehrere Köpfe so abgeschnitten, dass „heteromorphe Köpfe“ entstehen konnten. Unter den nach längerer Zeit gebildeten „heteromorphen Köpfen“ waren auch solche, die nicht nur „zwei heteromorphe Augen“ regenerierten, sondern auch „hetero- morphe Nebenaugen“. In Fig. 19 ist ein derartiger hetero- morpher Kopf mit einem heteromorphen Nebenauge dargestellt. Das Nebenauge hat im heteromorphen Kopf die normale Lage wie in dem alten Kopf. 354 Paulhame: Ergebnis. Durch diese Experimente ebenso wie durch die statistischen Beobachtungen glaube ich nachgewiesen zu haben, dass das Auf- treten der Nebenaugen bei Pl. polychroa nichts Teratologisches ist. Ausser den beiden Hauptaugen der Planaria polychroa können bei dieser Spezies noch zwei Arten von Augen auftreten: 1. Nebenaugen: Sie liegen stets vor den Hauptaugen und der Medianlinie mehr genähert als diese. (Textfig. 1.) Stets sind sie kleiner als die Hauptaugen. Sie können denselben Bau auf- weisen wie die Hauptaugen, nur 8 ‘ mit kleinerem Pigmentbecher und N mit geringerer Zahl der Sehzellen. / 4 4 \ Oder sie stellen einfache Pigment- tlecke dar ohne Sehkolben. Diese | | Pigmentflecke entwickeln sich oft ! et | zu Nebenaugen mit Sehzellen ; doch Vorderende einer Planaria polychroa scheint dies nicht stets der Fall zu mit zwei Haupt- und zwei Neben- sein. Die Nebenaugen treten so- augen. Zeiss Obj. A, Ok. 1. wohl bei der normalen Entwicklung wie bei der Regeneration später als die Hauptaugen auf. Bei der normalen Entwicklung dauert es oft sehr lange, bis die Nebenaugen erscheinen. Etwa 50 Prozent aller ausgewachsenen Tiere zeigen ein oder zwei Nebenaugen. Die Nebenaugen stehen mit dem Gehirn durch besondere Nerven in Verbindung, die vor den Nervi opt. der Hauptaugen ins Gehirn einmünden (Taf. XXI, Fig. 15). 2. Anormale oder überzählige Augen: Sie haben keine konstante Lage, Form und Ausbildung und kennzeichnen sich eben dadurch als anormale Augen. So z.B. das in Textfig. 2 gezeichnete Auge, das hinter dem rechten Hauptauge liegt. Für die Entstehung dieser Augen mache ich alle jene Bildungsmög- lichkeiten verantwortlich, die in der Literatur für die Bildung der „Nebenaugen“ beansprucht werden, also Verletzung der Hauptaugen (oder auch der Nebenaugen), Versprengung von Augenpigment bei der Embryonalentwicklung, Spaltung der Augen bei Verletzungen und nachträgliche Regeneration. Besonders wichtig erscheint mir auch für die Entstehung der überzähligen Augen der Hungerzustand zu sein, der oft mit der Regeneration Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 338 verbunden ist; infolge dieses Hungerzustandes wird das Auge auseinandergesprengt und das Pigment zerstreut. Wird dann nach einiger Zeit der Hungerzustand beseitigt, so können sich versprengte Teile zu Augen entwickeln. Über eine etwaige phylogenetische Bedeutung der „Neben- augen“ bei Pl. polychroa kann erst nach dem Studium dieser Augen bei anderen Turbellarien gesprochen werden. Fig. 2. Vorderende einer Pl. polychroa. Hinter dem rechten Hauptauge liegt ein grosses anormales Auge. Die Seh- zellen dieses Auges haben dieselbe Ausbildung wie die Hauptaugen und stehen mit dem Gehirn durch Nervenfasern in Verbindung. Dieser Nerv steht in keiner Verbindung mit den N. opt. des Hauptauges; er mündet hinter jenem ins Gehirn. „Nebenaugen“ sind bei diesem Tier nicht vorhanden. Vergr. Zeiss Obj. A, Ok.1. 3. Experimentelles und Histologisches vom Tricladenpharynx. a) Regeneration des Pharynx. In seiner grossen Arbeit vom Jahre 1897 hat R. Jander (4) nicht nur die Anatomie und Entwicklungsgeschichte des Trieladen- pharynx klargestellt, sondern auch die Vorgänge bei der Regene- ration des abgeschnittenen Pharynx histologisch verfolgt. Seitdem sind seine Untersuchungen vielfach bestätigt worden. Eine ganz abweichende Darstellung dagegen gibt A. Korotneff (7). Korotneff hat bis ins Einzelne die Entwicklung des ein- gesenkten Pharynxepithels bei Pl. angarensis, Sorocelis usw. studiert. Auch er findet anfangs in der Embryonalentwicklung ein typisches Epithel mit Kernen. Diese Kerne sollen sich nun aber in der Folge ganz verschieden verhalten von dem, was alle Archiv f mikr. Anat. Bd. 82. Abt.I. 24 356 Paul Lange: anderen Autoren darüber berichtet haben. Bei der Entwicklung des Epithels unterscheidet Korotneff zwei Arten von Kernen, von denen eine in drüsenhaltigen, die andere in drüsenfreien Pharynxteilen zu beobachten ist. In letzteren teilen sich die Kerne rasch hintereinander und bleiben zu Klumpen vereinigt, die in die Tiefe sinken. Andere Kerne bleiben oben, gehen zugrunde oder wandern nach der Oberfläche, wo sie herausgestossen werden. Die eingesenkten Kerne teilen sich amitotisch weiter und erzeugen teils Radialmuskeln, teils Ringmuskeln; deshalb hält Korotneff die ursprünglichen Pharynxepithelzellen auch für Myoblasten. In drüsenhaltigen Pharynxteilen teilen sich die Kerne des ursprüng- lichen Epithels ebenfalls amitotisch. Ein Kern wandert nach unten, wo er sich rasch weiter teilt. So „entsteht ein Schlauch, eine komplizierte Drüse, die als eine Anhäufung von Zellen mit einem Ausführungsgang zu betrachten ist“. Die in der oberen Platte zurückbieibenden Kerne liegen zunächst an der Stelle, wo die Drüse mündet; sie verstopfen den Ausführungsgang und werden schliesslich mit einem Pfropfen Schleim ausgestossen. Da diese Angaben allem widersprechen, was bisher in der Literatur über die Pharynxentwicklung und -anatomie bekannt geworden ist, habe ich die Vorgänge bei der Regeneration noch einmal untersucht, um so mehr, als auch meine Beobachtungen über die Anatomie mit denen Korotneffs nicht ganz harmo- nieren. Zweierlei Versuche wurden angestellt, um das Verhalten der den Pharynx bekleidenden Zellen zu studieren: 1. über die Neuentwicklung des Pharynx in kurzen Querstücken, Kopf- und Schwanzstücken, und 2. über die Regeneration des durchschnittenen Pharynx. Durch beide Arten von Versuchen wurden die Angaben Janders vollkommen bestätigt. Allerdings fand ich öfters Kerne und Zellen im Pharynxlumen und in der Pharynxtasche liegen, glaube dies aber folgendermassen erklären zu können: Beim Ab- töten legt sich der Pharynx häufig, indem er sich schnell in die Tasche zurückzieht, in Falten; dann treffen insbesondere Sagittal- schnitte oft neben dem ganzen Pharynx auch kleine Zipfel, oder schneiden nur einige Kerne ab, die dann im Bilde isoliert liegen und in der Tasche verstreut scheinen. Über die Regeneratiou des durchschnittenen Pharynx brauche ich nichts Näheres zu sagen, da meine Beobachtungen genau mit Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 357 denen Janders übereinstimmen. Dagegen möchte ich eine Be- merkung über die Neuentwicklung des Pharynx in kurzen Quer- stücken anführen. Sie geht, wie bekannt ist, so vor sich, dass sich im Parenchym ein Lumen bildet (die Pharynxtasche), in das der neue Pharynx hineinwächst. Während die meisten Pharynx- regenerate, die ich unter meinen Präparaten gesehen habe, diese Ansicht bestätigen, fand ich in einigen jungen Regeneraten das caudale Ende des Pharynx, der wie gewöhnlich in der Tasche lag, mit der hinteren Wand der Pharynxtasche verwachsen. Ob diese Verwachsung erst sekundär vor sich gegangen ist, oder ob sich Pharynx und Pharynxtasche zugleich durch Auftreten von Spalten im Parenchym gebildet haben, wobei dann der Prozess am hinteren Ende des Pharynx am spätesten eingetreten sein würde, ist an den vorliegenden Präparaten nicht zu entscheiden. b) Anatomie des Pharynx von P]l. polychroa. Mit den vorzüglichen Angaben von Jijima (6), Jander (4), Micoletzky (11), Ude (19) stimmt diese Schilderung in den meisten, aber nicht in allen Punkten überein; um aber die Darstellung nicht zu weitläufig zu machen, will ich auf einen Literaturvergleich verzichten. Die Reihenfolge der Schichten des Pharynx von aussen nach innen ist: 1. Epithelplattenschicht mit Cilien, aussen dunkler und homogener als innen. Diese Platte sieht auf Schnitten wie ein Syneytium aus. Isoliert man aber einen Pharynx und bringt ihn 1 Stunde lang in 0,6 Prozent Kochsalzlösung, so kann man sehr deutlich die Zellgrenzen nachweisen (Fig. 15). Es gelingt auch recht gut, mit 0,25 Prozent Essigsäure die ganzen Epithelzellen mit ihren Kernen (Schicht 4) zu isolieren (Fig. 16). Dann erkennt man, dass die einzelnen Epithelplatten gezackte Ränder haben, mittels deren sie fest aneinanderhaften. Man sieht in der Figur neben dem Zellfortsatz noch mehrere andere Fortsätze, deren Bedeutung noch immer unklar ist. 2. Feine, aber scharfe, stark lichtbrechende Basalmembran. 3. Äussere Muskularis: Eine Schicht Längsmuskeln, zwei Lagen Ringmuskeln. 4. Kerne des Epithels. 24* 358 Paul Dame: 5. Schicht der Drüsenausführgänge: a) äussere Drüsenschicht, ziemlich schmal, von Kongorot stark rot, von Eisenhämatoxylin schwarz gefärbt. Die Drüsenausführgänge münden distal am äusseren Rande; b) Nervenplexus (entgegen Jijima, der ihn bei Pl. polychroa direkt auf die Aussenmuskulatur folgen lässt); c) innere Drüsenschicht, drei- bis viermal so breit wie a, mit Hämatoxylin-Kongorot nicht so stark gefärbt wie bei a, mit Eisenhämatoxylin blau. Dazwischen finden sich überall noch mit Hämatoxylin-Kongorot blaugefärbte Gänge. 6. Epithelkerne des Innenepithels. 7. Innere Muskularis: mehrschichtige Längs-, mehrschichtige Ringmuskeln (Fig. 20). S. Epithelplatten mit Cilien. Diese Innencilien sind doppelt so hoch wie die „Aussencilien“ und starrer als jene. Sie gehen ein Stück in die Epithelplatte hinein. Von der anderen Seite treten die Radiärmuskeln in diese Platte ein (Fig. 20 RM). c) Bau und Regeneration der Pharynxtasche. Die ganze Pharynxtasche ist von einer eigenen Muskularis umgeben, die nichts mit der Körpermuskulatur gemein hat und auch dort scharf von jener getrennt ist, wo der Zwischenraum zwischen Pharynxtasche und Epithel sehr gering ist. Die Muskulatur enthält zunächst eine sehr feine Längsschicht, die mit der Längs- muskulatur des Pharynx zusammenhängt und die Tasche auch an dem hinteren Teil umkleidet. Sie ist besonders gut mit Eisen- hämatoxylin auf Querschnitten zu erkennen. Die sie bildenden Muskelfasern sind etwa nur halb so dick wie die Fasern des Pharynx. Auf die Längsschicht folgt eine Lage von Ringmuskeln. Diese sind am vorderen und hinteren Ende der Tasche dichter nebeneinander angeordnet als in der Mitte, wo sie in grösseren oder kleineren Intervallen ziemlich unregelmässig aufeinander folgen. Jijima (6, S. 357) spricht von einer Muskulatur nur in dem vorderen Teil der Tasche, die gegen die Mitte zu aufhöre. Micoletzky (11) beschreibt bei Pl. alpina eine Muskularis in der ganzen Tasche. Was das Epithel der Pharynxtasche betrifft, so musste es befremdlich erscheinen, dass in ihm nur sehr wenig Kerne zu finden sind. Es stellt ein ganz dünnes Häutchen dar, das auch Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 359 keine Zellgrenzen aufweist. Mit Hilfe der Regeneration konnte ich den Sachverhalt klarstellen (Fig. 22). Wie das Pharynxepithel (Ph) in jungen Regenerationsstadien noch seine Kerne enthält, die dann später in die Tiefe wandern, so sind auch in dem Epithel der Tasche die Kerne in diesen Stadien noch sehr gut nachweisbar (Pt). Auch von ihnen beginnt allmählich ein grosser Teil ins Innere des Gewebes einzusinken. Fig. 22 ist ein Regenerat von 7 Tagen. Bei a ist noch ein Kern im Epithel; bei b beginnt ein anderer mit einem Teil des Zelleibes unter das Epithel herab- zusinken; bei ce ist der Prozess vollendet. Man erkennt den Unterschied von dem Vorgang beim Pharynxepithel. Dort bleibt der Kern mit der Epithelplatte stets durch einen Zellfortsatz in Verbindung, während die Verbindung hier (e) ganz aufgehoben wird. In Ptı-s sind noch verschiedene Stadien der Ablösung dargestellt. d) Zur Polypharyngie. Einige Süsswasserturbellarien, z. B. Phagocata gracilis und gewisse Formen vom Pl. alpina-Typus haben in einer Pharynx- höhle mehrere oder zahlreiche Pharynge. Gelegentlich kommen auch bei anderen Tricladen des Süss- und Meerwassers mehrere Pharynge in einer Tasche vor. Nach Mrazek (12, 13) beruht die Entstehung der Polypharyngie auf vorzeitiger Regeneration des Pharynx bei Unterdrückung der Querteilung, die eine Form der ungeschlechtlichen Fortpflanzung bei den betreffenden Arten bildet. Steinmann (15—1S) hat diese Theorie weiter aus- gebaut, während Wilhelmi (20—22) eine andere Erklärung dieser Erscheinung gegeben hat. Wilhelmi (20, S. 676) macht darauf aufmerksam, dass sich Polypharyngie gelegentlich künstlich erzeugen lässt durch Exstirpation des Pharynx an der Pharynx- wurzel, „indem das durch Verletzung zur Regeneration angeregte Parenchym Wucherungen bildet, die leicht zur Entstehung von zwei oder drei Pharyngen führen“. Diese gelegentliche teratogene Oligopharyngie soll nun bei einigen Formen durch Häufigkeit erblich geworden sein. Diese Erklärung scheint auch mir annehmbarer als die Mrazek-Steinmannsche Hypothese. Bei Pl. polychroa habe ich niemals Oligopharyngie beobachtet; dagegen gelang es mehrere Male, einen Doppelpharynx durch Einschnitte in die Pharynxgegend künstlich zu erzeugen. Folgende Fälle, in denen ein Doppel- 360 Paul Lang: pharynx entstand, werden vielleicht zur Lösung der Frage bei- tragen können. Eine Planarie wurde in der Mitte quer durchschnitten, so, dass der Pharynx durch den Schnitt noch eben mit abgetrennt wurde. In den vorderen Teil des Hinterendes wurde ein longi- tudinaler Einschnitt in die Pharynxhöhle gemacht. Nach kurzer Zeit war der so entstandene vordere Spalt wieder verwachsen. Nach zwölf Tagen wurde das Tier abgetötet und untersucht (Fig. 21). Augen waren noch nicht regeneriert, wohl aber ein ziemlich grosses Gewebstück vor der Pharynxkammer neugebildet. Ferner waren zwei Pharynge in die alte Pharynxtasche hinein regeneriert worden. Die beiden Pharynge liegen dicht neben- einander und haben so ziemlich dieselbe Grösse. Sie hängen beide mit dem Darm zusammen, der noch nicht vollkommen regene- viert ist. Bei einem anderen ebenso vorbehandelten Tier blieb der vorn hergestellte Spalt zum Teil offen: es entstand ein doppel- köpfiges Tier (Fig. 17). Dort, wo das Tier verwachsen ist, liegen zwei Pharynge in einer Tasche. An diesem Präparat ist sehr deutlich zu sehen, wie es möglich ist, dass zwei Pharynge, die je in einer Pharynxtasche getrennt voneinander liegen, in eine gemeinsame Pharynxtasche zu liegen kommen können. Zunächst hat jeder der beiden Köpfe eimen neuen Darmast und im An- schluss daran einen neuen Pharynx regeneriert. Jeder Pharynx lag in einer besonderen Tasche. Die dünne Gewebslamelle, die die beiden Taschenlumina voneinander trennte, ist aber in vor- liegendem Stadium im Begriff zu schwinden. In der unteren Hälfte ist bereits ein einheitliches Lumen hergestellt, während in der oberen Hälfte die zwei Pharynge noch durch ein dünnes (rewebsblatt getrennt sind. Würde nun, was oft bei doppel- köpfigen Individuen vorkommt (besonders leicht bei Hunger- zuständen), der linke kleinere Kopf allmählich schwinden, so läge ein Tier vor mit zwei Pharyngen in einer Pharynxtasche, wie in dem zuerst beschriebenen Fall. Durch diese Experimente können jedenfalls auch manche in der Natur vorkommende Fälle von mehrfachen Pharynx- bildungen erklärt werden. Indem ein Tier mehrere Einschnitte irgend welcher Art bis in die Pharynxgegend erhält, beginnt in jedem dadurch gebildeten Endstück die Neubildung eines Pharynx. Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 361 Bald aber verwachsen die Enden wieder miteinander noch ehe sie vollkommen regenerieren konnten (so geschah es bei meinen Versuchen tatsächlich meistens); da aber die Neubildung der Pharynge schon begonnen hat, wird sie weiter durchgeführt, da ja die Pharynge selbst nicht miteinander verwachsen. So entstehen zwei- und mehrfache Pharynxbildungen, zunächst in besonderen Kammern. Die diese Kammern trennenden Wände schwinden später, so dass die Pharynge in eine Pharynxtasche zu liegen kommen. Ergebnis. Gegenüber Korotneff (7) werden die Angaben Janders (4) über Regeneration des Pharynxepithels vollkommen bestätigt. Abweichend von der gewöhnlichen Ansicht ist eine Be- obachtung über die Neubildung des Pharynx bei der Regene- ration (S. 357). Anatomie des Pharynx (S. 357, Fig. 15, 16, 20) und der Pharynxtasche (S. 358) von Pl. polychroa. In jungen Regeneraten enthält das Epithel der Pharynx- tasche Kerne, die alsbald mit einem Teil ihres Zelleibes in die Tiefe wandern. Im Gegensatz zum Pharynxepithel bleiben sie aber mit der Epithelplatte nicht in Verbindung, sondern lösen sich ganz von ihr ab (Fig. 22). Oligopharyngie kann. künstlich dadurch hergestellt werden, dass die Planarien durch Abschneiden des Vorderendes bis zur Pharynxgegend und longitudinale Einschnitte in den so ent- standenen Stumpf zur Bildung mehrerer Köpfe und Pharynge angeregt werden. Durch frühes Verwachsen der Spalte oder späteres Schwinden der kleineren Köpfe entsteht wieder ein einköpfiges Tier. Die Pharynge werden entweder in die alte Tasche hinein regeneriert oder in gesonderte Taschen; letztere können durch Schwinden der Zwischenlamelle zu einer Kammer werden (Fig. 17 und 21). 362 ot —-] 10. 1. 12. 16. 17. 18. 19. Paul Lang: Literaturverzeichnis. Carriere, J.: Die Augen von Planaria polychroa Schmidt und Polycelis nigra Ehrb. Arch. f. mikr. Anat., 20, 1882, S. 160. Graff, L.von: Turbellaria in: Bonn, Klassen und Ordnungen. Vermes, 1. Abt., Acoela u. Rhabdoecelida, 1904—1908, S. 1733—2599, T. 1—30. Hesse, R.: Untersuchungen über die Organe der Lichtempfindung bei niederen Tieren. II. Die Augen der Plathelm., insbesondere der trieladen Turbellarien. Zeitschr. f. wiss. Zool., 62, 1897. Jander, R.: Die Epithelverhältnisse des Tricladenpharynx. Zool. Jahrb., Abt. Anat., 10, 1897. Jänichen, E.: Beiträge zur Kenntnis des Turbellarienauges. Zeitschr. f. wiss. Zool., 62, 1897. Jijima, J.: Untersuchungen über den Bau und die Entwicklungs- geschichte der Süsswasser-Dendrocoeen (Tricladen). Zeitschr. f. wiss. Zool., 1884. Korotneff, A.: Cytologische Notizen (Tricladenpharynx). Zeitschr. f. wiss. Zool., 89, 1908. Lang, P.: Über Regeneration bei Planarien. Arch. f. mikr. Anat., 7301912 Derselbe: Beiträge zur Anatomie und Histologie von Planaria poly- chroa. Zeitschr. f. wiss. Zool., 55, 1913. Derselbe: Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 1. Mitteilung: Heteromorphose und Polarität bei Planarien. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 82. Micoletzky, H.: Zur Kenntnis des Nerven- und Excretionssystems einiger Süsswassertricladen nebst anderen Beiträgen zur Anatomie von Planaria alpina. Zeitschr. f. wiss. Zool., 87, 1907. Mtiarzieil FAT: Über eine neue polypharyngeale Planarienart aus Montenegro (Pl. montenegrina). Sitzungsber. d. böhm. Ges. d. Wiss., Math.-nat. Kl., 1903. Derselbe: Eine zweite polypharyngeale Planarienform aus Montenegro. Sitzungsber. d. böhm. Ges. d. Wiss., Prag 1906 ed. 1907. Schultz, E.: Aus dem Gebiete der Regeneration. 2. Über Regene- ration der Turbellarien. Zeitschr. f. wiss. Zool., 72, 1902. Steinmann, P.: Eine polypharyngeale Planarie aus der Umgebung von Neapel. Zool. Anz., 32, 1907, S. 364. Derselbe: Die polypharyngealen Planarienformen und ihre Bedeutung für die Descendenztheorie, Zoogeographie und Biologie. Internat. Revue Hydrobiol., Leipzig 1908. Derselbe: Untersuchungen über das Verhalten des Verdauungssystems bei der Regeneration der Trieladen. Arch. f. Entw.-Mech., 25, 1908. Derselbe: Zur Polypharyngie der Planarien. Zool. Anz., 35, 1910. Ude, J.: Beiträge zur Anatomie und Histologie der Süsswassertrieladen. Zeitschr. f. wiss. Zool., 89, 1908. Experimentelle und histologische Studien an Turbellarien. 363 Wilhelmi, J.: Zur Regeneration und Polypharyngie der Tricladen. Zool. Anz., 32. Bd. Derselbe: Fauna und Flora Golf Neapel. 32. Monographie: Trieladen 1909. Derselbe : Nachtrag zur Mitteilung über die Polypharyngie der Trieladen. Zool. Anz., 35, 1910. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXI. =16: a7. „1-14. Amitosen in jungen Epithelregeneraten. Zeiss Imm. 2 mm, Comp.- Ok. 6,8 oder 12. Regenerat von 20 Stunden. Stück Epithel dicht an der Wunde mit mantelförmiger Amitose. Bei a Amitose. Rechts liegen die Kerne dicht aneinander. Wie Fig.1. Kern in Amitose; bei zwei verschiedenen Einstellungen der Mikro- meterschraube gezeichnet. Man kann die Einschnürung mit der Mikrometerschraube verfolgen. Wie 4. Regenerat sieben Tage alt. Im regenerierten Epithel Amitose in drei verschiedenen Einstellungsebenen gezeichnet. b ist die mittlere Einstellung, a etwas tiefere, c etwas höhere Einstellung. Der Kern liegt also schräg zur Schnittebene. Regenerat 43 Stunden. Zwei Amitosen in verschiedenen Einstellungs- ebenen gezeichnet: aa’ und bb‘. Regenerat 20 Stunden. Zwei Amitosen im Epithel. Amitose im Epithel dicht an der Wunde. Regenerat zwei Tage und 19 Stunden. Amitotische Kerneinschnürung. Wie 10. Regenerat von 20 Stunden. Amitose im Epithel. Kerne liegen dicht aneinander; sie haben sich wahrscheinlich ami- totisch geteilt. Wie 13. Oberflächenstück eines Pharynx, der eine Stunde lang in 0,6"/o Kochsalzlösung gelegen hat. Man sieht die Zellgrenzen in der kernlosen Epithelplatte. Zeiss Imm. 2 mm, Comp.-Ok. 6. Mit 0,25°0 Essigsäure isolierte Epithelzelle des Pharynx. Die Ränder der kernlosen Epithelplatte sind gezackt. Ausser dem kern- haltigen Fortsatz sieht man noch sechs Fortsätze, die allem An- schein nach Röhren sind, wie auch ihre Ausmündungen oben auf der Platte andeuten. Zeiss Imm. 2 mm, Ok. 4. Vorderteil einer doppelköpfigen Planarie. Eine normale Planarie wurde so durchschnitten, dass der Pharynx an seiner Wurzel noch eben mit abgeschnitten wurde. Dann wurde von vorn in die Pharynxtasche hinein ein Schnitt geführt. Die Schnittflächen sind 364 Paul Lang: Experimentelle und histologische Studien etc. im unteren Teil wieder verwachsen. Die zwei Pharynge waren zu- nächst je in einer besonderen Kammer entstanden. Die Gewebs- lamelle zwischen den zwei Kammern beginnt zu schwinden. Die Figur zeigt sie nur noch in der oberen Hälfte der nun gemein- samen Kammer. Zeiss Obj. aa, Ok. 4. Fig. 18. Sagittalschnitt durch das Vorderende einer Pl. polychroa, die zwei Haupt- und zwei Nebenaugen besass.. NO — Sehnerv des Haupt- auges, das selbst nicht getroffen ist. NON— Sehnerv des Neben- auges NA. D=Darmäste G= Gehirn. Fig. 19. „Heteromorpher Kopf“ einer Pl.polychroa. AK ==alter Kopf der normalen Planarie, mit zwei Haupt- (HA) und zwei Nebenaugen (NA). Er wurde abgeschnitten und regenerierte einen „hetero- morphen“ Kopf (HK) mit zwei Hauptaugen und einem Nebenauge (HNA). Zeiss Obj. 16 mm, Ok.1. Fig.20. Längsschnitt durch den Pharynx von Pl. polychroa. JE — Innen- epithelplatte. RM = Radiärmuskeln, RiM = Ringmuskeln, K— Kerne des Innenepithels. Zeiss Imm. Yıs, Ok. 1. Fig.21. Ähnlich wie bei Fig.17. Nur sind hier die Schnittflächen ganz verwachsen, ehe es zur Bildung eines Doppelkopfes kommen konnte. V=regeneriertes Vorderende D -- Darmgrenze: zwei Pharynge liegen in einer Kammer. Zeiss 16 mm, Ok.1. Fig. 22. Junges Regenerat des Epithels von Pharynx (Ph) und Pharynx- tasche (Pt). Bei a ist noch ein Kern im Epithel der Tasche. b, c und d sind Stadien, wo Kerne ins unterliegende Gewebe einsinken. Ebenso in Pt und Pts. Bei c sieht man, dass die Kerne mit dem untersinkenden Teil des Zelleibes mit der Epithelplatte nicht im Zusammenhang bleiben. Zeiss Imm. 2 mm, Comp.-Ok. 6 (Pts mit Ok. 12). 365 Die Verbindung des Vorderhirns mit dem metameren Hirn. Von B. Haller. Hierzu Tafel XXII und 1 Textfigur. Der erste, der die Grosshirn- oder Vorderhirnbahnen der Fische verfolgt hatte, war bekanntlich 1888 Edinger (2). In einer zweiten Schrift (3) gab er dann drei Jahre später Ergänzungen zu seinen früheren Befunden. Es verbindet sich nach ihm das Vorderhirn durch mehrere Bahnen mit dem Zwischenhirn, nämlich durch das basale Vorder- hirnbündel, das Mantelbündel und das Habenularbündel. Das basale Vorderhirnbündel entspringt bei den Knochenfischen mit drei Wurzeln im Vorderhirn, und zwar mit zweien aus dem dor- salen Vorderhirngebiet, mit einer dritten aus dem medianen. Bei den Selachiern aus dem Stammganglion entspringend, gelangt das basale Vorderhirnbündel basalwärts und da die Chiasma optica und die Commissura postoptica überschreitend, begibt es sich in das Z/wischenhirn. Zum Teil endet es da im Thalamusgebiet, ein Bündel davon zieht aber weiter kaudalwärts und konnte bis in die Oblongata verfolgt werden. Eine teilweise Kreuzung der Bündel der basalen Vorder- hirnbahn erfolgt in der Commissura postoptica. Aus der dorsalen Mantelregion entspringend, zieht die jeder- seitige Mantelbahn ziemlich senkrecht am hinteren Vorderhirn- rande hinab zur Basis hinter das Chiasma, dort kreuzen sich die beiderseitigen Bündel in der Commissura postoptica, um dann von hier aus kaudalwärts zu ziehen. Heute ist es festgestellt, dass sie im thalamalen Gebiete verbleiben. Die Habenularbahn verbindet das Vorderhirn mit dem Habenularganglion. 1895 habe ich im ersten Teil (7) meines Hirnwerkes auch über das basale Vorderhirnbündel bei Fischen berichtet und mit- geteilt, dass es, wie Edinger angab, entspringend und verlaufend innerhalb des Lobus inferior in meinem Vereinsgebiete endet. Eine 366 B. Haller: Kreuzung von Vorderhirnfasern in der Commissura anterior geht diese Bahn nichts an, aber es gelangt von ihr aus auch zu keiner Kreuzung in der Commissura postoptica. Bestritten hatte ich eine Verlängerung in das metamere Hirn aber auch. An dem Mantel- bündel unterschied ich einen dorsalen und einen ventralen Ab- schnitt; ersterer ist die Habenularbahn. Der ventrale kommt peripher ventralst von der Optieuswurzel gelegen zur Commissura postoptica. sich dort kreuzend, aber ein Teil bleibt ungekreuzt. Dieses gesamte untere Mantelbündel endet im Vereinsgebiet des Zwischenhirns und gelangt — wie ich dies auch jetzt ver- trete — nicht in das metamere Gehirn. Inzwischen hat sich die Sache dahin gestaltet, dass bezüglich des basalen Vorderhirnbündels meine Angaben, wonach aus diesen kein Nebenbündel in das metamere Gehirn gerät (Edinger, 1885) allgemein angenommen und das ganze Bündel infolgedessen den Namen Tractus strio-thalamicus erhalten hat. Auch bezüglich des Mantelbündels wird angegeben — ich führe nur Edinger (4, 5), Kappers (12) und Goldstein (6) an — dass nach der Kreuzung in der Commissura postoptica die Fasern im Vereinsgebiet verbleiben. Bezüglich des Mantelbündels bin ich auch jetzt derselben Meinung und Edingers Irrtum wäre so- mit beseitigt. Gleichzeitig möchte ich aber einen Irrtum auch meinerseits feststellen bezüglich des basalen Vorderhirnbündels, denn Edinger hatte 1888 recht, als er eine Verlängerung eines Nebenbündels vom Hauptbündel in das metamere Hirn (er sagt in die Oblongata) behauptete. Er bestand aber damals nicht fest genug auf seinem Befund und heute hat er ihn fallen lassen. Der einzige ist, soviel mir bekannt, Friedr. Mayer in Prag (14), der darauf besteht, dass bei Ammocoetes Fasern aus dem Vorderhirn direkt, also ohne Unterbrechung, allerdings ge- kreuzt in der Commissura anterior, was unrichtig ist, Fasern in das metamere Gehirn geraten. Ähnlich steht es bezüglich der Reptilien. Da war es mir auch nicht gelungen (8), einen direkten Übergang des basalen Vorderhirnbündels in das metamere Hirn festzustellen, denn wie es sich weiter unten zeigen wird, habe ich am unrichtigen Orte darnach gesucht. So scheint es auch Unger (15) sieben Jahre später ergangen zu sein. Ich liess alle Fasern des basalen Vorderhirnbündels nur vermittelst des Vereinsgebietes mit dem Die Verbindung des Vorderhirns mit dem metameren Hirn. 367 metameren Gehirn in Verbindung treten. Dies schien mir um so sicherer zu sein, als es mir gelungen war, eine Endigung der Pyramidenbahn im Vereinsgebiet, speziell im Lobus inferior festzustellen. Bei den Säugetieren besteht das basale Vorderhirnbündel, das auch als Grosshirnschenkel bezeichnet wird, aus vier ver- schiedenen Bahnen: 1. dem Tractus cortico-spinalis, 2. dem Traetus cortico-pontinus, 3. dem Tractus cortico-bulbaris und 4. dem Tractus strio-thalamieus. Die drei ersteren werden den Fischen gegenüber von Edinger (5) als Neubildungen erklärt. Denn er nimmt heute an, dass die Grosshirnrindenbahnen, „erst relativ spät in der Reihe auftreten und noch viel später erst eine gewisse Voll- kommenheit erreichen; ja, dass solche Bahnen erst bei den Säugern zu der Mehrzahl der anderen Hirnteile in Beziehung treten“, (4, S. 242). Der Traetus cortico-spinalis entsteht in der Grosshirnrinde aus der vorderen Zentralwindung bei dem Menschen und wird zur Pyramidenbahn. Der Traetus cortico-pontinus stammt aus dem Stirnlappen. dann aus dem Temporal- und Oceipitallappen und soll in der Brücke enden. Der Tractus cortico-bulbaris gelangt aus der unteren Frontalwindung als Sprachbahn zum Hypoglossuskern. Der Tractus strio-thalamieus verbindet das Striatum mit dem Thalamus. Zum grössten Teil aber sind diese Verbindungen nur aus klinischen und experimentellen Beobachtungen erschlossen — deren Bewertung durchaus nicht verringert werden soll — und die morphologischen Beweise für eine direkte und nicht ver- mittelte Verbindung stehen aus. So wie die Sache bei den Nicht- säugern lag, war es nicht möglich mit Bestimmtheit zu behaupten, ob diese Bahnen sich durch das Vereinsgebiet ohne Unterbrechung in das metamere Gehirn fortsetzen oder erst durch dessen Ver- mittlung jener Zusammenhang erzielt wird, wie dies ja für viele andere Bahnen feststeht. Zum Teil darum verhielt ich mich 1906 (10) skeptisch der ersten Annahme gegenüber und meine Skepsis konnte selbst durch eigene Beobachtungen am Putorius-Hirn, nach denen das kaudale Ende des basalen Vorderhirnbündels bis an die Brücke gelangt und welches Präparat ich auch abbildete (l. ce. Textfig. 22) 368 B. Haller: nicht beseitigt werden. Bei der Maus (9) und Fledermäusen (11) war es mir nämlich damals nicht gelungen den direkten Über- gang des hintersten Endes von der basalen Vorderhirnbahn in das metamere Hirn zu erkennen, wie denn auch niemand dafür bisher den morphologischen Beweis erbracht hat. Man möge hierüber nur die Lehr- und Handbücher Köllikers (135), Bechterews (1) und Edingers (4,5) u. a. vergleichen. Nirgends findet sich eine beweisende Abbildung dafür und selbst die Halb- schemata vom Nagergehirn in diesen Werken versagen, nur die Vollschemata, insbesondere von Bechterew, stehen dafür ein. Aber so steht es auch in den Einzelabhandlungen. Hier nun einmal Ordnung zu schaffen, war somit guter Rat teuer und als ich auf neuen Präparaten von Scyllium jene von Edinger 18838 gesehene Fortsetzung des basalen Vorderhirn- bündels in das metamere Hirn neulich wiederfand, ging ich auch an die Aufsuchung derselben bei Reptilien und bei den Säugetieren. Die Amphibien mögen diesmal wegbleiben, der Reptilienbefund gilt auch für sie. Für die Fische wählte ich abermals Seyllium und Salmo. Für ersteren habe ich die Vorderhirnbahnen, soweit sie sich auf das Zwischenhirn und das metamere Hirn erstrecken, auf ein Halbschema (Fig. 2) übersichtlich eingetragen. Es sammelt sich das Mantelbündel (mb) aus allen drei Teilen des Vorderhirns (I, II, III), — welche Teile ich andern Orts ausführlich beschrieben habe (10) — und indem die drei Bündel dann, peripherst an dem Vorderhirn gelegen, nach ventro- kaudal gerichtet nach dem Zwischenhirn zu ziehen, vereinigen sie sich dort, wo sie das Zwischenhirn, das Brachium cerebri, hinter dem Velum transversum erreichen, zu einem einheitlichen Bündel. Dieses trennt sich aber alsbald in zwei Hälften, wovon die eine dorsal, an der Kante des Brachium, die andere lateral von der ersten, fest an ihr gelegen, im vorderen Teil des Zwischen- hirns über den die Tela choroidea anterior lagert. Etwas vor dem (ranglion habenulae (gh) weichen die beiden Bündel auseinander, wobei das dorsale (mb‘) als Vorderhirn - Habenularbahn in das Habenularganglion tritt. Das untere Bündel, das eigentliche Mantelbündel, erreicht, wie ich schon früher geschildert und abgebildet habe (7, Fig. 28 C.). die Optieuswurzel und liegt ihr von aussen ganz fest an. Dies Die Verbindung des Vorderhirns mit dem metameren Hirn. 369 ist aus der zitierten Abbildung zu ersehen, denn in das Halb- schema konnte man es so nicht eintragen. Sofort hinter der Optieuswurzel zerfällt das Bündel in zwei Nebenbündel. Davon kreuzt das innere in der Commisura postoptica und das äussere gerät ungekreuzt in das Vereinsgebiet, wo dann beide enden. Dies war bisher bekannt, unbekannt blieb es aber bisher, dass etwas vor der obengenannten Teilung in zwei Unterbündel das Mantelbündel ein Nebenbündel (b) in das Tectum opticum abgibt. Es tritt somit durch diese Vorderhirn-Tektalbahn das Vorder- hirn mit dem metameren Hirn in Verbindung. Das basale Vorderhirnbündel sammelt seine Fasern sowohl aus der medianen Wand der Vorderhirnhemisphären (10, Fig. 9), als auch aus dem striatalen und dem ganzen dorso- lateralen Teil derselben (l.c. Textfig. 2, bvhb) und das so an der Basis einheitlich gewordene Bündel (l. c. Fig. 10) liegt nun basalwärts in dem vorderen Teil des Zwischenhirns, im Bindearm. Es liegt unterhalb der eigentlichen Rindenlage, indessen der mit ihm parallel hinziehende Funiculus olfactorio-corticalis (Fig. 2 f. oei) über jener Rindenlage in der Plexiformschichte der Rinde lagert. Das basale Vorderhirnbündel gibt keine Fasern an die Commissura anterior (ca) ab. Diese hat selbständige Bündelsysteme. In der angegebenen bekannten Lage erreicht das basale Vorderhirnbündel das Chiasma opticum, um, soweit es nicht über und median von demselben liegt (vgl. 7, Fig. 74), auch durch seine Bündelsysteme durchzudringen. Damit ist dann die Bahn bis kaudal von dem Uhiasma geraten, wo es nun am Vereinsgebiet (Fig. 2 vg) in viele Einzelbündel auseinander stiebt. Diese vielen Einzelbündelchen gelangen dann in das Vereinsgebiet, dem sog. Hypothalamus, und enden dort, und nur ein stärkeres Bündel macht davon eine Ausnahme. Es liegt dieses an der medianen Seite des Vereinsgebietes (Fig. 3 bvhb’), doch nicht immer in gleicher Höhe, manchmal auch ventraler (Fig. 1 bvhb‘), und hier auch nicht immer als kompaktes Bündel, sondern erst noch aus mehreren Bündeln bestehend, somit diftus. Hinter dem Vereins- gebiet aber, an der Mündung des Saccus vasculosus (Fig. 4 sv), ist es stets ein kompaktes Bündel (bvhb‘) und lagert basalwärts und über jener Mündung. In dieser Weise erreicht es die Oculo- motoriuswurzel (Fig. 1, 5 om) und liegt ihr basalwärts von der äusseren Seite an (bvhb‘), es kann aber sein medianer Teil von 370 B. Haller: der Oeulomotoriuswurzel auch durchzogen sein, was wohl die Regel ist. Kompakt bleibt diese Bahn bis in die Gegend des Trochlearis (Figg. 2, 6 bvhb‘‘), wo sie in basomedianer Lage über dem Ganglion interpedunculare (g. ip) lagert. Mit der Kreuzung hierselbst (Fig. 1, 6k) hört aber diese Bahn als kompaktes Bündel auf, viele ihrer Fasern werden nach erfolgter Kreuzung zu Fibrae arcuatae, ohne dass man entscheiden könnte, dass alle ihre Fasern auf diese Weise sich verhalten würden. Tatsache ist bloss, dass diese Bahn als geschlossenes Bündel hinter der Trochlearisgegend nicht mehr besteht, was aber durchaus die Möglichkeit nicht aus- schliesst, dass diffus gelagerte Fasern von ihr ungekreuzt nicht weiter kaudalwärts zögen. Ich will nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dass diese Bahn in ihrem kaudalsten Verlauf schon öfter auf Querschnitten gesehen und von Edinger (4) als Tractus bulbo-thalamieus bezeichnet wurde, in der Oculomotoriusgegend aber für ihn als Tractus cerebello-thalamicus eilt (vgl. 4, Fig. 91, 138). Als be- weisend aber dafür, dass Edinger sich hierin geirrt, ist doch immerhin die Abbildung des sagittalen Längsschnittes (von mir auf Fig. 1), aus dem deutlich die Natur dieser Bahn, als Vorder- hirnbahn, hervorgeht. Hier möchte ich noch hinzufügen, dass ich diesbezüglich das gleiche Verhalten auch bei Salmo gefunden habe. Auf Fig. 9, 10, 11, 12 habe ich diese Bahn im I. Teil meines Hirnwerkes (7) mit vsb bezeichnet und als die gekreuzte ventrale Assoziationsbahn des Teetum opticum genannt. Dies möchte ich jetzt dahin verbessern, dass letztere Bahn jenem Bündel aus dem Vorderhirn auswärts in diffuser Form anlagert, wie auch bei Scyllium (Fig. 5 vsb). Für die Reptilien benutzte ich meine alten Präparate von Emys und neue von grossen Exemplaren dieser Schildkröte. Auf einem mediosagittalen Längsschnitte, der den Thalamus opticus in seiner Mitte traf, aber nach auswärts von dem Habenular- ganglien hinzieht und welcher Schnitt (Fig. 7) zwischen den im zweiten Teil meines Hirnwerkes (S) abgebildeten zwei Schnitten (Fig. 6 und 7) liegt, sehe ich die Verbindung zwischen Vorder- hirn und der Pyramidenkreuzung (p) so deutlich, dass ich mich wundern muss, wie dieses Bündelsystem (bvhb‘) mir früher entgehen konnte. Es ist ja wohl wahr, dass an kleinen Exemplaren, wie das mein früheres Material war, der Zusammenhang in der Die Verbindung des Vorderhirns mit dem metameren Hirn. ul Thalamusgegend lange nicht so deutlich ist, da das ganze Bündel von hier an nach frontalwärts zu weniger tief geschwärzt erscheint auf Markscheidenfärbungen, allein dies entschuldigt doch nicht. Es durchzieht dieses Bündel mit den übrigen Fasern des basalen Vorderhirnbündels (bvhb) das ganze Striatum und ist dann frontal bis an die Rinde zu verfolgen. Ich verweise dies- bezüglich auf einen Sagittalschnitt im zweiten Teil meiner Hirn- schicht auf Fig. 2. Es ist dies Bündel hier jenes, das ich auf jener Abbildung mit r bezeichnet habe und welches als Faseiculus corticalis anterior (f. sc. a) in die Stirnrinde hineinzieht. Ich sagte darüber: „Es zieht nämlich aus der Markrinde des Üortex, aus der Grenze zwischen Pallium und der Area parolfactoria, den Suleus coronalis und die Ganglienzellschicht des Gycus coronalis durchsetzend, ein ansehnliches markhaltiges Bündel ventralwärts und versenkt sich zwischen die Fasern jener Bündel im Striatum“ (l.e. S. 331). Es lässt sich dann dieses Bündel nach meinen letzten Befunden (Fig. 7 bvhb‘”) bis in die Oblongata verfolgen. Dabei möchte ich bemerken, dass der Fasciculus corticalis anterior nur ein Teil jenes Bündelsystems ist, das Unger (15) als Fasciculus tegmenti anführt, und von dem er einen Teil als markloses Bündel in die Commissura fornicata treten sah. Innen liegt das Bündel dorsal (Fig. 7 bvhb‘‘) in dem basalen Vorderhirnbündel (bvhb) und erreicht so das Vereinsgebiet (vg). Hier zwischen dem Thalamus (tho) und dem Vereinsgebiet (vg) gelegen, biegt es hinter dem Vereinsgebiet nach oben und be- schreibt im metameren Hirne bis zum Kleinhirn einen nach dorsal- wärts zu konvexen Bogen (bvhb‘). Dabei ist diese ganze Bahn im Zwischenhirn und dem metameren Hirnboden kein einheitlich kompaktes Bündel, sondern ein auseinandergelegenes Bündel- system, das eben darum auf sagittalen Längsschnitten gut erkenn- bar, auf Querschnitten aber mit dem Fasersystem der sogenannten Haubenbahn (gemischtem Längsfasersystem des metameren Hirnes mihi) so verwoben ist, dass ich es davon nicht zu unterscheiden vermag. So zieht denn dieses Bündel, nachdem es die Commissura ansulata passiert, in der Kleinhirngegend abwärts und verdichtet sich hier, um sich hinter dem Kleinhirn ganz basalwärts mit jener Bahn zu vereinigen, die ich als Pyramidenbahn (pyb) be- zeichnet hatte. Letztere entspringt, wie ich gezeigt hatte, im Vereinsgebiet speziell im Lobus inferior (l. c. Fig. 9 pyb). Archiv f. mikr. Anat. Bd. 82. Abt. I. 25 372 B. Haller: Dass diese Bahn in der Commissura ansulata Kreuzungs- fasern abgibt, erhellt wohl daraus, dass sie später weniger faser- reich zu sein scheint. Bezüglich der Säugetiere möchte ich mich vorerst nur an die Maus halten und gleich bemerken, dass ich das meiste, was über das basale Vorderhirnbündel gesagt werden soll, im dritten Teil meiner Hirnarbeit bereits beschrieben und abgebildet habe. Nur einen sagittalen Längsschnitt hatte ich nicht genügend gewürdigt. Es fällt dieser zwischen die beiden Schnitte auf Fig. 8 und 9 (9). Ich hatte dort über das basale Vorderhirnbündel ge- sagt (l. c. S.431), dass „sobald es das Ganglion hypothalamicum laterale erreicht, teilen sich lateralwärts seine Bündel auf und umgreifen so von der ganzen lateralen Seite das Ganglion schalen- förmig. Hierbei biegen die distalst gelegenen Fasern des Bündels im Ganglion nach aufwärts und vermengen sich vielfach mit den Pyramidenfasern. Nur ein Teil dieser Fasern verbleibt aber in dem Ganglion derselben Seite, der andere durchsetzt bloss das gleich- seitige Ganglion, um dann durch die Commissura infundibularis hindurch in das anderseitige Ganglion zu gelangen ..... Gerade dort, wo das Vorderhirnbündel das Ganglion erreicht, zweigt sich etwas medianwärts von der früheren Stelle ein starkes Bündel aus dem ventralsten Teil des Hauptbündels in höchst charak- teristischer Weise, unter fast rechtem Winkel, ab, und begibt sich dorsomedianwärts..... Es entspringt aber dieses Bündel nicht im Grosshirn, sondern seine Fasern sind blosse Kollateraläste solcher Fasern, die aus Ganglienzellen des Ganglion hypothalamicum laterale entspringend, im basalen Vorderhirnbündel grosshirnwärts ziehen (Kölliker)“. Bezüglich jener Stelle, wo ich über die Vermengung der Fasern des basalen Vorderhirnbündels mit jenen der Pyramidenbahn im Ganglion bypothalamicum laterale sprach, sagte ich dann in einer Fussnote, dass „diese innige Aneinander- lagerung, besonders bei so gedrängten Zuständen, wie sie sich im Mäusegehirn finden, konnte es freilich leicht veranlassen, dass ein direkter Übergang von Pyramidenfasern und anderen Bahnen in die Grosshirnrinde angenommen wird.“ Hieran nun möchte ich anknüpfen. Jener sagittale Schnitt, den ich oben genannt habe, und der zwischen die abgebildeten Schnitte (9, Fig. S und 9) des dritten Teiles meines Hirnwerkes fällt (Fig. S, vorl. Arb.), ist so geführt Die Verbindung des Vorderhirns mit dem metameren Hirn. 373 (Textfig. 1 y, y), dass das basale Vorderhirnbündel in seiner Mitte der Länge nach durchschnitten ist und ist der zweite Schnitt der nach aussen zu dem auf der Fig. S des zitierten Werkes abgebildeten folgt. Jenes nach dorsalwärts hinaufziehende Bündel (Fig. 5 bvhb‘) aus der gemeinsamen Bahn (bvhb) ist noch da. y Ile bvhb‘ Fig. 1. Maus. Horizontalschnitt durch das Grosshirn an dessen bodenwärtigem Teil. Die Schnittrichtung zeigt auf Fig. $Syy. ca = Commissura anterior; g. ip — Ganglion interpedunculare ; m = metameres Hirn: ce — Commissur der basalen Vorderhirnbahn (bvhb); P = Pons; bvhb'' — cerebrale Pyramidenbahn; ga — Gyrus ammonis; st — Striatum; op —= Opticus. Die ganze Bahn tritt in das Ganglion hypothalamicum laterale (ghy‘) ein, ohne dasselbe, wie weiter auswärts, korbförmig zu umgreifen. Allein nur in der dorsalen Hälfte dieser Eintrittsstelle lassen sich die Fasern in das Ganglion verfolgen; es sind dies jene 25* 374 B. Haller: Bündel, die, wie wir oben sahen und wie Kölliker uns belehrt hatte, als Zellfortsätze von Ganglienzellen aus dem Ganglion hypothalamicum iaterale stirnwärts zu ziehen und nach dorsal- wärts zu ihre Kollateralfasern zu einem Bündel (bvhb‘) zusammen- treten lassen. Unter dem Ganglion hypothalamicum laterale zieht aber das Bündel (bvhb‘‘) hinweg, macht dann kaudalwärts vom Ganglion, entsprechend der Krümmung des Hirnbodens, hier gleichfalls eine nach dorsalwärts konvexe Krümmung und gelangt damit aus dem Zwischenhirn in das metamere Hirn. Hier stets bodenwärts und somit peripher gelegen, hat es gleich die Brücke (P) erreicht. Ein guter Teil seiner Fasern versenkt sich in die Brücke, der bodenwärtigste aber, gering an der Zahl, zieht unter der Brücke weiter kaudalwärts zu. Oberhalb der Knickungsstelle des Hirnbodens vor der Brücke liegt hier über dem beschriebenen Bündel jener Teil der Pyramiden- bahn (pyb‘). welcher etwas mehr medianwärts in voller Mächtigkeit (9, Fig. S pyb‘) in das Ganglion hypothalamicum laterale einbiegt und wie ich für die Maus, Igel und Chiropteren, dann für die Reptilien gezeigt hatte, in jenem Ganglion endigt oder beginnt. Oberhalb dieser Stelle zieht die gekreuzte laterale Assoziations- bahn der Vierhügel (amb) nach oben zu. Diese Bahn wird ge- kreuzt durch die sogenannte Haubenbahn (M). Diese Bahn verliert sich im Vereinsgebiete etwas von oben nach unten zu biegend. Hier in gleicher Biegung nach kaudal- wärts zu liegt vor ihr jenes Bündel des basalen Vorderhirnbündels (bvhb‘), welches als Kollateraläste aus dem Ganglion hypothala- micum laterale durch Kölliker erkannt ward. Ich habe nun nach dem Befund bei Fischen und Reptilien gedacht. vielleicht hängen hier (x) diese Bahnen zusammen und suchte nach einer solchen Verbindung, allein vergebens. Es splittern sich hier beide Enden der Bündel völlig auf, indem sie vorher schon marklos geworden sind. Kaudalwärts von der Brücke sieht man die Pyramidenbahn aus nebeneinander verlaufenden Faserbündeln bestehen (pyb), die aber, wie Querschnitte zeigen (siehe 9, Fig. 30, 33—38 pyb) medianst ein dichtes Hauptbündel bilden, was aber für uns das Wichtigste ist. besteht in der Tatsache, dass in der Pyramidenbahn der Säugetiere hauptsächlich zwei Bündelsysteme nebeneinander verlaufen, von denen das eine im Die Verbindung des Vorderhirns mit dem metameren Hirn. 375 Ganglion hypothalamicum laterale, das andere in der Grosshirnrinde sein vorderes Endgebiet hat. Wir wollen von den verschiedenen Kaudalendgebieten der Pyramidenbahn, gekreuzten und ungekreuzten Fasern und dem Verhalten in der Brücke einstweilen absehen und nur das Ende in der Grosshirnrinde etwas näher betrachten. Dabei glaube ich mich doch keinem abermaligen Tadel auszusetzen, wenn ich die beiden Hauptbündelsysteme in der Pyramidenbahn mit verschiedenen Namen. je nach ihrem frontalen Endgebiet, bezeichne. Es sind die hypothalamale und die cerebrale Pyramidenbahn. Auf horizontalen Längsschnitten erkennt man, wie ich dies auf Fig. 27 des dritten Teiles meines Hirnwerkes abgebildet habe, das basale Vorderhirnbündel aus zwei Teilen bestehen, aus einem äusseren und einem inneren, diesem fest anliegenden. Textfig. 1 stellt hier eine vereinfachte Kopie dieser Abbildung dar, wobei das innere Bündel, das nur als cerebrale Pyramidenbahn erkannt wurde, schwarz gezeichnet (bvhb‘‘) und schematisch in die Brücke (P) verlängert wurde. Was aussen von dieser Bahn vom basalen Vorderhirnbündel liegt, ist indessen jener Teil, der teilweise im gleichseitigen Ganglion hypothalamicum laterale (ghy) endet oder durch die Commissur (c) in das jenseitige Ganglion gerät. Von diesem Bündelteil können wir mit Sicherheit heute aussagen, dass seine Fasern doppelleitend sind, insofern ein Teil im Ganglion hypothalamicum laterale aus Ganglienzellen entsteht und in der Grosshirnrinde oder im Striatum aufsplittert, der andere aber in Grosshirnrinden- und Striatumzellen entsteht und im Ganglion hypo- thalamicum laterale aufsplittert. Hierauf hatte schon Kölliker hingewiesen (13). Das Striatum zum Teil wenigstens als ein Ab- kömmling der Grosshirnrinde (Fische, Reptilien, Vögel) aufzu- fassen, darf aber nicht in starken Gegensatz zur Rinde gestellt werden. Der Bündelteil also kann nur den Namen Tr. cerebro- hypothalamicus führen. Es bezieht die Grosshirnpyramidenbahn den grössten Teil ihrer Fasern bei den Nagern noch aus dem Stirnhirn (Textfigur), allein ein geringerer Teil gerät auch hier, wie Sagittalschnitte zeigen (Fig. 8). aus temporalen und vielleicht auch oceipitalen Teilen des Grosshirnmantels in das Bündel. Letztere Fasersysteme erfahren dann eine ungemein grössere Vermehrung mit der zunehmenden Vergrösserung des Grosshirn- 376 B. Haller: mantels bei Putorius, wie ich dies gezeigt habe (9, besonders Textfie. 18), und erlangen ihre grösste Vermehrung bei dem Menschen. Als ein frontales (Arnoldsches) Bündel und kaudales (Türcksches) Bündel die Tractus cortico-pontini umfassen sie im Hirnschenkel den Tractus cerebro-hypothalamieus. Das Arnold- sche Bündel fasst bei dem Menschen als Weiterdifferenzierung, die Sprachbahn in sich. Doch setzt man noch eine weitere Differenzierung jenes Bündels voraus, den Tr. cortico-spinalis. Dieser nur soll die Brücke passieren. Wie wir nun in vorliegender Schrift sahen, ist jene ein- heitliche cerebrale Pyramidenbahn schon bei den Fischen auf- getreten und erhält sich in gleicher Weise bei den Reptilien. Sie hat hier scheinbar eine andere Lage wie bei den Säuge- tieren, eine höhere, und erreicht die basalwandige Lage erst im kaudaleren Verlauf. Dieses Verhalten ändert sich mit den Säugetieren, indem das cerebrale Bündel der Pyramidenbahn eine basalwärtigere Lage gewinnt, was wohl mit der völligen Differenzierung eines Thalamus und des Vereinsgebietes erzielt wurde. Denn erst jetzt von den Reptilien an kann die Be- zeichnung Hypothalamus mit der Differenzierung eines Thalamus aus dem Vereinsgebiet eine Geltung haben, da bei den Fischen mit der völligen Entfaltung eines Lobus optieus kein Thalamus bestand. Dies hatte ich bewiesen (7).') Mit der starken Vorwärtsschiebung, verursacht durch Kon- zentration, war wieder die massige Entfaltung des Vorderhirns bedingt, und nun gelangte nicht nur das Ganglion interpedunculare weiter frontalwärts, sondern auch die Brücke entfaltete sich aus früheren Anfängen bei den Fischen. Weit hinten liegt bei diesen jene Kreuzungsstelle (Fig. 1 k), die später der Brücke angehört und bis wohin einstweilen die Pyramidenbahn bei diesen niederen Chordaten verfolgt werden konnte. Es versteht sich wohl von selbst, dass die bis zur Brückenkreuzung reichende Pyramiden- bahn der Fische beide Bündel in sich schliesst. Es ist die Pyramidenbahn ein gemischtes System von Längs- bahnen, insofern sowohl Fasern aus Grosshirnrindenzellen als auch '!) Die Bezeichnung Hypothalamus und hypothalamal müsste konse- quenterweise doch wegfallen, wenn es nicht Unvorsichtigkeit genug noch gäbe, die selbst — es ist wahr — sogar von einem Balkensystem bei Ichthyden gesprochen hätte! Die Verbindung des Vorderhirns mit dem metameren Hirn. 377 solche aus Zellen des Vereinsgebietes in sie gelangen. . Es handelt sich aber jedesmal um von frontal nach kaudal, also um eine zentrifugale Leitung. Es tritt durch die Pyramidenbahn die Grosshirnrinde mit allen drei Kerngebieten (oberes, mittleres, unteres) in Beziehung. Soweit es sich aber um den Beginn im (ranglion hypothalamicum laterale handelt, dürfte es sich vıel- leicht auch um zentripetale Leitung nach der Grosshirnrinde zu handeln. Denn ich erinnere daran, dass die Grosshirnrinde mit einer grossen Zahl von metameren Hirnbahnen vermittelst des Vereinsgebietes mit der Grosshirnrinde in Beziehung steht. So z. B. mit dem Vorderstrang-Grundbündel, dessen fontales Ende im Vereinsgebiet verbleibt. In diesem Falle handelt es sich dann nur um Zuleitungen zur Grosshirnrinde und zum Striatum. Ich schliesse somit mit der Bemerkung, dass auch die Pyramidenbahn ihren Vorläufer bei den Fischen hat, die mit der Entfaltung der Grosshirnrinde in entsprechender Weise zu- nimmt. Eine völlig grundlose und der Entwicklungsidee, die doch genügendlich begründet ist, widersprechende ist jene An- nahme. dass eine bei den höheren Säugetieren oder Säugetieren über haupt domimierende Balın sei ein Neuerwerb ohne Vorläufer sei. Heidelberg, im April 1913. Literaturverzeichnis. 1. Bechterew, v.W.: Die Leitungsbahnen im Gehirn und Rückenmark. Leipzig 1899. 2. Edinger, L.: Das Vorderhirn. Abhandl. d. Senckenbergschen naturf. Ges., Bd. XV. 3. Derselbe: Das Zwischenhirn. Ebendort, Bd. XVII. 4. Derselbe: Vorlesungen über den Bau der nervösen Zentralorgane. Bd. II, Leipzig 1908. d. Derselbe: Dieselben. Bd. I, Leipzig 1911. 6. Goldstein, K.: Untersuchungen über das Vorderhirn und Zwischen- hirn einiger Knochenfische Arch. f. mikr. Anat., Bd. LXVI, 1905. 7. Haller, B.: Vom Bau des Wirbeltiergehirns I. Morph. Jahrb., Bd. XXVI. 8. Derselbe: Vom Bau des Wirbeltiergehirns II. Morph. Jahrb., Bd. XXVII. 9. Derselbe: Vom Bau des Wirbeltiergehirns III. Morph. Jahrb., Bd. XX VII. 10. Derselbe: Die phyletische Entfaltung der Grosshirnrinde. Arch. f. mikr. Anat., Bd. LXXT. 11. Derselbe: Beiträge zur Phylogenese des Grosshirns der Säugetiere. Arch. f. mikr. Anat., Bd. LXIX, 1906. IB. AHlra liter: 12. Kappers, A.: The Strukture of the Teleostean and Selachian Brain. Journal of Comp. Neurologie and Physiologie, Bd. XVI, 1906. 13. Kölliker, A.: Handbuch der Gewebelehre des Menschen. 6. Aufl, Bd. II, Leipzig 1896. 14. Mayer, Fr.: Das Zentralnervensystem von Ammocoetes. Anat. Anz.. Bd. VIII, 1897. 15. Unger, L.: Das Vorderhirn des Geckos. Merkels Anat. Hefte, Bd. 31, 1906. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXI. Vh st gao bof cp e. po bvhb bvhb‘ bvhb'‘ pyb pyb‘ p k mb b mb ch M dmb om tr IV onk g. ip SV Vorderhirn. Striatum. Ganglion areae olfactoriac. Bulbus olfactorius. Funiculus olfactorius inferior. Thalamus optiecus. Nervus optieus. Lobus optieus. Vereinsgebiet. Ganglion hypothalamicum laterale. Lobus inferior. Brücke. Nucleus opticus lateralis. eekreuzte ventrale Assoziationsbahn des Tectum opticum. Kleinhirn. Commissura anterior. Commissura posterior. Commissura postoptica. basales Vorderhirnbündel. dessen dorsalwärts ziehendes Bündel. cerebrale Pyramidenbahn. Pyramidenbahn. deren Ende im Ganglion hypothalamicum laterale. Gegend der Pyramidenkreuzung. Brückenkreuzung. Mantelbündel. dessen dorsaler Ast. Vorderhirn-Habenularbündel. Ganglion habenulae. Haubenbahn. gekreuzte laterale Assoziationsbahn der Vierhügel (Lobus opticus). Oculomotorius. Trochlearis. Trochleariskern. Ganglion interpedunculare. Saccus vasculosus. Die Verbindung des Vorderhirns mit dem metameren Hirn. 379 Sceyllium cat. Sagittaler Längsschnitt durch das Zwischen- und Mittelhirn. Seyllium. Auf einem sagitto-lateralen Längsschnitt des ganzen Gehirns sind Vorderhirnbahnen halbschematisch eingetragen. Sceyllium. Querschnitt aus der Gegend der Commissura posterior. Sceyllium. Ebenso aus der Mündungsgegend des Saccus vasculosus. Sceyllium. Ebenso durch die Oculomotoriusgegend. Seyllium. Ebenso durch die Trochlearisgegend. Emys. Sagitto-lateraler Längsschnitt durch das ganze Gehirn. Hausmaus. Ebenso. 380 Aus dem histologischen und embryologischen Institute der k. und k. Tier- ärztlichen Hochschule in Wien. (Vorstand: Prof. Dr. v. Schumacher.) Über die Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Bursa Fabricii und einige andere Organe junger Hühner. Von Tierarzt Dr. Hans Unzeitig. Hierzu Tafel XXIII und 2 Textfiguren Über die Bursa Fabrieii sind in neuerer Zeit mehrere Arbeiten erschienen, die sich mit der Lösung von zum Teil noch strittigen histologischen und funktionellen Fragen beschäftigen. Im allgemeinen gilt die Bursa als Iymphoides Organ, das mit steigendem Alter der hückbildung anheimfällt. Infolge ihres Reichtums an Lymphozyten scheint sie funktionell dem übrigen adenoiden Gewebe des Darmes zu entsprechen. Bekanntlich ist die Bursa Fabricii ein Anhangsorgan der Kloake. Das Kloaken- epithel erstreckt sich in die Bursa und bildet dort zahlreiche Einbuchtungen, die mit Follikeln im Zusammenhange stehen. Jeder Follikel besteht aus Mark- und Rindensubstanz, welch letztere die Marksubstanz beim Huhn mantelartig umgibt. Die erwähnten Epitheleinbuchtungen hängen mit der Marksubstanz direkt zusammen; ist doch die Marksubstanz aus dem Epithel hervorgegangen. Bezüglich ihres Baues vertritt Schumacher die Ansicht, dass die Lymphozyten der Marksubstanz epithelialen Ursprungs seien, während die der Rindensubstanz bezüglich ihrer Herkunft noch nicht genügend erforscht seien, um einen sicheren Schluss zu gestatten. Das zellige Retikulum der Rindensubstanz geht nach Schumacher aus der Lamina propria hervor, während der Marksubstanz nach Schumacher im Gegensatz zu Retterer ein eigentliches Retikulum fehlt; zwischen den Iymphoiden Zellen der Marksubstanz breitet sich nach Wencke- bach und Schumacher nur ein Protoplasmanetz aus, welches (serüst man nach seinem Aussehen wohl als Retikulum und zwar, um seine Abstammung anzudeuten, als „epitheliales Retikulum“ bezeichnen könnte. Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Bursa Fabricii. 381 Bezüglich der Lymphozyten der Rindensubstanz hält Schu- macher einerseits ihre Abstammung aus der epithelialen Mark- substanz, andererseits die Herkunft aus den mesodermalen Zellen der Lamina propria für möglich. Eine Zufuhr von aussen scheint ihm unwahrscheinlich; wenigstens beobachtete er keine Bilder an den zwischen Rinden- und Marksubstanz ein förmliches Netz- werk bildenden Gefässen, die auf reichlichere Diapedese schliessen liessen, d.h. auf eine Einwanderung von Lymphozyten auf dem Wege der Blutbahn. Osawa tritt für die mesodermale Abstammung der Bursalymphozyten ein und Jolly bezeichnet die Bursa in analoger Weise wie die Thymus als Iympho - epitheliales Organ. Rudberg nun hat die Frage über die Entstehung der kleinen Rundzellen der Thymus zu lösen versucht, indem er die von Heineke entdeckte Eigenschaft der Röntgenstrahlen, die Lymphozyten des Organismus zu zerstören, auf die Thymus von Kaninchen anwandte. Schon Heineke hatte nach Zerstörung von Milz, Lymphdrüsen ete. auch Restitution des Iymphoiden (sewebes eintreten gesehen und Rudberg hoffte deshalb, dass auch die Thymus nach Zerstörung aller Lymphozyten regenerieren werde und die Restitutionsbilder Klarheit in die Frage des Ursprungs der Lymphozyten bringen könnten. Nun wollte es Rudberg auch unter Anwendung streng lokalisierter Bestrahlung nicht gelingen, die Lymphozyten der Thymus völlig zu zerstören, ohne gleichzeitig Inanition der jungen Tiere und sekundäre Involution des Organes zu erzeugen. Er kombinierte deshalb die Bestrahlung mit Jonsons Methode, der durch Hunger Thymusinvolution er- zeugte, die nach genügender Nahrungsaufnahme völlig schwand; und tatsächlich erreichte er nach zwölftägigem Fasten und vier- stündiger partieller Bestrahlung der Tiere schon nach zwei Tagen in einigen Fällen fast völlige Freiheit der Thymus von Lymphozyten. Nach 2—3 Wochen bevölkerte sich das Organ wieder mit Lympho- zyten, nach Rudbergs Ansicht auf dem Wege der Lymphbahn, ohne dass jedoch die Thymus das ursprüngliche Gewicht erreichte. Auch Jolly bestätigte die Brauchbarkeit der Jonsonschen Methode bei seinen Versuchen über die Bursa Fabricii junger Hühner und Tauben; sowohl Involution wie Regeneration der Bursa trat prompt ein. Ich bin nun daran gegangen, die Einwirkung der Röntgen- strahlen auf die Bursa Fabricii festzustellen und auf diese Weise 382 Hans Unzeitig: vielleicht zur Klärung der Frage über die Entstehung der Lympho- zyten beitragen zu können. Dieser Weg reizte mich um so mehr, als eingehendere Versuche über die Einwirkung der Röntgen- strahlen auf Hühner und Vögel überhaupt in der Literatur nicht aufzufinden waren. Lediglich Kienböck beschreibt nach Be- strahlung einer Taube die allgemeinen Symptome: übelriechende, dünne Exkremente und nach 14 Tagen Auftreten von Effluvium an der Unterseite von Bauch und Flügeln, also bedeutende Tiefen- wirkung, die Kienböck auf den grossen Luftgehalt des Vogel- körpers zurückführt. Sonderliche Beeinflussung des Appetits fand er nicht, hingegen vermehrten Durst. Die Sektion ergab ausser den erwähnten Erscheinungen einer Dünndarmreizung leichte Nierenhyperämie. Hida und Kuga hinwiederum haben die Wirkung von Röntgenbestrahlung auf die Hoden von Hähnen untersucht: fünf Hähne wurden in gleich bleibenden Dosen von täglich 10 Minuten durch im Maximum 42 Tage, i. e. 420 Minuten bestrahlt und Degeneration der Samenzellen vorgefunden. Im Vergleich zu gleichfalls bestrahlten Kaninchenhoden wurde relativ starke Radiosensibilität konstatiert, da die Hoden beim Hahne eine ganz wesentlich geschütztere Lage besitzen, ein Befund, der Kienböcks Notiz bestätigt. Diese Mitteilung, sowie die Erwähnung, dass die Bestrahlung gut vertragen wurde, liessen mich von vornherein auf eine Kombi- nation mit Jonsons Hungermethode verzichten. Da es mir aber ebenso wie Rudberg bei dessen Thymusversuchen nicht nur darauf ankam, die Lymphozyten der Bursa zu zerstören, sondern andererseits eine überflüssige Schädigung des Organismus wegen der Gefahr des Auftretens einer sekundären Involution, mithin des Ausbleibens der erhofften Regeneration des Organs zu ver- meiden, war ich vorerst gezwungen, den Einfluss einer bestimmten Bestrahlung, sowie den Grad der Einwirkung auf den Organismus der zur Verwendung kommenden Versuchshühner in Vorversuchen festzustellen. I. Eigene Versuche. Serie I (Vorversuch). Rudberg hatte gefunden, dass nach zwei Tagen im grossen und ganzen die Lymphozyten der Thymus zugrunde gegangen waren; deshalb ordnete ich den Vorversuch auf zwei Tage ein. Um jedoch zu sehen, welche Bestrahlung genüge, die erhoffte Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Bursa Fabricii. 383 Wirkung zu erzielen bei möglichster Schonung der Kräfte des Individuums, verwendete ich verschiedene Bestrahlungsdauer unter sonst gleichen Verhältnissen. Zur Verfügung standen mir 11 sechsmonatliche Hühner einer Brut; jüngere konnte ich mir der frühen Jahreszeit halber nicht verschaffen. Davon verwendete ich vier zum Vorversuch: eines sollte mir als Kontrolle dienen, drei wollte ich je eine halbe, eine und zwei Stunden bestrahlen; nach zwei Tagen dann alle vier töten und sowohl die allgemeinen wie mikroskopischen Ver- änderungen von Bursa, Milz etc. untersuchen. Vier sechsmonatliche Hühner. ce (Fee Ge | Klinische | 5 Br = | wicht | wicht a g Be- = || wicht | und | 1 Tar ‚2 Tage Milz Bursa- | Leber- Sbach® s Al am der Be, Dauer | nach | nach ge- ge- | ge- tungen = = | x, =|r » Be- » Be- i : { | wäh- Re © | Vor- | strah- ‚der Be- gene [der Be-[| wicht | wicht | wieht | W&h E) E lung | strah- | strah- | strah- rend 67 lage 52 lung‘) lung | lung der er "LESER 5 BRrErT ST STANNEST ern laklageı| ee | 20 |o2o8 Kon- | | | EM |E’e5 o | „ r \ 91 xr 2. = 1! 1000 ! 990 | trou- | 998 | 967 I 1,72 |ogs [2155| As [33 ö | | | | ag kel,> So tier | == 258 | | | | o eb) Eis E = | | | n | & Ae = 3 nDaG 216510407 10202 22 51012934 1,187 | 0,58 INGE © 2S&S | Le | er ee | | | = a5 a 2 | - - EZB = 2:11.1000, | 305027 nz 22.900. 1, 927.1 1.01: | 0,259) 221 zn cmE® | | | Bis Eur | | | | | 22 Ssss EHER a 4. 1140 | 1130| 2h .109127.1019. 0,621), 0,76E| 20,3 | = zZ | | oo Ei = |ze5o = pP \14 9 DO o „uam Grössenumriss der Mılz und Bursa Grössenumriss der Milz und Bursa { Nr. en ) NE33 Mei N Nr. 2 n) b) Nr. 4 M 5 1) Röntgenbestrahlung, Müllersche Wasserkühlröhre (hart), Focus- distanz 30 cm, 5 Ampere, 105 Volt, Quecksilberstrahlunterbrecher. Serie I Serie I Ds > 384 Hans Unzeitig: Die Bestrahlung erfolgte in einer durchlöcherten Pappschachtel, in welche die drei gefesselten Tiere mit dem Steiss gegen die Mitte gesetzt wurden, um möglichst gleichen Fokusabstand, d.h. gleiche Intensität der Bestrahlung zu erzielen. Aus der Tabelle geht hervor, dass auch das Kontrolltier eine Gewichts- abnahme zeigt. Die Hühner, die bisher im Freien lebten, waren den engen Käfig ungewohnt. Ausserdem sind die Wägungen roh, weil keine Rücksicht darauf genommen werden konnte, ob die Tiere vor oder nach der Fütterung, die ad libitum erfolgte, standen. Immerhin ist die Abnahme des Körper- sewichtes der bestrahlten Tiere wesentlich grösser (Nr. 4 über 100 Gramm). Als Kontrolltier wurde absichtlich das schwächste ausgesucht, um nicht irregeführt zu werden. Örgangewicht:Gesamtlebendgewicht. Nr. Milz | Bursa | Leber % I 1 0,128 | 100° Rose \.100 2,23 2 | 0,126 68 | 0062 | 59° | 19 3 | 0109 | 586 | 0082 | 7741| 2,39 4 | 0,061 | 36 0,074 77,6 | 1,99 Die Milz reagiert mit Verkleinerung, die der Bestrahlungsdauer pro- portional ist und bis zu 36°o des Kontrollorgans geht. Nicht so gleich- mässig reagiert die Bursa, fast unverändert bleibt die Leber. Die neben- stehenden Prozentzahlen beziehen sich auf die entsprechenden Organgewichte der Kontrolltiere, die als 100°%o angenommen sind. Serie II cl. Hauptversuch). Hierzu wurden die restlichen sieben Hühner verwendet, die während der Dauer des Vorversuches im Freien gehalten wurden und pro Kopf und Tag eine durchschnittliche Zunahme von 6 gr zeigten. Das Durchschnittsgewicht der Tiere betrug 963 gr, die Extreme 870—1090 gr. Da beim Vorversuch in der Bursa des zwei Stunden be- strahlten Tieres Nr. 4 noch einige Lymphozyten vorgefunden wurden und eine separate Bestrahlung von sechs Hühnern unmöglich war, wurde die Dauer der Bestrahlung auf 2!’ Stunden erhöht. Die Möglichkeit ungleich- mässiger Bestrahlung musste dabei in den Kauf genommen werden, trotzdem ich sie durch kreisförmige Gruppierung der gefesselten Hühner in der er- wähnten Pappschachtel zu verringern suchte. Die Antikathode kam in die Mitte des Kreises, so dass die Fokusdistanz für jedes Tier wenigstens an- nähernd gleich war. Nr. 1 wurde als das schwächste Tier zum Kontrolltier bestimmt. Die sechs Versuchstiere wurden allesamt durch 2'/»z Stunden bestrahlt und nach Massgabe ihres Gewichtes am Versuchstage in bestimmten Zeiträumen getötet, um Involutions- wie eventuelle Regenerationsbilder der Bursa zu erhalten. Einwirkung der Röntgenstrahblen auf die Bursa Fabricii. 385 Sieben zirka 6!/; Monate alte Hühner. -Ge- | 3 & Acht |) Art Gewicht der Tiere nach der Bestrahlung | am und S|| Tase | Dauer | &0 | eo | eo | =: | en | En | En | eo | en | an | en | en | cn | &5 | SlaerBe-/derB- | S A SER EEE EESEESSES Z en strah- | [li || 4 sl | Sal Z als | Hs gr lung sr| gr| ger| gr gr | gr |gr|gr gr er ENILER Her grilige | — u E26 5 1 Kontrolltier | | | | | 70 870) 890) 940, 900) 930) 970, 960 nach 7 Tagen an! | NE | mo | | | 35% | | | | | 2| oo | 238% son+ nach 20Stunden | | | Eee ae IM ur | 3 Pa 5 | | | | | | 3225 I IN | | SEAN I, | | | | | 3 930 5 | 40 880 7 nach 40 Stunden | | 208 Im | | | ©3283 | | | Beck: | | | | = so> | | | | | 4| 90 S25= | 970) 930| 970 + nach 70 Stunden | Naannı | Sass | | | | | | | = = = | ! | | zs>3%u | | | | | 5 952 » SZE | 950) 940) 940 920) 920 rnach5 Tagen | | | | | u>Sg | | | | 5osE | | | | | | _- en | | == os | | | A 6) 1050 | 8535 104011000) 970 920) 890, 9301000 + nach 7 Tagen | E=E5 sH8= st. gefüllter | |a & | neSos Kropf | | ıFS EEH- ORTEN | I ee Om. ! | | 7 1090 , 23T 10701010, 950) 900, 8S0| STO 970 950 960 980| 1000 1020110051010 1000 Sage Er | | Auftreten v =584 | SE | | nackt. Stell. |m a3 ES an After, SIE | az ‚Unterbauch, Be aeßs | | Flüg.. Rück. Die Tiere zeigten nach der Bestrahlung grossen Durst (enge und trotz der Atmungslöcher heisse Pappschachtel) sowie guten Appetit, frassen auch in den nächsten Tagen viel; auffällig war der reichliche dünne, stinkende Kot! Das Gewicht der Tiere, das wohl womöglich zur gleichen Tageszeit bestimmt wurde, zeigt dennoch ziemliche Schwankungen, die zum Teil darauf zurückzuführen sind, dass die Tiere manchmal exzessiv gefüllte Kröpfe hatten. Immerhin ist das Steigen des Kontrolltieres im Gewicht deutlich, bei den bestrahlten hingegen eine merkliche Abnahme bis zum 5.—6. Tage (790 des Anfangsgewichtes), worauf wieder allmähliches Steigen eintritt. Bei Nr. 6 wurde die Bursa beim Entnehmen lädiert, das Bursagewicht demnach zu gering bestimmt. Bei Nr. 7 hingegen fand sich keine Bursa vor; lediglich zwei Gewebsknoten dorsal von der Kloake, die ich für Reste der Bursa hielt, wurden aufgehoben. Der Versuch zeigt recht anschaulich die verheerende Wirkung der Röntgenstrahlen; wenn das Zahlenverhältnis auch nicht mathematisch stimmt, so sind die Fehlerquellen jedenfalls: ungleichmässige Bestrahlung, verschiedene individuelle Empfindlichkeit, Abweichungen von dem als Durchschnitt an- genommenen Gewicht der Kontrollorgane. Jedenfalls reagiert in diesem Versuche die Bursa viel stärker als die Milz; sie kam in einem Falle fast 386 Hans Unzeitig: zum Schwinden, in dem die Milz allerdings auch noch nicht völlige Resti- tution zeigt. Die Restitution scheint also in späterer Zeit erst völlig zu erfolgen. Das Verhalten der Bursa des Tieres Nr. 7 bestimmte mich, in den nächsten Versuchen jüngere Tiere zu verwenden, denn es ist immerhin denkbar, dass das bei der Tötung doch schon fast 7 Monate alte Tier infolge a. Grössenumriss von Milz AR Grössenumriss von Milz Serie II Serie II und Bursa und Bursa Nr Nr.5 Nr. 2 Nr. 6 “ B = beim Entnehmen lädiert EN ur Bursa — } = 2 unauffindbar, Nr. 35 M B Nr. 7 M dafür gehaltene y } Reste eingelegt. | y+ sE , E u - E) av _. | Gewicht der Milz Gewicht der Bursa Gewicht | der Leber S | | , . — jimVerhält-| | . _„ imVerhält- imVerhält- Nr. relatives | nis zum | relatives | nis zum nis zum abso- Organ- Körper- || abso- | Organ- Körper- | abso- | Könen, lutes | was lebend- || Jutes | vewie lebend- | ]Jutes ebend- EEE a nEe weht gewicht I zesyich! gewicht | | gewicht gr DEE RN. EINER 20, % | er 0% | | || | 1057.) 100 0,163 |1,37 | 100 | 0142 |2387| 2,48 | ng N | E ! a 9m | = ] m 2 0,79 | 50 0,087 02338 29,4 72000370252 3 || 0,64 | 40,7 0,072 1023 | 16,7 | 0,026 | 19,43 | 2,2 4 1096| 61 0,099 10,66 | 48 | 0,068 127,0 | 2,78 >: lo2| 3% 0,089 057 | 416 | 0,061 |21,4 | 2,32 6 | 0,87 55. | .0,087. 10,382] 24,2? | ‚0,0388 -|'s2,25 | 3220 7 | 1,05 66 0105 | ? ? 22.1008 2,02 Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Bursa Fabricii. 387 der Neigung zur natürlichen Involution keine Anzeichen zur Regeneration zeigte, zumal es das schwerste von allen Tieren war und die Bursa immer- hin schon in der Involution begriffen sein konnte. Serie III (Vorversuch). Um eine vielleicht vorhandene Neigung der Bursa zur natürlichen Involution und dadurch stärkere Reaktion auf die Bestrahlung auszuschalten, verschaffte ich mir jüngere Hühner, was in der mittlerweile vorgerückten Jahreszeit möglich war. Ich verschaffte mir in einer Mastanstalt 17 Hühner gleicher Brut im Alter von 6 Wochen, darunter mehrere Hähnchen, was mir deshalb erwünscht war, weil ich gleichzeitig das Verhalten der Hoden prüfen konnte. Vier Hühner bestimmte ich zum Vorversuche — ich hoffte, bei jüngeren Tieren mit geringerer Bestrahlungszeit auszukommen — die rest- lichen 13 Stück hielt ich in gewöhnlichem Futter; sie sollten bis zum Hauptversuche ca. 2 Monate zählen. Vier zirka 6 Wochen alte Hühner. m... || Gewicht am Ar : Zn | E Tier = 5 Art und Dauer Gewicht | 7,71: is | Gewicht 5 ee der nach dem N |nach dem | Sektion Nr. gr Bestrahlung | 1. Tage |>> IEptürne |. 2. Tage £ | | ' Kontrolltier | | = n R | | Ss 1 380 Durchm. | 380 | 370 = (masc.) | ( Ei =) | = = | EISEH 5 ee ‘ DTR 3n D ( .-_ ‘ | 2 420 Ba. :420, 0% 420 < | ae 114,92 i= | Sc Ike Bere 3 430 HERMES agree 0 A00R Mag \ HESS en | EEE | 2 | =) S Zi ISla6 2Q | = (masc.) A | | e | 2m | | 27, SER =! | | (m233 | | Gewicht derMilz Gewicht Gewicht Gewicht vr der Bursa beider Hoden der Leber ier | Verhältnis m Be een | =>] ursa: | Hoden: | Nr. | abs.| Abnahme Berner abs. | Körper- | abs. Körper- abs. | relat. | lebende. ‚ gewicht | gewicht | ; Il ET | 0/9 0 0 gr | 0, 0 | 0/9 gr | 0/o 0/0 gr 0/0 | | 1 10,71 100 0,191 |0,82/100| 0,221 | 0,78 100| 0,21 |112,8, 3,46 masc, | | 0,4+0,38| | 2 |0,74| 104. | ‚0,176 110,67 81,7) 0.1589 | .— |— | — |14,2| 3,38 ! | | 3 [0,52 73 0,13 0,20 85,31 0175| — |—| — 1105| 2,62 | | | | | 4 1026) 366 | 0,068 10,56) 68 0,147 | 0,28 |36 | 0,073 |11,2| 2,94 masc, | | | | | | | | Die erste Tabelle zeigt, dass das am stärksten bestrahlte Tier in den 2 Tagen auf 90,7°,o seines Gewichtes fiel, also weniger an Gewicht verlor Archiv f. mikr. Anat. Bd. 82. “Abt.I. 26 388 Hans-Unzeitüg; als bei Serie I. Die zweite Tabelle zeigt uns, dass Milz und Hoden nach 2 Tagen beinahe gleich reagierten. Interessant ist, dass die Milz des Kontrolltieres absolut wie relativ kleiner ist wie das der Bursa, wie über- haupt sämtliche gewogenen Organe ein grösseres relatives Gewicht zeigen, als bei Serie I, woran die Jugend der Tiere Ursache sein dürfte. Grössenumriss von Milz, e even Milz, | a Serie III i vn se al Bursa und Hoden Bursa und Hoden Nr.1 INS / KH Nr. 2 ") (®) Nr. 4 r) Ü Um mich über die normalen Schwankungen im Gewichte der mich interessierenden Organe zu informieren, verschaffte ich mir möglichst viele von 2 Monate alten Hühnern derselben Provenienz (wohl aber nicht der gleichen Brut). Bei 28 Bursen weiblicher Tiere war das Durchschnittsgewicht 1,32 gr. Bei 12 Bursen männlicher Tiere war das Durchschnittsgewicht 1,16 gr. Bei 29 Bursen von Hühnern unbekannten Geschlechts war das Durchschnitts- gewicht 1,24 gr, somit hatten 69 gewogene Bursen das Durchschnittsgewicht 1,24 Gramm (relativ 0,275°/o des Durchschnittskörpergewichtes). Die Bursa ist somit absolut zumindest gleich, relativ (im Verhältnis zum Körpergewicht) fast doppelt so gross als bei den in Serie I und II zum Versuche gelangten 6—7 monatigen Hühnern. Bei 13 ungefähr gleich schweren und gleich alten Hühnern betrug das Gewicht der Milz im Mittel 1,457 gr mit einer Spannung von 0,75—2,1 gr (relativ 0,28°.). Bei acht Hähnen die Hodenpaare im Mittel 1,03 gr mit einer Spannung von 0,14—2 gr (relativ 0,23 Jo). Diese ermittelten Durchschnittszahlen sind den Prozentberechnungen bei Serie IV als normaler Durchschnitt zugrundegelegt und gelten als 100 %/0. Serie IV. Dreizehn achtwöchentliche Hühner. Die klinischen und pathologisch-anatomischen Beobachtungen weichen von denen der früheren Serien nicht wesentlich ab. Nr. 11 und 12 zeigen vom 12. Tage Federnausfall am Rücken, besonders stark aber an der Unterseite der Flügel und am Bauche. Das Kontrolltier Nr. 13, das von den beiden Hähnen 11 und 12 sehr gequält wurde, versagte vom 16. Tage an das Futter, war traurig, apathisch und am 20. Tage Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Bursa Fabricii. 359 moribund; der Präparate halber wurde es getötet und ausser akuter Enteritis mehrere abnorm grosse Steine im Muskelmagen vorgefunden, die die Passage versperrten. Das Körpergewicht fällt in den meisten Fällen unwesentlich, um am 5.—6. Tage wieder das Anfangsgewicht zu erreichen. Auch die Kontrolltiere nehmen nicht wesentlich zu; Nr. 1 war sehr zart, Nr. 8 hingegen kräftig, während Nr. 13 direkt krank war und auch tatsächlich am 20. Tage moribund geschlachtet werden musste. Da alle Hühner Futter ad libitum erhielten, mag die Ursache vielleicht in der ungewohnten Haltung im engen Käfige liegen. Auch in diesem Falle wurden die schwächsten Tiere zu Kontroll- tieren bestimmt, um keine Fehlresultate zu erhalten. Nr. 12 als dasjenige Tier, das 3 Wochen überleben sollte, war ein starker Hahn; ich hoffte durch diese Wahl die Regeneration zu erleichtern. ir Milzgewicht Bursagewicht | bd. Hodengewicht Lebergew. Tier — - — Nr. absol.\Pa0e >| relat. || absol. a relat. absol. gan relat. | absol. relativ gr 100% | 0/0 sr | 100% 0/0 gr | 100% | % | gr 0/o 1210,42. \ os om or 05 | nee rase Kontrolitier | | 2 10,42 | 28° 10,097 0,65 | 52 |0,151 15,3 3,55 3 110,45) | 2312 203 0,355 | 28 | 0,077 || 0,07 7 \0,015|| 14,7 | 3,26 masc 4 0,44 | 30 [0,1191 0,45 | 36 [0,121 19,9 | 5,37 5 10,78 | 54 10,177 0,7 56 [0,159 | 193 | 3,47 6 0,58 40 0,138 | 0,72 | 58 0,171 || 0,12 | -12 [0,028 14,8 | 3,52 masc. | | 7 10,65 | 45 0,166 | 0,35 | 28 0,089 | 0,35 35 0,089 16,75) 4,29 masc, | fo) 1,48 | 102 0,336 0,93 | 75 0,211 16,2 | 3,68 Kontrolltier 9 |o4a2 | as [0131/1031 | 25 |0,096 | 12,8 | 4.00 10 0,65 | 45 |0,185|0,58 | 46 [0,166 124 | 3,54 | | 11 0,41 | 28 |0,108|0,32 | 25,8|0,084|006 | 6 |o157] 12,4 | 3,26 masc, 12 |0,71 | 49 0,133 | 1,82 | 146 0,343 0,23 | 23 |0,043|| 13,4 | 2,52 masc, | | | 13 |0,28 19 0,093 | 0,23 | 18,5 | 0,077 11,6 | 3,86 Kontrolitier Interessant ist bei den Kontrolltieren 1 und 8 das Verhalten von Bursa und Milz, das direkt reziprok zu sein scheint. Die Bursen, Milzen und Hoden bestrahlter Tiere sind stark im Gewicht verringert, die Bursenwandungen schlaff. Bei Nr. 13 (Kontrolltier) ist infolge Inanition sekundäre Involution eingetreten. !) Die Gewichtsprozente beziehen sich auf die ermittelten Durchschnitts- gewichte von Milz, Bursa und Hoden. 26* Hans Unzeitig: Mier Art der Bestrah-. "rt BRSE a Nr. ns 2a ae 1 380 | 380 | 380 getötet am Anfange Kontrolltier | | 2 Br 430 | 430 883 = | 3 ar? 450 420 | 450 | 450 getötet dr (mase.) aHoR | | | 4 =-"S 1360 | 350 | 350 | 360 | 370 getötet vier Tage Boss | | 5 ass |410|420 440 440 440 SER | | ) cn as 410 | 400 | 400 | 400 |, 400 | 420 | (mase.) RS) { | | 7 Su. ||430 | 400 | 410 | 370 | 370 | 370 | 380 (masc.) 223 = | | 8 SE2% 1400 400 390 | 390 | 400 | 400 | 420 Kontrolltier| og 9 5532 |360 | 330 | 330 | 340 | 340 | 350 | 350 Sen: ER ML =s Er 10 S=.2 | 400 |380 | 400 400 390 400 380° P=kaR- 8,._02 | | A 11 eo 430 | 400 | 390 | 380 | 400 | 400 | 440 Sa) ASsrM | Das‘ ) 23 B 5 £ 4 | 2 12 =3=>2 500 450|470| 480 | 480 | 500 | 500 (masc.) Zone | | 13 370 | 350 350 | 380 | 360 | 350 | 360 Kontroll- | | lan | | !) Unmittelbar vor der Bestrahlung. j | 440 getötet fünf Tage nach der Be D) =) ei Tage nach der Be 420 getötet sechs " | | Gewich t am Tage 11. | 12. il} iEgE des Versuches 430 getötet zwei Tage nach der Bestrahlung, | 3390 getötet sieben 440 getötet inmitten de 340 | 320 getötet acht Tage nach d 390 | 370 | 350 getötet neun Tage ni 400 380 | 370 380,370 | 370 500 | 500 | 500 | 500 495 510 350 , 350 | 340 | strahlun [ Tage nach d | | | nach der Bestrahlung | | l | 350 | 360 360 | | | 380 520 strahlung‘ | I} er Bestrahlung | s Versuches | | | Tage nach der Bestrahlung er Bestrahlung | 530 | 530 | | 360 | 380.390 | | ıch der Bestrahlung 380 get. 14 Tage nach d. Bestr. | 530 | 520 390 | 360 (ietötet vor Beendigung des Versuches weil moribund Getötet 21 Tage nach der Bestrahlung. 520 St = = | 320 300% Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Bursa Fabricii. 391 Grössenumriss von ee Grössenumriss von Serie IV Serie I\ Milz, Bursa, Hoden - Milz, Bursa, Hoden | Eon m mn nn Nr. 1 | 98 II. Mikroskopische Untersuchung. Herstellung der mikroskopischen Präparate. Die Organe, auf deren Untersuchung es mir ankam, wurden unmittelbar nach der Tötung der Versuchshühner gewogen und in kleineren Stücken in Zenkerscher Flüssigkeit fixiert. Die Härtung erfolgte in steigendem 392 Hans Unzeitig: Alkohol, die vollständige Entwässerung in absolutem Alkohol. Die Ein- bettung erfolgte zumeist in Zelloidin, nur bei den Vorversuchen wurde zur Schnelldiagnose ausserdem Paraffineinbettung angewandt. Gefärbt wurde mit Delafieldschem Hämatoxylin unter Nachfärbung von Eosin; ausserdem mit Mallorys Bindegewebsfärbung. Ich fand letztere bei J. Bartel und R. Stein (Arch. f. Anat. und Phys. 1905, Anat. Abt. H. 2/3, S. 145) folgender- massen angegeben: die Schnitte werden in !/ıo°/o wässeriger Säurefuchsin- lösung durch 2—3 Minuten vorgefärbt und hierauf mit Wasser abgespült; dann durch 5—7 Minuten der Einwirkung einer 1°/o wässerigen Phosphormolybdän- säurelösung ausgesetzt und nach abermaligem gründlichen Abspülen mit Wasser einem Farbgemisch durch 20 Minuten ausgesetzt, dessen Zusammensetzung Bartel und Stein folgendermassen angeben: Anilinblau 0,5, Orange G. 0,2, Oxalsäure 2,0 und Aqua dest. 200,0. Bei der Angabe bezüglich des Orange scheint ein Druckfehler unterlaufen zu sein, denn mir gelang die Färbung erst dann, wenn ich Orange auf 2,0 9. verstärkte. Nach Entwässerung der Schnitte in absolutem Alkohol und Differenzierung mit einem dd-Gemisch Anilinöl-Xylol erfolgte der Einschluss. Von anderen Färbungsmethoden verwendete ich in etlichen Fällen noch die Heidenhainsche Eisenhämatoxylinfärbung. A. Befunde an den Präparaten der Bursa Fabricii. Serie 1. Nr. 1 (Kontrolltier) zeigt das von Schumacher ausführlich beschriebene Bild der normalen Hühnerbursa (Fig. I): der ziemlich stark entwickelten Museularis folgt nach innen ein Bindegewebs- mantel, von dem Septa in das Innere des Organs ausstrahlen, die sich verästeln und so ein Stützgerüst bilden, in dem die Follikel aufgenommen sind. Die feinen bindegewebigen Septa zwischen den einzelnen Follikeln sind sehr schmal. Die Follikel sind gross und es finden sich deshalb im Schnitt nur wenige Stellen, wo sich das Epithel zur Papille des Follikels einsenkt; das Epithel er- scheint dadurch geradlinig, von wenig Einbuchtungen unterbrochen. Trifft man im Serienschnitt auf einen zentral getroffenen Follikel, der sich dadurch charakterisiert, dass die dem Follikel aufsitzende Epithelkappe zugleich mit dem Follikel halbiert ist, so findet man diesen infolge der Anlagerung benachbarter Follikel oft polyedrisch abgeplattet. Schon bei Hämatoxylin-Eosinfärbung und schwacher Vergrösserung bemerkt man eine Scheidung in die bedeutend zellreichere und daher intensiver gefärbte Rindensubstanz, die in ziemlich gleicher Breite die zentral gelegene, hellere Marksubstanz umgibt. Die Rindensubstanz ist dicht gefüllt mit Lymphozyten, Einwirkung der Röntgenstrablen auf die Bursa Fabricii. 393 die das zellige Retikulum ausfüllen; sie grenzt an einen ein- schichtigen Epithelsaum, der der Marksubstanz angehört. Kapillaren findet man sowohl in der Rindensubstanz als an ihren Grenzen nach aussen gegen das Bindegewebe zu und besonders gegen den Epithelsaum hin, wo sie nach Schumacher ein förmliches Netz- werk bilden. Die Marksubstanz besteht deutlich aus zweierlei Zellformen: Epithelzellen mit hellen Kernen, deren Protoplasma- fortsätze ein im normalen Follikel allerdings fast unsichtbares, weil durch die eingelagerten Zellen verdecktes Gerüst bilden und in diesem eingeschlossen viele Lymphozyten. Kapillaren scheinen in der Marksubstanz nur vereinzelt vorzukommen. Das Epithel der Bursa erscheint hoch und zylindrisch. An zahlreichen Stellen findet man Durchwanderungsbilder von Lymphozyten durch das Epithel; diese sind teils noch deutlich konturiert oder bereits zerfallen und ins Lumen ausgetreten. An den Stellen, wo sie austraten, ist das Epithel aufgelockert. Im Epithel findet man vereinzelt Vakuolen, die mit einer homogenen Masse gefüllt sind und eine sekretorische Tätigkeit des Epithels andeuten (siehe Fig. ]). Nr.2 (!/estündige Bestrahlung) zeigt merkliche Verkleinerung der Follikel, wobei besonders die Rindensubstanz stellenweise bedeutend ver- schmälert erscheint. Die Marksubstanz erscheint etwas aufgelockert, so dass die Retikulumzellen deutlich hervortreten. Lymphozyten sind in Mark- und Rindensubstanz noch reichlich vorhanden. Die Kapillaren der letzteren sind teilweise stark gefüllt (Hyperämie), die Durchwanderung von Lymphozyten durch das Epithel erscheint vermehrt. Nr. 3 (einstündige Bestrahlung) zeigt kein wesentlich anderes Aus- sehen als Nr. 2, nur fällt die Füllung der Kapillaren noch mehr ins Auge. Nr. 4 (zweistündige Bestrahlung) hingegen zeigt ein ganz wesentlich geändertes Bild. Die Follikel sind sehr stark verkleinert, spärlich, die Hauptmasse des Organs bildet ein lockeres Bindegewebe. Die Rindensubstanz der Follikel ist stellenweise geschwunden, stellenweise in Resten erhalten, darin vereinzelt noch Lymphozyten vorkommen. Die Marksubstanz ist auf- gelockert; Lymphozyten sind wenige mehr vorhanden, das epitheliale Stütz- gerüst tritt infolgedessen deutlich hervor und färbt sich bei Malloryfärbung blau. Die Ausläufer der Retikulumzellen stehen sowohl untereinander wie mit dem der Marksubstanz peripher gelegenen Epithelsaum deutlich in viel- ästiger Verbindung. Infolge der Verkleinerung der Bursa rücken die Follikel aneinander und das Epithel, das mit jedem einzelnen Follikel zusammenhängt, zeigt deshalb viele Einbuchtungen. Durchwanderung des Epithels durch Lymphozyten sieht man vielfach, das subepitheliale Bindegewebe ist mit eosinophilen Leukozyten infiltriert (siehe Fig. II). 394 Hans Unzeitig: Die mikroskopischen Messungen der Follikel ergaben folgendes: Breite der - —— Maximale Maximale Breite der : % E »kanh_. | Epithelhöhe Nr Höhe des Breite des N | BZ & bi | se RE | ax. bis | Follikels Follikels Durchschnitt Be , u u u | u u 3 600 530 | 60 400 | 50 2 450 au eo. | "260: Sn rn | | | | 3 600 a0 0... |; ».200.6 ae | Nur on | | 4 Se ee mer |... 150 40 | brochen) vor- | handen Zur Messung wurden die im Serienschnitt grössten Follikel gewählt, deren Epithelkappe mitgetroffen war. Serie I zeigt also, dass 2stündige Röntgenbestrahlung inner- halb zweier Tage ganz verheerende Wirkung auf die Bursa Fabricii ausübt. In erster Linie leidet das Iymphoide Gewebe: denn die fast nur aus Lymphozyten bestehende Rindensubstanz schwindet fast völlig. Aber auch der epitheliale Anteil der Bursafollikel wird in Mitleidenschaft gezogen; die in dem epithelialen Retikulum der Marksubstanz suspendierten Lymphozyten gehen zugrunde, so dass das epitheliale Gerüst deutlich sichtbar wird. Es reagiert auf Mallorysche Färbung genau so wie das Bindegewebe der Bursa. Die gleiche Reaktion zeigt der Epithelsaum, der mit jenem Gerüst vielfach zusammenhängt. Die reichliche Zelldurch- wanderung im Epithel legt die Annahme nahe, dass die zerstörten Zelltrümmer durch die Epithelkappe eliminiert werden. Rudbergs Annahme einer intrazellulären Digestion der Zelltrümmer erscheint mir nach den gesehenen Bildern unwahrscheinlich ; jedenfalls wird ein Grossteil der Zelltrümmer durch das Epithel ausgestossen. Serie II. Nr. 1 (Kontrolltier) zeigt das vorhin geschilderte Bild einer normalen Bursa mit scharfer Trennung von Mark- und Rindensubstanz. Etliche Stellen zeigen Vakuolen im Epithel: Bläschen, bei Hämatoxylin-Eosinfärbung gleich- mässig blau gefärbt. Sie liegen teils am basalen Rande des Epithels, teils liegen sie in verschiedener Höhe im Epithel oder öffnen sich gegen das Lumen der Bursa. Auch die von Jolly beobachteten „Epithelzysten zweiter Ordnung“, die er als Involutionszeichen erklärt, beobachtete ich vereinzelt in Präparaten Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Bursa Fabriecii. 395 normaler Bursen: es sind dies Sekretionskonglomerate, den Prostatasteinen vergleichbar, die sich in dem Epithelschlauch, der vom Lumen zum Follikel führt, ansammeln. Sie zeigen häufig zwiebelschalenähnliche konzentrische Anordnung und färben sich bei Hämatoxylin-Eosinfärbung ungleichmässig blau. Der Epithelschlauch, in dem sie liegen, zeigt ein einfaches, zylin- drisches Epithel. Nr.2. Als ersten Eindruck erhält man die starke Verkleinerung der Follikel und infolgedessen ein besonders bei Malloryfärbung deutlich wahr- nehmbares Hervortreten des interfollikulären Bindegewebes. Der Follikel- schwund ist vor allem auf Kosten der Rindensubstanz erfolgt: diese ist bedeutend verschmälert und umgibt die Marksubstanz wie ein dünner Reif. Spärliche Lymphozyten sind in Rinden- und Marksubstanz vorhanden, welch letztere aufgelockert erscheint. Im subepithelialen Bindegewebe liegen eosino- phile Leukozyten. Das Epithel zeigt zahlreiche Vakuolen und ist infolge der Follikelverkleinerung stark gebuchtet, da viel mehr Ausführungsgänge resp. Einsenkungen des Epithels zur Papille in einen Schnitt fallen. Nr. 3 zeigt schwere Degeneration. Die Bursa zeigt einen bedeutend verringerten Durchmesser; viele Follikel sind geschwunden und nur die resistenteren Epithelschläuche zurückgeblieben. Das Bindegewebe tritt in den Vordergrund, scheint jedoch weniger neugebildet als vielmehr durch das Veröden der Follikel enger aneinandergerückt und deshalb kompakter aussehend. Die noch erhaltenen Follikel charakterisieren sich durch fast völligen Schwund der Rindensubstanz. Der epitheliale Saum grenzt oft direkt an das Bindegewebe; Lymphozyten sind in den Resten der Rindensubstanz nicht vorhanden. Diese besteht vielmehr nur aus den Zellen ihres Retikulums, dessen Fasern sich infolge der Zerstörung der eingelagerten Zellen eng aneinanderlegen und so einem straffen Bindegewebe ähneln, das als praller Gürtel die Marksubstanz umgibt. Aber auch diese hat schwer gelitten; im Gegensatz zur Rindensubstanz erscheint sie aufgelockert, maschig; die ein- gelagert gewesenen Zellen sind verschwunden. Deshalb tritt das epitheliale Retikulum deutlich hervor, dessen Zusammenhang mit dem einschichtigen Epithelsaum namentlich bei Mallory-Färbung unverkennbar ist. Sogenannte primäre Oysten, wie sie Jolly bei degenerierenden Follikeln im Zentrum der Marksubstanz beschreibt, sah ich nie; wohl aber Zellücken, die dadurch entstanden sind, dass Zellen bereits ausgestossen wurden oder zugrunde gegangen sind. Im Epithel fällt vorerst die vermehrte Buchtenbildung auf. Auch Vakuolenbildung ist häufig zu sehen, ja die Sekretkonglomerate, die ich auch in Serienschnitten normaler Bursen vereinzelt sah, sind hier direkt massenhaft vorhanden. Sie sind entweder homogen und zeigen dann zwiebel- schalenähnliche Anordnung, oder aber sie sind aus Zelltrümmern gebildet (siehe Fig. VI). Das Epithel wird vielfach von Zellen durchwandert; an manchen Stellen erscheint das Epithel direkt verletzt, es klafft und durch die rupturierte Stelle ergiessen sich meist schon degenerierte Zellen ins Lumen. Eosinophile Leukozyten sah ich nicht mehr. Nr. 4 zeigt bereits beginnende Regeneration. Denn wenngleich noch die Follikel wesentlich verkleinert sind und das Bindegewebe vermehrt er- scheint, so ist doch das Verhalten der Rindensubstanz wesentlich anders als 396 Hans Unzeitig: bei Nr. 3. Ihre Schrumpfung und damit das gürtelartige Aussehen ist fast geschwunden; sie hat eine wesentliche Zelleneinlagerung erfahren, so dass sie prall, kernreich, intensiv gefärbt, sich wesentlich von der allerdings noch weitmaschigen, aufgelockerten Marksubstanz abhebt. Der Epithelsaum ist deutlich ausgeprägt und neben ihm, wie überhaupt in der Rindensubstanz, findet man namentlich bei Mallory-Färbung massenhaft Kapillaren, die auf den Hauptursprung der neueingelagerten Lymphozyten hindeuten. Auch in das noch deutlich in seinem Zusammenhang mit dem Epithel- saum erkennbare epitheliale Retikulum der Marksubstanz haben sich zahl- reiche Lymphozyten eingelagert, ohne dass jedoch Kapillaren nachweisbar wären. Ganz auffallend ist das Verhalten des Bursaepithels.. Vor allem fällt der Reichtum an Vakuolen auf, die in verschiedener Tiefe das Epithel durchsetzen, auch an der Oberfläche mit dem Lumen kommunizieren und ihren Inhalt in dasselbe ergiessen. Hingegen ist die Ausstossung von Zellen durch das Epithel selbst auffallend vermindert, dagegen hat das Epithel an Mächtigkeit ohne Zweifel zugenommen, zeigt mehrere Kernreihen und proliferiert in das subepitheliale Gewebe reichlich Zellen, die sich zu Nestern zusammenballen und die vom Epithel ausgehenden Knospen, die Epithel- kappen, rings umgeben. Es scheint dies dafür zu sprechen, dass neben unvollständig zerstörten Follikeln, die sich allmählich wieder bevölkern, auch völlig zerstört gewesene vom Epithel aus sich neu bilden. Eosinophile Leuko- zyten kommen vereinzelt vor. Nr. 5 lässt ebenfalls beginnende Regeneration erkennen; die Befunde decken sich mit den bei Nr. 4 erwähnten, doch fehlen Vakuolen im Epithel. Nr. 6 zeigt ein weit früheres Stadium. Nur an einzelnen Stellen zeigt die Rindensubstanz Anlauf zur Regeneration, im übrigen ist sie schmal und von bindegewebigem Uharakter. Interessant ist die Blutung um einen Follikel. Bei Nr.7 war die Bursa nur in zwei Resten vertreten, die ich nach ihrer Lage dorsal der Kloake zwischen ihr und der Wirbelsäule, der Serosa des Darmes anliegend für Bursareste hielt. Die histologische Untersuchung bestätigte diese Vermutung. Der Rest a zeigt in direkt massenhaft neu- ‚gebildetem Bindegewebe, das mit auffallend reichlichen Gefässen, namentlich mit starkwandigen Arterien durchsetzt ist, die Reste des epithelialen Anteils der Bursa; das Epithel zeigt vereinzelt kleine Vakuolen und durchwandernde Lymphozyten. Eingesprengt in das Narbengewebe findet man ganz vereinzelt total degenerierte Follikel, stellenweise wiederum solche, die um Marksubstanz und Fpithelsaum noch eine verschieden starke Rindensubstanz aufweisen, während wieder andere nur mehr aus Marksubstanz bestehen, die mit ihrem epithelialen Saum direkt an das umgebende Bindegewebe angrenzt. Rest b enthält einige wenige Follikel, deren Rindensubstanz erhalten ist, was wohl auf teilweise eingetretene lokale Regeneration schliessen lässt, zumal sowohl Lymphozyten wie Kapillaren auftreten. Andere Follikel wiederum sind in vollem Zerfall begriffen; hier wächst Bindegewebe in die gesprengte Marksubstanz und beraubt den Follikel seiner normalen Struktur. Massen- hafte Neubildung von Gefässen und straffen Bindegewebes beherrscht das Bild: vom Bursaepithel sind hier nur wenige Reste vorhanden. Eosinophile Leukozyten werden herdweise in Mengen beobachtet. Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Bursa Fabricii. 397 Das Organ von Nr. 7 zeigt also, trotzdem in einzelnen, noch erhaltenen Follikeln der Anlauf zu lokaler Regeneration unverkennbar ist, das Bild totaler, höchstgradiger Atrophie des Iymphoiden Anteils der Bursa (siehe Fig. II). Masımale Meremale Durchschnitt- Durchsehnitt- | 2 R ' liche Breite | liche Breite | : = Höhe des Breite des : Epithelhöhe Nr. like] Follikels | der Rinden- der Marksub- Follikels oukel5 | substanz | stanz u u | u | 177 | bis u 1 700 550 | 90 300 70 Kontrolltier | 2 370 170 | 30 100 | 40 b) 340 200 30 160 | 50 4 300 200 40 I 150 80 h 400 250 an ee ee 6 300 1 ln 0 leer 200, ee 7 300 10 30 lo er | (wo erhalten) | Aus Serie II folgt demnach, dass durch zweistündige Röntgen- bestrahlung die Zerstörung der Bursalymphozyten möglich ist. Sie ist nach 2—3 Tagen beendet. Am meisten leidet dabei die Rindensubstanz, die direkt zum Schwinden gebracht werden kann. Aber auch die Marksubstanz leidet; sie reagiert später, erholt sich aber auch langsamer als die Rindensubstanz. Am wider- standsfähigsten erscheint das Epithel, das an der Regeneration beteiligt zu sein scheint (Nr. 4). Lokale Regeneration trat ein (Nr. 4, 5, 6 und teilweise Nr. 7), doch war die Bestrahlung augen- scheinlich zu intensiv, um totale Regeneration zuzulassen; denn trotz Anlaufes zur Regeneration atrophierte die Bursa von Nr. 7 binnen 14 Tagen vollständig. Für die Regeneration, respektive Wiederbelebung des Follikels mit Lymphozyten scheinen die in der Rindensubstanz hervortretenden, stark gefüllten und wahrscheinlich vermehrten Kapillaren von Bedeutung zu sein, die für eine Ein- wanderung der Lymphozyten aus der Blutbahn sprechen. Serie III war wieder als Vorversuch gedacht, in dem bei den hierbei ver- wendeten viel jüngeren Versuchshühnern festgestellt werden sollte, ob nicht schonendere Bestrahlung zum Ziel führen würde. Denn 398 Hans-Wnzeitig: in Serie II war sie zu heftig erfolgt und mein Streben ging dahin, wenigstens in Serie IV völlige Regeneration der Bursa zu erreichen. Das Kontrolltier Nr. 1 zeigte eine sehr schön entwickelte Bursa normaler Beschaffenheit. Bei Nr. 2 und 3, die eine halbe, respektive eine Stunde bestrahlt waren, war der Effekt zu gering. Nr. 4 hingegen, das zwei Stunden bestrahlt wurde, zeigte nach zwei Tagen wesentliche Verkleinerung der Follikel mit deutlichem Vortreten des Bindegewebes; die Rindensubstanz der Follikel war teilweise zerstört, indem der epitheliale Saum direkt an das umliegende Bindegewebe grenzte. Auch in den erhaltenen Resten der Rinden- substanz waren die Lymphozyten grösstenteils zugrunde gegangen, während die Marksubstanz keine wesentlichen Veränderungen zeigte. Das Epithel erschien vielfach gebuchtet, häufig mit Vakuolen durchsetzt und zeigte massen- haft Durchwanderung von Lymphozyten. Eosinophile Leukozyten waren ver- einzelt nachweisbar. Diese Intensität der Bestrahlung erschien mir für den folgenden Ver- such geeignet. ‚Durchschnitt- Durchschnitt-) Maximale | Maximale ‚ liche Breite | liche Breite | myithelhöhe Nr. | Follikelhöhe |Follikelbreite der Rinden- der Mark- P | | substanz | substanz u | u | u u | bis u | R | 650 360 | 50 250 60 Kontrolltier | AB 450 | 280 30 220 su | (stellenweise | Durchm.) Serie IV. Nr. 1 bietet das Bild einer normalen Bursa mit prallen Follikeln und spärlichem interfollikulären Bindegewebe. Mallory-Färbung zeigte auch hier deutliche Blaufärbung und Konnex des epithelialen Retikulums der Marksubstanz mit dem Epithelsaum derselben. Das Bursaepithel besitzt eine einfache Kernreihe, ist geradlinig und zeigt Durchwanderungsbilder. Nr. 2 zeigt starke Verkleinerung der Follikel, Vermehrung resp. Her- vortreten des interfollikulären Bindegewebes, Atrophie der Lymphozyten enthaltenden Rindensubstanz und lockere Struktur der Marksubstanz. Letztere ist bedeutend zellenärmer und ist von der Rindensubstanz nicht gleichmässig umgeben, sondern von ihr in wechselnder Mächtigkeit durchsetzt, so dass sie am Durchschnitt gleichsam aus mehreren Nestern besteht. Nr. 3 ist hochgradig atrophiert, das Epithel vielfach gebuchtet und von vereinzelten Vakuolen durchsetzt. Nr. 4 zeigt beginnende Regeneration. Desgleichen Nr. 5, das eosinophile Leukozyten im subepithelialen Binde- gewebe enthält. Nr. 6 zeigt ebenfalls Ansätze zur Regeneration; es finden sich eosino- phile Leukozyten sowie zahlreiche Kapillaren in der Rindensubstanz vor. Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Bursa Fabricii. 399 Nr. 7 zeigt noch Degeneration: die Follikel sind klein; die Rinden- substanz schmal, gürtelförmig, wenig Lymphozyten enthaltend, zumeist aus Retikulumzellen bestehend; die Marksubstanz ist aufgelockert, ihr epitheliales Retikulum deutlich sichtbar, die darin eingelagert ‘gewesenen Zellen ver- schwunden. Eosinophile Leukozyten wurden beobachtet. Nr. 8 (Kontrolltier) zeigt normalen Bau. Doch ist die Rindensubstanz ebenfalls an einem und demselben Follikel von stark wechselnder Breite, eine Eigenschaft, die vielleicht mit der Jugend der Versuchstiere im Zusammen- hange stehen dürfte. Nr.9, 10 und 11 stehen im Zeichen deutlicher Regeneration. Das Binde- gewebe ist spärlich, die Follikel sind wohl klein, aber dicht mit Lymphozyten gefüllt. Das Epithel ist noch vielfach gebuchtet und wird häufig von Zellen durchwandert. Nr. 10 zeigt vereinzelt Vakuolen im Epithel; Nr. 10 und 11 weisen eosinophile Leukozyten auf. Nr. 12 zeigt eine 21 Tage nach zweistündiger Bestrahlung ge- wonnene, fast völlig regenerierte Bursa (siehe Fig. IV). Die Follikel sind zum Grossteil fast von normaler Grösse, prall mit Lymphozyten gefüllt, zeigen aber die schon bei Nr. 8 erwähnte unregelmässige Breite der Rinden- substanz. An der Grenze zwischen dieser und der Marksubstanz verlaufen. den epithelialen Saum aussen begleitend, zahlreiche Kapillaren. Das inter- follikuläre Bindegewebe scheint noch vermehrt; in ihm liegen neben Follikeln von fast normalem Charakter wiederum solche, die noch in Regeneration begriffen sind, sowie Haufen von Lymphozyten, die einen regelmässigen Bau noch nicht erkennen lassen. Diese Lymphozytenanhäufungen findet man stets im Zusammenhang mit dem Epithel, das an diesen Stellen eine ausserordentliche Zellvermehrung zeigt. Diese Zellen dringen knospenförmig gegen das subepitheliale Bindegewebe vor und bilden derart einen kugel- förmigen Komplex, um den die bei Mallory-Färbung blaugefärbte Basal- membran des Epithels sich herumschlägt; nach aussen liegen dann je nach dem Stadium mehr oder minder zahlreiche Lymphozyten an (siehe Fig. VID. Bedenkt man, dass bei der normalen Entwicklung der Bursa die Follikel auf analoge Weise entstehen, indem kugelige Komplexe von Epithel- zellen, die sogenannten Follikelkeime, gegen die Lamina propria wuchern; dass aus diesen Follikelkeimen, die von der Basalmembran des Epithels und den im Gewebe der Lamina propria reichlich vorhandenen Blutgefässen um- geben werden, die Marksubstanz entsteht, um welche sich beim Huhn mantel- artig Lymphozyten ansammeln, die in ihrer Gesamtheit die Rindensubstanz bilden, so muss angenommen werden, dass auch hier ein analoger Vorgang eintritt. Gewiss sind nicht alle Follikel zugrunde gegangen; sie sind oft nur verödet und füllen sich verhältnismässig schnell mit Lymphozyten, deren Herkunft bezüglich der Rindensubstanz aus den im Regenerationsstadium stark gefüllten Kapillaren, die entlang des Epithelsaumes ziehen, möglich, ja wahrscheinlich ist. Dass die Lymphozyten der Marksubstanz ebenfalls aus diesen Kapillaren stammen, erscheint unwahrscheinlich, da in allen Fällen der Epithelsaum unverletzt erscheint und eine Durchsetzung mit Lymphozyten nicht erkennen lässt. Ausserdem müssen aber viele Follikel zugrunde gegangen sein: dafür sprechen die zahlreichen isolierten Epithel- 400 Hans Unzeitig: schläuche, die mit keinerlei ausgebildeten Follikeln in Verbindung stehen. Dafür sprechen auch in erster Linie die beschriebenen Epithelknospen, die noch 21 Tage nach der Bestrahlung ziemlich zahlreich auftreten, als Follikel- keime aufzufassen sind und sich tatsächlich mit Lymphozyten umgeben, die sich dem Epithelsaum aussen anlagern: schon der Umstand, dass neben nackten Epithelknospen auch solche vorkommen, die in verschiedener Stärke und Mächtigkeit von Lymphozyten umlagert werden, so dass an einem Präparat gleichsam alle Phasen dieser Entwicklung zu sehen sind, spricht dafür, dass hier Follikel neugebildet werden. Zieht man die Jugend der Tiere, die lange Zeit nach der Bestrahlung, das normale Gewicht der Bursa und den histologischen Gesamteindruck in Betracht, so ist der Einwurf, es könnte sich um Degenerationsbilder handeln, von vornherein widerlegt, ab- gesehen davon, dass die Degeneration in ganz anderer Weise verläuft. Hingegen lässt sich auch hier nicht mit Gewissheit sagen, woher die Lymphozyten der Mark- und Rindensubstanz stammen. Die direkt massen- haft auftretenden und stark gefüllten Kapillaren in der Rindensubstanz regenerierender Follikel lassen zwar bezüglich der Lymphozyten der Rinden- substanz eine Einwanderung auf dem Wege der Blutbahn vermuten, aber nicht beweisen. Das Epithel ist überall dort, wo die Follikel ihre ursprüngliche Grösse ungefähr erreicht haben, geradlinig, einschichtig und einreihig, zeigt also hier normales Verhalten. Hingegen ist es in den Buchten, wo die Neu- bildung und Regeneration der Follikel noch nicht abgeschlossen ist, stark gebuchtet und zeigt mitunter zahlreiche Kernreihen. Vakuolen sind im Epithel vereinzelt zu bemerken. Eosinophile Leukozyten sind im subepithelialen Ge- webe recht häufig; vereinzelt liegen siein Haufen auch im Zentrum der Follikel. Nr. 15 stammt von einem ursprünglich zum Kontrolltier bestimmten, nicht bestrahlten Tiere, das am 20. Versuchstage, weil moribund, getötet wurde. Die Bursa zeigt das Bild einer akzidentellen Involution, durch Kachexie des kranken Tieres hervorgerufen (siehe Fig. V). Die hochgradig atrophierte Bursa zeigt ein wesentlich anderes histo- logisches Bild, als die durch Bestrahlung atrophierten übrigen Organe. Die ganz unregelmässig, meist dreieckig oder länglichoval geformten Follikel sind bedeutend verkleinert; ihr Umriss ist unscharf, so zwar, dass die Retikulumzellen der Iymphozytenarmen Rindensubstanz förmlich in das inter-, follikuläre, scheinbar vermehrte Bindegewebe ausstrahlen und die Lympho- zytenansammlung sich ganz allmählich im Bindegewebe verliert. Mark- und Rindensubstanz sind ziemlich gleichmässig in Mitleidenschaft gezogen; ihre Grenze verläuft ganz unregelmässig und die Gürtelform der künstlich involutionierten Rindensubstanz fehlt. Sehr auffällig ist das Verhalten der Marksubstanz: sie erscheint aufgelockert, maschig, zellenarm, ist Iympho- zytenfrei und hat ein namentlich bei Mallory-Färbung auffälliges, netz- förmiges Aussehen. Die Fasern dieses Netzes sind ebenso wie das Binde- gewebe und der epitheliale Saum blaugefärbt, zeigen also die gleiche Reaktion wie diese. Der Epithelsaum ist deutlich sichtbar und wird zentralwärts noch verstärkt durch einen Kranz von eng aneinander liegenden, abgeplatteten, epithelialen Zellen, die lebhaft von der maschigen Marksubstanz kontrastieren. Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Bursa Fabriecii. 401 Das Epithel ist vielfach gebuchtet, auffallend hoch und zeigt zahl- reiche Kernreihen sowie ausserordentlich viel Vakuolen, die in verschiedener Höhe das Epithel durchsetzen und teilweise Zelltrümmer, zum anderen Teil eine homogene, bei Hämatoxylin- wie bei Mallory-Färbung bläulich gefärbte Substanz enthalten. Auch die Durchwanderung von noch deutlich konturierten oder bereits zerfallenen Zellen durch das Epithel ist stark vermehrt. Durchschnitt- Durchschnitt- Maximale Maximale | liche Breite liche Breite Epithelhöhe Nr. | Follikelhöhe |Follikelbreite | der Rinden- | der Mark- en substanz | substanz u | u 7 | u bis [7 | | 1 800 500 70 | 350 | 60 Kontrolltier | | 2 760 260 50 | 200 | 80 3 400 250 30 200 | 60 4 600 350 40) 240 50 5 600 u or >|) Benno. 29050 6 750 300 60 180 | 40 | Z 500 270 50 160 | 40 | 8 900 450 | 80 250 | 50 Kontrolltier | 1) 420 300 | 40 | 220 | 40 10 600 400 B0) 300 | 70 11 360 450 40 350 40 12 750 460 | 60 | 300 60 13 400 180 30 120 | 60 Kontrolltier B. Nebenbefunde. a) An den untersuchten Hoden. Serie III. Nr. 1 (Kontrolltier) lieferte mir einen normalen geschlechts- reifen Hoden. Bei spärlichem interstitiellen Bindegewebe, das auf Mallory-Färbung nicht reagierte (es reagierte bloss die Tunica propria und das perivaskuläre Gewebe mit Bindegewebsfärbung), waren die quergetroffenen Tubuli contorti von einem durchschnitt- lichen Durchmesser von 180 u. Interstitielle Zellen, sogenannte Zwischenzellen, fanden sich reichlich. Im Tubulus contortus selbst 402 Hans Unzeitig: konnte man alle Phasen der Spermienbildung verfolgen bis zur Bildung von Samenähren, Spermatoblasten ; auch freie Spermatozoen fanden sich reichlich im Lumen (siehe Textfig. 1). a AR E ef N ie De u Re A Au NL aaa, ,e AERO > Ft, & Lee Rie. 1. Normaler Tubulus contortus vom Hoden des Hahnes. Serie III, Nr. 4 lieferte Präparate eines vor zwei Tagen zwei Stunden lang bestrahlten Tieres: Die Tubuli contorti sind auf durchschnittlich 60 « Durchmesser verkleinert. Wenn Hida und Kuga den Spermatozoen eine vermehrte Resistenz zuschreibt, so fand ich wenigstens kein Bild, das diese Annahme bekräftigt. Denn schon in diesem Präparate fand sich kein einziges Spermatozoon; auch jede andere höhere Zellenstufe, Spermatozyten I. und I. Ordnung, Spermatiden ete. waren verschwunden. Lediglich die wandständigen Sertolischen Zellen, dazwischen wenige Sperma- togonien waren erhalten. Bindegewebe war zwischen den Tubulis nicht vermehrt eingelagert, die Zwischenzellen schienen aber eher vermehrt als vermindert (siehe Textfig. 2). Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Bursa Fabricii. 403 Serie IV, Nr. 3, 6, 11 und 12 zeigten 3, 6, 14 und 21 Tage nach erfolgter zweistündiger Bestrahlung das gleiche Bild, wie das bei Serie II Nr. 4 nach zwei Tagen beobachtete. Ein Ansatz Tubuli contorti eines zwei Stunden bestrahlten und zwei Tage nachher getöteten Hahnes bei gleicher Vergrösserung wie Fig. 1 (1:250). zur Regeneration war auch bei Nr. 12, das sind 21 Tage nach erfolgter Bestrahlung, während welcher Zeit Bursa und Milz desselben Tieres fast völlig regeneriert waren, nicht zu beobachten. b) An den übrigen untersuchten Organen. Die Milz weist nach der Bestrahlung hauptsächlich eine starke Verminderung der Lymphozyten auf und erscheint stark hyperämisch. Die Leber und die Niere wiesen gleichfalls eine 3—4 Tage währende stärkere Füllung namentlich der peripheren Gefässe auf. Zusammenfassung. Zweistündige Röntgenbestrahlung von bei den einzelnen Ver- suchen angegebener Intensität wird von Hühnern im allgemeinen gut vertragen. In den der Bestrahlung folgenden Tagen tritt gewöhnlich eine merkliche Körpergewichtsverminderung ein, die vom 5. Tage ab einer allmählichen Gewichtszunahme weicht. Am 12. Tage nach erfolgter Bestrahlung tritt Federnausfall ein, der, wie dies schon Kienböck erwähnt, namentlich die geschützten Stellen unter den Flügeln und am Unterbauch be- trifft und sehr umfangreich werden kann; 21 Tage nach der Be- strahlung ist ein Nachwachsen des Gefieders noch nicht bemerk- Archiv f.mikr. Anat. Bd.$2. Abt.1. 27 404 Hans Unzeitig: bar. Den geringfügigen Symptomen körperlichen Unbehagens steht eine tiefgreifende Beeinflussung der inneren Organe gegenüber. Die Bursa Fabrieii reagiert prompt mit Verkleinerung des Umfanges und Gewichtes, die in allen Fällen zur Atrophie, in einem Falle zum fast völligen Schwund des Organs führte. Die histologischen Veränderungen betreffen in erster Linie die Rindensubstanz der Bursafollikel, deren Lymphozyten oft voll- ständig zerstört wurden. Auch die Marksubstanz erscheint in Mitleidenschaft gezogen. Die Zahl der Follikel nimmt wesentlich ab. Während die Degenerationsvorgänge in der Rindensubstanz nach 2—3 Tagen beendigt sind, kommen sie in der Marksubstanz erst 4—5 Tage nach der Bestrahlung zum Stillstand. Die Re- generation beginnt in der Rindensubstanz meist am vierten Tage, in der Marksubstanz einige Tage später; sie ist nach 14 respektive 21 Tagen wohl der Hauptsache nach, jedoch nicht vollständig beendet. Sie besteht in einer Neubelebung des verödeten Follikels durch Neueinlagerung von Lymphozyten in Mark- und Rinden- substanz, deren Herkunft nicht geklärt werden konnte. Wahr- scheinlich stammen die Lymphozyten der Rindensubstanz aus den Kapillaren. Ausser dieser Neubelebung kommt es aber auch zur Neubildung von Follikeln, die in der gleichen Weise erfolgt, wie während der natürlichen Entwicklung. Die durch Kachexie hervorgerufene Involution der Bursa ist von der durch Röntgenbestrahlung erzeugten bezüglich des histo- logischen Bildes wesentlich verschieden. Die beim Hahn ausserordentlich geschützten Hoden werden durch die gleiche Bestrahlungsintensität und -dauer meist noch heftiger berührt als die Bursa. Sie reagieren mit weit grösserem Gewichtsverlust als jene; die samenbildenden Zellen sind mit Aus- nahme weniger Spermatogonien bereits am zweiten Tage ver- schwunden, ebenso sämtliche Spermatozoen. Den Befund von Hida und Kuga, dass die Spermatozoen durch längere Zeit widerstands- kräftig bleiben, fand ich somit nicht bestätigt, wohl aber die starke Radiosensibilität der Hoden des Hahnes. Die Zwischen- zellen erscheinen nicht beeinflusst. Ein Anlauf zur Regeneration der Hoden war auch nach 21 Tagen nicht zu konstatieren. Die Milz reagiert regelmässig durch grossen Gewichtsverlust bis tief unter 50°/o von Kontrollorganen. Regeneration tritt in allen Fällen ein, erfolgt jedoch langsam und ist nach 21 Tagen Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Bursa Fabricii. 405 noch nicht abgeschlossen. Histologisch konnte ich eine starke Verminderung der Lymphozyten sowie eine stellenweise starke Hyperämie konstatieren, die auch in Leber und Niere auftrat. Eine Gewichtsverminderung der Leber trat nicht ein. Herrn Hofrat Prof. Dr. Armin v. Tschermak, der mir in der liebenswürdigsten Weise das Röntgenlaboratorium des Physiol. Institutes zur Verfügung stellte und Herrn Prof. Dr. Siegmund v. Schumacher, der mir in der ganzen Anlage der Arbeit und bezüglich des histologischen Teiles mit Rat und Tat förderlich zur Seite stand, sei auch an dieser Stelle mein aufrichtiger Dank ausgesprochen. Literaturverzeichnis. 1. Ellenberger und Baum: Handbuch der vergleichenden Anatomie der Haustiere. S. 1035. 2. Heineke, H.: Zitiert nach Rudberg. 3. Hida, S. und Kuga, K.: Einfluss der Röntgenstrahlen auf den Hoden des Kaninchens und Hahnes. Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgen- strahlen. XVII, S. 92. 4. Jolly, J.: Sur les modifications histologiques de la bourse de Fabricius ä la suite du jeune. C.R. Soc. Biol., Paris 1911, S. 71. 5. Derselbe: La bourse de Fabricius et les organes Iympho-£pitheliaux. Assoc. Anat. Congres de Paris 1911. 6. Jonson, A.: Studien über die Thymusinvolution. Die akzidentelle Involution nach Hunger. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 73, 1909. 7. Kienböck, R.: Radiotherapie 1907. 8. Derselbe: Zur Pathologie der Hautveränderungen durch Röntgen- bestrahlung bei Mensch und Tier. Wr. med. Presse Nr. 19 ff, ex 1901. 9. Osawa, G.: Über die Bursa Fabrieii der Vögel. Mitteilung aus der med. Fakultät der kaiserl. japanischen Universität Tokio, Bd. 9, H.3, 1910. 10. Retterer, E.: Zitiert nach Schumacher. 11. Rudberg, H.: Die Thymusinvolution nach Röntgenbestrahlung. Arch. f. Anat. u. Phys., 1907, Suppl.-Bd. zur Anat. Abt., S. 127. 12. Schumacher, $. v.: Über die Entwicklung und den Bau der Bursa Fabricii. Aus den Sitzungsberichten der kaiserl. Akademie der Wissen- schaften in Wien. Math.-naturw. Kl., Bd. CXII, Abt. 3, Juli 1903. 13. Wenckebach, K.F.: Zitiert nach Schumacher. 27* 406 Hans Unzeitig: Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXIIL. Sämtliche Abbildungen sind mit dem Prisma entworfen, Fig. 1—5 bei 100- facher, Fig. 6 und 7 bei 160facher Vergrösserung gezeichnet. Fig. 1. Zeigt eine normale Bursa eines sechsmonatlichen Huhnes auf der Höhe der Entwicklung. R— Rindensubstanz; M — Marksubstanz ; G — die Grenze, durch Bindegewebe und Kapillaren gebildet. Die Follikel sind gross und durch E = Epithelkappe mit dem Bursa- epithel in Verbindung. Fig. II. Zeigt das Bild einer stark atrophierten Bursa, 2 Tage nach 2!/.- stündiger Bestrahlung. Das Bindegewebe zwischen den Follikeln erscheint vermehrt, die Follikel sind spärlich und stark verkleinert. M = die bedeutend zellenärmere Marksubstanz; B = der Rest der Rindensubstanz, der nur mehr aus den Retikulumzellen besteht; E —= die Epithelkappe; e. L = eosinophile Leukozyten, wie sie im subepithelialen Bindegewebe ausserordentlich reichlich auf- treten. Das Epithel erscheint stark gebuchtet, die Grenze zwischen Rinden- und Marksubstanz ist häufig peripher gelegen, bisweilen durchdringt sie unregelmässig die Marksubstanz. Fig. III. Zeigt die Bursa 14 Tage nach 2!/sstündiger Bestrahlung. FR= Follikelreste, deren Rindensubstanz gänzlich verloren gegangen ist; ES = Epithelschläuche, deren zugehörige Follikel zugrunde gegangen sind. Das Bild wird von neugebildetem Bindegewebe beherrscht, das ausserordentlich reich vaskularisiert erscheint, auffallend sind die starkwandigen Arterien — A. Fig. IV. Zeigt eine in voller Regeneration begriffene Bursa eines 2 Monate alten Hahnes, 21 Tage nach 2stündiger Bestrahlung. Die Follikel haben an Grösse fast ihre normale Ausdehnung erreicht, das Bindegewebe erscheint wesentlich verdrängt. M — Marksubstanz: R — die Rindensubstanz der Follikel; ihre Grenze verläuft noch unscharf. Das Epithel zeigt, dass der Regenerationsprozess noch nicht beendet ist; es ist noch stark gebuchtet, kernreich und zeigt häufig EK = Epithelknospen, das sind Follikelkeime, aus denen neue Follikel entstehen. Fig. V. Zeigt die natürlich involutionierte Bursa eines an Kachexie zu- grunde gegangenen Kontrolltieres. Das Bild ist wesentlich anders geartet als jenes nach Röntgenbestrahlung. Die unregelmässig geformten Follikel sind nicht scharf begrenzt, ihre R —= Rinden- substanz geht in das interfollikuläre Bindegewebe über. M — die Marksubstanz erscheint maschig; ihr Grenzsaum ist zentral- wärts durch einen Kranz epithelialer Zellen verstärkt. Das Epithel ist stark gebuchtet und zeigt zahlreiche Vakuolen = \. Fig. VI. Fig. VI. Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Bursa Fabrieii. 407 Stammt von einem 40 Stunden nach 2!/» stündiger Bestrahlung getöteten Huhn. C© — Conglomerat in der erweiterten Bucht, die den Follikel mit dem Lumen der Bursa verbindet; M — die auf- gelockerte Marksubstanz; R = die gürtelförmige Rindensubstanz. Zeigt die Art der Neubildung der Follikel und stammt von dem 21 Tage nach 2stündiger Bestrahlung getöteten Hahn. FK — Follikelkeim, aus dem die Marksubstanz entsteht; L — Lympho- zyten, die sich ringsum ansammeln und aus denen die Rinden- substanz entsteht. 408 Über das Stroma der Nebennierenrinde. Von Dr. med. P. Snessarew, Oberarzt der Irrenanstalt ‚„Nikolsko&‘“, Kostroma, Russland. Mit 3 Textfiguren. Zu meinen Untersuchungen bediente ich mich der neuro- fibrillären Methode von Bielschowsky, die ich zur Darstellung der bindegewebigen fibrillären Reticuli'!) modifiziert habe. Das reticuläre Gewebe der Nebenniere wird der Hauptgegenstand unserer Darstellung sein. Mit der Frage über das Nebennierenstroma verband sich bei den früheren Forschern stets die Frage über die Existenz von Schläuchen und Blasen in der Rinde, umgeben von einer eigenen Membran (Tunica propria). Der Zusammenhang dieser Fragen ist sehr charakteristisch, und wir werden uns bemühen, denselben zu erklären. Die Geschichte dieser Fragen können wir, da sie schon oft genug dargestellt worden ist, übergehen. In den letzten Jahren erschienen einige russische Disser- tationen (von Blumenau, Landau, Bogomoletz, Molt- schanow und Dserschinsky), die den verschiedenen Seiten der wichtigen Nebennierenfrage gewidmet sind, in denen aber das Stroma nur beiläufig erwähnt wird. In unserer Beschreibung werden wir nur das Nebennieren- stroma des Menschen behandeln. Das Grundschema des Rinden- baues wurde schon so oft beschrieben, dass wir uns auf die Erwähnung der charakteristischen Eigenschaften beschränken wollen. Die Hülle des Organs ist die Bindegewebsquelle für Rinde und Marksubstanz. Von hier aus ziehen einzelne Fasern und Bündel, stellenweise auch ganze Züge von Bindegewebsfasern, in die Tiefe des Organs; die letzten dringen zusammen mit grossen Blutgefässen bis in das Innere der Nebenniere, man kann sie als Trabekel bezeichnen. Das Verhältnis der Rindenzellen zu denselben ist sehr charakteristisch: sie bilden für diese eine Art Kapsel. Die Peripherie der Rinde ist da, wo die Trabekel 1) Anat. Anz., Bd. XXXVI, 1910, und Anat. Anz., Bd. XL, 1912. Über das Stroma der Nebennierenrinde. 409 in die Rinde eintreten, etwas trichterförmig eingezogen, die Zell- stränge, die sich zur Peripherie gewöhnlich radiär stellen, ändern weiterhin ihre Anordnung, sie suchen die radiäre Stellung zu er- halten, aber nicht mehr zur Peripherie, sondern zu den Trabekeln. Kurz, die Rindenperipherie wird auf die Trabekel übertragen. Die Rindenbreite (vom Trabekel aus gerechnet) verschmälert sich und je tiefer, desto mehr. Ausserdem bilden sich an den Stellen, Fig. 1. Stroma der Nebennierenrinde. Zf = Zona fasciculata; Zr — Zona reticularis. wo die Trabekel verlaufen, Einziehungen von Rindenzellenelementen bis in die Tiefe der Marksubstanz. Die beschriebenen Trabekel führen der Marksubstanz eine Masse von Bindegewebe, Blutgefässen und Nerven zu, wodurch ein Zusammenhang mit der Kapsel ge- bildet wird. Wir halten auch das für wesentlich, dass die Ganglien- zellen sich in der Tiefe der Nebenniere jeweils an einem solchen Trabekel befinden, was für ihre Zugehörigkeit zur Kapsel spricht. Nicht nur Trabekel allein, sondern auch einzelne Bündel von Binde- gewebsfasern dringen aus der Kapsel in die Marksubstanz ein. Aber die meisten der gesondert von der Kapsel ausgehenden Faserbündel werden nicht zur Bildung von Marksubstanzstroma, (40 P. Snessarew: sondern zur Bildung des Stromas der Rinde verwendet. Sich verzweigend und miteinander anastomosierend, bilden sie grosse Räume für Zellanhänfungen der Rinde, aus dünnen Endfibrillen und dünnen Seitenästchen bildet sich ein Reticulum, welches einzelne Zellen umhüllt. Sehr auffallend ist die Tatsache, dass, je näher die radiär verlaufenden Faserstränge und Bündel sich an der Peripherie befinden, sie um so dicker werden, und je Reticeuläres Stroma Zonae fasciculatae et reticularis. weiter dieselben in die Tiefe ziehen, sie um so mehr sich ver- dünnen; endlich besteht das Stroma in der Zona reticularis und in den nächsten Teilen der Zona fasciculata aus einem Netz von feinsten annähernd gleich dicken Fibrillen (s. Fig. 1). Ein anderes charakteristisches Merkmal ist, dass alle diese Netze miteinander in Verbindung stehen, so dass das Faserstroma ein Ganzes bildet. Man bekommt sogar den Eindruck, als ob das Parenchym von einem dichten Netz umgeben und an der Kapsel sozusagen auf- gehängt sei. Im Speziellen kann man von dem Bau der äusseren Rindenteile das wiederholen, was schon längst von einer Reihe Autoren beschrieben worden ist (Kölliker, Leydig, Moers, Über das Stroma der Nebennierenrinde. 411 Joesten, Arnold, v. Brunn). Man kann v. Brunn bei- stimmen, dass es nicht notwendig sei, dass jede Zelle eine be- sondere Masche einnehme. Was aber die inneren Rindenteile anbetrifft (wir haben nicht nur die Zona reticularis, sondern auch die Nachbarteile der Zona fasciculata im Sinn), wo man nur wenige dicke Zweige sieht, und wo das Stroma aus feinsten Netzfasern besteht, so drängen sich in unseren Präparaten einige strukturelle Eigentümlichkeiten auf, die, wie es uns scheint, die Möglichkeit bieten, sich in dem alten Streite über die „Membrana propria“ der Zellanhäufungen in der Nebennierenrinde zu orientieren. Die von uns modifizierte Methode von Bielschowsky lässt sehr gut das feinste fibrilläre Bindegewebsnetz darstellen. Einige Maschen desselben sind bedeutend kleiner als ein Zellleib, ja sogar kleiner als ein Zellkern, was man auf den beigelegten photographischen Aufnahmen, auf denen die Zellkerne das Aus- sehen dunkler Flecken haben, feststellen kann. Solch ein feines Netz haben die früheren Forscher nicht gesehen, sie halten die- jenigen Maschen für die feinsten, in denen nur eine Zelle Platz hat. Das zu beschreibende fibrilläre Netz beteiligt sich an der Bildung der einzelnen Zellager, indem es diese voneinander ab- grenzt (s. Fig. 2). Wir wollen die Rolle dieses Reticulums eine stützende nennen. Dasselbe Fibrillarnetz umgibt aber die Zell- stränge und einzelne Zellanhänfungen von aussen und umgibt an der innersten Marksubstanzgrenze auch einzelne Zellen, so dass die letzten das Aussehen runder Körper oder Klümpchen bekommen (s. Fig. 1). Diese sekundäre Rolle des Reticulums ist besonders hervorzuheben; dieselbe ist eine umhüllende und isolierende. Hierbei muss man sich daran erinnern, dass sich an der Bildung der typischen Isolationshüllen (Membranae propriae, Mem- branae terminales) anderer Organe dieselben feinsten Terminal- netze kollagener Fasern beteiligen, wie wir sie im Anatomischen Anzeiger 1910, Bd. 36 und 1912, Bd. 40, besprochen haben, und deren Bestätigung wir in den Arbeiten von Merkel'), Farrado?) und anderen finden. Als Beispiel kann man die Struktur der Membrana propria der Nierenkanälchen, sowie die Gitterfasern der Leber nennen. Wenn das so ist, so wird man den alten 1) Anat. Hefte 1909, H. 115. ?) Internat. Monatsschr. f. Anatomie und Physiologie, XXVI, 1909. 412 P. Snessarew: Angaben von der Existenz von blasenförmigen Membranae propriae in den Nebennieren die grösste Aufmerksamkeit zuwenden müssen, denn das Vorhandensein eines fibrillären Netzes braucht die Existenz einer Membrana propria nicht auszuschliessen, sondern kann sie eher stützen. Es gibt in der Nebennierenrinde keine hohlen Schläuche oder Blasen einer strukturlosen Membran (Ecker, ‘Frey, Henle,Grandry u. a.) Intden”oberen Fig. 3. Substantia medullaris der Nebennieren. Schichten sehen wir das Reticulum als Stroma von Zellanhäufungen und nur in den tieferen Schichten umhüllt es dieselben von aussen ; aber auch hier können wir nicht von einer typischen Membrana propria reden. Es fehlt hier die homogene Substanz, welche das fibrilläre netzartige Stroma der Membrana propria gleichsam durchtränkt. Wir können noch auf ein anderes Beispiel hinweisen, wo das Reticulum die gleiche, das Parenchym einhüllende Rolle des Isolators und des Schutzes gegen den Aussendruck spielt, — das ist in den sympathischen Ganglien des Darmtractus z. B. in der Gegend des Pylorus der Fall. Wenn wir jetzt lesen, dass ein so objektiver Forscher wie Kölliker, der die Eckerschen Über das Stroma der Nebennierenrinde. 413 Schläuche kühn leugnete, die Existenz von Blasen in den innersten Rindenteilen anerkennen musste, und dass ein anderer aufmerk- samer Beobachter, Joesten, ihm beistimmte, so verstehen wir, weshalb das geschehen ist: beide Forscher sahen ein Reticulum, welches die Umhüllung von Zellhaufen und einzelnen Zellen bildete; aber sie konnten wegen Mangel an technischen Mitteln nicht sehen, dass sie keine strukturlose Membran, sondern nur ein feinmaschiges Fibrillarnetz vor Augen hatten. Oben erwähnten wir, dass wir in der Marksubstanz der Nebenniere eine zerstreute Gruppe von Ganglienzellen sehen; ein Teil davon ist in Kapseln für die typischen Zellen dieses Neben- nierenabschnittes gelegen. Sie sind von seiten der Trabekel, an die sie anschliessen, durch ein feinstes Fibrillarnetz begrenzt, dieses aber bildet einen Bestandteil der Wände der nächstliegenden Kapseln. Was stellt denn eigentlich das Reticulum dar? Das ist ein Netz, in welches Fibrillen aus Kollagenfasern übergehen, indem sie ihr Kollagen verlieren. Die früheren Forscher stellten sich deren Natur folgendermassen vor: Joesten hielt es für dasselbe Gewebe, welches Frey und andere für das Stroma der Lymph- drüsen annahmen. Später unterstützte Flint eigentlich dieselbe Meinung, indem er auf deren Verschiedenheit von elastischen Fasern, von Gitterfasern der Leber und anderen hinwies. Inter- essant ist ihr Verhältnis zu Zellelementen. Arnold verneinte darin das Vorhandensein von Kernen, Moers im Gegenteil nahm solche an und schilderte dieselben. Ihm folgte auch Dostoewsky, der die dunkleren Stellen im Netze, die sich stark mit Hämatoxylin und Pikrokarmin färbten, für Kerne hielt. Wir sind auch geneigt, einen genetischen Zusammenhang des Reticulums mit den Stromazellen anzunehmen. 414 Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie und Histologie der Kgl. Universität Pavia. (Leiter Prof. ©. Golgi.) Zur Kenntnis der neurofibrillären Apparate der Hirudineen. Von G. Ascoli. Hierzu 10 Textfiguren. In einer vor etwa 2 Jahren erschienenen Arbeit zur Neuro- logie der Hirudineen!) habe ich einige Tatsachen von vielleicht allgemein histologischem Interesse mitgeteilt. Ich sehe mich heute veranlasst, in Kürze auf jene Studien zurückzukommen, um dieselben durch die Mitteilung einiger weiterer Belege zu festigen und im besonderen die Zweifel zu beseitigen, die aus Cajals Laboratorium gegen meine Untersuchungen geltend ge- macht wurden.?) Ich habe in meiner Arbeit, entgegen der geläufigen An- schauung, den gitterartigen Bau der Achsenzylinder einzelner (Gruppen von Nervenfasern festgestellt und durch die Abbildung einiger neurofibrillärer Achsenzylindernetze belegt. In den Arbeiten der Cajalschen Schule ist von dieser verwickelten Struktur der Nervenfasern des Egels keine Rede und wird, so weit ersichtlich, ein isolierter Verlauf der Fibrillen angenommen; wie denn überhaupt die Darstellung der Nerven, wie sie Sanchez gibt, von meinen Bildern in grellster Weise absticht. Ich führe zur Beleuchtung des Gegensatzes die ent- sprechenden Abbildungen nebeneinander vor (Fig. 1). Über diesen Gegensatz kann man nicht etwa mit der An- nahme hinweg, die netzigen Strukturen in meinen, aus Isolations- präparaten stammenden, Bildern seien aus einer Zerzupfung und künstlichen Verknäuelung der Fibrillen zu erklären. Die Nerven sind gar nicht zerzupft, sondern einfach und unversehrt aus ihren lockeren Scheiden ausgelöst und in optischem Längsschnitt dargestellt. 1) Zoolog. Jahrbücher, 1911. ?) Sanchez. Trabajos etc. 1911—1912; vgl. auch Cajal, Sanchez ibid. 1907, 1909. Die neurofibrillären Apparate der Hirudineen. 415 Es entspricht den tatsächlichen Verhältnissen viel mehr, eine verschiedene Wertigkeit‘ der Methoden anzuerkennen, die zwar offenbar gleichartige Elemente, dieselben jedoch mit sehr ungleicher Vollständigkeit, aufdecken. Wenn aber infolge der angewandten Methodik eine Anzahl der zarteren Fibrillen der Färbung entgeht, wenn ihre meist dünnen Verbindungsäste nicht >“ are Nach Ascoli. Fig. 1. (Nervenstamm.) Nach Sanchez. zur Darstellung kommen, wenn die Bündel demnach weit lockerer erscheinen, dann kann es — wie ich schon ausgeführt habe (l. ce.) — nicht wundernehmen, dass die Fibrillen der Kolossalfasern als gegenseitig unabhängige Gebilde beschrieben und dargestellt werden; dann wird das von Sanchez gegebene Bild und sein (Gegensatz zu unserem Befunde einfach und zwanglos verständlich. Es lässt sich aber auch unmittelbar belegen, dass die Neuro- fibrillen der kolossalen Nervenfasern oder Bündel nicht voneinander unabhängige Gebilde darstellen. In ausnahmsweise gut gelungenen 416 G. Arsieo MH: Gangliennervenpräparaten, die ein vollständig erhaltenes Ganglion samt den eintretenden Nervenstämmen unter schärfster Differen- zierung der Neurofibrillen der Beobachtung zugänglich machen, Bes. Die neurofibrillären Apparate der Hirudineen. 417 hat man Gelegenheit, jene Netzfasern aus dem Nerven in das Gangiion zu ihrem zentralen Ende zu verfolgen. Da sieht man (Fig. 2) die Kolossalfasern zunächst bei ihrem Durchtritte durch die straffe Ganglienkapsel sich etwas verschmächtigen und ihre Maschen langgestreckter und weniger dicht gestalten, dann verstricken sich ihre Fibrillen abermals inniger unter- einander und sammeln sich endlich um einige stärker und stärker werdende Stämme, bis sie sämtlich in wenige Stränge aufgehen, in die sich die Netzfaser unter auffälligster Verein- fachung ihrer Struktur gabelt. Die Endstränge der Faser verlieren sich nach vereinzelten Teilungen in der zentralen Faserung der Ganglienkette. Durch diese Art der Endigung unter Verschmelzung in einzelnen grobgitterig untereinander verbundenen Sammelsträngen wird das Fibrillenbündel der Kolossalfasern noch schärfer zu einer anatomischen Einheit gestempelt, als dies durch die netzartige Struktur, die ich beschrieben habe, geschehen konnte. Die beiden Befunde ergänzen einander in bemerkenswerter Weise und sind besonders geeignet, sich wechselseitig zu stützen. Ein Blick auf die mit ihrem zentralen Ende dargestellten Netzfasern genügt aber zo weiter zur Feststellung ihrer Identität mit den kolossalen Nervenfasern, die schon seit geraumer Zeit von Biedermann, Dogiel, Retzius, Apathy u. a. bei Hirudineen durch die Methylenblaumethoden dargestellt und als sensorische Bündel oder Schläuche beschrieben sind (Fig. 3): ihre Anzahl — je drei in jedem Segmentalnerven von Hirudo —, ihre Dimensionen, ihre gabelige oder hirschgeweihartige Spaltung, ihre topo- graphische Verteilung im Ganglion geben keinem Zweifel Raum. Es ist aber gewiss Es bemerkenswert, dass jenen Fasern, denen Fo ich auf Grund ganz unabhängiger Erfahrung ein gemeinsames Neurofibrillennetz zuge- schrieben habe, andererseits eine gemein- same Grundsubstanz und damit ein weiteres Moment anatomischer Einheitlichkeit zuokmmt. Fig. 3. (Nach Retzius.) 418 G.Ascoli: Verwunderlich ist nur, dass die Cajalsche Schule sich dagegen sträubt, den hier vertretenen Standpunkt anzunehmen, der, wenn ich die Tatsachen nicht durchaus verkenne, mit ihren eigenen Befunden an den Ganglien des Blutegels in bestem Ein- klange steht. Denn, wie auch immer Sanchez die Nervenstämme darstellt, es ist ihm, wie aus seinen zahlreichen Bildern hervor- geht (Fig. 4), nicht entgangen, dass die Nerven in der Nähe der Fig. 4. (Ganglion nach Sanchez.) Ganglien ungemein dichte Fibrillenbündel enthalten, die gegen die anderen Fasern eigentümlich abstechen und sich nach ihrem Eintritte in die Fasermasse und ihrer Gabelung unter auffallender Herabminderung ihrer Faserzahl rasch verschmächtigen. Von der Schärfe der Zeichnung abgesehen, erkennt man in diesen Bildern unschwer die von mir eben gegebene Darstellung der Kolossal- fasern: es fragt sich nur, wie angesichts der verworrenen und Die neurofibrillären Apparate der Hirudineen. 419 sichtlich verstrickten Struktur des Faserbündels und seiner Endigung in einzelnen Fäden die Annahme der gegenseitigen Unabhängigkeit der Fibrillen vertreten werden kann, ohne den sicheren Untergrund der Tatsachen für das Reich der willkür- lichen Behauptungen zu verlassen. Tatsache ist bloss, dass die Fibrillen der sensorischen Schläuche peripher unter Netz-, zentral unter Strangbildung zu einer anatomischen Einheit zusammentliessen. Die Tatsache des Bestandes der Netzfasern beleuchtet die Notwendigkeit des Gegensatzes meiner Befunde mit den Ergeb- nissen der Cajalschen Schule. Wenn dieselbe die grobkalibrigen Achsenzylindernetze als parallelfaserige Bündel beschreibt, kann es nicht wundernehmen, dass sie meine Auffassung minder ein- fach auflösbarer Gebilde rundweg ablehnt. Es ist aber meines Erachtens diese ablehnende Haltung aus prinzipiellen Gründen ungerechtfertigt und unzulässig; denn Archiv f. mikr. Anat. Bd.82. Abt.L 28 G. Asceoli: sie fusst auf Befunden und Angaben, welche die Tatsachen mehr- fach nur in sehr unvollständiger und ungenauer Weise wieder- geben. Es geht dies beispielsweise aus den Beobachtungen hervor, welche ich nicht so sehr zur Beleuchtung dieses Umstandes, als vielmehr deswegen hier anfüge, weil sie an sich einen kleinen Beitrag zur Uytologie und Struktur des Nervensystems bedeuten mögen. Wenn Sanchez angibt, er habe bei Hirudineen nur im us All a 11 \ \ tm - | y\\1\ SL I, \| = see enzrsn, Le AM | ‚ [ | | h \ | £ 2" “| ft In | EUKIY N) | It} I], rl Fig. 6. Lassen wir hier nur die Netzfasern und die Frage Beziehung zu den etwaigen Ursprungszellen ganz beiseite. Inneren von Nervenzellen den Bestand von Fibrillengittern nach- weisen können, und wenn er in seinen Bildern die Ganglienzellen meist in trotz einiger Spaltungen ungemein einfach, selten in verworren, aber nicht gitterartig gezeichnete mehrfaserige Fort- sätze auslaufen lässt, so werden die Tatsachen gewiss nur ungenau wiedergegeben (Fig. 4). ihrer Aber Die neurofibrillären Apparate der Hirudineen. 421 die Ganglienzellen der Hirudineen gehen überaus häufig in sehr verwickelt gitterartig gebaute Fortsätze über; und treten netz- artige Bildungen auch im weiteren Verlaufe ihrer Verästelung und ohne unmittelbare Beziehung zum Zellgitter auf. In den Ganglien breiten sich solche Netze gleich einer gitterigen Stütz- platte auf der Oberfläche der zentralen Fasermasse aus, in die und über die sie wurzelartig weiterstrebende Fasern entsenden, während von der Aussenseite her die Zelle mit ihrem Fortsatze sich blumenartig in sie einpflanzt (Fig. 5). Es ist mindestens fraglich, ob diese Bildungen in dem Begriff der dem Zellinnern zugehörigen Netze enthalten sind; Fig. 7. gewiss findet man in den Bildern und Beschreibungen der Cajalschen Schule keine Andeutung davon, während sie vom ceytologischen Standpunkt wohl erwähnenswert erscheinen. 28* 422 G. Ascoli: Die flächenhafte Ausbreitung auf dem Faserkern der Ganglien kommt aber nicht nur den mit Gitterplatten versehenen und auf- sitzenden Elementen zu; auch die einfacheren Zellen spalten regel- mässig von ihrem Fortsatze einzelne Fasern ab, die sich mit den Gitterplatten über die zentrale Fasermasse hin verästeln. Es Die neurofibrillären Apparate der Hirudineen. 423 kommt auf diese Weise zwischen der äusseren Zellschicht und dem inneren Faserkern der Ganglien zur Ausbildung eines ziemlich wirren Fibrillengeflechtes, welches die zentrale Faser- masse umscheidet (Fig. 6). Auf die Auflösung des Geflechtes dieser Hüllschicht wird besser verzichtet; die sichere Entscheidung, ob im allgemeinen Fig. 9. blosse Verstrickung oder auch echte Netzbildung vorliegt, liegt wohl zu hart an den aktuellen Grenzen mikroskopischen Sehens. 424 G. Ascoli: Gewiss treten aber in diesem Geflechte einzelne Gruppen von Zellen in eigentümlich innige Beziehungen zueinander. Es streben dann die Fortsätze verschiedener Zellen zur Bildung eines gemeinsamen Geflechtes gegeneinander, um erst aus diesem die Ausläufer in die allgemeine Faserung der Hüll- schicht zu entsenden. Die Geflechte sind in den einfachsten Fällen verhältnismässig locker (Fig. 7). Man bekommt aber auch Gruppen zur Beobachtung, in denen das Sammelgeflecht der zahlreichen und verwickelt gebauten Fortsätze schon eine un- gemein wirre Struktur darstellt (Fig. 5). In anderen Systemen endlich lässt die Aneinanderlegung und Verquickung von Gitter- platten neurofibrilläre Gebilde entstehen, die jeden Versuch einer Auseinanderhaltung der Fibrillen als aussichtslos hinstellen und das Gepräge typischer anatomischer und physiologischer Sammel- apparate zur Schau tragen (Fig. 9 u. 10). Diese Bildungen finden sich in gelungenen Präparaten regelmässig im Kaudalteil der Seg- mentalganglien und heben sich von dessen allgemeiner Faserung ab. Sie sind gewiss einiger Beachtung wert; ihrer anatomischen Sonder- stellung entspricht wohl eine be- stimmte funktionelle Aufgabe und Bedeutung. Sie scheinen bis jetzt der Beobachtung entgangen zu sein, vielleicht weil sie auf Schnitten nur bruchstückweise zur Anschauung kommen können. Es kommt demnach dem Nerven- . system der Hirudineen eine minder einfache Struktur zu, als aus den Darstellungen der Cajalschen Schule hervorgeht. In dieser Darstellung werden Gebilde ver- misst, welche als sehr charakteristisch bezeichnet werden dürfen und einerseits das Vorkommen von Fibrillengittern weit über die Grenzen des Zelleibes und seiner unmittelbaren Ausläufer fest- stellen, andererseits das Zusammentreten der Neurofibrillen ver- schiedener Zellen zu wohlgekennzeichneten verwickelten Apparaten belegen. Fig. 10. (Detail aus Fig. 9.) Die neurofibrillären Apparate der Hirudineen. 425 Die wichtigsten einschlägigen Tatsachen bestehen: 1. in dem in den Kolossalfasern gegebenen Vorkommen von Fasernetzen, die zentral zu einzelnen strangartigen Fibrillen ver- schmelzen, wo die Cajalsche Schule parallelfaserige Fibrillen- bündel annimmt; 2. in dem Vorkommen der vom Zellnetze unabhängigen Neurofibrillengitter in dem Verlaufe der Zellfortsätze ; 3. in dem Vorkommen anatomisch unterschiedener Neuro- fibrillenapparate unter Zusammentritt der gegitterten Fortsätze mehrerer Zellen. Diese Tatsachen möchte ich durch vorliegende Mitteilung beleuchtet haben. Es will mir scheinen, dass eine wohlgegründete Darstellung des allgemeinen Baues des Nervensystems ihrer nicht entraten dürfte. 426 Berichtigung. In der in Band 82, Abt. I, erschienenen Abhandlung von E. Ballowitz, Münster i. W., „Über Erythrophoren besonderer Art in der Haut von Knochenfischen“ muss es heissen: Auf Seite 207, Anmerkung dritte Reihe von unten statt ripera vipera. Auf Seite 208 müssen in der vierten und fünften Reihe von unten die Worte „ferner unter den Cichliden bei Hemichromis bimaculatus Gill“ gestrichen werden. Archiv Kmikroskopn. Anatomie BaLXXM, Abt. ng ung lab lab, lir Mm 15 ling Werner u Winter, Fraskhurt ®M. Archiv K mikroskop. Anatomie Bd.LXXN, Abt 1, | Taf. rudimentäre Anlage 2 lab. rudimentäre_ | Anlage 1 secundäre 5 Zahnteiste “ur i Pan San ja, ES Weehl) | BUT ae Äh ‚Irchiv Kmikroskon. Anatomie Bd.LXXXI, Abt. % - 7} Tafım Werner u Winter, Frankfurt ®M. Taf. V. Archiv fmikroskon. Anatomie BALXXXN, Abu I. ce Do 3% »22 : x ' I u I Sehe End! 2. ern Pi j - MR ei: R ® b< u : s 5 ulEe ;® ° & Ne 9: R} IR 9% £ > mal.“ > u 200077% | \ o ( ! a ” ‘ vo 6 a | ! \ / ll een Archiv fmikroskop. Anatomie Bd.LXXXMT, Abt 1. Taf Vv Archiv Emikroskon. Anatomie BALXXNMN, Abt.. — 1.Kt--- ubr K 2Kı dDs Hy. ubrK. Taf v1. 1.Kt.(d.D) 4.Kt(d.D) Ve. EpkA. br, K. Th A ThyA. Dynh „bil 4.Kt. Dypih-br. I BR, ubrK ny-A Epk-A +Kt- Werner u. Winter Erankkart %*M,. = 4 Archiv Emikroskop. Anatomie Bd.LXXXI, Abt. r Taf vn. 13 3.Kb 1 Y Werner u Winter Frankfurt"M | | | | Archiv £mikroskon. Anatomie BALXXXN, Abt1. me Sn - \ Taß VI. | RUE -3.Kb 2: Kspo 6 2.Kb Ö "Teen ee, Werner. Hinter, ankfure®. Archiv Emikroskop. Anatomie Bd.LNNMN, Abt. — Se m wi Werner u. Winter, Frankfiart ®M. N ver Archiv Emikroskop. Anatomie Ba.LXXXI, Abt. a ; 37 Th Ad sGz Epkv Epkav Ad Epk.w -- R.nıy- 2... | A | | Sa | | Vest Thy Epk.m A Re | | | Werner u. Winter Fraktur YM. ee . he ac en u Archiv Kmikroskon. Anatomie BA.LXXXN, AbLI | „‚melh „‚vanthph im B F - — Archiv Kmikroskop. Anatomie BA.LXXNI, Abt1 ’ = Be er . Jat: Xır. na Inh ‘ 7 j aan, bi, me El ar ne Archiv Emikroskop Anatomie bad.LXXX, Abt1. 1 x Werner u. Winter, Frankfure U. j un j Wi NACR A ‚ ' va BIER Ih or Pe en Rn \ 1% A A LrTalN nal A u N un I a NR "ir 2 MR !| m S. "4 Din See ad ii bi him or N a W 7 iR Bas, fr Yun! Ki h N - z RT Au Aa EN | N ia { " Mn N Bu 2" Archiv fmikroskopı.Anatomıe BALXXXL, : JbL1. Taf. XIV. +3 16 15 20 22 30 220, os IE Werner u.Winter, Frankfurt Le JR Archiv f.mikroskop. Anatomie Bd. LXXXII, Abt. I. Taf. XV. AU. inn. Bl. AU. äuss. Bl. Fig, 3; Dott. A Rlang del. Werner a.Wınten Frankfurb””M. Lola Li IR BEN. Mr Nom y an | I u ER en x I an En De 3 nf 5 la) " Er Taf: XVII. Archiv Emikroskop. Anatomie Ba.LXXXT, Abt. Ann) 9. oo. Werner u.Winter, Frarkhurt®M. ” u .; Archiv fmikroskop. Anatomie Ba.LXXXI, AbE1. u.» TaEXVIH a, r2 en Zroischenlappen mit gelben Secrettropfen Cypnrinus carpio Mittelteil Schlauchhöhle z Fr nd [2 © zuuigetäss Scyllium canieula # MN B IE Hauptlappen DER ag ae Esox lucius. Haupntlappen m A 7 — _ z ı£ E# Stendell del Werner 1. Winter, Frankfurt”M. en Archiv Fmikroskop. Anatomie baA.LXXMI, Abt.ı, Abb Tal XIX Zroischenteil mit Secrettroplen Bufo vulgaris Hirnteil mit Seeretansammlung Hirnteil” Rana temporaria Hauptlappen Bufo vulgaris Fe Stendell del Werner ı Winter, Frankfiord®M. > y 4 - ”-. ® : Archiv Fmikroskop. Anatomie BALXNM, Abt. - 2 Elenhas indicus | 3 | 10 Colloideyste Canis familiaris __„- Zwischenlappen Colloidballen- ur Homo. Hauptlappen Man a0E Verschiedene Colloidballen aus dem Zroischenlappen Canis familiaris Zwischenlappen mit Cysten Werner ıı Winter, Frankfürt®M. 7 Fir Penn Archiv Emikraskop. Anatomie Ba.LAXNI AbL. in nen uni ne nn an nn m nn nn Me ne ae nn a nn a a Ehe ee a ee m er = u£} POS LU er ES 2 Pe ee Se rer ee Sp 7 a. Fe | x > [2 we. >» In - e Ir Archiv f. mikroskop. Anatomie Bd. LXXXII, Abt. 1. / | rchiv f. mikroskop. Anatomie F Taf, XKII. ) WI P Ga - Pa » I S = x "J I 8 S nn iS} N & kroskop Archiv f.mik Ba En ae ee f Won Ne NR ") In | uam Kl N Wh nu\ NER ARE RAN] Ava, ‚pul ‚0 NL TR N) IH Rn) BR RATE AN a NT! er „ NE B 1 Al r 1 li B Ä Z f gr) EZ Bu AR TE VEN Kine uch Ra Fr DTaHRRUN { KNUT j At URnSL